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Vogelkdl. Ber. Niedersachs. 44 (2014) 1

Bestand und räumliche Verbreitung ausgewählter Gastvo - gelarten in der -Jümme-Niederung (Landkreis ) im Winter 2013/14

Helmut Kruckenberg

KRUCKENBERG , H. (2014): Bestand und räumliche Verbreitung ausgewählter Gastvogelarten in der Leda-Jümme-Niederung (Landkreis Leer) im Winter 2013/14. Vogelkdl. Ber. Niedersachs. 44: 1-22.

Das Leda-Jümme-Gebiet bei Leer (Ostfriesland, Niedersachsen) ist Teil eines großen Rast - platzkomplexes für Gastvögel mit dem Dollart als Zentrum. Während des Winterhalbjahres 2013/14 wurden wöchentliche Zählungen durchgeführt, aus denen hier die Bestandsphäno - logie und räumliche Verteilungen ausgewählter, besonders weit räumlich verteilter Zugvo - gelarten vorgestellt werden: Gänse und Schwäne, Kiebitz, Goldregenpfeifer, Kampfläufer, Sturmmöwe und Silberreiher. Weiterhin werden die Maximalbestände der Wasser- und Wat - vögel in den Kontext bislang vorliegender Informationen aus den Vorjahren gestellt. Die Ein - ordnung weist das Gebiet als ein Rastgebiet mit sehr hoher naturschutzfachlicher Bedeutung als Lebensraum für diese Wasser- und Watvögel aus.

H. K., TourNatur Wildlife Research, Am Steigbügel 3, D-27283 Verden (Aller), helmut.kru - [email protected]

Einleitung zur Industrialisierung mehr und mehr zurück. Das Gebiet galt seither als weitgehend von Gastvögeln Im 19. Jahrhundert zeichneten sich die ostfriesischen verwaist ( GERDES 2000). Insgesamt liegen nur wenige Niederungen der Unterems und ihrer Nebenflüsse Daten über Gastvögel aus den 1990er Jahren vor, durch einen außerordentlichen Reichtum an Wat- wenngleich das Gebiet aufgrund seiner Wiesen - und Wasservögeln aus ( STRAITINGH & V ENEMA 1855, vogelvorkommen als Important Bird Area (IBA) MANSHOLT 1865, L EEGE 1905 , 1930). Noch bis in die identifiziert wurde (vgl. MELTER & S CHREIBER 2000). 1960er Jahre war das Leda-Jümme-Gebiet ein Erst im Zuge der Einrichtung eines Hochwasser- Feuchtgebiet mit einem reichen Vogelleben, von und Naturschutzpolders bei Holte („Holter Hamm - dem vor allen Dingen die Offiziere der britischen rich/Altes Tief“) wuchs das ornithologische Interesse Besatzungsarmee umfangreich berichten ( HARRISSON für die Leda-Jümme-Niederung erneut ( WENDEBURG 1952, 1954; ATKINSON -W ILLES 1961). Nach dem 2. & R EICHERT 2012). Nachdem der Landkreis Leer Weltkrieg reisten auch amerikanische Offiziere in 2012 erstmalig systematische Erfassungen zur Avi - Sonderzügen an, um von Filsum und Barge aus zu fauna sowie Auswertungen vorhandener Daten Jagdausflügen aufzubrechen ( GERDES 2000). Von des Naturschutzbundes Deutschland e. V. (NABU, großen Zahlen rastender Schwäne und Gänse in Kreisgruppe Leer) aus den 2000er Jahren für einen den 1950er Jahren berichtet auch K. OLTMER (MORITZ Teilbereich der Niederung für die Aufstellung der 1997). Nach dem Ausbleiben der jährlichen Über - 1. Änderung des Regionalen Raumordnungspro - flutung nach Bau des Leda-Sperrwerkes 1954 ver - grammes beauftragt hatte ( KRUCKENBERG 2012, schwanden auch die winterlichen Vogelscharen 2013), wurde auf private Initiative im Winter und – wie überall in Norddeutschland – ging der 2013/14 das Gebiet wöchentlich flächendeckend Bestand der Brut- und Gastvögel einhergehend in vergleichbarer Intensität zu den benachbarten mit der landwirtschaftlichen Intensivierung, bis hin Vogelschutzgebieten (vgl. KRUCKENBERG 2014) erfasst. 2 KRUCKENBERG : Bestand und Verbreitung ausgewählter Gastvogelarten in der Leda-Jümme-Niederung

Abb. 1: Untersuchungsgebiet mit geografischen und Ortsnamen (fett). – Study area with geographical names (regular) and names of places (bold italic).

Diese Ergebnisse dieses Winters sollen im Folgenden derung“ sowie Teile von „“ (vgl. MELTER & für einige ausgewählte Gastvogelarten vorgestellt SCHREIBER 2000). und in den Kontext bekannter Daten aus den Vor - jahren gesetzt werden. Im Gebiet sind die Bodentypen der Fluss- sowie der Moormarschen auf Niedermoor prägend. Der Untersuchungsgebiet zentrale Bereich des Gebietes, der Jümmiger Hamm - rich, der Nortmoorer Hammrich, der Breinermoorer Die Leda-Jümme-Niederung liegt im östlichen Land - und Schatteburger Hammrich werden noch annä - kreis Leer und ist eine offene, weitläufige Hamm - hernd vollständig als Grünland bewirtschaftet, richlandschaft, die von zahlreichen Gräben und wenngleich auch hier der Maisanbau deutlich fort - Tiefs durchzogen ist. Die Niederung wird durch schreitet. Die Nutzung der Grünlandflächen ist mit den Verlauf der Flüsse Leda und Jümme geprägt bis zu drei Schnitten und einer Nachbeweidung und reicht damit bis in die Landkreise Cloppenburg (Mähweiden) sehr intensiv (AKFW 2005). Acker - und hinein. Das Untersuchungsgebiet flächen sind vor allem in den Randbereichen und umfasst nur den Leeraner Teil der Niederung vom im Osten und Südosten des Gebietes anzutreffen, Stadtrand Leers (Bundesstraße B70 Papenburg- wo heute großflächig Maisanbau stattfindet. Das Leer) bis an die Kreisgrenze. Im Norden wird das Gebiet ist dünn besiedelt und größere Ortschaften Gebiet durch den Geestrand Uplengens, im Süden liegen zumeist an den Rändern des Gebiets auf durch die Wallheckenlandschaft Rhauderfehns und der Geest. Es stellt einen ruhigen, verkehrsarmen Ostrhauderfehns begrenzt. Durch das Gebiet verläuft und unzerschnittenen ländlichen Raum dar ( REICHERT von Potshausen nach zudem die B72 in 2012) und umfasst eine Gesamtfläche von rund Nord-Süd-Richtung (Abb. 1). Dabei umfasst das 10.500 ha. Untersuchungsgebiet das IBA „Leda-Jümme-Nie - Vogelkdl. Ber. Niedersachs. 44 (2014) 3

Material und Methode tenbank genaue Bestandszahlen einzugeben sind, wurden diese gerundet, um einem generellen Zähl - Quantitative Erfassungen von Rastvogelbeständen fehler Rechnung zu tragen und keine Genauigkeit dienen sehr unterschiedlichen Zielsetzungen. Deshalb von Daten zu suggerieren, die methodisch nicht ist es wichtig, dem Zusammenhang von Zählintervall begründbar ist. Dies geschah nicht bei Arten, wenn und Aussagekraft bereits in der Planungsphase diese individuenweise ausgezählt wurden (z. B. eines Projektes Rechnung zu tragen ( BIBBY et al. Zwergschwan, Silberreiher; Näheres zur Methodik 1995). von Vogelzählungen vgl. HOWES [1989], B IBBY et al. [1995], GILBERT et al. [1998]). Die Ergebnisse der Die im Folgenden vorgestellten Ergebnisse stellen wöchentlichen Zählungen werden nach den Kriterien wöchentliche Kartierungen zwischen dem von KRÜGER et al. (2013) naturschutzfachlich be - 15.10.2013 und dem 30.04.2014 vor. Bis zum wertet. Dabei wird die Leda-Jümme-Niederung als 30.06.2014 wurden dann weitere Erfassungen ein zusammenhängendes Rastgebiet angesehen, durchgeführt, die vor allem der Erfassung der Rast - was insbesondere für die herbivoren Wasservögel bestände des Regenbrachvogels Numenius phaeopus mit ihrem hohen Raumbedarf angebracht ist, da und des Kampfläufers Philomachus pugnax dienten. diese die Flächen täglich und u. U. nach einem Der wöchentliche Zählturnus wurde als Kompromiss festen Muster wechseln ( BORBACH -J AENE & K RUCKEN - zwischen der Notwendigkeit häufiger Erfassungen BERG 2002), so dass selbst die wöchentlichen Erfas - für flächenbezogene Aussagen zur kleinräumigen sungen diese kontinuierlichen Bewegungen in der Raumnutzung der Vögel und eines finanzier- und Landschaft nur unzureichend wiedergeben. machbaren Aufwandes gewählt. Der Tatsache, dass gerade die großen Gänse- und Limikolentrupps Die Witterung im Winter 2013/14 unterschied sich zwischen den einzelnen Erfassungen auch benach - deutlich von der des Winters 2012/13, der ausge - barte Areale nutzen können, wird in den Karten sprochen weit bis in das Frühjahr kalt und ver - durch entsprechend große Rasterfelder Rechnung gleichsweise schneereich gewesen war. Dagegen getragen. Häufigkeit und Erfassungsturnus richteten darf der Winter 2013/14 als mild bezeichnet sich nach der Fragestellung für Aussagen zur na - werden, wenngleich auch kälter als 2011/12 (Aus - turschutzfachlichen Bedeutung einzelner Flächen nahme Dezember). Die durchschnittlichen Tempe - (BERGMANN et al. 2005). Nach SPILLING (1998) haben raturen lagen im Winter 2013/14 nur in den Mo - wöchentliche Erfassungen (für Gänse und Schwäne) naten Dezember und Januar unter 6 °C. Erst ab zumindest eine Aussagekraft auf 1km²-Basis, wes - der Schwelle von 6 °C beginnt nach TISCHLER (1980), halb für die Darstellung der Ergebnisse im Folgenden Gras zu wachsen. Daher darf eine dementsprechend diese Rastergröße gewählt wurde. Gleichzeitig gute Nahrungsversorgung und insbesondere im wird durch wöchentliche Erfassungen die Ver - Frühjahr durchweg nachwachsendes Gras ange - gleichbarkeit der Ergebnisse in der gesamten - nommen werden. Schneelagen gab es im Winter Dollart-Region gewährleistet (vgl. BORBACH -J AENE et 2013/14 im Untersuchungsgebiet an nur sieben al. 2002). Während dieses Zeitraumes wurde das Tagen: 6.12.2013 und 24.-29.01.2014 (eig. Beob.), gesamte Untersuchungsgebiet mit einem PKW flä - wogegen die etwas nördlich gelegene Wetterstation chendeckend nach rastenden Vogeltrupps abge - in Emden keinen Schneetag aufzeigt (www.dwd.de). sucht. Diese wurden vor Ort mittels codierter Grundkarten (Maßstab 1:5.000) auf Basis der Hinsichtlich der Niederschläge ist der Winter 2013/14 Gauß-Krüger-Rasterfelder von 200 x 200 m notiert. als durchschnittlich anzusehen, auch in diesem Diese Daten wurden später in einer Access-Daten - Winterhalbjahr fiel der Großteil des Niederschlags bank gesammelt und verarbeitet. Durch Verarbeitung im Herbst, während das Frühjahr eher trocken der Daten in einem Geographischen Informations - war. Im Gegensatz zum Vorjahr waren auch im system (ArcView 3.3) wurden entsprechende Ana - Frühjahr in Teilbereichen flache, wassergefüllte lysen der Vogeldaten auf Gebiets- oder Rasterebene Blänken feststellbar. durchgeführt.

Alle Vogelarten wurden jeweils getrennt erfasst Ergebnisse und notiert. Da bei einer Verarbeitung in einer Da - Im Winter 2013/14 sowie im Winter zuvor wurden 4 KRUCKENBERG : Bestand und Verbreitung ausgewählter Gastvogelarten in der Leda-Jümme-Niederung

als Brutvogel vor ( KRÜGER et al. 2014). Aus diesem Grund finden sich auch zu Beginn der Erfassungen Anfang Ok - tober 2013 bereits einige Vö - gel im Gebiet. Ab Mitte No - vember stieg der Rastbestand langsam und erreichte im Ja - nuar mit 65 Ind. einen ersten Höhepunkt (Abb. 3). Auf die schneereichen Wochen zum Monatswechsel Jan./Feb. 2014 (4. und 5. Kalenderwoche; KW) reagierten zahlreiche Vö - gel mit Abzug, doch erholte sich der Rastbestand nach der Abb. 2: Räumliche Verteilung ras tender Zwergschwäne im Winter 2013/14 ( Σ Ind. Schneeschmelze (6. KW) pro 1 km²). – Spatial distribution of staging Bewicks Swans during winter 2013/14. schnell wieder auf 78 Ind. Bis Mitte April sinkt dieser nur systematisch alle Gastvogelarten in der Leda-Jüm - leicht ab, um dann ab Monatsbeginn Mai erneut me-Niederung erfasst. Von diesen sollen hier die - zu steigen. Zu diesem Zeitpunkt sammelten sich jenigen ausführlich vorgestellt werden, für die eine subadulte und vorjährige Schwäne gemeinsam mit weite räumliche Verteilung und hohe Bestände einigen nicht-brütenden Adulten im und um den gefunden wurden. Weitere Arten werden am Ende Holter Hammrich, der später (im Juni-Juli) auch als kurz zusammenfassend dargestellt. Mauserplatz für zahlreiche Schwäne diente (eig. Beob.). Zwergschwan Cygnus bewickii Die räumliche Verteilung der rastenden Höcker - Der Zwergschwan kommt in Ostfriesland haupt - schwäne orientiert sich deutlich an der Lage feuchter sächlich auf dem Frühjahrszug vor ( GERDES 2000). bzw. nasser Grünlandparzellen im Gebiet. So liegt Dabei schwanken die Bestände stark in Abhängigkeit ein deutlicher Schwerpunkt im Nahbereich des von der Witterung und dem überregionalen Zug - Holter Hammrichs, doch werden ebenso die Flächen geschehen. Die Leda-Jümme-Niederung stellt bereits des Jümmiger Hammrichs intensiv genutzt wie seit einigen Jahren ein häufig genutztes Zwischen - auch die Flächen im Nortmoorer Hammrich bei Fil - rastgebiet für diese Art dar ( KRUCKENBERG 2012). Im

Winter 2013/14 rasteten Zwergschwäne von Mitte 140 Februar bis Mitte März im Gebiet. In diesem 120 Zeitraum wurden maximal 94 Individuen (Ind.) er - fasst. Abb. 2 zeigt die räumliche Verteilung der 100 l e rastenden Zwergschwäne in der Niederung. Neben g 80 ö V den Flächen im Nahbereich des Polders Holter l h 60 a z

Hammrich wurden Zwergschwäne zudem entlang n der Jümme sowie des Nordgeorgsfehnkanals fest - A 40 gestellt. Der Jümmiger Hammrich, in dem in den 20

Vorjahren große Trupps beobachtet wurden, blieb 0 im Winter 2013/14 weitgehend ungenutzt. 41 43 45 47 49 51 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 Kalenderwochen

Höckerschwan Cygnus olor Abb. 3: Bestandsentwicklung rastender Höckerschwäne in der Leda-Jümme-Niederung Winter 2013/14. – Num - Höckerschwäne kommen in der Leda-Jümme-Nie - bers of staging Mute Swans in the Leda-Jümme-Lowlands derung sowohl als Gast- als auch in geringer Dichte during winter 2013/14. Vogelkdl. Ber. Niedersachs. 44 (2014) 5

Abb. 4: Räumliche Verteilung ras - tender Höckerschwäne im Win - ter 2013/14 ( Σ Ind. pro 1 km²). – Spatial distribution of staging Mute Swans during winter 2013/14.

sum. Vereinzelte Beobachtungen gibt es zudem 12.000 am oberen Verlauf von Leda und Jümme sowie im 10.000 Breinermoorer Hammrich im Westen des Untersu - chungsgebietes (Abb. 4). 8.000 l e g ö

V 6.000

l

Blessgans Anser albifrons h a z

n 4.000 A

Bereits zu Beginn der Zählungen wurden im Un - 2.000 tersuchungsgebiet rastende Blessgänse festgestellt 0 (5.490 Ind.; Abb. 5). Dies stellt offenbar nur eine 41 43 45 47 49 51 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 erste Durchzugswelle nach Westen dar, denn die Kalenderwochen Rastbestände der nachfolgenden Wochen fallen demgegenüber gering aus (zwischen 14 Ind. und Abb. 5: Bestandsentwicklung rastender Blessgänse in der 2.180 Ind.). Erst Mitte Dezember mit dem einset - Leda-Jümme-Niederung Winter 2013/14. – Numbers of zenden frühen Heimzug der Blessgänse Richtung staging Greater White-fronted Geese in the Leda-Jümme- Osten steigen die Rastbestände erneut an. In der Lowlands during winter 2013/14. 2. KW wurden das erste Mal im Winter 2013/14 über 10.000 Ind. beobachtet. Durch die Schneefälle Ind. ab, um nach deren Schmelze wieder anzustei - sanken diese Zahlen in der 5. KW auf nur 1.170 gen. In der 7. KW wurde das Saisonmaximum von

Abb. 6: Räumliche Verteilung ras - tender Blessgänse im Winter 2013/14 ( Σ Ind. pro 1 km²). – Spatial distribution of staging Greater White-fronted Geese du - ring winter 2013/14. 6 KRUCKENBERG : Bestand und Verbreitung ausgewählter Gastvogelarten in der Leda-Jümme-Niederung

10.800 Ind. im Untersuchungsgebiet erreicht. Bis 1.200 zur 12. KW (Ende März) bleiben große Bestände 1.000 im Gebiet, um dann binnen weniger Tage vollständig 800

abzuziehen. In der 14. KW wurden nur noch 47 l e g

Nachzügler beobachtet, in der 19. KW nurmehr ö

V 600

l h

eine Blessgans, die mit Graugänsen Anser anser a z

n 400 vergesellschaftet war. A

200 Die Raumnutzung der Blessgänse konzentriert sich 0 deutlich in der Mitte des Untersuchungsgebietes 41 43 45 47 49 51 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 (Abb. 6), besonders südlich der Leda sowie im Kalenderwochen Jümmiger Hammrich. Weitere Ansammlungen fan - den sich zudem nahe des Stadtgebiets von Leer Abb. 7: Bestandsentwicklung rastender Graugänse in der sowie im Nortmoorer Hammrich. Nur wenige Bless - Leda-Jümme-Niederung Winter 2013/14. – Numbers of gänse wurden dagegen im östlichen Teil des Un - staging Greylag Geese in the Leda-Jümme-Lowlands du - tersuchungsgebietes festgestellt. ring winter 2013/14.

Bemerkenswert sind die Beobachtungen von Schlaf - Graugans Anser anser platzflügen der Blessgänse im Leda-Jümme-Gebiet. So wurde im Winter 2013/14 regelmäßig starker Der Durchzug der skandinavischen Graugänse be - Überflug von Blessgänsen in der Innenstadt von ginnt in Nordwest-Ostfriesland häufig bereits Ende Leer etwa 1,5 Std. nach Sonnenuntergang sowie August ( VOSLAMBER et al. 1993). Anfang Oktober morgendlich über dem Stadtgebiet Leers und dem sind daher schon zahlreiche nordische Graugänse nördlichen Teil der Gemeinde auf dem Weg in die Niederlande, bzw. dann weiter beobachtet. Gleichzeitig wurde aber auch häufiger nach Frankreich und Spanien. So fanden sich im abendlicher Überflug von Blessgänsen im Bereich Untersuchungsgebiet schon in der 41. KW (Anfang berichtet (G. KLOPPENBURG , pers. Oktober) über 1.000 Graugänse, was gleichzeitig Mitt., eig. Beob.), wo die Gänse aus dem Leda- das Saisonmaximum darstellte (Abb. 7). Während Jümme-Gebiet kommend offenbar zum Schlafen der Herbstmonate schwankte der Rastbestand sehr in die Esterweger Dose flogen. Nach Ende der stark, was an räumlichen Wechselbewegungen Jagdzeit schliefen Teile der rastenden Blessgänse mit/zu den großen umliegenden Maisackerbereichen auch auf den Gewässern des Polders Holter Hamm - lag, die nicht vollständig erfasst wurden. Mitte rich. Januar erreichten die Graugansbestände ein neu - erliches Hoch mit 880 Ind. Nach diesem Zeitpunkt gingen die Bestandszahlen sukzessive bis Mitte

Abb. 8: Räumliche Verteilung ras - tender Graugänse im Winter 2013/14 ( Σ Ind. pro 1 km²). – Spatial distribution of staging Greylag Geese during winter 2013/14. Vogelkdl. Ber. Niedersachs. 44 (2014) 7

April zurück. Ab Mai stiegen die Zahlen im Gebiet 3.000 wieder an, was wahrscheinlich auf die zunehmende 2.500 Zahl sich sammelnder Fehl- und Nichtbrüter aus 2.000 der Region zurückzuführen ist. Wie die Blessgänse l e g auch nutzten die Graugänse vor allen Dingen die ö

V 1.500

l h

Mitte des Untersuchungsgebiets (Abb. 8), wobei a z

n 1.000 die Schwerpunkte im Polder Altes Tief und im A

Schatteburger bzw. Breinermoorer Hammrich lagen. 500 Doch auch Jümmiger Hammrich und der Nortmoorer 0 Hammrich wurden genutzt. Nur relativ kleine Be - 41 43 45 47 49 51 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 stände fanden sich im Osten des Gebietes. Obwohl Kalenderwochen im Herbst ebenfalls Maisstoppelschläge aufgesucht werden, bestand auch während dieser Zeit eine Abb. 9: Bestandsentwicklung rastender Pfeifenten in der überwiegende Nutzung von Grünlandparzellen Leda-Jümme-Niederung Winter 2013/14. – Numbers of (Tab. 2). In den Wochen der Maisernte suchen die staging Eurasian Wigeon in the Leda-Jümme-Lowlands Gänse jedoch häufig auch Flächen weit außerhalb during winter 2013/14. der Untersuchungsgebietsgrenzen auf. wässer (vor allem an Leda und Jümme; Abb. 10), Pfeifente Anas penelope die sie als Flucht- und Komfortgewässer nutzten und in deren Randbereichen sie zumeist zur Nah - Im Gegensatz zu den Gänsen und Schwänen zeigte rungssuche umliegende Grünlandgebiete besuchten. die Pfeifente ein deutlich zweigipfeliges Durch - Einen deutlichen Schwerpunkt weist die Art dabei zugsmuster während des Untersuchungszeitraums im Holter Hammrich auf. Diese großen Wasserflä - (Abb. 9). In der 46. und 47. KW (Anfang November) chen dienen zahlreichen Pfeifenten als Ruhe- und sieht man ein deutliches Herbstmaximum mit max. Komfortgewässer. Insbesondere bei der Pfeifente 2.540 Ind. Im Dezember gingen die Zahlen deutlich muss aber beachtet werden, dass die rastenden zurück und stiegen erst ab der 7. KW (Ende Vögel in den Grünlandarealen vermutlich deutlich Februar) erneut wieder an. Das Frühjahrsmaximum unterschätzt wurden, da nicht alle Teile der ausge - wurde mit 2.460 Ind. in der 9. KW festgestellt. dehnten Grabensysteme gleichermaßen einsehbar Mitte April (15. KW) waren die Pfeifenten abgezo - waren. gen, nur einige wenige Einzeltiere verblieben noch bis in den Juni im Gebiet. Goldregenpfeifer Pluvialis apricaria

Die Verteilung der Pfeifenten im Untersuchungs - Goldregenpfeifer kommen in den ostfriesischen gebiet orientiert sich deutlich am Verlauf der Ge - Niederungen regelmäßig als Gastvogel vor. Die Art

Abb. 10: Räumliche Verteilung rastender Pfeifenten im Winter 2013/14 ( Σ Ind. pro 1 km²). – Spatial distribution of staging Eu - rasian Wigeon during winter 2013/14. 8 KRUCKENBERG : Bestand und Verbreitung ausgewählter Gastvogelarten in der Leda-Jümme-Niederung

3.500 des Holter Hammrich, doch finden sich die Gold -

3.000 regenpfeifer auch in den Grünlandbereichen des Jümmiger, Nortmoorer und Breinermoorer Hamm - 2.500 richs sowie in geringeren Dichten sogar nördlich l e

g 2.000

ö der Autobahn A 28 bei Hasselt (Abb. 12). V

l

h 1.500 a z n

A 1.000 Kiebitz Vanellus vanellus

500 Während des Herbstes sind Kiebitze regelmäßig in 0 Rastbeständen von mehr als 2.000 Ind. in der 41 43 45 47 49 51 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 Kalenderwochen Leda-Jümme-Niederung zu beobachten (Abb. 13). Mit Beginn des Winters wird das Auftreten der Art Abb. 11: Bestandsentwicklung rastender Goldregenpfeifer seltener: Wochen vollständig ohne rastende Kiebitze in der Leda-Jümme-Niederung Winter 2013/14. – Num - wechseln mit Wochen, in denen zwischen 160 bers of staging European Golden Plovers in the Leda- und 1.200 Ind. beobachtet wurden. Ab der 6. KW Jümme-lowlands during winter 2013/14. finden sich wieder regelmäßig Kiebitze im Unter - suchungsgebiet, zunächst nur wenige (6. +7. KW), zeigt ein typisch zweigeteiltes Durchzugsmuster dann in großer Zahl (8. KW: 5.110 Ind, 9. KW: mit geringem Vorkommen im Herbst und größeren 5.590 Ind.). Nach diesem Saisonmaximum sinken Zahlen im Frühjahr (Abb. 11). Ab der 44. KW (An - die Zahlen wieder ab. Ab Ende März finden sich fang November) wurden die ersten Goldregenpfeifer nur noch wenige rastende Individuen im Gebiet. im Gebiet beobachtet. Ihr Rastbestand wurde auf dem Wegzug mit max. 560 Ind. festgestellt. Mitte Als typische Limikolenart der Niederungen zeigt Dezember haben die Goldregenpfeifer das Gebiet der Kiebitz die weiteste Raumnutzung unter allen verlassen. Während der Wintermitte (51.-5. KW) untersuchten Vogelarten im Leda-Jümme-Gebiet wurden keine Individuen beobachtet, erst Mitte (Abb. 14). Dabei liegt der Schwerpunkt des Vor - Februar (6. KW) erreichten kleinere Trupps das Ge - kommens in westlichen Bereich des Gebietes, wo biet. Im März hingegen rasteten größere Trupps es noch ausgedehnte reine Grünlandareale gibt. im Gebiet. Das Maximum wurde 2013/14 mit Gemieden werden die Bereiche mit Baumhecken 2.915 Ind. erfasst (Abb. 11). oder Hecken (z. B. Nettelburg, südöstlich von Leer, Barge), auch Mais dominierte Bereiche werden Goldregenpfeifer nutzten die gesamte Niederung ebenfalls gemieden (z. B. südlich und östlich Pots - westlich der Bundesstraße B72, östlich dagegen hausen). Im östlichen Bereich (Detern, Scharrel- wurden sie nur im Ammersumer Hammrich beob - Barge) kommt die Art zwar ebenfalls vor, doch ist achtet. Der Schwerpunkt liegt auch hier in den für ihr Vorkommen von geringerer Intensität. Hier ist Wasser- und Watvögel höchst attraktiven Bereichen der Maisanteil in der Niederung ebenfalls sehr

Abb. 12: Räumliche Verteilung rastender Goldregenpfeifer im Winter 2013/14 ( Σ Ind. pro 1 km²). – Spatial distribution of staging European Golden Plovers during winter 2013/14. Vogelkdl. Ber. Niedersachs. 44 (2014) 9

6.000 wurden Rastbestände dort beobachtet, wo nasse

5.000 bzw. feuchte Grünländer mit Blänken attraktive Nahrungsflächen aufwiesen. 4.000 l e g

ö Kampfläufer Philomachus pugnax

V 3.000

l h a z

n 2.000

A Kampfläufer wurden während des Untersuchungs -

1.000 zeitraums vor allem auf dem späten Frühjahrszug im April und Mai festgestellt. Einige wenige Indivi - 0 41 43 45 47 49 51 1 3 5 7 9 11 13 15 duen zogen bereits an März in die Leda-Jümme- Kalenderwochen Niederung, doch größere Bestände bis zu maximal 236 Ind. wurden erst in der 29. KW beobachtet Abb. 13: Bestandsentwicklung rastender Kiebitze in der (Mitte Juli; Abb. 15). Die Raumnutzung der Kampf - Leda-Jümme-Niederung Winter 2013/14. – Numbers of läufer orientiert sich stark an der Lage des Polder staging Northern Lapwings in the Leda-Jümme-Lowlands Holter Hammrich, wo die Vögel übernachten und during winter 2013/14. auch häufig auf den ausgedehnten Schlamm- und flachen Wasser gefüllten Senken Nahrung suchten.

Abb. 14: Räumliche Verteilung rastender Kiebitze im Winter 2013/14 ( Σ Ind. pro 1 km²). – Spatial distribution of staging Northern Lapwings during winter 2013/14.

hoch, es gibt teilweise Baumreihen und nur entlang der Flussläufe ziehen sich noch, z. T. nur schmale, 250 Bänder Grünland. 200 Uferschnepfe Limosa limosa l

e 150 g ö V

l

Erst am Ende der Erfassungsperiode kehrten die h

a 100 z

Uferschnepfen aus den Winterquartieren zurück n A und suchten zunächst in großen Trupps Nahrung, 50 bevor sie sich in die Brutreviere verteilten. Die ersten Uferschnepfen wurden in der 10. KW 0 9101112131415171819202122232425262729 (Anfang März) beobachtet, das Maximum von 451 Kalenderwochen Ind. wurde in der 12. KW erfasst. Danach verteilten sich die Vögel, und es blieb ein Bestand von rund Abb. 15: Bestandsentwicklung rastender Kampfläufer in 50 Ind. übrig, der überwiegend nahrungssuchend der Leda-Jümme-Niederung Winter 2013/14. – Numbers im Polder Holte beobachtet wurde. Auch der of staging Ruffs during the Leda-Jümme-Lowlands during Schwerpunkt der Raumnutzung der Uferschnepfe winter 2013/14. liegt in diesem Gebiet. Zu Beginn des Frühjahrszuges 10 KRUCKENBERG : Bestand und Verbreitung ausgewählter Gastvogelarten in der Leda-Jümme-Niederung

Abb. 16: Räumliche Verteilung rastender Kampfläufer im Winter 2013/14 ( Σ Ind. pro 1 km²). – Spa - tial distribution of staging Ruffs during winter 2013/14.

Doch fliegen die Kampfläufer auch häufig von 100 hier aus in die umliegenden Grünlandgebiete, be - sonders wenn sich dort nach starken Regenfällen 80 größere Blänken auf den Flächen gebildet haben. l

e 60

Den Schwerpunkt bildeten hierbei die Flächen im g ö V

Jümmiger Hammrich (Abb. 16). l h

a 40 z n A Silberreiher Casmerodius albus 20

Bereits zu Beginn der Erfassungen wurde ein 0 41 43 45 47 49 51 1 3 5 7 9 11 13 15 17 29 Bestand von 80 Ind. Im Untersuchungsgebiet fest - Kalenderwochen gestellt (Abb. 17). Während des Herbstzeitraums blieben die Zahlen bis in die 46. KW hoch. Hier Abb. 17: Bestandsentwicklung rastender Silberreiher in wurde auch der Maximalbestand von 92 Ind. der Leda-Jümme-Niederung Winter 2013/14. – Numbers erreicht (45. KW). Zur Monatsmitte Dezember san - of staging Great Egrets in the Leda-Jümme-Lowlands du - ken die Bestände deutlich ab, um ab Mitte Dezember ring winter 2013/14. erneut von 38 auf 56 Ind. anzuwachsen. Die kurze Schneephase in der 4. und 5. KW vertrieb die ras - Hammrich beobachtet werden, doch ist dies nicht tenden Silberreiher fast vollständig, doch kehrten der einzige Bereich mit hohen Dichten. Dabei fällt sie kurzfristig nach der Schneeschmelze wieder auf, dass die Silberreiher auch die Mais dominierten zurück. Es zeichnet sich in der 8.-9. KW. ein Früh - Bereiche nordöstlich des Holter Hammrich nutzen, jahrszuggipfel ab. Danach sanken die Bestände, die von den meisten anderen Arten sonst gemieden und Anfang Mai hatten die Silberreiher fast voll - werden. ständig das Gebiet verlassen. Sturmmöwe Larus canus Der Schwerpunkt der räumlichen Nutzung rastender Silberreiher findet sich im zentralen Areal zwischen Zu Beginn der Untersuchungen wurden nur wenige den beiden Flüssen Leda und Jümme. Im Vergleich Sturmmöwen im Untersuchungsgebiet festgestellt zu den zuvor vorgestellten Arten wiesen Silberreiher (Abb. 19). Erst Anfang November stiegen die aber eine fast flächendeckende Nutzung des Un - Zahlen langsam an. Mitte Dezember wurden tersuchungsgebietes auf, wenngleich der Bereich erstmals in diesem Winter mehr als 3.000 Sturm - nördlich der Jümme sowie im Bereich Altes Tief möwen erfasst. Mit 4.010 Ind. wurde in der 2. KW und Schatteburger Hammrich geringere Dichten 2014 das Wintermaximum im Untersuchungsgebiet aufwiesen als im Zentrum des Gebietes (Abb. 18). beobachtet. Auch die Sturmmöwen verließen das Auch konnten die Silberreiher häufig im Holter Gebiet während des kurzen Schneeeinbruchs in Vogelkdl. Ber. Niedersachs. 44 (2014) 11

Abb. 18: Räumliche Verteilung rastender Silberreiher im Winter 2013/14 ( Σ Ind. pro 1 km²). – Spa - tial distribution of staging Great Egrets during winter 2013/14.

der 4. und 5. KW fast vollständig. Langsam stiegen die Bestände dann zum Frühjahr hin wieder an und erreichten ein Maximum auf dem Frühjahrszug 5.000 von 2.580 Ind. in der 9. KW. Bereits Mitte April hatten die Sturmmöwen dann das Untersuchungs - 4.000 gebiet nahezu vollständig verlassen. l

e 3.000 g ö V

Im Untersuchungsgebiet fanden sich Sturmmöwen l h

a 2.000 z

überwiegend auf den Grünlandparzellen, insbe - n A sondere zu Zeiten der landwirtschaftlichen Bewirt - 1.000 schaftung (Gülleausbringung, Grüppenfräsen, Pflü - gen u. a.). Dabei fällt die intensive Nutzung des 0 41 43 45 47 50 52 2 4 6 8 10 12 14 Nortmoorer Hammrichs bzw. des Grünlandareals Kalenderwochen nördlich der Jümme zwischen Leer und Stickhausen besonders auf, während der Jümmiger und der Abb. 19: Bestandsentwicklung rastender Sturmmöwen Schatteburger Hammrich nur in relativ geringem in der Leda-Jümme-Niederung Winter 2013/14. – Num - Umfang angeflogen wurden. Ebenso fanden sich bers of staging Mew Gulls in the Leda-Jümme-Lowlands ganz im Westen des Untersuchungsgebietes häufig during winter 2013/14. Sturmmöwen, die von der Mülldeponie Breinermoor

Abb. 20: Räumliche Verteilung rastender Sturmmöwen im Win - ter 2013/14 ( Σ Ind. pro 1 km²). – Spatial distribution of staging Common Gulls during winter 2013/14. 12 KRUCKENBERG : Bestand und Verbreitung ausgewählter Gastvogelarten in der Leda-Jümme-Niederung

Tab. 1: Maximalbestände ausgewählter Gastvogelarten in der Leda-Jümme-Niederung und naturschutzfachliche Be - wertung (nach KRÜGER et al. 2013). – Maximum numbers of important migratory birds species in the Leda-Jümme- Lowlands.

Art / species Max. Bewertung Max. Bewertung Max. Saison 2013/14 2012/13 1 vor 2012 2 (Beobachter) Anatidae – Gänse- und Schwanenarten / geese and swans Höckerschwan Cygnus olor 122 landesweit 49 regional 51 2004/05 (TM) Singschwan Cygnus cygnus 37 lokal 88 regional 45 2002/03 (HK) Zwergschwan Cygnus bewickii 94 landesweit 119 national 397 2005/06 (TM) Graugans Anser anser 1.040 landesweit 1.830 national 973 2010/11 (TM) Blessgans Anser albifrons 10.800 international 22.010 international 6.990 2009/10 (HK) Zwerggans Anser erythropus 0012005/06 (TM) Tundrasaatgans Anser f. rossicus 1.070 regional 390 lokal 1.662 2009/10 (KG) Kurzschnabelgans Anser brachyrhynchus 2- 24 landesweit 6 2011/12 (TM) Weißwangengans Branta leucopsis 920 lokal 2.600 national 2.450 2011/12 (TM) Kanadagans Branta canadensis 112 48 44 2011/12 (TM) Rothalsgans Branta ruficollis 0 0 1 2011/12 (TM) Nilgans Alopochen aegyptiacus 107 23 57 2007/08 (TM) Rostgans Tadorna ferruginea 24 2 3 2011/12 (TM) Pfeifente Anas penelope 2540 landesweit 3.680 national 1.500 2011/12 (TM) ausgewählte Limikolen / important waders Kiebitz Vanellus vanellus 4.810 landesweit 5.240 landesweit 2.111 2007/08 Goldregenpfeifer Pluvialis apricaria 2.920 national 320 lokal 250 2011/12 (TM) Uferschnepfe Limosa limosa 451 national 364 national Kampfläufer Philomachus pugnax 236 national 292 national 45 2006/07 (TM) Laridae - Möwenarten / gulls Silbermöwe Larus argentatus 730 regional 125 Heringsmöwe Larus fuscus 72 146 Lokal Sturmmöwe Larus canus 3.850 national 1.660 Landesweit Lachmöwe Larus ridibundus 3.430 regional 1.400 Lokal

1 aus: KRUCKENBERG 2013, 2 Daten der NABU Zählergruppe Leer, TM = T. Munk, KG = K. Gerdes, HK = H. Kruckenberg westlich des Untersuchungsgebietes kommend im die Arten ausgewählt, deren Raumnutzung große Grünland rasteten. Auch am Stadtrand von Leer Anteile der Niederung umfassten sowie natur - wurden häufig größere Sturmmöwenansammlungen schutzfachlich bemerkenswerte Bestände aufwiesen, festgestellt (Abb. 20). während die Arten, die (fast) ausschließlich im Holter Hammrich rasteten, zu einem späteren Zeit - Das Vorkommen weiterer Arten punkt gesondert dargestellt werden sollen. Gleiches gilt für Raumnutzung des Weißstorchs Ciconia ci - Insgesamt wurden während des Beobachtungs - conia , der im Gebiet sowohl Gast- als auch Brutvogel zeitraums 47 Wat- und Wasservogelarten im Gebiet ist. Tab. 1 weist die Maximalzahlen der wichtigsten festgestellt. Für diese Auswertung wurden zunächst Gastvogelarten auf, insbesondere die der Gänse- Vogelkdl. Ber. Niedersachs. 44 (2014) 13

und Schwanenarten sowie ausgewählter Limikolen auf die Zählergebnisse 2013/2014 stellt sich die und Möwen. Leda-Jümme-Niederung als ein für Gastvögel be - deutsamer Raum heraus: Von den hier vorgestellten Habitatnutzung im Untersuchungsgebiet Arten erreicht die Blessgans das Kriterium für eine internationale Bedeutung (sowohl 2013/14 als Während der Erfassungen wurde jeweils das Habitat auch im Winter 2012/13). Die ermittelten Be - der einzelnen Vogeltrupps notiert. Tab. 2 zeigt die standszahlen der drei Limikolenarten Goldregen - prozentuale Nutzung der Habitate im Untersu - pfeifer, Kampfläufer und Uferschnepfe sowie die chungsgebiet durch die o. g. Arten. Dabei zeigt Sturmmöwe erreichten die Kriterienwerte für eine sich, dass Grünland für die meisten Arten das nationale Bedeutung (Weißwangengans zudem überwiegend genutzte Habitat darstellt. Dies gilt im Winter 2012/13). Höcker- und Zwergschwan, nicht nur für die herbivoren Schwäne und Gänse Graugans, Pfeifente und Kiebitz erreichten jeweils (Zwergschwan 97,1 %, Höckerschwan 92,9 %, eine landesweite Bedeutung, in einigen Vorjahren Blessgans 84,3 %, Graugans 72,8 %), sondern z. T. sogar deutlich höher). Saatgans, Silber- und auch für Goldregenpfeifer (99,9 %), Kiebitz Lachmöwe erreichten eine regionale Bedeutung (91,1 %), Silberreiher (90,9 %) und Sturmmöwe im Winter 2013/14. (92,8 %). Von ebenfalls hoher Bedeutung sind die Gewässer im Gebiet (vor allem der Polder Holte). Hierbei ist zudem zu beachten, dass die Leda-Jüm - Hier fanden sich 21,4 % der Graugänse, 91,4 % me-Niederung von den Gastvögeln als einheitliches der Pfeifenten und 68,1 % der Kampfläufer. Andere Gebiet genutzt wird, was aufgrund von Beobach - Habitattypen, wie etwa Maisstoppel, Grünland - tungen markierter Blessgänse deutlich wird. Darüber neueinsaat oder Ackerflächen, spielten nur eine hinaus bestehen starke Wechselwirkungen in die untergeordnete Rolle (vgl. Tab. 2). gesamte Ems-Dollart-Region hinein. Es ist davon auszugehen, dass dies ebenso für die anderen Naturschutzfachliche Gänsearten sowie für Möwen und Silberreiher gilt. Bewertung Eine Einteilung und Bewertung von Teilräumen unterbleibt daher. Für die naturschutzfachliche Bewertung eines Feuchtgebietes anhand der Größe von Wasservo - gelbeständen gelten internationale Kriterien, die Diskussion dann auf nationale oder regionale Raumbezüge Die Leda-Jümme-Niederung war zumindest bis angepasst werden (für Niedersachsen vgl. aktuell Mitte des 20. Jahrhunderts ein herausragendes KRÜGER et al. 2013). Bei Anwendung dieser Kriterien Rastgebiet für Wasser- und Watvögel ( GERDES 2000).

Tab. 2: Nutzung verschiedener verschiedener Flächennutzungstypen durch Wasser- und Watvogelarten in der Leda- Jümme-Niederung. – Percentages of habitat use according to different types of land uses.

Art Grünland Gewässer Mais Neueinsaat Acker Sonstige Σ Ind. Zwergschwan 97,1% 2,9% - - - - 204 Höckerschwan 92,9% 6,8% 0,3% - - - 1.408 Blessgans 84,3% 9,8% 3,2% 2,5% - 1,8% 102.445 Graugans 72,8% 21,4% 5,4% 0,1% - 0,4% 12.288 Pfeifente 8,6% 91,4% - - - - 26.364 Goldregenpfeifer 99,9% - - 0,1% - - 12.345 Kiebitz 91,1% 6,7% 0,3% 0,2% 1,0% - 41.318 Kampfläufer 24,1% 68,1% 7,8% - - - 536 Silberreiher 90,9% 8,6% 0,25% 0,25% - - 1.205 Sturmmöwe 92,8% 7,2% - - - - 28.455 14 KRUCKENBERG : Bestand und Verbreitung ausgewählter Gastvogelarten in der Leda-Jümme-Niederung

Damals war die Niederung von der Kreisgrenze bei der Erhöhung und Verstärkung der Deiche wurden bis an das Stadtgebiet von Leer im Winter Überflutungen im Gebiet gebannt und das Gebiet überschwemmt (H. DE RIESE , pers. Mitt.). Auf den so für Gänse unattraktiv ( GERDES 2000). Gleichzeitig überfluteten Flächen zwischen Breinermoor und erreichten die Populationen der arktischen Wildgänse der Leda rasteten noch in den 1940er Jahren tau - auf dem atlantischen Zugweg zu dieser Zeit einen sende von Enten und Gänsen (G. PITTS -G RÜNEFELD , historischen Tiefststand, aus dem sie sich erst ab pers. Mitt.). Während diese von deutschen Vogel - Mitte der 1980er Jahre zunehmend erholen konnten kundlern weitgehend außer Acht gelassen wurden, (MADSEN et al. 1999, KRUCKENBERG et al. 2011). Erst war das Gebiet für die Offiziere der englischen Be - seit einigen Jahren stabilisiert sich der Bestand der satzungstruppen ein „Geheimtipp“. So berichteten Blessgans erneut. Der Bestand der (Tundra-)Saatgans J. G. HARRISON (1952, 1954) und G. L. ATKINSON -W IL - sinkt derzeit möglicherweise bereits wieder, während LES (1961) sehr umfassend über die Vogelwelt im die Weißwangen- und Graugansbestände aktuell „Emsland“ (gemeint waren die Niederung von noch zunehmen ( FOX et al. 2010). Mit der generellen Ems, Leda und Jümme bei Leer). Der „Ruhm“ des Wiederkehr der Gänse und insbesondere durch Gebietes war derart groß, dass aus dem amerika - die Zunahme der Weißwangengans kam es in der nischen Sektor Sonderzüge zur Gänsejagd einge - Ems-Dollart-Niederung zu einer räumlichen Aus - richtet wurden (vgl. GERDES 2000). Der Bau des weitung der Gänserastplätze in den letzten 15 Leda-Sperrwerks bei Leer im Jahre 1954 unterband Jahren. Während noch in den 1990er Jahren die die jährlichen Überflutungen und legte den Grund - Blessgans in den dollart- und emsnahen Grün - stein für eine nachfolgende landwirtschaftliche In - landbereichen dominierte ( BORBACH -J AENE et al. tensivierung mit Flurbereinigung, Tiefumbruch, 2002), ist es heute hier die Weißwangengans ( KRU - großflächiger Senkung des Wasserstandes, Bau CKENBERG 2014). Die Blessgänse dagegen haben im von Aussiedlerhöfen, Wechsel von Heu- zu Silage- Zuge dieser zunehmenden Konkurrenzsituation und von Mist- zur Güllewirtschaft mit wenigen (KRUCKENBERG & K OWALLIK 2008) mehr und mehr Hochleistungsgräsern und bis heute andauerndem ihre Nahrungsgebiete in weiter entfernte, binnen - Grünlandumbruch in Maisäcker. Die im Zuge dieser ländische Gebiete verlagert. Dieser Prozess begann Entwicklung einsetzende ökologische Verarmung vermutlich bereits Ende der 1990er Jahre als die trug auch dazu bei, dass die Leda-Jümme-Niederung Blessgänse das nördliche Emsland (2002), die süd - bis vor wenigen Jahren nur wenig Aufmerksamkeit liche Krummhörn ( KRUCKENBERG & B ORBACH -J AENE von Ornithologen und Avifaunisten erfuhr. Aus 2003) und die Ostfriesischen Binnenmeere ( KRU - den 1990er Jahren liegen daher nur wenige Gast - CKENBERG & B ORBACH -J AENE 2000) entdeckten, mög - vogeldaten vor, die aber dennoch bereits für diesen licherweise etwas später dann auch die Niederungen Zeitraum Hinweise darauf gaben, dass das Gebiet von Flumm-Fehntjer Tief ( KRUCKENBERG in Vorb.) für Kiebitz, Goldregenpfeifer, Regenbrachvogel sowie von Leda und Jümme. Insofern stehen die oder Bekassine bedeutsam war ( MELTER & S CHREIBER hier vorgestellten Vorkommen der arktischen und 2000). Aus heutiger Sicht ist diese Nicht-Beachtung nordischen Gänse in der Leda-Jümme-Niederung nicht (mehr) gerechtfertigt, was die vorgelegten im Kontext einer kontinuierlichen Wiederbesiedlung Zahlen rastender Wasser- und Watvögel aus dem verloren gegangener Rastgebiete. Die Schaffung Winter 2013/14 (s.o.) wie auch bereits aus dem attraktiver Wasserflächen als Flucht- und Komfort - Winter zuvor ( KRUCKENBERG 2013) zeigen. Für einige gewässer, wie hier das Beispiel des Holter Hamm - Arten bestand aufgrund einiger Zufallsbeobach - richs, beschleunigte möglicherweise einen solchen tungen schon seit einigen Jahren der Verdacht, Prozess, ist aber wohl keine Bedingung, wie die das Gebiet könne eine generell höhere Bedeutung Entwicklung in der südlichen Krummhörn zeigte haben (z. B. Zwergschwan, Wildgänse s.u.; KRU - (KRUCKENBERG & B ORBACH -J AENE 2003, K RUCKENBERG CKENBERG 2012), doch erst ab 2012/13 war es mög - 2004), wo entsprechende Strukturen weitgehend lich, systematisch die Niederung auf das Vorkommen fehlen. Bemerkenswert sind diesbezüglich aber die von nordischen Gastvögeln hin zu untersuchen. Beobachtungen von Schlafplatzflügen der rastenden Gänse: neben dem Flug zum Dollart, der traditionell Schwäne und Gänse der zentrale Schlafplatz der Region ist ( GERDES 2000), hat ein Teil der Gänse auch die südöstlich Mit Inbetriebnahme des Leda-Sperrwerkes sowie gelegenen renaturierten Moore entdeckt (G. KLOP - Vogelkdl. Ber. Niedersachs. 44 (2014) 15

PENBURG , pers. Mitt., eig. Beob). Auch der Holter festgestellt wurde ( KRUCKENBERG 2004): Derzeit wird Hammrich wird zeitweilig als Schlafplatz genutzt. das Gebiet überwiegend auf dem Heimzug der Wie bereits auf den Ostfriesischen Meeren beob - Gänse genutzt, zumal zu der Zeit, wenn in den achtet ( KRUCKENBERG & B ORBACH -J AENE 2000), scheint zentralen Bereichen der Ems-Dollart-Region die ein attraktiver Schlafplatz ein wichtiges Element höchsten Rastzahlen beobachtet werden. Allerdings für eine dauerhafte Etablierung einer Grünlandregion hat sich das Vorkommen in der Niederung bereits als eigenständiges Rastgebiet für Gänse und Schwä - auf dem Heimzug stärker etabliert: die Gänse ne zu sein. blieben bis zum Abzug Ende März im Gebiet präsent. Das Gebiet fungiert also nicht (mehr) nur Für Gänse war das Leda-Jümme-Gebiet historisch als „Überlaufgebiet“ während der Hauptzugzeit. betrachtet immer ein bedeutendes Rastgebiet. AT- KINSON -W ILLES (1961) berichtet von 10.-15.000 Gän - Die Graugans hingegen hat in der gesamten Ems- sen, im Osten der Niederung hat K. OLTMER (nach Dollart-Region im Bestand stark zugenommen und GERDES 2000) noch bis 1962 große Scharen beob - gleichzeitig ihre Raumnutzung verändert. Lag noch achtet (März 1955 5.000 Ind. bei Barge, Januar Ende der 1990er Jahre der Schwerpunkt des Vor - 1962 2.750 bei ). Von TOLL (1961) berichtet kommens im Herbst und räumlich im Dollartvorland von 2.000 Bless- und Kurzschnabelgänsen Anser mit Wechselwirkungen in die ackerbaulich genutzten brachyrhynchus am Holtlander Ehetief. Danach Polder ( BORBACH -J AENE et al. 2001), so wird in den brach die Tradition als Rastgebiet ab ( GERDES 2000), 2010er Jahren das Hauptvorkommen der Graugans doch ab 2002 gab es erneut vereinzelte Feststel - auf dem Frühjahrszug entlang der Verläufe der lungen rastender Gänse in der Niederung (eig. Ems und ihrer Nebenflüsse beobachtet (eig. Beob.). Beob.; T. MUNK pers. Mitt.). Ein großer Teil dieser Diese Entwicklung dürfte verschiedenen regionalen, Gänse sollen damals Blessgänse gewesen sein aber auch überregionalen Änderungen geschuldet (95 % der anwesenden Gänse; ATKINSON -W ILLES in sein (Bestandswachstum, agrarische Nutzungsän - HARRISON 1954), doch auch die Kurzschnabelgans derung, Emsvertiefungen usw.). Insofern ist auch war damals schon als Durchzugs- und/oder Win - hier das Auftreten der Graugans in diesem regionalen tervogel vertreten. So beobachtete COOKE (nach Zusammenhang zu sehen: ihren räumlichen Schwer - HARRISON 1952) 1951 1.500 Blessgänse bei Stick - punkt weist die Art deutlich am Zusammenfluss hausen. Nach Berichten von ATKINSON -W ILLES (in von Leda und Jümme sowie dem neu entstandenen HARRISON 1954) beobachtete er Ende November Feuchtgebiet „Polder Holte“ auf. 1950 den Einflug der Kurzschnabelgänse bei Detern und Ammersum, die aus Nordost kamen – seiner Das Vorkommen von rastenden Schwänen in der Meinung nach vom Jadebusen, möglicherweise Niederung ist ebenfalls bis Mitte des 20. Jahrhunderts aber auch aus dem Spolsener-Stapeler-Moorgebiet. belegt, auch wenn die Arten nicht mehr eindeutig Sicher ist, dass durch die ausbleibenden Überflu - zugeordnet werden können. In den 1940er Jahren tungen die Niederungen von Leda und Jümme für waren rastende Schwäne auf den überschwemmten die Gänse stark an Attraktivität verlor. Gleichzeitig Flächen häufige Gäste, wo sie vom damaligen brachen aber auch die Populationen der Gänse Landrat H. WINDELS und vor allem von englischen stark ein, und nicht zuletzt deshalb reichten Offizieren (die zu Hause keine Schwäne jagen innerhalb der großräumigen Gänseregion Ems- durften) gern gejagt wurden (G. PITTS -G RÜNEFELD , Dollart möglicherweise die dollartnahen Nahrungs - pers. Mitt.). HARRISON (1954) schreibt über das flächen des Rheiderlandes aus, um den gesamten reiche Vorkommen von Zwerg- und Singschwan Rastbestand zu ernähren. Diese Flächen lagen nahe im „Emsland“ (gemeint waren allerdings die weiten am Schlafplatz im Dollart und werden von den Niederungen von Ems, Leda und Jümme; s.o.), Gänsen nach wie vor bevorzugt. Es spricht somit ohne allerdings genaue Orte zu bezeichnen. K. OLT - vieles dafür, dass die Blessgans die Leda-Jümme- MER berichtet von bis zu 900 Zwergschwänen zwi - Niederung erst in den letzten 15 Jahren „wieder - schen Barge und Detern in den 1950er Jahren entdeckt“ hat. Die Blessgans zeigt aktuell in der (MORITZ 1997). Nach dem Bau des Sperrwerks bei Leda-Jümme-Niederung eine vergleichbare Rastphä - Leer traten nur noch vereinzelt Überschwemmungen nologie wie sie anfänglich auch in der südlichen auf, die dann schnell von Wasservögeln entdeckt Krummhörn und den Ostfriesischen Binnenmeeren wurden ( VON TOLL 1961, H. DE RIESE , pers. Mitt.). 16 KRUCKENBERG : Bestand und Verbreitung ausgewählter Gastvogelarten in der Leda-Jümme-Niederung

Abb. 21: Herbstimpression vom Polder Holte, 10.10.2013. Foto: Helmut Kruckenberg. – Autumn impression of polder Holte.

Ehemals war das Leda-Jümme-Gebiet auch ein bestehen. Erst ab November ist deutlicher Zuzug wichtiger Rastplatz des Zwergschwans. Hier sollen zu erkennen. Während der Winterbestand bei „einige tausend Schwäne“ gerastet haben ( KELM etwas unter 80 Ind. blieb, nahm der Bestand dann & B OLL 1985) und allein bei Detern und Barge be - im Mai nochmals deutlich zu. Zu diesem Zeitpunkt obachtete G. THIELKE im Dezember 1952 900 Ind. sind nun alle vorjährigen Vögel von ihren Eltern (nach GERDES 2000). Seit dem Winter 2002/03 aus dem Brutrevier vertrieben worden, die ersten wurden im Gebiet immer wieder größere Zahlen Fehl- und Nichtbrüter sind bereits präsent und rastender Zwergschwäne, oftmals in Gesellschaft sammeln sich gemeinsam an geeigneten Punkten von Höckerschwänen, beobachtet (eig. Beob.; T. (wie hier dem Polder Holte). Dies zeigt sich auch in MUNK , K. G ERDES , pers. Mitt.). Die höchsten Zahlen der räumlichen Verteilung: während sich die Schwä - wurden dabei in den Wintern 2004/05 und 2005/06 ne über den Winter vor allem im Jümmiger Hamm - erfasst (max. 397 Ind.). Auch im Winter 2012/13 rich aufhalten, stellt der Polder Holte ein weiteres wurden immerhin 119 Ind. beobachtet ( KRUCKENBERG stark genutztes Gebiet dar. 2013). Das Vorkommen lag überwiegend im Jüm - miger Hammrich, doch wurden auch Schwäne im Pfeifente Nortmoorer bzw. Filsumer Hammrich und nördlich von Stickhausen beobachtet. Die Bestandszahlen Die Pfeifente ist wie die Gänse- und Schwanenarten schwanken stark von Jahr zu Jahr, offenkundig in ein rein herbivorer Wasservogel. Sie finden sich im Abhängigkeit von der Witterung. Es scheint aber, Untersuchungsgebiet sowohl an den Vorflutern dass dies – nachdem das Rheiderland seine Be - und Tiefs als auch auf den verschiedenen Seen deutung für den Zwergschwan nach 1994 verloren und den beiden Flüssen bzw. dem Polder Holte. hat – der wichtigste regelmäßige Zwergschwan - Nur wenige der rastenden Pfeifenten wurden nah - rastplatz in Ostfriesland ist. rungssuchend beobachtet. Nach niederländischen Untersuchungen gibt es zwei unterschiedliche Nah - Der Höckerschwan hingegen ist im Gebiet auch rungsstrategien der Pfeifente: während eine Gruppe Brutvogel mit mindestens 4-5 Brutpaaren (eig. sich den Winter über in einem eng begrenzten Be - Beob.). So dürfte der Bestand Anfang Oktober reich aufhält und hier Gräser entlang der Gewäs - weitgehend aus diesen Paaren mit ihrem Nachwuchs serufer frisst, gibt es andere, die den Tag auf Vogelkdl. Ber. Niedersachs. 44 (2014) 17

großen Seen zubringen, um während der Nacht in meiden die Bereiche mit Hecken und Baumreihen. die umliegenden Felder einzufliegen ( BOUDEWIJK et Zudem wird auch deutlich, dass Goldregenpfeifer al. 2009). Falls dies auch für Nordwestdeutschland die offenen Wasser- und Schlammflächen des gilt, fliegen die Pfeifenten von den Gewässern des Polders Holte eher meiden. Hier finden sich die Leda-Jümme-Gebietes in die umliegenden Wiesen Vögel im benachbarten Extensivgrünland am Alten und Felder. Bislang wurde die nächtliche Aktivität Tief/Leyßer Hammrich. und die Raumnutzung der Pfeifenten nicht unter - sucht, doch angesichts der Bedeutung der Niederung Der Kiebitz ist ein typischer Wiesenvogel der ost - für die Pfeifente sollte dem in Zukunft mehr Auf - friesischen Niederungen. Während die Art als Brut - merksamkeit geschenkt werden. vogel in Norddeutschland kontinuierlich rückläufig ist, finden sich in den Wintermonaten große Limikolen Scharen durchziehender Kiebitze in der Leda-Jüm - me-Niederung ein (s.o.; KRUCKENBERG 2012, 2013). Norddeutsche Niederungen sind traditionell durch Generell sind Kiebitze in Ostfriesland auch als hohe Grundwasserstände und feuchtes oder nasses Gastvögel zurückgegangen ( GERDES 2000). Die Art Grünland geprägt. Dies zeichnet ihre Eignung ins - war früher in allen Niederungen sehr häufig (vgl. besondere als Rastgebiet für arktische und nordische GERDES 2000, G LUTZ VON BLOTZHEIM & B AUER 1999) Limikolenarten aus. In der Leda-Jümme-Niederung und somit ein häufiger Vogel zu den Zugzeiten. So lässt sich eine große Artenvielfalt durchziehender beobachtete K. OLTMER im November 1953 allein Watvögel ( REICHERT & K RUCKENBERG i. Vorb.) beob - zwischen Stickhausen und Barge 19.500 Kiebitze achten. Doch war die Niederung schon vor 100 (nach GERDES 2000). Hohe, wenngleich deutlich Jahren als besonderer Ort für Limikolen bekannt. geringere Bestandszahlen als damals, wurden auch So wurde das Vorkommen des Goldregenpfeifers noch in den 1990er Jahren beobachtet: MELTER & in der Ems-Niederung mit ihren Nebenflüssen SCHREIBER (2000) gaben das Maximum mit 11.625 bereits bei HARRISON (1954) als außergewöhnlich Ind. an. Im Gegensatz zum Goldregenpfeifer blieben bezeichnet. Er schätzte einzelne Trupps auf 15.000 die Kiebitze relativ lange im Gebiet, wichen aber - 20.000 Goldregenpfeifer. Aktuell, rund achtzig in den besonders kalten bzw. schneereichen Wochen Jahre später, sind derart große Trupps in der Leda- nach Südwesten aus. Auch der Kiebitz bevorzugt Jümme-Niederung kaum mehr zu beobachten, die grünlanddominierten Bereiche, nutzte aber doch wurden im Winter 2013/14 immerhin fast auch in geringem Maß abgeerntete Maisäcker. 3.000 Goldregenpfeifer gezählt. Ebenso wurden bereits bei herbstlichen Synchronzählungen 2003- Kampfläufer wurden bereits 2013 in bemerkenswert 2007 einige hundert rastende Goldregenpfeifer großer Zahl im Gebiet beobachtet (292 Ind.; KRU - im Gebiet festgestellt ( KRÜGER 2004, P ENKERT et al. CKENBERG 2013). Dies steht vor allem mit der Ent - 2008) und in den 1990er Jahren wurde ein Maxi - wicklung des Polders Holte in Zusammenhang. In malbestand von 1.587 Ind. ermittelt ( MELTER & den beiden untersuchten Perioden bot der Polder SCHREIBER 2000). Das Durchzugsmuster der Goldre - für Limikolen hochattraktive Flachwasserbereiche genpfeifer unterschied sich im Winter 2013/14 mit Schlamminseln. In beiden Jahren flogen sie deutlich von dem im benachbarten Rheiderland: vom Polder aus zur Nahrungssuche in die umlie - während dort ein deutliches Herbstmaximum im genden Grünlandgebiete (Abb. 16 bzw. KRUCKENBERG November sowie starker Durchzug im Frühjahr 2013). Leider sind aus dem Zeitraum 1970 bis festgestellt wurde ( KOWALLIK et al. 2010), fehlte 1990 fast keine Bestandszahlen aus der Leda-Jüm - der Herbstzug 2013 in der Leda-Jümme-Niederung me-Niederung bekannt (Ausnahme: 165 Ind. am fast gänzlich. Wie im Rheiderland nutzen die Gold - 05.04.1992; T. MUNK in GERDES [2000]). Gerdes regenpfeifer jedoch auch im Leda-Jümme-Gebiet (2000) berichtet zusätzlich, dass noch in den 1950er (feuchtes) Grünland als Rast- und Nahrungsflächen. bzw. 1960er Jahren Balzplätze des Kampfläufers Dies zeigt auch die räumliche Verteilung (Abb. nachgewiesen wurden und nach VON TOLL (in GLUTZ 12): Gebiete mit Maisnutzung – wo die Entwässe - VON BLOTZHEIM & B AUER 1999) sollen noch Ende der rung auch während der Wintermonate vergleichs - 1960er Jahre 200 Kampfläufer- ♀ in der Niederung weise stark ist – werden gemieden. Zudem bevor - allein bei Filsum gebrütet haben. Auch wenn zugen die Goldregenpfeifer offenes Gelände und Kampfläuferbruten heute dort wohl kaum mehr 18 KRUCKENBERG : Bestand und Verbreitung ausgewählter Gastvogelarten in der Leda-Jümme-Niederung

vorkommen, wird die Niederung weiterhin von Grünland zu weit über 90% (Blessgans 98 %, durchziehenden Watvögeln regelmäßig und zeit - Graugans 70 % Nonnengans sogar 99 %; BOR - weilig in großer Zahl besucht. Aus diesem Grunde BACH -J AENE et al. 2001). Auch unter Berücksichtigung sollte in den kommenden Jahren insbesondere der unterschiedlichen Anteile verschiedener An - während des späten Limikolendurchzuges im Na - bauformen im Gebiet zeigte sich die herausragende turschutzpolder Holte auf limikolengerechte Was - Bedeutung von Grünland als Nahrungsfläche ( BOR - serstände geachtet und der Bestandsentwicklung BACH -J AENE et al. 2001). Auch in der Krummhörn dringend Aufmerksamkeit geschenkt werden. (zwischen Emden und Norddeich) wurde Grünland von den Gänsen eindeutig bevorzugt ( BORBACH - Silberreiher JAENE et al. 2001) wie auch an den Ostfriesischen Binnenmeeren ( KRUCKENBERG & B ORBACH -J AENE 2000). Noch in den 1990er Jahren war der Silberreiher In den ostfriesischen Niederungen findet man auch eine echte Seltenheit in Ostfriesland ( GERDES 2000), Zwerg- und Höckerschwäne regelmäßig auf feuchten wie auch in ganz Niedersachsen. Erst Mitte der oder nassen Grünlandstandorten. Wie im Leda- 2000er Jahre trat diese Art dann regelmäßig auch Jümme-Gebiet bevorzugen auch Goldregenpfeifer in der Emsniederung als Gastvogel auf und nimmt im Rheiderland Grünland ganz eindeutig ( KOWALLIK seither kontinuierlich im Bestand zu (eig. Beob.). et al. 2010), ostfrieslandweit stellten PENKERT et al. Dies geht einher mit einer deutlichen Zunahme (2008) ebenfalls eine überwiegende Grünlandnut - der Brutbestände in Europa sowie einer Arealaus - zung durch die Goldregenpfeifer fest. Auch wenn breitung der Art. So brüten Silberreiher aktuell die Kampfläufer überwiegend die Schlammflächen nicht nur in den Niederlanden, Polen, Österreich des Polder Holte zur Nahrungssuche und Rast und Frankreich ( BAUER et al. 2005), sondern erstmals nutzten, wechselten sie häufig in die benachbarten 2012 auch mit einem Paar in Deutschland ( FEIGE & Grünlandgebiete. Hier waren es insbesondere Flä - MÜLLER 2012) sowie in Südengland ( KÖNIG et al. chen mit flachen Blänken, die für die Kampfläufer 2012). Die Zunahme des Silberreiherbestandes besonders attraktiv waren. dauert in den Niederlanden bislang noch weiter an, sowohl hinsichtlich der Brutpaare ( SOVON 2014) Bemerkenswert ist die hohe Grünlandnutzung vor als auch der winterlichen Gastvögel ( KLAASSEN allem beim Silberreiher: Traditionell nutzen diese 2012). In den Niederlanden zeigen die Zählergebnisse Vögel eher flache Gewässer und jagen hier im ebenfalls ein zweigipfliges Auftreten ( KLAASSEN Uferbereich und auf überstauten Wiesen nach Fi - 2012), wenngleich das Maximum zumeist im schen, Amphibien und Insekten ( BAUER et al. 2005). Februar festgestellt wurde. Anderenorts liegt das So war es auch noch vor 10 Jahren z. B. am Stein - Maximum rastender Silberreiher wie in der Leda- huder Meer ( BRANDT 2002). Offenbar haben seither Jümme-Niederung meist im frühen Herbst ( TODTE die Silberreiher im Zuge ihrer winterlichen Be - et al. 2010). standszunahme in Norddeutschland ihre Ernäh - rungsweise auf Mäuse umgestellt. Die Herkunft der in Norddeutschland rastenden Silberreiher ist bisher ungeklärt. Wiederfunde be - Betrachtet man den hohen Stellenwert, den Grün - ringter Tiere sowie Erkenntnisse von einem tele - land für die verschiedenen Gastvogelarten der metrierten Reiher deuten an, dass diese aus ganz Leda-Jümme-Niederung darstellt, so muss dem verschiedenen Brutarealen stammen dürften: Polen Schutz von Dauergrünland (denn nur dieses bietet und Ungarn, aber auch Frankreich ( TODTE et al. neben Gras auch entsprechendes Bodenleben und 2010), sicherlich auch das Baltikum und die Nie - Kleinsäuger) deutlich mehr Aufmerksamkeit ge - derlande. schenkt werden. Intensive Düngung sowie das Ab - spritzen der Vegetation mit anschließender Neu - Habitatnutzung einsaat von Hochleistungsgräsern waren noch vor 15 Jahren in Ostfriesland nahezu unbekannt. Zudem Wie auch in anderen Rastgebieten Ostfrieslands hat sich der Umbruchturnus in den vergangenen spielt Grünland als Nahrungsfläche für Gänse und 20 Jahren von anfänglich 8-10 Jahre auf heute z. Schwäne, aber auch für Limikolen eine dominierende T. alle 2-4 Jahre dramatisch verkürzt (eig. Beob). In Rolle. Im Rheiderland nutzen die Gänse ebenfalls der Folge tritt eine Verarmung der Vegetationsvielfalt Vogelkdl. Ber. Niedersachs. 44 (2014) 19

mit entsprechend negativen Konsequenzen für die RIESE , pers. Mitt.) sowie 1961, als ein Maschinen - Biozönose des Grünlandes ein ( BEINTEMA et al. schaden im Schöpfwerk des Holtlander Ehetiefs zu 1995, KRATOCHWIL 1989, B LUME 1992, S CHACHTSCHABEL großflächigen Überflutungen führte ( VON TOLL 1961). et al. 1998). Hier besteht akuter Handlungsbedarf, Im Jahre 1989 wurde mit der Erstellung eines da artenreiches, wertvolles Grünland kurzfristig Landschaftsentwicklungsplanes begonnen, der im nicht wiederherstellbar ist ( GEROWITT et al. 2013), Jahr 2000 in die Planung des Baus eines 220 ha selbst eine vom Naturschutz betriebene Renaturie - großen Natur- und Hochwasserschutzpolders bei rung dauert vielmehr Jahrzehnte ( BLÜML 2012). Holte („Polder Holte“) mündete. Dieser wurde 2011 fertiggestellt (M. WENDEBURG , pers. Mitt.). Die Bedeutung der Leda-Jümme-Niederung Das Gebiet teilt sich in einen ganzjährig flach über - und des Polders Holte für den Natur- und Vo - schwemmten Teil (Abb. 21) sowie einen grünland - gelschutz wirtschaftlich genutzten Bereich, in dem Zielset - zungen des Wiesenvogelschutzes angestrebt werden Im Jahre 1952 wurde das Leda-Sperrwerk bei Leer (WENDEBURG & R EICHERT 2012). Mit diesem Natur - in Betrieb genommen, und im Anschluss blieben schutzpolder hielten in einem Teilbereich der Leda- die winterlichen Überschwemmungen in der Nie - Jümme-Niederung wieder flach überstaute Bereiche derungen aus ( GERDES 2000). In der Folgezeit kam Einzug in die Landschaft, und das Gebiet hat sich es allerdings noch zeitweilig zu meist kleinräumigen in den vergangenen Jahren zu einem vor allem für Überschwemmungen, die kurzzeitig zu großen Wasser- und Watvögel außerordentlich arten- und Wasservogelansammlungen führten: einige Male individuenreichen Rastplatz in Ostfriesland mit bis in die 1980er Jahre hinein wurden in den überregionaler entwickelt ( WENDEBURG & R EICHERT Hammrichen im Herbst kurzzeitig die Sieltore ge - 2012), die zunehmend auch viele Vogelfreunde öffnet, um „Mäuseplagen“ zu bekämpfen (H. DE zum Naturerlebnis vor Ort anregt. Das Projekt zeigt

Abb. 22: Abendlicher Flug der Blessgänse zum Dollart bei Groß Terwisch, Jümmiger Hammrich, 05.02.2013. Foto: Helmut Kruckenberg. – Roosting flight to Dollart area from Leda-Jümme Lowlands. 20 KRUCKENBERG : Bestand und Verbreitung ausgewählter Gastvogelarten in der Leda-Jümme-Niederung

sehr deutlich, dass es insbesondere der Mangel an sorgung (kalte Winter), bei Zugstau und aufgrund feuchten und nassen Bereichen in den heutigen des fortschreitenden Flächen-(Grünland-)verlustes Niederungen ist, der kausal für den Rückgang von in den traditionell besonders intensiv genutzten Wasser- und Watvögeln dort verantwortlich ist. Arealen gelten. Die Entwicklung der vergangenen Gleichzeitig zeigt sich, dass – da das Leda-Jümme- Jahre zeigt, dass die Funktion des Gänserastplatzes Gebiet durch seine geographische Lage ohnehin in diesen Europäischen Vogelschutzgebieten heute ein hohes Potenzial aufwies – von einem solchen ohne die angrenzenden, bisher nicht gemeldeten Naturschutzpolder eine deutlich positive Wirkung Gebiete undenkbar ist. Insofern sollte im Hinblick auch in die umliegenden Areale ausstrahlen kann. auf diese Niederung in Betracht gezogen werden, Die heutige Bedeutung des Gebietes als wichtiges dass die bestehenden Vogelschutzgebiete in der Rastgebiet für verschiedene Wat- und Wasservögel Region entsprechend dieser ökologischen Erkennt - (KRUCKENBERG et al. 2012, KRUCKENBERG 2013) wird nisse räumlich angepasst werden müssen. durch die hier vorgestellten Zahlen eindrücklich belegt. Gleichzeitig stellt das Gebiet nach wie vor Danksagung ein wichtiges Brut- und Aufzuchtgebiet für Wie - senlimikolen ( MELTER et al. 1998, REICHERT et al. Ich danke C. Kowallik, ohne deren tatkräftige Un - 2004, KRUCKENBERG et al. 2012a) und mittlerweile terstützung bei der Lösung grundlegender Daten - sogar für den Weißstorch dar ( FITTJE & F INCH 2013, bank- und GIS-Probleme diese Veröffentlichung KRUCKENBERG et al. in Vorb.). nicht möglich gewesen wäre. Dem Landkreis Leer danke ich für die Erlaubnis auch die Daten aus Nach der Einrichtung des Polder Holte hat das dem Kartierauftrag im Winter 2012/13 zu ver - Leda-Jümme-Gebiet auch unter Vogelbeobachtern wenden. A. Book, K. Gerdes und T. Munk danke deutlich an Aufmerksamkeit gewonnen. Die Da - ich für die Übersendung ihrer Beobachtungen aus tendichte aus diesem Gebiet nimmt daher deutlich den zurückliegenden Jahren, G. Pitts-Grünefeld zu und angesichts der vorliegenden Erkenntnisse und H. de Riese für die Schilderungen aus Kinder - über das Vorkommen von Brut- und Gastvögeln tagen. K. Gerdes, M. Wendeburg, G. Reichert und ist der schutzlose Status eines so wichtigen Vogel - P. Südbeck danke ich für Anregungen und Korrek - lebensraumes unbefriedigend. Das Gebiet erfüllt turen zum Manuskript. nach den hier vorgelegten Daten nicht allein die IBA-Kriterien als besonders wichtiges Brutvogelge - biet, sondern ist auch für verschiedene Gastvogel - Summary – Numbers and Distribution of arten von überregionaler Bedeutung ( MELTER & Selected Bird Species Staging in the Leda- SCHREIBER 2000). Jümme-Lowlands (District of Leer) in Win - ter 2013/14 Beobachtungen von markierten Blessgänsen zeigen, The Leda-Jümme-Lowlands east of Leer (, dass die Leda-Jümme-Niederung in einem engen ) are part of a large complex of funktionalen Zusammenhang zu den Nahrungs - staging sites situated around the Dollard bay. gebieten des Ems-Dollart-Gebietes mit den Vogel - During the winter period 2013/14, weekly waterbird schutzgebieten Rheiderland (V06) und Emsmarschen counts were carried out in this area. In this paper zwischen Emden und Leer (V10) steht. Zudem the numbers and distribution of staging bird species nutzt der überwiegende Teil der Gänse die Dollart - with a wide range of spatial distribution in the watten im Nationalpark Niedersächsisches Wat - study area are presented: geese and swans, Northern tenmeer (bzw. auf niederländischer Seite) als Schlaf - Lapwing, European Golden Plover, Ruff, Mew Gull platz. Wie bereits früher gezeigt werden konnte and Great Egret. For 2013/14 and preceding years, (KRUCKENBERG 2004), wird hier deutlich, dass die the maximum numbers of a broad range of water - gesamte Region als ein Rast-Nahrungsplatzkomplex birds show the high conservational value of the aufgefasst werden muss, der funktionell eng ver - Leda-Jümme-Lowlands for several of these spe - woben und vermutlich nur in seiner Komplexität cies. seine Rolle als Trittstein im Netzwerk der Wasser - vogelrastgebiete ausfüllen kann. Dies dürfte ins - besondere in Zeiten suboptimaler Nahrungsver - Vogelkdl. Ber. Niedersachs. 44 (2014) 21

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