«Und wenn die Welt voll Teufel wär’…» Willi Bleicher 27. Oktober 1907 – 23. Juni 1981 Ein konsequentes Leben für Menschenwürde und Gerechtigkeit

Ein Portrait von Rainer Fattmann «Und wenn die Welt voll Teufel wär’…» Willi Bleicher – ein Portrait

Jörg Hofmann: Editorial ...... 3 Berthold Huber: Widerstehen und der Erniedrigung des Menschen entgegentreten ...... 4 Klaus Zwickel: «Der muss her! In dem Alter schläft man nicht mehr viel!» ...... 6 Ernst Eisenmann: Willi Bleicher zum 100. Geburtstag ...... 8 Franz Fürst: Gut gesagt, Willi ...... 10 Franz Steinkühler: ...... 12

Rainer Fattmann: Familie und Jugend: Ein Arbeiterjunge mit «Klasseninstinkt» ...... 13 Widerstand und Verfolgung ...... 17 Neubeginn und Wiederaufbau ...... 19 Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg – «Arbeiterführer» und Tarifpolitiker ...... 28 Jenseits der Tarifpolitik ...... 39 Ein Polterer mit weichem Kern ...... 42 Fazit ...... 45

Literatur und Quellen ...... 46 Anmerkungen ...... 48 Impressum ...... 50

«Und wenn die Welt voll Teufel wär…» so rief Willi Bleicher auf seiner letzten großen Kundgebung als IG Metall-Bezirksleiter von Baden-Württemberg vor 45.000 Menschen in angesichts der von Streik und Massenaussperrung gekennzeichneten Tarif- runde 1971, «wir werden’s doch erzwingen!» Damit wandelte der Mann, der sich als «das Kinder der Arbeiterklasse» bezeichnete, eine Liedzeile von Martin Luther ab. Dieser hatte im Choral Ein feste Burg ist unser Gott geschrieben: «Und wenn die Welt voll Teu- fel wär und wollt uns gar verschlingen, so fürchten wir uns nicht zu sehr, es soll uns doch gelingen» – während bei Luther allerdings Gottes Wort die Rettung bringen soll, setzt Bleicher auf irdische Mächte: Auf die Solidarität und Kampfkraft der Beschäftigten.

2 Liebe Leserinnen und Leser, liebe Kolleginnen und Kollegen,

100 Jahre Willi Bleicher – am – Leid, Hoffnung, Gewalt und Tod Bleicher wusste um seine Ecken Anfang unserer Überlegungen, waren damals allgegenwärtig in und Kanten, war unbequem und wie wir anlässlich des Jahrestages Bleichers Leben. All die Erfahrun- ist gerne lieber einen steinigen eine Form fi nden um seiner zu ge- gen über die dunklen Jahrzehnte Weg gegangen, als seine Über- denken und uns an ihn erinnern, des letzten Jahrhunderts hinweg, zeugungen über Bord zu werfen. stand nur das Ereignis selbst. haben ihn geprägt, desillussio- Aber gerade das macht ihn zu niert und gleichzeitig gestärkt. einer Symbolfi gur der Gewerk- Die Größe des Ereignisses schaftsbewegung in Deutsch- und vor allem die immer dünner Sie haben Bleicher zu dem land. Sein zutiefst vom Humanis- gesäten Zeitzeugen, die es für Mann gemacht, der er als le- mus geprägtes Weltbild ist der ein solches Projekt zu befragen gendärer Arbeiterführer war. Ein Schlüssel zu seinem Wirken. Das gilt, ließ es uns angemessen er- Mensch mit Haltung, Statur und Einstehen für Menschlichkeit und scheinen, sich Willi Bleicher mit Charisma. In der rückblickenden Gerechtigkeit durchzieht sein zwei Medien biografi sch zu nä- Betrachtung lässt es ihn heute Leben in einer Konsequenz, die hern. Neben dem Filmportrait des nahezu überlebensgroß erschei- beeindruckend ist und bleibt. Wir Journalisten Hermann G. Abmayr nen. Gleichzeitig würde er sich können alle von ihm lernen. haben wir den Gewerkschafts- mit Händen und Füßen wehren, kenner – und in biografi schen würden wir ihm ein Denkmal Recherchen erfahrenen Wissen- errichten wollen. Auf diesem schaftler – Dr. Rainer Fattmann schmalen Grat bewegen wir uns beauftragt, Willi Bleichers Le- im Gedenken an den großen An- Eine anregende Lektüre wünscht bensweg zu betrachten. Das vor- tifaschisten und Gewerkschafter liegende Ergebnis kann sich – so Willi Bleicher. meine ich – sehen lassen. Wir hoffen mit diesem Portrait Willi Bleicher war und ist eine anlässlich Willi Bleichers 100. Ge- Symbolfi gur für viele Gewerk- burtstag eine angemessene und Jörg Hofmann schafter. Das Leben in Armut. kritische Form der Würdigung sei- Bezirksleiter der Haft unter den Nazis ner Person vorlegen zu können. IG Metall Baden-Württemberg

Editorial 3 Berthold Huber Widerstehen und der Erniedrigung des Menschen entgegentreten

Als ich eigene Erinnerungen Es ist unendlich schwer und es immer verstanden hat, junge an Willi Bleicher habe Revue kann mit viel Mühe, Überwindung Menschen zu fesseln und mit- passieren lassen, ist mir Albert und Leiden verbunden sein, für zureißen. Als brillanten Redner. Camus in den Sinn gekommen. dieses Prinzip auch dann einzu- Und als ebenso umsichtigen wie Camus hat Gewerkschafterinnen stehen, wenn es ernst wird. Wenn entschlossenen Tarifpolitiker. Mit und Gewerkschaftern 1953 in ei- man wie Willi Bleicher für seine dem Willen, zu gestalten und die ner Ansprache vor der Arbeitsbör- Überzeugung verfolgt, einge- gesellschaftlichen Verhältnisse, se in St. Etienne zugerufen: «Das sperrt, gefoltert und allen Schre- die Lebens- und Arbeitsbedin- Geheimnis unseres Widerstands cken des Konzentrationslagers gungen von Arbeitnehmerinnen ist leicht in Worte zu fassen. Alles, und des Krieges ausgesetzt ist. und Arbeitnehmern konkret zu was die Arbeit erniedrigt, ernied- verbessern. rigt den Geist, und umgekehrt. Willi Bleicher hat mich vor Und der revolutionäre Kampf, das vielen Jahren einmal über Solida- Sein Weltvertrauen hat Willi jahrhundertealte Streben nach rität sprechen hören. Nachher hat trotz vieler großer, erfolgreich be- Befreiung, besteht vor allem in er mich zur Seite genommen und standener Auseinandersetzungen einer unablässigen Ablehnung gesagt: »«Junge, Du hast über- nie wieder ganz zurückgewinnen der Erniedrigung.» haupt keine Ahnung von Solida- können. Wer von 1933 bis 1945 rität! Merk’ Dir Eines: Wenn Du ununterbrochen den Schrecken Ich meine: Widerstehen – und nichts zu fressen hast und Dein erfährt und vor Augen hat, macht der Erniedrigung des Menschen Kumpel, der auch hungert, seine sich nichts mehr vor. Das ist in unablässig entgegenzutreten – letzte Scheibe Brot mit Dir teilt: seine Seele eingebrannt. das ist auch der Kern des Lebens, das ist Solidarität!» der Kern des Vermächtnisses von Die Nazi-Herrschaft ist für ihn Willi Bleicher. Willi Bleicher hat Willi Bleicher hat die exis- direkte Folge mangelnder Einheit gewusst, wovon er spricht: «Du tentielle Not am eigenen Leib der Arbeiterbewegung gewesen. sollst Dich nie vor einem leben- erfahren. Er hat diese Erfahrung Das hat Willi Bleicher immer um- den Menschen bücken» ist heute nie verwinden können. Trotzdem getrieben. Im Ergebnis hat es ihn wahrscheinlich sein in der Öffent- haben wir ihn kraftvoll und enga- letztlich dazu geführt, die Ge- lichkeit bekanntester Ausspruch. giert in Erinnerung: Als einen, der werkschaftsarbeit wichtiger zu

4 Berthold Huber nehmen als die parteipolitische Arbeit. Willi Bleicher hat sicher auch vor dem Hintergrund dieser Erfahrung konsequent für die Ein- heitsgewerkschaft gestritten.

Er hat zu keinem Zeitpunkt resigniert, sondern sich entschie- den, die Interessen von Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmern konsequent zu vertreten. Dieser Weg ist folgerichtig und vielleicht die einzige Antwort, die Willi Blei- cher vor dem Hintergrund seiner Erlebnisse hat geben können.

Zu dieser Antwort gehören selbstverständlich auch seine Interventionen gegen die Wie- Nicht zimperlich in Alltagssitu- sein Wille sich nicht zu beugen, derbewaffnung, gegen Rechts- ationen, aber menschlich, soli- seine persönliche Integrität und extremismus, Rassismus und darisch und anständig, wenn es nicht zuletzt seine Prinzipien ge- Fremdenfeindlichkeit. Gegen die drauf ankam. Anderen in der Not werkschaftlicher Arbeit. politische Unaufrichtigkeit. Ge- zu helfen war für ihn selbstver- gen die Flucht vor der Vergangen- ständlich. heit und schließlich später gegen die Notstandsgesetze. Was wir von Willi Bleicher mit in unsere Zeit nehmen können Willi Bleicher ist ein aufrich- – und aus meiner Sicht müssen –, tiger, ein feiner Mensch gewesen. sind sein widerständiger Geist,

Berthold Huber 5 Klaus Zwickel «Der muss her! In dem Alter schläft man nicht mehr viel!»

lichen Funktionäre, wurde kein tungskomfort beim Autokauf an, gutes Haar gelassen. Zu wenig sondern auf die Zahl der Zylinder. Neuaufnahmen, zu geringer Bei- So wurde der Bezirk mit stren- trag, zu wenig Betriebsversamm- ger Hand geführt. Maßvoll nach lungen usw. Ich war enttäuscht, innen, sehr erfolgreich für die nicht von Willi, sondern von den Mitglieder und die Beschäftigten langjährigen Ortsverwaltungs- in der Metallwirtschaft. Natürlich Mitgliedern, die widerspruchslos war die sehr gute wirtschaftliche die Kritik akzeptierten, obwohl Entwicklung und die Struktur der ich sie als sehr aktive und aner- Metall- und Elektroindustrie in kannte Funktionäre kannte. Nach Baden-Württemberg eine ent- der OV-Sitzung auf ihr Verhalten scheidende Voraussetzung für angesprochen, war ihr Kommen- beispielhafte Tarifabschlüsse. tar, so ist er (der Willi) eben. Willi Bleicher hat aber nicht Später, als ich selbst Bevoll- nur große Auseinandersetzungen mächtigter war, hatte sich die Art geprägt. Ein besonderes Erlebnis der Kritik nur insoweit verändert, ist in meiner Erinnerung geblie- Willi Bleicher bin ich unmittelbar dass Herbert Brümmer als «Wa- ben. Im Ergebnis des Lohnrahmen- als Jugendfunktionär, erstmals bei denbeißer» losgelassen war und tarifvertrags I mussten bei der einer Ortsverwaltungs-Sitzung in Willi Bleicher «nur noch spezielle Firma Armaturenfabrik Schneider Heilbronn, begegnet. Natürlich Vorkommnisse» selbst zum The- in Nordheim bei Heilbronn viele war Willi Bleicher mir, wie allen ma gemacht hat, beispielswei- Höhergruppierungen erfolgen. Metallern und der Öffentlichkeit, se die Größe der Dienstautos. Den damals fast achtzigjährigen ein Begriff. Die Ortsverwaltungs- «Sechszylinder» für einen Be- Firmeninhaber interessierte das Sitzung mit ihm ist mir in Erinne- vollmächtigten waren jedenfalls nicht. Trotz aller Versuche der rung geblieben. Es war eine un- mindestens zwei zuviel. Ab sofort IG Metall Verwaltungsstelle, ge- angenehme Begegnung. An der wusste jeder Bevollmächtigte, meinsam mit dem Metallarbeit- Arbeit, besonders der hauptamt- es kommt nicht auf den Ausstat- geberverband, das betriebliche

6 Klaus Zwickel Ergebnis des Tarifvertrags zu ak- Nach kurzer Information Betriebsversammlung umge- zeptieren, der «Alte» verweiger- fordert Willi Bleicher die Arbeit- wandelt, mit dem Ziel, diese Ver- te die Neueingruppierungen. Es gebervertreter auf, der «Alte» sammlung dauert so lange, bis kommt zur spontanen Arbeitsnie- müsse sofort zur Beilegung des der «Alte» den vollen Lohnausfall derlegung der Arbeiter. Nach drei Konfl ikts erscheinen. Er verhand- bezahlt. Am frühen Nachmittag Tagen – noch immer Funkstille le nicht mit «Lakaien», die of- unterschreibt der «Alte» eine aus der Villa. Vor Ort waren Ernst fensichtlich unfähig seien, eine Vereinbarung, in der alle Forde- Eisenmann und Manfred Imdahl absolut berechtigte Arbeitsnie- rungen erfüllt sind, einschließlich von der Bezirksleitung. Endlich, derlegung der betrogenen Arbei- einer Maßregelungsklausel. am vierten Tag ist der «Alte» be- ter mit Anstand zu beenden. Als reit die Höhergruppierungen zu die Verbandsvertreter erklären Erlebnisse, die prägen und akzeptieren, aber er weigert sich wollen, der Inhaber wäre ein «al- bleibend an Willi Bleicher erin- den Lohnausfall der Arbeitsnie- ter Herr», dem man um Mitter- nern. derlegung zu bezahlen. Ernst Ei- nacht nicht mehr zumuten kön- senmann informiert telefonisch ne, nach Nordheim zu kommen, Willi Bleicher. bracht der Sturm so richtig los. Ein Protokoll wurde nicht geführt. Willi kommt am späten Das war gut so. Willi Bleicher for- Abend selbst nach Nordheim. In derte jetzt erst recht «der (Inha- der Bahnhofswirtschaft sind die ber) muss sofort her, in dem Alter Verhandlungskommissionen, die braucht man nicht mehr soviel Stimmung ist gereizt. Es ist Nacht, Schlaf». Die Arbeit werde solange als Willi Bleicher aus dem Auto nicht aufgenommen, bis auch die steigt und auch noch fast auf der letzte Minute bezahlt werde. Treppenstufe stürzt. Stocksauer schreit er heraus, was er wo von Nachdem die Höhergruppie- solchen Arbeitgebern hält. Re- rungen akzeptiert waren, wurde spektvoll hören die Verbandsver- am fünften Tag die Arbeitsnieder- treter seine Vorwürfe an. legung in eine außerordentliche

Klaus Zwickel 7 Ernst Eisenmann Willi Bleicher zum 100. Geburtstag

«Es ist nicht genug, zu wis- Die Einheitsgewerkschaft im Jahre 1949 ist das Ergebnis sen, man muss es auch anwen- eines geschichtlichen Prozesses, den. Es ist nicht genug zu wollen, Die Arbeiterschaft – der der lange vor 1945 einsetzte und man muss es auch tun». – Dieses Hauptträger des Widerstandes der im Schmelztiegel von Wider- Zitat von Goethe trifft für den Le- gegen Hitler – zahlte den höchs- stand, Verfolgung und Emigration bensweg von Willi Bleicher zu. ten Blutzoll für ihren Kampf gegen weiter Gestalt annahm. Er gehörte zu den wenigen, die die nationalsozialistische Dik- sich aktiv den zu erwartenden tatur. Nach Kriegsende, im Jahr Willis Ausspruch: «Hütet mir politischen Änderungen nach der 1945, begann die gewerkschaftli- die Einheitsgewerkschaft wie ei- Machtübernahme Hitlers 1933 che Arbeit in den Betrieben. Die nen Augapfel» bezeugte seine entgegenstemmten. Er gehörte Betriebsräte, von den alliierten Grundeinstellung. zu jenen, die nicht nur in Worten, Siegern eingesetzt, setzten die obwohl auch das schon zu Ver- Produktion in Gang und organi- Der politische Standpunkt haftungen führte, sondern auch sierten den Bedarf für das tägli- der Gewerkschaften mit Flugblättern und Parolen an che Leben. Mit der Arbeit in den für eine aktive und Mauern und Wänden auf die poli- Betrieben erfolgte der Aufbau der erfolgreiche Tarifpolitik tische Gefahren hinwiesen. Gewerkschaften als Organisatio- nen. Die Gewerkschaften entstan- Nach Auffassung Willi Blei- Dass dies in einem totalitä- den als Einheitsgewerkschaften, chers sind die Gewerkschaften ren politischen System auf die die allen Arbeitnehmern – ohne eine außerparlamentarische Dauer nicht unentdeckt bleibt, Rücksicht auf ihre politische und Opposition im Rahmen einer ka- war zu erwarten. Er war sich des- konfessionelle Überzeugung pitalistischen Wirtschafts- und sen wohl bewusst und trotz die- – offen standen. Es sollte eine Gesellschaftsordnung. Sie sind ser Gefahr arbeitete er im Unter- Einheitsgewerkschaft nach dem keine revolutionäre Partei, son- grund. Seine Verhaftung war nur Industrieverbandsprinzip sein, dern sie sind die Interessenver- eine Frage der Zeit. Viele Jahre in in der Arbeiter, Angestellte und tretung aller Arbeitnehmer. Sie so Gefängnis und Konzentrationsla- Beamte vertreten waren. Die wirksam wie möglich zu gestalten ger waren der Preis, den er dafür Gründung des Deutschen Ge- ist die erste Vorraussetzung für in Kauf nahm. werkschaftsbundes in München eine erfolgreiche Arbeit. Diese

8 Ernst Eisenmann Arbeit kann nicht durch einige digengutachtens oder der wirt- kluge Köpfe bestimmt werden, schaftlichen Institute gezogen sondern sie muss das Ergebnis wurden, sondern sich auf seine sein von Hunderttausenden, die Bedürfnisse stützten. Die Identi- in dieser Organisation zusammen fi kation mit so erstellten Forde- geschlossen sind. Sie muss das rungen war deshalb gegeben. Sie Resultat ihres Willens sein. erfüllen die Voraussetzungen, die notwendig sind, um in schwieri- kürzung, in der Verbesserung Für uns gilt, dass wir unser gen Phasen der Tarifverhandlun- der Arbeitsbedingungen in dem Ohr am Pulsschlag der Betriebe, gen die notwendige Mobilität der Tarifvertrag über die analytische bei Vertreterversammlungen, Beschäftigten bis hin zum Streik und summarische Arbeitsbewer- Funktionärs- und Betriebsräte- abfordern zu können. Nicht die tung, die in ihrer tarifpolitischen konferenzen haben. Aus der Zu- Zahl der Verhandlungen oder die Fundierung von der Mehrzahl der sammenfassung dieser Fakten dort vorgetragenen Argumente Beschäftigten am Beginn nicht muss eine gründliche Analyse werden in der geschichtlichen Be- begriffen wurde, in deren Ergeb- und die sich daraus ergebenden trachtungsweise Eingang fi nden. nis aber im Durchschnitt eine Konsequenzen folgen. Lohnerhöhung in Höhe von 10 Die Geschichte fragt nicht bis 12 Prozent stand, in der Leis- Unsere tarifpolitischen For- nach dem Wie des Werdens, tungsbewertung, die die Willkür derungen wurden begründet mit sondern sie registriert allein das der Betriebe bei der Festlegung den Erkenntnissen und Erfahrun- Gewordene. Die Ergebnisse der der Leistungen nicht nur be- gen. Diese Forderungen waren so gestalteten Tarifpolitik fanden schnitt, sondern auf eine solide ausgerichtet an den Bedürfnissen ihren Niederschlag in Lohn- und Basis stellte. der Beschäftigten. Der Einzelne Gehaltserhöhungen, die in aller konnte aufgrund seiner Erfahrun- Regel den Produktivitätsfort- Steigende Mitgliederzahlen, gen nachvollziehen, dass die For- schritt und die zu erwartende höhere Beiträge steigerten die derungen nicht nur aus irgend- Preissteigerungsrate auffi ngen, Kampfkraft, erhöhten die Schlag- welchen gesamtwirtschaftlichen in der Lohnfortzahlung im Krank- kraft. Diese Grundsätze sind auch Rechnungen des Sachverstän- heitsfalle, bei der Arbeitszeitver- noch heute gültig.

Ernst Eisenmann 9 Franz Fürst Gut gesagt, Willi!

Als ich 1961 meine hauptamt- liche Tätigkeit bei der IG Metall begann, war Willi Bleicher zwei Jahre Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg. «Millionen sind Von Anfang an hat mich Willi stärker als Millionäre.» Bleicher stark beeindruckt. Sein Auftreten und brillantes Reden «Tariffragen sind hat die Arbeitnehmer gefesselt Machtfragen – und fasziniert. Er packte die Ar- es kommt nicht darauf an, beitnehmer bei ihrer Ehre, lobte was wir wollen, ihrer Hände Arbeit und geißelte sondern was wir das unsoziale Verhalten der Un- durchzusetzen ternehmer. in der Lage sind.»

Ich habe von Willi Bleicher «Auf einen harten Klotz viel gelernt, ja – er war für mich gehört ein harter Keil.» ein strenger Lehrmeister, auch wenn er nicht immer gerecht war. «Und wenn die Welt Alle Zusammentreffen mit ihm voll Teufel wär’ – waren für mich gesellschaftspo- wir werden’s doch erzwingen.» litische Lehrstunden. Am besten habe ich ihn heute noch in Erin- «Unsere Arbeit nerung durch seine kurzen und war nie einfach – prägnanten Formulierungen, die aber sie war immer erfolgreich, ich festgehalten habe und hiermit wenn wir solidarisch wiedergebe: zusammenstanden.»

10 Franz Fürst «Macht nie den Fehler, dass ihr «Wer Wind sät, ausgehend von wird Sturm ernten.» eurem Bewusstseinsgrad Schlussfolgerungen zieht «Der Pfennig kann auf das Bewusstsein zum König werden – der Anderen.» 10 Pfennig erkämpft sind mehr als 11 Pfennig verhandelt.» «Ein Funktionär «Hütet die muss der Basis einen Schritt, Einheitsgewerkschaft «Gewerkschaftliches aber er darf nicht drei Schritte wie euren Augapfel!» Reagieren voraus gehen.» ist ein Reagieren auf Fakten, «Es gibt keine kleinen Leute – die die anderen «Ein Funktionär es gibt nur Menschen, gesetzt haben.» muss Führung geben, die andere klein machen.» er darf nicht «Politik heißt verändern. der Geführte sein.» «Wenn wir ein Problem Um zu verändern rechtlich klären braucht man Mehrheiten. «Lasst uns reden – lassen müssen, Um Mehrheiten zu erhalten, damit wir gesehen werden.» ist der Fall schon verloren.» muss man Kompromisse machen.» «Lasst euch nicht «Die Krise gehört von der Lautstärke irreführen. zum Kapitalismus «Die Zeiten werden sich Denkt daran, wie die Nacht zum Tage.» erst ändern, zuweilen kann der wenn zu den P quakende Frosch im Teich «Tradition heißt nicht arteiversammlungen mehr Lärm vollführen Asche aufbewahren, so viele Menschen kommen als der kämpfende Stier sondern die Glut wie zu den Fußballspielen.» in der Arena.» am Leben halten.»

Franz Fürst 11 Franz Steinkühler Willi Bleicher – ein lebendes Versprechen

Viele Erinnerungen binden mich hat in Buchenwald über seinen an Ihn. 1907 geboren, erlebte, geschundenen Körper gesiegt. durchlebte und erlitt er die be- wegtesten Zeiten der letzten 100 Wofür stand sein Leben? Es wäre Jahre Deutscher Geschichte. vermessen, diese Frage allge- meingültig beantworten zu wol- Er erlebte einen arbeitslosen Va- len. Für mich war Willi Bleicher ter, war später selbst arbeitslos, stets das lebende Versprechen, er erlebte eine Infl ation, in der dass die Verhältnisse nicht so das Geld stündlich abgewertet bleiben müssen wie sie sind, dass wurde. sie geändert werden können.

Er erlebte den Niedergang der Sein Leben zeigte: Widerstand ist Weimarer Republik, das Erstar- möglich. ken des Faschismus und schließ- lich seine Machtübernahme.

Nie hat er die Verhältnisse hinge- nommen, wie sie waren, bereits als Jugendlicher hat er politisch dagegen angekämpft. Sein Kampf gegen den Faschismus trieb ihn in die Emigration und brachte ihn schließlich ins KZ Buchenwald.

Viele seinesgleichen sind dort den Quälereien erlegen, bezahl- ten ihren Kampf für Freiheit mit dem Leben. Willi Bleichers Wille

12 Grußwort Rainer Fattmann « Und wenn die Welt voll Teufel wär’…» Willi Bleicher – ein Portrait

Familie und Jugend: Ein Arbeiterjunge mit «Klasseninstinkt»

Willi Bleicher wurde am 27. Oktober 1907 in den fi nanziellen Spiel- Stuttgart-Cannstatt als fünftes Kind von Paul Blei- raum der Familie aller- cher, einem Schlosser im Untertürkheimer Daimler- dings noch weiter ein. Werk, und dessen Frau Wilhelmine geboren. Auch Immerhin konnten die die Mutter arbeitete zuweilen in der Werkskantine Bleichers, wie viele Ar- des damals schon bedeutenden Unternehmens. Die beiterfamilien auch, nun Lebensumstände der Familie waren den Zeiten ent- ihre Nahrungspalette sprechend karg. Das Einkommen der Eltern reichte durch Gemüse aus dem gewiss zum Überleben, schloss aber jeden kleinen eigenen kleinen Garten Luxus, etwa den Kauf von Spielsachen für die Kinder, ergänzen.2 weitgehend aus. Eine Verbesserung der Lebensum- stände brachte 1913 der Umzug der Familie in eine In seiner Kindheit er- neu gebaute und mit Gasleitungen ausgestattete lebte Bleicher nicht nur Daimler-Werkswohnung, die für die mittlerweile den auch in Teilen der Ar- achtköpfi ge Arbeiterfamilie etwas mehr Platz und beiterschaft aufbranden- Komfort bot als das alte Drei-Zimmer-Heim in einem den Hurra-Patriotismus Hinterhaus. Bald erfolgte ein erneuter Umzug: Die nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs; er registrier- Kindheit im Kaiserreich: Bleichers zogen nun in ein eigenes Häuschen in der te auch, so erinnerte er sich später, sehr genau das Willi Bleicher als Schüler von einer Baugenossenschaft errichteten «Garten- Elend der französischen Kriegsgefangenen, denen er stadt» Luginsland, einer in Selbsthilfe errichteten auf dem Güterbahnhof von Untertürkheim begegne- Mustersiedlung. Der dafür nötige Kredit schränkte te. Und er erlebte die Unsicherheit der Arbeiterexis-

Familie und Jugend 13 Ein selbstbewusster Württemberger: Willi re zu gehen. Stattdessen begann der Vierzehnjährige Bleicher auf den Stufen vor eine Bäckerlehre, vermutlich auch auf Rat des Un- der Grabkapelle auf dem Rotenberg tertürkheimer Pfarrers Johannes Lechler, der in der örtlichen Arbeiterschaft einiges Ansehen genoss. Bleicher sollte die sicherlich sehr konservativ einge- färbte praktisch-soziale Gesinnung des Pfarrers im Alter häufi g respektvoll betonen; aus der Kirche trat er nie aus. Neben dem Einfl uss Lechlers dürfte auch die häufi g prekäre Nahrungsmittelsituation seiner tenz am eigenen Leibe: Nachdem sich die Stuttgarter Familie bei Bleichers Berufswahl eine Rolle gespielt Arbeiter im sogenannten «Steuerstreik» 1920 gegen haben. 1925 legte er die Gesellenprüfung ab. Ungerechtigkeiten bei der Erhebung der Lohn- und Einkommenssteuer gewehrt hatten3 und die örtli- Trotz der überlangen und um vier Uhr in der Früh chen Arbeitgeber darauf mit Aussperrungen reagier- beginnenden Arbeitszeit begann sich Bleicher schon ten, wurde auch sein Vater vorübergehend arbeits- während seiner Lehrzeit für Politik zu interessieren. los. Die Erfahrung der damit verbundenen Not sollte Maßgeblich beeinfl usst wurde er durch die Nachbar- Bleicher später, er hat dies selbst mehrfach betont, familie Schlotterbeck, wo er ein und aus ging. Dabei als Gewerkschaftsführer und Tarifpolitiker stets sehr erschienen ihm wohl weniger deren kommunistische sorgsam abwägen lassen, ob ein Streik das damit Ideale als solche, als vielmehr der solidarische Um- einhergehende Risiko rechtfertigte.4 gang der einzelnen Familienmitglieder miteinander als vorbildlich. Für ihre politische Gesinnung muss- Mit der Schule stand der junge Bleicher auf ten die Schlotterbecks später einen furchtbaren Kriegsfuß. Ob dies allein am dort herrschenden Preis zahlen. Von einem Spitzel denunziert, wurden Kasernenhofton lag oder an Bleichers langsam of- fast alle Familienmitglieder 1944 im KZ Dachau hin- fenkundig werdender Renitenz allen Autoritäten gerichtet.5 gegenüber, muss offen bleiben; vermutlich spielten beide Faktoren eine Rolle. Jedenfalls scheinen seine Inspiriert durch die Nachbarfamilie trat Bleicher schulischen Leistungen nicht ausgereicht zu haben, schon bald der KPD-Jugend bei. Bereits vorher war er um – wie der Vater – ebenfalls bei Daimler in die Leh- im örtlichen Arbeitersportverein aktiv gewesen. Auf

14 Familie und Jugend seine Qualitäten als Fußballer hielt er sich auch im tatsächlich bei Daimler- späteren Leben noch einiges zu Gute. 1925 schloss Benz an, zunächst im er sich dann auch der Gewerkschaft der Nahrungs- Vertrieb, 1928 dann als und Genussmittelarbeiter an, in der er als in einem Hilfsarbeiter in der Gie- Kleinbetrieb arbeitender Bäckerjunge allerdings eine ßerei. Vermutlich 1927 mehr oder minder exotische Ausnahmeerscheinung trat er dem Deutschen gewesen sein dürfte. Metallarbeiter-Verband (DMV) bei, dessen Haupt- Dass Bleicher ursprünglich eine Lehre als Bä- quartier sich bis 1928 üb- cker absolviert hatte, war in seiner späteren Zeit als rigens noch in Stuttgart Metallgewerkschafter nur wenigen Eingeweihten befand. Allerdings verlor bekannt. In den Publikationen, die zumeist anläss- er schon bald, vermutlich lich von Jubiläen oder Ehrungen erschienen, fi rmiert im Mai, seinen Arbeits- er stets als Schlosser.6 Erst Hermann Abmayr stellte platz; ob seine politische den Sachverhalt 1992 in seinem Buch «Wir brauchen Überzeugung dafür (mit-) kein Denkmal – Willi Bleicher: Der Arbeiterführer verantwortlich war, ist un- und seine Erben» richtig.7 Offensichtlich meinte klar. Förderlich für seinen Bleicher nach Kriegsende, sein Nimbus als Führer berufl ichen Werdegang war sie sicherlich nicht. Was Nicht gerde als Fachar- beiter, aber immhin beim der südwestdeutschen Metallarbeiter könnte lei- folgte, war eine rund einjährige Beschäftigung bei Daimler – Willi Bleicher als den (und seine Verhandlungsmacht als Tarifpolitiker «Glasdach Zimmermann» in Untertürkheim. Ab Mitte Hilfsarbeiter auf einer Bau- stelle des Autoherstellers geschwächt werden), wenn sein an sich doch alles 1929 war Bleicher, bis einschließlich 1935, zumeist andere als ehrenrühriger berufl icher Werdegang öf- arbeitslos, unterbrochen von verschiedenen Gele- fentlich würde. genheitsjobs, unter anderem auch wieder in seiner Lehr-Bäckerei. Die Weltwirtschaftskrise trieb die Er- Dem Bäckerberuf jedenfalls kehrte Bleicher werbslosigkeit bis zum ersten Quartal 1933 auf über schnell den Rücken zu, vielleicht auch schon aus sechs Millionen registrierte Arbeitslose. Die Zerstö- politischen Gründen (denn die politische Agitation rungskraft dieser ökonomischen Katastrophe ließ in einer Zwei-Personen-Bäckerei war damals wie die Chancen der Entlassenen auf neue Arbeit fast heute eine undankbare Aufgabe). 1927 heuerte er auf Null sinken.

Familie und Jugend 15 Ob in der KPD-Jugend oder in der Familie: Willi Bleichers «Heimat» hatte verschiedene Formen.

Bleicher nutzte die erzwungene Muße zu Dis- Bleicher schloss sich nun der Jugendorgani- kussionen und Unternehmungen mit den Genossen sation der «Kommunistischen Partei Opposition» des kommunistischen Jugendverbandes. Er las viel, (KPO) an, einer reichsweit indes bedeutungslosen etwa zur Geschichte der Arbeiterbewegung, aber Splittergruppe um August Thalheimer und Heinrich auch die Schriften von Marx und Engels, oder auch Brandler. In Stuttgart lag einer ihrer organisatori- von Lenin, dessen gewerkschaftspolitischen Vorstel- schen Schwerpunkte, eine ganze Reihe kommunis- lungen er später immer wieder zitieren sollte. Schon tischer Funktionäre des DMV gingen nun ebenfalls 1928 geriet Bleicher dann mit der herrschenden Par- in die KPO und so war sie gerade hier bis zu einem teidoktrin – und damit zu seinem Leidwesen auch gewissen Grad auch in den Betrieben verankert. Die mit vielen seiner Jugendfreunde – in Konfl ikt. Nach Oppositionskommunisten sahen eine ihrer Haupt- einem der zahlreichen abrupten, diesmal «ultralin- aufgaben darin, die politische Spaltung der Arbei- ken» Kurswechsel der Parteiführung – sie befolgte terbewegung zu überwinden. Die KPO sei zudem die mittlerweile vollständig die Anweisungen Moskaus einzige Kraft gewesen, so urteilte Bleicher im Rück- und der Kommunistischen Internationale (Komin- blick, die den Nationalsozialismus bereits vor 1933 tern) – richtete die KPD nun ihren Kampf in erster richtig eingeschätzt und in seiner Gefährlichkeit er- Linie gegen die als «sozialfaschistisch» diffamierte kannt habe.8 SPD. Zugleich befahl sie den Aufbau einer «Revoluti- onären Gewerkschaftsopposition» (RGO) in Konkur- Anfang der 1930er Jahre hatte es Bleicher als renz zu den Freien Gewerkschaften, eine Provokati- Aktivist der KPO-Jugend sowie als Mitglied und ver- on auch in den Augen des in der Weimarer Republik mutlich auch ehrenamtlicher Jugendfunktionär des stets linkssozialistisch und klassenkämpferisch aus- DMV zu einiger Bekanntheit in seinem lokalen Um- gerichteten DMV. feld gebracht. Als er 1936 wegen Vorbereitung zum Hochverrat von der Stuttgarter Staatsanwaltschaft Bleicher war hellsichtig genug, den Katastro- angeklagt wurde, listete diese eine ganze Reihe von phenkurs der Parteileitung als aberwitzig zu durch- Ämtern auf, die er in der Jugendorganisation der KPO schauen und dagegen im Kreis seiner Freunde und innegehabt haben soll. Tatsächlich aber reichte der Genossen Stellung zu nehmen. Die unausweichliche Aktionsradius von Bleichers politischen Aktivitäten Folge war der Parteiausschluss im Mai oder Juni in dieser Zeit wohl kaum über das Stuttgarter Um- 1929. feld hinaus.9

16 Familie und Jugend Widerstand und Verfolgung

Seit März 1933 hielt sich Willi Bleicher in Stutt- auf, für Bleicher begann eine jahrelange Haftzeit, die gart an ständig wechselnden Wohnsitzen auf. Wie sein weiteres Leben entscheidend prägte. viele Linke arbeitete er nun im engsten Zirkel gegen das Unrechtsregime, unter anderem war er an der Im November 1936 verurteilte der erste Herstellung und Verteilung antifaschistischer Flug- Strafsenat12 des Oberlandesgerichts Stuttgart Blei- schriften beteiligt. Rückblickend erinnerte er sich im- cher wegen der «Vorbereitung eines hochverräteri- mer noch enttäuscht an die politische Trostlosigkeit schen Unternehmens» zu zweieinhalb Jahren Haft. jener Tage:10 Die «Arbeiterklasse» und ihre Organisa- Anstatt jedoch nach Ablauf der Haftzeit im Juli 1938 tionen hatten weitgehend kampfl os vor den Nazis wie gehofft entlassen zu werden, wurde er zunächst kapituliert. Im Mai fl üchtete er ins schweizerische in das Konzentrationslager Welzheim in der Nähe , weitere Etappen der Emigration in von Stuttgart eingeliefert und im Oktober 1938 ins Frankreich und dem noch freien schlossen KZ Buchenwald verschleppt. Schließlich kam er, sich an, bevor er Anfang 1935 wieder nach Stuttgart nachdem er als Mitorganisator einer Häftlingsfei- zurückkehrte. Hier wurde er zu seinem Entsetzen mit er für den ermordeten KPD-Führer Ernst Thälmann Spitzelvorwürfen der örtlichen KPO-Leitung gegen schweren Folterungen ausgesetzt worden war, ins Bilder aus besseren Tagen: Willi Bleicher und Freundin ihn konfrontiert, die er unter den Bedingungen der -Gefängnis in Ichtershausen. Nicht genug Helene Beck Illegalität nicht ausräumen konnte und die vermut- damit überlebte er in den letzten Kriegswochen mit lich mit einer Unvorsichtigkeit seiner langjährigen knapper Not einen Todesmarsch der aus Ichtershau- Freundin Helene Beck zusammenhingen, für die er in sen in Richtung Erzgebirge getriebenen politischen Mithaftung genommen wurde.11 Abgeschnitten von Häftlinge, auf dem er einmal mehr den Tod vieler Ka- seinen KPO-Kontakten, schloss er sich nun der Wi- meraden mit ansehen musste. derstandsgruppe Neckarland an, von der zahlreiche Widerstandsaktionen in den Stuttgarter Neckarvor- Die Schrecken des Lagers konnte Bleicher spä- orten ausgingen und in der er alte Mitstreiter aus sei- ter nicht vergessen. Er sprach aber fast nie davon. ner KPD-Zeit wiedertraf. Anfang 1936 fl og die Gruppe Genau so wenig Aufhebens machte er über eine

Widerstand und Verfolgung 17 Wiedersehen 1964 in Stuttgart: Willi Bleicher und

Hilfsaktion, die zu seinem Der alltägliche Terror, dem Bleicher und seine großen Ansehen und Cha- Mithäftlinge unterworfen waren, und die Rolle, die risma in der Nachkriegs- er als einer der politischen Lagerfunktionäre, der so- zeit wesentlich beitrug: genannten «Kapos», innerhalb Buchenwalds spielte, Zusammen mit anderen kann an dieser Stelle schon aus Platzgründen nicht Häftlingen des illegalen angemessen geschildert werden.14 Dass die jahre- internationalen Lagerko- lange Bedrohtheit der nackten physischen Existenz mitees aus politischen ihn auf Dauer prägten, ist selbstverständlich. Dass Häftlingen (dem er selbst er überhaupt überlebte, führte er immer auf die So- angehörte) rettete er ei- lidarität der politischen Häftlinge, der «Kumpel», un- nem kleinen polnisch-jü- tereinander zurück; ihre «Hilfsbereitschaft bis zur Als Kind überlebte er dischen Jungen, dem so genannten «Kind von Bu- Selbstaufopferung» blieben ihm stets im Gedächt- – unter anderem durch Willi 15 Bleichers entschlossenes chenwald», das Leben. Der Junge hieß Stefan Jerzy nis. Handeln – das Konzentrati- Zweig und wurde damals zusammen mit seinem onslager: Stefan Jerzy Zweig (das Bild entstand kurz Vater im Alter von drei Jahren nach Buchenwald ge- Bleicher hielt bis an sein Lebensende engen nach der Befreiung des KZ bracht.13 Bleicher wurde hierfür später von der isra- Kontakt zu vielen Buchenwalder Mithäftlingen, auch Buchenwald). elischen Gedenkstätte als «Gerechter in der DDR und in Polen. Zugleich bewahrte er die unter den Völkern» ausgezeichnet, eine Ehrung, Erinnerung, dass unter den Bedingungen des KZ- die nur wenigen Deutschen zuteil wurde und eine Terrors die politischen Unterschiede zwischen den der wenigen Auszeichnungen, die er auch akzeptier- Häftlingen ihre Bedeutung verloren hatten. Er beur- te. 1958 erschien der Roman «Nackt unter Wölfen» teilte die Menschen künftig danach, ob sie in seinen des DDR-Autors , der dem Widerstand Augen ein «anständiger Kerl waren», nicht danach, der Buchenwald-Häftlinge ein Denkmal setzte. Nur ob sie politisch kommunistisch, sozialdemokratisch leicht von den wahren Begebenheiten abgewandelt, oder christlich orientiert waren. nimmt die Rettungsaktion eines Kindes darin einen zentralen Platz ein. Das Buch wurde 1963 von mit großem Erfolg verfi lmt. Die Hauptrolle, die Willi Bleicher nachempfundene Figur André Höfel, spielte Armin Müller-Stahl.

18 Widerstand und Verfolgung Neubeginn und Wiederaufbau

Anfang Juni 1945 kehrte Willi Bleicher in seine rische Arbeitsausschüsse zumeist unter der Leitung Heimatstadt zurück. Von den Amerikanern an der ehemaliger Kreis- und Bezirksräte der Arbeiterpartei- Grenze zur Tschechoslowakei befreit, gelang es ihm, en, die sich als Wortführer der örtlichen Nazigegner sich aus einem Kriegsgefangenenlager bei Eger zu- verstanden und die sich bemühten, die primitivste nächst wieder nach Buchenwald durchzuschlagen Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten und (wo er seine Papiere holte), und dann, teilweise Aufbauarbeiten durchzuführen.16 Bleicher engagier- indem er auf vorbeifahrende Züge aufsprang, nach te sich im Untertürkheimer Arbeitsausschuss. Eine Stuttgart zurückzukehren. Auf dieser Fahrt erlebte seiner vordringlichsten Aufgaben bestand darin, sich er erstmals die Verwüstungen, die das NS-Regime um die noch vor Ort befi ndlichen zahllosen, zumeist hinterlassen hatte, aus eigener Anschauung. polnischen und sowjetischen Zwangsarbeiter zu kümmern – und sie von unüberlegten Aktionen oder Stuttgart war weithin zerstört, ein großer Teil der gar Racheakten abzuhalten. Dies gelang ihm offen- Bevölkerung ins Umland gefl üchtet. Etwa fünf Millio- sichtlich; als ausgewiesener Kämpfer gegen die NS- nen Kubikmeter Schutt und Trümmermasse bedeck- Diktatur und ausgestattet mit einem (mehrsprachi- te Straßen und Plätze. Die seelischen Verwüstungen, gen) Ausweis des KZ Buchenwald akzeptierten ihn die die NS-Herrschaft hinterlassen hatte, waren aber die verschleppten und ausgebeuteten Menschen als noch schwerer abzutragen als die materiellen Schä- Ansprechpartner. Zugleich war er mit der Entnazifi - den – nicht nur in Stuttgart. zierung im Untertürkheimer Daimler Werk befasst, ein Unterfangen, dessen Ergebnisse er selbst bald Die Kommunalverwaltung unter dem von der als sehr fragwürdig einschätzte. Nach der ersten französischen Besatzungsmacht eingesetzten neu- Gemeinderatswahl im Mai 1946 verloren die Arbeits- en Oberbürgermeister Arnulf Klett kam nur langsam ausschüsse ihre Bedeutung und lösten sich auf. wieder in Gang. Ihr zur Seite – teilweise auch im Konfl ikt zu ihr – konstituierten sich unmittelbar nach Nach Kriegsende trat Bleicher zunächst wieder- dem Einmarsch der französischen Truppen proviso- um in die KPD ein. Sie habe, so glaubte er, aus den

Neubeginn und Wiederaufbau 19 Willi mit Anneliese Bleicher, Sohn Gerhard und Tochter Ingeborg

Fehlern der Vergangenheit gelernt. Im übrigen, so reich. Noch 1946 organisierte er in Stuttgart eine Ju- erschien es vielen Kommunisten und auch etlichen gendkonferenz mit rund 280 Teilnehmern, die rund Sozialdemokraten unmittelbar nach Kriegsende, sei 4.000 Lehrlinge vertraten. Zum Jahresbeginn 1948 die Überwindung der politischen Spaltung der Ar- erschien dann – gefördert von Bleicher– erstmals beiterbewegung nur eine Frage der Zeit. wieder eine eigenständige Zeitung für junge Ge- werkschaftsmitglieder.17 Bleicher sah in dem Kampf Sein Hauptaufgabengebiet sah Bleicher aber gegen die Ausbeutung junger Menschen und gegen nunmehr in der gewerkschafts-, nicht mehr in der Lehrlingsmisshandlung eine der Zentralaufgaben parteipolitischen Arbeit (auch wenn er für die KPD seiner Organisation; bei Konfl ikten mit älteren Kolle- auf einem aussichtslosen Listenplatz für den ersten gen stellte er sich im Zweifel, so berichtet es Abmayr Stuttgarter Gemeinderat kandidierte). Anfang 1946 nach Interviews mit zahlreichen Zeitzeugen, auf die holte ihn der Stuttgarter IG Metall-Bevollmächtigte Seite «seiner» Jugendvertrauensleute. Karl Mössner, der wie Bleicher in der KPO aktiv ge- wesen war, zur Metallgewerkschaft. Der nun 38jäh- Bleichers gewerkschaftspolitische Grundsätze rige übernahm den Bereich Jugendarbeit, in dem er lagen bereits zu Beginn seiner Karriere in der Me- sofort ein enormes Arbeitspensum an den Tag legte. tallgewerkschaft in den wesentlichen Punkten fest. Schon 1947 begann sein Aufstieg in der Organisation: Er verfocht stets die Überzeugung, dass die Gewerk- Auf Initiative Hans Brümmers, des Vorsitzenden der schaften in einer Klassengesellschaft zu operieren damals noch selbstständigen Metallgewerkschaft haben, deren Hauptmerkmal der auf immer unüber- Württemberg-Badens, trat er in den geschäftsfüh- windbare und letztlich durch keine Kompromisse renden Vorstand ein. Als sich im Oktober 1948 die aufzuhebende Gegensatz zwischen Kapital und Ar- Metallgewerkschaften der amerikanischen und briti- beit sei. Den Begriff der «Sozialpartnerschaft» wies schen Besatzungszonen in Lüdenscheid vereinigten, er Zeit seines Lebens als irreführend zurück. Auch wählten die Delegierten Bleicher in das damals elf- jede Zusammenarbeit mit der Regierung sei schäd- köpfi ge Leitungsgremium. Wiederum war er mit der lich. Die Aufgabe der Gewerkschaften müsse es sein, Jugendarbeit betraut. so erklärte er auf dem zweiten Kongress des DGB 1952 in , dafür zu kämpfen, die «Wirkungen Die Arbeit Bleichers mit den jungen Gewerk- dieser (kapitalistischen) Wirtschaftsordnung auf der schaftern gestaltete sich außerordentlich erfolg- gesellschaftspolitischen Ebene abzuschwächen»,

20 Neubeginn und Wiederaufbau (...) «in reformatorischer Arbeit das Leben uns erträg- der Gewerkschaftsaktivisten, sondern an der Apa- licher zu machen» und «uns mit allen uns zur Verfü- thie und dem mangelnden Klassenbewusstsein der gung stehenden gewerkschaftlichen Mitteln einen Arbeiterschaft gelegen. «Von Klassenbewusstsein» gerechteren Anteil am Sozialprodukt zu sichern.»18 so urteilte er später, sei in der Nachkriegszeit – wie Mit anderen Worten: Bleicher sah die Hauptaufgabe auch später – «nicht viel zu spüren (gewesen)».19 der Gewerkschaften in der alltäglichen, konsequen- ten Interessenpolitik zu Gunsten der Arbeitnehmer. Zugleich war er nach dem Krieg der festen Über- Auch vor diesem Hintergrund war ihm die politische zeugung, dass der Faschismus das Resultat des und weltanschauliche Orientierung der einzelnen Versagens der deutschen Arbeiterbewegung ein- Gewerkschaftsfunktionäre – Tüchtigkeit vorausge- schließlich ihrer Gewerkschaften gewesen sei. «Die setzt – stets weitgehend gleichgültig. Zersplitterung, diese Uneinigkeit, der Kampf der Ar-

Um ihren Aufgaben gerecht zu werden, sollten die Gewerkschaftsfunktionäre laut Bleicher ihr Au- genmerk immer auf die politische Schulung der Ar- beiterschaft legen. Klassenbewusstsein der Arbeiter entwickelte sich nur unter gewerkschaftlicher Füh- rung, besonders im Streik. Die Funktionäre hätten Vorbilder für die Arbeiter zu sein, auch im Privaten. Bleichers Blick auf die (damals noch nicht so ge- nannte) Basis war dabei sicherlich alles andere als sentimental und zuweilen sogar ausgesprochen pes- simistisch. Das lag nicht zuletzt in seiner Beobach- tung der Anpassungsbereitschaft weiter Teile der Arbeiterschaft während der NS-Diktatur begründet. Dass sich nach 1945 die von ihm ersehnte Umgestal- tung der Wirtschaft, die Überwindung des «Kapita- lismus» als Wurzel allen Übels, nicht habe durchset- zen lassen, habe nicht etwa an der Willensschwäche

«In der Einheit liegt unsere Stärke» – für Willi Bleicher eine entscheidende Aussage Neubeginn und Wiederaufbau 21 Gewerkschafter von Beruf zu sein, hatte für Willi Bleicher Licht– …

beiter gegeneinander, das war das Wasser auf die Mühlen der Nazi-Organisationen.»20 Daher müsste, so betonte Bleicher immer wieder in Anlehnung an Worte des ersten DGB-Vorsitzenden Hans Böckler, die Einheit der Gewerkschaften «wie unser eigener Augapfel» gehütet werden. «Wir haben», so umriss er seine Position schon 1949 vor den Delegierten des 3. Kongresses des Gewerkschaftsbundes Württem- berg-Baden, «in unserer Organisation weder christ- liche Gewerkschaftler, noch kommunistische, noch sozialdemokratische, noch parteipolitisch neutrale oder nicht gebundene Gewerkschaftler, sondern wir sind alle miteinander Gewerkschaftler, die dem Sta- tut unseres Bundes unterworfen sind.» An gleicher Stelle forderte er, «nichts unversucht zu lassen, indem sie in der damals schon grotesk anmutenden aber auch nichts, um die Kollegen des Angestell- «These 37» unter anderem «den rechten Gewerk- tenverbandes in unserem Kreis zu behalten.»21 schaftsführern» vorwarfen, ihre Organisationen «im Auftrage und Interesse des amerikanischen Imperia- Willi Bleicher blieb stets ein konsequenter Ver- lismus und im Einklang mit den deutschen Monopo- fechter des Gedankens der Einheitsgewerkschaft. listen (...) in den Dienst der Kriegsvorbereitung» zu Hierin sah er eine der wichtigsten Lehren aus der stellen. Schließlich reagierte der IG Metall-Vorstand deutschen Katastrophengeschichte. Für seinen er- auf offenkundig drohende innergewerkschaftliche neuten Austritt aus der KPD im April 1950 dürfte Fraktionsbildung mit großer Härte. Im Mai 1951 ver- vor diesem Hintergrund die zunehmend gewerk- sandte er an alle der KPD angehörenden Verbands- schaftsfeindliche Politik der Partei bereits eine ent- funktionäre eine Verpfl ichtungserklärung, in der die- scheidende Rolle gespielt haben, auch wenn sich die se ihre Gewerkschaftsloyalität präventiv bekunden Westkommunisten erst auf ihrem «Münchner Par- und sich vom Inhalt der These 37 distanzieren muss- teitag» im März 1951, (der in Wirklichkeit in ten. Die Ära der «Reverspolitik» hatte begonnen, stattfand) endgültig ins historische Abseits stellten, die in der IG Metall bis Ende 1955 andauerte und in

22 Neubeginn und Wiederaufbau deren Verlauf fast alle kommunistischen Funktionäre entweder aus der Partei austraten oder ihre Posten in den Gewerkschaften verloren.

Nachdem er 1946 zunächst in der Sowjetischen Besatzungszone «noch einige gewerkschaftliche Grundsätze verankert» gesehen hatte,22 war es Blei- cher darüber hinaus nicht entgangen, dass die im FDGB verwirklichten «gewerkschaftlichen» Prinzipi- en seinen eigenen Grundsätzen diametral entgegen- gesetzt waren. Der als «Volksdemokratie» getarnten stalinistischen Diktatur in der DDR erteilte er dann 1952 auf dem DGB-Bundeskongress eine deutliche Absage.23

Dies alles hinderte ihn nicht daran, in seinem Inneren stets ein dezidiert Linker, sozusagen ein unorthodoxer, parteiunabhängiger Kommunist zu wald ließ er sich ohnehin von niemandem verbieten, … und Schattenseiten. bleiben. Marx und Lenin blieben die Autoritäten sei- egal ob diese weiterhin Kommunisten blieben oder nes politischen Denkens. Zur SPD, der er 1954 wohl auch nicht. eher aus taktischen Gründen beitrat, blieb sein Ver- hältnis stets kritisch und distanziert, ja unterkühlt. Obwohl Bleicher somit bereits im Frühjahr 1950 Und trotz seines Austritts aus der KPD unternahm er dem Parteikommunismus den Rücken gekehrt hat- als Gewerkschaftsfunktionär immer wieder den Ver- te, erlitt seine bisher so vielversprechende gewerk- such, auch kommunistische Gewerkschafter in der schaftliche Karriere auf dem ersten ordentlichen Organisation zu halten, solange jedenfalls, wie sie Gewerkschaftstag der IG Metall im September einen sich kein aus seiner Sicht gewerkschaftsschädigen- herben Dämpfer. Als Ergebnis der sich immer mehr des Verhalten zu Schulden kommen ließen. Den Kon- zuspitzenden Auseinandersetzung der IG Metall- takt mit seinen ehemaligen Mithäftlingen in Buchen- Führung mit der KPD-Politik verloren alle drei in Lü-

Neubeginn und Wiederaufbau 23 Rufer in der Wüste oder die Finger am Puls der Zeit?

denscheid gewählten KPD-Vertreter im Vorstand ihre teilose Vorstandsangestellte sich im Oktober 1951 Posten – auch Bleicher.24 gegen einen Konkurrenten durch.25

Bleichers Berufsweg schien so zunächst auf Auch als Göppinger Bevollmächtigter behielt dem Abstellgleis gelandet zu sein. In der Frankfur- Bleicher die allgemeine politische Entwicklung im ter Zentrale bezog er zunächst zwar weiter sein al- Blick. Wie kaum ein anderer IG Metall-Bevollmäch- tes Gehalt, wurde aber nur noch zu untergeordne- tigter machte er sich in der ersten Hälfte der 1950er ten Sachbearbeitertätigkeiten herangezogen. Dass Jahre gegen die Pläne der Adenauer-Regierung zur dies der Vollblutgewerkschafter Bleicher nicht nur Wiederbewaffnung der Bundesrepublik stark. In als ungerecht, sondern auch als nicht seinen Fähig- zahllosen Veranstaltungen versuchte er die Basis keiten entsprechend empfand, steht außer Frage. gegen die «Remilitarisierung» zu mobilisieren. Im Sein Verhältnis zum Vorstand blieb nicht zuletzt in Februar 1955 gelang es ihm in Göppingen zusam- Folge dieser Zurücksetzung auf lange Zeit hin ange- men mit Hans Mayr, dem damaligen DGB-Kreisvor- spannt. sitzenden (und späteren IG Metall-Chef), Tausende von Arbeitern «gegen ein Wiederaufl eben des Milita- Etwa ein Jahr nach seiner «Degradierung» nahm rismus» auf die Straße zu bringen, letztlich bekann- Bleicher einen neuen Anlauf. Als die Stelle des termaßen ohne Erfolg. Im Kampf um die paritätische IG Metall Bevollmächtigten in Göppingen unerwar- Mitbestimmung hatten die Gewerkschaften Mitte tet neu zu besetzen war, gehörte er zu den Bewer- 1952 ebenfalls eine herbe Niederlage hinnehmen bern. Mit knapper Mehrheit setzte der nunmehr par- müssen. Enttäuscht kritisierte Bleicher, neben vielen

24 Neubeginn und Wiederaufbau anderen, auf dem zweiten Bundeskongress des DGB Göppinger Verwaltungsstelle gewählt, wiederum als im Oktober 1952 die DGB-Spitze für ihre in seinen eine der ersten Frauen in der Geschichte der IG Me- Augen zu unentschlossene und zögerliche Politik.26 tall in dieser Funktion.

Das Hauptaufgabengebiet Bleichers als Bevoll- Im September 1954 folgte Willi Bleicher einem mächtigter lag jedoch naturgemäß in der Betreuung Ruf des Bezirksleiters der IG Metall in Stuttgart, der Gewerkschafter vor Ort. Er machte sich nun als Ludwig Becker, und trat hier die Stelle eines Bezirks- entschlossener Vertreter der Göppinger Belegschaf- sekretärs an. Bald galt er als zweiter Mann in Stutt- ten erneut einen Namen, besuchte nahezu im Ak- gart und rechte Hand Beckers. Der damals 62jähri- kord einen Betrieb nach dem anderen und war bald ge Bezirksleiter blickte ähnlich wie Bleicher auf ein bestens mit den lokalen Gegebenheiten vertraut; bewegtes gewerkschaftspolitisches Leben zurück. zugleich erwarb er sich durch sein entschiedenes Auftreten den Respekt der Unternehmerseite. Um Bleicher zusammen mit Konventionen kümmerte er sich dabei wie gewohnt Ludwig Becker wenig. Auf einer Betriebsversammlung fi el ihm die junge Akkordarbeiterin Hilde Kirsamer auf, die er von da an förderte und die schließlich zur Betriebs- ratsvorsitzenden bei Märklin aufstieg. Frauen waren in der IG Metall in den 1950er Jahren weit stärker un- terrepräsentiert als heute; dass es eine – noch dazu ungelernte – Hilfsarbeiterin daher zur Betriebsrats- vorsitzenden eines bedeutenden Betriebs brachte, war Anfang der 1950er Jahre fast eine Sensation. Bleicher erfüllte dies mit Stolz, auch wenn das spä- ter so heiß diskutierte Thema Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern in seinem politischen Denken sicherlich keine besondere Rolle spielte. Ebenfalls unter seiner Ägide wurde dann mit Hilde Kellenbenz ebenfalls eine Frau zur Kassiererin der

Wiederaufbau 25 Bereits vor 1933 im DMV die in den Augen des immer besser eingespielten aktiv, hatte er unter den Tandems Becker/Bleicher gegen die innergewerk- Nationalsozialisten eine schaftliche Disziplin verstießen, konnten beide jede mehrjährige Haftzeit durch- Rücksichtnahme bei Seite lassen. Als sich etwa der litten. Auch Becker schloss Betriebsratsvorsitzende der Wieland-Werke AG in sich nach 1945 zunächst trotz mehrfacher Warnungen 1958 öffentlich der KPD an, die er 1947-52 gegen die Tarifforderungen der Metallgewerkschaft zudem als Abgeordneter im wandte, handelte er sich – neben einer ausführlichen Landtag von Südwürttem- Berichterstattung auch der überregionalen Presse27 berg-Hohenzollern vertrat. – den Ausschluss aus der IG Metall ein. Auch er trat (einige Monate später als Bleicher) erneut Aber auch mit harten Bandagen ausgefochtene aus der KPD aus und über- Auseinandersetzungen mit einzelnen Arbeitgebern nahm im folgenden Jahr die zementierten nun den Ruf der Stuttgarter Bezirks- Willi Bleicher als Redner Bezirksleitung in Stuttgart. Damit war er zu diesem leitung als kampferprobte Führung einer Gewerk- bei einer 1. Mai-Veranstal- tung Zeitpunkt vermutlich der einzige Bezirksleiter der schaftsorganisation, mit der nicht zu spaßen sei: IG Metall, der über kein Parteibuch der SPD verfüg- Aus allen Teilen Baden-Württembergs versammelten te. Erst 1955 trat er der Sozialdemokratie bei. sich am 17. Februar 1956 rund 12.000 Gewerkschaf- ter zu einer Protestkundgebung gegen die Bizerba- Unter Becker trat Bleicher erstmals bundesweit Waagenfabrik-Wilhelm-Kraut-AG. Sie protestierten ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Für die IG Metall dagegen, dass Becker und Bleicher mit Gewalt aus hatte sich schon zu Beginn der 1950er Jahre das Ta- einer Betriebsversammlung des Unternehmens hi- rifgebiet Nordwürttemberg/Nordbaden als der ent- nauskomplimentiert worden waren, wobei Bleicher scheidende Vorreiterbezirk herauskristallisiert. Der «wiederholt von den im Versammlungsraum Stehen- Respekt der Arbeitgeber vor der bestens organisier- den in den Hintern getreten wurde.»28 ten Gewerkschaft um Becker und Bleicher ermöglich- te Tarifabschlüsse, welche sich die Gewerkschaft in Zwar empfand Bleicher den Ausgang des sich anderen Tarifbezirken zum Leitbild nahmen. Gegen- anschließenden Rechtsstreits als Niederlage, doch über «unbotmäßigen» Gewerkschaftsfunktionären, hatte die IG Metall Baden-Württemberg ihre Kampa-

26 Neubeginn und Wiederaufbau Willi Bleicher (mit dem dunklen Hut) als Gast auf einem Jugendlager. Zwei Reihen unter ihm ein junger Mann namens Franz Steinkühler. gnenfähigkeit zweifellos eindrucksvoll demonstriert. Ergebnis zu erzielen, das zweifellos einen beachtli- Ein Jahr später brachte die Organisation bei einer chen gewerkschaftlichen Erfolg darstellt» – so die Kraftprobe mit der Firma Vollmar im schwäbischen damalige Einschätzung Ludwig Beckers in einem Biberach dann sogar 20.000 Metaller auf die Straße Flugblatt der Stuttgarter Bezirksleitung.30 Und in und wehrte sich im Ergebnis erfolgreich gegen Maß- der Tat: Die IG Metall hatte mit Lohnerhöhungen regelungen der Firma gegenüber einzelnen Arbeitern von sechs beziehungsweise acht Pfennigen des Zeit- und gegen den in diesem Betrieb von den Arbeitneh- beziehungsweise Akkordlohnes ihr Ausgangsziel mern beklagten Kasernenhofton. weitgehend erreichen können und die Stuttgarter Bezirksleitung damit ihre Rolle als tarifpolitische Obwohl Bleicher (wie auch Becker) generell für Lokomotive im Organisationsbereich der IG Metall einen konfl iktbereiten und gegebenenfalls auch noch einmal nachdrücklich unterstrichen. «rücksichtslosen» Kurs gegenüber den Arbeitgebern standen, verlor er nie den Blick für das Mögliche. Als Becker baute Bleicher systematisch zu seinem 1954 alle Zeichen auf einen Arbeitskampf innerhalb Wunschnachfolger auf und verschob deswegen so- der südwestdeutschen Metallindustrie zu deuten gar seinen für 1958 geplanten Eintritt in den Ruhe- schienen, zählte Bleicher zur Minderheit der Mahner stand um ein Jahr. Im März 1959 stellt der IG Metall und Warner. Die Erfahrungen aus «21 Betriebsver- Vorstand dann tatsächlich Bleicher in der Nachfolge sammlungen, 7 Diskussionsabenden, 20 Betriebs- Ludwig Beckers als Stuttgarter Bezirksleiter ein. ratssitzungen, 5 Mitgliederversammlungen, 5 Funk- Auch Otto Brenner, der seit 1956 als Erster Vorsit- tionärssitzungen und 3 Ortsverwaltungssitzungen», zender der IG Metall amtierte, hatte sich für ihn so erklärte er anlässlich einer heftigen Debatte in ausgesprochen. 13 Jahre sollte Bleicher von nun an der Großen Tarifkommission für Nordwürttemberg- unangefochten an der Spitze der IG Metall in Baden- Nordbaden, ließen ihn die Kampfbereitschaft der Württemberg stehen – und die Tarifpolitik seiner Or- Basis sehr skeptisch einschätzen: «Ohne die Bereit- ganisation entscheidend prägen. schaft unserer Mitglieder ist nichts zu machen», so seine Konsequenz.29 Schließlich gelang es nach mehreren Schlichtungsverfahren, in die sich auch die Stuttgarter Landesregierung einschaltete, «auf dem Verhandlungswege, das heißt ohne Streik, ein

Neubeginn und Wiederaufbau 27 Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg: «Arbeiterführer» und Tarifpolitiker

Das Hauptarbeitsfeld Willi Erfolgsbilanz vorweisen. Der Streik der Werftarbei- Bleichers in seiner Funktion als ter in Schleswig-Holstein, der um die Jahreswende Stuttgarter Bezirksleiter war zwei- 1956/57 sechzehn Wochen angehalten hatte, ebnete fellos die Tarifpolitik. Schon unter der Gleichstellung der Arbeiter mit den Angestellten seinem Vorgänger Ludwig Becker bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall den Weg. hatte der Tarifbezirk Nordwürttem- Das «Bremer Abkommen» von 1956 brachte der Me- berg/Nordbaden in der Lohnpolitik tallindustrie eine Minderung der Arbeitszeit von 48 eine wichtige Rolle gespielt. In der auf 45 Stunden, denen eine Reihe von Anschlussre- Ära Bleicher stand der deutsche gelungen folgten. Sie mündeten schließlich im «Bad Südwesten dann erneut im Brenn- Homburger Abkommen» vom 8. Juli 1960, das die punkt heftiger Tarifauseinander- stufenweise Einführung der 40-Stunden Woche bis setzungen zwischen Gewerkschaft zum 1. Juli 1965 vorsah. Zugleich gelang zwischen und Arbeitgebern; die hier erzielten 1950 und 1960 eine erhebliche Erhöhung der Real- Abschlüsse sollten nun wiederholt löhne sowie eine beträchtliche Ausdehnung des Ur- die Maßstäbe für die bundesweite laubsanspruchs der Beschäftigten. Entwicklung setzen.31 Theoretisch untermauert wurde die Tarifpoli- Dabei konnte die IG Metall be- tik der IG Metall in den 1950er Jahren und darüber reits gegen Ende der 1950er Jahre hinaus durch die von Viktor Agartz, dem Leiter des bundesweit, aller nicht ausgeblie- Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts des DGB, benen Misserfolge zum Trotz, eine entwickelten Strategie einer «expansiven Lohnpo- beeindruckende tarifpolitische litik». Mit ihrer Hilfe sollte die Binnennachfrage ge-

28 «Arbeiterführer» und Tarifpolitiker Über Jahre hinweg Kontra- henten: Willi Bleicher und Arbeitgeber-Chef , hier mit SDR-Journalist Klaus Ullrich. stärkt und eine gerechtere Verteilung der Vermögen in einem koordinierten Vorgehen bundesweit sämt- erstritten werden; zugleich sollte die Lohnoffensive liche Lohntarife der Metallindustrie gekündigt und die Konfl iktbereitschaft der Arbeitnehmer fördern zentrale Verhandlungen mit der IG Metall gefordert und ihr Klassenbewusstsein schärfen, eine Zielvor- hatten. Daraufhin forderte die IG Metall für den Tarif- stellung, die ganz auf der Linie der gewerkschaftli- bezirk Nordwürttemberg/Nordbaden eine Lohnerhö- chen Grundsätze Bleichers lag. hung von zehn Prozent sowie eine Verlängerung des Jahresurlaubs um sechs Tage. Zugleich versuchte Vor diesem Hintergrund begannen in den frühen Bleicher Funktionäre, Vertrauensleute und Mitglie- 1960er Jahren die Konfl ikte in der Metallindustrie der seines Bezirks in zahlreichen Versammlungen schroffer zu werden, auch und gerade im Südwes- auf einen möglichen Arbeitskampf einzustimmen. ten. Die Metallarbeitgeber begannen, ihre Verbands- Eine Urabstimmung am 2. März brachte eine deut- strukturen zu professionalisieren, um sich gegen die liche Zustimmung der Gewerkschaftsmitglieder Gewerkschaftsforderungen zu wappnen.32 Mit dem für eine Tarifauseinandersetzung mit allen gewerk- Maschinenfabrikanten Herbert van Hüllen stieg 1961 schaftlichen Mitteln. Erst in letzter Minute gelang ein Repräsentant einer jüngeren Managementgene- es schließlich auf Vermittlung der baden-württem- ration zum Vorsitzenden der Arbeitgeberverbände bergischen Landesregierung, Streik und Aussper- der Metall- und Elektro-Industrie (Gesamtmetall) auf, rungen abzuwenden. Der Kompromiss sah eine Loh- der zu eine offensiven und konfl iktbereiten Wahr- nerhöhung von sechs Prozent und drei weitere Tage nehmung der Unternehmerinteressen entschlossen Urlaub vor, was den gesamtwirtschafl ichen Produk- war. Dasselbe galt für Hanns Martin Schleyer, der ab tivitätszuwachs diesen Jahres übertraf und in den 1962 an der Spitze des Verbandes Württembergisch- Augen der meisten zeitgenössischen Beobachter als Badischer Metallindustrieller (VMI) stand. Der spä- gewerkschaftlicher Erfolg gewertet wurde. Zugleich tere Arbeitgeberpräsident nun über Jahre der Gegen- wurde der Abschluss als sogenanntes «Stuttgarter spieler Bleichers in den Tarifverhandlungen für den Modell» auf alle anderen bundesdeutschen Tarifbe- größten der drei südwestdeutschen Tarifbezirke: zirke übertragen. Nordwürttemberg/Nordbaden.33 Hatten sich die Tarifparteien, wenn auch nach Erstmalig gerieten Bleicher und die Arbeitgeber zähem Ringen, noch einmal auf eine Regulierung 1962 hart aneinander, nachdem letztere Ende 1961 ihres Tarifkonfl ikts ohne Arbeitskampf einigen kön-

«Arbeiterführer» und Tarifpolitiker 29 nen, sollte es 1963 zwar der deutschen Gewerkschaftsbewegung eine ent- nicht zum längsten, aber scheidende Niederlage beizubringen. Unter dem doch zum umfangreichsten fadenscheinigen Vorwand, im wohlverstandenen Arbeitskampf in der bis- Allgemeininteresse zu handeln und die Bundesrepu- herigen deutschen Nach- blik vor angeblichem wirtschaftlichem Schaden zu kriegsgeschichte kom- bewahren, wollten sie ihren Herr-im-Hause-Stand- men. Wiederum stand der punkt durchsetzen.»34 Tarifbezirk Nordwürttem- berg/Nordbaden – und Mitte April 1963 war deutlich geworden, dass damit nicht zuletzt Willi die Metallgewerkschaft auf dem Verhandlungsweg Bleicher – im Brennpunkt kein annehmbares Resultat würde erzielen können. der Auseinandersetzung. Der Vorstand genehmigte nun die Urabstimmung Die Arbeitgeber, das heißt für die Tarifbezirke Nordwürttemberg/Nordbaden Gesamtmetall, gingen mit sowie Nordrhein-Westfalen. Nachdem sich in bei- Der Bezirksleiter… der Forderung nach einem Lohnstopp, einer Ver- den Tarifbezirken jeweils annähernd 90 Prozent der schiebung der geplanten Arbeitszeitverkürzung, Gewerkschaftsmitglieder für einen Arbeitskampf nach zentralen Verhandlungen und einer längeren ausgesprochen hatten, rief die Stuttgarter Bezirks- Laufzeit der Tarifverträge sowie dem Abschluss ei- leitung ab dem 29. April zu Schwerpunktstreiks im nes obligatorischen Schlichtungsabkommens in die ganzen Land auf, an denen sich rund 100.000 Me- Verhandlungen. taller beteiligten – Streikbrecher gab es kaum. Die Gegenseite reagierte bereits zwei Tage später mit Die Gewerkschafter sahen in dem Forderungs- der Aussperrung von rund 300.000 Arbeitnehmern katalog der Arbeitgeber nicht nur eine Zumutung, und zeigte sich damit offenkundig entschlossen, die sondern den bewussten Versuch, das Machtgefüge IG Metall fi nanziell auszubluten und so nachhaltig zwischen den Arbeitnehmern und der Kapitalsei- in die Schranken zu weisen. Bleicher sprach in den te auf Dauer zu Gunsten letzterer zu verschieben. Streiknachrichten von «einem totale(n) Krieg gegen «Die Metallindustriellen», so urteilte Otto Brenner die Metaller dieses Landes» und «vom härtesten rückblickend in den «Gewerkschaftlichen Monats- Arbeitskampf seit 40 Jahren.»35 Erinnerungen an den heften», «hielten die Stunde für gekommen, um «Ruhreisenstreik» des Jahres 1928 wurden wach, in

30 «Arbeiterführer» und Tarifpolitiker … brachte die Gremien der baden-württembergischen IG Metall zumeist auf eine klare, gemeinsame Linie. dem die Arbeitgeber mit kompromissloser Härte und nis.37 In der Urabstimmung am 9./10. Mai billigten fl ächendeckenden Aussperrungen versucht hatten, immerhin 73 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder in nicht nur die Macht der Gewerkschaften zu brechen, Baden-Württemberg den gefundenen Kompromiss sondern auch das demokratische Fundament der (in NRW, wo es keine Aussperrungen gegeben hatte, Weimarer Republik ins Wanken zu bringen. fi el diese mit 55 Prozent freilich geringer aus).

Erst nachdem abzusehen war, dass sich die Willi Bleicher war nicht ohne Sorge in diesen Ar- südwestdeutschen Arbeitnehmer und die IG Metall beitskampf gegangen. Seinem zu diesem Zeitpunkt den Maximalforderungen der Gegenseite nicht zu engsten Mitarbeiter und Vertrauten Eugen Loderer beugen bereit waren, einigten sich die Kontrahen- – er sollte später zum Vorsitzenden der IG Metall ten am 7. Mai schließlich auf Vermittlung von Bun- aufsteigen – hatte er im Vorfeld der Urabstimmung deswirtschaftsminister auf einen anvertraut: «Junge, wenn das schief geht, dann ist Kompromiss, der beide Seiten das Gesicht wahren unser Ansehen im Eimer, wo wir den Bezirk jetzt so ließ und der bei gutem Willen der Arbeitgeberseite schön auf Vordermann gebracht haben.»38 Um so sicher auch ohne den bis dato größten Arbeitskampf mehr sah er es als Erfolg an, dass «seine» Streikfront in der Bundesrepublik hätte erzielt werden können: vom ersten Tag an «stand». Die unermüdliche Agita- Vereinbart wurde eine Lohnerhöhung von fünf Pro- tionstätigkeit der Bezirksleitung und der südwest- zent (rückwirkend ab dem 1. April 1963), die am ers- deutschen Funktionäre, Vertrauensleute und Be- ten April 1964 um weitere zwei Prozent aufgestockt triebsräte hatte sich offenkundig bezahlt gemacht. werden sollte (bei einer Laufzeit von 20 Monaten). Dies wurde auch in der Gesamtorganisation so ge- Und es blieb bei der vereinbarten nächsten Stufe der sehen und gab seinem ohnehin mittlerweile großen Verkürzung der Arbeitszeit zum 1. Januar 1964.36 Ansehen einen neuerlichen Schub.

Das war kein gewerkschaftlicher Erfolg auf der Zugleich festigte Bleicher seine Stellung in der ganzen Linie (die IG Metall hatte acht Prozent mehr Gesamtorganisation durch eine geschickte Personal- Lohn gefordert), aber unterm Strich – und angesichts politik. Auf seine Initiative hin wurde Eugen Loderer der Entschlossenheit der Arbeitgeber, die Macht der 1963 zum Vorsitzenden des DGB-Landesbezirks in Gewerkschaften zurückzudrängen, wenn nicht zu Baden Württemberg gewählt. Zugleich holte Blei- brechen – doch ein zumindest passables Ergeb- cher den zu diesem Zeitpunkt erst 26jährigen Franz

«Arbeiterführer» und Tarifpolitiker 31 gelang, den Arbeitnehmern auch ohne Streiks ihren Anteil am «» zu sichern. Die 40- Stunden-Woche in der Metallindustrie trat schließ- lich ab dem 1. Juli 1966 in Kraft.40 ohne weitere Aus- einandersetzungen wie geplant in Kraft.

1966/67 sahen sich die Gewerkschaften erst- mals seit langer Zeit mit einer wirtschaftlichen Re- zession und steigenden Arbeitslosenzahlen konfron- tiert. Insbesondere die Metallindustrie war von der wirtschaftlichen Talfahrt betroffen. Die Arbeitgeber argumentierten, wie stets in solchen Situationen, dass nur durch einen Abbau der Löhne und Gehälter Arbeitsplätze gesichert werden könnten. Zugleich forderten sie einmal mehr bundesweite Verhandlun- gen für die gesamte Metallindustrie.

Gleichzeitig bemühte sich die Große Koalition durch eine Politik der «Konzertierten Aktion» der ökonomischen Probleme und der Arbeitslosigkeit Herr zu werden. Durch eine ökonomische «Global- Steinkühler in die Stuttgarter Bezirksleitung. Stein- steuerung» – so eine Lieblingsformel des sozial- In den Betrieben – kühler nahm bald die Rolle des wichtigsten Mitarbei- demokratischen Wirtschaftsministers hier bei einer Urabstim- mung – und … ters Bleichers ein. Und er zählte zu den wenigen, die – sollten gleichermaßen Wachstum, Vollbeschäf- dem häufi g autoritär und sogar verletzend auftreten- tigung, Preisstabilität und außenwirtschaftliches den Bezirksleiter auch Contra geben konnten.39 Gleichgewicht erreicht und so die «soziale Symmet- rie» gewahrt werden. Die im «Stabilitätsgesetz» vom In den folgenden Jahren geriet die Tarifpolitik 8. Juni 1967 anvisierte «Mittelfristige Finanzplanung» der IG Metall wieder in ein ruhigeres Fahrwasser. Es und die angezielte aktive staatliche Wirtschaftspoli-

32 «Arbeiterführer» und Tarifpolitiker … und auf der Straße stand Willi Bleicher für die Positio- nen der südwestdeutschen Metallerinnen und Metaller ein. tik lagen vollständig auf der programmatischen und Schließlich fi elen die in den letzten Monaten des planungsoptimistischen Linie der Gewerkschaften. Jahres 1967 in den verschiedenen Tarifbezirken nach Doch hatte die Konzertierte Aktion – an der mitzu- monatelangen Verhandlungen abgeschlossenen wirken sich die IG Metall-Führung um Otto Brenner Lohnerhöhungen dann ausgesprochen «moderat» nicht ohne innere Vorbehalte und nicht ohne inner- aus; erstmals seit langer Zeit ging die Höhe der Real- organisatorische Kritik eingelassen hatte – für die löhne im Organisationsbereich der IG Metall zurück. Gewerkschaften unübersehbar ihre Schattenseiten: Da tröstete es wenig, dass auch gesamtwirtschaftlich Auch die IG Metall sah sich nun in ein Gefl echt von die Löhne 1967 und 1968 um 1,6 Prozent beziehungs- Absprachen, Lohnleitlinien und «Orientierungsda- weise 1,0 Prozent fi elen. Immerhin konnte durch den ten» eingebunden, deren Bindungskraft sie sich an- 1968 wiederum in Nordwürttemberg/Nordbaden in gesichts einer auf Harmonie und Sozialpartnerschaft Kraft getretenen Lohn- und Gehaltsrahmentarifver- eingestimmten öffentlichen Meinung nur schwer trag eine verbesserte Eingruppierung zahlreicher entziehen konnte. Beschäftigter erreicht werden. Zugleich verständig- ten sich die Tarifparteien im Bezirk Stuttgart darauf, Bleicher sah die Einbindung seiner Organisation die bisherigen Effektivlöhne grundsätzlich zu si- in die Konzertierte Aktion mit Skepsis. Die Bezirks- chern. Der Abbau übertarifl icher Leistungen sollte leitung um Bleicher forderte «Schluss mit der so- nur im Einvernehmen mit dem Betriebsrat erfolgen zialen Demontage» und die «tarifl iche Absicherung können - vor dem Hintergrund der Lohnpolitik diesen des Gegenwärtigen» und zeigte sich streikbereit. Jahres zweifellos ein relativer Erfolg. Nach dem Scheitern der Verhandlungen im Tarifge- biet Nordwürttemberg/Nordbaden votierten trotz Am 1. Juli 1968 schloss die IG Metall in zentralen der widrigen wirtschaftlichen Rahmendaten 87,3 Verhandlungen einen Tarifabschluss für die Metallin- Prozent der Gewerkschaftsmitglieder für einen Ar- dustrie ab, die bundeseinheitlich wiederum nur eine beitskampf. Daraufhin lud Wirtschaftsminister Schil- geringfügige Lohnerhöhung von 3 Prozent erbrach- ler die Vorstände von Gesamtmetall und IG Metall für te. Ungeachtet eines ebenfalls vereinbarten Ratio- den 24. und 25. Oktober überraschend zu Vermitt- nalisierungsschutzabkommens stieß eine derartig lungsgesprächen nach , in denen es ihm ge- geringfügige Einkommensaufstockung, mehr noch lang, die Tarifparteien auf eine Konfl iktlösung ohne die lange Vertragslaufzeit von achtzehn Monaten Arbeitskampfmaßnahmen einzuschwören. auch gewerkschaftsintern auf heftige Kritik. Das traf

«Arbeiterführer» und Tarifpolitiker 33 Der Werbespruch für das Auto passte auch auf den Mann davor: «Er läuft und läuft und läuft.»

in noch stärkerem Maße auf den in der Eisen- und Stahlindustrie erzielten Abschluss zu. Ein Schlich- tungsverfahren hatte hier nach zweijähriger Lohn- pause Einkommensaufbesserungen von 5 Prozent für zwölf Monate und 2 Prozent für weitere sechs Mo- nate gebracht. Dies bedeutete, trotz einer seit Jah- resbeginn 1968 wieder angesprungenen Konjunktur und angesichts steigender Unternehmensgewinne, nicht einmal einen Ausgleich der Infl ationsrate. Noch ungünstiger entwickelte sich die Lohnentwick- Doch auch im kommenden Jahr behielt der Vor- lung in der Eisen- und Stahlindustrie, wo die lange stand der IG Metall den einmal eingeschlagenen, Laufzeit des zum Jahresbeginn 1968 abgeschlosse- zurückhaltenden lohnpolitischen Kurs bei. Das so- nen Tarifvertrags erst im September 1969 neue Ver- genannte «Frankfurter Abkommen» vom 16. August handlungen erlaubte. 1969 sah eine achtprozentige Erhöhung der Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer in der Metallindus- Die lohnpolitische Zurückhaltung der Gewerk- trie und Verbesserungen beim Jahresurlaub vor. schaften schlug sich Ende der 1960er Jahre unü- Zugleich wurde der Schutz der gewerkschaftlichen bersehbar in einem Vertrauensverlust von Teilen Vertrauensleute und Jugendvertreter bundesweit der Arbeiterschaft auch gegenüber der IG Metall vereinbart. Auch wenn Otto Brenner gerade dies nieder. Schon seit 1966 war es zu vereinzelten «wil- als einen großen gewerkschaftlichen Durchbruch den» Streiks gekommen, doch erst im September einschätzte, sahen viele hierin keine hinreichen- 1969 entlud sich die Unzufriedenheit besonders der de Kompensation für den in ihren Augen unzurei- Belegschaften der Eisen- und Stahlindustrie, aber chenden Lohnabschluss mit einer neuerlich langen auch der Metall- und Textilindustrie sowie im Öffent- Laufzeit von 18 Monaten. Auch Bleicher und mit ihm lichen Dienst in einer Serie spontaner Arbeitsnie- die große Mehrheit der Tarifkommission in Baden- derlegungen. In nahezu allen Fällen gelang es den Württemberg lehnten den gefundenen Kompromiss Streikenden, ungeachtet der laufenden Tarifverträ- als völlig unzureichend ab, konnten den Vorstand ge, Lohnerhöhungen durchzusetzen. Die spontanen der IG Metall aber nicht von seinem Kurs abbringen. Streiks verliehen im kommenden Jahr den Tarifbe-

34 «Arbeiterführer» und Tarifpolitiker mühungen der Gewerkschaften einigen Nachdruck. Sie mussten sich zudem um erneuten Kredit bei den Arbeitnehmern als durchsetzungsfähige Interessen- organisation bemühen.

1970 wurden gewerkschaftsübergreifend nicht nur deutliche Lohnsteigerungen, sondern auch Tarif- verträge mit kürzerer Laufzeit vereinbart. In Hessen erzielte die IG Metall Einkommensaufbesserungen von 10 Prozent. Allerdings erschien dieses Ergebnis zahlreichen Belegschaften im Südwesten und auch der Stuttgarter Bezirksleitung um Bleicher unzurei- chend. Mehrere Wellen von spontanen Arbeitsnie- derlegungen während der Stuttgarter Verhandlungen erhöhten den Druck auf die Arbeitgeberseite. Schließ- lich konnte nach Durchführung einer Urabstimmung für das Tarifgebiet Nordwürttemberg/Nordbaden eine Einkommenssteigerung von rund 15 Prozent erreicht werden. Offenbar hatte Bleicher es einmal mehr erfolgreich verstanden, gegenüber den Arbeit- gebern eine erfolgreiche Drohkulisse aufzubauen Einen letzten, auch bundesweit aufsehen erre- Im Arbeitskampf mobilisier- und sie so zum Einlenken zu bewegen; dies geschah genden und verbissen ausgefochtenen «Kampf», te Willi Bleicher sämtliche Kräfte – die der Mitglieder nicht zuletzt durch eine intensive Information der lieferte sich Bleicher zum Jahresende 1971 mit der und seine eigenen Belegschaften und der gewerkschaftlichen Funktio- Arbeitgeberseite.42 In diesem Jahr waren die Arbeit- näre vor Ort über die Entscheidungsprozesse. Wie geber von vornherein fest entschlossen, sich den stets sah er in der kontinuierlichen Information der Forderungen der Gewerkschaften mit allen Kräften Funktionäre und Vertrauensleute vor Ort die Grund- zu widersetzen. Gesamtmetall koordinierte die Ver- lage der gewerkschaftlichen Konfl iktbereitschaft.41 handlungen der Arbeitgeberseite in den einzelnen Tarifgebieten und versuchte mit Erfolg, die ange-

«Arbeiterführer» und Tarifpolitiker 35 Gegenseitiger Respekt trotz gegensätzlicher Positionen und erbitterter Konfl ikte: KZ-Überlebender Willi Bleicher und Ex-SS-Mann Hanns Martin Schleyer

schlossenen Verbände auf eine harte Linie gegenü- Daimler Benz, NSU und bei Gaubremse Hei- ber den Gewerkschaften einzuschwören. Die Ange- delberg die Arbeit nieder, einen Tag später folgten bote in den Bezirken sollten 4 bis 5 Prozent nicht weitere 60.000 Arbeiter in 76 weiteren Betrieben. überschreiten, darüber hinaus gehende Angebote Die IG Metall setzte somit einmal mehr auf «Schwer- auf keinen Fall unterbreitet werden. Demgegenüber punktstreiks», während Bleicher – einem Spiegel- hatte der Vorstand der IG Metall im August 1971 den Bericht zufolge – für einen fl ächendeckenden Aus- Tarifkommissionen der einzelnen Tarifgebiete die stand und zur Stilllegung aller Betriebe eingetreten Richtlinie vorgegeben, eine Erhöhung der Löhne und war.44 Überhaupt nahm er in dieser letzten Tarifaus- Gehälter von 10,5 bis 11 Prozent zu fordern.43 einandersetzung von Beginn an eine unnachgiebi- ge Haltung gegenüber den «Herren» der Arbeit- Im Spätsommer und Herbst 1971 scheiterten geberseite ein und präjudizierte zeitweise sogar in mehrere Schlichtungsversuche in den verschiede- Interviews die Linie des Vorstands um Otto Brenner nen Tarifgebieten überwiegend an der Ablehnung – durchaus zum Ärger der Frankfurter Zentrale. «Die der Arbeitgeber, teils auch an der der Gewerkschaf- Zeit» berichtete halb missbilligend, halb respektvoll ten. In Nordwürttemberg/Nordbaden unterbreitete von «Willi Bleichers letztem Kampf».45 der ehemalige Wirtschaftsminister Hermann Veit am 2. November 1971 einen Einigungsvorschlag, der Die Arbeitgeberseite reagierte auf die gewerk- eine 7,5-prozentige Lohnerhöhung bei einer sieben- schaftlichen Kampfmaßnahmen am 26. November monatigen Laufzeit vorsah. Die IG Metall akzeptierte mit einer fl ächendeckenden Aussperrung von über dies, doch die Arbeitgeber lehnten ab. Zugleich hat- 300.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern te der VMI offenbar bereits seit September alle or- im Tarifbezirk Nordwürttemberg/Nordbaden. Einige ganisatorischen Vorbereitungen für eine wohl schon wenige Unternehmen folgten dem Aussperrungs- damals fest geplante Aussperrung getroffen, deren beschluss nicht und wurden umgehend aus ihrem Ausmaß die IG Metall, so das offensichtliche Kalkül Dachverband ausgeschlossen. Zugleich scheiterte der Verbandsspitze, fi nanziell ausbluten sollte. ein weiterer Schlichtungsversuch und selbst eine Intervention von Bundeskanzler (SPD) Am 12. November sprachen sich 89,6 Prozent – der die Spitzenvertreter der Konfl iktparteien, auch der Gewerkschaftsmitglieder für Streiks aus. Am Bleicher, zu sich nach Bonn bat – an der halsstarri- 22. November legten etwa 55.000 Beschäftigte bei gen Haltung der Arbeitgeber.

36 «Arbeiterführer» und Tarifpolitiker Erschwert wurde die Position der IG Metall zu- Kompromisslosigkeit des Unternehmerlagers, feuer- sätzlich dadurch, dass erstmals eine größere Anzahl te den Durchhaltewillen «seiner» Arbeiter noch ein- von Betrieben außerhalb des eigentlichen Kampfge- mal an, und schloss sie mit den Worten «Und wenn biets ganz oder teilweise stillgelegt wurden. Wäh- die Welt voll Teufel wär’’, wir werden’s doch erzwin- rend die Arbeitgeberseite auf Materialmangel und gen.»46 Zulieferschwierigkeiten verwiesen, sah die IG Metall diese Argumente als vorgeschoben an. Zwischen- Zwei Tage später kam es schließlich zu einer Ei- zeitlich weigerte sich der Präsident der Bundesan- nigung. Unter Leitung Bleichers und Schleyers einig- stalt für Arbeit, , Kurzarbeitergeld an die ten sich die Kontrahenten im Stuttgarter Hotel Graf betroffenen – «kalt» ausgesperrten – Arbeitnehmer Zeppelin nach einem 30-stündigen Verhandlungs- auszahlen zu lassen. marathon, nunmehr ohne Schlichter, auf Lohn- und Gehaltserhöhungen von 7,5 Prozent bei einer Lauf- Trotz aller Widrigkeiten gelang es der Stutt- zeit von 12 Monaten ab Januar 1972 zuzüglich der garter Bezirksleitung um Bleicher, die Ge- und Ent- Zahlung einer Pauschalsumme von 160 DM (netto) schlossenheit der Streikenden aufrecht zu erhalten. für die Monate von Oktober bis November sowie ei- Am 8. Dezember fand in Stuttgart eine imposante ner tarifl ichen Absicherung von 40 Prozent des 13. Demonstration von rund 45.000 Menschen statt. Monatsgehalts. Eine Urabstimmung ergab die Zu- Auf der Abschlusskundgebung geißelte Bleicher die stimmung von 71,2 Prozent der Mitglieder.

«Arbeiterführer» und Tarifpolitiker 37 Bleicher konnte nach Abschluss der Lohnbewe- gung des Jahres 1971 mit Recht für sich in Anspruch nehmen, am Ende seiner Funktionärslaufbahn noch- mals einen bemerkenswerten tarifpolitischen Er- folg erzielt zu haben. Das betraf weniger die Höhe des Abschlusses an sich, der nicht sehr weit über der damaligen Geldentwertung von rund 6 Prozent lag und der die Realeinkommen der Beschäftigten daher nur in engen Grenzen steigerte. Aber es war der IG Metall unter seiner maßgeblichen Mitwirkung – ähnlich wie bereits 1963 – doch gelungen, ihre tarif- politischen Forderungen zumindest teilweise kämp- ferisch durchzusetzen und den neuerlichen Versuch der Arbeitgeberseite, die Gewerkschaft nachhaltig zu schwächen, abzuwehren. intensiv beraten. Auch wenn Bleicher die Federfüh- rung bei der Aushandlung der komplizierten Materie Zwei Jahre später, am 1. November 1973, traten, von Beginn an Franz Steinkühler überlassen hatte, einmal mehr im Tarifbezirk Nordwürttemberg/Nord- der schließlich Bleicher als Bezirksleiter in Stuttgart baden und wiederum erst nach einem Arbeitskampf, nachfolgen sollte: Auch die mit dem Lohnrahmenta- der «Lohnrahmentarifvertrag II» und ein neuer rifvertrag II erstrittenen Verbesserungen wurzelten Manteltarifvertrag in Kraft. Er brachte zahlreiche zu einem erheblichen Teil in der von Willi Bleicher qualitative Verbesserungen für die Beschäftigten, geprägten tarifpolitischen Ära. darunter die Verdienstsicherung und der Kündi- gungsschutz für ältere Arbeitnehmer sowie die be- Das Inkrafttreten des neuen Manteltarifvertrags rühmte Fünf-Minuten-Pause für Akkordarbeiter (so- erlebte Willi Bleicher freilich nicht mehr als aktiver genannte Steinkühler-Pause), und delegierte eine Gewerkschaftsfunktionär. Im Oktober 1972 hatte er Reihe üblicherweise den Tarifparteien obliegenden die Altersgrenze erreicht. Der Stuttgarter Bezirkslei- Kompetenzen an die Betriebsräte. Über das neue ter trat in den Ruhestand. Regelwerk hatten die Tarifparteien schon seit 1970

38 «Arbeiterführer» und Tarifpolitiker Jenseits der Tarifpolitik

In der Lohn- und Gehaltspolitik, dem Brot und der Arbeiter und folglich für die gewerkschaftliche Butter-Geschäft der Gewerkschaften, sah Willi Blei- Kampfbereitschaft und Durchsetzungsfähigkeit cher sicherlich die wichtigste Aufgabe auch seiner zuschrieb, ist bereits angesprochen worden. Dies Organisation, zumal in seiner Funktion als Stuttgar- bedeutet jedoch nicht, dass Bleicher die Gewerk- ter Bezirksleiter. Die überragende Rolle, die er der schaften ausschließlich auf ihre Rolle als «Lohn- und Konfl ikterfahrung von Arbeitskämpfen und Streiks Gehaltsmaschine» beschränkt sah – im Gegenteil. für die Herausbildung des «Klassenbewussteins» Gerade in der Bewahrung des Friedens, der Abwehr aller Formen des Militarismus und insbe- sondere der Bekämpfung jedweder neonazistischer Umtriebe mussten sich in den Augen Bleichers die Gewerkschaften bewähren. Sein Einsatz gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik und die Einbindung der Bundeswehr in die NATO wurden er- wähnt. «Nie wieder Krieg», so lautete gewerkschafts- übergreifend die Parole nur wenige Jahre nach Ende des von Deutschland angezettelten Vernichtungs- kriegs mit Millionen Toten.

Als sich in der zweiten Hälfte der 1960er Jahr die Gewerkschaften erneut in eine heftige innenpoliti- sche Auseinandersetzung mit der Bundesregierung verstrickt sahen, mischte sich Bleicher einmal mehr unüberhörbar in die Debatte ein. Kern der Ausein- andersetzung war der schon in den späten 1950er

Jenseits der Tarifpolitik 39 1964: Besuch in Buchen- wald – im Hintergrund Blei- chers Sohn Gerhard, ganz rechts Stefan Jerzy Zweig

Jahren erkennbare Versuch der Regierung Adenau- Bleichers. In der politischen Praxis der folgenden er, mittels sogenannter Notstandsgesetze eine in Jahrzehnte sollten die Notstandsgesetzte dann wohl ihren Augen vorhandene «Lücke» im Grundgesetz auch wegen ihres schließlich sehr eng gefassten An- zu schließen und so einen wesentlichen Teil der den wendungsbereichs keine Rolle mehr spielen. Alliierten verbliebenen Hoheitsrechte auf die Bun- desrepublik zu übertragen. Dabei ging es um eine Bleichers antifaschistische Grundüberzeugung gesetzliche Regelung für den Fall, dass der Bundes- und sein Wissen um die deutsche Schuld an der tag im Falle einer Krisensituation nicht zusammen Ermordung von Millionen Menschen begründeten treten kann. Namentlich die IG Metall sah indes seine tiefe Skepsis gegenüber allen Formen militä- in dem 1960 veröffentlichten Gesetzesentwurf zur rischer Machtentfaltung und eben auch gegenüber «Ergänzung des Grundgesetzes» nichts weniger als den Notstandsgesetzen. Noch im November 1980 «den Versuch, mit dem Mittel der staatlichen Gewalt gehörte er zu den Erstunterzeichnern des «Krefelder entscheidende demokratische Grundrechte nach Be- Appells», der sich gegen die Stationierung atomarer lieben außer Kraft zu setzen.»47 Mittelstreckenraketen in Westeuropa richtete und eine Initialzündung für die in den folgenden Jahren Bleicher sah sich durch die geplanten Notstands- anschwellende Friedensbewegung darstellte. gesetze sogar an das Ermächtigungsgesetz aus dem Jahr 1933 erinnert48 – glücklicherweise zu Unrecht. Auf der anderen Seite setzte er sich konkret Schließlich kam es, nachdem sich im Dezember 1966 dafür ein, dass sich auch die Gewerkschaften, ge- eine Große Koalition aus Union und SPD gebildet hat- wissermaßen stellvertretend für die deutsche Ge- te und nachdem im Gewerkschaftslager gerade die samtgesellschaft, mit der «deutschen Schuld» der Metallgewerkschaft ihre Ablehnung ein ums andere zwölfjährigen Nazi-Herrschaft auseinander setzten. Mal in Kundgebungen und Protestaktionen bekräf- Nachdem er die Kontakte zu seinen Buchenwalder tigt hatte, im Mai 1968 zur Verabschiedung «gemä- Mithäftlingen auch nach dem Bau der Mauer nie ßigter» Notstandsgesetze, in denen ein Teil der von hatte abreißen lassen, unternahm Bleicher gemein- den Kritikern geäußerten Bedenken berücksichtigt sam mit sämtlichen baden-württembergischen Be- worden waren. Dies war, wenn man so will, durch- vollmächtigten im Jahr 1962, also in der Hochphase aus ein Erfolg des prinzipiellen Widerspruchs von des Kalten Krieges, nur ein Jahr nach dem die DDR- weiten Teilen der Gewerkschaftsbewegung – auch Bevölkerung im eigenen Land eingesperrt worden

40 Jenseits der Tarifpolitik Zeitlebens engagierte sich Willi Bleicher gegen Milita- rismus und Krieg. war, eine Reise nach Polen und in die Tschechoslo- Während Bleicher das gewerkschaftliche En- wakei. In Lidice legte er einen Kranz zum Andenken gagement für den Frieden und gegen ein Wie- an die Opfer des an diesem Ort verübten berüchtig- dererstarken rechtsextremer Tendenzen stets als ten Massakers der SS nieder, in Polen gedachten er selbstverständliche und naturgegebene Aufgabe und seine Delegation der in Auschwitz ermordeten der Arbeitnehmerorganisationen ansah, schätzte er Menschen.49 die sozial- und wirtschaftspolitischen Handlungs- spielräume der Arbeiterorganisationen – nach dem Auch wenn Bleicher und seine Mitreisenden ent- vergeblichen Kampf um die paritätische Mitbestim- sprechend der damals gültigen DGB-Beschlusslage mung in den frühen 1950er Jahren – wohl eher skep- offene Kontakte mit den Staatsgewerkschaften des tisch ein. Der Reformeuphorie nach Antritt der sozi- Ostblocks vermieden; allein, dass sich eine Delega- alliberalen Koalition im Jahr 1969 begegnete er mit tion deutscher Gewerkschafter jenseits des Eisernen Skepsis. Die Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Vorhangs offen den Verbrechen der Deutschen in ih- so sein Credo, sei in erster Linie ein Ergebnis des rer jüngsten Geschichte stellte, war angesichts der Kräfteverhältnisses zwischen organisierten Arbeit- in diesen Jahren in Westdeutschland grassierenden nehmern und Arbeitgebern. Verdrängung der deutschen Vergangenheit ein Zei- chen des Versöhnungswillens, dessen Bedeutung kaum überschätzt werden kann. In gewisser Hinsicht lässt sich die Reise der Stuttgarter Bezirksleitung als früher Vorbote der späteren Entspannungspolitik Willy Brandts interpretieren.

1964 nahm Bleicher dann – nach einem Wie- dersehen mit Stefan Jerzy Zweig, des «Kindes von Buchenwald» – zusammen mit diesem an einem Treffen ehemaliger Häftlinge in Buchenwald teil; es war wohl die erste Reise eines führenden deutschen Gewerkschafters in den ostdeutschen Teilstaat nach dem Bau der Mauer.

Jenseits der Tarifpolitik 41 Ein Polterer mit weichem Kern

Willi Bleichers nicht selten sprunghaftes und Halt gab ihm seine Familie und sicherlich traf zuweilen überbordendes Temperament war nicht auch auf Bleicher die Spruchweisheit zu, dass hinter nur für seine tarifpolitischen Kontrahenten, sondern jedem starken Mann eine starke Frau stehe. Nach- häufi g auch für seine Mitarbeiter und selbst für sei- dem die Freundschaft zu seiner Jugendliebe wegen ne engsten Weggefährten eine dauerhafte Heraus- seiner langen Haftzeit kein glückliches Ende gefun- forderung. Frei von Launen war er gewiss nicht: «Ent- den hatte, heiratete Bleicher 1946 Anneliese Metz, weder bester Stimmung oder sehr betrübt, so kann die er im Verlauf seiner Tätigkeit für den Untertürk- man seine Charaktereigenschaft umschreiben», so heimer Arbeitsausschuss kennen gelernt hatte. Ein Einerseits konnte Willi urteilte im Rückblick sein über Jahre engster Wegge- Jahr später kam Sohn Gerhard zur Welt, 1952 Tochter Bleicher als Redner wie als Vorgesetzter gewaltig vom fährte Eugen Loderer, der Bleicher stets als ebenso Ingeborg. Die Familie gab ihm jenen sozialen und Leder ziehen. Andererseits vorbildlichen wie nervenaufreibenden Vorgesetzten emotionalen Halt, den er nach seinem jahrelangen schätzte er die Geborgen- heit der Familie. in Erinnerung behielt.50 Überlebenskampf in der NS-Zeit und den Schre-

42 Ein Polterer mit weichem Kern Bleichers geradlinige Biografi e überzeugte und inspirierte viele junge Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter. ckenserfahrungen des KZ’s vermutlich dringlicher Auch in Stilfragen, etwa der, welche Garderobe als viele andere benötigte. einem Gewerkschaftssekretär angemessen sei, hat- te er feste, um nicht zu sagen starre Vorstellungen. Bleicher forderte das von ihm selbst an den Tag «Gelacktes», aber auch «schlampiges» Auftreten gelegte Arbeitspensum auch von seinen Kollegen waren unerwünscht und Bleichers Mitarbeiter taten und Untergebenen. Gegen wirkliche, nicht selten gut daran, sich dies zu Herzen zu nehmen. aber nur vermeintliche Fehlleistungen und Unzu- länglichkeiten seiner Mitarbeiter und gewählter Zugleich konnte Bleicher in Notlagen eine un- Bevollmächtigter konnte er mit brachialer Härte zu gewohnte Fürsorglichkeit an den Tag legen. Als Felde ziehen. Allerdings besaß er auch die Fähigkeit, sein Assistent Loderer 1961 eine Art Nervenzusam- manch eigene Fehlleistungen nach einer gewissen menbruch erlitt – für den sicher nicht nur Loderers Zeit der Besinnung wieder zu korrigieren. Nachdem übergroßes Arbeitsaufkommen, sondern auch Blei- etwa Ende 1959 auf sein Geheiß hin (und hart am chers kräftezehrender Führungsstil verantwortlich Rande der Satzung) die Ebinger Ortsverwaltung dem war – kümmerte sich Bleicher fürsorglich um seinen dortigen Bevollmächtigten – wegen nach Bleichers engsten Mitarbeiter und schickte ihn in Kur (wo Lo- Ansicht unzureichender Amtsführung – Knall auf Fall derer schnell wieder auf die Beine kam).52 Das war den Stuhl vor die Tür gesetzt hatte, verschaffte ihm die «weiche» Seite Bleichers. Bei aller nach Außen der Stuttgarter Bezirksleiter einige Zeit später eine gezeigten Ruppigkeit: Gerade in Notsituationen of- andere Stelle im Gewerkschaftsapparat. Ähnlich er- fenbarte sich Bleichers Mitmenschlichkeit und An- ging es dem Kassierer des Ulmer IG Metall-Büros, teilnahme. Walter Kuhn, in dessen Kasse einige Hundert DM vermisst wurden, die bald darauf jedoch wiederge- Und gerade zu Jugendlichen gelang es ihm, funden wurden. Wenige Monate nach seiner Entlas- «eine unvergleichliche, persönliche Bindung» her- sung ernannte ihn Bleicher in einem Akt der Wieder- zustellen, wie Franz Steinkühler im Rückblick und gutmachung zum «Beauftragten des Bezirksleiters,» sicherlich auch auf sich selbst gemünzt, urteilte.53 später stieg Kuhn zum ersten Bevollmächtigten in Ihnen gegenüber legte er auch bei persönlichen Pro- Göppingen auf, sicher auch dies nicht gegen den blemen ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen Willen des Bezirksleiters.51 und Verständnis an den Tag.

Ein Polterer mit weichem Kern 43 Nachdem Bleicher zum Ende des Jahres 1972 in den Ruhestand verabschiedet worden war, gestalte- te sich sein Leben naturgemäß ruhiger. Er konnte sich nun mehr der Familie widmen; Gartenarbeit und auch der Hund der Bleichers hielten ihn in Bewegung. Da- bei blieb er auch in seinem letzten Lebensjahrzehnt der Auseinandersetzung mit der Geschichte und der Vermittlung der aus ihr zu ziehenden «Lehren» ver- pfl ichtet. In zahlreichen Veranstaltungen, häufi g mit Jugendlichen, warnte er vor Fremdenfeindlich- keit und Rassismus – wohl auch mit berechtigtem Stolz auf die eigene Lebensleistung als jemand, der widerstanden hatte. Auch in der aufkommenden Friedensbewegungen engagierte er sich. Und er be- richtete nun ausführlicher als zuvor über seine Er- Mehr als ein Zeitzeuge: Auch im Konfl ikt der IG Metall mit der soge- fahrungen während der NS-Diktatur. 1979 handelte Willi Bleicher konnte durch Berichte eigener Aktivitäten nannten «plakat»-Gruppe suchte Bleicher am Ende er sich im Anschluss an eine solche Veranstaltung überzeugen – und verzich- seiner Amtszeit zunächst lange Zeit einen Ausgleich: eine «Beleidigungsklage» der NPD-Neonazis ein, die tete im Ruhestand auf die strenge Kleiderordnung. Eine Gruppe kritischer Gewerkschafter im Stuttgar- allerdings bald eingestellt wurde. Im selben Jahr ver- ter Daimler-Benz-Werk um Willi Hoss hatte bei der lieh die baden-württembergische Landeshauptstadt Betriebsratswahl 1972 eine eigene, gewerkschaftsu- Bleicher ihre höchste Auszeichnung: die Stuttgarter nabhängige Liste mit dem Namen «Mitglieder der Bürgermedaille. IG Metall» aufgestellt und damit auf Anhieb 28 Pro- zent der Stimmen erzielt. Auch Bleicher sah hierin Am 23. Juni 1981 starb Willi Bleicher nach kur- eine große «Disziplinlosigkeit», gab jedoch gewerk- zer schwerer Krankheit. Als er am 29. Juni auf dem schaftsintern ein gewisses Verständnis für die Ab- Steinhaldenfriedhof unweit seines Geburtsortes trünnigen zu erkennen und versuchte zu vermitteln. Cannstatt beerdigt wurde, ruhte in den meisten Me- Letztlich vergeblich: Hoss und seine Mitstreiter wur- tallbetrieben des Landes um 11 Uhr für eine Minute den über Jahre aus der IG Metall ausgeschlossen.54 die Arbeit.55

44 Ein Polterer mit weichem Kern Fazit

Willi Bleicher wurde noch zu Lebzeiten zu einer ausgesetzt gewesen war, Legende, nicht nur bei den Metallern im deutschen aber nicht gebrochen Südwesten. Er stand wie wohl nur wenige andere worden und seinen Idea- für das Bild des unprätentiösen, einzig und allein len treu geblieben war. den Interessen der Beschäftigten verpfl ichteten, persönlich anspruchslosen Gewerkschaftsfunk- Über anderthalb tionärs, der in seinem ganzen Leben kein einziges Jahrzehnte prägte Blei- Aufsichtsratsmandat in einem Industrieunterneh- cher als Stuttgarter Be- men innegehabt hatte. Zugleich galt er nicht nur in zirksleiter die Tarifpolitik Gewerkschaftskreisen als einer der überzeugends- nicht nur seiner eigenen ten Redner der Bundesrepublik, der sich wie nur we- Organisation, sondern nige andere in die Gedankenwelt «seiner» Arbeiter der deutschen Gewerk- hineinversetzen und ihren Hoffnungen und Ängsten schaftsbewegung insge- Ausdruck verleihen konnte. Im Arbeitgeberlager samt wie nur wenige andere. Er zählt so zu jenen, Nach bitteren Niederlagen viel erreicht: Willi Bleicher galt er stets als unerbittlicher Klassenkämpfer, doch die dafür sorgten, dass der materielle Fortschritt der – ein politischer Mensch nicht nur Hanns Martin Schleyer, sein schärfster Ta- «langen 1960er Jahre», der Zeit des «Wirtschaftswun- rifkontrahent, schätzte ihn wegen seiner Geradlinig- ders», an den Beschäftigten nicht vorbei ging. Sein keit und Integrität. Anspruch an die Gewerkschaften ging jedoch weit über ihre Funktion als reine Tarifmaschine hinaus. Die Überzeugungskraft Bleichers, sein Charis- Vielmehr müssten gerade von den Gewerkschaften ma, entfaltete sich dabei nicht zuletzt bei der Jugend. die entscheidenden Impulse für eine Humanisie- Zahllose jüngere Gewerkschaftsfunktionäre sahen rung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnis- in ihm in den Jahrzehnten nach 1945 ein Vorbild. se ausgehen. Stets müsse es darum gehen, so Blei- Ihre Achtung galt einer Persönlichkeit, die in der chers Quintessenz am Ende seines Lebens, «diese NS-Zeit über Jahre hinweg unermesslichen Torturen Welt lebenswerter zu gestalten.»

Fazit 45 Literatur und Quellen

Gedruckte Quellen Interviews/ Reden/ Artikel von Willi Bleicher

DGB, Bundesvorstand (Hg.), Protokolle IG Metall, Vorstand (Hg.), Protokolle der 25 Jahre Einheitsgewerkschaft, in: Deut- der Bundeskongresse des Deutschen Gewerkschaftstage der IG Metall, Frank- sche Volkszeitung vom 3.10. 1974. Gewerkschaftsbundes, Düsseldorf 1949ff. furt a.M. 1950 ff. Ansprache anlässlich der Verleihung der Gewerkschaftsbund Württemberg-Baden, Metall. Zeitung der IG Metall für die Bun- Carl-von-Ossietzky-Medaille, in: Prinz, Bundesvorstand (Hg.), Mitteilungen, desrepublik Deutschland 1949-1882. Detlef/ Manfred Rexin, Beispiele, S. 114-19. 1/1948-2/1949. Peters, Jürgen (Hg.), In freier Verhandlung. Gewerkschaftsbund Württemberg-Baden, Dokumente zur Tarifpolitik der IG Metall Keine kämpferische Geschichte. Erinne- Bundesvorstand (Hg.), Protokoll der 1945-2003, Göttingen 2003. rungen an die Zeit 1945-1953. Tonband- Verhandlungen des 1. Bundestages des aufzeichnung. In: Arbeiterpolitik, 7/1981, Quellen zur Geschichte der deutschen S. 13-17. Gewerkschaftsbundes Württemberg-Ba- Gewerkschaftsbewegung im 20. Jahrhun- den, o.O (Stuttgart), o.J. (1946). dert: Dieses Kind darf nicht sterben, in: Irene Gewerkschaftsbund Württemberg-Baden, Hübner, Unser Widerstand. Deutsche Bd. 6: Organisatorischer Aufbau der Ge- Frauen und Männer berichten über ihren Bundesvorstand (Hg.), Protokoll der werkschaften 1945-1949, Köln 1987; Verhandlungen des 2. Bundestages des Kampf gegen die Nazis, a.M. Gewerkschaftsbundes Württemberg-Ba- Bd. 7: Gewerkschaften in Politik, Wirt- 1975, S. 186-190. den, o.O (Stuttgart), o.J. (1947). schaft und Gesellschaft 1945-1949, Köln Keinen Augenblick im Leben darf man 1991; Gewerkschaftsbund Württemberg-Baden, das Gefühl für Humanität und Hilfsbe- Bundesvorstand (Hg.), Protokoll der Bd. 8: Die Gewerkschaften und die Ange- reitschaft verlieren. Interview, in: Bettina Verhandlungen des 3. Bundestages des stelltenfrage 1945-1949, Köln 1989; Wenke, Interviews mit Überlebenden. Gewerkschaftsbundes Württemberg-Ba- Bd. 9: Die Industriegewerkschaft Metall in Verfolgung und Widerstand in Südwest- den, o.O (Stuttgart), o.J. (1949). den Jahren 1956 bis 1963, Köln 1999; deutschland, Stuttgart 1980, S. 98-119. Gewerkschaftsjugend. Monatsblatt des Bd. 10: Die Industriegewerkschaft Metall Stationen des Kampfes. (Aufzeichnung). Gewerkschaftsbundes Württemberg-Ba- in der frühen Bundesrepublik 1950-1956, In: Werkkreis Literatur der Arbeitswelt den, 1/1948-2/1949. Köln 1991; (Hg.), Die Kinder des roten Großvaters erzählen, Frankfurt a. M. 1976, S. 58-67. Industrieverband Metall (Hg.), Protokoll Bd. 12: Der deutsche Gewerkschaftsbund vom 1. ordentlichen Verbandstag des 1956-1963, Bonn 2005; Willi Bleicher: ein sozialistischer Metaller jenseits von Stalinismus und Anpassung. Industrieverbandes Metall Württemberg- Bd. 13: Der Deutsche Gewerkschaftsbund Baden, Stuttgart 1946. Interview von Paul Assal, in: Hellmut G. 1964-1969, Bonn 2006; Haasis (Hg.), Spuren der Besiegten, Bd. 3, Industriegewerkschaft Metall für die Bd. 14: Die Interzonenkonferenzen der Reinbek bei Hamburg 1984, S. 1053-66. Amerikanische und Britische Zone (Hg.), deutschen Gewerkschaften 1946-1948, «Wir haben noch einen weiten Weg vor Niederschrift der Verhandlungen des Bonn 2007. Vereinigungs-Verbandstages der Indus- uns», Ein Gespräch mit Willi Bleicher und triegewerkschaft Metall der Britischen Leonhard Mahlein, in: Benz/ Georgi u.a. und Amerikanischen Zone, Mülheim, Ruhr (Hg.), Willi Bleicher, S. 154-63. 1948. IG Metall, Vorstand (Hg.), Geschäftsbe- richte 1950/51ff, Frankfurt a.M. 1952ff.

46 Literatur Auswahlliteratur

75 Jahre Industriegewerkschaft. 1891 bis Hoss, Willi, Komm ins Offene Freund. 1966, herausgegeb. von der IG Metall für Autobiographie, herausgegeb. von Peter die Bundesrepublik Deutschland, Frank- Kammerer, Münster 2006. furt a.M. 1966. Kalbitz, Rainer, Die Ära Otto Brenner in 100 Jahre Industriegewerkschaft. 1891 bis der IG Metall, Frankfurt a.M. 2001. 1966, herausgegeb. Vom Vorstand der Kempter, Klaus, Eugen Loderer und die IG Metall für die Bundesrepublik Deutsch- IG Metall. Biografi e eines Gewerkschaf- land, Köln 1991. ters, Filderstadt 2003. Abmayr, Hermann G., Wir brauchen kein Mallmann, Luitwin, 100 Jahre Gesamt- Denkmal. Willi Bleicher: Der Arbeiterfüh- metall. Perspektiven aus Tradition 1890- rer und seine Erben, Tübingen u. Stuttgart 1990, Köln 1990. 1992. Niven, Bill, The Buchenwald Child. Truth, Benz, Georg/Kurt Georgi u.a. (Hg.), Willi Fiction and Propaganda, New York 2007. Bleicher. Ein Leben für die Gewerkschaf- ten, Frankfurt a.M. 1983. Noé, Claus, Gebändigter Klassenkampf. Tarifautonomie in der BRD. Der Konfl ikt Bergmann, Theodor, «Gegen den Strom». zwischen Gesamtmetall und IG Metall Die Geschichte der KPD (Opposition), vom Frühjahr 1963, Berlin 1970. Hamburg 2001. Prinz, Detlef/ Manfred Rexin (Hg.), Bei- Brenner, Otto, Die Bedeutung der spiel für aufrechten Gang. Willi Bleicher. Tarifbewegung in der Metallindustrie, in: Helmut Simon, Frankfurt a.M. 1979. Gewerkschaftliche Monatshefte, 7/1963, S. 394-97. Rexin, Manfred, Willi Bleicher, in: Prinz/ Rexin (Hg.), Beispiel, S. 68-92. Georg, Johannes, Streik der Metallarbeiter im Tarifgebiet Nordwürttemberg-Nord- Saur, Paul, Die Demokratisierung des baden, 22. November bis 14. Dezember kommunalen Lebens nach 1945 in Stutt- 1971: Ausgangslage, Verlauf, Ergebnis. gart, Stuttgart 1961. Eine Dokumentation aus Presseberichten Schneider, Michael, Kleine Geschichte mit einer Analyse von Johannes Georg. der Gewerkschaften. Ihre Entwicklung in Herausgegeb. von der Verwaltungsstelle Deutschland von den Anfängen bis heute, Schwäbisch Gmünd der IG Metall, [Schwä- 2. überarb. u. aktualisierte Aufl age, Bonn bisch Gmünd, ca. 1974]. 2000. Görtemaker, Manfred, Geschichte der Wenke, Bettina, Willi Bleicher, in: Der Bundesrepublik Deutschland. Von der Widerstand im deutschen Südwesten Gründung bis zur Gegenwart, München 1933-1945, Stuttgart u.a. 1984, S. 129-141. 1999. Zwickel, Klaus/Anton Zuber, Geben und Nehmen. Die Autobiografi e, Leipzig 2005.

Literatur 47 Anmerkungen

1 Ansprache Willi Bleicher 1978 6 Vgl. z. B. Wolfgang Abendroth, Willi 14 Zur Geschichte des KZ Buchenwald anlässlich der Verleihung der Carl- Bleicher, in: Georg Benz/Kurt Georgi vgl. Wolfgang Benz/ Distel, Barbara von-Ossietzky-Medaille, in: Detlef u.a. (Hg.), Willi Bleicher. Ein Leben (Hg.), Der Ort des Terrors: Geschichte Prinz/Rexin, Manfred (Hg.), Beispiel für die Gewerkschaften, Frankfurt der nationalsozialistischen Konzen- für aufrechten Gang. Willi Bleicher. a.M. 1983, S. 32; Chronologische trationslager, Band 3: Sachsenhau- Helmut Simon, Frankfurt a.M. 1979, Biographie, in: ebd., S. 200. sen, Buchenwald, München 2006. S. 118. Über die Rolle der «Kapos» gab es 7 Vgl. Abmayr, Denkmal, S. 36. eine lange akademische Auseinan- 2 Die Darstellung der folgenden dersetzung . Eine differenzierte Dar- Abschnitte stützt sich in ihren 8 Zur Geschichte der KPO siehe insbes. stellung ihrer Geschichte zeichnete Grundzügen auf Hermann G. Abmayr, Theodor Bergmann, «Gegen den jüngst der britische Historiker Bill Wir brauchen kein Denkmal. Willi Strom». Die Geschichte der KPD Niven, The Buchenwald Child. Truth, Bleicher: Der Arbeiterführer und (Opposition), Hamburg 2001. Fiction and Propaganda, New York seine Erben, Tübingen u. Stuttgart 2007. 1992.; Bettina Wenke, Willi Bleicher, 9 Vgl. Abmayr, Denkmal, S. 43f. in: Der Widerstand im deutschen 15 Willi Bleicher, Stationen des Kamp- Südwesten 1933-1945, Stuttgart u.a. fes. (Aufzeichnung), in: Werkkreis 1984, S. 129-141, sowie auf die im 10 Stationen des Kampfes. (Aufzeich- Literatur der Arbeitswelt (Hg.), Die Literaturverzeichnis angegebenen nung), in: Werkkreis Literatur der Ar- Kinder des roten Großvaters erzäh- Erinnerungen und Interviews Willi beitswelt (Hg.), Die Kinder des roten len, Frankfurt a. M. 1976, S. 58-67, Bleichers. Großvaters, Frankfurt a. M. 1976, S. hier S. 62f. 58-67, hier: S. 59. 3 Nach dem Einkommenssteuergesetz 16 Vgl. hierzu Paul Saur, Die Demokra- vom 29.3.1920 waren die Arbeitgeber 11 Vgl. Abmayr, Denkmal, S. 50 f. tisierung des kommunalen Lebens verpfl ichtet, die Lohnsteuer, die am nach 1945 in Stuttgart, Stuttgart 21.7. zudem von 10 Prozent auf 15 12 Der Senatsvorsitzende Cuhorst wird 1961. Prozent angehoben wurde, direkt an in der Literatur zuweilen als einer der den Fiskus abzuführen. Angesichts berüchtigtsten NS-Richter genannt, 17 Gewerkschaftsjugend. Monatsblatt der herrschenden Infl ation war das der für etwa 120 Todesurteile verant- des Gewerkschaftsbundes Württem- eine eklatante Schlechterstellung wortlich war. Das Urteil gegenüber berg-Baden, 1/1948-2/1949. gegenüber den erst nachträglich zur Bleicher war vor dem Hintergrund der Steuer veranlagten Selbständigen NS-Blutjustiz indes noch verhältnis- mäßig «milde» ausgefallen. 18 DGB-Kongress 1952, Protokoll, S. (vgl. Quellen, Bd. 2, S. 245f). 266, S. 277. 4 Vgl. Abmayr, Denkmal, S. 103. 13 Vgl. die Erinnerung von Bleicher: Die- ses Kind darf nicht sterben, in: Irene 19 Willi Bleicher, Keine kämpferische Geschichte. Erinnerungen an die Zeit 5 Vgl. hierzu Friedrich Schlotterbeck, Hübner, Unser Widerstand. Deutsche Frauen und Männer berichten über 1945-53, in: Arbeiterpolitik, 1981, S. Je dunkler die Nacht, desto heller 13. die Sterne. Erinnerungen eines deut- ihren Kampf gegen die Nazis, Frank- furt a.M. 1975. schen Arbeiters 1933 – 1945, Zürich 20 Zitiert nach Abmayr, Denkmal, S. 47. u.a. 1945.

48 Anmerkungen 21 Dritter Bundestag des Gewerk- 34 Otto Brenner, Die Bedeutung der 42 Johannes Georg, Streik der Metallar- schaftsbundes Württemberg-Baden, Tarifbewegung in der Metallindustrie, beiter im Tarifgebiet Nordwürttem- o.O. (Stuttgart), o.J. (1949) S. 82/83. in: Gewerkschaftliche Monatshefte, berg-Nordbaden, 22. November bis 7/1963, S. 394-97, hier: S. 394. 14. Dezember 1971, [Schwäbisch 22 DGB-Gründungskongress 1946, S. Gmünd, ca. 1974]. 107. 35 Abgedruckt in: Peters (Hg.), Freie Verhandlung, S. 275f, Zitat: S. 275. 43 Vgl. Peters (Hg.), Freie Verhandlung, 23 Vgl. DGB-Bundeskongress 1952, S. S. 316ff. 156. 36 Vgl. Michael Schneider, Kleine Geschichte der Gewerkschaften. Ihre 44 Vgl. «Metaller-Streik. Spuk zu Ende», 24 Betroffen waren neben Bleicher Entwicklung in Deutschland von den in: «» v. 13.12.1971, S. Fritz Salm, der 1956 wieder in den Ge- Anfängen bis heute, Bonn 2000, S. 26-29. schäftsführenden Vorstand aufrückte, 296. und Karl Küll. 45 «Willi Bleichers letzter Kampf», in: 37 Vgl. hierzu die ausgewogene Dar- «Die Zeit» v. 12.11.1971. 25 Vgl. Abmayr, Denkmal, S. 82f. stellung und Beurteilung von Claus Noé, Gebändigter Klassenkampf. Ta- 46 Rede Willi Bleichers auf dem Stutt- 26 Vgl. DGB, Bundeskongress 1952, S. rifautonomie in der BRD. Der Konfl ikt garter Karlsplatz vom 8.12.1971, in: 155-57. zwischen Gesamtmetall und IG Metall Peters (Hg.), Freie Verhandlung, S. vom Frühjahr 1963, Berlin 1970. 427f, Zitat: S. 428 27 Vgl. «IG Metall. Der Friedensfunktio- när», in: Der Spiegel v. 5.11.1958, S. 38 Zitiert nach Abmayr, Denkmal, S. 106. 47 Presseerklärung der IG Metall vom 51-53. 18. Januar 1960, zit. nach Schneider, 39 Vgl. ebd., S. 110ff. Geschichte, S. 307. 28 «Rollkommandos. Prügel in Balin- gen», in: Der Spiegel v. 21. 03. 1956, 40 Die Tarifparteien hatten sich zuvor 48 Vgl. die Rede Bleichers auf dem DGB- S. 14. unter dem Eindruck einer sich anbah- Bundeskongress 1966: DGB-Bundes- nenden rückläufi gen Konjunkturent- kongress 1966, S. 301-303. 29 Quellen, Bd. 10, S. 462. wicklung in der Metallindustrie im 1. und 2. Erbacher Abkommen (vom 13. 49 Vgl. Kempter, Loderer, S. 154ff. Juli 1964 und 18. Februar 1966) auf 30 Abgedruckt in: Quellen, Bd. 10, S. eine Verschiebung der zunächst für 50 Zitiert nach Kempter, Loderer, S. 152 517-19. den 1. Juli 1965 vorgesehenen letzten Stufe der Arbeitszeitverkürzung 31 Zum Folgenden vgl. insbes.: Jürgen geeinigt. Sie trat in Nordrhein-West- 51 Vgl. zu diesen beiden Beispielen Peters (Hg.), In freier Verhandlung. falen dann am 1. Juli 1966 in Kraft, die Abmayr, Denkmal, S. 97f und S. 134f. Dokumente zur Tarifpolitik der übrigen Tarifbezirke folgten bis zum IG Metall 1945-2003, Göttingen 2003. Jahresende 1967. Kompensiert wurde 52 Vgl. Kempter, Loderer, S. 152f. der Aufschub durch Regelungen zur 32 Zur Politik der Arbeitgeberseite vgl. Verlängerung des Urlaubs und zur 53 Zitiert nach Abmayr, Denkmal, S. 110. insbes. Luitwin Mallmann, 100 Jahre Erhöhung der Urlaubsvergütung. Gesamtmetall. Perspektiven aus 54 Vgl. hierzu Willi Hoss, Komm ins Tradition 1890-1990, Köln 1990. 41 Vgl. zu diesem Credo Bleichers Offene Freund. Autobiographie, seine Ausführungen in: «Wir haben herausgegeb. von Peter Kammerer, 33 Vgl. hierzu insbes. die ausführliche noch einen weiten Weg vor uns», Münster 2006. Schilderung von Klaus Kempter, Ein Gespräch mit Willi Bleicher und Eugen Loderer, Filderstadt 2003, S. Leonhard Mahlein, in: Benz/ Georgi 55 Vgl. «Vor 25 Jahren. Der Tag, an dem 143-73. u.a. (Hg.), Willi Bleicher, S. 154-63, Willi Bleicher starb», in: Stuttgarter bes. S. 159. Nachrichten vom 23.6.2007.

Anmerkungen 49 50 Impressum:

Herausgegeben von der Abdruck des Textes von Dr. Rainer Fattmann IG Metall Baden-Württemberg mit freundlicher Genehmigung der Stuttgarter Straße 23 Hans-Böckler-Stiftung 70469 Stuttgart www.bw.igm.de Gestaltung: V.i.S.d.P: Bezirksleiter Jörg Hofmann INFO & IDEE, Ludwigsburg Redaktion: Kai Bliesener www.abenteuer-unserer-zeit.de Gefördert durch die Hans Böckler Stiftung