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t t a l b k c e D burg m ester em a mers H Som 2016

i 2016 10. bis 14. Ma

gsburg t – PH Ludwi lturmanagemen Institut für Ku 1 NavigaNavigattion (Iinhaltsoverzeichnnis)

Seemannsgarn 4. Freitag, 13. Mai

Editorial...... 3 Gespräche über Theater und Fußball...... 24 Die ZEIT 1. Dienstag, 10. Mai von Lisa-Marie App und Nora Modrau

Roter Teppich, Gold und Marmor...... 5 Weg von den Wasserglas-Lesungen...... 26 Deutsches Schauspielhaus Literaturhaus Hamburg von Daniela Freundorfer und Andrea Zeisberg von Florian Mittelhammer und Klara Sandmann 2. Mittwoch, 11. Mai Ein außergewöhnlicher Spielort...... 28 Morgenreport zum Erlösmanagement...... 8 Stage Entertainment von Anne-Sophie Grunwald und Christina Rauch von Johannes Gerlitz und Lena Schiller 5. Samstag, 14. Mai Weit mehr als eine Großbaustelle...... 10 KuMa was here!...... 31 und Street Art Tour von Franziska Rauch und Rieke Weber von Katharina Boas und Lilian Luley

RATTAAATAAATAATATATAAT...... 13 „Lasst uns die Revolte beginnen!“...... 33 SofaConcerts Rote Flora von Elena Abramian und Catrin Schönhals von Jule Böttcher und Moritz Sack

3. Donnerstag, 12. Mai Das Beste kommt zum Schluss...... 36 Kulturpolitisch aktive Welterbestadt...... 16 Flaschenpost-Extra: Kopf & Steine GmbH Kulturbehörde der Stadt Hamburg von Seggen Mikael von Lisa-Marie Kosack und Moritz Steinhauer Die Crew

Man sieht nur mit den Füßen gut...... 18 Impressum...... 42 Kontorhausviertel und Speicherstadt von Sonja Hanschke und Jana Mießner

Kulturerbe ist im Web verfügbar...... 21 Museum für Kunst und Gewerbe von Iulia Maria Popa und Katrin Sarstedt 2 SeemanSeemannsgnarn (Editorisal) garn

„Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige.“

Lucius Annaeus Sene

Wer in Ludwigsburg den Masterstudiengang Kultur- Dass wir von ihnen noch vieles lernen können, wenn wissenschaft und Kulturmanagement studiert, kommt es darum geht, ein Projekt erfolgreich durchzuführen, um eine Seemannsmetaphorik wie diese kaum herum. wurde schnell deutlich. Irgendwie schafften sie es so- Wir alle wissen nunmehr im Schlaf: Möglichst präzise gar, die wenigen Sonnenstunden, die Hamburg im Jahr Ziele sind die Steuerungsgrundlage einer Kulturunter- zur Verfügung stellt, für uns zu reservieren. Auch nehmung! wenn uns ab und an eine frische Brise erwartete: Das war genau der richtige Wind für uns! Zumindest war Für uns Studierende stand im Mai 2016 das Ziel unse- dann die Müdigkeit, wenn wir nach einem langen und rer kulturellen Unternehmung jedenfalls fest: Der ereignisreichen Tag drohten, in den Seilen zu hängen, Hamburger Hafen sollte es sein! Den Kulturkompass gleich wie weggeblasen. Vielleicht war der Hamburger gen Norden gerichtet, machten wir uns auf, die Himmel am Ende auch nur ein wenig traurig, uns Kulturmetropole Hamburg zu erkunden. Fünf Tage nach fünf Tagen schon wieder verabschieden zu müs- voller neuer Eindrücke und zahlreicher Gespräche mit sen – die Regenwolken zogen jedenfalls gerade dann Kulturschaffenden aus den verschiedensten Bereichen wieder am Himmel auf, als unser Zug den Hamburger – vom Deutschen Schauspielhaus über das Start-Up Hauptbahnhof verließ. Wir wären wohl gerne noch ein SofaConcerts und die ZEIT-Redaktion bis hin zu wenig länger in Hamburg geblieben, hatten wir doch Kampnagels Hallen war einiges dabei. Am Ende der eine tolle und bereichernde Zeit. Unser Fazit: Ham- Exkursion hieß es dann „Steuer hart backbord!“ und burg Rules!* wir erhaschten noch einen Blick auf die linke Kultur- szene in Hamburg. Nun wollen wir jedoch die einzelnen Berichte für sich selbst sprechen lassen und wünschen viel Vergnügen Damit wir auch ja nicht vom (Ex-)Kurs abkamen, wa- beim Lesen! Ahoi! ren für die Navigation innerhalb Hamburgs wir Stu- dierende selbst verantwortlich: Jeder Programmpunkt Eure Redaktion wurde von einem Zweierteam aus der Gruppe ange- peilt, welches dann auch den jeweiligen Beitrag für diese Schatzkarte verfasste – auf den nächsten Seiten nachzulesen. So ging niemand über Bord und das Ge- lingen der Exkursion war sicher: Das ist gute Organi- * (englisch für Hamburger Regeln) sation! An dieser Stelle sei ein großes Dankeschön an 1992 in Kraft getretenes Regelwerk der die Verantwortlichen der Exkursionsplanung, Frau Vereinten Nationen über den Transport von Dr. Christiane Dätsch und Frau Ellen Heidelberger Waren auf dem Seeweg. Geregelt M.A. ausgesprochen, die viel Zeit und Leidenschaft in werden Aspekte des Transports, die Vorbereitung dieser Exkursion investiert haben. des Be- und Entladens von Schif- Vielen Dank für diese wunderbar vielseitige und un- fen und Haftungsangelegenheiten. vergessliche Woche in Hamburg!

3 1. Dienstag

4 Wir begeben uns auf die Planken, die die Welt bedeuten. Deutsches Schauspielhaus Hamburg

Roter Teppich, Gold und Marmor Bahnhofsnah und mittendrin – das Deutsche Schauspielhaus Hamburg zwischen Tradition und Veränderung

Im ersten Gespräch unserer Exkur- Auf den ersten Blick wenig „Thea- der Hansestadt aufgrund vieler sion stellt uns der leitende Drama- ter der Zukunft“ – oder doch? verschiedener Häuser und einer le- turg Dr. Jörg Bochow nicht nur Schon in den 1970ern, mit Peter bendigen Szene viel Konkurrenz. Iseine Arbeit vor, die sich – wie Zadek als Intendant, versuchte das Außerdem begegne man in Ham- das Schauspielhaus selbst – zwi- Deutsche Schauspielhaus, sich von burg einem großstädtischen, sehr schen ehrwürdiger Tradition und Bürgertum und klassischen Insze- wandelbaren und aktiven Publi- neuen Konzepten bewegt, sondern nierungen als Maß aller Dinge zu kum, welches sich von Inszenie- auch die 'Kantine': im zweiten lösen. Neue Konzepte, inzwischen rung zu Inszenierung für ein Kellergeschoss, zwischen langen durchaus streitbar, setzten sich Theater entscheide und viele ver- Gängen und unzähligen Türen. schon damals durch: Zadek löste schiedene Häuser besuche, so Bo- Das Deutsche Schauspielhaus in das für den Theaterbetrieb so chow. St. Georg besteht seit 1900 und wichtige Abonnement auf, um zeit- zählt noch heute zu den größten gemäßer zu sein. In den 1970ern Gerade Konflikte sind Sprechtheatern Deutschlands. Vor wurde so nicht nur eine ähnliche Bochow wichtig: allem Bürgerliche besuchten das Strukturierung wie im Kino an- Was genau ist denn Theater zur Gründerzeit – selbst gestrebt; die Umstände waren vor eigentlich das Kaiser Wilhelm II. im Dezember allem andere. Generell wurde das „Deutsche"? 1900. Glanz und Gloria sind auch Theater sehr stark besucht und heute noch in diesem im Neo-Ba- hatte wenig Konkurrenz. Um dieses Publikum zu erreichen, rockstil ausgestatteten Theaterge- Und von wenig Konkurrenz, davon ist für Bochow vor allem die Ver- bäude spürbar; dicker roter kann heute wirklich keine Rede ankerung in der Stadt sehr wichtig. Teppich, Goldverzierungen und mehr sein. Gerade im Vergleich zu Das Schauspielhaus nimmt bei- Marmorwände schmücken die Stuttgart, wo Bochow bereits als spielsweise am Projekt NEW Gänge und Räume ebenso wie die Chefdramaturg und stellvertreten- HAMBURG teil, in welchem die zahlreichen Büsten vergangener der Intendant am Staatstheater von Immanuelskirche auf der Veddel, Intendanten. 2005 bis 2013 tätig war, gibt es in angesichts einer schrumpfenden

5 Freundorfer und Zeisberg – Roter Teppich, Gold und Marmor Deutsches Schauspielhaus Hamburg

Über wenig Konkurrenz kann das Schauspielhaus nicht klagen. Dennoch ist die Auslastung hoch. Und Schlangen vor dem Eingang bilden sich nicht nur durch Kulturmanagement-Studierende.

evangelischen Gemeinde und der Vielleicht aufgrund des spontanen willen – das Deutsche Schauspiel- pluralistischen religiösen, kulturel- hanseatischen Publikums und des haus macht seiner Betitelung als len und politischen Prägungen der „Luxusproblems“ der großen Kon- 'bahnhofsnah' alle Ehre. So liegt es Stadtteilbewohner zum Mittelpunkt kurrenz, vielleicht aber auch auf- tatsächlich nicht nur fünf Gehmi- für Begegnungen und kulturelle grund der Tradition des Hauses nuten entfernt vom Hamburger Produktionen im Stadtteil werden zwischen Bürgernähe und Reform- Hauptbahnhof, sondern damit auch soll. Zudem versucht das Deutsche mitten im urbanen Zentrum, um- Schauspielhaus, aktiv Spuren in geben von den verschiedensten der Stadt zu hinterlassen und die Menschen und verschiedensten Handschrift des Theaters dort zu Ansichten und Bedürfnissen. Um verankern. Hier ist das Projekt diese auch zukünftig erreichen zu “pay what you can” zu nennen, können, versucht das Schauspiel- bei welchem nicht nur der Titel haus, nicht nur programmatisch definitorisch verstanden werden aktuell zu bleiben; seit dieser kann, sondern bei dem zusätzlich Spielzeit werden außerdem keine eine Performance mit anschließen- fingerdicken gedruckten Spielzeit- der Party vor allem junge Leute bücher mehr hergestellt, deren ins Haus bringen soll. Gerade Reichweite (nicht die Reichweite Konflikte sind Bochow dabei zum nächsten Papierkorb) zuletzt wichtig; so wurden Diskussionen eher unklar blieb. Mit dem da- angeregt: Was genau ist denn ei- durch gesparten Geld soll nun Pla- gentlich das „Deutsche“ am Deut- katwerbung ermöglicht werden – in schen Schauspielhaus? Was ist den U-Bahnen Hamburgs, die dem überhaupt das „Deutsche”, das sich „bahnhofsnahen“ Theater hoffent- im D des Logos des Theaters lich auch in Zukunft viele widerspiegelt? Die Konkurrenz schläft nicht! Besucher bringen. 6 Freundorfer und Zeisberg – Roter Teppich, Gold und Marmor 2. Mittwoch

7 Es liegt Musik in der rauen Seeluft. Stage Entertainment

Morgenreport zum Erlösmanagement Ein Gespräch mit Sönke Scobel über den Bildungsauftrag und die Berechenbarkeit von Erlösen im Kulturbetrieb

Als am nächsten Morgen auch die wie Wochentag, Uhrzeit und resistentesten Langschläfer vom Bei Stage Entertainment Schulferien. Die Auslastung liegt Gurren der Tauben im Innenhof gibt es nicht nur ein häufig bei über 100 Prozent, d.h. aufgeweckt wurden, deren Motto Preisniveau, sondern es werden zusätzliche Shows ge- Awohl selbstverliebt lautete: Ich ge- unzählig viele. spielt. Ob eine Vorstellung am hör nur mir, konnten wir uns beim Wochenende oder unter der Woche Zusammentreffen im Frühstücks- Zunächst stellte uns der studierte stattfindet, ist während der Schul- raum im Untergrund des Hostels Wirtschaftsingenieur die Grundzü- ferien irrelevant. Außerhalb der versichern, dass wir uns auf Ex- ge des ursprünglich niederländi- Schulferien werden häufig Rabatte kursion in der Hansestadt befanden schen Musical-Konzerns vor und angeboten, um der mangelnden und nur in unseren Träumen One erläuterte uns anschließend sein Nachfrage entgegenzuwirken. Sei- Night in Bangkok verbracht hatten. Tätigkeitsprofil im Bereich des nen Ursprung hat Yield Manage- Auch wenn das Hostel über kata- Yield Managements. Der „Bil- ment übrigens in America: Am kombenartige Verzweigungen im dungsauftrag” des Theaters besteht Broadway wird auf diese Weise Keller verfügte, welche mit der Pa- für ihn zwar auch darin, möglichst garantiert, dass die Theater stayn riser Oper vergleichbar sind, hatte viele Menschen mit Musicals zu alive. das Phantom der Oper uns Studie- erreichen, jedoch vertritt er die Eine immer wiederkehrende Frage renden glücklicherweise keinen Meinung, dass nicht allen alles in des Yield Managements, die sich Besuch abgestattet. Mit leichter bester Qualität und zum gleichen in Scobels Arbeitsalltag wiederfin- Verspätung ging es dann im Ham- Zeitpunkt ermöglicht werden muss. det, besteht darin, wann sich wel- burger Starlight Express durch die Erkennbar wird dies im auf den cher Platz in welcher Vorstellung Totale Finsternis der U-Bahn in ersten Blick komplex erscheinen- verkauft. Stage Entertainment ver- die Speicherstadt zu Stage Enter- den Ticketpreissystem von Stage sucht dabei, die verschiedenen tainment. In den modernen und Entertainment: es gibt nicht nur Preise der einzelnen Sitzkategorien schicken Büroräumen wurden wir ein Preisniveau, sondern unzählig flexibel zu halten, um sie je nach vom Controlling-Superstar Sönke viele. Einfluss auf die Preisniveaus Nachfrage anzupassen. Neun Mo- Scobel wunderbar empfangen. nehmen unter anderem Faktoren nate vor Vorstellungstermin fängt

8 Gerlitz und Schiller – Morgenreport zum Erlösmanagement Stage Entertainment

üblicherweise der Vorverkauf an. ist sich sicher, dass die Musicalbe- Zuletzt lässt sich Yield Manage- Die heiße Phase des Kartenvorver- sucher immer noch weniger bezah- ment aber ohne ein flexibles kaufs beginnt im Durchschnitt len, als sie eigentlich dazu bereit Ticketverkaufssystem nicht umset- sechs Wochen vor der Vorstellung; wären. Sowieso ist Stage Enter- zen. zwei Wochen vorher wird dann tainment noch lange nicht der teu- Seitdem Gründer Joop van den noch einmal ein großer Teil der erste Musicalanbieter: Bei Disney Ende 2015 60 Prozent seiner Tickets an Touristen verkauft. Der finden sich teilweise Preise von bis Geschäftsanteile an das Investment- letzte Platz verkauft sich idealer- zu 300 US-Dollar pro Ticket. Fa- Unternehmen CVC Capital Part- weise erst mit Beginn der Vorstel- milien kaufen übrigens oft teuer ners verkauft hat, herrschen bei lung. Zu früh ausverkauft zu sein, und nutzen den Familienrabatt für Stage Entertainment andere Colors bedeutet für Scobel, dass das Po- die teuerste Kategorie. Studierende of the Wind. Auf 17 inhaber- tenzial nicht ausgenutzt wurde. hingegen bevorzugen fast immer geführte Jahre unter Musical-Lieb- Kapazitäten für den Kartenverkauf die günstigsten Karten in der nied- haber van den Ende nach dem an der Abendkasse werden trotz- rigsten Preiskategorie. Motto, mit Geld Live-Entertain- dem nur bedingt zurückgehalten. Sönke Scobel überzeugte uns Stu- ment zu machen, folgt nun eine Allgemein lässt sich sagen, dass dierende mit Yield Management Zeit gemäß dem Prinzip, mit Live- sowohl bei Früh- als auch bei und ließ die Frage aufkommen: Entertainment Geld zu machen – Last-Minute-Buchern eine hohe Funktioniert Yield Management da passt Sönke Scobels Yield Ma- Preisbereitschaft vorhanden ist: Ih- auch in öffentlichen Theatern? Was nagement gut dazu. Ob die Verän- nen ist das Money Money Money können öffentliche Theater davon derungen Hakuna Matata bringen egal. Die teuersten Plätze verkau- lernen? Um Erlöse besser zu struk- oder nicht – Sönke Scobel denkt fen sich generell am schnellsten: turieren, braucht es vor allem sich: Always look on the bright si- Der Sieger hat die Wahl. Daten und Know-how. Die Basis de of life. Ziel ist es, zu 95 Prozent ausgelas- für ein erfolgreiches Erlösmanage- Am Schluss des Gesprächs ver- tet zu sein. Der Fokus ist dabei ment liegt bei der Leitung, die die sicherte er uns Studierenden, dass nicht, einzelne Restplätze für eine Einführung unterstützen muss. Stage auch zukünftig supercalifra- zeitnahe Vorstellung zu verkaufen, Gleichzeitig werden Daten (aus gilisticexpialigetische Musicals für sondern eher Doppelplätze für spä- Ticketing-Systemen) und analy- den deutschsprachigen Markt ent- ter stattfindende Vorstellungen zu tisches Denken benötigt (bei Stage wickeln möchte. The show must verkaufen. Der Ertrag für den Ein- Entertainment arbeiten in diesem go on. Also: sei bereit! zelplatz würde den zusätzlichen Bereich vier bis fünf Angestellte). Aufwand nicht rechtfertigen. Der Sales Controller kann anhand von Analysen die Auslastung verschie- dener Vorstellungen mit der Aus- lastung vom Vorjahr vergleichen. Durch Yield Management kommt es zwar häufig dazu, dass sich ei- ne Vorstellung im Vorverkauf schlechter verkauft, aber zum Zeit- punkt der Vorstellung wird trotz- dem die gleiche Auslastung erreicht – mit einem gesteigerten Umsatz. Scobel ist davon über- zeugt, dass Kunden Preisänderun- gen nur minimal wahrnehmen. Er Der Sitz von Stage Entertainment liegt prestigeträchtig im Hafenviertel.

9 Gerlitz und Schiller – Morgenreport zum Erlösmanagement Elbphilharmonie und Laeiszhalle

Weit mehr als eine Großbaustelle Ein Nachmittagsspaziergang durch die Musiktradition Hamburgs – vom Musikbetrieb der Zukunft in der Hafencity zum traditionellen Konzerthaus

Bislang nur ein Modell: 2.150 Plätze umfasst der große Saal.

Wenn angehende Kulturmanagerin- “HamburgMusik Elbphilharmonie nach Hamburg hatte der Innenaus- nen und Kulturmanager Hamburg und Laeiszhalle” ist die Betreiber- bau der Elbphilharmonie bereits besuchen, darf die Elbphilharmo- gesellschaft beider Häuser, recht- begonnen, sodass eine Führung nie im Programm nicht fehlen. Seit lich als gGmbH organisiert und zu nicht möglich war. In Sichtweite Wrund zehn Jahren wird viel 80 Prozent Tochter der Stadt Ham- zur Elbphilharmonie steht der Elb- diskutiert über Hamburgs neues burg – die restlichen 20 Prozent philharmonie Pavillon, der wäh- Konzerthaus, über das Leuchtturm- hält die Stiftung Elbphilharmonie rend der Bauphase als Ausgangs- projekt in der HafenCity, über Hamburg. Diese wurde im Oktober punkt der Baustellenführungen und Baustopps, verschobene Eröff- 2005 mit dem Ziel der nachhalti- als Informationszentrum dient. nungen und Kostensteigerungen. gen Unterstützung der Elbphilhar- Neben zahlreichen Informationen Über die Musik wurde bisher nur monie gegründet. Nach der über die Elbphilharmonie und die wenig berichtet. erfolgreichen Spendenkampagne geplanten Konzertformate be- Doch die Elbphilharmonie ist für den Bau der Elbphilharmonie heimatet der Pavillon ein 1:10 (weit) mehr als eine Großbaustelle ist die Stiftung Elbphilharmonie zu Modell des großen Saals, mit wel- an der westlichsten Spitze der Ha- einem langfristigen Partner für das chem im Voraus die Akustik getes- fenCity. Seit 2009 veranstaltet Konzerthaus geworden und beglei- tet wurde. Das Gebäude der HamburgMusik jährlich ca. 100 tet seitdem aktiv die Entwicklung Elbphilharmonie verfügt neben Elbphilharmoniekonzerte, die in des Hauses. Durch die Betreiberge- dem Großen Saal mit 2.150 Plät- der Laeiszhalle und anderen sellschaft, die beide Häuser be- zen über einen Kleinen Saal mit Spielorten in Hamburg stattfinden. spielt und verwaltet, sind das neue 550 Plätzen sowie das Kaistudio und das alte Konzerthaus Ham- für den Education-Bereich. Neben Laeiszhalle und burgs betrieblich und künstlerisch den Räumlichkeiten für die Musik Elbphilharmonie – miteinander verbunden: Laeiszhalle gibt es die Plaza als öffentlich zu- Konzerthaus der Tradition und Elbphilharmonie – Konzert- gängliche Plattform, die mit 4.000 und Konzerthaus der haus der Tradition und Konzert- Quadratmeter so groß wie der Zukunft. haus der Zukunft. Hamburger Rathausmarkt ist. Der Zum Zeitpunkt unserer Exkursion Bau Elbphilharmonie beheimatet

10 Rauch und Weber – Weit mehr als eine Großbaustelle Elbphilharmonie und Laeiszhalle

auch ein Hotel im Ostteil des Ge- erfüllen, ist eine enge Zusammen- die Elbphilharmonie zu akquirie- bäudes mit 250 Zimmern, Well- arbeit mit dem Künstlerischen Be- ren. Im Kern geht es im Sponso- ness- und Konferenzbereich. triebsbüro notwendig. Das Team ring der Elbphilharmonie bereits Dieses wurde von der Stadt an der Elbphilharmonie habe sich seit vielen Jahren darum, Partner einen externen Betreiber verkauft stark vergrößert, erzählt Dorothee und Sponsoren für die Elbphilhar- und wird ab der Eröffnung als Kalbhenn stolz: In den letzten Jah- monie, ihre zahlreichen Projekte Westin Hotels & Resorts betrieben. ren ist es von rund 20 auf 60 Mit- sowie die Konzertformate und Auch die 45 Wohnungen mit Aus- arbeiter angewachsen. Auch dass -reihen zu finden. blick auf die Elbe, den Hafen und die Stadt mit der immer näher die Stadt werden nicht von der rückenden Eröffnung des neuen Besonders sponsoring- Elbphilharmonie und Laeiszhalle Konzertsaals weitere finanzielle affin sind Banken, gGmbH verwaltet. Zugeständnisse gemacht hat, freut Versicherungen und andere „Luxus- Unternehmen“.

Der Bereich Sponsoring lässt sich dabei in vier Bereiche aufteilen: Hauptsponsoring, Produktsponso- ring, Klassik-Sponsoring und Un- ternehmenssponsoring. Derzeit gibt es zwei Hauptsponsoren – BMW und Mont Blanc – welche intensiv betreut werden und an exklusiven Veranstaltungen teilnehmen dürfen. Diese Unternehmen haben insbe- sondere hinsichtlich der Exklusivi- Am Abend durften wir die Akustik der Laeiszhalle live erleben. tät sehr hohe Ansprüche. Für die Am Pavillon empfing uns Doro- sie. Die Mittel für die Elbphilhar- Hauptsponsoren steht v.a. der thee Kalbhenn, Referentin für monie wurden von drei auf fünf Imagetransfer im Vordergrund so- Sponsoring und Kooperationen im Millionen pro Jahr erhöht und für wie der Anreiz, das kultur- und Team der HamburgMusik gGmbH die ersten eineinhalb Jahre werden klassikaffine Publikum als Ziel- – Elbphilharmonie und Laeiszhalle zusätzlich sieben Millionen bereit- gruppe für ihr Unternehmen zu Betriebsgesellschaft. Ein großer gestellt, u.a. für das Eröffnungs- gewinnen. Insgesamt soll es Teil ihrer Arbeit bestehe darin, den festival und die vielen zusätzlichen höchstens vier oder fünf Haupt- Wert von Musik zu vermitteln und Veranstaltungsformate im Eröff- sponsoren geben, erläuterte Doro- diesen Politikern und Managern nungsjahr. thee Kalbhenn. Produktsponsoren nahe zu bringen, erklärte Kalbhenn Im Gespräch mit Dorothee Kalb- sind beispielsweise Tee-, Cola- – eine Art „Musikvermittlung für henn wurde deutlich, dass es im oder Champagner-Produzenten, wie Manager“. Insbesondere die Be- Moment sehr gut läuft für die Elb- Messmer oder Coca-Cola. Diese ziehungspflege zu Privatspendern, philharmonie. Das war nicht im- können ihre Produkte am point of Mäzenen, Unternehmen und Ko- mer so. Dorothee Kalbhenn sale, also direkt im Konzerthaus, operationspartnern ist ein wesentli- erzählte auch von den schweren platzieren. Die Anzahl der Pro- cher Bestandteil im Sponsoring. Zeiten, als sie beispielsweise wäh- duktsponsoren ist ebenfalls niedrig, Einen weiteren Aufgabenbereich rend des Baustopps ihren Job im auch um die Branchenexklusivität bilden die Anträge bei Förderstif- Sponsoring der Elbphilharmonie wahren zu können. Außerdem gibt tungen. Um die strengen inhaltli- antrat. Damals kam es einer Her- es 20 bis 25 Klassiksponsoren – chen Kriterien der Stiftungen zu kulesaufgabe gleich, Sponsoren für besonders sponsoring-affin sind 11 Rauch und Weber – Weit mehr als eine Großbaustelle Elbphilharmonie und Laeiszhalle

hier Banken, Versicherungen und andere „Luxus-Unternehmen“. Die Basis der Sponsoring-Pyramide der Elbphilharmonie bildet der neu ge- gründete Elbphilharmonie Circle, ein Unternehmerkreis von 40 bis 50 Sponsoren, die sich mit einer Art „Mitgliedsbeitrag“ von 5.000 Euro für maximal drei Jahre eine Mitgliedschaft im Elbphilharmonie Circle sichern. Wichtig ist, den Sponsoren zu ver- mitteln, dass sie nicht ihre kom- merziellen Wünsche durchsetzen können. Häufig haben Firmen un- realistische Vorstellungen von einer Kooperation mit der Elbphilharmo- nie. Entscheidend seien daher ein ehrlicher Umgang mit potentiellen Sponsoren und ein authentisches Auftreten, meinte Dorothee Kalb- henn. Gerade im Zusammenhang mit dem Baustopp 2011 oder dem Baukostenanstieg, der unzureichend an die Medien kommuniziert wur- de, gilt es, die Zusammenhänge vor wichtigen Partnern offen dar- zulegen. Unabdingbar für den Job, den Dorothee Kalbhenn macht, ist es daher, Beziehungsmanagement zu beherrschen und selbstbewusst als Person sowie als Vertreter einer Institution aufzutreten. Der Perfek- tionsdruck bei einer solchen Unter- nehmung wie der Eröffnung eines neuen Konzerthauses sei hoch, gab Dorothee Kalbhenn zu. Dieser wirkt sich natürlich auf das gesam- te Team aus und kann anstrengend sein, er mache die Arbeit bei der Elbphilharmonie aber zugleich auf- regend und spannend.

oben: Es fehlt nicht mehr viel! Bald öffnet die Elbphilharmonie. unten: Die Laeiszhalle begeistert nicht nur in akustischer Hinsicht. 12 Rauch und Weber – Weit mehr als eine Großbaustelle SofaConcerts

RATTAAATAAATAATATATAAT Die Gründung eines Kulturunternehmens kostet viel Elan und Durchhaltevermögen – zwei musikbegeisterte Frauen mit einer tollen Idee wagten den Schritt

Bei sonnigen 25 Grad machen wir So viele Menschen begeistern sich … faConcerts, die sich bis heute uns auf zum letzten Termin des für Musik – aber oft fehlt es als sehr erfolgreich erwiesen hat. Tages. Auf dem Plan steht das einfach an den passenden Veran- Per Klick können sich Musiker Startup SofaConcerts und ein staltungsorten. Also fragten sich und Publikum nun zusammenfin- BGespräch mit einer der beiden die Gründerinnen, wie Musiker, den. „Die Konzerte finden überall Geschäftsführerinnen, Marie-Lene Musikbegeisterte und Veranstal- statt – in Gärten, Treppenhäusern, Armingeon. Nach ein paar Orien- tungsorte besser vernetzt werden Küchen und sogar in großen Ba- tierungsschwierigkeiten im „Karo- könnten, um die vorhandenen Res- dezimmern“, erklärt uns die star Musikhaus St. Pauli“, einem sourcen intelligenter zu nutzen. So Geschäftsführerin. Privatpersonen Gebäude, das speziell für junge entstand also die Idee von So … können sich Künstler für Livekon- Unternehmen und Existenzgründer zerte in ihr Wohnzimmer holen aus der Musikbranche errichtet Bühnen schaffen, wo oder diese für besondere Veran- worden ist, werden wir sehr vorher keine waren. staltungen und Events buchen. freundlich von der Gründerin in Hamburg bietet das dazu Auch kleine Bars und Läden nut- Empfang genommen. passende positive Klima zen die Plattform inzwischen, um Wir nehmen Platz und lauschen für Gründungen. Künstler für besondere Auftritte in Maddi, die uns das Du angeboten ihren Einrichtungen zu finden. und eine Präsentation für uns Stu- Ziel der beiden Gründerinnen war dierende vorbereitet hat. Zunächst RATTAAATAAATAAAATAAA- und ist es also, Bühnen zu berichtet sie uns, dass sie eigent- TATATATAAATATTAAA … schaffen, wo vorher keine waren. lich Gymnasiallehrerin werden Hamburg bietet dabei ein positives wollte, dann aber gemeinsam mit (Nach einer kurzen Unterbrechung Klima für Gründungen und verfügt ihrer Schulfreundin Miriam Schütt, durch die Hamburger S-Bahn, die außerdem über eine große Medien die BWL studiert hatte und zu die- direkt draußen vor dem Fenster die sem Zeitpunkt bereits im Marke- Hamburger Bevölkerung von … ting arbeitete, auf die Idee von A nach B bringt, können wir RATATTATTTTAAAAATATATTA SofaConcerts gekommen war: Maddi wieder zuhören.) TATATATAATATAAAATATAT …

13 Abramian und Schönhals – RATTAAATAAATAATATATAAT SofaConcerts

(Wir warten.) Innovationsstarter-Programm der RATATATATATATAAATAAATTT Stadt Hamburg. Momentan durch- AAATATAAATATATA … … -landschaft. Maddi erzählt, dass läuft SofaConcerts seine erste Ko- das positive Medienecho auf die operation, es werden künftig (Wir schließen das Fenster.) Unternehmensgründung fast wie sicherlich noch einige dazu kom- von selbst erfolgte – bei einer so men. … das Gehalt tatsächlich nur überzeugenden Idee durchaus ver- Zuletzt teilt Maddi noch ihre durch den eigenen Umsatz gedeckt ständlich. Frauen mit Unterneh- „besten“ und „schlechtesten“ Grün- werden kann und das Vorhaben mergeist wie Marie-Lene dungs-Erfahrungen: Sie betont, funktioniert – das sei eine der Armingeon und Miriam Schütt dass eine Gründung viel Elan und schönsten Erfahrungen für sie denken natürlich schon an die noch mehr Durchhaltevermögen gewesen, die es gebe. Für die Zukunft – und so folgt auf die koste. Zudem gebe es immer wie- Gründerinnen ist es eine Erfüllung Präsentation des Unternehmens der Aufgaben, die am liebsten kei- zu sehen, was sie mit ihrer Platt- (Status quo) gleich noch die Prä- ner über … form alles ermöglichen. Der bishe- sentation ihres Traums, der Vision rige Erfolg ihrer Idee motiviert sie der beiden Frauen: Sie möchten RATATATAAAATATAAAAAAAA jeden Tag aufs Neue. Das Ge- zur europa … AAATATATATTAAAAAAATA … spräch mit der sympathischen Ge- schäftsführerin ist sicherlich für RATATAAATAATATATATATA ...

… weiten Anlaufstelle für Live- Musik werden. Sie wollen ihr Konzept in der Welt verbreiten und denken im Zuge dessen auch an neue und spannende Geschäftsfel- der, die eine Internationalisierung mit sich bringen kann. Bisher steht dieser Vision scheinbar nichts im Wege, die Wachstumskurve von SofaConcerts ist vielversprechend. Schließlich können wir noch unse- re Fragen an die Gründerin richten – und davon gibt es reichlich: Als angehende Kulturmangerinnen und Kulturmanager finden wir bei Marie-Lene Armingeon berichtet über ihre Erfahrungen als Gründerin. SofaConcerts viele Parallelen zu unserem Hochschulprojekt Team- (Der Berufsverkehr beginnt.) viele von uns Motivation und In- labor, bei dem wir die Gründung spiration zugleich. Nichtsdestotrotz eines Kulturbetriebs simulieren. … nehmen mag, wie zum Beispiel sehen wir jetzt dem verdienten So folgen Fragen zur Umsatzgene- die Buchhaltung. Dann heiße es: Feierabend entgegen – doch vorher rierung, der Wahl der Gesell- verhandeln oder Zähne zusammen- ist noch Zeit für ein Bild im schaftsform und des Standortes beißen. Man müsse sich bewusst schwarz-weiß-Fotoautomaten, der sowie der Finanzierung und sein, dass eine Gründung immer natürlich vor einem Gebäude für Förderung. Zur Unternehmens- ein langer Prozess sei, der sich junge, innovative und kreative gründung reichte den beiden Frau- aber irgendwann auszahle. Wenn Existenzgründer wie dem „Karo- en die Förderung durch das der Zeitpunkt erreicht sei, an dem star“ nicht fehlen darf.

14 Abramian und Schönhals – RATTAAATAAATAATATATAAT 3. Donnerstag

15 Landgang im Hafenviertel einer Kultur- und Welterbestadt Kulturbehörde der Stadt Hamburg

Kulturpolitisch aktive Welterbestadt Wie wird man eigentlich Welterbestadt und welche innovativen Möglichkeiten der Kulturförderung existieren in der Hansestadt?

Durch die Position Hamburgs als UNESCO. Denn um als Welt- ches bereits seit 1998 auf der Ten- Stadtstaat hat die Kulturbehörde kulturerbe in Betracht gezogen zu tativliste stand, dahingehend zu Hamburg einen wesentlichen Vor- werden, muss eine in Deutschland erweitern, dass die Speicherstadt teil: Sie vereint kommunales vorgeschlagene Stätte mindestens und das Kontorhausviertel – die DKulturdezernat und Kulturministe- ein Jahr auf der Tentativliste der repräsentativ für die Entwicklung rium und kann hierdurch die Deutschen UNESCO-Kommission einer Stadt mit monofunktionalen Kulturpolitik Hamburgs aktiver stehen. Vierteln sind – dem Antrag hinzu- und direkter beeinflussen als in gefügt wurden. anderen Großstädten. Senatsdirek- Nun folgte ein langwieriger Be- tor Hans Heinrich Bethge und die werbungsprozess: Über ein Dossier Beauftragte für die UNESCO- musste der Wert des beworbenen Weltkulturerbe-Bewerbung Ham- Objekts dargestellt und erläutert burgs, Frau Dr. Agnes Seemann, werden, welche managerialen und gaben uns Einblicke in die vielfäl- planerischen Ressourcen der Stadt tige Kulturarbeit der Hansestadt. zur Verfügung stehen, um den Er- halt des Objekts zu sichern. Das Das komplette Verfahren Herr Bethge (Leiter der Kultur- komplette Verfahren und die Er- bis zur Ernennung behöre) und Frau Dr. Seemann nennung der Speicherstadt mit zum Weltkulturerbe dem Kontorhausviertel und dem dauerte schlussendlich Bereits im Jahr 2010 begannen die Chilehaus zum Weltkulturerbe sechs Jahre. Vorbereitungen zur Bewerbung, als Hamburgs dauerte schlussendlich klar wurde, dass Hamburg im Be- sechs Jahre. Dennoch hat sich das Frau Dr. Seemann berichtete zu reich der modernen Architektur Ergebnis gelohnt: Für das Außen- Beginn unseres Besuches über den und der industriellen Stadtentwick- bild Hamburgs hat die Ernennung langen Weg zur Ernennung zur lung eine Lücke in der Welterbelis- gerade im Tourismus einen Image- Welterbestadt und das komplexe te besetzen konnte. Man entschied, zuwachs und großen Standortvor- Bewerbungsverfahren bei der den Antrag des Chilehauses, wel- teil mit sich gebracht.

16 Kosack und Steinhauer – Kulturpolitisch aktive Welterbestadt Kulturbehörde der Stadt Hamburg

Kaum ist jedoch die aufreibende der Korrektur anfänglicher Fehler Zeit der Bewerbung vorbei, plant – man hatte die Museen mit einem die frisch gebackene Welterbestadt zu geringen Stiftungskapital ausge- die nächsten Schritte: Die Vorbe- stattet – war es den Museumsstif- reitungen für die Bewerbung des tungen dadurch möglich, auto- jüdischen Friedhofs als zweites nomer zu agieren. Weltkulturerbe sind bereits im Ein weiterer Schwerpunkt der Gange. Kulturbehörde ist der Ausbau des Images Hamburgs als Musikstadt. Seit 2010 wurden im Hierbei, so betont Bethge, stünde Rahmen der Label- jedoch nicht allein das – derzeit in förderung über 130 Hamburg omnipräsente – Projekt Musikveröffentlichungen Elbphilharmonie im Mittelpunkt, unterstützt. sondern auch die Popularmusik. Bereits vor den 90er-Jahren war Doch die UNESCO-Bewerbung ist die Musikwirtschaft in Hamburg nur ein kleiner Arbeitsbereich der sehr stark vertreten, nicht nur Kulturbehörde, wie sich im durch die Branchenriesen Warner weiteren Gespräch mit Herrn Beth- Music Group und die bis 2002 an- ge zeigen sollte, der als Jurist in sässige Universal Music Group, der Stadtverwaltung begann und sondern auch durch viele kleine durch seine private Leidenschaft und spezialisierte Indie-Labels. Um für Kunst und Kultur 2010 diese Vielfalt zu erhalten, wurden das Amt des Senatsdirektors im Rahmen der Labelförderung übernahm. seit 2010 über 130 Musikveröffent- Ähnlich wie in anderen Bundes- lichungen unterstützt. Dieses be- ländern wird auch in der Hanse- sondere Förderverständnis spiegelt stadt etwa die Hälfte des 250 Mio. sich auch in den Strukturen der Euro umfassenden Kulturetats von Behörde: Der Bereich Kreativwirt- der Theaterförderung beansprucht. schaft ist in Hamburg bei der Denn neben den städtischen Spiel- Kulturbehörde – und nicht wie städten, welche als eigenständige oftmals üblich bei der Wirtschafts- GmbHs agieren und bei denen die förderung – angesiedelt. Stadt als Hauptgesellschafter fun- Im weiteren Gespräch mit Herrn giert, fördert die Kulturbehörde Bethge wurde deutlich, dass die ebenfalls rund 30 Privattheater. Die Kulturbehörde auch in den Berei- seit 1999 erfolgte Umwandlung von chen kulturelle Bildung, Integrati- fünf Museen in Stiftungen verdeut- on von Flüchtlingen und bürger- licht ebenfalls den Wunsch der schaftliches Engagement neue und Kulturbehörde, die städtischen Kul- innovative Wege geht und unsere turinstitutionen in eine wirtschaftli- Exkursionsgruppe nahm etliche che und manageriale Selbst- Inspirationen für die berufliche bestimmtheit zu entlassen. Nach Zukunft mit.

links: Eines der vielen Wahrzeichen Hamburgs: Der Rathausturm

17 Kosack und Steinhauer – Kulturpolitisch aktive Welterbestadt Kontorhausviertel und Speicherstadt

Man sieht nur mit den Füßen gut Das facettenreiche UNESCO-Welterbe der Hansestadt – ein Spannungsfeld zwischen Geschichte, Architektur und städtebaulicher Entwicklung

Am Donnerstag hatten wir, nach dere Farbigkeit erhielten. Trotz der hen könnte. Als Orientierung dem Gespräch in der Kulturbehör- Höhe der Bauten fällt noch genü- dienten dann Backsteinstädte aus de, eine Speicherstadt- und Kon- gend Sonnenlicht in das Viertel, dem Mittelalter. torhausviertel-Führung bei Matej denn die Gebäude verjüngen sich AKusnir, dem Geschäftsführer von nach oben. Daher sieht das Chi- Jana: Stimmt! Ein Gedanke waren Robin and the Tourguides, gebucht. lehaus so aus, als hätte es oben ei- dabei auch die sozialen Strukturen ne Reling, was dem Gebäude eine und die Trennung zwischen Sonja: Liebe Jana, was ist dir von interessante Form verleiht. Und wir Arbeits- und Wohnort. der Speicherstadt-Führung in Erin- waren ja sogar auch im Chilehaus nerung geblieben, was hat dich be- drin. Das Treppenhaus war hier Sonja: Diese Entwicklung fand ich sonders interessiert oder was war sehr eindrucksvoll und wunderbar besonders interessant. Fritz Schu- neu für dich? fand ich auch die kleinen Eidech- macher hatte ja erst noch ein senornamente am Treppengeländer. Wohn- und Arbeitsviertel geplant, Jana: Hallo Sonja! Besonders in- Aber weißt du noch, wie es zu der entstanden ist dann aber das erste teressant fand ich die Architektur Wahl der Architektur kam, auch Büroviertel Europas. Heute haben des Kontorhausviertels, wie das aus städtebaulicher Sicht? wir wiederum die gegenläufige Be- Chilehaus von Fritz Höger und wegung mit dem Ziel, das Viertel seine total neuartige Bauweise. Als Die einheitliche wieder zu beleben und bewohnbar Studentin der Kunstgeschichte fand Architektur und die zu machen. ich besonders den Backsteinexpres- vielen Kanäle schaffen sionismus sehr spannend, der ja ein einzigartiges Bild. Jana: Genau. Zum Beispiel finden auch in anderen norddeutschen jetzt auf dem großen Parkplatz im Städten zu finden ist. Hier wurden Sonja: Ich glaube, man hatte sich Zentrum des Kontorhausviertels nicht mehr die schönen und per- im Zuge der Entstehung des Kon- Wochenmärkte statt, um die Be- fekten Backsteine verwendet, son- torhausviertels, also zu Beginn des völkerung wieder in diese Gegend dern der eigentliche Ausschuss, so 20. Jahrhunderts, gefragt, wie eine zu ziehen und sie attraktiver zu dass die Bauten eine ganz beson- typisch deutsche Architektur ausse- machen.

18 Hanschke und Mießner – Man sieht nur mit den Füßen gut Kontorhausviertel und Speicherstadt

Sonja: Für mich ist genau diese den Handel, genutzt. Zum anderen derungen muss man heutzutage Frage des städtebaulichen Diskur- wäre es schade, wenn die nun prä- also aufpassen. Man kann nicht ses, „Für wen ist die Stadt?”, die mierten Viertel einfach leerstehen einfach Zwischenmauern einziehen. sich auch heute in Gentrifizie- würden, wie ein gigantisches Bau- Außerdem müsste nach den heuti- rungs-Debatten wiederfindet, die denkmal. Meine Frage wäre also, gen Wohnstandards die ganze verbindende Thematik von Kontor- wie man dafür sorgen kann, dass Elektronik neu eingebaut werden, hausviertel und Speicherstadt. Für die Viertel wiederbelebt werden. wie Internetleitungen, etc. die Entstehung der Speicherstadt Ende des 19. Jahrhunderts wurden ja unzählige Menschen zwangsum- gesiedelt, die bis dahin auf den In- seln gewohnt hatten – zuerst natürlich die Ärmeren aus dem Gängeviertel auf der Insel Kehr- wieder. Man hatte sich zwar trotz des Anschlusses an das Deutsche Reich ein zollfreies Gebiet sichern können, dafür mussten aber bishe- rige Bauten weichen. Nicht um- sonst heißt es seit damals manchmal zynisch “Die freie und Abrissstadt Hamburg”. Trotzdem ist die heutige Speicherstadt schön anzusehen, oder? Schier ins Unendliche scheinen sich die Treppen im Chilehaus in die Höhe zu winden, wo einst etliche Kaufleute residierten. Jana: Schön ist sie wirklich. Die einheitliche Architektur und die Jana: Das ist wirklich eine gute Sonja: Stimmt. Deshalb entstehen vielen Kanäle schaffen ein einzig- Frage. Ich kann mich noch daran statt Wohnräumen anscheinend artiges Bild. Anscheinend hat erinnern, dass Matej meinte, die eher neue Gewerbeflächen, wie Hamburg sogar mehr Brücken als einfache Umwandlung der Spei- Teeläden oder Kaffeeröstereien. Venedig! cherstadt-Gebäude in Wohnräume sei schwierig. Die Architektur Jana: ...und die Kreativwirtschaft Sonja: Gerade wegen der Einheit- müsse nämlich wegen der hält Einzug! lichkeit des Komplexes aus Spei- UNESCO-Richtlinien aufrechter- chern, Kontorhäusern, Kanälen und halten werden. So müssen zum Sonja: Genau. Damit erhält man Brücken sind beide Viertel, also Beispiel die unterschiedlichen Bau- zwar einerseits ein wenig die das Kontorhausviertel mit Chile- phasen der Speicherstadt erkennbar traditionelle Nutzungsform: das haus und die Speicherstadt, im bleiben, die vor allem an den Stüt- Lagern, Handeln und Wirtschaften letzten Jahr zum UNESCO-Welt- zen zu sehen sind. Diese wurden – Hamburg zählte ja bis zum erbe ernannt worden. Sie stehen zuerst aus Stahl gebaut, die aller- zweiten Weltkrieg auch zu den als einzigartiges Symbol für das dings aus Feuerschutzgründen großen Kaffeebörsen – öffnet sich Handelswachstum seit Ende des nicht sehr geeignet waren. In der aber auch den Menschen als Ort 19. Jahrhunderts. Für mich stellt zweiten Bauphase entschied man des öffentlichen Lebens. Neuer sich dabei zum einen die Frage der sich dann für Holz und in der letz- Wohnraum entsteht dafür nebenan Authentizität, denn die Gebäude ten Phase nutzte man feuersicher in der neuen HafenCity. werden größtenteils nicht mehr in ummantelte gusseiserne Stützen. der ursprünglichen Form, also für Bei innenarchitektonischen Verän- 19 Hanschke und Mießner – Man sieht nur mit den Füßen gut Kontorhausviertel und Speicherstadt

Jana: Da steht doch auch dieses tolle Greenpeace-Gebäude, das sich ökologisch selbst erhält, mit erneuerbaren Energien.

Sonja: Du meinst mit den Wind- turbinen auf dem Dach, die mitt- lerweile nicht mehr funktionieren?

Jana: Genau das!

Sonja: Na ja, die Idee ist trotzdem schon mal gut. Die ersten fertigen Wohnanlagen, Cafés und großen Plätze zeigen vielleicht, wie die Zukunft des Viertels mal aussehen kann. Ein Teil soll ja auch Sozial- wohnungen vorbehalten sein. Im Optimalfall hat man dann ein buntes und belebtes Viertel, dass auf die Speicherstadt und das Kon- torhausviertel abfärbt – „die Spei- cherstadt 2.0”.

Jana: Da bin ich mal gespannt, wie sich das Ganze in Zukunft entwickeln wird. Und einen letzten Punkt will ich auch nicht unter den Teppich fallen lassen. Am En- de unseres Rundgangs haben wir nämlich noch in einen Teppichhan- del schauen dürfen. Die Lagerflä- chen der Speicherstadt wurden schon immer auch für die Lagerung von Orient-Teppichen ge- nutzt und auch heute noch sind 20 Prozent der Lagerflächen dem Teppichhandel verschrieben.

Sonja: Ja, das war schon eine tolle Führung. Wir konnten wirklich viele Facetten des Welterbe-Vier- tels kennenlernen: von der Ge- schichte der Entstehung über die Innovationen in der Architektur bis hin zu aktuellen Fragen der Nut- oben: kurzes Verweilen mit Blick auf die neu entstehende HafenCity zung und Weiterentwicklung. unten: Was wäre eine Exkursion ohne Gruppenfoto? 20 Hanschke und Mießner – Man sieht nur mit den Füßen gut Museum für Kunst und Gewerbe

Kulturerbe ist im Web verfügbar Uneingeschränkter Zugang zu Wissen und grenzenlose Teilhabe im Museum für Kunst und Gewerbe – ein Gespräch mit Marketing-Leiterin Silke Oldenburg

Tausende Objekte sind in der Datenbank des MKG verzeichnet, darunter auch diese Postkarte.

Nachdem wir das Museum für Sammlung, die insgesamt 500.000 Unsere Grundsätze? Kunst und Gewerbe eine Stunde Exponate aus 4.000 Jahren Wir möchten Teilhabe lang auf eigene Faust erkunden Menschheitsgeschichte umfasst. ermöglichen, zugänglich und die Präsentation der Samm- Das Haus vereint Kollektionen un- sein und gesellschaftlich Nlung mit dem ,,kulturmanagerialen terschiedlicher Kunststile und relevant sein. Blick‘‘ inspizieren durften, trafen Medien; die Objekte stammen aus wir uns mit Frau Dr. Silke Olden- dem europäischen, nah- und burg, der Leiterin des Marketings fernöstlichen Kulturraum und dazu an, das Haus wieder zu be- des MKG. Zunächst waren wir reichen von der Antike bis zur suchen. Studierende gefragt. Wir sollten Gegenwart. Auch die vier großen Neben der Dauerausstellung des unsere Eindrücke und Meinungen Weltreligionen – Christentum, Ju- Hauses gibt es jährlich eine Reihe zum Haus und zur Präsentation dentum, Buddhismus und Islam – von Sonderausstellungen, die den der Sammlung schildern und taten sind vertreten. Die Präsentation der Großteil der Gesamtbesucher des dies sogleich eifrig. Als überaus Sammlung folgt dabei keiner chro- Museums anziehen. Vier große positiv wurde von uns das sehr nologischen, sondern einer thema- und bis zu zwanzig kleinere Aus- aufmerksame und freundliche Ser- tischen Anordnung. Frau Dr. stellungen werden vom MKG jedes vicepersonal empfunden, für das Oldenburg erklärte, dass dies für Jahr umgesetzt. Bis zu 250.000 viele lobende Worte gefunden wur- Überraschungseffekte beim Besu- Besucher sehen sich diese an. Das den. Weniger positiv beurteilten cher sorge, der auf diese Weise Durchschnittsalter der Stammbesu- wir die meist schwierige Orientie- immer wieder neue Dinge entde- cher liegt bei 45 Jahren. Aber auch rung innerhalb der schier endlos cke, die er nicht erwarte. Auf diese ein junges Zielpublikum wird mit erscheinenden Räumlichkeiten des Weise soll er seine Interessen ei- den Ausstellungen des MKGs er- Museums. genständig festlegen können und reicht. Dies ist nicht zuletzt den Auf insgesamt 10.000 Quadratme- sich gewissermaßen selbst durch ausgefeilten Marketingaktivitäten tern präsentiert das Museum für das Haus leiten. Im besten Fall zu verdanken. Seit 2012 findet im Kunst und Gewerbe einen Aus- spornt den Besucher die kaum zu MKG ein kontinuierliches Besu- schnitt seiner umfangreichen bewältigende Masse an Objekten chermonitoring statt, das

21 Popa und Sarstedt – Kulturerbe ist im Web verfügbar Museum für Kunst und Gewerbe

Ausgangspunkt eines zielgruppen- (Facebook, Instagram, YouTube) Ausstellung ,,Fast Fashion. Die spezifischen Marketings ist. werden den Besuchern eine Reihe Schattenseiten der Mode‘‘ durch 20 Fragebögen werden im Schnitt digitaler Angebote zur Verfügung Berichte, Infos und News rund um pro Woche ausgefüllt, die vor al- gestellt. So gibt es beispielsweise die Ausstellung auf dem Blog be- lem das Image des Hauses kostenlose Apps zur Sammlung der gleitet wurde. Im gesamten Aus- erfragen. Die hierdurch gewonne- Musikinstrumente, die via Video- stellungszeitraum wurde er mit nen Informationen fließen in pro- und Audioclips Gebrauch und durchschnittlich 500 Klicks pro jektbezogene Kampagnen, die je Klang historischer Musikinstru- Tag und insgesamt rund 120.000 nach Zielgruppe und Thema den mente näher bringt. Die Audiotour- Visits frequentiert. Ausstellungen ihr spezifisches Er- App ,,Im Sog der Zeit‘‘ wurde ei- Ein weiteres Steckenpferd ist die scheinungsbild verleihen. Die gens für die zehn original- digitale Inventarisierung der Bandbreite der Themen reicht hier- historischen Epochenräume entwi- Sammlung. Stolz betonte Frau Ol- bei von klassischen Ausstellungen, ckelt, die durch diese audiovisuell denburg, dass das MGK das einzi- z.B. ,,Jugendstil‘‘, bis hin zu aktu- erfahrbar werden. Eine weitere Be- ge Museum in Deutschland sei, ellen Themen, die sich kritisch sonderheit ist der MKG Modeblog das seine Bestände in dieser Form mit Konsum, Ökonomie und Öko- ,,Stilbrise‘‘, der anlässlich der Son- digital zur Verfügung stelle. So logie auseinandersetzen, so auch derausstellung ,,Mythos Chanel‘‘ können mittlerweile Bilder und In- die vergangenen Ausstellungen 2014 ins Leben gerufen wurde. Be- formationen zu 5.000 Objekten auf ,,Endstation Meer?‘‘ oder ,,Fast vor Silke Oldenburg jedoch weiter der Homepage des Museums an- Fashion. Die Schattenseiten der auf die Details des Modeblogs ein- gesehen und sofort, ohne jegliche Mode‘‘. Bei der Ausstellung ,,Tat- gehen konnte, wurde ihr Vortrag Einschränkungen, heruntergeladen too‘‘ waren ein Drittel der Besu- jäh vom Feueralarm unterbrochen, und genutzt werden. Die Grund- cher Neu-Besucher. Das Durch- der durch das ganze Haus schallte. haltung für diese Vorgehensweise brachte Frau Oldenburg wie folgt auf den Punkt: ,,Menschen sollen auch im Web ihr Kulturerbe ha- ben‘‘. Ein uneingeschränkter, orts- ungebundener Wissenszugang spielt eine große Rolle im MKG. Unmit- telbares Vorbild ist hierbei das Ri- jksmuseum Amsterdam. Generell seien die Niederländer, so Frau Oldenburg, wesentlich ,,angstfrei- er‘‘, was den Umgang mit In- formationen im Netz betreffe. Die Grundsätze des MKGs ,,Wir möchten Teilhabe ermöglichen‘‘, ,,Wir möchten zugänglich sein‘‘ Silke Oldenburg berichtete über die modernen Ansätze des MKG. und ,,Wir möchten gesellschaftlich relevant sein‘‘ gelten auch über die schnittsalter lag bei 35 Jahren – Nach einer kurzen Verschnaufpause Grenzen des Hauses hinaus. Und ein absoluter Erfolg für das MKG! an der frischen Luft und nachdem zwar mit der Gewissheit, dass das Auch im Bereich der Online- die vermeintliche Gefährdung von Museum mit seinen Sammlungen Kommunikation ist das MKG breit Besuchern und Gebäude ausge- und Themen als Ort der Inspirati- aufgestellt. Neben der Homepage schlossen werden konnte, wurde on und des Wissens Ausgangs- als zentraler Anlaufstelle und der das Gespräch fortgeführt. Silke punkt weiterer Beschäftigungen ist Präsenz auf Social-Media-Kanälen Oldenburg erzählte, dass auch die und bleibt. 22 Popa und Sarstedt – Kulturerbe ist im Web verfügbar 4. Freitag

23 Mal was anderes lesen als Seekarten? Wie wäre es mit Moby Dick? Die ZEIT

Gespräche über Theater und Fußball Unser Gespräch in den heiligen Hallen der ZEIT-Redaktion mit Theaterkritiker Peter Kümmel

Am Freitag war es dann endlich so und ZEIT Geschichte bietet die Auch im digitalen Zeitalter ist die weit: Wir waren eingeladen in die Verlagsgruppe beispielsweise auch ZEIT angekommen: von der ZEIT heiligen Hallen der ZEIT-Redakti- Reisen in nahe und ferne Länder App über das E-Paper bis hin zu on. Diese zeigte sich von ihrer an. Durch dieses umfangreiche An- ZEIT Audio bleibt kein Wunsch Abesten Seite und begrüßte uns mit gebot befindet die ZEIT sich mit der Leserschaft unerfüllt. Die Tra- zahlreichen Kannen voller Kaffee über 500.000 gedruckten Exempla- dition findet sich im kunstvollen und Tee, die die mittlerweile lang- ren pro Woche und rund 340.000 und weltweit prämierten Layout sam einsetzende Ermattung durch Abonnenten in der glücklichen sowie dem Format wieder, das sich das intensive Programm der letzten Lage, dem Zeitungssterben die an den Anfangszeiten von vor 70 Tage sofort verfliegen ließen. Auch Stirn bieten zu können. Ihr Er- Jahren orientiert. Auch mannigfa- lagen für jeden von uns die aktuel- folgsrezept besteht dabei in der che Beschwerden, das Format wäre le Ausgabe der ZEIT sowie das kontinuierlichen Innovation einer- zu groß und unhandlich, konnten Magazin Weltkunst bereit. seits und der gleichzeitigen Besin- daran nichts ändern. Gibt es einen besseren Start in den nung auf die Tradition anderer- Gerne hätten wir noch etwas über Tag?! Nachdem wir uns dann auch seits. Sie passt sich aktuellen ge- die Möglichkeiten eines Karrie- alle häuslich eingerichtet hatten, sellschaftlichen Trends an und restarts bei dieser so erfolgreichen widmeten wir uns zusammen mit richtet zum Beispiel neue Ressorts Wochenzeitung erfahren, jedoch zwei Mitarbeiterinnen aus der ein, wie 2015 „Z – Zeit zum Ent- war mittlerweile unser zweiter Marketing-Abteilung der Fragestel- decken“, welches zusammen mit Gesprächspartner, Theaterkritiker lung „Was gehört denn nun alles dem ZEITmagazin den emotiona- Peter Kümmel, eingetroffen und so zum ZEIT-Universum?“ Rasch len Teil der Zeitung ausmacht. wandten wir uns anderen Gefilden wurde deutlich, dass die ZEIT viel zu. Bevor wir in die schillernde mehr ist als nur eine Wochenzei- Rasch wurde deutlich, Welt der Theaterkritik eintauchten, tung, denn die Angebote gehen dass die ZEIT viel erzählte er uns jedoch eine weit über dieses Kerngeschäft hin- mehr ist als nur eine Anekdote aus dem Arbeitsalltag in aus. Neben unzähligen Magazinen Wochenzeitung. der ZEIT-Redaktion, die sich jeder wie ZEIT Campus, ZEIT Wissen von uns für die Zukunft im Beruf

24 App und Modrau – Gespräche über Theater und Fußball Die ZEIT

Genug ZEIT für alle: Neben Kaffee und Lesestoff wurden wir auch mit spannenden Antworten versorgt.

merken sollte: Was im Berufsleben Auf eine Nachfrage unsererseits ler wie Edgar Selge oder Jens wirklich wichtig ist, ist die Anzahl kam Peter Kümmel nochmals auf Harzer halten ihn bei der Stange. der Bürofenster. Es gilt nämlich seinen Arbeitsalltag in der Redakti- Er schreibt weiterhin mit der der Grundsatz: Je mehr Fenster on zurück, betonte dabei aber, Hoffnung, durch seine Artikel Bil- dein Büro hat, desto wichtiger und dass sich dort momentan einige der in der Vorstellung des Lesers mächtiger bist du. Selbstironisch Veränderungen vollziehen würden. und die Begeisterung für das schob er gleich hinterher, dass sein Neben dem ständigen Kampf um Theater zu wecken. Vor allem zählt Büro lediglich ein Fenster habe. den Abdruck der eigenen Artikel für ihn der Spaß am Lesen. Und Fensteranzahl hin oder her – Peter verwies er auf die sinkende Be- vielleicht schafft es Peter Kümmel, Kümmel ist mit seinen 16 Jahren deutung der Theaterrezension. Was sich in naher Zukunft auch noch bei der ZEIT und seinem uner- meinte er damit? Seiner Meinung den Traum vom eigenen Buch zu schöpflichen Wissen über die deut- nach geht die Tendenz zu immer erfüllen. Wir drücken die Daumen! sche Theaterlandschaft eine mehr Vorberichtserstattung und be- Koryphäe auf seinem Gebiet. Als wegt sich weg von Nachberichten waschechter Schwabe begann er wie der klassischen Theaterkritik. seine Karriere bei den Stuttgarter Die eigentliche Vorstellung steht Nachrichten und schreibt mittler- nicht mehr im Mittelpunkt; viel- weile in Hamburg bei der ZEIT mehr nehmen andere Formate wie neben seinem Steckenpferd Theater Essays und Features, welche aus- unter anderem auch über Fußball. führlicher und tiefergehender be- Für ihn sind Theater und Fußball richten, rund um das Ereignis zu. nämlich gar nicht so unähnlich. Den damit einhergehenden Bedeu- Die Tendenz zum Theatralischen tungsverlust des Theaters sieht er ist beiden Feldern gemein. Fußball kritisch und bedauert er. Dennoch sei doch nichts anderes als eine ist Peter Kümmel weiterhin Enthu- große Bühne. siast und geht auch noch privat Theaterkritiker Peter Kümmel be- gerne ins Theater. Gute Schauspie- richtet aus dem Journalistenalltag. 25 App und Modrau – Gespräche über Theater und Fußball Literaturhaus Hamburg

Weg von den Wasserglas-Lesungen Förderung und Erfahrbarmachung von Literatur – das Literaturhaus Hamburg ist ein Treffpunkt für alle begeisterten Lesenden in der Stadt

Verglichen mit der langen Traditi- sprünglich einem Hamburger Kauf- Die breit aufgestellte Finanzierung on, in der Museen, Theater und mann, wurde später als Tanzschule, ist notwendig, denn die meisten Konzerthäuser in Deutschland ste- dann als Mädchenheim genutzt Veranstaltungen im Haus sind Ver- hen, stecken die Literaturhäuser und stand anschließend eine Zeit lustgeschäfte, wenn man nur den Vnoch in ihren Kinderschuhen. Erst lang leer. Gerd Bucerius, einer der finanziellen Aspekt betrachtet. Ende der 1980er Jahre wurden die Gründerväter der ZEIT, kaufte die ersten von ihnen gegründet. Das Villa für die ZEIT-Stiftung auf und Literaturhaus in Hamburg war diese überließ sie dem Literatur- 1989 nach Berlin das zweite in haus mietfrei. Die Buchhandlung Deutschland. Prof. Dr. Rainer Mo- Samtleben, das Literaturzentrum, ritz, der Leiter des Literaturhauses der Börsenverein des deutschen Hamburg, lädt uns Studierende ein Buchhandels Nord und das Litera- zu einem informativen Gespräch turcafé beleben das Haus, das lite- über die Herausforderungen, denen rarischen Erlebnissen ein Zuhause sich ein Literaturhaus heute gegen- geben möchte. Hier zeigt sich be- über sieht. reits eine der fünf Säulen, die das Haus finanziell tragen. Neben dem Gastgeber und Leiter des Literatur- Der Anspruch: Nutzungsrecht der Villa und den hauses: Prof. Dr. Rainer Moritz Literatur fördern, die es Mieteinnahmen durch Buchhand- schwer hat, aber lung und Restaurant machen der Ein kleines Team mit nur fünf gleichzeitig keine elitäre Mitgliederverein (er zählt rund 700 Festangestellten (einige davon in Einrichtung sein. Mitglieder), die Eigeneinnahmen, Teilzeit) kümmert sich um das die durch Veranstaltungen erwirt- ganze Programm. Dabei den Spa- Das Literaturhaus in Hamburg be- schaftet werden, Zuschüsse der gat zu schaffen zwischen der findet sich am Schwanenwik in Stadt (160.000 Euro) und private Abbildung der Literaturszene und nobler Umgebung. Das bereits Förderer die Arbeit im Literatur- der Vermeidung des Mainstreams, 1960 erbaute Haus gehörte ur- haus möglich. zwischen der Unterstützung der

26 Mittelhammer und Sandmann – Weg von den Wasserglas-Lesungen Literaturhaus Hamburg

regionalen Szene und dem leiter nicht erschöpfend beantwor- denn für die 600 Besucher war in Anspruch, ein hohes Niveau zu ten. Der Autor gibt der Literatur der Alstervilla freilich kein Platz. halten, zwischen der Entwicklung ein Gesicht und lässt uns diese auf So bieten die Literaturhäuser, die eines eigenen Schwerpunkts und eine Weise erfahren, wie es das sich der Förderung und auch der dem Ermöglichen von Vielfalt, ist Buch allein nicht vermag. Ein Interessenvertretung der Literatur die Herausforderung, der sich im- Beispiel für eine Blockbuster- in Deutschland verschrieben haben, mer neu gestellt werden muss. Da- Lesung ist die von Jonathan Fran- die Möglichkeit, Literatur als Er- hinter steht der Anspruch, Literatur zen, für die das Literaturhaus ins lebnis zu erfahren und das Erlebte zu fördern, die es schwer hat, aber Thalia Theater ausweichen musste, vor Ort mit anderen zu teilen. gleichzeitig keine elitäre Einrich- tung zu sein, die den Bezug zu ih- ren Besuchern verliert. Letzten Endes gibt es keine fixierten Kri- terien für die Programmbildung. Die Auswahl soll unbefangen statt- finden und in sich stimmig sein. Wie das genau aussieht, hängt dann sehr stark von der aktuellen Leitung des Hauses ab.

Neben den traditionellen Wasserglas-Lesungen finden im Literaturhaus auch Poetry-Slams und andere Formate statt.

Unter Rainer Moritz hat daher ei- ne Öffnung stattgefunden: Neben der traditionellen Wasserglas-Le- sung finden unter anderem auch Poetry-Slams, Diskussions- und Gesprächsformate sowie Buchvor- stellungen, bei denen der Unterhal- tungscharakter stärker in den Mittelpunkt rückt, ihren Platz im Programm. Rainer Moritz betont aber, dass die klassische Wasser- glas-Lesung und die persönliche Begegnung mit den Autoren auch heute noch für die Besucher ihren Charme nicht verloren haben. Wie- so dieses Format auch heute noch nachgefragt wird und sich laut Rainer Moritz gerade auch in Deutschland größter Beliebtheit Im Anschluss an den Besuch im Literaturhaus führte unser Weg erfreut, kann der Literaturhaus- – direkt nach dem Stop in der Eisdiele – hierher: Kampnagel. 27 Mittelhammer und Sandmann – Weg von den Wasserglas-Lesungen Kampnagel

Ein außergewöhnlicher Spielort Mit einem vielseitigen Programm hat sich Kampnagel neben den drei klassischen Spielstätten der Stadt als vierte Säule der Hamburger Theaterlandschaft etabliert.

Von der industriellen Vergangenheit Empfangen wurden wir vor Ort Pro Jahr realisiert Kampnagel etwa des Geländes, auf dem einst die von Mareike Holfeld, der Leiterin zehn bis dreizehn Projekte mit den großen Kräne der Firma der Presse- und Öffentlichkeitsar- so genannten "Hamburger Gel- Kampnagel produziert wurden, ist beit, die uns zunächst durch die dern". Freie Theatergruppen kön- Vnicht mehr viel zu sehen, nur der „Hallen“ – wie die Spielorte als nen sich dazu bei der Drama- Name erinnert noch daran. Einge- Reminiszenz an ihre Vergangenheit turgie-Abteilung von Kampnagel bettet in eine ruhige Bürogegend, genannt werden – führte. Ausge- mit ihrem Konzept bewerben. Wird wirkt das ehemalige Fabrikgebäude stattet sind die Hallen meist mit dies als geeignet befunden, stellt fast unauffällig. Erst, wenn man Licht- und Tontechnik, einer Tribü- Kampnagel einen Spielstättennach- das Gebäude betritt, das heute die ne für die Zuschauer und einer weis aus, mit dem die Gruppen fünf Veranstaltungssäle beheimatet, ebenerdigen Spielfläche für die bei der Hamburger Kulturbehörde spürt man noch etwas von dem al- Darsteller, die bei Bedarf durch Projektgelder beantragen können. ten Flair. Begonnen hat die ein Bühnenpodest ergänzt werden Werden diese genehmigt, stellt Geschichte Kampnagels als Auf- kann. Allerdings fehlen Seiten- und Kampnagel die Infrastruktur in führungsort 1982 mit der Nutzung Hinterbühnen oder Künstlergarde- Form von Räumen, Mitarbeitern als Ausweichspielstätte durch das roben, wie man sie aus dem klas- und Öffentlichkeitsarbeit. Vollstän- Deutsche Schauspielhaus, inzwi- sischen Theaterbau kennt. Das dige Eigenproduktionen werden schen ist es zu Deutschlands größ- kann eine Einschränkung sein, bie- von Kampnagel aus finanziellen ter Produktions- und Spielstätte für tet aber wiederum viel Platz für und logistischen Gründen eher sel- freies Theater herangewachsen. Improvisation und Imagination. ten umgesetzt. Stattdessen werden Deshalb war es für uns besonders So finden neben Theater- und verschiedenste Gruppen unterstützt spannend, Einblicke in die Arbeits- Tanzaufführungen auch viele krea- und Projekte initiiert, wie zum weisen zu bekommen. tive Performances auf Kampnagel Beispiel das „Refugee Radio Net- statt, beim jährlichen „Internatio- work“, gestaltet von und für So vielfältig wie die nalen Sommerfestival“ auch im Flüchtlinge und Migranten. Die Programmgestaltung ist Freien, auf dem hinteren Teil des Zusammenarbeit mit geflüchteten auch das Publikum. Geländes. Personen ist für Kampnagel dabei 28 Grunwald und Rauch – Ein außergewöhnlicher Spielort Kampnagel

Intendantin Amelie Deuflhard stieß kurzfristig zur Diskussionsrunde und beantwortete Fragen zu Kampnagel.

genauso selbstverständlich wie die ter im Gegensatz zum Deutschen Oper, den Performances oder dem mit anderen internationalen und Schauspielhaus oder dem Thalia Soli-Casino „Verspende deine Ren- regionalen Künstlern. Theater stellen muss, wurden deut- te“ gekommen waren. Wir hatten lich. Die Gelder, die das Theater Karten für „Next Day“ von Regis- Die Zusammenarbeit mit über die Stadt an Subventionen er- seur Philippe Quesne. Angekündigt geflüchteten Personen ist hält, belaufen sich beispielsweise war es als eine Performance mit für Kampnagel dabei auf 4,6 Millionen Euro im Jahr, Kindern, weshalb wir uns unsicher genauso selbstverständlich während andere, klassische Theater waren, was uns erwarten würde. wie die mit anderen in Hamburg rund 20 Millionen Wir wurden aber positiv über- internationalen und Euro beziehen. Diese Gelder rei- rascht. Die Darsteller im Alter von regionalen Künstlern. chen Kampnagel nur, um die Ham- zehn bis vierzehn Jahren waren al- burger Produktionen abzudecken, le großartig, sehr talentiert und mit In der sich der Führung anschlie- alle anderen Gelder müssen durch viel Freude dabei. Als sich die ßenden Gesprächsrunde stießen die Dramaturgen zusätzlich akqui- „Superhelden-Azubis“ schließlich auch noch Stefan Scheuermann, riert werden. Dass sich die Mühe noch eine wilde Schlacht mit den Leiter des Künstlerischen Betriebs- lohnt, belegen die stetig wachsen- „Aliens“ (übungsweise vertreten büros und – zu unserer Überra- den Besucherzahlen. So vielfältig durch das Publikum) lieferten und schung – die Intendantin Amelie wie die Programmgestaltung ist sich beide Parteien mit Schaum- Deuflhard zu uns. Sie beantworte- auch das Publikum auf Kampna- stoffblöcken bewarfen, war das Eis ten uns alle brennenden kulturma- gel, wovon wir uns am Abend endgültig gebrochen. nagerialen Fragen zu Zielgruppen- selbst überzeugen konnten. Wenn Als Abschluss eines interessanten strategien und Besucherbindung, es nach der Intendantin geht, soll Tages bot uns die Performance so- der Programmgestaltung und der es in den nächsten Jahren auch mit ein gelungenes Praxisbeispiel Konkurrenz Kampnagels. Auch die noch internationaler werden. Im dafür, wie das freie Theater auf Besonderheiten und Herausforde- großen Foyer tummelten sich Per- Kampnagel funktioniert und sein rungen, denen sich das freie Thea- sonen aller Altersgruppen, die zur Publikum fasziniert.

29 Grunwald und Rauch – Ein außergewöhnlicher Spielort 5. Samstag

30 Meuterei auf der Bounty? Streifzug durch das alternative Hamburg. Street Art Tour

KuMa was here! Eine Stadtführung der besonderen Art: Urbane Strukturen einer lebendigen Stadt

Mit einer Stadtführung von Statt- zu schaffen sowie sich der Gesell- laufenen Häfen zu verbreiten und reisen Hamburg begann der letzte schaft zu wiedersetzen. Als erster fügten noch das bis heute bekann- Tag der Exkursion. Anhand der Sprayer gilt Taki 183, ein griechi- te Männchen hinzu. Heute ist die- Straßenkunst im Karolinenviertel, scher Einwanderer, der in New ser Tag überall zu sehen, von Min St. Pauli und im Schanzenvier- York lebte. Der Name setzt sich Toilette bis Konzertsaal. tel wurde uns die Entstehung und aus seinem Vornamen und der Geschichte der Street Art vermit- New Yorker Straße, in der er telt. Street Art lässt sich als Selbst- wohnte, zusammen. Überall auf Trotz der Illegalität aneignung des urbanen öffent- seinem Weg zur Arbeit waren sei- der Street Art gibt es lichen Raumes verstehen. Sie gilt ne Tags zu sehen. Eine weitere auch in dieser Szene als informell und teils illegal, was Koryphäe der Street Art Geschich- ungeschriebene Gesetze. je nach Szene unterschiedlich be- te ist Cornbread in Philadelphia, trachtet wird. Man unterscheidet der mit “Cornbread loves Cynthia” Seit Ende der 1970er Jahre hat zwischen Tags, der reinen Unter- berühmt wurde, dies bald auf sei- sich Street Art in Europa verbrei- schrift eines Künstlers, dem Piece, nen Namen reduzierte und sogar tet, mit Ursprüngen in London, einem künstlerisch gestalteten Elefanten im Zoo taggte. Paris, München und Dortmund. Werk und Murals, der Gestaltung Das wohl bekannteste Tag ist be- Auch in Hamburg ist Street Art ein von ganzen Hauswänden. reits in den 1940ern entstanden, omnipräsentes Phänomen. Das von Der Ursprung der Kunst des als ein Techniker eines Marine- uns besuchte Areal stammt aus der Graffitis liegt in der Hip-Hop Sze- schiffs, der die Räume dort nach- Gründerzeit und es befinden sich ne New Yorks der 1970er Jahre, einander kontrollierte, alle bereits dort vorwiegend Arbeiterviertel. wo sich gleichzeitig auch andere überprüften Räume mit der Auf- Die früheren Wallanlagen wurden Kunstformen wie Rap und Break- schrift „Kilroy was here“ versah, mehr und mehr geöffnet. Die Ge- dance entwickelten. Die Menschen um den Überblick nicht zu verlie- bäude wurden terrassenartig ge- suchten in der Street Art ein Ven- ren. Die verwunderten amerikani- baut, wobei die hinteren Teile der til, um sich künstlerisch auszu- schen Soldaten begannen darauf- Häuser den Arbeitern zugewiesen drücken und eine Selbstwerbung hin, seinen Tag auch in den ange- waren. Mit der Entwicklung der

31 Boas und Luley – KuMa was here! Street Art Tour

Stadt stieg die Attraktivität der Der bekannte Hamburger Künstler Schanzenviertel erkennt man des Viertel, die Häuser wurden mehr Oz hatte sich mit seinen Smileys, Weiteren deutlich die Weiterent- und mehr saniert und die Mieten mit denen er die Stadt vielerorts wicklung der Street Art Szene. stiegen. Durch die Verdrängung der versah, zum Ziel gesetzt, mehr Nicht mehr nur reine Stencils oder ursprünglichen Bewohner der Ar- Freude in den Alltag zu bringen. Graffitis sind hier zu finden, son- beiterklasse wurde Widerstand laut, Auch Pieces wie „es lebe der dern auch plastische Objekte wie der sich vor allem in der Straße Sprühling“ sind auf ihn zurückzu- besprayte Fliesen oder Kassetten- mit Graffitis widerspiegelte. Als führen. Durch seine illegalen Ak- recorder aus Styropor der Gruppe Meinungsäußerung kann Street Art tionen saß er mehrere Male im Push. Hier entzündet sich auch also auch eine politische Gefängnis, insgesamt für acht Jah- eine politische und gesellschaftli- Dimension annehmen. re. Seit seinem Tod vor zwei Jah- che Diskussion mit der Frage: Ist ren, als er in Aktion vom Zug eine Hauswand privat oder öffent- erfasst wurde, sind in der ganzen lich? Verliert die Immobilie Stadt Hommagen mit seinem Tag automatisch an Wert, wenn sie zu sehen. Trotz der Illegalität der besprayt ist? Im Laufe der Zeit hat Street Art gibt es auch in dieser die Street Art immer mehr Begeis- Szene ungeschriebene Gesetze. Da- terung und Akzeptanz in der Ge- bei gilt es als unrühmlich, gute sellschaft gefunden. Dies zeigt sich Pieces zu übersprühen, es sei im Interesse der Hauseigentümer, denn, es soll eine offensichtliche “Murals” in Auftrag zu geben oder Degradierung eines anderen Künst- bewusst schützen zu lassen, sodass lers erreicht werden, der dann mit die natürliche Vergänglichkeit der der Kennzeichnung „Toy“ am Kunstwerke verhindert wird. Auch Graffiti ins Lächerliche gezogen in Hamburg erfährt die Szene im- wird. Über einem Plattenladen im mer mehr Unterstützung, wie sich Karolinenviertel ist ein Piece von an der Initiative affenfaust zeigt Oz zu finden, welches “gecrosst” oder der jährlichen Ausstellung im wurde, was als absolutes “No-Go” Millerntor-Stadion. Es entsteht eine in der Szene galt. Kurz vor seinem Ambivalenz innerhalb der Szene Tod übersprühte der Künstler es aufgrund der fortschreitenden dann abermals mit seinem Piece. Kommerzialisierung der Kunst. Auch unter den Fußballfans von Auch der britische Stencil-Künstler Ultra Sankt Pauli gibt es aktive Banksy verkauft seine Werke für Street Art Künstler. Sie sind eng bis zu 10 000 Dollar, stellt jedoch mit der Szene verwurzelt und tag- seine Schablonen kostenfrei im In- gen die Stadt mit ihren bunten Pie- ternet als Download zur Verfü- ces. J BCB, Hallo Carlo oder gung. Mit dem Ausspruch Rebelzer sind weitere Persönlich- „Copyright is for losers“ findet er keiten der Hamburger Graffiti Sze- eine Balance zwischen Kommer- ne. Dabei vertreibt letzterer seine zialisierung und der Street Art im Kunst inzwischen auch kommerzi- ursprünglichen Sinne. Kann ell und betreibt einen Laden im Banksys Art und Weise mit dieser Viertel. Er engagiert sich außer- Problematik umzugehen als weg- dem sozial, in dem er der Geträn- weisend gelten? In jedem Fall kefirma viva con agua seine werden wir in Zukunft unsere Es gibt viel zu entdecken in den Motive unentgeltlich zur Verfügung Wege mit wacheren und aufmerk- Seitenstraßen des Schanzenviertels. stellt. Auf der Wall of Fame im sameren Augen betrachten. 32 Boas und Luley – KuMa was here! Rote Flora

„Lasst uns die Revolte beginnen!“ Das Gespräch mit Andreas Blechschmidt, Aktivist der Roten Flora, erinnert daran, dass der Mut zum Ausbruch aus der Norm eine Kulturlandschaft bereichern kann.

„Wenn man eine Zeitreise in das sollten das Viertel aufwerten und Jahr 1820 an diesen Ort machen Das Kollektiv legt sehr als Highlight ein Musicaltheater würde, wäre man auf dem Land, viel Wert darauf, auf dem Floragelände etabliert umringt von Weiden, einem Bach, keine Abhängigkeiten werden. Die Stadt verkaufte in Weiner Windmühle… und in der aufzubauen. Folge das Gebäude an einen In- Ferne könnte man die Stadtmauern vestor und das historische Theater sehen.“ So beginnt Andreas Blech- 1888 wurde im Zuge der massiven wurde weitestgehend abgerissen. schmidt seine Erzählung über die Stadterweiterung Hamburgs das Viele Anwohner glaubten nicht Geschichte des Flora-Geländes und Gesellschafts- und Concerthaus daran, dass diese Maßnahmen genau so anschaulich wird er Flora eröffnet. Andreas Blech- durchgeführt wurden, um ihre Le- weiter erzählen und uns für die schmidt bezeichnet das damalige bensqualität im Quartier zu ver- nächsten zwei Stunden in seinen Theater aufgrund seines weitläufi- bessern. Als Ziel vermuteten sie Bann ziehen. gen Außengeländes als „riesen- ihre Vertreibung und das Anlocken Wer das Gelände der Roten Flora großen Vergnügungspark“. Die eines neuen, kaufkräftigeren Publi- betritt, weiß auch ohne sich mit Flora war damals schon ein Ort kums. Es formierte sich eine Ge- deren Geschichte im Vorfeld aus- für weniger betuchte Menschen genbewegung, welche mehr und einandergesetzt zu haben, dass er gewesen, statt Hochkultur gab es mehr Zuspruch erfuhr und auf sich an einem ganz besonderen Operette. Das 20. Jahrhundert war eine große Solidarität im Viertel Ort befindet. Hier riecht es nach vor allem durch die sehr vielfältige bauen konnte. Die massiven Pro- Widerstand, nach Selbstbestim- Nutzung des Gebäudes geprägt – teste sorgten schließlich für den mung, nach Regelbruch, nach Frei- die Flora war Boxkampfarena, Rückzug des Investors. Die erfolg- heit – und nach dem Bier vom Theater, Kino und schließlich ein reichen Protestler schlossen sich Vorabend. Kein Millimeter auf den Kaufhaus. 1987 rückte das Schan- zur „Roten Flora“ zusammen und Wandflächen im Inneren des Ge- zenviertel, bis dato ein migrantisch planten ein Stadtteilkulturzentrum bäudes ist nicht beschrieben oder geprägtes Arbeiterviertel, in den – das Gebäude wurde wenig später beklebt mit Proklamationen, Fokus der Hamburger Standort- von ihnen besetzt. Die erwartete Parolen und Plakaten. politik. Sanierungsmaßnahmen Räumung fand nie statt, der Status

33 Böttcher und Sack – „Lasst uns die Revolte beginnen!“ Rote Flora

Fotos? Bitte nur von außen, die Floristen wollen sich nicht wie Tiere im Zoo fühlen.

des besetzten Gebäudes ist heute Andreas Blechschmidt. Viele Ak- stemmte sich das Kollektiv gegen noch in Kraft. teure der Hamburger Kulturszene die „irrsinnige Politik“ der Stadt. Während unseres Gesprächs wird machten in der Flora ihre ersten Die politische Arbeit sorgte aber in der Flora für eine Party aufge- Schritte. Das liegt auch daran, dass auch für viele Konflikte und Rei- baut. Die Spontaneität, mit wel- die Flora einer der wenigen Orte bereien, gerade auch entlang der cher in diesem Gebäude gearbeitet in Hamburg ist, an dem minder- klassischen Konfliktlinien der lin- wird, ist deutlich zu spüren. Doch jährige Jugendliche feiern können. ken Szene. Daher entschloss sich auch hier herrscht der eine oder Das Programm wird von den Be- das Kollektiv dazu, nicht mehr andere Grundsatz: Das besetzte suchern der Flora aktiv gestaltet – politisch zu arbeiten, sondern in Gebäude soll niemandem als jeder kann hier eine Veranstaltung Zukunft vor allem als Verwalter Wohnort dienen und keiner soll umsetzen, einen privaten Profit des Gebäudes aufzutreten. hier seinen Lebensunterhalt verdie- darf er sich dabei aber nicht erhof- nen. So soll vermieden werden, fen. Der Erlös kommt teilweise dass Menschen in existenzieller dem Flora-Kollektiv zugute, der Abhängigkeit mit der Roten Flora Rest wird stets an einen sozialen verbunden sind. Außerdem werden Zweck gespendet. Noch ein Grund- auf diese Weise Hierarchien ver- satz: Die Flora nimmt selten För- hindert. Das Plenum der Roten dergelder an, weder von öffent- Flora, welches sich aus circa 40 licher Hand noch von Stiftungen. Personen zusammensetzt, trifft ge- Das Kollektiv legt sehr viel Wert meinsam die meisten Entscheidun- darauf, keine Abhängigkeiten auf- gen. Für essentielle Fragen wird zubauen. eine Vollversammlung einberufen. Was ist die Rote Flora? „Ein kul- Die „Floristen“ sind ein bunt ge- tureller, aber auch ein politischer mischter Haufen – „vom Akademi- Ort”, das betont Andreas Blech- ker bis zum arbeitslosen Punk“, so schmidt immer wieder. Regelmäßig Rechtsfreier Raum? Nein!

34 Böttcher und Sack – „Lasst uns die Revolte beginnen!“ Rote Flora

Ein politischer Ort ist die Flora Eine Lehre hat Blechschmidt in selbstverständlich geblieben – die den 27 Jahren Rote Flora auf jeden einzelnen Gruppen, welche im Ge- Fall gezogen: Es hat sich gelohnt, bäude aktiv sind, betreiben weiter- dass die Floristen im Verhältnis zu hin politische Arbeit. Vor allem Stadt und Investoren immer wieder aber ist die Rote Flora ein Symbol Mut bewiesen haben und keine geworden – im Kampf gegen die Konfrontationen gescheut haben. Gentrifizierung, welche längst zum „Man bringt sich durch zivilen Dauerphänomen in deutschen Ungehorsam auch manchmal in Großstädten geworden ist. Das bessere Positionen“. Andere alter- machte sie so bekannt, dass sie native Projekte in Hamburg seien heute ironischerweise dann doch nämlich durch die Kooperation mit zur Touristenattraktion geworden der Stadtverwaltung letztlich doch ist – nicht als Musicaltheater, son- in eine Lage geraten, mit der sie dern als das vermutlich bekanntes- nicht glücklich waren. te besetzte Gebäude der Republik. Nach mehr als zwei reichhaltigen Dies führte dann sogar dazu, dass Stunden des Gesprächs über die die Hamburger Handelskammer, Rote Flora, ihre umstrittene Positi- welche sonst nicht gerade einen on in der Gesellschaft und vielen linksalternativen Ruf genießt, die bunten Anekdoten sind wir mit Flora als wichtigen Standortfaktor unserem Gespräch planmäßig am für Hamburg bezeichnete. Ende angelangt – aber man merkt, Und die Zukunft? Andreas Blech- dass Andreas Blechschmidt noch schmidt würde es begrüßen, wenn so viel mehr zu erzählen hätte. wieder vielfältigere Kulturveran- „Wir haben noch gar nicht über staltungen in der Flora stattfinden verdeckte Ermittler und staatliche würden – wie z.B. Performances Repression gesprochen, aber dann oder Ausstellungen. Das soll durch müsst Ihr wohl einfach wieder- einen Umbau möglich gemacht kommen.“ Als wir uns verabschie- werden, es sollen nicht nur Tech- den, ist klar, dass lange nicht alle no-Partys im Gebäude stattfinden. Geschichten, die hier noch erzählt Eines ist klar: Die Flora bleibt be- werden sollen, schon passiert sind. setzt, bis sie geräumt wird. Alle Hier wird es spannend bleiben. Verhandlungen mit dem Ziel, das Nutzungsverhältnis zu ändern, sind Wir gehen hinaus, stehen vor dem gescheitert. Was die eigene Gebäude und schauen auf die ge- Zukunft in der Flora betrifft, ist genüberliegende Piazza. Lasst uns sich Andreas Blechschmidt un- die Exkursion beenden! sicher. Vielleicht müsse sich die Ein letztes Mittagessen im Schan- alte Generation irgendwann zu- zenviertel, um 17.00 Uhr ist schon rückziehen, um eine Neugestaltung der Treffpunkt am Bahnhof. Dort durch nachkommende Generatio- klebt an unserem Gleis dann auch nen zu ermöglichen. Vielleicht gleich ein Aufkleber: „Nett hier. werde die Flora ja dann doch noch Aber waren Sie schon mal in ein Wohnprojekt oder ein ökono- Baden-Württemberg?“ misch arbeitendes Kulturzentrum – Die Skatelandschaft hinter der das stehe in den Sternen. Flora: Ein Kunstwerk für sich 35 Böttcher und Sack – „Lasst uns die Revolte beginnen!“ Flaschenpost-Extra: Kopf & Steine GmbH

Das Beste kommt zum Schluss Ein Blick hinter die Kulissen eines besonderen Stücks der Hamburger Festivalkultur

(cc-by daspunkt)

Eigentlich war auf der Exkursion Vorab einige Informationen zur Das Team arbeitet jedoch nicht das in Hamburg ein Termin bei der Kopf & Steine GmbH und dem ganze Jahr „nur“ am MS DOCK- Kopf & Steine GmbH und Frau MS DOCKVILLE: Die 2007 ge- VILLE. Auch andere Projekte, Lara Goldsworthy, der Leiterin der gründete Firma veranstaltet ver- welche hauptsächlich im Sommer Edortigen Abteilung für PR und Öf- schiedene kulturelle Formate in stattfinden, werden von der Kopf fentlichkeitsarbeit, geplant. Jedoch Hamburg-Wilhelmsburg. Die be- & Steine GmbH realisiert. Das kam dieses Treffen aufgrund von kannteste und größte Veranstaltung Portfolio reicht von einer Kinder- terminlichen Verschiebungen leider ist das MS DOCKVILLE, ein Fes- ferienfreizeit, dem Lüttville, über nicht zustande. Damit uns aber tival für Musik und Kunst, das den Vogelball, einem musikali- dieser interessante Beitrag zum dieses Jahr sein zehnjähriges Be- schen Format, bis hin zu Kunst- Thema Festival nicht ganz entgeht, stehen feiert. Jährlich 60.000 veranstaltungen, wie z.B. dem wurde ein Telefoninterview mit Besucher zieht das Mitte August MS ARTVILLE. Frau Goldsworthy geführt, bei wel- stattfindende innerstädtische Open- chem ihr einige Fragen gestellt Air-Festival inzwischen an und hat wurden, beispielsweise zu ihrer damit schon die Maximalkapazität Tätigkeit, dem Festivalkulturbetrieb des zur Verfügung stehenden Ge- und dem MS DOCKVILLE. ländes erreicht. Nicht nur mit der einzigartigen Kulisse am Hambur- ger Hafen, sondern auch mit einem Wir versuchen oft qualitativ stets anspruchs- exklusiven Content von vollen musikalischen Programm, MusikerInnen zu haben die Veranstalter es geschafft, bekommen, den kein sich mit dem innovativen MS anderer vor uns hat, DOCKVILLE einen festen Platz in oder entwickeln auch der deutschen Festivallandschaft zu neuen, eigenen Content. sichern. Lara Goldsworthy (© Elisa Meyer)

36 Mikael – Das Beste kommt zum Schluss Flaschenpost-Extra: Kopf & Steine GmbH

Du arbeitest als „Head of PR“ dabei vor allem nach Synergien bei der Kopf & Steine GmbH. zwischen den einzelnen Sektoren Der Fokus wird stark auf Was genau macht man als gesucht. Meine Arbeit dort war die Inhalte im Bereich „Head of PR“? Wie sieht dein hauptsächlich administrativ und in Kunst und Musik gelegt. Arbeitsalltag aus? der Organisation von Veranstaltun- gen. Nach vier Jahren suchte ich Wie wichtig ist Online-Kommuni- Als „Head of PR“ leitet man nach etwas Neuem und stieß auf kation bei euch oder inwiefern die Kommunikationsabteilung. Das die Ausschreibung der Kopf & nutzt ihr soziale Medien für heißt, man macht alles von PR, Steine GmbH im Bereich PR und Kommunikation und Marketing? Öffentlichkeitsarbeit und Marketing Öffentlichkeitsarbeit. Zwar hatte bis hin zur Lobbyarbeit. Es existie- ich erste Erfahrungen in den Be- Soziale Medien werden sehr stark ren einige Schnittpunkte in der Ar- reichen PR und Kommunikation in unserem Bereich genutzt, wie beit mit der lokalen Politik und sammeln können, es war jedoch beispielsweise Instagram oder den AnwohnerInnen in Wilhelms- klar, dass ich nicht sehr viele YouTube; vor allem nutzen wir burg. Einen typischen Arbeitsalltag „hard skills“ aus dem Festivalbe- Facebook als Hauptkommunikati- hat man in diesem Job nicht. Man reich mitbrachte. Sie haben aber onsmedium. Wir suchen aber auch muss viel verhandeln, gut sprechen nach jemanden mit einer interna- immer nach alternativen Kommu- können und auch situativ schauen, tionalen Ausrichtung gesucht, der nikationswegen, denn selbst Face- was zu tun ist. Als Hauptprojekt auch, und das war sehr wichtig, book hat seine Grenzen, z.B. bei ist das Kunst- und Musikfestival menschlich ins Team passen sollte. der Reichweite. Zusätzlich wird MS DOCKVILLE zu sehen, je- Nachdem ich die Stelle bekommen immer auch das klassische Marke- doch betreuen wir mit unserer Ab- hatte, gab es eine zweimonatige ting bedient. Es werden regelmäßig teilung auch alle weiteren Projekte Übergangszeit, in der mein Vor- Newsletter, unter anderem mit der Firma. Des Weiteren betreffen gänger mir alles an vorhandenem Sonderangeboten, verschickt. Das uns Tätigkeiten in den Bereichen Wissen und Informationen überge- MS DOCKVILLE hat einen Anteil Sponsoring, Marketingthemen wie ben hat. von 40 Prozent Erstbesuchern, Logos, Flyer, Plakate, Pressearbeit, daraus folgt, dass 60 Prozent der Akkreditierungen, Ticketing, Gäs- Welche besonderen oder speziel- BesucherInnen schon einmal da telisten, Kooperationsgespräche so- len Anforderungen ergeben sich waren. Diese bestehende Kunden- wie die Vorstellung von Konzepten deiner Meinung nach an die gruppe möchte man gerne halten. bei Politik und PartnerInnen. Kommunikation und das Marke- Auch ist die Medienarbeit auf eine ting für ein Festival? junge Zielgruppe ausgerichtet, da Wie bist du zur Kopf & Steine man hier nicht unbedingt mit dem GmbH gekommen? Möchtest du Es ist kein klassisches Marketing, Publikum „alt wird“. Der Fokus uns ein bisschen über deinen be- sondern sehr vielseitig. Im Gegen- wird stark auf die Inhalte im Be- ruflichen Werdegang erzählen? satz zu anderen Festivals haben reich Kunst und Musik gelegt. Wir wir ein sehr kleines Team. Da- versuchen oft exklusiven Content Ich habe zuerst Kulturwissenschaf- durch ist alles in einer Abteilung von MusikerInnen zu bekommen, ten, Anglistik und Amerikanistik in zusammengefasst. Man muss sehr den kein anderer vor uns hat, oder Bremen studiert, bevor ich als „hands on“ arbeiten, bereit sein, entwickeln auch neuen, eigenen Trainee im Bereich Projekt- und viel selbst zu machen und auch Content. Bei den sozialen Medien Eventmanagement in der Kultur- immer am Ball bleiben. Sogar versuchen wir, Interaktionen auf und Kreativwirtschaft angefangen Plakate wurden anfangs noch der Seite durch Schnitzeljagden habe. In Zusammenarbeit mit der selbst aufgehängt. Auch ist es oder Fotoaktionen zu verstärken, Wirtschaftsförderung wurde eine wichtig, zu anderen Festivals zu wodurch ein Multiplikationseffekt Übersicht erarbeitet, was es in die- fahren, um ein Gefühl für die je- entsteht. Zusätzlich werden dort sem Bereich alles gibt. Man hat weilige Zielgruppe zu bekommen. Informationen zu Festivals, Bands 37 Mikael – Das Beste kommt zum Schluss Flaschenpost-Extra: Kopf & Steine GmbH

und Preisen bekannt gegeben. Die Arbeit mit diesen Medien ist wie- der stark situativ ausgelegt, wes- halb es keinen lang im Voraus geplanten Content-Plan gibt, son- dern je nach Fall entschieden wird, was wir wann veröffentlichen.

Bei euch auf der Website habe ich 14 MitarbeiterInnen im Team gezählt. Wie sieht die Hierarchie im Unternehmen aus und wie läuft es mit der Leitung?

Im Unternehmen herrschen recht flache Hierarchien. Dazu muss Für das leibliche Wohl ist auf dem MS DOCKVILLE gesorgt! (cc-by daspunkt) man sagen, dass die Firma vor zehn Jahren aus einer Gruppe von Das MS DOCKVILLE wird jetzt re und das Gefühl sind einfach Freunden heraus gegründet wurde, zum 10. Mal von euch organi- unbeschreiblich. Man ist nicht ab- die sehr idealistisch geprägt waren siert. Was macht das Festival so geschnitten von der Welt, kann und Lust hatten, gemeinsam Partys besonders? raus vom Festival und z.B. zum zu organisieren. Es gibt einen Supermarkt gehen oder sich ein künstlerischen und einen kaufmän- Das MS DOCKVILLE ist in vie- Fahrrad leihen und die Gegend er- nischen Geschäftsführer. Diese lerlei Hinsicht besonders. Europa- kunden, shoppen gehen oder eine sind im normalen Tagesgeschäft je- weit existieren wenige inner- Stadtteilführung machen. doch nicht so oft anzutreffen, weil städtische Festivals. Zum MS Das MS DOCKVILLE ist eines sie viel unterwegs sind. Deshalb DOCKVILLE braucht man mit der wenigen Festivals, welches gibt es zusätzlich vier Ab- dem Fahrrad nur eine Viertelstun- noch unabhängig funktioniert, im teilungsleiter, die das Tagesgeschäft de. Zusätzlich gibt es noch die Gegensatz zu den großen von FKS regeln und bei Abwesenheit der Option, auf dem Gelände zu Scorpio organisierten Festivals Geschäftsführer verantwortlich campen. Vierzig bis fünfzig oder beispielsweise dem Lolla- sind. Das ist einmal die Kommuni- Prozent aller Gäste nutzen dieses palooza. Wir haben im Vergleich kation inklusive der Grafik, dann Angebot, wodurch ein wichtiges ein viel geringeres Budget für das die Produktion, welche sich auch Merkmal des Festivalerlebnisses Booking zu Verfügung und waren um Infrastruktur und Personal gegeben ist. Campen gehört dazu: trotzdem in den letzten drei Jahren kümmert, das Booking und zuletzt Einfach drei Tage im Zelt als ausverkauft. Trotz schmalem Bud- das Projektmanagement, welches Selbstversorger zu erleben und weg get schaffen wir es also, etwas unter anderem Budgetangelegen- von zu Hause zu sein. Das Festi- Gutes zu buchen und eine aus- heiten, das Office, sowie das valgelände an sich ist schon relativ gewogene Mischung aus vielleicht Backoffice managt. Zwischen den imposant. Der Rethespeicher wird noch unbekannten Perlen und Abteilungs-leiterInnen gibt es wö- als inoffizielles Wahrzeichen des großen Acts zu finden. Es gibt chentliche Meetings, um sich über Festivals gehandelt und man kann keine Genregrenzen und einige alle Vorgänge auf dem aktuellen toll den Sonnenuntergang an der unbekannte MusikerInnen sind im Stand zu halten. Zusätzlich zu den Hubbrücke beobachten. Es kann Anschluss an das Festival auch StammmitarbeiterInnen gibt es gut passieren, dass riesige Contai- durch die Decke gegangen, wie noch AssistentInnen, Werkstudent- nerschiffe vorbeifahren, während z.B. Milky Chance, Flume oder Innen und auch PraktikantInnen. der Hauptact spielt. Die Atmosphä- Chet Faker. 38 Mikael – Das Beste kommt zum Schluss Flaschenpost-Extra: Kopf & Steine GmbH

Welche Tendenzen sind allgemein man auch am Programm erkennen Auflagen bisher keine andere Flä- in der Festivalszene zu beob- kann. Sonst gibt es im hiesigen che in Frage, zumal wir die Fläche achten? Man hat das Gefühl, Raum nur Festivals, die überwie- lieben und gerne an dem wunder- dass Festivals immer zahlreicher gend eine andere musikalische schönen Ort bleiben möchten. und immer größer werden. Ausrichtung als wir haben. Wir haben mit den AnwohnerInnen

Es existiert definitiv mehr Konkur- Das Festival findet im Stadtteil Es kann passieren, dass renz auf dem Markt. Die Megafes- Wilhelmsburg statt. Inwiefern ist riesige Containerschiffe tivals haben einfach ganz andere das Viertel als Austragungsort vorbeifahren, während Mittel und Möglichkeiten. Da kön- wichtig für das Gesamtkonzept der Hauptact spielt. nen sie es sich auch mal leisten, und wie kam es dazu? ein Jahr zu haben, das nicht so gut und den benachbarten Institutionen läuft. Bei uns hängen viele andere Die Fläche hat sich wahnsinnig ein gutes Verhältnis und sind auch Projekte vom MS DOCKVILLE verändert. Als das Ganze vor zehn mit anderen Projekten im Viertel ab. Deshalb haben wir da mehr Jahren gestartet ist, hatte man noch verwurzelt, wie z.B. dem Lüttville Druck. Viele Menschen schätzen einen ganz anderen Ausgangsge- oder dem Daughterville, welches es aber immer noch, dass wir so danken. Da hat das Festival zum wir in Kooperation mit dem Träger ein Mittelding sind. Nicht mehr Teil noch in Hallen stattgefunden. Bürgerhaus Wilhelmsburg austra- ganz Hippie, ohne Bauzäune, ohne Die Fläche gehört uns nicht, daher gen. Es wird von Jugendlichen or- Struktur, aber auch kein streng schauen wir auch immer wieder ganisiert, die selbst aus dem durchgeplantes Festival, wie bei- nach alternativen Flächen. Jedoch Stadtteil kommen. Auch unsere spielsweise das Hurricane. Wir re- standen wir vor dem Problem: Wo Lieferanten und weitere Partner präsentieren die gute Mitte und gibt es diese Flächen? Als wir sind meistens aus Wilhelmsburg bieten mehr Sicherheit als andere dann das erste Mal in Wilhelms- oder dort vernetzt. Unsere Veran- „Hippie-Festivals“. In der Hinsicht burg waren, kamen bereits 5.000 staltungen sollen einen Benefit auf ist der Markt recht selbstreinigend. bis 7.000 Leute und denen hat es allen Seiten bieten, denn der allen gut gefallen. Wir haben uns Stadtteil will auch wahrgenommen Inwiefern gliedert sich das MS dann entschieden, mehr an diesem und gepusht werden. Die Rück- DOCKVILLE in die Hamburger Ort zu machen. Nach den An- meldungen, die wir bekommen, Festivalszene ein? fangsjahren wurde viel darüber sind größtenteils positiv. Wir ar- diskutiert, auch im Gespräch mit beiten eng mit dem ansässigen Es existiert keine richtige Festival- der Stadt Hamburg, ob man das Krankenhaus zusammen, dem szene, dass heißt für uns gibt es Festival auf dem Gelände behalten Regionalausschuss Wilhelmsburg keine wirklich gefährliche Konkur- will. Das MS DOCKVILLE war und haben auch eine Lärmhotline renz. Das Reeperbahnfestival findet zu dem Zeitpunkt schon fester Be- für alle AnwohnerInnen eingerich- ja eher in Clubs statt, es gibt keine standteil der Kulturlandschaft tet, um auf das Thema Lärmbeläs- Möglichkeit zu campen, also kein Hamburg und auch eine Touriste- tigung während des Festivals Übernachten auf dem Festival. Zu- nattraktion. Das Problem ist, dass Rücksicht zu nehmen. Es gibt auch sätzlich finden nebenbei Konferen- das Gelände der HPR gehört, so- Anwohnertickets zu vergünstigten zen und Panels statt, welche eher mit Hafengebiet ist und dort per- Preisen. Wir sind also kein rein für BookerInnen interessant sind, spektivisch gebaut werden soll. kommerzielles Festival, sondern jedoch nicht für das „normale Hier scheiden sich also nach wie wollen für jedermann etwas anbie- Publikum“. In Lüneburg gibt es vor die Geister, wie die Fläche ge- ten. Zum Beispiel wollen wir auch das „A Summer’s Tale“, aber die nutzt werden soll. Daraufhin haben kulturell etwas bewegen und Kunst haben eine andere Ausrichtung. wir uns schon nach anderen Veran- auf dem Gelände zeigen. Dann Das Zielpublikum ist eher älter, staltungsplätzen umgeschaut. Es gibt es noch das Burgfest, welches Familien und über 30-Jährige, was kam aber aufgrund von vielen ein Fest für und mit dem 39 Mikael – Das Beste kommt zum Schluss Flaschenpost-Extra: Kopf & Steine GmbH

Stadtviertel ist. Die kostenlose Ver- Zusätzlich kommt es auch zu einer Wie läuft das Booking bei euch anstaltung soll Wilhelmsburger Bekanntheitsgradsteigerung von ab? Was für Schwierigkeiten KünstlerInnen und Ateliers auf den Wilhelmsburg. Viele StudentInnen stellen sich dabei, z.B. bei den Kunstmarkt bringen, zusätzlich wohnen hier wegen der billigen Preisverhandlungen? werden auch noch regionale Bands Mieten und der ganzen kulturellen gebucht, welche dann dort spielen. Projekte. Mit dem Ruf des MS DOCK- Wir wollen den BesucherInnen al- VILLE hat man ein gewisses so mehr bieten als nur ein reines Wie läuft die Organisation des Standing. Die BookerInnen kennen Musikfestival am Ende des Som- Festivals ab? sich untereinander. Wir versuchen mers. nicht mit den Gagen anderer Festi- Das ist ein durchlaufender Prozess, vals mitzuhalten, da geht es nicht Könnte man sagen, dass das MS das Booking für 2017 fängt z.B. nur um eine reine Geldsache, son- DOCKVILLE zu einer Auf- jetzt schon an. Es kommt ganz dern auch um Gebietsschutz. Der wertung des Viertels geführt hat? darauf an, von welcher Abteilung gute Ruf, die tolle Betreuung und man spricht, aber wir sind jetzt die einmalige Atmosphäre führen Bei diesem Thema scheiden sich schon dabei, das nächste Festival dazu, dass Bands gerne bei uns ebenfalls die Geister. Das Viertel zu planen. Die Kommunikation be- spielen. Deshalb kann man sich profitiert bestimmt vom Festival, ginnt direkt nach dem diesjährigen auch erlauben, weniger Geld mit allem was dazugehört, also Festival mit der Bewerbung des anzubieten. Bei uns spielen die auch allen Veranstaltungen davor nächsten. Da laden wir dann zum MusikerInnen nicht nur ihren Auf- und den soziokulturellen Projekten. Beispiel Aftermovies und Fotos in tritt und sind dann weg, sondern Wir werden auch oft dazugeholt, den sozialen Medien hoch, verschi- bleiben auch gerne länger auf dem wenn es um andere kulturelle An- cken Newsletter und kündigen Ear- Gelände, da wir ihnen ein gelegenheiten geht, bei denen wir ly Bird Tickets an, um über das Rundum-sorglos-Paket bieten. dann teilweise als Zugpferd agie- Festival nächstes Jahr zu informie- ren. Die Geschäfte in der Umge- ren. Die einzige Abteilung, in der Wie wird entschieden, welche bung nehmen natürlich auch etwas es direkt danach ein bisschen ruhi- Acts gebucht werden? Haben die mit und wir rufen immer vorher ger ist, ist die Produktion. Dafür potentiellen Besucher eine Stim- an, um Bescheid zu geben, dass laufen die jetzt schon auf Hochtou- me beim Entscheidungsprozess? jetzt die ganzen Leute kommen. ren. Letztes Jahr haben wir zum ersten Mal eine Umfrage zu dem Thema gestartet. Bei dieser wurden inter- essanterweise nur Bands genannt, die bereits als Act auf dem Festival gespielt haben. Generell sind dafür unsere Booker zuständig. Meinungen zum Boo- king sind sehr subjektiv und es ist schwer, die unterschiedlichen An- sichten von vielen Personen zu- sammenzubringen. Jeder Booker hat auch seine eigene Persönlich- keit. Man braucht ein Gespür für den Zeitgeist und sollte am Puls der Zeit sein. Darüber hinaus muss man auch bei anderen Festivals Sonnenuntergang an den (cc-by daspunkt) 40 Mikael – Das Beste kommt zum Schluss Flaschenpost-Extra: Kopf & Steine GmbH

schauen: Wer wurde da gebucht, profitieren und die dennoch subtil phase kann man kaum andere was gibt es für ein Publikum und wirken. Der Hauptteil der Einnah- Dinge machen, da leidet auch das wie waren die Reaktionen? Des men wird über die Ticketverkäufe Sozialleben. Man ist nicht mehr Weiteren hängt es natürlich auch generiert. Doch diese decken nur greifbar, hat keinen definierten von den MusikerInnen ab. Es gibt die laufenden Kosten. Für die Feierabend und der Druck wird bei uns viele „Wiederholungstäter“, weiter ansteigenden Kosten haben zum Start hin immer größer. Dafür weil wir gemerkt haben, dass es wir Kooperationen geschlossen und ist man aber Teil einer wirklich gut ankam und dann laden wir Förderer gewonnen. Vieles läuft als tollen Erfahrung und des Entste- diese KünstlerInnen gerne nochmal „Barter Deal“ ab, wenn wir etwas hungsprozesses dahinter. Ferner ein. Außerdem fragen wir auch brauchen und das dann von unse- sollte man auch situativ reagieren unsere Freunde, was die gerade so ren Kooperationspartnern bekom- können, multitaskingfähig sein und hören, beziehungsweise welche men und dafür kriegen diese strukturiert sowie vor allem lö- musikalischen Acts sie gerne live wiederum eine Gegenleistung, die sungsorientiert arbeiten können. Es sehen wollen und unterfüttern das individuell ausgehandelt wird. ist von Vorteil, wenn man schon dann mit Bands, die schon einmal Erfahrungen in diesem Bereich auf dem Festival gespielt haben. Das MS DOCKVILLE wird sammeln konnte, das ist aber kein ergänzt durch das Butterland. Muss. In der Kommunikation soll- Wir sind keine Fans von Wie kam das zustande? Warum te man natürlich kommunikativ offensichtlichem habt Ihr euch entschieden, noch und aufgeschlossen sein und etwas Sponsoring, weswegen es mehr Veranstaltungen während mit Begriffen wie Webseite oder kein deutlich sichtbares des Festivals anzubieten? Facebook anfangen können. Wün- Branding gibt. schenswert sind natürlich noch Wir ziehen während der Festival- Lust an der Mitarbeit, Interesse an Ich hab gelesen, dass Ihr beim phase mit dem Büro auf das Festi- Kunst und Musik sowie eine ge- MS DOCKVILLE wenig mit valgelände in Wilhelmsburg und sunde Portion Neugier. Sponsoring arbeitet. Wie finan- haben festgestellt, dass es dadurch ziert ihr euch? Geht ihr Koope- sinnvoll ist, viele unserer Veran- Danke Lara für das Gespräch! rationen mit Stakeholdern ein? staltungen innerhalb eines be- stimmten Zeitraums zu machen. Wir sind mit dem MS DOCK- Gutes Wetter ist ein Muss für un- VILLE nun bei einer gewissen sere Open Air Festivals. Im Norden Größe angelangt und wollen aber ist der August dafür der sicherste keine höheren Ticketpreise verlan- Monat und die Wahrscheinlichkeit gen. Gleichzeitig haben wir ein für gutes Wetter ist höher, weshalb knappes Budget und müssen des- in diesem Zeitraum bei uns einiges halb neue Wege der Finanzierung stattfindet. finden. Folglich sind wir auch auf Sponsoring angewiesen. Wir sind Wir kommen nun zum Ende. keine Fans von offensichtlichem Was muss man mitbringen, um Sponsoring, weswegen es kein bei euch arbeiten zu können? deutlich sichtbares Branding oder Oder was würdest du Leuten Sponsoring, wie z.B. große Büh- empfehlen, die mal in der Festi- nenbanner, gibt. Unsere Sponsoren valbranche arbeiten möchten? unterstützen uns, weil ihnen das Konzept des Festivals gefällt. Wir Man benötigt auf jeden Fall Aus- setzen lieber auf Aktionen, von de- dauer und sollte stressresistent (cc-by daspunkt) nen vor allem die BesucherInnen sein. Während der heißen Festival- 41 Mikael – Das Beste kommt zum Schluss Die CrDie Cerew (Imwpressum)

Die Beiträge dieser Layout und Satz: kulturmanagerialen Schatzkarte Moritz Steinhauer wurden verfasst von: Elena Abramian Lektorat: Lisa-Marie App Jule Böttcher, Christina Rahm, Katharina Boas Lena Schiller Jule Böttcher Daniela Freundorfer Korrektorat: Johannes Gerlitz Anne-Sophie Grunwald Jule Böttcher, Christina Rahm, Sonja Hanschke Lena Schiller, Moritz Steinhauer Lisa-Marie Kosack Lilian Luley Jana Mießner Schriftart Reeperbahn: Seggen Mikael von Dieter Steffmann Florian Mittelhammer www.steffmann.de Nora Modrau Iulia Maria Popa Christina Rahm Grafiken und Symbole: Christina Rauch Alle Grafiken und Symbole stam- Franziska Rauch men von Freepik.com Moritz Sack - Hand painted watercolor brush Klara Sandmann strokes by milano83 / Freepik Katrin Sarstedt - Sketches sailor elements Lena Schiller by Freepik Catrin Schönhals - Nautical elements set with Moritz Steinhauer outline by Freepik Rieke Weber Andrea Zeisberg Wir danken unseren Dozentinnen: Fotos der Exkursion: Dr. Christiane Dätsch und Lisa-Marie App Ellen Heidelberger M.A. Jule Böttcher Iulia Maria Popa Institut für Kulturmanagement Franziska Rauch Pädagogische Hochschule Lena Schiller Ludwigsburg Moritz Steinhauer Reuteallee 46 Rieke Weber 71634 Ludwigsburg

Bildredaktion: Jule Böttcher, Lena Schiller oben: Die Heimat ruft unten: Also: Leinen los! 42 g burg m ester em a mers H Som 2016

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„Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige.“ Lucius Annaeus Sene