Siebenter Tätigkeitsbericht der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik – 2005

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort ...... 7

1 Die Behörde der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU)...... 10

1.1 Gesetzliche Grundlage: Das -Unterlagen-Gesetz ...... 10

1.2 Die Behörde der BStU ...... 10 1.2.1 Organisationsstruktur ...... 10 1.2.2 Wechsel in den Geschäftsbereich der Beauftragten der Bundes- regierung für Kultur und Medien (BKM) ...... 11 1.2.3 Der Beirat der Bundesbeauftragten...... 12 1.2.4 Personalbestand und Personalentwicklung...... 13 1.2.5 Haushalt ...... 13 1.2.6 Modernisierung der Verwaltung...... 13 1.2.7 Datenschutz...... 14 1.2.8 Leitbild ...... 14

1.3 Regionalkonzept der BStU ...... 15

1.4 Wichtige Ereignisse im Berichtszeitraum...... 16 1.4.1 Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Dr. Helmut Kohl./.Bundesrepublik Deutschland und dessen Folgen für die Arbeit der BStU...... 16 1.4.1.1 Der Rechtsstreit mit Dr. Helmut Kohl ...... 16 1.4.1.2 Inhaltliche Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts ...... 16 – 2 –

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1.4.1.3 Folgen für die Antragsbearbeitung durch die BStU ...... 18 1.4.1.4 Folgen für die wissenschaftliche Aufarbeitung durch die BStU . . . 19 1.4.2 Der 15. Jahrestag der friedlichen Revolution ...... 20 1.4.2.1 Berliner Hauptveranstaltung ...... 20 1.4.2.2 Interregionale Veranstaltungsreihe ...... 20 1.4.2.3 Ausstellungen und andere Aktivitäten zum 15. Jahrestag ...... 20 1.4.2.4 Tag der offenen Tür im ehemaligen MfS-Archiv ...... 21 1.4.2.5 Trilaterale Arbeitsgruppe/Flyer und Plakat zum 15. Jahrestag . . . . 22

2 Archivbestände ...... 22

2.1 Grundsätzliche Arbeitsschwerpunkte ...... 22

2.2 Erschließung von Unterlagen ...... 23 2.2.1 Erschließung von Unterlagen der Diensteinheiten ...... 23 2.2.1.1 Erschließung von Unterlagen der Diensteinheiten in der Zentralstelle ...... 23 2.2.1.2 Erschließung von Unterlagen der Diensteinheiten in den Außenstellen ...... 24 2.2.1.3 Erschließungsfolgearbeiten ...... 24 2.2.2 Erschließung der vom Staatssicherheitsdienst archivierten Ablagen ...... 25 2.2.2.1 Erschließung der archivierten Ablagen in der Zentralstelle ...... 25 2.2.2.2 Erschließung der archivierten Ablagen in den Außenstellen ...... 25 2.2.3 Erschließung spezieller Informationsträger ...... 26 2.2.3.1 Tondokumente ...... 26 2.2.3.2 Kartensammlung ...... 26 2.2.3.3 Filme/Videos ...... 26 2.2.3.4 Fotos ...... 27 2.2.3.5 Elektronische Datenträger ...... 27

2.3 Rekonstruktion vorvernichteter (zerrissener) Unterlagen ...... 27 2.3.1 Manuelle Rekonstruktion ...... 27 2.3.2 Machbarkeitsstudie zur virtuellen Rekonstruktion ...... 27 2.3.3 Pilotprojekt zur virtuellen Rekonstruktion und politischer Entscheidungsprozess ...... 28

2.4 Findhilfsmittel ...... 28 2.4.1 Personenbezogene MfS-Karteien ...... 28 2.4.2 Datenbanken der BStU für personenbezogene Recherchen ...... 29 2.4.3 Datenbestand der „Rosenholz“-Datenbank ...... 29 2.4.4 Neue Qualität der Recherchemöglichkeiten ...... 30 – 3 –

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2.5 Bestandserhaltung ...... 30 2.5.1 Präventive Maßnahmen ...... 30 2.5.2 Schutzverfilmung ...... 30 2.5.3 Restaurierung von Schriftgut ...... 31 2.5.4 Sicherung und Bestandserhaltung spezieller Informationsträger . . 31

2.6 Revision der Unterlagen ...... 31

2.7 Herausgabe und Übernahme von Unterlagen ...... 32

2.8 Fachliche Zusammenarbeit ...... 33 2.8.1 Zusammenarbeit mit anderen Bereichen der BStU ...... 33 2.8.2 Kontakte mit anderen Archiven und Einrichtungen ...... 33

3 Verwendung der Unterlagen auf Antrag oder Ersuchen ...... 35

3.1 Anträge von Bürgerinnen und Bürgern auf Auskunft, Einsicht in und Herausgabe von Unterlagen sowie auf Bekanntgabe von Namen ehemaliger Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes . . . . . 35 3.1.1 Antragstellung ...... 35 3.1.2 Zugangsrechte zu den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes . . . 35 3.1.3 Bearbeitung von Anträgen auf Auskunft bzw. Einsicht ...... 36 3.1.4 Bearbeitung von Anträgen auf Decknamenentschlüsselung ...... 37 3.1.5 Bearbeitung von Wiederholungsanträgen ...... 38 3.1.6 Wartezeiten/Kooperation ...... 38 3.1.7 Bürgerberatung ...... 38 3.1.8 Auswertung der Bürgerumfrage 2005 ...... 39

3.2 Verwendung von Unterlagen durch öffentliche und nichtöffentliche Stellen ...... 41 3.2.1 Ersuchen zur Rehabilitierung von Betroffenen und zur Wieder- gutmachung erlittenen Unrechts ...... 41 3.2.2 Ersuchen zu Vermögensangelegenheiten im Rahmen der Wieder- gutmachung sowie für die Aufklärung, Erfassung und Sicherung des Vermögens der DDR ...... 42 3.2.3 Verwendung von Unterlagen für Zwecke der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr ...... 43 3.2.4 Verwendung von Unterlagen für Zwecke der Nachrichtendienste . . 43 3.2.5 Nutzung des Zentralen Einwohnerregisters der DDR ...... 43 3.2.6 Ersuchen zur Überprüfung von Personen ...... 44 3.2.6.1 Überprüfung von Abgeordneten und Angehörigen kommunaler Vertretungskörperschaften, Mitarbeitern von Abgeordneten sowie Vorstandsmitgliedern und Wahlkandidaten von Parteien . . . 44 3.2.6.2 Überprüfung von Regierungsmitgliedern ...... 45 3.2.6.3 Überprüfung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst ...... 46 – 4 –

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3.2.6.4 Überprüfung von Rechtsanwälten, Notaren und ehrenamtlichen Richtern ...... 46 3.2.6.5 Überprüfung von leitenden Personen in Wirtschaft und Verbänden ...... 46 3.2.6.6 Überprüfung von Personen im kirchlichen Dienst und in kirchlichen Ehrenämtern ...... 46 3.2.6.7 Sicherheitsüberprüfungen ...... 46 3.2.6.8 Ersuchen in Rentenangelegenheiten ...... 46 3.2.6.9 Ordensangelegenheiten ...... 46 3.2.6.10 Mitteilungen ohne Ersuchen ...... 46

3.3 Anträge für die Forschung zum Zweck der politischen und histo- rischen Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes, für Zwecke der politischen Bildung sowie von Presse, Rundfunk und Film ...... 47 3.3.1 Ausgewählte Themenschwerpunkte ...... 47 3.3.1.1 ARD-Projekt – unter besonderer Berücksichtigung der Einbeziehung der „Rosenholz“-Dateien ...... 47 3.3.1.2 Forschungsantrag zu den „Aktivitäten des MfS in Bezug auf die Militärverbindungsmissionen der Westmächte in Potsdam“ ...... 48 3.3.1.3 Forschungs- und Medienprojekte zur filmischen und fotografischen Überlieferung des MfS ...... 48 3.3.1.4 Forschungsantrag „Die Opfer der Sowjetischen Militärtribunale“ . . 49 3.3.1.5 Projekt „Jugendopposition in der DDR in den 70er und 80er Jahren“ ...... 49 3.3.2 Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit ...... 49 3.3.3 Bearbeitung von regionalen Themen durch die Außenstellen . . . . 50 3.3.4 Zweites Nutzerforum der BStU ...... 50

4 Forschung und Publikationen ...... 51

4.1 Arbeitsschwerpunkte ...... 52

4.2 Publikationen ...... 53

4.3 Wissenschaftliche Tagungen ...... 54 4.3.1 Gemeinsame Tagung mit dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt ...... 54 4.3.2 Bilanz-Workshop im November 2004 ...... 55 4.3.3 IPN-Konferenz in Warschau ...... 55

4.4 Forschung in den Außenstellen ...... 56

4.5 Weitere Vorhaben ...... 56

4.6 Archivwissenschaftliche Forschung und Publikationen ...... 57 – 5 –

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5 Bildungs-, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ...... 58

5.1 Bildungsangebote ...... 58 5.1.1 Veranstaltungen ...... 59 5.1.1.1 Veranstaltungen der Zentralstelle ...... 59 5.1.1.2 Veranstaltungen der Außenstellen ...... 60 5.1.2 Ausstellungen ...... 61 5.1.2.1 „Ein offenes Geheimnis – Post- und Telefonkontrolle in der DDR“ ...... 61 5.1.2.2 Ausstellungen anlässlich des 15. Jahrestages der friedlichen Revolution ...... 61 5.1.2.3 Kooperation mit dem AlliiertenMuseum e. V...... 61 5.1.2.4 Regionale Ausstellungen der Außenstellen ...... 61 5.1.2.5 Die Wanderausstellung der BStU ...... 61 5.1.3 Informations- und Dokumentationszentren der BStU sowie Gedenkstätten ...... 62 5.1.4 Vortragstätigkeit ...... 63 5.1.5 Bildungsarbeit für junge Menschen und Multiplikatoren ...... 63 5.1.5.1 Zusammenarbeit mit Bildungsministerien ...... 63 5.1.5.2 Angebote der Zentralstelle ...... 64 5.1.5.3 Regionale Angebote ...... 65 5.1.5.4 Kooperationen ...... 67

5.2 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ...... 67 5.2.1 Pressearbeit ...... 67 5.2.2 Besuchsprogramme für Journalistinnen und Journalisten ...... 68 5.2.3 Internet ...... 68 5.2.4 Corporate Design und Eigendarstellung der Behörde ...... 68 5.2.5 Öffentlichkeitsarbeit der Archive ...... 68

6 Internationalisierung der Aufarbeitung ...... 69

6.1 Ausbau der Kontakte zu den europäischen Partnereinrichtungen . . 70

6.2 Kontakte zu weiteren europäischen Ländern ...... 71

6.3 Besondere außereuropäische Arbeitskontakte und Besuche ...... 72

Anhang ...... 75

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Vorwort Der vorliegende siebente Tätigkeitsbericht wird dem Deutschen Bundestag im fünf- zehnten Jahr der Einheit Deutschlands vorgelegt – fast 14 Jahre nach Verabschie- dung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes. Er stellt die Aufgaben und Arbeitsergebnisse der Behörde vor und berichtet über besondere Ereignisse und Aktivitäten der letzten zwei Jahre. Im Anhang finden sich für besonders Interessierte ergänzende, detail- lierte Informationen und Statistiken. Im Berichtszeitraum – der Zeit zwischen Juli 2003 und Juni 2005 – wurden Entschei- dungen getroffen, von denen einige großen Einfluss auf die Struktur und Tätigkeit der Behörde hatten oder in Zukunft haben werden. Daneben ist es trotz des seit Jah- ren stetigen Personalabbaus gelungen, die vom Stasi-Unterlagen-Gesetz definierten Aufgaben kontinuierlich zu erfüllen. Die den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im- mer wieder bescheinigte gewissenhafte und bürgerfreundliche Arbeit hat wesentlich dazu beigetragen, dass die BStU in der interessierten Öffentlichkeit und bei den An- tragstellern als wichtige und vertrauenswürdige Institution gilt. Themen, die sich auf das SED-Regime und den Umgang mit seinem Erbe beziehen, blieben auch in den vergangenen zwei Jahren im öffentlichen Bewusstsein präsent. Dazu hat die Behörde der BStU – zusammen mit anderen Aufarbeitungsinstitutionen – erheblich beigetragen. Ihre Arbeit wird nicht nur von allen, die die MfS-Unterlagen für die persönliche, historisch-politische und wissenschaftliche Aufarbeitung nutzen, sehr aufmerksam zur Kenntnis genommen, diskutiert und begleitet, sondern auch von den Medien und den zahlreichen Vereinen, Initiativen und Einrichtungen, die sich mit der Aufarbeitung der SED-Diktatur beschäftigen. Ein von Jahr zu Jahr zu- nehmendes Interesse entwickelt sich auch im Ausland, insbesondere in Ländern, die ihrerseits Diktaturen überwunden haben. In jedem der bisher vorliegenden Tätigkeitsberichte wurde darüber berichtet, dass die Möglichkeit zur persönlichen Akteneinsicht weit über das erwartete Maß hinaus in Anspruch genommen wurde. So ist es auch diesmal. Im Jahr 2004 sind rund 94 000 und im ersten Halbjahr 2005 noch einmal mehr als 40 000 Anträge auf per- sönliche Akteneinsicht, Kopienherausgabe und Decknamenentschlüsselung gestellt worden. Diese Zahlen liegen nur geringfügig unter denen der Vorjahre. Dass diese Zahlen auch 14 Jahre nach Inkrafttreten des Stasi-Unterlagen-Gesetzes noch so hoch sind, weist darauf hin, dass viele Menschen einen zeitlichen Abstand brauchen, bevor sie sich für einen Antrag auf Akteneinsicht entscheiden. Für die meisten Bürgerinnen und Bürger ist damit der sehr persönliche Entschluss verbun- den, einen Teil der eigenen Geschichte zu erkunden. Die Möglichkeit, enttäuscht zu werden und von Menschen zu erfahren, dass sie Vertrauen missbraucht haben, lässt manchen zögern. Viele ahnen außerdem, dass die Einsicht in die Unterlagen oft auch bedeutet, sich selbst zu begegnen. Zu erfahren, wie das SED-Regime das eigene Le- ben beeinflusst hat und sich einem manchmal sehr schmerzlichen Aufarbeitungspro- zess auszusetzen – dazu braucht es Kraft und Entschlossenheit. Doch so nachvoll- ziehbar es ist, dass Menschen lange zögern oder ganz darauf verzichten, ist die Zahl derer, die es im Nachhinein bedauern, „ihre“ Akten gesehen zu haben, verschwin- dend gering. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte ist schmerzhaft, bedeutet letztlich aber ein Mehr an Lebensqualität. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörde wissen aus jahrelanger Erfahrung viel über die widerstreitenden Empfindungen derer, die Einsicht in ihre Akten neh- men. Nicht selten sind sie nach der Akteneinsicht die ersten Gesprächspartner. Um sich noch besser auf die Erwartungen und Bedürfnisse der Antragsteller einstellen zu können, hat die BStU wie schon 1999 Anfang des Jahres 2005 eine Umfrage durch- geführt, deren Ergebnisse im vorliegenden Bericht nachzulesen sind. Insgesamt 85 Prozent der Befragungsteilnehmer würden anderen Personen ebenfalls einen An- trag auf Akteneinsicht empfehlen. Dies zeigt, dass die Arbeit der Behörde für wich- tig gehalten und akzeptiert wird. Zugleich wird bestätigt, dass die 1991 getroffene Entscheidung des Parlaments, die MfS-Unterlagen unverzüglich und weitgehend zu öffnen, richtig war. – 8 –

Seit dem 1. Januar 2005 gehört die Behörde zum Geschäftsbereich der Beauftragten für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt und nicht mehr zum Bundesministe- rium des Innern. Dieser Ressortwechsel hatte vor allem durch seine Begleitumstände Befürchtungen geweckt, dass damit die Weiterarbeit der BStU gefährdet sei. Dieser Sorge ist die Staatsministerin für Kultur und Medien bei mehreren Gelegenheiten mit Entschiedenheit entgegengetreten. Sie beauftragte außerdem inzwischen eine Kom- mission, Vorschläge für einen „Geschichtsverbund SED-Diktatur“ zu erarbeiten. In einem solchen Geschichtsverbund sollen Institutionen, die mit der Aufarbeitung der SED-Diktatur beschäftigt sind, besser miteinander vernetzt werden. Auch in der Behörde der Bundesbeauftragten gibt es seit geraumer Zeit Bemühun- gen, sich auf künftige Herausforderungen vorzubereiten und die Strukturen an verän- derte Gegebenheiten anzupassen. Hierzu gehört an erster Stelle, die Leistungen für Bürgerinnen und Bürger zu verbessern, die Bearbeitungszeiten zu verkürzen und die Erschließung von Unterlagen weiter voranzutreiben, aber auch, sich im Behördenall- tag um Transparenz zu bemühen und bürgerfreundlich und verständlich zu sein. Für alle diese Ziele ist nicht nur eine selbstkritische Standortbestimmung erforderlich. Es müssen auch gemeinsame Ziele und Strategien definiert werden. Dem dient das Leit- bild. Wie überall bei der Erarbeitung von Leitbildern zeigte sich auch hier, dass al- lein schon seine Entstehung und die dazu geführte Diskussion zur Realisierung der darin definierten Ziele beitragen, da sich die Beschäftigten dabei der Stärken und Schwächen ihrer Arbeit und ihrer gemeinsamen Verantwortung bewusster werden. Bei der Diskussion des Leitbildes wurde zudem deutlich, dass ein großer Teil der Be- schäftigten sich mit dem Auftrag der BStU stark identifiziert und die eigene Arbeit nicht nur als „Job“, sondern als einen öffentlichen Auftrag ansieht. Existenz und Auftrag der BStU sind ein Vermächtnis der demokratischen Revolution – dies ist für einen erheblichen Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BStU eine Quelle der Motivation. Glaubwürdig bleibt ein solcher Auftrag aber nur, wenn er „mit der Zeit geht“, also nicht starr an einmal gefundenen Strukturen und Arbeitsformen festhält. Dies gilt für die Aufarbeitungslandschaft insgesamt, die unter der Überschrift „Geschichtsver- bund“ nach neuen Formen der Arbeitsteilung und Kooperation sucht, es gilt aber auch für jede einzelne Institution. Innerhalb der BStU werden deshalb auch immer wieder die Strukturen auf den Prüf- stand gestellt und ggf. verändert. Ein besonderes Augenmerk galt dabei im Berichts- zeitraum den Außenstellen, die seit Gründung der Behörde Bürgernähe und regio- nale Sachkompetenz garantieren und in denen ein großer Teil der gesetzlich festgelegten Aufgaben erledigt wird. Mit der geplanten Veränderung von Struktur und Anzahl der Außenstellen trägt die Behörde den zurückgehenden Mitarbeiterzahlen und der Notwendigkeit Rechnung, Einsparungen vorzunehmen. Seit dem Jahr 2003 lag dem damals zuständigen Bundesinnenministerium ein von der BStU erarbeitetes Konzept vor, das den Erhalt von insgesamt 10 Außenstellen vorsieht, davon ein Ar- chivstandort pro Bundesland. Doch erst seit der Freigabe der erforderlichen Mittel für die erste Umbauphase durch den Haushaltsausschuss des Bundestages Anfang Mai 2005 ist der Weg frei, mit der Umstrukturierung zu beginnen. Der mehrjährige Rechtsstreit um Unterlagen zu Dr. Helmut Kohl, von dem bereits im letzten Tätigkeitsbericht die Rede war, hat im Juni 2004 sein Ende gefunden. Als letzte Instanz hatte das Bundesverwaltungsgericht darüber zu entscheiden, ob die BStU MfS-Unterlagen mit Informationen zu Dr. Kohl in bestimmten Fällen auch ohne dessen ausdrückliche Einwilligung herausgeben darf. Diese Entscheidung hatte insofern grundsätzliche Bedeutung, als das Urteil künftig auch bei allen anderen Fäl- len zu berücksichtigen ist, bei denen Unterlagen zu Personen der Zeitgeschichte, Amts- und Funktionsträgern, soweit sie nicht Mitarbeiter oder Begünstigte des Staatssicherheitsdienstes waren, herausgegeben werden. Dr. Kohl konnte nur einen Teil seiner Forderungen durchsetzen, denn das Gericht stellte fest, dass Personen des öffentlichen Lebens es unter bestimmten Bedingungen hinzunehmen haben, dass MfS-Unterlagen ohne ihre ausdrückliche Einwilligung verwendet werden. – 9 –

Von großer Bedeutung für die Arbeit der Behörde ist, dass die Richter die Verfas- sungsmäßigkeit des Stasi-Unterlagen-Gesetzes bejahten. Zugleich betonte das Ge- richt, dass der Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes anhand von MfS-Unterlagen eine besondere Bedeutung zukommt und sie auf nachhaltiges öf- fentliches Interesse stößt. Dennoch gibt es durch das Urteil gravierende Einschnitte bei der Herausgabe von MfS-Unterlagen. Schon immer waren die durch das StUG vorgegebenen Standards zum Schutz des Persönlichkeitsrechts sehr hoch. Das Gericht ging in seinen Ein- schränkungen jedoch über diese Vorschriften hinaus und setzte enge, teilweise sehr enge und vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Grenzen für die Herausgabe von MfS-Unterlagen. So gelten anders als vom Gesetzgeber bestimmt fortan zum Bei- spiel unterschiedliche Zugangsbedingungen für Antragsteller aus Forschung und Medien. Obwohl das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts den Zugang zu den MfS-Unterla- gen zweifellos erschwert, ist es nicht zu dem von manchem befürchteten Stillstand der Aufarbeitung gekommen. Die Zahl der an die Behörde gerichteten Anträge aus dem wissenschaftlichen und journalistischen Bereich nahm nicht ab. Unabhängig von den Folgen des Urteils bedarf das Stasi-Unterlagen-Gesetz in ver- schiedener Hinsicht der Weiterentwicklung. Obwohl dieses Gesetz ohne Vorbild ist und 1991 mit ihm juristisches Neuland betreten wurde, hat es sich in der Praxis außer- ordentlich bewährt. Doch es enthält auch Regelungen, die vor 14 Jahren sinnvoll wa- ren, sich heute aber als problematisch oder nicht mehr nötig erweisen. Die fachlich zuständigen Abgeordneten sind von der Bundesbeauftragten auf den vordringlichen Novellierungsbedarf aufmerksam gemacht worden. Sobald sich nach den Wahlen im Herbst 2005 der neue Bundestag konstituiert hat, werden den Fraktionen Vorschläge zugeleitet. War die Öffnung der MfS-Akten vor 15 Jahren noch höchst umstritten, ja galt sogar als gefährlich, gibt es heute einen weitgehenden Konsens darüber, dass der einge- schlagene Weg sinnvoll war. Die Nutzung der Archive des MfS ist für zeitgeschicht- liche Forschung inzwischen zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Im Zusam- menhang mit Überprüfungen im öffentlichen Dienst haben sie einen wichtigen Beitrag zur personellen Erneuerung in vielen Bereichen der Gesellschaft geleistet. Fast anderthalb Millionen Menschen haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die persönliche Akteneinsicht zu beantragen. Nimmt man all dies zusammen, ist fest- zustellen, dass mit dem Stasi-Unterlagen-Gesetz eine neue Dimension der Diktatur- aufarbeitung möglich geworden ist, die in anderen Ländern, die Diktaturen überwun- den haben, zum Maßstab geworden ist. Die gesellschaftliche Bedeutung dieser Art von Aufarbeitung lässt sich in Zahlen nur sehr unvollkommen darstellen. Sie ist den- noch gegenwärtig und spürbar, beispielsweise, indem es mit Hilfe der Unterlagen ge- lingt, den Entlastungslegenden ehemals führender MfS-Offiziere und früherer Machthaber Tatsachen entgegenzusetzen. Doch es geht um noch mehr: In einer Zeit, in der auch in der Öffentlichkeit die Erinnerung an die täglichen Bevormundungen und Unfreiheiten der Diktatur immer mehr verblasst und das Bild der DDR verharm- lost und verklärt wird, ist die Korrektur mit Hilfe der schriftlichen DDR-Überliefe- rungen von großer Bedeutung. Die Konfrontation mit den Realitäten der SED-Dikta- tur kann dazu beitragen, sensibel für die Gefährdungen des Rechtsstaats zu machen und Freiheit und Demokratie wertzuschätzen.

Marianne Birthler – 10 –

1 Die Behörde der Bundesbeauftragten für barung zum Einigungsvertrag verankerten politischen die Unterlagen des Staatssicherheits- Grundentscheidung, die Unterlagen des Staatssicherheits- dienstes der ehemaligen DDR dienstes für die Aufarbeitung seiner Tätigkeit zu nutzen, entsprochen. 1.1 Gesetzliche Grundlage: Das Stasi- Unterlagen-Gesetz Vierter Zweck des Gesetzes ist es schließlich, „öffentli- chen und nicht-öffentlichen Stellen die erforderlichen In- Die Aufgaben und die Stellung der Behörde der Bundes- formationen für die in diesem Gesetz genannten Zwecke beauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheits- zur Verfügung zu stellen“, womit auf den breiten Katalog dienstes der ehemaligen DDR (BStU) stehen in einem en- der Verwendung der Unterlagen in den §§ 19 ff. StUG gen Zusammenhang mit der Entstehungsgeschichte des hingewiesen wird (beispielsweise zur Rehabilitierung und Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG). Das politische Funda- Wiedergutmachung oder zur Überprüfung von Personen). ment für dieses Gesetz wurde im Herbst 1989 gelegt, als Ein Teil dieser Regelungen wird mit Ablauf des Jahres sich die Bürgerinnen und Bürger der DDR gegen die 2006 enden (siehe auch Abschnitt 3.2.6). Herrschaft der führenden Partei, der Sozialistischen Ein- heitspartei Deutschlands (SED), und insbesondere gegen Im Berichtszeitraum trat das Sechste Gesetz zur Ände- deren wichtigstes Herrschaftsinstrument, das Ministerium rung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (6. StUÄndG vom für Staatssicherheit (MfS), auflehnten. Bei den Besetzun- 14. August 2003, BGBl. I, S. 1654) in Kraft. Es änderte gen der Bezirksverwaltungen und der Zentrale des MfS in den § 39 StUG dahingehend, dass der Deutsche Bundes- , die sich im Berichtszeitraum zum 15. Mal jährten tag nunmehr acht (statt vorher sieben) Mitglieder des Bei- (siehe auch Abschnitt 1.4.2), wurden die Unterlagen des rates der Bundesbeauftragten wählt (siehe auch Abschnitt Staatssicherheitsdienstes von engagierten Bürgerinnen 1.2.3). und Bürgern gesichert und zu großen Teilen vor der Ver- Auch wenn das Stasi-Unterlagen-Gesetz im Laufe der nichtung bewahrt. Im August 1990 erließ die erste frei ge- Zeit einige Novellierungen erfahren hat, ist es in seiner wählte Volkskammer der DDR ein Gesetz, das den weite- sachlichen Substanz seit seinem Bestehen unverändert ren Umgang mit den Aktenbeständen regelte und die geblieben. Nach fast 15-jähriger Arbeit mit dem Gesetz Grundlage für das vom gesamtdeutschen Bundestag ver- zeigt sich jedoch Novellierungsbedarf, insbesondere, um abschiedete und im Dezember 1991 in Kraft getretene verbesserte Bedingungen für die Aufarbeitung zu schaf- Stasi-Unterlagen-Gesetz bildete. fen. Mit der Öffnung der Unterlagen des Staatssicherheits- Erstrebenswert wäre eine Erweiterung der Verwendungs- dienstes hat der Gesetzgeber die Aufarbeitung eines we- zwecke. Die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes sentlichen Teils der DDR-Vergangenheit ermöglicht. Auf- sollten nicht nur für die Aufarbeitung seiner Tätigkeit, arbeiten und informieren statt verdrängen und sondern auch für die Aufarbeitung des Herrschaftsappara- verschweigen, das war der Kern der Entscheidung. tes der DDR insgesamt genutzt werden können. Das MfS Von zentraler Bedeutung für die Auslegung des gesamten war ein Machtinstrument der SED und wurde von dieser Gesetzes sind seine in § 1 festgelegten programmatischen gesteuert. Deshalb müssen allgemeine Forschungen zum Ziele und Zwecke: Allen anderen Zwecken vorangestellt Herrschaftsapparat der DDR immer das MfS einbeziehen, ist, „dem einzelnen Zugang zu den vom Staatssicherheits- ebenso wie MfS-Forschung andere Aspekte der Herr- dienst zu seiner Person gespeicherten Informationen zu schaft zu berücksichtigen hat. ermöglichen, damit er die Einflußnahme des Staats- Die Aufarbeitung wird mit zunehmendem Zeitablauf da- sicherheitsdienstes auf sein persönliches Schicksal auf- durch erschwert, dass die Akten auch dann nicht zur Ver- klären kann“. Damit wird hervorgehoben, dass die Aufar- fügung stehen, wenn Betroffene oder Dritte bereits ver- beitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes nicht storben sind. Eine Nutzung dieser Unterlagen wäre nach nur eine juristische, historische und politische, sondern Ablauf angemessener Schutzfristen denkbar, ohne dass auch und gerade eine persönlich-biografische Dimension eine Verletzung etwaiger Rechte des Betroffenen zu be- hat. Gleichzeitig wird mit diesem Zugangsrecht des Ein- fürchten ist. zelnen die zentrale Bedeutung des Rechts auf informatio- nelle Selbstbestimmung betont. Des Weiteren bedürfen die restriktiven Regelungen des Stasi-Unterlagen-Gesetzes im Hinblick auf die Nutzung Als zweiter Gesetzeszweck folgt der Schutz des Persön- moderner Informations- und Kommunikationstechnik ei- lichkeitsrechts des Einzelnen bei der Verwendung seiner ner Novellierung. Die zur Verfügung stehenden Medien personenbezogenen Daten auf der Grundlage des Stasi- (z. B. E-Mail, Internet) sollten genutzt werden können, Unterlagen-Gesetzes. Dieser unmittelbar aus dem Grund- sofern eine Beeinträchtigung der Rechte Einzelner durch gesetz abgeleitete Gedanke des Datenschutzes prägt die ihre Nutzung ausgeschlossen werden kann. Konzeption und Ausrichtung aller Bestimmungen des Stasi-Unterlagen-Gesetzes, die sich mit personenbezoge- 1.2 Die Behörde der BStU nen Informationen befassen. 1.2.1 Organisationsstruktur Mit der Aufnahme des dritten Gesetzeszweckes, die „his- torische, politische und juristische Aufarbeitung der Tä- Die BStU hat eine Zentralstelle in Berlin und insgesamt tigkeit des Staatssicherheitsdienstes zu gewährleisten und 13 Außenstellen in den Ländern Brandenburg, Mecklen- zu fördern“, hat der Gesetzgeber der in der Zusatzverein- burg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thürin- – 11 – gen (siehe Anhänge 1 und 2, S. 77 ff.). Hinzu kommt die archivunüblich sind, legt eine grundlegende Strukturver- Außenstelle Berlin, die jedoch ausschließlich die Funk- änderung auf mittlere Sicht nicht nahe. tion eines Archivs erfüllt. Durch eine zentrale Verwaltung ist gewährleistet, dass die Erfüllung der gesetzlich festge- Zu den verschiedenen in diesem Zusammenhang geführ- legten Aufgaben nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt. ten Debatten gehörte auch eine von der Fraktion der CDU/CSU im Deutschen Bundestag am 2. Dezember Die Zentralstelle der Behörde in Berlin verfügt über zwei 2004 anberaumte fraktionsinterne Anhörung, in der die Standorte. Das Archiv befindet sich in der Ruschestraße Abgeordneten mit der Bundesbeauftragten und verschie- in Berlin-Lichtenberg, dort, wo ehemals das Ministerium denen anderen Sachverständigen aus Bund und Ländern für Staatssicherheit der DDR seinen Hauptsitz hatte. Die Fragen des langfristigen Umgangs mit den Unterlagen Abteilungen Verwendung der Unterlagen, Bildung und des Staatssicherheitsdienstes erörterten. Forschung, die zentrale Verwaltung und die Behördenlei- tung haben ihren Sitz in der Otto-Braun-Straße in Berlin- 1.2.2 Wechsel in den Geschäftsbereich der Mitte. Beauftragten der Bundesregierung Die Außenstellenstruktur der BStU ist der territorialen für Kultur und Medien (BKM) Gliederung des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes an- Seit dem 1. Januar 2005 gehört die BStU zum Geschäfts- gelehnt. Der Entscheidung für diese Struktur lag die bereich der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur Überlegung zugrunde, dass die Akten dort bearbeitet wer- und Medien (BKM). Der entsprechende Organisationser- den sollen, wo sie entstanden sind. Die Außenstellen der lass des Bundeskanzlers datiert vom 27. Dezember 2004. BStU haben daher ihren Sitz dort, wo sich auch die Be- zirksverwaltungen des MfS und deren Archive befanden: Die Entscheidung über den Wechsel der Zuständigkeit in den ehemaligen Bezirkshauptstädten der DDR und in vom Bundesministerium des Innern (BMI) zur BKM war Berlin. Eine Ausnahme bildet Cottbus: Die Archivbe- ohne vorherige Beteiligung des Bundestages oder der stände der Bezirksverwaltung Cottbus des MfS wurden in BStU getroffen worden. Die Nachricht darüber zog ein der Außenstelle Frankfurt (Oder) der BStU mit unter- großes Medienecho nach sich, vielfach löste sie Beunru- gebracht. Für Akteneinsichten und zur Beratung der Bür- higung und Betroffenheit aus. Initiativen und Vereine, die gerinnen und Bürger aus der Region existierte in Cottbus sich mit der SED-Diktatur und ihren Folgen befassen, bis Ende 2004 eine Lesestelle. und Menschen, die von den Repressalien des Staats- sicherheitsdienstes selbst betroffen waren, interpretierten Die öffentliche Wahrnehmung der BStU in den neuen die Entscheidung, die BStU dem Kulturbereich zuzuord- Bundesländern ist in hohem Maße von der regionalen nen, zum Teil dahingehend, dass damit die Aufarbeitung Präsenz der Außenstellen geprägt. Im Laufe der Zeit hat der DDR-Diktatur zu früh dem Erinnerungs- und Mu- sich gezeigt, dass nur in dieser Struktur eine wirklich bür- seumsbereich zugeordnet werde. Hier und da wurden so- gernahe Arbeit realisiert werden kann. Dennoch erfordern gar Befürchtungen laut, dass damit ein Zeichen für die die künftige Aufgaben- und Personalbestandsentwicklung Beendigung der Aufarbeitung insgesamt gesetzt werde. hier ebenso wie in der Zentralstelle Strukturanpassungen, um dauerhaft eine leistungsfähige und effiziente Arbeits- Andererseits wurde anerkannt, dass mit der Ressortneu- weise zu gewährleisten. Die BStU hat sich dieser Frage ordnung Aufgaben im Bereich Gedenken und Aufarbei- gestellt und ein Konzept zur künftigen Struktur ihrer tung der beiden deutschen Diktaturen verbunden werden, Außenstellen entwickelt (siehe dazu Abschnitt 1.3). die inhaltlich und konzeptionell zusammengehören. Frau Staatsministerin Dr. Weiss selbst wirkte den entstandenen Der seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (siehe Bedenken in der Öffentlichkeit klar und unmissverständ- Abschnitt 1.4.1) erschwerte Zugang zu den MfS-Unterla- lich entgegen und erklärte: „An den Aufgaben und dem gen für Wissenschaft und Medien hat dazu geführt, dass Status der Birthler-Behörde ändert sich mit der Verla- die Perspektive der Behörde bzw. die langfristige Nut- gerung der Zuständigkeit vom Innenministerium in meine zung der Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes zum Behörde nichts. Gemeinsam mit Marianne Birthler habe Gegenstand öffentlicher Diskussionen wurde. Dabei ging ich vereinbart, dass wir im kommenden Jahr auf der es vor allem um die Frage, ob und ggf. wann die MfS- Basis eines breiten Konsenses eine langfristige Perspek- Unterlagen zukünftig den Beständen des Bundesarchivs tive für die BStU entwickeln. Im Rahmen einer Neukon- zugeordnet werden sollen und wie lange eine spezielle zeption für die Aufarbeitung des SED-Unrechts wollen Gesetzgebung für sie erforderlich ist. Manche Wissen- wir die Birthler-Behörde aufwerten, nicht abwickeln.“ schaftler erhoffen sich von einer Zuordnung zum Bundes- (Auszug aus der Mitteilung des Presse- und Informations- archiv einen erleichterten Zugang zu den Unterlagen. amtes der Bundesregierung Nr. 639/04 vom 10. De- Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts setzt der zember 2004). Zugang zu den MfS-Unterlagen jedoch voraus, dass die derzeit gültigen, aus der Verfassung abgeleiteten strengen Auch aus den Fraktionen des Deutschen Bundestages Regelungen angewandt werden. Da die Frage der endgül- wurde Kritik am Verfahren laut, nicht zuletzt deshalb, tigen Zuordnung der MfS-Unterlagen mehrere wichtige weil die Frage der institutionellen Anbindung der BStU Einzelaspekte des Stasi-Unterlagen-Gesetzes berührt, im Zuge der Gesetzgebung Gegenstand ausführlicher Er- wird sie noch weiterer ausführlicher Erörterungen bedür- örterungen war und schließlich von den Parlamentariern fen. Dies und die voraussichtlich noch länger andauernde einvernehmlich entschieden wurde. Hinzu kommt, dass Inanspruchnahme der Unterlagen für Zwecke, die eher mit einer Änderung von Ressortzuständigkeiten in der – 12 –

Regel auch ein Wechsel innerhalb der parlamentarischen sammensetzung der Kommission wurde zwischen BKM, Gremien verbunden ist. Damit werden langjährige, ge- BStU und Stiftung Aufarbeitung abgestimmt; ihr gehören wachsene Arbeitsbeziehungen berührt, auch zu Abgeord- Fachleute mit besonderen Kenntnissen über die Funk- neten, die die Arbeit der Behörde seit ihrer Gründung mit tionsweise der SED-Diktatur an. hoher Sachkenntnis und Erfahrung begleitet haben. Zur Rechtmäßigkeit der Neuordnung gab es unterschied- 1.2.3 Der Beirat der Bundesbeauftragten liche Auffassungen. Zunächst war festzustellen, dass diese Maßnahme nicht mit dem Wortlaut des Stasi-Unter- Die Arbeit der Bundesbeauftragten wird von einem Beirat lagen-Gesetzes übereinstimmt. Nach § 35 Abs. 1 StUG begleitet – seine Zusammensetzung und Aufgaben sind in ist die BStU „eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbe- § 39 StUG geregelt. Durch den Beirat haben einerseits die reich des Bundesministers des Innern“. In der Frage, ob neuen Bundesländer die Möglichkeit, beratend an der Tä- das Zuständigkeitsanpassungsgesetz ein vereinfachtes tigkeit der Behörde mitzuwirken und ihre Interessen Verfahren – ohne ausdrückliche Änderung des Stasi-Un- angemessen einzubringen. Andererseits wird eine parla- terlagen-Gesetzes – zum Ressortwechsel zuließe, kamen mentarische Begleitung der Arbeit der BStU gewährleis- die prüfenden Seiten zu unterschiedlichen Ergebnissen. tet, da ein Teil der Beiratsmitglieder vom Deutschen Bun- In den gutachterlichen Stellungnahmen der BKM und des destag gewählt wird. BMI wurde die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entschei- Der Beirat besteht seit Inkrafttreten des 6. StUÄndG im dung bejaht und auf die Grundsätze der Organisations- August 2003 aus 17 Mitgliedern (vorher 16). Acht von ih- gewalt der Exekutive und das Zuständigkeitsanpassungs- nen (vorher sieben) werden vom Deutschen Bundestag gesetz abgestellt. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages und das Justitiariat der Bundesbeauftragten gewählt, sie können, müssen aber nicht Abgeordnete des vertraten die Auffassung, dass die Entscheidung dem Ge- Deutschen Bundestages sein. Neun Beiratsmitglieder setzgeber vorbehalten und damit das Parlament zu beteili- werden von den neuen Bundesländern – Brandenburg, gen sei. Diese Rechtsauffassung legte die Bundesbeauf- Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt tragte im Dezember 2004 dem Präsidenten des Deutschen und Thüringen – und dem Land Berlin benannt, wobei Bundestages in einem Schreiben dar. sich diese Länder verständigt haben, dass Sachsen, Sach- sen-Anhalt und Thüringen je zwei, die restlichen Länder Die Differenzen über die Auslegung des § 35 StUG be- je eine Person benennen. Damit haben die Länder die rühren die gesetzlich garantierte Unabhängigkeit der Mehrheit im Beirat. Eine namentliche Aufstellung der ak- Bundesbeauftragten in ihrer Amtsführung nicht. Sie be- tuellen Mitglieder des Beirates befindet sich im Anhang 3, richtet weiterhin direkt dem Bundestag, kann sich in S. 81. wichtigen Angelegenheiten an diesen wenden und unter- steht der Rechtsaufsicht der Bundesregierung. Die Bundesbeauftragte unterrichtet den Beirat über grundsätzliche oder andere wichtige Angelegenheiten Ebenso wie die BStU wurde die Stiftung zur Aufarbei- und erörtert sie mit ihm in nichtöffentlichen Sitzungen. tung der SED-Diktatur dem Ressort der BKM zugeord- Die von den im Beirat ehrenamtlich und engagiert tätigen net. Mit der Zuordnung dieser beiden Institutionen erhielt Personen gegebenen Vorschläge und Anregungen stellen die BKM weitere wichtige Zuständigkeiten in den Berei- für die Bundesbeauftragte ein wichtiges Korrektiv dar. chen Gedenken und Aufarbeitung. In einer Pressemittei- Der Beirat ist zwar ausdrücklich auf die Beratung der lung der BKM heißt es dazu: „Damit wird die Auseinan- Bundesbeauftragten beschränkt und verfügt aus verfas- dersetzung mit SED-Unrecht auf eine neue Grundlage sungsrechtlichen Gründen über keine eigenen Entschei- gestellt. Ziel der BKM ist es, ein umfassendes Konzept dungsbefugnisse; seine Hinweise werden aber nach Mög- zur erinnerungspolitischen Aufarbeitung der SED-Dikta- lichkeit berücksichtigt, fließen in die Arbeit der Behörde tur in ihrer ganzen Komplexität und zur Aufklärung über ein und bereichern sie. die Geschichte der DDR zu entwickeln – unter besonde- rer Berücksichtigung von Widerstand und Opposition.“ Im Berichtszeitraum trat der Beirat zu insgesamt sechs (Auszug aus der Mitteilung des Presse- und Informations- Sitzungen zusammen. Neben verschiedenen Einzelfra- amtes der Bundesregierung Nr. 631/04 vom 3. Dezember gen standen die Arbeit der Abteilung Bildung und For- 2004). schung (BF), das Regionalkonzept der BStU (siehe auch Abschnitt 1.3), der Wechsel der Ressortzuständigkeit Die BKM hat angekündigt, ein erinnerungspolitisches (siehe Abschnitt 1.2.2) und in diesem Zusammenhang Konzept zu erarbeiten, in das alle entsprechenden Ein- aufgeworfene Fragen zur Zukunft der Behörde sowie richtungen mit gesamtstaatlicher Bedeutung einbezogen Vorschläge zur Novellierung des Stasi-Unterlagen-Geset- werden sollen. Hierzu gehören u. a. die frühere MfS-Zen- trale in der Normannenstraße, das ehemalige Stasi-Unter- zes im Mittelpunkt der Erörterungen. Zur Unterstützung suchungsgefängnis in Hohenschönhausen und die Mauer- der Arbeit der Abteilung BF wurde von Beiratsmitglie- gedenkstätte in der Bernauer Straße. dern angeregt, einen zusätzlichen wissenschaftlichen Bei- rat einzurichten. Der Ressortwechsel veranlasste den Bei- Das Konzept für einen dezentral organisierten Ge- rat, gegenüber den Präsidenten des Bundestages und des schichtsverbund soll – ausgehend von einer Bilanz der Bundesrates, dem Bundeskanzler, den Abgeordneten der bisherigen Aufarbeitung – von einer im Mai 2005 einge- Fraktionen des Deutschen Bundestages und anderen eine setzten Expertenkommission erarbeitet werden. Die Zu- Erklärung abzugeben (siehe Anhang 4, S. 82). – 13 –

Darüber hinaus nahmen Mitglieder des Beirates im Be- weiterer Maßnahmen der Personalentwicklung im Mittel- richtszeitraum an verschiedenen Veranstaltungen, bei- punkt. spielsweise am zweiten Nutzerforum (siehe Abschnitt 3.3.4) oder am vom Beirat initiierten wissenschaftlichen Die fach- und funktionsgebundene Qualifizierung der Workshop der Abteilung BF (siehe Abschnitt 4.3.2) teil. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfasste im Berichts- zeitraum Führungskräftefortbildungen sowie Fortbildun- Kritisch wird von Beiratsmitgliedern beurteilt, dass nach gen auf den Gebieten der Rhetorik und Kommunikation, den Regelungen des Stasi-Unterlagen-Gesetzes die Sit- der Archivtechnik und der Informationstechnik (IT). Da- zungen des Gremiums nicht von dessen Vorsitzenden, neben fanden Schulungen zu methodischen und didakti- sondern von dem bzw. der Bundesbeauftragten zu leiten schen Fragen der Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit sind. Im Rahmen möglicher künftiger Novellierungen statt. Insgesamt nahmen im Berichtszeitraum 1 698 Mit- könnte auch diese Frage neu bedacht werden. arbeiterinnen und Mitarbeiter der BStU an 373 Fortbil- dungsveranstaltungen teil. Im Zusammenhang mit der 1.2.4 Personalbestand und Umstellung der IT-Infrastruktur (siehe Abschnitt 1.2.6) Personalentwicklung wurden 2 041 Beschäftigte geschult. In der Behörde der Bundesbeauftragten sind zurzeit Seit dem Jahr 1999 bildet die BStU Fachangestellte für 2 205 Beschäftigte, davon 1 292 in der Zentralstelle und Bürokommunikation sowie seit 2003 auch Fachinformati- 913 in den Außenstellen, tätig (Stand Juni 2005, siehe ker aus. Im Zusammenhang mit der Ausbildungsinitiative auch Anhang 5, S. 83). Der Altersdurchschnitt der Be- der Bundesregierung haben sich die Ausbildungszahlen schäftigten liegt derzeit im höheren Dienst bei 51,0 Jah- kontinuierlich erhöht: Im September 2004 bzw. Februar ren, im gehobenen Dienst bei 51,4 Jahren, im mittleren 2005 begannen insgesamt 74 Jugendliche ihre Ausbil- Dienst bei 48,7 Jahren und im einfachen Dienst bei dung bei der BStU. 50,9 Jahren. Das bundesweite Projekt „Girls’ Day – Mädchen-Zu- Im Berichtszeitraum ging der Personalbestand um knapp kunftstag“ bietet Schülerinnen der Klassenstufen 5 bis 10 200 Personen, das entspricht mehr als 8 Prozent, zurück. die Möglichkeit, sich über technische, handwerkliche und Der hohen Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, naturwissenschaftliche Berufe zu informieren. Die BStU die vor allem aus Altersgründen ausschieden, standen nur beteiligt sich seit mehreren Jahren an dieser Initiative und wenige Neueinstellungen gegenüber. Die Stellen aus- gibt Einblicke in die Berufsbilder der Archivarin, Restau- scheidender Beschäftigter fallen in der Regel wegen so ratorin und Fotolaborantin. Im Jahr 2004 nahmen genannter kw-Vermerke (kw = künftig wegfallend) nach 34 Mädchen an der Veranstaltung teil, im Jahr 2005 wa- dem Haushaltsplan weg. Neueinstellungen erfolgten in ren es 38 in der Zentralstelle Berlin und den Außenstellen wenigen, fachlich dringend notwendigen Fällen, im Be- Halle und Magdeburg. richtszeitraum insbesondere im Archivbereich. 1.2.5 Haushalt Der Personalbestand der BStU wird sich wegen des al- tersbedingten Ausscheidens von Beschäftigten auch in Im Haushaltsjahr 2003 lagen die Gesamtausgaben der den kommenden Jahren weiter deutlich verringern. Eine BStU bei 97 822 000 Euro. Sie setzen sich zusammen aus im Jahr 2004 in den großen Fachabteilungen Archiv- 83 472 000 Euro Personalausgaben (85,3 Prozent der Ge- bestände (AR) und Verwendung der Unterlagen (Aus- samtausgaben), 9 778 000 Euro sächlichen Verwaltungs- kunft – AU) durchgeführte Personalbedarfsberechnung ausgaben (10 Prozent) sowie 4 572 000 Euro Investi- hat ergeben, dass in den nächsten Jahren für einige Auf- tionsausgaben (4,7 Prozent). gaben sukzessive weniger Personal benötigt werden wird. Gründe dafür liegen vor allem im Auslaufen der Überprü- Im Haushaltsjahr 2004 betrugen die Gesamtausgaben fungen (siehe Abschnitt 3.2.6) und in der Erwartung rück- 93 946 000 Euro, dabei lagen die Personalausgaben bei läufiger Antragszahlen. Hier ist jedoch zu beachten, dass 82 332 000 Euro (87,6 Prozent), die sächlichen Verwal- zuvor die vor allem im Akteneinsichtsbereich noch im- tungsausgaben bei 9 115 000 Euro (9,7 Prozent) und die mer hohen offenen Bestände abgebaut werden müssen. Ausgaben für Investitionen bei 2 499 000 Euro (2,7 Pro- Bei anderen Aufgaben, wie etwa der archivischen Er- zent). schließung, der Bearbeitung von Anfragen der Forschung Der Haushaltsplan 2005 sieht ein Volumen von und der Medien, aber auch im Bereich der Bildungs- und 101 743 000 Euro vor. Öffentlichkeitsarbeit wird die BStU künftig gleich blei- bend oder sogar stärker gefordert sein. Mittel- bis lang- 1.2.6 Modernisierung der Verwaltung fristig ist also eine Auslastung der personellen Ressour- cen gewährleistet. E-Government Angesichts der sich verändernden Arbeitsinhalte und per- Die servicefreundliche und effiziente Kommunikation sonellen Rahmenbedingungen kommt der Personalent- mit den „Kunden“ der Bundesverwaltungen steht im Zen- wicklung eine besondere Bedeutung zu. Im Berichtszeit- trum der E-Government-Initiative BundOnline 2005. Da- raum standen die Erarbeitung eines umfangreichen rin hat sich die Bundesregierung verpflichtet, bis zum Personalentwicklungskonzeptes, die Einführung von Jahr 2005 alle internetfähigen Dienstleistungen des Bun- „Mitarbeiter-Jahres-Gesprächen“ und die Vorbereitung des online bereitzustellen. Im Rahmen dieser Initiative – 14 – werden bei der BStU gegenwärtig die Voraussetzungen Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz besuchte die für eine „Antragsbearbeitung Online“ geschaffen, die es Behörde im Berichtszeitraum insgesamt fünfmal, um sich ermöglichen wird, über das Internet Anträge an die BStU über Datenbanken und Verfahrensabläufe zu informieren. zu richten. Die in digitaler Form vorliegenden Anträge Ausdrücklich würdigte er dabei den sorgfältigen und ge- sollen weitestgehend auf elektronischem Wege bearbeitet wissenhaften Umgang der Mitarbeiterinnen und Mitarbei- werden. Das Ergebnis kann dann, soweit es sich nicht um ter mit den äußerst sensiblen Unterlagen. eine persönliche Akteneinsicht handelt, auf Wunsch in elektronischer Form übermittelt werden. Die im vergangenen Berichtszeitraum begonnenen Da- tenschutzseminare wurden fortgeführt, insgesamt sind Die „Antragsbearbeitung Online“ soll zunächst für An- ca. 1 000 Beschäftigte datenschutzrechtlich geschult. träge aus den Bereichen Forschung und Medien erprobt werden. 1.2.8 Leitbild Die BStU versteht sich als moderne Dienstleistungs- Informationstechnik behörde, in der Menschen für Menschen arbeiten. Um Die Effizienz einer Behörde wird in großem Maße von ih- einem gleich bleibend hohen Dienstleistungsanspruch ge- rer IT-Infrastruktur bestimmt. Kaum ein Arbeitsplatz ist recht zu werden, sind immer wieder Standortbestimmun- mehr ohne elektronische Ausstattung denkbar. Die stän- gen notwendig: Wie definiert sich die Behörde gegenüber dige Entwicklung der Hard- und Software sowie der der Öffentlichkeit als Kunde und Partner, welche Verhal- Netzwerktechnik erfordern die schrittweise Erneuerung tensregeln und Qualitätsstandards bestimmen die Tätig- oder Ablösung (Migration) älterer Produkte und Kompo- keit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und wie gestal- nenten, um die Einsatzfähigkeit moderner Büro- und Da- tet sich die Zusammenarbeit von Führungskräften und tensysteme zu sichern. Einer Entscheidung des BMI zur Beschäftigten, aber auch der Beschäftigten untereinan- Beseitigung von Monokulturen innerhalb der Bundesbe- der? An welchen gemeinsamen Werten und Zukunftsvor- hörden und zum Einsatz so genannter Open-Source-Soft- stellungen orientieren sich die Mitarbeiterinnen und Mit- ware folgend, hat die BStU im Jahr 2002 im Rahmen arbeiter der BStU und wie identifizieren sie sich mit der einer Migrationsstudie untersuchen lassen, welche Mög- Behörde und ihren Aufgaben? lichkeiten für die Weiterentwicklung ihrer IT-Infrastruk- tur bestehen. Unter Berücksichtigung wirtschaftlicher, Mit Hilfe eines Leitbildes, besonders aber durch den mit fachlich-qualitativer und strategischer Anforderungen seiner Erarbeitung verbundenen Kommunikationspro- wurde eine für die BStU passende Infrastrukturalternative zess sollten die Auffassungen von Mitarbeiterinnen und ermittelt. Mitarbeitern zum Selbstverständnis, zu Historie, Kultur und Zukunft der BStU verdeutlicht und miteinander ver- Nach konzeptionellen Arbeiten in den Jahren 2003 und knüpft werden. Gleichzeitig sollten Standards für eine 2004 begann im Jahr 2004 die Umsetzung des Migra- stärkere Serviceorientierung sowie eine moderne Füh- tionsvorhabens. Vom September 2004 bis zum Juni 2005 rungs- und Kommunikationskultur entstehen. Die von wurden die mehr als 2 000 Arbeitsplatzcomputer umge- den Beschäftigten, den Führungskräften und der Behör- stellt. Im Berichtszeitraum wurden die Außenstellen der denleitung gemeinsam geführte Diskussion begann im BStU an das IT-Netz der Berliner Zentralstelle ange- Herbst 2003 und fand im Oktober 2004 mit der Veröffent- schlossen. Damit ist eine direkte Kommunikation zwi- lichung des Leitbildes im Intranet der Behörde ihren vor- schen Zentralstelle und Außenstellen möglich. läufigen Abschluss. Der Prozess der Leitbilderarbeitung hat innerhalb der 1.2.7 Datenschutz BStU Erkenntnis- und Kommunikationsprozesse ausge- Die Datenschutzbeauftragte der BStU hat im Berichts- löst, die von den täglichen, stark verwaltungstechnisch zeitraum weiterhin regelmäßige Kontrollen in den einzel- geprägten Arbeitsabläufen verdrängt worden waren. Be- nen Organisationseinheiten durchgeführt. Im Ergebnis schäftigten aus der ersten Stunde der Behörde wurde dieser Besuche bedurfte es lediglich kleinerer daten- ebenso wie neueren, jüngeren Kolleginnen und Kollegen schutzrechtlicher Hinweise. Verschiedene im Berichts- ins Bewusstsein gerufen, dass die BStU nicht nur eine zeitraum getroffene ablauforganisatorische Maßnahmen Verwaltungsbehörde im klassischen Sinne ist. Als Aufar- gewährleisten einen noch besseren und sensiblen Um- beitungsinstitution trägt sie eine große Mitverantwortung gang mit personenbezogenen Daten sowohl aus den Un- für die Erinnerungsarbeit in hunderttausenden Einzelfäl- terlagen des Staatssicherheitsdienstes als auch aus den len, für die Bewältigung zahlloser schwerer Schicksale Verwaltungsvorgängen. Insbesondere die Zugriffsrechte und für die Erforschung von Arbeits- und Wirkungsweise der Beschäftigten auf die Datenbanken wurden ständig des Staatssicherheitsdienstes der DDR als Spitzel- und nach dem Erforderlichkeitsprinzip überprüft und aktuali- Repressionsapparat. siert. Die Arbeit am Leitbild ist mit seiner Veröffentlichung Gegenwärtig wird u. a. die Aufbewahrungszeit von Be- nicht beendet. Vielmehr wurde damit ein Weg beschrit- hördenvorgängen, die personenbezogene Daten enthalten, ten, der die Arbeit der Behörde fortlaufend prägen soll. Es nach § 20 Abs. 2 Nr. 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) wird immer aufs Neue darauf ankommen, sich am Leit- geprüft. bild zu messen und messen zu lassen – ein Schritt dazu – 15 – war beispielsweise die Anfang des Jahres 2005 durchge- gen und wird im Land Mecklenburg-Vorpommern mehr- führte Befragung von Bürgerinnen und Bürgern im Be- heitlich unterstützt. reich der persönlichen Akteneinsicht (siehe Abschnitt Nach Umsetzung des Regionalkonzepts würde sich damit 3.1.8). die Anzahl der Außenstellen der BStU von derzeit 13 Der Text des Leitbildes der BStU ist im Anhang 6, S. 84 ff. (ohne Außenstelle Berlin) auf 10 reduzieren. nachzulesen. Der Innenausschuss des Deutschen Bundestages stimmte diesem Regionalkonzept am 5. Mai 2004 zu. Mit den 1.3 Regionalkonzept der BStU Vorbereitungen zu seiner Umsetzung sollte unverzüglich Die Außenstellen der BStU erfüllen die gesetzlich festge- begonnen werden. Gleichzeitig sprach sich der Ausschuss legten Aufgaben in der jeweiligen Region; ein wesent- dafür aus, dass die dafür erforderlichen Finanzmittel in licher Teil der Arbeit der Behörde wird hier geleistet. Die Höhe von ca. 24 Millionen Euro über die Finanzplanung mit der dezentralen Struktur ermöglichte Bürgernähe 2005 bis 2007 hinaus bereitgestellt werden sollten. – insbesondere für Akteneinsicht und Beratung – sowie das breite Angebot im Bereich der Bildungs- und Öffent- Im September 2004 ist den Haushaltsberichterstatterinnen lichkeitsarbeit tragen dazu bei, dass das Bild der BStU in und -erstattern ein mit dem BMI abgestimmtes Zahlen- der Öffentlichkeit stark über die Arbeit ihrer Außenstel- werk übergeben worden, das das Ergebnis intensiver Be- len geprägt wird. ratungen und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zum The- menkomplex Regionalkonzept darstellte. Die Außenstellen arbeiten unter anderem mit den Landes- beauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheits- Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hatte dienstes (LStU), Aufarbeitungsinitiativen und Opferver- die im Bundeshaushalt 2005 für den Beginn von Baumaß- bänden sowie Bildungseinrichtungen zusammen. Die nahmen eingestellten Haushaltsmittel in Höhe von territoriale Präsenz der Außenstellen ermöglicht darüber 2,8 Millionen Euro jedoch zunächst mit einem Sperrver- hinaus eine enge Kooperation insbesondere mit Schulen merk versehen. Die gleichzeitig geforderte Wirtschaft- und Universitäten. Außerdem können Forschungspro- lichkeitsberechnung wurde von der BStU erstellt und ge- jekte mit regionalem Themenbezug an Ort und Stelle be- meinsam mit der nunmehr zuständigen Behörde, der arbeitet und das Wirken des Staatssicherheitsdienstes in BKM, zur Vorlage beim Haushaltsausschuss vorbereitet. den Kreisen, Städten und Gemeinden aufgearbeitet wer- Das aktualisierte Zahlenwerk setzt den Finanzbedarf für den. Als günstig hat sich erwiesen, dass Mitarbeiterinnen die Realisierung des Regionalkonzeptes um ca. und Mitarbeiter mit regionalgeschichtlichen Kenntnissen 2 Millionen Euro niedriger an als der dem Haushaltsaus- die Forschungsvorhaben betreuen. Auch für die archivi- schuss 2004 vorgelegte Plan. sche Erschließung regionalspezifischer Unterlagen sind In seiner Sitzung am 11. Mai 2005 hat der Haushaltsaus- diese Kenntnisse von großem Nutzen. schuss der Aufhebung der Sperre von Ausgaben für große Das im Jahr 2003 auf der Grundlage von Aufgaben- und Baumaßnahmen zustimmt. Damit wurde der als erste Personalbestandsprognosen erarbeitete, dem BMI überge- Teilsumme zur Realisierung des Regionalkonzeptes in bene und auch dem Bundesrechnungshof zur Kenntnis den Haushalt 2005 eingestellte Betrag freigegeben. gegebene Strukturkonzept für die Außenstellen garantiert trotz einer Reduzierung ihrer Anzahl weiterhin eine In der Behörde ist eine Projektgruppe „Entwicklung der dezentrale und bürgernahe Struktur und berücksichtigt Regionalstruktur der BStU“ eingerichtet worden, deren das gesetzlich vorgegebene Länderprinzip (§ 35 erweitertem Kreis die beteiligten Organisationseinheiten, Abs. 1 StUG). Gleichzeitig sichert es eine zukunfts- und die Personalräte, die Gleichstellungsbeauftragte und die arbeitsfähige Struktur der Behörde und ermöglicht mittel- Schwerbehindertenvertretung angehören. Ihre Aufgabe fristig Einspareffekte in erheblichem Umfang. ist die konzeptionelle und tatsächliche Umsetzung des Regionalkonzepts. Dazu gehört die Schaffung aller damit Es ist vorgesehen, die Archivbestände der Außenstellen in Zusammenhang stehenden sachlichen und personellen an einem Standort je Bundesland zusammenzuführen. Voraussetzungen in enger Zusammenarbeit mit den Fach- Neben diesen fünf so genannten A-Außenstellen sollen abteilungen und -referaten und mit den Außenstellen. fünf weitere Standorte mit deutlich reduziertem Personal- bestand und ohne Archiv (B-Außenstellen) die Aufgaben- Eine Vielzahl von Planungsschritten steht jedoch weiter erfüllung in den Regionen sichern (siehe Anhang 7, S. 86). unter dem Vorbehalt der Gewährung der erforderlichen Haushaltsmittel. Vorhaben, die mit einem sehr hohen In- Drei Standorte sollen geschlossen werden. Das sind zu- vestitionsbedarf verbunden sind, werden in enger Ab- nächst die Außenstellen Potsdam und Gera. Anstelle des stimmung mit der BKM beraten. Dazu haben unmittelbar im Regionalkonzept vom Juni 2003 vorgeschlagenen drit- nach dem Ressortwechsel Gespräche begonnen. ten Standortes Neubrandenburg wurde nach einem inten- siven Prüfungs- und Diskussionsprozess, in den auch Ver- Maßnahmen, die keine großen Investitionen vorausset- treter des Landes und Mitglieder des Beirates der BStU zen, werden stufenweise bereits umgesetzt. So wurde die einbezogen waren, im April 2004 entschieden, die Au- in Cottbus bestehende Lesestelle zum Jahresende 2004 ßenstelle Schwerin aufzugeben. Diese Entscheidung ist geschlossen. Der Archivbestand der Außenstelle Berlin organisatorisch und personalwirtschaftlich vertretbar, ge- wird im 3. Quartal 2005 unter Beibehaltung der Prove- genüber der ersten Variante aufarbeitungspolitisch überle- nienz in das Archiv der Zentralstelle verlagert werden. – 16 –

Mit Beginn des 3. Quartals 2006 soll die Integration der ohne Einwilligung herausgegeben werden, allerdings nur, Außenstelle Potsdam in die Zentralstelle Berlin erfolgen. wenn es sich um Informationen im Zusammenhang mit Die Voraussetzungen dafür werden gegenwärtig geschaf- ihrer jeweiligen öffentlichen Rolle oder Funktion handelt fen. und durch die Verwendung der Unterlagen keine überwie- genden schutzwürdigen Interessen beeinträchtigt wer- Weitere Schritte der Umsetzung des Regionalkonzeptes den. Besonderen Schutz genießen dabei Informationen, bedürfen in den kommenden Haushaltsjahren zunächst deren Erhebung erkennbar auf einer Menschenrechtsver- größerer Investitionen; von der Gewährung der dafür not- letzung beruht. wendigen Haushaltsmittel wird der Zeitplan für die Reali- sierung des gesamten Vorhabens in erheblichem Maße Aufgrund des veränderten Gesetzes war eine Spannungs- bestimmt sein. Der im Zusammenhang mit der Anpas- lage zwischen dem von Dr. Kohl erstrittenen Urteil und sung der Außenstellenstruktur notwendige Stellenabbau der Verpflichtung der BStU, das neue Gesetz zu befolgen, wird über vorwiegend aus Altersgründen ausscheidende entstanden. Um Rechtssicherheit über die Frage zu erlan- Beschäftigte und die Nichtbesetzung frei werdender Stel- gen, inwieweit das Urteil noch gilt, erhob die Bundesbe- len realisiert werden. auftragte eine Vollstreckungsabwehrklage gegen Dr. Kohl vor dem zuständigen Verwaltungsgericht Berlin. Insbe- sondere sollte klargestellt werden, dass das novellierte 1.4 Wichtige Ereignisse im Berichtszeitraum Gesetz auch auf Dr. Kohl anwendbar ist. Das bestehende 1.4.1 Das Urteil des Bundesverwaltungs- rechtskräftige Unterlassungsurteil sollte der gültigen gerichts in Sachen Dr. Helmut Kohl ./. Rechtslage angepasst werden. Bundesrepublik Deutschland und Ausschlaggebend für die Erfolgsaussichten der Klage wa- dessen Folgen für die Arbeit der BStU ren im Wesentlichen zwei Fragen: zum einen, ob das no- 1.4.1.1 Der Rechtsstreit mit Dr. Helmut Kohl vellierte Gesetz Vorrang vor dem rechtskräftigen Urteil hat, und zum anderen, ob die maßgeblichen Vorschriften Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil des Stasi-Unterlagen-Gesetzes für verfassungsmäßig er- vom 23. Juni 2004 darüber entschieden, ob bzw. welche achtet werden. Unterlagen mit Informationen zum ehemaligen Bundes- kanzler auch ohne dessen Einwilligung für die historische Sowohl das Verwaltungsgericht Berlin als auch in zweiter und politische Aufarbeitung der Tätigkeit des Staats- und letzter Instanz das Bundesverwaltungsgericht bejah- sicherheitsdienstes verwendet werden dürfen. Die Konse- ten den Vorrang des Gesetzes gegenüber dem von quenzen des Urteils betreffen alle vergleichbaren Fälle, Dr. Kohl erstrittenen Urteil. Unterlagen zu seiner Person also alle Unterlagen mit personenbezogenen Informatio- können also nach Maßgabe des novellierten Gesetzes he- nen zu Personen der Zeitgeschichte, Amts- und Funk- rausgegeben werden. tionsträgern, die für Zwecke der Forschung, der Medien Auch die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes wurde von und der politischen Bildung herausgegeben werden sol- beiden Gerichten bejaht. Das Bundesverwaltungsgericht len. Die anderen Tätigkeitsbereiche der BStU, also bei- erklärte die novellierten Vorschriften des Stasi-Unterla- spielsweise die weitere Erschließung der Bestände, die gen-Gesetzes jedoch nur auf der Grundlage einer verfas- persönliche Akteneinsicht und die Auskünfte im Zusam- sungskonformen Auslegung und Anwendung für mit der menhang mit Überprüfungen auf Zusammenarbeit mit Verfassung vereinbar. In seinem Urteil vom 23. Juni 2004 dem Staatssicherheitsdienst, bleiben von der Entschei- stellte es fest, dass deswegen eine Herausgabe von Infor- dung unberührt. mationen zur Person von Dr. Helmut Kohl zumindest zum Teil unzulässig bleibt (Aktenzeichen: BVerwG Im Jahr 2001 hatte Dr. Kohl auf der Grundlage einer frü- 3 C 41/03; NJW 2004, 2462 ff.). heren Fassung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes ein umfas- sendes Unterlassungsurteil gegen die BStU erstritten. Die Unter Beachtung der Vorgaben des Bundesverwaltungs- Herausgabe von Informationen zu seiner Person an Me- gerichts konnte die BStU im März 2005 die ersten dien und Forschung war danach ohne seine Einwilligung 1 071 Seiten an mehrere Journalisten und Forscher he- – wie bei Privatpersonen – vollständig untersagt. Dieser rausgeben. Zuvor geäußerte Bedenken gegen die Heraus- Einwilligungsvorbehalt galt entsprechend für alle anderen gabe hatte Dr. Kohl innerhalb des vorgeschriebenen Be- Personen der Zeitgeschichte, Amts- und Funktionsträger, nachrichtigungsverfahrens zurückgestellt. wenn es sich nicht um Mitarbeiter oder Begünstigte des Staatssicherheitsdienstes handelte. 1.4.1.2 Inhaltliche Vorgaben des Bundes- verwaltungsgerichts Mit der Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes im Jahr 2002 hatte sich die Rechtslage geändert. Durch das Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass die BStU 5. StUÄndG vom 2. September 2002 wurden die §§ 32 ff. Antragstellerinnen und Antragstellern aus Forschung, StUG neu gefasst, die den Zugang von Antragstellerinnen Medien und politischer Bildung personenbezogene Infor- und Antragstellern aus Forschung, Medien und politi- mationen zu Personen der Zeitgeschichte, Amts- und scher Bildung zu den Unterlagen des Staatssicherheits- Funktionsträgern nur unter Beachtung der Einschränkun- dienstes zum Zwecke der historischen und politischen gen zugänglich machen darf, die sich aus dem verfas- Aufarbeitung regeln. Unterlagen zu Personen der Zeitge- sungskonform auszulegenden Stasi-Unterlagen-Gesetz schichte, Amts- und Funktionsträgern dürfen danach auch ergeben. – 17 –

Gemäß § 32 StUG sind personenbezogene Informationen den der Überwachung geführt habe. Dass die gesetzlichen zu Personen der Zeitgeschichte, Amts- und Funktionsträ- Abwägungsformeln nur allgemein formuliert sind, sei un- gern zu Aufarbeitungszwecken zugänglich, wenn sie ihre schädlich; in dieser Flexibilität liege gerade ihre Stärke. zeitgeschichtliche Rolle, Funktions- oder Amtsausübung Allerdings unterliege die Abwägungsentscheidung der betreffen und soweit durch ihre Verwendung keine über- BStU uneingeschränkt der gerichtlichen Überprüfung. wiegenden schutzwürdigen Interessen verletzt werden. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Infor- In der zentralen Frage des Verfahrens folgte das Gericht mationserhebung erkennbar auf einer Menschenrechts- also nicht der Auffassung von Dr. Helmut Kohl: Dieser verletzung beruht. Die maßgebliche Abwägungsentschei- hatte gefordert, dass die BStU Unterlagen zu seiner Per- dung trifft die BStU. Vor einer Weiterleitung der son grundsätzlich nur mit seiner Einwilligung herausge- Informationen ist die betreffende Person zu benachrich- ben darf. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsge- tigen, ihre eventuellen Einwände sind von der BStU zu richts haben es Personen der Zeitgeschichte und berücksichtigen. Amtsträger unter bestimmten Bedingungen jedoch hinzu- nehmen, dass Unterlagen auch ohne ihre ausdrückliche Diese Grundentscheidungen des Gesetzgebers bestätigte Einwilligung verwendet werden. das Bundesverwaltungsgericht. Es betonte außerdem die besondere Bedeutung der Aufarbeitung der Tätigkeit des Zugleich stellt das Gericht aber einschränkende, strenge Staatssicherheitsdienstes anhand von dessen Unterlagen. Regeln für die Herausgabe der Unterlagen an Forschung, Teilweise unter Berufung auf die Rechtsprechung des Medien und politische Bildung auf und greift dabei auf Bundesverfassungsgerichts wies es darauf hin, welch sich aus dem Grundgesetz ergebende Bestimmungen und nachhaltiges öffentliches Interesse an der Erforschung der Grundsätze zurück. Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes bestehe. Es müsse eine Anschauung darüber vermittelt werden, „welchen Zur Grundlage nimmt das Bundesverwaltungsgericht die Gefahren die Freiheitsrechte der Bürger ausgesetzt sein Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht und Bun- können, wenn die Sicherungen eines freiheitlichen desverwaltungsgericht zum allgemeinen Persönlichkeits- Rechtsstaats außer Kraft gesetzt sind“. Das gelte sowohl recht (Artikel 2 Abs. 1 i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 GG). hinsichtlich der systematischen und umfassenden Ausfor- Dieses Grundrecht umfasst über das Recht auf informa- schung der eigenen Bevölkerung der DDR als auch hin- tionelle Selbstbestimmung hinaus auch das Recht auf sichtlich der „Auslandsaufklärung“ im westlichen Teil Achtung der Privatsphäre und das Recht am gesproche- Deutschlands. Gerade die Ausforschung der DDR-Bevöl- nen Wort. Eingriffe in diese Rechte sind nur im überwie- kerung sei ein besonders abstoßendes Herrschaftsinstru- genden Allgemeininteresse und unter Beachtung des Ver- ment des Einparteiensystems gewesen. Außerdem be- hältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig. Dies muss bei der stehe unverändert ein öffentliches Interesse an der Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Vorschrif- Erforschung der nationalsozialistischen Vergangenheit, ten des Stasi-Unterlagen-Gesetzes Berücksichtigung fin- über die die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes den. Da diese aus einer verfassungskonformen Auslegung neue Aufschlüsse bieten können. In diesem Zusammen- des Stasi-Unterlagen-Gesetzes resultierenden Einschrän- hang hob das Gericht auch die Notwendigkeit einer Son- kungen sich unmittelbar aus dem Grundgesetz ergeben, derverwahrung der Unterlagen des Staatssicherheits- müssten sie in gleicher Weise bei einer Änderung der Zu- dienstes hervor, von der der Gesetzgeber zu Recht ständigkeit für die Verwahrung der Unterlagen des Staats- ausgehen durfte. Das beschriebene legitime Aufarbei- sicherheitsdienstes Berücksichtigung finden. tungsinteresse erfordere eine zeitnahe Aufarbeitung, wes- Das Bundesverwaltungsgericht leitet aus diesen verfas- halb ein Abwarten der üblichen 30-jährigen Sperrfrist des sungsrechtlichen Grundsätzen differenzierte Zugangsre- allgemeinen Archivrechts nicht als gleichermaßen taugli- geln ab. Anders als vom Gesetzgeber vorgesehen gelten ches Mittel erscheinen konnte. damit unterschiedliche Grundsätze für Anträge aus der Das Gericht erläuterte weiter, dass ein öffentliches Inte- Forschung und von den Medien (Anträge aus dem Be- resse sowohl an einer wissenschaftlichen Aufarbeitung reich der politischen Bildung werden je nach ihrem Inhalt der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes als auch an ei- wie Forschungs- oder wie Medienanträge behandelt). Die ner Aufarbeitung durch die Medien bestehe. Die Presse Zugangsrechte der Medien werden durch das Urteil im wirke an der öffentlichen Meinungsbildung mit und er- Vergleich zur bisherigen Praxis der BStU empfindlich fülle dadurch eine für die freiheitliche Demokratie über- eingeschränkt. Auch für die Forschung werden strengere aus bedeutsame Funktion. Hieraus begründe sich das öf- Maßstäbe für die Abwägung der BStU gesetzt. Hinzuge- fentliche Interesse an einer Versorgung der Presse mit kommen sind außerdem Beschränkungen der Zulässigkeit Informationen, die sie zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben von Forschungsanträgen sowie bei der Veröffentlichung benötigt. der Forschungsergebnisse. Die der Veröffentlichung auf- erlegten Restriktionen gelten auch für die behördenin- Dieses gewichtige Aufarbeitungsinteresse erlaube grund- terne Forschung. sätzlich auch Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht von Personen der Zeitgeschichte, Amtsträgern und Inhabern Für Forschungsanträge gilt zunächst die Verpflichtung, politischer Funktionen. Gerade an diesen Personen könne die Ernsthaftigkeit des Vorhabens strenger als bisher zu ein spezifisches Interesse des Staatssicherheitsdienstes prüfen und darauf zu achten, dass personenbezogene bestanden haben, das zu besonderen Zielen und Metho- Informationen nur zum Zweck der Aufarbeitung der – 18 –

Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes verwendet werden. solut verboten, wenn diese unter Verletzung des Rechts Nach einer gründlichen Abwägung jedes Einzelfalls dür- auf Privatsphäre, des Rechts am gesprochenen Wort oder fen der Forschung solche Daten zugänglich gemacht wer- durch Spionage gewonnen wurden oder eine solche Ge- den. Informationen, die eine Verletzung der Privatsphäre winnung vermutet werden muss. oder des Rechts am gesprochenen Wort zur Grundlage haben, dürfen dabei nur in seltenen Ausnahmefällen zur Das Bundesverwaltungsgericht stellt weiter klar, dass die Verfügung gestellt werden, beispielsweise wenn ein be- Benachrichtigungsvorschrift des § 32a StUG rechts- sonders bedeutsames Forschungsvorhaben nicht anders schutzfreundlich anzuwenden ist. Danach müssen Perso- verwirklicht werden kann. nen der Zeitgeschichte, Amts- und Funktionsträger vor einer Herausgabe von Informationen zu ihrer Person in- Dabei legt das Gericht den Begriff der Menschenrechts- formiert und ihre Einwände berücksichtigt werden. Nach verletzung, die bei der Abwägung durch die BStU zu be- der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sind rücksichtigen ist, erweiternd aus. Er erfasse „ – abgesehen der Name des Antragstellers bzw. der Antragstellerin und von verbotenen Verhörmethoden (Folter usw.) – das Ein- das Thema des Antrages dabei keine geschützten Daten dringen in die Privatsphäre, einschließlich der räumlichen mehr. Vielmehr sind sie den Betroffenen im Rahmen des Privatsphäre, jede Verletzung des Rechts am gesproche- Benachrichtigungsverfahrens mitzuteilen. nen Wort, auch außerhalb der Privaträume in Büro- und Sitzungsräumen, namentlich durch unbefugtes Abhören sowie im Wege der Überwachung des Brief- und Tele- 1.4.1.3 Folgen für die Antragsbearbeitung kommunikationsverkehrs“. Nach der bundesverfassungs- durch die BStU gerichtlichen Rechtsprechung ist die Privatsphäre nicht nur thematisch, sondern auch räumlich bestimmt. Sie er- Das Urteil hat weit reichende Folgen für die Bearbeitung streckt sich unabhängig von Informationsinhalten auf ei- von Anträgen von Forschung, Medien und politischer nen räumlichen Bereich. In diesem Bereich sollen Ein- Bildung gemäß §§ 32 ff. StUG. Keinesfalls führt es zelne – auch Personen der Zeitgeschichte, Amts- oder jedoch, wie in der Öffentlichkeit teilweise befürchtet, zu Funktionsträger – die Möglichkeit haben, frei von öffent- einem Stillstand der Aufarbeitung. Allerdings sind maß- licher Beobachtung und einer damit erzwungenen Selbst- gebliche Änderungen im Bearbeitungsverfahren eingetre- kontrolle zu sein. ten. Für die Veröffentlichung von Informationen, die unter Für die Auswahl herausgabefähiger Unterlagen sind bei Verstoß gegen diese Grundsätze gewonnen wurden, gel- Informationen zu Personen der Zeitgeschichte, Amts- und ten besondere Auflagen: Zwar können die Informationen Funktionsträgern zunächst die Ausführungen des Ge- im Rahmen der Veröffentlichung der Forschungsergeb- richts zu Verletzungen des Rechts am gesprochenen Wort nisse genannt werden, der betreffende Unterlagenteil darf oder des Rechts auf Privatsphäre von Bedeutung. Diese jedoch nicht ediert und in der Regel auch nicht wörtlich Gewährleistungsbereiche des allgemeinen Persönlich- zitiert werden. Bei Verstößen gegen das Edier- oder Zi- keitsrechts hat die BStU zwar auch in der Vergangenheit tierverbot verpflichtet das Bundesverwaltungsgericht die schon streng beachtet; neu ist aber in diesem Zusammen- Bundesbeauftragte zur Anzeige. hang, dass nicht nur der Inhalt einer Information wegen Verletzungen des Rechts auf Privatsphäre zu schützen ist, Obgleich, so das Gericht, Spionage durch den Staats- sondern auch Verstöße gegen den räumlichen Schutz- sicherheitsdienst nicht als Menschenrechtsverletzung an- bereich der Privatsphäre bei der Art der Informations- zusehen sei, beanspruche diese rechtsstaatswidrige erhebung berücksichtigt werden müssen. Methode der Informationserhebung dann besondere Be- rücksichtigung, wenn durch sie personenbezogene Infor- Vor allem wirkt sich auf die Auswahlentscheidung die mationen aus Akten und Dateien der ehemaligen Bundes- vom Gericht hergeleitete Vermutung für die menschen- republik an das MfS gelangt sind. Solche Informationen rechtswidrige Gewinnung einer Information aus. Die können nur dann herausgegeben werden, wenn ein beson- BStU beachtet nunmehr auch, ob aus der betreffenden ders bedeutsames Forschungsvorhaben anders nicht ver- Unterlage auf eine unbedenkliche Quelle geschlossen wirklicht werden kann. werden kann. Fehlt diese, muss von einer illegitimen Ge- Eine Menschenrechtsverletzung müsse nach dem Geset- winnung und damit einer besonderen Schutzbedürftigkeit zeswortlaut erkennbar sein. Dies sei der Fall, wenn An- ausgegangen werden. Das Risiko der Nichterkennbarkeit haltspunkte dafür bestünden, dass die Informationserhe- darf nicht dem Betreffenden aufgebürdet werden. Im bung auf einer derartigen Menschenrechtsverletzung Zweifel ist eine menschenrechtswidrige Gewinnung zu beruhe. Als Anhaltspunkt genüge, dass die Information unterstellen. keine unbedenkliche Quelle nenne oder erkennen ließe. Da für Medien- und Forschungsanträge verschiedene Zu- Damit kehrt das Gericht den Wortlaut des Gesetzes in gangsregeln gelten, sind Medienanträge von Forschungs- sein Gegenteil um. Im Zweifel gilt somit eine tatsächliche anträgen abzugrenzen. Das Bundesverwaltungsgericht Vermutung für die menschenrechtswidrige Gewinnung einer Information. schreibt für Forschungsanträge vor, dass die BStU die Ernsthaftigkeit des Vorhabens anhand der Angaben der Anders als bei Anträgen der Forschung ist bei den Anträ- Forscherin oder des Forschers prüft. Personenbezogene gen der Medien eine Herausgabe von Informationen ab- Informationen, die auf menschenrechtswidrige Weise – 19 – oder durch Spionage erlangt wurden, dürfen nicht veröf- 1.4.1.4 Folgen für die wissenschaftliche fentlicht werden. Die Forscherin oder der Forscher muss Aufarbeitung durch die BStU die Gewähr bieten, die Regeln für den Umgang mit den Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts führt zur Verfügung gestellten Informationen einzuhalten. im Vergleich zur externen Forschung zu einer geringeren Unter Beachtung dieser Vorgaben werden als For- Beeinträchtigung der behördeneigenen Forschung. Re- schungsanträge Anträge von etablierten Forschungsein- cherche- und Auswertungsmöglichkeiten der hier tätigen richtungen wie Universitäten, Akademien, Instituten und Wissenschaftler sind vom Urteil nicht tangiert. Erst bei von Personen, deren institutionelle Anbindung an For- der Veröffentlichung ergeben sich zusätzliche Restriktio- schungseinrichtungen oder deren einschlägige For- nen, die aber das wissenschaftliche Ergebnis nicht in dem schungstätigkeit bekannt sind, ohne weiteres anerkannt. Maße beeinträchtigen, als wenn sie im Forschungspro- Andere Personen müssen ihre Seriosität und die Ernsthaf- zess zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten wären. tigkeit ihres Vorhabens belegen bzw. den Zweck, Aufar- Informationen zu Personen der Zeitgeschichte und Amts- beitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes zu be- oder Funktionsträgern, die erkennbar durch Verletzung treiben, schlüssig darlegen. Als Medienanträge gelten des Rechts am gesprochenen Wort oder eines privaten, Anträge von Medienunternehmen wie Zeitungsverlage räumlichen Schutzbereichs erhoben wurden, spielten in oder Rundfunk- und Fernsehanstalten und von Personen, der Veröffentlichungstätigkeit der Behörde bisher keine die bereits als – auch freie – Mitarbeiterinnen oder Mitar- große Rolle. Wurden sie ausnahmsweise verwendet, so ist beiter von Medienunternehmen bekannt sind oder einen ohnehin (auf der Grundlage von § 37 Abs. 1 Nr. 5 StUG) Presseausweis vorlegen. ein strenger Abwägungsmaßstab angelegt worden, der auf jeden Fall das abdeckt, was das Bundesverwaltungs- Informationen, die unter Verletzung der vom Gericht her- gericht allgemein für den Bereich der Forschung fordert, vorgehobenen Grundsätze gewonnen wurden, werden bei oder eine Einwilligung eingeholt worden. einer ausnahmsweisen Weitergabe an Antragstellerinnen und Antragsteller aus dem Forschungsbereich besonders Das Hauptproblem für die Publikationstätigkeit der BStU kenntlich gemacht. Diese müssen sich gegenüber der ist die vom Bundesverwaltungsgericht vorgegebene Ver- BStU in einer schriftlichen Erklärung dazu verpflichten, mutung einer menschenrechtswidrigen Gewinnung von in dass keine Edition (1:1-Veröffentlichung oder Faksimi- den MfS-Unterlagen enthaltenen Daten. Damit stehen ge- les) erfolgt und keine wörtlichen Zitate verwendet wer- rade auch „Allerweltsinformationen“ unter dem General- den. Die BStU überwacht die Regeleinhaltung durch die vorbehalt einer möglichen menschenrechtswidrigen Er- Bitte um Überlassung eines Belegexemplars des veröf- langung. Dieses Problem spielt eine besondere Rolle im fentlichten Forschungsergebnisses. Zusammenhang mit wörtlichen Quellenzitaten sowie vor allem bei Dokumentationen und Editionen. Die Erarbei- Das Benachrichtigungsverfahren nach § 32a StUG hat tung von Quelleneditionen, also die kommentierte wörtli- aufgrund des Urteils folgende Änderung der Verwaltungs- che Wiedergabe von historischen Dokumenten, gehört zu praxis erfahren: Forschern und Journalisten wird inso- den wichtigen Aufgaben der historischen Forschung. Das weit kein Rechercheschutz mehr gewährt, als dass der zu gilt in besonderem Maße für die BStU, die eine entspre- benachrichtigenden Person der Betreiber des Vorhabens chende Dienstleistungsverpflichtung gegenüber der exter- namentlich ebenso benannt wird wie das Thema des An- nen Forschung und der allgemeinen Öffentlichkeit hat. trages. Die Behörde bemüht sich bei der Benachrichti- Vom Urteil betroffen ist vor allem die Dokumentation gung von Personen der Zeitgeschichte sowie Amts- und von Berichtsquellen und damit in erster Linie die geplante Funktionsträgern darum, deren Selbstbestimmungsrecht Edition der Berichte der Zentralen Auswertungs- und In- zu unterstützen, indem sie ihnen die Möglichkeit eröffnet, formationsgruppe (ZAIG) des MfS, weil sich darin un- auf rechtlich gebotene Anonymisierungen von Daten ver- zählige personenbezogene Informationen finden, deren zichten oder sogar einer Herausgabe ausdrücklich zustim- Herkunft nicht geklärt werden kann. Auf dem Workshop men zu können. Anders als bisher werden deshalb die In- der Behörde am 26. November 2004 (siehe auch Ab- formationen, die von der BStU als zunächst „nicht schnitt 4.3.2) ist die besondere Wichtigkeit dieses Projek- herauszugeben“ vorgesehen sind, im Benachrichtigungs- tes von mehreren Vertretern der externen Forschung un- verfahren nicht bereits geschwärzt (anonymisiert), son- terstrichen worden. dern farblich gekennzeichnet und damit für die Betreffen- den lesbar vorgelegt. In jedem Fall berücksichtigt die Allerdings ist aus jetziger Sicht einzuschätzen, dass diese BStU etwaige Einwände benachrichtigter Personen in ei- Edition und auch andere ähnliche Projekte im Wesent- nem erneuten Abwägungsprozess. Für den gesamten lichen durchführbar bleiben, weil die Behandlung von Zeitraum des Tätigkeitsberichts ist festzustellen, dass je- Informationen zu verstorbenen Personen der Zeitge- des abgeschlossene Benachrichtigungsverfahren zu einer schichte oder Amts- und Funktionsträgern von den Erwä- Einigung zwischen der BStU und dem Betreffenden ge- gungen des Bundesverwaltungsgerichts unberührt ist und führt hat. bei der entsprechenden Verwendung von Informationen zu lebenden Personen dieser Kategorien eine Einwil- Der Wegfall des bislang praktizierten „Rechercheschut- ligung eingeholt werden kann, die nach aller Erfahrung zes“ ermöglicht vor allem bessere Hilfestellungen bei der im Regelfall nicht verweigert wird. Gleichwohl ist die Einholung von Einwilligungen. Diesen kommt in aktuel- Beeinträchtigung der Aufarbeitung in diesem Bereich len und künftigen Verfahren eine stärkere Bedeutung zu. nicht unerheblich, weil der Aufwand für die Einholung – 20 – der Einwilligungen groß ist. Aufgrund des weitgehenden der Bevölkerung gab und welche Reaktionen im SED- Zitierverbots, das das Urteil vorgibt, sind im Falle von und MfS-Apparat dominierten. Das Gespräch mündete in Dokumentationsvorhaben Einwilligungen sogar dann er- eine (zumindest vorläufige) Einordnung des Herbstes 1989 forderlich, wenn bei einer einfachen Herausgabe eine Be- in den gesamtdeutschen historischen Erfahrungsraum. nachrichtigung gemäß § 32a StUG entfallen könnte, weil – etwa bei Bagatellinformationen – die Beeinträchtigung 1.4.2.2 Interregionale Veranstaltungsreihe materieller schutzwürdiger Interessen nicht zu befürchten ist. Unter dem Titel „Der Herbst 1989 – Die friedliche Revo- lution und das Ende der Staatssicherheit“ lud die Bundes- 1.4.2 Der 15. Jahrestag der friedlichen beauftragte zu einer interregionalen Veranstaltungsreihe Revolution in den neuen Bundesländern ein. Im Herbst 2004 jährte sich zum fünfzehnten Mal die In allen fünf Veranstaltungen folgte einem einführenden friedliche Revolution von 1989 in der DDR. Die Wieder- Vortrag zu den historisch-politischen Rahmendaten der kehr dieses Jahrestages nahm die Bundesbeauftragte zum Revolution ein regionalspezifischer Teil, zumeist unter Anlass, einen kritisch-würdigenden Rückblick auf die poli- Beteiligung von Akteuren der jeweiligen Stadt. So wurde tischen Protagonisten und Ereignisse der damaligen Mo- deutlich, welche Erfahrungen allen gemein sind und in nate vorzunehmen. Der inhaltliche Bogen wurde bewusst welchen Punkten es regionale Besonderheiten gab. Vor über die zentralen Daten des Oktober/November 1989 hi- allem aber wurde die viel zu oft Berlin-zentrierte Sicht naus gespannt: Relevante Vorzeichen wie auch Folgewir- auf die Geschichte durch den Blick auf andere Städte er- kungen des Herbstes 1989 fanden Berücksichtigung, um gänzt. Auch der heutige Umgang mit der historischen Er- die dynamischen Prozesse des Umbruchs in ihren vielfäl- fahrung der friedlichen Revolution fand bei Diskutanten tigen Zusammenhängen für den heutigen Betrachter er- wie Publikum rege Aufmerksamkeit. kennbar und fassbar zu machen. Insgesamt kamen 1 233 Besucherinnen und Besucher zu Den Auftakt des Programms zum 15. Jahrestag bildeten diesen Veranstaltungen, die die BStU gemeinsam mit ver- zwei Veranstaltungen Anfang 2004: schiedenen Kooperationspartnern ausrichtete. Die erste Unter dem Titel „Götterdämmerung in der Normannen- Veranstaltung fand am 6. Oktober 2004 in Plauen statt straße – Das Ministerium für Staatssicherheit im Revolu- und wurde von den sächsischen Außenstellen in Zusam- tionsjahr 1989“ führte die BStU am 15. Januar 2004 ge- menarbeit mit der Stadt Plauen realisiert. Es folgte am meinsam mit der Stiftung zur Aufarbeitung der SED- 21. Oktober in Potsdam die Veranstaltung der Branden- Diktatur einen Diskussionsabend durch, in dessen Mittel- burger Außenstellen in Zusammenarbeit mit dem Film- punkt der Niedergang und die Überwindung der SED- museum Potsdam, das auch die Veranstaltungsräume be- Diktatur standen. Zeitzeugen und Historiker erörterten, reitstellte. Den thüringischen Beitrag boten die dortigen mit welchen Handlungsmustern der Staatssicherheits- Außenstellen der BStU am 3. November in Sonneberg an. dienst auf die Entwicklung der Proteste reagierte und wie In Kooperation mit dem NDR und der Domgemeinde sich die repressiven Rahmenbedingungen im SED-Staat Greifswald führten die Außenstellen in Mecklenburg- auf die Bürgerrechtsbewegung auswirkten. Vorpommern am 13. November einen festlichen Themen- abend im Dom zu Greifswald durch. Die interregionale Gegenstand der Podiumsdiskussion am 29. April 2004 Veranstaltung in Sachsen-Anhalt schließlich fand am war das Thema „Mai 1989 – Die Fälschung der Kommu- 18. November in den Räumen der Martin-Luther-Univer- nalwahlen und ihre Folgen“. Die Teilnehmer, damals sität Halle statt. Westkorrespondenten in Ostberlin, befassten sich einge- hend mit der Frage, weshalb die SED zum Mittel der Wahlfälschung griff, wie die Oppositionsgruppen vorgin- 1.4.2.3 Ausstellungen und andere Aktivitäten gen, um diese Fälschung zu dokumentieren, mit welchen zum 15. Jahrestag Interventionen der Staatssicherheitsdienst reagierte und welche Folgen der Wahlbetrug für den Herbst 1989 hatte. Neben der von der BStU initiierten Reihe beteiligten sich einige Außenstellen an weiteren regionalen Veranstaltun- gen aus Anlass des 15. Jahrestages. So wirkte beispiels- 1.4.2.1 Berliner Hauptveranstaltung weise die Neubrandenburger Außenstelle vom 18. bis Die Ereignisse des 9. November 1989, Tag des Mauer- 22. Oktober 2004 an einer Gedenkwoche unter dem Leit- falls und symbolisches Kerndatum der Revolution, stan- motiv „Gestern – Heute – Morgen“ mit. Die Gedenk- den im Mittelpunkt der Kooperationsveranstaltung, die woche begann und endete in der St. Johannis-Kirche in die Behörde der Bundesbeauftragten und die Evangeli- Neubrandenburg, einem Zentrum des damaligen Wider- sche Akademie zu Berlin am 9. November 2004 im Fran- stands. Die Außenstelle Rostock beteiligte sich am zösischen Dom durchführten: „Wenn das Volk nicht so 14. Oktober an einem Veranstaltungstag in Rostock. Dort will, wie es soll – Die Bevölkerung, die Opposition und fanden ein Gottesdienst mit dem ersten Bundesbeauftrag- die Staatsmacht im Herbst ’89“. Wissenschaftler und da- ten und früheren Rostocker Pastor Joachim Gauck unter malige Akteure diskutierten darüber, welche Veränderun- dem Leitmotiv „Ich bin so frei“ in der Marienkirche so- gen die verschiedenen Bürgerbewegungen im revolutio- wie eine Begegnungsstunde im Rathaus statt. Ergänzend nären Herbst 1989 anstrebten, welche Vorstellungen es in wurde die Ausstellung „Wir sind das Volk“ gezeigt und – 21 – eine Lese-Ecke mit ausgewählten Berichten des MfS zur wurde mit Unterstützung von Theaterpädagogen des friedlichen Revolution in Rostock eingerichtet. GRIPS-Theaters eröffnet. Die Projektdurchführung er- folgte in Kooperation mit dem Berliner Landesbeauftrag- Im Zeichen der friedlichen Revolution standen auch die ten für die Stasi-Unterlagen und der Berliner Landeszen- Tage der offenen Tür in Leipzig am 9. und in Suhl am trale für politische Bildungsarbeit. 30. Oktober 2004 sowie eine mit der Sächsischen Landes- zentrale für politische Bildung veranstaltete Podiumsdis- Unter dem Titel „Die Stasi im Jahr 1989“ stellte die BStU kussion der Außenstelle Chemnitz am 7. Oktober 2004 im September 2004 ein neues Angebot auf ihrer Internet- im „Alten Gasometer“ in Zwickau, die vor allem wegen seite vor. Aus der Perspektive des Staatssicherheitsdiens- der kontroversen Debatte zwischen Bürgerrechtlern und tes werden die Ereignisse vom Januar 1989 bis zum Ja- ehemaligen SED- und MfS-Funktionären großes Publi- nuar 1990 nachgezeichnet. Die Website ist chronologisch kumsinteresse erregte. Eine weitere Podiumsdiskussion gegliedert, wobei jedem Monat ein Schwerpunktthema zum Thema veranstaltete diese Außenstelle in Zusam- zugeordnet ist, das für die Entwicklung der Revolution menarbeit mit der Sächsischen Landeszentrale für politi- eine wichtige Rolle gespielt hat. Neben einer kurzen Er- sche Bildung und dem Verein für Chemnitz e.V. am läuterung des jeweiligen Themas stehen Dokumente und 22. November 2004 in der Chemnitzer Johanniskirche. kommentierte Aktenbeispiele zur Verfügung. Mit etwa 900 Dokumentenseiten ist dies die bisher umfangreichste Mit der Ausstellung der BStU „Wenn das Volk nicht so Darstellung zum Staatssicherheitsdienst im Jahr 1989, die will wie es soll“ wurden anhand von Text- und Fotodoku- die Internetseiten anderer Anbieter zu den Ereignissen menten ausgewählte Ereignisse und Stationen des Herbs- von 1989 (z. B. „Chronik-der-Wende“) um eine spezifi- tes 1989 rekonstruiert. Besonderes Interesse galt dabei sche Perspektive ergänzt. der Frage, wie es der friedlichen Protestbewegung gelang, die Staats- und Parteiführung schrittweise zu entmachten und deren „Schild und Schwert“, das Ministerium für 1.4.2.4 Tag der offenen Tür im ehemaligen Staatssicherheit, aufzulösen. Erstmals gezeigt wurde die MfS-Archiv Ausstellung am 9. November 2004 im Rahmen der ge- Einen Höhepunkt der Veranstaltungen zum 15. Jahrestag meinsamen Diskussionsveranstaltung von Evangelischer bildete der Tag der offenen Tür im ehemaligen Archiv des Akademie und BStU im Französischen Dom in Berlin. MfS am 15. Januar 2005 auf dem Gelände der früheren Bis März 2006 wird sie im Berliner Informations- und MfS-Zentrale in Berlin-Lichtenberg. Unter dem Titel Dokumentationszentrum der BStU zu sehen sein. „Ende der Dienstzeit in der Normannenstraße. Die Beset- zung der Stasi-Zentrale – ein Mythos?“ wurde ein ganztä- Die sächsischen Außenstellen , Leipzig und giges Informationsprogramm angeboten, das die BStU in Chemnitz erarbeiteten eine gemeinsame Wanderausstel- Zusammenarbeit mit dem Berliner Landesbeauftragten, lung. Unter dem Titel „Die Botschaftsflüchtlinge auf ihrer dem Bürgerkomitee 15. Januar, der Bundeszentrale für Fahrt von Prag nach Hof“ wird dokumentiert, mit wel- politische Bildung, der Robert-Havemann-Gesellschaft chen Maßnahmen der Staatssicherheitsdienst auf die und der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur ent- Fluchtwelle reagierte und wie er versuchte, Demonstra- wickelt hatte. Die Besucherinnen und Besucher konnten tionen zu unterbinden und Ausreisewillige daran zu hin- an geführten Archiv- und Geländerundgängen teilneh- dern, auf die Züge zu springen. Die Ausstellung ist inzwi- men, sich über die Rekonstruktion so genannter vorver- schen an verschiedenen Orten, u. a. in den alten nichteter Akten und über die als „Rosenholz“-Unterlagen Bundesländern, gezeigt worden (siehe auch Anhang 30, bekannt gewordenen Karteien der HV A (siehe auch Ab- S. 135 ff.). In Grafing hielt der Botschafter a. D., schnitt 2.4.3) informieren. Verschiedene Aufarbeitungs- Hermann Huber, den Eröffnungsvortrag und erinnerte an einrichtungen und -initiativen präsentierten ihre Arbeit an die dramatischen Vorgänge im Spätsommer und Herbst Informationsständen. des Jahres 1989 in Prag, als tausende von Flüchtlingen aus der DDR Zuflucht in der Botschaft der Bundesrepu- In der zum Tag der offenen Tür von der BStU erstellten blik Deutschland suchten. Dokumentation „Flächendeckend – Die territoriale Ex- pansion der Stasi-Zentrale“ wird die topografische Ent- Für Schülerinnen und Schüler aus Berlin wurde der mehr- wicklung des MfS-Areals nachgezeichnet: vom ersten be- tägige Workshop „Der Stasi auf der Spur“ realisiert. Den scheidenen Sitz des Staatssicherheitsdienstes im Auftakt bildete eine Aufführung des Theaterstücks „Be- ehemaligen Finanzamtsgebäude Berlin-Lichtenberg bis schädigte Seelen“, das den Missbrauch eines Jugend- zum ausufernden und hoch abgesicherten Stadtviertel. lichen als Inoffizieller Mitarbeiter durch den Staats- Die Ausstellung zeigt unter anderem, wie im Zuge des sicherheitsdienst thematisiert. Das Theaterstück von Ausbaus denkmalgeschützte Bauwerke und ganze Stra- Interkunst e. V., das mit finanzieller Unterstützung der ßenzüge den Expansionswünschen des MfS zum Opfer Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur bereits in fielen. mehreren neuen Bundesländern erfolgreich aufgeführt worden war, wurde in diesem Rahmen erstmals in Berlin Darüber hinaus gab es vielfältige weitere Informationsan- gezeigt. In den anschließenden Arbeitsgruppen setzten gebote: Lilo Fuchs und Wolfgang Templin, einst selbst im sich jeweils eine Klasse aus dem Ost- und Westteil Ber- Visier des Staatssicherheitsdienstes, lasen Auszüge aus lins gemeinsam mit dem Thema „Stasi und Jugendliche“ ihren Akten, es wurde über die „Werkstatt schreibende auseinander. Insgesamt beteiligten sich rund 250 Schüle- Tschekisten“ des MfS referiert, Zeitzeugen und Histori- rinnen und Schüler. Der kreative Zugang zur Thematik ker diskutierten in verschiedenen Podiumsrunden über – 22 – historische Realität und Mythos des 15. Januars, über 2Archivbestände Hintergründe und Akteure der Erstürmung und die Fol- Die BStU hat zurzeit 15 Archive: eines in ihrer Zentral- gen der Besetzung für den Umgang mit den MfS-Akten. stelle in Berlin und 14 in ihren Außenstellen in den neuen Speziell an Jugendliche und Multiplikatoren richteten Bundesländern. Die vom Staatssicherheitsdienst der DDR sich die Präsentation des von Leipziger Schülerinnen und hinterlassenen Unterlagen – aktuell rund 176 Kilometer Schülern erarbeiteten Videoprojekts „IM-Klassenkame- Schriftgut (einschließlich des verfilmten Schriftgutes, auf rad“ und das szenische Stück „Der Stasi auf der Spur“, Papier umgerechnet), darunter mehr als 41 Millionen das in Kooperation mit dem GRIPS-Theater vorgeführt Karteikarten sowie hunderttausende Bild- und Tondoku- wurde. In improvisierten Inszenierungen, die die Grund- mente – werden von ihr erfasst und nach archivischen idee des Schüler-Theaterprojekts vom November 2004 Grundsätzen bewertet, geordnet, erschlossen, verwahrt noch einmal aufgriffen, setzten sich Jugendliche aus dem und verwaltet (§ 37 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StUG). ehemaligen Ost- und Westteil mit den Mechanis- men von Macht und Repression sowie den Grenzen und 2.1 Grundsätzliche Arbeitsschwerpunkte Möglichkeiten eigener Handlungsspielräume auseinan- der. Den Abschluss des Tages bildete ein Konzert von Im Umgang mit den Unterlagen des Staatssicherheits- Wolf Biermann. dienstes wird nach einheitlichen Grundsätzen verfahren. Regelmäßige Besuche von Mitarbeiterinnen und Mitar- Über 4 000 Besucherinnen und Besucher nutzten den Tag beitern des Archivs der Zentralstelle in den Archiven der der offenen Tür, um sich zu informieren und das ehema- Außenstellen, Konsultationen und Arbeitstagungen haben lige MfS-Gelände in der Normannen- und Ruschestraße sich zur Unterstützung der regionalen Archivarbeit be- zu besichtigen. Den Archivrundgang, den die Veranstalter währt. Innerhalb der Fachdiskussion werden Erschlie- mit Kulturstaatsministerin Dr. Christina Weiss zu Beginn ßungsprozesse begleitet und ausgewertet, Einzelfragen des Tages unternahmen, begleiteten mehr als 50 Journa- von übergeordneter Bedeutung erörtert und verbindlich listinnen und Journalisten – eine Resonanz, die sich in der geklärt, Arbeitsabläufe geprüft und optimiert und neue regionalen, aber auch in der überregionalen Berichterstat- Erkenntnisse, auch aus außerbehördlichen Fachtagungen, tung widerspiegelte. in Vorträgen und Schulungen vermittelt. Wichtiges Anlie- gen bleibt dabei, eine Balance zu erzielen zwischen allge- meinen Regelungen, die von der Zentralstelle vorgegeben 1.4.2.5 Trilaterale Arbeitsgruppe/Flyer und werden, und Regelungen für die Außenstellen, die die Be- Plakat zum 15. Jahrestag sonderheiten in der regionalen Überlieferung berücksich- Das Jahr vom Herbst 1989 bis zum Herbst 1990 war eines tigen. der bewegtesten der jüngsten deutschen Geschichte. An- Auch in diesem Berichtszeitraum bestand die wichtigste gesichts der Fülle bedeutender Ereignisse in diesem Zeit- Aufgabe für alle Archive der BStU darin, Anträge zu Per- raum geht leicht die Übersicht verloren, wichtige Zu- sonen- und Sachrecherchen zu bearbeiten und Unterlagen sammenhänge werden undeutlich. Geleitet von der für die verschiedenen Verwendungszwecke nach dem Überzeugung, dass weniger oft mehr ist, hatten sich die Stasi-Unterlagen-Gesetz bereitzustellen. Bundesbeauftragte, die Bundeszentrale für politische Bil- dung und die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Insgesamt wurden in allen Archiven der BStU im Be- darauf verständigt, eine begrenzte Zahl herausragender richtszeitraum 1,4 Millionen Personenrecherche- und Ereignisse aus dieser Zeit offensiv zu kommunizieren. In über 12 500 Sachrecherche-Anträge bearbeitet. Daraus Form eines Flyers und eines Plakats wurde eine Chronik folgten insgesamt über 1,8 Millionen Aktenbewegungen und -benutzungen. Daneben stellten die archivtechni- des Jahres 1989/90 aufgezeichnet, die an zehn ausge- schen Dienste als Serviceleistung über 2,2 Millionen Sei- wählten Daten die Ereignis- und Wirkungsgeschichte der ten Kopien (einschließlich anonymisierter Nutzerkopien) friedlichen Revolution erläutert. Die Chronik, die vor al- sowie 840 000 Seiten Rückvergrößerungen von verfilm- lem für die Verwendung in Schulen geeignet ist, setzt mit ten Unterlagen her. den Kommunalwahlen im Mai 1989 ein und führt über die Massenflucht von DDR-Bürgern, die friedlichen Die nach wie vor große Anzahl von Recherchen und Ak- Großdemonstrationen, den Fall der Mauer und die ersten tenbewegungen unterstreicht den Stellenwert, der den freien Volkskammerwahlen hin zur deutschen Einheit am Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes bei der Aufar- 3. Oktober 1990. Die Auswahl der Daten war nicht leicht. beitung der jüngsten deutschen Geschichte beigemessen Dass zudem die Begrenzung auf nur zehn Ereignisse pro- wird. blematisch war, haben anschließende Diskussionen in der Ein weiterer Aufgabenschwerpunkt ist und bleibt die Er- Öffentlichkeit und im Beirat der Behörde gezeigt. schließung der Unterlagen. In der Zentralstelle wurde Dieses gemeinsame Informationsangebot der drei Institu- weiter an der Erstellung von Findbüchern gearbeitet. Fortgesetzt wurde zudem die manuelle Rekonstruktion tionen war ein wichtiges Arbeitsergebnis der trilateralen der vom MfS zerrissen überlieferten Unterlagen (siehe Arbeitsgruppe, die die BStU mit der Bundeszentrale für Abschnitt 2.3). politische Bildung und der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Anfang 2003 ins Leben gerufen hat (siehe Der BStU ist es ein besonderes Anliegen, Nutzerinnen Abschnitt 5.1.5.4). und Nutzern aus dem Bereich der externen Forschung in- – 23 – nerhalb der restriktiven Regelungen des Stasi-Unterla- eingeführte Pflicht zur barrierefreien, behindertengerech- gen-Gesetzes den Zugang zu Quellen zu erleichtern. Aus- ten Darstellungsweise. Mit der Darstellung der Außen- gehend von den Nutzerforen in der Behörde soll eine stelle Potsdam begann im Frühsommer 2005 die Präsen- umfassende Präsentation von Findhilfsmitteln und Be- tation der Bestandsinformationen der Außenstellen. standsinformationen sowie intern eine intensivere Zusam- Vorgesehen ist auch, als Ergänzung der bereits veröffent- menarbeit zwischen den Abteilungen Archivbestände und lichten Bestandsinformationen, vorläufige Klassifikatio- Verwendung der Unterlagen (Auskunft – AU) dazu bei- nen zu ausgewählten Teilbeständen in das Internet einzu- tragen, die Antragstellerinnen und Antragsteller besser zu stellen. informieren und zu beraten und ihnen einen schnelleren und direkteren Zugang zu den Erschließungsergebnissen An der Fertigstellung und Veröffentlichung von Find- zu ermöglichen (siehe dazu auch Abschnitte 2.8.1 sowie büchern für die Unterlagen der Juristischen Hochschule 3.3.4). (JHS), der Abteilung X (Internationale Verbindungen) so- wie der SED-Kreisleitung im MfS wird gearbeitet. Wei- Über die Erledigung ihrer archivischen Kernaufgaben hi- tere Findbücher sind zu den Sekretariaten der Stellvertre- naus beteiligten sich die Archive verstärkt an der Öffent- ter des Ministers geplant. lichkeitsarbeit der Behörde (siehe Abschnitt 5.2.5) und intensivierten die fachlichen Kontakte zu anderen Archi- ven und Einrichtungen, vorrangig zum Bundesarchiv 2.2.1 Erschließung von Unterlagen (siehe Abschnitt 2.8.2). der Diensteinheiten Erschließungsschwerpunkt der BStU bleiben die Unterla- 2.2 Erschließung von Unterlagen gen der Diensteinheiten. Die aktuellen Erschließungs- stände können im Einzelnen den Anhängen 8 und 9, S. 87 Bei der Erschließung der Unterlagen des Staatssicher- und 88, entnommen werden. Insgesamt sind diese Unter- heitsdienstes folgt die BStU den international und in der lagen bisher zu 71,1 Prozent erschlossen. Bundesrepublik üblichen Grundsätzen der Verzeichnung. Mittels des von der Behörde selbst entwickelten IT-Ver- fahrens „Sachaktenerschließung“ (nachfolgend IT-SAE) 2.2.1.1 Erschließung von Unterlagen der haben die rund 150 Archivarinnen und Archivare, Archiv- Diensteinheiten in der Zentralstelle assistentinnen und -assistenten der BStU im Berichtszeit- raum insgesamt rund 2 420 lfd. Meter Akten und anderes Wegen der umfangreichen Überlieferungen von Unterla- Schriftgut erschlossen und damit für die Verwendungs- gen der MfS-Diensteinheiten bestehen die Erschließungs- zwecke nach dem Stasi-Unterlagen-Gesetz nutzbar ge- prioritäten in der Zentralstelle über einen längeren Zeit- macht (zu den Erschließungsständen siehe Anhänge 8 raum fort. Auch in diesem Berichtszeitraum wurden vor und 9, S. 87 und 88). Darin eingeschlossen sind sowohl allem Unterlagen der MfS-Diensteinheiten mit operativen die Unterlagen, die sich zum Zeitpunkt der Auflösung des Aufgaben erschlossen: HA II (Spionageabwehr), HA XX Staatssicherheitsdienstes noch in dessen Büros und Re- (Staatsapparat, Kunst, Kultur, Kirche, Untergrund), gistraturen befanden (nachfolgend als Unterlagen der HA III (Funkaufklärung), HA XVIII (Volkswirtschaft), Diensteinheiten bezeichnet) als auch die vom Staats- HA I (Abwehrarbeit in NVA und Grenztruppen), HAVIII sicherheitsdienst in verschiedenen „Archivbeständen“ (Beobachtung und Ermittlung), HA IX (Untersuchungs- überlieferten archivierten Ablagen. organ), HA XIX (Verkehr, Post, Nachrichtenwesen), HA XXII (Terrorabwehr), HAVI (Passkontrolle, Touris- Bei den Unterlagen der Diensteinheiten handelt es sich in mus, Interhotel), HVA (Hauptverwaltung Aufklärung), der Mehrzahl um nicht formiertes und ungeordnetes ZKG (Zentrale Koordinierungsgruppe), AG XVII (Besu- Schriftgut, zu dem es ohne Erschließung grundsätzlich cherbüro Westberlin). keinen Zugriff und damit auch keine Recherchemöglich- keiten gibt. Die archivierten Ablagen (MfS-Archiv- Ein zweiter Erschließungskomplex waren Unterlagen aus bestände) dagegen sind formierte und geordnete Akten Diensteinheiten mit Versorgungs- und Dienstleistungs- des Staatssicherheitsdienstes, auf die jedoch nur per- funktionen sowie Führungs- und Koordinierungsaufgaben: sonenbezogen über die Findkarteien der Archivabteilun- Abteilung Finanzen, HA PS (Personenschutz), Abtei- gen XII (Zentrale Auskunft/Speicher) des MfS und der lung XIII (Datenverarbeitung/Rechenzentrum), HA KuSch MfS-Bezirksverwaltungen zugegriffen werden kann. (Kader und Schulung), Abteilung XII (Zentrale Auskunft/ Speicher), ZOS (Zentraler Operativstab), VRD (Verwal- Von den speziellen Informationsträgern (Fotos, Negative, tung Rückwärtige Dienste), Abteilung BCD (Bewaff- Dias, Filme, Videos, Tonträger und maschinenlesbare Da- nung, Chemischer Dienst). tenträger) sind im Berichtszeitraum 44 308 erschlossen worden (siehe Anhang 10, S. 89, und Abschnitt 2.2.3). Die Schwerpunktnennung bedeutet nicht, dass die Er- schließung der Unterlagen aus den übrigen Diensteinhei- Im Ergebnis der Erschließung werden archivische Find- ten gänzlich ruht. Auch dort sind Zuwächse zu verzeich- hilfsmittel, Bestandsinformationen und Findbücher erar- nen, wenngleich in geringerem Umfang. beitet. Die Bestandsinformationen des Archivs der Zen- tralstelle sind seit Juli 2003 im Internet (www.bstu.de) Zu den Umfängen und aktuellen Erschließungsständen veröffentlicht. Ihre Aktualisierung und die Präsentation der Diensteinheiten des MfS in der Zentralstelle siehe neuer Inhalte verzögern sich allerdings derzeit durch die Anhang 12, S. 91. – 24 –

Die Schwerpunkte der Erschließung werden jährlich mit – Abteilungen IX und XIV (Untersuchungsorgan bzw. den Abteilungen AU und BF der BStU abgestimmt, um Untersuchungshaftanstalt) durch die Außenstellen komplexe und nachhaltig veränderte Nachfrage- und For- Dresden, Gera, Halle, Leipzig und Potsdam, schungsschwerpunkte in der Archivarbeit berücksichti- gen zu können. Das gilt auch für die behördeneigenen – Abteilung VII (Abwehrarbeit in der Polizei) durch die wissenschaftlichen Projekte wie etwa das MfS-Handbuch Außenstellen Berlin, Leipzig, Magdeburg und Suhl. (dazu siehe Abschnitte 4.1 und 4.2). So gab es erhöhten In einigen Außenstellen werden auch Unterlagen der Erschließungsbedarf zu Unterlagen über Liegenschaften so genannten nichtoperativen Diensteinheiten in die des MfS, weil vor dem Hintergrund der zeitlich befriste- Erschließung einbezogen, wie die der Selbständigen Re- ten Möglichkeit, Rehabilitierungs- und Wiedergutma- ferate für Abwehrarbeit im Wehrkommando (SR AWK) chungsansprüche nach dem Entschädigungs- und Aus- und Personenschutz (SR PS), der Arbeitsgruppe Geheim- gleichsleistungsgesetz (EALG) geltend zu machen, und nisschutz (AGG), der Abteilung Kader und Schulung insbesondere nach einem entsprechenden Urteil des Euro- (KuSch) und des Büros der Leitung (BdL). Die für die Er- päischen Gerichtshofes für Menschenrechte Anfang des forschung und Aufarbeitung der regionalen Tätigkeit des Jahres 2004 verstärkt Anfragen zur Klärung offener Ver- Staatssicherheitsdienstes wichtigen Unterlagen der Aus- mögensfragen an die BStU gerichtet wurden (siehe auch wertungs- und Kontrollgruppe (AKG) sind in der Mehr- Abschnitt 3.2.2). Erschlossen werden deshalb vorrangig zahl der Außenstellen bereits vollständig erschlossen; in Objekt-, Grundstücks- und Bauakten der VRD. Allein den Außenstellen Berlin, Chemnitz, Dresden und Suhl dieser Teil des derzeitigen Gesamtumfangs von 1 419 lfd. stehen die Arbeiten vor dem Abschluss. Metern macht ca. 600 Bündel mit ungeordnetem Schrift- Zu den Umfängen und aktuellen Erschließungsständen gut aus. Weitere Unterlagen befinden sich in ca. 440 lfd. der Unterlagen der Diensteinheiten der Bezirksverwaltun- Metern unerschlossenem Schriftgut aus dem Betrieb VEB gen siehe Anhang 9, S. 88. Spezialhochbau Berlin (SHB), der ein Betrieb des MfS war. Für die Erforschung und Darstellung der flächendecken- den Überwachung in der DDR sind die Unterlagen aus den Kreisdienststellen des MfS eine wichtige Quellenba- 2.2.1.2 Erschließung von Unterlagen der sis. Ihre Erschließung ist daher ein ständiger Schwer- Diensteinheiten in den Außenstellen punkt in den Außenstellen. Von den insgesamt 209 Kreis- Die höheren Erschließungsstände in den meisten Außen- dienststellen des MfS sind bislang die Unterlagen von stellen, die geringeren Bestandsumfänge und die zum Teil 109 Kreisdienststellen vollständig bzw. bis auf kleine Reste von weniger als 2 bis 3 lfd. Metern erschlossen. andere Struktur der Bezirksverwaltungen mit ihren Dienst- Von den im Jahr 1989 bestehenden sieben Objektdienst- einheiten, Kreis- und Objektdienststellen führen dazu, stellen des MfS wurden die Unterlagen der Objektdienst- dass von den Außenstellen teilweise andere, und auch auf stelle VE Gaskombinat „Schwarze Pumpe“ durch die die Region bezogene Erschließungsschwerpunkte gesetzt Außenstelle Frankfurt (Oder) vollständig erschlossen und werden. die Ergebnisse in einem Bearbeitungsbericht zusammen- In Übereinstimmung mit den Erschließungsschwerpunk- gefasst. ten der Zentralstelle wurden die Unterlagen folgender Diensteinheiten der MfS-Bezirksverwaltungen erschlos- 2.2.1.3 Erschließungsfolgearbeiten sen: Im Zuge der Erschließung werden Bestandsbereinigun- – Abteilung XV (Auslandsaufklärung) durch die Außen- gen zwischen der Zentralstelle und den Außenstellen vor- stellen Leipzig und Neubrandenburg, genommen. So sind beispielsweise in den meisten Au- ßenstellen nur wenige oder gar keine Unterlagen aus den – Abteilung II (Spionageabwehr) durch die Außenstel- Passkontrolleinheiten (PKE) der Abteilung VI der Be- len Dresden, Erfurt, Frankfurt (Oder) und Leipzig, zirksverwaltung überliefert. In den Unterlagen der MfS HAVI (Passkontrolle, Tourismus, Interhotel) wurden 847 – Abteilung XVIII und XIX (Volkswirtschaft bzw. Ver- Akten als solche der regionalen PKE identifiziert. Diese kehr, Post, Nachrichtenwesen) durch die Außenstellen werden zur Vervollständigung der regionalen Überliefe- Chemnitz, Erfurt, Gera, Halle, Leipzig, Magdeburg, rung sukzessive an die Außenstellen abgegeben. Potsdam und Suhl, Auch in diesem Berichtszeitraum waren in den Archiven – Abteilung XX (Staatsapparat, Kunst, Kultur, Kirche, der BStU Nacharbeiten zu den frühen Verzeichnungen Untergrund) durch die Außenstellen Berlin, Chemnitz, notwendig, die sich aus der relativ späten Einführung des Frankfurt (Oder), Gera, Leipzig, Magdeburg und Suhl, IT-SAE im Jahr 1999 (in der Zentralstelle) ergaben. So müssen die Verzeichnungsergebnisse von über – AG XXII (Terrorabwehr) durch die Außenstellen 480 000 hand- und maschinenschriftlichen BStU-Find- Gera, Leipzig und Potsdam, karteikarten in das IT-SAE übertragen werden. Dabei werden sie klassifiziert, verschlagwortet, zum Teil redak- – Abteilung VIII (Beobachtung und Ermittlung) durch tionell überarbeitet und anschließend als Datensatz frei- die Außenstellen Dresden, Erfurt und Suhl, gegeben. Bisher sind mehr als 313 300 BStU-Findkartei- – 25 – karten in das IT-SAE übertragen worden und davon über Freiheitlicher Juristen (UFJ), so genannte Verbrechen ge- 211 100 Datensätze für die Recherche freigegeben. gen die Volkswirtschaft, Fahnenflucht und unerlaubte Entfernung durch Angehörige der Deutschen Grenz- und Mehrfachexemplare und andere, für die Aufarbeitung der Volkspolizei (auch der Kasernierten Volkspolizei), Ge- Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes irrelevante und heimnisverrat, Verbreitung von westlichen „Hetzschrif- nicht benötigte Unterlagen wurden nach Maßgabe des ten“ und „Kriegshetze“ und anderes widerständiges Ver- Bewertungskatalogs der BStU kassiert: seit Bestehen der halten. BStU insgesamt ca. 2 650 lfd. Meter Schriftgut sowie mehr als 159 000 spezielle Informationsträger – hier vor OibE waren nach der Ordnung Nr. 6/86 des Ministers für allem gelöschte und leere Tonträger sowie elektronische Staatssicherheit vom 17. März 1986 „Angehörige des Datenträger. MfS auf dem Gebiet der Abwehr und der Aufklärung un- ter Legendierung ihres Dienstverhältnisses mit dem MfS“ 2.2.2 Erschließung der vom Staatssicherheits- (d. h. verdeckt arbeitende Stasi-Offiziere als Ergänzung dienst archivierten Ablagen des umfangreichen Netzes der Inoffiziellen Mitarbeiter) und „wichtige Methode der tschekistischen Arbeit“ des Die bereits von den Abteilungen XII (Zentrale Auskunft/ Staatssicherheitsdienstes. Sie wurden in „sicherheitspoli- Speicher) im MfS und in den Bezirksverwaltungen archi- tisch bedeutsamen Positionen im Staatsapparat, in der vierten und von dort überlieferten Ablagen umfassen rund Volkswirtschaft oder in anderen Bereichen des gesell- 48 300 lfd. Meter. Beim MfS gab es neun archivierte Ab- schaftlichen Lebens“ eingesetzt. lagen: die Operative Hauptablage (1), die Allgemeine Sachablage (2), die Personalaktenablage (3), die Ablage In der Geheimen Ablage der MfS-Abteilung XII sind für die archivierten Akten der Staatsanwaltschaften/Mili- mehrheitlich archivierte Vorgänge über Straftaten von tärstaatsanwaltschaften (4), die Geheime Ablage (5), die und Vorkommnisse mit hauptamtlichen und inoffiziellen Ablage für die archivierten Akten der Verwaltung Aufklä- Mitarbeitern des MfS oder ihren Familienangehörigen ab- rung des Ministeriums für Nationale Verteidigung der gelegt. Inhaltliche Schwerpunkte der bisherigen Erschlie- DDR (6), den Speicher XII/01 für Strafnachrichten, Straf- ßung sind Verfahren und Ermittlungen aus den 50er Jah- und Gefangenenakten (7), die Ablage zu archivierten Ak- ren gegen MfS-Mitarbeiter wegen Fahnenflucht, ten über Fahnenflucht (8) und die Ablage über archivierte Geheimnisverrat und Spionage, aber auch wegen „Hetze“ Akten der Arbeitsrichtung I der Kriminalpolizei (9). In und „öffentlicher Herabwürdigung“ (Straftatbestände den Archiven der MfS-Bezirksverwaltungen gab es da- nach dem Strafgesetzbuch der DDR) bis hin zu Amts- gegen nur sechs archivierte Ablagen, weil ausgewählte missbrauch, Beteiligung an NS- und Kriegsverbrechen Vorgänge nur zentral zur Ablage im MfS bestimmt waren. und Straftaten der Allgemeinen Kriminalität, wie Mord, sexuelle Nötigung, Zoll- und Devisenvergehen oder Dem Informationsbedürfnis des Staatssicherheitsdienstes Eigentumsdelikte. entsprechend waren die archivierten Akten zunächst nur über personenbezogene Findhilfsmittel recherchierbar. Insbesondere für die themenorientierten Anforderungen 2.2.2.2 Erschließung der archivierten Ablagen aus den Bereichen der Forschung und politischen Bildung in den Außenstellen genügt dieser personenbezogene Zugang nicht. Daher werden diese Unterlagen auf der Basis langfristiger Er- Die Außenstelle Schwerin verzeichnet seit 1997 die ar- schließungskonzeptionen sukzessive unter sachthemati- chivierten Akten aus der rund 1 450 lfd. Meter umfassen- schen Aspekten erschlossen. Im Berichtszeitraum wurden den Operativen Hauptablage der Abteilung XII der BV. weitere rund 200 lfd. Meter dieser Unterlagen thematisch Inzwischen sind die Jahrgänge 1950 bis 1954 für die dort recherchierbar, insgesamt sind es knapp 890 lfd. Meter. archivierten Vorgangskategorien komplett erschlossen Der Erschließungsstand bei den archivierten Ablagen be- worden, dazu die jüngsten Jahrgänge 1988 bis 1990. Ins- trägt damit in der Zentralstelle und in den Außenstellen gesamt sind damit 160 lfd. Meter erschlossen (11 Pro- zusammen 1,8 Prozent. Eine Übersicht zum Stand der zent). Bearbeitung ist im Anhang 9, S. 88 enthalten. Die Außenstellen Neubrandenburg, Rostock und Frankfurt (Oder) haben ebenfalls mit der Erschließung 2.2.2.1 Erschließung der archivierten Ablagen von archivierten Akten aus der Operativen Hauptablage in der Zentralstelle begonnen. In Neubrandenburg und Rostock wurden zu- Im Berichtszeitraum wurden Archivierte Untersuchungs- erst die archivierten Untersuchungsvorgänge (AU) der vorgänge (AU) der 50er Jahre und Archivierte Arbeitsak- 50er und 60er Jahre erschlossen. Wesentliche Inhalte der ten der Offiziere im besonderen Einsatz (AOibE) aus der Unterlagen sind die Zwangskollektivierung in der DDR- Operativen Hauptablage der MfS-Abteilung XII sowie Landwirtschaft, Spionage- und Sabotageaktionen durch Vorgänge aus der Geheimen Ablage erschlossen. westliche Geheimdienste, Aktionen und Tätigkeit der KgU, der Ostbüros westdeutscher Parteien, des Bundes Hauptinhalte der AU sind Ermittlungen wegen Spionage Deutscher Juristen (BDJ) und anderer „Feindorganisatio- für westliche Geheimdienste, Unterstützung von und Zu- nen“. Weitere Themenschwerpunkte sind die Weltfest- sammenarbeit mit so genannten Feindorganisationen (so spiele und Deutschlandtreffen der FDJ sowie die Verfol- die Einstufung des MfS) wie der Kampfgruppe gegen Un- gung der in der DDR verbotenen Religionsgemeinschaft menschlichkeit (KgU) oder dem Untersuchungsausschuss Zeugen Jehovas. – 26 –

Andere Außenstellen wie etwa Potsdam haben zunächst Per Datentransfer erhalten die Außenstellen die Erschlie- die Allgemeine Sachablage erschlossen. Die Außenstel- ßungsergebnisse als Datensatz des IT-SAE zeitnah zur len Chemnitz, Dresden, Gera und Magdeburg konnten Beauskunftung. Die Tondokumente der Bezirksverwal- diese Arbeiten im Berichtszeitraum beenden, unter ande- tungen Cottbus und Frankfurt (Oder), Berlin, Rostock, rem wurden hier zahlreiche Vorgänge über die Ereignisse Potsdam und Schwerin sind vollständig erschlossen, die des Volksaufstandes am 17. Juni 1953 in den Bezirken er- von Karl-Marx-Stadt, Gera, Leipzig, Halle und Magde- schlossen. In der Außenstelle Erfurt hat die Erschließung burg hinsichtlich einer eventuellen Mehrfachüberliefe- der Allgemeinen Sachablage begonnen. rung oder Löschung überprüft und zur Erschließung vor- bereitet. Wesentliche Inhalte sind Befragungen und 2.2.3 Erschließung spezieller Vernehmungen im Zusammenhang mit Ermittlungen zu Informationsträger Spionage und Republikflucht einschließlich Fluchthilfe sowie Dienstkonferenzen und Beratungen der Leitungen 2.2.3.1 Tondokumente der Bezirksverwaltungen. Im Berichtszeitraum wurden insgesamt 1 486 Tondoku- mente des MfS und der Bezirksverwaltungen erschlossen. 2.2.3.2 Kartensammlung Damit erhöht sich die Anzahl an nutzbaren Tondokumen- ten auf fast 15 300. Im Ergebnis von Überprüfungen sind Die Erschließung der beim MfS überlieferten topografi- weitere 15 570 leere und gelöschte Tonbänder und Kas- schen Karten wurde im Berichtszeitraum fortgesetzt und setten zur Kassation ausgesondert worden. 9 193 Verzeichnungseinheiten mittels IT-SAE in einer Die Erschließung der Tondokumente einiger wichtiger BStU-Kartensammlung erfasst. Damit stehen aktuell fast Diensteinheiten konnte abgeschlossen werden. So z. B. 25 000 Verzeichnungseinheiten mit topografischen Kar- die der HA I (Abwehrarbeit in NVA und Grenztruppen), ten für die Nutzung zur Verfügung. Darunter befinden HA II (Spionageabwehr), HAVII (Abwehrarbeit Minis- sich Luftbilder und Karten der DDR mit Einzeichnungen terium des Innern und Deutsche Volkspolizei), HA IX des MfS, Anlagen zu den Protokollen der bilateralen (Untersuchungsorgan), HA XIX (Verkehr, Post, Nach- Grenzkommissionen (betrifft alle Grenzen der DDR, ein- richtenwesen), HA XX (Staatsapparat, Kunst, Kultur, schließlich Seekarten mit Festlegungen zur Ausdehnung Kirche, Untergrund) und ZAIG (Zentrale Auswertungs- der Hoheitsgewässer), Karten der innerdeutschen Grenz- und Koordinierungsgruppe). Unter dem erschlossenen gebiete und der Grenze nach Westberlin, Skizzen und Material befindet sich beispielsweise ein 368 Tonbänder Routenpläne für die HA PS (Personenschutz) bei Staats- umfassender Spionagevorgang aus der HA IX gegen ei- besuchen in der DDR bis hin zu Bauplänen, Etagenskiz- nen Abteilungsleiter des Zentralorgans der SED „Neues zen öffentlicher Gebäude, Lehrtafeln für die militärische Deutschland“ aus dem Jahr 1983. Weitere interessante Ausbildung, Skizzen für die Einsatzplanung bei Antiter- Tondokumente aus der HA IX sind z. B. die Mitschnitte roreinsätzen und Kopien von Einsatzkarten der westli- des politischen Schauprozesses gegen Walter Janka, chen Militärverbindungsmissionen mit Einzeichnungen Wolfgang Harich u. a. aus dem Jahr 1957 oder die in Ab- aufgeklärter Militärobjekte in der DDR. wesenheit der Beschuldigten geführten Prozesse gegen die bundesdeutschen Staatssekretäre Theodor Oberländer 2.2.3.3 Filme/Videos und Hans Maria Globke 1960 bzw. 1963 sowie die aufge- zeichneten Reden von Erich Mielke auf Dienstkonferen- Die Erschließung der Filme und Videos aus den Be- zen des MfS, so z. B. am 26. Februar 1988 über die Ein- ständen des MfS und der Bezirksverwaltungen ist abge- richtung von Isolierungslagern für Oppositionelle im schlossen. Vereinzelt noch bei der Bearbeitung der Spannungsfall bzw. bei der Mobilmachung. Schriftgutbestände aufgefundene Filme und Videos wer- den umgehend verzeichnet. Insgesamt stehen nunmehr Für die erschlossenen Tonträger der HAVII, XIX und 2 435 Filme und Videos des Staatssicherheitsdienstes zur XX sind Bestandsübersichten mit klassifizierten Titel- Verfügung. übersichten und Personen-, Sach- und Ortsregistern er- stellt worden, die im Lesesaal der BStU bereitgestellt Etwa 81 Prozent der erschlossenen Videos sind Mit- werden sollen. schnitte von ARD- und ZDF-Beiträgen über die DDR, die Die meisten Tonträger sind mit 60 000 Stück aus der SED und ihre Repräsentanten, über das Wirken des MfS Abteilung 26 (Telefonüberwachung) überliefert, wobei sowie über Themen wie Republikflucht, Ausreise aus der die Mehrzahl davon im Ergebnis der Überprüfung als ge- DDR, Opposition, Städte und Gemeinden in der DDR löscht oder leer identifiziert und deshalb kassiert wurde. u. a. Aufgezeichnet sind auch Berichte über Terrorismus, Dieser Arbeitsschritt ist abgeschlossen. Übrig blieben allgemeine Kriminalität bis hin zu wissenschaftlichen 4 716 Tonträger mit Aufnahmen abgehörter Telefon- Sendungen, z. B. über den genetischen Fingerabdruck. gespräche. Deren weitere Erschließung wird zugunsten Die operativen Videos und die Filme des Staatssicher- der Tondokumente aus anderen Diensteinheiten und aus heitsdienstes selbst zeigen vor allem Observierungen, den Bezirksverwaltungen zurückgestellt. Spionageprozesse und Prozesse gegen Fluchthelfer, aber Die Tonträger der Bezirksverwaltungen werden wegen auch die Arbeit der Passkontrolleinheiten des MfS an den fehlender Abspieltechnik nicht in den Außenstellen, son- Grenzübergangsstellen sowie Aufnahmen von Havarien dern in der Zentralstelle erschlossen und dort archiviert. und Unglücksfällen in der Volkswirtschaft und im Ver- – 27 – kehrswesen der DDR (z. B. Flugzeugabsturz 1975 bei 2.3 Rekonstruktion vorvernichteter Leipzig). (zerrissener) Unterlagen Die MfS-Kinefilme haben hauptsächlich agitatorischen 2.3.1 Manuelle Rekonstruktion und propagandistischen Inhalt. Sie zeigen Erich Mielke Der Staatssicherheitsdienst vernichtete im Zuge seiner als Minister, als Volkskammerabgeordneten bei Festver- Auflösung zahlreiche Unterlagen. Bei der Besetzung der anstaltungen, auf Parteitagen der SED usw. In anderen MfS-Dienststellen wurden tausende Säcke mit zerrisse- Filmen sind Staatsbesuche und Empfänge zu sehen, Aus- nen Papieren aufgefunden und sichergestellt; große Teile schnitte von Parteitagen der SED, Parlamenten der FDJ, davon wurden bei späteren Sichtungen als rekonstruierbar Militärparaden der NVA, Vereidigungen von Rekruten eingestuft. Seit Februar 1995 arbeitet eine Projektgruppe, u. a. m. Ein Teil der Filme zeigt die Wehrerziehung in die ihren Sitz in Zirndorf bei Nürnberg hat, an der Pionier- und Kinderferienlagern unter aktiver Beteiligung Rekonstruktion dieser Unterlagen. Insgesamt sind bisher des MfS sowie die militärische Ausbildung beim MfS. ca. 568 000 Einzelblätter wieder zusammengesetzt, grund- sätzlich zu Vorgängen und in Einzelfällen auch zu kom- Für den Film- und Videobestand existiert ein klassifizier- pletten Akten vorgeordnet und inhaltlich beschrieben tes Titelverzeichnis, das auch für die Nutzung im Lese- worden. saal der BStU zur Verfügung steht. Im Berichtszeitraum wurden mit Vorrang weiterhin Un- terlagen der HA XX des MfS rekonstruiert, da diese 2.2.3.4 Fotos Diensteinheit die wichtigsten personenbezogenen Vor- gänge über die innere Opposition der DDR führte. So Im Berichtszeitraum wurden in allen Archiven der BStU konnten durch solche Unterlagen der HA XX 226 IM- rund 43 000 Fotos, Negative und Dias erschlossen. Vorgänge, 30 Operative Vorgänge und 28 Akten zu Ope- Schwerpunkt in der Zentralstelle waren wegen des ge- rativen Personenkontrollen durch Beifügungen ergänzt planten Findbuches für den Teilbestand HA IX (Unter- werden. Aber auch Unterlagen der Abteilungen XV der suchungsorgan) die fotografischen Unterlagen aus dieser Bezirksverwaltungen Gera und Leipzig wurden wieder Diensteinheit. Diese Arbeit ist abgeschlossen. Des Weite- hergestellt und vermitteln nun einen Einblick in die Ar- ren konnte die Erschließung der Fotounterlagen aus dem beit der Linie Aufklärung in diesen Territorien. Diese Un- Bereich Sekretariat des Ministers (SdM) vorläufig abge- terlagen besitzen eine besondere Bedeutung, da die HVA schlossen werden. Die mehreren tausend Fotos zeigen (die in den Bezirksverwaltungen in den Abteilungen XV überwiegend Aufnahmen von Erich Mielke bei Festver- ihre Entsprechung hatte) den Auflösungsbeschluss 1990 anstaltungen des MfS, Freundschaftstreffen mit Angehö- nutzte, um ihren Aktenbestand einschließlich der Kar- rigen des KGB und anderen Veranstaltungen. Mehr als teien nahezu vollständig zu vernichten. 21 700 Bilder sind im Berichtszeitraum insgesamt als Mehrfachüberlieferung kassiert worden. 2.3.2 Machbarkeitsstudie zur virtuellen Parallel zu den laufenden Erschließungsarbeiten ist als Rekonstruktion Testphase auf zwei Computerarbeitsstationen die Digita- Das rekonstruierte Schriftgut setzt sich zu rund zwei Drit- lisierung von Fotodokumenten begonnen worden (Digita- teln aus personenbezogenen und zu einem Drittel aus lisierung siehe auch Abschnitt 2.5.4). sachbezogenen Unterlagen zusammen. In den vorange- gangenen Tätigkeitsberichten wurde dargelegt, welchen 2.2.3.5 Elektronische Datenträger zeitgeschichtlichen Erkenntniszuwachs die Auswertung der überwiegend aus dem letzten Jahrzehnt der DDR Arbeitsschwerpunkt blieb auch in diesem Berichtszeit- stammenden Unterlagen ermöglicht. Viele Protagonisten raum die Rekonstruktion der Teildatenbanken aus dem der DDR-Opposition kamen erst auf diesem Weg zu „ih- Projekt SIRA (System der Informationsrecherche der ren Akten“ und damit auch zur Kenntnis der auf sie ange- HVA) zur DDR-Auslandsspionage. Diese Arbeiten setzten Inoffiziellen Mitarbeiter. konnten weitgehend abgeschlossen werden. Damit stehen Von den insgesamt zur Zeit in den Archiven der Bundes- allein für den Informationstyp „Eingang“ insgesamt ca. beauftragten vorhandenen mehr als 16 500 Säcken (in- 450 000 Datensätze mit Nachweisen über die von den zwischen auch Kartons und andere Behältnisse) sind bis- „Quellen“ der HVA, von Abwehr-Diensteinheiten des lang 322 bearbeitet. Unabhängig von den Kosten, die bei MfS (Anteil ca. 1 Prozent) und von „befreundeten“ Ge- dieser personalintensiven Rekonstruktion entstehen, sind heimdiensten (Anteil ca. 11 Prozent) im „Operationsge- die Fortschritte bei der manuellen Wiederherstellung der biet“ beschafften Informationen für Recherchen zur Ver- Unterlagen mit der politisch gewollten zeitnahen indivi- fügung. duellen und historischen Aufarbeitung nicht vereinbar. Es ist außerdem nur eine Frage der Zeit, wann die Lagerung Ausführlich beschrieben sind die Aktivitäten zu SIRA im in den Säcken zwangsläufig zu einer „Kassation auf na- Anhang 14, S. 94 ff.. türlichem Weg“ führen wird. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt war die Datensicherung Seit vielen Jahren wird daher der Frage nachgegangen, ob von veralteten Originaldatenträgern des MfS. Sämtliche technische Rekonstruktionsverfahren realisierbar und nicht gelöschten Datenträger des MfS wurden gesichert. finanzierbar sind. Der Deutsche Bundestag unterstrich – 28 – dieses Anliegen unter anderem in einem gemeinsamen Im Pilotverfahren entstünde darüber hinaus durch die Beschluss der Fraktionen SPD, CDU/CSU, FDP und weitere Entwicklung der Software zur virtuellen Rekon- Bündnis 90/Die Grünen, in dem die Bundesregierung auf- struktion ein wissenschaftlicher Mehrwert, der auch für gefordert wurde, die Möglichkeiten technischer Wieder- die Bewältigung anderer Aufgabenfelder nutzbar wäre. herstellungsverfahren für zerrissene Unterlagen zu prü- Das Fraunhofer IPK, das in mehreren vergleichbaren Re- fen. ferenzprojekten seine Kompetenz unter anderem auf dem Gebiet der Symbol- und Handschriftenanalyse bewiesen Im Jahr 2003 fand in diesem Zusammenhang eine europa- hat, legte in diversen Veröffentlichungen das Potential der weite Ausschreibung statt, um innovative und praktikable Software für die Rekonstruktion zerstörter Kunstgegen- Lösungsansätze zu ermitteln. Von den Bietern wurde eine stände, Gemälde und archäologischer Funde dar. Die im Prototypstadium funktionsfähige Software zur virtuel- mögliche Verwendung von Bausteinen der Rekonstruk- len Rekonstruktion erwartet. Der praktische Test der Pro- tionstechnik für kriminalpolizeiliche Untersuchungen so- totypen anhand von Originalaktenschnipseln mit typi- wie Steuer- und Zollfahndungszwecke hat bereits interna- schen Eigenschaften war ein wichtiges Kriterium für die tionales Interesse hervorgerufen. Der Bund wäre an Auswahl des am besten geeigneten Bieters. derartig denkbaren Verwendungen über anteilige Lizenz- Im Ergebnis der Ausschreibung legte das obsiegende rechte beteiligt. Konsortium, bestehend aus dem Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (Fraun- Seit Ende des Jahres 2003 war das auf parlamentarische hofer IPK) und der Gesellschaft für beleglose Dokumen- Anregung hin erstellte Feinkonzept zur virtuellen Rekon- tenbearbeitung mbH, im Juli 2003 ein Feinkonzept vor, struktion Gegenstand zahlreicher Gespräche auf politi- nach dem die Rekonstruktion der Unterlagen innerhalb scher und ministerieller Ebene. Alle Fraktionen bekunde- von sechs Jahren mit einem betriebswirtschaftlichen Ge- ten ihr Interesse, die Wiederherstellung der zerrissenen samtkostenvolumen in Höhe von 57,3 Millionen Euro Unterlagen fortsetzen und beschleunigen zu wollen. möglich sein soll. In den Gesprächen mit dem Fraunhofer IPK befürworte- ten Abgeordnete des Innenausschusses das im Januar 2.3.3 Pilotprojekt zur virtuellen Rekonstruk- 2004 als gesondertes Angebot unterbreitete Pilotprojekt, tion und politischer Entscheidungs- informierten sich über weitere Anwendungsgebiete der prozess Software und diskutierten rechtliche Lösungen, um das Alle technisch innovativen Verfahren bergen ein Erfolgs- Kostenrisiko für den öffentlichen Haushalt so weit wie risiko in sich. Um dieses nicht zu einem unkalkulierbaren möglich zu reduzieren und den erforderlichen Mittelein- Kostenrisiko werden zu lassen, haben sich Planungen be- satz an den tatsächlichen praktischen Erfolg des Verfah- währt, in denen messbare Abschnitte festgelegt sind. rens zu binden. Die Entscheidung zur Finanzierung Konkret bedeutet das eine schrittweise Durchführung des wurde vom Haushaltsausschuss des Bundestages wegen Vorhabens mit einer Entwicklungs-, Test-, Evaluierungs- der anhaltend prekären Haushaltslage zunächst verscho- und Optimierungsphase, bevor die Anwendung neuer ben. Die Frage soll für den Haushalt 2006 erneut aufge- Verfahren im industriellen Maßstab größere Investitionen nommen werden. erfordert. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit 2.4 Findhilfsmittel der Einführung der Lkw-Maut besteht Konsens darüber, 2.4.1 Personenbezogene MfS-Karteien dass vor der eigentlichen Rekonstruktion ein vertraglich eigenständiges Pilotprojekt unabdingbar ist. Es verur- Vom MfS sind nur wenige Karteien, darunter jedoch die sacht keine Mehrkosten, da in den Gesamtkosten von umfangreichen so genannten zentralen Karteien F 16 (Per- 57,3 Millionen Euro die Mittel für die Pilotphase in Höhe sonenkartei) und F 22 (Vorgangskartei), in geordnetem von 6,3 Millionen Euro schon enthalten sind. Zustand überliefert worden. Die meisten Karteien wurden Im Pilotprojekt sollen innerhalb von zwei Jahren 400 Säcke und werden noch immer im Rahmen der Erschließungs- mit zerrissenen Unterlagen virtuell rekonstruiert werden. arbeiten geordnet. Im Berichtszeitraum kamen allein im Das sind weit mehr Unterlagen als in den letzten zehn Archiv der Zentralstelle zu den bereits vorhandenen wei- Jahren per Hand zusammengesetzt werden konnten. Zu- tere 69 Karteien hinzu, so dass hier nunmehr insgesamt dem würden nur etwa 40 Prozent der Kosten der manuel- 588 personenbezogene MfS-Karteien mit unterschied- len Rekonstruktion anfallen. Die Menge der rekonstruier- lichem Umfang für Auskunftszwecke zur Verfügung ten Unterlagen erlaubt es, hinreichende Erfahrungen zu stehen. In den Außenstellen sind im Berichtszeitraum ins- sammeln, um die Prognosen des Feinkonzepts für die gesamt ca. 20 Karteien hinzugekommen. Eine aktuelle Verarbeitung großer Mengen an Unterlagen und Daten zu Übersicht zu den Umfängen der personenbezogenen Kar- verifizieren (zum technischen Verfahren der Rekonstruk- teien findet sich im Anhang 11, S. 90. tion siehe Anhang 16, S. 99). Die Karteien wurden unter Berücksichtigung der sach- Erst wenn das Pilotprojekt zufrieden stellend verlaufen und strukturbezogenen Inhalte schrittweise nutzbar ge- sollte, können die Ergebnisse dem Parlament eine fun- macht und können kontinuierlich in die Auskunftsertei- dierte Entscheidungsgrundlage für oder gegen die Finan- lung einbezogen und für Personenrecherchen verwendet zierung des eigentlichen Vorhabens bieten. werden. – 29 –

Im Berichtszeitraum wurden zum Beispiel in den Außen- reitet. Im Wesentlichen sind dies die Außenstellen Chem- stellen Halle und Frankfurt (Oder) die umfangreichen nitz, Erfurt, Frankfurt (Oder), Magdeburg, Rostock, M-Karteien der BV Halle und der BV Cottbus, die Briefe, Schwerin und Suhl mit einem Datenpool von insgesamt Postkarten und ähnliches Material aus der Postüberwa- über 325 000 Datensätzen. chung des Staatssicherheitsdienstes beinhalten, geordnet und – da sie teilweise zerrissen waren – mit einfachen Re- Eine spezielle Version dieser Datenbank, bezeichnet als konstruktionsarbeiten zusammengefügt. Sie können nun- Datenbank „REDEKA“ (Recherchen zu Decknamen), die mehr für persönliche Akteneinsichten genutzt werden. in der Zentralstelle vorbereitet ist und eingeführt werden sollte, konnte wegen der vorrangigen Umprogrammier- Für eine effektive personenbezogene Auskunftserteilung arbeiten in Verbindung mit der Migration (siehe Ab- werden Karteien sowohl in der Zentralstelle wie auch in schnitt 1.2.6) noch nicht technisch umgesetzt werden. den Außenstellen im Elektronischen Personenregister (EPR) des jeweiligen Archivs erfasst, die Daten sind da- Auch die allgemeine Pflege der Datenbanken und Maß- raufhin zügig für Recherchen nutzbar. nahmen zur Verbesserung ihrer Nutzbarkeit waren durch die Migration nur sehr eingeschränkt möglich. Zu Bestandserhaltungsmaßnahmen an Karteien bzw. auf- grund der überdurchschnittlich häufigen Benutzung für Personenrecherchen inzwischen stark verschlissenen Kar- 2.4.3 Datenbestand der „Rosenholz“- teikarten sowie zur Schutzverfilmung ausgewählter MfS- Datenbank Karteien siehe auch Abschnitt 2.5.2. Die als „Rosenholz“ bekannt gewordenen mikroverfilm- ten Karteien der HVA, die während der Auflösung der 2.4.2 Datenbanken der BStU für personen- HVA in die USA gelangten und von dort in den letzten bezogene Recherchen Jahren an die BStU zurückgeführt wurden, waren auch in Um Recherchen in dem immer größer werdenden Kartei- diesem Berichtszeitraum Gegenstand des öffentlichen In- enbestand zu unterstützen und bei der Erschließung ge- teresses. Deshalb wird hier noch einmal genauer über die wonnene Daten zu erfassen, wurden bei der BStU ver- aktuellen Arbeiten an diesem Datenbestand berichtet. In- schiedene Datenbanken entwickelt, die überwiegend als formationen zur Rückführung von „Rosenholz“ sowie Vorfilter für manuelle Recherchen dienen und diese we- zum Aufbau und Inhalt der Dateien sind im Sechsten Tä- sentlich beschleunigen. tigkeitsbericht der BStU nachzulesen. Die wichtigsten und umfangreichsten Datenbanken sind Die Übergabe der „Rosenholz“-Unterlagen seitens der die Elektronischen Personenregister (EPR), die in allen USA erfolgte grundsätzlich nur zu Personen, zu denen BStU-Archiven geführt werden. Hier werden vor allem deutsche Bezüge hergestellt werden konnten (z. B. Name, Personendaten aus der Erschließung und aus Karteien er- Wohnort oder Staatsangehörigkeit). Die Daten wurden fasst. Der aktuelle Datenbestand umfasst in der Zentral- dabei nicht in ihrer ursprünglichen Form – als Mikrofilm – stelle über 8 Millionen Datensätze und in den Archiven zurückgegeben, sondern auf CD-ROM als gescannte Ab- der Außenstellen insgesamt über 10 Millionen Daten- bilder der Karteien mit einem dazu entwickelten Recher- sätze. chesystem übermittelt. In der Zentralstelle werden darüber hinaus folgende Da- Die mehr als 350 000 Datensätze wurden in eine von der tenbanken geführt und kontinuierlich um weitere Daten- BStU entwickelte Datenbank überspielt. Da die übergebe- bestände ergänzt: nen Dateien Fehler enthielten, waren aufwändige Korrek- – Datenbank HHO zur Erfassung von Hauptamtlichen turen notwendig. Um die Daten möglichst schnell nutzbar Inoffiziellen Mitarbeitern (HIM), von Personen und zu machen, wurde eine dazu bereits eingerichtete Arbeits- Vorgängen mit Bezug auf HVA-Erfassungen und von gruppe vorübergehend bis auf 50 Beschäftigte erweitert. Offizieren im besonderen Einsatz (OibE), zz. ca. Seit dem 2. Quartal 2004 stehen für Recherchen zu Perso- 187 000 Datensätze, nen und Vorgängen der HVA folgende Datenbestände – Datenbank HM zu den hauptamtlichen Mitarbeitern zur Verfügung: des MfS und des Wachregiments, z.z. über – Personenkartei F 16/HVA: 293 114 Datensätze zu 520 600 Datensätze (275 210 Personen) sowie die 279 418 Personen, die in der Klarnamenkartei der – „Rosenholz“-Datenbank mit 352 615 Datensätzen. HVA erfasst waren. Die Karteikartenbilder geben Auskunft über Namen, Adressen, Berufe/Tätigkeiten Insbesondere in Außenstellen, die über keine MfS-Deck- und Arbeitsstellen der erfassten Personen. Außerdem namenkartei (F 77) verfügen, werden Karteirecherchen sind Angaben zu Registriernummern, Archivierungen, zur Decknamenentschlüsselung inzwischen mit Hilfe des Diensteinheiten und vorgangsführenden Mitarbeitern IT-Verfahrens KARDE (Kartei Decknamen) unterstützt. enthalten. Da die in dieser Datenbank erfassten Angaben sich auch für anders geartete Recherchen und Auskünfte, etwa zu – Vorgangskartei F 22/HVA: 57 462 Datensätze zu allgemeinen Strukturen der Tätigkeit des Staatssicher- 57 437 Vorgängen, die durch die HVA geführt wur- heitsdienstes, eignen, wird das Verfahren in weiteren den. Hier sind Recherchen zu Registriernummern Außenstellen bereits genutzt oder zur Anwendung vorbe- möglich, die eingestellten Bilder enthalten darüber – 30 –

hinaus Angaben zu Decknamen, Vorgangsarten, Durch einen automatischen Datenabgleich, der bei perso- Diensteinheiten, vorgangsführenden Mitarbeitern und nenbezogenen Anfragen allen manuellen und Terminal- geben Auskunft über den Verlauf des Vorganges. recherchen zentral vorgeschaltet ist, werden Verknüpfun- gen zu allen IT-erfassten personenbezogenen Daten der – Statistikbögen der HVA: 2 037 Datensätze zu 1 702 Sta- verschiedenen Datenbanken und zur manuellen Recher- tistikbögen, in denen Recherchen zu Registriernum- che hergestellt. Neben den bisher beschriebenen Find- mern durchgeführt werden. Der Statistikbogen vereint hilfsmitteln werden vorrangig bei thematischen Recher- Angaben der Personen- und Vorgangskartei, jedoch chen die Datensammlungen des IT-SAE und die immer ohne Nennung von Klarnamen. Ablesbar sind Dokumentensammlung (DOSA) berücksichtigt. hier nur allgemeine Angaben zur Person (wie Geburts- jahr, Nationalität, Wohnort und Vermögenslage), Registriernummer, Deckname, der Einsatzort des IM, 2.5 Bestandserhaltung seine Zuverlässigkeit und das Verbindungswesen (wie Bestandserhaltung ist eine zentrale Aufgabe von Archi- Deckadresse, Kurierverbindung und Funkgeräte). ven und umfasst im weitesten Sinne alle Maßnahmen, die Bisher wurden 52 255 Rechercheanträge zu Personen und zur Erhaltung von Archivbeständen in ihrer originalen Er- Vorgängen bearbeitet. Daneben liegt das Hauptaugen- scheinungsform beitragen. Fünfzehn Jahre nach der Über- merk derzeit auf der weiteren Klärung von Datensätzen nahme der Unterlagen kristallisiert sich die Bestands- der Personenkartei F 16 der HVA. Auf Grund der teil- erhaltung bei der BStU als ein an Bedeutung wachsendes weise schlechten Qualität der Bilder und der daraus resul- Betätigungsfeld heraus. Vor allem wird ein zunehmender tierenden schlechten Lesbarkeit sind weit reichende Ab- Verfall der Papierdokumente sichtbar. Es müssen gezielte gleiche mit Dateien und Karteien der BStU notwendig. Maßnahmen getroffen werden, um weitere Schäden oder sogar Informationsverluste zu stoppen bzw. zu verhin- Zu insgesamt 15 796 Datensätzen müssen noch Klärun- dern. gen zu Namens- und/oder Vorgangsangaben erfolgen. Nur dann ist eine Zuordnung der erfassten Person mög- 2.5.1 Präventive Maßnahmen lich. Diese Klärungen werden einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Darüber hinaus sind bisher 436 Da- Wichtige Kriterien der Bestandserhaltung sind die archiv- tensätze enthalten, die nicht lesbar sind. gerechte Verwahrung der Unterlagen in modernen und klimatisierten Magazinräumen, die metallfreie Aufbe- Eine Arbeitsgruppe der BStU befasste sich im Berichts- wahrung von Aktenbeständen, der schonende Umgang zeitraum vor allem mit der Aussagekraft der „Rosenholz“- mit ihnen beim Ausheben, Reponieren und Kopieren so- Dateien – der aktuelle Kenntnisstand ist im Anhang 15, wie die Anfertigung von Nutzer- und Sicherungskopien. S. 97 ff., nachzulesen. Diesem Anliegen folgend wurde der 1996 in der Zentral- stelle begonnene Ausbau der Magazine fortgesetzt. Im 2.4.4 Neue Qualität der Recherche- Berichtszeitraum konnten die Umbaumaßnahmen in zwei möglichkeiten Magazinräumen abgeschlossen werden, wodurch sich die Durch die Vielzahl der neu entstandenen bzw. inzwischen Lagerungsbedingungen für 7 500 lfd. Meter Unterlagen erschlossenen Findmittel, z. B. der vorgenannten „Rosen- und gleichzeitig die Arbeitsbedingungen für die Mitarbei- holz“-Datenbank und der SIRA-Teildatenbanken (siehe terinnen und Mitarbeiter des Magazindienstes verbesser- Abschnitt 2.2.3.5), konnten in den letzten Jahren viele ten. Parallel dazu erfolgte der Ausbau eines Großraum- fehlende Erfassungen in den zentralen Karteien der Zen- büros für die Aktenannahme und -ausgabe, das modern tralstelle und als Sammlung von personenbezogenen In- ausgestattet und der Logistik der Arbeitsabläufe ange- formationen in der HHO-Datenbank ergänzt werden. Die passt ist. Außerdem wurden im Berichtszeitraum im Ar- vervollständigten Datenbanken ermöglichen schnellere chiv der Zentralstelle ca. 2 000 lfd. Meter Unterlagen in und genauere Karteirecherchen. Archivschachteln umverpackt und ca. 8 800 lfd. Meter Unterlagen archivgerecht umgelagert. Mit der zusätzlichen Nutzung von rund 280 000 Perso- nendatensätzen aus der „Rosenholz“-Datenbank konnte Auch in Außenstellen fanden Baumaßnahmen in Maga- auch eine große Lücke bei der Beauskunftung der zentra- zin- und Karteibereichen statt, so in Halle und Chemnitz. len Kartei F 16 der Zentralstelle geschlossen werden, die Diese Maßnahmen erforderten zum Teil aufwändige Um- durch die Vernichtung der HVA-Erfassungen in den zen- lagerungen, führten jedoch zu verbesserten Lagerungsbe- tralen Karteien bei der Selbstauflösung dieser Dienstein- dingungen. heit entstanden war. 2.5.2 Schutzverfilmung Im Zusammenhang mit Revisionsarbeiten am Siche- rungsfonds (verfilmtes Schriftgut) und der begonnenen Aufgrund der häufigen Nutzung der Unterlagen des Erschließung der Operativen Hauptablage in der Zentral- Staatssicherheitsdienstes und auch wegen unzureichender stelle konnten außerdem nahezu 7 000 Karteiergänzungen Papierqualitäten sind inzwischen wichtige Aktengruppen in den Karteien F 16 und F 22 erfolgen und fast verschlissen und beschädigt. Daher muss auf den Erhalt 10 000 Eingaben in die HHO-Datenbank realisiert wer- der Informationen in den Unterlagen, vorrangig etwa den. durch Schutzverfilmung, großer Wert gelegt werden. – 31 –

Seit November 2002 wird der Bestand der HA IX/11 vorwiegend als Kompaktkassetten, haben einen Umfang (Aufklärung von Nazi- und Kriegsverbrechen) schutzver- von 2 781 Stück. Mit der sich abzeichnenden technischen filmt. Zu diesem Bestand gehören z. B. die Aktenvor- Überholung des Speicherformates DAT entsteht der gänge zu den Prozessen der Sowjetischen Militärtribu- Zwang zur Übertragung aller bisher archivierten Ton- nale, zu den Rechtshilfeersuchen West sowie die Ablage dokumente auf ein moderneres digitales Speichermedium „Untertägige Anlagen“. Im Verfilmungsprozess befinden bzw. zur Umrüstung der Gerätetechnik. Entsprechende sich zurzeit die Zentralen Untersuchungsvorgänge theoretische Vorarbeiten hierzu wurden bereits geleistet. (ZUV). Seit Beginn dieses Projektes konnten dank einer neuen Schrittschaltkamera 97 836 Seiten auf 98 Filmen Im Berichtszeitraum wurden 1 713 MfS-Videos auf Beta- schutzverfilmt werden. Die Schutzverfilmung wird fort- cam überspielt und davon 1 521, in der Mehrzahl anony- gesetzt. Beim Einsatz nur einer Kamera müssen aller- misierte, Nutzerkopien gezogen. dings allein für die Unterlagen der HA IX/11 noch mehr Während sich für Papierdokumente der Silberhalogenid- als zehn Jahre veranschlagt werden. Mikrofilm als jahrzehntelang bewährte und vom Stand- Ebenfalls auf den technisch neuesten Stand wurde der punkt der Langzeitarchivierung aus immer noch konkur- Prozess der Karteikartenverfilmung gebracht. Nach Ab- renzlose Sekundärform anbietet, unterliegt der audio- schluss der kompletten Karteischutzverfilmung für die visuelle Bereich einer großen Neigung zu Produkt- und Zentralstelle und die Außenstelle Berlin begann die Ver- Systemwechseln. Deshalb kann die Abrufbarkeit der In- filmung von Karteien der Außenstellen Chemnitz und formationen der Dokumente innerhalb weniger Jahre Schwerin. nicht mehr gegeben sein. Die Bestandserhaltung für die 16-mm-Originalrollfilme Deshalb verfolgt die BStU eine Strategie der Vereinheitli- des MfS wird kontinuierlich fortgesetzt. Sie besteht aus chung der verschiedensten vom MfS übernommenen der Kontrolle auf sichtbare mechanische, chemische oder Speichermedien. Ein durchgängig digitales Archivie- biologische Schäden und entsprechenden Restaurierungs- rungskonzept ist nicht nur die Basis für die Sicherung der maßnahmen. Um die einmalig vorhandene Filmoriginal- vorhandenen Überlieferungen, sondern eröffnet auch überlieferung des MfS vor Verschleiß zu schützen, werden Möglichkeiten einer leichteren Erschließung (z. B. der im Anschluss an die bestandserhaltenden Maßnahmen Fotos und Negative), Anonymisierung und Nutzung. Zu- Duplikatfilme, beginnend mit den Außenstellen, angefer- dem sind die Wünsche der Nutzerinnen und Nutzer nach tigt. Mittlerweile sind 26 565 Filmkopien für die Außen- Übergabe audiovisueller Dokumente in Form von CD stellen erstellt worden, zurzeit werden die Filme aus und DVD an Stelle von DAT, Kompaktkassetten bzw. Schwerin und Potsdam dupliziert. Die Originalfilme ver- VHS-Kassetten für Bilddokumente zeitgemäß und be- bleiben in der Zentralstelle. Diese bestandserhaltenden rechtigt. Maßnahmen werden auch für die von der BStU erstellten An einem Konzept und einer Prioritätensetzung für die Sicherungsfilme durchgeführt. Digitalisierung spezieller Informationsträger des MfS wird gegenwärtig gearbeitet. Wegen der beschränkten 2.5.3 Restaurierung von Schriftgut Haushaltsmittel der BStU müssen die Teilvorhaben und Prioritäten nach konservatorischen und/oder erschlie- Mit dem Fortschreiten gesetzmäßig ablaufender Alte- ßungsrelevanten Prämissen geprüft werden. Aus Sicht der rungsprozesse und dem benutzungsbedingten Verschleiß Bestandserhaltung hat die Digitalisierung der Tondoku- nimmt die Anzahl der restaurierungsbedürftigen Akten mente oberste Priorität, weil die auf DAT abgelegten Ton- stetig zu. Im Berichtszeitraum wurden 122 085 Blatt aus dokumente technisch keine Zukunft haben. Danach soll- 1 501 Akten restauratorisch bearbeitet. ten die Videoaufzeichnungen digitalisiert werden, gefolgt Über die Bestandserhaltung hinaus werden in der Restau- von den Fotos, Negativen und Dias. Dagegen ist vom rierungswerkstatt vorvernichtete Karteien physisch zu- Standpunkt der Erschließung her die Fotodigitalisierung sammengefügt und damit wieder nutzbar gemacht. Es (einschließlich dem Scannen und Speichern der Bilder in handelt sich hierbei um ein größeres Vorhaben, das sich einer Datenbank) für die Effektivität der Erschließung nur längerfristig umsetzen lässt. Insgesamt wurden im und Recherchebearbeitung unverzichtbar und hat oberste Berichtszeitraum 17 931 Karteikarten restauriert. Priorität. Zurzeit wird im Fotobereich mit einer Zwi- schenlösung (Speicherung auf Festplatte bzw. auf CD- Daneben wurden durch die Restaurierungswerkstatt für ROM, Scanner) gearbeitet. die Außenstelle Frankfurt (Oder) 14 000 spezielle Auf- bewahrungstaschen zur Sicherung und Lagerung der 2.6 Revision der Unterlagen M-Kartei zugearbeitet. Eine wichtige Aufgabe im Rahmen der Bestandssiche- 2.5.4 Sicherung und Bestandserhaltung rung war die Fortsetzung der Revision der Bestände. De- spezieller Informationsträger ren Ziel ist es, die Vollständigkeit der Vorgänge und der dazugehörigen Aktenbände zu prüfen und Erkenntnisse Im Tonbereich wurden im Berichtszeitraum 4 778 Über- darüber zu erlangen, welche Vorgänge vom MfS gemäß spielungen von Tonträgern vorgenommen. Sie liegen jetzt geltenden Kassationsregelungen gelöscht und kassiert auf 1 497 DAT (Digital Audio Tape)-Kassetten in je einer bzw. während des Auflösungsprozesses 1989/90 vernich- Sicherungs- und Arbeitskopie vor. Die Nutzerkopien, tet wurden. – 32 –

Im Berichtszeitraum konnte im Archiv der Zentralstelle gänge, unabhängig von ihrer Überlieferungsform (in die Revision des umfangreichen Archivbestandes 1, Ope- Papier oder als Film), und die entsprechende Erfassung in rative Hauptablage, zum Abschluss gebracht werden. Ins- den zugehörenden Karteien zu erhalten. gesamt wurden dabei 9 117 lfd. Meter Unterlagen ge- prüft, d. h. die vorhandenen Akten wurden mit den 2.7 Herausgabe und Übernahme Eintragungen in den Archivregistrierbüchern abgeglichen von Unterlagen und dabei Unstimmigkeiten und fehlerhafte Eintragungen korrigiert. Im Ergebnis konnte festgestellt werden, dass Noch immer ist der Prozess der Herausgabe und Über- von den in den Jahren 1950 bis 1989 vom Staatssicher- nahme von Unterlagen, der in den §§ 7 bis 11 StUG de- heitsdienst archivierten 573 897 Vorgängen mit 854 375 tailliert geregelt ist, nicht abgeschlossen. Natürlich ist Bänden dieses MfS-Archivbestandes 63 430 Vorgänge dies kein Massengeschäft mehr; es geht überwiegend um mit 108 742 Bänden gelöscht und kassiert wurden (siehe Einzelvorgänge, die aber oft kompliziert und teilweise Übersicht Anhang 13, S. 92 ff.). spektakulär sind. Gezielte Vernichtungen fanden in der Auflösungsphase Im Berichtszeitraum wurden 36 lfd. Meter Akten aus öf- des MfS 1989/90 innerhalb der Operativen Hauptablage fentlichen und nichtöffentlichen Stellen in die Archive nicht statt. der BStU übernommen, nach eingehender Provenienzprü- fung den betreffenden Beständen zugeordnet und meist Ergänzend zur Aktenprüfung erfolgte ein Abgleich der in umgehend archivisch erschlossen. den Archivregistrierbüchern ausgewiesenen Arbeitsfilme mit den tatsächlich vorhandenen Filmen. Differenzen und Unterlagen, die keine Unterlagen des Staatssicherheits- Unstimmigkeiten wurden geklärt und in den kopierten dienstes im Sinne des Stasi-Unterlagen-Gesetzes sind, Archivregistrierbüchern vermerkt. Die Revision der MfS- wurden in 23 Fällen an die zuständigen Stellen und Archivbestände der Abteilung XII der Zentralstelle ist da- Archive herausgegeben, sie hatten einen Umfang von mit bis auf die Prüfung der vorhandenen Sicherungsfilme 8,5 lfd. Metern. abgeschlossen. Seit Bestehen der BStU wurden insgesamt 3 366 lfd. Me- Vom MfS registrierte, zum Zeitpunkt seiner Auflösung ter Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes zurückge- noch nicht archivierte Vorgänge werden seit 1991 in der führt und 158,5 lfd. Meter Akten mit Fremdprovenienzen Zentralstelle in der so genannten „91er Reihe“ verwahrt. herausgegeben. Im Berichtszeitraum begann der Abgleich der Signatur- Ein immer noch nicht abgeschlossener Vorgang ist die listen mit den vorhandenen Akten. Die Angaben der zur Rückführung von Unterlagen des Staatssicherheitsdiens- Person angelegten Akten werden in den zentralen Kar- tes aus dem Justizbereich. Diese Unterlagen sind den Jus- teien überprüft, fehlende Daten ergänzt und fehlerhafte tizbehörden zu Beginn der 90er Jahre im Original überge- Zuordnungen korrigiert. Auf diese Weise wurden von ins- ben, nach Abschluss der Verfahren aber häufig nicht gesamt 26 374 Vorgängen bisher 7 920 Vorgänge ab- zurückgegeben, sondern als Teile der Verfahrensakten in schließend bearbeitet. den zuständigen Registraturen von Staatsanwaltschaften Weitere Revisionsarbeiten in Verbindung mit einer Neu- und Gerichten abgelegt worden. In aufwändigen Recher- kartonierung wurden begonnen, z. B. an den Zentralen chen konnte in 25 Fällen der jetzige Verwahrort dieser Materialablagen der HAVII, HA IX und HA XX. Unterlagen festgestellt und 98 solcher Akten zurückge- holt und den Beständen wieder zugeordnet werden. Ohne In den Archiven der Außenstellen wurden in den vergan- eine gute Zusammenarbeit mit den betreffenden Justiz- genen zwei Jahren ebenfalls wichtige Revisionsarbeiten organen wäre dies nicht möglich gewesen. durchgeführt: So wurden beispielsweise in der Außen- Ein besonderes Ereignis, das auch auf großes Medien- stelle Gera im Rahmen des Umzuges in eine andere Lie- echo traf, war die Rückkehr des „Roten Koffers“ aus dem genschaft jeder Vorgang und die dazu gehörigen Bände Panzerschrank von Erich Mielke. Dieser Koffer wurde mittels IT erfasst und mit der Kartei abgeglichen. In der 1990 vom damaligen Generalstaatsanwalt der DDR be- Außenstelle Berlin konnte eine Revision der MfS-Archiv- schlagnahmt; er enthielt in der Hauptsache die Akten des bestände Operative Hauptablage und Personalakten- Oberreichsanwaltes beim Volksgerichtshof im Prozess ablage ab 1986 (ältere Bestände lagern im Archiv der gegen Honecker aus den Jahren 1935 bis 1937. Da die Zentralstelle) abgeschlossen werden. In der Außenstelle Akten in den Prozessen gegen Erich Mielke und Erich Chemnitz erfolgt derzeit eine Revision der Justizakten. In Honecker keine Verwendung fanden, gelangten sie 1995, der Außenstelle Frankfurt (Oder) wurde an der Revision gemeinsam mit dem Koffer, über mehrere Zwischenetap- und Rekonstruktion des Archivbestandes 6 der BV Frank- pen in das Bundesarchiv. Im Juni 2003 wurde eine Ver- furt (Oder), den Teilablagen der archivierten Ablagen, einbarung zwischen dem Bundesarchiv und der BStU weitergearbeitet. In der Außenstelle Neubrandenburg über die Zuordnung dieser Akten zu den Ursprungs- wurde die Revision der Aktenbestände abgeschlossen und beständen getroffen und festgelegt, dass der gesamte mit der Revision der Rollfilme (verfilmte Akten) begon- Kofferinhalt im Zusammenhang verfilmt und der Film in nen. beiden Häusern für die Benutzung bereitgestellt wird, die Ziel der Revision ist es, sowohl im Archiv der Zentral- Unterlagen selbst aber nach ihrer Entstehung in die jewei- stelle als auch in den Außenstellen einen genauen Über- ligen Archivgutbestände beider Behörden aufgenommen blick über alle vorhandenen personenbezogenen Vor- werden. – 33 –

Erwähnenswert ist auch die Rückführung von weiteren den im Archivbereich vorhandenen Spezialkarteien und 24 lfd. Metern Akten aus dem Bundesarchiv, die bei der zum IT-SAE angeboten. So unterrichtete der Karteibe- dortigen Sichtung der NS-Akten aus der Überlieferung reich im Berichtszeitraum schwerpunktmäßig über die der HA IX/11 als Unterlagen des Staatssicherheitsdiens- nunmehr für die Nutzung bereitstehende „Rosenholz“- tes erkannt worden sind. Datenbank. Aber auch andere umfangreiche Karteien, wie etwa die „Justizaktenkarteien“ oder die „Vorgangs- Auch in den Außenstellen gab es einige bemerkenswerte kartei der HA IX/11“, spielten bei den hausinternen Schu- Rückführungsaktionen. In der Außenstelle Erfurt vorge- lungen eine große Rolle. Daneben wurde über neue In- fundene und als Materialien des Bürgerkomitees in Erfurt halte vor allem von so genannten Informationskarteien identifizierte Unterlagen sind dem Stadtarchiv Erfurt wie den M-Karteien, die nicht Findmittel, sondern eigen- übergeben worden. In der Außenstelle Halle erfolgte eine ständige Informationsträger sind, oder auch über verbes- Übernahme von Unterlagen aus der Gedenkstätte „Roter serte Recherchemöglichkeiten informiert. Bestandsinfor- Ochse“ (ehemals Untersuchungshaftanstalt des Staats- mationen, Erschließungsinhalte und -stände sind vor sicherheitsdienstes). Sie umfassen den Zeitraum 1950 bis allem über das Intranet der Behörde abrufbar. Seit Anfang 1989 und wurden der Aktenüberlieferung der betreffen- 2004 steht einigen Bereichen der Abteilung AU und auch den Diensteinheiten wieder zugeordnet. den Außenstellen zusätzlich das IT-SAE zur Information Ein weiteres Betätigungsfeld, das sich erst in den letzten zur Verfügung. Jahren entwickelt hat, ist die Beobachtung der Verkaufs- Das vermittelte Wissen kann von den Mitarbeiterinnen aktionen von MfS-Materialien im Internet. Dabei handelt und Mitarbeitern der Auskunftsbereiche gezielt in die Be- es sich zwar vorwiegend um museale Sachzeugnisse wie nutzerbetreuung eingebracht werden, wovon vor allem Uniformen, Plaketten, Auszeichnungen u. ä.; es werden die Antragstellerinnen und Antragsteller aus dem Bereich aber auch Unterlagen angeboten, die gemäß den Defini- der Forschung profitieren. Diese können wegen der res- tionen des § 6 StUG als Unterlagen des Staatssicherheits- triktiven Regelungen des Stasi-Unterlagen-Gesetzes nicht dienstes zu bezeichnen sind. – wie in anderen Archiven üblich – direkt auf die Find- Die Aufklärung dieser Angebote und Rückgabeforderun- hilfsmittel zugreifen und sind deshalb bei Recherchen in gen sind naturgemäß schwierig. Unterstützung erhält die den Archiven der BStU in besonderem Maße auf die Behörde dabei teilweise durch die Auktionshäuser, die Kenntnisse der Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter ihre Anbieter nach Information der BStU auf die Rechts- der Behörde angewiesen. Im Zusammenhang mit einzel- widrigkeit dieser Verkaufsaktionen angemessen hinwei- nen thematischen Recherchen wurden im Berichtszeit- sen. Interessanterweise konnte in Einzelfällen nach Prü- raum bei Bedarf, d. h. bei komplexen oder auch sehr spe- fung der angebotenen Unterlagen auch nachgewiesen zifischen Anträgen, auch die zuständigen Archivarinnen werden, dass Personalunterlagen, beispielsweise aus einer und Archivare zur Nutzerberatung hinzugezogen. Fachschule, dilettantisch zu Stasi-Unterlagen verfälscht Für behördeneigene Forschungsprojekte wie etwa das wurden, offenbar um den Kaufpreis zu erhöhen. Ein Fall MfS-Handbuch werden ähnlich der Absprache mit der konnte inzwischen abgeschlossen und eine Rückführung Auskunftsabteilung jährlich Erschließungsprioritäten der Unterlage in das Archiv der Zentralstelle erreicht wer- zwischen der Abteilung Bildung und Forschung und den den. Archivbereichen abgestimmt. Mit den für die Bildungsar- beit zuständigen Kolleginnen und Kollegen der Abteilung 2.8 Fachliche Zusammenarbeit BF wurde außerdem im Berichtszeitraum eine gegensei- 2.8.1 Zusammenarbeit mit anderen Bereichen tige Unterstützung u. a. bei Archivführungen für Lehr- der BStU kräfte und Schulklassen sowie bei der Bereitstellung von Informationsmaterial und Video- und Tondokumenten Ein wichtiges Anliegen der Behörde ist es, Antragstelle- vereinbart. An Workshops im Rahmen der politischen rinnen und Antragsteller bestmöglich und umfassend zu Bildungsarbeit (z. B. zum Thema „Medieneinsatz in der beraten, zu betreuen und zu informieren. Dazu bedarf es Öffentlichkeit“) sind die Archivbereiche beteiligt. einer engen Zusammenarbeit zwischen den verschiede- nen Arbeitsbereichen und fachübergreifender Kenntnisse 2.8.2 Kontakte mit anderen Archiven der Beschäftigten. Besonders zwischen den Archiv- und und Einrichtungen Auskunftsbereichen, die beide gleichermaßen für die Be- reitstellung der Unterlagen zuständig sind, ist eine enge Die BStU unterhält vielfältige Kooperationsbeziehungen Abstimmung unumgänglich. und Kontakte zu anderen Archiven. An erster Stelle steht hier das Bundesarchiv, mit dem die BStU auf verschiede- Erstmals wurden im Berichtszeitraum mehrtägige Prak- nen Gebieten fachlich eng zusammenarbeitet. tika im Partnerbereich vermittelt. Darüber hinaus werden den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der jeweils ande- Beispielhaft für den Berichtszeitraum sei die Kooperation ren Bereiche Vorträge zu Arbeitsschwerpunkten angebo- im Hinblick auf die archivalische Hinterlassenschaft der ten. Während der Archivbereich von der Abteilung AU HA IX/11 des MfS genannt, die jeweils zu Teilen in bei- regelmäßig aktuelle Übersichten über neu eingegangene den Archiven aufbewahrt und bearbeitet wird. Im Bun- Forschungsanträge erhält, um ggf. Erschließungsprioritä- desarchiv fand die Provenienzbestimmung der originalen ten anpassen zu können, werden den Kolleginnen und Akten des NS-Staates, die das MfS aus den unterschied- Kollegen aus dem Auskunftsbereich u. a. Fachvorträge zu lichsten Archiven und von sonstigen Stellen gesammelt – 34 – hatte, statt. Das Bundesarchiv hat inzwischen 4 500 lfd. die NSDAP-Mitgliederkartei und über Erfahrungen hin- Meter dieser Akten nach ihrer Provenienz getrennt und sichtlich der Authentizität der dort vermerkten Aussagen bereitet die Übergabe an die zuständigen Archive, vor- informiert; ein Sachverhalt, der in ähnlicher Weise auch wiegend die Landesarchive der neuen Bundesländer, vor. Karteien des Staatssicherheitsdienstes berühren kann. Damit werden auch die zerstörten historischen Überliefe- rungen dieser Archive wieder hergestellt. Auf den für jedes Archiv wichtigen Gebieten der Restau- rierung, Konservierung und des Katastrophenschutzes Bei der BStU dagegen wurden die MfS-Vorgänge weiter wurden die bestehenden Kontakte zu Archiven, Museen intensiv verzeichnet, die die HA IX/11 in Verfolgung ih- und Bibliotheken im Berliner und Brandenburger Raum rer „Aufarbeitung“ des nationalsozialistischen Regimes fortgeführt. Fragen und Probleme von notfallbezogener angelegt und geführt hatte – im Berichtszeitraum stand Ressourcenbindung bei der Bergung geschädigter Be- die Erschließung der Aktenkategorien „Spezieller Vor- stände, aber auch praktische Hinweise und Erfahrungen gang“ (SV), „Zentraler Untersuchungsvorgang“ (ZUV) bei Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten wurden und „Auskunftsersuchen“ (AK) im Vordergrund. in „Notfallrunden“ besprochen. Dabei konnten Erlebnisse und Erfahrungen, die betroffene Archive bei der Über- Die SV befassen sich vor allem mit Untersuchungen des schwemmungskatastrophe des Jahres 2002 machen muss- MfS zur Arbeiterbewegung und zum (insbesondere kom- ten, ebenso ausgewertet werden wie die Folgen der munistischen) Widerstand während der NS-Zeit. Brandkatastrophe in der Anna-Amalia-Bibliothek in Wei- Von den ZUV sind gegenwärtig etwa 15 Prozent er- mar. schlossen. Die Erschließungsergebnisse geben erste Ant- Die Mitarbeit in der vom Senat organisierten „Berliner worten darauf, wie und bei wem die später zu ZUV zu- Runde zur Bestandserhaltung“ ermöglicht der BStU einen sammengefassten Akten entstanden, welche Methoden engen Kontakt mit anderen Fachleuten auf dem Gebiet der Staatssicherheitsdienst bei der Verfolgung von Nazi- der Bestandserhaltung. Über die gemeinsame Planung und Kriegsverbrechen anwandte und wie die verschie- und Abstimmung von im Katastrophenfall notwendigen densten Diensteinheiten des MfS bei dieser Verfolgung Maßnahmen hinaus hat sich ein intensiver archivfachli- zusammenarbeiteten. cher Austausch entwickelt, der immer wieder neue und Die im Berichtszeitraum durchgeführte Sichtung der AK nützliche Impulse für praktische Arbeiten auf dem Gebiet betraf rund 25 000 Vorgänge (ca. 33 lfd. Meter) aus den der Bestandserhaltung hervorbringt. Jahren 1977 bis 1980 und 1989. Sie enthalten kurze, vor- Verstärkt wurden im Berichtszeitraum Möglichkeiten ge- wiegend Personen betreffende, interne Auskünfte zum nutzt, sich aktiv an archivarischen Diskussions- und Ent- wesentlichen Inhalt der in der Verwahrung der HA IX/11 scheidungsprozessen zu beteiligen. Zu nennen ist hier die befindlichen Archivalien, vor allem aus der NS-Zeit und Mitwirkung in Arbeitskreisen und Arbeitsgruppen des gelegentlich auch aus den ersten Jahren nach 1945. Letz- Verbandes der Archivarinnen und Archivare e. V., so in tere haben oft Verurteilungen durch Sowjetische Militär- den Gremien zu Fragen der Bewertung archivalischer tribunale (SMT) zum Inhalt. Jährlich gingen ca. 5 000 bis Quellen und der Archivpädagogik. 7 000 Auskunftsersuchen von Diensteinheiten des MfS bei der HA IX/11 ein. Diese Anzahl verdeutlicht, welchen In den letzten Jahren zeigte sich auch aus Archivberei- hohen Stellenwert biografische Angaben über die Zeit vor chen, zu denen keine unmittelbaren Arbeitsbeziehungen 1945 für das MfS hatten. Sie boten Ansätze für die Bear- bestehen, verstärkt Interesse an der Arbeit der Behörde. beitung von Personen in der unterschiedlichsten Weise, So hielt auf Einladung der Vereinigung der deutschen etwa bei Vernehmungen in Untersuchungsverfahren oder Wirtschaftsarchivare e.V. ein Vertreter der BStU den Er- bei Bearbeitungen in „Operativen Vorgängen“, waren öffnungsvortrag auf deren Jahrestagung im Mai 2004 und aber auch für die umfangreichen Sicherheitsüberprüfun- nahm im Rahmen des Generalthemas dieser Tagung, der gen von DDR-Kadern durch das MfS wichtig. Spannungslage zwischen Erwartung und Möglichkeiten der Nutzung dieser speziellen Archive, zu den besonde- Mit dem Bundesarchiv wurde vereinbart, dass die Ergeb- ren Kriterien Stellung, welche die Nutzung der Unterla- nisse der Erschließungsarbeiten zu den Beständen der gen des Staatssicherheitsdienstes bestimmen. HA IX/11, sobald sie einen gewissen Abschluss erreicht haben, in einer gemeinsamen Präsentation der Öffentlich- Auf internationaler Ebene boten im Berichtszeitraum vor keit vorgestellt werden. allem zwei Veranstaltungen Anknüpfungspunkte für die archivische Arbeit der BStU: Weitere Arbeitsbeziehungen zwischen Bundesarchiv und BStU bestehen beispielsweise zu den jeweiligen Überlie- Im Oktober 2003 lud der Verband deutscher Archivarin- ferungen der Bereiche Inneres und Justiz der DDR oder nen und Archivare e. V. gemeinsam mit dem Schweizer bei der Hinterlegung, Nutzung und Restaurierung von Bundesarchiv zu einer Fachtagung in Bern ein. Unter Filmmaterial des MfS. dem Titel „Mut zur Lücke – Zugriff auf das Wesentliche“ wurden solche alle Archive berührenden Fragen wie die Daneben finden gegenseitige Besuche statt. Von speziel- der richtigen Auswahl von Archivalien zur Dokumenta- lem Interesse für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der tion öffentlicher Politiken und gesellschaftlicher Phäno- BStU war im Berichtszeitraum ein Besuch der Abteilung mene und deren wissenschaftliche Begründung diskutiert. Reich im Bundesarchiv. Dabei wurde insbesondere über Dort angeregte Lösungsansätze konnten in die theore- – 35 – tischen Überlegungen zu Fragen der Bewertung und die Anträge auf persönliche Akteneinsicht bilden nach Kassation von Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes wie vor ein Kernarbeitsgebiet der Behörde. eingebracht werden. Bis heute wurden mehr als 2,2 Millionen Anträge auf Im August 2004 fand in Wien der XV. Internationale Akteneinsicht, Kopienherausgabe und Decknamenent- Archivtag statt, der unter dem Generalthema „Archive, schlüsselung gestellt; hiervon sind über 2,1 Millionen bear- Gedächtnis und Wissen“ stand. Auf diesem Kongress beitet worden (siehe Anhang 17, S. 100 ff.). Die Zahl der wurden auch Themen behandelt, die in direktem Zusam- Anträge ist in den vergangenen Jahren erwartungsgemäß menhang mit den Archiven der BStU und deren Überlie- leicht zurückgegangen; dennoch liegt sie mit 95 104 im ferung eines diktatorischen Systems standen. Beispielhaft Jahr 2003, 93 906 im Jahr 2004 und 40 412 bis Juni 2005 genannt seien Vorträge und Diskussionen über Archive noch immer auf einem sehr hohen Niveau. Hierbei ma- und Menschenrechte, Wahrheit und Wiedergutmachung, chen Erstanträge ca. 75 Prozent aller eingehenden An- Archivierung und Zugriff auf die Bestände ehemaliger träge auf Akteneinsicht aus. Zur Verteilung der Antrags- totalitärer Regime, Autorität und Gedächtnis im Ge- eingänge auf die Zentralstelle und die einzelnen schichtsverständnis. Außenstellen der BStU siehe Anhang 18, S. 102.

Dass die archivische Arbeit der BStU auch im Ausland 3.1.1 Antragstellung aufmerksam verfolgt wird, zeigt sich unter anderem an der steigenden Zahl ausländischer Fachbesucher: Für den Jede Bürgerin und jeder Bürger aus dem In- und Ausland Berichtszeitraum sind hier in erster Linie erwähnenswert kann bei der BStU einen Antrag auf Akteneinsicht stel- der Besuch des Generaldirektors des rumänischen Natio- len. Besondere Anforderungen an die Form eines solchen nalarchivs, der in Begleitung des Präsidenten des Bundes- Antrages werden nicht gestellt, er muss allerdings archivs das Archiv der Zentralstelle im Oktober 2004 be- bestimmte Angaben enthalten, welche für die Antrags- suchte, die Besuche des Direktors des Königlichen registrierung und die späteren Recherchen unbedingt not- Hausarchivs der Niederlande im März 2004 und einer De- wendig sind, wie beispielsweise Namen und Geburts- legation des Britischen Nationalarchivs im Dezember datum der Person, auf welche sich der Antrag bezieht. 2004. Die Gelegenheit, sich einen Einblick in die archivi- Außerdem muss dem Antrag bei Übersendung an die schen Arbeiten zur Sicherung, Erschließung und Nutzung BStU eine Identitätsbescheinigung beigefügt sein. Bei der Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes zu verschaf- persönlicher Abgabe des Antrages kann diese Bestäti- fen, nutzten auch die Gäste der argentinischen „Comision gung durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Be- por la Memoria“, die sich im September/Oktober 2004 zu hörde erfolgen. einem fast zweiwöchigen Arbeitsbesuch bei der BStU Um den Bürgerinnen und Bürgern die Antragstellung zu aufhielten (zu den internationalen Kontakten der BStU erleichtern, wird von der BStU ein Formular angeboten, siehe auch Kapitel 6). mit dem alle erforderlichen Informationen abgefragt wer- den. Dieses Formular steht auch im Internet unter 3 Verwendung der Unterlagen auf Antrag www.bstu.de zur Verfügung. Eine Antragstellung auf oder Ersuchen elektronischem Weg ist allerdings wegen des Fehlens ei- ner entsprechenden Signatur noch nicht möglich. Auch 3.1 Anträge von Bürgerinnen und Bürgern die Identität kann nicht per E-Mail bescheinigt werden. auf Auskunft, Einsicht in und Heraus- Daher muss das ausgefüllte Formular konventionell per gabe von Unterlagen sowie auf Bekannt- Post an die BStU gesandt oder persönlich bei einer der gabe von Namen ehemaliger Mitarbeiter Dienststellen der BStU (siehe Anhang 2, S. 78 ff.) abge- des Staatssicherheitsdienstes geben werden. Die nach der friedlichen Revolution 1989/90 getroffene Im Jahr 2004 wurde das Antragsformular auf der Grund- Entscheidung, die Unterlagen des Staatssicherheitsdiens- lage der Verordnung über barrierefreie Dokumente in der tes auf gesetzlicher Grundlage auch für den einzelnen Bundesverwaltung überarbeitet. Es enthält jetzt eine An- Bürger zu öffnen und ihm Zugang zu allen zu seiner Per- kreuzmöglichkeit für den Wunsch nach Auskünften in son gesammelten Informationen zu gewähren, hat sich Blindenschrift bzw. Großdruck. Außerdem liegen für den immer wieder als richtig erwiesen. In mehreren über die Bedarfsfall Blindenschriftexemplare vor. Die Hinweise Jahre hinweg durchgeführten Umfragen bekräftigten Bür- zum Antrag werden zusätzlich als Audiokassette vorrätig gerinnen und Bürger, wie wichtig es für sie war, ihr per- gehalten. Für die BStU bedeutet die Umsetzung der Ver- sönliches Schicksal anhand der Unterlagen des Staats- ordnung, dass auch Bescheide (Kostenbescheid, Ableh- sicherheitsdienstes aufzuarbeiten. Eine sehr große nungs- und Widerspruchsbescheid) im konkreten Fall in Mehrheit erachtet die Aufgaben der BStU auch künftig Blindenschrift zu übertragen sind. als notwendig, was durch die letzte, Anfang des Jahres 2005 durchgeführte Befragung wiederum deutlich bestä- 3.1.2 Zugangsrechte zu den Unterlagen tigt wurde (siehe Abschnitt 3.1.8). des Staatssicherheitsdienstes Das Recht auf Akteneinsicht ist von den Bürgerinnen und Das Stasi-Unterlagen-Gesetz gibt jedem Menschen das Bürgern in weit größerem Maße in Anspruch genommen Recht, von der BStU Auskunft zu verlangen, ob in den worden als erwartet. Dieses Interesse hält bis heute an, Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes Informationen – 36 – zu seiner Person enthalten sind. Ist das der Fall, richten wandte vermisst oder verstorben ist, nachgewiesen sich die weiteren Rechte und das weitere Verfahren da- wurde, und sie beschränkt sich auf die Zwecke zur Reha- nach, ob der Antragsteller Betroffener oder Dritter, naher bilitierung des Vermissten oder Verstorbenen, zum Schutz Angehöriger einer vermissten oder verstorbenen Person, seines Persönlichkeitsrechts oder zur Aufklärung seines Mitarbeiter oder Begünstigter im Sinne des Stasi-Unterla- Schicksals (§ 15 Abs. 1 StUG). Dabei muss ein Zusam- gen-Gesetzes ist. menhang mit der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes bestehen bzw. wahrscheinlich sein. Zur Enttäuschung vie- Betroffene sind „Personen, zu denen der Staatssicher- ler Antragstellerinnen und Antragsteller ist also eine all- heitsdienst aufgrund zielgerichteter Informationserhe- gemeine Nutzung der Unterlagen Vermisster oder Ver- bung oder Ausspähung einschließlich heimlicher Infor- storbener, beispielsweise für die Familienforschung, nicht mationserhebung Informationen gesammelt hat“ (§ 6 möglich. Abs. 3 Satz 1 StUG). Sie haben das Recht, Auskunft über alle zu ihrer Person vorhandenen und erschlossenen Un- Auch ehemaligen hauptamtlichen und Inoffiziellen Mitar- terlagen zu erhalten, Einsicht in diese zu nehmen oder beitern des MfS steht ein Recht auf Einsicht in die Unter- Duplikate davon zu erhalten (§ 13 Abs. 1 bis 4 StUG). lagen des Staatssicherheitsdienstes zu. Ihre Zugangs- Sind in diesen Unterlagen Decknamen von Mitarbeitern rechte sollen das persönliche Aufarbeitungsinteresse des Staatssicherheitsdienstes enthalten, können Betrof- unterstützen, sind aber zum Schutz von Betroffenen und fene deren Entschlüsselung beantragen (§ 13 Abs. 5 Dritten eingeschränkt. Grundsätzlich erhalten ehemalige StUG – zur Decknamenentschlüsselung siehe Abschnitt MfS-Mitarbeiter nur Zugang zu den sie selber betreffen- 3.1.4). Zudem sind Betroffene – ebenso wie Dritte und den personenbezogenen Informationen (§ 16 StUG). Von nahe Angehörige Vermisster oder Verstorbener – von der ihnen gefertigte Berichte oder mündlich an das MfS wei- Kostenpflicht für Auskünfte und Einsichtnahmen befreit, tergegebene Informationen über andere Personen bleiben lediglich bei der Herausgabe von Duplikaten entstehen ihnen grundsätzlich verschlossen. Dahinter steht der für sie geringe Aufwendungen. Wille des Gesetzgebers, dass ehemalige MfS-Mitarbeiter Dritte sind „sonstige Personen, über die der Staatssicher- ihr früheres Herrschaftswissen nicht auf dem Wege der heitsdienst Informationen gesammelt hat“ (§ 6 Abs. 7 Akteneinsicht auffrischen sollen. Auskunft, Einsicht- StUG). Der Unterschied zum Betroffenen liegt darin, dass nahme in die Unterlagen und Kopienherausgabe sind für die Informationserhebung durch das MfS hier nicht „ziel- ehemalige Mitarbeiter kostenpflichtig. – Die gleichen Re- gerichtet“, sondern gewissermaßen „beiläufig“ erfolgte. gelungen gelten für ehemalige Inoffizielle Mitarbeiter des Einsichtnahme als Dritte beantragen meist Personen, zu Arbeitsgebietes 1 der Kriminalpolizei, gegenüber Mitar- denen keine eigenen Erfassungen als Betroffene vorlie- beitern des Staatssicherheitsdienstes rechtlich oder fak- gen oder denen der Umfang und die Aussagekraft des tisch weisungsbefugte Personen sowie Begünstigte des vorgelegten Materials nicht ausreichend erscheinen. Vor MfS. Sie spielen jedoch in der Praxis kaum eine Rolle. allem sind es Bürgerinnen und Bürger, die sich im Um- feld anderer, vom MfS beobachteter Freunde, Kollegen 3.1.3 Bearbeitung von Anträgen auf oder Verwandter bewegt haben und die deshalb in den Auskunft bzw. Einsicht vom MfS zu diesen Personen geführten Unterlagen auch Informationen über sich selbst vermuten. Dritte haben im Anträge auf Akteneinsicht werden im Allgemeinen in der Wesentlichen die gleichen Zugangsrechte zu den Unterla- Reihenfolge ihres Einganges bearbeitet. Eine Ausnahme gen wie Betroffene, sie müssen jedoch Angaben machen, bilden die Anfragen, bei denen nachweislich eine beson- die das Auffinden eventueller Informationen ermögli- dere Eilbedürftigkeit geltend gemacht und anerkannt chen. Dazu werden konkrete Daten der Personen, in deren wird. Bei diesen mit Vorrang zu bearbeitenden Anträgen Akten Informationen als Dritter vermutet werden, benö- geht es vor allem um Zwecke der Rehabilitierung, der tigt. Darüber hinaus sollten Anhaltspunkte glaubhaft ge- Wiedergutmachung oder um die Abwehr einer Gefähr- macht werden, warum die Antragstellerin bzw. der An- dung des Persönlichkeitsrechts und hier insbesondere um tragsteller eine Erwähnung der eigenen Person in diesen die Klärung eines Vorwurfs der Zusammenarbeit mit dem Unterlagen vermutet. Allerdings sind den Recherchen MfS. hierbei auch Grenzen gesetzt: Der Aufwand zur Ermitt- lung der Akten der benannten anderen Personen und der Anträge älterer oder schwer erkrankter Personen werden darin ggf. enthaltenen Informationen als Dritter muss in ebenfalls mit Priorität bearbeitet. Dies ist zwar vom Stasi- einem vertretbaren Verhältnis zum Informationsinteresse Unterlagen-Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen, ergibt der Antragstellerin bzw. des Antragstellers stehen (§ 13 sich aber aus der Sache selbst. Abs. 7 Satz 2 StUG). Nachdem ein Antrag auf Akteneinsicht in der Behörde Die einzige Ausnahme von dem Grundsatz, dass jeder eingegangen ist, erhält die antragstellende Person zu- Einzelne nur Zugang zu den zur eigenen Person erschlos- nächst eine Eingangsbestätigung. Anschließend werden senen Unterlagen erhält, ist die Akteneinsicht als naher aus den erschlossenen Beständen alle Unterlagen ermit- Angehöriger von vermissten oder verstorbenen Personen. telt, die Informationen zu ihr enthalten. Hierzu wird in Entsprechend restriktiv hat der Gesetzgeber dieses Recht den Karteien und anderen Findhilfsmitteln der Zentral- gestaltet: Eine Akteneinsicht erfolgt nur, wenn das Ver- stelle und der laut Wohnanschriften oder sonstiger Hin- wandtschaftsverhältnis und die Tatsache, dass dieser Ver- weise zu beteiligenden Außenstellen recherchiert. – 37 –

Finden sich in den Karteien des Staatssicherheitsdienstes Schicksals werden aber jeweils nur die Daten und Infor- keine Erfassungen und ergeben sich auch sonst keine mationen benötigt, die sich auf die eigene Person bezie- Hinweise auf Unterlagen, ergeht in der Regel nach acht hen oder in direktem Zusammenhang mit ihr stehen. Ob bis zwölf Wochen eine abschließende Auskunft. Auch die Ehe der Nachbarn seinerzeit als gut eingeschätzt Anträge, bei denen sich Karteikarten ohne Hinweis auf wurde, ob der Kollege eine Erbschaft gemacht hat oder weitere Unterlagen finden, werden in diesem Zeitrahmen die Arbeitsleistungen des Freundes angeblich gut oder abschließend bearbeitet. In diesen Fällen werden neben weniger gut waren, ist dafür unerheblich. Deshalb sind den Kopien der Karteikarten entsprechende Erläuterun- solche, andere Personen betreffende, Informationen zu gen zur Erfassungsart, zur erfassenden MfS-Diensteinheit anonymisieren. Die Rechte und Interessen der Antragstel- und den auf den Karteikarten verwendeten Abkürzungen, lerin oder des Antragstellers werden dadurch in keiner soweit diese bekannt sind, versandt. Weise eingeschränkt. Im Übrigen muss jeder damit rech- nen, dass solche Angaben über ihn auch in anderen Akten Liegen nach der Recherche in den zahlreichen Karteien zu finden sind. Die direkte Frage an die Antragstellerin Hinweise auf ggf. vorhandene weiterführende Unterlagen oder den Antragsteller, ob derartige Informationen über vor, erhält die Antragstellerin bzw. der Antragsteller da- die eigene Person bei Akteneinsichten anderer denn offen rüber eine Zwischennachricht. Falls die laut Karteikarten bleiben sollten, wird meistens nachdrücklich verneint. seinerzeit vom MfS angelegten weiteren Unterlagen in dem bei der BStU vorliegenden und erschlossenen Be- Für die Akzeptanz der Anonymisierungen ist es wichtig, stand nicht vorhanden sind, erhalten die Betreffenden dass die Bürgerinnen und Bürger diese Zusammenhänge später ebenfalls eine Auskunft mit den Kopien der Kartei- verstehen und darauf vertrauen, dass ihnen keine sie be- karten und entsprechenden Erläuterungen. treffenden Informationen vorenthalten werden und dass ihre eigenen Persönlichkeitsrechte mit gleicher Sorgfalt Sind Unterlagen vorhanden, werden diese nach den Vor- in anderen Akten geschützt werden. Allerdings hat die gaben des Stasi-Unterlagen-Gesetzes für die spätere Ko- kürzlich durchgeführte Umfrage gezeigt, wie viel Auf- pienübersendung bzw. Akteneinsicht vorbereitet. Dabei klärungsarbeit hier noch zu leisten ist (siehe Ab- ist das Recht des Antragstellers zu beachten, alle zu sei- schnitt 3.1.8). ner Person gesammelten bzw. mit ihm in direkter Bezie- hung stehenden Informationen sehen zu können. Dahin- Bei den Gesprächen nach der Akteneinsicht kann den gegen haben andere in den Unterlagen genannte Personen Bürgerinnen und Bürgern ggf. auch geholfen werden, das einen Anspruch auf Schutz ihres Persönlichkeitsrechtes. Gelesene zu verarbeiten oder sie können über Beratungs- Um dieser gesetzlichen Regelung zu entsprechen, müssen angebote anderer Einrichtungen informiert werden. Außer- einzelne Textstellen oder auch ganze Seiten, welche aus- dem werden sie auf die Möglichkeit hingewiesen, die schließlich Informationen zu anderen Betroffenen oder Herausgabe von Kopien oder die Entschlüsselung von Dritten enthalten, abgedeckt (anonymisiert) werden. Na- Decknamen ehemaliger MfS-Mitarbeiter zu beantragen. men bzw. Decknamen von hauptamtlichen bzw. Inoffi- ziellen Mitarbeitern des MfS, die zur Antragstellerin bzw. 3.1.4 Bearbeitung von Anträgen auf zum Antragsteller tätig waren, bleiben dabei natürlich of- Decknamenentschlüsselung fen. Im Rahmen der Kopienübergabe bzw. der Akteneinsicht Umfassen die so vorbereiteten Unterlagen nicht mehr als erfahren die Antragstellerinnen und Antragsteller auch, 85 Seiten, werden sie in der Regel – versehen mit um- ob Informationen zu ihnen durch Mitarbeiter des MfS ge- fangreichen Erläuterungen – kostenfrei in Kopie zuge- sammelt wurden, die unter einem Decknamen gearbeitet sandt. Falls die Unterlagen Decknamen enthalten, wird haben (vorwiegend Inoffizielle Mitarbeiter – IM). Das auf die Möglichkeit eines Antrages auf Entschlüsselung Stasi-Unterlagen-Gesetz räumt Betroffenen das Recht dieser Namen hingewiesen. ein, die Bekanntgabe der Klarnamen solcher Mitarbeiter Ansonsten erfolgt eine Einladung zur persönlichen zu beantragen (§ 13 Abs. 5 StUG). Jeder Antrag auf Ent- Akteneinsicht in die Behörde. Einsichtsberechtigte, die schlüsselung von Decknamen löst gesonderte Recherchen auf fremde Hilfe angewiesen sind, können sich hierzu in den Archiven der Behörde aus. Allerdings darf ein von einer Person ihres Vertrauens begleiten lassen. Auf Klarname nur dann herausgegeben werden, wenn dieser Wunsch können natürlich auch umfangreichere Unterla- anhand der vorhandenen Unterlagen eindeutig zu ermit- gen kostenpflichtig in Kopie übersandt und erläutert wer- teln ist, der Mitarbeiter-Status nach dem Stasi-Unterla- den. gen-Gesetz erfüllt ist und dieser Mitarbeiter tatsächlich zum Betroffenen tätig war, indem er z. B. mündliche oder Vor und nach der Akteneinsicht finden Gespräche mit den schriftliche Berichte über ihn an das MfS weitergegeben Einsichtnehmenden statt. Diese dienen in erster Linie der hat. Klärung von Fragen zum Akteninhalt, zur Arbeitsweise, Gar nicht selten ist es, dass ein Antragsteller eine starke Struktur und Aktenführung des MfS sowie zu den vorge- Vermutung hat oder sogar weiß, wer sich hinter einem nommenen Anonymisierungen. Decknamen verbirgt. Sei es, weil er sich noch daran er- In praktisch jeder Akte des Staatssicherheitsdienstes sind innert, zu welcher Zeit und in welcher Umgebung er mit nicht nur allgemeine, sondern zum Teil auch sehr persön- einer bestimmten Person gesprochen hat, sei es, weil er liche Angaben zu mehreren – bisweilen dutzenden – Per- ein besonderes Thema nur mit einem einzigen Gesprächs- sonen enthalten. Für die Aufklärung des individuellen partner erörtert hat. Dennoch wird häufig ein Antrag auf – 38 –

Decknamenentschlüsselung gestellt, um „sicher“ zu sein möglichst bald eine zeitnahe Bearbeitung aller eingehen- und um niemanden fälschlich zu verdächtigen. den Anträge zu erreichen. In den Jahren 2003 und 2004 wurden von 13 082 Bürge- Außerdem bestehen seit Jahren Kooperationsbeziehungen rinnen und Bürgern insgesamt 41 154 Anträge auf Deck- sowohl zwischen Arbeitsbereichen der Zentralstelle und namenentschlüsselung gestellt; im 1. Halbjahr 2005 wa- einzelnen Außenstellen als auch zwischen den Außenstel- ren es 8 834 Anträge von 2 798 Personen. len, um die unterschiedlichen Bearbeitungszeiten mög- lichst auszugleichen. Hintergrund dieser notwendigen Bereits seit einigen Jahren ist innerhalb der Zentralstelle Maßnahmen sind vor allem die zum Teil großen Diskre- der Behörde ein spezialisierter Bereich mit der Deck- panzen zwischen Antragseingängen und jeweiliger Perso- namenentschlüsselung betraut. Auch in den Außenstellen nalausstattung. Die Kooperationsbeziehungen werden in erfolgt eine schnelle und effektive Antragsbearbeitung. jedem Jahr mit neuen Zielsetzungen aktualisiert und den Aufgrund der mehrjährigen Erfahrungen haben sich die Erfordernissen angepasst. damit befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein um- fangreiches Spezialwissen angeeignet. Der Anteil der ent- 3.1.7 Bürgerberatung schlüsselten Decknamen liegt dadurch nach wie vor auf einem hohen Niveau und Rückstände in der Antragsbear- Nach wie vor bietet die BStU in der Zentralstelle und den beitung konnten weiter verringert werden. Außenstellen telefonische und persönliche Beratung an. Bis heute wird dieses Angebot rege genutzt – allein in der 3.1.5 Bearbeitung von Wiederholungs- Zentralstelle kamen im Berichtszeitraum jährlich rund anträgen 800 Bürgerinnen und Bürger zur persönlichen Beratung, über das Bürgertelefon wurden hier mehr als 2 500 An- Die Zahl der Anträge auf Akteneinsicht, die eine einzelne fragen pro Jahr beantwortet. Person einreichen kann, ist durch das Stasi-Unterlagen- Gesetz nicht beschränkt. Gerade bei Anträgen, bei denen Die Anliegen reichen von der einfachen Abgabe eines vor Jahren keine Erfassung festgestellt oder keine Akten Antrages, für den durch die Beschäftigten der BStU eine aufgefunden werden konnten, besteht aufgrund der fort- Identitätsbestätigung ausgestellt werden soll, über Nach- schreitenden Erschließungstätigkeit in den Archiven der fragen zum Bearbeitungsstand von Anträgen bis hin zu Behörde durchaus die Chance, zu neuen Erkenntnissen Besuchen von traumatisierten Personen, die einen intensi- oder Unterlagen zu kommen – diese ist umso größer, je ven Gesprächsbedarf über ihre persönliche Vergangenheit länger die letzten Recherchen zurückliegen. Im Allgemei- haben. nen empfiehlt es sich, einen Wiederholungsantrag frühes- Da das Stasi-Unterlagen-Gesetz ein Datenschutzgesetz tens nach etwa zwei Jahren zu stellen. ist, bestehen nur die dort aufgeführten Zugangsrechte. Für Der Anteil der Wiederholungsanträge liegt seit Jahren sich daraus ergebende Einschränkungen muss oftmals konstant bei rund 25 Prozent der Anträge auf Aktenein- erst Verständnis geweckt, die unterschiedlichen Zugangs- sicht. rechte müssen fundiert und zugleich verständlich darge- stellt werden. 3.1.6 Wartezeiten/Kooperation Häufig melden sich auch Personen, die beschuldigt wer- den, für den Staatssicherheitsdienst tätig gewesen zu sein. Wie unter Abschnitt 3.1.3 dargestellt, erhalten Antragstel- Diesen muss ggf. erläutert werden, wie mit den von der lerinnen und Antragsteller, die vom Staatssicherheits- Bundesbeauftragten erhaltenen Informationen und Unter- dienst nicht erfasst waren, und solche, zu denen aus- lagen umgegangen werden darf und wie sie ihr Persön- schließlich Karteikarten aufgefunden wurden, bereits lichkeitsrecht schützen können. nach acht bis zwölf Wochen eine entsprechende abschlie- ßende Auskunft. Eine Auskunft „nicht erfasst“ wird ge- Auch ehemalige Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes genwärtig bei ca. 30 Prozent aller eingehenden Erst- und suchen die Bürgerberatung auf. Mit ihnen ergeben sich Wiederholungsanträge gefertigt; der Anteil der Kartei- dann oft intensive Gespräche über Schuldvorwürfe im be- kartenauskünfte liegt bei ca. 20 Prozent. ruflichen oder auch im familiären Umfeld. Prioritäre Anträge mit Akten werden in der Zentralstelle Aktuelle Diskussionen über die Behörde führen oft un- in etwa sechs Monaten abschließend bearbeitet, in den mittelbar zu einer verstärkten Inanspruchnahme der Bür- Außenstellen oftmals auch in einem kürzeren Zeitraum. gerberatung. Beispiele hierfür waren im Berichtszeitraum u. a. die Freigabe der so genannten „Rosenholz“-Dateien Die Wartezeiten bei der Decknamenentschlüsselung be- oder der Wechsel der Behörde in das Ressort der Beauf- tragen in der Zentralstelle im Durchschnitt sechs Monate, tragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. in den Außenstellen drei bis neun Monate. Die persönliche Situation der Menschen, die sich an die Durch entsprechende Zielvorgaben ist es im Jahr 2004 bis Bürgerberatung wenden, ist sehr unterschiedlich. Neben auf wenige Einzelfälle gelungen, behördenweit alle An- der fachlichen Kompetenz ist deshalb in diesen Gesprä- träge aus den Jahren 2000 und älter zu erledigen. Ziel des chen oftmals sehr viel Einfühlungsvermögen nötig. Wenn Jahres 2005 ist es, alle noch offenen Anträge aus den Jah- die BStU wegen fehlender Zuständigkeit nicht in der ren 2001 und 2002 abzuarbeiten. Diese Schwerpunktset- Lage ist, einem Ratsuchenden direkt zu helfen, wird die- zungen werden von Jahr zu Jahr fortgeschrieben, um so sem, soweit es möglich ist, mitgeteilt, an welche Stellen – 39 – er sich mit seinem Anliegen wenden kann. Problem- Jeweils mehr als 90 Prozent der Umfrageteilnehmer emp- schwerpunkte waren bzw. sind hier die strafrechtlichen, fanden die in ihrem Falle erfolgte Art des Zugangs zu den verwaltungsrechtlichen und beruflichen Rehabilitierun- Unterlagen als angemessen (siehe Frage 3). Dies zeigt die gen nach den entsprechenden Rehabilitierungsgesetzen, außerordentlich hohe Akzeptanz des seit 1997 von der Fragen zu vermögensrechtlichen Wiedergutmachungsan- Behörde zur Beschleunigung der Erledigungen praktizier- sprüchen, die Weitervermittlung an die Landesbeauftrag- ten Verfahrens, den Antragstellerinnen und Antragstellern ten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes die Unterlagen bei geringerem Umfang kostenfrei in (LStU) oder an spezielle Beratungsstellen für politisch Kopie zuzusenden. Verfolgte. Allerdings haben die Antworten auf die Frage, ob die Er- Im Berichtszeitraum haben einige Außenstellen Bera- läuterungen zu den übersandten Kopien verständlich wa- tungstage auch außerhalb ihrer Diensträume durchge- ren (Frage 10) gezeigt, dass diese zu verbessern sind. führt. Die hohen Besucherzahlen zeigten, dass nach wie Knapp drei Viertel fanden die erläuternde Auskunft zwar vor ein großes Interesse an der schriftlichen Hinterlassen- uneingeschränkt verständlich und ausreichend, 21 Pro- schaft des MfS und am Zugang dazu besteht. Die Bürge- zent meinten jedoch, diese könnte verbessert werden und rinnen und Bürger suchten nicht nur das Gespräch über 6 Prozent fanden sie unverständlich. das Thema „Staatssicherheitsdienst“, viele, insbesondere ältere Menschen, kamen auch mit dem Wunsch, einen Eine Arbeitsgruppe hat sich dieser Aufgabe angenom- Antrag auf Akteneinsicht zu stellen. men, um durch Erklärungen, die für die Bürgerinnen und Bürger verständlich formuliert sind, die Zufriedenheit bei Die Initiativen zu derartigen Beratungstagen gingen von der Zusendung von Kopien zu verbessern und die Zahl betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, vermittelt durch der Nachfragen (siehe Frage 11) zu verringern. Ziel muss Opferverbände, Stadtverwaltungen oder Landratsämter es sein, eine ähnlich hohe Zufriedenheit wie bei der per- aus. Sie wurden von den Außenstellen aber auch im Zu- sönlichen Akteneinsicht zu erreichen, bei der fast sammenhang mit regionalen Veranstaltungen angeboten. 99 Prozent der Bürgerinnen und Bürger angaben, dass sie Schwerpunkt waren territorial ungünstig gelegene Städte sich gut beraten fühlten oder eine Beratung in ihrem Fall und Gemeinden, von denen aus die jeweilige Außenstelle nicht erforderlich war (Frage 9). nur schwer zu erreichen ist. Trotz der eben genannten überwiegend sehr guten Ergeb- nisse gaben insgesamt nur knapp ein Drittel der Umfra- 3.1.8 Auswertung der Bürgerumfrage 2005 geteilnehmer an, dass die Einsicht in die Unterlagen ihre Anfang des Jahres 2005 hat die Bundesbeauftragte für Erwartungen uneingeschränkt erfüllt hat, während mehr den Bereich der privaten Akteneinsicht eine Umfrage als 25 Prozent dieses verneinten (Frage 17). Dabei ist die durchgeführt, um die Meinung der Antragstellerinnen Zufriedenheit bei Antragstellerinnen und Antragstellern, und Antragsteller zur Arbeit und Dienstleistungsorientie- die persönlich in der Behörde Einsicht in die Unterlagen rung der Behörde einzuholen. nahmen, deutlich höher als bei jenen, denen die Unter- lagen in Kopie zugesandt wurden. Dies geht aus einer Dazu wurden 1 000 Personen befragt, die in den letzten internen Analyse der Befragungsergebnisse nach Erle- zwei Jahren entweder persönlich zur Akteneinsicht in die digungsart (Akteneinsicht oder Kopienübersendung) Zentralstelle oder eine Außenstelle der BStU kamen oder und Bearbeitungsort (Zentralstelle oder Außenstellen) die in Form von Auskünften mit Kopien des Archivmate- hervor. rials Zugang zu den Unterlagen erhielten. Unberücksich- tigt blieben Personen, bei denen das Ergebnis der Recher- Aus den angekreuzten und den zusätzlichen verbalen chen „nicht erfasst“ lautete oder zu denen außer Äußerungen der befragten Personen lassen sich als Ursa- Karteikarten keine weiteren Unterlagen ermittelt wurden. chen für nicht erfüllte Erwartungen im Wesentlichen fol- gende Probleme benennen: Der Fragebogen umfasste 20 Fragen. Es waren jeweils drei Antwortmöglichkeiten vorgegeben, von denen die – In mehr als einem Viertel der ergänzenden Äußerun- zutreffende angekreuzt werden sollte. Diese Methode gen wurde darauf hingewiesen, dass die vorgelegten wurde gewählt, um den Befragten das Ausfüllen zu er- Unterlagen unvollständig seien. Dies lässt sich aller- leichtern und die Antworten entsprechend auswerten zu dings nicht nur durch die beim MfS erfolgten Akten- können. Innerhalb weniger Wochen gingen insgesamt vernichtungen erklären, sondern zum Teil auch durch 528 Antworten ein. 172 Antragstellerinnen und Antrag- unzutreffende Vorstellungen der Betroffenen: Offen- steller nutzten die Befragung außerdem für verbale Äuße- bar gehen viele nach wie vor davon aus, dass der rungen zur Arbeit der Behörde allgemein und zu ihren Staatssicherheitsdienst in der DDR eine Generalzu- konkreten Erfahrungen bei der Antragsbearbeitung. An- ständigkeit für sämtliche repressiven Maßnahmen gesichts der großen Anzahl der Rückläufe können die hatte. Dabei wird oft nicht berücksichtigt, dass auch Umfrageergebnisse als aussagekräftig angesehen werden. die SED oder andere Staatsorgane zum Teil massiv in die Biografien der Bürgerinnen und Bürger eingegrif- Die statistische Gesamtauswertung der Umfrage ist im fen haben. Außerdem bedeutete die „flächende- Anhang 19, S. 103 ff., nachzulesen. Aus den dort ersicht- ckende“ Arbeit des Staatssicherheitsdienstes keines- lichen Ergebnissen soll Folgendes hervorgehoben bzw. wegs, dass über jeden Einzelnen eine Akte vorlag. vertieft werden: Somit gibt es sehr verschiedene Gründe, weshalb die – 40 –

BStU die Erwartungen der Antragstellerinnen und An- eingegangen wurde, im direkten Gespräch durch den tragsteller über die vorzufindenden Unterlagen nicht Bearbeiter besser vermitteln. immer erfüllen kann. Die genannten Punkte spielen sicherlich eine große Rolle, Auch inhaltlich entsprechen die vorgelegten Unterla- wenn mehr als 40 Prozent der Befragten bei Frage 18 ant- gen nicht immer den Erwartungen und persönlichen worten, dass das „Kapitel Staatssicherheit“ für sie persön- Erinnerungen, denn bei Frage 14 gaben 12 Prozent der lich noch nicht abgeschlossen ist. Befragten an, dass die Sachverhalte in den MfS-Unter- – Ein weiteres Thema waren die Wartezeiten. Zwar lagen aus ihrer Sicht nicht wahrheitsgemäß wiederge- konnten diese in den letzten Jahren auch für Antrag- geben sind. Die überwiegende Mehrheit findet jedoch stellerinnen und Antragsteller, zu denen Aktenmaterial die Darstellungen in den Akten im Wesentlichen vorhanden ist und die deshalb nach acht bis zwölf Wo- (53 Prozent) oder teilweise (34 Prozent) zutreffend. chen zunächst eine Zwischennachricht erhalten, er- – Mehrfach wurde darauf hingewiesen, wie wichtig die heblich verkürzt werden. Entschlüsselung von Decknamen für die Antragstelle- Ein Vergleich der Antworten zu Frage 4 mit den Um- rinnen und Antragsteller ist, um Klarheit über ihr Um- frageergebnissen für den Vierten Tätigkeitsbericht feld zu haben, aber auch, um eventuelle falsche Ver- 1999 (siehe dort S. 10) zeigt dies deutlich: Während dächtigungen korrigieren zu können. Deshalb löst es jetzt fast 29 Prozent der Befragten die Akten innerhalb zum Teil großen Unmut und Unverständnis aus, wenn eines Jahres einsehen konnten oder in Kopie zuge- Klarnamen nicht mitgeteilt werden können. Allerdings schickt bekamen, waren es vor sechs Jahren nur ist eine Bekanntgabe, wie unter Abschnitt 3.1.4 darge- 17 Prozent. Fristen von ein bis zwei Jahren gab es legt, nur dann möglich, wenn der IM anhand der bei etwa gleich häufig (aktuell 34 Prozent, seinerzeit der BStU vorhandenen Unterlagen eindeutig identifi- 32,5 Prozent). Zwei bis vier Jahre warteten diesmal ziert werden kann. Damit sind der Behörde durch das 37 Prozent der Bürgerinnen und Bürger, im Jahr 1999 Stasi-Unterlagen-Gesetz klare Grenzen gesetzt, denn waren es 32 Prozent. Wartezeiten von fünf und mehr der Schaden einer eventuellen falschen Auskunft wäre Jahren, wie sie seinerzeit noch für 17 Prozent zutrafen, nicht vertretbar. gibt es inzwischen praktisch nicht mehr. Insgesamt knapp 30 Prozent der Befragungsteilneh- Trotz der deutlichen Verkürzung der Wartezeiten ist mer haben Decknamenentschlüsselungen beantragt die Anzahl der Befragten, welche diese als sehr bzw. (Frage 15), wobei sich diese Zahl aus 50 Prozent An- zu lang empfinden mit 33,5 Prozent im Vergleich zu trägen nach erfolgter Akteneinsicht und 13 Prozent 31 Prozent (1999) fast gleich geblieben (siehe Fra- nach erfolgter Kopienzusendung zusammensetzt. Ob ge 5). Dies zeigt, dass die Erwartungen an die Behörde bei letzteren ebenfalls die Erläuterungen seitens der in diesem Punkt in den letzten Jahren – zu Recht – ge- Behörde zu verbessern sind oder die übersandten Un- stiegen sind. Die Tatsache, dass fast 60 Prozent der terlagen oftmals gar keine Decknamen enthalten – was Befragten ihre Wartezeit als angemessen empfanden aufgrund des geringeren Umfangs durchaus möglich sowie die Antworten auf Frage 7, ob die Informatio- ist – wird derzeit geprüft. nen bei Nachfragen während der Wartezeiten zufrie- – Ein weiteres großes Problem, welches die BStU seit den stellend waren, zeigen allerdings auch, dass die Inkrafttreten des Stasi-Unterlagen-Gesetzes beschäf- Gründe für die Bearbeitungsdauer nach wie vor für tigt, ist die Akzeptanz der Anonymisierungen. Aus viele nachvollziehbar sind. Die weitere Beschleuni- den Antworten zu Frage 12 geht hervor, dass nur et- gung der Antragsbearbeitung – einschließlich der not- was mehr als 10 Prozent diese für erforderlich halten, wendigen Kooperation – bleibt eine zentrale Aufgabe während fast 90 Prozent die vorgenommenen Schwär- für die nächsten Jahre. zungen als überflüssig oder unverständlich bewerte- Interessant ist, wie sich die persönliche Wahrnehmung ten. der Akteneinsicht verändert hat: Bei der Umfrage vor Die verbalen Äußerungen der Umfrageteilnehmer zei- sechs Jahren fühlten sich mehr als 60 Prozent der Befrag- gen, dass viele immer noch glauben, dass die Anony- ten während bzw. nach der Akteneinsicht emotional sehr misierungen die „Stasi-Spitzel“ oder andere ehemalige berührt (Vierter Tätigkeitsbericht der BStU, S. 12 ff.). Unterdrücker schützen oder dass ihnen Informationen Demgegenüber gaben jetzt nur noch knapp 40 Prozent an, vorenthalten werden, welche sie selber betreffen und dass der Inhalt der Unterlagen sie seelisch bewegt hat die sie für ihre Auseinandersetzung mit der Vergan- (siehe Frage 13). Dies lässt insgesamt auf eine Versachli- genheit benötigen. Teilweise wird auch vermutet, dass chung im Umgang mit dem Thema Staatssicherheits- unter den „schwarzen Balken“ bzw. abgedeckten Sei- dienst schließen. ten die erwarteten, in den vorgelegten Unterlagen aber In Gesprächen mit einzelnen Antragstellerinnen und An- nicht enthaltenen Informationen zu finden sind. tragstellern ist nach dem subjektiven Eindruck der Mit- Auffällig ist, dass das Verständnis für die Anonymisie- arbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörde jedoch eine rungen bei denjenigen, die in der Behörde persönlich entgegengesetzte Tendenz spürbar. Das liegt möglicher- Einsicht in die Unterlagen genommen haben, deutlich weise daran, dass für viele nur noch die Beschäftigten der höher ist. Offenbar lassen sich deren Sinn und Not- BStU Ansprechpartner für dieses vergangenheitsorien- wendigkeit, auf welche im Abschnitt 3.1.3 genauer tierte Thema sind. Zunehmend handelt es sich bei den – 41 –

Gesprächspartnern aber auch um Menschen, für welche träge auf Ausgleichsleistungen zu stellen sind, müssen das MfS ein zentrales Thema in ihrem Leben geblieben diese bis spätestens zum 31. Dezember 2008 bei den zu- ist. Hier muss die richtige Balance zwischen der eigentli- ständigen Arbeits- oder Sozialämtern eingehen. Darüber chen Aufgabenerfüllung – nämlich der Gewährung der hinaus gelten hier für bestimmte Zwecke Fristen, die ab Akteneinsicht als Dienstleistung nach den Vorgaben des Renteneintritt der betreffenden Person noch einmal sechs Stasi-Unterlagen-Gesetzes – und einer einfühlsamen Be- Monate betragen. ratung gefunden werden. Zwischen der Antragstellung bei den zuständigen Ämtern Die des Öfteren bestehende Erwartung, dass die BStU für und Stellen und dem Ersuchen der Stellen bei der BStU alle Vergangenheitsprobleme zuständig sei und diese lö- besteht in der Regel ein zeitlicher Abstand. Deshalb ist sen könnte, kann die Behörde jedoch nicht erfüllen. Ihre davon auszugehen, dass die Ersuchen zu diesen Verwen- Hilfe kann häufig nur in der Weitergabe von Kontakt- dungszwecken die BStU noch längere Zeit nach Ablauf adressen und der Vermittlung kompetenter Ansprechpart- der oben genannten Fristen beschäftigen werden. Dabei ner bestehen. Wie wichtig solche Informationen aller- ist naturgemäß insgesamt mit einem allmählichen Rück- dings sind, zeigen die Antworten auf Frage 16, denn über gang der Antragszahlen zu rechnen. Während im Jahr 50 Prozent gaben hier an, dass ihnen andere Beratungs- 2002 wegen der Befürchtung, die Rehabilitierungsgesetze möglichkeiten nicht bekannt waren. könnten nicht verlängert werden, noch fast 14 000 Ersu- chen zur Rehabilitierung und Wiedergutmachung eingin- Dass insgesamt 85 Prozent der Befragungsteilnehmer an- gen, waren es im Jahr 2003 knapp 7 000, 2004 etwas deren Personen ebenfalls einen Antrag auf Akteneinsicht mehr als 5 000 und bis einschließlich Juni 2005 2 478 Er- empfehlen würden (Frage 19), zeigt, dass die Arbeit der suchen (siehe Anhang 17, S. 100). Bundesbeauftragten nach wie vor für sehr wichtig gehal- ten wird und sowohl die praktischen Verfahrensweisen als Neben erstmals eingereichten Ersuchen wurden im Be- auch die bürgerfreundliche Arbeit der Mitarbeiterinnen richtszeitraum weiterhin auch Ersuchen zu Widerspruchs- und Mitarbeiter insgesamt eine hohe Akzeptanz erfahren. und Gerichtsverfahren bearbeitet. Hier geht es häufig da- rum, inwieweit die Gründe für ein Versagen von Leistun- Abschließend konnten die Befragten ihre Meinung zur gen (Ausschließungsgründe) durch die zuständigen Stel- Zukunft der Behörde äußern (Frage 20). Hier kreuzten len tatsächlich schwerwiegend genug für eine solche fast 90 Prozent an, dass sie die Aufgaben der Bundesbe- Entscheidung sind. Zur Beurteilung dieser Frage werden auftragten auch künftig für wichtig halten. Dieses Ergeb- auch die von der BStU zur Verfügung gestellten Unterla- nis wurde durch die vielen verbalen Ausführungen zu die- gen hinzugezogen, insbesondere zur Klärung der Frage, sem Thema nachdrücklich bekräftigt. In 90 Prozent dieser inwieweit die in Rede stehende Person durch eine Zusam- Äußerungen wurde nochmals betont, wie bedeutsam so- menarbeit mit dem Staatssicherheitsdienst anderen Men- wohl der private Zugang zu den Unterlagen als auch die schen geschadet oder auf andere Weise gegen die Prin- politische Aufarbeitung der Vergangenheit für den Ein- zipien der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit zelnen und für die Gesellschaft sind. Die überwiegende verstoßen hat. Zahl der Bürgerinnen und Bürger, welche die Arbeit der BStU aus eigener Erfahrung beurteilen können, sieht also Darüber hinaus wurden Ersuchen zum Nachweis von in weiterhin einen großen Bedarf für die Tätigkeit der Be- der Haft oder durch andere vom Staatssicherheitsdienst hörde. veranlasste Handlungen erlittenen Gesundheitsschäden bearbeitet. 3.2 Verwendung von Unterlagen durch Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass auf dem öffentliche und nichtöffentliche Stellen Gebiet der beruflichen Rehabilitierung die Nachweisfüh- 3.2.1 Ersuchen zur Rehabilitierung von rung besonders schwierig ist. So muss der Betroffene be- Betroffenen und zur Wiedergut- weisen, dass er zumindest zeitweilig infolge einer zu Un- machung erlittenen Unrechts recht erlittenen Freiheitsentziehung, infolge eines Gewahrsams oder durch hoheitliche Maßnahmen, die der Eine zentrale Aufgabe der Behörde ist es, Bürgerinnen politischen Verfolgung dienten, weder seinen bisher aus- und Bürgern, die in der DDR aus politischen Gründen geübten, begonnenen, erlernten oder durch den Beginn Unrecht erlitten haben, bei einer angestrebten Rehabilitie- einer berufsbezogenen Ausbildung nachweisbar ange- rung zu unterstützen. Im Sechsten Tätigkeitsbericht der strebten noch einen sozial gleichwertigen Beruf ausüben BStU wurde bereits darauf hingewiesen, dass auf Initia- konnte. Schon diese detaillierten Anforderungen zeigen, tive des Bundesrates eine nochmalige Verlängerung der dass der Nachweis einer politisch motivierten beruflichen Antragsfristen auf der Grundlage der SED-Unrechtsberei- Benachteiligung oftmals nur durch Indizien möglich ist. nigungsgesetze über den 31. Dezember 2003 hinaus vor- Hier sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BStU geschlagen worden war. Am 22. Dezember 2003 ist für in besonderem Maße gefordert, jedem Hinweis nachzuge- alle drei Rehabilitierungsgesetze – das Strafrechtliche hen, um den zuständigen Stellen eine aussagefähige (StrRehaG), Verwaltungsrechtliche (VwRehaG) und Be- Grundlage für ihre Entscheidung zu geben. rufliche Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) – die ent- sprechende Verlängerung der Fristen bis zum 31. De- Nachteile für die Verfolgten sollen auch bei der Berech- zember 2007 beschlossen worden. Sofern aufgrund der nung der Rente berücksichtigt werden, indem Verfol- Rehabilitierungsbescheinigung nach dem BerRehaG An- gungszeiten als Pflichtbeitragszeiten angerechnet werden. – 42 –

Sofern der Betroffene wegen einer Verfolgungsmaß- che Art und Weise das MfS zu bestimmten prozessrele- nahme z. B. seine Fachschul- oder Hochschulausbildung vanten Informationen gekommen ist. nicht abschließen konnte, gilt die Ausbildung für die Anerkennung der Anrechnungszeiten als abgeschlossen. 3.2.2 Ersuchen zu Vermögensangelegenheiten Ausgleichszahlungen, die nach Abschnitt 3 des im Rahmen der Wiedergutmachung sowie BerRehaG gezahlt werden, gelten im Übrigen bei ein- für die Aufklärung, Erfassung und kommensabhängigen Sozialleistungen nicht als Einkom- Sicherung des Vermögens der DDR men. Außerdem ist der Anspruch auf die Ausgleichsleis- tungen unpfändbar. Durch die Teilung Deutschlands und die unterschiedliche Entwicklung in beiden deutschen Staaten haben sich un- Bei der strafrechtlichen Rehabilitierung kommt es im We- zählige ungeklärte Vermögensverhältnisse entwickelt. Im sentlichen darauf an, strafrechtliche Entscheidungen Grundlagenvertrag von 1972 gibt es nur einen Protokoll- deutscher Gerichte im so genannten Beitrittsgebiet aus vermerk, dass wegen der unterschiedlichen Rechtsposi- der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 auf tionen zu Vermögensfragen diese durch den Vertrag nicht Antrag für rechtsstaatswidrig zu erklären und aufzuhe- geregelt werden konnten. Von da an sprach man von ben, soweit sie mit wesentlichen Grundsätzen einer frei- „offenen Vermögensfragen“ als spezieller Begriffskate- heitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar sind. gorie. Die gesetzliche Grundlage dafür bildet das StrRehaG vom 29. Oktober 1992. Zuständig sind die jeweiligen Re- Mit der Wiedervereinigung und der Schaffung umfangrei- habilitierungskammern der Landgerichte in den einzelnen cher Rechtsnormen wie z. B. dem Vermögensgesetz und Bundesländern. dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG) sind die Grundlagen für eine Rückgabe von ver- Um zu prüfen, ob die von den Betroffenen vorgetragenen lorenem Vermögen bzw. für eine Entschädigung gelegt Sachverhalte eine Rehabilitierung rechtfertigen bzw. ob worden. Gründe vorliegen, die diese ausschließen, wenden sich Bei der Bearbeitung von Ersuchen zu offenen Vermö- die zuständigen Stellen an die BStU. Auf der Grundlage gensfragen und zur Wiedergutmachung gemäß §§ 20 der §§ 20 und 21 jeweils Absatz 1 Nr. 1 sowie § 24 StUG und 21 jeweils Absatz 1 Nr. 1 StUG geht es im Wesentli- stellt die Bundesbeauftragte den Gerichten die entspre- chen um vier Themenkomplexe: chenden Unterlagen – soweit vorhanden – zur Verfügung. – Ersuchen nach dem Ausgleichsleistungsgesetz Alle Ersuchen werden mit der gebotenen Eilbedürftigkeit (AusglLeistG), bearbeitet. Nach wie vor ist jedoch festzustellen, dass die Benutzungsdauer der Verfahrensakten durch die Justizbe- – Ersuchen zur Entschädigung für den Verlust von be- hörden sehr lang ist. Die BStU hat diese Archivalien nach weglichen Sachen, den jeweiligen gesetzlichen Verfahrensordnungen zur – Ersuchen zu immobilen Vermögenswerten, Verfügung zu stellen (§ 24 StUG). Sie werden im Origi- nal an die zuständigen Stellen herausgegeben und sind – Herausgabe von Unterlagen an den derzeitigen Verfü- daher für die Dauer der Ausleihe einer anderweitigen Ver- gungsberechtigten. wendung in der Behörde entzogen. Die von der BStU erstellten Mitteilungen dienen den er- Die Zahl der Ersuchen zur Rehabilitierung ist rückläufig. suchenden Stellen zur Entscheidungsfindung. So kann es Gingen im Jahr 2003 noch 2 218 Ersuchen ein, waren es Gründe geben, die eine Ablehnung von Entschädigungs- im Jahr 2004 noch 1 722 und im 1. Halbjahr 2005 leistungen zur Folge haben. Das kann zum Beispiel der 753 Ersuchen (siehe Anhang 17, S. 100). Allerdings hat Fall sein, wenn aus den Unterlagen des Staatssicherheits- sich die erforderliche Recherchetiefe verändert. In den dienstes nicht hervorgeht, dass die Antragstellerin oder zurückliegenden Berichtszeiträumen reichte im Regel- der Antragsteller die beantragten Vermögenswerte über- fall die Übersendung der Verfahrensunterlagen aus. In haupt im Besitz hatte oder wenn der ersuchenden Stelle letzter Zeit tragen die Antragstellerinnen und Antrag- die Angaben zum Verbleib oder zur Verwertung des Ver- steller häufig unpräzise, im Zeitablauf weit zurücklie- mögens als Entscheidungsgrundlage nicht ausreichen. gende Sachverhalte oder Sachzusammenhänge vor. Um Weiterhin muss festgestellt werden, ob Entscheidungen in diese anhand der Unterlagen des Staatssicherheitsdiens- der DDR zu Eigentums-, Nutzungs- und sonstigen Rech- tes belegen zu können, sind oft zeitaufwändige Recher- ten an Immobilien, die möglicherweise rechtsstaatswidrig chen notwendig. und unter Mitwirkung des Staatssicherheitsdienstes zu- stande gekommen waren (z. B. durch Korruption, Täu- Insbesondere in Widerspruchsverfahren oder bei Rechts- schung oder Ausnutzung einer persönlichen Machtstel- streitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten sind nicht nur lung), aufgehoben werden können und ob Ansprüche die originären Verfahrensunterlagen Gegenstand der Be- bestehen. wertung. Vielmehr rücken dann auch die Untersuchungs- vorgänge der HA IX (Untersuchungsorgan des Staatssi- Eine Entschädigung für bewegliches Vermögen wird nur cherheitsdienstes) in das Blickfeld, in die die Ergebnisse gewährt, wenn die unberechtigte Wegnahme durch einen der vom MfS geführten Untersuchungen Eingang fanden. in zeitlichem Zusammenhang mit der Schädigung erstell- Diese Unterlagen dienen heute dem Nachweis, auf wel- ten schriftlichen Beleg nachweisbar ist. – 43 –

Bei einer Anzahl von Ersuchen geht es um die Sicherung Zu Straftaten mit terroristischem Hintergrund ermittelt von Vermögen der DDR, das nach der Wiedervereinigung insbesondere das Bundeskriminalamt. Die fortgeschrit- in Bundesvermögen übergegangen ist. Darunter befinden tene Erschließung der Unterlagen durch den Archiv- sich vielfach sehr wertvolle Immobilien. bereich lässt hierzu inzwischen detaillierte Sachabfragen Die zuständigen Stellen (Vermögensämter und Gerichte) zu. Das Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern haben gemäß §§ 20 und 21 jeweils Absatz 1 Nr. 5 StUG beispielsweise richtete ein Ersuchen zur Feststellung der im Wege der Amtshilfe die Möglichkeit, anhand der Un- Schulungs- und Ausbildungslager des MfS, in denen ara- terlagen des Staatssicherheitsdienstes das ehemalige bische Staatsangehörige eine militärische Ausbildung er- MfS-Vermögen (Liegenschaften und Finanzen) aufzuklä- hielten, an die BStU. ren, zu erfassen und für das Bundesvermögen zu sichern. Ein Ersuchen der Landespolizeidirektion Stuttgart be- Auch 15 Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es noch schäftigt sich mit dem Betrug durch Passfälschungen. Liegenschaften, die im Grundbuch mit dem Eigentümer Anlass des Ersuchens ist die Tatsache, dass Asylbewer- „MfS“ eingetragen sind. ber, die über die DDR in die Bundesrepublik einreisten Darüber hinaus werden Ersuchen zur Herausgabe von bzw. durch die Wiedervereinigung in Deutschland waren, Bauunterlagen ehemaliger MfS-Objekte an die jetzigen mit gefälschten Dokumenten unberechtigt soziale Unter- Verfügungsberechtigten bearbeitet (§ 11 Abs. 4 i. V. m. stützungen in Anspruch nahmen und noch nehmen. § 26 StUG). Im Berichtszeitraum gingen zum Themenkomplex „Of- 3.2.4 Verwendung von Unterlagen für fene Vermögensfragen“ 2 137 Erstersuchen sowie 81 Fol- Zwecke der Nachrichtendienste geersuchen ein. Etwa die gleiche Anzahl wurde erledigt. Die Ersuchen der Nachrichtendienste des Bundes, der Obwohl die Antragsfrist bei den Ämtern bereits abgelau- Länder und der Verbündeten sind darauf gerichtet, die fen ist, haben Bürgerinnen und Bürger, die erst jetzt ein Umstände der damaligen Spionage gegen die Bundes- Urteil zur Rehabilitierung erhalten, weiterhin die Mög- republik Deutschland und die Verbündeten aufzuklären. lichkeit der Antragstellung. Daraus können für die heutige Spionageabwehr Erkennt- nisse gewonnen und damalige Spione daraufhin überprüft 3.2.3 Verwendung von Unterlagen für werden, ob sie gegebenenfalls noch heute – für einen an- Zwecke der Strafverfolgung und deren Nachrichtendienst – ihre geheimdienstliche Agen- Gefahrenabwehr tentätigkeit fortsetzen. Auf der Grundlage des § 23 StUG richteten die Strafver- folgungsbehörden in den Jahren 2003 und 2004 4 711 3.2.5 Nutzung des Zentralen Einwohner- bzw. 1 919 Ersuchen an die BStU. Bis Juni 2005 kamen registers der DDR weitere 731 Ersuchen hinzu (siehe Anhang 17, S. 100). Seit der ersten Novellierung des Stasi-Unterlagen-Geset- Diese bezogen sich hauptsächlich auf Tötungsdelikte, die zes im Februar 1994 kann die Bundesbeauftragte zur Er- Verfolgung von NS-Strafsachen, Terrorismus, geheim- füllung ihrer Aufgaben das Zentrale Einwohnerregister dienstliche Agententätigkeit, organisierte Kriminalität, (ZER) der DDR heranziehen und den Gerichten und Passfälschungen oder die Aufklärung von Doppelidenti- Strafverfolgungsbehörden Daten aus diesem Register zur täten. Verfügung stellen (§ 2 Abs. 2 StUG). Derzeit ist die Nut- Die Ersuchen zu Tötungsdelikten basierten größtenteils zung des ZER bis zum 31. Dezember 2005 begrenzt. Da auf Ermittlungen im Zusammenhang mit einem angebli- die Verwendungszwecke, für die das ZER genutzt wird, chen Auftragskiller des MfS, über die auch in den Medien weiter bestehen, sollte eine Verlängerung der Geltungs- berichtet wurde. Hinweise zur Aufklärung konnten trotz dauer angestrebt werden. umfangreicher Sach- und Personenrecherchen nicht gege- Die im ZER enthaltenen Merkmale Name (einschließlich ben werden. Geburtsname und sonstige Namen), Vorname, Personen- Zu aktuellen Tötungsdelikten wurden Ersuchen an die kennzahl, Geburtsort und letzte Anschrift sowie ggf. das BStU gerichtet, wenn Ermittlungsansätze bekannt wur- Merkmal „verstorben“ entsprechen dem Stand des Jahres den, die in die DDR-Vergangenheit reichten oder MfS- 1992. Im ZER sind nicht nur Bürgerinnen und Bürger der Bezug aufwiesen. Es wurden aber auch Ersuchen zu DDR erfasst, sondern auch Personen, die dort zeitweilig Tötungsdelikten bearbeitet, die bereits länger zurückla- ihren Wohnsitz hatten. gen (z. B. aus den 50er Jahren). Die Ermittler erhofften sich durch inzwischen zugängliche Unterlagen Aufklä- Mit jährlich mehreren Tausend Anfragen werden die rung. Identifizierungsmöglichkeiten des ZER genutzt, da es sonst keine Möglichkeiten mehr gibt, auf die Personen- In großem Umfang werden weiterhin Ersuchen der Er- meldedaten der DDR zurückzugreifen. mittlungsbehörden bearbeitet, die noch ungeklärte Kriegs- oder NS-Verbrechen zum Gegenstand oder aber Die Anzahl der externen Anfragen ist rückläufig, von das Auffinden der damaligen Täter zum Ziel haben. Zu 1 945 im Jahr 2003 bis ca. 800 in den Jahren 2004 und diesem Themenkomplex gehen nach wie vor auch 2005 zusammen. Sie werden hauptsächlich von den Rechtshilfeersuchen aus den USA ein. Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden, wie dem – 44 –

Bundeskriminalamt, den Polizeibehörden und Staatsan- seinem Nachteil verwertet werden. Dies bedeutet nicht waltschaften der Länder sowie Gerichten gestellt. Dabei nur, dass die Empfänger von Mitteilungen der Bundes- ist eine Zunahme von Ersuchen der Polizeibehörden der beauftragten entsprechende Informationen nicht mehr alten Bundesländer zu verzeichnen. Die Datensätze des verwenden dürfen, sondern auch, dass die Behörde ab ZER sind bei Ermittlungen zur organisierten Kriminalität, diesem Zeitpunkt zu den oben genannten Verwendungs- zu Mord und zur Terrorismusbekämpfung eine wichtige zwecken keine Informationen aus den Unterlagen des Quelle der Personenidentifizierung, aber auch, um ggf. Staatssicherheitsdienstes mehr zur Verfügung stellen darf. Hinweise zum Werdegang mutmaßlicher Terroristen in Die Stellen sind daher aufgefordert, die Ersuchen zur die Ermittlungen einbeziehen zu können. Weiterhin wer- Überprüfung so rechtzeitig bei der Behörde einzureichen, den die Angaben des ZER bei Personenstandssachen der dass eine Erledigung realistischerweise noch vor diesem Amtsgerichte beigezogen. Termin möglich ist. Die Bundesbeauftragte ihrerseits wird die Bearbeitung der Überprüfungsersuchen so orga- Die interne Nutzung wird im Berichtszeitraum mit ca. nisieren, dass die Mitteilungen rechtzeitig vor dem 3 600 bis 4 000 Anfragen jährlich dokumentiert. Im 29. Dezember 2006 erstellt werden, sodass sie ggf. noch 1. Halbjahr 2005 waren es 2 553 Anfragen. Für die Auf- Wirksamkeit entfalten können. gaben der Bundesbeauftragten ist das ZER ein unentbehr- liches Hilfsmittel, besonders für Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass alle anderen Verwendungszwecke, z. B. Rehabilitierung – die Bekanntgabe von Klarnamen im Rahmen der und Wiedergutmachung, Persönlichkeitsschutz, Schick- Akteneinsicht, da nach jedem ZER-Merkmal einzeln salsaufklärung, Rentenfestsetzung, Strafverfolgung und und in Kombination recherchiert werden kann, Gefahrenabwehr von der 15-Jahres-Frist nicht umfasst sind. Hervorzuheben ist auch, dass der Gesetzgeber bei – die Einbeziehung von Außenstellen in die Bearbeitung der persönlichen Akteneinsicht für die Bürgerinnen und der Vorgänge (z. B. kann bei der Bearbeitung von Er- Bürger wie auch bei der Verwendung für Zwecke der For- suchen zur Rehabilitierung, Wiedergutmachung und schung und politischen Bildung keine zeitliche Beschrän- Aufklärung des Schicksals Verstorbener oder zur kung vorgesehen hat. Strafverfolgung und Gefahrenabwehr eine bislang nicht bekannte Anschrift zu einem neuen Recherche- Mit Beschluss vom 26. September 2003 hat der Bundes- ansatz führen), rat unter Bezugnahme auf die „Rosenholz“-Unterlagen Bund und Länder aufgefordert, die Bediensteten auf eine – die Personenidentifizierung zur Aufdeckung einer Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst zu überprüfen möglichen Doppelidentität hauptamtlicher und haupt- und gleichzeitig die Parlamentarier aufgerufen, sich eben- amtlich inoffizieller Mitarbeiter des MfS, falls einer solchen Überprüfung zu unterziehen. In diesem – den Abgleich von unvollständigen Personenangaben, Sinne haben die Regierungen von Sachsen, Thüringen z. B. bei der Bearbeitung von Ersuchen nach §§ 20 und Sachsen-Anhalt für ihre Länder ähnlich lautende Be- und 21 jeweils Absatz 1 Nr. 6 (Überprüfungen) und schlüsse gefasst. Danach wurde eine erneute Überprüfung Nr. 9 (Rentenangelegenheiten) und von Beschäftigten im öffentlichen Dienst in erheblichem Umfang, aber in abgestufter Weise für Landesbedienstete – die Klärung von nichtlesbaren Datensätzen der „Ro- vorgeschrieben (höherer Dienst, gehobener Dienst bei senholz“-Datei. Hier konnte im Berichtszeitraum zu Führungsfunktionen, Neueinstellungen, konkrete An- 5 068 Datensätzen eine Klärung herbeigeführt werden. haltspunkte für Kontakte mit dem Staatssicherheitsdienst usw.). Bei den Bereichen, in denen das Land als Dienst- 3.2.6 Ersuchen zur Überprüfung von Personen herr/Arbeitgeber keine Personalhoheit hat, also etwa bei Kommunen oder privatrechtlich verfassten Institutionen, Die Aktivitäten im Bereich der Überprüfung von Perso- wurde eine Überprüfung politisch nahe gelegt. nen waren im Berichtszeitraum – neben der öffentlichen Debatte über die „Rosenholz“-Unterlagen – vor allem Insgesamt hat dies im Berichtszeitraum bei den Überprü- durch den Umstand geprägt, dass nach Ablauf einer Frist fungsersuchen (ohne Ersuchen in Rentenangelegenhei- von 15 Jahren, also mit dem Ende des Jahres 2006, eine ten) zu einer deutlichen Steigerung der Eingangszahlen Reihe von Verwendungszwecken entfällt (§§ 20 und 21 geführt. So erhöhten sich beispielsweise die Ersuchen zur jeweils Absatz 3 StUG). Nicht mehr zulässig sind dann Überprüfung durch den öffentlichen Dienst im Jahre 2004 alle Überprüfungen von Personen gemäß §§ 20 und 21 je- im Vergleich zu 2003 um etwa das achtfache (siehe weils Absatz 1 Nr. 6 und 7 StUG (Regierungsmitglieder, Anhang 17, S. 100). Bundes- und Landtagsabgeordnete, kommunale Mandats- träger, Beiratsmitglieder, im öffentlichen Dienst Beschäf- 3.2.6.1 Überprüfung von Abgeordneten und tigte, Rechtsanwälte, leitende Funktionsträger in Unter- Angehörigen kommunaler Vertretungs- nehmen, Verbänden, Vereinen und Parteien, in körperschaften, Mitarbeitern von Ab- sicherheitsrelevanten Positionen Tätige, ehrenamtliche geordneten sowie Vorstandsmitgliedern Richter, kirchliche Ehrenamtsträger, Betriebsräte). und Wahlkandidaten von Parteien Die Tatsache einer Tätigkeit für den Staatssicherheits- Das Interesse an der Überprüfung von Volksvertretern ist dienst darf einem Beschäftigten im Rechtsverkehr ab dem nach wie vor regional unterschiedlich ausgeprägt. Die 29. Dezember 2006 nicht mehr vorgehalten und nicht zu jährlichen Eingangszahlen unterliegen Schwankungen, – 45 – die sich aus der unterschiedlichen zeitlichen Lage der je- Von der Möglichkeit, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiligen Legislaturperioden ergeben. In der gegenwärti- von Abgeordneten und Fraktionen überprüfen zu lassen, gen 15. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages ha- wurde im Berichtszeitraum in 254 Fällen Gebrauch ge- ben 377 seiner Mitglieder um ihre Überprüfung gebeten. macht, fast ausschließlich vom Landtag Sachsen und den Abgeordneten und Fraktionen des Landtages Thüringen. Die Abgeordneten der Landtage von Sachsen (114) und Thüringen (83 in der vorherigen, 79 in der jetzigen Legis- Einen erheblichen Umfang haben die Ersuchen zur Über- laturperiode) wurden aufgrund der obligatorischen lan- prüfung von Angehörigen kommunaler Vertretungskör- desgesetzlichen Regelung vollständig überprüft (ein- perschaften (Gemeinderäte, Kreistage, Stadtverordneten- schließlich nachgerückter Parlamentarier). Um auch noch versammlungen, Stadträte, Amtsausschüsse usw.) sowie die in der Zwischenzeit für die Recherche zur Verfügung von Funktionsträgern auf kommunaler Ebene (Landräte, gestellten „Rosenholz“-Dateien mit einbeziehen zu kön- hauptamtliche und ehrenamtliche Bürgermeister, Ortsbür- nen, wurde auf Ersuchen des Thüringer Landtages eine germeister/Ortsvorsteher, Ortschaftsräte, Gemeinschafts- erneute Überprüfung durchgeführt; zudem wurde durch vorsitzende, Beigeordnete usw.) angenommen. Während eine Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes die im Jahr 2003 noch insgesamt 446 Ersuchen dieser Art ursprünglich auf die dritte Legislaturperiode begrenzte eingegangen sind, waren es im Jahr 2004 schon 3 267, Überprüfung noch auf die gegenwärtige vierte erweitert. davon der weitaus größte Teil zu Mitgliedern der Ge- meinderäte und vergleichbaren Gremien, der kleinere Teil Das Landesparlament von Sachsen-Anhalt hat 81 Abge- zu Funktionsträgern. Bis einschließlich Juni 2005 sind ordnete zur Überprüfung eingereicht, das von Mecklen- weitere 4 949 Ersuchen eingereicht worden. burg-Vorpommern 30. Zu diesen kamen weitere 23 Abge- ordnete, die wegen politischer Differenzen um das Insbesondere im Bundesland Sachsen wird – einer Vor- Verfahren innerhalb des Landtages jeweils als Privatper- gabe des Innenministers entsprechend – relativ flächen- son einen Auskunftsantrag gestellt haben. Die Überprü- deckend von der Möglichkeit der Überprüfung im kom- fung der Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin munalen Bereich Gebrauch gemacht. Von hier kommen (153) war schon vor dem Berichtszeitraum abgeschlos- die meisten Ersuchen dieser Art. Ein weiterer großer Teil sen. Auf Bitten des Parlamentes wurde eine Wieder- der Ersuchen wird aus Thüringen eingereicht. Dabei holungsprüfung unter Einbeziehung der „Rosenholz“-Da- spielt auch eine landesgesetzliche Besonderheit eine teien durchgeführt. Ebenso wurde beim Landtag von Rolle: Bis zum Auslaufen der kommunalen Amtsperiode Sachsen-Anhalt und beim Bundestag für diejenigen Ab- 2004 hatte das Thüringer Kommunalwahlgesetz in § 12 geordneten verfahren, deren Überprüfung bereits abge- Abs. 2 vorgeschrieben, dass die Überprüfung der Ange- schlossen war. hörigen kommunaler Vertretungskörperschaften nur ein- geschränkt möglich war und (nur) den jeweiligen Rechts- Hervorzuheben ist, dass sich vor dem Hintergrund der öf- aufsichtsbehörden oblag. Nach Wegfall dieser Regelung fentlichen Debatte um die „Rosenholz“-Dateien zum ers- haben die 2004 neu gewählten Gemeinderäte und ver- ten Mal Parlamente der alten Bundesländer – bis auf Nie- gleichbare Gremien grundsätzlich wieder die Möglich- dersachsen – dazu entschlossen haben, eine Überprüfung keit, in Wahrnehmung eigener Rechte Überprüfungen ih- ihrer Abgeordneten auf eine Tätigkeit für den Staats- rer Mitglieder vorzunehmen. sicherheitsdienst durchzuführen. Niedersachsen war bis- her das einzige westliche Bundesland, dessen Abgeordne- Aus Sachsen-Anhalt (485), Brandenburg (931) und tengesetz eine Regelung zur Überprüfung enthält und wo Mecklenburg-Vorpommern (343) wurden deutlich weni- es deshalb schon in den Jahren 1994/1995 und 1998/1999 ger kommunale Überprüfungsersuchen eingereicht, aus Überprüfungen gab. Die Überprüfung in der laufenden Berlin haben sich sieben (von zwölf) Bezirksverordneten- Legislaturperiode (zu 173 Abgeordneten) knüpft daran an. versammlungen (zu 303 Personen) mit einem solchen Anliegen an die Bundesbeauftragte gewandt. Aus den Neu hinzugekommen ist die Bürgerschaft des Stadtstaates westlichen Bundesländern war überhaupt kein Eingang Bremen, die sich vollständig überprüft (80) und inzwi- zu verzeichnen. Zu Vorstandsmitgliedern und Wahlkandi- schen auch das Bremische Abgeordnetengesetz um eine daten von Parteien gab es im Berichtszeitraum insgesamt Überprüfungsnorm ergänzt hat, sowie das Landesparla- 23 Ersuchen. ment von Nordrhein-Westfalen, auf dessen Empfehlung sich bisher 177 Abgeordnete zur Überprüfung entschlos- 3.2.6.2 Überprüfung von Regierungsmitgliedern sen haben. Dazu kommen 22 Abgeordnete, die den Weg gewählt haben, als Privatperson einen Auskunftsantrag zu In einem größeren Umfang als bisher wurde von der stellen. Dasselbe gilt für die Landtage von Hessen und Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Mitglieder von Lan- Saarland. Hier haben, soweit erkennbar, 9 bzw. desregierungen zu überprüfen. So haben die Regierungen 26 Abgeordnete einen Antrag auf persönliche Aktenein- der Bundesländer Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, sicht gestellt. Gemäß § 3 Abs. 2 StUG kann jeder die von Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Berlin, Hamburg und der Bundesbeauftragten zur eigenen Person erhaltenen In- Bremen bei der Bundesbeauftragten darum ersucht, formationen frei verwenden, also auch z. B. dem Land- Minister und Senatoren bzw. Staatssekretäre und Staats- tagspräsidenten zur Verfügung stellen. Verpflichtet ist räte auf eine hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit für dazu aber niemand. Insofern ist dieser „private Weg“ den Staatssicherheitsdienst hin zu überprüfen. Waren es keine Überprüfung durch den Landtag, kann also nur in- im vorherigen Berichtszeitraum Ersuchen zu weniger als direkt diesem Bereich zugeordnet werden. 30 Personen, so sind aktuell Ersuchen zu ca. 140 Perso- – 46 – nen eingegangen, die in der Regel innerhalb von vier bis sonen ein. Dabei waren die ersuchenden Stellen in den acht Wochen erledigt wurden. meisten Fällen Opferverbände, die nach Neuwahlen ihre Vorstandsmitglieder überprüften. Die Ersuchen zu den Mitgliedern der Landesregierung Nordrhein-Westfalen gingen – wie auch solche zu einigen Landtagsabgeordneten – erst kurz vor der Neuwahl des 3.2.6.6 Überprüfung von Personen im kirch- Landtages, die am 22. Mai 2005 stattfand, ein. Dennoch lichen Dienst und in kirchlichen ist es mit erheblichem Aufwand gelungen, diese Überprü- Ehrenämtern fungen rechtzeitig vor dem Wahltermin abzuschließen. Während im vorhergehenden Berichtszeitraum zu 47 Per- sonen angefragt wurde, erreichten im aktuellen Berichts- 3.2.6.3 Überprüfung von Beschäftigten zeitraum 49 Ersuchen zu diesem Bereich die Behörde. im öffentlichen Dienst Im Bereich der Überprüfungen von Beschäftigten des öf- 3.2.6.7 Sicherheitsüberprüfungen fentlichen Dienstes ist die, im Wesentlichen durch die Der Eingang von Ersuchen zum Zweck von Sicherheits- „Rosenholz“-Diskussion und die gesetzliche Befristung überprüfungen, einschließlich solcher – nach dem 11. Sep- bis Ende 2006 hervorgerufene Steigerung der Eingangs- tember 2001 vorgeschriebener – durch die Luftfahrt- zahlen am größten. Während im Jahr 2003 noch insge- behörden, ist leicht rückläufig: im Jahr 2003 gingen Ersu- samt ca. 9 000 Ersuchen eingereicht wurden, waren es im chen zu ca. 11 800, im Jahr 2004 zu ca. 9 400 Personen Jahr 2004 insgesamt schon über 70 000. Die Verteilung ein, bis Juni 2005 lagen weitere rund 4 900 Ersuchen vor auf die Bundesländer (2003/2004) ist sehr unterschied- (siehe Anhang 17, S. 100). Aufgrund der Dringlichkeit lich: Sachsen ca. 4 200/42 800, Thüringen ca. 1 500/ werden diese Ersuchen in der Regel innerhalb von drei 12 200, Sachsen-Anhalt ca. 1 700/10 500, Brandenburg Monaten erledigt. Damit konnte auch die Zusage einge- ca. 400/2 400, Mecklenburg-Vorpommern ca. 600/300, halten werden, die die Bundesbeauftragte gegenüber dem Berlin ca. 200/200. Hinzu kommen ca. 600/1 000 Ersu- für Sicherheitsfragen zuständigen Arbeitskreis der Konfe- chen von Bundesbehörden und – sehr selten – öffentli- renz der Innenminister und -senatoren abgegeben hatte. chen Arbeitgebern in den alten Bundesländern. Einzige Ausnahme ist hier die Stadt Braunschweig, deren Verwal- tung 2004 zu über 600 Personen Überprüfungsersuchen 3.2.6.8 Ersuchen in Rentenangelegenheiten eingereicht hat. Von Januar bis Juni 2005 wurden insge- Die Anzahl der eingegangenen Ersuchen von Rentenver- samt weitere 40 993 Ersuchen eingereicht (siehe Anhang 17, sorgungsträgern zur Klärung von Ansprüchen und An- S. 100). wartschaften auf Rentenleistungen nach dem Anspruchs- Die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thürin- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) war gen kündigten insgesamt die Überprüfung von rund gleich bleibend hoch: im Jahr 2003 ca. 83 000, im Jahr 100 000 Personen an; die Ersuchen liegen inzwischen fast 2004 ca. 84 000 Ersuchen und im 1. Halbjahr 2005 rund vollständig vor. 33 500 (siehe Anhang 17, S. 100).

Die nun mögliche Nutzung der „Rosenholz“-Dateien hat 3.2.6.9 Ordensangelegenheiten auch die Bundesbeauftragte veranlasst, im Jahr 2004 das eigene Personal noch einmal zu überprüfen. Insgesamt Die Anfragen von Bundespräsidialamt, Bundesministe- wurden 2 343 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überprüft. rien und Bundesländern zur Überprüfung der Ordenswür- Neue Erkenntnisse auf eine eventuelle Tätigkeit für das digkeit von Personen sind leicht rückläufig. Im aktuellen MfS ergaben sich dabei nicht. Berichtszeitraum lagen 599 Ersuchen vor, im vorherigen waren es 690 Fälle. 3.2.6.4 Überprüfung von Rechtsanwälten, Notaren und ehrenamtlichen Richtern 3.2.6.10 Mitteilungen ohne Ersuchen Im Berichtszeitraum wurden 843 Ersuchen zu Rechtsan- Gemäß §§ 27/28 StUG hat die Bundesbeauftragte bei ei- wälten, Notaren und ehrenamtlichen Richtern gestellt, nigen Personengruppen den jeweils ersuchensberechtig- letztere nehmen davon den größeren Teil ein. Auch hier ten öffentlichen oder nichtöffentlichen Stellen von sich ist die Steigerung signifikant: Während im Jahr 2003 ins- aus Mitteilung über eine hauptamtliche oder inoffizielle gesamt 85 Ersuchen eingingen, waren es im Jahr 2004 Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst zu machen, schon 719; im ersten Halbjahr 2005 gingen 92 Ersuchen wenn sie gelegentlich der Erfüllung ihrer Aufgaben auf ein. Zu allen drei Verwendungszwecken kommen die entsprechende Informationen in den Unterlagen stößt. In meisten Ersuchen aus Sachsen. den Jahren 2003 und 2004 und bis Juni 2005 haben die Recherchen bei Vorgängen zu anderen Personen in insge- 3.2.6.5 Überprüfung von leitenden Personen samt 17 Fällen zu einem Aktenfund geführt, der eine an- in Wirtschaft und Verbänden schließende Mitteilung ohne Ersuchen erforderlich ge- macht hat. In drei Fällen ging es dabei um leitende Die Anzahl der Ersuchen aus diesem Bereich ist weiter- Personen in Wirtschaft, Vereinen und Verbänden, in fünf hin relativ gering. Im Berichtszeitraum wurde zu leiten- Fällen um solche in Sportvereinen und -verbänden sowie den Personen in der Wirtschaft in 150 Fällen angefragt, in neun Fällen um Abgeordnete und Angehörige von von Verbänden und Vereinen gingen Ersuchen zu 85 Per- kommunalen Vertretungskörperschaften. – 47 –

3.3 Anträge für die Forschung zum Zweck auch die Vielfalt der Themen das breite Interesse an der der politischen und historischen Auf- Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes arbeitung der Tätigkeit des Staatssicher- (zur prozentualen Verteilung der Anträge nach Themen- heitsdienstes, für Zwecke der politischen komplexen siehe Anhang 21, S. 107). Bildung sowie von Presse, Rundfunk und Film Im Folgenden werden einige der Anträge, die die Be- hörde im Berichtszeitraum besonders intensiv beschäftig- Die Bundesbeauftragte hat den gesetzlichen Auftrag, For- ten und deren Ergebnisse eine vergleichsweise hohe schung und Medien sowie die politische Bildung bei der öffentliche Aufmerksamkeit auslösten, detaillierter darge- historischen und politischen Aufarbeitung der Tätigkeit stellt. des Staatssicherheitsdienstes zu unterstützen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 und § 37 Abs. 1 Nr. 6 StUG). Diesem Auftrag 3.3.1.1 ARD-Projekt – unter besonderer kommt sie nach, indem sie den Antragstellerinnen und Berücksichtigung der Einbeziehung Antragstellern Einsicht in Unterlagen des Staatssicher- der „Rosenholz“-Dateien heitsdienstes gewährt und Duplikate davon herausgibt. Ein seit dem Jahr 2002 bearbeiteter Forschungsantrag der Forschung ist ein Jedermannsrecht, Medienanträge sind ARD über „die rundfunkbezogenen Aktivitäten des den entsprechenden Unternehmen und den für sie journa- Ministeriums für Staatssicherheit der ehemaligen DDR in listisch-redaktionell tätigen Personen vorbehalten, Vorha- der DDR sowie in der Bundesrepublik Deutschland“ ben der politischen Bildung werden je nach Ausgestal- konnte 2004 abgeschlossen werden. tung entweder dem Forschungs- oder dem Medienbereich zugeordnet. Die Initiative zu diesem Projekt ergriffen die Intendanten der ARD auf ihrer Konferenz im November 2001. Mit der Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes Durchführung wurde der Forschungsverbund SED-Staat bedeutet, dass dieses Anliegen im Mittelpunkt eines the- an der Freien Universität Berlin (FU) beauftragt. Die the- matisch abgrenzbaren Vorhabens stehen muss, und zu- matischen Vorgaben erhielt der Forschungsverbund von dem, dass die Forschungsergebnisse wie die Medienbei- der Historischen Kommission der ARD. Im Mittelpunkt träge öffentlich gemacht werden. der Bearbeitung standen folgende Themen: der Einfluss Durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom des MfS auf Rundfunk und Fernsehen der DDR, Maßnah- 23. Juni 2004 im Rechtsstreit zwischen dem ehemaligen men des MfS gegenüber der ARD und ihren Anstalten so- Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl und der BStU (siehe Ab- wie die Überwachung von ARD-Korrespondenten in der schnitt 1.4.1) hat es bei der Bearbeitung von Forschungs- DDR durch das MfS. und Medienanträgen durch die BStU im Berichtszeitraum wiederum einige gravierende Änderungen gegeben. Ge- Zu jedem Hauptthema erfolgte auf der Grundlage der von rade die Möglichkeiten der Medien zur Nutzung der Un- der BStU recherchierten, vorgelegten und herausgegebe- terlagen des Staatssicherheitsdienstes sind erheblich einge- nen Unterlagen eine Zwischenauswertung mit der Histo- schränkt worden (Einzelheiten siehe Anhang 24, S. 111 ff.). rischen Kommission der ARD und der Forschungsgruppe der FU. Wichtige Unterlagen stellten hierbei Befehle, Trotzdem ist das Interesse an der historischen Aufarbei- Dienstanweisungen und Jahrespläne der infrage kommen- tung nicht geringer geworden. Immer noch erreichen die den MfS-Diensteinheiten sowie Sachakten zum Rund- BStU monatlich 80 bis 100 Forschungs- und Medienan- funk und Fernsehen der DDR und der Bundesrepublik träge. Während noch im Jahr 2003, vor allem bedingt dar. Hinzu kamen umfangreiche personenbezogene Un- durch die Freigabe der „Rosenholz“-Unterlagen, insge- terlagen über Beschäftigte der Sender, die vom MfS „ope- samt 1 295 Anträge gestellt wurden, hat sich das Antrags- rativ bearbeitet“ wurden oder mit denen es inoffiziell zu- niveau in 2004 mit knapp über 1 000 Anträgen wieder sammenarbeitete. Insgesamt sind rund 400 000 Seiten dem bisher üblichen Rahmen der Vorjahre angepasst. Für gesichtet, ca. 200 000 Seiten zur Akteneinsicht vorgelegt das 1. Halbjahr 2005 liegen 551 Anträge vor (siehe und von 35 000 Seiten Duplikate gefertigt und herausge- Anhänge 17 und 20, S. 100 ff. und S. 106). geben worden. Als günstig hat sich erwiesen, dass sich die Mitarbeiterin- Arbeitsschwerpunkt im Berichtszeitraum waren die nen und Mitarbeiter der zuständigen Referate in den ver- Recherchen in den seit Herbst 2003 nutzbaren und unter gangenen Jahren jeweils auf bestimmte Sachkomplexe der Bezeichnung „Rosenholz“ bekannt gewordenen spezialisiert haben (siehe Anhang 22, S. 108). Dadurch HVA-Karteien. Hunderte von Decknamen und MfS-Re- ist es ihnen möglich, die Forschungs- und Medienvorha- gistriernummern wurden in einem mit Blick auf den Vor- ben umfassend und sachkundig zu betreuen. lagetermin des Gutachtens im Juni 2004 äußerst knappen Zeitraum recherchiert. Ausgangsinformationen für die 3.3.1 Ausgewählte Themenschwerpunkte Recherche waren – neben Informationsquellen außerhalb der BStU, über die die Forschungsgruppe verfügte – vor So verschieden wie der Kreis der Antragstellerinnen und allem die Quellen aus SIRA, die durch vorangegangene Antragsteller ist – vom renommierten Wissenschaftler Akteneinsichten und Herausgaben im Rahmen der thema- über Journalisten, publizistisch tätige Privatforscher bis tischen Bearbeitung bekannt waren (zu SIRA siehe Ab- hin zu Schulklassen und Studierenden – so widerspiegelt schnitt 2.2.3.5). – 48 –

Die Recherchen erfolgten in der F 16 der HVA (Perso- Westmächte zu ermitteln. In bestätigten Fällen konnte den nenkartei), der F 22 (Vorgangskartei) und in den Statistik- Missionsangehörigen durch den Oberbefehlshaber der bögen der „Rosenholz“-Dateien. Des Weiteren wurden GSSD die Akkreditierung entzogen werden. personenbezogene Unterlagen aus der operativen Haupt- Die Ausstellung des AlliiertenMuseums zur Geschichte ablage und Erfassungen bzw. Hinweise aus dezentralen der drei westlichen Militärverbindungsmissionen nahm Karteien der Diensteinheiten des MfS einbezogen. zwei Ereignisse zum Anlass: den 20. Todestag eines Mit- Durch diese Recherchen wurde es möglich, zwischen ein- glieds der französischen Mission, das bei einem Ver- zelnen Informationen und Hinweisen einen inneren Zu- kehrsunfall in Folge einer vom MfS inszenierten Blockie- sammenhang herzustellen und damit bei der Hälfte der rungsaktion in Halle-Lettin starb und den Tod eines Fälle die Identität zwischen einer bisher nur mit dem amerikanischen Missionsangehörigen im März 1985, der Decknamen und der Registriernummer bekannten durch den Schuss eines sowjetischen Postens ums Leben „Quelle“ und einer konkreten Person herzustellen. Es er- kam. Die in den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes gaben sich auch informative Hinweise auf Aktivitäten der überlieferten Aufklärungsberichte über die westalliierten HVA sowohl in Bezug auf elektronische Medien der MVM-Aktionen, Fotodokumentationen und Filme über Bundesrepublik, speziell der ARD-Anstalten, als auch im inszenierte Verkehrsblockierungen und vorläufige Fest- Rundfunk und Fernsehen der DDR. nahmen von MVM-Angehörigen sowie Unterlagen zu si- chergestellten westlichen Aufklärungstechniken dienten Im Ergebnis ist eine umfangreiche Studie entstanden, die dem AlliiertenMuseum bei der Vorbereitung der Ausstel- erstmals in dieser Komplexität Auskunft gibt über Ab- lung als eine wichtige Erkenntnisquelle und eröffneten ei- sichten, Ziele und Ergebnisse der Strategien des MfS auf nen lehrreichen Blick in ein bislang verborgenes Stück dem Gebiet der elektronischen Medien in der DDR und deutsch-deutscher Geschichte. Die BStU beteiligte sich der Bundesrepublik. auf Bitte des AlliiertenMuseums mit einem eigenen Seg- Die Vorstellung der wesentlichen Bestandteile der Studie ment an der Präsentation. erfolgte durch die ARD im Beisein der Bundesbeauftrag- Die zwischen März und August 2004 unter dem Titel ten auf einer Pressekonferenz am 19. Juli 2004 im ARD- „Mission erfüllt“ gezeigte Ausstellung erreichte nach Hauptstadtstudio. Inzwischen wurden vom Westdeut- Darstellung des Veranstalters über 40 000 Besucherinnen schen Rundfunk mehrere Filmdokumentationen ausge- und Besucher. Auch die Beiträge einiger Rundfunk- und strahlt, die auf der Grundlage dieser Studie entstanden. Fernsehanstalten, Printmedien sowie ein Dissertations- vorhaben widmeten sich, durch die Ausstellung veran- 3.3.1.2 Forschungsantrag zu den „Aktivitäten lasst, diesem Thema. des MfS in Bezug auf die Militär- verbindungsmissionen der West- 3.3.1.3 Forschungs- und Medienprojekte mächte in Potsdam“ zur filmischen und fotografischen Überlieferung des MfS Mit einem wichtigen Kapitel aus der Zeit des Kalten Krieges beschäftigte sich das im Berichtszeitraum ab- Während in der Vergangenheit die Erschließung von schließend bearbeitete Forschungsvorhaben des Alliierten Schriftgut Vorrang hatte, werden nun zunehmend Fotos Museums e. V. in Berlin: der Geschichte der vom MfS sowie Film- und Videomaterial des MfS thematisch er- und der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutsch- schlossen und für die Nutzung zugänglich gemacht. Die land (GSSD) intensiv beobachteten Tätigkeit der westalli- Erschließung von MfS-Filmmaterial beispielsweise ierten Militärverbindungsmissionen (MVM). Deren Ver- konnte abgeschlossen werden (siehe Abschnitt 2.2.3.3). treter hatten ihren Dienstsitz in Potsdam und durften sich Wurden diese speziellen Informationsträger in den ver- auf der Grundlage der Vereinbarungen zwischen den Sie- gangenen Jahren oft nur als zusätzliches Material heraus- germächten des Zweiten Weltkrieges zunächst in der gegeben und ausgewertet, so sind heute allein aufgrund Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und später in der der Fülle und Vielfalt dieser separat archivierten Materia- DDR mit quasi-diplomatischem Status frei und unbewaff- lien auch Analysen zur zeitgeschichtlichen Entwicklung net bewegen. Der ursprüngliche, noch aus der Zeit der in diesem Bereich möglich. Anti-Hitler-Koalition stammende Auftrag bestand darin, Schulungs- und sonstige Filme geben Aufschluss über im militärisch besiegten Deutschland die Kommunikation das gesamte Spektrum des operativen Interesses des MfS zwischen den Oberkommandierenden der alliierten Streit- und sind wegen ihrer plastischen Anschaulichkeit für kräfte zu sichern. In späteren Jahrzehnten, als sich die Aufarbeitungszwecke besonders gut geeignet. Im Be- DDR hinter dem Eisernen Vorhang nach Westen hin ab- richtszeitraum beantragte beispielsweise das Leipziger schottete, wurden die MVM zu einem bedeutsamen Bürgerkomitee zu Zwecken seiner politischen Bildungs- Bestandteil der allgemeinen nachrichtendienstlichen Tä- arbeit die Herausgabe von Kopien sämtlicher Schulungs- tigkeit der Westmächte. Ein flächendeckendes Überwa- und Lehrfilme des MfS. Ein öffentlich-rechtlicher chungssystem, verbunden mit einem engmaschigen Netz Fernsehsender wiederum beschäftigte sich mit der metho- von Meldepunkten, ermöglichte es der östlichen Seite, dischen Vorgehensweise des Vermittelns von „Lehrinhal- umfangreiches Datenmaterial über „Sperrgebietsverlet- ten“ durch filmisch nachgestellte Szenen „subversiver zungen“, „aktive Spionagehandlungen“, „unerlaubte Angriffe des imperialistischen Gegners“. Dazu bediente Kontaktaufnahmen zu DDR-Bürgern“ und anderes, ver- er sich der verfügbaren Lehrfilme des Staatssicherheits- meintlich ungesetzliches Verhalten der Vertreter der dienstes. – 49 –

Darüber hinaus konnte im Berichtszeitraum ein mehrjäh- opposition in der DDR. Zielgruppe des Projektes sind riges, sehr arbeitsintensives Projekt einer Filmproduk- Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I, Institutio- tionsfirma abgeschlossen werden. Hunderte von Film- nen der politischen Erwachsenenbildung und Jugendliche dokumenten wurden gesichtet, zeitlich eingeordnet und ab 15 Jahren. Für die Bearbeitung des Antrages haben letztlich 146 MfS-Filme sowie diverse Fotos und Ton- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BStU weit über dokumente zur Herausgabe ausgewählt. Das Endprodukt 30 000 Seiten Akten sowie zahlreiche Foto- und Video- lief 2004 als Festivalbeitrag unter dem Titel „Aus Liebe Dokumente gesichtet. Ein Großteil davon konnte heraus- zum Volk“ auf den Berliner Filmfestspielen und präsen- gegeben werden. tierte der Öffentlichkeit eindrucksvoll den „Stasi-Alltag“ in der Denk- und Bilderwelt eines Überwachungsstaates. Die daraufhin im Januar 2005 neu geschaffene Website www.jugendopposition.de widmet sich vier Schwer- Zum Thema „Die Anwendung der Fotografie im MfS“ punkten: den Protesten gegen die Ausbürgerung Wolf konnten der Forscherin Karin Hartewig insgesamt Biermanns 1976, den Aktionen der Friedensgemeinschaft 9 000 Blatt Kopien und 650 z. T. aufwändig reproduzierte Jena 1981 bis 1983, der Arbeit der Umwelt-Bibliothek Fotos zur Verfügung gestellt werden. Die Forschungser- Berlin 1986 bis 1989 und den Ereignissen der friedlichen gebnisse flossen in ihr Buch „Das Auge der Partei“ ein, Revolution 1989. Mit einer Mischung aus Texten, rund welches im Herbst 2004 erschien und große Beachtung 400 Fotos und Kopien von Originaldokumenten, ca. fand. 50 Video- und Audiosequenzen sowie vielen Schilderun- gen von Zeitzeugen wird ein Bild von der Vielschich- 3.3.1.4 Forschungsantrag „Die Opfer der tigkeit des Protestes junger DDR-Oppositioneller, ihrer Sowjetischen Militärtribunale“ Motive wie auch der damaligen Gegebenheiten in der DDR vermittelt. Im März 2004 stellte die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur einen Antrag zur Thematik „Erforschung Die Website wurde im Juni 2005 mit dem Grimme Online des MfS-Einflusses auf das Schicksal deutscher Staats- Award Wissen und Bildung ausgezeichnet. bürger, die zwischen 1949 und 1954 von Sowjetischen Militärtribunalen (SMT) zum Tode verurteilt, in der Sow- 3.3.2 Aufarbeitung der nationalsozialistischen jetunion erschossen und auf dem Friedhof Donskoje in Vergangenheit Moskau begraben worden sind“. Der Antrag ist Teil einer deutsch-russischen Aufarbeitungsinitiative, die von der Die Nutzung des vom MfS hinterlassenen NS-Archivs russischen Organisation Memorial initiiert wurde. Wäh- durch Forschung und Medien hat sich im Berichtszeit- rend Memorial International Moskau die Recherchen in raum weiter intensiviert. Dies ist zum einen Ergebnis der den russischen Archiven übernimmt, hat die Stiftung zur fortschreitenden sachthematischen Erschließung der NS- Aufarbeitung der SED-Diktatur ein deutsches For- Unterlagen und der daraus folgenden verbesserten schungsinstitut mit den entsprechenden Arbeiten in diver- Zugriffsmöglichkeiten für die wissenschaftliche For- sen deutschen Archiven, darunter dem der BStU, beauf- schung. Zum anderen trugen die in der Vergangenheit tragt. Ziel des Projektes ist die Herausgabe eines zahlreich erschienenen Publikationen zur NS-Vergangen- Totenbuches. Es soll Kurzbiografien aller auf dem Fried- heit, welche unter Nutzung von Unterlagen aus der BStU hof Donskoje begrabenen Deutschen enthalten und durch entstanden, dazu bei, dass nicht nur der Fachwelt, son- einen wissenschaftlichen Rahmentext ergänzt werden. dern auch einer interessierten Öffentlichkeit die Existenz Die Veröffentlichung ist für den Herbst 2005 vorgesehen. sowie der wissenschaftliche Wert des NS-Archivs bei der BStU bekannt wurde. Nach dem Ergebnis einer eingehenden rechtlichen Prü- fung sind die Verstorbenen im Hinblick auf die histori- Das Buch von Heribert Schwan und Helgard Heindrichs sche Einmaligkeit des Vorgangs hinsichtlich ihres Status’ „Der SS-Mann: Joseph Blösche – Leben und Sterben ei- nach dem Stasi-Unterlagen-Gesetz als relative Personen nes Mörders“ ist ein exemplarisches Beispiel für die Ini- der Zeitgeschichte anzusehen. Die Möglichkeiten der tialwirkung von Publikationen. Grundlage für das Buch Akteneinsicht und der Herausgabe von Duplikaten vor- war ein Foto, welches wegen seiner Prägnanz beispielhaft handener Unterlagen erleichtern sich dadurch. Die Re- für die Brutalität des NS-Regimes steht. Es zeigt einen cherchen ergaben, dass bisher zu etwa der Hälfte der ein- kleinen Jungen, der seine Arme angstvoll in die Höhe gereichten über 1 000 Personennamen genügend Material hebt. Der SS-Mann mit dem Gewehr im Anschlag steht vorhanden ist, um das Schicksal der Betreffenden, soweit verschwommen im Hintergrund. Erst mit Hilfe der im Ar- es sich auf ihre Verurteilung durch SMT bezieht, aufzu- chiv der BStU zum SS-Mann Joseph Blösche vorhande- klären. nen Unterlagen, unter anderem einem 30-bändigen Zen- tralen Untersuchungsvorgang des MfS, konnte dessen 3.3.1.5 Projekt „Jugendopposition in der DDR Lebensgeschichte durch die Autoren rekonstruiert und im in den 70er und 80er Jahren“ Weiteren publizistisch und filmisch verarbeitet werden. In der Folgezeit war ein Ansteigen von Anträgen zu ver- Ein Multimediaproduktionsvorhaben der Robert-Have- zeichnen, welche sich nicht nur auf den „Fall Blösche“ mann-Gesellschaft e. V. unter Federführung der Bundes- beschränkten, sondern Aufklärung über den Verbleib wei- zentrale für politische Bildung thematisiert die Jugend- terer NS-Verbrecher zum Inhalt hatten. – 50 –

Besondere Aufmerksamkeit verdient die Tatsache, dass beiten über das Agieren der Geheimpolizei in den DDR- – neben den großen in- und ausländischen Forschungs- Universitäten der beiden Städte abgeschlossen. einrichtungen, Mahn- und Gedenkstätten und Stiftun- Neben politischen Fragestellungen, wie etwa in Suhl und gen – zunehmend junge, historisch interessierte Studen- Frankfurt (Oder) zur Einbeziehung des MfS in die Grenz- ten aus dem In- und Ausland die Zugangsmöglichkeiten sicherung der DDR seit den 50er Jahren, spielte bei einer zu den Unterlagen nutzen, um die Geschichte meist regio- Vielzahl von Anträgen auch der Einfluss des MfS auf die nal bezogener NS-Verbrechen zu rekonstruieren. Anfra- Kultur eine Rolle. So wurde in der Außenstelle Gera eine gen zu Kriegsverbrechen in Frankreich, Russland, Holland Recherche zur alternativen Jugendkultur der DDR bear- und Italien stellen einen Schwerpunkt in der Antragsbear- beitet oder in Leipzig eine Anfrage zum Kabarett „Die beitung dar. Pfeffermühle“. Jahrestage, Ausstellungseröffnungen und Veranstaltungen Zeitlich gingen die Themenfelder – wie beispielsweise in geben wiederkehrend Anlass, neben den NS-Beständen Rostock und Neubrandenburg zum KZ Ravensbrück und des Bundesarchivs auch die Unterlagen des Staatssicher- in Dresden zu den SMT-Urteilen – bis in die NS- und heitsdienstes zu nutzen. So konnten durch die BStU für Nachkriegszeit zurück. die Ausstellungseröffnung der Stiftung „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ innerhalb kürzester Zeit Das Interesse der lokalen Medien richtete sich fast aus- 3 000 Blatt Kopien aus Akten und rund 400 Negative von schließlich auf Sachthemen. In Dresden erschien unter Fotos aus NS-Prozessen zur Verfügung gestellt werden. Nutzung der Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes u. a. Dafür wurden ca. 120 000 Seiten aus Zentralen Unter- ein Pressebeitrag über die Aktion „Licht“, in deren Ver- suchungsvorgängen des Staatssicherheitsdienstes durch- lauf sich die DDR das scheinbar herrenlose, in alten Bank- gearbeitet. schließfächern einliegende Vermögen von Privatpersonen aneignete. Mehrere Außenstellen arbeiteten öffentlich- Einen weiteren Themenschwerpunkt der im Berichtszeit- rechtlichen Fernsehsendern zu, die teilweise mehrteilige raum eingegangenen Anträge stellte der Umgang der Dokumentationen über den DDR-Alltag produzierten. DDR mit der nationalsozialistischen Vergangenheit dar, Auf Einzelpersonen ausgerichtete Anfragen waren eher insbesondere die im wissenschaftlichen Diskurs teilweise eine Ausnahme. kontrovers diskutierten Thesen: Antifaschistischer Staat DDR oder instrumentalisierter Antifaschismus. Hier leis- 3.3.4 Zweites Nutzerforum der BStU ten die zur Verfügung gestellten Unterlagen des MfS einen spezifischen Beitrag für die Geschichte der Aufar- Der auf dem ersten Nutzerforum 2003 begonnene Gedan- beitung der nationalsozialistischen Vergangenheit durch ken- und Erfahrungsaustausch mit Antragstellerinnen und die DDR. Antragstellern aus den Bereichen Forschung und Medien wurde auf einer Veranstaltung in Berlin am 8. Februar 2005 fortgeführt. 3.3.3 Bearbeitung von regionalen Themen durch die Außenstellen Ein Schwerpunkt dieses Forums war die Frage, welche Auswirkungen die jüngste Rechtsprechung des Bundes- Thematische Schwerpunkte der in den Außenstellen der verwaltungsgerichts zur Herausgabe von Informationen Behörde bearbeiteten Anträge zur Regionalgeschichte über Personen der Zeitgeschichte, Amtsträger in Aus- waren der 17. Juni 1953 und der Herbst 1989 in der DDR. übung ihres Amtes und Inhaber politischer Funktionen In der Außenstelle Suhl beispielsweise wurde ein Antrag hat. des Oberbürgermeisters der Stadt Suhl bearbeitet, in des- sen Ergebnis eine Wanderausstellung zum Thema „Der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BStU informierten 17. Juni 1953 im Bezirk Suhl“ entstand. Daneben ver- in Vorträgen über das Urteil des Bundesverwaltungs- öffentlichten verschiedene Zeitungen und Zeitschriften gerichts vom 23. Juni 2004, über die sich aus ihm erge- Beiträge zu den Ereignissen des 17. Juni 1953 in den Re- benden geänderten Verfahrensweisen bei der Bearbeitung gionen, die unter Nutzung von Unterlagen des Staatssi- von Forschungs- und Medienanträgen und über erste Er- cherheitsdienstes entstanden. Gegenstand von Anfragen fahrungen mit der neuen Rechtslage (siehe auch Ab- zum Herbst 1989 in der DDR waren die Ereignisse am schnitt 1.4.1). Dresdener Hauptbahnhof (Antrag des Polizeipräsidiums Im Mittelpunkt der sich anschließenden regen Diskussion Dresden), die Massenflucht von Bürgerinnen und Bür- standen das an die geltende Rechtslage angepasste Bear- gern der DDR über die ČSSR und Ungarn (Antrag des beitungsverfahren von Anträgen und die daraus folgende Sächsischen LStU) oder die Wahlen 1989 (Antrag der unterschiedliche Herausgabepraxis von Unterlagen (dazu Thüringer LStU). siehe auch Anhang 24, S. 111 ff.). Daneben gab es Untersuchungen zum Apparat des MfS Auch wenn die vom Bundesverwaltungsgericht aufge- selbst. In der Außenstelle Gera wurde beispielsweise die stellten Grundsätze zur Auslegung des Stasi-Unterlagen- Problematik von IM-Systemen in Schulen thematisiert, in Gesetzes zu einer Neuregelung des Bearbeitungsverfah- der Außenstelle Frankfurt (Oder) war es die geheim- rens der Anträge geführt haben, so wurde doch deutlich, dienstliche Überwachung der SED-Bezirkszeitung. In dass keinesfalls ein Ende der Aufarbeitung zu befürchten Rostock und Magdeburg wurden im Berichtszeitraum Ar- ist. – 51 –

Im weiteren Verlauf der Tagung standen die auf dem ers- ständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Archivs ten Nutzerforum getroffenen Absprachen zur Diskussion: bildete den Abschluss des Forums. – Bestandsübersichten im Internet, Aufgrund der positiven Resonanz auf das zweite Nutzer- forum wird der Gedanken- und Erfahrungsaustausch auch – Ausdrucke der Sachaktenerschließungsdatenbank künftig weitergeführt. (IT-SAE), – Transparenz bei der Antragsbearbeitung und Recher- 4 Forschung und Publikationen che und Zu den mit der Verabschiedung des Stasi-Unterlagen- – Resümee der bisherigen Nutzung der so genannten Gesetzes beschlossenen Aufgaben der BStU gehört die „Rosenholz“-Unterlagen. „Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes durch Unterrichtung der Öffentlichkeit über Struktur, Me- Die in jeder Bearbeitungsphase angebotenen Auskunfts-, thoden und Wirkungsweise des Staatssicherheitsdienstes“ Beratungs- und Informationsgespräche sollen eine größt- (§ 37 Abs. 1 Nr. 5 StUG). Diesem Auftrag wurde durch mögliche Transparenz und Effektivität gewährleisten. die Einrichtung der Abteilung Bildung und Forschung Darüber hinaus wurden im Lesesaal verschiedene Find- (BF), in der Zeithistoriker, Politologen und andere Wis- hilfsmittel bereitgestellt, beispielsweise das Findbuch senschaftler Grundlagenstudien betreiben, entsprochen. Allgemeine Sachablage, Auszüge aus dem IT-SAE, Über- Die ungewöhnliche institutionelle Konstruktion als Teil sichten über Videos und Filme und über Dissertationen einer Behörde war gedacht als Weg, mit geringem Zeit- und Diplomarbeiten der Juristischen Hochschule des und Informationsverlust elementare Wissensstände zu MfS. schaffen, ohne im Zuge der Forschung den sonst gelten- den Anonymisierungsvorschriften des Stasi-Unterlagen- Eine intensivere Kommunikation zwischen Antragstel- Gesetzes unterworfen zu sein. Verhindert werden sollte, lern und Beschäftigten der BStU soll helfen, Missver- dass sich die früheren MfS-Offiziere ein Deutungsmono- ständnisse hinsichtlich der Themenstellung zu vermeiden, pol im gesellschaftlichen Disput um den Charakter der zu präziser formulierten Sachrechercheanträgen führen Aktivitäten des Staatssicherheitsdienstes sicherten. So und damit die Qualität der Rechercheergebnisse erhöhen. schnell wie möglich sollten verlässliche Informationen Die Transparenz bei der Bearbeitung der Anträge war und zur Verfügung stehen. Hier trafen sich die Ziele der frühe- ist immer wieder ein viel diskutiertes Thema. Eine Ver- ren DDR-Bürgerbewegung mit denen einer breiten Mehr- einbarung des ersten Nutzerforums war es deshalb, die heit im Deutschen Bundestag. einzelnen Rechercheschritte, speziell bei der Durchfüh- Forschung als Teil einer Bundesbehörde war und ist rung von Sachrecherchen, für den Antragsteller nachvoll- durchaus umstritten, weil sie den Verdacht der „Staatsfor- ziehbar zu gestalten. Die Rechercheergebnisse werden schung“ wecken und „Wettbewerbsverzerrungen“ gegen- ihm seither unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte von über der externen Forschung auslösen könnte. Anderer- Betroffenen vollständig zur Verfügung gestellt. Er kann seits konnte auf diesem Weg der Wissensstand zum entscheiden, in welchem Umfang und in welcher Reihen- Staatssicherheitsdienst der DDR innerhalb weniger Jahre folge die Unterlagen für die Akteneinsicht vorbereitet auf ein Niveau gebracht werden, das etwa in anderen ehe- werden. Diese Verfahrensweise hat sich bewährt und wird maligen Ostblockstaaten seinesgleichen sucht. fortgeführt. Dem besonderen Status der Forschung im Hause der Durch ein neu erstelltes Informationsblatt werden die ein- BStU sind zwei Beschränkungen bzw. vorrangige Ziel- zelnen Schritte der Antragsbearbeitung und deren zeitli- richtungen ihrer Arbeitsprogramme gegenübergestellt che Abläufe in Übersichtsform dargestellt, um die Orien- worden: Zum einen wird gezielt Grundlagenforschung zu tierung – insbesondere für diejenigen, die erstmals einen Schwerpunktthemen betrieben, zum anderen ist die For- Antrag stellen – zu erleichtern (Anhang 23, S. 109 ff.). schung dienstleistungsorientiert. Im Zentrum stehen des- Die Ankündigung, in Zukunft die internen Arbeitsrichtli- halb die Rekonstruktion des MfS-Apparates sowie die nien zur Herausgabe von Unterlagen an Forschung und Edition zentraler Dokumente, die von Bedeutung für die Medien – mit einem kurzen redaktionellen Vorspann ver- allgemeine DDR-Forschung sind. Neben diesen seit 1992 sehen – zu veröffentlichen, wurde von den Teilnehmerin- konzipierten Akzenten ergab sich ein dritter Schwerpunkt nen und Teilnehmern des Forums positiv aufgenommen. aus den intensiven und fortdauernden öffentlichen Debat- ten über das Wirken des Staatssicherheitsdienstes: Immer Auf den mehrfach geäußerten Wunsch nach Verlängerung wieder waren die Forscher der BStU als Experten gefragt der Öffnungszeiten des Lesesaals hat die BStU reagiert. und hatten Expertisen zu speziellen Problemen oder Ge- Seit dem 1. Juni 2005 ist der Lesesaal über die bisher richtsgutachten zu fertigen. üblichen Öffnungszeiten hinaus mittwochs bis 19.00 Uhr und freitags bis 15.00 Uhr geöffnet. Die Arbeitsbedingungen der in der Behörde beschäftigten Wissenschaftler unterscheiden sich von denen externer Die Vorstellung einzelner Findbuchvorhaben, so für die Antragsteller in wesentlichen Punkten. Sie können die Stellvertreterbereiche (Mittig, Neiber, Schwanitz), die Archivbestände der Bundesbeauftragten in unanonymi- SED-Kreisleitung, die Abteilung X, die Juristische Hoch- sierter Form einsehen und in Ausnahmefällen auch die ar- schule des MfS sowie für Filme und Videos durch die zu- chivarisch noch nicht erschlossenen Bestände auswerten. – 52 –

Bei der Veröffentlichung sind sie ihren externen Fachkol- die vielfältigen Studien zu den Inoffiziellen Mitarbeitern legen jedoch gleichgestellt und an dieselben Anonymisie- des Staatssicherheitsdienstes, in denen das wichtigste rungsvorschriften gebunden. Die restriktiveren Bedingun- Instrument der geheimen MfS-Operationen in seinem gen, denen die wissenschaftliche Arbeit mit Unterlagen des Wandel über die Jahrzehnte nachvollziehbar wird. Auch Staatssicherheitsdienstes durch das Urteil des Bundesver- Analysen zu den Motiven von Inoffiziellen Mitarbeitern waltungsgerichts von 2004 unterworfen ist, gelten in die- und – im Gegensatz dazu – jenen Bürgerinnen und Bür- ser Hinsicht auch für sie (siehe Abschnitt 1.4.1.4). gern der DDR, die sich der verdeckten Zusammenarbeit verweigert hatten, gehören zu diesem Komplex. Metho- Die Grundsätze für die Forschungsarbeit der Behörde disch innovativ war ein Projekt, das Analytiker des wurden im Ersten Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftrag- Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt am Main in Koope- ten an den Deutschen Bundestag 1993 konkretisiert. Die ration mit der BStU realisierten und dessen Ergebnisse im zeitgeschichtliche Grundlagenforschung sei den „aner- März 2004 unter dem Titel „Verräter oder Verführte“ ver- kannten wissenschaftlichen Standards verpflichtet“. Das öffentlicht worden sind: Die Selbstwahrnehmung von Forschungsprogramm der Behörde müsse aber „im Un- ehemaligen Inoffiziellen Mitarbeitern des Staatssicher- terschied zur universitären und außeruniversitären For- heitsdienstes wurde in Tiefeninterviews eruiert und mit schung heterogenen Erwartungen Rechnung tragen und der Darstellung ihrer Motive und Aktivitäten in den MfS- eine Reihe unterschiedlicher Faktoren in Rechnung stel- Unterlagen verglichen. Neuland konnte auch mit einer len“. Daraus ergaben sich mehrere Grundentscheidungen, Monografie zu den hauptamtlichen Mitarbeitern des wie die enge Verknüpfung von Forschung und politischer Ministeriums beschritten werden. Es wurden sowohl die Bildung, die intensive Einschaltung in wissenschaftliche Triebkräfte der langfristigen Personalentwicklung des und öffentliche Debatten sowie eine vorläufige Konzen- Ministeriums wie auch die sozialen Reproduktions- tration auf die DDR-Geschichte nach dem Mauerbau mechanismen und die Atmosphäre in den Reihen der 1961. Während die ersten beiden Prinzipien die Arbeit bis MfS-Mitarbeiter rekonstruiert. heute prägen, hat sich die zeitliche Beschränkung schnell als nicht haltbar erwiesen. Zwar bildeten die Entwicklun- Einen zweiten inhaltlichen Akzent bildet das Verhältnis gen insbesondere der 80er Jahre bis zum Zusammenbruch zwischen der Staatspartei SED und dem MfS. Diese der DDR in der Tat einen Schwerpunkt, doch die Vor- und Frage wurde in allen Einzelstudien von Beginn an als Frühgeschichte des Staatssicherheitsdienstes im Stalinis- „Generalthema“ behandelt, weil es die Frage der politi- mus der 40er und 50er Jahre erwies sich als so fundamen- schen Anleitung, Initiative und Rückkopplung geheim- tal und prägend, dass sie im zeitlichen Profil der For- dienstlicher Operationen im Parteistaat berührte. An der schungen kaum weniger Beachtung genoss. Zu Recht „führenden Rolle“ der SED und der Unterordnung des herrschte die Erwartung, dass die BStU auch hinsichtlich MfS als deren „Schild und Schwert“ bestehen heute keine dieser Periode auskunftsfähig sein müsse, etwa zur Grün- Zweifel mehr. dung des Ministeriums für Staatssicherheit oder zu den Ereignissen des 17. Juni 1953. Ein dritter Forschungsschwerpunkt war von Anfang an das Thema Opposition und Widerstand in der DDR. Hier- 4.1 Arbeitsschwerpunkte für stellen die Akten des Staatssicherheitsdienstes den wichtigsten Quellenbestand überhaupt dar. Hier finden Aus den Akzenten und Einflüssen der zeitgenössischen sich zahlreiche authentische Zeugnisse des Aufbegeh- Debatte, dem Verlangen nach seriöser Zeitgeschichtsfor- rens, zumal in Fällen, die in Vergessenheit geraten oder schung, aber auch aus den Bezugnahmen auf aktuelle niemals öffentlich bekannt geworden sind. Zugleich ist Diskussionen ergaben sich ein weit gefächertes Spektrum hier, in zum Teil sehr umfangreichen „Operativen Vor- von Projekten sowie einige zunächst nicht zu verwirkli- gängen“ und „Operativen Personenkontrollen“, der chende Ankündigungen. Seit der Einrichtung der Abtei- Kampf des Parteistaates gegen solche Aktivitäten doku- lung BF im Jahr 1993 haben sich mehrere Schwerpunkte mentiert. herausgebildet und behauptet. Mehrere Vorhaben zu Themen, bei denen der Bedarf an Gemessen am Stand der allgemeinen SBZ- und DDR- soliden systematischen Erkundungen besonders stark war, Forschung bis 1989 bestand in Fragen des Ministeriums konnten in den vergangenen Jahren bearbeitet werden. für Staatssicherheit zunächst ein enormer Nachholbedarf Hierzu zählen eine umfangreiche Studie zum „Siche- an Elementarwissen. Einen Schwerpunkt bildete deshalb rungsbereich Literatur“ sowie eine Arbeit zum Verhältnis die organisationsgeschichtliche Grundlagenforschung von MfS und Psychiatrie in der DDR. Die Rolle des zum Apparat selbst. Staatssicherheitsdienstes in den Reihen der christlichen Ein zentrales Projekt ist in diesem Zusammenhang das Kirchen ist vor allem durch die externe Forschung breit MfS-Handbuch „Anatomie der Staatssicherheit. Ge- untersucht worden. Die Behörde beteiligte sich daran mit schichte, Struktur, Methoden“, das in Einzellieferungen einigen kleineren Arbeiten sowie einer bilanzierenden Ta- Grundinformationen zur Entwicklungsgeschichte, zu den gung, deren Befunde in einem Sammelband veröffent- wichtigen Zweigen des Apparates, zu den hauptamtlichen licht wurden. Auf öffentliche Aufmerksamkeit stießen und Inoffiziellen Mitarbeitern, zu Arbeitsprinzipien und immer wieder Entdeckungen zum Methodenspektrum des deren normativen Grundlagen bietet. Ausgehend von den Staatssicherheitsdienstes. Hier sind zum Beispiel die Handbucharbeiten hat sich zudem die „Täterforschung“ Nachweise für geplante Isolierungslager zu nennen, in die zu einem eigenen Arbeitsfeld entwickelt. Hierzu zählen bestimmte Opponenten und „Unruhestifter“ im Kriegs- – 53 – oder Spannungsfall verbracht werden sollten. Im Zusam- blemlagen und aktuellen Wissensstände zu den vielfälti- menhang mit der Oppositionsforschung entwickelte sich gen Aspekten der MfS-Aktivitäten außerhalb von DDR die Erforschung der Rolle des Staatssicherheitsdienstes in und Ostblock in ihren Grundzügen skizziert. An der der politischen Justiz der DDR zu einem weiteren Kernfrage der inoffiziellen Durchdringung der Bundes- Schwerpunkt. republik wird in zwei monografisch angelegten Projekten weiter gearbeitet. Die Nutzung der MfS-Akten für eine historische Topo- grafie von Opposition und Widerstand begann in der zweiten Hälfte der 90er Jahre mit der Einrichtung einer 4.2 Publikationen Datenbank (PolGe), die systematisch die Aktivitäten des Bisher wurden die langfristigen Forschungsschwerpunkte Staatssicherheitsdienstes gegen alle Formen offener der Behörde skizziert. Für die Schilderung der Publikatio- „politischer Gegnerschaft“ dokumentiert. In der außer- nen, die aus der Forschungsarbeit hervorgegangen sind, dem eingerichteten Publikationsreihe „Biografische wird der Zeitraum enger gesteckt und auf den Berichts- Quellen“ werden biografische Erinnerungen neben zeit- zeitraum beschränkt. Eine Gesamtübersicht der Eigen- genössische Dokumente und Überlieferungen des MfS veröffentlichungen der Behörde findet sich im An- gestellt, um eine kritische Reflexion von Strategien, hang 25, S. 115 ff.. Handlungsbedingungen und -zielen zu ermöglichen. Zum Themenkomplex Widerstandsforschung gehört auch die Der aktuelle Kenntnisstand hinsichtlich des zuletzt ge- Reihe von Studien, die anlässlich des 50. Jahrestages des nannten Forschungsschwerpunkts, der Westspionage, ist 17. Juni 1953 abgeschlossen wurde. Über sie ist im im Jahr 2001 auf einer wissenschaftlichen Tagung der Sechsten Tätigkeitsbericht ausführlich berichtet worden. BStU erörtert worden. Die dort gehaltenen Referate sind im Berichtszeitraum in einem Sammelband „‚Das Gesicht Ein vierter Schwerpunkt war ein Projekt zu Entmachtung dem Westen zu …‘ DDR-Spionage gegen die Bundesre- und Verfall der Staatssicherheit im Zentrum und in den publik Deutschland“ vorgelegt worden. Über Regionen im Jahr 1989. Dabei wurde erstmals ein For- 20 ausgewiesene Experten kommen darin zu Wort: deut- schungsvorhaben gemeinsam von einem Wissenschaftler sche und amerikanische Wissenschaftler aber auch lei- der Abteilung BF und qualifizierten Mitarbeitern aus ein- tende Mitarbeiter der drei bundesdeutschen Geheim- zelnen Außenstellen bearbeitet. Wissenschaftlich war da- dienste sowie des Bundeskriminalamtes und der ran vor allem interessant, wie sich das Verhältnis von Bundesanwaltschaft sowie ein früherer hauptamtlicher SED und MfS in einer fundamentalen politischen Krise Mitarbeiter der Hauptverwaltung Aufklärung des MfS. entwickelte, und wie zu erklären ist, dass der Macht- Der Band gibt einen Überblick über die aktuelle Quellen- apparat seine Existenz nicht gewaltsam zu retten ver- lage der MfS-Westarbeit und über Stand und Perspekti- suchte. Dieses Projekt, das bereits Ende der 90er Jahre ven der Forschung. Einzelne Themenschwerpunkte wie abgeschlossen worden war, wurde anlässlich des politische Spionage, Militär- und Wirtschaftsspionage 15. Jahrestages der Entmachtung des Staatssicherheits- werden ausführlich behandelt. Untersucht wird der Wan- dienstes im Jahr 2004 durch eine ausführliche Dokumen- del der innerdeutschen Geheimdienstkonfrontation in den tation ergänzt, die auf der Website der BStU vier Jahrzehnten deutscher Teilung. (www.bstu.de) einzusehen ist. Schließlich ist als fünfter Schwerpunkt der Komplex der Die Veröffentlichungen zum 17. Juni 1953, die im Sechs- West- und Auslandsarbeit des Staatssicherheitsdienstes ten Tätigkeitsbericht behandelt worden sind, wurden zu nennen. Aufgrund der Selbstauflösung der Hauptver- durch eine umfangreiche Monografie mit dem Titel „Die waltung Aufklärung ließ die Materiallage hier zunächst verdrängte Revolution. Der Platz des 17. Juni 1953 in der nur punktuell eine qualifizierte Forschung zu. Zugleich deutschen Geschichte“ ergänzt. Welche Wirkungen der jedoch waren in der Öffentlichkeit starke Erwartungen 17. Juni langfristig hinterlassen hat, darüber gibt es zwar vorhanden, geheime Einflusswege der DDR in der Bun- einzelne Untersuchungen, eine komplexe Darstellung desrepublik aufzudecken. Als schließlich die Enquete- stand bislang jedoch noch aus. Das Buch ist der Versuch, kommission des Deutschen Bundestages eine Expertise diese Lücke zu schließen und gängigen Begriffen wie bei der BStU in Auftrag gab, konnte zumindest eine erste „Trauma“ oder „verdrängte“ und „vergessene“ Ge- Bestandsaufnahme erfolgen, die später auch als Buch er- schichte ein genaueres Gesicht zu geben. Den Spuren des schienen ist. Traumas wird hauptsächlich auf der Seite der Macht- habenden unter dem Aspekt „vorbeugen und verhindern“ Einen qualitativen Sprung ermöglichten der Zugang zur nachgegangen. Sie sind jedoch nicht zu trennen von jenen – bei der BStU ursprünglich nicht vorhandenen – Perso- der Ohnmächtigen in der DDR, die sich an den 17. Juni nenkartei der HVA aus US-amerikanischem Material erinnerten. Immer wieder wurde in der DDR versucht, die (siehe Abschnitt 2.4.3) sowie 1998 die Entschlüsselung Erinnerung daran durch Einzel- und Gruppenaktionen der HVA-Informationsdatenbank SIRA (siehe Ab- wachzurufen. Der Staatssicherheitsdienst hat solche Ak- schnitt 2.2.3.5), die in Kombination erstmals gesicherte tionen zu unterbinden und auszuforschen versucht. Ein Aussagen über das HVA-Netz in der Bundesrepublik zu- weiterer Schwerpunkt ist die Auseinandersetzung mit der ließen. Das Thema hat sich als weitaus facettenreicher Rezeptionsgeschichte des 17. Juni in der Bundesrepublik. erwiesen als ursprünglich angenommen, denn neben der Welche Rückwirkungen die „Konjunkturen“ dieses The- HVA waren zahlreiche andere MfS-Diensteinheiten an mas wiederum in der DDR hatten, wird aus den Unterla- der Arbeit im Westen beteiligt. Mittlerweile sind die Pro- gen des Staatssicherheitsdienstes erkennbar. – 54 –

Eine Monografie über „Die Literaturzeitschrift ‚Sinn und dinierung“, „Hauptabteilung I (NVA und Grenztruppen)“, Form‘. Ein ungeliebtes Aushängeschild der SED-Kultur- „Abteilung ‚M‘ (Postkontrolle)“ und ein umfangreicher politik“ wurde im vergangenen Jahr auf der Leipziger Band mit „Grundsatzdokumenten des MfS“. Als Eigen- Buchmesse vorgestellt. Die Publikation liefert einen veröffentlichung der Behörde wurde zudem publiziert: Überblick über die gesamte DDR-Periode dieser renom- „Strafrechtliche Verfolgung politischer Gegner durch die mierten Zeitschrift. Ausgehend von den Konzeptionen Staatssicherheit im Jahre 1988. Der letzte Jahresbericht und Verhaltensweisen der Zeitschriftenmacher werden der MfS-Hauptabteilung Untersuchung“. In dem Doku- ihre Möglichkeiten und Grenzen unter den wechselnden ment wird detailliert über alle Facetten strafrechtlicher Prämissen der SED-Kulturpolitik untersucht. Vor allem Aktivitäten des Staatssicherheitsdienstes kurz vor dem aber wird erstmals der Frage nachgegangen, wie und in Ende der DDR berichtet. welchem Umfang der Staatssicherheitsdienst, der ja auch Im Sechsten Tätigkeitsbericht war die Absicht geäußert die Rolle einer „Ideologiepolizei“ wahrgenommen hat, worden, neue Projekte erst nach Abschluss der Arbeiten Einfluss auf die Literaturzeitschrift auszuüben versucht am MfS-Handbuch anzugehen. Das konnte aus verschie- hat. denen Gründen nicht eingehalten werden, unter anderem Der später als liberaler Entspannungspolitiker bekannt wegen Engpässen an Personal bzw. Arbeitskapazitäten gewordene Wolfgang Schollwer war in den Hochzeiten infolge der Übertragung anderer, vorrangig zu realisieren- des Kalten Krieges stellvertretender Leiter des Ostbüros der Aufgaben. Die IPN-Konferenz in Warschau (siehe der FDP. In dieser Funktion prägte er die grenzüber- Abschnitt 4.3.3) war ein zwingender Grund, die Bearbei- schreitenden Propagandaaktivitäten seiner Partei gegen tung des Schwerpunktes „Zusammenarbeit der osteuro- den SED-Staat. Sein Tagebuch aus den entscheidenden päischen Geheimdienste“ (siehe Abschnitt 4.5) vorfristig Jahren, das mit dem Titel „‚Gesamtdeutschland ist uns zu beginnen. Die Arbeit an den Einzellieferungen des Verpflichtung‘. Aufzeichnungen aus dem FDP-Ostbüro MfS-Handbuches wird auch künftig parallel zu anderen 1951-1957“ in der Reihe „Biografische Quellen“ der Aufgaben fortgesetzt. Als nächste Publikationen sind ge- plant: „Hauptabteilung III (Funkaufklärung)“, „Hauptab- BStU veröffentlicht wurde, ist eine beeindruckende teilung VI (grenzüberschreitender Verkehr, Tourismus)“, Quelle zum harten Systemkonflikt der 50er Jahre. Die Or- „Hauptabteilung XX (Staatsapparat, Kunst, Kultur, Kir- ganisation wurde von Operationen des Staatssicherheits- che, Untergrund)“, „Abteilung 26 (Telefonüberwachung)“ dienstes hart getroffen: Einbrüche, Entführungen von und „Hauptverwaltung A (HVA – Auslandsaufklärung)“. Mitarbeitern und die Verhaftung von Kontaktleuten in der DDR. Ergänzt wird dieses authentische Zeugnis deutsch- Die Wissenschaftler der BStU veröffentlichten ihre For- deutscher Geschichte durch Dokumente zu den Aktionen schungsergebnisse nicht nur in den Publikationsreihen des DDR-Geheimdienstes gegen das Ostbüro. der Behörde, sondern ebenso in entsprechenden Sammel- bänden, Jahrbüchern und Fachzeitschriften (überwiegend In dem gemeinsam von der Bundesbeauftragten und der dem „Deutschland Archiv“, aber vereinzelt auch in ande- Akademie für Politische Bildung, Tutzing, herausgegebe- ren Fachorganen wie der „Zeitschrift für Geschichts- nen Sammelband „Stasi-Akten zwischen Politik und Zeit- wissenschaft“ oder den „Vierteljahrsheften für Zeitge- geschichte. Eine Zwischenbilanz“, wird die Entstehungs- schichte“). Ebenso referierten sie darüber in einer geschichte des Stasi-Unterlagen-Gesetzes und der Vielzahl von Veranstaltungen der BStU und anderer Bil- Behörde rekonstruiert und eine Zwischenbilanz ihrer Ar- dungsträger wie politischer Akademien und Stiftungen, beit gezogen. Zu Wort kommen Zeitzeugen, Amtsträger, aber auch auf wissenschaftlichen Konferenzen und an Betroffene und Historiker, Mitarbeiter aus den verschie- Universitäten. denen Tätigkeitsbereichen der Behörde und Externe. Bi- lanziert wird der Stand der Arbeit auf den gesetzlichen 4.3 Wissenschaftliche Tagungen Aufgabenfeldern und erläutert, worum es im Rechtsstreit mit dem ehemaligen Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl 4.3.1 Gemeinsame Tagung mit dem Militär- ging. Adressaten des Bandes sind alle, die sich in kompri- geschichtlichen Forschungsamt mierter Form darüber informieren möchten, wie die Be- Zusammen mit dem Militärgeschichtlichen Forschungs- hörde der Bundesbeauftragten entstand, wie sie arbeitet amt (MGFA) organisierte die BStU im April 2004 in und was sie bewirkt. Geeignet ist der Band nicht zuletzt Potsdam eine Tagung mit dem Titel „Staatsgründung auf auch zur Verwendung in der politischen Bildung. Raten? Zu den Auswirkungen des Volksaufstandes 1953 In Kooperation entstanden ist noch eine weitere Veröf- und des Mauerbaus 1961 auf Staat, Militär und Gesell- fentlichung: Ein Mitarbeiter der Behörde erarbeitete ge- schaft der DDR“. Ausgangspunkt der Tagungskonzeption meinsam mit einem rumänischen Kollegen ein „Vademe- war die Frage, ob man – wie in der Literatur teilweise kum Contemporary History Romania. A Guide through vertreten wird – im Zusammenhang mit der Juni-Krise Archives, Research Institutions, Libraries, Societies, von 1953 und der Berliner Grenzschließung 1961 von Museums and Memorial Places“. Das Büchlein ist zu- Vorgängen einer „inneren Staatsgründung“ sprechen gleich in Berlin und in Bukarest von der Stiftung zur Auf- kann. Die Referenten analysierten die Folgewirkungen arbeitung der SED-Diktatur publiziert worden. beider Ereignisse in unterschiedlichen staatlichen und ge- sellschaftlichen Bereichen. Die Herrschafts- und Militär- An Einzellieferungen des „MfS-Handbuches“ sind im geschichte bildete den thematischen Schwerpunkt der Berichtszeitraum erschienen: „Abteilung XIV (Haftvoll- Veranstaltung, aber auch sozial- und wirtschaftshisto- zug)“, „Die Arbeitsgruppe Bereich Kommerzielle Koor- rische Aspekte wurden behandelt. Im Zentrum des In- – 55 – teresses standen die Entwicklung von Disziplinierungs- Forschung der BStU, sprach über „Die Bedeutung der und Überwachungsstrukturen sowie der Militarisierung in MfS-Akten für die Zeitgeschichtsforschung, die gesetzli- der DDR. Es entwickelte sich eine ausgesprochen kontro- che Regelung des Aktenzugangs und die besondere Rolle verse Diskussion über die Bedeutung der beiden Zäsuren, der Forschung in der Behörde“. wobei der größere Teil der Referenten eher die Konti- nuität der Entwicklung in den jeweils behandelten Teilbe- 4.3.3 IPN-Konferenz in Warschau reichen betonte. Unstrittig war die Initialwirkung des Volksaufstandes von 1953 für den folgenden Prozess der Vom 16. bis 18. Juni 2005 fand im Zentrum Warschaus, „inneren Mobilmachung“ des Sicherheitsapparates und im Kulturpalast, eine internationale Konferenz über „Die die fundamentale Bedeutung des Mauerbaus für die Ver- kommunistischen Sicherheitsapparate in Ostmitteleuropa vollkommnung der Herrschaftsdurchsetzung in der nun- 1944/45 bis 1989“ statt. Die Federführung lag bei der pol- mehr „geschlossenen“ DDR-Gesellschaft. Gemeinsam nischen Partnerinstitution Institut des Nationalen Geden- mit dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt wird für kens (IPN) und dem Institut für Politische Studien der 2005 die Publikation der Beiträge in einem Sammelband Polnischen Akademie der Wissenschaften. Co-Organisato- vorbereitet. ren waren neben der BStU die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und das Zentrum für Zeithistorische 4.3.2 Bilanz-Workshop im November 2004 Forschung Potsdam, weiterhin die Partnerinstitutionen der BStU aus Tschechien (Amt für Dokumentation und Im Verlauf einer Diskussion im Beirat der Behörde ent- Untersuchung kommunistischer Verbrechen – UDV) und stand die Idee, nach über zehn Jahren Forschungsarbeit der Slowakei (Institut für Nationale Erinnerung – UPN) gemeinsam mit Vertretern der DDR-Zeitgeschichtsfor- sowie das Institut für Zeitgeschichte der Tschechischen schung ein übergreifendes Resümee zu ziehen. Außerdem Akademie der Wissenschaften und die Stadt Warschau. sollten, anders als bei den regelmäßig stattfindenden the- 336 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 18 Staaten matisch ausgerichteten Tagungen, Forschungsperspek- (darunter zehn Staaten des ehemaligen Ostblocks) hatten tiven gegenüber Fachkollegen zusammenhängend zur Diskussion gestellt werden. Die Resonanz auf dieses Vor- sich angemeldet. haben war positiv; an der internen Veranstaltung nahm Die Tagung diente dazu, den aktuellen Forschungsstand ein knappes Dutzend Expertinnen und Experten aus dem zur Geschichte der kommunistischen Sicherheitsapparate In- und Ausland teil (Programm siehe Anhang 26, vorzustellen, künftige Forschungsfelder aufzuzeigen, An- S. 119). regungen zur Vernetzung der Forschungsprojekte in ver- Vorgestellt und in den einschlägigen Forschungsstand schiedenen Ländern und zwischen den beteiligten Institu- eingeordnet wurden bei der BStU erarbeitete Forschungs- tionen zu geben und das Wirken der kommunistischen ergebnisse zu folgenden Themenfeldern: Sicherheitsapparate in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. – Institutionengeschichte des MfS, In fünf thematisch gegliederten Sektionen wurde eine – Wechselverhältnis von Gesellschaft und Herrschaft, breite Palette von Forschungsergebnissen präsentiert: zur – Oppositionsgeschichte und das Datenbankprojekt Position der Sicherheitsdienste im Machtapparat, zu ihrer „Politische Gegnerschaft (PolGe)“, inneren Struktur und Geschichte, zur Zusammenarbeit zwischen den Diensten, zu ihren Einsatzgebieten und ih- – „Westarbeit“ des MfS. ren Aktivitäten im westlichen Ausland (siehe Anhang 28, In der Diskussion über die weiteren Forschungsperspek- S. 124 ff.). Zwei Podiumsdiskussionen waren mora- tiven wurde neben der Fortsetzung der Arbeit an diesen lischen Aspekten der Aktenöffnung und dem heutigen Projekten über die folgenden Schwerpunkte (dazu aus- Umgang mit der Hinterlassenschaft der Staatssicherheits- führlicher auch unter Abschnitt 4.5) diskutiert: dienste gewidmet. Als Referenten wirkten fünf Wissen- schaftler der BStU an der Tagung mit, die Bundesbeauf- – ein Editionsvorhaben zu Berichten der Zentralen Aus- tragte hielt einen Eröffnungsvortrag. wertungs- und Informationsgruppe des MfS (ZAIG), Ein Höhepunkt der Tagung war die Präsentation eines – eine Regionalstudie zum Platz des MfS in den „Handbook of the Communist Security Apparatus in East Machtstrukturen vor Ort, Central Europe, 1944–1989“, in dem auf Initiative des – das MfS und die osteuropäischen Geheimdienste. IPN erstmals Informationen zur Geschichte der Sicher- heitsdienste in sechs kommunistischen Staaten vorgestellt Abgeschlossen wurde der Workshop mit einer Podiums- werden. Die Beiträge wurden in der Regel von Wissen- diskussion über Möglichkeiten künftiger Kooperation. Es schaftlern aus den jeweiligen Ländern erarbeitet. Das Ka- würde den Rahmen des Tätigkeitsberichts sprengen, pitel zum Staatssicherheitsdienst der DDR wurde von ei- wollte man die Beiträge dokumentieren. Um dennoch ei- nem Mitarbeiter der Abteilung Bildung und Forschung nen Eindruck zu vermitteln und weil darin zentrale, zum der BStU geschrieben. Die Bundesbeauftragte plant eine Teil auch strittige Fragen der Forschungsarbeit in der (um zusätzliche Länderstudien erweiterte) deutsche Aus- Behörde erörtert werden, wird im Anhang 27, S. 120 ff., gabe dieses grundlegenden Werkes. der Eröffnungsvortrag zu diesem Workshop wiedergege- ben. Professor Klaus-Dietmar Henke (TU Dresden), von Individuelle Schicksale von Opfern des Gewaltapparates 1992 bis 1997 erster Leiter der Abteilung Bildung und wurden in einem Zeitzeugenforum vorgestellt. Filme aus – 56 – den Stasi-Archiven der DDR, Polens und der Tsche- schungslandschaft zur DDR zu schließen. Während das choslowakei vermittelten einen plastischen Eindruck von Ministerium für Staatssicherheit mittlerweile in klassi- Denk- und Handlungsweisen der „Tschekisten“. Das gilt schen politikgeschichtlichen Analysen sowie im Zusam- ebenso für Ausstellungen zu den Staatssicherheitsdiens- menhang mit der Bekämpfung von Opposition und Wi- ten der genannten Länder im Rahmenprogramm der Ta- derstand seinen festen Platz in der Historiografie hat, gung (siehe auch Abschnitt 5.1.2.5). spielt es in der Empirie alltagshistorischer Studien eine untergeordnete Rolle. Wo erste Sondierungen vorgenom- Für die BStU war diese bemerkenswerte Konferenz ein men wurden, erweist sich die Ebene der MfS-Präsenz al- wichtiger Schritt, um die Zusammenarbeit mit ihren ost- lerdings durchweg als bedeutsam. Zu den Problemfeldern europäischen Partnerinstitutionen und anderen Aufarbei- einer solchen präziseren Analyse zählen das Verhältnis tungsinitiativen zu intensivieren. Sie gab zusätzliche Im- von SED- und MfS-Stellen im Alltag, die Position und pulse für die Absicht der BStU, die Forschungstätigkeit Funktion des MfS im Zusammenspiel mit anderen Instan- über die internationale geheimdienstliche Zusammen- zen des Herrschaftssystems sowie seine Rolle im Prozess arbeit voranzutreiben. der Herrschaftsdurchsetzung all dieser Instanzen gegen- über dem DDR-Bürger. Die komplexe Analyse der skiz- 4.4 Forschung in den Außenstellen zierten Problemlagen ist auf der Ebene der gesamten Von der Außenstelle Potsdam wurde gemeinsam mit der DDR arbeitsökonomisch nicht zu bearbeiten. Auf der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung Ebene eines einzelnen Stadt- oder Landkreises ist es hin- das Buch „Der gefährliche Weg in die Freiheit – Flucht- gegen möglich, die Praxis der verschiedenen Instanzen versuche aus dem ehemaligen Bezirk Potsdam“ heraus- und Ebenen hinreichend breit und detailliert zu untersu- gegeben. Die Mauer um Westberlin schnitt auch den chen und zugleich zu haltbaren Verallgemeinerungen zu Menschen aus dem Bezirk Potsdam den Weg in die Frei- kommen. heit ab. Immer wieder haben Wagemutige versucht, sie zu Die lange geplanten Arbeiten an der Edition „‚Meldungen durchbrechen. In den Akten der ehemaligen MfS-Be- zirksverwaltung finden sich viele Zeugnisse von Fluch- aus der Republik‘ – Stimmungs- und Lageberichte der ten: geglückten, misslungenen und solchen mit tödlichem Zentralen Auswertungs- und Informationsgruppe des Ausgang. Für die Publikation wurden zwölf Beispiele MfS“ und die begleitende Analyse der Stimmungs- und dokumentiert, anhand derer die Arbeitsweise der Bezirks- Lageberichte an die Partei- und Staatsführung der DDR verwaltung verdeutlicht wird. sind 2005 aufgenommen worden. Aufgrund der starken Nachfrage nach diesen Berichten und des immensen Um- Im Berichtszeitraum wurde in der Außenstelle Potsdam fangs des einschlägigen Archivmaterials ist eine mit der Erarbeitung einer Dokumentation aus dem Bestand „schlanke“ wissenschaftliche Edition mit knappen Kom- der Bezirksverwaltung begonnen. Es handelt sich um eine mentierungen vorgesehen. Die notwendigen Informatio- Auswahl dienstlicher Bestimmungen ihres Leiters aus nen zum Verständnis der Auswertungs- und Berichtstätig- dem Zeitraum von 1956 bis 1989, die einen Querschnitt keit des MfS werden parallel in entsprechenden Studien der Themenfelder bietet, mit denen sich die BV Potsdam angeboten. Die Bedeutung dieser Materialien für die Er- beschäftigt hat. Schwerpunkte sind die Wirtschaft, die Spi- forschung der Wirkungsweise des MfS liegt auf der onageabwehr, die Opposition, die Kirche, Fluchten und Hand: MfS-Informationen stellten in den Entscheidungs- Ausreisen sowie der Umgang mit Strafgefangenen in Un- prozessen der DDR-Führung eine wichtige Basis dar, die tersuchungshaftanstalten und im Strafvollzug. Die Doku- die fehlende öffentliche Berichterstattung über Bevölke- mentation enthält außerdem eine Einführung mit Erläute- rungsstimmungen und konkrete Probleme zu ersetzen rungen zum Umgang mit den dienstlichen Bestimmungen des MfS und eine chronologisch geordnete Dokumenten- hatte. Daraus ergaben sich zugleich erhebliche Einfluss- übersicht. möglichkeiten der Geheimpolizei auf die Informations- lage des SED-Politbüros. Die Edition ermöglicht also so- Ein Mitarbeiter der Außenstelle Rostock untersucht den wohl Einblicke in die Wahrnehmung spezieller Probleme Umgang des MfS mit nationalsozialistischen Gewalttä- (z. B. Wirtschaftslage, Republikfluchten und Ausreise- tern. Schwerpunkte der Arbeit sind die Entstehung und begehren) als auch Ansatzpunkte für die Analyse der Entwicklung des MfS-internen Apparates zur Untersu- Aufmerksamkeitsschwerpunkte und -lücken des MfS. chung, Überwachung und Verfolgung von NS-Straftaten Um die Interessen möglichst vieler Nutzerinnen und Nut- sowie der Aufbau des NS-Spezialarchivs beim MfS. Die zer abzudecken, wird die Edition an mehreren Zeitpunk- Analyse basiert auf umfangreichen Recherchen sowohl in ten aus den unterschiedlichen Phasen der DDR-Ge- den Beständen der BStU wie auch in zahlreichen anderen schichte ansetzen. Archiven und wird im nächsten Berichtszeitraum publi- ziert werden. Für das Datenprojekt „Unbekannter Widerstand. Politi- sche Gegnerschaft in der DDR 1949 bis 1989“ werden 4.5 Weitere Vorhaben Massendaten erhoben, die öffentlich nur anonymisiert zu- gänglich sind. Sie werden im Rahmen von Forschungen Die wichtigsten Schwerpunkte der Forschung in der kom- zu Opposition und Widerstand verarbeitet und in einer menden Berichtsperiode sind: späteren Arbeitsphase (entsprechend Stasi-Unterlagen- Das Projekt „Herrschaft und Alltag im Staatssozialismus. Gesetz und Bundesdatenschutzgesetz pseudonymisiert) Mikrohistorische Studien zur Gesellschaftsgeschichte der als Datenedition herausgegeben. Ziel ist es, das Vorgehen Staatssicherheit“ zielt darauf, eine Lücke in der For- des MfS gegen Widerstand und Opposition auszuwerten – 57 – und widerständige Handlungen in einer möglichst kom- nen nun auch ältere Spionagevorgänge besser rekonstru- plexen Breite zu erfassen. Die aus den Quellen des DDR- iert werden. In Kombination mit „Rosenholz“ bietet die Staatssicherheitsdienstes ermittelten Daten vermögen HVA-Datenbank SIRA (siehe auch Abschnitt 2.2.3.5) eine breite Basis für vielfältige his-toriografische, sozio- die Möglichkeit, Interessenlagen der HVA deutlich zu logische, rechtshistorische und politikwissenschaftliche benennen, die Leistungsfähigkeit der DDR-Spionage Fragestellungen zu bilden. Das Datenprojekt wird die bis- auch in Einzelfällen zu erkennen sowie inoffizielle Netze herigen Kenntnisse über Opposition und Widerstand in festzustellen. Der Informationsfluss von einem bundes- der DDR und darüber, wie das MfS sie wahrgenommen deutschen Zielobjekt der DDR-Spionage über Agenten, und darauf reagiert hat, erheblich erweitern. Es birgt die Kuriere und Offiziere der HVA bis hin zum „Endabneh- Vorteile in sich, die wissenschaftliche Analysen in der mer“ beispielsweise im Ostberliner Politbüro kann jetzt Verarbeitung von Massendaten beanspruchen dürfen. In besser als bisher nachgezeichnet werden. Es geht jedoch die Sammlung können allerdings nur Ereignisse aufge- nicht nur darum, derartige Sachverhalte zu rekonstruie- nommen werden, die dem MfS bekannt geworden sind. ren. Vielmehr soll künftig auch deutlicher herausgearbei- Das mag zwar als Verengung erscheinen, bedeutet aber tet werden, welchen Anteil die Westarbeit der HVA an tatsächlich auch eine beträchtliche Erweiterung, weil erst- der Herrschaftssicherung der SED hatte und wie die SED- mals Handlungen und Vorgänge in den Blick genommen Führung das geheime Wissen nutzte, das ihr die HVA werden können, die dem einzelnen Forscher aus empiri- und die anderen MfS-Abteilungen im Westen beschaff- schen wie juristischen Gründen bisher entzogen waren. ten. Zu den genannten Themen befinden sich mehrere Insofern ist dieses Projekt gleichermaßen als Forschungs- Fallstudien in Arbeit. Auch eine größere Monografie zur DDR-Spionage in der Bundesrepublik auf Basis von Un- ansatz und als Dienstleistungsangebot an die Forschung terlagen des Generalbundesanwalts (verbunden mit der zu verstehen. Auswertung komplementärer MfS-Quellen) soll publi- Analysen der Aktivitäten des DDR-Staatssicherheits- ziert werden. dienstes sind zumindest unvollständig, wenn sie nicht in den Kontext von Einfluss und Politik der sowjetischen 4.6 Archivwissenschaftliche Forschung „Freunde“ eingeordnet werden. Deshalb werden im For- und Publikationen schungsvorhaben zur „Zusammenarbeit der osteuropäi- schen Geheimdienste“ zuerst die Beziehungen zwischen Im Sechsten Tätigkeitsbericht schloss die Arbeitsgruppe dem MfS und dem sowjetischen Komitee für Staatssi- Archivwissenschaftliche Aufarbeitung mit Ausführun- cherheit (KGB) im Mittelpunkt stehen. Es gilt, die institu- gen über die Tagung „Hatte ‚Janus‘ eine Chance? Das tionellen Grundstrukturen der Zusammenarbeit zwischen Ende der DDR und die Sicherung einer Zukunft der Ver- KGB und MfS herauszuarbeiten: politische und rechtli- gangenheit“ im November 2002. Archivare, Juristen, che Grundlagen, Kooperationsebenen und Hauptakteure. Politologen und Historiker waren den Fragen nach archi- In Verbindung damit soll versucht werden, eine Periodi- vischer Überlieferungslage, Quellen, Formen, Möglich- sierung dieses Verhältnisses zu erarbeiten, die im Zusam- keiten und Grenzen der Vergangenheitsvergegenwärti- menhang mit der politischen Geschichte des Verhältnisses gung nachgegangen. Eine Podiumsdiskussion suchte bewusst die Kontroverse zwischen dem Beschweigen und von DDR und Sowjetunion steht. Die weitere Forschungs- der Aufarbeitung der Vergangenheit in diktatorischen arbeit wird sich in mittlerer Perspektive auf mehrere Fel- Systemen. Der Tagungsband mit den insgesamt 23 Refe- der beziehen: gemeinsame, arbeitsteilige Aktivitäten der raten und der Niederschrift der Podiumsdiskussion er- Geheimdienste und Vergleiche der osteuropäischen Ge- schien im September 2003 als Band 6 der Reihe „Archiv heimdienste nach Kriterien wie Stellung und Funktion im zur DDR-Staatssicherheit“ (Publikationsverzeichnis siehe politischen System, Binnenstruktur, Kaderbestand, Hand- Anhang 25, S. 116). Er fand bereits im Oktober 2003 lungsspielräume, Methoden etc. Parallel dazu wird nach seine Rezeption auf der XXXVIIth International Confe- der geheimdienstlichen Zusammenarbeit im Ostblock zu rence of the Round Table on Archives (CITRA) in Kap- fragen sein, ein Vorhaben, das in Kooperation mit analo- stadt. Die Beiträge sind auch in „Comma. International gen Forschungseinrichtungen in anderen Staaten des ehe- Journal on Archives 2004-2“ publiziert worden. maligen sowjetischen Herrschaftsbereichs anzugehen sein wird. Zum Teilvorhaben „Operativgruppen des MfS“ Der Band 2 „Das Stasi-Unterlagen-Gesetz im Lichte von in den anderen Ostblockstaaten sind Recherche und Sich- Datenschutz und Archivgesetzgebung“ erschien im Fe- tung des Materials bereits weitgehend abgeschlossen. Es bruar 2004 in einer zweiten, durchgesehenen und neu ge- wird voraussichtlich im nächsten Jahr publiziert werden stalteten Auflage. Daran anschließend wurde der vergrif- können. fene Band 1 „Das ‚NS-Archiv‘ des Ministeriums für Staatssicherheit. Stationen einer Entwicklung“ inhaltlich Die einschlägige Forschung zur „Westarbeit“ des MfS durchgesehen und um ein Quellen- und ein Personenver- und zur „Geheimdienstforschung“ hatte sich in den ver- zeichnis ergänzt. Er konnte im Dezember 2004 in zweiter gangenen Jahren aufgrund der lückenhaften Quellenüber- Auflage erscheinen. lieferung vor allem auf das West-Agentennetz der HVA, wie es Ende der 80er Jahre bestanden hat, konzentriert. Das Thema Kartenverfälschung war weiterhin Gegen- Nachdem seit Sommer 2003 die Personen- und Vorgangs- stand der fachlichen sowie politisch-historischen Ausei- karteien sowie Statistikbögen der HVA (so genannte nandersetzungen. Veranstaltet vom Dokumentations- und „Rosenholz“-Datei – siehe auch Abschnitt 2.4.3) zur Ein- Informationszentrum Torgau, wurde im Juli 2003 in der sichtnahme für die Forschung freigegeben wurden, kön- Stadtbibliothek Torgau über Kartenverfälschung in der – 58 –

DDR vorgetragen. Auf Einladung der Universität Leipzig 5 Bildungs-, Presse- und wurde im Rahmen der Ringvorlesung „Karte und Politik Öffentlichkeitsarbeit in der Geschichte Ostmitteleuropas“ im Juli 2004 ein Vor- trag über „Geheimhaltungsbedingte Kartenverfälschung 5.1 Bildungsangebote im Warschauer Pakt“ gehalten. Dieser Ansatz erweitert Ihrem gesetzlichen Auftrag entsprechend unterrichtet die das bisherige Forschungsthema und stellt die gewonne- Bundesbeauftragte die Öffentlichkeit über Struktur, Me- nen Erkenntnisse über Kartenverfälschung in der DDR thoden und Wirkungsweise des ehemaligen Staatssicher- vergleichend in einen größeren Kontext. Unter dem Titel heitsdienstes der DDR (§ 37 Abs. 1 Nr. 5 StUG). Dies „Kalter Krieg und Kartographie“ sollen dazu in interna- geschieht in Form eines breit gefächerten Bildungspro- tionalem Rahmen Beiträge eingeworben und in einem gramms, das öffentliche Podiumsdiskussionen, Impuls- Band publiziert werden. Vorgesehen ist, sich dabei der referate mit anschließendem Podiumsgespräch, Lesungen, Frage zu nähern, ob und inwieweit staatssicherheitliche Vorträge, Filmvorführungen, Dauer- und Sonderausstel- Einflussnahmen auf das Kartenwesen der DDR den allge- lungen sowie gruppenspezifische Projektangebote, insbe- meinen Gepflogenheiten des Kalten Krieges entsprachen sondere für Schülerinnen, Schüler und Multiplikatoren, oder die DDR auf diesem Gebiet tatsächlich „federfüh- umfasst. Ausrichter der Veranstaltungen sind die Zentral- rend und richtungweisend unter den sozialistischen Län- stelle in Berlin sowie die Außenstellen, teils in Koopera- dern“ war, wie ein Gegner kritischer Aufarbeitung kürz- tion mit anderen Bildungsträgern. lich schrieb. Die Bildungsarbeit der BStU hat eine wichtige Brücken- Der Band 5 „Kartenverfälschung aus übergroßer Geheim- funktion zwischen unterschiedlichen Generationen und haltung? Eine Annäherung an das Thema Einflussnahme Erfahrungswelten – ein Aspekt, der auch im Hinblick auf der Staatssicherheit auf das Kartenwesen der DDR“ liegt die Auseinandersetzung mit der jüngsten deutschen Zeit- seit Februar 2003 in zweiter Auflage vor. Eine englische geschichte eine wichtige Rolle spielt. Mit den aus den Ausgabe, die eine vergleichende internationale Betrach- Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes gewonnenen Er- tung unterstützen soll, ist für den Sommer 2005 vorgese- kenntnissen fördert die BStU Demokratie, Rechtsstaat- hen. lichkeit und Freiheitswillen. Sie nutzt im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages ihre Kompetenz und Erfahrung Beim Projekt „Eingesperrt – Ausgesperrt. Sperrgebiete in dazu, den 15 Jahre nach dem Ende der DDR deutlicher der DDR“ konnten durch aufwändige Recherchen Sperr- werdenden Tendenzen, Geschichte zu relativieren und die gebiete in ihrer Ausdehnung präzisiert sowie weitere er- Auswirkungen der SED-Diktatur nachträglich zu ver- mittelt und in die in Arbeit befindliche Karte aufgenom- harmlosen, entgegenzutreten. Der zwangsläufig wach- men werden. Nach Angaben in der „Anordnung über die sende Abstand zur DDR-Geschichte führt dazu, dass Ordnung in den Grenzgebieten und in den Seegewässern diese nicht mehr Teil der eigenen Erfahrung ist – sie wird der DDR“ vom 25. März 1982 wurde die Grenzzone an zur vermittelten Erfahrung, die durch die Bereitstellung der Ostseeküste ergänzt. In gleicher Weise sollen in wei- von Sachinformationen und Interpretationsangeboten er- teren Karten die Standorte der Bezirksverwaltungen, lebbar gemacht werden muss. Hier setzt die Bildungsar- Kreis- und Objektdienststellen sowie 355 weitere Liegen- beit der BStU an. Sie ergänzt aber auch die schulische schaften des MfS, Standorte und Geländeflächen des Mi- und außerschulische Vermittlung historischen Wissens nisteriums des Innern (MdI) und des Ministeriums für über die SED-Diktatur, leistet Beiträge zu einer ganzheit- Nationale Verteidigung (MfNV) dargestellt werden. lichen Erinnerungskultur und wirkt Werte bildend, indem Die Frage nach dem Ausmaß der Aktenvernichtungen in sie zum Nachdenken über Mut und Versagen, Wahrhaftig- der Zeit der vom MfS versuchten „Wende“ zum Amt für keit und Lüge, Schuld und Vergebung anregt. Nationale Sicherheit (AfNS) bzw. zum Verfassungsschutz Ausgehend von der thematischen Grundbindung an das und Nachrichtendienst sowie in der Auflösungsphase bil- MfS wird das Bildungsprogramm inhaltlich und didak- det den Kern des Projekts „Politik der Reißwölfe“. Für tisch kontinuierlich weiterentwickelt und so ein zeitgemä- dieses und die vorgenannten Vorhaben wurden im ßer und adressatenorientierter Transfer auch neuester For- Berichtszeitraum 483 MfS-Akten ausgewertet. Frühere schungsergebnisse an ein breites Publikum gewährleistet. Recherchen ließen sich dabei vertiefen. Zur Thematik be- Das Veranstaltungsangebot reduziert sich dabei nicht auf reits publizierte Aufsätze weisen die Richtung für die zu die bloße Vermittlung von wissenschaftlich fundierten erarbeitende Monografie. Darin soll es nicht nur um Men- Sachinformationen, sondern gibt Anregungen zur eigen- genangaben gehen, sondern auch reflektiert werden, wie ständigen Auseinandersetzung mit der Geschichte des das System der Schriftgutverwaltung im MfS funktio- Staatssicherheitsdienstes und ihren Folgewirkungen. nierte und mit welchen Unterlagen das MfS/AfNS zu Ver- fassungsschutz und Nachrichtendienst „mutieren“ wollte. Die Konzentration auf das MfS bedeutet jedoch nicht, es Welche Akten sollten vernichtet werden, um „glaubhaft“ als einen isolierten Baustein, gleichsam außerhalb des zu erscheinen? Nicht zuletzt durch Diskussionen und Fra- SED-Herrschaftsapparates, zu betrachten. Das MfS war gen in einer vom Bürgerkomitee Leipzig im Dezember kein Staat im Staate, sondern vielmehr konstitutiver Be- 2004 veranstalteten Tagung wie auch bei der Veranstal- standteil der SED-Diktatur und auf das Engste mit dem tung der BStU zum 15. Jahrestag der Besetzung der Stasi- Gesamtsystem des Regimes verzahnt. Anliegen des Ver- Zentrale im Januar 2005 kam zum Ausdruck, wie wichtig anstaltungsprogramms der Bundesbeauftragten ist es, dieses Thema ist. diese Verschränkung aufzuzeigen, den Wirkungslinien – 59 – der MfS-Tätigkeit nachzugehen, die Tätigkeitsfelder he- Mit der EU-Osterweiterung im Mai 2004 ist das Tableau rauszuarbeiten und die Auswirkungen zu ergründen. europäischer Geschichtserfahrungen durch neue Akzente ergänzt worden. An diese Entwicklung knüpfte die Bun- Die Bundesbeauftragte, verankert in der pluralen Aufar- desbeauftragte mit einschlägigen Veranstaltungen an. Un- beitungslandschaft der Bundesrepublik, arbeitet im regen ter dem Titel „Der ‚Osten‘ und der ‚Westen‘ – Aufarbei- Austausch mit sachverwandten Einrichtungen und Initia- tung und Einigungsprozess in Europa“ diskutierten Gäste tiven zusammen. Durch die Kooperation mit externen aus Deutschland, Polen und Ungarn über die Verschie- Partnern trägt sie dazu bei, Energien der Bildungsarbeit bungen innerhalb des europäischen Geschichtsbildes zu bündeln und Ressourcen effizient zu nutzen. durch die EU-Erweiterung und die aktuelle Herausforde- rung, ein gemeinsames europäisches Geschichtsbewusst- 5.1.1 Veranstaltungen sein zu entwickeln. Ein thematischer Angelpunkt war die Frage des Umgangs mit der Geschichte der Regime und Im Berichtszeitraum führte die Bundesbeauftragte in der ihrer Geheimdienstorgane in den postdiktatorischen Ge- Zentralstelle und den Außenstellen eine Vielzahl von Ver- sellschaften. anstaltungen unterschiedlicher Formate durch. Schwer- punkt waren dabei die anlässlich des 15. Jahrestages der Gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung und der Euro- friedlichen Revolution angebotenen Veranstaltungen, päischen Akademie Berlin richtete die Behörde eine in- über die ausführlich im Abschnitt 1.4.2 berichtet wird. ternationale Kooperationstagung aus: „Zeit der Freiheit – Darüber hinaus standen folgende Themen auf dem Pro- Das europäische Erbe der mittel- und osteuropäischen de- gramm: die Struktur des MfS und seine Verzahnung im mokratischen Opposition zwischen Selbstbehauptung und SED-System, Widerstand gegen das SED-Regime und Diktaturerfahrung“. Im Rahmen dieser Tagung führte die seinen Geheimdienst, Kontrolle und Steuerung von Staat Bundesbeauftragte das Forum „Vergangenheitspolitik: und Gesellschaft durch das MfS, die gesellschaftlichen Freiheit durch Aufarbeitung – Der Umgang mit Diktatur- Wirkungsfelder der MfS-Tätigkeit, das MfS und seine erfahrungen im vereinten Europa“ durch. Gäste aus der osteuropäischen „Bruderorgane“, die MfS-Politik gegen- Bundesrepublik, Polen, Ungarn und Litauen diskutierten über NS-Tätern sowie Fragen der Aufarbeitung der SED- über die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Diktatur und ihres Staatssicherheitsdienstes. kommunistischen Diktaturen im heutigen Europa. Der Umgang mit Diktaturgeschichte im internationalen 5.1.1.1 Veranstaltungen der Zentralstelle Vergleich war auch Thema eines Symposiums des Ibero- Amerikanischen Instituts und der Europäischen Akade- In der Zentralstelle wurden beispielsweise neue For- mie, an dem die BStU neben weiteren Kooperationspart- schungsergebnisse über die Tätigkeit des MfS in der nern als Mitveranstalterin beteiligt war. Unter dem Titel Nationalen Volksarmee vorgestellt, über das diffizile „Urbane Erinnerungskulturen: Berlin und Buenos Aires“ Verhältnis des gesamtdeutschen Sports zur DDR-Vergan- diskutierten Vertreter aus der Bundesrepublik und Argen- genheit diskutiert oder die politischen Strategien und tinien über die verschiedenen Wege kritischer Auseinan- Maßnahmen gegen unliebsame Jugendkulturen erörtert. dersetzung mit den Diktaturerfahrungen im eigenen Land. Das Symposium, das vom 21. bis 23. Juni 2005 in Die Rolle des MfS bei der Aufarbeitung nationalsozialis- Berlin unter der Schirmherrschaft des Regierenden Bür- tischer Verbrechen und im Umgang mit Verantwortlichen germeisters stattfand, zeigte in beeindruckender Weise und Tätern aus der NS-Zeit stand im Mittelpunkt von das breite Spektrum an Erinnerungs- und Aufarbeitungs- zwei Themenveranstaltungen. Die Diskussionen der Initiativen auf und ermöglichte einen Blick über die na- Fachleute aus Forschung, Gedenkstätten und Archivwe- tionalen wie auch kontinentalen Grenzen hinaus. Eine sen machten die Brüchigkeit des antifaschistischen My- Vortragssequenz galt dem Thema „Die BStU und ihre thos der DDR deutlich und zeigten an exemplarischen bürgerschaftlichen Wurzeln“ und beleuchtete die Grün- Fällen, wie der offizielle Entnazifizierungsanspruch in dungs- und Entwicklungsgeschichte der Behörde. der Praxis politisch instrumentalisiert und untergraben wurde. Zu den Berliner Veranstaltungen kamen durchschnittlich rund 100 Gäste, wobei einige Themenabende einen deut- Im Rahmen einer mehrteiligen Veranstaltungsreihe griff lich höheren Zulauf verzeichnen konnten, wie beispiels- die Bundesbeauftragte die Frage nach den psycho- weise „Stasi und NS-Täter“ mit rund 200 Teilnehmerin- logischen Repressionsmechanismen des MfS und ihren nen und Teilnehmern. Auf erkennbar großes Interesse Folgen auf. Genannt seien die Vortrags- und Diskussions- trafen Veranstaltungen zum Themenbereich MfS und abende „Zermürben und Zerbrechen – Zersetzungsstrate- Sport: Die Diskussionsabende „‚Spitzelsport‘ und Gold- gien gegen Andersdenkende in der SED-Diktatur“, „Wir medaillen“ sowie „Fußball im Abseits? Der Einfluss der tragen die Diktatur in uns – Möglichkeiten und Grenzen Staatssicherheit auf den Fußballsport der DDR“ belegten der Enttraumatisierung in unserer Gesellschaft“ und anschaulich die besondere Aufmerksamkeit von Öffent- schließlich die Veranstaltung „Würde bewahren – Über lichkeit und Medien. Rege Aufmerksamkeit fand auch die persönliche und gesellschaftliche Verarbeitung von eine Podiumsdiskussion, die die BStU im Vorfeld des Repressionserfahrungen“ in Kooperation mit der Berliner 15. Jahrestages der Verabschiedung des Stasi-Volks- Beratungsstelle „Gegenwind“. kammergesetzes durchführte und die den Blick auf die – 60 – lebhaften Kontroversen über den Umgang mit den MfS- Teilen Deutschlands planten. „Schwerter zu Pflugscha- Akten im Sommer 1990 zurückführte. Leitmotiv der Dis- ren“ war das Motto. Durch brennende Teelichte sollte auf kussion war die Frage „Wem gehören die Akten? Der dem zentralen Platz in Gera das Wort „Frieden“ gezeich- Stasi-Aktenstreit in Parlament und Bürgerschaft am Ende net werden – ein Vorhaben, das Polizei und Staatssicher- der DDR“. heitsdienst vereitelten. In einer Erinnerungsveranstaltung an die „Aktion Kerze“, die in Zusammenarbeit zwischen Die Veranstaltungen der Zentralstelle sind im Einzelnen der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Außenstelle Gera im Anhang 29, S. 127 ff. dargestellt. der BStU durchgeführt wurde, kamen damalige Akteure zu Wort. 5.1.1.2 Veranstaltungen der Außenstellen Jährlich zweimal führt die Außenstelle Gera in Zusam- Bei den von den Außenstellen angebotenen Veranstaltun- menarbeit mit der Thüringer Landesmedienanstalt Talk- gen finden vor allem solche mit regionalem Bezug große runden zur Auseinandersetzung mit Diktaturerfahrungen Resonanz. So führte etwa die Außenstelle Chemnitz auf und zu Themen der Demokratieerziehung durch. Die Dis- der Basis eigener Aktenrecherchen Vorträge zum regio- kussionsrunden werden im Bürgerfernsehen der Stadt, nalspezifischen Thema „Das MfS in den Kreisen Haini- dem Offenen Kanal Gera, übertragen. chen, Rochlitz und Schwarzenberg“ durch. Neben Infor- Einen besonderen Höhepunkt im Veranstaltungspro- mationen zur Struktur der Kreisdienststellen und zu gramm der Außenstelle Schwerin bildete die Konzert- Schwerpunkten der regionalen MfS-Tätigkeit konnten die lesung „Der Narr“ mit Stephan Krawczyk, die vor allem Referenten aus der Aktenanalyse auch von Beispielen des Jugendliche begeisterte. Großes Interesse fand zudem die bürgerschaftlichen Mutes und des Widerstands gegen den Podiumsdiskussion „Demokratie statt Diktatur“ mit Staatssicherheitsdienst berichten. Joachim Gauck und weiteren Zeitzeugen, eine Veranstal- Auf Interesse trafen regionalspezifische Vorträge zum tung, die gemeinsam mit der Landeszentrale für politi- Themenkomplex „Städtepartnerschaften im Spiegel der sche Bildung Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt Stasi-Akten“, „MfS und Zwangsumsiedlungen“ in Meck- wurde. lenburg-Vorpommern und in Thüringen, zum Einsatz von In Potsdam fanden die Veranstaltungen der Reihe „Litera- IM in bestimmten Regionen der DDR und zum Vorgehen tur und Politik“ große Resonanz, bei denen so namhafte des Staatssicherheitsdienstes im Ostseeraum. Autoren wie Erich Loest und Ulrich Plenzdorf zu Gast Darüber hinaus fanden auch in den Veranstaltungsange- waren. Insgesamt hat die Außenstelle Potsdam in Zusam- boten der Außenstellen überregionale Fragen der MfS- menarbeit mit dem Brandenburgischen Literaturbüro im Geschichte Beachtung, so beispielsweise der Einsatz von 1. Halbjahr 2004 fünf Veranstaltungen innerhalb dieser IM im Strafvollzug der DDR, die Strategien gegen non- Reihe durchgeführt. konforme Jugendbewegungen, die Tätigkeit des MfS in Die Außenstelle Dresden war am 5. Dezember 2004 Mit- der DDR-Ärzteschaft, die Aufgaben des Staatssicher- veranstalter der jährlich stattfindenden Gedenkveranstal- heitsdienstes im Grenzgebiet, die Spionage in der Bun- tung anlässlich der Erstürmung der Bezirksverwaltung desrepublik sowie die Rekonstruktion vorvernichteter Dresden des MfS. Es wurden Vorträge und Führungen Unterlagen. durch die ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Staats- Die Außenstelle Rostock führte im Jahr 2004 eine neue sicherheitsdienstes angeboten, im Anschluss fand ein gut Reihe von Zeitzeugen-Gesprächen ein, die unter dem Ti- besuchtes Konzert des Liedermachers Wolf Biermann tel „Unterdrückt – Zerbrochen – Widerstanden“ viertel- statt. jährlich durchgeführt wird und großen Anklang findet. Im Seit dem Jahr 2004 finden in der Außenstelle Dresden Rahmen des internationalen „Tag des offenen Denkmals“ „Tage der offenen Tür“ nicht wie bisher einmal im Jahr, bot die Außenstelle in der Dokumentations- und Gedenk- sondern monatlich statt. Neben Führungen durch die Aus- stätte in der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt des stellungen und das Archiv, Filmvorführungen und Bür- MfS in Rostock thematische Sonderführungen an. Starker gerberatung wird zum Abschluss des Tages ein Vortrag Resonanz erfreuten sich in den letzten beiden Jahren auch angeboten. Dieses erweiterte Programm trifft in der Öf- themenbezogene Filmnächte, die gemeinsam mit dem fentlichkeit auf positive Resonanz: Durchschnittlich kom- „Lichtspieltheater Wundervoll“ organisiert wurden. An men 120 Gäste zu diesen Veranstaltungstagen. der Filmnacht zur deutschen Teilung im Januar 2004, die unter dem Motto „Da war diese Enge…“ stand, nahmen Wie in den vorangegangenen Jahren war die BStU auch beispielsweise rund 200 Besucherinnen und Besucher im Jahr 2005 auf dem Evangelischen Kirchentag in Han- teil. Insbesondere junge Leute fühlen sich von dieser nover mit einem Informationsstand vertreten. Der Kir- Form der historischen Auseinandersetzung angesprochen. chentag stand unter dem Leitwort „Wenn dein Kind dich Zu den insgesamt 60 von der Außenstelle Rostock in den morgen fragt …“. Im Rahmen des „Marktes der Möglich- Jahren 2003 und 2004 durchgeführten Veranstaltungen keiten“ präsentierte sich die BStU mit einem Ausstel- kamen mehr als 6 900 Interessierte. lungs- und Informationsstand unter der Leitlinie „Lernen für die Zukunft – die Stasi-Akten“. Beschäftigte der Be- Im November 2003 jährte sich zum 20. Mal der Tag, an hörde stellten sich den Fragen der Besucherinnen und Be- dem junge Leute in Gera eine friedliche öffentliche Ak- sucher und gaben Auskunft über die Informations- und tion gegen die Stationierung von Atomraketen in beiden Projektangebote der Bundesbeauftragten. – 61 –

5.1.2 Ausstellungen 5.1.2.4 Regionale Ausstellungen der Außenstellen 5.1.2.1 „Ein offenes Geheimnis – Post- und Telefonkontrolle in der DDR“ Die Außenstellen entwickelten eigene neue Ausstellungs- angebote mit regionalem Bezug. Diese wurden in öffent- Die vom Museum für Kommunikation Berlin mit der lichen Einrichtungen, vor allem Schulen, gezeigt, teils Bundesbeauftragten und dem Leipziger Museum in der auch in Zusammenarbeit mit anderen Bildungsträgern. „Runden Ecke“ erarbeitete Gemeinschaftsausstellung zeigt, in welchem Umfang und mit welchen Mitteln das Auf großes Interesse stieß die von der Außenstelle Gera MfS das verfassungsmäßig garantierte Post- und Telefon- erarbeitete Ausstellung „Fluchtschicksale“, die im Som- geheimnis verletzt hat. Die Ausstellung war von 2003 bis mer 2004 im Jenaer Einkaufscenter „Goethe-Galerie“ ge- November 2004 in Frankfurt am Main, Hamburg und zeigt wurde. Von den über 330 000 Besucherinnen und Nürnberg zu sehen. Seit Januar 2005 wird sie in Leipzig Besuchern, die die Galerie in dieser Zeit hatte, besichtigte im Museum in der „Runden Ecke“ gezeigt. Bisher sahen ein großer Teil die Ausstellung. Präsentiert wurde eine Vielzahl von Originalexponaten, so unter anderem diese Ausstellung mehr als 150 000 Besucherinnen und Fluchtfahrzeuge wie ein Heißluftballon und ein Leicht- Besucher. Besonderer Aufmerksamkeit erfreuten sich die flugzeug. Auf insgesamt 20 Ausstellungstafeln wurden jeweils regionalbezogenen Sequenzen: Hamburg, Nürn- die Grenzbefestigungen, die Aktivitäten der NVA-Grenz- berg und Leipzig hatten deutsch-deutsche Städtepartner- truppen und des MfS sowie ausgewählte Fluchtschicksale schaften abgeschlossen, die Vorbereitungen zu den Ver- dokumentiert. tragsabschlüssen und insbesondere auch die daraus resultierenden Kontakte wurden vom MfS aufs Schärfste Die Außenstelle Potsdam zeigte im Rahmen einer Ak- überwacht und gesteuert. Die zu diesem Thema zusätz- tionswoche im April 2004 in den Potsdamer Bahnhofs- lich erarbeiteten Ausstellungssegmente zeigten exempla- passagen die Ausstellung „Mit tschekistischem Gruß“. Zu risch, auf welchem Wege und mit welchen Methoden das sehen waren Tafeln einer Ausstellung, die das MfS 1975 MfS die deutsch-deutschen Kontakte gezielt zu kontrol- zu seinem 25. Gründungstag selbst erstellt hatte. Die Ma- lieren, einzudämmen oder zu verhindern suchte. terialien waren auf dem Dachboden der ehemaligen Stasi- Hochschule in Potsdam-Golm gefunden worden. Ergänzt 5.1.2.2 Ausstellungen anlässlich des durch erläuternde Angaben und Kommentierungen sowie 15. Jahrestages der friedlichen durch Originalexponate (z. B. Fundstücke „konspirativer Revolution Technik“ und Erich Mielkes „Roter Koffer“) fand die Ausstellung regen Zulauf. Im Begleitprogramm wurden Anlässlich des 15. Jahrestages der friedlichen Revolution Videofilme vorgeführt und Bürgerberatungen angeboten. erarbeitete die BStU die Ausstellungen: „Wenn das Volk Im September 2004 eröffnete die Außenstelle nicht so will, wie es soll. Die DDR im Herbst ’89“, „Flä- Frankfurt (Oder) eine neue Wanderausstellung mit dem chendeckend – Die territoriale Expansion der Stasi-Zen- Titel „Postgeheimnis? Die Stasi und die Cottbuser trale“ und die Wanderausstellung „Die Botschaftsflücht- Briefe“. Seitdem haben sich mehr als 2 700 Besucherin- linge auf ihrer Fahrt von Prag nach Hof“ der sächsischen nen und Besucher an verschiedenen Orten der Region Außenstellen Chemnitz, Dresden und Leipzig. Sie sind über das Thema Postkontrolle durch den Staatssicher- im Einzelnen in den Abschnitten 1.4.2.3 und 1.4.2.4 be- heitsdienst informiert. Vormerkungen für den künftigen schrieben. Verleih widerspiegeln das große Interesse an dieser Aus- stellung. 5.1.2.3 Kooperation mit dem Zum 35. Jahrestag des Einmarschs der Truppen des War- AlliiertenMuseum e. V. schauer Paktes in die ČSSR erarbeitete die Außenstelle Im Jahr 2003 bat das AlliiertenMuseum e.V. in Berlin die Halle eine Sonderausstellung. Gezeigt werden nicht nur Bundesbeauftragte um Unterstützung im Rahmen eines historische Fotodokumente zum August 1968. Im Mittel- Forschungsantrages (siehe Abschnitt 3.3.1.2) und darüber punkt stehen Hallenser Studenten, die sich einem offiziel- hinaus auch um eine direkte Beteiligung an einer Ausstel- len Aufruf verweigerten, den Truppeneinmarsch durch lung über die Militärischen Verbindungsmissionen ihre Unterschrift zu begrüßen. Der Staatssicherheitsdienst (MVM) der Alliierten. Die Bundesbeauftragte übernahm sorgte dafür, dass die Studenten relegiert wurden. Rund die Erarbeitung eines eigenen Ausstellungssegments, das 2 500 Besucherinnen und Besucher sahen bisher diese die Interventionen des MfS schlaglichtartig dokumen- Ausstellung. tierte. Neben der umfassenden Beobachtung und Kon- Eine Übersicht über die von den Außenstellen angebote- trolle der akkreditierten Angehörigen der Verbindungs- nen Ausstellungen findet sich im Anhang 30, S. 135 ff.. missionen führte das MfS auch so genannte Blockierungen durch oder provozierte beispielsweise 5.1.2.5 Die Wanderausstellung der BStU Verkehrsunfälle. Verletzungen, selbst Todesfälle, wurden dabei in Kauf genommen. Neben ausgewählten MfS- Die Wanderausstellung „Staatssicherheit – Garant der Dokumenten wurden Ausschnitte aus Originalfilmen ge- SED-Diktatur“ wurde 1996 von der BStU primär zur In- zeigt, die der Staatssicherheitsdienst bei der Beobachtung formation der Bevölkerung der alten Bundesländer über und Überwachung der MVM erstellt hatte. die Geschichte des Ministeriums für Staatssicherheit erar- – 62 – beitet. Sie war bislang in über 50 Städten, vorwiegend in Zurzeit wird das Konzept für eine inhaltlich wie gestalte- Deutschland, aber auch in Ländern des ehemaligen Ost- risch neu akzentuierte und gestraffte Fassung der zentra- blocks und in Dänemark zu sehen und wurde von nahezu len Wanderausstellung der Bundesbeauftragten erarbeitet. 220 000 Interessierten besucht. Die einzelnen Veranstal- Externe Ausstellungs- und Museumsfachleute unterstüt- tungsorte und Besucherzahlen im Berichtszeitraum kön- zen diesen Arbeitsprozess mit ihren didaktisch-pädagogi- nen dem Anhang 31, S. 137, entnommen werden. schen Kenntnissen und Erfahrungen. Im Mittelpunkt der Dokumentation stehen die Struktur, die Methoden und die Wirkungsweise des MfS und seine 5.1.3 Informations- und Dokumentations- Rolle als existenzielle Stütze des SED-Regimes. An aus- zentren der BStU sowie Gedenkstätten gewählten Beispielen werden die menschenrechtswidri- Das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an den Aus- gen Maßnahmen gegen Andersdenkende nachgezeichnet stellungen und Veranstaltungen der Informations- und und die langfristigen Folgen dieser Unterdrückungspoli- Dokumentationszentren der BStU in Frankfurt (Oder), tik sichtbar gemacht. Das abschließende Kapitel befasst Halle, Rostock, Erfurt, Dresden und Berlin ist nach wie sich mit dem Sturz der Diktatur durch die friedliche Re- vor sehr hoch (Übersicht siehe Anhang 32, S. 138). volution von 1989. Auch die rechtlichen Grundlagen und die Arbeitsfelder der Behörde der Bundesbeauftragten In Frankfurt (Oder), wo die BStU im Dezember 2004 das werden erläutert. zehnjährige Bestehen ihres dortigen Informations- und Dokumentationszentrums beging, wurden im Berichts- Während der Ausstellungszeit stehen fachkundige Be- zeitraum über 22 000 Ausstellungs- und Veranstaltungs- schäftigte der Behörde für Informationen und Auskünfte besucher gezählt. zur Verfügung. Auf Wunsch werden Führungen durch die Ausstellung angeboten. Interessierte können Anträge zur Die Dokumentations- und Gedenkstätte in der ehemali- persönlichen Akteneinsicht stellen. gen MfS-Untersuchungshaftanstalt in Rostock besuchten im Berichtszeitraum rund 31 000 Interessierte. Nutzten Im Begleitprogramm zur Ausstellung finden zur inhaltli- anfangs vor allem Einheimische die Gelegenheit, sich chen Vertiefung stets Vortragsveranstaltungen mit Mitar- über das Wirken des Staatssicherheitsdienstes zu infor- beiterinnen und Mitarbeitern der BStU statt. Hier werden mieren, sind es nun zunehmend auch in- und ausländische ausgewählte Themenschwerpunkte erläutert, von allge- Touristen. Im Jahr 2003 nahmen verschiedene Reisever- meinen Fragen der Struktur und der Methoden des MfS anstalter die Dokumentations- und Gedenkstätte in ihre über die „Rosenholz“-Dateien und die MfS-Spionage in Tourenpläne auf, woraufhin bislang beispielsweise rund der Bundesrepublik bis hin zur Entschlüsselung von 3 500 Passagiere von Kreuzfahrtschiffen, vor allem aus Decknamen. Beachtung finden zudem datenschutzrechtli- den USA, den historischen Ort besuchten. Die zahlenmä- che Aspekte im Umgang mit den MfS-Akten sowie Fra- ßig stärkste Besuchergruppe sind jedoch Schülerinnen gen der Aufarbeitung. Auf großes Interesse stießen regio- und Schüler – rund 8 100 nahmen im Berichtszeitraum an nalbezogene Ausführungen wie der Vortrag „War die den angebotenen Führungen teil. Stasi auch in Bochum?“ oder Erklärungen zur techni- schen Ausstattung des MfS. Mehr als 57 000 Besucherinnen und Besucher kamen in das Berliner Informations- und Dokumentationszentrum; In Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Landesinstitut für an einem geführten Ausstellungsrundgang nahmen im Pädagogik und Medien werden Weiterbildungsseminare Jahr 2003 369 Gruppen, 305 Gruppen im Jahr 2004 und für Lehrerinnen und Lehrer zum Thema „Das Ministe- 161 Gruppen im 1. Halbjahr 2005 teil. Diese geschlosse- rium für Staatssicherheit – tragende Säule der SED-Dik- nen Gruppen wurden zumeist über das Bundespresseamt, tatur“ angeboten. parteinahe Stiftungen, Schulen oder Universitäten ange- Eine herausragende Station der Wanderausstellung war meldet. Die Dauerausstellung im Informations- und Do- im Berichtszeitraum die Stadt Gütersloh. Fast 7 000 Be- kumentationszentrum Berlin wurde punktuell überarbei- sucherinnen und Besucher besichtigten hier die Ausstel- tet und durch neue Sequenzen, wie z. B. „MfS und lung, darunter über 100 Schülergruppen. Ein großer Er- Technik“, ergänzt. Daneben fanden verschiedene Sonder- folg – zu einem wesentlichen Anteil auf dem Engagement ausstellungen statt (siehe Anhang 33, S. 139). der Kolpingfamilie in Elten basierend – wurde die Prä- Zweimal jährlich beteiligt sich die Berliner Einrichtung sentation der Wanderausstellung auch in der kleinen Stadt an der „Langen Nacht der Museen“. Kernstück dieser Emmerich-Elten an der deutsch-niederländischen Grenze, Veranstaltungen sind die durchgehend stattfindenden zu der sowohl deutsche als auch niederländische Gäste Führungen durch die Dauerausstellung „Staatssicherheit – kamen. In nur zwei Wochen konnten über 1 400 Besuche- Machtinstrument der SED-Diktatur“. Daneben finden rinnen und Besucher verzeichnet werden. Präsentationen und Vorträge sowie Filmvorführungen Im Juni 2005 war die Wanderausstellung als Teil des Rah- rund um das Thema „Staatssicherheitsdienst“ statt. Das menprogramms der Internationalen Konferenz zur fachspezifische Programm wird immer durch ein themen- Geschichte der kommunistischen Sicherheitsapparate im bezogenes kulturelles Angebot ergänzt: So präsentierte Kulturpalast in Warschau zu sehen (siehe Ab- und diskutierte der Regisseur Fritz Poppenberg seinen schnitt 4.3.3). Für die Gäste der Ausstellung in Warschau Film „Folget mir nach“ (August 2003), der Arzt und Lie- wurden begleitende Textsammlungen in englischer und dermacher Karl-Heinz Bomberg trug Lieder und Texte polnischer Sprache bereitgestellt. vor (Januar 2004), der Liedermacher Stephan Krawczyk – 63 – präsentierte sein Programm „Ein Deutscher in Deutsch- den Vortragenden, sich auf den jeweiligen Wissensstand land“ (August 2004) und der Musiker Klaus Renft trat und den kulturellen Hintergrund der Zuhörer einzustellen. unter dem Motto „Ein Leben für den Rock ’n’ Roll“ auf (Januar 2005). Zu den Veranstaltungen kamen jeweils Während sich die Vorträge in den Räumen der BStU zu- zwischen 1 300 bis 1 400 Besucherinnen und Besucher. meist auf allgemeine Informationen zum MfS und die Ar- beit der Behörde der BStU konzentrierten, war das Spek- Die Außenstellen beteiligen sich durch themenspezifische trum der Themen im Rahmen von Vortragseinladungen Veranstaltungen an analogen Angeboten in den neuen breiter. Hier wurden auch Vorträge zu bestimmten Anläs- Bundesländern, so beispielsweise die Außenstelle Leip- sen gehalten und Spezialthemen behandelt. Themen- zig im Kontext der Leipziger Buchmesse oder die Außen- schwerpunkte ergaben sich dabei auch aus aktuellen Ent- stelle Dresden im Rahmen der Dresdner Museums- wicklungen und Diskussionen. Von großem Interesse sommernacht, bei der im Jahr 2003 2 500 und 2004 waren im Berichtszeitraum die Erkenntnisse aus den so 1 300 Besucherinnen und Besucher gezählt wurden. genannten „Rosenholz“-Dateien oder die Auswirkungen Im Jahr 2003 trat der Oberbürgermeister der Stadt des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts im Rechts- Frankfurt (Oder) an die Bundesbeauftragte mit dem Vor- streit mit Dr. Helmut Kohl. schlag heran, ein Kooperationsmodell für die „Gedenk- und Dokumentationsstätte Opfer politischer Gewaltherr- Für ausländisches Publikum standen die Erfahrungen und schaft“ seiner Stadt zu entwickeln. Das Gebäude der bis- Fortschritte bei der Nutzung der MfS-Unterlagen, die Be- her vom Museum Viadrina betriebenen Gedenkstätte war deutung der Aufarbeitung als gesellschaftlicher Prozess zu verschiedenen Zeiten ein Ort politischer Strafverfol- sowie der Umgang mit Tätern und Opfern im Mittelpunkt gung. So wurde es von 1933 bis 1944 von der Gestapo des Interesses. genutzt, war anschließend bis 1950 teilweise Internie- rungslager der Sowjets und wurde danach bis 1969 vom Die Vortragstätigkeit der BStU im In- und Ausland stellt MfS als Untersuchungshaftanstalt betrieben. einen wichtigen Teil ihrer Bildungsarbeit dar. Sie ist zu- gleich ein nicht zu unterschätzender Beitrag zur gesell- Im Januar 2004 unterzeichneten die Stadt Frank- schaftlichen Diktaturaufarbeitung, denn sie spricht so- furt (Oder) und die BStU einen Kooperationsvertrag. Da- wohl Einzelpersonen als auch Bevölkerungs- bzw. nach bleibt die Einrichtung in der Trägerschaft der Stadt, Interessengruppen an und ermutigt dazu, sich mit der ei- für die inhaltliche Bearbeitung der Zeit vor 1945 ist wei- genen Geschichte auseinanderzusetzen. terhin das Museum Viadrina zuständig. Die BStU stellt die Geschichte des Gebäudes in der SBZ bzw. DDR dar und zeichnet verantwortlich für den laufenden Betrieb der 5.1.5 Bildungsarbeit für junge Menschen Gedenkstätte. Die besondere Herausforderung bei der und Multiplikatoren Neugestaltung der Gedenkstätte besteht in ihrer so 5.1.5.1 Zusammenarbeit mit genannten doppelten Vergangenheit. In den künftigen Ausstellungen wird die politische Strafjustiz und ihre Bildungsministerien Funktion in unterschiedlichen Diktatursystemen – Natio- Im Jahr 2001 hatte die Bundesbeauftragte in einem nalsozialismus, sowjetische Besatzungsherrschaft, SED- Schreiben an die Kultusminister der neuen Bundesländer Diktatur – differenziert zu erfassen sein. angeboten, die schulische Arbeit bei der Auseinanderset- zung mit der SED-Diktatur zu unterstützen. Im Septem- 5.1.4 Vortragstätigkeit ber 2003 ist als Reaktion darauf eine gemeinsame Verein- Vortragsveranstaltungen wurden nicht nur in den Infor- barung mit dem Kultusminister des Landes Sachsen- mations- und Dokumentationszentren der Behörde und in Anhalt getroffen worden. Deren Ziel ist es, die bisherigen Verbindung mit Ausstellungen oder Archivführungen an- Ansätze einer Zusammenarbeit des Kultusministeriums geboten. Vielfach erfolgten sie auch auf Einladung der mit den Außenstellen der BStU in Magdeburg und Halle unterschiedlichsten Institutionen: Universitäten, Fach- und anderen Bildungsträgern des Landes Sachsen-Anhalt hochschulen, Behörden, Schulen, politische Gremien, zu verstärken. An den Bildungseinrichtungen des Landes, Parteien, Religionsgemeinschaften, Menschenrechtsgrup- insbesondere an den Schulen, soll stärker zur Auseinan- pen, Museen und Gedenkstätten baten die BStU um Vor- dersetzung mit der Geschichte der DDR und der Rolle des träge über die Tätigkeit des MfS oder über die Arbeit und MfS motiviert werden, um so das Verständnis und die die Aufgaben der Behörde. Akzeptanz der freiheitlich-demokratischen Grundord- nung zu vertiefen. Sowohl die Bundesbeauftragte und der Direktor als auch zahlreiche fachkundige Beschäftigte, hier in besonderem Zur Umsetzung des Papiers wurde vom „Arbeitskreis Maße die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Aufarbeitung“ des Landes Sachsen-Anhalt ein Hand- BF, hielten im Berichtszeitraum weit mehr als 1 000 Vor- lungskonzept erarbeitet. Im Arbeitskreis sind die Außen- träge in den alten und neuen Bundesländern und im Aus- stellen Magdeburg und Halle neben freien Trägern der land. Unterschiedliche Auditorien wie etwa Schüler, Stu- politischen Bildung und weiteren fachlich und organisa- denten und Lehrer, Mitglieder von Vereinen, politischen torisch relevanten Institutionen des Landes vertreten. Im Gremien oder Fachverbänden sowie Medienvertreter, Jahr 2004 gab der Arbeitskreis einen neuen Gedenkstät- Historiker oder ehemalige Häftlinge verlangten dabei von tenführer („verortet“) für das Bundesland heraus. – 64 –

Einem intensiven Gesprächs- und Erfahrungsaustausch 2005 eine positive Bilanz der Zusammenarbeit. Sie konn- diente der Besuch der Bundesbeauftragten beim Sächsi- ten sich dabei auch auf die Ergebnisse eines Berichts stüt- schen Staatsminister für Kultus im April 2004. Ein Ergeb- zen, der in den letzten beiden Jahren von einer Arbeits- nis dieses ersten Austauschs war eine Stellungnahme der gruppe, der Vertreter aus unterschiedlichen Einrichtungen Bundesbeauftragten zu den neuen Lehrplanentwürfen für der schulischen und außerschulischen politischen Bildung die Fächer Geschichte und Gemeinschaftskunde/Rechts- zur DDR-Geschichte aus Brandenburg und Mitarbeiter erziehung/Wirtschaft des Landes Sachsen. Dabei sind sei- der BStU angehörten, erarbeitet worden war. In dem Be- tens der BStU zum Themenkomplex „Staatssicherheit richt werden die Ansprechpartner und Einrichtungen in und deren Rolle für den Erhalt der SED-Diktatur“ Vor- Brandenburg sowie die vielfältigen Angebote für eine Be- schläge eingebracht worden, die zu einem großen Teil in schäftigung mit dem Thema DDR im Schulunterricht und die neuen Lehrpläne eingeflossen sind. in der Aus- und Fortbildung von Pädagogen oder in der außerschulischen Arbeit übersichtsartig zusammenge- Der gemeinsamen Erklärung mit dem damaligen Bran- fasst. Darüber hinaus werden Vorschläge für zukünftige denburgischen Minister für Bildung, Jugend und Sport Handlungsfelder aufgezeigt und Empfehlungen ausge- (MBJS), Steffen Reiche, die im Jahr 2002 unterzeichnet sprochen. wurde, sind im Berichtszeitraum konkrete Vorhaben ge- folgt: So wurde unter der Schirmherrschaft des Ministers anlässlich des 15. Jahrestages der friedlichen Revolution 5.1.5.2 Angebote der Zentralstelle von der Außenstelle Potsdam in Zusammenarbeit mit der Mit der Bildungsarbeit für Schülerinnen und Schüler Niederlassung Brandenburg des Sozialpädagogischen In- sowie Multiplikatoren reagiert die BStU auf einen ein- stituts Berlin „Walter May“ der Schülerwettbewerb „Ge- deutigen Trend: Die Nachfrage von Lehrkräften und gen den Strom“ durchgeführt. Alle Schülerinnen und Jugendlichen nach wissenschaftlich fundierten und Schüler des Landes Brandenburg waren aufgerufen, Bei- addressatengerechten Informationen über das MfS steigt spiele von Zivilcourage in der DDR darzustellen, die his- kontinuierlich, während gleichzeitig von vielen Seiten torischen Ereignisse der friedlichen Revolution zu erfor- Defizite in der schulischen Vermittlung zur Struktur, Ar- schen und sich mit den Ursachen und Folgen auseinander beit und den individuellen und gesellschaftlichen Wir- zu setzen. Unterstützend fand in Zusammenarbeit mit ei- kungen des MfS beklagt werden. Die zielgruppenorien- ner Gedenkstättenlehrerin in der Außenstelle Potsdam tierte Bildungsarbeit der BStU orientiert sich an den eine Lehrerfortbildungsveranstaltung statt. Am 4. No- spezifischen Anforderungen der Schulen und den Bedürf- vember 2004 wurde im Potsdamer Nikolaisaal in einer nissen des jugendlichen Adressatenkreises sowie denen festlichen Veranstaltung das Ergebnis des Wettbewerbs von Lehrerinnen und Lehrern und schafft damit gute Vor- vorgestellt. Die Beiträge der Schülerinnen und Schüler aussetzungen für eine intensive Zusammenarbeit mit reichten von Powerpoint-Präsentationen über Interviews Schulen. und Reportagen bis zu Videos und Wandzeitungen. Wie alle größeren Archive, Museen oder Gedenkstätten Das MBJS und die BStU führten gemeinsam mit dem verfügt auch die BStU über ein pädagogisches Fachres- polnischen Institut des Nationalen Gedenkens (IPN) eine sort und damit über eine Anlaufstelle für Schulen. Die Fortbildung für Pädagogen im polnischen Kazimierz drei inhaltlich auf diesem Gebiet arbeitenden Mitarbei- Dolny durch, die sich mit der Vermittlung der Diktatur- terinnen und Mitarbeiter in der Berliner Zentralstelle der geschichte im Schulunterricht beschäftigte. In verglei- BStU sind verantwortlich für Seminare und Projekttage in chender Perspektive wurden in Workshops die unter- Berlin und den alten Bundesländern, sie führen Schüler- schiedlichen Formen und Folgen von Repression, veranstaltungen und Lehrerfortbildungen in den alten Manipulation und Einschränkung von Freiheitsrechten Bundesländern durch, in denen zumeist keine anderen behandelt. Referenten der BStU stellten in Impulsrefera- Aufarbeitungsangebote zum Thema SED-Diktatur beste- ten die Arbeitsweise des MfS und deren flächendeckende hen, und erarbeiten Materialien für Lehrkräfte und Schü- Dimension vor und diskutierten gemeinsam mit polni- lerinnen und Schüler. schen Wissenschaftlern und Zeitzeugen Fragen von poli- tischer Gegnerschaft und Repression in beiden Ländern. Im Berichtszeitraum nutzten 57 Schulklassen sowie Insgesamt nahmen an dieser Veranstaltung je 25 Lehre- 20 Gruppen mit Studierenden oder Auszubildenden die rinnen und Lehrer aus Brandenburg und aus Polen teil. entsprechenden Angebote. Dazu zählten auch mehrere Eine Folgeveranstaltung ist für den Herbst 2005 in Lud- Weiterbildungsveranstaltungen für Rechtsreferendare des wigsfelde geplant. Landes Berlin, die sich in Eintagesseminaren mit Fragen der politischen Justiz in der DDR und der Rolle des MfS Der im vergangenen Jahr ernannte brandenburgische Bil- in politischen Strafverfahren beschäftigten sowie gemein- dungsminister Holger Rupprecht besuchte im Februar sam mit Juristen der BStU Grundlagen des Stasi-Unterla- 2005 das Archiv der BStU und erklärte, die Zusammenar- gen-Gesetzes erörterten. beit im Sinne der gemeinsamen Erklärung fortsetzen zu wollen. Im Rahmen einer Veranstaltung mit Pressever- Die insgesamt 26 halb- bis mehrtägigen Lehrerfortbildun- tretern und Schülerinnen und Schülern in der Potsdamer gen mit 664 Lehrerinnen und Lehrern, davon mehrere in Gedenkstätte Lindenstraße 54 – ehemalige Untersu- den alten Bundesländern, stießen auf eine positive Reso- chungshaftanstalt des Staatssicherheitsdienstes – zogen nanz. An einigen waren externe Kooperationspartner be- die Bundesbeauftragte und der Bildungsminister im Mai teiligt. So wurde im Jahr 2004 gemeinsam mit dem Berli- – 65 – ner Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen und dem nis der Kooperation mit dem LISUM soll der Öffentlich- Dokumentationszentrum Berliner Mauer eine Veranstal- keit im Schuljahr 2005/2006 vorgestellt werden. tung zum Thema „DDR-Filme im Unterricht“ durchge- führt, in der neben Spiel- und Dokumentarfilmen auch di- 5.1.5.3 Regionale Angebote daktische und methodische Vorschläge für den Einsatz von Schulungsfilmen des MfS diskutiert wurden. Auf- In den Außenstellen hat die Zahl von Schülerprojekten grund der positiven Rückmeldung wurde die Lehrerfort- oder Seminarveranstaltungen im Rahmen von Unter- bildung im Februar 2005 wiederholt. richtsbesuchen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BStU im Berichtszeitraum zugenommen. Insgesamt In Zusammenarbeit mit dem Verband der Geschichtsleh- fanden in den Jahren 2003 und 2004 456 Schülersemi- rer Deutschlands fanden Lehrerfortbildungsseminare in nare, Schülerprojekttage und Unterrichtsbesuche statt. der Außenstelle Rostock und in Mainz statt. Gemeinsam mit der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung Im Rahmen der Initiative „Künstler für Schüler“ ent- wurden mehrere Schülerprojekttage in hessischen Schu- wickelten der Drucker Hans-Hilmar Koch und die Buch- len durchgeführt, in die auch Zeitzeugengespräche einge- binderin Angelika Wehnes-Stüve die Idee des „Blätter- bunden waren. Weitere 15 Veranstaltungen sind dort für baums“, dessen Laubwerk aus einzelnen Buchseiten den Herbst 2005 und das Jahr 2006 geplant. besteht. In einem von der Außenstelle Rostock betreuten Teilprojekt beschäftigten sich Schülerinnen und Schüler Ebenfalls in Kooperation mit der Hessischen Landeszen- der 11. Klasse des Gymnasiums Kühlungsborn über fünf trale für politische Bildung wurde im April 2005 eine Monate mit dem Thema „Schwarze Kunst in der DDR dreitägige Lehrerfortbildung durchgeführt, in der auch und die Stasi“. Sie setzten sich anhand von MfS-Akten über die Vielfalt der Bildungsanbieter zur DDR-Ge- mit Verbot und Kontrolle von Geschriebenem sowie mit schichte informiert wurde. Neben einem Gespräch mit der nicht vorhandenen Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesbeauftragten fanden Diskussionen mit Freya der DDR auseinander. Die Ergebnisse wurden in Form Klier, Lothar Tautz und Annette Hildebrandt sowie eine von Linolschnitten künstlerisch umgesetzt, gedruckt und Podiumsdiskussion mit Akteuren der friedlichen Revolu- zu kleinen Büchern gebunden, die als Laubwerk des Bau- tion statt. mes andere Interessierte einluden, in die Bücher ihre Ge- danken zum Thema zu schreiben. Das Angebot an Lehrerfortbildungen begleitend zur Wan- derausstellung der BStU soll kontinuierlich ausgebaut Insgesamt haben sich die Vermittlungsformen der Schü- werden, um für das Thema MfS auch in den alten Bun- lerprojekte seit 2003 stark verändert. Damit wird zum ei- desländern auf einer breiteren schulischen Basis zu sensi- nen der zunehmende zeitliche Abstand der Jugendlichen bilisieren. Im Berichtszeitraum fanden entsprechende zur DDR-Geschichte berücksichtigt, zum anderen haben Veranstaltungen in Tauberbischofsheim, Darmstadt, Gü- sich auch die Rezeptionsgewohnheiten und die heute ge- tersloh, Pforzheim und Ulm statt. forderten sozialen, methodischen und fachlichen Kompe- tenzen geändert. Die Veranstaltungen mit Jugendlichen Für die quellengestützte Arbeit im Rahmen des Unter- sind zunehmend handlungsorientiert. Sie werden häufig richts oder außerschulischer Initiativen sind von der BStU mit Computerpräsentationen abgeschlossen, wie etwa Auszüge aus MfS-Akten erstellt worden, die in kompri- nach Projekttagen der Außenstelle Chemnitz mit Schüle- mierter Form eine Vorstellung von Form und Inhalt dieser rinnen und Schülern des Albert-Schweitzer-Gymnasiums Unterlagen ermöglichen und einen Einblick in die Metho- Limbach-Oberfrohna. Eine bei einem Projekt des Gym- den des Geheimdienstes vermitteln. Die Reihe „BStU für nasiums Kühlungsborn entstandene Präsentation zu Schulen. Quellen für die Schule“, in der in den Jahren Rolle, Funktion und Aufgaben des Staatssicherheitsdiens- 2004 und 2005 die Bände „Jugendliche Inoffizielle Mitar- tes und zum Haftalltag in einer seiner Untersuchungshaft- beiter (IM) am Beispiel des IM ‚Shenja‘“ bzw. „Flucht anstalten kann interessierten Schulen kostenlos von der aus der DDR am Beispiel ‚Versuchter Grenzdurchbruch Außenstelle Rostock zur Verfügung gestellt werden. Im zweier Schüler‘“ erschienen sind, wird sukzessive erwei- Ergebnis des Leipziger Projekts „Der Einfluss des Staats- tert und soll zu einer Auswahl von exemplarischen Ak- sicherheitsdienstes auf Biografien Jugendlicher in der tenauszügen zu unterschiedlichen Themen führen, die ei- DDR“ entstanden darüber hinaus auch kleine Theater- nen Bezug zur Lebenswirklichkeit der Jugendlichen stücke und Videofilme. Zur Präsentation im Juli 2004 ka- haben. Die Arbeitsmaterialien können auf Anfrage auch men 229 Gäste. in Klassensatzstärke zur Verfügung gestellt werden. Die wachsende Bedeutung des Internets für Jugendliche Gemeinsam mit dem Berliner Landesinstitut für Schule spiegelt sich in den digitalen Formen der Ergebnispräsen- und Medien (LISUM) wird derzeit eine Handreichung für tation wider. Zugleich ist es als Informationsquelle immer den Schulunterricht der Sekundarstufe 1 vorbereitet, in wichtiger, so dass die vielfältigen Angebote der BStU in der konkrete Unterrichtseinheiten zum Thema „MfS und diesem Medium („Die Stasi im Jahr 1989“, „Zivilcou- Jugendliche“ auf der Basis von MfS-Unterlagen angebo- rage“ u. a.) von Schüler- und Lehrerschaft vermehrt ten werden. Die Handreichung wird von Pädagogen aus wahrgenommen werden und auf die unterschiedlichen In- Berlin, Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Berliner ternetangebote – auch anderer Bildungsanbieter – in Fort- Studienseminars Geschichte sowie den Beschäftigten des bildungsveranstaltungen für Lehrkräfte hingewiesen zuständigen Sachgebiets der BStU erarbeitet. Das Ergeb- wird. – 66 –

Die Begegnung zwischen Jugendlichen aus Ost und West Die Schülerinnen und Schüler trugen eine Vielzahl von steht im Mittelpunkt eines langfristig angelegten Schüler- Gegenständen aus dem Schul- und Freizeitalltag in der austauschs, der durch die Stiftung Haus der Geschichte DDR zusammen und arrangierten diese themenbezogen. vermittelt und gefördert wird und auch in der Außenstelle Die Außenstelle Chemnitz ergänzte diese Präsentation Leipzig stattfand. Vom 10. bis 13. März 2004 trafen sich mit ausgewählten Tafeln ihrer Wanderausstellung „Zivil- Oberschülerinnen und -schüler aus verschiedenen Klas- courage“ und mit Beispielen von Observationstechnik des sen des Städtischen Gymnasiums Odenkirchen aus MfS. Bis Ende Dezember 2004 wurden über 900 Besu- Mönchengladbach und der Robert-Schumann-Schule in cherinnen und Besucher gezählt. Die Sonderausstellung Leipzig. Gemeinsam beschäftigten sie sich mit der Be- wurde bis März 2005 verlängert. spitzelung und Anwerbung Jugendlicher in der DDR Die Außenstelle Suhl betreute im Jahr 2003 einen Pro- durch das MfS. Zunächst besuchten sie das Zeitgeschicht- jekttag von Schülerinnen und Schülern der 12. Klasse liche Forum Leipzig, um an den folgenden Tagen in der eines berufsbildenden Gymnasiums aus Bad Salzungen. Außenstelle die Eindrücke anhand von Aktenbeispielen Veranstaltungsort war das Grenzlandmuseum „Point zu vertiefen. Die 40 Schülerinnen und Schüler präsentier- Alpha“, ein Ort, an dem sich im Kalten Krieg NATO- und ten ihre Erkenntnisse in Form von Hörspielen, Plakaten, Warschauer-Pakt-Staaten unmittelbar gegenüber standen. Powerpoint-Präsentationen oder Internetseiten. Bei einem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Außenstelle und des Gegenbesuch in Bonn arbeiteten die Jugendlichen mit Grenzlandmuseums diskutierten mit 25 Jugendlichen Gestapo-Akten. Dieser Austausch soll kontinuierlich fort- über das Problem Grenze-Flucht-Ausreise. gesetzt werden, im Januar 2005 waren erneut Schülerin- nen und Schüler der beiden Schulen in der Außenstelle Ebenfalls an authentischen Orten, wie der Gedenk- und Leipzig zu Gast. Begegnungsstätte Ehemaliges KGB-Gefängnis e.V. und der Gedenkstätte Lindenstraße 54 – ehemalige Untersu- Das zunehmende Interesse in den alten Bundesländern zeigte sich auch bei Projekttagen, die Mitarbeiterinnen chungshaftanstalt des Staatssicherheitsdienstes, führte die und Mitarbeiter der Außenstelle Suhl am Rhön-Gymna- Außenstelle Potsdam eine Projektwoche mit Schülerin- sium Bad Neustadt (Bayern) im Jahr 2005 durchführten. nen und Schülern des Evangelischen Gymnasiums Her- Insgesamt 300 Schülerinnen und Schüler sowie 20 Lehr- mannswerder durch, in deren Mittelpunkt Begegnungen kräfte nahmen an der über drei Tage dauernden Veranstal- mit Zeitzeugen standen. tung mit Vorträgen, Präsentationen von MfS-Musterakten Spezielle Informationsmappen der Außenstelle Potsdam und einer Ausstellung teil. In einer anschließenden Wei- für Lehrerinnen und Lehrer enthalten neben einer Vor- terbildungsveranstaltung informierten sich 30 Lehrerin- stellung der Angebote der BStU auch Aktenbeispiele mit nen und Lehrer über die Arbeit der BStU und ihre Ange- Hintergrundinformationen und Arbeitsvorschlägen für bote zur Unterstützung von Schülerprojekten. den Unterrichtseinsatz sowie Basisinformationen zur Tä- In Schwerin und Chemnitz wurden von Schülerinnen und tigkeit und Bedeutung des MfS im früheren DDR-Bezirk Schülern Ausstellungen erarbeitet. Ausgangspunkt für die Potsdam. Ähnliche Informationsmappen wurden auch Ausstellung „Tatort Goethe-Schule“ war ein Praktikum von der Außenstelle Rostock zusammengestellt. zweier Schülerinnen des Goethe-Gymnasiums in der Au- ßenstelle Schwerin, die im Jahr 2002 einen Forschungs- Mitarbeiterinnen der Außenstelle Erfurt haben unter dem antrag zum Thema „Jugend im Visier der Stasi – veran- Titel „Stasi-Stücke“ speziell für Jugendliche kurze Thea- schaulicht am Beispiel der Goethe-Oberschule Schwerin“ terstücke und -szenen erarbeitet, die auf Originalakten be- gestellt hatten. Zusammen mit der Außenstelle Schwerin ruhen und sich eng an den darin überlieferten Fakten wurden zehn Tafeln über die Jahre 1949 bis 1953 erarbei- orientieren. Authentische Fälle von Jugendlichen und tet sowie Flyer und Plakate für die Ausstellungseröffnung einer Lehrerin, die in der DDR vom MfS in ihrer Ent- am 10. November 2003 im Goethe-Gymnasium Schwerin wicklung behindert und/oder für eine Zusammenarbeit gestaltet. An ihr nahmen der Bildungsminister Mecklen- missbraucht wurden, stehen im Mittelpunkt. Erfurter burg-Vorpommerns, der Landesbeauftragte für die Unter- Schülerinnen und Schüler führten die Stücke bereits er- lagen des Staatssicherheitsdienstes für Mecklenburg- folgreich auf. Neben einer altersgerechten und spannen- Vorpommern, Beschäftigte der Außenstelle Schwerin, den Darstellung für das Publikum spielt die Auseinander- Zeitzeugen, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie setzung der jungen Akteure mit dem Thema eine wichtige Vertreter des NDR teil. In einer Podiumsdiskussion be- Rolle. Eine 15-jährige Schülerin stellte fest: „Ich bin erst richteten ehemalige Schüler als Zeitzeugen über ihre Re- durch das Theaterspielen zu näherem Kontakt mit dem legation von der Schule. Finanziell wurde das Projekt Thema Stasi gekommen. Es hat mich schon sehr faszi- vom Landesbeauftragten Mecklenburg-Vorpommern ge- niert und interessiert.“ Ergänzt durch Auszüge aus den fördert. 2004 erhielt die 13. Klasse des Goethe-Gymnasi- Originalakten, verständliche Erläuterungen und Schüler- ums einen Preis beim Victor-Klemperer-Jugendwettbe- meinungen sind die Spielszenen im Herbst 2004 in Buch- werb. form erschienen. Unter Mithilfe der Außenstelle Chemnitz gestaltete die Formen darstellenden Spiels erfreuen sich bei Jugendli- Arbeitsgemeinschaft „Geschichte der Heinrich-von- chen großer Beliebtheit; sie eignen sich hervorragend als Kleist-Mittelschule Lichtenstein“ mit dem Museum der Zugang zu einem für die heutige Schülergeneration zu- Stadt Lichtenstein die Ausstellung „Jugend in der DDR“. meist vollkommen fremden Themenfeld. Auch die Auf- – 67 – führungen des Theaterstücks „Beschädigte Seelen“, das ger Komplex im Berichtszeitraum waren die Veranstal- von Interkunst e.V. erarbeitet und mit jungen Darstellern tungen zum 15. Jahrestag der friedlichen Revolution inszeniert wird, bieten eine schülergerechte Annährungs- (siehe Abschnitt 1.4.2.5). möglichkeit an das Thema „Staatssicherheit“. Die an- Als Ansprechpartner für Schulen konnte sich die BStU im schließenden generationenübergreifenden Diskussionen, Rahmen des Berliner Forums zur zeitgeschichtlichen Bil- die teilweise sehr kontrovers geführt werden, veranschau- dung am 10. Mai 2004 mit dem Titel „Lernort Gedenk- lichen die bis in die Gegenwart reichende Brisanz der stätte – neue Wege zur schulischen Praxis“ in der Frage nach Motiven und Folgen der MfS-Mitarbeit. Das Gedenkstätte Hohenschönhausen präsentieren. Zur Ein- Stück und die Aufführungen wurden maßgeblich von der leitung der Veranstaltung, die vom Arbeitskreis II der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert Berlin-Brandenburgischen Gedenkstätten und der Berli- und möglich gemacht. Im Berichtszeitraum fanden Auf- ner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und führungen gemeinsam mit den Außenstellen in Chemnitz, Kultur initiiert worden war, sprach die Bundesbeauftragte Gera und Potsdam statt. Auch in Berlin wurde das Stück über Bildungsarbeit als Aufgabe von Gedenkstätten. Sie präsentiert, das hier Teil eines umfangreichen Vorhabens betonte die Bedeutung, die authentische Gedenkorte, aber zum 15. Jahrestag der friedlichen Revolution war (siehe auch herausragende Exponate und Quellen wie die Unter- auch Abschnitt 1.4.2.3). lagen des Staatssicherheitsdienstes für einen anschauli- chen Zugang zu einem für jüngere Menschen scheinbar Schulen fragen die Angebote der BStU aber nicht nur in fernen Thema besitzen. Darüber hinaus warb sie dafür, den genannten Bereichen stärker nach. Im Berichtszeit- den Austausch mit Zeitzeugen in der Arbeit mit Jugendli- raum hat sich auch die Zahl der Abschlussarbeiten, Fachar- chen stärker zu nutzen. beiten oder besonderen Lernleistungen von Schülerinnen und Schülern zu Struktur, Methoden und Wirkungsweise Mit dem Ziel, die Behandlung der deutschen Nachkriegs- des Staatssicherheitsdienstes vervielfacht. So wurden bei- geschichte im Schulunterricht zu verbessern, engagiert spielsweise in Dresden und in Neubrandenburg entspre- sich die BStU in einer Arbeitsgruppe des Verbandes der chende Vorhaben betreut, allein in Gera waren es insge- Geschichtslehrer Deutschlands, des Zentrums für Zeithis- samt zwölf Arbeiten. torische Forschung, der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Bundeszentrale für politische Bildung In fast allen Außenstellen wurden im Berichtszeitraum und anderen Vereinigungen, in der neue, integrative For- auch Lehrerfortbildungen angeboten. So führte die Außen- men einer Darstellung der deutschen Geschichte nach stelle Dresden eine Fortbildung im Lehrerbildungssemi- 1945 erarbeitet und auf ihre didaktische Umsetzbarkeit nar Meißen durch und die Außenstelle Magdeburg infor- hin überprüft werden sollen. mierte in Querfurt über die Arbeit des MfS. In Frankfurt (Oder) wurde neben Lehrerfortbildungen auch Ausgangspunkt der Tätigkeit dieser Arbeitsgruppe ist die eine spezielle Veranstaltung für Schulleiter angeboten, Erkenntnis, dass im Unterricht zu wenig berücksichtigt die eine gute Resonanz fand. Einige Außenstellen arbei- wird, in welcher Form und in welchem Umfang die Ge- ten zunehmend enger mit den (Fach-)Hochschulen in der schichte der beiden deutschen Staaten aufeinander bezo- jeweiligen Region zusammen, um jungen Historikern und gen war und von der gegenseitigen Abgrenzung geprägt angehenden Lehrkräften Basisinformationen über Struk- wurde. Erarbeitet werden soll ein Konzept für eine Ge- schichtsdarstellung, in der Politik und Alltag in beiden tur, Methoden und Wirkungsweise des Staatssicherheits- deutschen Staaten in ihrem Reflex aufeinander dargestellt dienstes zu vermitteln. werden. Damit soll vermieden werden, dass die DDR-Ge- schichte als ein regionales Nebengleis oder eine Fußnote 5.1.5.4 Kooperationen der Nachkriegsgeschichte behandelt wird, deren Existenz für die Jugendlichen nur von untergeordneter Relevanz Von großer Bedeutung für alle Vorhaben ist die gute Zu- scheint. Die BStU erarbeitete Vorschläge, wie das MfS sammenarbeit mit zahlreichen Partnern wie den Landes- und seine herrschaftssichernde Funktion für die SED- beauftragten für die Stasi-Unterlagen, Landeszentralen Diktatur in ein solches Konzept zu integrieren wären. In für politische Bildung, Gedenkstätten für die Opfer der einem Aufsatz und mehreren Vorträgen haben die betei- Diktaturen in SBZ und DDR in den neuen Bundesländern ligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörde dazu und Bildungsanbietern aus den unterschiedlichen Berei- einen neu entwickelten Ansatz vorgestellt und diskutiert, chen. so auch im Rahmen einer Lehrerfortbildung im Zeitge- An erster Stelle ist hier die trilaterale Arbeitsgruppe zu schichtlichen Forum in Leipzig im Juni 2005. Die BStU nennen, die die Bundesbeauftragte, die Bundeszentrale war Mitausrichterin dieser Tagung mit dem Titel „Geteil- für politische Bildung und die Stiftung zur Aufarbeitung tes Deutschland – einig Vaterland? Die Vergangenheit der SED-Diktatur im Jahr 2003 ins Leben gerufen haben. beider deutscher Staaten und die Folgen“. Ziel der Arbeitsgruppe ist es, den Informationsaustausch zwischen den drei Einrichtungen auszubauen, Arbeitsvor- 5.2 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit haben effizienter zu koordinieren und Synergieeffekte zu 5.2.1 Pressearbeit erzeugen. Dazu finden regelmäßig Treffen sowohl auf Arbeits- als auch zwischen Leitungs- und Arbeitsebene Die Pressearbeit war im Berichtszeitraum stark durch die statt, bei denen Planungsvorhaben besprochen und ge- Betreuung von Anfragen zu öffentlich diskutierten The- meinsame Handlungsfelder bestimmt werden. Ein wichti- men bestimmt: zum Beispiel die „Rosenholz“-Dateien – 68 – und daraus erwachsende Themen wie das ARD-For- Im Berichtszeitraum wurde der Internetauftritt durch die schungsprojekt (siehe Abschnitt 3.3.1.1) oder exempla- Präsentation „Die Stasi im Jahr 1989“ mit kommentierten rische, kontrovers geführte Diskussionen um einzelne Aktenbeispielen zur friedlichen Revolution (siehe auch prominente Personen, denen eine inoffizielle Zusammen- Abschnitt 1.4.2.3) und die Übersicht über die Bestände arbeit mit dem MfS vorgeworfen wurde. Große Bedeu- des Archivs der Zentralstelle ergänzt. Daneben entstan- tung kam dem Rechtsstreit um die Unterlagen zu den Seiten zu den Themen „Der Rote Koffer – Die Be- Dr. Helmut Kohl (siehe Abschnitt 1.4.1) und seinen Fol- deutung der Unterlagen aus Mielkes persönlicher Ab- gen für die weitere Bearbeitung von Forschungs- und Me- lage“, „Fototechnik des MfS“ und „Vorbereitung auf den dienanträgen, den elektronischen Möglichkeiten der Ak- Tag X – Die geplanten Isolierungslager der Stasi“. tenrekonstruktion (siehe Abschnitt 2.3), dem Jahrestag Der verstärkten internationalen Nachfrage wurde durch der friedlichen Revolution und Fragen der Zuständig- mehrsprachige Seiten mit Basisinformationen Rechnung keitsverlagerung und Zukunft der BStU (siehe Abschnitte getragen. Konzeptionell wird eine grundsätzliche Überar- 1.2.2 und 1.3) zu. Die Pressestelle betreute Pressekonfe- beitung vorbereitet, die den Anforderungen der Barriere- renzen, Hintergrundgespräche, Interviews sowie zahlrei- freiheit, den Designvorgaben der Bundesregierung sowie che Anfragen zu diesen Themen. Auffallend war im den neuen inhaltlichen, quantitativen und didaktischen Gefolge der EU-Erweiterung und gesellschaftlicher Um- Anforderungen genügt und moderner als bisher program- brüche das steigende Interesse an internationalen The- miert ist. men. Die Betreuung von Bildungsveranstaltungen gehört seit 5.2.4 Corporate Design und Eigendarstellung Jahren zum Standard der Pressearbeit der BStU. Zur Prä- der Behörde sentation von Eigenpublikationen organisierte die Presse- Nach der Entscheidung des BMI zur Einführung des stelle Veranstaltungen u. a. auf der Leipziger Buchmesse. Corporate Designs der Bundesregierung auch in den Zur Pressearbeit gehört auch die Betreuung von Filmpro- nachgeordneten Behörden lag ein Schwerpunkt der Öf- jekten. Zu nennen sind die 15-teilige Aufarbeitungsserie fentlichkeitsarbeit in der behutsamen Teilimplementie- des ARD-Morgenmagazins, ein umfangreicher Doku- rung der Designvorgaben. Anliegen war es, trotz der ins- mentarfilm über die Arbeit der BStU sowie der Spielfilm besondere für nachgeordnete Behörden mit Aufgaben der „Das Leben der Anderen“ mit Ulrich Mühe und Ulrich politischen Bildung wenig flexiblen Vorgaben ein Mini- Tukur als Hauptdarsteller. mum an Identität und Wiedererkennbarkeit im Erschei- nungsbild der Behörde herzustellen. Beginnend mit der 5.2.2 Besuchsprogramme für Journalistinnen Geschäftsausstattung werden die Informationsmedien und Journalisten kontinuierlich umgestaltet. Auf Basis des Design-Hand- buches wurde bereits die gesamte Flyerreihe aktualisiert Das Wissen um die historischen Zusammenhänge und um und dem neuen Layout angepasst. Darüber hinaus ent- die Bedeutung der Unterlagen des Staatssicherheitsdiens- standen zusätzliche Informationsmedien wie Flyer zur tes im Rahmen der Aufarbeitung der SED-Diktatur kann Akteneinsicht oder zu den „Rosenholz“-Dateien. Für die gerade bei den jüngeren Generationen nicht mehr ohne intern erstellte Palette stehen nun Dokumentvorlagen zur weiteres vorausgesetzt werden. Die Erfahrung zeigt, dass Verfügung, die die Gestaltung aktualitätsbezogener Flyer die Berichterstattung über die Behörde zunehmend von insbesondere in den Außenstellen erleichtern und profes- Journalistinnen und Journalisten bestritten wird, die die sionalisieren. DDR nicht mehr oder kaum noch aus eigener Anschau- Um die Wahrnehmung der Behörde mit ihren Aufgaben ung kennen und darüber hinaus weder in den Schulen und Zielen in der Öffentlichkeit zu verbessern und zu pro- noch in den Universitäten mit diesem Thema ausreichend filieren, unterstützt die BStU externe Ausstellungen und konfrontiert wurden. Ein Schwerpunkt bestand deshalb in Veranstaltungen, in denen über die Geschichte, die Auf- der Überarbeitung und Intensivierung der Besuchs- und gaben und die Aktivitäten der Behörde informiert wird. Fortbildungsangebote für Presse und Medien. In Koope- Anlässlich einer Festveranstaltung des Bundesministeri- ration mit Partnern wie der Zentralen Fortbildungsein- ums für Bildung und Forschung (BMBF) zur Erinnerung richtung für Programmmitarbeiter (ZFP) von ARD und an die Eröffnung der Ständigen Vertretung der Bundes- ZDF, der Berliner Journalistenschule (BJS), der Georg- republik Deutschland in der DDR vor 30 Jahren stellte von-Holtzbrinck- sowie der Axel-Springer-Schule fanden die BStU etwa eine Fotoausstellung mit dem Titel „‚Ob- mehrere Seminare statt. jekt 499‘ – Überwachung der Ständigen Vertretung durch das MfS“ zur Verfügung. Am Tag der offenen Tür der 5.2.3 Internet Bundesministerien beteiligte sich die Behörde mit Info- Tischen im BMI und BMBF. Aufgrund der steigenden Bedeutung des Mediums Inter- net wurde insbesondere die redaktionelle Betreuung pro- 5.2.5 Öffentlichkeitsarbeit der Archive fessionalisiert und das Angebot überarbeitet und erwei- tert. Die Zahl der Zugriffe auf die Internetseiten der Das Interesse der Öffentlichkeit an der Arbeit der Archiv- Behörde (www.bstu.de) liegt bei deutlich über 40 000 pro bereiche der BStU ist nach wie vor sehr hoch. Der Besuch Monat. im Archiv ist für die meisten Bürgerinnen und Bürger ein – 69 – bewegendes Erlebnis. Neben den Führungen, die für an- von der Teilhabe an der politischen Macht ausgeschlos- gemeldete Gruppen nahezu täglich organisiert werden, sen. Während die Deutschen das Ministerium für Staats- bieten die Berliner Zentralstelle und die Außenstellen sicherheit ersatzlos auflösten, wurden Teile der Geheim- Dresden, Gera, Leipzig, Magdeburg, Neubrandenburg dienste in anderen Ländern transformiert und in und Schwerin zu festen Terminen jeweils monatliche rechtsstaatlicher Form weitergeführt. Dabei ergaben sich Archivführungen an, die Außenstelle Potsdam wöchent- hier und da schwierige Übergangssituationen, in denen liche. Die zahlreichen Sonderführungen zum „Tag der die Verfügungsgewalt über die Akten nach wie vor bei je- offenen Tür“, zum „Tag des offenen Denkmals“ und zur nen lag, die ihr noch ungeteiltes Herrschaftswissen zu „Langen Nacht der Museen“ finden regen Anklang, be- nutzen wussten. sonders wenn sie mit den städtischen Veranstaltungsange- boten kombiniert werden. Anlässlich solcher Veranstal- Die vielfältigen Kontakte zwischen den Aufarbeitungs- tungen wird auch über die Arbeit der BStU informiert, institutionen in den Ländern Mittel- und Osteuropas ha- oftmals ergänzt durch Vorträge und Sonderausstellungen ben allerdings auch Gemeinsamkeiten offenbart. Zwar zu verschiedenen historischen Themen. kann noch lange nicht von einer systematischen vernetz- ten Aufarbeitung der kommunistischen Diktaturen und Besonders bedeutend für die Archivwelt ist der bereits ihrer Geheimdienste gesprochen werden, doch das Inte- zum zweiten Mal vom Verband deutscher Archivarinnen resse daran wächst. und Archivare e. V. initiierte bundesweite „Tag der Ar- chive“, der am 25. September 2004 stattfand. Dem Motto Einer der Gründe dafür liegt darin, dass die Organisation „In den Archiven Geschichte entdecken“ folgend, kamen der Geheimdienste in allen Ländern deutlich auf das sow- insgesamt rund 800 Besucherinnen und Besucher in die jetische Vorbild zurückgeht, unabhängig davon, ob die je- Archive der Außenstellen Chemnitz, Magdeburg, Neu- weilige Geheimpolizei dem Innenministerium zugeordnet brandenburg, Schwerin und Potsdam sowie in das Archiv war oder wie in der DDR ein eigenes Ministerium bildete. der Zentralstelle in Berlin. Ziel der Veranstaltung ist auch, Eine zweite Herausforderung für die vernetzte Aufarbei- in der Öffentlichkeit vorhandene Schwellenängste und tung der kommunistischen Systeme in Europa ist die eu- gängige Vorurteile gegenüber vermeintlich „verstaubten ropäische Perspektive und das gemeinsame Interesse, die Archiven“ abzubauen und das Interesse an der Archiv- Geschichte des Kommunismus als europäisches Phäno- arbeit zu wecken. men zu begreifen und zu erforschen.

6 Internationalisierung der Aufarbeitung Drittens liegt in einer stärkeren Vernetzung der Aufarbei- tung die Chance, sich auf europäische Standards im Um- Die Öffnung der Akten des Staatssicherheitsdienstes ist gang mit überwundenen Diktaturen zu verständigen. In von Anfang an weltweit auf hohes Interesse gestoßen. Ein den letzten Jahren zeigte sich immer wieder, dass der Grund dafür war, dass der Weg, den die Bundesrepublik Weg, den die Bundesrepublik Deutschland eingeschlagen Deutschland hier gegangen ist, bis dahin ohne Beispiel hat, in einigen Ländern von jenen Teilen der Zivilgesell- war. Noch nie sind nach der Überwindung einer Diktatur schaft als Rückenstärkung angesehen wird, die sich aus Akten der Geheimpolizei in einem solchen Umfang erhal- einer Minderheitensituation heraus und ohne Unterstüt- ten geblieben, noch nie wurden sie zeitnah und in einem zung durch staatliche Institutionen für die Aufarbeitung solchen Maß zugänglich gemacht. der Diktatur einsetzen. In manchen ehemaligen Staaten des kommunistischen Die Öffnung der MfS-Akten ist nicht nur in den exkom- Ostblocks, die dem deutschen Modell Anfang der 90er munistischen Ländern aufmerksam beobachtet worden. Jahre mit Skepsis gegenüber standen, setzte ein Stim- Die Zahl der internationalen Kontakte, bei denen Länder, mungswandel ein, als deutlich wurde, dass die verschlos- die nichtkommunistische Diktaturen überwunden haben, senen Akten womöglich gefährlicher sind als offene Ar- den Kontakt zur Bundesbeauftragten suchen, wächst. Bei chive. Auch stellte sich immer wieder heraus, dass eine Gesprächen mit Besucherinnen und Besuchern aus Ar- „Schlussstrich-Politik“ gesellschaftlich und politisch auf Dauer nicht durchzuhalten ist. In Übereinstimmung mit gentinien, dem Irak oder mit Mitarbeitern des Internatio- der Resolution 1096 der Parlamentarischen Versammlung nalen Zentrums für Übergangsjustiz mit Sitz in New York des Europarats wurden in mehreren Ländern inzwischen stellte sich heraus, dass von ähnlichen und vergleichbaren ähnliche Wege beschritten wie in Deutschland, auch Erfahrungen zu berichten ist: Wie in der DDR und den wenn die dort gefundenen Lösungen sich rechtlich und osteuropäischen Gesellschaften stellt sich in diesen Län- institutionell stark voneinander unterscheiden und die dern das Problem, auf welcher Grundlage der Neuaufbau Überlieferung zumeist bei weitem nicht so umfassend ist demokratischer und friedlicher Strukturen erfolgen wie die des Staatssicherheitsdienstes. könnte – auf der einen Seite bieten sich Schlussstrich- und Amnestiegesetze an, auf der anderen Seite wird eine Einige Ursachen dafür, dass die Prozesse in den einzelnen konsequente Aufarbeitung und auch juristische Bewälti- mittel- und osteuropäischen Staaten sehr unterschiedlich gung des Vergangenen gefordert. verlaufen sind, lassen sich vorsichtig verallgemeinern: In einigen Ländern hatte die ehemals führende kommunisti- Auffällig im Vergleich kommunistischer und nichtkom- sche Partei noch lange entscheidenden Einfluss auf die munistischer Diktaturen ist, wie viele Analogien es be- weitere gesellschaftliche Entwicklung. In anderen Län- züglich der jeweiligen Geheimpolizeien gibt: Die jeweili- dern wurden die ehemaligen Funktionäre dagegen schnell gen Sicherheitsapparate unterliegen keiner öffentlichen – 70 – oder demokratischen Kontrolle und verfügen über recht- schen Ausarbeitungen und Dokumenten und die Organi- lich unbeschränkte Eingriffsbefugnisse. Ihre Hauptauf- sation von Seminaren und Konferenzen. Einen hohen gabe, die demokratisch nicht legitimierten Machthaber zu Stellenwert soll auch der Erfahrungsaustausch auf dem schützen und Widerspruch und Opposition im Keim zu Gebiet der Sammlung, Bearbeitung, Zugänglichmachung ersticken, führt zu Hypertrophie des Sicherheitsdenkens, und Bestandserhaltung der Dokumente aus archivarischer allgemeinem Misstrauen gegen jedermann und Tenden- Sicht erhalten. Für die Umsetzung dieser Vorhaben wird zen zur unbegrenzten Ausweitung des eigenen Apparats. es unerlässlich sein, gegenseitige wissenschaftliche Auf- Zudem führt die innere Logik der geheimdienstlichen Ar- enthalte, Praktika und Schulungen von Mitarbeiterinnen beit im Umgang mit Personen, Aktenvorgängen und In- und Mitarbeitern zu unterstützen. – Der Vertragstext ist formationsmassen zu ähnlichen Verfahren und Abläufen im Anhang 34, S. 140 ff., nachzulesen. bei der Verwahrung und Archivierung von Unterlagen. Im September 2003 folgte die BStU einer Einladung zu Der Trend, die Aufarbeitung diktatorischer Erfahrungen einer Konferenz nach Budapest (Ungarn) und Moneasa international zu betrachten, verstärkt sich immer mehr. (Rumänien). Veranstalter waren das ungarische Büro für Staatliche und private Initiativen tauschen dabei Erfah- Lustration am Budapester Parlament und der rumäni- rungen über Ländergrenzen hinweg aus. Deutschland hat sche Rat für die Aufarbeitung der Securitate Archive auf diesem Feld eine wichtige Funktion: Durch die lang- (CNSAS), die jeweils einen Konferenzteil als Gastgeber jährige praktische Arbeit mit den Unterlagen des Staats- in ihrem Land gestalteten. Weitere Teilnehmer kamen aus sicherheitsdienstes für Zwecke der Akteneinsicht, Reha- Polen und der Slowakei. Die Tagung stand unter dem bilitierung, Überprüfung, Strafverfolgung und öffentliche Motto: „Lustration und Öffnung (der Archive) der Politi- Aufarbeitung des Repressionsapparats ist eine besondere schen Polizeien in Osteuropa“. Die Delegierten der BStU Verantwortung entstanden, die gewonnenen Erfahrungen referierten über die aktuelle Situation der Behörde sowie anderen Ländern und Initiativen zur Verfügung zu stellen. über Rechtslage und Praxis der Überprüfungen in Sowohl die Beiträge der BStU als auch die Projekte und Deutschland. Außerdem berichteten sie über die aktuellen Initiativen der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Dikta- Ereignisse im Rechtsstreit mit Dr. Helmut Kohl und tur sind hier von großer Bedeutung. gaben einen Überblick über die „Rosenholz“-Dateien. Für die internationale Arbeit und Pflege der Beziehungen Auch die Überprüfung der Parlamente und Parteien war zu Partnereinrichtungen musste die BStU nur in begrenz- ein Diskussionspunkt. In diesem Zusammenhang sorgt tem Umfang personelle und finanzielle Mittel aufwenden, die föderale Herangehensweise in Deutschland gelegent- da in vielen Fällen die Stiftungen der politischen Parteien lich für Verwunderung. Es wurde deutlich gemacht, dass oder Ministerien die Kosten der Besuche getragen und das Stasi-Unterlagen-Gesetz keine flächendeckende deren Organisation übernommen haben. Die Kontakte „Zwangsüberprüfung“ vorschreibt und keine „Täterlis- waren sowohl für die Arbeit der BStU als auch für die Be- ten“ im Namen der Behörde veröffentlicht werden. Dies sucherinnen und Besucher nach deren eigener Einschät- wird im Ausland teilweise jedoch als notwendiges Mittel zung wertvoll. angesehen. Der stärker gewordenen Diskussion um Geschichte und Zum Abschluss der Tagung verabschiedeten die Teil- Aufarbeitung von Diktaturen trug die BStU auch mit ih- nehmer eine kurze Erklärung zur Aufarbeitung der kom- rem Veranstaltungsprogramm und Initiativen im Bil- munistischen Vergangenheit als Voraussetzung für den dungsbereich Rechnung (siehe Abschnitte 5.1.1 und Aufbau einer offenen und demokratischen Gesellschafts- 5.1.5). ordnung in Osteuropa. Als Ziel wird die Einbindung der ehemals kommunistischen Staaten in die westliche Wer- 6.1 Ausbau der Kontakte zu den euro- tegemeinschaft formuliert. päischen Partnereinrichtungen Der Präsident und die Generaldirektorin des rumänischen Die Kontakte der BStU zu ihren Partnereinrichtungen in CNSAS besuchten im Dezember 2003 die Zentralstelle Europa haben im Berichtszeitraum an Quantität und Qua- der BStU. Gesprächsthemen waren das gemeinsame lität zugenommen. Dies zeigte sich vor allem in wechsel- Erbe, rechtliche Probleme bei der Öffentlichmachung von seitigen Besuchen der Leitungen dieser Institutionen und Täter-Namen in Rumänien und Kooperationsmöglichkei- in Kontakten auf der Arbeitsebene. ten auf wissenschaftlicher Ebene. Auf beiden Seiten be- steht der Wunsch, mittelfristig Forschungskapazitäten Im Jahr 2004 verhandelten Experten der Behörde und des stärker auf ein gemeinsames osteuropäisches Thema zu Warschauer Instituts des Nationalen Gedenkens (IPN) fokussieren. über die inhaltliche und juristische Gestaltung einer ge- meinsamen Vereinbarung zur Zusammenarbeit, die im Mit dem tschechischen Amt für Dokumentation und Un- Vorfeld der Warschauer Konferenz im Juni 2005 unter- tersuchung kommunistischer Verbrechen (UDV) gab es schrieben wurde (siehe auch Abschnitt 4.3.3). Einer der bereits auf regionaler Ebene Arbeitskontakte zur Aufklä- Kernpunkte dieser Kooperationsvereinbarung ist es, mit- rung von Tathergängen beim Gebrauch von Schusswaffen telfristig gemeinsame Forschungsprogramme abzustim- durch die frühere tschechische Grenzpolizei gegen flüch- men und sich gegenseitige Hilfe bei der Verbreitung von tende Bürgerinnen und Bürger der DDR. Im Rahmen die- Ergebnissen wissenschaftlicher Forschungen zu leisten. ser Ermittlungen wandte sich das UDV auch an die BStU, Dazu gehören die gemeinsame Erstellung von histori- um die entsprechenden Unterlagen in den MfS-Archiven – 71 – ausfindig zu machen und die tschechischen Staatsange- hatte, besuchte der Leiter dieser Abteilung im Oktober hörigen zur Verantwortung ziehen zu können. Darüber hi- 2004 die BStU. naus waren Fälle von Entführungen von in die ČSSR ge- flüchteten DDR-Bürgern von Interesse, bei denen eine 6.2 Kontakte zu weiteren europäischen Beauftragung durch das MfS vermutet wurde. Ländern Im Oktober 2003 stattete die Leitung des UDV der BStU Durch die politischen Prozesse in den Ländern Mittelost- einen dreitägigen Arbeitsbesuch ab. Das Ziel bestand vor europas – auch und insbesondere hinsichtlich der Auf- allem darin, den Umgang mit den Unterlagen des Staats- arbeitung – wächst der Druck auf den gesamten südost- sicherheitsdienstes und deren inhaltliche Erschließung europäischen Raum. Der politische Wille, eine stabile mit dem tschechischen Pendant zu vergleichen. Zu die- Demokratie aufzubauen und Verwaltungstransparenz zu sem Zweck erhielten die Gäste einen detaillierten Ein- schaffen, ist bei den Gesprächen mit den Besucherinnen blick in die Arbeit der Abteilungen der Behörde. und Besuchern deutlich spürbar geworden. An vorderster Stelle stehen dabei Bemühungen, diese Ziele im Rahmen Auch im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit ergeben sich des erstrebten EU-Beitritts zu erreichen. Anknüpfungspunkte für eine Zusammenarbeit beider Institutionen. Die Abteilung Dokumentation des UDV Die folgenden ausgewählten Beispiele aus dem südost- befasst sich wie die Abteilung BF der BStU mit der Infor- europäischen Raum belegen, dass die Entwicklungen im mation der Öffentlichkeit. Es werden verschiedene Publi- Bereich der Aufarbeitung und der Öffnung der Archive kationen für Bibliotheken, Schulen und höhere Bildungs- der kommunistischen Sicherheitsdienste in Bewegung ge- einrichtungen herausgegeben oder Vorträge und Seminare kommen sind. Dies gilt auch für Länder, in denen Geset- angeboten. Eine Wanderausstellung zur Operativtechnik zesvorhaben oder Initiativen nichtstaatlicher Organisatio- des ehemaligen tschechoslowakischen Geheimdienstes nen wiederholt und seit Jahren abgewehrt wurden. Die („Nicht nur die Wände hatten Ohren“) war in verschiede- Stimmen, die mehr Transparenz und einen ehrlichen Um- nen Städten Osteuropas zu sehen. In Zusammenarbeit mit gang mit der jüngsten Geschichte fordern, sind nicht lei- der Außenstelle Chemnitz der BStU ist der Aufbau einer ser geworden. Die Gäste aus diesen Ländern haben bei gemeinsamen Foto-Wanderausstellung über die ehema- ihren Besuchen bei der BStU immer wieder unterstrichen, lige DDR-ČSSR-Grenze geplant. dass dies eine Selbstverständlichkeit sein sollte, wenn man sich in die große Gemeinschaft der europäischen De- Im Dezember 2004 erfolgte der Gegenbesuch der BStU mokratien einfügen will. bei der Partnereinrichtung in Prag. Neben den Gesprä- chen zwischen den Leitern der Einrichtungen fand auch Ein Vertreter eines Juristenkomitees für Menschenrechte eine Arbeitsbegegnung mit Fachleuten aus dem Doku- Serbiens war schon im Jahr 2001 bei der BStU zu Gast. mentationsbereich des UDV statt. Hier wurden Fragen Danach fand im Oktober 2001 eine Konferenz in Belgrad der Herausgabe von MfS-Dokumenten im Verfahren der statt. Im Jahr 2002 folgte ein Gedankenaustausch zwi- internationalen Rechtshilfe besprochen, da man beim schen Vertretern aus Serbien und Juristen der BStU be- UDV noch auf ergänzende Unterlagen zur Aufklärung züglich eines serbischen Stasi-Unterlagen-Gesetzes. Da- von Verbrechen an der Grenze hofft. Das Interesse an ei- nach gab es zunächst keine Kontakte mehr. ner gemeinsamen kleinen Ausstellung wurde nochmals Mittlerweile ist die Diskussion um diese Thematik wieder unterstrichen und das Thema der Aufarbeitung verglei- aufgeflammt. Im März 2005 hatte die OSZE zu einer Ta- chend diskutiert. gung nach Belgrad geladen. Diese Veranstaltung fand vor Im Rahmen der o. g. Konferenz in Budapest und Mone- dem Hintergrund eines neuen Gesetzesvorhabens zur Öff- asa im September 2003 ergab sich die Gelegenheit, den nung von Geheimdienstunterlagen statt, das vom Parla- Leiter und wissenschaftliche Mitarbeiter des zu diesem ment eingebracht wurde und für das sich der serbische Zeitpunkt gerade neu gegründeten slowakischen Instituts Außenminister besonders engagiert zeigte. Die Diskus- für Nationale Erinnerung (UPN) kennen zu lernen. Im sionsbeiträge ebenfalls anwesender Geheimdienstoffi- Juni 2004 besuchte die Leitung dieser Einrichtung die ziere zeigten aber auch, dass es bei der demokratischen BStU. Die Behörde unterstützte den Wunsch, Mitarbei- Kontrolle der bestehenden Dienste noch einen erhebli- tern des UPN eine mehrtägige Schulung in den verschie- chen Informations- und Regelungsbedarf gibt. Der denen Arbeitsbereichen der BStU in Berlin zu ermögli- Schwerpunkt des Beitrages der BStU lag in der Darstel- chen. Im Rahmen des Besuchs der slowakischen lung des rechtsstaatlichen Verwaltungshandelns und der Delegation fand auf Einladung des Osteuropa-Zentrums Schilderung, welche differenzierten Regelungen notwen- eine gemeinsame Pressekonferenz im Berliner Rathaus dig sind, um sowohl das öffentliche Aufklärungsinteresse statt. als auch den Schutz der Persönlichkeitsrechte zu gewähr- leisten. Ein dritter selbstständiger Vortragsteil wurde von Eine weitere Einrichtung in der Slowakei ist die beim Vertretern serbischer Bürgerinitiativen bestritten, die ei- Justizministerium angesiedelte „Abteilung der Dokumen- gene Gesetzesvorschläge einbrachten, die inhaltlich über tation der Verbrechen des Kommunismus“. Sie arbeitet den Parlamentsentwurf hinausgingen und sich partiell an mit der Leitung des UPN zusammen und sammelt insbe- das Stasi-Unterlagen-Gesetz anlehnten. Insofern wurde sondere Eingaben und Beschwerden aus der Bevölke- der deutsche Beitrag von den Initiativen mit besonderer rung. Nachdem sie eine rund 1 000-seitige Dokumenta- Aufmerksamkeit verfolgt. Die Debatte um die Geheim- tion über die Verbrechen des Kommunismus vorgelegt dienstakten-Gesetzgebung wird fortgeführt. – 72 –

Im April 2005 besuchten die Leiterin der „Staatlichen beitungsmodell und die Arbeit der BStU auch in weit ent- Kommission für die Sicherheit der Information“ (SCIS) fernten Ländern auf Interesse stoßen, selbst wenn dort in Bulgarien und mehrere ihrer Mitarbeiter sowie der Lei- eine ähnliche Herangehensweise nicht beabsichtigt ist. ter des Archivs des bulgarischen Innenministeriums die BStU. Beide Institutionen arbeiten eng zusammen. Nach dem Sturz des Saddam-Hussein-Regimes vermit- telte das Auswärtige Amt Anfragen, ob sich die BStU an Der Erfahrungsaustausch mit den Experten bei der BStU einem Besuchsprogramm für irakische Politiker der sollte vorwiegend der Verbesserung der Arbeitsweise des Übergangsregierung oder für Menschenrechtsaktivisten Archivs des Innenministeriums dienen. Die – allerdings der früheren irakischen Opposition beteiligen würde. Im stark dezimierten – Akten des ehemaligen bulgarischen Januar 2004 kam es zu einer ersten Begegnung und Pres- Staatssicherheitsdienstes sind heute auf mehrere Einrich- sekonferenz mit den Leitern der Iraq Memory Foundation tungen verteilt. Den größten Bestand mit geschätzten (IMF). Da zu diesem Zeitpunkt noch keine neu geschaffe- 22 Kilometern verwaltet das Archiv des Innenministe- riums. Über Zugang und Nutzung entscheidet hauptsäch- nen Regierungsverhältnisse im Irak existierten, konnte lich die SCIS, ansonsten liefert das Archiv der SCIS die die BStU der Bitte zur Beteiligung am demokratischen angeforderten Dokumente. Das Archiv des Innenministe- Wiederaufbau vor Ort nicht folgen. Die IMF verfügt zwar riums hat keine eigene Forschungsstrecke, verfügt aber nach eigenen Angaben über den vermutlich größten Teil über ein Museum, das in Anlehnung an die Informations- halbwegs geordneter Akten des irakischen Geheimdiens- und Dokumentationszentren der BStU ausgebaut werden tes, die durch die US-Streitkräfte und Nachrichtendienste soll. sichergestellt wurden, aber es gab – und gibt – noch kein Mandat, in welcher Form und durch welche Organisation In Albanien wird 15 Jahre nach Ende des Hoxha-Regimes diese Unterlagen letztendlich bearbeitet werden sollen. eine Gesetzesinitiative zur Aufarbeitung angestrebt. Seit 1995 gibt es dort zwar eine Regelung, nach der Kandida- Im Februar 2004 beteiligte sich die Behörde an einem ten für ein höheres Amt mitteilen müssen, ob sie mit dem Seminar für irakische Politikwissenschaftler, die vom albanischen Geheimdienst „Sigurimi i Shetit“ zusammen- Berliner Otto-Suhr-Institut in Deutschland betreut wur- gearbeitet hatten, eine Überprüfung der Parlamentsabge- den. Ende November 2004 war die BStU in ein mehrtägi- ordneten war aber nicht gestattet. Mit der Durchsetzung ges Irak-Programm des Auswärtigen Amtes und der dieser Lustration auf der Ebene hoher Staatsbediensteter Heinrich-Böll-Stiftung eingebunden. Eingeladen waren ist eine Kommission beauftragt. der amtierende Menschenrechtsminister Dr. Bakhtiar Im April 2005 war ein Vertreter der albanischen Botschaft Amin und mehrere höhere Mitarbeiter sowie ein Richter zu einem Informationsgespräch bei der BStU. Er betonte, des Justizausschusses des Übergangsparlamentes. Sehr dass albanische Archivexperten sehr daran interessiert konkret interessierten die Gäste sich dafür, nach welchen wären zu erfahren, ob Erkenntnisse der BStU für die Aus- Kriterien in Deutschland Rehabilitierung und Wiedergut- arbeitung des neuen Aktengesetzes von Nutzen sein machung erfolgen, wie ehemals Verfolgte zu ihren Rech- könnten. Dabei spielt in Albanien der freie Aktenzugang ten gelangen und wie man hier mit der alten Nomenkla- für jeden Bürger noch keine dominierende Rolle, sondern tura umgeht. Da dieses Themenfeld den Aufgabenbereich zunächst die Deklassifizierung der Geheimdienstakten der BStU weit überschritt, wurden Vertreter verschiede- des alten Regimes und die Fortsetzung eines Lustrations- ner, speziell für diese Fragen zuständiger Behörden zu prozesses. Man erhofft sich damit eine stärkere Öffnung einem größeren Gesprächskreis im Informations- und und Transparenz in Richtung europäischer demokrati- Dokumentationszentrum der BStU eingeladen. Für Herrn scher Normen. Dr. Amin und seine Kollegen war es nach eigenen Anga- In Slowenien, einem jungen EU-Mitgliedsland, gibt es ben sehr aufschlussreich zu erfahren, wie das deutsche ebenfalls Bestrebungen, ein Aktenzugangsgesetz zu Rechtssystem ineinander greift, welche Rechte vorhan- schaffen. Ende April 2005 fand in Berlin ein Fachge- den sind, aber auch, welche Einschränkungen bestehen spräch mit einem Berater des Justizministers statt. Nach- und wo Erwartungen nicht erfüllt werden können. Gleich- dem eine Gesetzesinitiative im Jahr 1997 gescheitert war, zeitig konnte die Delegation mit Vertretern des in Berlin soll jetzt im Parlament ein erneuter Versuch unternom- ansässigen Zentrums für Folteropfer Erfahrungen austau- men werden, ein Lustrationsgesetz zu verabschieden. Die schen und sich in der Beratungsstelle „Gegenwind“ über Situation in Slowenien ist vor allem deshalb kompliziert, die psychologischen Behandlungsmethoden für Trauma- weil es dort keine Unterlagen (mehr) gibt. Eventuell vor- tisierte von Diktaturen informieren. handene Dokumente werden zu großen Teilen in Belgrad, der ehemaligen gemeinsamen Hauptstadt Jugoslawiens, Den Grundstein für ein umfangreiches Arbeits- und Be- vermutet. Hier müssen zunächst Verhandlungen zur suchsprogramm für Gäste aus Argentinien legte der Rückführung der Akten aufgenommen werden. Besuch des Friedensnobelpreisträgers Adolfo Perez Esquivel bei der BStU im Dezember 2003. Bei dem von der Bischöflichen Aktion ADVENIAT vermittelten Ge- 6.3 Besondere außereuropäische spräch berichtete Herr Esquivel in seiner Funktion als Arbeitskontakte und Besuche Vorsitzender der noch im Aufbau befindlichen argentini- Im Berichtszeitraum hat die BStU eine große Anzahl schen „Comisión por la memoria“ (CPM) über die neues- Gäste von verschiedenen Kontinenten empfangen und be- ten Entwicklungen bei der Aufarbeitung der Militärdik- treut. Diese Entwicklung zeigt, dass das deutsche Aufar- tatur von 1976 bis 1983 in seinem Heimatland. Nachdem – 73 – in Buenos Aires eine große Menge Akten der Geheim- Hervorzuheben ist ein Informationsgespräch, das eine polizei aus der Zeit der Militärdiktatur entdeckt worden Delegation des Ausschusses für nationale Sicherheit und war, entstand dort der Wunsch, der BStU einen Arbeits- Verteidigung im Parlament Litauens mit der Leitung der besuch abzustatten. BStU führte. In Begleitung des Botschafters der Republik Litauen wurde vor allem über die Überprüfungspraxis des Gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung und der öffentlichen Dienstes und der Parlamente diskutiert. Es Konrad-Adenauer-Stiftung organisierte die BStU vom wurde festgestellt, dass sich die Überprüfungspraxis in 27. September bis 7. Oktober 2004 einen Erfahrungsaus- Deutschland deutlich von der herkömmlichen Lustra- tausch für mehrere Mitarbeiter der CPM. Die von der tionsgesetzgebung unterscheidet, bei der Amtsinhaber Vizepräsidentin der CPM geleitete Delegation informierte häufig auch zwingend das Amt verlassen müssen. Die sich ausführlich über die Struktur und Arbeitsweise der Akten-Überlieferungslage in Litauen nach dem Abzug BStU. Gegenstand der Gespräche waren u. a. die Archi- des KGB schätzten die Gäste als sehr lückenhaft ein, was vierung und Dokumentation von Unterlagen sowie recht- eine gesicherte Überprüfungspraxis erschwert. liche Probleme und Kooperationsmöglichkeiten. Das mehrtägige BStU-Fachprogramm wurde ergänzt durch Auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung besuchte im verschiedene Besuche in anderen Einrichtungen, so z. B. April 2005 Seine Königliche Hoheit Prinz Norodom in der Berliner Senatskanzlei, die mit Buenos Aires die Sirivudh von Kambodscha die BStU. Er besuchte Städtepartnerschaft koordiniert, in der Gedenkstätte Ber- Deutschland in seiner Funktion als Vorsitzender des lin-Hohenschönhausen, die Gespräche mit ehemaligen Cambodian Institute for Cooperation and Peace. Zur De- politischen Häftlingen organisierte, und beim Vorstand legation gehörten auch Opfer des Terrorregimes der der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft. Roten Khmer und leitende Mitarbeiter des Documenta- Vier Themenkomplexe waren für die argentinischen tion Center of Cambodia. Sie informierten sich über die Gäste von besonderem Interesse: ein möglichst gerechter Aufarbeitung der deutschen Geschichte. In Kambodscha Umgang mit Tätern und Opfern, die Existenz und das Zu- allerdings scheint eher das Modell einer Wahrheitskom- sammenwirken von institutionellen und nichtstaatlichen mission wie in Südafrika in Erwägung gezogen zu wer- Einrichtungen bei der Aufarbeitung von Diktaturen, die den. Gedenkstättenarbeit und die Arbeit mit den Aktenhinter- Aus den USA kamen immer wieder Besuchswünsche, die lassenschaften sowie systemübergreifende Fragestellun- meist von in Deutschland ansässigen Trägern übermittelt gen zur Bewertung und zu den Wirkungsprinzipien von Diktaturen. Mit den Vertretern der CPM wurde verein- wurden, so z. B. von den Stiftungen der politischen Par- bart, den Kontakt aufrechtzuerhalten, da die Entwicklung teien, der Fulbright-Stiftung, der Atlantik-Brücke e. V., in Argentinien vor allem hinsichtlich der gesetzgeberi- der Checkpoint-Charlie-Stiftung. Einige Gäste besuchten schen Faktoren nicht abgeschlossen ist. die BStU auch auf Anregung des Deutschen Bundestages, der ein jährliches Mitarbeiter-Austausch-Programm mit Immer wieder kam es im Berichtszeitraum auch zu Kon- US-amerikanischen Einrichtungen pflegt. Die Zusam- takten ins Baltikum, einer Region, die besonders im Hin- mensetzung dieser Gruppen ist entsprechend vielfältig: blick auf die EU-Erweiterung an einer Aufarbeitung des von Senatoren und Kongressabgeordneten über Wissen- Unrechts der mehrfachen Okkupation interessiert ist. schaftler, Lehrer und Forscher bis hin zu Studenten.

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Anhang Seite Anhang 1 Organisationsplan der BStU ...... 77 Anhang 2 Anschriftenverzeichnis der BStU ...... 78 Anhang 3 Mitglieder des Beirates der BStU ...... 81 Anhang 4 Erklärung des Beirates der BStU vom 11. Februar 2005 . . . . 82 Anhang 5 Entwicklung des Personalbestandes der BStU ...... 83 Anhang 6 Leitbild der BStU ...... 84 Anhang 7 Künftige Regionalstruktur der BStU ...... 86 Anhang 8 Archivisch erschlossene Unterlagen – Überblick ...... 87 Anhang 9 Erschließung von Schriftgut in den Archiven der BStU . . . . . 88 Anhang 10 Erschließung der speziellen Informationsträger in den Archiven der BStU ...... 89 Anhang 11 Übersicht über die Größenordnung der Karteien in den Archiven der BStU ...... 90 Anhang 12 Übersicht zum Stand der Erschließung der Unterlagen der Diensteinheiten des MfS ...... 91 Anhang 13 Revision der vom MfS archivierten Vorgänge der Operativen Hauptablage ...... 92 Anhang 14 Ergebnisse der Rekonstruktion von Teildatenbanken des DV-Projektes SIRA der HVA ...... 94 Anhang 15 Bericht der Forschungsgruppe „Rosenholz“ zu den Dateien der HVA ...... 97 Anhang 16 Virtuelle Rekonstruktion vorvernichteter Unterlagen – Skizze des technischen Verfahrens ...... 99 Anhang 17 Eingang und Erledigung von Anträgen und Ersuchen ...... 100 Anhang 18 Verteilung der Antragseingänge Akteneinsicht auf die einzelnen Bundesländer ...... 102 Anhang 19 Statistische Gesamtauswertung der Bürgerumfrage 2005 . . . . 103 Anhang 20 Eingänge von Anträgen gemäß §§ 32 und 34 StUG ...... 106 Anhang 21 Eingänge und Erledigungen von Anträgen gemäß §§ 32 und 34 StUG nach Themenkomplexen ...... 107 Anhang 22 Zuständigkeiten für die Bearbeitung von Anträgen gemäß §§ 32 und 34 StUG ...... 108 Anhang 23 Informationsblatt – Die Bearbeitung von Forschungs- und Medienanträgen ...... 109 Anhang 24 Bearbeitung von Forschungs- und Medienanträgen nach §§ 32 bis 34 StUG ...... 111 Anhang 25 Publikationsreihen der BStU ...... 115 Anhang 26 Programm des Wissenschaftlichen Workshops am 26. November 2004 ...... 119 Anhang 27 Vortrag zur Eröffnung des Wissenschaftlichen Workshops am 26. November 2004 ...... 120 Anhang 28 Programm der Internationalen Konferenz vom 16. bis 18. Juni 2005 in Warschau ...... 124 Anhang 29 Veranstaltungen der Zentralstelle der BStU ...... 127 – 76 –

Seite

Anhang 30 Regionale Ausstellungen der Außenstellen der BStU ...... 135 Anhang 31 Wanderausstellung der BStU „Staatssicherheit – Garant der SED-Diktatur“ ...... 137 Anhang 32 Die Informations- und Dokumentationszentren sowie Gedenkstätten der BStU ...... 138 Anhang 33 Sonderausstellungen im Informations- und Dokumentationszentrum Berlin ...... 139 Anhang 34 Kooperationsvertrag IPN – BStU ...... 140 Abkürzungsverzeichnis ...... 144 – 77 –

Anhang 1 Suhl ÖPR Berlin ÖPR -und -und ; Politische Gesamtschwer - GPR Personalvertretungen behindertenvertretung Gleichstellungsbeauftragte Publikationen Öffentlichkeit Schwerin Abteilung BF der Methoden undder Methoden und der Fachbereich BF 3 Fachbereich Fachbereich BF Fachbereich 1 BF Fachbereich 2 Erforschung der Struktur, Erforschung der Struktur, Staatssicherheitsdienstes Bildung und Information der der und Information Bildung der Wirkungsweise des MfS; der Wirkungsweise des MfS; politische Bildungsarbeit zur zur Bildungsarbeit politische Bibliothek und Dokumentation Aufarbeitung der Tätigkeit des des Tätigkeit der Aufarbeitung Wissenschaftliche Projekte zur zur Projekte Wissenschaftliche zur Projekte Wissenschaftliche Ausstellungen; Informations Ausstellungen; Wissenschaftliche Forschung und Forschung Wissenschaftliche Dokumentationszentren Arbeitsgruppe AwA Arbeitsgruppe Datenschutzbeauftragte rhvisncat . Aufarbeitung Archivwissenschaftl Rostock - - - - Potsdam ; Anträge ; Anträge , Zwecke -öffentliche -öffentliche ; Anträge ; Anträge ; Justitia- , zu Notaren und Notaren , zu Stellen und Film und Film Beirat Vermögensfragen Referat AU II.1 AU Referat II.2 AU Referat II.5 AU Referat II.7 AU Referat II.8 AU Referat Anträge Einzelner auf Einzelner Anträge angelegenheiten Politik und Wirtschaftvon , Leitungsbüro Einzelner auf Akteneinsicht Einzelner Referatsgruppe AU II AU Referatsgruppe Einzelner auf Akteneinsicht Einzelner Verbänden öffentlichen Dienstes sowie dienste; Ersuchen zu offenen Ersuchen aus den Bereichen den Bereichen aus Ersuchen lichen Dienstes sowie Renten sowie Dienstes lichen öffentliche und nicht öffentliche Verwendung von Unterlagen für für Unterlagen von Verwendung Strafverfolgung, Rehabilitierung Ersuchen von Stellen des öffent ausschüsse und für Nachrichten Rechtsanwälten, von Stellen des des Stellen von Rechtsanwälten, Rentenangelegenheiten und Wiedergutmachung und der politischen Bildung sowie und der politischen Bildung sowie Akteneinsicht ; Verwendung durch durch Verwendung ; Akteneinsicht von Presse , Rundfunk, Fernsehen Fernsehen Rundfunk, , Presse von Fernsehen Rundfunk, , Presse von parlamentarischer Untersuchungs Anträge für Zwecke der Forschung Forschung der Zwecke für Anträge Forschung der Zwecke für Anträge Neubrandenburg , riat ; Innenrevision; Controlling Gesamtbehördlicher Grundsatz; Protokollangelegenheiten Abteilung AU G AU Referat Magdeburg Grundsatzangelegenheiten Verwendung von Unterlagen von Verwendung des Staatssicherheitsdienstes des Fachaufsicht und Controlling AU ; -öffentliche Leipzig Referat AU I.2 AU Referat I.3 AU Referat I.4 AU Referat I.5 AU Referat I.8 AU Referat Direktor Anträge Einzelner auf auf Einzelner Anträge auf Einzelner Anträge auf Einzelner Anträge auf Einzelner Anträge auf Einzelner Anträge auf Einzelner Anträge Bekanntgabe von Namen von Bekanntgabe Referatsgruppe AU I Referatsgruppe Akteneinsicht; Ersuchen von Akteneinsicht; Ersuchen von Akteneinsicht; Ersuchen von Akteneinsicht; Ersuchen von Akteneinsicht; Ersuchen von sowie Rentenangelegenheiten sowie Rentenangelegenheiten sowie Rentenangelegenheiten sowie Rentenangelegenheiten sowie sowie Rentenangelegenheiten sowie öffentliche und nicht öffentliche Außenstellen Stellen des öffentlichen Dienstes Dienstes öffentlichen des Stellen Dienstes öffentlichen des Stellen Dienstes öffentlichen des Stellen Dienstes öffentlichen des Stellen Dienstes öffentlichen des Stellen Akteneinsicht ; Verwendung durch durch Verwendung ; Akteneinsicht Stellen ; Bekanntgabe von Namen von Bekanntgabe ; Stellen Halle Die Bundesbeauftragte Gera Karteien Magazine Frankfurt (Oder) Archivbestände Pressestelle 1 AR Referat 2 AR Referat 3 AR Referat 4 AR Referat 5 AR Referat 6 AR Referat 7 AR Referat 8 AR Referat Abteilung AR Abteilung Informationsträger Erschließung spezieller Projektgruppe ETb Projektgruppe Erschließung der Bestände der Erschließung Bestände der Erschließung Bestände der Erschließung Projektgruppe Rekonstruktion Projektgruppe Erschließung der Teilbestände Fachaufsicht AR; Rückführung Rückführung AR; Fachaufsicht Grundsatzangelegenheiten und Grundsatzangelegenheiten Restaurierung und Konservierung Restaurierung Erfurt Umsetzung des Umsetzung Dresden ; Projektgruppe RS Projektgruppe Regionalkonzeptes der BStU der Regionalkonzeptes -u. -u. Haushalt aufgaben Fortbildung Organisation Innerer Dienst; Referat ZV ZV 1 Referat ZV 3 Referat ZV 4 Referat ZV 5 Referat Informations ZV 6 Referat ZV 7 Referat Abteilung ZV Chemnitz Liegenschaftswesen Sicherheit; Beschaffung Sicherheit; Zentral-und Verwaltungs- Zentral-und Personalangelegenheiten Grundsatz Personalwesen; Personalwesen; Grundsatz Telekommunikationstechnik Personalentwicklung; Aus- und Personalentwicklung; Berlin Die Bundesbeauftragte Die Republik für die Unterlagen Demokratischen Deutschen des Staatssicherheitsdienstes ehemaligen der Organisationsplan Stand: Juni 2005 – 78 –

Anhang 2

Anschriftenverzeichnis

Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik

Anschriften, Telefon- und Faxnummern der Zentralstelle der BStU Postanschrift: 10106 Berlin

Hausanschrift/Akteneinsichtsbereich/Lesesäle/Antragstellung:

Otto-Braun-Straße 70/72 Telefon 030 2324 – 50 10178 Berlin Telefax 030 2324 – 7799 Telefon IVBB-Netz 01888 665 – 0 Telefax IVBB-Netz 01888 665 – 7799

Telefonische Bürgerberatung:

Telefon 030 2324 – 7000 Telefon IVBB-Netz 01888 665 – 7000

Persönliche Bürgerberatung mit vorheriger telefonischer Terminvereinbarung:

Otto-Braun-Straße 70/72 Telefon 030 2324 – 7000 Bauteil G, Raum 150 Telefon IVBB-Netz 01888 665 – 7000 10178 Berlin

E-Mail: [email protected] Internet-Adresse http://www.bstu.de

Anschriften, Telefon- und Faxnummern der Außenstellen in Brandenburg

Frankfurt (Oder)

Fürstenwalder Poststraße 87 Telefon 0335 6068 – 0 15234 Frankfurt (Oder) Telefax 0335 6068 – 2419 E-Mail [email protected]

Potsdam

Großbeerenstraße 301 Telefon 0331 5056 – 0 14480 Potsdam Telefax 0331 5056 – 1819 E-Mail [email protected] – 79 –

n o c h Anhang 2

Anschriften, Telefon- und Faxnummern der Außenstellen in Mecklenburg-Vorpommern

Neubrandenburg

Neustrelitzer Straße 120 Telefon 0395 7774 – 0 17033 Neubrandenburg Telefax 0395 7774 – 1619 E-Mail [email protected]

Rostock

– Telefon 038208 826 – 0 18196 Waldeck-Dummerstorf Telefax 038208 826 – 1219 E-Mail [email protected]

Schwerin

– Telefon 03860 503 – 0 19065 Görslow Telefax 03860 503 – 1419 E-Mail [email protected]

Anschriften, Telefon- und Faxnummern der Außenstellen in Sachsen

Chemnitz

Jagdschänkenstraße 56 Telefon 0371 8082 – 0 09117 Chemnitz Telefax 0371 8082 – 3719 E-Mail [email protected]

Leipzig

Dittrichring 24 Telefon 0341 2247 – 0 04109 Leipzig Telefax 0341 2247 – 3219 E-Mail [email protected]

Dresden

Riesaer Straße 7 Telefon 0351 2508 – 0 01129 Dresden Telefax 0351 2508 – 3419 E-Mail [email protected]

Anschriften, Telefon- und Faxnummern der Außenstellen in Sachsen-Anhalt

Halle

Blücherstraße 2 Telefon 0345 6141 – 0 06122 Halle Telefax 0345 6141 – 2719 E-Mail [email protected]

Magdeburg

Georg-Kaiser-Straße 4 Telefon 0391 6271 – 0 39116 Magdeburg Telefax 0391 6271 – 2219 E-Mail [email protected] – 80 – n o c h Anhang 2

Anschriften, Telefon- und Faxnummern der Außenstellen in Thüringen

Erfurt

Petersberg Haus 19 Telefon 0361 5519 – 0 99084 Erfurt Telefax 0361 5519 – 4719 E-Mail [email protected]

Gera

Hermann-Drechsler-Straße 1 Telefon 0365 5518 – 0 07548 Gera Telefax 0365 5518 – 4219 E-Mail [email protected]

Suhl

Weidbergstraße 34 Telefon 03681 456 – 0 98527 Suhl Telefax 03681 456 – 4519 E-Mail [email protected] – 81 –

Anhang 3

Mitglieder des Beirates der BStU (Stand: Juni 2005)

Vom Deutschen Bundestag gewählte Mitglieder des Beirates: 1. Prof. Dr. Richard Schröder Vorsitzender des Beirates 2. Hartmut Büttner, MdB erster stellvertretender Vorsitzender 3. Ulrike Poppe zweite stellvertretende Vorsitzende 4. Hans-Joachim Hacker, MdB 5. Hartmut Koschyk, MdB 6. Markus Meckel, MdB 7. Gisela Piltz, MdB 8. Prof. Dr. Manfred Wilke

Von den Ländern benannte Mitglieder des Beirates: 9. Martin Gutzeit Berlin 10. Rainer Eppelmann, MdB Brandenburg 11. Dr. h. c. Christoph Stier Mecklenburg-Vorpommern 12. Michael Beleites Sachsen 13. Wolf-Dieter Beyer Sachsen 14. Peter Oleikiewitz, MdL Sachsen-Anhalt 15. N.N. Sachsen-Anhalt 16. Ludwig Große Thüringen 17. Prof. Dr. Georg Machnik Thüringen

Im Berichtszeitraum ergaben sich im Beirat folgende personelle Entwicklungen: Nach Inkrafttreten des 6. StUÄndG, mit dem sich die Zahl der vom Bundestag zu wählenden Mitglieder auf acht er- höhte, wurde im Februar 2004 Gisela Piltz als 17. Mitglied des Beirates bestellt. Die vom Land Sachsen-Anhalt in den Beirat entsandten Vertreter Wieland Berg und Gottfried Koehn schieden mit Ab- lauf ihrer fünfjährigen Bestellung im April 2004 aus dem Beirat aus. Als ihre Nachfolger benannte das Land Sachsen- Anhalt Peter Oleikiewitz (MdL) und Harald Wernowsky, beide wurden im September 2004 bestellt. Harald Wernowsky verstarb Ende September 2004, ein neuer Vertreter wurde durch das Land bisher nicht benannt. Folgende Mitglieder des Beirates wurden für weitere fünf Jahre bestellt: Prof. Dr. Manfred Wilke für den Deutschen Bundestag im September 2003, Ludwig Große für das Land Thüringen im Dezember 2003 und Martin Gutzeit für das Land Berlin im September 2004. – 82 –

Anhang 4

Erklärung des Beirates der BStU vom 11. Februar destagspräsident Wolfgang Thierse ihre Bedenken 2005 zum Wechsel der Behörde in den Geschäftsbe- deutlich gemacht. Der Beirat unterstützt den Inhalt reich der Beauftragten der Bundesregierung für Kul- dieses Schreibens. tur und Medien 4. Der Beirat geht davon aus, dass die Nutzung der 1. Der Beirat drückt sein Befremden über die Art und MfS-Akten für die Aufarbeitungs- und Erinnerungs- Weise der vorgenommenen Organisationsverände- arbeit in Bezug auf die SED-Diktatur und den Staats- rung der Stasi-Unterlagenbehörde und der Stiftung sicherheitsdienst solange auf der Grundlage des zur Aufarbeitung der SED-Diktatur vom Innenminis- StUG erfolgt, bis der Gesetzgeber Änderungen be- terium in das Kulturressort aus. schließt. Es wäre notwendig gewesen, die Behörde und ihren 5. Der Beirat erwartet vor künftigen Entscheidungen Beirat sowie die Gremien der Stiftung Aufarbeitung über neue Aufarbeitungskonzepte eine angemessene rechtzeitig von dem Vorhaben in Kenntnis zu setzen. Diskussion und die Einbeziehung von Vertretern der Nur so hätte der über Jahre erworbene Sachverstand Opferverbände. Dies gilt vor allem für die Erarbei- der Beteiligten genutzt werden und in die Sachent- tung eines Konzepts für den künftigen „Geschichts- scheidung einfließen können. verbund“ zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Diese 2. Der Beirat beurteilt die Nichtbeteiligung des Gesetz- Diskussion sollte im Geist der beiden Enquete-Kom- gebers als eine Missachtung des Parlaments und als missionen des Bundestages erfolgen. Widerspruch zu Wortlaut, Geist und Entstehungsge- 6. Organisationsentscheidungen sollten das Ergebnis schichte des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG). und nicht den Anlass eines Diskussionsprozesses dar- 3. Die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, stellen und erst nach parlamentarischen Beratungen Marianne Birthler, hat in einem Schreiben an Bun- getroffen werden. – 83 –

Anhang 5

Entwicklung des Personalbestandes der BStU (nach Aufgabenbereichen)

1 400

1 200

1 000

800

600

400

200

0 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 Juni 2005

Anträge/Ersuchen 1 229 1 170 1 132 1 060 1 010 939 875 827 Archiv 731 675 643 653 622 608 596 579 Bildung/Forschung 70 69 72 68 70 73 81 79 Leitung/Verwaltung 888 877 839 819 809 777 756 717 – 84 –

Anhang 6

Leitbild der BStU Auch kommende Generationen werden die Unterlagen des MfS nutzen – mit immer neuen Fragen zu Struktur 1. Unser Selbstverständnis und Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes, zu sozialen, Die BStU – eine besondere Behörde kulturellen und psychischen Folgen der SED-Diktatur der deutschen Demokratie und zur Geschichte von Zivilcourage und Widerstand. Die Stasi-Unterlagen-Behörde (BStU) ist eine Bundesbe- Mit der sofortigen Öffnung der Archive und der Aufar- hörde, deren Geschichte in der Bürgerbewegung der beitung auf der Grundlage der Materialien des Staatssi- DDR wurzelt. Sie leistet einen besonderen Beitrag zur cherheitsdienstes wurde die BStU zu einem wichtigen Aufarbeitung der SED-Diktatur. In ihrer Verantwortung und ermutigenden Symbol für den kritischen Umgang mit liegen die Aufbewahrung, Erschließung, Bewertung und einer von Diktatur und Gewaltherrschaft geprägten Ge- Herausgabe von Unterlagen des Ministeriums für Staats- schichte. Die Arbeit der BStU trägt dazu bei, Erinnerung sicherheit (MfS) der DDR sowie deren Schutz vor Miss- und Aufarbeitung an die Stelle von Vergessen, Ver- brauch. schweigen und Verklärung zu setzen. Sie ist wichtiger Teil eines Netzes von Menschen, Institutionen und Grup- Die Unterlagen des MfS enthalten überwiegend perso- pen, die sich der Aufarbeitung der deutschen Diktaturen nenbezogene Informationen, die rechtsstaatswidrig und widmen. unter systematischer Verletzung von Persönlichkeitsrech- ten gesammelt wurden. Der Umgang mit den Unterlagen 2. Unsere Geschichte erfordert deshalb eine besonders sorgfältige Abwägung zwischen dem Anspruch auf Schutz von Persönlichkeits- Die Geschichte der Stasi-Unterlagen-Behörde beginnt mit rechten und dem Recht der Öffentlichkeit auf Aufklärung den Demonstrationen hunderttausender DDR-Bürger, die der MfS- und Diktaturgeschichte. das Ende der uneingeschränkten Macht der SED-Partei- herrschaft erzwangen. Der stärkste Protest richtete sich Wegen der besonderen Verantwortung, die sich aus dem gegen das MfS, das wichtigste Instrument der Repression. Charakter der Unterlagen des MfS ergibt, wird die oder Mit der Besetzung der Dienstellen der Staatssicherheit im der Bundesbeauftragte direkt vom Deutschen Bundestag Winter 1989/1990 wurde seine Macht gebrochen und auf gewählt, ist in der Ausübung des Amtes unabhängig und Druck des Runden Tisches seine ersatzlose Auflösung be- ausschließlich an das Gesetz gebunden. schlossen. Die BStU versteht sich als moderne Dienstleistungsbe- hörde, die den Prinzipien des rechtsstaatlichen Umgangs Die letzte, frei gewählte Volkskammer der DDR be- mit persönlichen Daten sowie der Objektivität bei der schloss einstimmig ein Gesetz, das die Unterlagen für die Aufarbeitung der MfS-Unterlagen verpflichtet ist. Strafverfolgung, Rehabilitierung, Forschung und Über- prüfung zugänglich machte. Zum Sonderbeauftragten für die Stasi-Unterlagen wurde Joachim Gauck bestellt. Das Bewahren und Aufarbeiten vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz über die Die Behörde der BStU ist sowohl Archiv als auch aktives Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Gedächtnis der Stasi- und Diktaturgeschichte. Durch den DDR (StUG) sicherte die Öffnung der Unterlagen des Zugang zu den Unterlagen des MfS hilft die BStU den MfS endgültig und gewährte allen Personen das Recht auf Betroffenen, das ihnen widerfahrene Unrecht aufzuklären Einsicht in die zu ihnen vorhandenen Informationen. Im und ermöglicht es, Verantwortlichkeiten sichtbar zu ma- StUG verbinden sich die Tradition des bürgerschaftlichen chen. Die MfS-Unterlagen erlauben tiefe Einblicke in die Engagements und des Emanzipationswillens der Men- Machtmechanismen der SED-Diktatur. Sie zeigen aber schen in der DDR mit den rechtsstaatlichen Traditionen auch, wie Menschen sich dem Zugriff der Macht wider- der Bundesrepublik Deutschland. setzten oder entzogen. Außerdem ermöglichen sie vielfäl- Mit Gründung der Behörde zum 3. Oktober 1990 und der tige Einblicke in Alltag und Kultur der ehemaligen DDR. Unterstützung ihrer Arbeit setzte der Deutsche Bundestag Die Unterlagen in den Archiven der BStU wurden von ein unmissverständliches Zeichen für den Willen, die Ge- der politischen Geheimpolizei einer Diktatur sowjeti- schichte der DDR-Diktatur mit Hilfe der Unterlagen des schen Typs angelegt und dokumentieren die Herrschafts- MfS umfassend aufzuarbeiten. Er bestätigte Joachim methoden und das Herrschaftswissen der Staatspartei Gauck in seinem Amt und wählte ihn im Jahre 1995 für SED. Sie sind trotz ideologischer und bürokratischer Ver- eine weitere Amtszeit. Zu seiner Nachfolgerin wurde im zerrungen wichtige und aussagekräftige Quellen. Jahr 2000 Marianne Birthler vom Deutschen Bundestag bestimmt. Sowohl mit der persönlichen Aufarbeitung als auch mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen aus den MfS-Un- 3. Unsere Kultur terlagen werden Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheitswillen gefördert. Diese Ziele prägen als Werte- Die BStU arbeitet leistungsorientiert und kooperativ. Die fundament heute und künftig die Arbeit der BStU und ih- Werte, die zu ihrer Entstehung geführt haben, bilden eine rer Beschäftigten. zusätzliche Motivation, transparent und bürgernah zu ar- – 85 –

n o c h Anhang 6 beiten. Die Behörde ist deshalb folgenden Grundsätzen fung bestimmter Personengruppen – zeitlich nicht befris- und Zielen verpflichtet: tet. Die Schwerpunkte der Arbeit der BStU werden sich gleichwohl im Laufe der Zeit wandeln. Dienstleistungsorientierung – Anträge und Anfragen werden nach den weiterhin gel- – Wichtigste Partner der BStU sind die Menschen und tenden hohen Standards noch auf viele Jahre zu bear- Institutionen, die sich mit Anträgen oder Fragen an sie beiten sein. Angesichts sinkender Mitarbeiterzahlen wenden. Sie werden auf die bestmögliche Weise bera- und höheren Rechercheaufwands infolge fortschrei- ten, betreut und informiert. tender Erschließung der Unterlagen liegt darin eine besondere Herausforderung. – Dem Prinzip der Bürgernähe entspricht die regionale Verankerung der Behörde. Die BStU geht auf Bürge- – Eine gleichermaßen anspruchsvolle Aufgabe der BStU rinnen und Bürger zu, um sie über ihre Arbeit und ist es, die Unterlagen des MfS vollständig zu erschlie- Dienstleistungsangebote zu informieren. ßen. Einen wachsenden Arbeitsaufwand wird die Be- standserhaltung der Unterlagen beanspruchen. – Insbesondere im Interesse Betroffener ist die strikte Be- achtung der Persönlichkeitsrechte von großer Bedeu- – Die Forschungsarbeit der BStU zu Struktur, Methoden tung. Trotz der damit verbundenen Einschränkungen und Wirkungsweise des Staatssicherheitsdienstes hat bemühen sich die Beschäftigten, Verfahren zu verein- zu einem breit gefächerten Spezialwissen geführt, das fachen und Regelungen transparent und verständlich zu der Öffentlichkeit, wissenschaftlichen Institutionen machen. und Bildungseinrichtungen zur Verfügung steht. Die- ses Angebot wird kontinuierlich weiterentwickelt. – Die gesetzlichen Aufgaben und Ziele der BStU wer- den von allen Beschäftigten professionell, sachkundig – Eine besondere Herausforderung ist auch künftig die und eigenverantwortlich in der praktischen Arbeit um- Arbeit in und mit Schulen oder Bildungseinrichtun- gesetzt. gen. Sowohl das Wissen über die Bedeutung von Ge- heimdiensten in Diktaturen als auch die Beschäftigung Führung und Kommunikation mit Widerstand und Zivilcourage muss dauerhaft zum Bildungsauftrag gehören. – Respekt, Offenheit und Kooperation sind unerlässlich für den Umgang miteinander. Dies gilt insbesondere – Für die BStU als bürgernahe Behörde spielt ihre regio- für das Verhalten von Vorgesetzten gegenüber den Be- nale Verankerung eine wichtige Rolle. Anpassungen schäftigten in ihrem Verantwortungsbereich. Die der Behördenstruktur, mit denen auf veränderte Auf- Gleichstellung von Frauen und Männern ist gemeinsa- gabenschwerpunkte und verringerten Personalbestand mes Anliegen aller Beschäftigten. reagiert wird, sollen die dezentrale Struktur der Be- hörde für die Zukunft sichern. – Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden rechtzeitig über alles informiert, was sie zur Erfüllung ihrer Auf- – Mit wachsendem Forschungs- und Erkenntnisstand gaben benötigen. Dienstliche Anweisungen werden steigen auch die qualitativen Anforderungen an die ihnen gegenüber begründet. Anregungen und Kritik Behörde. Dies verlangt eine stärkere Vernetzung des werden als Möglichkeit wahrgenommen, Lösungen Fachwissens der verschiedenen Arbeitsbereiche. Aus für Fehler und Defizite zu finden. dem gleichen Grund fördert die BStU den Dialog und die Zusammenarbeit mit Institutionen, die sich der – Führungskräfte übernehmen bereitwillig Verantwor- Aufarbeitung von Diktaturen widmen. tung und entscheiden zügig. Sie beziehen die zuständi- gen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei Entscheidun- – Die Erfahrungen der BStU werden auch künftig inter- gen ein. Aufgaben werden soweit wie möglich national von Interesse sein. Mit der Osterweiterung delegiert, um die eigenständige Arbeit der Beschäftig- der Europäischen Union wachsen die Herausforderun- ten zu fördern. gen und Chancen einer grenzüberschreitenden Vernet- zung der Arbeit. Die BStU kooperiert künftig auch – Notwendige Veränderungen in der Organisation sowie stärker auf europäischer und internationaler Ebene. neue Anforderungen werden offen kommuniziert und als Weg gesehen, die Qualität der Arbeit zu verbessern Die Bedeutung der MfS-Archive reicht weit über das zeit- und für die Zukunft gerüstet zu sein. genössische Interesse hinaus. Als historisch einmaliger Bestand und als Gedächtnis der Stasi- und Diktaturge- 4. Unsere Zukunft schichte müssen sie in ihrer Gesamtheit erhalten bleiben. Die Unterlagen des MfS gehören zu den wichtigsten Die im Stasi-Unterlagen-Gesetz festgelegten Kernaufga- Grundlagen für die Aufarbeitung der jüngsten deutschen ben der BStU sind bis auf eine Ausnahme – die Überprü- Geschichte. – 86 –

Anhang 7

Künftige Regionalstruktur der BStU

Mecklenburg- Vorpommern

Bestände BV Rostock , Bestände BV Schwerin , Bestände BV Neubrandenburg Neubrandenburg

Brandenburg Zentralstelle

Berlin Frankfurt ()(Oder) Bestände MfS, Bestände BV Berlin, Bestände BV Potsdam Magdeburg

Bestände BV Frankfurt (Oder), Bestände BV Cottbus

Sachsen- Anhalt

Halle

Bestände BV Halle, Bestä Leipzig Sachsen Dresden

Thüringen Bestände BV Karl-Marx-Stadt

Chemnitz

Best nde BV Erfurt, Best nde BV Gera, Best nde BV Suhl Suhl

Legende Außenstelle (A) mit Außenstelle (B) Archivbeständen – 87 –

Anhang 8

Archivisch erschlossene Unterlagen – Stand: Juni 2005 –

– Zentralstelle – Unterlagen der Erschließungsstand2 Diensteinheiten1 lfd. M. lfd. M. % Erster Tätigkeitsbericht (1991 bis 1993) 28 120,0 3 193,0 11,4 Zweiter Tätigkeitsbericht (1993 bis 1995) 22 509,2 9 196,1 40,9 Dritter Tätigkeitsbericht (1995 bis 1997) 24 756,1 9 948,5 40,1 Vierter Tätigkeitsbericht (1997 bis 1999) 24 679,1 11 479,1 46,5 Fünfter Tätigkeitsbericht (1999 bis 2001) 24 591,2 12 822,8 52,1 Sechster Tätigkeitsbericht (2001 bis 2003) 24 603,9 13 801,1 56,1 Siebenter Tätigkeitsbericht (2003 bis 2005) 26 375,0 16 428,6 62,3

– Außenstellen – Unterlagen der Erschließungsstand2 Diensteinheiten1 lfd. M. lfd. M. % Erster Tätigkeitsbericht (1991 bis 1993) 40 545,0 10 691,0 26,4 Zweiter Tätigkeitsbericht (1993 bis 1995) 34 060,8 20 614,6 60,5 Dritter Tätigkeitsbericht (1995 bis 1997) 37 766,6 24 555,9 65,0 Vierter Tätigkeitsbericht (1997 bis 1999) 39 006,1 27 372,1 70,2 Fünfter Tätigkeitsbericht (1999 bis 2001) 39 645,6 29 900,3 75,4 Sechster Tätigkeitsbericht (2001 bis 2003) 39 761,1 30 560,3 76,9 Siebenter Tätigkeitsbericht (2003 bis 2005) 39 462,3 30 144,4 76,4 1 Schwankungen in den Bestandsumfängen resultieren u. a. aus einer Neuvermessung, aus Umlagerungen und Kartonierungen im Zuge der Er- schließung, der exakten Erfassung von Beständen, deren Umfang wegen unübersichtlicher Lagerung bisher nur annähernd bestimmt werden konnte, oder der Rückführung, Herausgabe und Kassation von Unterlagen. 2 Die Verlangsamung der Erschließung in Bezug auf frühere Tätigkeitsberichte erklärt sich dadurch, dass in den ersten Jahren des Bestehens der Behörde vorwiegend personenbezogene Unterlagen einschließlich dazugehöriger Karteien geordnet und nutzbar gemacht wurden und die inhalt- liche Erschließung zeitaufwändiger ist. – 88 –

Anhang 9 0,0 2,0 0,0 7,7 0,0 0,0 0,0 0,0 0,9 2,1 0,0 1,1 0,0 0,0 0,0 0,0 4,5 erschlossen davon rekonstruiert und davon rekonstruiert 2 zerrissenes Material 0,0 0,0 6,0 0,0 0,0 0,0 13,0 1,0 19,0 0,0 305,0 0,0 244,0 0,0 348,0 3,0 432,0 9,0 821,0 0,0 665,0 7,0 300,0 0,0 2 676,0 1,0 2 305,0 1,0 1 658,0 0,0 6 716,0 300,0 16 508,0 322,0 gesamt 4 70,7 66,3 77,8 94,1 81,1 77,7 61,3 76,6 81,2 84,2 78,1 84,7 72,7 72,5 54,5 62,3 100,0 46 würde. 550 lfd. M. ergeben Unterlagen der Diensteinheiten davon erschlossen Papier einen Umfang von ca. n Archiven der Bundesbeauftragten 844,2 844,2 2 174,9 441,5 1 1 026,8 798,8 2 544,8 393,9 2 1 175,4 953,0 5 071,9 942,7 3 3 655,7 241,4 2 4 482,9 434,0 3 2 313,7 877,8 1 1 571,6 323,5 1 1 571,5 228,1 1 3 362,0 849,0 2 5 348,0 889,0 3 3 190,0 312,0 2 1 128,8 615,4 (ohne 65 837,3 46 573,0 26 375,0 16 428,6 Material) insgesamt zerrissenes – Stand: Juni 2005 – – Stand: 1 1,9 0,0 0,8 0,9 4,3 0,4 0,0 0,0 0,2 0,0 0,2 0,2 0,1 0,1 0,0 3,4 11,0 - und Arbeitsfilmen, das auf im ungeordneten Bestand. davon erschlossen Erschließung von Schriftgut in de spezieller Datenträger 3 ger, wie Mikrofiches, Filme, Disketten usw. ger, (so genannte Bestände) re Schriftgut auf Sicherungs 1 582,4 3,8 47 870,2 886,1 lfd. M. lfd. M. % lfd. M. lfd. M. % M. lfd. lfd. M. % von der Abt. XII archivierte Ablagen von der Abt. XII archivierte insgesamt . 1 303,2 0,0 . Archive BV Cottbus BV Frankfurt (Oder) Schriftgut einschließlich spezieller Datenträ Schriftgut einschließlich Karteien des MfS und Personenbezogen nutzbar. Zu speziellen Informationsträgern siehe Anhang 10. Unberücksichtigt bleibt hierbei das nutzba Gesamt: Suhl . 1 316,9 0,0 Schwerin . 1 447,8 159,7 Rostock . 2 313,4 19,4 Potsdam . 2 164,1 18,9 Neubrandenburg Neubrandenburg . 1 472,0 64,0 Magdeburg Magdeburg . 1 842,6 6,5 Leipzig . 2 331,8 0,0 Halle . 2 400,0 0,0 Gera . 1 748,2 3,6 Frankfurt (Oder) . Erfurt . 1 455,8 3,5 Dresden . 3 283,1 4,7 Chemnitz . 4 409,2 2,5 Berlin . 1 142,4 0,0 Zentralstelle . 17 657,3 599,5 1 2 3 4 – 89 –

Anhang 10 113 377 2 529 sicherungskopiert 2 2 2 7. Tätigkeitsbericht Erschließungsstand sbereinigungen. er technisch geprüft, signiert und teilweise auf modernen Da- Rekonstruktion der auf den Datenträgern enthaltenen Datenban- Datenträger als archivisch erschlossen gelten, d. h. wenn die enthal- et. zur Kassation ausgesondert im Berichtszeitraum es im Zusammenhang mit Bestand der Zentralstelle und in den Außenstellen tzt wurden. Bisher wurden alle Datenträg zunächst der technisch sehr aufwändigen Zentralstelle in sinnvoller Weise darstellen, wenn die in sinnvoller Weise Außenstellen bearbeitet im Berichtszeitraum – Stand: Juni 2005– – Stand: t der Erschließungsergebnisse wird gearbeit t der Erschließungsergebnisse reten des Bewertungskatalog 6.Tätigkeitsbericht Erschließungsstand ojacket überliefert und beinhaltet auch Folien. Magnetplatten lässt sich erst quantitativ Kassationen nach In-Kraft-T nglich sind. Für die Nutzbarmachung bedarf es xe Datenbankanwendungen auf Großrechnern genu 9500000 883000045 ftigen Darstellung zu Quantität und Qualitä 9 90300002 227 90300002 9 600 000 663 373 665 10 141 458 1 721 73 026 382 607 9 541 0 0 82 567 3 Erschließung der speziellen Informationsträger in Anzahl (ca. Stück) 3 3 3 1 1 tionsträger tenträgern gesichert. An einer aussagekrä Ist als Rollfilm, Mikrofilm, Mikrofiche oder Mikr Reduzierung des Erschließungsumfangs durch Der Erschließungsstand von Magnetbändern und tenen Daten für den Nutzer gemäß StUG zugä tenen Daten für den Nutzer gemäß StUG ken, da vom MfS fast ausschließlich komple Art der Informa- FotopositiveFotonegative 360 000 859 209 798 22 389 19 213 268 2 164 KinefilmeTonträger 625 85 574 10 405 568 234 14 37 309 13 7 330 11 598 231 GesamtFotopositiveFotonegative 1 098 768 169 185 396 624 78 409 569 49 049 20 385 35 0 638 580 98 458 521 11 3 Magnetplatten000000 Gesamt 425 764 659 157 519 32 2 395 187 783 1 855 DiskettenMagnetbänder 926 7 486 0 0 486 3 948 KinefilmeTonträgerDiskettenMagnetbänder 262 73 580 329 2 3 379 216 202 2 842 37 0 2 261 27 0 960 3 226 202 441 75 1 220 DiasVideos 30 000 3 857Dias 28 015Videos 1 400 1 567 268 38 340 515 676 283 2 104 323 28 906 385 1 40 10 0 0 107 2 144 226 0 Magnetplatten 1 2 3 – 90 –

Anhang 11

Übersicht über die Größenordnung der Karteien in der Zentralstelle und in den Außenstellen – Stand: Juni 2005 –

lfd. M. Kartei1 Stückzahl1 Zentralstelle Gesamt ...... ca. 5 095 17 818 100 Außenstellen Berlin ...... ca. 80 326 000 Chemnitz ...... ca. 604 2 364 000 Dresden ...... ca. 721 3 058 000 Erfurt ...... ca. 695 1 582 000 Frankfurt (Oder) einschließlich Cottbus ...... ca. 460 1 680 000 Gera ...... ca. 455 1 085 000 Halle ...... ca. 869 2 313 000 Leipzig ...... ca. 720 3 340 000 Magdeburg ...... ca. 520 2 189 000 Neubrandenburg ...... ca. 215 850 000 Potsdam ...... ca. 454 1 814 000 Rostock ...... ca. 219 894 000 Schwerin ...... ca. 198 788 000 Suhl ...... ca. 404 1 346 000 Gesamt ...... ca. 6 614 23 629 000 BStU Insgesamt ...... ca. 11 709 41 447 100 1 Orientierungsgröße: 1 lfd. M. Kartei entspricht ca. 4 000 Karteikarten, sofern keine Anzahl bekannt ist. – 91 –

Anhang 12

Erschließung der Unterlagen der Diensteinheiten des MfS in der Zentralstelle – Stand: Juni 2005

Zentralstelle (Struktur 1989) UDE:26 375,0 lfd. M. ES :16 428,6 l fd. M. % 62,3 AE: 688 533 Minister für Staatssicherheit Bereiche der Stellvertreter des Ministers GU: 15 218,3 lfd. M. GU: 3 853,2 lfd. M. GU: 3 947,3 lfd. M. GU: 2 062,6 lfd. M. GU: 46,6 lfd. M. ES: 11 236,2 lfd. M. ES: 1 696,5 lfd. M. ES: 2 500,6 lfd. M. ES: 623,7 lfd. M. ES: 44,6 lfd. M. AE: 476 437 AE: 60 492 AE: 80 056 AE: 23 606 AE: 1 569 AGM Sekretariat Sekretariat Sekretariat Sekretariat Sekretariat des Ministers MittigNeiber Schwanitz Großmann U: 135,1 lfd. M. U: 97,0 lfd. M. U: 8,7 lfd. M. U: 34,3 lfd. M. U: 0,9 lfd. M. zur Zeit keine ES: 85,4 lfd. M . ES: 97,0 lfd. M. ES: 8,7 lfd. M. ES: 34,3 lfd. M. ES: 0,9 lfd. M. Unterlagen AE: 2 544 AE: 2 675 AE: 239 AE: 1 002 AE: 86 nachweisbar ZAIG Wachregiment VRD 1 HA I HA III HV A U: 1 551,0 lfd. M. U: 837,4 lfd. M. U: 1 418,5 lfd. M. U: 783,1 lfd. M. U: 676,6 lfd. M. U: 46,6 lfd. M. ES: 964,2 lfd. M. ES: 9,0 lfd. M. ES: 221,5 lfd. M. ES: 495,6 lfd. M. ES: 450,1 lfd. M. ES: 44,6 lfd. M. AE: 95 961 AE: 527 AE: 6 336 AE: 15 791 AE: 15 126 AE: 1 569 BdL Abt. XII HA XVIII HA VI OTS U: 479,3 lfd. M. U: 2 818,4 lfd. M. U: 793,1 lfd. M. U: 680,5 lfd. M. U: 503,8 lfd. M. ES: 232,2 lfd. M. ES: 2 795,1 lfd. M. ES: 315,1 lfd. M. ES: 471,7 lfd. M. ES: 50,1 lfd. M. AE: 19 841 AE: 7 790 AE: 16 616 AE: 15 873 AE: 2 433 HA KuS ch Abt. XIII HA XIX HA VII Abt. Nachrichten U: 2 198,6 lfd. M. U: 247,6 lfd. M. U: 325,1 lfd. M. U: 520,1 lfd. M. U: 395,7 lfd. M. ES: 1 901,5 lfd. M. ES: 117,0 lfd. M. ES: 183,5 lfd. M. ES: 352,9 lfd. M. ES: 8,4 lfd. M. AE: 95 630 AE: 5 901 AE: 5 109 AE: 5 958 AE: 431 HA II Rechtsstelle HA XX HA VIII Abt. XI U: 1 641,8 lfd. M. U: 36,7 lfd. M. U: 1 098,1 lfd. M. U: 836,3 lfd. M. U: 232,7 lfd. M. ES: 1 179,3 lfd. M. ES: 36,7 lfd. M. ES: 790,1 lfd. M. ES: 440,2 lfd. M. ES: 53,0 lfd. M. AE: 71 409 AE: 1 258 AE: 23 115 AE: 8 886 AE: 1 078 HA IX ZMD ZAGG HA XXII Abt. BCD U: 1 427,1 lfd. M. U: 1 112,6 lfd. M. U: 47,3 lfd. M. U: 454,3 lfd. M. U: 109,2 lfd. M. ES: 1 271,5 lfd. M. ES: 874,8 lfd. M. ES: 41,0 lfd. M. ES: 270,2 lfd. M. ES: 48,6 lfd. M. AE: 54 127 AE: 47 234 AE: 3 176 AE: 12 204 AE: 3 830 Abt. X JHS AG BKK ZKG Abt. 26 U: 158,0 lfd. M. U: 180,2 lfd. M. U: 53,1 lfd. M. U: 423,9 lfd. M. U: 143,7 lfd. M. ES: 158,0 lfd. M. ES: 180,2 lfd. M. ES: 45,4 lfd. M. ES: 347,3 lfd. M. ES: 12,6 lfd. M. AE: 1 727 AE: 37 067 AE: 2 092 AE: 16 633 AE: 622 Abt. XIV Abt. M ZOS AG XVII U: 153,6 lfd. M. U: 670,6 lfd. M. U: 109,3 lfd. M. U: 214,9 lfd. M. ES: 137,2 lfd. M. ES: 635,5 lfd. M. ES: 91,2 lfd. M. ES: 88,5 lfd. M. AE: 16 865 AE: 1 236 AE: 3 809 AE: 3 709 Abt. Finanzen U: 948,7 lfd. M. Arbeitsgebiet 1 der Kriminalpolizei - U: 0,4 lfd. M. ES: 0,4 lfd. M. AE: 7 ES: 449,8 lfd. M. AE: 5 611 Personendossiers BdZL SV Dynamo (aus allen Diensteinheiten) - U: 109,1 lfd. M. ES: 109,1 lfd. M. AE: 9 418 U: 0,3 lfd. M. ES: 0,3 lfd. M . Partei- u. Massenorgnisationen im MfS AE: 20 - SED-Kreisleitung - U: 188,9 lfd. M. ES: 188,9 lfd. M. AE: 12 019 HA PS U: 524,3 lfd. M. AP der sog. 92er Reihe - U: 648,8 lfd. M. ES: 0 lfd. M. AE: 0 ES: 111,7 lfd. M. AE: 9 014 Kartensammlung - U: 215,0 lfd. M. ES: 28,6 lfd. M. VE: 24 929

Formularsammlung - U: 84,8 lfd. M. ES: 0 lfd. M. AE: 0

UDE - Schriftgut aller Diensteinheiten und so genannte dezentrale Karteien einschließlich Bild- und Tonträgern im unerschlossenen Bestand GU - Gesamtumfang der Teilbestände im Verantwortungsbereich (ohne vom MfS archivierte Unterlagen) U - Umfang des Teilbestandes an Schriftgut und so genannten dezentralen Karteien einschließlich Bild- und Tonträgern im unerschlossenen Bestand ES - Erschließungsstand AE/VE - Akteneinheiten bzw. Verzeichnungseinheiten 1 - einschließlich VEB Spezialhochbau - Teilbestand 100 % erschlossen – 92 –

Anhang 13

Revision der vom MfS archivierten Vorgänge der Operativen Hauptablage (MfS-Archivbestand 1)

Gesamtanzahl (AP, AOP, AOPK, AKK, AU, AIM, AGMS, AZI, AAW, AOibE; siehe Folgeseite) Jahrgang Soll Ist gelöscht und kassiert1 Vorgänge Bände Vorgänge Bände Vorgänge Bände 1950 5 5 5 5 0 0 1951 588 1 194 434 944 154 250 1952 1 472 3 294 1 218 2 537 252 726 1953 3 508 6 260 3 063 4 689 444 1 547 1954 4 568 11 239 3 890 6 831 677 4 390 1955 7 959 11 520 6 557 9 451 1 392 2 050 1956 23 304 29 704 15 147 21 063 8 129 8 606 1957 21 086 30 662 17 896 25 716 3 161 4 900 1958 15 055 25 937 10 355 19 785 4 659 6 082 1959 11 983 18 504 7 778 13 899 4 191 4 588 1960 16 784 23 985 10 951 17 746 5 809 6 215 1961 18 822 28 544 16 656 25 692 2 140 2 826 1962 22 180 34 491 19 859 31 284 2 328 3 194 1963 20 439 31 710 18 430 28 588 2 009 3 115 1964 18 605 27 423 17 377 25 201 1 228 2 221 1965 15 767 23 628 14 804 21 791 955 1 837 1966 13 632 21 714 12 951 19 886 680 1 825 1967 11 909 18 880 9 806 16 032 2 103 2 848 1968 12 331 19 863 9 906 16 522 2 402 3 281 1969 14 793 25 720 10 935 20 458 3 858 5 262 1970 11 937 19 884 11 162 17 943 774 1 940 1971 11 190 17 820 10 363 15 899 824 1 918 1972 12 879 19 000 12 044 17 383 822 1 585 1973 14 979 21 292 14 308 19 935 672 1 359 1974 13 183 19 560 12 739 18 427 532 1 126 1975 15 285 22 713 14 840 21 851 441 861 1976 16 391 21 988 15 990 21 230 401 761 1977 16 263 22 389 15 893 21 644 369 749 1978 16 765 23 090 16 430 22 415 334 672 1979 17 286 23 477 16 954 22 950 329 531 1980 27 901 35 649 26 025 32 413 1 868 3 235 1981 18 474 25 485 16 661 19 109 1 795 6 392 1982 18 617 26 340 16 453 20 608 2 153 5 750 1983 15 398 21 664 13 032 16 696 2 364 5 882 1984 16 530 23 864 14 736 19 522 1 788 4 364 1985 18 797 27 081 18 183 25 406 612 1 685 1986 13 426 20 478 13 147 19 694 279 790 1987 13 059 20 792 12 854 19 491 202 1 316 1988 12 896 19 918 12 734 18 237 149 1 700 1989 17 851 27 614 17 700 27 251 151 363 Gesamt 573 897 854 375 510 266 746 224 63 430 108 742 1 Vorgangs- und Bandangaben können voneinander abweichen, wenn nicht der gesamte Vorgang, sondern nur einzelne Bände eines Vorgangs ge- löscht oder kassiert wurden. – 93 –

n o c h Anhang 13

Revision der vom MfS archivierten Vorgänge der Operativen Hauptablage (MfS-Archivbestand 1) Aktenkategorien im Einzelnen

Gesamtanzahl der einzelnen Aktenkategorien Aktenkategorien Soll Ist gelöscht und kassiert1 Vorgänge Bände Vorgänge Bände Vorgänge Bände AP 1952–1989 Allgemeine Personenablage, Ma- terial zu ehemals in Sicherungs- vorgängen erfassten Personen bzw. anderes allgemeines Material über Personen 224 663 226 809 184 123 186 017 40 434 40 596 AOP 1950–1989 Archivierte operative Vorgänge 20 325 36 907 19 808 33 332 511 3 634 AOPK 1972–1989 Archivierte operative Personen- kontrollakten 21 476 24 888 19 448 22 652 2 020 2 237 AKK 1974–1989 Archiviertes Material zu ehemals KK (Kerblochkartei)-erfassten Personen 32 179 32 719 30 252 30 796 1 922 1 924 AU 1950–1989 Archivierte Untersuchungs- vorgänge 17 548 79 342 16 592 76 953 950 2 217 AIM 1951–1989 Archivierte IM (Inoffizielle Mit- arbeiter)-Vorgänge bzw. IM-Vorläufe 226 898 421 959 210 636 366 270 16 211 56 597 AGMS 1969–1989 Archivierte GMS (Gesellschaftli- che Mitarbeiter für Sicherheit)- Akten 29 677 30 289 28 400 28 982 1 260 1 302 AZI 1981–1989 Archivierte ZI (Zelleninforma- toren)-Akten 316 632 311 511 3 116 AAW 1979–1989 Archivierter (abgelehnter) Antrag auf Wiederaufnahme zu ständi- gem Wohnsitz in der DDR 667 672 548 553 119 119 AOibE 1987–1989 Archivierte Akten zu Offizieren im besonderen Einsatz 148 158 148 158 0 0 Gesamt 573 897 854 375 510 266 746 224 63 430 108 742 1 Vorgangs- und Bandangaben können voneinander abweichen, wenn nicht der gesamte Vorgang, sondern nur einzelne Bände eines Vorgangs ge- löscht oder kassiert wurden. – 94 –

Anhang 14

Ergebnisse der Rekonstruktion von Teildatenbanken Einschränkend muss allerdings gesagt werden, dass nicht des DV-Projektes SIRA der HVA alle Datensätze vollständig wiederhergestellt werden konnten. Dies ist darin begründet, dass die rekonstruier- Mit dem vorläufigen Abschluss der Rekonstruktion des ten Daten zum überwiegenden Teil aus technischen Hilfs- DV-Projektes SIRA (System der Informationsrecherche dateien (Indexdateien) des Originalsystems stammen, die der HVA) bieten die in den einzelnen Teildatenbanken nur bestimmte Merkmale enthalten. Trotzdem lassen sich enthaltenen Daten mit den entsprechenden Recherche- mit diesen Merkmalen Aussagen über Quellen, Zeit- möglichkeiten einen recht genauen Überblick über die räume, Themen, Ziele und Informationsflüsse der Wirt- Leistungsfähigkeit des Spionageapparates der HVA. schafts- und Industriespionage der HVA machen. In den SIRA-Teildatenbanken 11 bis 14 erfasste die HVA im Wesentlichen alle Informationen, die sie im Teildatenbank 12 – Abteilung VII Rahmen ihrer Spionagetätigkeit beschaffte. So stehen al- lein für den Informationstyp Eingang insgesamt ca. Die zentrale Auswertungsabteilung der HVA, die Abtei- 450 000 Datensätze mit Nachweisen über die von den lung VII, war gemäß Dienstanweisung der HVA 1/88 zu- „Quellen“ der HVA, von Abwehr-Diensteinheiten des ständig für „Informationen zu außenpolitischen, innenpo- MfS (Anteil ca. 1 Prozent) und von „befreundeten“ Ge- litischen, wirtschaftspolitischen, militärpolitischen und heimdiensten (Anteil ca. 11 Prozent) im „Operationsge- militärischen Problemen bzw. Vorgängen des Operations- biet“ beschafften Informationen (Dokumente, Berichte gebietes“. und Muster) für Recherchen zur Verfügung. In der Teildatenbank 12 wurden hauptsächlich Nachweise Die SIRA-Teildatenbank 21 weist die nach der Aktenord- über die zur Auswertung bei der Abteilung VII einge- nung der HVA 1/84 definierten und registrierten Vor- reichten Informationen zu den o. g. Themen gespeichert gänge nach und ermöglicht dadurch Aussagen über die (Informationstyp: Eingang). Hier finden sich also Nach- Anzahl der Vorgänge, die die HVA zu einem bestimmten weise über die Kernbereiche der Spionage. Zusätzlich Zeitpunkt führte. sind Nachweise über die von der Abteilung VII anhand der beschafften Unterlagen erarbeiteten Informationen für Teildatenbank 11 – Abteilung V (SWT) Partei und Regierung enthalten (Informationstyp: Aus- gang). Die Auswertungsabteilung des für Wirtschafts- und In- dustriespionage zuständigen Sektors Wissenschaft und Folgende Daten stehen derzeit in der Teildatenbank 12 Technik der HVA (SWT) war gemäß Dienstanweisung zur Verfügung: der HVA 1/88 zuständig für „Informationen über wissen- schaftlich-technische und militärtechnische Forschungs- Eingangsinformationen: 163 319 ergebnisse, verfahrenstechnische und technologische Er- Ausgangsinformationen: 20 368 kenntnisse aus Objekten des Operationsgebietes sowie die in diesem Zusammenhang beschafften Muster“. Die Datenüberlieferung ist bis zum Ende des Jahres 1987 vollständig. Für die Jahre 1988 und 1989/90 ist nur eine In der Teildatenbank 11 wurden demnach hauptsächlich sehr kleine Menge von Informationen erhalten geblieben: die Nachweise über die zur Auswertung bei der 2 441 Eingangs- und 671 Ausgangsinformationen. Die Abteilung V eingereichten Informationen (Dokumente, Gesamtzahl für diese Zeit dürfte im Original bei rund Berichte und Muster) aus der Industriespionage gespei- 25 000 Informationen gelegen haben. chert (Informationstyp: Eingang). Zusätzlich sind Nach- weise über Beschaffungsaufträge aus der Industrie (Infor- Die Datenrekonstruktion für die Teildatenbank 12 ist ab- mationstyp: Beauftragung) enthalten sowie die vom SWT geschlossen, es ist kaum damit zu rechnen, dass noch anhand der beschafften Unterlagen erarbeiteten themati- weitere Daten aufgefunden werden. Die rekonstruierten schen Fachinformationen nachgewiesen (Informations- Informationen enthalten alle Merkmale des Originals. typ: Ausgang). Eine Einschränkung auf bestimmte Merkmale besteht hier nicht. Folgende Daten stehen derzeit in der Teildatenbank 11 zur Verfügung: Eingangsinformationen: 204 820 Teildatenbank 13 – Abteilung VI/B/3 Ausgangsinformationen: 1 927 Beauftragungsinformationen: 9 614 Im Referat 3 des Bereichs B der Abteilung VI liefen alle Informationen zusammen, die für die Planung und Absi- Für die Zeit bis ca. September 1989 sind alle Datensätze cherung von Spionageeinsätzen der HVA im „Opera- der Teildatenbank 11 überliefert. Die Gesamtzahl der Da- tionsgebiet“ benötigt wurden. Dazu gehörten Informatio- ten im Original dürfte 1989/90 nur geringfügig größer ge- nen über westliche Grenzkontrollen ebenso wie Angaben, wesen sein. Die Datenrekonstruktion ist abgeschlossen, die für den Einsatz gefälschter Ausweise und Reisepässe es ist kaum damit zu rechnen, dass noch weitere Daten im Westen benötigt wurden. Die HVA sprach von der aufgefunden werden. „Aufklärung der Regimeverhältnisse“. – 95 –

n o c h Anhang 14

Die Abteilung VI war gemäß Dienstanweisung der HVA und der Sicherung der operativen Arbeit im und nach dem 1/88 zuständig für „Informationen zum Rechts- und Ver- Operationsgebiet dienen“. waltungsregime, zur Sicherung des grenzüberschreiten- den Reiseverkehrs und des allgemeinen Aufenthalts- und Die Teildatenbank 14 enthält zum einen Nachweise der Bewegungsregimes sowie zum personenbezogenen Aus- zum o. g. Bereich der Gegenspionage bei der Abteilung weis- und Dokumentenregime unter besonderer Beach- IX/C eingereichten Informationen (Informationstyp: Ein- tung der EDV-Anwendung und des Datenverbundes des gang), zum anderen wurden hier Informationen über Per- Operationsgebietes“. sonen gespeichert, die das MfS gegnerischen Geheim- diensten zuordnete (Informationstyp: Person). Außerdem In der Teildatenbank 13 wurden Nachweise über die zur sind Objekte (Behörden, Firmen u. ä.) nachgewiesen, die Auswertung bei der Abteilung VI/B/3 eingereichten In- gegnerischen Geheimdiensten zugeordnet wurden (Infor- formationen zu den Regimeverhältnissen des Operations- mationstyp: Objekt) sowie Nachweise über Informatio- gebiets gespeichert (Informationstyp: Eingang). nen gespeichert, die auf der Grundlage der beschafften Unterlagen erarbeitet und an andere MfS-Abteilungen Zum Teil ging die Speicherung hier über den alleinigen oder befreundete Geheimdienste weitergegeben wurden Nachweis einer Information hinaus. Es wurden auch kon- (Informationstyp: Ausgang). krete Angaben zu bestimmten Sachverhalten erfasst. So kann zum Beispiel beschrieben sein, welche Dokumente Folgende Daten stehen derzeit in der Teildatenbank 14 bei einer Hotelanmeldung in der Bundesrepublik vorzule- zur Verfügung: gen waren oder ob ein Hotelzimmer unbeobachtet betre- ten bzw. verlassen werden konnte. Eingangsinformationen: 46 479 Ausgangsinformationen: 45 In der Teildatenbank 13 stehen derzeit 38 301 Eingangs- Personeninformationen: ca. 77000 informationen zur Verfügung. Bei der Teildatenbank 14 entspricht die rekonstruierte Wie viele Datensätze die Teildatenbank 13 im Original- Menge an Eingangsinformationen ungefähr der des Origi- system der HVA enthielt, kann gegenwärtig nicht ein- nals, wobei auch hier gilt, dass aus dem Jahr 1989 nur deutig festgestellt werden, da die wenigen vorliegenden eine relativ geringe Zahl von Informationen überliefert ist Zahlen widersprüchlich sind. Zum einen ist für 1988 von und auch die Überlieferung für 1988 nicht vollständig ist. ca. 60 000 Informationen die Rede, zum anderen nennt Eine nicht genau bekannte Anzahl von Informationen aus eine technische Dokumentation der HVA 37 198 Daten- den 70er Jahren wurde offenbar schon bei der Datenkon- sätze. vertierung durch die HVA Ende der 80er Jahre nicht wei- terverarbeitet. Ob eine im Archiv vorhandene Datei aus Für die Jahre 1988/89 ist nur eine relativ geringe Zahl dieser Zeit noch für die Rekonstruktion nutzbare Daten von Informationen überliefert, hier dürfte die Anzahl im enthält, wird zurzeit geprüft. Original auf jeden Fall deutlich größer gewesen sein. Die Rekonstruktion der Teildatenbank 14 ist weitgehend Die Datenrekonstruktion für die Teildatenbank 13 ist wei- abgeschlossen. Auch hier gilt die Einschränkung, dass testgehend abgeschlossen. nicht alle Datensätze vollständig wiederhergestellt wer- Es gilt die schon bei der Teildatenbank 11 gemachte Ein- den konnten. Die noch vorhandenen Merkmale lassen schränkung, dass nicht alle Datensätze vollständig wieder auch Aussagen über Quellen, Zeiträume, Themen, Ziele hergestellt werden konnten. Die überlieferten Merkmale und Informationsflüsse zu. erlauben auch hier noch Aussagen über Quellen, Zeit- räume, Themen, Ziele und Informationsflüsse. Teildatenbank 21 – Referat 7 (R) des Stabs Teildatenbank 14 – Abteilung IX/C Das Referat 7 des Stabs der HVA war die zentrale Regis- tratur für Personen und Vorgänge der HVA. Auch das Der Bereich C der HVA-Abteilung IX war für die Aus- Archiv der HVA wurde hier betreut. Die Bezeichnung wertung der Informationen aus dem Bereich der Gegen- „Referat R“ wurde – obwohl längst durch die Bezeich- spionage zuständig. Gegenspionage, also das Eindringen nung Referat 7 abgelöst – von vielen HVA-Mitarbeitern in gegnerische Geheimdienste und andere Sicherheitsbe- weiter genutzt. hörden, wurde im Sprachgebrauch der HVA auch als „Äußere Abwehr“ bezeichnet. Gemäß der Dienstanwei- Im Referat 7 wurden die beiden Hauptkarteien F 16 und sung 1/88 war die Abteilung IX/C zuständig für „Infor- F 22 geführt. In der Personenkartei F 16 erfasste die mationen über Tätigkeit, Erkenntnisse, Objekte, Personal HVA praktisch alle Personen, für die sie sich in irgendei- und Agenten feindlicher Spionage- und Abwehrorgane, ner Weise interessierte. In der Vorgangskartei F 22 wur- über die geheimdienstliche Nutzung anderer Einrichtun- den alle registrierten Vorgänge nachgewiesen, ohne je- gen und Organisationen sowie zu geheimdienstlichen An- doch den Namen der erfassten Personen zu nennen. griffen gegen die DDR und die sozialistische Staatenge- Verbindungsstück zwischen beiden Karteien ist die Re- meinschaft, einschließlich Informationen, die dem Schutz gistriernummer, deren Vergabe für die Erfassung von – 96 – n o c h Anhang 14

Vorgängen ab einer bestimmten Bedeutung zwingend ten Zentralen Objekt- und Personendatenbank (ZOPA) vorgeschrieben war. der HVA. Im Gegensatz zum SIRA-System konnte die ZOPA von der HVA nicht mehr vollständig aufgebaut In der Teildatenbank 21 wurden die Daten der Kartei F 22 werden. elektronisch erfasst (Informationstyp: V). Das bedeutet, dass hier unter anderem alle Inoffiziellen Mitarbeiter re- In der Teildatenbank 21 stehen derzeit 63 188 Vorgangs- gistriert sind, die zwischen 1960 und 1989 für die HVA informationen zur Verfügung. Die Datenüberlieferung im Einsatz waren, allerdings nur mit ihrem Decknamen spiegelt damit den Stand des Originals bis zum Mai/Juni und ihrer Registriernummer. 1989 wider. Obwohl die Teildatenbank 21 aus technischer Sicht Teil Die Rekonstruktion der Teildatenbank 21 ist weitestge- desselben EDV-Systems wie die anderen Teildatenbanken hend abgeschlossen. Für einen Teil der rekonstruierten war, unterscheidet sie sich grundsätzlich von diesen. Sie Daten gilt wiederum die Einschränkung, dass innerhalb gehörte formal nicht zum SIRA-System, das Arbeitser- der Informationen bestimmte Merkmale nicht rekonstru- gebnisse der Spionage verwaltete, sondern zur so genann- iert werden konnten. – 97 –

Anhang 15

Kurzbericht der Forschungsgruppe „Rosenholz“ geklärt werden müssen und bis auf weiteres 436 zu den Dateien der HVA (0,15 Prozent) wegen Unlesbarkeit abschließend nicht zu entziffern sind. Als die Faksimiles in den USA von den Bei den „Rosenholz“-Unterlagen handelt es sich um mi- mikroverfilmten Personenkarteikarten erstellt wurden, kroverfilmte Karteien und Statistikbögen der Haupt-ver- nutzte man – insbesondere, wenn diese schwer zu entzif- waltung Aufklärung des MfS, die auf nicht bekanntem fern waren – ein technisches Optimierungsprogramm, das Weg in die USA gelangten. Nach langwierigen Verhand- Buchstaben und Zahlen deutlicher machen sollte; mitun- lungen der Bundesregierung mit den zuständigen Stellen ter aber auch mit der Folge, dass diese verändert wurden. in den USA wurden die Unterlagen mit deutschen Bezü- Solche Faksimiles können von der BStU sicher identifi- gen bis Mai 2003 schrittweise an die BStU zurückgeführt. ziert werden. Im Juni 2003 wurde deren Einstufung als „Geheime Ver- schlusssache“ aufgehoben. Bei der Rückführung der „Ro- 293 114 Datensätze der Personenkartei konnten festge- senholz“-Unterlagen wurden nicht die ursprünglichen stellt werden, von denen 13 696 Mehrfacherfassungen Filme zurückgegeben, sondern auf CD-ROM gescannte sind. Bei Doppelnamen liegt zudem eine Hinweiskarte Abbilder der Unterlagen (so genannte Bilddatei) und ein vor, auf der jeweils der zweite Teil des Nachnamens auf dazu entwickeltes Recherchesystem (so genannte Recher- den ersten verweist; 2 880 solcher Hinweiskarten können chedatei). Insgesamt wurden 381 CD-ROM mit rund nachgewiesen werden. Mithin ist von rund 277 000 er- 290 000 Datensätzen der Personenkartei (F 16) der HVA, fassten Personendaten auszugehen. Darunter befinden rund 57 400 Datensätzen der Vorgangskartei (F 22) der sich auch fiktive Personendaten und echte Angaben zu HVA, rund 2 800 Karteikarten der Arbeitskartei und etwa Unbeteiligten, die für gefälschte Ausweise verwendet 2 000 Datensätzen der so genannten Statistikbögen von wurden. 55 Prozent der Faksimiles weisen einen bundes- der BStU übernommen. Angesichts zahlreicher Fragen in deutschen und 39 Prozent einen DDR-Bezug auf; bei diesem Zusammenhang wurde im Juli 2003 die For- rund 6 Prozent ist keine Angabe zur Staatsbürgerschaft schungsgruppe „Rosenholz“ eingerichtet. Sie befasste oder zum Wohnort enthalten. sich bis Februar 2005 vor allem mit der Aussagekraft die- 12 379 Personenkarteikarten weisen keine Registriernum- ser Dateien. mer auf (etwa bei der Vorgangsart Operative Personenkon- trolle, die mitunter zeitweise als IM-Vorlauf verwendet wurde). Insoweit hierzu keine anderen Überlieferungen Personenkartei bei der BStU vorhanden sind, ist eine nähere Spezifizie- In der Personenkartei erfasste die HVA – wie auch das rung des Verhältnisses der jeweils verzeichneten Person MfS im Allgemeinen – Daten von Personen, die für sie zur HVA nicht möglich. Gleiches gilt für jene 201 Perso- von Interesse waren. Sie enthält in der Regel die Grund- nenkarteikarten, deren Vorgänge vor 1960 endeten und in daten einer Person, die zuständige Diensteinheit, den Na- der Folgezeit keine Registriernummer zugewiesen beka- men des vorgangführenden Mitarbeiters, die Registrier- men. nummer, aber grundsätzlich keine Angaben zum Grund Die 2 800 Karteikarten umfassende Arbeitskartei enthält der Registrierung oder der Beziehung zur HVA bzw. Angaben zu hauptamtlichen Mitarbeitern der HVA, ihren zum MfS. Die Kartei erfasst den Zeitraum von Herbst Diensteinheiten und Mitarbeiternummern. 1951 bis Januar 1988; mithin liegen in „Rosenholz“ An- gaben zu erst in den Jahren 1988 und 1989 registrierten Personen nicht vor. Die verfilmte Personenkartei bildet Vorgangskartei somit lediglich eine Momentaufnahme ab. Da kontinuier- lich Daten zu Personen in der Kartei ergänzt und gelöscht Mithilfe der Registriernummer kann eine Verbindung zur worden sind, konnte sie weder zu diesem noch zu einem Vorgangskartei (F 22) hergestellt werden. Während die früheren Zeitpunkt vollständig sein. Offenkundig wurden Personenkarteikarte in der Regel vom Vorgangsführer jedoch von der HVA nur Daten beispielsweise zu Ziel- ausgefüllt wurde, erfolgten die Eintragungen auf der Vor- oder Kontaktpersonen getilgt, nicht aber zu Inoffiziellen gangskarteikarte durch das Referat R der HVA, zustän- Mitarbeitern. dig für die Karteien, Aktenverwaltung, Auskunft und Sta- tistik. Diese enthält neben der Registriernummer u. a. Die Faksimiles selbst, so wie sie der BStU zugestellt wur- Angaben zur vorgangführenden Diensteinheit, zum je- den, enthalten überwiegend Personendaten mit deutschen weiligen Vorgangsführer, zu den angelegten Aktenbänden Bezügen; Daten mit ausländischen Bezügen wurden – von und ggf. die Archivsignatur. wenigen Ausnahmen abgesehen – nicht ausgehändigt. Da- tensätze im Buchstabenbereich La bis Li fehlen vollstän- In „Rosenholz“ sind 57 462 Datensätze zur F 22 ver- dig, soweit es sich nicht um Doppelnamen oder Angaben zeichnet, was nicht gleichbedeutend mit der tatsächli- zu den Hauptamtlichen, die ursprünglich in einer eigenen chen Anzahl der Karten F 22 ist. Mitunter hatte die Arbeitskartei eingestellt waren, handelt. HVA eine zweite F 22 angelegt, weil die erste keinen Platz für weitere Eintragungen bot. In Einzelfällen ist Die Faksimiles sind teilweise schwer lesbar, so dass im außerdem eine F 22 doppelt faksimiliert worden. Folg- Ergebnis einer Prüfung noch 15 796 (5 Prozent) eindeutig lich fällt die tatsächliche Anzahl der F 22 geringer aus. – 98 – n o c h Anhang 15

Auch die Eintragungen in diese Kartei enden im Januar „Statistikbögen“ 1988. Demnach fehlen auch hier alle Angaben der Jahre 1988 und 1989. Innerhalb der HVA wurde eine Statistik geführt, die aus drei Teilen bestand. Der Teil A galt Bundesbürgern, die Die Vorgangskartei der HVA lässt – anders als die der für als IM oder Kontaktperson eingestuft wurden, der Teil B das restliche MfS zuständigen Abteilung XII – keine un- Ausländern und der Teil C DDR-Bürgern. Jeder dieser mittelbaren Rückschlüsse auf die Beziehung einer dort er- Statistikbögen erlaubt ein Porträt auf den ersten Blick. fassten Person zur HVA zu. Sofern vorhanden, gibt es in Ohne Nennung des Klarnamens sind unter anderem An- der Regel lediglich drei Anhaltspunkte auf eine mögliche gaben zu Deckname, Registriernummer, Alter, Kategorie, Beziehung: etwa das Kürzel „AIM“ vor der Archivsigna- Zugangsmöglichkeiten, Beschreibung des Arbeitsplatzes tur für archivierte IM-Vorgänge, weitergehend der Hin- und der Besitzverhältnisse verzeichnet. Aufgetragen ist weis auf eine Personal- und Arbeitsakte, der in der HVA auf diesen computerartigen „Statistikbögen“ auch die allerdings erst nach 1968 eingeführt wurde, sowie Ernstfallstufe („Situation“) – wahlweise „I“ bis „III“ –, schließlich Vermerke des Referats R, die erst in den 80er bis zu der mit dieser Person im jeweiligen Spannungsfall Jahren im Zuge der Einführung des „Systems der Infor- Kontakt unterhalten werden sollte. Das heißt, hier finden mationsrecherche der HVA“ (SIRA) aufgetragen und of- sich Vorgänge zu Personen, zu denen die HVA, wie es fenkundig allein auf der Basis der Eintragungen auf der heißt, auch im Spannungs- und Kriegsfall weiter Kontakt Vorgangskarteikarte selbst vorgenommen wurden. Ver- unterhalten wollte. merkt sind beispielsweise „IMA“ (d. h. IM-Akte A, die Personal- und Arbeitsakte getrennt vorsieht), „IMB“ Es sind 2 037 Datensätze zu 1 702 Statistikbögen des (d. h. IM-Akte B, die Personal- und Arbeitsakte vereint) Teils A der Statistik in „Rosenholz“ überliefert – sicher- usw., wobei der Eintrag „IMA“ nicht allein auf eine Be- lich nur ein Teil der seinerzeit vorhandenen. Der zuletzt ziehung als Inoffizieller Mitarbeiter, sondern auch auf verzeichnete Vorgang datiert vom November 1988; insge- eine Kontakt- und mitunter auch Zielperson verweist. samt sind 96 Bögen zu Vorgängen des Jahrganges 1988 erhalten geblieben, bei denen die zugrunde liegende Iden- Bei der HVA wurden unter einer Registriernummer oft- tität jedoch in der Regel mit den „Rosenholz“-Faksimiles mals mehrere Personen erfasst, sowohl der eigentliche IM nicht ermittelt werden konnte. In Verbindung mit der da- als auch Personen aus seinem Umfeld. Im Ergebnis einer zugehörigen Personen- und Vorgangskarteikarte lässt sich Stichprobe konnte festgestellt werden, dass für fast jeden allerdings grundsätzlich ein schlüssiges Bild zu der dort zweiten Vorgang (45 Prozent) nur eine Person, für drei verzeichneten Person ermitteln. Gleichwohl musste in Viertel der Vorgänge (76 Prozent) ein bis zwei Personen 19 Fällen eine zumindest um einen Zähler veränderte Re- erfasst sind. Selbst wenn in „Rosenholz“ lediglich eine gistriernummer sowie in vier Fällen eine unzutreffend Person für einen Vorgang verzeichnet ist, ist nicht ausge- verzeichnete Diensteinheit festgestellt werden. Somit be- schlossen, dass eine weitere dazu gehört, sei es, dass darf es selbst bei Vorliegen eines IM-Statistikbogens in diese in den Faksimiles zum fehlenden Buchstabenbe- jedem Fall ergänzender Überlieferungen oder Urkunden, reich La bis Li gehört, sei es, dass es sich um einen aus- um Feststellungen über die Tätigkeit als IM treffen zu ländischen Staatsbürger handelt, dessen Daten der BStU können. Das ist nicht gänzlich unmöglich, denn immerhin nicht zur Verfügung gestellt worden sind. Da bei der Er- sind etwa zehn Prozent der Vorgangsakten der HVA er- fassung von mehreren Personen unter der gleichen Regis- halten geblieben, teils, weil sie anderen Diensteinheiten triernummer der IM nicht sicher zu identifizieren ist, sind des MfS überlassen, teils, weil sie im Zentralarchiv des weitere Angaben unabdingbar. MfS abgelegt worden sind. – 99 –

Anhang 16

Virtuelle Rekonstruktion vorvernichteter Unterlagen den rekonstruierbaren Säcken befinden, Sack für Sack und Schicht für Schicht gescannt werden müssen. Es ist Skizze des technischen Verfahrens vorgesehen, die Schnipsel zuvor maschinell zu folieren, Derzeit setzt ein mit der manuellen Rekonstruktion der so dass drei bis fünf Einzelschnipsel je Folie fixiert wer- zerrissenen MfS-Unterlagen betrauter Mitarbeiter eine den. Erst dadurch können industrielle Hochleistungsscan- DIN-A4-Seite in durchschnittlich 35 Minuten zusammen, ner mit automatischem Einzug zum Einsatz kommen, die die in dreiviertel der Fälle aus maximal 20 Fragmenten pro Stunde bis zu 10 000 Folien verarbeiten. besteht. Die Rekonstruktion eines Sackes ergibt durch- schnittlich ca. 2 500 Seiten. Im Ergebnis stehen die eindeutig indizierten Images der Schnipsel auf ca. 38 000 DVD-Datenträgern für die virtu- Die als Prototyp vom Fraunhofer IPK entwickelte Soft- elle Rekonstruktion zur Verfügung. Der Zugriff auf die ware für die virtuelle Rekonstruktion stützt sich vornehm- Originalfragmente und die nachträgliche manuelle Re- lich auf die Papierfarbe und die geometrischen Eigenschaf- konstruktion bleibt für vereinzelte Bedarfsfälle, z. B. ge- ten der einzelnen Schnipsel, die einem Fingerabdruck richtliche Beweiszwecke, möglich. vergleichbar sind. Dabei werden die für jeden Schnipsel spezifischen Merkmale wie Ecken, Risslinien und die drei- Nach den vorliegenden Berechnungen des Fraunhofer dimensionalen Scherbereiche, die durch das Zerreißen ent- IPK ist es möglich, mindestens 80 Prozent der gesamten stehen, genutzt, um die passenden Schnipselnachbarn zu Schnipselmenge automatisch zu DIN-A4-Seiten zusam- finden. Weiterhin werden die Qualität des Papiers und die menzusetzen. Am Monitor müssen dann die restlichen, unterschiedlichen Beschriftungen in die Berechnungen nur zum Teil zusammengesetzten Seiten interaktiv er- einbezogen. In einem aufeinander aufbauenden Vergleich gänzt werden, wobei die Software verschiedene Varianten dieser Merkmale gelingt es, den Suchraum für die am ehes- anbietet. Nach einer Qualitätskontrolle werden die virtu- ten passenden Schnipselnachbarn schrittweise zu reduzie- ell rekonstruierten Seiten durch ein elektronisches Was- ren und die Rechenzeiten der parallel eingesetzten Pen- serzeichen vor manipulativen Veränderungen geschützt tium-4-Rechner einzugrenzen. und für die weitere Nutzung freigegeben. Das bedeutet, Darüber hinaus haben die bisherigen Erfahrungen mit der dass sie als Papier-Kopie ausgedruckt werden, um die manuellen Rekonstruktion gezeigt, dass die räumliche einzelnen Seiten inhaltlich zu ordnen und zu Akten und Nähe zusammengehöriger Dokumentenfragmente in ei- Vorgängen zusammenzuführen. Die Archivarinnen und nem Sack weitgehend erhalten geblieben ist, weil die Sä- Archivare können die Unterlagen dann zielgerichtet er- cke von den MfS-Mitarbeitern in der Regel kontinuierlich schließen. nacheinander gefüllt wurden. Dieser Umstand grenzt den Insgesamt würden ca. 54 Millionen virtuell rekonstruierte virtuellen Suchraum zusätzlich ein, weil zunächst in den Seiten als Rechner-Ausdrucke vorliegen. Das entspräche einzelnen Schichten eines Sackes und anschließend einem Zuwachs des Archivbestandes der BStU um schichtübergreifend gesucht werden kann. 6 600 lfd. Meter, die nach einer Grobsichtung gezielt, das Die Software setzt hochwertige Abbildungen der Vorder- heißt nach Prioritäten geordnet, erschlossen und damit für und Rückseite der einzelnen Schnipsel voraus. Das be- die Zwecke des Stasi-Unterlagen-Gesetzes genutzt wer- deutet, dass die ca. 600 Millionen Schnipsel, die sich in den könnten. – 100 –

Anhang 17 84 745 147 178 gesamt 203 486 104 067 216 080 Eingänge 1 730 052 1 014 355 2005 Juni) (Jan.– 656 129 198 5 749 934 599 7 043 3 209 404 892 05 274 169 648 85 026 095 071 3 t. ragseingänge (Zählung nur der beantragten Themen). 051 212 604 213 272 271 845 13 377 8 977 70 518 40 993 1 188 1 023 1 295 1 059 551 16 777 984 888 115 94 415 95 104 93 906 40 412 233 194 2 441 190 11 18 244 808 11 9 374 4 911 35 017 Personen verringer 000 2001 2002 2003 2004 22 305 15 304 17 213 11 10 046 7 107 6 841 4 670 3 402 1 725 Änderung der Erfassung Ant 3 10 266 4 343 4 723 1 513 5 600 5 560 997 71 262 63 293 63 609 82 976 84 156 33 562 650 8 166 4 792 3 235 4 711 1 919 731 5 202 4 093 3 405 7 137 2 218 1 722 753 – Stand: Juni 2005 – – Stand: 818 624 895 252 102 227 270 272 440 109 611 94 671 99 953 1 Ersuchen des Jahres 1999 um Eingang von Anträgen und Ersuchen r Antragseingänge bis 1995 und 995 1996/1997 1998/1999 2 364 223 578 122 116 56 117 18 642 15 74 693 99 414 259 393 181 681 518 374 021 331 046 287 900 118 dszählung wurde der Eingang an 75 2 293 3 733 2 192 2 166 1 202 1990/91 1992/1993 1994/1 1 2 Veränderungen gegenüber den Vorjahresstatistiken: Nacherfassung de gegenüber den Vorjahresstatistiken: Veränderungen der 2002 durchgeführten Bestan Im Ergebnis Ersuchen zur Überprüfung Dienstdurch den öffentlichen 343 519 822 Anträge auf Auskunft, Ein- sicht in und Herausgabe von Unterlagen durch Bürgerin- nen und Bürger Ersuchen zu Rentenangelegenheiten Anträge und Ersuchen gesamt 343 594 1 782 555 870 189 822 Ersuchen zu Sicherheitsüber- prüfungen 22 027 24 540 15 430 20 213 9 Anträge zum Zwecke der Forschung, der politischen Bildung, von Presse, Rund- funk und Film Sonstige Ersuchen öffentlicher Sonstige Ersuchen öffentlicher Stellen und nichtöffentlicher (z. B. zu parlamentarischen Mandatsträgern, Abgeord- kirch- neten, Privatwirtschaft, lichem Dienst, Notaren und Rechtsanwälten)Ersuchen gesamtAnträge zur Rehabilitierung 343 519 996 411 248 405 77 327 33 375 413 57 716 20 299 22 325 6 541 14 11 WiedergutmachungStrafverfolgung gesamtReha/WGM/StV 0 102 333 7 322 87 187 13 839 61 636 76 310 27 578 53 049 62 389 21 537 42 191 35 1 2 – 101 –

n o c h Anhang 17 samt gen ge- 5 577 992 Erledigun- 2005 Juni) (Jan.- 150 416 2004 abgearbeiteten Themen). 446 659 111 51 994 2 162 309 2003 709 2 391 2 684 1 510 207 440 448 242 771 241 079 1 233 1 275 1 395 613 14 600 gungen (Zählung nur der 2002 ung der Erledi 11 48511 19 852 12 914 9 886 4 834 145 116 ledigungen verringert. 2 132 915 022 117 033 118 284 119 93 721 3 008 819 9 649 8 438 5 474 2 515 3 637 4 290 198 724 11 81511 8 813 7 880 7 185 4 242 1 939 101 124 23 749 18 380 19 411 10 984 18 520 52 257 1 687 501 23 869 19 300 18 117 12 017 8 741 4 088 392 264 nderung der Erfass 811 3 869 3 503 3 528 2 441 1 815 639 83 700 284 158 251 144 698 126 076 111 806 331 575 298 039 262 479 104 829 94 612 72 285 91 620 87 241 32 340 977 478 s 2002 um 24 447 Er – Stand: Juni 2005 – – Stand: 45 996 37 171 8 185 6 984 6 1996/1997 1998/1999 2000 2001 Erledigung von Anträgen und Ersuchen der Erledigungen bis 1995 und Ä 243 369 469 298 566 148 12 3 185 1 948 2 492 1 333 1 126 128 639 889 157 026 77 157 230 082 442 078 446 188 364 dszählung wurde die Summe der Jahre 1992 bi 1990/91 1992/1993 1994/1995 1 2 Im Ergebnis der 2002 durchgeführten Bestan Im Ergebnis Nacherfassung gegenüber den Vorjahresstatistiken: Veränderungen Anträge zur RehabilitierungWiedergutmachungErmittlungsverfahren 25 865 27 358 8 871 4 331 44 847 10 907 5 50 963 20 530 23 482 Reha/WGM/StV gesamtReha/WGM/StV Anträge zum Zwecke der Forschung, der politischen 0Bildung, von Presse, Rund- funk und Film 75 043 89 228 75 397 66 464 Ersuchen zur Überprüfung Dienstdurch den öffentlichen 000 110 560 Ersuchen zu Rentenangele- genheitenErsuchen zu Sicherheitsüber- prüfungen Sonstige Ersuchen öffentlicher Stellen und nichtöffentlicher (z. B zu parlamentarischen Mandatsträgern, Abgeordne- ten, Privatwirtschaft, kirchli- chem Dienst, Notaren und Rechtsanwälten)Ersuchen gesamt 5 659 142 961 18 767 000 110 158 452 623 444 24 766 187 878 15 041 38 890 17 676 70 627 38 950 9 895 16 254 Anträge auf Auskunft, Ein- sicht in und Herausgabe von Unterlagen durch Bürgerin- nen und Bürger Anträge und Ersuchen gesamt 000 110 928 569 1 412 734 893 002 731 1 2 – 102 –

Anhang 18

Anträge von Bürgern auf Auskunft, Einsicht in und Herausgabe von Unterlagen Verteilung der Antragseingänge auf die einzelnen Bundesländer – Stand: Juni 2005 –

Bundesland Anträge davon Außenstellen Berlin – Zentralstelle 505 827 Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern 241 187 – Neubrandenburg 57 674 –Rostock 92 317 –Schwerin 91 196 Brandenburg 235 833 – Frankfurt (Oder) 131 644 –Potsdam 104 189 Sachsen-Anhalt 274 159 – Halle 117 160 –Magdeburg 156 999 Thüringen 379 089 – Erfurt 176 599 –Gera 104 268 –Suhl 98 222 Sachsen 597 099 – Chemnitz 236 669 –Dresden 198 178 –Leipzig 162 252 Gesamt BStU 2233194 – 103 –

Anhang 19

Statistische Gesamtauswertung der Bürgerumfrage Februar 2005

1. Wie wurden Sie auf die Möglichkeit der Antragstellung aufmerksam? Antworten 528 Eigeninitiative bzw. durch Hinweise von anderen Personen 357 67,6 % durch Presse, Rundfunk, Fernsehen 156 29,5 % sonstiges 15 2,8 % 2. War das Antragsformular aus Ihrer Sicht verständlich? Antworten 519 ja 499 96,1 % Erläuterungen könnten verbessert werden 19 3,7 % nein 1 0,2 % 3. In welcher Form haben Sie die Akteneinsicht wahrgenommen? Antworten 528 persönliche Einsicht in den Räumen der BStU 243 46,0 % Zusendung von Kopien 285 54,0 % 3.1. War dies für Sie ein geeignetes Verfahren? Antworten 520 ja 489 94,0 % nein 31 6,0 % 4. Wie lange dauerte die Wartezeit bis zur Akteneinsicht? Antworten 524 unter einem Jahr 150 28,6 % ein bis zwei Jahre 178 34,0 % zwei bis vier Jahre 196 37,4 % 5. Wie empfanden Sie diese Wartezeit? Antworten 523 als kurz 40 7,6 % als angemessen 308 58,9 % als sehr lang 175 33,5 % 6. Haben Sie in der Wartezeit nach dem Bearbeitungsstand gefragt? Antworten 527 ja, mehrfach 60 11,4 % ja, einmal 130 24,7 % nein 337 63,9 % 7. Waren die Informationen, die Sie bei Nachfragen während der Wartezeit erhielten, zufrieden stellend? Antworten 183 ja l00 54,6 % teilweise 54 29,5 % nein 29 15,8 % – 104 – n o c h Anhang 19

8. Wie bewerten Sie die Erreichbarkeit Ihrer Ansprechpartner bei der BStU? Antworten 391 gut 276 70,6 % zufrieden stellend 97 24,8 % schlecht 18 4,6 % 9. Wurden Sie von den Mitarbeitern der BStU gut beraten? (nur bei persönlicher Akteneinsicht in den Räumen der BStU) Antworten 240 ja 226 94,2 %. eine Beratung hielt ich nicht für erforderlich 11 4,6 % nein 3 1,3 % 10. Waren die Erläuterungen zu den übersandten Kopien für Sie verständlich? (nur bei Übersendung von Kopien) Antworten 279 ja 202 72,4 % könnten noch verbessert werden 60 21,5 % nein 17 6,1 % 11. Haben Sie sich nach dem Erhalt der Kopien mit der Bitte um weitere Erläuterun- gen an die BStU gewandt? Antworten 411 ja 101 24,6 % nein, war nicht nötig 200 48,7 % nein, wusste nicht, dass dies möglich ist 110 26,8 % 12. Wie haben Sie in Ihrem Fall – soweit vorgenommen – die Anonymisierungen (Schwärzungen) zum Schutze anderer Personen bewertet? Antworten 478 erforderlich 53 11,1 % überflüssig 254 53,1 % unverständlich 171 35,8 % 13. Hat der Inhalt der Stasi-Unterlagen Sie seelisch bewegt? Antworten 521 ja 208 39,9 % weniger 217 41,7 % gar nicht 96 18,4 % 14. Die Stasi-Unterlagen enthalten neben Bewertungen und Einschätzungen Darstel- lungen von Sachverhalten. Waren diese aus Ihrer Sicht wahrheitsgemäß darge- stellt? Antworten 508 im Wesentlichen ja 270 53,1 % teilweise 175 34,4 % nein 63 12,4 % – 105 –

n o c h Anhang 19

15. Haben Sie einen Antrag auf Decknamenentschlüsselung gestellt? Antworten 517 ja, auf einen Decknamen 41 7,9 % ja, auf mehrere Decknamen 111 21,5 % nein 365 70,6 % 16. Haben Sie vor oder nach der Einsicht in die Unterlagen andere Beratungsmöglich- keiten genutzt (z. B. Landes-Stasi-Beauftragte, Bürgerbüros u. a.)? Antworten 519 ja 17 3,3 % nein, war nicht erforderlich 228 43,9 % nein, sind mir nicht bekannt 274 52,8 % 17. Hat die Einsicht in die Unterlagen Ihre Erwartungen erfüllt? Antworten 522 ja 164 31,4 % teilweise 224 42,9 % nein 134 25,7 % 18. Ist das Kapitel „Staatssicherheit“ nach Ihrer Einsicht in die Unterlagen für Sie persönlich abgeschlossen? Antworten 524 ja 139 26,5 % im Großen und Ganzen ja 167 31,9 % nein 218 41,6 % 19. Würden Sie anderen Personen empfehlen, einen Antrag auf Akteneinsicht zu stel- len? Antworten 524 ja 445 84,9 % keine Meinung 61 11,6 % nein 18 3,4 % 20. Halten Sie die Aufgabe der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen künftig für wichtig? Antworten 525 ja 463 88,2 % keine Meinung 25 4,8 % nein 37 7,0 % Gesamteingänge 528 52,8 % Gesamtausgänge 1000 – 106 –

Anhang 20 2003 2004 2005 000 2001 2002 2003 2004 06/2005 § 34 § 32 – Zeitraum 1993 bis Juni 2005 Eingänge von Anträgen gemäß §§ 32 und 34 StUG 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 0 800 600 400 200 1800 1600 1400 1200 1000 § von Unterla- Verwendung 32 gen für die Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheits- dienstes§ von Unterla- Verwendung 34 gen durch Presse, Rundfunk und Film 542 580 944 587 1 685 533 881 577 602 584 480 618 476 651 488 659 551 594 529 711 429 654 584 357 405 194 – 107 –

Anhang 21

Antragseingänge und Erledigungen gemäß §§ 32 und 34 StUG – Stand: Juni 2005 –

§32 §34 Gesamt Gesamt Themenkomplexe erledigte erledigte erledigte Eingänge Anträge Anträge Anträge Wissenschaft/Wirtschaft 1778 699 759 1458 Bildung/Familie/Jugend/Sport/Medizin 1693 505 999 1504 Religion 1466 645 684 1329 Recht/Justiz/Polizei 892 394 389 783 Internationale Beziehungen 868 245 516 761 Politik/Parteien/Organisationen 2963 1313 1270 2583 Nationalsozialismus (NS) 1436 910 320 1230 Militär/Grenze/Republikflucht 972 350 458 808 MfS 1816 575 1091 1666 Kunst/Kultur/Medien 2379 912 1194 2106 Geheimdienste/Terrorismus 514 108 264 372 Gesamt 16 777 6656 7944 14 600

Grafische Darstellung – Eingänge gesamt nach Themen

Geheimdienste/ Terrorismus Wissenschaft/ Kunst/Kultur/ Wirtschaft Medien Bildung/Familie/ Jugend/Sport/ Medizin

MfS Religion

Militär/Grenze/ Republikflucht Recht/Justiz / Polizei NS Internationale Beziehungen Politik/Parteien/ Organisationen – 108 –

Anhang 22

Zuständigkeiten für die Bearbeitung von Anträgen für die Forschung, für Zwecke der politischen Bildung sowie für Presse, Rundfunk und Film (§§ 32 bis 34 StUG)

Nach Eingang des Antrages in der Zentralregistratur und Vergabe des Geschäftszeichens erfolgt die weitere Bearbei- tung in dem für das jeweilige Thema zuständigen Sachgebiet bzw. bei regionalem Bezug in der jeweiligen Außen- stelle.

AU II.7 AU II.8 Sachgebiet 01 Sachgebiet 01 – Staatsapparat, Bezirke DDR – Internationale Beziehungen – deutsch-deutsche Beziehungen –MfS –Parteien Ost – Geheimdienste – Nationale Minderheiten und Ausländer in der – Terrorismus DDR – Integration von Vertriebenen/Umsiedlern Sachgebiet 02 Sachgebiet 02 – Opposition – Wirtschaft – Religionsgemeinschaften – Sexualität, Medizin, Psychologie –Sport Sachgebiet 03 Sachgebiet 03 –Judentum – Organisationen Ost – Nationalsozialismus – Organisationen West – Gewerkschaften –Justiz – Polizei Sachgebiet 04 Sachgebiet 04 – Kultur – Militär –Kunst – Grenze/Republikflucht – Bildung, Familie, Jugend Sachgebiet 05 Sachgebiet 05 – Bund, Länder, Gemeinden – Glaubensgemeinschaften –Parteien West – Wissenschaft – Nationalsozialismus –Medien –MfS – 109 –

Anhang 23 erat f Datenschutz und Persönlichkeits- rechten Sachakten- erschlie- ßungs- programm (SAE) Dokumen- tensammlung des MfS (DOSA) unter Beachtung von x x x x Informations- angebote über das Fachre Lesesaal öffentlichungsinteresse Videos Filme Dissertationen der Juristischen Hoch- Dissertationen der Juristischen schule des MfS der Juristischen Hoch- Diplomarbeiten schule des MfS Eigenrecherchen im Hauptabteilung XX Hauptabteilung IX Sekretariat des Ministers (SdM) Findbuch Allgemeine Sachablage (AS) Findbuch Allgemeine Findbuch Abteilung X (weitere Findbücher folgen) Auszug Sachaktenerschließungsprogramm (SAE) Übersichten Bibliographie Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG) Abkürzungsverzeichnis Organisationsstruktur des MfS des MfS Wörterbuch Zitierregeln Tätigkeitsberichte Æ Æ Æ Æ x x x x x x x x x x x x x x Öffnungszeiten: Mo/Di/Do von 08:30 bis 16:30 Uhr Mi von 08:30 bis 19:00 Uhr Fr von 08:30 bis 15:00 Uhr Berlin Chemnitz Dresden Erfurt Frankfurt (Oder) Gera Halle Leipzig Magdeburg Neubrandenburg Potsdam Rostock Schwerin Suhl Außenstellen x x x x x x x x x x x x x x Videos Filme Tonträger Karten- sammlung Foto- materialien SIRA-Teil- datenbanken (Sy- der Informati- stem onsrecherche der HV A) Archiv AR 7 Teilbestände x x x x x x Sachrecherchen HA II HA XIX HA XX HA XXII BCD HV A WR AR 6 Teilbestände z. B. x x x x x x x Recherchen der BStU im HA IX Abt. XIV AG XVII HA XVIII Abt. Fin Abt. N AG BKK OTS VRD ZKG AR 5 Teilbestände z. B. x x x x x x x x x x Akteneinsicht und Herausgabe Bestellung und Auswertung der Akten HA I HA III HA VI HA VII HA VIII Abt. X Abt. XII AGM BdL HA KuSCH JHS KL SED HA PS RS SdM ZAIG ZOS Auswertung der Akten entsprechend den Vorgaben des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG)/die Unterlagen werden kopiert und anonymisiert. Die Rechercheergebnisse werden den Antragstellerinnen und Antragstellern nach der Anonymisierung (Daten- Die Rechercheergebnisse werden den Antragstellerinnen und Antragstellern nach der Anonymisierung schutz/Persönlichkeitsrechte) vorgelegt. AR 4 Teilbestände z. B. x x x x x x x x x x x x x x x x x Die Bearbeitung von Forschungs- und Medienanträgen Recherche- zeit ca. 4 bis 12 Wo- chen Bearbeitungs- zeit ca. 3 bis 12 Wochen - Personenkartei F 16 Vorgangskartei F 22 Kartei Hauptamtlicher Mitarbeiter Dezentrale Karteien Decknamenkartei Justizaktenkartei Straßenkartei Rosenholz-Datei SIRA-Teildatenbanken Vorgangskartei der HA Zentralarchiv Außenstellen Rechtliche Prüfung des Antrages: Thematischer Bezug zur Aufarbeitung der Tätigkeit MfS oder Nationalsozialismus und Ver x x z. B. x x x x x x x x x der Informations- (System recherche der HV A x IX/11 (Nationalsozia- lismus/NS) Recherchen der BStU in den Karteien Auswertung durch die BStU (Datenschutz/ Per- sönlichkeitsrechte). Personen recherchen Absprache Beratung Information I. II. III. IV. x x x – 110 – n o c h Anhang 23 AR 6 HA II Spionageabwehr HA XIX Verkehr, Post, Nachrichten- wesen HA XX Staatsapparat, Kunst, Kultur, Kirche, Untergrund HA XXII Terrorabwehr Abteilung Bewaffnung Chemischer Dienst (BCD) Hauptverwaltung Aufklä- rung (HV A) Wachregiment (WR) Berlin „Feliks Dzierzynski“ x x x x x x x AR 5 Fachbibliothek der BStU Internet unter www.bstu.de (OTS) Verwaltung Rückwärtige Dienste (VRD) Zentrale Koordinierungs- gruppe Übersiedlung (ZKG) merzielle Koordinierung (BKK) Sicherstellung Untersuchungsorgan des MfS Untersuchungshaft, Strafvoll- zug Besucherbüro Westberlin Volkswirtschaft Operativ-Technischer Sektor Arbeitsgruppe Bereich Kom- HA IX Abteilung XIV Arbeitsgruppe XVII HA XVIII Abteilung Finanzen (Fin) Abeilung Nachrichten (N) x x x x x x x x x x x x Weitere Informationsangebote: Geordnet nach der Zuständigkeit Referate für die einzelnen Teilbestände. Ausgewählte Hauptabteilungen (HA) des Ministeriums für Staatssicherheit AR 4 HA I Abwehrarbeit in NVA und Grenztruppen HA III Funkaufklärung HA VI Passkontrolle, Tourismus, Interhotel HA VII Abwehrarbeit MdI/DVP HA VIII Beobachtung, Ermittlung Abteilung X Internationale Verbindungen Abteilung XII Zentrale Auskunft/Speicher Arbeitsgruppe des Ministers (AGM) MOB-Arbeit, Schutzbauten Büro der Leitung (BdL) HA Kader und Schulung (KuSch) Juristische Hochschule (JHS) Hochschule des MfS Kreisleitung (KL) der SED im MfS HA Personenschutz (PS) Personenschutz, Betreuung Rechtsstelle (RS) des MfS Sekretariat des Ministers (SdM) Zentrale Auswertungs- und Informati- onsgruppe (ZAIG) Zentraler Operativstab (ZOS) x x x x x x x x x x x x x x x x x – 111 –

Anhang 24

Bearbeitung von Anträgen für die Forschung, für Antrags gehörenden Unterlagen zusammen. Über BStU- Zwecke der politischen Bildung sowie für Presse, Findbücher und im Lesesaal ausliegende Informations- Rundfunk und Film (§§ 32 bis 34 StUG) quellen der Abteilung Archivbestände können sich die Nutzer auch selbst Anregungen darüber verschaffen, in 1. Antragstellung welchen Beständen sie sachthematische Recherchen aus- Wer aus dem Bereich der Forschung und Medien sowie lösen lassen wollen. Eine unmittelbare Zugriffsmöglich- der politischen Bildung ein Vorhaben zur historischen keit auf interne Findhilfsmittel der BStU haben nur die und politischen Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssi- dafür verantwortlichen Beschäftigten der Behörde. Dabei cherheitsdienstes betreiben möchte, kann unter Benen- gehört jedoch ein für die Antragsteller transparentes Ver- nung seines Themas einen schriftlichen Antrag auf Be- fahren mit zum Leistungsangebot der BStU: Unter Be- reitstellung themenrelevanter Informationen an die BStU achtung persönlichkeitsschützender Aspekte werden dem richten. Die BStU bestätigt den Eingang des Antrags und Nutzer auf Wunsch die thematisch einschlägigen Ergeb- weist bereits dabei vorsorglich auf die bei der Verwen- nisse einer Sachrecherche vorgelegt, um ihn an der Ent- dung von Informationen aus Stasi-Unterlagen geltenden scheidung über die zu recherchierenden Akten zu beteili- Regelungen sowie auf die Zweckbindung gemäß § 33 gen und Abarbeitungsprioritäten zu vereinbaren. Abs. 4 StUG hin. Ein beigefügtes Informationsblatt ent- Unterlagen ohne Personenbezug sowie Unterlagen, in de- hält genaue Einzelheiten dazu. nen die personenbezogenen Informationen anonymisiert wurden oder offenkundig sind bzw. in deren Verwendung Falls erforderlich, wird der Antragsteller über seine Mög- die betroffenen Personen eingewilligt haben, können in lichkeiten, die Unterlagen für Zwecke der Aufarbeitung aller Regel unproblematisch zur Verfügung gestellt wer- zu nutzen, beraten. Notwendige Ergänzungen oder feh- den. lende Angaben kann er dann nachreichen. Dient das Vor- haben nicht dem gesetzlichen Anliegen der „Aufarbei- Einschränkende Regelungen sind bei den übrigen Unter- tung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes“ mit lagen mit personenbezogenen Informationen zu beachten: anschließender Unterrichtung der Öffentlichkeit, kann es nicht bearbeitet werden. Dies ist etwa der Fall, wenn dem Antrag ein rein privates Interesse zugrunde liegt, z. B. 3.1 Betroffene und Dritte weil eine Familienchronik erstellt werden soll. Informationen zu Betroffenen und Dritten dürfen nur mit Wegen der unterschiedlich ausgestalteten Zugangsrechte deren Einwilligung verwendet werden (§ 32 Abs. 1 Nr. 5 werden die Anträge von der BStU nach Forschungs- und StUG). Eine Einwilligungserklärung muss schriftlich vor- nach Medienvorhaben unterschieden. liegen und von der betreffenden Person unterzeichnet sein. Der Betreiber des Forschungs- oder Medienvorha- bens, sein Thema und die durchführenden Personen müs- 2. Reihenfolge der Antragsbearbeitung sen aus der Erklärung hervorgehen. Ihre Gültigkeit ist Die Anträge werden grundsätzlich in der Reihenfolge ih- grundsätzlich auf die Bearbeitungsdauer eines Antrags res Eingangs bei der BStU bearbeitet. Die Bearbeitung begrenzt. Es ist zulässig, die Einwilligung mehreren Per- muss jedoch zeitweilig zurückgestellt werden, wenn für sonen (z. B. mehreren bei einer Forschungsstätte tätigen die heranzuziehenden Stasi-Unterlagen folgende andere Personen) zu erteilen und sie auf einen Themenkomplex Verwendungszwecke und Sachverhalte vorliegen: zu beziehen, so dass sie für mehrere Einzelvorhaben he- rangezogen werden kann. Eine Mehrfachverwendung ist – Anträge auf persönliche Akteneinsicht (§§ 12 bis 18 zulässig, wenn sie nicht ausschließlich auf ein Thema be- StUG), zogen und nicht zeitlich befristet ist. – Ersuchen von Stellen für Überprüfungen (§§ 19 bis 26 StUG), Die erteilte Einwilligung gilt ggf. über den Tod des Ein- willigenden hinaus (sofern z. B. durch Testament nicht – Sperrerklärung einer Staatsanwaltschaft oder eines anders verfügt). In Zweifelsfällen wird eine amtliche Be- Gerichts (§ 5 Abs. 2 StUG), glaubigung der Unterschrift verlangt. – gesonderte Verwahrung von Unterlagen – z. B. wegen Informationen dürfen trotz Einwilligung nur soweit zur sicherheitsrelevanten Inhalts (§ 37 Abs. 1 Nr. 3 Verfügung gestellt werden, wie überwiegende schutzwür- StUG), dige Interessen von anderen Personen nicht beeinträchtigt – Mitteilung der BStU an Stellen ohne Ersuchen (§§ 27 werden (§ 3 Abs. 3 StUG). Liegt keine Einwilligung vor, und 28 StUG). werden die personenbezogenen Informationen grundsätz- lich anonymisiert (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 StUG). 3. Verwendung von Unterlagen ohne oder mit personenbezogenen Informationen 3.2 Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen, Amtsträger Nach Vorliegen des durch die Personen- und Sachrecher- chen ermittelten Materials stellen die zuständigen Sach- Vor der Bereitstellung von Informationen über Personen bearbeiterinnen und Sachbearbeiter die zum Thema des der Zeitgeschichte, Funktions- und Amtsträger hat die – 112 – n o c h Anhang 24

BStU deren persönliche Schutzrechte sicherzustellen. Un- Von jeder Verwendung ausgenommen sind terlagen mit personenbezogenen Informationen zu Perso- nen der Zeitgeschichte, Funktions- und Amtsträgern dür- – unter Anwendung verbotener Verhörmethoden er- fen gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 4 StUG nur zur Verfügung presste Aussagen, gestellt werden, soweit es sich um Informationen handelt, – aus Abhörmaßnahmen herrührende Tonträger oder die mit der jeweiligen zeitgeschichtlichen Rolle, Funk- Wortlautprotokolle und tionsausübung oder Amtsausübung der betreffenden Per- son im Zusammenhang stehen. – durch Bruch des Brief- und Telekommunikationsge- heimnisses oder Damit sind Informationen, die den Privatbereich der Per- sonen betreffen, von einer Verwendung generell ausge- – durch Bruch von Berufsgeheimnissen (z. B. von schlossen. Rechtsanwälten, Ärzten, Geistlichen) erlangte Infor- mationen. Informationen zur zeitgeschichtlichen Rolle der Personen Stehen die Informationen in keinem Zusammenhang mit bzw. ihrer Funktions- oder Amtstätigkeit sind hingegen der zeitgeschichtlichen Rolle bzw. der Funktion oder zugänglich, wenn dadurch keine überwiegenden schutz- Amtsträgereigenschaft einer Person und handelt es sich würdigen Interessen beeinträchtigt werden. Bei der Abwä- bei ihr um einen Betroffenen und/oder Dritten, gilt für die gung der Schutzrechte mit dem Aufarbeitungsinteresse Verwendung der Informationen entweder von Forschung und Medien ist insbesondere zu berücksich- tigen, ob die Informationserhebung durch den Staatssicher- – § 32 Abs. 1 Nr. 2 StUG (Anonymisierung der perso- heitsdienst auf einer Menschenrechtsverletzung beruht. nenbezogenen Informationen) oder Als Menschenrechtsverletzungen kommen hier vor allem das Abhören von Gesprächen (Verletzung des Rechts am – § 32 Abs. 1 Nr. 5 StUG (Vorlage bzw. Einholen von gesprochenen Wort) und das Eindringen in die Privat- Einwilligungserklärungen). sphäre (Verletzung der – auch räumlichen – privaten Ist die Person gleichzeitig Mitarbeiter oder Begünstigter Schutzzone) in Betracht. Das Bundesverwaltungsgericht des Staatssicherheitsdienstes, wird grundsätzlich auf die- hat in seinem Urteil vom 23. Juni 2004 für diesen Abwä- sen Status abgestellt. gungsprozess enge Grenzen gesetzt. Liegen von Personen der Zeitgeschichte, Inhabern politi- Für Forschung und Medien bleiben danach nur noch In- scher Funktionen und Amtsträgern schriftliche Einwilli- formationen zugänglich, gungen vor, werden die Unterlagen nach § 32 Abs. 1 Nr. 5 StUG zur Verfügung gestellt. Die Benachrichti- – die zum Zeitpunkt der Informationserhebung offen- gungspflicht nach § 32a StUG entfällt dann. kundig waren (allgemein zugänglich, aus öffentlich gehaltenen Reden) oder 3.2.1 Benachrichtigung – die zu einem späteren Zeitpunkt von anderen Stellen Vor der Bereitstellung der Unterlagen werden Personen oder Autoren öffentlich gemacht wurden (Hinweis: Nicht mehr als offenkundig gelten personenbezogene der Zeitgeschichte, Funktions- und Amtsträger gemäß Informationen, die früher von der BStU herausgege- § 32a StUG über die beabsichtigte Verwendung infor- ben und von ihr oder anderen veröffentlicht worden miert. Dies ist ein weiterer Ausdruck des im Stasi-Unter- sind und die nach dem Urteil vom 23. Juni 2004 je- lagen-Gesetz vollzogenen Interessenausgleichs zwischen doch nicht mehr herausgabefähig wären), Persönlichkeitsschutz und Aufarbeitungsinteresse und soll insbesondere möglich machen, noch nicht bekannte – die aus Äußerungen gegenüber Dritten stammen, mit Einwände, die einer Unterlagenverwendung entgegen ste- deren Verschwiegenheit nicht gerechnet werden hen können, zu berücksichtigen. Seit dem Urteil des Bun- konnte und desverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2004 benennt die Benachrichtigung den Antragsteller namentlich, daneben – die nachweislich weder durch Verletzung des privaten sein Thema und den Zweck seines Vorhabens. Auch ent- Rückzugsbereichs noch des Rechts am gesprochenen hält sie eine inhaltliche Beschreibung der Unterlagen und Wort oder durch Spionage erlangt wurden. führt die Gründe an, die die Verwendung rechtfertigen. Der Forschung sind darüber hinaus nach strenger Die Behörde bemüht sich bei der Benachrichtigung von Rechtsgüterabwägung auch Informationen zur Verfügung Personen der Zeitgeschichte sowie Amts- und Funktions- zu stellen, die der Staatssicherheitsdienst durch Spionage trägern darum, deren Selbstbestimmungsrecht zu unter- erlangt hat oder die sich aus von ihm gefertigten Berich- stützen, indem sie ihnen die Möglichkeit eröffnet, auf die ten, Stellungnahmen u. ä. nach Abhörmaßnahmen und rechtlich gebotene Anonymisierung von Daten verzichten Verletzungen der Privatsphäre ergeben. Solche Informa- bzw. sogar einer Herausgabe ausdrücklich zustimmen zu tionen unterliegen besonderen Verwendungsregeln, auf können. Anders als bisher werden deshalb die Informatio- die bei der Bereitstellung ggf. ausdrücklich hingewiesen nen, die nach dem Ergebnis des bei der BStU erfolgten wird. Abwägungsprozesses als zunächst „nicht herauszugeben“ – 113 –

n o c h Anhang 24 vorgesehen sind, im Benachrichtigungsverfahren nicht Menschen auf Achtung seiner Würde (Artikel 1 Abs. 1 GG, bereits geschwärzt (anonymisiert), sondern farblich ge- Wert- und Achtungsanspruch des Verstorbenen, Schutz kennzeichnet und damit für die Betreffenden lesbar vor- vor Herabwürdigung oder Erniedrigung) zu beachten so- gelegt. In jedem Fall werden etwaige Einwände benach- wie zu bedenken, ob Persönlichkeitsrechte von Hinter- richtigter Personen von der BStU in einem erneuten bliebenen durch die Herausgabe von Informationen tan- Abwägungsprozess berücksichtigt. giert werden könnten. Von der Benachrichtigungspflicht ausgenommen sind In- formationen 4. Einsichtnahme – die offenkundig sind, Sind alle vorbereitenden Arbeitsschritte erledigt, wird der Forscher oder Medienvertreter zur Akteneinsicht geladen. – in deren Verwendung die betroffenen Personen einge- In Einzelfällen ist die Herausgabe von Duplikaten auch willigt haben oder ohne vorherige Akteneinsicht möglich. – über Mitarbeiter und Begünstigte des Staatssicher- Bei der Akteneinsicht ergeben sich für den Antragsteller heitsdienstes. oft neue Erkenntnisse zu seinem Thema, die zu weiteren Die Benachrichtigungspflicht entfällt gemäß § 32a Abs. 2 Recherchen führen und den geschilderten Arbeitsablauf StUG, wenn erneut aktivieren. Je nach Umfang des Forschungs- bzw. Medienvorhabens kann sich dieser Prozess über einen – die Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der längeren Zeitraum hinziehen. Ein stetiger Kontakt zwi- betreffenden Person nicht zu befürchten ist, schen Nutzer und BStU-Mitarbeitern mit Beratung und – die Benachrichtigung nicht möglich ist oder gegenseitiger Abstimmung kennzeichnet auch hier das weitere Verfahren. – nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich wäre.

Der Fortfall der Benachrichtigung entbindet die BStU je- 5. Herausgabe von Kopien doch nicht von der Pflicht zur Abwägung der überwie- genden schutzwürdigen Interessen benannter Personen Nach der Akteneinsicht beantragen die Antragsteller in mit dem Aufarbeitungsinteresse von Forschungs- und der Regel die Herausgabe von Kopien aus den Unterla- Medienvertretern. gen. Diese werden ihnen entweder zugesandt oder per- sönlich übergeben. 3.3 Mitarbeiter und Begünstigte des Der Antragsteller wird bei der Herausgabe von Duplika- Staatssicherheitsdienstes ten nochmals auf die Zweckbindung gemäß § 33 Abs. 4 Informationen zu Mitarbeitern und Begünstigten sind von StUG sowie auf die eigene Verantwortung bei Veröffent- der BStU zur Verfügung zu stellen, wenn bei dem Vorha- lichung gemäß § 32 Abs. 3 StUG hingewiesen. ben eines Forschers oder Medienvertreters die Aufarbei- tung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes im Vor- 6. Regelungen für die Veröffentlichung von dergrund steht und die personenbezogenen Informationen Informationen aus Stasi-Unterlagen einen Bezug zum vorliegenden Thema haben. Auch bei dieser Personengruppe sind die persönlichen Schutz- Medien steht die Veröffentlichung der von der BStU zur rechte gegen das Aufarbeitungsinteresse abzuwägen. Da- Verfügung gestellten Informationen grundsätzlich frei. bei genießt die Stasi-Tätigkeit bzw. -Begünstigung in der Sie werden gebeten, bei der Veröffentlichung von Infor- Regel keinen besonderen Schutz, insbesondere Informa- mationen aus Stasi-Unterlagen die Quelle ihrer Informa- tionen aus dem Privatbereich der betreffenden Personen tionen anzugeben, damit betroffene Personen den Hinter- sind aber auch hier unzugänglich. grund der Publikation erkennen können. Offenkundige personenbezogene Informationen und In- 3.4 Informationen zu Verstorbenen formationen, in deren Verwendung die betroffenen Perso- nen eingewilligt haben, dürfen auch von Forschern im Sind Informationen zu inzwischen verstorbenen Personen Rahmen der allgemeinen Gesetze veröffentlicht werden. für ein Forschungs- oder Medienvorhaben relevant, müs- Nach Abwägung der persönlichen Schutzrechte mit dem sen die Unterlagen zunächst ebenfalls einer der vom jeweiligen Aufarbeitungsinteresse ebenso personenbezo- StUG vorgesehenen Kategorien Mitarbeiter, Begünstig- gene Informationen, für deren Beschaffung keine Men- ter, Betroffener oder Dritter zugeordnet werden, woraus schenrechte verletzt wurden. Restriktionen gelten aufgrund sich dann die konkreten Zugangsrechte ergeben. des bereits erwähnten Urteils des Bundesverwaltungsge- Sind Informationen zu verstorbenen Personen der Zeitge- richts vom 23. Juni 2004 jedoch für Informationen, deren schichte bzw. Funktions- oder Amtsträgern für ein For- Beschaffung durch den Staatssicherheitsdienst menschen- schungs- oder Medienvorhaben heranzuziehen, ist der rechtsverletzend war. Die BStU weist die Forscher bei der über den Tod hinaus bestehende allgemeine Anspruch des Bereitstellung solcher Informationen auf deren besondere – 114 – n o c h Anhang 24

Art hin. Diese Informationen dürfen nicht an Dritte weiter- Stasi-Unterlagen, nicht die 1 : 1-Veröffentlichung. Der gegeben werden, auch nicht im Wege der wissenschaftli- Forscher muss die Erkenntnisse aus Stasi-Unterlagen wis- chen Veröffentlichung. Dies schließt die Edition (z. B. als senschaftlich verarbeiten und darf das Ergebnis der wis- Faksimile) aus und im Regelfall auch das wörtliche Zitat senschaftlichen Denkleistung veröffentlichen. Dabei ist im Rahmen der Veröffentlichung der Forschungsergeb- die Angabe von Fundstellen (z. B. in Fußnoten) üblich. nisse. Zulässig ist nur die beschreibende und erläuternde Gegebenenfalls werden die Forscher gebeten, die Einhal- Wiedergabe von personenbezogenen Informationen aus tung dieser Regelungen ausdrücklich zu versichern. – 115 –

Anhang 25

Publikationsreihen der BStU Gieseke, Jens: Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staats- sicherheit. Personalstruktur und Lebenswelt 1950–1989/ Über den Buchhandel zu beziehen: 90, 615 S., Berlin 2000, (Wissenschaftliche Reihe der Auerbach, Thomas: Einsatzkommandos an der unsichtba- BStU, Bd. 20) ren Front. Terror- und Sabotagevorbereitungen des MfS Henke, Klaus-Dietmar (Hg.): Wann bricht schon mal ein gegen die Bundesrepublik. Mit einem Vorwort von Staat zusammen! Die Debatte über die Stasi-Akten auf Ehrhart Neubert, 192 S., 5. Aufl., Berlin 2004, (Wissen- dem 39. Historikertag 1992, München 1993 (vergriffen) schaftliche Reihe der BStU, Bd. 17) Braun, Matthias: Drama um eine Komödie. Das En- Henke, Klaus-Dietmar; Engelmann, Roger (Hg.): Akten- semble von SED und Staatssicherheit, FDJ und Kulturmi- lage. Die Bedeutung der Unterlagen des Staatssicher- nisterium gegen Heiner Müllers „Die Umsiedlerin oder heitsdienstes für die Zeitgeschichtsforschung, 256 S., Das Leben auf dem Lande“ im Oktober 1961, 172 S., 2. Aufl., Berlin 1996, (Wissenschaftliche Reihe der BStU, 2., durchges. Aufl., Berlin 1996, (Wissenschaftliche Bd. 1) Reihe der BStU, Bd. 4) Herbstritt, Georg; Müller-Enbergs, Helmut (Hg.): Das Braun, Matthias: Die Literaturzeitschrift „Sinn und Gesicht dem Westen zu ... DDR-Spionage gegen die Bun- Form“. Ein ungeliebtes Aushängeschild der SED-Kultur- desrepublik Deutschland, 458 S., Bremen 2003, (Wissen- politik, 230 S., Bremen 2004, (Wissenschaftliche Reihe schaftliche Reihe der BStU, Bd. 23) der BStU, Bd. 26) Knabe, Hubertus: West-Arbeit des MfS. Das Zusammen- Buschfort, Wolfgang: Parteien im Kalten Krieg. Die Ost- spiel von „Aufklärung“ und „Abwehr“, 597 S., 2. Aufl., büros von SPD, CDU und FDP, 264 S., Berlin 2000, Berlin 1999, (Wissenschaftliche Reihe der BStU, Bd. 18) (Wissenschaftliche Reihe der BStU, Bd. 19) Kowalczuk, Ilko-Sascha: 17. Juni 1953: Volksaufstand in Buthmann, Reinhard: Kadersicherung im Kombinat VEB der DDR. Ursachen – Abläufe – Folgen. Mit einem Vor- Carl Zeiss Jena. Die Staatssicherheit und das Scheitern wort von Marianne Birthler, 312 S., Bremen 2003 des Mikroelektronikprogramms, 256 S., Berlin 1997, (Wissenschaftliche Reihe der BStU, Bd. 12) Löhn, Hans-Peter: Spitzbart, Bauch und Brille – sind nicht des Volkes Wille! Der Aufstand am 17. Juni 1953 in Eisenfeld, Bernd; Kowalczuk, Ilko-Sascha; Neubert, Halle an der Saale, 212 S., Bremen 2003, (Wissenschaft- Ehrhart: Die verdrängte Revolution. Der Platz des liche Reihe der BStU, Bd. 22) 17. Juni 1953 in der deutschen Geschichte, 847 S., Bre- men 2004, (Wissenschaftliche Reihe der BStU, Bd. 25) Müller-Enbergs, Helmut (Hg.): Inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit. Richtlinien und Eisenfeld, Bernd; Engelmann, Roger: 13. August 1961: Durchführungsbestimmungen, 544 S., 2., durchges. Mauerbau. Fluchtbewegung und Machtsicherung. Mit ei- Aufl., Berlin 1996, (Wissenschaftliche Reihe der BStU, nem Vorwort von Marianne Birthler, 120 S., 2. Aufl., Bd. 3) Bremen 2003 (vergriffen) Müller-Enbergs, Helmut (Hg.): Inoffizielle Mitarbeiter Eisenfeld, Peter: „... rausschmeißen …“. Zwanzig Jahre des Ministeriums für Staatssicherheit. Teil 2: Anleitungen politischer Gegnerschaft in der DDR, 504 S., Bremen für die Arbeit mit Agenten, Kundschaftern und Spionen 2002, (Biografische Quellen, Bd. 1) in der Bundesrepublik Deutschland, 1 118 S., 2. Aufl., Engelmann, Roger; Vollnhals, Clemens (Hg.): Justiz im Berlin 1998, (Wissenschaftliche Reihe der BStU, Bd. 10) Dienste der Parteiherrschaft. Rechtspraxis und Staatssi- cherheit in der DDR, 574 S., Berlin 1999, (Wissenschaft- Neubert, Ehrhart; Eisenfeld, Bernd (Hg.): Macht – Ohn- liche Reihe der BStU, Bd. 16) macht – Gegenmacht. Grundfragen zur politischen Geg- nerschaft in der DDR, 457 S., Bremen 2001, (Wissen- Fricke, Karl Wilhelm: Akten-Einsicht. Rekonstruktion ei- schaftliche Reihe der BStU, Bd. 21) ner politischen Verfolgung. Mit einem Vorwort von Joachim Gauck, 264 S., 4., akt. Aufl., Berlin 1996, (Wis- Schollwer, Wolfgang: „Gesamtdeutschland ist uns Ver- senschaftliche Reihe der BStU, Bd. 2) pflichtung“. Aufzeichnungen aus dem FDP-Ostbüro 1951-57, 298 S., Bremen 2004, (Biografische Quellen, Fricke, Karl Wilhelm; Engelmann, Roger (Hg.): „Kon- Bd. 2) zentrierte Schläge“. Staatssicherheitsaktionen und politi- sche Prozesse in der DDR 1953–1956, 359 S., Berlin Schumann, Silke: Parteierziehung in der Geheimpolizei. 1998, (Wissenschaftliche Reihe der BStU, Bd. 11) Zur Rolle der SED im MfS der fünfziger Jahre, 218 S., Berlin 1997, (Wissenschaftliche Reihe der BStU, Bd. 9) Fricke, Karl Wilhelm; Engelmann, Roger: Der „Tag X“ und die Staatssicherheit. 17. Juni 1953. Reaktionen und Süß, Sonja: Politisch mißbraucht? Psychiatrie und Staats- Konsequenzen im DDR-Machtapparat, 347 S., Bremen sicherheit in der DDR, 773 S., 2. Aufl., Berlin 1998, 2003, (Wissenschaftliche Reihe der BStU, Bd. 24) (Wissenschaftliche Reihe der BStU, Bd. 14) – 116 – n o c h Anhang 25

Süß, Walter: Staatssicherheit am Ende. Warum es den Eigenveröffentlichungen der Behörde Mächtigen nicht gelang, 1989 eine Revolution zu verhin- Arbeitsgebiet I der Kriminalpolizei. Aufgaben, Struktur dern, 815 S., 2. Aufl., Berlin 1999, (Wissenschaftliche und Verhältnis zum MfS, 56 S., Berlin 1994 (vergriffen) Reihe der BStU, Bd. 15) Auerbach, Thomas unter Mitarbeit von Sailer, Wolf- Suckut, Siegfried (Hg.): Wörterbuch der Staatssicherheit. Dieter: Vorbereitung auf den Tag X. Die geplanten Isolie- Definitionen zur „politisch-operativen Arbeit“, 472 S., rungslager des MfS, 154 S., 3., durchges. Aufl., Berlin 3. Aufl., Berlin 2001, (Wissenschaftliche Reihe der BStU, 2000, (BF-Reihe B; 1/1995) Bd. 5) Ausreisen oder dableiben? Regulierungsstrategien der Suckut, Siegfried; Süß, Walter (Hg.): Staatspartei und Staatssicherheit (öffentliche Veranstaltung am 26. Okto- Staatssicherheit. Zum Verhältnis von SED und MfS, ber 1995), 129 S., 2. Aufl., Berlin 1998, (BF-Reihe B; 351 S., Berlin 1997, (Wissenschaftliche Reihe der BStU, 1/1997) Bd. 8) Bearbeiten – Zersetzen – Liquidieren; Die Inoffiziellen Mitarbeiter; Freiheit für meine Akte, Berlin 1993, (BF- Vollnhals, Clemens (Hg.): Die Kirchenpolitik von SED Reihe B; 3/1993) (vergriffen) und Staatssicherheit. Eine Zwischenbilanz, 464 S., 2., durchges. Aufl., Berlin 1997, (Wissenschaftliche Bibliographie zum Staatssicherheitsdienst der DDR, zu- Reihe der BStU, Bd. 7) sammengestellt von Hildegard von Zastrow, 124 S., 2., erw. Aufl., Berlin 1996, (BF informiert 15/1996) Vollnhals, Clemens: Der Fall Havemann. Ein Lehrstück Buthmann, Reinhart: Hochtechnologien und Staatssicher- politischer Justiz, 312 S., 2., akt. Aufl., Berlin 1998, heit. Die strukturelle Verankerung des MfS in Wissen- (Wissenschaftliche Reihe der BStU, Bd. 13) schaft und Forschung der DDR, 311 S., 2., durchges. Walther, Joachim: Sicherungsbereich Literatur. Schrift- Aufl., Berlin 2000, (BF-Reihe B; 1/2000) steller und Staatssicherheit in der Deutschen Demokrati- Eisenfeld, Bernd; Engelmann, Roger: 13. August 1961: schen Republik, 888 S., Berlin 1996, (Wissenschaftliche Mauerbau. Fluchtbewegung und Machtsicherung. Mit ei- Reihe der BStU, Bd. 6) nem Vorwort von Marianne Birthler, 120 S., Berlin 2001 Engelmann, Roger: Zu Struktur, Charakter und Bedeu- Wissenschaftliche Reihe „Archiv zur DDR- tung der Unterlagen des Ministeriums für Staatssicher- Staatssicherheit“ im LIT Verlag, Münster heit, 60 S., Berlin 1994, (BF informiert 3/1994) Engelmann, Roger; Schumann, Silke: Kurs auf die entwi- Band 1: Unverhau, Dagmar: Das „NS-Archiv“ des Minis- ckelte Diktatur. Walter Ulbricht, die Entmachtung Ernst teriums für Staatssicherheit. Stationen einer Entwicklung, Wollwebers und die Neuausrichtung des Staatssicher- 258 S., 2., durchges. Aufl., Münster 2004 heitsdienstes 1956/57, 81 S., Berlin 1995, (BF informiert Band 2: Unverhau, Dagmar (Hg.): Das Stasi-Unterlagen- 1/1995) Gesetz im Lichte von Datenschutz und Archivgesetzge- Fingerle, Stephan; Gieseke, Jens: „Partisanen des Kalten bung, 320 S., 2., durchges. Aufl., Münster 2003 Krieges“. Die Untergrundtruppe der Nationalen Volksar- mee 1957 bis 1962 und ihre Übernahme durch die Staats- Band 3: Unverhau, Dagmar (Hg.) unter Mitarbeit von sicherheit, 70 S., Berlin 1996, (BF informiert 14/1996) Roland Lucht: Lustration, Aktenöffnung, demokratischer Umbruch in Polen, Tschechien, der Slowakei und Un- Förster, Günter: Die Dissertationen an der „Juristischen garn, 408 S., Münster 1999 Hochschule“ des MfS. Eine annotierte Bibliographie, 143 S., 2. Aufl., Berlin 1997, (BF-Reihe A; 2/1994) Band 4: Abteilung Archivbestände der BStU: Findbuch Förster, Günter: Bibliographie der Diplomarbeiten und zum „Archivbestand 2: Allgemeine Sachablage“ des Abschlußarbeiten an der Hochschule des MfS, 577 S., Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, 311 S., Berlin 1998, (BF-Reihe A; 1/1998) Münster 2001 Fuchs, Jürgen: Unter Nutzung der Angst. Die „leise Band 5: Unverhau, Dagmar (Hg.): Kartenverfälschung als Form“ des Terrors – Zersetzungsmaßnahmen des MfS, Folge übergroßer Geheimhaltung? Eine Annäherung an 40 S., Berlin 1994, (BF informiert 2/1994) (vergriffen) das Thema Einflußnahme der Staatssicherheit auf das Gieseke, Jens: Die Hauptamtlichen 1962. Zur Personal- Kartenwesen der DDR, 300 S., 2., durchges. Aufl., Müns- struktur des Ministeriums für Staatssicherheit, Berlin ter 2003 1994, (BF informiert 1/1994) (vergriffen) Band 6: Unverhau, Dagmar (Hg.): Hatte „Janus“ eine Gieseke, Jens: Doktoren der Tschekistik. Die Promoven- Chance? Das Ende der DDR und die Sicherung einer Zu- den der „Juristischen Hochschule“ des MfS, 29 S., Berlin kunft der Vergangenheit, 445 S., Münster 2003 1994, (BF informiert 6/1994) (vergriffen) – 117 –

n o c h Anhang 25

Gieseke, Jens: Das Ministerium für Staatssicherheit Schumann, Silke: Vernichten oder Offenlegen? Zur Ent- 1950-1989/90, ein kurzer historischer Abriß, 56 S., Berlin stehung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes. Dokumentation 1998, (BF informiert 21/1998) (vergriffen) der öffentlichen Debatte 1990/1991, 349 S., 2. Aufl., Ber- lin 1997, (BF-Reihe A; 1/1995) Höffer, Volker: „Der Gegner hat Kraft“. MfS und SED im Bezirk Rostock. (Die Entmachtung der Staatssicherheit in Stein, Eberhard: „Sorgt dafür, daß sie die Mehrheit nicht den Regionen, Teil 4), 63 S., Berlin 1997, (BF informiert hinter sich kriegen!“ MfS und SED im Bezirk Erfurt. (Die 20/1997) Entmachtung der Staatssicherheit in den Regionen, Teil 5), 57 S., Berlin 1999, (BF informiert 22/1999) Hollitzer, Tobias: „Wir leben jedenfalls von Montag zu Montag“. Zur Auflösung der Staatssicherheit in Leipzig. Süß, Walter (Edition): Erich Mielke und KGB-Vize Erste Erkenntnisse und Schlußfolgerungen, 321 S., Leonid Schebarschin über den drohenden Untergang des 2., durchges. Aufl., Berlin 2000, (BF-Reihe B; 1/1999) Sozialistischen Lagers. Mitschrift eines Streitgesprächs (vergriffen) am 7. April 1989, Berlin 1993, (BF informiert 1/1993) (vergriffen) Horsch, Holger: „Hat nicht wenigstens die Stasi die Stim- mung im Lande gekannt?“ MfS und SED im Bezirk Karl- Süß, Walter: Zu Wahrnehmung und Interpretation des Marx-Stadt. (Die Entmachtung der Staatssicherheit in den Rechtsextremismus in der DDR durch das MfS, 106 S., Regionen, Teil 3), 59 S., 2. Aufl., Berlin 1998, (BF infor- 3. Aufl., Berlin 2000, (BF-Reihe B; 1/1993) miert 19/1997) Süß, Walter: Entmachtung und Verfall der Staatssicher- heit. Ein Kapitel aus dem Spätherbst 1989, 72 S., Berlin Joestel, Frank (Hg.): Strafrechtliche Verfolgung politi- 1994, (BF informiert 5/1994) scher Gegner durch die Staatssicherheit im Jahre 1988. Der letzte Jahresbericht der MfS-Hauptabteilung Unter- Tantzscher, Monika: Maßnahme „Donau“ und Einsatz suchung, 128 S., Berlin 2003, (BF-Reihe A; 1/2003) „Genesung“. Die Niederschlagung des Prager Frühlings 1968/69 im Spiegel der MfS-Akten, 145 S., 2. Aufl., Ber- Kowalczuk, Ilko-Sascha: 17. Juni 1953: Volksaufstand in lin 1998, (BF-Reihe B; 1/1994) (vergriffen) der DDR. Ursachen – Abläufe – Folgen. Mit einem Vor- wort von Marianne Birthler, 312 S., Berlin 2003 Tantzscher, Monika: Die verlängerte Mauer. Die Zusam- menarbeit der Sicherheitsdienste der Warschauer-Pakt- Lampe, Joachim: Juristische Aufarbeitung der Westspio- Staaten bei der Verhinderung von „Republikflucht“, nage des MfS. Eine vorläufige Bilanz. 35 S., 3., durchges. 161 S., 2., durchges. Aufl., Berlin 2001, (BF-Reihe B; Aufl., Berlin 2002, (BF informiert 24/1999) 1/1998) Löhn, Hans-Peter: „Unsere Nerven lagen allmählich Verfolgung und die Folgen. Über den Umgang mit den blank“. MfS und SED im Bezirk Halle. (Die Entmach- Opfern. (öffentliche Veranstaltung am 27. Oktober 1994), tung der Staatssicherheit in den Regionen, Teil 2), 66 S., 98 S., Berlin 1995, (BF-Reihe B; 2/1995) 2. Aufl., Berlin 1997, (BF informiert 13/1996) Vollnhals, Clemens: Die kirchenpolitische Abteilung des MfS und Leistungssport. Ein Recherchebericht, 209 S., Ministeriums für Staatssicherheit, 43 S., 2. Aufl., Berlin Berlin 1994, (BF-Reihe A; 1/1994) 1997, (BF informiert 16/1997)

Müller-Enbergs, Helmut: Das Zusammenspiel von Staats- Vollnhals, Clemens: Das Ministerium für Staatssicher- sicherheit und SED nach der Selbstverbrennung des Pfar- heit. Ein Instrument totalitärer Herrschaftsausübung, rers Oskar Brüsewitz aus Rippicha am 18. August 1976, 24 S., Berlin 1995 Berlin 1993, (BF-Reihe B; 2/1993) (vergriffen) Walther, Joachim; von Prittwitz, Gesine: Staatssicherheit Müller-Enbergs, Helmut: IM-Statistik 1985–1989, 64 S., und Schriftsteller. Bericht zum Forschungsprojekt, Berlin Berlin 1993, (BF informiert 3/1993) (vergriffen) 1993, (BF informiert 2/1993) (vergriffen) Weber, Gudrun: Stille Post. Neue Wege der Westarbeit in Niemann, Andreas; Süß, Walter: „Gegen das Volk kann der Vertriebsorganisation des MfS in den sechziger Jah- nichts mehr entschieden werden“. MfS und SED im Be- ren, 65 S., Berlin 2005, (BF informiert 25/2005) zirk Neubrandenburg 1989. (Die Entmachtung der Staats- sicherheit in den Regionen, Teil 1), 71 S., 2. Aufl., Berlin Wegmann, Bodo; Tantzscher, Monika: SOUD – Das ge- 1997, (BF informiert 12/1996) heimdienstliche Datennetz des östlichen Bündnissystems, 104 S., Berlin 1996, (BF-Reihe B; 1/1996) Paczkowski, Andrzej: Terror und Überwachung. Die Funktion des Sicherheitsdienstes im kommunistischen Wunschik, Tobias: Die maoistische KPD/ML und die System in Polen von 1944-1956, 37 S., Berlin 1999, (BF Zerschlagung ihrer „Sektion DDR“ durch das MfS, 45 S., informiert 23/1999) 2. Aufl., Berlin 1998, (BF informiert 18/1997) – 118 – n o c h Anhang 25

Anatomie der Staatssicherheit. Geschichte, Publikationen anderer Einrichtungen in Struktur, Methoden (MfS-Handbuch) Zusammenarbeit mit der BStU in Teillieferungen Bundeszentrale für politische Bildung in Herausgegeben von Siegfried Suckut, Ehrhart Neubert, Walter Süß, Roger Engelmann, Jens Gieseke, Bernd Zusammenarbeit mit der BStU Eisenfeld Gieseke, Jens unter Mitarbeit von Hubert, Doris: Die Die Organisationsstruktur des Ministeriums für Staatssi- DDR-Staatssicherheit. Schild und Schwert der Partei, cherheit 1989, Teil V/1, 408 S., Berlin 1995 120 S., Bonn 2001 Gieseke, Jens: Die hauptamtlichen Mitarbeiter des Minis- teriums für Staatssicherheit, Teil IV/1, 107 S., Berlin Landesbeauftragter für Mecklenburg-Vorpommern 1995 für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR in Zusammenarbeit mit Eisenfeld, Bernd: Die Zentrale Koordinierungsgruppe: Bekämpfung von Flucht und Übersiedlung, Teil III/17, der BStU 52 S., Berlin 1995 Beleites, Johannes: Schwerin, Demmlerplatz. Die Unter- Wunschik, Tobias: Die Hauptabteilung XXII: „Terrorab- suchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicher- wehr“, Teil III/16, 56 S., Berlin 1995 heit, 239 S., Schwerin 2001 Förster, Günter: Die Juristische Hochschule des Ministe- riums für Staatssicherheit, Teil III/6, 41 S., Berlin 1996 Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (ThILLM) Haendcke-Hoppe-Arndt, Maria: Die Hauptabteilung XVIII: Volkswirtschaft, Teil III/10, 130 S., Berlin 1997 Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanent- Labrenz-Weiß, Hanna: Die Hauptabteilung II: Spionage- wicklung und Medien: Fluchtgeschichten. Materialien abwehr, Teil III/7, 81 S., 2., durchges. Aufl. Berlin 2001 Heft 51, 70 S., Bad Berka 2001 Schumann, Silke: Die Parteiorganisation der SED im Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanent- MfS, Teil III/20, 89 S., 3. Aufl., Berlin 2002 wicklung und Medien: Mut zum Widerstand. Materialien Gieseke, Jens (Hg.): Wer war wer im Ministerium für Heft 69, 42 S., Bad Berka 2002 Staatssicherheit. Kurzbiographien des MfS-Leitungsper- BStU, Außenstelle Erfurt, Saar, Petra, Wagner, Marion: sonals 1950 bis 1989, Teil V/4, 84 S., Berlin 1998 Stasi-Stücke, Szenische Umsetzungen von Fällen aus Buthmann, Reinhard: Die Objektdienststellen des MfS, MfS-Akten zum Lesen und Nachspielen für Schüler, Teil II/3, 25 S., Berlin 1999 76 S., Erfurt 2004 Knabe, Hubertus: Die Rechtsstelle des MfS, Teil III/4, 21 S., Berlin 1999 Kostenlos erhältliche Behördenpublikationen Buthmann, Reinhard: Die Arbeitsgruppe Bereich Kom- Vierter und fünfter und sechster Tätigkeitsbericht der merzielle Koordinierung, Teil III/11, 67 S., Berlin 2003 Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicher- Engelmann, Roger; Joestel, Frank: Grundsatzdokumente heitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen des MfS, Teil V/5, 508 S., Berlin 2004 Republik, Berlin 1999 und 2001 und 2003 Beleites, Johannes: Abteilung XIV: Haftvollzug, Teil III/9, Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes 65 S., Berlin 2004 der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik Wolf, Stephan: Hauptabteilung I: NVA und Grenztrup- (Stasi-Unterlagen-Gesetz – StUG), 44 S., Berlin 2004 pen, Teil III/13, 102 S., Berlin 2004 Abkürzungsverzeichnis: Häufig verwendete Abkürzun- Labrenz-Weiß, Hanna: Abteilung M, Teil III/19, 48 S., gen und Begriffe des Ministeriums für Staatssicherheit, Berlin 2005 125 S., 7. Aufl., Berlin 2004 – 119 –

Anhang 26

Programm des Wissenschaftlichen Workshops „Zur – Herrschaft und Alltag im Staatssozialismus. Mikrohis- Bedeutung von MfS-Forschung und Stasi-Akten für torische Studien zur Gesellschaftsgeschichte der die Zeitgeschichtsforschung“ am 26. November 2004 Staatssicherheit: Dr. Roger Engelmann (BStU) Begrüßung und Gesamtmoderation: Marianne Birthler – Konzeption eines Forschungsprojekts zur Zusammen- (Bundesbeauftragte) arbeit der osteuropäischen Geheimdienste, insbeson- dere von MfS und KGB: Dr. Walter Süß (BStU) A. Einführungsvortrag (Moderation Prof. Sigrid – Die „Westarbeit“ des MfS und die Geheimdienstfor- Meuschel, Universität Leipzig) schung: Helmut Müller-Enbergs (BStU) Die Bedeutung der MfS-Akten für die Zeitgeschichtsfor- D. Möglichkeiten und Probleme von Kooperation schung, die gesetzliche Regelung des Aktenzugangs und (Moderation Dr. Ulrich Mählert, Stiftung zur Aufarbei- die besondere Rolle der Forschung in der Behörde: Prof. tung der SED-Diktatur) Klaus-Dietmar Henke (TU Dresden) – Fragen der Kooperation, Vernetzung und Arbeitstei- lung aus Sicht der BStU: Dr. Roger Engelmann B. Bilanzierende Beiträge (Moderation Prof. Bernd (BStU) Faulenbach, Ruhr-Universität Bochum) – Die aktuelle Rechtslage bei der Bearbeitung von For- – Institutionengeschichte des MfS: Dr. Walter Süß schungsanträgen: Hans Altendorf (Direktor der BStU) (BStU) – Statements der Vertreter von auf dem Gebiet der DDR-Zeitgeschichte tätigen wissenschaftlichen Insti- – Das Verhältnis von Herrschaft und Gesellschaft als tutionen: Dr. Thomas Lindenberger (Zentrum für Zeit- Problem der MfS-Forschung: Dr. Jens Gieseke (BStU) historische Forschung Potsdam), Dr. Rüdiger Wenzke – Schwerpunkt Opposition und Widerstand in BF: (Militärgeschichtliches Forschungsamt), Dr. Hermann Wentker (Leiter der Außenstelle Berlin des Instituts Dr. Ehrhart Neubert (BStU) für Zeitgeschichte München), Prof. Dr. Manfred Wilke (Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Univer- C. Perspektivische Beiträge (Moderation Prof. Ralph sität Berlin) Jessen, Universität Köln) Als weitere Expertinnen und Experten haben an dem – Unbekannter Widerstand. Politische Gegnerschaft in Workshop teilgenommen: Prof. Dr. Mary Fulbrook (Uni- der DDR 1949 bis 1989 – Ein Datenprojekt: Dr. Ilko- versity College London), Prof. Dr. Günther Heydemann Sascha Kowalczuk (BStU) (Universität Leipzig), Prof. Dr. Klaus Marxen (Humboldt Universität zu Berlin), Prof. Dr. Dorothee Wierling (Uni- – Editionsprojekt ZAIG: Dr. Jens Gieseke (BStU) versität Hamburg). – 120 –

Anhang 27

Vortrag zur Eröffnung des Wissenschaftlichen Hermann Heller bereits 1934; die scheinbar so aktuelle Workshops „Zur Bedeutung von MfS-Forschung und Diskussion über die „Grenzen der Diktatur“ vor 70 Jah- Stasi-Akten für die Zeitgeschichtsforschung“ am ren. 26. November 2004 Ich greife mit diesen einführenden Überlegungen bewusst etwas hoch, denn die Reaktion von Gesellschaften auf Klaus-Dietmar Henke Krisen der Demokratie und der Moderne ist nichts, was „Die Bedeutung der MfS-Akten für die Zeitge- uns heute gleichgültig sein könnte. Die historische Erfah- schichtsforschung, die gesetzliche Regelung des Ak- rung der keineswegs für immer gebannten Gefährdung tenzugangs und die besondere Rolle der Forschung in unserer Lebensform durch die Verführungskraft antide- der Behörde“ mokratischen Denkens: Das ist der Hintergrund, vor dem die Frage nach der Bedeutung der MfS-Akten zu beant- Liebe Frau Birthler, meine Damen und Herren, worten ist – keineswegs nur im Hinblick auf das kleine ich freue mich sehr, dass ich an diesem Workshop teilneh- Land DDR. men kann. Um meine ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder zu sehen, habe ich es gerne in Kauf Die von der Behörde der Bundesbeauftragten verwahrten genommen, den folgenden Vortrag auszuarbeiten. Notge- Dokumente führen uns das Gefährdungspotential einer drungen kursorisch versuche ich auf die drei Punkte ein- nur noch instrumentellen Vernunft unmittelbar vor Augen. zugehen, die mir das Thema vorgibt, um ganz am Ende Indem sie die Konsequenzen einer gewaltenfusionierten dann auf die kleine Fliege Drosophila zu sprechen zu Ordnung bis in die Primärgruppen hinein so widerlich und kommen. anschaulich zeigen, sind sie – ex negativo – ein einziges eindringliches Plädoyer für die gewaltengeteilte Zivilge- Nationalsozialismus und Staatssozialismus waren gewiss sellschaft. Die MfS-Akten machen überdies genauestens ideologische Antipoden. Aber beide waren auch eine rekonstruierbar, zu welch unerhörter gesellschaftlicher Antwort auf das, was man die Krise der Moderne genannt Ressourcenverschwendung in allen Bereichen die andau- hat. Beide Regime verstanden sich explizit als Gegenent- ernde Auseinandersetzung zwischen beabsichtigter Auf- wurf, als zukunftsweisende Alternative zu einer angeb- hebung und tatsächlicher Behauptung von Autonomie lich überlebten Auffassung von Staat, Gesellschaft und führt. Dieses permanente Ringen ist ja eines der Haupt- Individuum. Sie schien den Herausforderungen des zer- merkmale von weltanschaulich fundierten „durchherrsch- rissenen 20. Jahrhunderts ja auch nur wenig entgegenset- ten Gesellschaften“. Es ist deswegen begrüßenswert, dass zen zu können. Nationalsozialisten und Kommunisten sich die Abteilung Bildung und Forschung verstärkt sol- wussten genau, wogegen sie Front machten: gegen eine chen diffizilen Fragen der Herrschafts-, Gesellschafts- Staats- und Gesellschaftsorganisation, die sich aus der und Erfahrungsgeschichte zuwenden möchte. Darauf Würde und den angeborenen Rechten des Einzelnen ab- komme ich noch zurück. leitete; gegen Pluralismus; gegen das Mehrheitsprinzip; gegen eine kritische Öffentlichkeit; gegen die Begren- Die MfS-Akten und die komplementäre Überlieferung zung von Macht durch Recht usw. All das galt ihnen als der Staats- und Parteiorgane der SED-Diktatur eignen eine gefährliche Selbstschwächung bei dem Versuch, die sich für die hier nur angerissenen grundlegenden Fragen Moderne nach ihrem Gesellschaftsentwurf zu gestalten, besser als die Hinterlassenschaft des vorausgegangenen als humanitätsduselig und hinderlich im Kampf gegen Angriffs auf Demokratie und Menschenrechte. Denn die den inneren und äußeren Feind. NS-Diktatur war im Wesentlichen ein Regime der Kriegs- vorbereitung und der Kriegsführung. Sie wurde in kürzes- Weil der Mensch damals wie heute nicht als Demokrat ter Frist von der selbst entfachten Stichflamme verschlun- geboren wurde, und weil die meisten Demokratien An- gen. Das Hitler-Regime konnte und brauchte eine fang der dreißiger Jahre tatsächlich mit ihrem Latein am derartige Kontrolldichte wie in den staatssozialistischen Ende schienen, entfalteten diese Gegenentwürfe beträcht- Systemen gar nicht herzustellen: weil es breiter in der Be- liche Anziehungskraft. Da war einmal ihre fundamenta- völkerung verankert war; weil seine „Gleichschaltung“ listische Gegenwartskritik. Da war ferner ihr irritierender viel weniger weit ging; weil es die Mühen der Ebene, also Messianismus, der die damals wie heute existentielle die Veralltäglichung des ideologischen Charismas, gar Sehnsucht des Menschen nach Sicherheit und Sinn für nicht mehr erlebte; auch weil es – ganz anders als die seine Zwecke instrumentalisierte. Und dann war da die DDR – außenpolitischer Rücksichtnahme bald enthoben politische Praxis des Nationalsozialismus und des Staats- war. sozialismus: Beides – Ideologie und Politik – wurde von hellsichtigen Zeitgenossen sofort als eine Revolte gegen Im Nationalsozialismus hat es eine so elaborierte, institu- die Zivilisation und die Kultur des Westens eingestuft. tionell derart verfeinerte und verfestigte Durchherrschung Was sie vor allem erschreckte, war die prinzipielle Ten- der Gesellschaft, einen solchen sozialtechnischen Arkan- denz dieser Regime, alle kulturellen, institutionellen und bereich, wie wir ihn nach dem Untergang des Staatssozia- rechtlichen Schranken aufzuheben. Der Machtanspruch lismus vorfanden, nicht gegeben (wenn wir von der der Diktatoren finde seine Grenzen nur noch an den tat- höchst arbeitsteiligen Vorbereitung und Durchführung sächlichen Verhältnissen in der Gesellschaft, schrieb etwa des Judenmords einmal absehen). In diesem Sinne war – 121 –

n o c h Anhang 27 das Dritte Reich gar keine avancierte, sondern eine ata- pertisen aber auch frühzeitig gewissen Neigungen zur vistische Diktatur. Mystifikation und Überhöhung des Staatssicherheits- dienstes entgegengetreten. Ich verrate kein Geheimnis, In beiden Diktaturen, die in vielem unterschiedlicher und wenn ich daran erinnere, dass wir damals die nicht ein- gegensätzlicher kaum sein könnten, ist es jedoch die Ge- fach zu interpretierenden Bestimmungen des Stasi-Unter- heimpolizei, die den Historiker direkt in den bösen Kern lagen-Gesetzes vom ersten Tage an und in Übereinstim- dieser Regime führt. Sie ist ja das Exekutivorgan des mung mit der Leitung und dem Beirat der Behörde im Weltanschauungsträgers – hier die Führerexekutive, dort Sinne der aufklärerischen Tradition der friedlichen Revo- die Politbüroexekutive. In diesen Orden der Rechtgläu- lution in Deutschland ausgelegt haben. bigkeit finden wir die Leitidee gewöhnlich am reinsten vor. Hier erkennen wir auch die praktischen Konsequen- Vor dem Hintergrund des Gesagten mag es einem nach zen am deutlichsten, die sich aus der Leitidee in Prägung dem Kohl-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bange ihrer Umwelt oder in Reaktion auf sie ergeben. werden um die Erkenntnismöglichkeiten der Zeitge- schichtsforschung auf dem skizzierten Felde. Damit bin Raymond Aron hat schon früh angemerkt, dass jedwede ich beim zweiten Punkt meines Themas. Ohne Zweifel verbindlich gemachte Ideologie potentiell terroristisch hat sich die Bedeutung der Abteilung Bildung und For- sei. Nach Martin Drath trägt sie den „Zwang zum schung für die Wissenschaft durch diese Entscheidung Zwange“ in sich. Wir haben hier das unzertrennliche Ge- noch erhöht. schwisterpaar von Ideologie und Terror vor uns, wie es von einer für alle möglichen Zwecke strapazierten und Zur derzeitigen gesetzlichen Regelung des Aktenzugangs hier besser ungenannt bleibenden Klassikerin der Totali- nur folgende Bemerkungen, zunächst: Die existierende tarismusforschung beschrieben wurde. Man kann auch Anomalie des ungleichen Aktenzugangs zwischen exter- von Leitidee und Kontrollstruktur als zwei Seiten ein und nen Forschern und den Wissenschaftlern der Behörde ist derselben Medaille sprechen. ein schwerwiegendes Problem. Wären die Zugangsrechte für die externe Forschung besser, könnte man in der Tat Geheimpolizeien als Weltanschauungsexekutive sind des- darüber diskutieren, ob die Behörde einen solchen For- wegen immer genuine, niemals bloß additive System- schungsapparat unterhalten muss. Aber so, wie der Zu- merkmale – so wie das MfS nicht nur eine unter vielen gang für externe Wissenschaftler nun einmal geregelt ist, anderen Organisationen des SED-Staates gewesen ist, sind wichtige Forschungsvorhaben undurchführbar, wenn sondern dessen Existenzvoraussetzung. Ich habe hier we- sie nicht von der Abteilung BF geleistet würden. Nach niger die gewissermaßen allgemein üblichen brachialen dem einschränkenden Kohl-Urteil ist diese Abteilung als Gewalttaten im Zuge von Durchsetzung oder Stabilisie- „Schleuse“ in den einzigartigen Quellenbestand der Be- rung einer Diktatur im Auge wie wir sie auch aus der hörde sogar noch wichtiger geworden. Frühzeit der SED-Herrschaft kennen, sondern die unun- terbrochene Disziplinierung durch Partei- und Geheimpo- Aus der Sicht der Zeitgeschichtswissenschaft ist es be- lizeiapparate, kurz: die Symbiose von Politik und Polizei, sonders ärgerlich, dass bei der BStU im Vergleich zu an- die das gesamte Gefüge des öffentlichen und privaten Le- deren Archiven nur ein sehr begrenzter Zugang zu den bens tangiert. Diese Art subtilisierter Überwachungs- und Findhilfsmitteln möglich ist. Die rechtlich gebotenen Disziplinierungsdiktatur dürfte mit dem Untergang des Schwärzungen in den Aktenkopien versperren vielfach Staatssozialismus sowjetischen Typs in Europa keines- wünschenswerte Nutzungsmöglichkeiten. Vor allem Wis- wegs obsolet geworden sein. George Orwell und Aldous senschaftler, die methodisch anspruchsvolle Forschungs- Huxley bleiben auch im 21. Jahrhundert mit seinen poten- ansätze haben, stehen hier vor unüberwindlichen Hürden. zierten technischen Möglichkeiten eine lohnende Lek- Überhaupt ist das Anonymisierungsgebot des StUG ein türe. großes Hindernis für die externe Forschung. Es macht das Verfahren der Aktenherausgabe derart schwerfällig, dass Da der Staatssicherheitsdienst ein Essential des Staatsso- eine mit der Aktenauswertung in anderen Archiven ver- zialismus gewesen ist, können wir durch sein Studium gleichbare Praxis nicht möglich ist, weder qualitativ noch auch Wesentliches über die Essenz dieser Art von Herr- quantitativ. Unter den gegenwärtigen Bedingungen ist es schafts- und Gesellschaftsorganisation herausfinden. Da- für Wissenschaftler anderer Einrichtungen kaum noch bei darf das charakteristische Ineinandergreifen der ver- möglich, in vertretbarer Zeit komplexe Forschungsvorha- schiedenen Diktaturapparate, namentlich von MfS und ben durchzuführen, die sich überwiegend auf MfS-Akten SED-Parteiorganisation, im Nachhinein nicht historiogra- stützen. phisch aufgehoben werden. Die Schlüsselfunktion der SED-Geheimpolizei ist uns vor 1989 nicht so klar be- Leider haben Gesetzgebung und Rechtsprechung in den wusst gewesen wie heute. Es ist ein bleibendes Verdienst letzten Jahren zu einer Erschwerung des Aktenzugangs der Behörde und namentlich ihrer Abteilung BF, dass sie geführt. Zwar hat das Urteil des Bundesverwaltungsge- dies sehr früh unwiderleglich klarmachen konnte. Das hat richts vom Juni dieses Jahres die Rechte der Forschung manche Skeptiker belehrt und viele Legenden über den weniger stark beschnitten als die der Medien, doch sind Staatssozialismus zerstört oder gar nicht erst aufkommen der Wissenschaft jetzt noch engere Grenzen gezogen als lassen. Andererseits ist die Abteilung mit nüchternen Ex- früher. Fragwürdig ist namentlich die von den Richtern – 122 – n o c h Anhang 27

– gegen den Wortlaut des Gesetzes – geschaffene Beweis- gen; vermutlich auch Interessen und Befürchtungen poli- lastumkehr bei der Frage, ob eine von der Forschung zu tisch einflussreicher Persönlichkeiten. nutzende Information auf einer Menschenrechtsverlet- zung beruht oder nicht. Damit steht jetzt auch die Ver- Soll ich nun, drittens, ein Wort zur Bilanz und zu den wendung banalster Informationen zu Personen der Zeit- neuen Schwerpunkten der Forschung in der Behörde sa- geschichte und Amtsträgern unter dem Generalvorbehalt gen, so möchte ich zunächst feststellen: Man merkt der einer möglichen Menschenrechtswidrigkeit. Man male von manchen Kollegen etwas abschätzig als „Behörden- sich einmal unseren Kenntnisstand zum Nationalsozialis- forschung“ bezeichneten Behördenforschung gar nicht mus aus, wenn wir beim Zugang zu den Akten des an, dass es Behördenforschung ist; einige, denen dies Epi- Reichssicherheitshauptamtes und anderer Stellen von theton etwa beim angesehenen Militärgeschichtlichen Hitlers Geheimpolizei ähnlichen Beschränkungen unter- Forschungsamt der Bundeswehr nicht in den Sinn käme, worfen gewesen wären! sprechen gegen die Evidenz gar von „Staatsforschung“. Das ist ebenso ungerecht wie durchsichtig, denn die Pro- Sehr viel Einblick in die Bedingungen zeithistorischer dukte der Abteilung BF entsprechen den Qualitätsstan- Forschung hatten die Richter anscheinend nicht. Sie ha- dards der internationalen Zeitgeschichtsforschung. Ich ben dem früheren Bundeskanzler Helmut Kohl ein sehr kenne keinen ernst zu nehmenden Kollegen, der das be- weitgehendes privates Verfügungsrecht über Informatio- zweifelt. Manches gehört sogar zu den Spitzenleistungen nen zugesprochen, die sein politisches und amtsbezoge- der Zunft; die Analyse des Korps der hauptamtlichen nes Handeln betreffen. Darauf könnten sich künftig auch Mitarbeiter etwa, die Bestimmung der Rolle des MfS in DDR-Funktionäre berufen. Es muss dafür gesorgt wer- der Endphase der DDR oder der Vergleich zwischen den den, dass die Erforschung des SED-Regimes nicht in das Krisen von 1953 und 1989, bei dem das methodische In- Belieben ihrer einstigen Machtträger gestellt wird. Das strumentarium der Politikwissenschaft sehr fruchtbrin- Gericht hat zweifellos eine forschungswidrige Schieflage gend mit dem der Zeitgeschichtswissenschaft verknüpft geschaffen, mit der sich die Zeitgeschichtsschreibung wurde. Nicht umsonst erschien dieser Aufsatz in der vor- nicht abfinden sollte. letzten Nummer der „Vierteljahrshefte für Zeitge- schichte“, unserem wohl renommiertesten Publikations- Es steht freilich zu befürchten, dass die Forschung noch ort für neue Forschungsergebnisse. geraume Zeit mit dieser unbefriedigenden Rechtslage wird leben müssen. Natürlich kann der Weg aus diesem Die große Sorge der Historikerschaft von 1992 – um eine Dilemma keinesfalls darin bestehen, den Aktenzugang weitere Bemerkung vorauszuschicken –, wie es in der Be- der Wissenschaftler in der Abteilung BF an die miesen hörde bei einem derart politisierten Forschungsgegen- Bedingungen für die externe Forschung anzugleichen. Im stand denn wohl mit der Wissenschaftsfreiheit bestellt Gegenteil, der privilegierte Zugang der BF-Mitarbeiter ist sein werde, hat sich als unberechtigt erwiesen. „Die Tä- für die externe Forschung von großem Vorteil – nun erst tigkeit der Abteilung im Bereich der Forschung richtet recht: Kurzfristig, weil die Veröffentlichungen von BF sich nach den Kriterien wissenschaftlicher Objektivität.“ eine große Fülle von Hinweisen enthalten, mit denen die ex- So steht es in einem Schreiben vom 1. Juli 1992, um das terne Forschung weiterarbeiten kann (die Abteilung sollte ich den ersten Direktor der Behörde und heutigen Staats- diesem Aspekt bei ihren Publikationen in besonderem sekretär des Justizministeriums Hansjörg Geiger damals Maße Rechnung tragen); langfristig, weil die Behörde nur vorsorglich gebeten hatte. Das wäre gar nicht nötig gewe- durch ihre eigene Forschung in der Lage ist, der Öffent- sen, wie sich bald herausstellte. An den Produkten der lichkeit zu demonstrieren, welch bedeutsamen Ertrag ein Forschungsabteilung ist nicht abzulesen, dass sich an der vernünftiger Zugang zum MfS-Bestand erbringt, wenn wissenschaftlichen Autonomie der Abteilung Bildung Bücher und Aufsätze entstehen, die auf einem direkten und Forschung seither irgendetwas geändert hätte. Aktenzugang beruhen. In der Praxis bedeutet das unter anderem: BF muss noch stärker als bisher solche Projekt- Uns liegt allen die Bilanzbroschüre von BF mit dem zu- kooperationen mit anderen wissenschaftlichen Einrich- kunftsgewissen Titel „Die ersten zehn Jahre“ vor. Ich tungen eingehen, bei denen ein interner Aktenzugang aus kann mich deswegen auf einige wenige Bemerkungen be- methodischen Gründen unabdingbar ist. Damit wäre der schränken. Dabei ist vorauszuschicken, dass die Abtei- Zeitgeschichtsforschung sehr gedient. Ohnedies sind Ko- lung nicht nur Wirkung nach außen, sondern auch nach operationsunternehmen ein Ausweis für Exzellenz. innen entfalten muss. Die tägliche Arbeit der Behörde und die von ihr betriebene politische Bildung (die ich hier Manche schlagen ja vor, das Bundesarchiv solle mög- leider übergehen muss) wären ohne eigene Forschung lichst bald die Stasi-Unterlagen übernehmen. Davon ist nicht zu leisten. abzuraten. Denn das wird mit Sicherheit nicht zu einer Verbesserung der Zugangsbedingungen für die Außenfor- Die Hauptfrage bei einer Evaluation ist ja immer die nach schung führen. Nach dem Kohl-Urteil werden wir vom Produktivität, Qualität und methodischer Originalität. Die Gesetzgeber wohl so bald keine Verbesserung der Zu- Abteilung kann für den Zeitraum von zehn Jahren einige gangsbedingungen erwarten dürfen. Die Dominanz des Dutzend zum Teil voluminöse Bücher und einige hundert Datenschutzdenkens und eine noch immer verbreitete Broschüren, Aufsätze usw. vorweisen (wobei ich mich Mystifizierung der Stasi-Unterlagen stehen dem entge- heute noch wundere, dass in den turbulenten ersten drei – 123 –

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Jahren überhaupt irgendetwas erscheinen konnte). Wenn macht die Arbeit von BF international und interdiszipli- Sie das mit anderen Forschungseinrichtungen verglei- när „anschlussfähig“, wie man heute chic sagt. Neben der chen, dann sehen Sie, dass wir es mit einer produktiven weiteren Vertiefung der Oppositionsforschung (die immer Abteilung zu tun haben. Das umso mehr, als bequeme ein Anliegen von BF war) und dem ehrgeizigen Vorhaben Veröffentlichungen von Fremdautoren eher die Aus- zur sozialistischen Geheimdienstkooperation (dem in ei- nahme sind. In manchem altehrwürdigen Institut ist der nem erweiterten Europa, dem auch ehemals im sow- Prozentsatz der Außenautoren mitunter sehr viel höher. jetischen Machtbereich gelegene Staaten angehören, besondere Relevanz zukommt) ist die verstärkte Hinwen- Die wissenschaftliche Qualität der BF-Publikationen dung zur Wirkungs- und Erfahrungsgeschichte diktatori- steht außer Frage, auch wenn es darunter manch hartes scher Herrschaft besonders zu begrüßen – also die Bemü- Stück Brot gibt und manches – etwa das schon sehr lange hung, zu einem vertieften Verständnis des Verhältnisses traktierte „MfS-Handbuch“ – allmählich zum Abschluss von Herrschaft und Gesellschaft im Staatssozialismus gelangen könnte. Es war allerdings die schiere Selbstver- sowjetischen Typs zu gelangen. Zu Recht weist eines der ständlichkeit, dass sich die Abteilung in den ersten Jahren sehr elaborierten Konzepte darauf hin, dass eine qualita- ihrer Existenz zunächst den Grundsatz „first things first“ tive Sozialgeschichte nicht allein die lebensweltlichen auf die Fahnen schrieb: also Grundlagenforschung zur In- Bedingungen in der Diktatur zu erkennen hilft, sondern stitution, zum normativen Rahmen und zum personellen dass häufig erst die mikrohistorische Perspektive die In- Profil – historiographische Rekonstruktionen und Basis- terdependenz von Gesellschaft und Politik – und damit informationen, die in der Literatur zur DDR-Geschichte die Funktionsbedingungen der Diktatur als Ganzes – er- inzwischen häufig zitiert werden; ebenfalls ein Ausweis hellen kann. von Akzeptanz und Nützlichkeit. Aus der 10-Jahres-Bi- lanz ist aber auch zu ersehen, dass es nicht dabei geblie- Von hier aus führt der Weg im Idealfall zur Begriffs- und ben ist. Vielmehr wurden bereits frühzeitig über ein Dut- Theoriebildung, die ja immer auch Ziel unserer Bemü- zend wesentliche Themenfelder der DDR-Herrschafts- hungen sein muss. Das ist vor zwanzig, dreißig Jahren im und Verfolgungsgeschichte einbezogen. Institut für Zeitgeschichte unter einem inspirierenden Di- Ich will gerne einräumen, dass man von mir keinen Ver- rektor mit den großen Untersuchungen des Nationalsozia- riss der Abteilung BF erwartet haben dürfte. Ich bin aber lismus in der Provinz und der Wirkungsgeschichte der davon überzeugt, dass eine Außenevaluation ebenfalls zu amerikanischen Besatzungspolitik mit einigem Gewinn einem positiven Votum gelangen würde. Dabei wäre dann geschehen. Sie haben unser Verständnis des NS-Regimes, auch die Forschungsplanung unter die Lupe zu nehmen, des Umbruchs nach 1945 und der insgesamt segensrei- wie sie in den vorliegenden Papieren skizziert ist. Wenn chen Erziehungsdiktatur namentlich der angelsächsischen ich sie richtig gelesen habe, folgt die Planung dem Prin- Besatzungsmächte doch wesentlich erweitert, meine ich. zip: Ausweitung, Vertiefung, Verfeinerung, Kooperation. Großprojekte dieses Zuschnitts können, wenn sie einen Es versteht sich dabei, dass weiterhin Institutionsge- intensiven MfS-Bezug haben, nur hier und nirgendwo an- schichte des MfS betrieben werden muss – in einem ganz ders durchgeführt werden. Für die Erforschung der staats- orthodoxen Sinne, aber auch unter den Prämissen, die ich sozialistischen Systeme ergäben sich überdies gute Ko- eingangs anzudeuten versuchte. Ein Papier argumentiert operationsmöglichkeiten mit den führenden Instituten, durchaus in diesem Sinne, wenn es betont, dass die zu die sich mit diesen Fragen beschäftigen – mit dem Zen- Recht eingeforderte Erweiterung der Perspektiven der trum für Zeithistorische Forschung und dem MGFA in DDR-Forschung ohne eine adäquate Berücksichtigung Potsdam oder mit der Berliner Außenstelle des Instituts der Schlüsselfunktion einer strategischen Querschnitts- für Zeitgeschichte; aber genauso mit der einen oder ande- institution wie des MfS schwer vorstellbar ist. Wie wirk- ren Universität. ten die Apparate der kommunistischen Diktaturen zusam- Lassen Sie mich zum Abschluss noch einmal unterstrei- men, die über Jahrzehnte immerhin halb Europa be- chen: Es ist das Paradigmatische, das über den Gegen- herrschten? Auf welche Weise beeinträchtigte der nie auf- stand selbst Hinausweisende, was von der Abteilung BF gegebene Kontrollanspruch selber die Stabilität und bei ihren künftigen Forschungsvorhaben im Blick behal- Erneuerungsfähigkeit dieser politisch formierten Gesell- ten werden kann und im Blick behalten werden muss. Das schaften? Welches waren die Determinanten von Erosion, ist, um mit einem Vergleich aus dem Biologieunterricht Revolution oder ausgehandelter Konversion? – um nur zu schließen, wie bei der kleinen Fliege Drosophila: De- drei beliebige aus einem Bündel klärungsbedürftiger Fra- ren Erforschung hat unsere Kenntnisse über die Taufliege gen herauszugreifen. in den letzten hundert Jahren ganz erheblich erweitert. Es ist hervorzuheben, dass sich die Abteilung des para- Die eigentliche Wertschätzung der kleinen Fliege Droso- digmatischen, weit über die schlichte Nur-DDR-For- phila rührt aber daher, dass sie dem Menschen so weit rei- schung hinausweisenden Charakters ihrer Arbeit deutlich chende Einblicke in das Universum der Genetik ermög- bewusst ist. Das ist von der Sache her essentiell, und es licht. – 124 –

Anhang 28

„Die kommunistischen Sicherheitsapparate in – PhDr. Radoslav Ragač (Slowakei) – Kollektives Ostmitteleuropa 1944/45–1989“ Portrait der Verwaltungsführung der tschechoslowaki- schen Staatssicherheit (ŠtB) im Normalisationszeit- Internationale Konferenz vom raum. (Universitätsausbildung und die Führungsspit- 16. bis 18. Juni 2005 in Warschau zen der ŠtB – Notwendigkeit oder freier Wille?) Übersicht über Sektionen, Podiumsdiskussionen und Rahmenprogramm Sektion 3 – „Die Aktivitäten der kommunistischen Sektionen und Vorträge mittelosteuropäischen Sicherheitsapparate außer- halb des sowjetischen Machtbereichs“ Sektion 1 – „Die Position der kommunistischen Sicherheitsapparate innerhalb der staatlichen Moderation: Dr. hab. Paweł Machcewicz (Polen) Machtstrukturen“ – Dr. Andrey Edemsky (Russland) – Mythen um eine Moderation: PhDr. Oldřich Tůma (Tschechische Repu- geplante Ermordung Titos und reale Pläne der sowjeti- blik) schen Sicherheitsdienste während des sowjetisch-ju- goslawischen Konflikts 1948 – Dr. Jens Gieseke (Deutschland [BStU]) – Der ostdeut- sche Tschekismus. Elitäre Militanz in Stalinismus und – Matej Medvecký (Slowakei) – Entführungen als eine Fürsorgediktatur Arbeitsmethode der Sicherheitsdienste jenseits des Ei- sernen Vorhangs. Der Fall vom Imrich Sucký – Prof. Andrzej Paczkowski (Polen) – „Die führende Kraft“. Die kommunistische Partei und der Sicher- – Dr. Svend Aage Christensen, Henry Andreasen (Däne- heitsapparat in Polen 1944 – 1956 mark) – Die Aktivitäten des polnischen Spionageappa- rats gegen Dänemark in der Zeit des Kalten Krieges – Dr. Magdolna Barath (Ungarn) – Feindbilder. Ziele der ungarischen Staatssicherheitsorgane vor und nach – Helmut Müller-Enbergs (Deutschland [BStU]) – der Revolution 1956 DDR-Spionage gegen die Bundesrepublik Deutsch- land – Petr Cajthaml (Tschechische Republik) – Die Staatssi- cherheit außerhalb der Staatssicherheit – Richard Cummings (USA) – Der Krieg im Äther: Vierzig Jahre feindliche Aktionen der osteuropäischen – Ladislav Bukovszky (Slowakei) – Die Sicherheitsab- und sowjetischen Geheimdienste gegen Radio Free teilung des Innenministeriums der Slowakischen So- Europe und Radio Liberty zialistischen Republik und ihre Position im Machtge- füge nach 1968 – Prof. Jordan Baev (Bulgarien) – Das bulgarische Ko- mitee für Staatssicherheit und seine Beziehungen zu – Prof. Mark Kramer (USA) – Die Staatssicherheitsor- Terroristengruppen gane in Krisenzeiten: Eine vergleichende Studie über die DDR 1953, Ungarn 1956, die Tschechoslowakei 1968/1969 und Polen 1980/1981 Sektion 4 – „Die Zusammenarbeit der kommunistischen Sicherheitsapparate“ Sektion 2 – „Ein Kollektivporträt des Moderation: Prof. Dennis Deletant (Großbritannien) kommunistischen Sicherheitsapparates“ – PhDr. Tomas Vilimek (Tschechische Republik) – Die Moderation: Prof. Klaus Ziemer (Deutschland) Zusammenarbeit und das Zusammenwirken der – Julie Elkner (Großbritannien) – Filme für den neuen Staatssicherheitsdienste der ČSSR und der DDR in „kulturellen Tschekisten“. KGB und die Filmindustrie den 70er und 80er Jahren unter Chruschtschow –Dr. Igor Hałagida (Polen) – Die Zusammenarbeit zwi- – Dr. Andreas Hilger (Deutschland) – Die Geburt deut- schen dem SB/KGB und dem MGB/KGB und die scher „Tschekisten“: Die ostdeutsch-sowjetische Zu- ukrainische Minderheit in Polen 1944–1989 sammenarbeit 1945–1955/57 – PhDr. Klara Horáliková (Tschechische Republik) – – PhDr. Jan Kalous (Tschechische Republik) – Säube- Die Arbeit an der gemeinsamen Geheimdienst-Daten- rungen in der Staatssicherheit in der ersten Hälfte der bank SOUD unter tschechoslowakischen Vorausset- fünfziger Jahre: ein Bestandteil der politischen Schau- zungen (im Vergleich mit der DDR und Polen) prozesse in den Ostblock-Staaten – Dr. Walter Süß (Deutschland [BStU]) – Asymmetri- – Claudiu Secasiu (Rumänien) – Die hochrangigen sche Kooperation zwischen den Sicherheitsapparaten Funktionäre des kommunistischen Sicherheitsapparats der DDR und der Sowjetunion im Kampf gegen die in Rumänien (1944/1945–1952) „ideologische Diversion“ – 125 –

n o c h Anhang 28

– PhDr. Petr Blažek (Tschechische Republik) – Aktion Staatsarchiven. Archive im Dienst der sowjetischen „NORTH“ (Akce „SEVER“) – der tschechoslowa- Unterdrückungsorgane kische Sicherheitsdienst ŠtB und die Polen-Krise 1980–1984 Podiumsdiskussionen – Monika Tantzscher (Deutschland [BStU]) – Die Ope- „Moralische Aspekte im Umgang mit den Akten der rativgruppen des DDR-Staatssicherheitsdienstes in kommunistischen Sicherheitsapparate, die für die den anderen Ostblockländern Forschung und öffentliche Debatten bedenkenswert sind“ Moderation: Dr. hab. Paweł Machcewicz (Polen) Sektion 5 – „Die Haupteinsatzgebiete der kommunistischen Sicherheitsapparate“, Teil 1 Teilnehmer: Prof. Andrzej Friszke (Polen), Dr. Ehrhart Neubert (Deutschland [BStU]), PhDr. Jan Pešek (Slowa- Moderation: Dr. Bernd Schäfer (Deutschland) kei), Prof. Vilem Prečan (Tschechische Republik) – Ritvars Jansons, Indulis Zalite (Lettland) – Die Agen- turen für nationale Sicherheit in der lettischen Sowjet- „Die Hinterlassenschaften der kommunistischen republik und die Schwerpunkte ihrer Repressionstätig- Diktatur und ihrer Sicherheitsapparate: Eine Bilanz“ keit Moderation: Prof. Andrzej Paczkowski (Polen) –Dr. Rafał Wnuk (Polen) – Die Aktivitäten des kommu- nistischen Sicherheitsapparats gegen den bewaffneten Teilnehmer: Dr. Ján Čarnogurský (Slowakei), Hynek Widerstand in Polen in den vierziger und fünfziger Fajmon (Tschechische Republik), Prof. Gesine Schwan Jahren (Deutschland) und Dr. Kazimierz Wóycicki (Polen) – Dr. Lavinia Stan (Kanada) – Die Securitate und die ru- mänisch-orthodoxe Kirche: Muster von Kollaboration Rahmenprogramm und Widerstand im Klerus Ausstellungen von IPN, BStU und ÚDV über die – PhDr. Ivica Bumová, Ján Hlavinka (Slowakei) – Der kommunistischen Sicherheitsapparate in Polen, der tschechoslowakische Staatssicherheitsdienst und seine DDR und der Tschechoslowakei Aktivitäten gegen das „Zielobjekt Zionismus“ in der Slowakei von 1968 bis 1980 Buchpräsentation „A Handbook of the Communist – Dr. Germina Ana Nagat (Rumänien) – Mut und Ver- Security Apparatus in East Central Europe, geltung. Künstler trotzen der politischen Polizei 1944 – 1989“ Moderation: Dr. Łukasz Kamiński, Krzysztof Persak (Po- len) Sektion 5 – „Die Haupteinsatzgebiete der kommunistischen Sicherheitsapparate“, Teil 2 Teilnehmer: Prof. Jordan Baev (Bulgarien), PhDr. Petr Blažek (Tschechische Republik), Prof. Dennis Deletant Moderation: Peter Matijek (Slowakei) (Großbritannien), Dr. hab. Antoni Dudek (Polen), – Dr. Vasil Paraskevov (Bulgarien) – Die Politik der bul- Dr. Jens Gieseke (Deutschland [BStU]), Prof. Kostadin garischen Staatssicherheit gegenüber der bulgarischen Grozev (Bulgarien), Prof. Andrzej Paczkowski (Polen), politischen Emigration in den Jahren des Kalten Krie- Prof. Nicolas Werth (Frankreich), Dr. Pavel Žáček ges (Tschechische Republik) – Dr. János M. Rainer (Ungarn) – Vater und Sohn József Antall als Ziele des Sicherheitsapparats nach 1956 Begegnung mit Zeitzeugen – Dr. Gerhard Barkleit (Deutschland) – Schutz der Moderation: Prof. Jerzy Eisler (Polen) Volkswirtschaft, Spionage und Gegenspionage: das Teilnehmer: Günther Rudolph (Deutschland), Mieczysław MfS im Bereich der Hochtechnologien Chojnacki (Polen), Emil Švec (Slowakei) –PhDr. Jiří Plachý (Tschechische Republik) – Nazisten im Dienste der Staatssicherheit (ŠtB) Filmvorführungen – Polnischer Tag – Max Holland (USA) – Die Verbreitung und die Macht von Desinformation: zur Rolle der kommunistischen Einführung: Dr. hab. Antoni Dudek (Polen) Sicherheitsdienste in den Jahren 1948 bis 1989 – „W pogoni za bandą“ („Jagd auf eine Bande“) – Film aus den Archiven des IPN, 1954 – Dr. Aigi Rahi-Tamm (Estland) – Die Karteikarten-Er- fassungen personenbezogener Daten in den estnischen – „Cichy front“ („Stille Front“) – WFDiF, 1964 – 126 – n o c h Anhang 28

–„Tajne taśmy SB“ („Geheime Bänder der Staatssicher- – „Korrespondenten imperialistischer Massenmedien“ – heit“) – Regisseur Piotr Morawski, Polnisches Fernse- Film aus den Archiven der BStU, 1988 hen, 2002

Filmvorführungen – Deutscher Tag Filmvorführungen – Tschechischer und Slowakischer Tag Einführung: Georg Herbstritt (Deutschland [BStU]) – „Alltag einer Behörde“ – Regisseur Jan N. Lorenzen, Einführung: Petr Cajthaml (Tschechische Republik) 2002 – „Akce Brusel“ („Aktion Brüssel“) – Regisseur Jan – „Lehrfilm über die Rekonstruktion von Stasiakten“ – Říha, 1974 Regisseurin Anke Limprecht, 2000 Diskussion: Jan N. Lorenzen (Deutschland), Anke Einführung: Dr. Łukasz Kamiński (Polen) Limprecht (Deutschland) und Piotr Morawski (Polen), –„30 případů majora Zemana“ („30 Sachen von Major Moderation: Georg Herbstritt (Deutschland [BStU]) Zeman“), Abschnitt „Vrah se skrývá v poli“ („Der – „Krieg im Frieden“ – Film aus den Archiven der Feind versteckt sich im Feld“) – Regisseur Jiří BStU, 1985 Sequens, 1975 – 127 –

Anhang 29

Veranstaltungen der Zentralstelle der BStU Der Fall „Gänseblümchen“ – Das Todesurteil gegen die Grotewohl-Sekretärin Elli Barczatis und ihren Der „Prager Frühling“ und sein Echo in Osteuropa, in Gefährten Dr. (18. September 2003) der DDR und der Bundesrepublik (21. August 2003) Der Journalist Manfred Rexin berichtete anhand umfang- In der Nacht zum 21. August 1968 wurden die Hoffnun- reich überlieferter Stasi- und Gerichtsakten sowie Ton- gen auf eine Liberalisierung in Osteuropa jäh zerstört. bandaufnahmen detailliert über den Geheimprozess des Trotz ihres Scheiterns besaß die Botschaft der tschecho- Obersten Gerichts der DDR gegen Elli Barczatis, die Se- slowakischen Reformansätze langfristige Wirkungs- kretärin des DDR-Ministerpräsidenten , kraft – „Prag 1968“ wurde zum Synonym für die Frei- im Jahr 1955. Dass sie von der Organisation Gehlen, dem heits- und Demokratiewünsche in Osteuropa. Die Ausei- Vorläufer des Bundesnachrichtendienstes, „Gänseblüm- nandersetzung mit grundsätzlichen Fragen zur Wirkungs- chen“ genannt wurde, hat Elli Barczatis nie erfahren. Sie und Rezeptionsgeschichte des „Prager Frühlings“ stand glaubte, dass die Informationen, die sie an ihren Gefähr- im Vordergrund der Podiumsdiskussion: Wie wurden er ten Karl Laurenz weitergab, von ihm für seine journalisti- und seine Niederschlagung in Osteuropa, der DDR und schen Tätigkeiten genutzt würden. Im März 1955 wurden der Bundesrepublik wahrgenommen, welche Rückwir- beide verhaftet und zum Tode verurteilt. kungen hatten die Vorgänge auf die Entwicklung des op- Die archivalische Überlieferung ermöglichte eine präzise positionellen Denkens in der DDR in den 70er und 80er Darstellung des Verfahrens und ließ zudem einen verglei- Jahren, welche Einschätzungen dominierten unter den chenden Blick auf die Rechtspraxis im Fall des DDR- westdeutschen Linken und welchen Stellenwert besaß die Spions im Bonner Kanzleramt, Günter Guillaume, in den tschechoslowakische Reformbewegung mit Blick auf den 70er Jahren zu. Zusammenbruch des Sowjetsystems Ende des letzten Jahrhunderts? Das MfS und sein ungarisches Bruderorgan (16. Oktober 2003) Diese Fragen versuchten der tschechische Politiker und Politologe Jaroslav Šabata, Ludwig Mehlhorn von der Der ungarische Schriftsteller György Dalos recherchierte Evangelischen Akademie zu Berlin, der Publizist bei der BStU umfangreiches Aktenmaterial zu diesem Christian Semler und Bernd Eisenfeld von der BStU unter Thema. Eingeleitet wurde der Vortrag durch Prof. der Moderation von Dr. Peter J. Winters, langjähriger Dr. Manfred Wilke vom Forschungsverbund SED-Staat Mitarbeiter der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, zu be- an der Freien Universität Berlin. Trotz wesentlicher Un- antworten. terschiede und taktischer Differenzen betrachteten die Geheimdienste des „realen Sozialismus“ die „Aufdeckung, Entlarvung und Zurückdrängung feindlicher Einflüsse“ „Die Direktiven der Margot Honecker“ – Wehr- als gemeinsame Aufgabe. Jenseits der regelmäßigen Ver- unterricht in der DDR (4. September 2003) träge und Zusammenkünfte gab es eine konkret-operative Zum 1. September 1978 führte die SED-Führung an den Zusammenarbeit. So war es Aufgabe der „Balaton-Be- allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen für die obachtungsbrigade“ des MfS, die privaten „deutsch-deut- schen Beziehungen“ in der Sommersaison auszuspähen. 9. und 10. Klassen das Fach „Wehrunterricht“ ein. Ziel Im Rahmen der „tschekistischen Rechtshilfe“ hatte die des „Wehrunterrichts“ war es, die Schülerinnen und Volksrepublik Ungarn „republikflüchtige“ DDR-Bürger Schüler auf die Anforderungen des Wehrdienstes in der abzuschieben und an die Repressionsorgane der DDR Nationalen Volksarmee vorzubereiten und sie durch das auszuliefern. Gemeinsam bekämpfte man die Andersden- Einüben militärischen Gehorsams schon frühzeitig zu kenden, linke Exilgruppen aus den Ostblockstaaten sowie williger Befehlsausführung zu erziehen. Damit erreichte westliche Persönlichkeiten und Institutionen, die den die DDR einen Höhepunkt der Militarisierung der Gesell- Bürgerbewegungen in Ungarn und in der DDR Unterstüt- schaft. Zugleich verschärfte der Unterricht bei Eltern und zung gewährt hatten. Im Jahr 1989 schließlich lagen Jugendlichen die Vorbehalte gegenüber der SED, die tag- beide Sicherheitsapparate im ständigen „Erfahrungsaus- täglich den Frieden als höchstes Gut proklamierte. Die tausch“, konnten aber den sich abzeichnenden Zerfall der staatlich unabhängige Friedensbewegung „Schwerter zu kommunistischen Herrschaft in Osteuropa, beginnend mit Pflugscharen“ entwickelte sich aus diesem Widerspruchs- der Öffnung der ungarisch-österreichischen Grenze und geist und war ein Vorbote der friedlichen Revolution im dem Mauerfall in Berlin, nicht aufhalten. Herbst 1989. An der Diskussion über die Hintergründe und Auswir- Pakete von drüben, Dankesbriefe von hüben und das kungen des Wehrunterrichts beteiligten sich die Bürger- MfS immer dabei – Filmvorführung „Das Westpaket“ mit anschließender Podiumsdiskussion (29. Oktober rechtlerin Bärbel Bohley, Dr. Ehrhart Neubert von der 2003) BStU und der Politologe Dr. Christian Sachse unter Ge- sprächsleitung des Theologen und Publizisten Dr. Götz Wie kaum ein anderer Bereich im Überwachungssystem Planer-Friedrich. des MfS beeinflusste die Postkontrolle das Leben unzäh- – 128 – n o c h Anhang 29 liger Menschen in der DDR, aber auch im damaligen tung von Grenzschleusen gehörten zum Aufgabenbereich Westberlin und in der Bundesrepublik. Zehntausende der Hauptabteilung I des MfS. In seinem Vortrag infor- Pakete, Briefe und Telegramme unbescholtener Bürger mierte Stephan Wolf, Mitarbeiter der BStU, über Struktur wurden täglich geöffnet, kopiert oder ganz einbehalten. und Arbeitsweise der Hauptabteilung I. Die akribische Kontrolle von Briefen und Paketen hatte zudem einen volkswirtschaftlichen Aspekt. Zwischen „Wer rettet die DDR?“ – Franz Josef Strauß, KoKo 1984 und 1989 wurden unter Begründung eines Verstoßes und die Milliardenkredite (4. Dezember 2003) gegen die devisen- und zollrechtlichen Bestimmungen der DDR Bargeld und Wertgegenstände in Höhe von rund Im Jahr 1982 geriet die DDR – wie andere Länder des 32 Millionen DM aus Postsendungen konfisziert und dem kommunistischen Machtbereiches auch – in existenzielle Staatshaushalt der DDR zugeführt. Der Dokumentarfilm Finanznot. Erst der Milliardenkredit, der 1983 zwischen „Das Westpaket“ verdeutlicht die tiefen privaten Bezie- dem bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß hungen zwischen Menschen gleicher Sprache, die in zwei und dem Leiter des Bereiches Kommerzielle Koordinie- verschiedenen Systemen lebten. rung des MfS, Alexander Schalck-Golodkowski, ausge- handelt wurde, half der DDR aus der Krise. Kaum Nach der Filmvorführung fand eine Podiumsdiskussion bekannt ist, dass die SED-Führung parallel über ein kon- mit Dr. Petra Kabus (Publizistin und Autorin des Buches kurrierendes Finanzierungsprojekt – das „Zürcher Mo- „Das Westpaket“) und Hans Jürgen Niehof (Deutsche dell“ – verhandeln ließ. Protagonist des geheimen Alter- Post AG) statt. Unter der Moderation des seinerzeit selbst nativprojekts war der in der Schweiz lebende deutsche von der Postkontrolle des MfS betroffenen Journalisten Bankfachmann Holger Bahl. Das „Zürcher Modell“ ver- Hans Jürgen Börner vom NDR diskutierte die Runde über sprach der DDR mit vier bis fünf Milliarden DM einen die kommunikative Funktion des Paket- und Briefver- wesentlich größeren Kreditrahmen als die bayerische Va- kehrs im privaten Umfeld und die staatlich sanktionierte riante, war jedoch an die Forderung gekoppelt, dass die Kontrolle durch das MfS. SED pro Kreditrate in Höhe von einer Milliarde DM die Altersgrenze von DDR-Bürgern für Westreisen um ein Jahr senken sollte. Woran das „Zürcher Modell“ letztlich Zermürben und Zerbrechen – Zersetzungsstrategien scheiterte, ist umstritten. gegen Andersdenkende in der SED-Diktatur (11. November 2003) Über Hintergründe und Inhalte der Kreditverhandlungen und die Rolle des Staatssicherheitsdienstes in diesem Zu- In ihrer 2002 erschienen Studie „Zersetzen – Strategie ei- sammenhang diskutierten Holger Bahl, der ehemalige ner Diktatur“ befasste sich die Politikwissenschaftlerin DDR-Unterhändler Prof. Dr. Jürgen Nitz, Dr. Thomas Sandra Pingel-Schliemann eingehend mit den so genann- Gundelach, ehemaliger Mitarbeiter im Bundeskanzleramt, ten Zersetzungsmethoden des MfS, die nach dem Mauer- und Reinhard Buthmann, Mitarbeiter der BStU. Die Mo- bau den offenen Terror der frühen Jahre abgelöst hatten. deration übernahm der Journalist Harro Zimmer. An zahlreichen Beispielen zeigt sie auf, mit welch perfi- den und menschenverachtenden Methoden der Staatssi- Götterdämmerung in der Normannenstraße – Das cherheitsdienst gegen Andersdenkende in der DDR vor- Ministerium für Staatssicherheit im Revolutionsjahr gegangen war. Die Autorin und Jens Gieseke, 1989 (15. Januar 2004) wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsabteilung der Bundesbeauftragten, diskutierten unter Moderation Die BStU und die Stiftung zur Aufarbeitung der SED- von Christian Booß, Pressesprecher der BStU, aus unter- Diktatur gestalteten eine gemeinsame Veranstaltung, in schiedlichen Perspektiven über die „Zersetzungsmaßnah- deren Mittelpunkt der Niedergang und die Überwindung men“ des MfS. der SED-Diktatur im Jahr 1989 standen. Einleitend wurde der Frage nachgegangen, mit welchen Handlungsmustern der Staatssicherheitsdienst auf die Dynamik der Entwick- Die Hauptabteilung I – Spitzel in Uniform. Die Staats- lung reagierte. Im anschließenden Podiumsgespräch dis- sicherheit in der NVA und in den Grenztruppen der kutierten Protagonisten der friedlichen Revolution und ehemaligen DDR (20. November 2003) Historiker, wie sich die repressiven Rahmenbedingungen im SED-Staat in der Wahrnehmung der Opposition im Die Überwachungs- und Repressionsfunktion des MfS er- Verlauf jenes Jahres verändert haben und welche Auswir- streckte sich auch auf den Bereich der Nationalen Volks- kungen dies auf die Bürgerrechtsbewegung hatte. armee. Die Tätigkeit der „Militärtschekisten“ sollte nach offiziellem Selbstverständnis die Verteidigungsfähigkeit der DDR in funktioneller und personeller Hinsicht ge- „Frohe Zukunft“ – Keiner kommt hier besser raus. währleisten sowie „subversive Angriffe äußerer und inne- Das Strafvollzugssystem der DDR am Beispiel des rer Feinde“ aufdecken, verhindern und bekämpfen. Be- Jugendhauses Halle (22. Januar 2004) sonderes Augenmerk galt dem Wehrdienst an der Der prozentuale Anteil Jugendlicher unter den Inhaftier- innerdeutschen Grenze und zu Westberlin. Die Verhinde- ten in der DDR war immer sehr hoch. Bei ihnen handelte rung und Aufdeckung von Fluchtabsichten an den Gren- es sich in vielen Fällen um junge Menschen, die verschie- zen, die „Klärung von Vorkommnissen“ und die Errich- denste Lebensformen ausprobieren und Grenzen über- – 129 –

n o c h Anhang 29 winden wollten und dadurch zu „Feinden“ des Regimes Werner Hartmann auf, dass es auf bedeutenden Wissen- abgestempelt wurden. Gerade die vielen Verbote und die schaftsfeldern unter der SED keine Forschungsfreiheit gesellschaftspolitische Uniformität reizten zur Übertre- gab. tung der Normen, die durch die SED vorgegeben waren. Kamen dann noch die Vorstellungen von einer anderen, Die unerledigte Aufarbeitung: Stasi und NS-Täter – demokratischen Gesellschaft hinzu, war der Weg ins Ge- Die „Euthanasie“-Verbrechen (9. März 2004) fängnis nicht mehr allzu weit. Axel Reitel, Autor der Stu- die „,Frohe Zukunft‘ – Keiner kommt hier besser raus“, Einer der ersten und zugleich langlebigsten Geschichts- war selbst als Jugendlicher zweimal inhaftiert. Für seine mythen der DDR begegnet uns im Bild des anderen, anti- Studie hat Reitel zahlreiche Unterlagen des MfS zum Ju- faschistischen Deutschlands. Während die Bundesrepu- gendhaus Halle gesichtet und ausgewertet und Interviews blik in der DDR-Propaganda als Schutzzone für mit Zeitzeugen geführt. Mit Distanz zum einstmals militaristische und faschistische Kräfte erschien, trat der Selbsterlebten berichtete er über den Jugendstrafvollzug SED-Staat als moralischer Sieger auf, der sich im Zuge ei- in der DDR. ner vollständigen Entnazifizierung von der NS-Vergan- genheit gelöst hatte. In welchem Maße die Entnazifizie- „Don’t worry, be happy!“ Mauerkind trifft Jung- rungs-Losung in der Praxis durch die SED und ihre kommunist – unangepasstes Leben in der DDR Geheimpolizei konterkariert wurde, zeigte sich erst nach (12. Februar 2004) der friedlichen Revolution 1989. Mit der Öffnung der Die Publizistin und Sängerin Annette Hildebrandt und der MfS-Akten wurde deutlich, dass das SED-Regime gegen- Theologe Lothar Tautz lasen aus ihrem gemeinsamen über NS-Tätern mit taktischem Kalkül vorging: Ob die Buch „Don’t worry, be happy! Aus dem Leben eines Stasi ihre Kenntnisse zur Einleitung eines offiziellen Ver- Mauerkindes, kleiner Pionier – was nun?“ fahrens offen legte, ob sie ihr Wissen verschwieg oder es aber als Druckmittel einsetzte, hing letztlich von der poli- Steht die Schilderung persönlicher Erlebnisse auch im tischen Interessenlage des SED-Regimes ab. Vordergrund, kann das Buch zugleich als „kleine Ge- schichte der DDR“ gelesen werden. Die Autoren bewe- Der Umgang mit NS-Tätern in der DDR an dem beson- gen sich thematisch zwischen Kirche und KSZE und deh- ders eklatanten Beispiel der „Euthanasie“-Verbrechen nen den zeitlichen Rahmen vom Mauerbau bis ins erste stand im Mittelpunkt der Podiumsveranstaltung. Unter Jahrzehnt nach dem Fall der Mauer. Annette Hildebrandt Moderation von Dr. Gabriele Camphausen, BStU, disku- erzählt aus der Sicht der Pfarrerstochter, die keine Zulas- tierten die Historikerinnen Dr. Annette Weinke, sung zum Studium erhielt, da sie der Jugendweihe wie Dr. Christina Vanja und Dr. Ute Hofmann. auch der FDJ fern blieb. Lothar Tautz berichtet aus der Erfahrung des „klassenbewussten Arbeitersohns“, der un- Die Sehnsucht nach der Sensation. Die „Rosenholz“- ter dem Eindruck des Prager Frühlings 1968 aus der SED Unterlagen im Brennpunkt von Forschung austrat und sich der Oppositionsbewegung in der DDR und Politik (18. März 2004) anschloss. Ton- und Video-Einspielungen von Wolf Biermann über Manfred Krug bis hin zu den „Hilde- Die so genannten Rosenholz-Unterlagen sind mikrover- brandt-Singers“, dem „Quasi-Familienchor“ um die frü- filmte Karteien und Computerausdrucke der Hauptver- here Brandenburger Ministerin, Regine Hildebrandt, er- waltung Aufklärung (HVA), die 1988 für den Fall einer gänzten die Lesung. Mobilmachung erstellt wurden. Sie gelangten auf nicht bekannten Wegen in die Hände der US-amerikanischen „Forschungsfreiheit und Staatssicherheit“. Triumph Geheimdienste. Im Jahre 1993 konnte der bundesdeut- und Niederlage – Werner Hartmann, der Begründer sche Verfassungsschutz die Unterlagen in den USA einse- der DDR-Mikroelektronik (26. Februar 2004) hen. Diese Aktion lief unter der Deckbezeichnung „Ro- senholz“. In den mikroverfilmten Unterlagen sind unter Mitte der 60er Jahre begann das MfS, systematisch The- anderem die Inoffiziellen Mitarbeiter der HVA verzeich- men und Einrichtungen der Wissenschaft, Forschung und net, die überwiegend in der Bundesrepublik tätig waren Technologie „politisch-operativ“ zu bearbeiten. Bereits oder die Agententätigkeit im „Operationsgebiet“ von der ein Jahrzehnt später verfügte es über weit reichende Struk- DDR aus unterstützt haben. turen und zahlreiche Inoffizielle Mitarbeiter in Schlüssel- positionen und war dadurch in der Lage, die Sicherheits- Am 27. Juni 2003 erklärte die Bundesbeauftragte doktrin und die wissenschaftspolitischen Interessen der Marianne Birthler in einer Pressemitteilung: „Die Frei- SED durchzusetzen. Die marxistisch-leninistische Indokt- gabe der so genannten Rosenholz-Daten wird die zeitge- rination erreichte die letzten verbliebenen Freiräume bür- schichtliche Aufarbeitung der gegen die Bundesrepublik gerlicher Wissenschaft. Allein zwischen 1964 und 1976 gerichteten Spionage voranbringen. Zusammen mit der haben nach vorsichtiger Schätzung 300 bis 500 namhafte vor zwei Jahren entschlüsselten SIRA-Datei stehen wich- Wissenschaftler ihre Positionen verloren bzw. standen im tige Instrumente zur Verfügung, das Netz der Westarbeit Begriff, diese zu verlieren. Reinhard Buthmann, Mitarbei- des MfS, ihre Ziele, Methoden, Erfolge und Misserfolge ter der BStU, zeigte am Schicksal des Wissenschaftlers zu untersuchen. Künftig wird besser als zuvor erkennbar, – 130 – n o c h Anhang 29 wer in der Bundesrepublik mit der Stasi zusammengear- Unter Leitung von Dr. Frank Hörnigk, Literaturwissen- beitet hat. Auch Erkenntnisse über das Netz der Inoffi- schaftler an der Humboldt-Universität zu Berlin, disku- ziellen Mitarbeiter der HVA in der DDR sind möglich. tierten der Autor und Dr. David Bathrick, Literaturwis- Allerdings warne ich vor überzogenen Erwartungen.“ senschaftler an der University of Ithaca, New York, über die besondere Stellung dieser Zeitschrift in der Literaturs- Über den Stellenwert der Unterlagen für die Geschichts- zene der DDR. forschung und Politik sowie die Möglichkeiten einer Re- konstruktion der Aktivitäten des MfS im westlichen Aus- land diskutierten die Bundesbeauftragte Marianne „Wir tragen die Diktatur in uns“ – Möglichkeiten Birthler, Helmut Müller-Enbergs, wissenschaftlicher Mit- und Grenzen der Enttraumatisierung in unserer arbeiter der BStU, sowie Toralf Staud, Redakteur des Wo- Gesellschaft (11. Mai 2004) chenblattes DIE ZEIT. Es dürfen nicht die gleichen Fehler gemacht werden wie nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft – Mai 1989 – Die Fälschung der Kommunalwahlen diese Forderung war für viele in Deutschland nach dem und ihre Folgen (29. April 2004) Fall der Mauer von großer Bedeutung. Es sollte verhin- dert werden, dass Verbrechen des DDR-Regimes verges- „Die Kommunalwahlen im 40sten Jahr unseres Arbeiter- sen und Opfer der Diktatur ausgegrenzt werden, wie dies und Bauernstaates wurden zu einem eindrucksvollen Vo- im Umgang mit der NS-Geschichte in den ersten Jahr- tum für die Kandidaten der Nationalen Front der DDR. zehnten nach 1945 geschehen war. Manche Hoffnung auf Für die Wahlvorschläge der Nationalen Front der DDR einen anderen Neuanfang erfüllte sich jedoch nicht. So wurden 12 182 050 gültige Stimmen abgegeben. Das sind setzte das Rückwirkungsverbot der juristischen Aufarbei- 98,85 Prozent.“ So äußerte sich der Vorsitzende der tung enge Grenzen. Auch kam es zu Ungleichgewichten Wahlkommission, Egon Krenz, am Abend des Wahltags in der Behandlung von Opfern und Funktionsträgern, bei- am 7. Mai 1989 in der Nachrichtensendung „Aktuelle Ka- spielsweise bei der Rentenberechnung. mera“. Wie es gelingen könnte, die Traumata einer totalitären Dass dieses Wahlergebnis – wie jegliches „Zettelfalten“ Diktatur zu überwinden, darüber diskutierten der Philo- in der DDR zuvor auch – gefälscht war, ahnten und wuss- soph Martin Ahrends, die Publizistin Petra Morawe und ten viele. Im Mai 1989 jedoch gelang es engagierten Mit- der Arzt Dr. Ferdinand Haenel unter Leitung von Journa- gliedern von Oppositionsgruppen zum ersten Mal, den list Dr. Manfred Rexin. flächendeckenden Wahlbetrug zu beweisen. Weshalb die SED zum Mittel der Wahlfälschung griff, Der „Osten“ und der „Westen“ – Aufarbeitung wie die Oppositionsgruppen vorgingen, um diese Fäl- und Einigungsprozess in Europa (15. Juni 2004) schung zu dokumentieren, und welche Folgen dies für Die Erweiterung der Europäischen Union am 1. Mai 2004 den Herbst 1989 hatte, war Inhalt der Podiumsdiskussion war Anlass zu dieser Veranstaltung. Die Überwindung mit dem Publizisten Dr. Hans Michael Kloth, dem Zeit- der jahrzehntelangen Teilung Europas und das Zusam- zeugen Stefan Müller und dem Journalisten Karl-Heinz menwachsen der vielfältigen Traditionen und Kulturen Baum unter Moderation von Christian Booß, BStU. gelten als Herausforderungen, denen wir uns seit diesem historischen Datum stellen müssen. Das bislang westeu- Die Literaturzeitschrift „Sinn und Form“ – Ein ropäisch geprägte Geschichtsbild in der EU erfährt durch ungeliebtes Aushängeschild der SED-Kulturpolitik den Beitritt der neuen Mitgliedsstaaten erhebliche Ver- (12. Mai 2004) schiebungen. Neben den historischen Bezugspunkt der NS-Herrschaft tritt nun die Geschichte kommunistischer Für den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki war die Diktaturen, zu deren Aufarbeitung unterschiedliche Wege Zeitschrift eine „stille Enklave des Liberalismus“. Der in den osteuropäischen Ländern beschritten werden. einstige Kulturpapst der DDR, Alfred Kurella, sah in ihr ein „Kampforgan der SED-Kulturpolitik“. Die Ge- Aus diesen sehr spezifischen Erfahrungen müssen ge- schichte der Literaturzeitschrift „Sinn und Form“ war und meinsame Fragestellungen und ein gemeinsames Heran- ist Gegenstand widerstreitender Interpretationen. In der gehen an die Geschichtsaufarbeitung entwickelt werden. Widersprüchlichkeit ihres Charakters, so Dr. Matthias Der Diskurs wird nur erfolgreich sein, wenn es gelingt, Braun, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bundesbeauf- die verschiedenen Erfahrungswelten West- und Osteu- tragten, liegt auch der Schlüssel zum Verständnis der ropas zu respektieren. Der Diskussion stellten sich Zeitschrift. Braun beschäftigt sich in seinem Buch erst- Dr. László Varga (Budapest), Dr. Krzysztof Ruchniewicz mals mit der gesamten DDR-Periode dieser Traditions- (Wrocław), Prof. Dr. Dan Diner (Leipzig/Jerusalem) und zeitschrift und untersucht, in welchem Maße der „Mielke- Marianne Birthler (BStU/Berlin). Moderiert wurde die Konzern“ seinen Einfluss auf diese Zeitung geltend ma- Veranstaltung von Thomas Roth, Leiter des ARD-Haupt- chen konnte. stadtstudios. – 131 –

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„Spitzelsport“ und Goldmedaillen. Stasibelastungen seinen Erinnerungen an den „untergegangenen Staat“ war im wiedervereinten Sport – Auswirkungen und er weit davon entfernt, eine nostalgische Erinnerungs- Tragweite (9. September 2004) show Ewiggestriger zu zelebrieren. Rosenlöcher sprach aus, was Lustgewinn und Lebenslust in der DDR aus- Im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen 2004 machte, ohne dabei zu beschönigen oder zu verharmlo- stellte die BStU ein sportbezogenes Thema zur Diskus- sen. sion. Im Frühjahr war bekannt geworden, dass zu den Un- terstützern und Organisatoren der Bewerbung der Stadt Leipzig für die Olympischen Spiele 2012 auch Mitarbei- Der „Tunnel 57“ und seine Folgen (3. Oktober 2004) ter des ehemaligen MfS gehörten. Bereits zuvor hatte es In Kooperation mit dem Dokumentationszentrum Berli- im Rahmen der Biathlon-Weltmeisterschaft im thüringi- ner Mauer wurde am Tag der Deutschen Einheit eine schen Oberhof eine Reihe Aufsehen erregender „Stasi- ganztägige Veranstaltung durchgeführt. Am 3. und Fälle“ gegeben. Es schien, als wäre der deutsche Sport 4. Oktober 1964 gelang es 57 Männern, Frauen und Kin- wieder einmal von seiner Vergangenheit eingeholt wor- dern, durch einen von Westberlin aus gegrabenen Tunnel den. Zwangsläufig drängte sich der Verdacht auf, dass in die Freiheit zu flüchten. Nach dem Verrat der Fluchtak- Stasiverstrickungen nur allzu milde beiseite geschoben tion an das MfS kam es in der Nacht zum 5. Oktober zu werden. einem Schusswechsel zwischen Grenzsoldaten und An der Diskussionsveranstaltung beteiligten sich: Fluchthelfern, bei dem der Unteroffizier der DDR-Grenz- Matthias Büchner, Mitglied der Unabhängigen Bera- truppen, Egon Schultz, ums Leben kam. Er wurde bis tungskommission des Deutschen Sportbundes zur Stasi- zum Fall der Mauer als Held idealisiert. Erst durch Öff- Aufarbeitung, Birgit Boese, ehemalige DDR-Leistungs- nung der Stasi-Akten konnte richtig gestellt werden, dass sportlerin, Dr. Giselher Spitzer, Sporthistoriker, und die tödlichen Schüsse auf ihn aus der Waffe eines Grenz- Thomas Purschke, Journalist. Es moderierte Herbert soldaten der DDR abgegeben wurden. Dieser Sachverhalt Fischer-Solms, Sportjournalist beim Deutschlandfunk, war den Verantwortlichen bekannt, dennoch wurde die Köln. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde eine „Ber- Lüge vom Mord durch Westberliner Agenten bis zum liner Erklärung zu Stasi-Belastungen im deutschen Sport“ Ende der DDR aufrechterhalten. herausgegeben. Insgesamt konnte festgestellt werden, Präsentiert wurde der Dokumentarfilm „Heldentod“ von dass die Thematik in der gesellschaftspolitischen Debatte Britta Wauer. Sie gehörte auch zum Kreis der Podiums- einen neuen Anstoß erhielt und auch von den Medienver- teilnehmer, die unter dem Titel „Der Tunnel und die tretern mit großem Interesse aufgenommen worden ist. Lüge“ zusammen mit Maria Nooke vom Dokumenta- tionszentrum, Dr. Roger Engelmann von der BStU und Vergangenheitspolitik: Freiheit durch Aufarbeitung – Hubert Hohlbein, einem ehemaligen Fluchthelfer, disku- Der Umgang mit Diktaturerfahrungen im vereinten tierten. Es moderierte Hans-Jürgen Fink vom Deutsch- Europa (Forum im Rahmen der Tagung „Zeit der landRadio. Freiheit“, 15. September 2004) Dorota Dakowska, Berlin/Paris, Prof. Dr. Leonidas Donskis, Ich habe „Nein“ gesagt – Zivilcourage in der DDR Kaunas, Dr. Ruth Leiserowitz, Berlin, und Dr. Krisztián (7. Oktober 2004) Ungváry, Budapest, diskutierten über die unterschiedli- Die SED wollte in der DDR eine Gesellschaft konstruie- chen Rahmenbedingungen und nationalen Besonderheiten ren, in der alle Bürger ihre „führende Rolle“ wider- in den einzelnen Ländern Ostmitteleuropas und suchten spruchslos hinnehmen und sich nur im Rahmen der von übergreifende Verbindungslinien in dem vielschichtigen ihr definierten sozialistischen Normen bewegen sollten. Aufarbeitungsprozess herauszuarbeiten. Folgende Fragen Die Ostdeutschen fanden sich mit der geistigen und poli- erhielten besondere Aufmerksamkeit: Ist von den ver- tischen Homogenisierung nicht ab und entwickelten Stra- schiedenen Aufarbeitungswegen ein unterschiedlicher tegien, der vollständigen Entmündigung zu entkommen. Stand der Demokratisierung abzuleiten? Kann man daraus Zwar haben viele Menschen die offene Auseinanderset- auf eine unterschiedliche Stabilität demokratischer Kultur zung mit den Herrschenden aus Sorge um ihre und ihrer einzelner Länder schließen? Mit welchen Problemen, aber Kinder Existenz gescheut, Kompromisse mit der Staats- auch mit welchen Chancen wird die Erweiterung der EU partei angestrebt oder sich ins unpolitische Privatleben konfrontiert? Christian Booß, Pressesprecher der BStU, zurückgezogen. Andere versuchten jedoch, die erzwun- moderierte das Forum. gene Passivität zu durchbrechen.

Die DDR – Erinnerungen an einen untergegangenen Die Spannbreite dieser couragierten Widersetzlichkeit, Staat (23. September 2004) die von Nichtteilnahme an abverlangten Ritualen bis hin zur Verweigerung, für den Staatssicherheitsdienst zu spit- Der Schriftsteller Thomas Rosenlöcher las im Informa- zeln, reichte, wurde von der eingeladenen Zeitzeugin tions- und Dokumentationszentrum der BStU aus seinen Erdmuthe Großer-Bald anschaulich und beispielhaft dar- Erzählungen und trug mit feinsinnigem Humor vor, was gelegt. Über Mut und Überwindung der Angst vor den bereits unter die Schicht des Vergessens geraten war. Mit Folgen couragierten Handelns diskutierten außerdem – 132 – n o c h Anhang 29

Prof. Dr. Dorothee Wierling von der Forschungsstelle für die ihren Zugriff auf die nachwachsende Generation ge- Zeitgeschichte Hamburg, Gerald Praschl, Mitautor des fährdet sah, reagierte darauf mit verstärktem Sicherheits- Buches „Ich habe ‚Nein‘ gesagt“ und Dr. Ehrhart Neubert und Abwehrdenken. Im Rahmen der Podiumsveranstal- von der BStU. Die Moderation übernahm Dr. Johannes tung diskutierten der Musikwissenschaftler Dr. Michael Tuchel von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Rauhut, André Herzberg, bekannt als Sänger der Rock- gruppe „Pankow“, und Michael Boehlke, Mitglied der „Moskaus Kronprinz für die DDR“ – Aufstieg und Punkgruppe „Planlos“, über das spannungsreiche Verhält- Fall des Rudolf Herrnstadt (21. Oktober 2004) nis zwischen der DDR-Rockmusik und der SED ein- schließlich ihres Geheimdienstes. Die Gesprächsleitung Bis zu seinem Sturz 1953 hatte Rudolf Herrnstadt eine übernahm der Journalist Olaf Leitner. glänzende Politkarriere vorzuweisen: als Journalist und einer der wenigen Intellektuellen der DDR-Nomenkla- tura, als Geheimagent Moskaus und Mitbegründer des Würde bewahren – Über die persönliche und Nationalkomitees „Freies Deutschland“, als Chefredak- gesellschaftliche Verarbeitung von teur des „Neuen Deutschland“ und Mitglied des Zentral- Repressionserfahrungen (16. Dezember 2004) komitees der SED und Kandidat des Politbüros. Nach dem 17. Juni 1953 wurde er zusammen mit dem damali- Die repressive Politik des SED-Regimes und seines Ge- gen Staatssicherheitschef Zaisser und anderen aus dem heimdienstes hat das Leben zahlreicher Menschen in der Amt gejagt. Ein brutaler Absturz, da seine politische Ver- DDR leidvoll beeinflusst. Diese Verfolgungs- und nichtung beschlossene Sache war. Unrechtserfahrungen sind mit dem Ende der Diktatur kei- neswegs verschwunden: Sie haben bei den Betroffenen Der Politologe Helmut Müller-Enbergs, BStU, hat nach oftmals zu einer langfristigen, schmerzhaften Beeinträch- intensiven Zeitzeugenbefragungen und Archivstudien das tigung ihres Lebensweges geführt. Misstrauen und Angst, Leben dieses umstrittenen Mannes rekonstruiert. Er Rückzug und Isolation prägen deren Alltag noch heute. stellte in seinem Vortrag nicht nur dessen Lebensge- schichte dar, sondern beleuchtete auch das politische Um- Die BStU und die Beratungsstelle für politisch Traumati- feld der damaligen Ereignisse. sierte der DDR-Diktatur „Gegenwind“ widmeten sich ge- meinsam diesem brisanten Thema. Im Mittelpunkt der Podiumsdiskussion stand die Frage: Gibt es Wege, die die Wenn das Volk nicht so will, wie es soll – Die Bevöl- Betroffenen und unsere Gesellschaft gehen können, um kerung, die Opposition und die Staatsmacht im aus der Sackgasse der Isolation oder Verleugnung hinaus Herbst ’89 (9. November 2004) zu gelangen? Als Ergebnis dieser Veranstaltung ließ sich Die Bundesbeauftragte und die Evangelische Akademie sagen: Ja, es gibt Wege. Vom Mut, diese Wege zu suchen zu Berlin nahmen den Tag des Mauerfalls zum Anlass, und Schritte zur Verarbeitung des Erlebten einzuleiten, den 15. Jahrestag der friedlichen Revolution würdig zu berichteten Detlef Jablonski und Dieter Winkler als Be- begehen. Mit der Losung „Wir sind das Volk“ begann im troffene. Als weitere Teilnehmer des Podiums stellten Herbst 1989 der Aufbruch in die Selbstbestimmung. Ein sich die Bundesbeauftragte Marianne Birthler und der Re- Volk befreite sich aus jahrzehntelanger Entmündigung, gisseur Til Dellers der Diskussion. Die Moderation über- eine Opposition trat aus ihrem Schattendasein heraus und nahm Diplom-Psychologe Stefan Trobisch-Lütge, Leiter war bereit, auch politische Verantwortung zu überneh- der Beratungsstelle „Gegenwind“. men. Gemeinsam mit Wissenschaftlern und damaligen Akteuren wurde über Faktoren, die die Dynamik der Ge- schehnisse beeinflussten und deren Einwirken auf den „Das Auge der Partei“ – Fotografie und Weg in die deutsche Einheit diskutiert. Es galt herauszu- Staatssicherheit (10. Februar 2005) finden, welche Bedeutung der Herbst ’89 als historische Neben Kilometern an Schriftgut hat das Ministerium für Erfahrung für uns heute hat. Staatssicherheit mit rund 1,3 Millionen Fotos, Negativen Als Diskutanten hatten das Wort: Dr. Walter Süß, BStU, und Dias auch einen riesigen Bilderberg hinterlassen. Die Albrecht Wiesener, Zentrum für Zeithistorische For- so genannte operative Fotografie wurde vor allem bei der schung Potsdam, Edgar Dusdal und Wolfgang Templin, Untersuchung von Tatorten, bei Durchsuchungsaktionen, ehemalige DDR-Oppositionelle. Den „ersten“ und „letz- bei der Beobachtung von Personen, der Überwachung ten Ton“ der Veranstaltung setzte Liedermacher Hans- spionagegefährdeter Objekte sowie der Absicherung von Eckardt Wenzel mit seinen musikalischen Beiträgen. Großveranstaltungen eingesetzt. Oftmals nutzte das MfS die Bilddokumente in kriminalisierender Weise. Karin Hartewig, Historikerin und Autorin des Buches „anders sein“ – Rockmusik in der DDR „Das Auge der Partei“, hat die Bilderflut des MfS gesich- und MfS-Kontrolle (25. November 2004) tet und analysiert. Die Ergebnisse ihrer Arbeit präsentierte In der DDR-Rockmusik spiegelte sich besonders das „an- sie in einer Vortragsveranstaltung der BStU und öffnete ders-sein-wollen“ vieler Jugendlicher wider, die sich ge- dem Publikum anhand ausgewählter Fotodokumente gen die Auswüchse an Disziplinierung auflehnten und sich einen anschaulichen Zugang zum „bildhaften“ Erbe der der Staatskontrolle entziehen wollten. Die SED-Führung, SED-Geheimpolizei. – 133 –

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Sowjetische Perestroika und die DDR – Die Politik ehemaligen Schiedsrichter der DDR-Oberliga Bernd Gorbatschows, ihre Bedeutung für die Oppositions- Heynemann. bewegung in der DDR und die Gegenmaßnahmen des MfS (3. März 2005) „Verräter oder Verführte“ – Eine psychoanalytische Im März 1985 trat Michail Gorbatschow an die Regie- Untersuchung Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi rungsspitze der Sowjetunion. Sein Name ist mit umfas- (3. Mai 2005) senden Reformen verbunden: „Perestroika“ (Umbau) und „Glasnost“ (Transparenz) wurden zu den Leitworten sei- Der psychoanalytische Blick auf die inoffizielle Zusam- ner Politik. Die SED-Führung beobachtete die Entwick- menarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit war lung in der Sowjetunion mit Misstrauen und Ablehnung. Gegenstand einer Podiumsveranstaltung mit den Psycho- Um möglichst jeglichen Einfluss der „Perestroika“ in der analytikern Dr. Ingrid Kerz-Rühling und Dr. Tomas Plän- DDR zu verhindern, baute das MfS seine Kontroll- und kers vom Sigmund-Freud-Institut Frankfurt/Main. In ih- Verfolgungspraxis noch weiter aus. Kritiker des SED-Re- rer Studie haben sich die beiden Autoren eingehend mit gimes, selbst Mitglieder der Staatspartei, die nonkon- der Frage befasst, welche inneren Motive und Konflikte forme Ansichten vertraten, wurden gemaßregelt, vom unter welchen äußeren Bedingungen Menschen zu der MfS verhaftet oder ausgewiesen. Entscheidung brachten, als Inoffizieller Mitarbeiter für das MfS tätig zu werden. Grundlage ihrer Studie waren Den Regierungsantritt Gorbatschows vor 20 Jahren nahm Interviews mit ehemaligen IM und die Akten der betref- die BStU zum Anlass für einen kritischen Rückblick auf fenden Führungsoffiziere des MfS. Aus der Analyse die- die Bedeutung des sowjetischen Partei- und Staatschefs ser unterschiedlichen Wahrnehmungsperspektiven ver- für die Opposition in der DDR und auf die Reaktionen der mittelten die Autoren neue Einblicke in das komplexe SED und ihrer Geheimpolizei. Teilnehmer der Podiums- Feld von Tat und Täter. diskussion, die Dr. Jörg Morré von der Gedenkstätte An der Diskussion nahm neben den Frankfurter Autoren Bautzen moderierte, waren Peter Eisenfeld, LStU Berlin, der Historiker Helmut Müller-Enbergs, BStU, teil. Die Prof. Dr. Manfred Görtemaker, Universität Potsdam, Moderation des Abends übernahm Sabine Porn von Info- Dr. Walter Süß, BStU, und Lothar Tautz, Landeszentrale radio rbb. für politische Bildung Sachsen-Anhalt.

Eliten und Experten – Der Umgang mit der „Fußball im Abseits?“ – Der Einfluss der Staats- NS-Vergangenheit im Nachkriegsdeutschland sicherheit auf den Fußballsport in der DDR (24. Mai 2005) (7. April 2005) Im Mai 2005 jährte sich zum 60. Mal das Ende der NS- DDR-Sport und Staatssicherheit – dieses brisante Thema Herrschaft. Mehr denn je gehört die Auseinandersetzung griff die BStU ein weiteres Mal auf. Die Diskussion rich- mit der Geschichte und den Folgen der nationalsozialisti- tete sich auf die Einwirkungsversuche des MfS im Fuß- schen Diktatur zum Diskussionsalltag der deutschen Ge- ballsport der DDR. sellschaft, wobei der Umgang mit der NS-Vergangenheit DDR-Fußball war, besonders im Bereich der National- zunehmend an kritischer Aufmerksamkeit gewinnt. mannschaft und der Oberliga, der rigorosen Einfluss- Bis 1989 stand die Beschäftigung mit dem Nationalsozia- nahme durch das SED-Regime und seinen geheimdienst- lismus stets auch im Zeichen deutschlandpolitischer Aus- lichen Sicherheitsapparat ausgesetzt. Aus Angst vor einandersetzungen. So versuchte die SED-Führung, das Systemkritikern und „Republikflüchtlingen“ überzog das Wissen um NS-Belastungen westdeutscher Prominenter MfS die Fußballakteure systematisch mit Überwachungs- als politisches Instrument in der deutsch-deutschen Sys- maßnahmen. Inoffizielle Mitarbeiter aus dem Kreis der temkonkurrenz zu nutzen. Eine wichtige Funktion besaß Fußballer, Trainer und Betreuer lieferten regelmäßig Be- hierbei das so genannte NS-Archiv, eine Sammlung von richte an die Führungsoffiziere des MfS. Willfährige NS-Unterlagen, die das MfS Mitte der 60er Jahre anlegte. Schiedsrichter sorgten für genehme Spielergebnisse. Spielern mit „West“-Verwandtschaft blieb ein Platz im Über die gesellschaftliche und politische Bedeutung von Spitzenfußball verwehrt, missliebige Akteure wurden von Eliten und Experten der NS-Zeit in den Nachkriegsjahren „West“-Reisen ausgeschlossen, andere kurzfristig zur und über die Rolle der Geheimdienste, besonders des NVA abgestellt. Staatssicherheitsdienstes der DDR, diskutierten die His- toriker Prof. Dr. Konrad H. Jarausch, Direktor des Potsda- Die Methoden des MfS und ihre Auswirkungen, aber mer Zentrums für Zeithistorische Forschung, Dr. Annette auch die Reaktionen der betroffenen Sportler und Funk- Leo, Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU tionäre erörterte der Journalist Herbert Fischer-Solms mit Berlin, und Prof. Dr. Michael Wildt, Hamburger Institut dem Politologen Dr. Hanns Leske (Autor des Buches für Sozialforschung. Die Gesprächsleitung hatte „Erich Mielke, die Stasi und das runde Leder“) und dem Dr. Gabriele Camphausen, BStU. – 134 – n o c h Anhang 29

„Wem gehören die Akten?“ – Der Stasi-Aktenstreit begleitet von Erik Kross, bildeten das musikalische Rah- in Parlament und Bürgerschaft am Ende der DDR menprogramm. (9. Juni 2005) 15 Jahre nach der Verabschiedung des Volkskammerge- Evangelische Pfarrer der Kirche Berlin-Brandenburg setzes zu den Akten des Staatssicherheitsdienstes lud die 1945 bis 1961 – Amtsautonomie im vormundschaft- Bundesbeauftragte zu einer bilanzierenden Rückschau lichen Staat? (21. Juni 2005) ein. Wie und in welchem Maße ist es den Pfarrern in der Ulbricht-Zeit gelungen, ihre berufliche Autonomie ge- Im Vorfeld der Verabschiedung des Gesetzes am 24. Au- genüber dem SED-Regime zu wahren? Diese Frage stand gust 1990 hatten die Mitglieder der ersten frei gewählten im Mittelpunkt der umfangreichen Studie des Historikers Volkskammer der DDR sehr eingehend und hartnäckig Dr. Christian Halbrock, die 2004 unter dem Titel „Evan- über den Umgang mit den Akten des Staatssicherheits- gelische Pfarrer der Kirche Berlin-Brandenburg 1945 bis dienstes diskutiert. Das Spektrum der Positionen war 1961. Amtsautonomie im vormundschaftlichen Staat?“ breit: Die Forderungen reichten von der totalen Freigabe erschien. Die zentralen Ergebnisse dieser Untersuchung über einen gesetzlich geregelten Aktenzugang bis hin zur resümierte der Autor in einer Veranstaltung der Bundes- Schließung oder Vernichtung der Bestände. Die Debatten beauftragten. fanden keineswegs nur auf parlamentarischer Ebene statt. Sie wurden vielmehr begleitet und beeinflusst von den Pfarrer in der SBZ/DDR waren in ihrer Berufsausübung verschiedenen bürgerschaftlichen Initiativen im gesell- spezifischen Problemen ausgesetzt. Die sowjetische Be- schaftlichen Raum. Das „Gesetz über die Sicherung und satzungsmacht bzw. später das SED-Regime schränkten Nutzung der personenbezogenen Daten des ehemaligen die pfarramtliche Tätigkeit und traditionelle Seelsorge Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Si- durch zahlreiche Gesetze, An- und Verordnungen emp- cherheit“ bildete die Grundlage für die spätere gesamt- findlich ein. Darüber hinaus stand die kirchliche Arbeit deutsche Behörde des/der Bundesbeauftragten für die unter ständiger geheimdienstlicher Kontrolle. Der Staats- sicherheitsdienst überwachte gezielt einzelne Personen Stasi-Unterlagen. wie auch ganze Gemeinden, diffamierte gezielt unbe- Über die Auseinandersetzungen um die Hinterlassen- queme Pfarrer und schleuste Inoffizielle Mitarbeiter ein, schaft, ihre inhaltlichen Akzente und ihre Ergebnisse re- um die Tätigkeit der Kirchenvertreter in staatsgenehme flektierten die Podiumsgäste Dr. Lothar de Maizière, ers- Bahnen zu lenken. Trotz des offenen und des konspira- ter frei gewählter Ministerpräsident der DDR, Dr. h. c. tiven Drucks bemühten sich die Pfarrer in der DDR, die Joachim Gauck, ehemaliger Sonder- und Bundesbeauf- Kirche als Zufluchtsort und Raum freier Meinungsäuße- tragter für die Stasi-Unterlagen, Jutta Albach, ehemalige rung zu bewahren. Oft fungierten sie als Vermittler zwi- Mitarbeiterin im Sonderausschuss der Volkskammer, und schen Bürgern und Staat. Reinhard Schult, Bürgerrechtler. Die Gesprächsleitung Gesprächspartner von Dr. Halbrock war Dr. Ehrhart hatte Ulrike Poppe von der Evangelischen Akademie zu Neubert, BStU, seinerseits Fachmann für kirchenge- Berlin. Lieder und Texte von und mit Reinhard Kuhnert, schichtliche Fragen. – 135 –

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Regionale Ausstellungen der Außenstellen der BStU – neu im Berichtszeitraum: Fluchtschicksale (2004: Jena) (in Klammern: Jahr und Ort/Orte der Präsentation) – Leben im Überwachungsstaat Ausstellungen der Außenstelle Chemnitz (2004: Rudolstadt, Bad Berka) – Zivilcourage. 40 Jahre SED-Diktatur – 40 Jahre Bür- Ausstellungen der Außenstelle Halle germut und Widerstand (2003: Markersbach/Erzgebirge; 2004: Lichtenstein) – neu im Berichtszeitraum: Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die ČSSR – 20./21. August – Alles im Griff. Die spezifischen Maßnahmen des MfS 1968 gegen Andersdenkende (2003: Halle) (2004: Frankfurt [Oder]) – Die Ausweichführungsstelle der BVfS im Saalkreis – Bürger im Visier. Wie das MfS die Bürger zu Feinden (2004: Halle) erklärte – Einblick in Arbeitsweisen der Bezirksver- waltung Karl-Marx-Stadt (2004: Chemnitz; 2005: Reichenbach) Ausstellungen der Außenstelle Leipzig – neu im Berichtszeitraum: Die Botschaftsflüchtlinge – neu im Berichtszeitraum: Die Botschaftsflüchtlinge auf ihrer Fahrt von Prag nach Hof auf ihrer Fahrt von Prag nach Hof (2004: Chemnitz; 2005: Reichenbach) (2004: Thallwitz, Borna; ständig: Leipzig) – Sonderreferat Personenschutz Ausstellungen der Außenstelle Dresden (2004: Leipzig) – neu im Berichtszeitraum: Die Botschaftsflüchtlinge – Operative Technik auf ihrer Fahrt von Prag nach Hof (2004: Leipzig) (2004: Plauen, Dresden, Mainz; 2005: Dresden, Gra- – Tatort Interhotel fing (bei München), Rostock, Mühlhausen, Wanfried, (2005: Leipzig) Hoyerswerda) – 17. Juni in Niesky Ausstellungen der Außenstelle Magdeburg (2005: Erfurt, Frankfurt [Oder]) – Leistungssportler und ihre Fans im Blickfeld der Be- zirksverwaltung Magdeburg Ausstellung der Außenstelle Erfurt (2004: Waren, Rostock) – Die Schule in der DDR im Blickpunkt des Staatssi- – Kernkraftwerk Stendal – Stasi bewacht Milliarden- cherheitsdienstes grab (2003: Magdeburg; 2004: Torgau) (2004: Arneburg, Magdeburg) Ausstellungen der Außenstelle Frankfurt (Oder) – Wir sind überall … Die Stasi im ehemaligen Bezirk Magdeburg – Die Arbeit am Feind … Arbeitsweise und Wirken der (2004: Magdeburg) Stasi in den Regionen Frankfurt (Oder) und Cottbus (2003: Schwedt, Frankfurt (Oder), Bad Freienwalde, Ausstellung der Außenstelle Neubrandenburg Weißwasser, Beeskow, Bad Liebenwerda, Sperenberg; 2004: Fürstenwalde, Eberswalde, Cottbus, Luckau, – Feind ist, wer anders denkt! Die Staatssicherheit im Jessern, Calau, Frankfurt (Oder), Herzberg, Senften- ehemaligen Bezirk Neubrandenburg berg, Rüdersdorf, Eberswalde; 2005: Eisenhüttenstadt, (2003: Woldegk, Feldberg, Mirow; 2004: Neustrelitz, Bad Neustadt/Saale, Spremberg, Schleife, Peitz) Burg Stargard, Greifswald, Berlin-Hohenschönhau- sen, Fürstenberg, Bollewick, Güstrow, Penzlin; 2005: – neu im Berichtszeitraum: Postgeheimnis? Die Stasi Neubrandenburg, Neuruppin, Löcknitz, Wittstock, und Cottbuser Briefe Gransee) (2004: Cottbus, Elsterwerda; 2005: Senftenberg, Frankfurt (Oder), Schleife, Peitz) Ausstellungen der Außenstelle Potsdam Ausstellungen der Außenstelle Gera – Freiheit wollen wir. Der 17. Juni im Lande Branden- burg – neu im Berichtszeitraum: Verdeckt und getarnt. Mit- (2004: Frankfurt [Oder]) tel und Methoden der geheimen Beobachtung (2003: Chemnitz; 2004: Rostock, Gera, Magdeburg, – neu im Berichtszeitraum: Mit tschekistischem Gruß. Hermsdorf; 2005: Frankfurt (Oder), Magdeburg, Tor- Konspirative Technik und Arbeitsweise des MfS gau) (2004: Potsdam) – 136 – n o c h Anhang 30

Ausstellung der Außenstelle Rostock – Licht aus am Demmlerplatz (seit 2001 als ständige Leihgabe im Dokumentations- – Stasi im Ostseeraum (2003: Bergen, Grevesmühlen, Wolgast; 2004: Hagen, zentrum für die Opfer deutscher Diktaturen in Schwe- Wismar, Seebad Boltenhagen, Ribnitz-Damgarten, rin) Grimmen; 2005: Berlin-Hohenschönhausen, Peene- münde, Klütz) Ausstellungen der Außenstelle Suhl Ausstellungen der Außenstelle Schwerin – Ausreis(ß)en oder Dableiben? – Grenzgebiet. Ereignisse an der innerdeutschen Grenze (2003: Erfurt; 2004: Grenzlandmuseum „Point Alpha“ zwischen Rehna und Cumlosen, an Elbe und Schaal- in Geisa, Jena) see (2003: Rostock, Erfurt, Grabow, Frankfurt (Oder), Co- – Zwangsaussiedlung – ein dunkles Kapitel deutscher now; 2004: Neustadt-Glewe, Bützow, Alt-Jabel, Ber- Geschichte lin-Hohenschönhausen, Neubrandenburg; 2005: (2003: Heldburg) Schwerin, Pampow) – neu im Berichtszeitraum: Das Jahr 1989 – ein Blick – Gut gekauft – gern gekauft … Handel und Versorgung zurück nach 15 Jahren im Spiegel der Stasiakten (2004: Suhl, Sonneberg, Meiningen, Schmalkalden; (2004: Neubrandenburg; 2005: Alt Jabel) 2005: Suhl, Schmalkalden, Hildburghausen) – 137 –

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Wanderausstellung der BStU „Staatssicherheit – Garant der SED-Diktatur“ – Ausstellungsorte und Besucherzahlen –

Ausstellungsort Eröffnung Ausstellungsdauer Besucher 1996 bis 1. Halbjahr 2003 insgesamt 190 009 2. Halbjahr 2003 Darmstadt 25.09.2003 26.09. – 25.10.2003 1 206 Gütersloh 13.11.2003 14.11. – 05.12.2003 6 743 2004 Bochum 28.01.2004 29.01. – 22.02.2004 1 270 Leverkusen 04.03.2004 05.03. – 28.03.2004 5 241 Köln 29.04.2004 30.04. – 28.05.2004 1 012 Emmerich-Elten 10.06.2004 10.06. – 25.06.2004 1 408 Aachen 01.07.2004 02.07. – 23.07.2004 1 269 Pforzheim 30.09.2004 01.10. – 23.10.2004 2 186 Heidelberg 30.10.2004 31.10. – 27.11. 2004 976 1. Halbjahr 2005 Saarbrücken 09.01.2005 10.01. – 30.01.2005 2 468 Würzburg 24.02.2005 25.02. – 18.03.2005 2 078 Ulm 07.04.2005 08.04. – 30.04.2005 2 614 Warschau 16.06.2005 16.06. – 18.06.2005 610 Gesamt Besucher 219 090

Im Rahmen der Wanderausstellung fanden Abendveranstaltungen zu den Themen: „Vom Akteneinsichtsantrag bis zur Decknamenentschlüsselung“, „Die Stasi im Umgang mit Oppositionellen“, „War die Stasi auch in Bochum?“, „Tödli- che Grenze“, „Der Konflikt zwischen Datenschutz und Aufarbeitungsinteresse beim Umgang mit den Stasi-Akten“, „Fototechnik des MfS“, „Die schwere Hinterlassenschaft des MfS“, „Die ‚Rosenholz‘-Dateien – Mythos und Wirklich- keit“, „Erfahrungen beim Umgang mit den Stasi-Akten“ sowie Lehrer-Weiterbildungsseminare zum Thema „Das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR: Struktur, Methoden und Wirkungsweise“ statt. – 138 –

Anhang 32

Die Informations- und Dokumentationszentren sowie Telefon 0335 6068 – 2510 Gedenkstätten der BStU Telefax 0335 6068 – 2419 E-Mail [email protected] Informations- und Dokumentationszentrum geöffnet täglich von 9.00 bis 17.00 Uhr der BStU, Berlin Dauerausstellung „Staatssicherheit – Machtinstrument Gedenk- und Dokumentationsstätte Opfer politischer der SED-Diktatur“ Gewaltherrschaft in Frankfurt (Oder) Mauerstraße 38 Dauerausstellung „Eingesperrt. U-Haft beim MfS“ (in 10117 Berlin-Mitte Vorbereitung) Telefon 030 2324 – 7951 Collegienstraße 10 Telefax 030 2324 – 7959 15230 Frankfurt (Oder) E-Mail [email protected] Telefon 0335 6068 – 2510 oder geöffnet Montag bis Samstag von 10.00 bis 18.00 Uhr, an 0335 6802712 Feiertagen geschlossen E-Mail [email protected] geöffnet Montag bis Freitag von 9.00 bis 17.00 Uhr Informations- und Dokumentationszentrum der BStU, Außenstelle Dresden Informations- und Dokumentationszentrum der BStU, Außenstelle Halle Dauerausstellung „Wer ist wer?“ Dauerausstellung „Entschlüsselte Macht“ Riesaer Str. 7 Blücherstraße 2 01129 Dresden 06122 Halle Telefon 0351 2508 – 0 Telefon 0345 6141 – 0 Telefax 0351 2508 – 3419 Telefax 0345 6141 – 2719 E-Mail [email protected] E-Mail [email protected] geöffnet Montag bis Donnerstag von 8.00 bis 17.00 Uhr, geöffnet Montag, Mittwoch und Donnerstag von 8.00 bis Freitag bis 14.00 Uhr 17.00 Uhr, Dienstag bis 18.00 Uhr, Freitag bis 14.00 Uhr

Informations- und Dokumentationszentrum der Dokumentations- und Gedenkstätte der BStU in der BStU, Außenstelle Erfurt ehemaligen Untersuchungshaftanstalt des Staatssicherheitsdienstes in Rostock Dauerausstellung „Sicherungsbereich DDR“ Dauerausstellung „Flächendeckend“ Petersberg Haus 19 Hermannstraße 34 b (Zugang über Augustenstraße/ 99084 Erfurt Grüner Weg) Telefon 0361 5519 – 0 18055 Rostock Telefax 0361 5519 – 4719 Telefon 0381 49844 – 98/99 E-Mail [email protected] Telefax 0381 49844 – 97 geöffnet täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr E-Mail [email protected] geöffnet Dienstag bis Freitag von 10.00 bis 18.00 Uhr, Samstag bis 17.00 Uhr Informations- und Dokumentationszentrum der BStU, Außenstelle Frankfurt (Oder) öffentliche Führungen Mittwoch 15.30 Uhr und Samstag 14.00 Uhr Dauerausstellung „Freiheit für meine Akte!“ Der Besuch der Informations- und Dokumentations- Fürstenwalder Poststr. 87 zentren der BStU ist kostenfrei. Für Gruppenführun- 15234 Frankfurt (Oder) gen werden Voranmeldungen erbeten. – 139 –

Anhang 33

Sonderausstellungen im Informations- und „Schild und Schwert“, das Ministerium für Staatssicher- Dokumentationszentrum Berlin heit, aufzulösen. „Jehovas Zeugen unter dem NS-Regime und in der „Der Demokratische Aufbruch. Von einer DDR“ (28. August bis 1. November 2003 – Leih- Bürgerbewegung zur Partei 1989/1990“ ausstellung, Autoren: Zeugen Jehovas e. V.) (26. November 2004 bis 13. Januar 2005, Die Angehörigen der Religionsgemeinschaft Zeugen Je- Leihausstellung, Autor: Bürgerbüro e. V.) hovas wurden in beiden deutschen Diktaturen verfolgt. Eine der neuen politischen Kräfte im Herbst 1989 war der Unter den Nationalsozialisten waren rund 10 000 Zeugen „Demokratische Aufbruch“, der sich schnell zu einer po- Jehovas inhaftiert, viele starben in Konzentrationslagern. litischen Partei entwickelte. Die Ausstellung zeigt anhand Mehr als 250 Zeugen Jehovas wurden wegen Wehrdienst- von Text-, Foto- und Filmdokumenten aus Berlin, Jena, verweigerung hingerichtet. Bereits ein Jahr nach Grün- Erfurt, Leipzig und Chemnitz wichtige Ereignisse der dung der DDR wurde die Religionsgemeinschaft verbo- friedlichen Revolution. Beobachtungsprotokolle aus dem ten und seitdem vom Staatssicherheitsdienst bespitzelt, Archiv des MfS belegen die Furcht der Machthaber vor „zersetzt“ und strafrechtlich verfolgt. Allein zwischen der wachsenden Oppositionsbewegung. Thematisiert 1950 und 1961 wurden mehr als 3 000 Zeugen Jehovas wird auch die nachhaltige Erschütterung der Partei durch verhaftet und teilweise zu lebenslangem Freiheitsentzug die Stasi-Affäre um das Mitglied des „Demokratischen verurteilt. Viele von ihnen waren bereits vor 1945 inhaf- Aufbruchs“ Wolfgang Schnur. tiert gewesen. Bis 1985 wurden weitere 1 800 Zeugen Je- hovas wegen Wehrdienstverweigerung verurteilt. In der „Flächendeckend. Die territoriale Expansion wissenschaftlich fundierten Ausstellung zur doppelten der Stasi-Zentrale“ Fotoausstellung Verfolgungsgeschichte wurden erstmals auch Gebrauchs- (18. Januar 2005 bis 31. Januar 2005) gegenstände von inhaftierten Mitgliedern der Religions- gemeinschaft und getarnte Gegenstände zur heimlichen In der zum Tag der offenen Tür der Behörde im Januar Religionsausübung in der DDR gezeigt. Weiterhin waren 2005 erstellten Dokumentation wird die topografische Aquarelle und Zeichnungen der Inhaftierten zu sehen. Entwicklung des MfS-Areals nachgezeichnet: vom ersten bescheidenen Sitz des Staatssicherheitsdienstes im ehe- maligen Finanzamtsgebäude Berlin-Lichtenberg bis zum „Staatsbesuch … nach dem Fall der Mauer“ Bilder ausufernden und hoch abgesicherten Stadtteil. Anschau- und Objekte von Christa Pawlofsky (28. August lich und präzise zeigt die Ausstellung, wie im Zuge des bis 12. November 2004) Ausbaus denkmalgeschützte Bauwerke und ganze Stra- ßenzüge den Expansionswünschen der Staatssicherheit Christa Pawlofsky, Malerin und Psychotherapeutin, re- zum Opfer fielen. flektiert in ihrem Werk Fragen der gesellschaftlichen Ent- wicklung in Deutschland nach dem Fall der Berliner Mauer. In ihren Bildern greift sie Themen des ost-west- „unARTig.“ Die sozialkritischen Skulpturen deutschen Alltags auf und setzt sich zugleich mit den Fol- von Maria Berberich (22. Januar 2005 bis gen von Teilung und Repression auseinander. 26. Februar 2005) Die Skulpturen von Maria Berberich sind figürliche Chif- „Wenn das Volk nicht so will, wie es soll. Die fren und Kommentierungen menschlicher Kommunika- DDR im Herbst ’89“ (seit November 2004) tion und Verhaltensmuster. Zu ihren Hauptwerken gehört die Skulpturengruppe „Unvergessen“ von 1999: Eine Die Ausstellung rekonstruiert anhand von Text- und Foto- Dienstanweisung des MfS, die mehrere nonverbale Zei- dokumenten ausgewählte Ereignisse und Stationen des chen für seine Mitarbeiter festlegte („Achtung! Objekt er- Herbstes 1989. Besonderes Interesse gilt der Frage, wie scheint = mit der Hand an die Nase fassen“), bildete die es der friedlichen Protestbewegung gelang, die Staats- Matrix für dieses Werk aus sechs Figuren. Sie visualisie- und Parteiführung schrittweise zu entmachten und deren ren die konspirative Körpersprache der Dienstanweisung. – 140 –

Anhang 34 – 141 –

n o c h Anhang 34 – 142 – n o c h Anhang 34 – 143 –

n o c h Anhang 34 – 144 –

Abkürzungsverzeichnis

A

AAÜG – Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz AAW – Archivierter (abgelehnter) Antrag auf Wiederaufnahme zu ständigem Wohnsitz in der DDR (MfS) Abs. –Absatz Abt. – Abteilung (Diensteinheit in den Hauptabteilungen und in den Bezirksverwaltungen des MfS – siehe auch Erläuterungen zu den Diensteinheiten des MfS am Ende dieses Anhangs) AfNS – Amt für Nationale Sicherheit (Nachfolger des MfS) AG – Arbeitsgruppe (des MfS) – siehe auch Erläuterungen zu den Diensteinheiten des MfS am Ende dieses Anhangs AGMS – Archivierte GMS (Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit)-Akten (MfS) AIM – Archivierte IM (Inoffizielle Mitarbeiter)-Vorgänge bzw. IM-Vorläufe (MfS) AK – Auskunftsersuchen (der HA IX/11 des MfS) AKK – Archiviertes Material zu ehemals KK (Kerblochkartei)-erfassten Personen (MfS) AOibE – Archivierte Arbeitsakte eines Offiziers im besonderen Einsatz (MfS) AOP – Archivierter Operativer Vorgang (MfS) AOPK – Archivierte Operative Personenkontrollakte (MfS) AP – Allgemeine Personenablage (Aktenkategorie; MfS) ARD – Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutsch- land AU – Abteilung Verwendung der Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes (Auskunft) der BStU – Archivierter Untersuchungsvorgang (MfS) AusglLeistG – Ausgleichsleistungsgesetz AR – Abteilung Archivbestände der BStU AZI – Archivierte ZI (Zelleninformator)-Akte (MfS)

B

BDJ – Bund Deutscher Juristen BDSG – Bundesdatenschutzgesetz BerRehaG – Berufliches Rehabilitierungsgesetz BF – Abteilung Bildung und Forschung der BStU BGBl. – Bundesgesetzblatt BJS – Berliner Journalistenschule BKM – Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien BMBF – Bundesministerium für Bildung und Forschung BMI – Bundesministerium des Innern – 145 –

BStU – Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deut- schen Demokratischen Republik BV – Bezirksverwaltung (des MfS) – siehe auch Erläuterungen zu den Diensteinheiten des MfS am Ende dieses Anhangs BVerwG – Bundesverwaltungsgericht BVfS – Bezirksverwaltung für Staatssicherheit (siehe auch BV)

C

CD – Compact Disc CD-ROM – Compact Disc Read-Only-Memory CNSAS – Nationaler Rat für die Aufarbeitung der Securitate-Archive (Rumänien) CPM – Comisión por la memoria – Kommission für das Erinnern (Argentinien) ČSSR – Tschechoslowakische Sozialistische Republik (1948–1993)

D

DAT – Digital Audio Tape DDR – Deutsche Demokratische Republik (1949–1990) DOSA – Datenbank/IT-Verfahren „Dokumentensammlung“ der BStU DV – Datenverarbeitung DVD – Digital Versatile Disc

E

EALG – Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz EDV – Elektronische Datenverarbeitung EPR – Datenbank/IT-Verfahren „Elektronisches Personenregister“ der BStU EU – Europäische Union e. V. – eingetragener Verein

F

F … – Formblatt …(des MfS), z. B. bei Karteien F16 – Zentrale Personenkartei/Klarnamenkartei (des MfS) F22 – Vorgangskartei (des MfS) F77 – Decknamenkartei (des MfS) FDJ – Freie Deutsche Jugend (Jugendorganisation der DDR) FU – Freie Universität G GG – Grundgesetz GSSD – Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland – 146 –

H

HA – Hauptabteilung (siehe auch Erläuterungen zu den Diensteinheiten des MfS am Ende dieses An- hangs) HHO – Datenbank/IT-Verfahren „HVA/HIM/OibE“ der BStU HIM – Hauptamtlicher Inoffizieller Mitarbeiter (MfS) HM – Datenbank/IT-Verfahren „Hauptamtliche Mitarbeiter“ der BStU HV A – Hauptverwaltung A (Aufklärung) – siehe auch Erläuterungen zu den Diensteinheiten des MfS am Ende dieses Anhangs

I

IM – Inoffizieller Mitarbeiter (MfS) IMF – Iraq Memory Foundation IPK – Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPN – Institut des Nationalen Gedenkens (Polen) IT – Informationstechnik IVBB – Informationsverbund Berlin-Bonn

J

JHS – Juristische Hochschule (des MfS)

K

KARDE – Datenbank/IT-Verfahren „Kartei Decknamen“ der BStU KD – Kreisdienststelle (des MfS) KGB – sowjetisches Komitee für Staatssicherheit KgU – Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit KSZE – Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa KZ – Konzentrationslager

L lfd. M. – laufende Meter LISUM – Landesinstitut für Schule und Medien (Berlin) LStU – Landesbeauftragte(r) für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR

M

M-Kartei – Kartei der Linie M (Postkontrolle) des MfS MBJS – Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg MdB – Mitglied des Bundestages MdI – Ministerium des Innern (DDR) – 147 –

MdL – Mitglied des Landtages MfNV – Ministerium für Nationale Verteidigung (DDR) MfS – Ministerium für Staatssicherheit MGFA – Militärgeschichtliches Forschungsamt (Potsdam) MVM – Militärverbindungsmission

N

NDR – Norddeutscher Rundfunk NJW – Neue Juristische Wochenschrift NS – Nationalsozialismus NSDAP – Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (1920–1945) NVA – Nationale Volksarmee (der DDR)

O

OibE – Offizier im besonderen Einsatz (MfS) OSZE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

P

PolGe – Datenprojekt der BStU „Unbekannter Widerstand. Politische Gegnerschaft in der DDR 1949 bis 1989“

R

REDEKA – Datenbank/IT-Verfahren „Recherche zu Decknamen“ der BStU

S

SAE – IT-Verfahren „Sachaktenerschließung“ der BStU SBZ – Sowjetische Besatzungszone SCIS – Staatliche Kommission für die Sicherheit der Information (Bulgarien) SED – Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (DDR) SHB – Spezialhochbau (Betrieb des MfS) SIRA – System der Informationsrecherche der HVA (Datenbank der HVA) SMT – Sowjetisches Militärtribunal SS – Schutzstaffel (Organisation der NSDAP) StrRehaG – Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz StUÄndG – Stasi-Unterlagen-Änderungs-Gesetz StUG – Stasi-Unterlagen-Gesetz SV – Sportvereinigung – Spezieller Vorgang (MfS) – 148 –

T

ThILLM – Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien TU – Technische Universität

U

UDV – Amt für Dokumentation und Untersuchung kommunistischer Verbrechen (Tschechien) UFJ – Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen UPN – Institut für Nationale Erinnerung (Slowakei)

V

VE – Volkseigen … (siehe auch VEB) VEB – Volkseigener Betrieb VHS – Video Home System VwRehaG – Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz

Z

ZDF – Zweites Deutsches Fernsehen ZFP – Zentrale Fortbildungseinrichtung für Programmmitarbeiter von ARD und ZDF ZER – Zentrales Einwohnerregister der DDR ZOPA – Zentrale Objekt- und Personendatenbank der HVA ZUV – Zentraler Untersuchungsvorgang (des MfS) ZZF – Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam ZV – Abteilung Zentral- und Verwaltungsaufgaben der BStU

Erläuterungen zu den Diensteinheiten des MfS

Abt. Abteilung Abt. II in den BV: Spionageabwehr (entspricht im MfS: HA II) Abt. VI in den BV: Passkontrolle, Tourismus, Interhotel (entspricht im MfS: HA VI) Abt. VII in den BV: Abwehrarbeit in der Polizei (entspricht im MfS: HA VII) Abt. VIII in den BV: Beobachtung und Ermittlung (entspricht im MfS: HAVIII) Abt. IX in den BV: Untersuchungsorgan/Ermittlungsverfahren (entspricht im MfS: HA IX) Abt. X Internationale Verbindungen Abt. XI Chiffrierwesen (MfS und BV) Abt. XII Zentrale Auskunft/Speicher (MfS und BV) Abt. XIII Datenverarbeitung/Rechenzentrum Abt. XIV Untersuchungshaft und Strafvollzug (MfS und BV) – 149 –

Abt. XV in den BV: Auslandsaufklärung (entspricht im MfS: HVA) Abt. XVIII in den BV: Volkswirtschaft (entspricht im MfS: HA XVIII) Abt. XIX in den BV: Verkehr, Post, Nachrichtenwesen (entspricht im MfS: HA XIX) Abt. XX in den BV: Staatsapparat, Kunst, Kultur, Kirche, Untergrund (entspricht im MfS: HA XX) Abt. 26 Telefonüberwachung (MfS und BV) Abt. BCD Bewaffnung, Chemischer Dienst (MfS und BV) Abt. M Postkontrolle (MfS und BV) Abt. N Nachrichten (MfS und BV) AG Arbeitsgruppe AG XVII Besucherbüro Westberlin AG XXII in den BV: Arbeitsgruppe Terrorabwehr (entspricht im MfS: HA XXII) AG BKK Arbeitsgruppe Bereich Kommerzielle Koordinierung AGG Arbeitsgruppe Geheimnisschutz (MfS und BV) AGM Arbeitsgruppe des Ministers AKG Auswertungs- und Kontrollgruppe (MfS und BV) BdL Büro der Leitung (MfS und BV) BdZL SV Büro der Zentralen Leitung der Sportvereinigung Dynamo Dynamo BV Bezirksverwaltung HA Hauptabteilung HA I Abwehrarbeit in NVA und Grenztruppen HA II Spionageabwehr HA III Funkaufklärung HA VI Passkontrolle, Tourismus, Interhotel HA VII Abwehrarbeit Ministerium des Innern und Deutsche Volkspolizei HA VIII Beobachtung und Ermittlung HA IX Untersuchungsorgan HA IX/11 Aufklärung von Nazi- und Kriegsverbrechen HA XVIII Volkswirtschaft HA XIX Verkehr, Post, Nachrichtenwesen HA XX Staatsapparat, Kunst, Kultur, Kirche, Untergrund HA XXII Terrorabwehr HA KuSch Kader und Schulung HA PS Personenschutz HV A Hauptverwaltung A (Aufklärung) HVA Abt. V Sektor Wissenschaft und Technik; Wissenschaftlich-technische Auswertung (SWT) HVA Abt. VI Operativer Reiseverkehr, „Regimefragen“ – 150 –

HVA Abt VII Auswertung und Information HVA Abt. IX Äußere Spionageabwehr (Gegenspionage) HVA Stab, Personen- und Objekterfassung; Kartei und Archiv der HVA Referat 7 JHS Juristische Hochschule OTS Operativ-technischer Sektor PKE in den BV: Passkontrolleinheit SdM Sekretariat des Ministers SR Selbständiges Referat SR AWK in den BV: SR Abwehrarbeit im Wehrkommando SR PS in den BV: Personenschutz (entspricht im MfS: HA PS) VRD Verwaltung Rückwärtige Dienste WSE in den BV: Wach- und Sicherungseinheit ZAGG Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz ZAIG Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe ZKG Zentrale Koordinierungsgruppe ZMD Zentraler Medizinischer Dienst ZOS Zentraler Operativstab