Sitzungsberichte Der Leibniz-Sozietät, Jahrgang 2009, Band
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SITZUNGSBERICHTE DER LEIBNIZ-SOZIETÄT Band 101• Jahrgang 2009 trafo Verlag Berlin ISSN 0947-5850 ISBN 978-3-89626-881-5 Inhalt Leibniztag 2008 01 Begrüßung durch den Präsidenten 02 Hartmut Rudolph: Daniel Ernst Jablonski und Gottfried Wilhelm Leibniz - Kirchen- und akademiegeschichtliche Beobachtungen zur Frühaufklärung 03 Nachrufe auf verstorbene Mitglieder 04 Neue Mitglieder der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V. Festveranstaltung zum 90. Geburtstag von Rita Schober 05 Begrüßungen durch den Präsidenten der Leibniz-Sozietät 06 Begrüßung durch den Dekan der Philosophischen Fakultät II der Humboldt-Universität 07 Wolfgang Klein: Laudatio Rita Schober 90 08 Gerhard Schewe: Gratulation 09 Dank der Jubilarin Zum 80. Geburtstag von Friedhart Klix 10 Erdmute Sommerfeld: Friedhart Klix zu seinem 80. Geburtstag 11 Martin Grunwald: Haptikforschung - Schnittstelle zwischen Allgemeiner und Klinischer Psychologie 12 Erdmute Sommerfeld: Aufklärung von Basisprozessen menschlicher Informationsverarbeitung. Ein systematischer Zugang durch Elementaranalyse von Denkprozessen bei der Lösung von Ordnungsproblemen? Zum 80. Geburtstag von Hans-Jürgen Treder 13 Rainer Schimming und Herbert Hörz: Prinzipien der Physik 14 Horst-Heino von Borzeszkowski: Relativität und Quanten: Hans-Jürgen Treders Ideen zur Einheit der Physik 15 Thomas Kuczynski: Eine historische Hierarchie von Wirtschaftssystemen - in ·wilder Analogie· zu einer Hierarchie kosmischer Systeme Blicke in die Geschichte 16 Hans Mikosch und Gerhard Oberkofler: Über die zweimalige Emigration von Samuel Mitja Rapoport aus Wien (1937 und 1952) 17 Wilfried Schröder: Zur Rezeptionsgeschichte von Hans Ertels Buch ·Methoden und Probleme der dynamischen Meteorologie· Rezensionen 18 Jürgen Hamel: Dieter B. Herrmann: Astronom in zwei Welten. Autobiographie 19 Lars Göhler: Klaus Mylius: Wörterbuch Deutsch-Pāli 20 Rolf Löther: Herbert Hörz: Wahrheit, Glaube und Hoffnung. Philosophie als Brücke zwischen Wissenschaft und Weltanschauung 21 Hannelore Bernhardt: Dieter Hoffmann: Max Planck. Die Entstehung der modernen Physik 22 Armin Jähne: Johann Gustav Droysen - was bleibt? Wilfried Nippel: Johann Gustav Droysen. Ein Leben zwischen Wissenschaft und Politik Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät 101(2009), 5–6 der Wissenschaften zu Berlin Leibniz-Tag 20081 Dieter B. Herrmann Begrüßung Meine Damen und Herren, liebe Freunde und Mitglieder der Leibniz-Sozietät, zum diesjährigen 15. Leibniztag unserer Sozietät seit ihrer Gründung möchte ich Sie alle herzlich willkommen heißen. Besonders herzlich begrüße ich die Vertreter unserer Kooperationspartner aus Akademien, Universitäten, Instituten, Stiftungen und Vereinigungen. Auch in diesem Jahre hat uns der Senator für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner einen schriftlichen Gruß gesandt, den Ihnen die Sekretarin des Plenums, Erdmute Sommerfeld, gleich anschließend zu Gehör bringen wird. Im Mittelpunkt unserer Festsitzung stehen traditionsgemäß die Wissen- schaftler, die wir heute nach ihrer Wahl auf der Geschäftssitzung im Mai neu in unsere Reihen aufnehmen und herzlich bei uns begrüßen. Zum anderen aber auch jene, die sich bereits große Meriten erworben haben, was wir von unseren neuen Mitgliedern erst erhoffen. So verleihen wir in diesem Jahr erst- mals auf der Grundlage unserer Geschäftsordnung die Daniel-Ernst-Jablon- ski-Medaille für herausragende Verdienste um die Leibniz-Sozietät.2 Die Statuten dieser Medaille wurden auf unserer Geschäftssitzung am 10. Januar 2008 beschlossen. Außerdem möchten wir auch wieder zwei Kollegen für 1 Neben der Begrüßung durch den Präsidenten veröffentlichen wir im Folgenden den Fest- vortrag, die Nachrufe für Verstorbene und die Liste der neu hinzugewählten Mitglieder. Der Bericht des Präsidenten („Wissenschaft und Kunst“) wurde bereits in Band 100 der „Sit- zungsberichte“ veröffentlicht. 2 Die Jablonski-Medaille erhielten Heinz Kautzleben und Gert Wangermann (s. „Leibniz Intern“ Nr. 40, S. 3). 6 Dieter B. Herrmann ihre wissenschaftlichen Arbeiten mit der traditionellen Leibniz-Medaille aus- zeichnen.3 Der für unseren heutigen Leibniztag vorgesehene Festredner, unser enga- giertes Mitglied Werner Korthaase, ist vor wenigen Wochen nach langer schwerer Krankheit verstorben. Kurzfristig hat sich Herr Dr. Hartmut Ru- dolph, der langjährige Leiter der Leibniz-Edition Potsdam der BBAW, bereit erklärt, den heutigen Festvortrag zu halten. Wir danken ihm sehr für diese Be- reitschaft und sind bereits auf seine Ausführungen gespannt. Er spricht, ent- sprechend seinen eigenen Forschungsarbeiten, zu dem mit unserem ursprünglich vorgesehenen durchaus verwandten Thema „Daniel Ernst Jab- lonski und Gottfried Wilhelm Leibniz – Kirchen- und akademiegeschicht- liche Beobachtungen zur Frühaufklärung“. Nochmals, meine Damen und Herren, herzlich willkommen. Ich wünsche unserer 15. Festsitzung einen inspirierenden und angenehmen Verlauf und er- kläre den Leibniz-Tag damit für eröffnet. 3 Die Leibniz-Medaille erhielten Heinz Heikenroth und Hans-Henning Walter (s. „Leibniz Intern“ Nr. 40, S. 3). Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät 101(2009), 7–26 der Wissenschaften zu Berlin Hartmut Rudolph Daniel Ernst Jablonski und Gottfried Wilhelm Leibniz – Kirchen- und akademiegeschichtliche Beobachtungen zur Frühaufklärung1 I. Grundlagen des Leibnizschen Akademiegedankens Es ist üblich, in der Historiographie des Akademiegedankens im 17. Jahrhun- dert auf die Utopien Johann Valentin Andreaes, Tommaso Campanellas und Francis Bacons zu verweisen, weil sie auf eine durchgreifende gesellschaft- liche Erneuerung zielten, die im Wesentlichen von Gelehrten, von Wissen- schaftlern, realisiert werden sollte2. Comenius, dessen Reformpläne nicht nur die Gründung der Londoner Royal Society beeinflusst haben, sondern der auch zur Vorgeschichte der brandenburg-preußischen wissenschaftlichen So- zietät zählt, kann als ein herausragender Repräsentant utopisch-chiliastischer Bestrebungen der Zeit im und nach dem Dreißigjährigen Krieg gelten. Es geht bei diesem Chiliasmus nicht um ein gegen die Obrigkeiten sich wen- dendes gewaltsames Errichten des Tausendjährigen Reiches Christi auf Er- den, sondern um einen „subtilen“ Chiliasmus, wie ihn Siegfried Wollgast mehrfach für die frühe Neuzeit beschrieben und vom „Chiliasmus crassus“ unterschieden hat3 und wie er uns auf der Bühne, die es hier zu betrachten gilt, etwa mit Philipp Jakob Spener begegnet, neben Daniel Ernst Jablonski einer führenden und einflussreichen Gestalt des kirchlichen Lebens in der Zeit der 1 Festvortrag am Leibniz-Tag 2008 der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin am 26. Juni 2008 – Vortrag und diese Ausarbeitung sind dem Gedächtnis Dr. Dr. h.c. Werner Kort- haases, gest. am 6. Mai 2008, gewidmet. 2 Vgl. etwa Conrad Grau: Komenský und der Akademiegedanke im 17. Jahrhundert. In: Symposium Comenianum 1986. (Praha 1989), S. 143-148; ders.: Anfänge der neuzeit- lichen Berliner Wissenschaft 1650-1790. In: Hubert Laitko u. a. (Hrsg.): Wissenschaft in Berlin. Von den Anfängen bis zum Neubeginn nach 1945. Berlin 1987, S. 14-95 und Hans- Stephan Brather: Leibniz und seine Akademie. Ausgewählte Quellen zur Geschichte der Berliner Sozietät der Wissenschaften 1697-1716. Berlin 1993, S. XVII. 3 Vgl. z.B. Siegfried Wollgast: Zum Chiliasmus in der deutschen Frühaufklärung; in: Struk- turen der deutschen Frühaufklärung 1680-1720, Göttingen 2008. 8 Hartmut Rudolph Berliner Frühaufklärung. Noch während des Krieges hatte Comenius den Plan eines universalen Collegium lucis entworfen, einer für alle Völker ohne Rücksicht auf ethnische, konfessionelle oder andere Grenzen wirkenden wis- senschaftlichen Sozietät gegen „unsere Engstirnigkeit oder unsere Teil- nahmslosigkeit oder sogar den Dünkel, den wir gegeneinander hegen“, als eines „alle Völkerschaften“ einschließenden „Freundschaftspaktes der Wei- sen“4. Werner Korthaase hat in einer seiner letzten Arbeiten hierauf hinge- wiesen und dabei den englischen Historiker Charles Webster zitiert5, der in der 1642 entstandenen Via lucis bereits wesentliche Elemente der Consultatio catholica von 16626, eines der Hauptwerke, erkannte, das man, so Webster, als das comenische Komplement zu Bacons Instauratio Magna (1620) anse- hen 7könne. Um 1670, also bald nach Comenius’ Tod, formuliert der vierund- zwanzigjährige Leibniz in mehreren Entwürfen erstmals einen Grundriß eines Bedenkens von Aufrichtung einer Societät in Teutschland zu auffneh- men der Künste und Wißenschafften8. Die Schrift besteht aus 25 Paragraphen, die zunächst eine ausführliche Grundlegung der politischen Ethik in einer an Platon und Augustinus anschließenden Definition der Liebe enthalten, bevor der damals im Dienst des Mainzer Erzbischofs, Kurfürsten und Reichserz- kanzlers stehende juristische und politische Berater Leibniz im 23. Para- graphen den von mir eingangs erwähnten Zusammenhang mit den neuzeitlichen politischen und Wissenschaftsutopien herstellt, um dann im letzten Paragraphen seinen konkreten Vorschlag zu unterbreiten. Die grund- legenden Erörterungen enden wie bei den genannten Utopisten und bei Co- menius, wir können insoweit sagen, zeitgemäß, mit der „Glückseligkeit“ oder „Glückseligmachung des Menschlichen Geschlechts“9, mit dem allgemeinen Optimum der ganzen Menschheit als Ziel alles konkreten politischen Han- 4 Zitiert nach Comenius: Der Weg des Lichtes. Via lucis. Bearb. v. Uwe Voigt. Hamburg 1997, S. 147 und 151; vgl. Werner Korthaase: Johann Amos Comenius und Jablonski: Ein- flüsse, Kontinuitäten, Fortentwicklungen, in: Daniel Ernst Jablonski.