Seminararbeit zum ÖBV D Jugendreferentenseminar Ost N 2010/ 2011 R E B U N A E Z F E F

Mangelware: O B O E

H I

R N E F

N Ü S H

C L H S

M A A M U ß

Manuela Steindl Musikverein Sallingberg

Wien, ab 20. Mai 2011

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Seite 1

Über den Verfasser Seite 2

Zitate Seite 3

1. Allgemein Seite 4, 5, 6, 7, 8

2. Vergleich Wiener - Französische Oboe Seite 9, 10, 11

3. Rohrbau (Wiener) Seite 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19 4. Instrumentenkauf Seite 20, 21, 22

5. Geschichte und Besonderheiten der Wiener Seite 23, 24, 25 Oboe

6. Interview mit Josef Bednarik, dem Obmann Seite 26, 27, 28 des Wiener Oboenvereins

Quellenverzeichnis Seite 29

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Über den Verfasser

Mein Name ist Manuela Steindl und ich wurde am 10. April 1992 in Zwettl geboren. Meinen ersten Instrumentalunterricht erhielt ich im Alter von sieben Jahren bei Elfriede Zeininger auf der Blockflöte. Nach 2 Jahren Sopranflötenunterricht entschied ich mich auf die Querflöte zu wechseln und begann kurz darauf, im Alter von zwölf Jahren parallel dazu Klarinette zu lernen. Auf diesen Instrumenten ausgebildet wurde ich von Sabine Zeininger und Reinhard Hörth, bei dem ich später auch Klavierunterricht erhielt, in der Musikschule Ottenschlag. Obwohl ich als Klarinettistin einige Erfolge feiern durfte – mehrmals Preisträgerin und im Ensemble auch Bundessiegerin beim Wettbewerb Prima la Musica- entschied ich mich 2008 dazu zur Oboe zu wechseln. Im Oktober 2008 begann ich nun mit dem Vorbereitungslehrgang Oboe bei Harald Hörth an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und im Oktober 2010 wechselte ich, nach der bestandenen Aufnahmeprüfung ins Hauptstudium.

Orchestertätigkeit: Orchester der Universität Wien, Orchester der Technischen Universität Wien, Philharmonie Marchfeld, Wiener Tonkunstvereinigung, Aushilfstätigkeit in diversen Musikvereinen und „zusammengestellten“ Orchestern, Operettenprojekt „Die schwarze Frau“ etc.

Seit dem Jahr 2004 bin ich nun Mitglied des Musikvereins Sallingberg. Zunächst als Flötistin und Klarinettistin tätig, bin ich jetzt als Oboistin, Marketenderin und seit 2011 auch als Jugendreferentin im Einsatz. Nebenbei bin ich auch Teil der Volkstanzgruppe „Drah de Wadln“ und des Unionchores Ottenschlag.

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Naive Anmut, unberührte Unschuld, stille Freude wie Schmerz eines zarten Wesens, alles dies vermag die Oboe im Kantabile aufs Glücklichste wiederzugeben. Auch ein gewisser Grad von Erregung ist ihr zugänglich, doch muss man sich hüten, ihn bis zum Schrei der Leidenschaft, bis zum stürmischen Ausbruch des Zornes, der Drohung oder des Heldenmuts steigern zu wollen; denn ihre kleine, herb-liebliche Stimme wird dann machtlos und verfällt vollständig ins Unnatürliche. (Hector Berlioz, 1856)

Musik ist das Auftauchen aus dem Alltag in das Eintauchen der Ewigkeit. (Mag. Grete Wildgaber)

Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten. (Gustav Mahler)

Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist. (Victor Hugo)

Die Musik spricht für sich allein. Vorausgesetzt, wir geben ihr eine Chance. (Yehudi Menuhin)

Musik ist die Beschreibung der Welt ohne Worte und Begriffe. Sie ist die Philosophie der Gefühle. (Crarl Ludwig Schleich)

Die Musik spricht nicht die Leidenschaft, die Liebe, die Sehnsucht dieses oder jenes Individuums in dieser oder jener Lage aus, sondern die Leidenschaft, die Liebe, die Sehnsucht selbst. (Richard Wagner)

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1. Allgemein

Allgemeine Informationen

Die Oboe gehört zu den Vertretern der Holzblasinstrumentengruppe, genauer gesagt ist sie ein Holzblasinstrument mit Doppelrohrblatt und ist in C gestimmt, das bedeutet sie ist nicht transponierend und ihr Klang entspricht der Notation. . Das etwa 60 Zentimeter lange Instrument, welches aus Grenadill- Holz gebaut wird, verfügt über eine konische Bohrung und überbläst somit, mit Hilfe von Oktavklappen, in die Oktave. Bei der Oboe, sowie bei fast allen Vertretern der Holzblasinstrumentenfamile wird primär der Klappenmechanismus genutzt, der zur Erzeugung der verschiedenen Tonhöhen dient. Da der Oboenklang über sehr ausgeprägte Obertöne verfügt, ist sie besonders deutlich hörbar. Daher ist es seit dem 19. Jahrhundert üblich, dass der Oboist vor Proben und Konzerten dem Orchester den Stimmton a1 angibt. In West- und Mitteleuropa ist derzeit eine Stimmtonhöhe von 442 Hz bis 444 Hz üblich, wohingegen in Wiener Orchestern zwischen 443 Hz und 446 Hz gestimmt wird. Neben der weltweit gespielten Französischen Oboe existiert auch die Bauform der Wiener Oboe, die fast ausschließlich in Wien zum Einsatz kommt, beispielsweise bei den Wiener Philharmonikern. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass das Wiener Modell der Barockoboe sowie der klassischen Oboe baulich und klanglich näher kommt als die Französische Oboe. Beim französischen Modell verschwanden die Holzpflöcke der Klappenlager zugunsten solcher aus Metall und viele Klappen dienen zur Erweiterung des Tonumfang und alternativer Griffkombinationen. Die Wiener Oboe wurde im Gegensatz dazu nur wenig verändert und ähnelt aus diesem Grund der Barockoboe in Klang und Spieltechnik. Auch unterscheidet sich die Wiener Oboenausbildung im Interpretationsstil.

Historische Entwicklung

Die Rohrblattinstrumente gehören zu den ältesten Vertretern der musikalischen Ausdrucksmittel überhaupt und waren schon im Altertum bekannt. Unsere Vorfahren spielten schon auf platt gedrückten Halmen, die schnarrende und zirpende Geräusche erzeugten. Die frühsten graphischen Darstellungen dieser Instrumentengruppe stammen aus Mesopotamien um 3000 v. Chr. Die Familie der Doppelrohrblattinstrumente entwickelte sich bei den Griechen und Römern zu äußerst angesehenen Instrumenten. Das wichtigste Instrument war eine Doppelpfeife, die in Griechenland und bei den Römern Tibia genannt wurde. Diese Doppelpfeifen waren auch im vorderen Orient und in Ägypten verbreitet und wurden mit einem Doppelrohrblatt geblasen, welches jedoch ganz in den Mund gesteckt wurde. Diese Vorläufer der Oboeninstrumente kamen vermutlich im Zuge der Kreuzzüge und der Völkerwanderung nach Mitteleuropa.

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Schalmei/ Hautboy (Hautbois)

Allmählich entwickelte sich aus den Vorläufern der Oboe ein Instrument, das Calamus (lateinisch calamus = Rohr, Halm) genannt wurde. Von dieser Bezeichnung leitet sich später der deutsche Name Schalmei ab. Zur Familie der Schalmei zählen zur Zeit der Renaissance neben Krummhörnern, Dulzianen und Sackpfeifen auch die Gruppe der Pommern. Im 16. Jahrhundert findet man in Frankreich erstmals den Begriff „Hautbois“ für die hohen Schalmeien. Auch in England ist die Rede von „Hautbois“ (hohes Holz) für die höheren Instrumente und „Shalms“ (Schalmei) für die tieferen Vertreter. Aus diesen Begriffen entwickelte sich im Laufe der Zeit die Instrumentenbezeichnung „Oboe“.

Im 17. Jahrhundert wurde nun aus der in C gestimmten Diskant- Schalmei, die Hoboy oder Hautboy. Der Instrumentalist hatte nun direkt Kontakt mit dem Rohrblatt und das Rohr, bei der Schalmei aus einem Stück, wurde nun dreigeteilt: in Ober- und Unterstück, sowie dem Schallstück. Auch konnte man auf diesen neuartigen Modellen bereits wenige Klappen finden. All diese Neuerungen waren von Frankreich ausgehend und einen wesentlichen Teil zur Erfindung der Oboe trug der Instrumentenbauer Jean de Hottetere bei. Man könnte also sagen, dass das Ursprungsland der Oboe Frankreich ist. Auch zu erwähnen ist, dass in der damaligen Zeit zur Herstellung von Oboen heimische Hölzer, wie Obsthölzer, Buchsbaum, Ahorn und Buche verwendet wurden. Mit der Errungenschaft der Seefahrt kamen weitere Materialien, wie Grenadill und Ebenholz dazu. Zunächst wurden die Hautboys im Orchester nur zur Verdopplung der Violinstimmen eingesetzt, bevor sie sich emanzipierte und eigenständige Funktionen übernahm.

Im 18. Jahrhundert verfeinerten sich die technischen und klanglichen Eigenschaften der Hautboy. Eine engere Mensur, engere und kürzere Rohrblätter, ein dünnwandigeres Rohr und kleiner Tonlöcher waren die Folge. Mit dieser Entwicklung stieg auch die Tonhöhe und der Tonumfang wurde bis zum g3 erweitert.

19. Jahrhundert- mechanische Revolution

Da zu den beiden Klappen der Hautboy eine weiter hinzugefügt wurde, stieg auch die Tendenz zu mehr Klappen bei den deutschen Instrumentenbauern. Man wollte jedem Halbton ein eigenes Tonloch geben, da dies die Verwendung von Gabelgriffen überflüssig machte. Viele französische Oboisten sträubten sich gegen diese Entwicklung, da der allgemeine Glaube herrschte, zu viele Klappen schaden der Tonqualität. Um 1825 wurden beide Oboensysteme mit 15 Tonlöchern und 10 Klappen gebaut. Jedoch kristallisierten sich durch die unterschiedlichen Klangvorstellungen zwei verschiedene Modelle heraus, die in späterer Folge als „französische“ und „deutsche“ Oboe bezeichnet wurde.

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In Frankreich setzte sich nun immer mehr die Tendenz zur engeren Bohrung und dünneren Rohrwand, sowie zu immer schmäleren werdenden Rohrblättern durch. Während in Deutschland hingegen Oboen mit weiterer Bohrung und den Charaktereigenschaften der klassischen Oboe (dickwandiges Rohr, Wulst am Schallstückende, Zwiebel oder Baluster, Ringe am Oberstück, einfache Mechanik) beibehalten wurden. Eine Mischform dieser Modelle wurde um 1820 von Stephan Koch und Joseph Sellner in Wien entwickelt. Das Ergebnis war eine klassisch aussehende Oboe mit enger Bohrung.

In Deutschland hingegen kam man nicht richtig mit dem französischen Modell zurecht. So existierten im 19. Jahrhundert parallel zwei Oboenmodelle in Europa. Das deutsche System wurde in Deutschland und Österreich gespielt, wohingegen in den romanischen Ländern als auch zunehmend in England das französische Modell vorherrschend war. Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Klappentechnik deutlich verbessert und es wurde viel experimentiert. Es gab Versuche, das von Böhm entwickelte Flötensystem auf die Oboe zu übertragen. Auch wurden Oboen mit Saxophongriffen und die so genannte Beringer Oboe gebaut, die nur mit einem einfachen Rohrblatt gespielt wurde. Anfang des 20. Jahrhunderts verbreitete sich das französische System auch immer mehr in Deutschland. So führte 1920 Fritz Flemming die Französische Oboe im deutschen Orchester ein, was zur Durchsetzung dieses Instrumentes führte.

Die modernen Oboen

Der Instrumentenbauer Frédéric Triébert und der Oboist Apollon M.R. Barret entwickelten in den 1860ern das Modell der Oboe, deren Nachfahren heute noch in Verwendung sind. Ende des 19 Jahrhunderts erklärte der Oboenprofessor Georges Gillet dieses Instrument zum offiziellen Modell des Conservatoire de Paris. Ein nur wenig verbesserter Nachkomme dieses Modells wurde nach dem zweiten Weltkrieg zum internationalen Standard.

Die noch heute in Österreich eingesetzte Wiener Oboe geht auf das von Carl Golde (Dresden) entwickelte Modell zurück, welches aus den 1940er Jahren stammt. Diese Oboe verfügt noch über die klassische Korpusform, gekennzeichnet durch den ausladenden Schallbecher, den Baluster am Oberstück und die Erweiterungen an den Zapfenverbindungen. Ebenso besitzt das Rohr des Wiener Modells eine konischere Bohrung und ist kürzer als das der Französischen Oboe. Die Mechanik, eine Anlehnung an die deutsche Oboe wurde im Laufe des 20. Jahrhunderts verbessert und weiterentwickelt.

Nebeninstrumente

Oboe d’amore

Die Oboe d’amore, oder auch Liebesoboe genannt stimmt eine Terz tiefer als die Oboe, in A. Bei diesem Instrument reicht der Tonumfang etwa vom kleinen gis bis zum cis3. Die Klangfarbe der Oboe d’amore ist etwas weicher, als der der herkömmlichen Oboe, jedoch nicht so weich, wie die Tonfarbe des Englischhorns. Genauso wie das Englischhorn, besitzt sie ein birnenförmiges Schallstück, auch Liebesfuß genannt. Diese Form der Oboe wurde hauptsächlich im Barock und da besonders von Johann Sebastian Bach und Georg Philip Telemann, verwendet. Im modernen Sinfonieorchester findet sie vergleichsweise nur mehr selten Verwendung. 6

Englischhorn

Das Englischhorn () ist das Altinstrument der Oboenfamilie und wird in Partituren des 19. Jahrhunderts oft auch als Altoboe bezeichnet. Die Namensgebung hängt vermutlich mit der hornähnlichen Form der früheren Tenoroboen, insbesondere mit der (barocker Vorläufer des Englischhorns) zusammen. Sie erinnert an die Engelshörner, mit denen Engel auf mittelalterlichen, neuzeitlichen Abbildungen dargestellt waren. Das Englischhorn ist etwa ein Drittel größer als die Oboe und besitzt wie bereits vorhin erwähnt auch ein birnenförmiges Schallstück (Liebesfuß). Notiert wird das Instrument transponierend im Violinschlüssel, da es eine Quint tiefer (in F) stimmt. Der Tonumfang des Englischhorns reicht etwa vom kleinen e bis zum h2 und die Tonfarbe ist aufgrund der tieferen Stimmung und des Schallstücks dunkler und kraftvoller als bei der Oboe. Anfang des 19. Jahrhunderts wird dieser Vertreter der Oboenfamilie kaum eingesetzt und wurde erst im romantischen Orchester (Mahler, Strauss, Wagner) wiederentdeckt und als vollwertiges Orchesterinstrument integriert.

Barockoboe

Die Barockoboe ist jene Form der Oboe, die im 17. Jahrhundert am und um den französischen Königshof aus der Schalmei entwickelt wurde. Eingesetzt wird sie in der heutigen Zeit im Rahmen der historischen Aufführungspraxis für die Wiedergabe von Barockmusik. Die Barockoboe verfügt nur über zwei Klappen und wird durch ihren äußerst weichen Klangcharakter gekennzeichnet.

Heckelphon

Das Heckelphon ist eine 1904 konstruierte Baritonoboe mit kugelförmigen Liebesfuß, die eine Oktav tiefer als die herkömmliche Oboe klingt und somit in C gestimmt ist. Angeblich war die Entwicklung dieses Instrumentes durch Wilhelm Heckel von Richard Wagner angeregt worden.

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Tonerzeugung

Das Doppelrohrblatt wird vom Spieler zwischen die Lippen genommen und angeblasen. Dadurch werden die beiden aufeinander liegenden Rohrblätter gegeneinander in Vibration versetzt. Der Spalt öffnet und schließt sich periodisch und gibt somit stoßweise Energie an die Luftsäule im Inneren des Instruments ab, die nun zum Mitschwingen angeregt wird.

Tonumfang

Der Tonumfang der Oboe reicht, im Groben gesagt, vom kleinen b bis zum a3. Bei der Wiener Oboe beginnt der Tonumfang beim kleinen h.

Klangcharakter

Eigenschaften, die den Oboenklang zugeordnet werden sind: klar, hell, durchdringend, herb, scharf, rau, nasal, voll, eindringlich, robust. Die Tonfarbequalität der Oboe ist sehr wandlungsfähig; von den dicken Tönen in der Tiefe reicht sie bis zum durchdringenden Klang im hohen Register. Das Haupteinsatzgebiet der Oboe betrifft jedoch die mittlere Lage. Der spezielle Klangcharakter der Oboe verleiht sogar einem Tutti- Einsatz eine besondere Färbung.

Tiefe Lage Mittlere Lage Hohe Lage

Wiener Oboe: h- a1 Wiener Oboe: b1- h2 Wiener Oboe: c2- g3 (a3) Französische Oboe: b- f1 Französische Oboe: fis1- b2 Französische Oboe: h2- g3 (a3) dick, schwer, düster hell, eindringlich, nasal eng große Klangkraft beste Entfaltung des Töne verlieren an Kraft und Oboenklanges Substanz

Das mittlere Klangregister der Oboe bietet vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten und viele Oboensoli greifen auf diesen Klangbereich zurück. Stimmungen beziehungsweise Themen, die durch den Oboenklang verstärkt werden sind ländliche Szenen, Hirtenromantik, tänzerische Motive, Beschaulichkeit, Trauer, Klage, Einsamkeit und Sehnsucht.

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2. Vergleich Wiener Oboe- Französische Oboe

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Korpus

Schon bei der ersten genaueren Betrachtung fällt auf, dass die äußere Erscheinung der beiden Systeme verschieden ist. Im Gegensatz zur Französischen Oboe besitzt die Wiener Oboe auch heute noch Merkmale der klassischen Oboe.

1 Zwiebel (Baluster) 2 Oberstück 3 Unterstück 4 Zapfen

Rohr: lang, dünn, schlicht gestaltet Rohr: dickwandig, kürzer Zwiebel (Baluster) am Oberstück Schallstück: leicht ausgeladen Schallstück: glockenförmig Verdickung an Zapfenverbindungen

Bohrung

Die Bohrung der Wiener Oboe ist weiter als die der Französischen Oboe und verläuft in 2 Stufen und hat einen Wulst an der Innenseite des Schallbechers. Die engste Stelle der Wiener Bohrung misst etwa 4,4 – 4,9 mm; 4,1 mm bei der Französischen Oboe.

Registerwechsel „lange Töne“

Ein weiterer Unterschied ist das Überblasverhalten bei einigen hohen Tönen. Während ein französischer Oboist beim Spiel der höheren Lagen den Großteil der Tonlöcher offen lässt, verwendet der Wiener Oboist für den gleichen Ton eine Griffkombination, bei dem der Großteil der Tonlöcher geschlossen ist. Das bedeutet das hierbei derselbe Ton einmal mit einer „kurzen“ und einer „langen“ Luftsäule zum Klang gebracht wird. So beginnt das Überblasen bei der französischen Oboe um drei Halbtöne später, da bei der Wiener Oboe das zweite Überblasen bereits beim b2 beginnt. Die vollautomatische Wiener Oboe ermöglicht auch „kurze Griffe“ als Alternative zu den langen, diese klingen jedoch etwas dünner als bei der einfachen Oboe.

Vibrato

Wird der Klang zwischen Wiener und Französischen Oboen verglichen, so fällt einem auf, dass das Vibrato bei der Wiener Oboe eher sparsam verwendet wird, wohingegen es bei der Französischen Oboe fast dauernd im Einsatz ist. Dies ist jedoch ein Merkmal des jeweiligen Bläserstils und nicht des Instrumentes, da das Vibrato auf der Wiener Oboe ebenso gut ausführbar ist.

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Klangfarbe

Im Orchester sticht die Französischen Oboe eher heraus, da ihr Klang eine größere Durchsetzungskraft besitzt. Im Gegensatz dazu fügt sich der Klang der Wiener Oboe eher in den Gesamtklang des Orchesters ein. Da der Klangschwerpunkt beim Wiener Modell zu höheren Teiltönen verschoben ist, klingt sie bei gleich ausgestrahlter Klangenergie lauter. Das bedeutet sie kann unter den gleichen Umständen leiser gespielt werden, was zur Durchsichtigkeit des Orchesterklanges beiträgt. Die besten Wiener Orchester verwenden daher diesen Instrumententyp, weil die Wiener Oboe ein wesentlicher Teil des speziellen Wiener Orchesterklang ist. Auch zu erwähnen ist, dass sich die Klangfarbe der Wiener Oboe zwischen piano und forte nur wenig ändert.

Tonumfang

Wie bereits erwähnt, beginnt der Tonumfang der Französischen Oboe bereits beim kleinen b, bei der Wiener Oboe beim kleinen h und reicht etwa bis zum a3. Mit Hilfe eines besonderen Fußstückes ist jedoch auch das kleine b, das vor allem in der moderneren Literatur des 20. Jahrhunderts verwendet wird, auf der Wiener Oboe spielbar.

Verwendung

Wie bereits erwähnt ist der uns vertraute Klang der Wiener Oboe fast ausschließlich in Wiener Orchestern zu hören. Beispielsweise bei den Wiener Philharmonikern, den Wiener Symphonikern, den Niederösterreichischen Tonkünstlern, im Radio Symphonie Orchester, der Wiener Hofmusikkapelle, den Orchestern der Wiener Staatsoper, sowie der Wiener Volksoper und in manchen kleineren Orchestern. Wohingegen die Französische Oboe im westlichen Österreich und in den restlichen Ländern der Welt verwendet wird.

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3. Rohrbau

Werkzeug, welches für den Rohrbau benötigt wird:

Feile Faden (Garn) Stanleymesser Uhu Ritzmaß Schere Draht Bienenwachs Fineliner Spiritusbrenner Dorn Zange Hülsen (Stifte) Schabemesser Schabezungen Schleifstein Abschneidblock Messuhr

Das Rohrholz „Arundo Donax“

Dieses Holz kennt man auch unter dem Namen „Riesengras“ oder „Persisches Gras“ und ist ursprünglich an den Küsten des Mittelmeeres beheimatet. Mittlerweile wird es jedoch in den wärmeren Klimabereichen aller Kontinente angepflanzt. Auf diese Pflanze besonders spezialisiert hat man sich an der Mittelmeerküste Frankreichs. Hauptsächlich werden die Grasstengel für die Herstellung von Mundstücken für Oboe, Fagott und Klarinette verwendet. Ansonsten wird dieses Holz auch in der Produktion von Korbgeflechten und Angelruten gebraucht. Das Arundo Donax ist Teil der Gras- Familie Graminae und wird oftmals mit „Bambus“ oder dem „Spanischen Rohr“ verwechselt, jedoch unterscheiden sie sich in ihrer inneren Zellstruktur.

Der Stengel des Arundo Donax ist sehr hart und besitzt in der äußersten Schicht Zellen, die einen Glasbestandteil enthalten. Diese Stengel weisen die Einzigartigkeit auf, dass sie sich äußerst schnell von einer Verformung, besonders wenn diese quergerichtet ist, erholen. Die Festigkeit der längstgerichteten Fasern und die Flexibilität der quergerichteten Fasern sind Grund, warum dieses Holz den Anforderungen eines Oboenrohres gerecht wird.

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Maschinen

Vorhobel

Um das Messer des Innenhobels zu schonen, werden die zu hobelnden Hölzer vor der Bearbeitung durch den Innenhobel im Vorhobel behandelt. Hobelmesser

Innenhobel Abschneider

Diese Maschine besteht aus einem Abschneider, der die Hölzer auf eine für die Hobelbahn erforderliche Länge bringt und aus der Hobelbahn, auf die das Holz gelegt und an Hobelbahn beiden Enden (an einem Ende bei diesem

Modell) festgehalten wird. So kann der Hobelmesser Hobelschlitten, in dem eingestellten Höhenabstand über das Holz gleiten.

Faconschneider

Dieses Werkzeug schneidet die bereits gehobelten Holzstücke seitlich in Form und bringt eine Markierung in der Mitte der Facon an. Diesen Vorgang nennt man auch Faconieren.

Außenhobel

Nach einem „Musterrohr“ wird hierfür eine Schablone angefertigt, die es möglich macht, ein halbfertiges Rohr entsprechend der Schablone auszuhobeln, sodass das Anfertigen der Bahn (mit der Hand) entfällt. Jedoch ist dies eine sehr teure Investition und wird großteils von Orchestermusikern und Musikschullehrern verwendet, die große Mengen an Rohre herstellen müssen. 13

Der Weg zur Puppe

Die für die Wiener Oboenrohre verwendeten Holzstangen besitzen etwa einen Durchmesser von 12 mm. Nachdem die Holzstange in vier gleich große Teile geteilt wurde, weicht man das Holz für ein paar Stunden ein, um danach mit den weiteren Arbeitsschritten beginnen zu können. Zunächst müssen die einzelnen Holzstücke gehobelt und faconiert werden. Dazu wandert das zu behandelnde Material vom Vorhobel über den Innenhobel zum Faconschneider.

Das bereits gehobelte und faconierte Holz wird nun vor der weiteren Verarbeitung etwa 1- 2 Stunden eingeweicht.

Nun werden die einzelnen Holzstücke an beiden Seitenkanten abgefeilt. Wichtig dabei: auf beiden Seiten müssen gleich viele Wiederholungen gemacht werden und der Winkel der Feile (etwa 30◦) sollte gleich bleiben, damit beide Seiten symmetrisch sind und somit haargenau aufeinander passen.

Beim Faconieren wird in der Mitte des Holzstücks eine Markierung vorgenommen. Beim nächsten Arbeitsschritt wird das Holz genau bei dieser Markierung mit Hilfe eines Stanleymessers geknickt.

Als nächstes werden mit Hilfe des Ritzmaßes Markierungen im Holz angebracht, die anzeigen, wo später die Bahn beginnen soll bzw der Draht sitzt und bis wohin der Faden gewickelt wird.

Anschließend entfernt man mit dem Stanleymesser die Schale an den Enden der Facon. Dies ist notwendig, damit ein glatter Übergang zwischen Hülse und Holz entsteht und sich das Garn später perfekt anschmiegen kann und somit nicht abrutscht.

Nach diesem Arbeitsvorgang werden Drahtösen angefertigt, da diese zum Aufbrennen der Facon benötigt werden.

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Kleines Rohrbaulexikon

Abschneidblock auf ihn werden die Spitzen der Rohre abgeschnitten

Ansprache Spitze des Rohres, an der der Ton entsteht

Aufbinddorn (Dorn) Formstahl, der genau in die Öffnung der Hülsen passt; zum Aufbrennen der Facon und Aufbinden der Rohre

Aufbindgarn in Fachgeschäften für Holzblasinstrumente erhältlich; es kann auch normales Heckelgarn verwendet werden

Bahn geschabte Teil des Rohres

Herz ein dicker ausgearbeiteter Teil in der Mitte der Bahn

Hülsen (Stifte) dienen zur Verankerung des Rohrholzes, Verbindung zur Oboe

Messuhr Tiefenmessuhr in 1/ 100 mm- Einteilung; zum Messen der Aushobelstärke beim Innenhobel; zum Messen der geschabten Bahn

Ritzmaß zum Einritzen der Markierungen (Bahnanfang, Draht, Faden)

Schale äußere, harte Schicht des Holzes

Schabemesser spezielles Messer, dass zum Schaben der Rohr verwendet wird; spezieller Schliff; äußerst scharf

Schabezunge beim Schabevorgang verwendet; aus Kunststoff oder Ebenholz, günstiger Kontrast zum hellen Rohrholz

Schleifstein zum Nachschleifen der Messer

Spannung quergerichtete Federkraft des Rohres

Spiritusbrenner damit wird beim Aufbrennen der Dorn erhitzt

Widerstand längsgerichtete Federkraft des Rohres; bietet beim Blasen den nötigen Widerstand

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4. Instrumentenkauf

Hierzu muss gesagt werden, dass neben den beiden bestehenden Modellen der Wiener Oboe und der Französischen Oboe, die Oboe auch noch in andere Gruppen unterteilt werden kann. Denn es gibt voll- und halbautomatische Oboen. Der Unterschied besteht darin, dass bei der halbautomatischen Oboe für die erste und zweite Oktave jeweils ein Hebel zum Öffnen der Klappe vorhanden ist, jedoch bei der vollautomatischen Oboe beide Oktavklappen nur mit einem Hebel geöffnet werden. Hierbei geschieht der Wechsel automatisch zwischen gis2 und a2. Auch die Wiener Oboe lässt sich noch in diese beiden Modelle unterteilen. Aufgrund der aufwendigen Mechanik der Oboen mit Vollautomatik liegen diese im Preisverhältnis etwas höher als die „normalen“ Oboen. Der Vorteil der Halbautomatik ist, dass man vor allem im oberen Register, ab dem c3, mehr alternative Griffe verwenden kann und dadurch verschiedene Klangfarben entstehen, die ein differenziertes Spiel ermöglichen. Viele professionelle Oboisten sind mittlerweile von der Oboe mit Vollautomatik wieder auf die einfache „klassische“ Oboe umgestiegen, da sich, wie bereits angedeutet, die beiden Modelle klanglich etwas unterscheiden.

Preisvergleich Wiener Oboe- Französische Oboe

Wiener Oboe

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Mod. Nr. 12 Mod. Nr. 10 Halbautomatische Wiener Oboe wie mod. Vollautomatische Wiener Oboe wie Mod. Nr. 14 jedoch mit Nr. 12 jedoch mit Lederetui fis-gis Triller cis’’’ Vertiefung c-es Triller h'-cis'' Triller 6.250.- € Tief h-cis' Triller 8.500.- €

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♫ Rauch Instrumentenbau www.woodwind.at

Französische Oboe

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♫ Marigaux www.marigaux.com

Oboe Marigaux 910 Oboe Marigaux 901 Orchestermodell; Professionelles Orchestermodell; Vollautomatik; 8.460.- € Halbautomatik; 7.360.- €

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♫ Moennig www.moennig-adler.de

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Bei den Französischen Oboen habe ich nur einige Modelle aufgelistet, da hier der Markt um vieles größer ist als bei den Wiener Oboen und es eine Menge unterschiedliche Modelle und Anbieter gibt.

Kinderinstrumente

♫ Guntram Wolf www.guntramwolf.de

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5. Geschichte und Besonderheiten der Wiener Oboe

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts konnte man im Holzblasinstrumentenbau keine revolutionäre Entwicklung verzeichnen, obwohl sich die Instrumente stets weiterentwickelten. So wurden die bereits bestehenden Modelle nur zögerlich mit Klappen ausgestattet. In Europa gab es zu dieser Zeit zwar regionale Eigenheiten und Verwandtschaften des Instrumentenbaues, jedoch noch keine spezifische „deutsche Oboe“. Die Tradition des „deutschen“ Holzblasinstrumentenbaues entwickelte sich in deutschsprachigen Zentren wie Wien, Nürnberg, Dresden und später auch Graslitz und Markneukirchen.

Wiener Oboe des 19. Jahrhunderts

Um 1820 entwickelte der Instrumentenbauer Stephan Koch gemeinsam mit dem Oboisten Joseph Sellner eine für diese Zeit sehr moderne Oboe. Dieses Modell ähnelte in der Bohrung der damaligen Entwicklung in Frankreich, da diese Oboen extrem eng gebohrt wurden. Dies sollte zu einer besseren Ausgeglichenheit der Intonation und einer gleichmäßigeren Klangqualität führen. Die engere Mensur führte jedoch auch zu einem etwas schärferen und nasalen Ton. Außerdem war sie mit einer modernisierten Mechanik, mit bis zu 13 Klappen ausgestattet und verfügte über breiter gebohrte Tonlöcher. Auch war dieses Modell mit einer dünneren Wandstärke und einem schlankeren und weniger barocken Äußeren versehen. Dieses damals fortschrittliche Instrument war jahrzehntelang in Wien im Einsatz, jedoch auch nicht unumstritten.

Deutsche Oboe im 19. Jahrhundert

Am Anfang des 19. Jahrhunderts ignorierten deutsche Instrumentenbauer die Entwicklung im französischen Oboenbau gänzlich. Die im deutschen Raum gebauten Instrumente hatten eine barockähnliche Bohrung, eine einfache Mechanik mit langen Klappen und auch die unterschiedliche Klangqualität der einzelnen Töne war charakteristisch. Ab 1850 folgt eine Modernisierung des deutschen Modells durch die Verwendung von Brillenklappen, Oktavklappen und das Verschwinden der Zwiebel (nur einige Beispiele). Durch den immer größer werdenden Konkurrenzdruck aus Frankreich und England folgten immer weitere Neuerungen. Beispielsweise die „kurzen“ Griffe in der zweiten Oktave, die Verwendung von Grenadill, die dünnere Wandstärke und engere Bohrung, sowie das Übernehmen der Oktavautomatik. Jedoch war die Modernisierung des deutschen Modells geprägt durch das Übernehmen der französischen Eigenheiten und das gleichzeitige Beibehalten einiger deutscher Eigenschaften. Man könnte also sagen, es wurden schrittweise die Erleichterungen des französischen Modells übernommen und auch der Versuch die deutsche Mechanik beizubehalten scheiterte und sie musste dem eleganteren französischen Klappensystem weichen.

Carl Goldes Oboe (Dresden)

Wurden in Wien, sowie im restlichen Europa bereits schlankere und mechanisch modernere Ausführungen der Oboe gebaut, so hielt man im übrigen deutschsprachigen Raum noch bist 23 zur Mitte des 19. Jahrhunderts an den Eigenschaften des klassischen Oboenbaus fest. Auch die bis heute andauernde Tendenz, eine immer enger werdende Bohrung zu verwenden, wurde nur äußerst langsam übernommen. So wollte auch der Dresdner Instrumentenbauer Carl Golde von den französischen Neuerungen wenig wissen und hielt an den konventionellen Mensuren, gekennzeichnet durch eine weite Bohrung und enge Tonlöcher, fest. Auch arbeitete er noch mit einem völlig einfachen Klappensystem und seine Oboen verfügten über einen völlig ausgewogenen Klang. Er dokumentierte sogar, wie die Bohrung vorzunehmen sei, damit seine Klangvorstellungen des warmen und grundtönigen Oboenklanges bestehen bleiben: "... Man erreicht dann eine kräftige Tiefe und einen vollen Ton. Instrumente, die nicht gewölbt gebohrt sind, geben einen dünnen, näselnden Ton wie die französischen und Wiener Oboen...“ Ohne es zu wissen, nannte er damals den namhaften Unterschied zwischen der heutigen Wiener Oboe und er Wiener Oboe des 19. Jahrhunderts (Koch/Sellner). Einige Jahre nach dieser Aussage, wurde sein Oboenmodell zur neuen Wiener Oboe des 20. Jahrhunderts.

Umstieg zur „neuen“ Wiener Oboe

Mit der Sellner- Oboe hatte man in Wien im 19. Jahrhundert anfangs ein modernes und später ein immer noch gutes Instrument zur Verfügung und somit war damals die internationale Weiterentwicklung der Oboe für die Wiener von wenig großer Bedeutung. Jedoch war spätestens an der Wende zum 20. Jahrhundert hin, das damalige Modell klappenmechanisch äußerst veraltet. Als kurz vor der Jahrhundertwende der Dresdner Oboist Richard Baumgärtel in Wien engagiert wurde, brachte er ein Modell der damaligen Golde- Oboe mit. Da diese Oboe höher gestimmt war (Dresdner Stimmung), wurde sie in längerer Form vom Wiener Instrumentenbauer Joseph Hajek neu angefertigt. In der damaligen Zeit konnten weder die Sellner- Oboe noch die Golde- Oboe als modern bezeichnet werden. Jedoch war Goldes Instrument, in der Entwicklung betrachtet, die konservativere Ausführung und wurde somit zur Vorlag der „neuen“ Wiener Oboe.

20. Jahrhundert

Joseph Hajek stattete nun die Wiener Oboe mit einer etwas moderneren Mechanik aus, änderte jedoch nichts an den ursprünglichen Mensuren der Golde- Oboe. Über das 20. Jahrhundert wurde die von Hajek entwickelte Mechanik zwar erweitert, ähnelte aber weiterhin der Mechanik der deutschen Oboen. Dieses Modell blieb bis zu den 1970er Jahren nahezu unverändert. Professor Hadamovsky verfasste für die spezielle Griffweise der Wiener Oboe eine eigene Grifftabelle. Typisch sind die „langen“ Griffe in der zweiten Oktave ab dem b2. Als in dieser Zeit wichtige Instrumentenbauer sind Hermann Zuleger, der Nachfolger Hajeks, Hubert Schück und Walter Kirchberger zu erwähnen, die die Wiener Oboe in inzwischen höherer Stimmung bauten. Gegen Ende der 1970er Jahre wurde jedoch die Oboenproduktion in Wien eingestellt. Die Firma Yamaha sicherte daraufhin die Existenz der Wiener Oboe und versorgte die Wiener Oboisten. Seitdem ist das Yamaha- Modell der Wiener Oboe eines der Standardinstrumente und wird sowohl von Anfängern als auch von Profimusikern gespielt. Erstaunlich ist, dass mit der Produktion von etwa 5 Wiener Oboen pro Jahr, der Bedarf gedeckt werden kann.

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21. Jahrhundert

Das einfache Modell der Wiener Oboe verfügt im Wesentlichen über 2 Nachteile. Da wäre einerseits der begrenzte Tonumfang, der besonders bei moderner Literatur zum Vorschein kommt und andererseits die einfache Mechanik, die so manch schnelle technische Verbindung erschwert und womit manche Triller nicht rein zu spielen sind. Die erste Problematik wurde von manchen Instrumentenbauern durch die Herstellung eines B-Bechers mit eigener Mechanik beziehungsweise eines Verbindungsstücks gelöst. Zum zweiten Problem bleibt zu sagen, dass Yamaha gemeinsam mit Wiener Oboisten ein Modell entwickelt hat, welches nun mit automatischen Schließverbindungen, Oktavautomatik und Trillerklappen ausgestattet ist. Um die gesamte zweite Oktave „kurz“ greifen zu können wurde das Modell noch einmal enger gebohrt. Jedoch trägt diese Erleichterung zum langsamen Verschwinden der langen Wiener Griffe bei.

Da die Wiener Oboe noch ständig weiterentwickelt wird, kann auch niemand genau sagen, in welche Richtung sie schlussendlich führen wird.

Blick in die Zukunft

Eine mögliche Weiterentwicklung wäre die komplette Umgestaltung der Mechanik, mit der Erweiterung bis zum kleinen b, ähnlich der französischen Bauweise. Auch wäre es möglich, das Modell Zuleger als historisches Instrument neben einer modernen Bauform der Wiener Oboe beizubehalten. Nicht auszuschließen wäre auch die weitere Möglichkeit, das klassische Äußere sowie die weite Bohrung des Wiener Modells zu übernehmen, jedoch die Mechanik zu auf sinnvolle Weise zu modernisieren.

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6. Interview

Besonders freut es mich, dass sich der Obmann der Gesellschaft der Freunde der Wiener Oboe (Wiener Oboenverein) bereit erklärt hat mir ein paar Fragen zu beantworten. Der Oboist und Komponist Josef Bednarik wurde 1964 in Mödling geboren und besitzt seit 1985 ein ständiges Engagement als 1. Oboist an der Wiener Volksoper. Nebenbei ist er auch Mitglied der Wiener Hofmusikkapelle und des Wiener Johann Strauß- Orchesters und Substitut bei fast allen Wiener Orchestern und diversen Kammermusikensembles.

1. Gab es einen besonderen Grund bzw. eine besondere Eigenschaft der Oboe, die Sie bewegt hat dieses Instrument zu lernen? Was macht Ihrer Meinung nach die Oboe so einzigartig?

Ich habe die Oboe im Radio gehört, und dachte mir, was das für ein interessantes Instrument ist. Es ist auch ein meist sehr gesanglich eingesetztes Instrument. Sie ist in fast allen Zeiten der Musikgeschichte unterwegs, vom Barock bis zur Jetztzeit. Man kann daher eine große Bandbreite an Musik abdecken. (Der Klang der Wiener Oboe ist geprägt durch eine größere Zahl an Obertönen im Klangspektrum und noch spürbare Register.)

2. Der Einsatzbereich der Wiener Oboe ist relativ klein und vielen ist es auch nicht bekannt, dass in Österreich zwei verschiedene Systeme der Oboe gespielt werden. Wie glauben Sie, kann man die Wiener Oboe weiter verbreiten bzw. ihren Stellenwert anheben?

Zum ersten ist die Wiener Oboe von der Anzahl der Spieler her gesehen derzeit so groß wie nie zuvor. Wir verfolgen durch die Gründung der Gesellschaft der Freunde der Wiener Oboe die Strategie, Instrumente zum Ausborgen bereit zu stellen. Meist scheitert der Wunsch schon ganz banal am Instrument. Die Wiener Oboe hat dann noch das Problem der kleinen Stückzahlen, in denen diese hergestellt wird. Kein Instrumentenmacher investiert in eine Serienfertigung, wenn er nicht eine gewisse Anzahl von Instrumenten verkauft. Wenn er dann doch produziert, wird der Preis aber auch deutlich über dem eines fabrikmäßig hergestellten Instrumentes liegen. Eine fabriksmäßig hergestellte Französische Oboe ist daher leider meist billiger als eine von Hand gefertigte Wiener Oboe.

Dort wo neue Klassen in Niederösterreich entstanden ist es durchwegs zu einem Aufschwung gekommen. Auch greifen die Anfänger in immer jüngeren Jahren zum ersten Mal zur Oboe. Der Stellenwert der Oboe wird natürlich desto mehr von einer Musikschule (und deren Leitung) geschätzt, die auch ein Streichorchester besitzt, oder wo Bläserkammermusik gefördert wird. Weiter verbreiten lässt sich unsere Oboe im Endeffekt dann nur über höhere Qualität, um sie wieder, wie es noch vor dem 2. Weltkrieg üblich war, zumindest in ganz Österreich zu verwenden.

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3. Warum sollte sich jemand entscheiden Wiener Oboe zu lernen, obwohl das Französische System weltweit verbreitet ist? Bzw. wie glauben Sie kann man Musikschulleiter oder auch Kapellmeister überzeugen, in ihrem Tätigkeitsbereich vermehrt Wiener Oboen einzusetzen?

Beim Beginn ist der leichte Ansatz des Wiener Systems ein besonderer Vorteil. Es gibt zwar auch schon Kinderinstrumente, aber da besteht meines Wissens noch ein großer Aufholbedarf. Für mich selbst gesprochen finde ich, dass ich mich dem Kulturkreis eher zugehörig fühle, der ja nicht nur die Wiener Oboe, sondern auch auf der Klarinette das deutsche System, das Wiener Horn und auch die anderen weiter mensurierten Blechblasinstrumente beherbergt. Auf der Französischen Oboe ist auch nicht diese höherwertige Ausbildung vorhanden, falls sich ein(e) SpielerIn entscheidet, ein höheres Niveau anzustreben. Dann müsste man schon nach Linz, Salzburg oder Graz gehen, bzw. im Ausland studieren. Der Vorteil der Nähe Wiens und deren musikalische Ausbildungszentren von großem internationalem Ruf bis hin zu den Berufsorchestern sollte daher ein nicht zu unterschätzender Vorteil sein.

4. Was sind Ihrer Meinung nach die wesentlichsten Schwierigkeiten, denen ein Anfänger auf der Oboe gegenübersteht bzw. die er bewältigen muss?

Der Ansatz, die Rohre und eine gewisse Regelmäßigkeit am absoluten Beginn. Leichter ist es, wenn schon gewisse musikalische Vorbildung vorhanden ist, um sich den vorher angeführten Problemen intensiv widmen zu können.

5. Wie schätzen Sie die Oboenausbildung an Österreichs Musikschulen ein (genug kompetentes Personal…)?

Die Lehrer an den Musikschulen sind sehr engagiert. Für mich könnten schon noch einige Musikschulen dazukommen von der Anzahl her.

6. Welchen Stellenwert ordnen Sie der Oboe in der Blasmusik zu?

Sie sollte einen fixen Platz, insbesondere im Bereich der symphonischen Blasmusik, finden. Hier sind sogar mehrer Oboen und das Englischhorn eine Bereicherung, die die Verschiedenheit der Klangregister stärken und den Gesamtklang positiv beeinflussen. (Bei der Marschmusik bin ich mir jetzt ehrlicherweise nicht so sicher. Und da würde ich persönlich nicht so gern mitmachen, schon wegen meines Instrumentes wegen)

7. Warum glauben Sie greifen Kinder/ Jugendliche eher zu herkömmlichen Instrumenten wie Querflöte, Klarinette, Trompete?

Die Flöte braucht kein Rohr, liegt meist herum, die Trompete ebenfalls. Klarinetten sind beim Blatt auch nicht so empfindlich, die Instrumente sind meist auch vorhanden und es gibt in jeder Preisklasse für jeden Geschmack etwas zu kaufen, falls es nötig sein sollte. Dort, wo

27 eine Oboe einmal Fuß gefasst hat, erregt sie Neugier, und zieht dann einige Leute von anderen Instrumenten ab.

8. Ich bin schon oft auf die Meinung gestoßen, dass es doch sinnlos wäre (Zeit-, Geldverschwendung) ein Instrument zu fördern, dass so wenig Anklang bei der Bevölkerung findet. Wie würden Sie dieses Argument entkräften und warum ist es so wichtig die Oboenausbildung zu fördern?

Wichtig wäre, dass es zumindest in jedem Bezirk eine größere Musikschule gibt, wo Oboeunterricht angeboten wird. Und das es einen Lehrer gibt, dem dies ein Anliegen ist, und der sich darum kümmert. Denn zur musikalischen Allgemeinbildung gehört eben auch Kammermusik und nicht nur das Anschlagen und beim Begräbnis spielen. Jeder in die Kulturinvestierte Euro kommt langfristig wieder in den Kreislauf zurück. Man darf bei der Kultur nicht sparen, sondern muss investieren, insbesonders in die Vielfalt. Wer möchte denn schon ständig das gleiche Essen?

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Quellenangabe http://iwk.mdw.ac.at/Forschung/deutsch/wrinst/wroboe1.htm http://de.wikipedia.org/wiki/Oboe http://www.wieneroboe.at/Die_Wiener_Oboe.html http://www.holzblas.net/Instrumente/Oboe/oboe.html http://www.holzblas.net/Instrumente/Oboe/Fruhzeit/fruhzeit.html http://www.holzblas.net/Instrumente/Oboe/Barock/barock.html http://www.holzblas.net/Instrumente/Oboe/Neuzeit/neuzeit.html http://www.vsl.co.at/de/70/3161/3168/3169/5555.vsl http://www.vsl.co.at/de/70/3161/3168/3171/5565.vsl http://de.wikipedia.org/wiki/Oboe_d%E2%80%99amore http://www.mgw.at/service/download/musik/instrumentenkunde/doppelrohrbl.pdf

Karl Hentschel: Das Oboenrohr; Eine Bauanleitung Oboe d’amore- Oboe- Englisch Horn; Moeck Verlag Celle http://www.der-holzblaeser.de/oboen/buffet www.woodwind.at

Bilder:

Karl Hentschel: Das Oboenrohr; Eine Bauanleitung Oboe d’amore- Oboe- Englisch Horn; Moeck Verlag Celle http://www.mascherata.de/Instrumente.htm http://www.heckel.de/de/prod-heckelphon.htm http://www.mlahanas.de/Greeks/LX/Aulode.html http://www.tritonus.ch/Instrumentenordner/Schalmei.htm http://www.musik-anzeigen.net/kleinanzeige-Gestohlene-Oboe-d-amore-Loree-FI-41- 95671.html www.wienerinstrumente.at http://en.wikipedia.org/wiki/File:Baroque_oboe.jpg 29