Kreuz Und Hakenkreuz – Einführung Ins Thema
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Kreuz und Hakenkreuz – Einführung ins Thema Den Titel „Evangelische Kirche zwischen Kreuz und stellten sich in erster Linie hinter Landesbischof Hakenkreuz“ haben Eberhard Röhm und Jörg Thier- Wurm, ihren früheren Prälaten, und in zweiter Linie felder im Jahr 1981 ihrer Ausstellung über die Ge- gegen die „preußischen“ Deutschen Christen und die schichte der Kirche im Dritten Reich und dem Kata- zentralistische Reichskirche. In diesem Streit berie- log dazu gegeben. Sie haben durch diese beiden fen sie sich auf den Führer Adolf Hitler. Allerdings ist Symbole die beiden äußeren Positionen gekenn- dabei für uns heute echter Glaube an den Führer zeichnet, die es in der Evangelischen Kirche zur Zeit von einer taktischen Argumentation nicht zu unter- des Nationalsozialismus gab: Eine Gruppe bekannte scheiden. sich zum Kreuz, also zur evangelischen Kirche in ih- Ein dritter Grund sind biografische Prägungen: Prä- rer bisherigen Verfassung, und blieb von der „natio- lat, Dekan und viele Pfarrer waren wie der Landesbi- nalen Erneuerung“ wenig berührt. Sie nennen wir die schof in der Zeit von 1870 bis 1885 geboren. Sie hat- „Bekennende Kirche“. Auf der andern Seite bekann- ten um die Jahrhundertwende ihre Examen gemacht ten sich „Deutsche Christen“ betont zum Nationalso- und waren ganz nationalkonservativ geprägt. Ihnen zialismus, entfernten sich aber in ihrer religiösen Er- war die Weimarer Republik eher fremd geblieben, die neuerung deutlich vom Christentum bisheriger Prä- nationale Erneuerung des Jahres 1933 unter einer gung. Sie verstanden sich als junge Kämpfer und starken Führung war ihnen dagegen recht sympa- wollten Kirche und Christentum radikal verändern. thisch. Jüngere Theologen spielten in Heilbronn kei- Die Mehrheit der Kirchenmitglieder stand zwischen ne prägende Rolle. Wenn sie zu Vorträgen eingela- diesen Extremen und suchte einen Kompromiss. den wurden, kamen sie von außen: also entweder Das galt auch für Heilbronn, wo aber die extremen von den „Deutschen Christen“ oder vom Oberkir- Positionen fast ganz fehlten und die meisten Pfarrer chenrat. – zumindest in den frühen Jahren, die wir hier dar- Eine Person steht als lokale Autorität im Mittelpunkt stellen – ein Miteinander von Kirche und NS-Staat des Heilbronner Kirchenkampfs: Stadtpfarrer Fried- wollten. rich Stein (1879-1956) war von 1914 bis 1938 Pfarrer Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zum einen spiel- der Südgemeinde. Im Sommer 1933 begann er einen ten die Deutschen Christen in Heilbronn keine we- Briefwechsel mit dem Oberkirchenrat, so dass er sentliche Rolle, sie hatten keine wichtigen Leute. Der auch direkt in die inneren Auseinandersetzungen in Partei fehlte also eine innerkirchliche Speerspitze. der württembergischen Landeskirche eingeweiht (Das war z.B. in Böckingen und Neckargartach an- wurde und früh dem Pfarrernotbund beitrat. Er wurde ders.) So war die NSDAP gezwungen, ihr nicht ge- zum Vorsitzenden der Bezirksgruppe und zum Ver- nehme Pfarrer direkt anzugreifen. So ist belegt, dass trauensmann für die Bekenntnisbewegung gewählt. Kreisleiter Richard Drauz dem Stadtpfarrer Stein, der Da ihn seine Kollegen unterstützten, vor allem 1934 ihm immer wieder kritische Fragen vorlegte, endlich im Kampf für Landesbischof Wurm, war er nach dem einmal sehr grob zeigen wollte, wer in Heilbronn das Prälaten in Heilbronn praktisch der zweite Mann, Sagen hat. zumal der Dekan sich durch sein Bemühen um kir- Ein zweiter Grund war wohl die sehr gemäßigte Hal- chenpolitische Neutralität ins Abseits begeben hatte. tung der hiesigen Bekenntnisbewegung. Ihre Pfarrer Es trifft sich daher gut, dass wir neben dem „Evang. Gemeindeblatt für Heilbronn“ und den vier Rückblicken von Heilbronner Pfarrern aus der Nachkriegszeit einen Teil von Pfarrer Steins Korrespondenz gefunden haben, den seine Ge- meindehelferin Margarete Kiel bis zu ihrem Tod aufbewahrt hatte. So ist es uns möglich, das Ge- schehen der Jahre 1933- 1935 relativ genau zu er- fassen. Der Marktplatz am 1. Mai 1933 3 Kirchenbezirkstag Heilbronn am 1. Juni 1933 Pflicht, dass sie ihre Stellung zum Neuen nicht nach mit dem Bericht von Dekan Hoß eigenen Gedanken, Überlegungen, Bindungen, nicht von vornherein das Alte für besser haltend und dar- Der Kirchenbezirkstag am 1. Juni wurde eingeleitet nach schielend, einnehmen, sondern in ehrlicher durch eine Morgenandacht in der schön hergerichte- Prüfung vor Gott. Das jüdische Volk hat sein Heil ten Nikolaikirche, die von einer großen, andächtigen verspielt, weil es sein Urteil über Jesus und das Gemeinde gefüllt war. Pfarrer Weitbrecht – Neue, das er brachte, nicht vor Gott, sondern nach Neckargartach predigte über das Wort Matth. 20, 25– dem eigenen Herzen sich bildete. Die Frage für uns 28 und gab der Freude Ausdruck, dass unser Volk darf nicht sein: Gefällt mir der neue Weg oder nicht? unter einem starken, vaterländischen Willen aus der sondern die: Wieweit kann ich und soll ich nach Got- Zersplitterung herausgeführt wurde zur wahren tes Willen am Neuen mitarbeiten? So allein wird Volksgemeinschaft. Der Prediger wies der Kirche die auch unsere evangelische Kirche zu fragen haben. Aufgabe zu, den Geist Christi in den Kampf der Ge- … (Es folgen: Verständnis für Ältere, die sich mit dem Neuen genwart hineinzutragen, die Achtung vor der ehrli- schwer tun; Hinweis auf die Flucht der Jugend aus dem Bisherigen chen Überzeugung des andern zu fördern, und sich ins Neue. Jugend braucht Führung - und auch das ganze Volk.) in der Kraft des erhöhten Herrn in den Dienst des Ganzen zu stellen. Ein zweiter Punkt: Hängen nicht die Einigung unse- An den Gottesdienst schlossen sich die Verhand- res Volkes und feste Führung wieder eng zusam- lungen im Vereinshaus an, die von Dekan Hoß ge- men? Wir müssen über die Zerrissenheit unseres leitet wurden. Er begrüßte zunächst Prälat Gauß und Volkes nicht bloß vom nationalen, sondern gerade die anwesenden Gäste wie Prälat a. D. Dopffel, De- auch vom religiösen Standpunkt aus trauern. Unser kan a. D. Eytel, Staatskommissar Gültig, Landrat christlicher Glaube ruft uns doch auf Schritt und Tritt Ehemann. … zu: ihr habt einen Gott, einen Herrn, ein Ziel, ihr seid Aus dem Übersichtsbericht von Dekan Hoß geben Glieder an dem einen Leib, an dem Christus das wir folgendes Wesentliche wieder: Haupt ist, darum schätzt und behandelt einander als Glieder derselben Gottesfamilie, als Brüder und Unser Volk ist an dem Wendepunkt angekommen Schwestern. ... und geht einen neuen Weg. Revolution, Umwälzung des Bestehenden nennen wir solche Wenden, wenn Mit dem Streben nach Einigung hängt ein drittes Ziel sie rasch und sichtbar vor sich gehen. Hinter den unserer neuen Regierung zusammen: ihre Betonung großen Umbrüchen in Volk oder Menschheit steht deutschen Wesens und Volkstums im Gegensatz Gott. Wenn ohne Gottes Willen kein Sperling vom zum Fremden, die Betonung des Nationalen im Ge- Dach fällt, dann geht erst recht nicht ohne Gottes gensatz zum Internationalen. Hat nicht auch dieses Willen ein ganzes Volk einen neuen Weg. Ob der Ziel, auch vom sittlich-religiösen Standpunkt aus ge- neue Weg, den Gott unser Volk gehen lässt, zu ei- sehen, weithin seine Berechtigung? Ist nicht das nem guten Ziel führt und zur Rettung unseres Volkes deutsche Volk von jeher in Gefahr gewesen, vor lau- wird, wird davon abhängen, ob Führer und Geführte ter Bewunderung des Fremden seine eigene gottge- ihn gehen im Blick auf Gott. Bei der Vollmacht, die schenkte Art und Vorzüge gering zu schätzen? Wa- heute den Führern und gerade den Obersten gege- ren nicht viele in den letzten 50 Jahren in Versu- ben ist, ist es entscheidend, dass sie ihre Aufgaben chung, vor lauter internationaler Verbrüderung den erfüllen als vor Gott. Aber es ist auch für die Glieder deutschen Bruder zu vergessen? … des Volkes, gerade für die religiös Gesinnten heilige 4 Auch wir Deutsche haben unsere gottgeschenkte Art, unsere gottgegebenen Anlagen und Charakterzüge, wir haben ein Land, in das Gott sichtbarer als in manches andere das Können seiner Meisterhand geprägt hat, eine Geschichte, in der Gottes Arbeit an unserem Volk und Gottes Reden mit unserem Volk deutlicher geschrieben steht als in der Geschichte mancher anderen Nation. Wir verachten andere Na- tionalitäten nicht, aber wir freuen uns, dass wir Deut- sche sind, so, wie wir den Katholiken nicht verach- ten, aber uns freuen, dass wir evangelisch sind. So können wir den Zielen, die unsere neue Regie- rung hat – ich nenne nur die wichtigsten, die uns hier angehen -, weithin zustimmen. Es wird sich nur da- rum handeln, diese Ziele vor Trübungen zu bewah- ren und den rechten Weg zu ihnen zu finden. Auch für die Erreichung dieser Ziele gilt Jesu Wort: Ohne mich könnt ihr nichts tun. …. Was für Forderungen stellt die Betonung des Natio- nalen und deutschen Wesens an Predigt und Ju- gendunterricht? Nicht, dass wir ein deutsches Evangelium predigen, aber dass wir das Evangelium Jesu deutlich predigen. Wir sollen nicht einen Mischmasch von Christentum und altgermanischem Heidentum, oder ein Gemengsel von Christenglau- Dekan Hoß 1931 ben und deutschem Dichter- und Denkerglauben vor unsere Gemeinde bringen, auch nicht aus dem hervorgerufen. Doch dürfen wir zur Beurteilung sol- Evangelium für unsere Predigt das herausnehmen, cher Fragen uns nicht von augenblicklichen Gefühls- was nach unserer Ansicht deutscher Art besonders stimmungen leiten lassen, sondern müssen die tiefe- entspricht. Aber wir sollen die Grundgedanken des ren Gründe für dieses Vorgehen ins Auge fassen. Es Evangeliums in eine Form bringen, dass sie auf die ist einfach Tatsache, dass jüdische Volksart