„Manch Liberaler Würde Sich Nie Mit Einem Linken Zusammensetzen“
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Politik „Manch Liberaler würde sich nie mit einem Linken zusammensetzen“ Politisch sind die beiden selten einer Meinung – trotzdem sind DIETMAR BARTSCH (Die Linke) und JÜRGEN KOPPELIN (FDP) seit Jahren befreundet. Mit p&k sprachen sie über Reinhard Mey, das Rupfen von Ministern und warum sie gemeinsam so gut lästern können. einer gemeinsamen Delegationsreise nach Koppelin: War das nicht, als mich die Lin- Koppelin: … und für Entwicklung und wirt- Meistens bin ich deshalb vorsichtig, was ich mit einem Linken zusammensetzen, INTERVIEW: SANDRA SCHMID UND NICOLE ALEXANDER China zu erzählen. Koppelin ergänzt. Auf ken erschießen wollten … schaftliche Zusammenarbeit. sage – aber mit Jürgen Koppelin geht das. habe ich den Eindruck. Fragen warten die beiden nicht. Die Stich- Bartsch: … und ich Dich gerettet habe? Bartsch: Genau, den Niebel-Etat. Da haben Koppelin: Wenn ich zum Beispiel mit ein Dietmar Bartsch, 55, steht zuerst in der worte liefern sie sich meist selbst. Der Zeit- (lacht laut) wir einen sehr guten Draht zueinander. paar FDP-Freunden unten im Keller der Plötzlich eine Lautsprecherdurchsage: Tür. Hoch aufgeschossen, fast ein wenig druck? Offenbar vergessen. Nach einer Mi- Koppelin: Du hast meine Begnadigung un- Was verbindet Sie noch? Sie kommen Parlamentarischen Gesellschaft zusam- „Die Mitglieder der Fraktion werden gebe- schlaksig. Dann kommt Jürgen Koppelin, nute das erste dröhnende Lachen. terschrieben! (lacht auch) beide aus Norddeutschland … mensitze und du kommst vorbei … ten, die Plätze im Plenum zu verstärken.“ 67: Groß auch er, kräftig, volles weißes Bartsch: Nein, im Ernst, so eine Freund- Koppelin: Wir haben einfach die gleiche Bartsch: … dann sag ich so etwas wie: ‚Aha, Die beiden scheinen die Aufforderung gar Haar. Zusammen rutschen sie auf das Sofa Herr Koppelin, Herr Bartsch – wie schaft entwickelt sich mit der Zeit. Wir Mentalität, den gleichen Humor. So eine die Blockfreunde haben wieder den gan- nicht zu hören, reden angeregt weiter. in Koppelins Büro. Bartsch hat es eilig: Wie haben Sie sich eigentlich besser ken- sind ja beide im Haushaltsausschuss und Art englischen Humor. zen Tisch okkupiert‘. Jürgen kann dann lange dauert das, worüber sprechen wir? nengelernt? Gab es ein bestimmtes Mitberichterstatter für den Etat des Bun- Bartsch: Manchmal tut dieser ein bisschen lachen, manch andere gucken … Was mögen Sie an Herrn Bartsch, Herr Ach so, Freundschaft. Bartsch beginnt von Ereignis? despräsidenten … Foto: www.baumannstephan.com weh. Man darf nicht zu dünn besaitet sein. Koppelin: … stinkig. Die würden sich nie Koppelin? 18 politik &kommunikation | Mai/Juni 2013 politik &kommunikation | Mai/Juni 2013 19 Politik Politik Dietmar Bartsch wuchs in der DDR auf, studierte Wirtschafts- wissenschaften und wurde 1990 in Moskau Positionen vertritt, die in der Fraktion litbüro in Havanna gleich die richtigen dass sie sich mit Kollegen aus ande- promoviert. Die Polit-Karriere des 55-Jähri- nicht mehrheitsfähig sind. Da hilft es, Leute getroffen. (lacht) ren Fraktionen gut verstehen? gen begann 1989 in der PDS, zunächst als wenn man sich auf die Schulter klopft Koppelin: Als Gregor Gysi vor Kurzem sei- Schatzmeister, später als Bundesgeschäfts- und sagt: ‚Die wissen nicht, was sie tun.‘ Wieder eine Lautsprecherdurchsage: „Es nen 65. Geburtstag gefeiert hat, bin ich führer und Wahlkampfleiter. Nach der Wahl- Herr Koppelin, wie haben Sie den folgt noch einmal ein Rundruf aus dem natürlich hin. Das war für mich selbstver- schlappe 2002 zog er sich aus der Politik Parteitag 2012 erlebt, als Herr Bartsch Fraktionsbüro. Die Mitglieder der Frak- ständlich. Aber von den anderen Parteien zurück, drei Jahre später wurde er Bundes- vergeblich als Parteivorsitzender der tion werden dringend gebeten, die Plätze geschäftsführer der Linken. 2012 unterlag war niemand da. Linkspartei kandidiert hat? im Plenum zu verstärken.“ der stellvertretende Fraktionsvorsitzende in Bartsch: Von den Sozialdemokraten kam Koppelin: Es kommt ja eher selten vor, dass einer Kampfkandidatur um den Parteivorsitz. sehr spät jemand, als die Medien weg ich Parteitage der Linken verfolge, aber Bartsch: Bei mir ist die Lautsprecheranlage waren. Das ist unsouverän. Ich finde es dieser hat mich interessiert. Ich habe leider kaputt gegangen. (grinst) schrecklich, wenn auch das Persönliche extra im Internet geguckt, wie die Ab- Gehen Sie denn ab und zu gemeinsam die Solidarität und Die Linke nicht die streng nach Parteien getrennt ist. Man- stimmung gelaufen ist – und sehr bedau- ein Bier trinken? Freiheit. Beides geht aber letztlich nur che erwarten das vielleicht. Aber dann ert, dass er nicht gewählt wurde. Ein Feh- Bartsch: Also, wenn man im Haushalts- zusammen. Die Differenzen beginnen müssen wir eben zeigen, dass die poli- ler, wie ich finde. Die Linke hätte profi- ausschuss heftige Auseinandersetzungen bei viel irdischeren Problemen. Zum Bei- tische Auseinandersetzung nicht aus- tiert, wenn er Vorsitzender geworden hatte, dann gehört es dazu, hinterher ein spiel der Frage des Spitzensteuersatzes…. schließt, dass man ansonsten normal wäre. Bier trinken zu gehen. Ist eigentlich bekannt, dass Sie so gut miteinander umgeht. Koppelin: Er ist nicht so verbissen wie ei- „ Wir haben die gleiche Bartsch: Als meine Partei 2002 an der Koppelin: Und dann lästern wir ein biss- miteinander können? Der Haushaltsausschuss, dem Sie nige in seiner Partei. Der andere ist kein Mentalität, den gleichen Fünf-Prozent-Hürde gescheitert ist und chen. Das kann ich mit ihm gut, denn ich Koppelin: Nein, wir laufen ja nicht Re- beide angehören, ist als Hüter des Gegner für ihn, er versucht ihm seinen nicht mehr als Fraktion in den Bundestag weiß, dass er nichts weitertragen würde. klame. Budgetrechts des Parlaments wohl Standpunkt auch mit Witz nahezubrin- Humor. Eine Art englischen einziehen konnte, brachte das für mich Bartsch: Wir können uns durchaus auch Ist das hier dann eine Art Outing? der mächtigste Ausschuss im Bundes- gen. Ich höre ihm gern zu. Er kommt Humor“ Jürgen Koppelin den völligen Neustart: Ich war nicht mehr Kritisches über Kollegen in der eigenen Bartsch: Die, die mich nicht leiden kön- tag. Kann es sein, dass sich hier über- zwar aus einer anderen politischen Rich- Bundestagsabgeordneter, nicht mehr Fraktion erzählen, ohne dass es hinterher nen, werden sagen: ‚Hab ich es doch ge- parteiliche Freundschaften leichter tung, aber ich verstehe ihn. Außerdem ist Bundesgeschäftsführer, nicht mehr Wahl- im „Spiegel“ steht. wusst. Eigentlich müsste er in der FDP entwickeln, weil man gemeinsam die Dietmar immer für Überraschungen gut. Koppelin: (lachend) Ich bin neben Wolf- kampfleiter – ich war nur noch einfaches Freundschaft setzt ja eine Geistesver- sein.‘ Das stört mich aber nicht, spricht Begehrlichkeiten der Regierung ab- Letztens habe ich ihm erzählt, dass ich gang Kubicki der zweite „Quartalsirre“? Mitglied. In dieser Situation bekam ich wandtschaft voraus. Geht das denn, nicht für diejenigen. wehren muss? mich mit dem Kulturstaatsminister zu- Bartsch: Das sagen andere. damals von Jürgen einen handgeschrie- wenn man politisch solch unter- Koppelin: Es gab schon Leute aus meiner Bartsch: Abwehren, darum geht es nicht. sammensetze, und ihn gefragt, ob in sei- Koppelin: Stimmt. benen Brief. Das hat mich beeindruckt. schiedliche Positionen vertritt wie Fraktion, die gesagt haben: ‚Wie kannst Wir entscheiden! nem Wahlkreis ein Denkmal zu restau- Bartsch: Mein Landesverband, Die Linke Herr Bartsch, wie finden Sie eigent- Sie? du nur mit so einem Linken …‘ Koppelin: Und das Kabinett sitzt draußen rieren sei. Ich dachte, jetzt lässt er be- in Mecklenburg-Vorpommern, wird auch lich Reinhard Mey? Koppelin: Ich sehe es so: Dietmar engagiert Haben andere Abgeordnete mehr und muss warten. stimmt das Haus der Deutsch-Sowjeti- von dem einen oder anderen kritisch ge- Bartsch: (stutzt) Ich weiß nicht, Jürgen, sich für Menschen, die auf der Schatten- Probleme als Sie, öffentlich zu zeigen, Aber es könnte ja sein, dass die FDP schen Freundschaft renovieren, aber nix sehen. Außerdem haben wir beide schon den kennst du besser als ich. seite stehen, für Gerechtigkeit. Wenn Li- die eigenen Minister schont. Aller- da, er hat mir eine Kapelle vorgeschla- mit den Parteifreunden heftige Kontro- Koppelin: Ja, das ist ein Freund von mir. berale ihre Aufgabe ernstnehmen, dann dings: Mit Dirk Niebel haben Sie das gen! versen gehabt. Er hat ein Lied über die Freundschaft müssen sie das genauso tun. bei den letzten Haushaltsberatungen Und umgekehrt, Herr Bartsch, was Stärken Sie sich in solchen Situatio- geschrieben. Darin heißt es: ‚Habt Sie könnten also auch in der gleichen „ Ich finde es schrecklich, nicht gemacht. mögen Sie an Herrn Koppelin? nen gegenseitig den Rücken? Dank für die Zeit, die ich mit euch Partei sein? wenn auch das Persönliche Bartsch: Es sind schon andere Minister ge- Bartsch: Mich hat beeindruckt, dass sich Bartsch: Ich erinnere mich an eine Situa- verplaudert hab, und für eure Ge- Bartsch: Das nun nicht gerade. Es gibt aber rupft worden. Das gab es zu allen Zeiten. Jürgen als Mitglied der Koalition nicht tion nach der Bundestagswahl 2009: Jür- duld, wenn’s mehr als eine Meinung Werte, die uns verbinden, Solidarität und nach Parteien getrennt ist“ Koppelin: Gestern erst habe ich wieder anders verhält als in der Opposition. Da gen war als Parlamentarischer Geschäfts- gab, dafür, dass ihr nie fragt, wann ich Freiheit. Natürlich betont die FDP nicht Dietmar Bartsch einen gerupft! Ich habe den Staatssek- habe ich bei anderen schon 180-Grad- führer nicht bestätigt worden. Da habe