Ein LesebuchmitvielenOriginaldokumentenundBildern besetzt unddie Arbeiterkultur fürlangeZeit zerstört. durch dieNaziszerschlagen, dieGewerkschaftshäuser Am 2. Mai1933wurden diefreien Gewerkschaften Weltkriegs zerstörten NeuenSchlossesinStuttgart Freiheit nach12Jahren Terror vorderKulisse desimZweiten Ein symbolträchtiges Bild: Tausende feiernden1. Mai1946in

UMARMUNG UND GEWALT in Dokumenten undBildern der Gewerkschaften 1933 Die Zerschlagung Region Nordwürttemberg

UMARMUNG UND GEWALT

Die Zerschlagung UMARMUNG UMARMUNG UND GEWALT der Gewerkschaften 1933 in Dokumenten und Bildern

Am 2. Mai 1933 wurden die freien Gewerkschaften durch die Nazis zerschlagen, die Gewerkschaftshäuser besetzt und die Arbeiterkultur für lange Zeit zerstört. Es gibt immer weniger Zeitzeugen, die vom Terror der Nazizeit berichten können. Deshalb wollen wir mit diesem Lese- buch und vielen originalen Dokumenten und Bilder zei- gen, was vor unsere Haustüre geschah.

Herausgegeben von der DGB-Region Nordwürttemberg UMARMUNG UND GEWALT | VORWORT VORWORT | UMARMUNG UND GEWALT

Vorwort den Mitgliedern der ADGB-Gewerkschaften entscheidet ... in allen betrieblichen Angelegen- setzung dokumentiert. Sie erhebt weder An- waren Ende Juni 1932 43,6% der Gewerk- heiten ... Er hat für das Wohl der Gefolgschaft spruch auf Vollständigkeit noch auf wissen- schaftsmitglieder arbeitslos, 21,7% in Kurz- zu sorgen. Diese hat ihm die in der Betriebs- schaftliche Perfektion. Die Schwerpunkte sind arbeit. Bei der kommunistischen RGO (Re- gemeinschaft begründete Treue zu halten ... im Wesentlichen auf und volutionäre Gewerkschafts-Opposition) sah 5HLFKVJHVHW]EODWW7HLO6b bzw. Esslingen gelegt. Aber auch in anderen es noch viel katastrophaler aus: dort waren Städten der Region Nordwürttemberg gab es Am 2. Mai 2013 jährte sich mehr als die Hälfte der Mitglieder ohne Be- Den Nazis blieb nur eine Möglichkeit: Die Veranstaltungen zu diesem Thema, so z. B. in ]XP0DOGLHˌ¦FKHQ- schäftigung. Gewerkschaften zu vereinnahmen und den Backnang. deckende und general- Besitz und das Vermögen der Mitglieder zu stabsmäßige Besetzung zwischen Januar und Mai 1933 wur- rauben. Das Zusammentragen der Informationen und der Gewerkschaftshäuser de von einer vermutlich auch für die Wei- die Diskussionen dazu können wir leisten, UND GEWALT UMARMUNG UMARMUNG im gesamten Deutschen marer Republik unglaublichen Gewaltwelle Wir Gewerkschafterinnen und Gewerkschaf- weil Menschen in ihrer Freizeit mit Herzblut Reich durch die SA, SS und die NSBO (Natio- überschwemmt. Die Gewaltexzesse und ter wissen, das die Geschichte der Menschheit recherchierten und es wichtig ist, die Zusam- nalsozialistische Betriebszellenorganisation). Horrormeldungen tauchten im Tagesrhyth- eine Geschichte von Verteilungskämpfen menhänge und Lehren darzustellen. Leben- Auch in der Region Nordwürttemberg wurden mus auf. Die Zeitungsausschnitte in diesem ist, dieser Prozess ist bis heute ununterbro- dige Geschichte – dies sehen wir als unsere viele Büros überfallen. Buch dokumentieren hervorragend die Zeit chen. Und wir wissen auch, dass uns nichts Aufgabe an. des Umbruchs, des Verschwindens jeglicher geschenkt wird. Deshalb haben wir, zur Erin- Wir haben dieses Projekt Umarmung und Ge- demokratischer Grundwerte. Mit einer Selbst- nerung, zur Mahnung und auch als Ansporn %HUQKDUG/¸IˌHU walt genannt, weil es die vielschichtige Aus- verständlichkeit werden „Verordnungen des einen kleinen Ausschnitt dieser Auseinander- DGB-Regionsvorsitzender Nordwürttemberg einandersetzung eines relativ kurzen Zeit- Innenministeriums über die Schutzhaft“ ab- raumes sehr treffend beschreibt. Die gängige gedruckt neben den Wochenmarktöffnungs- Geschichtsschreibung geht stets von einer zeiten, oder dem „Absägen der Hitlerlinde“ Art Zweikampf aus, Arbeiterbewegung (also nachts gegen 1 Uhr in Nürtingen, wie voller die Gewerkschaften, SPD und KPD) gegen Empörung festgestellt wird. In unverblümter die NSDAP. Im Zuge dieses „Kräftemessens“ Offenheit war auch die Sprache an Brutalität hätte die Arbeiterbewegung, um es mal sa- nicht zu überbieten. lopp zu sagen, den Zeitpunkt zur Kehrtwende am 30.1.1933 verschlafen, also dem Tag der Die Nazis hatten so gut wie keinen Zugang Ernennung von Hitler durch Reichspräsident zur Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung. Hindenburg. Dies wäre jedoch eine Verkür- Sie huldigten stets der „Arbeit“, niemals zung des Zeitgeschehens. Es gab diesen einen jedoch den arbeitenden Menschen. Dement- Moment nicht. Aber es existierte eine große sprechend wurde die Notwendigkeit von sozi- Allianz von den Nazis über das bürgerliche aler Gerechtigkeit und Mitbestimmung igno- Lager bis zu den Unternehmern, die der NS- riert. In dem am 20.1.1934 erlassenen „Gesetz DAP das Feld Terror und Zerstörung von De- zur Ordnung der nationalen Arbeit“ lässt sich mokratie und Rechte gerne überließen. das im Klartext erkennen: §1. Im Betrieb arbeiten die Unternehmer als Auch wurde die betriebliche Kampfkraft der Führer des Betriebes, die Angestellten und Ar- Gewerkschaften reichlich überschätzt: Von beiter als Gefolgschaft. Der Führer des Betriebes Die Verhaftung des Heilbronner Gemeinderats Ernst Riegraf – mehr dazu auf Seite 29

2 3 UMARMUNG UND GEWALT | STUTTGART UND ESSLINGEN STUTTGART UND ESSLINGEN | UMARMUNG UND GEWALT

Wo blieb der Widerstand?

Noch zu Beginn des Jahres 1933 war die Die Nazis benötigten dringend die Arbeiter- der Zerschlagung der freien Gewerkschaften, [...] [Ich gehörte] zu den „politisch belasteten“ Arbeiterbewegung im Deutschen Reich die bewegung, um ihre Pläne, die Zerstörung der wurden im Tagesrhythmus die elementaren Bonzen [...], die ihre Entlassung bekamen, wesentliche Basis der Gesellschaft. Oft wird Republik, auszuführen – daher die Umar- Grundlagen einer demokratischen und ge- um den Weg zur nationalen Erneuerung deshalb gefragt, wieso die Nationalsozialisten mung. Die Gewalt war so hemmungslos, wie rechten Gesellschaft hinweg gefegt. Sadisten der Gewerkschaften nach der Idee Leiparts so leichtes Spiel bei der Zerschlagung der sich auch hartgesottene Zeitgenossen dies in der SA, SS, der und weiteren Um- freizumachen. [...] Vom März an war ich mächtigen Organisationen hatten. nicht vorstellen konnten. Zwischen dem 30. feldorganisationen bekamen Absolution für vogelfrei. In der Nacht vom 7. auf den 8. März Januar 1933, dem Tag der Ernennung Hitlers ihre Brutalitäten, während der Führerstaat habe ich auf eigene Initiative in Stuttgart Wir haben diese Broschüre Umarmung und zum Reichskanzler durch Reichspräsident gleichzeitig die gesetzlichen Grundlagen her- versucht, den Kampf auszulösen. Als alle Gewalt genannt, um genau diese Frage damit Hindenburg, und dem 2. Mai 1933, dem Tag stellte, um sich einen legalen Anspruch zu den Kopf verloren hatten, alarmierte ich zu beantworten. geben. als Reichsbannerführer das Reichsbanner. Die ganze Nacht lagen ca. 2.000 Mann Über 20.000 Menschen wurden in dieser bewaffnet den Nazis gegenüber. Wir wollten Zeit im Deutschen Reich verhaftet. Der Wi- in dieser Nacht die Nazis aus allen von ihnen derstand war also auch um diese Zahl an besetzten Punkten heraushauen. Das wäre politisch und gewerkschaftlich Aktiven ver- uns auch für Stuttgart gelungen, wohl sehe Reichstagswahlen ringert. Es ging nicht mehr darum, wer poli- ich heute ein, daß es auf Stuttgart begrenzt am 5.3.1933 tisch der mächtigere Flügel war. Die NSDAP geblieben wäre und wir schon in den ertränkte die gesamte Arbeiterbewegung in nächsten Tagen zusammenkartätscht worden Stuttgart Esslingen Blut. wären. Die Herren Parteibonzen haben mich NSDAP 33,8% 35% aber an der Herausgabe des Schießbefehls SPD 23,7% 27% durch ihr Intrigenspiel gehindert, so daß ich den Einrückbefehl geben musste [...]. KPD 14,8% 16% Bericht von Karl Molt, ehem. stv. Bezirksleiter des Von Mehrheiten kilometerweit Einheitsverbandes der Eisenbahner Deutschlands über entfernt – die NSDAP konnte den 7./8. März 1933 (Freischärlermobilmachung nach gerade mal ein Drittel der der Reichstagswahl) in einem Brief an Hans Jahn vom Stimmen erringen 9.4.1936

Eßlinger Zeitung vom 10.4.1933

Joseph Goebbels: „Wir Nationalsozialisten haben ... niemals Wie unbedeutend die Wahlen behauptet, daß wir Vertreter eines für die politische Stoßrichtung demokratischen Standpunktes seien, der NSDAP waren, lässt sich auf diesem Bild erkennen. sondern wir haben offen erklärt, daß wir Am 7. März 1933 hissen uns demokratischer Mittel nur bedienen, um 1D]LV+DNHQNUHX]ˊDJJHQ die Macht zu gewinnen, und daß wir nach am Landtagsgebäude der Machteroberung unseren Gegnern alle Ecke Kronprinzstraße und die Mittel versagen würden, die man uns in Eßlinger Zeitung vom 4.5.1933 Kanzleistraße Zeiten der Opposition zugebilligt hatte.“

4 5 UMARMUNG UND GEWALT | STUTTGART STUTTGART | UMARMUNG UND GEWALT

Lüge als Prinzip Die Betriebsrätewahlen 1933 im Reich waren Und so liest sich eine Woche später dieser für die Nazis ein Fiasko. Sie wurden auf ein Umstand in derselben Zeitung, allerdings un- Maß zusammen gestutzt, welches ihre Nicht- ter den neuen Besatzern: verankerung in der Arbeiterschaft symboli- So wenig wie die NSDAP sozialistisch war, so Jürgen Kuczynski: sierte. Deshalb wurden die Wahlen per Gesetzetz wenig war sie auch eine Arbeiterpartei. Die- „Man [kann] sagen, daß es den Faschisten am 4.4.1933 abgebrochen. Bis dahin waren sen Nimbus hatte sie sich selbst gegeben, um nicht gelungen war in der Arbeiterklasse 0DQGDWHLQ%HWULHEHQPLWIROJHQQ- im Arbeitermilieu einen Fuß in die Tür zu be- LUJHQGHLQHQHUQVWHQLGHRORJLVFKHQ(LQˊX¡]X dem Ergebnis ausgezählt: kommen. Auch wenn man leider nicht davon gewinnen. Davor war das Proletariat durch sprechen kann, dass die Arbeiterbewegung die ideologische Wirksamkeit der Agitation Freie Gewerkschaften 73,4% als eine gemeinsame Front gegen den Fa- und Propaganda sowohl der KPD wie auch schismus stand, so lässt sich doch zumindest im großen und ganzen der SPD und des Christliche Gewerkschaften 7,6% feststellen, dass sie sowohl kulturell als auch ADGB bewahrt worden. Denn so verschieden Hirsch-Dunckersche Gewerkschaften 0,6% von der Bindung her wenig mit den National- die Ideologie der KPD auf der einen und der sozialisten verband. Führung von SPD und ADGB auf der anderen RGO 4,9% Seite auch waren, ja, so feindlich sich diese Ideologien gegenüberstanden, so einig waren NSBO 11,7% Hans Biallas, Leiter der NSBO-Pressestelle in: sie sich in der Ablehnung des Faschismus. (Zahlen nach „Gewerkschaft“ Nr. 17 vom 29.4.1933, „Gewerkschaft“ vom 6.5.1933 S. 270) Joseph Goebbels: „Von da an beginnt dann die Auseinandersetzung mit den Gewerkschaften. Wir werden nicht eher Ruhe bekommen, bis sie restlos in unserer Hand sind.“ (Tagebucheintrag 24.4.1933)

Blick in das erhaltene Treppenhaus 2013 Das Stuttgarter Gewerkschaftshaus 1933 Das Stuttgarter Gewerkschaftshaus wurde erbaut nach Plänen des Architekten Karl Beer. Die starken Bauhaus-Anleihen sind unübersehbar. Beer war SPD- Gemeinderat in Obertürkheim und wurde im März 1931 Opfer einer Verleumdungskampagne des NS- Kuriers. Am 20. März 1933 erhielt er durch den Staatskommissar Karl Strölin ein Hausverbot für das Rathaus, das seine Arbeit als Gemeinderat unterband. Zwischen Mai und August 1933 war er in der „Büchsenschmiere“ inhaftiert, dem städtischen Gefängnis in der Büchsenstraße – unweit des Gewerkschaftshauses. Die Nazis beschimpften modernes Bauen als ‚undeutsch‘. Es hielt sie jedoch nicht davon ab, sich das Eigentum der Gewerkschaftsmitglieder unter den Nagel zu reißen.

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Der erste Mai wird nicht erlaubt,, er wird befohlen

Zeitungsausschnitt aus „Gewerkschaft“ 6.5.1933

Programm des 1. Mai 1933 nach Strickart der NSDAP Eßlinger Zeitung vom 1. Mai-Abzeichen 1934 29.4.1933

Der 1. Mai hatte Willi Bleicher: früher wie heute „Den 1. Mai unter faschistischer Gewaltherrschaft erlebte ich in Würzburg. Aus für Gewerkschaften diesem Kampftag der internationalen Arbeiterbewegung wurde ein nationaler eine große Tradi- Feiertag, die Unternehmer marschierten mit den Arbeitern Seite an Seite, tion. Der „inter- 1. Mai-Aufmarsch der NSDAP 1933 es gab Freibier und eine Vesper, von den Unternehmern gestiftet - es war nationale Kampftag der Arbeiterklasse“ war Stuttgart Neckarstraße „Volksgemeinschaft“. Wie tief war der Fall!“ dementsprechend nicht nur ein Schaulaufen, sondern gleichzeitig der bedeutendste Fei- ertag der arbeitenden Menschen. Die ganze Die massenhafte Bandbreite proletarischen Bewusstseins und Beteiligung kam in der Lebensgestaltung fand darin ihren Höhe- erster Linie nicht punkt. wegen des Inter- esses zustande. Der Hass der Nazis auf die Arbeiterbewegung Arbeiter und An- bezog sich auch auf die kulturelle Vielfalt. gestellte mussten Der Glaube, den 1. Mai zu okkupieren und da- in den Betrieben mit die Kultur zu besetzen konnte nur schief erscheinen und gehen. ihre Anwesenheit bestätigen lassen, um für diesen „Feiertag“ Lohn zu bekommen.

Anzeige des ADGBB zur letzten freienn Anzeige völkischer b0DLNXQGJHEXQJJ Verbände“ Eßlinger Zeitungg Eßlinger Zeitung vom 29.4.193232 vom 29.4.1933 1. Mai-Demonstration mit Kinderwagen und Musik in Esslingen auf der Pliensaubrücke, etwa 1930

8 9 UMARMUNG UND GEWALT | STUTTGART UND ESSLINGEN STUTTGART UND ESSLINGEN | UMARMUNG UND GEWALT

Die Zerstörung der Arbeiterbewegung

100 Jahre Arbeiterbewegung hatten nicht nur das Land verändert, sondern auch die kulturellen Tätigkeiten und das Leben der Menschen geprägt. Eine blühende Vielfalt entstand im Laufe der Zeit, nicht nur im politischen Bereich. Theater, Sport, Kunst, Literatur und selbstverständlich auch die Kultur der Bildung und der Auseinanderset- zung war auf ein hohes Niveau gestiegen.

Büro der Stuttgarter KPD anfangs der 30er Jahre

Düstere Wolken über dem Maifeiertag – SchwimmwettbewerbSchwim Naziästhetik 1933 der Roten Sporteinheit Schwäbischer Merkur vom im Stadtbad Heslach in 3.5.1933 Stuttgart, ca. 1932 Der 1. Mai wird zur Farce

Die Nazis wollten zeigen, wie der 1. Mai gebung im Hof der Rotebühlkaserne (dem richtig geht. Ein Feiertag zur Huldigung der heutigen Finanzamt) statt, umrahmt von nationalen Arbeit und der völkischen Ver- Reichswehr und Polizei. Die Rede hielt der SˌLFKWXQJXQWHUGHQ)¾KUHU(QWVSUHFKHQG Zigarettenpapierfabrikant und spätere SS- wurde alles zusammengewürfelt, was für die Sturmbannführer Fritz Kiehn aus Trossingen. Nationalsozialisten inhaltliche Bedeutung Kiehn war einer der wichtigsten Geldgeber hatte. So fand die zentrale Stuttgarter Kund- für die württembergische NSDAP. Der bedin- gungslose Antisemit vermehrte sein Reichtum durch „Arisie- rung“ von jüdischen Firmen. 1949 wurde er im Zuge der Ent- QD]Lˋ]LHUXQJYRQGHU6SUXFK- kammer als „minderbelastet“ Fröhliche Runde im Esslinger Waldheim eingestuft. des Arbeiterturnvereins ATV auf dem Zollberg. Am 20. Juni 1933 stand das Gebäude in Flammen und brannte nieder. Daneben die SA – und verhaftete den Vorstand. Sie wurden misshandelt und darauf in das KZ Heuberg 1. Maiaufzug 1933 verbracht (s. a. S. 17). Stuttgart Neckarstraße

10 11 UMARUMARMUNGMUMUNG UND GGEWALTEWALT | STUTTGARTSTUTTGART STUTTGART | UMARMUNG UND GEWALT

InbegriffInbegrif des Terrors in Württemberg: Hotel Silber

Die Zentrale der Misshandlungen und Morde

tagsabgeordnete und spätere Vorsitzende der Konzentrationslager führte oder mit dem Tod dem Erhalt SPD Kurt Schumacher. Die Widerstandskämp- HQGHWH1RFKDP$SULOZHQLJH7DJH des Hotels ferin Lilo Herrmann, vom NS-Regime 1938 als vor der Übergabe der Stadt an die Alliierten, Silber den erste Frau in -Plötzensee geköpft, wur- wurden hier vier Gefangene von der Gestapo Vorzug. Noch ist nicht endgültig geklärt, in de im Hotel Silber eingesperrt und misshan- erhängt. Im Keller befanden sich bis zum welcher Art und Weise dieser wichtige Ort delt. Auch viele Gewerkschaftsfunktionäre Herbst 1944 drei „Ver- bespielt wird wurden zuerst einmal dorthin verschleppt. wahrzellen“, von denen und in welchem nur noch eine Zellentür Maße sich die Das Hotel Silber hatte viele Gesichter des vorhanden ist. Stadt Stuttgart Terrors: Hier wurden Kriegsgefangene in- einbringt. Die haftiert, von hier aus wurde die Deportation Das ehemalige Hotel Ausgestaltung Vom ehemaligen vornehmen Hotel ist nur der württembergischen Juden organisiert. Silber ist ein wertvol- wird leider in der Name geblieben. Seit 1928 befand sich In Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei ler Zeitzeuge des 20. erster Linie über dort das Polizeipräsidium samt seiner politi- betrieb die Gestapo die Verfolgung der Sinti Jahrhunderts und damit die Höhe der schen Abteilung, ab 1937 die Landeszentrale und Roma und der Homosexuellen. Für viele ein wichtiger Lernort zur Verfügung Württemberg der Gestapo bei weitgehender Menschen war es die erste Station eines Lei- für Schülerinnen und gestellten Mittel personeller Fortführung. Viele „Staatsfeinde“ denswegs, der in weitere Zuchthäuser und Schüler, aber auch für entschieden, wurden hier inhaftiert, verhört und gefoltert, alle Mitmenschen, die nicht über die darunter so prominente Personen wie Eugen in dieser Stadt und in historische Not- Bolz, der letzte Staatspräsident des Landes diesem Land leben. Im wendigkeit. Zu- Württemberg bis zur Machtergreifung der Na- Hotel Silber liefen die mindest konnte zis; des Weiteren der Landtags- und Reichs- Fäden des Unrechts jedoch erreicht zusammen. Stuttgart werden, dass benötigt deshalb dieses das Hotel Silber Haus als Begegnungsort als Zentrale des Terroralltag des NS-Regimes und Raum für Erinne- württembergi- rung und als Zeugnis schen Terrors als der Geschichte. 2008 wichtiger Lern- plante die Firma Breu- und Gedenkort ninger den Abriss des zugänglich sein gesamten Areals, um muss. einen neuen Einkauf- stempel zu errichten. Die neue Landesregie- rung als Besitzerin des Zellentür aus dem Hotel Silber Hauses gab 2011 jedoch mit Inschriften einer Gedenkstätte und in verschiedenen Aktion „auf Mauern schreiben“ am heutigen Hotel Sprachen von Silber in der Dorotheenstraße 10 Gefangenen

12 13 UMARMUNG UND GEWALT | FORMEN DES TERRORS STUTTGART UND ESSLINGEN | UMARMUNG UND GEWALT

30.1.1933 Ernennung von Hitler zum Reichskanzler durch Reichspräsident Hindenburg Der Untergang der Gewerkschaften 15.2.1933 Kabelattentat gegen die Hitlerrede in Stuttgart 27.2.1933 Reichstagsbrand, Beginn des offenen Terrors 28.2.1933 Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von VolkVolk und und Staat Der 30. Januar 1933, der Ernennung von Adolf Die Zeit zwischen Januar und Mai 1933 war (Einschränkung aller bürgerlichen Freiheiten) Hitler zum Reichskanzler, hätte eigentlich maßgeblich geprägt von fortlaufenden Provo- 5.3.1933 Wahlen zum Reichstag einen Sturm der Entrüstung und des politi- 5.3.1933 Nach den Reichstagswahlen wilde Besetzung des s schen Widerstands auslösen müssen. Statt- Stuttgarter Gewerkschaftshauses dessen kam es lediglich in Mössingen auf der Jürgen Kuczynski: „Gasthaus zum Bären“ durch die NSBO Schwäbischen Alb zum Generalstreik – zu „So wurden innerhalb von etwa hundert 9.3.1933 Unter Bruch der Verfassung werden die 81 wenig für politischen Gegenkampf. Tagen all die bürgerlich-demokratischen kommunistischen Reichstagsmandate für Grundrechte und Freiheiten, die die ungültig erklärt. 10./11.3.1933 Nächtliche Verhaftungsaktion in Württemberg;g; Zum einen wurde die Entschlossenheit der deutschen Arbeiter sich in hundert allein in Stuttgart von 200 Mitgliedern der KPD Eßlinger Zeitung vom 13.5.1933 NSDAP unterschätzt, alle, die sie zu ihren Jahren schwerster Kämpfe erobert hatten, 13.3.1933 Erster Überfall auf mindestens 20 Gewerkschaftshäuserchaftshhääuser Gegnern erklärte, zu vernichten. Zum ande- geraubt und zerstört. Zu dieser Form der 13.3.1933 Beschlagnahmung der Waldheime und Vermögen in Stuttgart ren hoffte vor allem die Führung des ADGB Gewaltanwendung kam, und das gilt für die 15.3.1933 Bis zu diesem Datum Deportation von bereits 1.700 Funktionäre der KPD und auf irgend eine Koexistenz mit den kom- ganze Zeit des Faschismus, der schlimmste SPD ins KZ Heuberg menden Machthabern, um das Überleben zu individuelle Terror.“ 23.3.1933 Ermächtigungsgesetz (Reichsregierung kann ohne Parlament von der sichern. Verfassung abweichende Gesetze erlassen) 24./25.3.1933 Nächtliche Verhaftungsaktion im Großraum Stuttgart, Verschleppung von Auch konnten sich SPD, KPD und ADGB nicht kationen, Überfällen, Verhaftungen und Ag- 270 Kommunisten in das KZ Heuberg im Geringsten auf eine gemeinsame Linie im gressionen gegenüber der Bevölkerung durch 31.3.1933 Erstes Gesetz „zur der Länder mit dem Reich“: Alle Kampf gegen die bereits reale Gefahr verstän- die NSDAP und ihre Schergen. In unglaublich Landtage und kommunalen Selbstverwaltungsorgane werden aufgelöst und entsprechend dem Reichstagswahlergebnis neu zusammengesetzt. digen. Gegenseitig blockierte man sich, warf offener Brutalität fand offensichtlich ein März 1933 Betriebsrätewahlen,Betriebsrätewahlen, ausgezählt ausgezählt waren waren 9.235 9.235 Mandate Mandate in 1.387 in 1.387 sich politisches Versagen vor bis es zu spät NSDAP-innerparteilicher Wettbewerb statt, Betrieben, Abbruch durch das NS-Regime am 4.4.1933 war. wer der Radikalste in dieser Zeit war. 1.11.4.19334.1933 10:0010:00 Uhr Zentraler Uhr Zentra Boykottaufrufler Boykottaufruf gegen gegen jüdische jüdische Geschäfte Geschäfte 77.7.4.19334.1933 GesetzGesetz „zur Wiederherstellung„zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ des Berufsbeamtentums“ (Beamte (Beamte Aufruf der KPD zum Generalstreik können mit „nichtarischer Abstammung“ oder wegen politischer vom 30.1.1933 Betätigung entlassen werden) „Die KPD appelliert an die Millionen- 10110.4.19330.4.1933 GesetzGesetz über über die Einführungdie Einführung eines eines Feiertags Feiertags der der massen: Führt gemeinsam mit euren nationnationalenallenen AArbeitrrbeit (1. Mai) kommunistischen Klassengenossen 2.5.19332.2.55.1933 BesetzungBeeses tztz unuallerng al Gewerkschaftshäuserler Gewerkschaftshäuser und un d in allen Betrieben und Arbeiterwohn- InhaftierungInnhahaftftiieruunng vieler Funktionäre  -QPƂU\KGTWPIFGU'KIGPVWOUFGT52&-Q-QPƂPƂU\KGTWT PI FGU 'KIGPVWOU FGT 52& vierteln die Massendemonstration, den 22.6.1933222.66.11939 3 VerbotVeV rb derot d SPDere SPD Streik, den Massenstreik, den General- streik durch!“

Aus dem Aufruf des ADGB vom 30.1.1933 Das Ergebnis Aus dem Aufruf der SPD vom „Um Angriffe gegen Verfassung nach 12 Jahren 31.1.1933 und Volksrechte im Ernstfalle Nationalsozialistischer „Wir führen unseren Kampf auf dem Bo- wirksam abzuwehren, ist kühles Herrschaft: Landesgewerbeamt den der Verfassung… Undiszipliniertes Blut und Besonnenheit erstes Ge- und Gewerkschaftshaus Vorgehen einzelner Organisationen oder bot. Laßt euch nicht zu voreiligen in einer einzigen Gruppen auf eigene Faust würde der ge- und darum schädlichen Einzelak- Trümmerwüste 1946 samten Arbeiterklasse zum schwersten tionen verleiten!“ Schaden gereichen…“

14 15 UMARMUNG UND GEWALT | FORMEN DES TERRORS ESSLINGEN | UMARMUNG UND GEWALT

KZ Heuberg Für den Le- und Kalkstein kennzeichnen die Gegend. bensweg von Im abgebildeten Stein ritzte Eugen Munder Prototyp der Grausamkeit Eugen Munder Ort und Jahr ein. Das KZ Heuberg wurde be- gab es keine reits Ende des Jahres 1933 wieder aufgelöst, Alternative: weil die Reichswehr das gesamte Gelände Das KZ Heuberg in Stetten am kalten Markt Aufgewachsen als Truppenübungsplatz beanspruchte. Die DXIGHU+RFKˌ¦FKHGHU6FKZ¦ELVFKHQ$OE als unehe- Inhaftierten wurden teilweise auf die ande- wurde am 21. März 1933 auf dem Gelände des lichesliches KKindind im EEssss linger ArArbeiterstadtteilbe ren nun entstandenen Konzentrationslager Truppenübungsplatzes für „Schutzhäftlinge“ Pliensauvorstadt, den er zeitlebens auch verteilt, - wie z.B. das KZ Oberer Kuhberg in aus Württemberg und Hohenzollern als das nicht verließ, war die erste Konzentrationslager im Raum Württem- Welt proletarisch. Er berg/Baden aufgezogen. Die ersten Gefange- wurde 1919 Mitglied nen wurden bereits in den Tagen davor dort der KPD und war von eingeliefert. Das Lager unterstand seit dem 1927 an Vorsitzender 28. April 1933 der eigenständigen Abteilung des Arbeiterturn- der Württembergischen Politischen Polizei vereins Esslingen des württembergischen Innenministeriums. (ATV). Am 20. Juni Im KZ Heuberg wurden zwischen März und 1933 hatte Esslin- November 1933 zeitweise mehr als 2.000 gen seinen eigenen Menschen festgehalten und misshandelt, bis „Reichstagsbrand“: ]XVHLQHU6FKOLH¡XQJHWZD0¦QQHU Schergen der SA zündeten das bereits enteig- Eßlinger Zeitung vom 22.6.1933 nete Quartier des ATV, das Waldheim auf dem Am 2. Mai 1933 wurden die Gewerkschafts- Zollberg an. Unter den Mitgliedern verbreite- häuser in Deutschland gestürmt. Das Ver- te sich blitzschnell die Nachricht. Alles was mögen der Gewerkschaften wurde beschlag- laufen konnte, machte sich den Berg hinauf nahmt und die wichtigsten Funktionäre auf den Weg… und rannte direkt der SA in die verhaftet und in das KZ Heuberg verbracht. So Arme, welche die Arbeiterturner vom Platz auch in Heilbronn. Carl Baßler und Otto Voll- weg und ohne Kontrolle, verhafteten. Eugen Munder wurde mit den anderen Turngenos- sen in einem Esslinger SA-Lokal misshandelt und zusammengeschlagengg und von dort ge- raradewegsdewegs in ddasas KZ HeuHeubergberg veverschleppt.r Im Eßlinger Zeitung vom 24.4.1933 KonzentrationsKonzentrationslagerlager wurwurdede üüberbe die Esslinger Turner die Stufe 3,3, die schwerste Form derder InInhaftierunghaf ver- mer vom Deutschen Metallarbeiterverband, hängt.hängt. sowie der Geschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes Friedrich DasDas KKZ war Teil des Reinhardt wurden auf den Heuberg ver- Truppenübungs-Trupp schleppt. Dort saßen Sozialdemokraten, platzesplatze bei Stetten Kommunisten und Gewerkschafter gemein- amam KKalten Markt Arbeitersportler des ATV Esslingen sam im KZ. DXIGHU+RFKˌ¦FKHDXIG der ohnehin nicht sehrseh üppigen und das KZ Dachau. Das KZ Heuberg war SchwäbischenSc trotz seiner kurzen Existenz der Prototyp für Eßlinger Zeitung vom Alb.Al Dürres Ge- das verbrecherische Massenlagersystem der 21.4.1933 strüpp,st Disteln Nazis.

16 17 UMARMUNG UND GEWALT | BIOGRAFIEN BIOGRAFIEN | UMARMUNG UND GEWALT

Willi Bleicher: Widerstandskämpfer von Anfang an Du sollst dich nie vor einem lebenden Menschen bücken Das Lebensmotto Willi Bleichers Willi Bleicher wurde am 27. Oktober 1907 in Stuttgart- geboren und war schon früh aktiv bei der Arbeiterbewegung Nach Kriegsende wurde Blei- mit dabei. Er trat in den 1920er Jahren dem cher ab 1948 hauptamtlicher Deutschen Metallarbeiter-Verband (DMV) und Gewerkschaftsfunktionär undd auch der KPD bei. Nach seinem Ausschluss VWLHJLQGHQHU-DKUHQ an die Spitze der IG Metall in Willi Bleicher: Baden-Württemberg auf und „Kein Aufbäumen der politischen Arbeiterbewegung in ihrer ¾EHUQDKPGLH/HLWXQJ Gesamtheit. Die KPD wurde verboten, ihr folgte alsbald die SPD, des IG Metall-Bezirks Stutt- und den Gewerkschaften nützte auch ihre Kapitulation nichts gart. – am 2. Mai 1933 wurden sie verboten. Zehntausende der in der politischen und gewerkschaftlichen Arbeiterbewegung Willi Bleicher, der Wider- Engagierten wurden verhaftet, in Zuchthäuser, Gefängnisse, standskämpfer der ersten Konzentrationslager geworfen, und weitere Tausende entzogen sich Stunde, wurde in der BRD derr ihrer Verhaftung durch die Emigration.“ Gegenpart zu Arbeitgeberprä-- sident Hanns-Martin Schleyer,r, der in der NS-Zeit den Rang 1929 wurde er Mitglied der KPO (Kommuni- stellung ins KZ Buchenwald, wo er bis zur GHV662Iˋ]LHUVWUXJDE stischen Partei-Opposition). Nach der Macht- %HIUHLXQJXPVžEHUOHEHQN¦PSIWH als späterer Leiter des Präsi- übernahme durch die NSDAP emigrierte er dialbüros im „Zentralverbandd zunächst in die Schweiz. Der Roman „Nackt unter Wölfen“ von Bru- der Industrie für Böhmen undd QR$SLW]DXVGHP-DKUHEHVFKUHLEWGLH Mähren“ die Arisierung der 1934 wird Willi Bleicher bei einem Deutsch- Rettung eines kleinen polnischen Kindes tschechischen Wirtschaft undd Beschaffung Willi Bleicher, Ludwig Becker und Eugen Ochs: Sie landaufenthalt von der Gestapo verhaftet und durch eine Gruppe von Häftlingen im KZ Bu- von Zwangsarbeitern für das Deutsche Reich kannten sich aus der Widerstandsarbeit der KPD-O und waren gemeinsam im KZ Buchenwald inhaftiert wegen Gefährdung der Staatssicherheit und FKHQZDOG'LH5RPDQˋJXUGHV+¸IHOKLH¡LQ mitzuverantworten hat. Vorbereitung zum Hochverrat zu zweieinhalb Wirklichkeit Willi Bleicher. Er hat den Jungen, Jahren Haft verurteilt. Nach dem Ende der , im KZ versteckt und ihm Haftstrafe kam statt der Freilassung die Über- dadurch das Leben gerettet. VWDUE:LOOL%OHLFKHUVHLQ*UDEEHˋQGHW Willi Bleicher: sich auf dem Stuttgarter Hauptfriedhof. Seit „Wir, die KPO-Mitglieder, haben uns dann 1982 ist die Kanzleistraße am Stuttgarter sofort auf ein Leben in der Illegalität Gewerkschaftshaus in Willi-Bleicher-Straße eingestellt. Auch ich war einer von ihnen. umbenannt. Nachdem ich zwei Monate nach dem 30. Januar 1933 in Stuttgart illegal mich aufhielt und politisch gegen den Faschismus arbeitete, hektographierte Flugblätter gegen den Faschismus herstellte, einen Verteilerapparat aufbaute, Nacht für Nacht hier bei einem Arbeitersportler, dort bei einem Naturfreund oder Freidenker oder Gewerkschaftler Fatale Fehleinschätzung des Jahrbuchs 1933 der kommunistischen übernachtend, legte man mir nahe, jetzt in die Süddeutschen Arbeiterzeitung zu Beginn des Jahres Emigration überzuwechseln.“

18 19 UMARMUNG UND GEWALT | BIOGRAFIEN BIOGRAFIEN | UMARMUNG UND GEWALT

Karl Molt: Organisator 6WHFNEULHˌLFKJHVXFKW tauchte er zunächst ein des Widerstandsnetzes halbes Jahr unter, bevor er, durch Razzien verfolgt und über Rundfunkmeldungen Der frühere Stuttgarter Bezirksleiterr gesucht, sich ins Schweizer des Einheitsverbandes der Eisenbah-h- Exil absetzen konnte. Nach ner Deutschlands, Karl Molt, baute imim Beginn des Zweiten Welt- Auftrag der Internationalen Trans- kriegs entzogen ihm die Naziszis portarbeiterföderation illegale Grup-p- die deutsche Staatsangehö- pen des 1933 aufgelösten Verbandess rigkeit – mit der Folge, auchh DXI0ROWˌ¾FKWHWHLP2NWREHU in der Schweiz untertauchenn in die Schweiz und lebte dort unter zu müssen. Aus der Abschie-- erbärmlichen Verhältnissen im Exil.. Bis zum Oktober 1936 fand er vor allem unter dem Telegraphenpersonalnal in süddeutschen Städten entlang derer Linie Stuttgart, Ulm, Heilbronn, Tübingenn bis hihin-n- dolin Endras aus Friedrichshafen wurde Ende „Insbesonders durch November 1939 durch den Volksgerichtshof meinen aktiven Einsatz zum Tode verurteilt. Fünf andere kamen mit als Reichsbannerführer Kundgebung der Eisernen Front auf dem Stuttgarter Marktplatz 1932 Gefängnis und Zuchthaus davon. und als Führer der Eisernen Front beim Versammlungs- und Personenschutz EHKDIWNRQQWHHUˌLHKHQHLQH$XVOLHIHUXQJ Karl Molt war Sozialdemokrat und bis zur (Saalschlachten) habe ich mir schon in an Deutschland hätte seinen sicheren Tod Machtübernahme der NSDAP Bezirkssekretär den Jahren vor der Machtübernahme durch bedeutet. Nach dem Krieg war Karl Molt lan- der Württembergischen Eisenbahnergewerk- das Naziregime den besonderen Hass der ge Jahre Bezirksleiter der schaft. Unmittelbar nach der Reichstagswahl Nationalsozialisten zugezogen. Besonders Eisenbahnergewerkschaft DPb0¦U]ULHIHU]XPEHZDIIQHWHQ als ich noch nach der Machtübernahme GdED. 1978 ist er in Stutt- Kampf gegen das Naziregime auf. in der Nacht vom 7. auf 8. März 1933 als gart gestorben. Gauführer des Reichsbanners zum Schutze unserer Gebäude und Einrichtungen, wie Tagwachthaus, Gewerkschaftshaus, Metallarbeiterheim usw. das gesamte Aufbau des Verteilernetzes Reichsbanner und die Eiserne Front „Nach dem 2. Mai 1933, nach der Besetzung der alarmierte zur Verteidigung der ein in den Schwarzwald, Vertrauenspersonen, Gewerkschaftshäuser und dem Zusammenbruch Demokratie und ihrer Einrichtungen zum die Flugblätter verbreiteten. Die Arbeit wurde der deutschen Gewerkschaftsbewegung Kampf aufrief, war ich der in Stuttgart am YRQGHQ,OOHJDOHQVHOEVWˋQDQ]LHUWHUVWVHLW herrschten Sprachlosigkeit, Schweigen meisten gehasste Mann. 'H]HPEHUHUKLHOW0ROWˋQDQ]LHOOH8Q- und stumme Bestürzung. In den Köpfen terstützung von Seiten der Internationalen unserer Kollegen und Genossen ist eine Welt Dass es in dieser Nacht in Stuttgart nicht Transportarbeiterföderation ITF. Bei Verhaf- zusammengebrochen, [...] nur ein ganz kleiner zum Kampf kam ist nur dem Umstand tungen unter der „Funken“-Gruppe gingen Teil dieser großen deutschen Massenbewegung zuzuschreiben, dass ich mich schweren auch einige seiner Vertrauensleute hoch, bis ist aufrecht stehengeblieben“ Herzens dem Rat unseres leider verst. Dr. zum Juni 1938 wurden an die 20 Mitglieder Karl Molt an Hans Jahn, 19. 8.1937, AdsD, Bestand ITF Schumachers den Kampf abzubrechen, um seines Kreises verhaftet. Der Eisenbahner Fri- Blut zu vergiessen zu vermeiden, folgte.“ Karl Molt in einem Schreiben an die Entschädigungskammer II beim Landgericht Stuttgart

20 21 UMARMUNG UND GEWALT | BIOGRAFIEN BIOGRAFIEN | UMARMUNG UND GEWALT

Heinrich Talmon-Groß,

ein Gewerkschafter durch und durch Freilassung, sondern die Unterbringung ins bringen. Die barbarischen Haftbedingun- Gefängnis Welzheim und dann die Verschlep- gen haben einen in seiner Bescheidenheit, pung ins KZ Dachau. Klarheit und Offenheit großen Stuttgarter Heinrich Talmon-Groß, gebo- Gewerkschaftsmann umgebracht. ren am 2. August 1882, hatte Heinrich Talmon-Groß stirbt am 20. Februar früh das Zigarrenmacher- LP.UDQNHQKDXV'DFKDXODXW6WHUEHXU- handwerk gelernt und orga- kunde an den Folgen einer Enterocolitis (sep- nisierte sich bei Zeiten schon tisches Fieber). Von den 12 Jahren Naziregime in der Tabakarbeiter-Ge- musste er 9 ¼ Jahre in politischer Haft ver- werkschaft. Der entschiedene Kämpfer und mitreißende Redner wurde Gewerkschafts- sekretär und hatte sein Büro in der Stuttgarter Hackstraße, wo bis zum Ende der zwanzi- ger Jahre die Zigarettenfabrik Waldorf-Astoria ihren Sitz hatte. Meine liebe Frau! Von dort aus führte er die Geschäfte bis zum Tag seiner Zuerst möchte ich dir meine herzlichste Gratulation „Inschutzhaftnahme“ durch Das Gebäude der Waldorf-Astoria Zigarettenfabrik in zu deinem 60. Geburtstag darbringen, mit dem die SA am 28. April 1933, also schon vor dem der Hackstraße im Stuttgarter Osten heißen Wunsch, daß du mir noch recht lange 2. Mai. Die Nazis besetzten das Büro und gesund und körperlich rüstig meine treue verschleppten ihn in das KZ Heuberg, wo im Aktiver hingebracht wurden. Als einer der Lebensgefährtin sein kannst. Wenn wir auch Frühjahr diesen Jahres tausende politisch letzten Inhaftierten wurde er am 19. Dezem- getrennt sind, es geht schon lange ins sechste ber 1933 entlassen. Jahr, daß ich von dir gerissen bin so gebe ich die Hoffnung nicht auf, daß ich dich wiedersehen Zunächst arbeitslos verdien- werde. Du brauchst dich meiner nicht zu schämen, te er sein Geld als selbst- noch kann man mir nicht unehrliches nachsagen ständiger Wäscheverkäufer und ich werde so lange ich lebe, diese Linie XQG=LJDUUHQPDFKHU$P beibehalten. September 1936 wurde er in einer Miedelsbacher Gast- Sind wir doch schon 36 Jahre miteinander stätte wegen der Aussage verbunden und blicken wir zurück, so scheint „das Dritte Reich wird sich diese Zeit nur einen Augenblick. Wenn du nun schon noch zu Tode laufen“ schon jahrelang durch meine Abwesenheit denunziert, verhaftet und zu besonders zu leiden hättest, so darfst du nicht 0RQDWHQXQG7DJHQ*H- annehmen, daß ich nicht selbst darunter fängnis verurteilt, die er in gelitten habe. Sage dir noch herzlichen Dank für Rottenburg verbüßen mus- das Geld RM 5,--, ich nehme an, daß es von dir ste. Anschließend erfolgte, war. Sei nun von mir herzlich begrüßt, ebenso wie es im Willkürstaat der Hermine, Else und dem kleinen Karle einen Nazis üblich war, nicht die besonderen Gruß von seinem Großpapa. Zigarettenarbeiterinnen bei Waldorf-Astoria

22 23 UMARMUNG UND GEWALT | BIOGRAFIEN BIOGRAFIEN | UMARMUNG UND GEWALT

Gewerkschafter im Visier

Eugen Ochs – sein Leben lang ein kritischer Geist Jeder wird zum Feind

Eugen Ochs wurde am Nachdem Eugen Ochs das KZ Buchenwald Der 2. Mai 1933 war die zentrale Aktion b$SULOLQ6WXWWJDUW überlebt hatte, begann er sofort am Wieder- gegen die freien Gewerkschaften, aber geboren wuchs in einer aufbau der IG Metall in Stuttgart mitzuarbei- nicht die einzige. Es gab schon in den Arbeiterfamilie auf. 1920 WHQZXUGHHULQ/XGZLJVEXUJ%HYROO- Monaten davor mehrere Verhaf- begann Eugen bei Daim- mächtigter der IG Metall. tungswellen, oft auch illegal. Meistst ler in Untertürkheim eine wurden die Opfer in das KZ Heu- vierjährige Lehre zum Ma- berg verschleppt. Zeitweise warenn schinenschlosser. 1921 trat mehr als 2.000 politische Häftlingege er dem DMV (Deutscher dort interniert und wurden miss- Metallarbeiterverband) bei und engagierte handelt. sich als ehrenamtlicher Gewerkschaftsfunk- tionär. Er war dabei als die Daimler-Arbeiter Viele Opfer wurden wieder freigelassen,l 1920 einen Streik gegen den (neuen) direkten mussten sich aber meist neue Arbeit su- Lohnsteuerabzug organisierten, der zu harten chen, so sie denn welche bekamen. Auseinandersetzungen führte: Einsatz von Militär und Schließung des Werks. $XFKQDFKGHP0DLKDWWHQHVGLH Betroffenen nicht leicht. Oftmals folgten Die Erfahrungen des 1. Weltkrieges prägten lange Auseinandersetzungen mit den Be- ihn nachhaltig und weckten sein politisches hörden, die Anträge ablehnten oder Nach-- Interesse, so dass er sich 1920 der Kommuni- weise verlangten, die nicht aufzubringen stischen Jugend anschloss, später war er Mit- ZDUHQ+¦XˋJEHJHJQHWHQVLHDXFKGHQVHOO- glied der KPD, dann der KPO. ben Schreibtischtätern wieder, die für ihree Internierung verantwortlich waren. Eugen Ochs gehörte zu den Menschen im Deutschen Reich, die von Anfang an Hitler als eine große Gefahr für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte erkannten und die Ver- antwortung für die Machtübernahme nicht Aus dem Lebenslauf von Karl Mößner: nur in der Politik suchten. Nach 1933 schloss „Am 9. März 1933 wurde ich in meiner Wohnung er sich der Widerstands bewegung an und von der Gestapo verhaftet, in Gefängnisse und ins half maßgeblich an deren Aufbau in Stuttgart K.Z. Heuberg gebracht. Nach vielen Schikanen im mit. Dazu war es vor allem wichtig die vor- Der Ausschließungsschein bescheinigte den K.Z. wurde ich am 9. August 1933 wieder entlassen, handenen Informationen aus den Betrieben Ausschluss vom Militär wegen Wehrunwürdigkeit mußte mich aber jeden 2. Tag bei der Polizei bis Ende über die Politik der Nazis zu sammeln und 1933 melden. Nach kurzer Arbeitslosigkeit konnte ich auszuwerten. 1934 wurde er verhaftet und in ZLHGHUDXIPHLQHP%HUXI$UEHLWˉQGHQȢ einem Prozess zu vier Jahren Zuchthaus und 1970 ging er in Rente und schrieb seine Er- drei Jahren Ehrverlust verurteilt. Nach dem innerungen in seinem Buch „Ein Arbeiter im Zuchthaus folgte die Internierung in die KZ Widerstand“ nieder. Am 17. November 1990 Welzheim, Dachau und Buchenwald. starb Eugen Ochs in .

24 25 UMARMUNG UND GEWALT | FORMEN DES TERRORS FORMEN DES TERRORS | UMARMUNG UND GEWALT Die Sprache des Terrors

Niemand soll behaupten, dass man das ‚nicht Wilhelm Murr nach seiner nicht mehr vorhandenen Offenheit überüber wissen konnte‘. Die Nationalsozialisten wären Wahl zum Staatspräsident am Abend des Verhaftungen, Gesetzesbrüche und WWi-i- vermutlich beleidigt über diese Interpretati- 15.3.1933 im Hof des Neuen Schloss derstand. on. Schließlich legten sie größten Wert dar- während einer Feierkundgebung: auf, an ihrem Vernichtungswillen nicht den „Wir bieten jedem die Hand, der zu uns Akteure überschlugen sich, wer dennn geringsten Zweifel zu lassen. kommt und mithelfen will, wir werden aber wohl die radikalste Forderung und MMe-e- mit aller Brutalität jeden niederschlagen, tapher für ihren Triumph aussprach. Infolge dessen ist die Sprache von einer un- der sich uns entgegenstellt. Wir sagen Die verbale Brutalität paarte sich her-r- glaublichen Brutalität gekennzeichnet. nicht: Auge um Auge, Zahn um Zahn, nein, vorragend mit einer nie gekannten wer uns ein Auge ausschlägt, dem werden Verrohung und der Chance für Sadi- Aber der Prozess bis zur völligen Gleichschal- wir den Kopf abschlagen, und wer uns sten, ihrem Verhalten freien Lauf zu tung (und vielleicht auch Selbstaufgabe) ging einen Zahn ausschlägt, dem werden wir lassen. nicht sofort über die Bühne. Zeitungsaus- den Kiefer einschlagen.“ schnitte dokumentieren die in einer später

EßlingerEß Zeitung vomvom linger Zeitung vom 4.5.1933

Richard Drauz, NSDAP- von Heilbronn: „Unsere führenden Männer sind rücksichtslos genug, alles, was sich ihnen in den Weg stellt, mit Vernichtung zu Metallarbeiterzeitung vom 6.5.1933 schlagen.“

Eßlinger Zeitung vom 4.5.1933

Das Werk von Nazideutschland: Das Stuttgarter Gewerkschafts- haus, am Tage der Eröffnung Eßlinger Zeitung vom 1933 vom NS-Regime besetzt 6.5.1933 XQGb-DKUHVS¦WHULQ6FKXWW und Asche gelegt

26 27 UMARMUNG UND GEWALT | HEILBRONN HEILBRONN | UMARMUNG UND GEWALT

Widerstand und Verhaftungen in Heilbronn

Wahlergebnisse in der Region Heilbronn Ende Februar 1933 werden ungefähr 30 Kundgebung der Eisernen Front (Freie (Einwohner 48.061) Kommunisten in Schutzhaft genommen. Gewerkschaften, SPD und Reichsbanner) gegen die Hitler-Papen Regierung am 5. Februar in 16. März 1933 Die Heilbronner 6. Nov. 1932 5. März 1933 3. März 1933 Kurt Schumacher, SPD spricht Heilbronn. NSDAP-Fraktion im Stadtrat ver- (Wahl beteil. 84%) (Wahlbeteiligung 92%) auf einer Großkundgebung auf dem Heilbron- „So marschierte der aus mehreren Tausenden langt die Absetzung des parteilosen ner Marktplatz vor einer großen Menschen- Teilnehmern bestehende Zug [...] durch die Oberbürgermeister Prof. Dr. Emil NSDAP 5.814 9.598 mit Böckingen 11.099 menge gegen die Nazis. von Menschen dicht umsäumten Straßen. Beutinger. SPD 9.711 9.625 mit Böckingen 12.936 Er bewegte sich durch die Wilhelm-, Fleiner- KPD 3.412 2.863 mit Böckingen 4.304 3. März 1933 Walter Vielhauer (s. S. 34) und Kaiserstraße über die Allee nach der Auf dem Weg zur Abstimmung ver- wird zusammen mit Erich Leucht, Adolf Nordbergstraße und durch die Paulinen-, prügeln und verhaften SA-Trupps Zentrum ?? 1.969 mit Böckingen 2.283 Herrmann, Konrad Erb, Karl Biehler, Wil- Sülmer- und Kaiserstraße zum Marktplatz. die beiden SPD-Stadträte Karl gewählt haben am 5.3.1933 ca. 30.500 Wahlberechtigte = 92% helm Egerter, Karl Feidengruber, Hermann Ein überwältigendes Bild... den riesigen Platz Britsch, Ernst Riegraf und den Schmidt, Otto Kirchner und (ULFK&HIˋ- füllen zu sehen, bis die Masse Kopf an Kopf KPD-Stadtrat Wilhelm Schwan. nato im Polizeigefängnis in der Heilbronner stand und noch weit in die Nebenstraßen Die Aktion geschieht in aller Öffentlichkeit Wilhelmstraße in so genannte „Schutzhaft“ hinein sich noch Tausende stauten.“ vor der Kamera eines vermutlich bestellten (Einwohner 7.035) genommen. -Echo von 6. Februar 1933 Fotografen auf dem Marktplatz. 6. Nov. 1932 5. März 1933 Willy Dürr von der Deutschen Demokra- tischen Partei (DDP) und Redakteur der NSDAP 601 966 Heilbronner Abendzeitung wurde schon am 5. März 1933 Die Reichstagswahl endet in Vortag im Verlagshaus überfallen und lag mit SPD 897 978 Heilbronn mit einem untypischen Ergebnis, einer Gehirnerschütterung im Krankenhaus. KPD 511 286 trotz Terror stimmte die Mehrheit in Heil- Damit waren alle oppositionellen Stimmen Zentrum 1.600 1.695 bronn gegen die rechten Parteien. im Stadtrat ausgeschaltet.

7. März 1933 Die Heilbronner SPD-Zeitung 21. März 1933 Der Reichs- Neckar-Echo wird verboten. tag beschließt das Ermäch- tigungsgesetz gegen die 12. März 1933 Überfall auf das Volkshaus Stimmen der SPD, 26 sozi- (Gewerkschaftshaus). Die SA besetzt das Re- aldemokratische Abgeord- daktionsgebäude des Neckar-Echos. nete und alle Abgeordne- ten der KPD waren bereits 14. März 1933 SA-Abteilungen stürmen verhaftet. in den Arbeitergemeinden Böckingen und Neckargartach die Rathäuser. Der Ratschrei- ber und SPD-Fraktionsvorsitzender in Bök- kingen Waiblinger wird verprügelt.

Verhaftung von Gemeinderat Ernst Riegraf

28 29 UMARMUNG UND GEWALT | HEILBRONN HEILBRONN | UMARMUNG UND GEWALT

Die Schande des 1. Mai 1933 in Heilbronn

„In Heilbronn ist die Enttäuschung über den ADGB besonders groß, da ja gerade hier trotz des Zuwachses an Nazistimmen und des wachsenden Terrors versucht wurde, Widerstand zu leisten.“ Albert Großhans

„Der rote Saustall wird jetzt von uns übernommen!“ schreit NSBO-Obmann R. beim Betreten der Büros. Alle hauptamtlichen Se- kretäre der Gewerkschaften werden abgesetzt, mit vorge- haltenem Revolver wird die Unterzeichnung der Entlas- sungsurkunde erpresst. Viele Heilbronner Funktionäre der Gewerkschaften werden noch am gleichen Tag oder in der folgenden Zeit verhaf- tet und eingesperrt: Der NS-Festzug zum 1. Mai in Heilbronn

Carl Baßler, 1. Bevollmächtigter des Metallarbeiterverbandes, ADGB-Vorsitzender und Stadtrat (Nach seiner Entlassung aus dem KZ Heuberg lebte er in Neulautern mit einer kleinen Pension und wurde von Freunden mit Lebensmitteln versorgt)

Friedrich Reinhardt, ADGB-Geschäftsführer Hakenkreuzfahnen auf dem Marktplatz Wilhelm Schwan, Gesamtverband, Stadtrat

2. Mai 1933 Otto Vollmer, 2. Sekretär des Metallarbeiterverbandes, bis 1933 MdL

Hermann Gerstlauer, Betriebsratsvorsitzender der Fa. Bruckmann, später 1. Bevoll- In einer landesweiten Aktion besetzten am In Heilbronn überfällt und besetzt die SA mächtigter der IG Metall in Neckarsulm 2. Mai 1933 Mitglieder der SA, der SS und der die Zentren des Gewerkschaftslebens: das NSBO (Nationalsozialistische Betriebszellen- sogenannte „Volkshaus“ an der Ecke Weins- Adolf Herrmann kommt ins Gefängnis Rottenburg und ins KZ Buchenwald, nach dem organisation) die Gebäude und Büros aller berger/Paulinenstraße und das Haus des Faschismus war er erster Heilbronner DGB-Vorsitzender Organisationen des ADGB, beschlagnahmten Metallarbeiterverbandes, auf dessen Gelän- deren Vermögen und nahmen Funktionäre in de heute das DGB-Haus steht. Viele kommunistische Gewerkschafter wie Erich Leucht und Walter Vielhauer (s. Seite „Schutzhaft“. 34) waren bereits verhaftet

30 31 UMARMUNG UND GEWALT | HEILBRONN HEILBRONN | UMARMUNG UND GEWALT

Zerschlagung der Gewerkschaften In Heilbronn kommt es ab Ende Februar zu Walter Vielhauer, auf die Frage, ob die Verhaftungen von kommunistischen Gewerk- Gewerkschaften etwas gegen die Verhaftungen schaftern. Am 12. März 1933 überfällt die unternommen haben: in Heilbronn SA zum ersten Mal das Volkshaus (Gewerk- „Carl Baßler (1. Bevollmächtigter des schaftshaus), die ehemalige Gaststätte Linde. Metallarbeiterverbandes) wollte seine Ruhe haben, auch Otto Vollmer (2. Bevollmächtigter „Da ist nirgends nichts gewesen außer hier“ Unter den 60 Verhafteten des 28. März 1933 und KPD Landtagsabgeordneter) fand, dass es sind führende Heilbronner Gewerkschafter zum politischen Leben gehört, dass man auch Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanz- wie zum Beispiel Erich Leucht (Gewerkschaf- einmal verhaftet wird.“ ler rief die KPD zu einem reichsweiten Gene- ter, Stadtrat und später 1. Bevollmächtigter ralstreik auf. Dem Aufruf folgten im gesamten der Heilbronner IG Metall). „Deutschen Reich“ nur die Textilarbeiter der Ortschaft Mössingen auf der Schwäbischen Alb. Über 800 Antifaschisten formierten sich zu einem Demonstrationszug durch das Dorf. Insgesamt 98 Streikende wurden verhaftet und angeklagt. Achtzig von ihnen, darunter drei Frauen, wurden zu Gefängnisstrafen zwi- schen 3 Monaten und 4 ½ Jahren Einzelhaft verurteilt.

Der NS-Festzug zum 1. Mai in Heilbronn Zurückhaltung des ADGB

Nach Ansicht der frei- en Gewerkschaften wurde mit der Macht- übergabe an Hitler zwarar eine "sozialreaktionäree Das „Braune Haus“, Zentrum der NSDAP, beherbergte und arbeiterfeindlichee die Kreisleitung und einen Folterkeller. Im Haus Regierung" berufen, fanden auch Schulungskurse statt; die NS-Biblio- aber nichtsdestotrotz thek und eine Buchhandlung waren ebenfalls Goebbels am 17. April in seinem Tagebuch: wurden die Mitglieder untergebracht „Den 1. Mai werden wir zu einer grandiosen aufgefordert, "kühles Demonstration deutschen Volkswillens Blut und Besonnenheit"t" Theodor Leipart, Vorsitzender des Allge- gestalten. Am 2. Mai werden dann die zu bewahren, und dazuu meinen Deutschen Gewerkschaftsbundes Gewerkschaftshäuser besetzt. ... Es wird angehalten, von "voreili-ili- (ADGB) erklärte die politische Neutralität vielleicht ein paar Tage Krach geben, gen und schädlichen Ein-Ein- seiner Organisation, die sich nun von der SPD aber dann gehören sie uns. Man darf hier zelaktionen" abzusehen.en. abwandte und mit dem NS-Regime zu koope- keine Rücksicht mehr kennen. ... Sind die rieren versuchte. Leipart und einige Leiter der Gewerkschaften in unserer Hand, dann Eßlinger Zeitung vom christlichen und liberalen Gewerkschaften werden sich auch die anderen Parteien und 4.5.1933 unterstützten die nationalsozialistische Feier Organisatoren nicht mehr lange halten zum 1. Mai. können.“

32 33 UMARMUNG UND GEWALT | BIOGRAFIEN BIOGRAFIEN | UMARMUNG UND GEWALT

Walter Vielhauer (1909-1986)

Walter Vielhauer, geboren am 1. April 1909 in Reutlingen, lebte seit 1914 in Heilbronn.

Bei der Silberwa- In Stuttgart beteiligte er sich umgehend an Als diese Anfang renfabrik Peter Widerstandsaktionen der illegalen KPD- April 1944 entdeckt Bruckmann & Kreisleitung und wirkte vor allem bei der wurde, verlegte man Söhne arbeitete er Verteilung der Süddeutschen Arbeiterzeitung, Vielhauer zunächst in als Silberschmied des Tribunals, der Arbeiter Illustrierten Zei- Dunkelarrest, im Juni und trat auch dort tung und der Roten Fahne nach Heilbronn 1944 dann ins KZ Bu- der Gewerkschaft mit. Vielhauer versorgte unter anderem auch chenwald. bei. Politisch en- die Heilbronner Widerstandsgruppe „Käthe“ gagierte er sich mit Untergrundschriften. In Buchenwald hatte seit 1928 in der sich im Juli 1943 das kommunistischen Nach vier Monaten in Freiheit wurde im illegale Internationa- Jugendbewegung Herbst 1933 Vielhauer abermals inhaftiert, le Komitee aus Vertre- KJVD und wurde QDFKGHPGLH6WXWWJDUWHU*UXSSHDXIJHˌRJHQ tern der wichtigsten 1930 KPD-Mit- war. Durch Folter während der anschließen- nationalen Häftlings- glied. den Verhöre blieb seine linke Gesichtshälfte gruppen formiert, gelähmt. Walter Vielhauer wurde vom Ober- dem Vielhauer nach Ab 1932 organisierte sich die KPD in Heil- landesgericht Stuttgart zu fünf Jahren Ge- seiner Ankunft als bronn in kleinen Straßen- oder Betriebszellen fängnis verurteilt. Es folgten bis zum Kriegs- Häftling Nr. 39.282 (meist in Fünfergruppen), die über jeweils ende elf Jahre und vier Monate in Zuchthäu- ebenfalls angehörte nur ein Mitglied der nächst höheren Instanz sern und Konzentrationslagern. und das Vorbereitun- miteinander in Kontakt standen. Vielhauer gen für die Selbstbe- leitete hierbei die Betriebszelle der Firma In Dachau gehörte Vielhauer zu einer gehei- freiung der Häftlinge beim Heranrücken der $P-XQLZXUGH:DOWHU9LHOKDXHULQ Bruckmann. men Widerstandsorganisation der Häftlinge. $PHULNDQHUWUDI$P$SULOEHJDQQGLH Heilbronn vom wiedereingesetzten Oberbür- Evakuierung des Lagers vor den vorrückenden germeister Emil Beutinger zum Assistenten Am 3. März 1933 wurde er mit der amerikanischen Verbänden. Am 8. April nahm für Wohnungs-, Arbeits- und Fürsorgefragen fast gesamten Heilbronner Par- das Komitee Funkverbindung mit der na- ernannt. Die amerikanische Militärregierung teileitung der KPD von den Nazis henden 3. US-Armee auf, die den Häftlingen ernannte ihn später zum Dezernenten, an- bis zum Sommer in sogenannte jedoch gebot, bis zur Befreiung zu warten. schließend zum Bürgermeister. Schutzhaft genommen. Nach der Aufgrund der energischen Evakuierungsbe- Entlassung aus gesundheitlichen strebungen der Lagerleitung entschied sich Am 26. Mai 1946 wurde Vielhauer noch par- Gründen kehrte Vielhauer zu- das Komitee am 11. April zum Sturm auf das teilos in den Gemeinderat der Stadt gewählt, nächst nach Heilbronn zurück, Torgebäude und die Wachtürme, als sich die anschließend trat er wieder der neu gegrün- wo er sich durch Flucht einer ersten US-Panzerverbände näherten. Nach deten KPD bei. weiteren drohenden Verhaftung anderthalb Stunden war das Lager befreit. entzog. Walter Vielhauer starb am 19. April 1986 in 'HUDP$SULOHLQ]LHKHQGHDPHULNDQL- Heilbronn. *UDˉNDXVGHP Jahrbuch 1933 der sche Kommandant Ball löste das Lagerkomi- kommunistischen tee formell per Dekret auf und verbot jegliche Nach seinem Tod fand sein Name Auf- Süddeutschen politische Betätigung der Häftlinge, was diese nahme in das Buch der Gerechten in Yad Arbeiterzeitung jedoch ignorierten. Vashem in Israel.

34 35 UMARMUNG UND GEWALT | BIOGRAFIEN BIOGRAFIEN | UMARMUNG UND GEWALT

Arbeiter und Kommunist:

Seit 1984 erinnert eine Gedenktafel an ei- Gottlob Feidengruber nem Mauerrest des Klaraklosters in der Sie- beneichgasse an den Widerstandskämpfer aus Heilbronn. Der aus einer katholischen Arbeiterfamilie stammende Gottlob Feidengruber wurde 1901 $P$SULOVHW]WHGHU.¾QVWOHU*XQWHU geboren und war schon vor 1933 im Kampf Demnig einen Stolperstein vor Gottlob Fei- gegen den Nationalsozialismus aktiv. dengrubers früherer Wohnung in der Herbst- straße 30. Erstmals wurde er im Juli 1932 verhaftet, im Frühjahr 1934 wurde Feidengruber erneut verhaftet und im Oberamtsgefängnis in der Klarastraße inhaftiert. Zusammen mit seinem Abschiedsbrief Mithäftling Hans Grünberg konnte er im Au- JXVWˌLHKHQ(QWVFKHLGHQGH+LOIHHUKLHOW Den 27. Januar 1944 er von seiner Frau Rose und dem Ehepaar Meine Lieben! Sascha und Karl Kaiser. Mit diesem Schreiben nehme ich Feidengruber und seine Frau setzten sich Abschied von Euch. Soeben wird mir nach Frankreich ab; für die KPD agitierten sie mitgeteilt, daß das Todesurteil das am im französischen gegen dessen An- 12/1 über mich verhängt wurde heute schluss an das Deutsche Reich. vollstreckt wird. Ihr könnt ja selbst urteilen wie ich von diesem Urteil Von 1936 bis Oktober 1938 kämpften die Feidengruber war während der Besetzung überrascht bin. Aber gegen diese von Beiden auf Seiten der Republik in Spanien. In Frankreichs im „Travail allemand“, einem Teil Stolze erhobene Anschuldigung war Frankreich wurden die Spanienkämpfer an- der Résistance, aktiv. Nach der Niederlage ich zu klein um sie zu wiederlegen. schließend von der französischen Regierung Frankreichs ging Feidengruber nach Nord- interniert. frankreich um unter den deutschen Soldaten Ich kann es immer noch selbst nicht gegen Hitler zu agitieren. Dabei wurde er glauben, daß es so sein soll. Grüße 1943 denunziert, – nach manchen Quellen und küße Euch also ein letztes mal ging er einem Gestapoagenten in die Falle , u. hoffe, daß Euch das genügen nach anderen verriet ihn ein angesprochener möge. Es fällt mir schwer mehr zu Wehrmachtssoldat – und in Lyon inhaftiert. schreiben. „Später habe ich dann erfahren, dass Zum Prozess wurde er nach Paris überstellt mein Vater verhaftet wurde... er war total und dort am 12. Januar 1944 wegen „Zerset- Vielen Dank u. Grüße an alle die unpolitisch... sie mussten sich doch an zung der “ zum Tode verurteilt. Euch bisher unterstützt haben. irgend jemand rächen... Mein Vater soll sich Am 26. Januar 1944 wurde er auf dem Mont dann im Gefängnis erhängt haben. Mein Valerien in der Nähe von Paris – wie viele an- Ein letztes Lebewohl Euer Feide ältester Bruder mußte kommen, um seinen dere Widerstandskämpfer auch – von seinen Tod zu bestätigen. Er hat gesagt: ‚Mein Vater Landsleuten erschossen. Die Decke u. einiges was mir hat sich nicht erhängt, der ist totgeschlagen bleibt an Wäsche sende ich worden’“ Euch zurück [Feide] Rose Feidengruber, Erinnerungen

36 37 UMARMUNG UND GEWALT | BIOGRAFIEN BIOGRAFIEN | UMARMUNG UND GEWALT

Decknamen Käthe

Im März 1936 beteiligte sich die Gruppe an Von der Gestapo überwacht, setzte die Gruppe „ ‚Wer Hitler wählt, wählt den Krieg‘ – Diese Parole klebt am einer überregionalen Klebeaktion, bei der ihre konspirativen Treffen fort. Jedoch hatte Morgen des 23. März 1936 an Hauswänden und Zäunen. Der zwischen Aachen und Lörrach anlässlich der die Gestapo auf der „Baseler Konferenz“ der Heilbronner Widerstand um eine 37-jährige Frau mit dem bevorstehenden Reichstagswahl Klebezettel 6$3LP1RYHPEHUEHUHLWVHLQHQ6SLW]HO Decknamen Käthe hat in der Nacht zuvor zwischen 21 und 22 mit der Aufschrift „Hitler bedeutet Krieg“ eingeschleust und konnte über einen Lehrer Uhr seine roten Zettel geklebt. Die leitende Kraft ist eine junge geklebt wurden. in Pforzheim die Mannheimer Bezirksleitung Frau aus großbürgerlichem der SAP und von dort aus die Heilbronner Hause, Jahrgang 1899.“ Bei der deutschen Reichstagswahl am *UXSSHDXVˋQGLJPDFKHQ (Uwe Jacobi, Ratsprotokolle, 1981) 29.3.1936 wählen 99 % der Stimmberechtig- WHQGLH16'$3ȟVRODXWHWGDVRIˋ]LHOOH(U- Bei den Vernehmungen nach der Verhaftung gebnis der Stimmenauszählung und bekunde- schwiegen die Heilbronner Widerstands- ten damit zugleich ihre Zustimmung zu Adolf kämpfer vor Gestapo und Gericht, sie konnten Die Gruppe nannte sich Hitlers Rheinlandpolitik. nur durch die Festnahmen der Mannheimer selbst „Käthe“ nach dem SAP-Genossen belastet werden. Käthchen von Heilbronn, Im Sommer 1936 wurden nach einer unbe- die Mitglieder trugen alle dachten Äußerung eines betrunkenen Arbei- Hellmuth Riegraf wurde zu einer Freiheits- Decknamen. ters gegenüber einem Heilbronner SA-Mann strafe von drei Jahren und sechs Monaten Sophie und Karl Kaiser, die inzwischen nach verurteilt. Die treibende Kraft der Mannheim verzogen waren, Hellmut Riegraf, Widerstandsgruppe Eugen Freimüller und Wilhelm Jaisle vor- Sascha Kaiser verbüßte 4 Jahre Zuchthaus in Käthe war Sophie (ge- übergehend verhaftet und verhört,,g mangels Einzelhaft. nannt Sascha) Kaiser Beweisen jedochoch wieder freifreige-ge- (*1899 in Berlin; †1983 lassen. in Berlin). Sie war mit Karl Kai- ser, einem Industriel- lensohn aus Heilbronn, verheiratet. Das Paar war seit Ende der Karl und Sascha Kaiser 1920er Jahre in der KPD-Opposition (KPO) und zog 1931 von Berlin nach Heilbronn, wo sie mit der örtlichen KPD zusammenarbeiteten. Über den KPD-Stadtrat Wilhelm Schwan ka- men sie nach der „Machtergreifung“ Treffpunkte waren die Wohnung von Sascha 1933 in Kontakt mit dem ehemaligen XQG.DUO.DLVHU'LWWPDUVWUD¡H VS¦WHU SPD-Stadtrat Ernst Riegraf und des- 2VWVWUD¡H XQGGLH'DYLG)ULHGULFK6WUD¡H sen Sohn Hellmut Riegraf, letzterer  KHXWH(UOHQEDFKHU6WUD¡H 0DQWUDIVLFK wiederum brachte den Sozialdemokra- aber auch z. B. im Freibad in Bad Rappe- ten Wilhelm Jaisle und den Anarchi- nau oder im Wald bei Ilsfeld. Die bereits im 1938 wurden im Rahmen der Zerschlagung der sten Eugen Freimüller zur Gruppe, 8QWHUJUXQGEHˋQGOLFKH%H]LUNVOHLWXQJGHU südwestdeutschen SAP-Strukturen daraufhin auch zu der noch weitere Kommunisten und Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) in Mann- Sophie und Karl Kaiser, Hellmut Riegraf, Wilhelm Sozialdemokraten gehörten. Dr. Karl heim lieferte Flugblätter, Zeitschriften und Jaisle, Hermann Gerstlauer, Paul Engel und Eugen Kaiser war als Assessor beim Amtsge- Klebezettel, die von der Heilbronner Gruppe Freimüller verhaftet und zumeist wegen Hochverrat richt in Heilbronn tätig, was ihn zeit- weiterverbreitet wurden. Auch aus Stuttgart zu mehrjährigen Gefängnis- bzw. Zuchthausstrafen weilig vor der Entdeckung durch die erhielt man über die untergetauchte Kreislei- verurteilt. Lediglich Karl Kaiser konnte von der Gruppe Gestapo bewahrte. tung der KPD und Walter Vielhauer Schriften. gedeckt werden und blieb straffrei.

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Die letzten Verbrechen

Erschießung von Gustav Beyer, Elsa Drebinger, Karl Kübler Erschießung des ehemaligen NS-

und Anna Kübler in der Schweinsbergstraße von Sontheim Karl Taubenberger am 3. April 1945

$P$SULOO¸VWH'UDX]GLH+HLOEURQQHU öffnet auf das Klopfen ihre Haustür und er- Geschäftsstelle der NS-Kreisleitung auf und klärt „Ich habe die weiße Fahne ausgehängt“. machte sich mit einer größeren Begleitmann- Von einem der Drauz-Begleiter wird ihr in die schaft auf den Weg, die Stadt zu verlassen. %UXVWJHVFKRVVHQ'LHYLHU0HQVFKHQˋHOHQ In der Schweinsbergstraße, durch die wenige GHQVFKRQDXIGHU)OXFKWEHˋQGOLFKHQ1D]LV Stunden vorher einige abrückende Wehr- zum Opfer. machtssoldaten gekommen waren und den Anwohnern auf deren Nachfrage hin geraten hatten, weiße Tücher herauszu- hängen, da gegen die Übermacht der Amerikaner nichts mehr aus- NS-Kreisleiter zurichten sei, wa- Richard Drauz ren nun, als der bei einer Parade Kreisleiter mit am Heilbronner seinem Tross vor- Marktplatz beikam, fünf oder sechs Häuser auf diese Weise ȣEHˌDJJWȡ'UDX] Für den Endkampf gegen die anrückenden Zur Abschreckung wird Taubenberger, der ließ anhalten und Amerikaner lässt der Heilbronner Kreisleiter ehemalige Duzfreund von Drauz, erschossen. gab mehrfach Richard Drauz in und um Heilbronn Panzer- Seine Leiche muss auf Befehl des den Befehl ‚Raus, sperren aufbauen. Bei einer schon errichteten 24 Stunden liegen bleiben, um den Hals hängt erschießen, alles Panzersperre zwischen der katholischen und ein Schild: „Ich bin ein Volksverräter!“ erschießen!‘ Drei der evangelischen Kirche in Sontheim fürch- seiner Begleiter ten die Anwohner um ihre Häuser und begin- kamen diesem Befehl nach, stürmten nach- Richard Drauz (rechts) mit dem Gauleiter und nen die Sperre wieder abzubauen. einander die verschiedenen Häuser und er- Wilhelm Murr bei einem schossen den ehemaligen Stadtrat Kübler und Appell der Politischen Leiter der NSDAP auf Karl Taubenberger, zu der Zeit schon abge- seine Frau Anna, die ihn verteidigen wollte. dem Heilbronner Marktplatz, 18. Mai 1935 setzt als , kommt während Der ehemalige Pfarrer Gustav Beyer stirbt des Abbaus vorbei und warnt die abbauenden nach einem Schuss ins Herz. Elsa Drebinger Sontheimer vor dem NS-Kreisleiter: „Ich habe gehört, dass jemand von der Kreisleitung kommt. Lasst das lieber sein.“

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Die Folgen der faschistischen Herrschaft und ungezählte jüdische Wohnungen verwü- stet. Am Morgen des 10. November mussten GLHQRFKHWZD0LWJOLHGHUGHUM¾GLVFKHQ für Heilbronn I *HPHLQGHYRQ+HLOEURQQKLOˌRVPLWDQVHKHQ wie ihre Synagoge an der Allee in Flammen aufging. Wie im übrigen Deutschland wurden in Heilbronn jüdische Geschäfte und Woh- nungen zerstört und geplündert. Gemeinde- PLWJOLHGHUˌRKHQRGHUZXUGHQGHSRUWLHUW Heilbronner Einwohner ...vor dem Krieg 72.000 ...und nach der Befreiung 1945 46.350

Deportationen aus Heilbronn in die

Tag des Boykotts jüdischer Geschäfte am 1. April Vernichtungs- und Konzentrationslager 1933 vor der Heilbronner Adlerbrauerei Würzburger, Deutschhofstraße 1

Blick vom Kiliansplatz in Richtung Sülmerstraße

Sülmerstraße mit Hafenmarktturm

Getötete und vermisste Soldaten 6.445 Holocaust Frauen, Kinder, Männer, 7.137 getötet bei Luftangriffen 9RQHKHPDOVLQ+HLOEURQQXQG6RQWKHLP Heilbronner Synagoge vor und während ddeses BBrandesrandes amam 10.10. NovemberNovember 11938938 Ermordete Hitlergegner wegen 405 OHEHQGHQ-XGHQZXUGHQHUPRUGHW(nach 11. November 1938: 24. April 1942: Weltanschauung, Rasse oder Religion Hans Franke). Hinzu kommen noch 82 jüdische Deportation in das KZ Dachau und das Deportation in das Ghetto Izbica (nach Walter Vielhauer HFP Dez. 1984) Opfer die vorübergehend im Landesasyl Schutzhaftlager Welzheim Opfer des unmittelbaren Terrors 500 Sontheim untergebracht waren. 20. August 1942: der Nazi in Heilbronn 26. November 1941: Deportation in das Ghetto Theresienstadt (Nach Stadtarchiv Heilbronn) Am 9. November 1938, der Reichspogrom- Deportation in das Ghetto Riga und von dort weiter nach Auschwitz und Maly nacht, wurden in Deutschland über 100 Trostinec Synagogen zerstört, mehrere hundert andere 23. März 1942: Tempel hatten Brandschäden, mindestens Deportation in das Ghetto Theresienstadt 8.000 jüdische Geschäfte wurden verheert und von dort weiter nach Auschwitz und Maly Trostinec

42 43 UMARMUNG UND GEWALT | HEILBRONN HEILBRONN | UMARMUNG UND GEWALT

Die Folgen der faschistischen Herrschaft 'PVPC\KƂ\KGTWPIKP*GKNDTQPP für Heilbronn II 1946 – 1948

Die Spruchkammer Heilbronn war für die Euthanasie Stadt und weitere 26 Gemeinden des Land- kreises zuständig, das heißt für 64.237 Einwohner. Dem Euthanasie Programm der Nazis (T4- Der Vollwaise Carlo wurde 1918 zur Behandlung $NWLRQ ˋHOHQJHVFK¦W]WH0HQVFKHQ in den Weißenhof eingeliefert, nach sechs Monaten Als Betroffene (aktive Nationalsoziali- ]XP2SIHUGDUXQWHU.LQGHU$XIGHP sollte er als geheilt entlassen werden. Er hatte keine sten) galten 14.917 Personen. Heilbronner Friedhof ist ein Massengrab von Angehörigen und bat daher darum, bleiben zu dürfen. 41 anonymen Euthanasie-Opfern. Da er sich immer nützlich gemacht hatte, kam man Aufgrund von Amnestie wurden 9.844 Das Heilbronner Rathaus (nach Uwe Jacobi, Ratsprotokolle) seiner Bitte nach. Von 1940 bis 1941 werden 908 Fälle eingestellt, Patienten der Heilanstalt in die Vernichtungslager aus anderen Gründen wurden 1.201 Fälle Im Jahr 1940 wurden über 10.000 Menschen Hadamar und Grafeneck gebracht und dort getötet. eingestellt. im ehemaligen Heim für „Krüppel“ in Gra- Carlo stand zweimal auf der Transportliste, jedes feneck auf der Schwäbischen Alb ermordet. Mal erreichten die Ärzte, das sein Name wieder von Am Ende gab es Der Vorsitzende der Spruchkammer stellte Es handelte sich um Insassen der psychiatri- der Liste gestrichen wurde, da er gesund sei. Beim 7 Hauptschuldige, nach Abschluss der Verfahren resigniert fest, VFKHQ$QVWDOWHQbZLHGHU$QVWDOW:HL¡HQKRI dritten Mal waren sie erfolglos. Es gab nur noch die 51 Belastete, dass selbst bei einwandfrei feststehenden bei Weinsberg, die in grauen Bussen nach Möglichkeit dass Carlo von jemanden aufgenommen 391 Minderbelastete, Aktivisten kaum einer den Mut fand als Zeuge Grafeneck transportiert und zumeist am sel- ZXUGHVRGDVVHURIˉ]LHOOHQWODVVHQZHUGHQNRQQWH 3267 Mitläufer und aufzutreten. „Die zahlreichen Widerrufe ben Tag noch vergast wurden. Diese Person wurde gefunden, Carlo starb 1962 in 90 Entlastete. einstiger Aussagen und angeblicher Irrtü- Oberstenfeld. mer und Missverständnisse sind wohl das (nach Uwe Jacobi, Ratsprotokolle) traurigste Kapitel der ganzen Säuberungs- aktion.“

Opfer von Terror und Verfolgung: Klara Holwein (1889-1940)

Zu den Opfern dieser Aktion zählte auch die Heilbronner Geschäftsfrau Klara Holwein (geb. Wanner). Sie führte zusammen mit ih- rem Mann ein Reformhaus und gab Kurse für vegetarisches Kochen. Anfang der 1930er Jah- re erkrankte die Mutter einer kleinen Tochter; nach ersten Aufenthalten in der Heilanstalt Kennenburg in Esslingen wurde sie dauerhaft in Weinsberg eingewiesen. Die Ärzte diagno- stizierten Schizophrenie.

Klara Holwein war 51 Jahre alt, als sie am 8. Mai 1940 in Weinsberg abgeholt und noch am selben Tag in Grafeneck umgebracht wurde. (Stadtarchiv Heilbronn)

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Hitler im Neckar!?

In Heilbronn hält sich hartnäckig die heldenhafte Geschichte des ersten Hitlerbesuches in der Stadt. Die Straßenkämpfe zogen sich den ganzen halter von Baden Robert Wagner – „jüdisch- Tag hin, zeitweilig sah es so aus, als wenn die demokratischen Hochburg“ abgehalten. Die Antifaschisten den Hitlerauftritt verhindern als Schimpfwort gedachte Bezeichnung ist könnten. Die Wende brachte am Abend ein heute eine Anerkennung des antifaschisti- Sonderzug aus Hohenlohe mit bis zu 1000 SA- schen Widerstands. Mitgliedern, Hitler konnte doch noch im Gar- tensaal der Harmonie vor seinen Anhängern Am 19. Mai 1926 fand eine Protestkundge- reden. In den Saal durften nur SA-Männer, die bung gegen den Naziaufmarsch mit 4.000 bis Angst davor, dass die Heilbronner doch noch 7HLOQHKPHUQVWDWW=LWDWDXVGHQ5HGHQ die Veranstaltung „sprengen“ könnten, war „Wir gewähren jedem Deutschen das Recht wohl zu groß. zum Reden, aber Mordbuben nicht.“

Hitlers Anhänger kamen vor allem aus Nordbaden. Da er dort Redeverbot hatte, wurde die Versammlung in Heilbronn, der – nach Aussage seines Vor- Neckarbrücke redners, dem späte- ren NS-Reichsstatt- Vor der nationalsozialistischen Machtergrei- für Hitler hielten und in den Neckar warfen. fung 1933, als die faschistische Bewegung Noch Generationen später hieß es, wenn wir schon stark war und eine reale Gefahr für die den richtigen Hitler erwischt hätten, wäre der linken und demokratischen Kräfte darstellte, JHQDXVRLQV:DVVHUJHˌRJHQ0DQFKHVHW]WHQ besuchte Hitler Heilbronn, aus der ganzen hinzu, vielleicht hätte das sein Mütchen ge- Umgebung wurden die Parteimitglieder der kühlt. NSDAP und ihre Anhänger angekarrt. Die Veranstaltung sollte ein propagandistischer Erfolg werden, doch Antifaschisten versperr- Das Gerücht bezieht sich auf den ten die Zufahrtswege, eine Naziversammlung ersten Auftritt von Hitler in Heilbronn in der Arbeiterstadt Heilbronn wäre einer am 15. Mai 1926. Nach Angaben des Niederlage gleichgekommen. Den ganzen Tag nationalsozialistischen Heilbronner Tagblatts gab es Zusammenstöße zwischen Faschisten Jahre später am 14. Mai 1934 wurde ein Am 20. März 1935 kommt Hitler zum zweiten Mal und ihren Gegnern. Eberbacher namens Dietrich mit Hitler nach Heilbronn. Offener Widerstand war bei seinem Besuch 1935 nicht mehr möglich verwechselt, aber von „Kameraden“ gerettet. Gegen Abend verbreitete sich wie ein Lauf- „Dietrich wurde aus einer Marschgruppe auf feuer die Meldung: Hitler liegt im Neckar. der Brücke heraus gezerrt, geschlagen und Leider stellte sich heraus, dass Antifaschisten ans Geländer gedrückt. Er sollte in den Neckar einen SA-Mann aus Leingarten, sie trugen da- geworfen werden, da die Leute meinten, es sei mals alle das obligatorische Schnurrbärtchen, Hitler.“ Albert Großhans

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Abkürzungen und Begriffe Quellennachweis:

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Erstellung: DGB-Region Nordwürttemberg Redaktion: Jörg Munder, Philipp Vollrath, Harald Kalmbach, 9L6G3%HUQKDUG/¸IˌHU Werner Schrott und Silke Ortwein Willi-Bleicher-Str. 20 November 2013 Region Nordwürttemberg 70174 Stuttgart Druck: Druckerei VisitYou Leinfelden-Echterdingen