UID Jg. 19 1965 Nr. 17, Union in Deutschland
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Z 6796 C BONN • 29. APRIL 1965 NR. 17 • 19. JAHRGANG tnI>^utschUxnfL INFORMATIONSDIENST der Christlich Demokratischen und Christlich Sozialen Union CDU-Initiative für Berlin Landesvorsitzender Franz Amrehm fordert „Nationalstiftung Deutsche Hauptstadt" Die CDU Berlins will die alte Reichshauptstadt wieder zu einem kulturellen sitzt und die finanzielle Leistungsfähig- und geistigen Zentrum Gesamtdeutschlands machen. Vor dem Landesparteitag keit hat, in Berlin die Offensive der deut- schen Geisteswelt um unser gemeinsames ^ter Berliner CDU hat Franz Amrehn, Vorsitzender der Berliner Union, die Schicksal einzuleiten. Träger deutscher Gesamtverantwortung zu einer „Nationalstiftung Deutsche In diesem Träger deutscher Gesamt- Hauptstadt" aufgerufen. Dieser Stiftung wies er das Ziel zu, Berlin geistig verantwortung müßten sich die anderen aufzuforsten. Amrehn erklärte: „Das deutsche Volk ist es sich und vor allem deutschen Universitäten, die deutschen den eingesperrten Landsleuten schuldig, daß in Berlin Macht durch Geist ent- Bundesländer, die Gemeindeverbände sowie Organisationen aus der gewerb- faltet wird". Amrehn forderte im weiteren Verlauf seiner Rede eine Volksab- lichen Wirtschaft, Unternehmerver- stimmung über die Zugehörigkeit Berlins zum Bund. Der Vorsitzende der bände und Gewerkschaften zusammen- CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Barzel, kritisierte die Uneinigkeit des schließen zu einer .Nationalstiftung Westens, der dabei ist, wie er sagte, essentielle Bedingungen einer aktiven Deutsche Hauptstadt'. Ostpolitik „hier und da zu verspielen". Mit der Rechtsform würden drei Dinge klargestellt und ermöglicht: Vor dem Landesparteitag begründete dezimierte Bevölkerung nicht ersetzen, 0 Der Bund ist in seinen Gliedern und Amrehn die geistige und kulturelle Ini- schon gar nicht ein sozialdemokratischer Organisationen beteiligt. Trotzdem tiative für Berlin mit den Worten: Senat. übernimmt die Bundesrepublik direkt „Wir leben nicht nur von Produktion Geistiges Leben wird noch nicht da- keine ihr nach Grundgesetz oder alliierter und Geld. Was wir noch nötiger brau- durch vermehrt, daß wir ihm Gebäude Verfügung versagte Kompetenz. chen, ist der lebendige Geist. Die Freiheit hier errichten. Die Menschen und Mächte % Der Raum der Geistesfreiheit wird ganz Deutschlands wird ein Sieg des Gei- des Geistes von draußen müssen Einzug nicht um eine Spur eingeengt. Profes- stes, der Selbstdisziplin und des Opfers darin halten. Dazu bleibt überhaupt nichts soren werden auch künftig von akade- über die Bequemlichkeit und die Gleich- anderes übrig, als daß der ganze Fächer mischen Organen ausgewählt; Intendan- gültigkeit sein. Wir brauchen in Deutsch- der kulturellen Verantwortung Deutsch- ten und Künstler bleiben nur dem Gesetz lands Hauptstadt eine Konzentration und lands in Berlin auf bundesbreite Schul- ihrer eigenen Entscheidung unterstellt. eine Elite von Wissenschaft und For- tern gelegt wird. Die Universitäten, die schung, von Literatur und Musik, von Oper und die Staatstheater, die führen- 0 Eine Berufung durch die Stiftung kann „; laierei und Skulptur, von Theater und den Kunstinstitute müssen ein Gesamtgut Stellung und Ansehen von Persönlich- Oper, von Sammlungen und Galerien. Das der Nation werden. Sie bedürfen endlich keiten erhöhen und muß das Band ihrer deutsche Volk ist es sich und vor allem eines Trägers, der die Kraft der Anzie- bestehenden Verpflichtungen zu anderen den eingesperrten Landsleuten schuldig, hung auf das kulturelle Deutschland be- Körperschaften dennoch nicht beenden." daß in Berlin Macht durch Geist entfaltet wird. Das kann und muß auch Geist vom Die Berliner sollen abstimmen Geiste anderer Europäer, das kann und soll auch Geist vom Geiste anderer Kon- Zu den sowjetischen Versuchen, Ber- setzgeberische und gesetzausübende tinente sein. Vor allem aber muß sich lins Bindungen an die Bundesrepublik Funktionen anzueignen, ist eine Aggres- Deutschlands geistige Welt in Berlin re- durch Erpressungen zu lockern, wie es bei sion gegen andere Staaten, in diesem präsentieren. Von Berlin aus müssen wie- der letzten Bundestagssitzung in der ge- Falle gegen das besondere Gebiet West- der Impulse auf die Geisteswelt aus- teilten Stadt sichtbar wurde, erklärte Am- berlin . .' gehen. Berlin darf nicht immer nur neh- rehn : Hierzu ist folgendes zu sagen: men müssen, es muß auch wieder etwas „Die Sowjetunion und die Zone haben geben können. Dann kommen die Füh- Wenn schon von einem besonderen mit ihren Interventionen auf den Auto- Gebiet die Rede ist, handelt es sich nicht rungskräfte nach Berlin, und sie laufen bahnen und in der Luft eine neue politi- uns nicht weg. um Westberlin, sondern um das ganze sche Kampagne gegen unsere Lebensge- Berlin. Entweder wird in den nächsten Jahren meinschaft mit dem Bund und gegen die auf diesem Felde die Durchbruchsschlacht Freiheit Westberlins eingeleitet. Wir tun Nach dem Völkerrecht gehört Ostberlin geschlagen oder wir verkümmern zu einer gut daran, nicht die neuen Töne der dazu nicht weniger und nicht mehr zum Zonen- Provinz der geistigen Schmalspur. Die gespielten politischen Begleitmusik zu gebiet als Westberlin zur Bundesrepublik. große Aufgabe der geistigen Aufforstung, überhören. Am 8. April erklärte Herr Die Tagungen der sogenannten Volks- Anreicherung und Auffüllung der deut- Winzer, Staatssekretär für das, was sie kammer sind also nach der eigenen schen Hauptstadt kann Berlin nicht aus in Pankow Außenpolitik nennen: .Jeder Argumentation von Winzer genauso völ- eigener Kraft bewältigen. Das hätte es Versuch, sich jenseits dieser Grenzen (ge- kerrechtswidrig wie in seinen Augen die schon früher nicht gekonnt. Das kann eine meint sind die der Bundesrepublik) ge- Fortsetzung Seite 2 auf ankäme und nicht immer noch nur darauf, uns einzukassieren! Noch immer CDU-Initiative für Berlin stehen wir in der Verteidigung. Kein Fortsetzung von Seite 1 an den Hut stecken möchte. Als ob sie in politisches Geschenk und keine Voraus- Sitzung des Bundestages in Berlin, oder Moskau nur auf ihn gewartet hätten, die- leistung werden daran etwas ändern. Wir der Bundestag in Berlin ist genauso we- sen Knoten zu lösen. verbessern auch nichts dadurch, ja wir nig völkerrechtswidrig wie die .Volks- Aber wieder will er das Pferd vom verschlechtern unseren politischen Stand, kammer', die überhaupt keine Rechte be- Schwanz her aufzäumen. Bevor ein Frie- wenn Berliner Abgeordnete der SPD die sitzt. densvertrag aufgesetzt wird, muß doch Anerkennung der Oder-Neiße-Linie ver- langen. Wenn Herr Winzer der Ansicht ist, erst eine Annäherung in den sachlichen eine Berliner Bundestagssitzung sei eine Gegensätzen erreicht, muß doch ein bes- Hiergegen kann es bei der CDU nur Aggression gegen uns, in seinen Augen seres Verhältnis zwischen der deutschen einmütige Opposition geben. Zwanzig gegen einen dritten Staat, und wenn das und der sowjetischen Regierung herbeige- Jahre lang ist uns vorgehalten worden, Zonenregime die Zeit für gekommen er- führt, muß doch eine Identität der rus- daß die Deutschen ihren Frieden mit dem achtet, zur Abrundung der Entspannungs- sischen Interessen mit den deutschen nationalsozialistischen Unrecht gemacht phase einen neuen politischen Vorstoß Interessen angebahnt werden. hätten. Wir haben nicht die Absicht und gegen Westberlin wagen zu können, Bis zu einer Gesamtlösung kann die dann wird jetzt der Zeitpunkt nicht mehr Lehre der jüngsten Ereignisse nur sein: fern sein dürfen, an dem der Senat die Berliner mit klaren Fragen zu einer über- Auch in bezug auf den zivilen Zu- Im Mittelpunkt des 40. Landes- zeugenden öffentlichen Stellungnahme parteitages der Berliner CDU stan- aufruft: gang nach Berlin sollte für jeden Fall und für jede Stufe gezielter Störungen den die Wahlen des Vorsitzenden, 0 Ob wir den Bundestag hier haben auf den Autobahnen und in der Luft seiner Stellvertreter sowie der wollen oder seine Sitzungen als ein Paket gestaffelter Maßnahmen auf sechs Unionspolitiker, die als Berli- Aggression empfinden, alliierter und auf deutscher Seite vor- ner Abgeordnete in den nächsten bereitet und in Gang gesetzt werden. Bundestag einziehen werden. Franz % ob wir die drei Westmächte als Ver- Das betrifft den Interzonenhandel Amrehn wurde von den Delegier- walter des Viermächterechts behal- ebenso wie die alliierte Präsenz auf ten mit einer Zweidrittelmehrheit ten oder nicht. den Autobahnen. in seinem Amt als Parteivorsitzen- der für weitere zwei Jahre bestä- 0 Und dann wollen wir sagen, ob wir Durch die alliierten Maßnahmen muß tigt. Zum zweiten Landesvorsitzen- einen dritten Staat bilden oder zur — wie beim alliierten Verkehr — die den wurde als Nachfolger von Dr. Bundesrepublik gehören wollen. sowjetische Verantwortlichkeit so un- Lorenz der frühere Gesundheits- Durch eine Volksabstimmung werden mittelbar angesprochen werden, daß senator Dr. Behrend gewählt. Stell- die Berliner Herrn Winzer und der dem Zonenregime kein Spielraum mehr vertretende Landesvorsitzende wur- Welt die Antwort geben, wo wir trotz für Willkürakte gegen den Zivilverkehr den Josef Stingl, Manfred von Schikanen und Bedrohungen auch in verbleibt. Richthofen und Eleonore Schneider. der Zukunft stehen und was wir als Statt bisher neun Abgeordneten Aggression gegen unsere Stadt betrach- wird die Berliner CDU nur noch ten. Gegen Illusionen sechs für den nächsten Bundestag Unser Lebensfaden ist der freie Zu- stellen, und zwar: Bundesminister Auf die Dauer kann es nicht dabei blei- Ernst Lemmer, Josef Stingl, Ernst ben, daß vom Westen her peinlich genau gang. Er ist eine der drei westlichen Kernbedingungen unserer Existenz.