DeutscherDeutscher BundestagBundestag DrucksacheDrucksache 18/18/1276012760 18.18. Wahlperiode Wahlperiode 15.06.201715.06.2017 MUSTER UnterrichtungUnterrichtung durchdurch diedie BundesregierungBundesregierung

BerichtBericht desdes BundeskartellamtesBundeskartellamtes überüber seineseine TätigkeitTätigkeit inin denden JahrenJahren 2015/20162015/2016  sowiesowie überüber diedie LageLage undund EntwicklungEntwicklung aufauf seinemseinem AufgabengebietAufgabengebiet  undund   StellungnahmeStellungnahme derder BundesregierungBundesregierung

InhaltsübersichtInhaltsübersicht Seite

StellungnahmeStellungnahme derder BundesregierungBundesregierung zumzum TätigkeitsberichtTätigkeitsbericht  desdes BundeskartellamtesBundeskartellamtes 2015/20162015/2016 ...... III

I. Grundsätze der Wettbewerbspolitik ...... III

II. Schwerpunkte der Kartellrechtspraxis...... VIII

III. Europäische Wettbewerbspolitik ...... XII

IV. Internationale Wettbewerbspolitik ...... XIII

V. Vergaberecht...... XIV

BerichtBericht desdes BundeskartellamtesBundeskartellamtes überüber seineseine TätigkeitTätigkeit inin denden JahrenJahren 2015/20162015/2016 sowie sowie über über die die Lage Lage und und Entwicklung Entwicklung auf  seinem Aufgabengebietauf seinem Aufgabengebiet ...... 1

Erster Abschnitt Wettbewerbliche Entwicklungen und wettbewerbspolitische Lage . . . . 11

Zweiter Abschnitt Tätigkeit nach Wirtschaftsbereichen ...... 51

Dritter Abschnitt Tätigkeitsbericht der Vergabekammern ...... 131

Vierter Abschnitt Geschäftsübersicht ...... 139

ZugeleitetZugeleitet mitmit SchreibenSchreiben desdes BundesministeriumsBundesministeriums fürfür Wirtschaft undund EnergieEnergie vom 14.14. Juni 20172017 gemäß § 53 AbsatzAbsatz 2 desdes GesetzesGesetzes gegengegen Wettbewerbsbeschränkungen. Wettbewerbsbeschränkungen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – III – Drucksache 18/12760

Stellungnahme der Bundesregierung zum Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamtes 2015/2016

I. Grundsätze der Wettbewerbspolitik 5. Auf europäischer Ebene beraten die Mitgliedstaa- ten derzeit den Richtlinienvorschlag der Europäischen 1. Allgemeine Lage Kommission zur Stärkung der Wettbewerbsbehörden der 1. Die deutsche Wirtschaft ist in den Jahren 2015 und Mitgliedstaaten. Die Bundesregierung begrüßt diesen 2016 unverändert in einer sehr guten Verfassung. Auch Vorschlag grundsätzlich. Für die deutsche Rechtslage und im Berichtszeitraum hat sich der Wachstumstrend der Praxis sind nach gegenwärtiger Einschätzung keine we- deutschen Wirtschaft ungebrochen fortgesetzt. Der Be- sentlichen Änderungen zu erwarten. Daneben prüft die schäftigungsgrad in Deutschland ist konstant hoch. Ein- Europäische Kommission einen möglichen Reformbedarf kommenssteigerungen weiter Teile der privaten Haushalte bei der Fusionskontrollverordnung. Im Fokus steht hierbei führen dazu, dass deren Konsum gestärkt wird. Zudem u. a. die Frage, ob auch auf europäischer Ebene eine an trägt der vergleichsweise schwache Euro-Wechselkurs den Transaktionswert anknüpfende Aufgreifschwelle ge- dazu bei, dass die deutsche Exportwirtschaft international schaffen werden sollte, wenn die maßgeblichen Umsatz- wettbewerbsfähig ist. schwellen von den Beteiligten nicht erreicht werden. 2. Von der guten wirtschaftlichen Lage und dem ho- 6. Die Bundesregierung begrüßt, dass das Bundeskar- hen Beschäftigungsgrad profitieren auch die öffentlichen tellamt auf europäischer und weltweiter Ebene intensiv mit Haushalte. Im Jahr 2016 erzielte der Staatshaushalt einen anderen Wettbewerbsbehörden kooperiert. Insbesondere Überschuss in Relation zum nominalen Bruttoinlandspro- die Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission dukt. Die Überschüsse eröffnen den öffentlichen Haushal- und den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten der ten Handlungsspielräume für Konsum und Investitionen. Europäischen Union im European Competition Network Insbesondere Investitionen in die Infrastrukturen leisten (ECN) leistet einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des einen ganz wesentlichen Beitrag zu höherer Wettbewerbs- Wettbewerbs und der Offenhaltung der Märkte auf dem fähigkeit und zur dauerhaften Sicherung des Wohlstands europäischen Binnenmarkt. Gerade angesichts der Globa- in Deutschland und in Europa. lisierung der Wirtschaft ist es von entscheidender Bedeu- tung, dass auch international der rechtsstaatliche und wett- 3. Die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft sind bewerblich geprägte Ordnungsrahmen und dessen Vorteile auch im 21. Jahrhundert die Garanten für den Erfolg für die wirtschaftliche Entwicklung offensiv vertreten und der deutschen Wirtschaft. Vor dem Hintergrund der fort- gefördert werden. Das Bundeskartellamt bringt sich auch schreitenden Mega-Trends der Globalisierung und Digi- hier aktiv ein, z. B. im International Competition Network talisierung der Wirtschaft sowie dem anhaltenden Zuwan- (ICN) oder bei der Konferenz der Vereinten Nationen für derungsdruck aus Krisenregionen gewinnt das Ziel, dass Handel und Entwicklung (UNCTAD), sowie durch ganz möglichst breite Teile der Gesellschaft am wirtschaftli- konkrete Unterstützung von Wettbewerbsbehörden bei der chen Aufschwung teilhaben, an Bedeutung. Funktionie- Entwicklung von wirksamen Durchsetzungsmethoden. render Wettbewerb ist ein wesentlicher Faktor zur Errei- chung dieses Ziels. Denn Wettbewerb sorgt dafür, dass der 2. Digitalisierung wirtschaftliche Fortschritt sich nicht in höheren Gewinnen für einzelne niederschlägt, sondern dass diese Erfolge 7. Die fortschreitende Digitalisierung stellt auch wei- an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben terhin eine wesentliche Herausforderung für die Wett- werden. Nicht zuletzt durch das herausragende Engage- bewerbspolitik dar. Die Offenhaltung der Märkte der ment seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einsatz digitalen Wirtschaft erfordert einen passgenauen Ord- für den Schutz des Wettbewerbs leistet das Bundeskartell- nungsrahmen, der die Marktchancen innovativer Ideen amt damit einen wichtigen Beitrag dazu, dass möglichst und Geschäftsmodelle gewährleistet und die Ausnutzung viele am Wohlstand teilhaben können. von Marktmacht wirksam verhindert. Mit der 9. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) 4. Die Kartellverfolgung stand auch in den Jahren 2015 trägt der nationale Ordnungsrahmen nun den Besonder- und 2016 im Fokus der Arbeit des Bundeskartellamtes. heiten der digitalen Wirtschaft Rechnung. Zugleich sollte Die Gesamthöhe der in diesem Berichtszeitraum verhäng- auch der Ordnungsrahmen auf europäischer Ebene wei- ten Geldbußen bleibt im langjährigen Rahmen. Die kon- terentwickelt werden zu einem funktionierenden digitalen sequente Stärkung der Kartellverfolgung zahlt sich damit Binnenmarkt. weiterhin aus. Regelungslücken im Kartellordnungswid- rigkeitenrecht, die im Berichtszeitraum dazu geführt hat- 8. Die Bundesregierung würdigt den Einsatz des Bun- ten, dass eine bereits verhängte Geldbuße in beachtlicher deskartellamtes bei seiner Befassung mit den wettbe- Höhe nicht eingetrieben werden konnte, wurden mit der werbsrelevanten Fragen der digitalen Wirtschaft. Das 9. GWB-Novelle weitestgehend beseitigt und damit die Bundeskartellamt hat sich aktiv am Diskussionsprozess wirkungsvolle Sanktionsdrohung wiederhergestellt. um die Anpassungen des Kartellrechts an die besonderen Drucksache 18/12760 – IV – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Herausforderungen der Internetökonomie beteiligt. Insbe- gleiten und weiter zu untersuchen, wie ein digitaler Ord- sondere der 2015 eingerichtete Think Tank hat mit seinem nungsrahmen für die Wirtschaft gestaltet werden kann. Arbeitspapier zur Marktmacht von Plattformen und Netz- Dabei wird es darauf ankommen, der Komplexität und den werken einen wichtigen Beitrag für den Gesetzgebungs- sich schnell und laufend verändernden Geschäftsmodellen prozess der 9. GWB-Novelle geleistet. Die Prüfverfahren und unternehmerischer Verhaltensweisen in einer Weise des Amtes bei Fusionen von Datingplattformen, Immobi- Rechnung zu tragen, die möglichen negativen Entwick- lienplattformen und Vergleichsportalen zeigen, dass es in lungen effektiv entgegenwirkt und zugleich die positiven seinen Verfahren die aktuellen Erkenntnisse aus der For- innovationsfördernden Wirkungen eines internetbasierten schung zur Internetökonomie in der kartellbehördlichen Wettbewerbs möglichst wenig einschränkt. Praxis erfolgreich und souverän anwenden kann. Auch den besonderen Herausforderungen, die sich bei der öko- 3. Entwicklung des deutschen nomischen Analyse in der kartellrechtlichen Prüfung stel- Wettbewerbsrechts len, trägt das Amt in angemessener Weise Rechnung (z. B. bei der Marktabgrenzung, wenn auf zwei- bzw. mehrseiti- a. 9. GWB-Novelle gen Märkte sogenannte Plattformen agieren). 13. Mit der im März 2017 vom Deutschen Bundestag 9. Die zahlreichen Verfahren mit Schwerpunkt in der verabschiedeten 9. GWB-Novelle ist der wettbewerbs- Internetwirtschaft, die das Bundeskartellamt auf der rechtliche Ordnungsrahmen an die aktuellen Erfordernis- Grundlage des noch nicht novellierten GWB durchgeführt se der veränderten wirtschaftlichen Realitäten angepasst hat, zeigen nach Ansicht der Bundesregierung, dass das worden. Kartellrecht grundsätzlich geeignet ist, wettbewerbliche Probleme in der Internetökonomie erfolgreich zu lösen. (1) Änderungen in Bezug auf die digitale Die 9. GWB-Novelle, die Vorschläge auch des Bundeskar- Wirtschaft tellamtes zu nötigen Anpassungen des Gesetzes in Einzel- aspekten aufgegriffen hat, führt zu weiterer Effektivität. 14. Mit der Aufnahme weiterer Marktmachtkriterien in Aus Sicht der Bundesregierung kommt es entscheidend § 18 Absatz 3a GWB wird klargestellt, dass Aspekte wie darauf an, dass das bereits vorhandene Instrumentarium Netzwerkeffekte und der Zugang zu Daten insbesondere auch eingesetzt wird. Dieses ermöglicht es, flexibel und bei den im Internet verbreiteten Geschäftsmodellen der der Dynamik der Internetökonomie entsprechend auf Netzwerke und mehrseitigen Märkte künftig zu berück- Wettbewerbsprobleme einzugehen, etwa mit dem Instru- sichtigen sind. Das Bundeskartellamt hat einige dieser ment von Verpflichtungszusagen. Kriterien, die aus der neueren ökonomischen Forschung zu Netzwerken und Plattformen stammen, bereits in frü- 10. Aus Sicht der Bundesregierung besteht eine beson- heren Verfahren, z. B. bei Datingplattformen, angewendet. dere Herausforderung darin, der Dynamik der Interne- Mit der gesetzlichen Ausgestaltung wurde hier für die tökonomie entsprechend schnell auf auftretende Wett- Rechtsanwendung und die Unternehmen Rechtssicherheit bewerbsprobleme reagieren zu können und Schäden für geschaffen. den Wettbewerb und die Marktteilnehmer zu vermeiden. Die Bundesregierung sieht ebenso wie das Bundeskar- 15. Im Wesentlichem dem Ziel der Schaffung von tellamt die Notwendigkeit, Wettbewerbsprobleme schnell Rechtssicherheit dient auch die Regelung des § 18 Ab- zu beseitigen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die satz 2a, wonach es der Annahme, dass eine Leistung auf Selbstverstärkungstendenz von Netzwerkeffekten, die auf einem Markt im Sinne des GWB erbracht wird, nicht ent- Plattformmärkten ohnehin gegeben ist und die sich weiter gegensteht, wenn sie ohne Zahlung einer monetären Ge- forcieren und damit einer Monopolisierung Vorschub leis- genleistung erfolgt. Damit wird es dem Bundeskartellamt ten kann. erleichtert, die in der digitalen Wirtschaft weitverbreiteten Gratis-Geschäftsmodelle, bei denen Leistungen für Ver- 11. Die Bundesregierung prüft deshalb, welche Möglich- braucherinnen und Verbraucher kostenlos angeboten wer- keiten für eine Verfahrensbeschleunigung bestehen und ob den, zu untersuchen und mögliche Verstöße schnell und neue verfahrensrechtliche Instrumente nötig sind. Das be- effektiv zu unterbinden. trifft auch die Frage, ob die geltenden hohen gesetzlichen Anforderungen an den Erlass einstweiliger Maßnahmen (2) Aufgreifschwellen in der abzusenken sind. Auch die, nicht näher präzisierte, Forde- Fusionskontrolle rung des Bundeskartellamtes zur Weiterentwicklung des Instrumentariums für die Kartellbehörden, wird die Bun- 16. Mit der an das Transaktionsvolumen anknüpfen- desregierung in ihre Überlegungen einbeziehen, ob und den Aufgreifschwelle für die Fusionskontrolle wird das inwieweit es zusätzlicher Maßnahmen für einen zukunfts- Bundeskartellamt künftig auch Zusammenschlüsse prü- orientierten digitalen Ordnungsrahmen bedarf. fen können, die für den Wettbewerb von Bedeutung sind, wenn die beteiligten Unternehmen nicht die bisher für die 12. Aus Sicht der Bundesregierung ist eine allgemeine Fusionskontrollpflicht ausschließlich maßgeblichen Um- sektorspezifische Marktregulierung von Internetplattfor- satzschwellen erreichen. Die Bundesregierung begrüßt, men gegenwärtig nicht angezeigt. Die Bundesregierung dass das Bundeskartellamt, wie in der Gesetzesbegrün- sieht insbesondere aufgrund des Potentials digitaler Platt- dung angesprochen, Leitlinien zu Einzelfragen der Neu- formen aber die Notwendigkeit, deren Entwicklung zu be- regelung, etwa zur Bestimmung des Gegenwertes für den Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – V – Drucksache 18/12760

Zusammenschluss oder zur Frage der erheblichen Inland- (6) Kartellrechtsausnahme für stätigkeit des erworbenen Unternehmens erarbeiten wird. Kooperationen von Presseverlagen 21. Das Bundeskartellamt kritisiert die Rechtsunsicher- (3) Unternehmensverantwortlichkeit heit für die betroffenen Verlage, da die Freistellung auf na- für Bußgelder tionale Sachverhalte beschränkt ist, Verhaltensweisen aber nach EU-Kartellrecht mit Bußgeld sanktioniert sein könn- 17. Zur Gewährleistung einer effektiven Bekämpfung ten. Insoweit weist die Bundesregierung darauf hin, dass und Prävention von Kartellen ist eine wirksame Sankti- die Neuregelung den Unternehmen die Möglichkeit gibt, onsdrohung entscheidend. Dies war zuletzt nicht mehr eine solche Rechtsunsicherheit weitgehend zu mildern, da in vollem Umfang gewährleistet, weil es Unternehmen sie einen Anspruch haben auf eine Entscheidung, dass die gelungen ist, sich durch gesellschaftsrechtliche Umstruk- Voraussetzungen für ein Verbot nach Artikel 101 AEUV turierungen und Vermögensverschiebungen der Verpflich- nach vorliegenden Erkenntnissen der Kartellbehörde nicht tung zur Zahlung der gegen sie verhängten Geldbuße zu gegeben sind. entziehen. Bereits im Rahmen der 8. GWB-Novelle wur- den daher einige Lücken bei der Haftung bei Unterneh- mensnachfolgen im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (7) Missbrauchsvorschriften geschlossen. 22. Mit den Präzisierungen beim sog. Anzapfverbot (§ 19 18. Diese Änderungen haben sich in der Praxis des Bun- Absatz 2 Nr. 5 GWB) und beim Verbot des Anbietens un- deskartellamtes als nicht hinreichend erwiesen. Es ist wei- ter Einstandspreis (§ 20 Absatz 3 Nr. 1 GWB) wird die teren Unternehmen gelungen, sich von der Verpflichtung Anwendbarkeit dieser Vorschriften in der Praxis verbes- zur Zahlung der Geldbuße zu befreien. Um zu verhindern, sert. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass gera- dass es zu weiteren Fällen kommt, wird daher eine kar- de die Definition des Einstandspreises einen Beitrag dazu tellrechtsspezifische Regelung geschaffen, die sich an leisten kann, dass gerade im Lebensmitteleinzelhandel die das EU-Wettbewerbsrecht anlehnt und in die Systematik Position der Lieferanten und kleinerer Wettbewerber ge- des Ordnungswidrigkeitenrechts integriert ist. Mit der stärkt wird. Neuregelung werden neben der Verantwortlichkeit von Muttergesellschaften auch Fälle der rechtlichen und wirt- (8) Ausnahmen von der Fusionskontrolle bei schaftlichen Nachfolge erfasst werden, bei denen unter kreditwirtschaftlichen Verbundgruppen dem allgemeinen Ordnungswidrigkeitenrecht bisher eine 23. Für Zusammenschlüsse von Tochter-Unternehmen, Befreiung von der Bußgeldzahlung möglich war. die den Mitgliedern einer kreditwirtschaftlichen Ver- bundgruppe (also insbesondere Sparkassen und Genos- (4) Umsetzung der EU-Richtlinie zum senschaftsbanken) sog. Back office-Dienstleistungen Schadensersatz wegen anbieten, wird eine Ausnahme von der Fusionskontrolle Kartellrechtsverstößen geschaffen. Im Hinblick auf die gegenwärtige Niedrig- zinsphase trägt diese Regelung aus Sicht der Bundesre- 19. Zudem wurde die EU-Richtlinie 2014/104/EU zum gierung dazu bei, die Zusammenarbeit innerhalb kredit- Schadensersatz wegen Kartellrechtsverstößen in deut- wirtschaftlicher Verbundgruppen zu erleichtern und die sches Recht umgesetzt. Insbesondere durch die vorge- Stabilität des Finanzsektors damit weiter zu stärken. sehenen Auskunftsansprüche wird die Beschaffung von Informationen sowohl für Geschädigte als auch für Schä- diger deutlich vereinfacht werden. Die Bundesregierung (9) Ministererlaubnis teilt die Auffassung des Bundeskartellamtes, dass es Ge- 24. Mit den Neuregelungen zum Verfahren über die Er- schädigten mit den neuen Regelungen künftig erleichtert teilung einer Ministererlaubnis soll das Verfahren noch wird, ihre Schadensersatzansprüche geltend zu machen. transparenter ausgestaltet werden. Zugleich wird die Po- sition der Monopolkommission gestärkt und in geeigneten (5) Verbraucherschutz Fällen auch die Kommission zur Ermittlung der Konzen- tration im Medienbereich in das Verfahren einbezogen. 20. Das Bundeskartellamt wird künftig auch bei zu ver- Zudem wird das Verfahren gestrafft, um möglichst schnell mutenden Verstößen gegen verbraucherschützende Vor- Rechtssicherheit für die Unternehmen und deren Beschäf- schriften Sektoruntersuchungen durchführen können. tigte zu erreichen. Daneben wird sich das Amt auch als sog. amicus curiae in zivilgerichtlichen Verfahren einbringen können, die sol- b. Strafrecht che Verstöße zum Gegenstand haben. Beide Instrumente haben sich in der Kartellrechtspraxis bewährt und können 25. In der Arbeitsgruppe des Strafrechtsausschusses der nach Auffassung der Bundesregierung auch bei verbrau- Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der cherrechtlichen Verstößen einen Beitrag zu einem noch Länder ist während des Berichtszeitraums die Strafbarkeit effektiveren Schutz der Verbraucherinnen und Verbrau- von Kartellverstößen diskutiert worden. Am 17. November cher leisten. Die Bundesregierung begrüßt daher, dass das 2016 haben die Justizministerinnen und Justizminister der Bundeskartellamt beabsichtigt, von diesen Kompetenzen Länder auf ihrer Herbstkonferenz beschlossen, dass keine aktiv Gebrauch zu machen. Änderung der gegenwärtigen Rechtslage, wonach Kartell- Drucksache 18/12760 – VI – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode rechtsverstöße – abgesehen vom Submissionsbetrug – als OLG Düsseldorf Beschwerde eingelegt. Das Gericht hat Ordnungswidrigkeiten behandelt werden, notwendig er- mit Beschluss vom 15. März 2017 die Entscheidung des scheint. Die Bundesregierung teilt diese Einschätzung der Bundeskartellamtes bestätigt. Da das OLG Düsseldorf in Justizministerinnen und Justizminister der Länder. Sie ist diesem Fall die Anwendbarkeit des europäischen Rechts der Auffassung, dass die Einführung einer strafrechtlichen bejaht hat, wurde es erforderlich, sich im Rahmen der Sanktionierung für Kartelltäter einer sehr sorgfältigen Prüfung der Freistellungsvoraussetzungen gemäß Arti- Prüfung bedarf. Sie sieht insbesondere die Gefahr, dass kel 101 Absatz 3 AEUV auch mit der Neuregelung des durch einen Systemwechsel zur Strafrechtsverfolgung die BWaldG auseinanderzusetzen. Das Gericht hat § 46 Ab- Effizienz des Wettbewerbsschutzes beeinträchtigt werden satz 2 BWaldG unberücksichtigt gelassen, weil die Neure- könnte: Zum einen müsste eine überzeugende Lösung für gelung nach seiner Auffassung nicht mit vorrangigem eu- das Problem gefunden werden, dass durch geteilte Zustän- ropäischen Recht vereinbar sei. Gegen die Entscheidung digkeiten der Staatsanwaltschaft für die Strafverfolgung des OLG Düsseldorf hat das Land Baden-Württemberg und der Kartellbehörden für die Bußgeldverfahren nach Rechtsbeschwerde beim BGH eingelegt. dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten eine weitere Ver- fahrenszersplitterung eintreten würde. Zum anderen wäre 30. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass ein zu besorgen, dass das Kronzeugenprogramm des Bun- Urteil des BGH dazu beitragen wird, die Abgrenzung deskartellamtes als Quelle der Informationsgewinnung zwischen hoheitlicher und wirtschaftlicher Tätigkeit bei dadurch entwertet würde, dass Beteiligte wegen der dro- den der Holzvermarktung im engeren Sinne vorgelagerten henden Strafverfolgung davon absehen, Kartellverstöße Tätigkeiten genauer zu konturieren. Die Bundesregierung gegenüber den Kartellbehörden zu offenbaren. erwartet darüber hinaus, dass sich das Gericht mit der Vermutungsregel des BWaldG für eine Freistellung nach 26. Angesichts der konsequenten Bebußung der verant- Artikel 101 Absatz 3 AEUV auseinandersetzen wird und wortlichen handelnden Personen bei Kartellrechtsver- die Frage nach der europarechtlichen Zulässigkeit beant- stößen durch das Bundeskartellamt ist die gegenwärtige wortet. Rechtslage auch als ausreichend wirksam und zweckmä- ßig zu beurteilen. Darüber hinaus weist das Bundeskar- 2. Liberalisierung/Regulierung in einzelnen tellamt nach Auffassung der Bundesregierung zu Recht Bereichen darauf hin, dass von einer effektiven Sanktionierung der Unternehmen bei Kartellrechtsverstößen mittelbar eine a. Telekommunikation präventive Wirkung gegenüber den handelnden Personen ausgeht, die sich unter anderem nach der Beobachtung des 31. Das Bundeskartellamt hat sich auch in den Jahren Bundeskartellamtes darin zeigt, dass Unternehmen ver- 2015 und 2016 intensiv mit den Wettbewerbsverhältnis- stärkt in Compliance investieren, um kartellrechtswidriges sen der Telekommunikationsbranche auseinandergesetzt Verhalten von Mitarbeitern zu verhindern. und wichtige Unterstützung bei der Klärung wettbewerbs- rechtlicher Fragen geleistet. Eine flächendeckend dynami- c. Bundeswaldgesetz sche Entwicklung leistungsfähiger Telekommunikations- märkte und -infrastrukturen als weitere Grundlage für die 27. Anlass für die am 27. Januar 2017 in Kraft getrete- Digitalisierung ist von hoher Bedeutung für die Leistungs- ne Gesetzesänderung des Bundeswaldgesetzes (BWaldG) fähigkeit der deutschen Wirtschaft. Dabei spielen die zu- war ein Verfahren des Bundeskartellamtes gegen das Land nehmende Konvergenz zwischen den Infrastrukturen und Baden-Württemberg. Das Bundeskartellamt hat mit Blick der schnell wachsende mobile Datenverkehr eine immer auf die gemeinsame Vermarktung von Nadelstammholz größere Rolle. aus Staats-, Privat- und Körperschaftswald einen Verstoß gegen das Kartellverbot festgestellt. Der Fall ist von be- 32. Die Bundesregierung misst der Entwicklung der sonderer wettbewerbspolitischer Bedeutung, weil in sei- Telekommunikationsmärkte und der digitalen Wirtschaft nem Zentrum die Frage steht, in welchem Umfang das insgesamt eine überragende Bedeutung zu. Sie schenkt Wettbewerbsrecht auf staatliche Tätigkeiten Anwendung deshalb der Fortentwicklung der Rahmenbedingungen für findet. die digitale Wirtschaft auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene im Zuge der Umsetzung ihrer Digi- 28. Im Laufe des Kartellverfahrens wurde das BWaldG talen Agenda besonderes Augenmerk. um Freistellungstatbestände ergänzt, die in § 46 Absatz 1 BWaldG vorsehen, dass für bestimmte forstliche Dienst- 33. Auf europäischer Ebene wird der Vorschlag der Eu- leistungen, wie z. B. das Holzauszeichnen, § 2 GWB als ropäischen Kommission vom September 2016 für eine erfüllt gilt, soweit nationales Kartellrecht anwendbar ist. Richtlinie über einen europäischen Kodex für die elektro- § 46 Absatz 2 BWaldG enthält hinsichtlich des EU-Kar- nische Kommunikation weiterhin intensiv diskutiert. Ziel tellrechts eine widerlegliche Vermutungsregelung, dass der maltesischen Präsidentschaft ist es, die inhaltlichen für diese forstlichen Dienstleistungen die Voraussetzun- Diskussionen zu allen Themenbereichen möglichst weit gen für eine Freistellung nach Artikel 101 Absatz 3 AEUV voranzutreiben. Die in der zweiten Jahreshälfte überneh- gegeben sind. mende estnische Ratspräsidentschaft wird dann voraus- sichtlich das Ziel verfolgen, eine weitgehende Einigung 29. Gegen die Untersagungsentscheidung des Bundes- im Rat zu erreichen und bis Ende 2017 eine allgemeine kartellamtes hatte das Land Baden-Württemberg beim Ausrichtung zu verabschieden. Die Bundesregierung un- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – VII – Drucksache 18/12760 terstützt diese Ziele. Für die Bewertung des Vorschlages grundsätzlich bei einem wettbewerblichen Entsorgungs- und für die Erarbeitung der Positionierung der Bundes- konzept, wie es bislang in der Verpackungsverordnung regierung sind die wettbewerblichen Einschätzungen des angelegt ist. Kernpunkte des Gesetzentwurfes sind neben Bundeskartellamtes sehr bedeutsam. Im Rahmen der Re- der deutlichen Erhöhung der Recycling-Quoten die Ein- gulierung soll weiterhin das Ziel der Wettbewerbsförde- richtung einer hoheitlich beliehenen und von den Pro- rung gleichrangig neben dem Binnenmarktziel, dem Ziel duktverantwortlichen finanzierten Zentralen Stelle sowie der Förderung der Interessen der Endnutzer sowie dem eine Stärkung der kommunalen Einflussmöglichkeiten vor neuen Ziel der Förderung des Zugangs zu und der Nut- Ort, um Restmüll- und Wertstoffsammlung optimal auf- zung von Verbindungen mit sehr hoher Kapazität im Vor- einander abstimmen zu können. Der Bundestag hat das dergrund stehen. Wichtiges Ziel der Bundesregierung ist Gesetz am 30. März 2017 beschlossen, der Bundesrat hat zudem, sog. Over-the-Top-Dienste nur vorsichtig im Be- am 12. Mai davon abgesehen, den Vermittlungsausschuss reich der Verbraucherrechte in den Regulierungsrahmen anzurufen. einzubeziehen; dabei sollten diese Dienste schwerpunkt- mäßig im Bereich des Datenschutzes und der Datensicher- 39. Die Bundesregierung teilt die Einschätzung des Bun- heit einbezogen werden. Im Bereich der Frequenzverwal- deskartellamtes, dass Wettbewerb in der Verpackungs- tung soll den nationalen Behörden weiterhin ein weiter entsorgung effizienzsteigernd wirkt. Sie stimmt dem Handlungsspielraum zukommen, um effektiv auf beson- Bundeskartellamt auch darin zu, dass es in der Praxis aus dere nationale Marktsituationen reagieren zu können. wettbewerblicher Sicht darauf ankommen wird, wie sich die mit dem neuen Verpackungsgesetz erweiterten Ein- 34. Im Berichtszeitraum hat sich der Konsolidierungs- flussmöglichkeiten der Kommunen auf die von den dua- prozess insbesondere im Mobilfunkbereich fortgesetzt. len Systeme zu organisierenden Sammlungen auswirken Der Erwerb von E-Plus durch Telefónica hat nach der werden. Hinsichtlich der vorgesehenen Einrichtung der Freigabe durch die Europäische Kommission die Zahl der Zentralen Stelle weist das Bundeskartellamt zu Recht auf deutschen Mobilfunknetzbetreiber von vier auf drei redu- die wettbewerblich sensible Besetzung der Gremien der ziert. Das Bundeskartellamt und die Kommission waren Zentralen Stelle mit Vertretern der Entsorgungswirtschaft, mit der Umsetzung der Zusagen befasst. Aus der Sicht des des Handels und der dualen Systeme hin. Das Gesetz sieht Bundeskartellamtes ist es nach wie vor ungewiss, ob die deshalb entsprechende Mechanismen unter Einbindung von den Zusagen erwarteten nachhaltigen wettbewerbli- des Bundeskartellamtes vor, um dem Wettbewerb abträgli- chen Impulse für den Mobilfunkmarkt eintreten werden. che Wirkungen zu vermeiden und die Neutralität der Zen- Zudem sind noch einige Fragen in Bezug auf die Zusagen- tralen Stelle zu wahren. Zudem wird auch explizit klarge- verpflichtungen streitig und beim Europäischen Gerichts- stellt, dass die Regelungen des GWB einzuhalten sind. hof anhängig. c. Energie 35. Auch die Bundesregierung sieht die Konzentrati- on auf nur wenige europäische Telekommunikationsun- 40. Die Bundesregierung begrüßt die Bereitschaft des ternehmen tendenziell kritisch. Für eine Bewertung, ob Bundeskartellamtes, auf Basis seiner im April 2016 ge- tatsächlich negative Auswirkungen auf den Wettbewerb starteten Konsultation einen Leitfaden für die kartellrecht- eingetreten sind, ist es derzeit noch zu früh. Die Bundes- liche Missbrauchsaufsicht in der Stromerzeugung vorzu- regierung begrüßt, dass auch die Monopolkommission in legen. Mit Blick auf das Strommarktgesetz vom Juli 2016 ihrem Sondergutachten 73 ausgeführt hat, vor einer fina- und die Fragen der Betroffenen zur Zielrichtung, zu den len Beurteilung der Fusion von E-Plus mit Telefónica zu- Anwendungsregeln und zur Reichweite des kartellrechtli- nächst die weitere Marktentwicklung abwarten zu wollen. chen Missbrauchsverbots im Bereich der Stromerzeugung und des Stromgroßhandels kann ein solcher Leitfaden ei- 36. Die kritische Begleitung des Marktes für Rundfunk- nen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Rechtssicherheit dienstleistungen wird begrüßt. Insbesondere im Markt für leisten. UKW-Übertragungsdienstleistungen hat das Handeln der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamtes zu einer Marktöffnung und zu mehr Wettbewerb geführt. Die fort- d. Verkehr schreitende Digitalisierung im Bereich des Fernsehens und 41. Ziel der Bundesregierung ist, auf nationaler und eu- der Fernsehsignalübertragung wird nach Einschätzung der ropäischer Ebene den Wettbewerb im Eisenbahnsektor zu Bundesregierung weiterhin die Aufmerksamkeit der Wett- stärken. Wichtiger Grundpfeiler der EU-Regelungen für bewerbsaufsicht auch in diesem Bereich erfordern. das Vierte Eisenbahnpaket ist daher aus Sicht der Bun- desregierung, dass weitere Fortschritte bei der Liberali- 37. Die Bundesregierung begrüßt daher die enge Zusam- sierung der Europäischen Eisenbahnmärkte erfolgen, um menarbeit von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur auch im Schienenpersonenverkehr europaweit einen freien im Rahmen der Vorgaben des Telekommunikationsgeset- Netzzugang zu gewährleisten und so den Wettbewerb zu zes. beleben. b. Entsorgung 42. Die Bundesregierung hat mit dem Eisenbahnregulie- rungsgesetz die auf europäischer Ebene erreichte Konsoli- 38. Mit dem im Dezember 2016 vorgelegten Entwurf für dierung des europäischen Eisenbahnregulierungsrechts in ein neues Verpackungsgesetz bleibt die Bundesregierung deutsches Recht umgesetzt. Mehr Verkehr auf der Schiene Drucksache 18/12760 – VIII – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode wird sich nach Auffassung der Bundesregierung nur errei- 47. Tatsächlich vereinnahmt hat das Bundeskartellamt chen lassen, wenn die Marktzugangs- und Entgeltbedin- im Jahr 2015 Bußgelder in Höhe von 331,9 Mio. Euro gungen im Eisenbahnbereich diskriminierungsfrei, ange- und 2016 in Höhe von 289,9 Mio. Euro. Damit liegen die messen und rechtssicher ausgestaltet sind, mehr Effizienz vereinnahmten Bußgelder unter der Höhe der verhängten der Infrastruktur gewährleisten und durch eine starke Re- Bußgelder. Dies ist im Allgemeinen auf die Einlegung von gulierungsbehörde wirksam durchgesetzt werden. Dies Rechtsmitteln durch die bebußten Personen oder Unter- wurde mit dem Eisenbahnregulierungsgesetz erreicht. Es nehmen oder auf die Gewährung von Zahlungserleichte- ist am 2. September 2016 in Kraft getreten. rungen zurückzuführen. Zudem musste das Bundeskartell- amt im sog. Wurstkartell Bußgeldverfahren mit der Folge 43. Die Bundesregierung begrüßt, dass das Bundes- einstellen, dass bereits verhängte Bußgelder in Höhe von kartellamt mit einer konsequenten Durchsetzung der 128 Mio. Euro nicht mehr geltend gemacht werden konn- kartellrechtlichen Missbrauchsregeln im allgemeinen ten. Dazu hatten die Unternehmen Möglichkeiten zur Um- Wettbewerbsrecht zur Gewährleistung wettbewerblicher strukturierung und Vermögensverschiebungen zu anderen Bedingungen im Eisenbahnbereich beiträgt. Ein Beispiel Rechtsträgern genutzt. Die entsprechende Regelungslücke ist das Missbrauchsverfahren im Bereich des Fahrkarten- wurde mit der 9. GWB-Novelle weitestgehend geschlos- vertriebs gegen die AG, das nach Zusagen sen. des Unternehmens beendet wurde. Das gilt aber auch für die anderen Verkehrsbereiche, wie z. B. die Kartellverfah- 48. Das Bonusprogramm des Bundeskartellamtes hat ren wegen abgestimmter Verhaltensweisen bei Container- sich auch im Berichtszeitraum wieder als das zentrale transporten oder Hafendienstleistungen oder die Verfah- Instrument zur Aufklärung von Kartellen erwiesen. Die ren hinsichtlich der Seeschifffahrt. Anzahl der in den Jahren 2015 und 2016 gestellten Bo- nusanträge ist auf konstant hohem Niveau. Daneben trägt 44. Die 2013 in Kraft getretene Liberalisierung des auch das 2012 eingerichtete anonyme Hinweisgebersys- Fernbuslinienverkehrs hat zu einer Vielzahl neuer Markt- tem dazu bei, dass das Bundeskartellamt wettbewerbsbe- angebote und zu einem kontinuierlichen Anstieg der schränkende Absprachen und Verhaltensweisen aufdecken Fahrgastzahlen geführt. Die Verbraucherinnen und Ver- kann. braucher nutzen verstärkt die Möglichkeit, über längere Strecken kostengünstig und umweltfreundlich mit neuen 49. Die Bundesregierung begrüßt, dass das Bundeskar- Fernbusverbindungen zu reisen. Gleichwohl hat auch eine tellamt sich verstärkt der Verfolgung von illegalen Sub- beachtliche Marktkonsolidierung stattgefunden. Für das missionsabsprachen zuwendet. Die im Dezember 2014 Bundeskartellamt bestand jedoch noch kein Anlass zum veröffentlichte Informationsbroschüre des Amtes gibt Tätigwerden in diesem Bereich. Es verweist dazu auf das Vergabestellen Hinweise über typische Indikatoren für praktizierte Geschäftsmodell des Marktführers, dessen Submissionsabsprachen. Damit soll es Vergabestellen er- Umsätze unter den Umsatzschwellen der Fusionskontrolle leichtert werden, illegale Absprachen zu erkennen. Neben liegen, und fehlende Hinweise auf ein missbräuchliches dieser Unterstützung der Vergabestellen prüft das Bundes- Verhalten. kartellamt auch die Einführung sog. Screenings, mit de- nen durch eine elektronische Auswertung von Marktdaten Submissionsabsprachen noch besser aufgedeckt werden II. Schwerpunkte der Kartellrechtspraxis können. 1. Kartellverbot 50. Die zunehmende Geltendmachung von Schadenser- satzansprüchen im Anschluss an abgeschlossene Verfah- a. Allgemeine Entwicklung im ren des Bundeskartellamtes führt zu einer konstant hohen Berichtszeitraum Anzahl an Akteneinsichtsanträgen nach § 406e der Straf- 45. Auch in den Jahren 2015 und 2016 hat das Bundes- prozessordnung. Die Bundesregierung begrüßt, dass das kartellamt zahlreiche Kartellabsprachen aufgedeckt, ver- Bundeskartellamt auch im Interesse der potentiellen Ge- folgt und geahndet. Die Bundesregierung begrüßt diese schädigten Möglichkeiten einer noch effizienter Bearbei- Erfolge des Bundeskartellamtes sehr, weil Kartellabspra- tung der Anträge prüft. Mit den in der 9. GWB-Novelle chen zu erheblichen Nachteilen für Unternehmen und Ver- vorgesehenen Auskunfts- und Beweismittelherausgabe- braucherinnen und Verbraucher in Deutschland führen. ansprüchen wird den potentiellen Geschädigten neben der Akteneinsicht ein noch weitergehendes Instrument 46. Im Jahr 2015 hat das Bundeskartellamt wegen ver- zur Beschaffung der für die Anspruchsprüfung und Kla- botener Kartellabsprachen gegen die beteiligten Personen geerhebung notwendigen Informationen zur Verfügung und Unternehmen Geldbußen in Höhe 208 Mio. Euro gestellt. Die Auswirkungen dieser neuen Rechte auf die sowie im Jahr 2016 Geldbußen in Höhe von 124,6 Mio. Akteneinsicht beim Bundeskartellamt bleiben abzuwar- Euro verhängt. Damit bleiben die Summen der verhäng- ten. ten Geldbußen zwar deutlich hinter denen des letzten Berichtszeitraums zurück, liegen jedoch im langjährigen b. Landwirtschaft Rahmen. Zudem ist zu beachten, dass die 2014 verhängte Bußgeldsumme von rund 1,12 Mrd. Euro eine Besonder- 51. Das Bundeskartellamt nimmt in seinem Tätigkeits- heit darstellt, die auf den Abschluss mehrerer sehr großer bericht Bezug auf die von der Europäischen Kommission Kartellverfahren zurückzuführen ist. eingesetzte Task-Force Agrarmärkte. Diese hat sich mit Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – IX – Drucksache 18/12760 der Funktionsweise von Agrarmärkten und der Position von den Zusammenschlussbeteiligten erwartete betriebs- der Landwirte in der Lebensmittelversorgungskette be- wirtschaftliche Vorteile weitgehend realisieren lassen. fasst. Ihr Bericht, der im November 2016 veröffentlicht wurde, wurde im Rat der EU-Agrarminister und im Eu- ropäischen Parlament erörtert. Die Europäische Kommis- b. Anwendung des SIEC-Tests in der sion ist gefordert, zur Stärkung der Stellung der Erzeu- Fusionskontrolle ger in der Lebensmittelversorgungskette Vorschläge zur Schaffung von Rechtsklarheit bei den landwirtschaftsspe- 57. In diesem Berichtszeitraum hat der sog. SIEC-Test zifischen Ausnahmen vom Wettbewerbsrecht vorzulegen. (erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs), der Diese bleiben abzuwarten. Bei den anschließenden Bera- durch die 8. GWB-Novelle 2013 als Untersagungskrite- tungen wird das Bundeskartellamt beteiligt. rium eingeführt wurde, erstmalig in der Praxis des Am- tes größere Bedeutung erlangt. Aus Sicht der Bundesre- 52. Das Bundeskartellamt äußert sich gleichfalls zum gierung zeigen die drei Fälle, in denen das Amt nicht auf Thema der Milchlieferbeziehungen. Auch die Bundesre- das Regelbeispiel der Marktbeherrschung zurückgegriffen gierung ist wie das Bundeskartellamt der Ansicht, dass hat, die konzeptionelle Eignung des Test in der praktischen die traditionellen Lieferbedingungen im Milchbereich Anwendung, den durch eine Fusion tatsächlich wegfallen- im Hinblick auf die geänderten Rahmenbedingungen zu den Wettbewerbsdruck im Markt durch erweiterte wett- überprüfen sind. Das Bundeskartellamt hat in seinem bewerbsbeschränkende Verhaltensspielräume umfassend Pilotverfahren zu den Milchlieferbeziehungen ein Sach- abzubilden und zu bewerten. standspapier veröffentlicht. Dieses Sachstandspapier ist eine gute Grundlage, um mit Erzeugern, Molkereien und 58. Nach Auffassung der Bundesregierung setzt eine Un- dem Handel über Anpassungen zu beraten und zu einem tersagung nach dem SIEC-Test keine Vorprüfung mit dem fairen Interessensausgleich zu gelangen, auch um den Ge- Ergebnis voraus, dass keine marktbeherrschende Stellung nossenschaftsgedanken fortzuentwickeln. Die Bundesre- entsteht oder verstärkt wird und ein sog. „Lücken“-Fall gierung begrüßt, dass die Marktbeteiligten bereits in eine (gap case) vorliegt. Weder der Gesetzeswortlaut noch die Diskussion über die Ausgestaltung der Lieferbedingungen Gesetzesbegründung legen eine entsprechend enge Aus- eingetreten sind und wird diese intensiv begleiten. legung nahe. Der SIEC-Test kann insoweit eine gewisse Verschärfung der Fusionskontrolle mit sich bringen. Es 53. Die Bundesregierung weist zudem darauf hin, dass bleibt abzuwarten, welche Erkenntnisse das laufende ge- anders als in der Darstellung des Tätigkeitsberichts der richtliche Beschwerdeverfahren gegen die Untersagung Höchststand der Rohmilchpreise bereits Ende 2013 und im Fall EDEKA/Kaiser’s Tengelmann über die Anwen- nicht erst Mitte 2014 erreicht war. Die Ausweitung der dungsvoraussetzungen des SIEC-Tests bringen wird. Produktion wurde zudem nicht erst durch den Wegfall der Milchquote zum 1. April 2015 ermöglicht. Anreize zur Steigerung der Produktion ergaben sich bereits in den c. Finanzwirtschaft, Banken und Milchpreishochphasen vor 2008 und setzten sich ab 2012 Zahlungsverkehr fort. Die Milcherzeuger haben ihre Produktion daher noch während der Geltung der EU-Milchquotenregelung ge- 59. Die Bundesregierung sieht vor dem Hintergrund der steigert. Niedrigzinsphase und der dadurch schlechten Ertragsla- ge im traditionellen Kreditgeschäft die Notwendigkeit für eine weitere Konsolidierung im deutschen Bankensektor. 2. Fusionskontrolle Im Hinblick auf die Stabilität des deutschen Finanzsystems und einzelner Kreditinstitute ist es zum Teil notwendig, a. Allgemeine Entwicklung im Geschäftsmodelle so anzupassen, dass durch Ausnutzung Berichtszeitraum von Kosteneffizienz und Synergien die Ertragskraft des 54. Im Zeitraum 2015/2016 sind insgesamt 2440 Zusam- Sektors verbessert wird. Die im Berichtszeitraum durch menschlüsse beim Bundeskartellamt angemeldet worden. das Bundeskartellamt freigegebenen Zusammenschlüsse Gegenüber dem Zeitraum 2013/2014 (2279 Anmeldun- dienen diesem Konsolidierungs- und Anpassungsprozess. gen) sind die Anmeldezahlen leicht angestiegen. 60. Die Bundesregierung hat im Februar 2017 den Ent- 55. Die Bundesregierung bewertet die Fusionskontroll- wurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Zweiten Zah- praxis des Bundeskartellamtes weiterhin als sehr positiv. lungsdiensterichtlinie (PSD II) vorgelegt, um den Rechts- Das Amt hat eine hohe Anzahl von Fusionsanmeldungen rahmen für Zahlungsdienste an den technologischen innerhalb des engen Fristenregimes bewältigt und kriti- Fortschritt anzupassen, die Sicherheit von Zahlungen zu sche Zusammenschlüsse mit Augenmaß beurteilt. verbessern und die Rechte der Kundinnen und Kunden bei der Nutzung von Zahlverfahren zu stärken. Der Zahlungs- 56. Das Vorhaben des Bundeskartellamtes, einen Leitfa- verkehr hat in den letzten Jahren durch technologischen den über Zusagen in der Fusionskontrolle zu veröffentli- Wandel starke Veränderungen erfahren. Innovationen und chen, stellt aus Sicht der Bundesregierung eine sinnvolle neue Marktteilnehmer führten zu einem verstärkten Wett- Maßnahme dar. Die beabsichtigte Transparenz über die bewerb. Dies zeigen unter anderem die verschiedenen ge- Behandlung von Zusagenangeboten kann sich zeit- und planten Kooperationen zwischen Finanzinstituten, die das kostensparend auswirken und dazu beitragen, dass sich Bundeskartellamt im Berichtszeitraum untersucht hat. Drucksache 18/12760 – X – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode d. Gesundheitswirtschaft Trinkwasserversorgung für sehr bedeutsam, auch wenn sie in Bezug auf öffentlich-rechtliche Trinkwassergebüh- 61. Seit dem 1. Januar 2016 erfolgt die Anforderung und ren mangels gesetzlicher Grundlage nicht stattfindet. Die Auswertung der für einen angemeldeten Krankenhauszu- Bundesregierung nimmt die Empfehlungen des Bundes- sammenschluss relevanten Daten durch das Bundeskar- kartellamtes, die Aufsicht über Wasserentgelte zu stärken tellamt über das Institut für das Entgeltsystem im Kran- und die Transparenz der Entgelte für Verbraucherinnen kenhaus (InEK). Dies wurde durch die Einführung einer und Verbraucher zu erhöhen, zur Kenntnis und wird diese die Datenübermittlung gestattenden Regelung im Kran- prüfen. kenhausentgeltgesetz mit Wirkung zum 1. Januar 2016 möglich. Damit verringert sich der Aufwand für die Kran- kenhäuser und trägt wesentlich zur Verfahrensbeschleuni- b. Fernwärme gung bei. Die Bundesregierung begrüßt die Nutzung die- 66. Die Bundesregierung begrüßt den Abschluss der ses Instruments durch das Bundeskartellamt. noch offenen Missbrauchsverfahren gegen Fernwärme- 62. Im Berichtszeitraum hat das Bundeskartellamt meh- versorger wegen potentiell missbräuchlich überhöhter rere Zusammenschlüsse von Blutspendediensten freige- Preise. Dies dient der Verfahrensbeschleunigung und kann geben. Die Bundesregierung wird die Entwicklung und Rechtssicherheit für das betroffene Unternehmen und die insbesondere die wachsende Konzentration in diesem Branche schaffen. Die Bundesregierung nimmt die er- Bereich weiterhin aufmerksam beobachten und die Aus- neute Einschätzung des Bundeskartellamtes, dass zwar wirkungen der Zusammenschlüsse auf die Versorgung der auch künftig einzelne Preismissbrauchsverfahren nötig Bevölkerung mit Blutprodukten sorgfältig prüfen. sein werden, aber weder eine Entflechtung noch eine um- fassende Regulierung der Wärmenetze geboten sei, zur Kenntnis und wird die weitere Entwicklung auf den Märk- 3. Missbrauchsaufsicht ten beobachten. a. Wasserpreise 4. Wettbewerbsbeschränkungen in 63. Die Bundesregierung begrüßt das konsequente Vor- Vertikalvereinbarungen gehen des Bundeskartellamtes im Bereich der Trink- wasserversorgung. Da bei den Versorgungsnetzen für 67. Durch die fortschreitende Digitalisierung kommt es Trinkwasser eine Durchleitung aus technischen und hy- auch weiterhin zu einer breiten Umorganisation von Ver- gienischen Gründen regelmäßig nicht möglich ist, bildet triebsstrukturen mit deutlichen Auswirkungen auf der Ein- der Bereich der Endkundenbelieferung ein natürliches zelhandelsstufe. Die Intensivierung des Wettbewerbs stellt Monopol. Es ist daher sehr wichtig, dass eine konsequente bestehende Vertriebsstrukturen infrage. Dies ist Teil eines Kontrolle der Wasserpreise auf Einhaltung der Vorgaben übergreifenden, durch die Digitalisierung verursachten des Kartellrechts erfolgt. Dies wird durch die Preismiss- Strukturwandels im Handel. Gerade für viele kleine und brauchsverfahren des Bundeskartellamtes beispielsweise mittelständische Händler ist der Internetvertrieb aber auch gegen die Berliner Wasserbetriebe und die Wuppertaler eine Chance, um neue Kunden zu gewinnen, vor allem Stadtwerke eindrucksvoll unterstrichen. Die Verfahren wenn sie nicht über ein weitverzweigtes Filialnetz verfü- zeigen, dass die hohen Unterschiede bei den Wasserent- gen. gelten nur teilweise auf die unterschiedlichen strukturel- len Versorgungsbedingungen zurückzuführen sind. Unter- 68. Aus Sicht der Bundesregierung muss sichergestellt schiede ergeben sich vielmehr auch aus der Effizienz der werden, dass Hersteller die Vertriebskanäle der Händler Versorger und den unterschiedlichen Renditeinteressen nicht in einem so großen Umfang kontrollieren dürfen, der meist kommunalen Gesellschafter. dass dadurch die Entwicklung des Internethandels dau- erhaft spürbar beeinträchtigt wird. Die Bundesregierung 64. Der auch in der Branche weithin beachtete Bericht begrüßt daher, dass das Bundeskartellamt erneut einen des Bundeskartellamtes zur großstädtischen Wasserver- Schwerpunkt seiner Tätigkeit bei Verfahren wegen Wettbe- sorgung von Juni 2016 zeigt sehr anschaulich die Rahmen- werbsbeschränkungen in Vertikalvereinbarungen gesetzt bedingungen der Trinkwasserversorgung und die Aufsicht hat. Die Bundesregierung sieht es in diesem Zusammen- über die Entgelte der Wasserversorger in Deutschland. Die hang als ein Verdienst des Bundeskartellamtes an, durch Bundesregierung begrüßt, dass das Bundeskartellamt die seine Verfahren in diesem sich dynamisch entwickelnden in den Missbrauchsverfahren umfänglich erhobenen Da- Marktumfeld die betroffenen Märkte offenzuhalten und ten in dieser Form ausgewertet sowie die rechtlichen und damit einen wichtigen Beitrag zu Anwendungs- und Aus- tatsächlichen Strukturen der Wasserwirtschaft analysiert legungsfragen des Wettbewerbsrechts für den Internetver- hat. Der Bericht gibt zudem wertvolle Hinweise für die trieb zu leisten. Kommunalaufsichtsbehörden und für Benchmark-Projek- te. Durch mehr Preis- und Gebührentransparenz werden 69. Bei der Diskussion über Internetvertriebsbeschrän- Verbesserungspotentiale ersichtlich und Anreize für die kungen, Bestpreisklauseln oder Doppelpreissysteme darf Wasserversorger gesetzt, im Interesse der Verbraucherin- nach Auffassung der Bundesregierung nicht vergessen nen und Verbraucher Effizienzen zu heben. werden, dass es für einen Hersteller nach geltendem Recht sehr wohl möglich ist, bei der Ausgestaltung seines Ver- 65. Die Bundesregierung hält wie das Bundeskartellamt triebssystems auf die unterschiedlichen Gegebenheiten die kartellrechtliche Missbrauchskontrolle im Bereich der verschiedener Vertriebskanäle einzugehen. Voraussetzung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – XI – Drucksache 18/12760 ist jedoch, dass das jeweilige Vertriebssystem den Inter- 73. Eine aufgrund einer Sektoruntersuchung verbesserte nethandel nicht ohne Weiteres ausschalten oder diskrimi- Faktenbasis ermöglicht dem Bundeskartellamt nicht nur, nieren darf. In diesem Sinne hat sich die Bundesregierung in der Fallpraxis der Fusionskontrolle, der Missbrauchs- auch im EuGH-Verfahren in der Rechtssache C-230/16 aufsicht und der Kartellbekämpfung, konsequent auf Coty Deutschland positioniert. Weitere Erkenntnisse in wettbewerbliche Strukturen in den jeweiligen Märkten diesem Bereich erhofft sich die Bundesregierung aus der hinzuwirken. Sektoruntersuchungen sind auch sehr be- Sektoruntersuchung der Europäischen Kommission zum deutsam für die Frage, ob und inwieweit ggf. gesetzgebe- E-Commerce, deren Abschlussbericht 2017 veröffentlicht rische Schritte für den Erhalt oder die Schaffung wettbe- werden soll. werblicher Strukturen angezeigt sein können und welche Wirkungen Regelungen auf den Wettbewerb haben. Ein 70. Außerdem begrüßt die Bundesregierung ausdrück- herausragendes Beispiel für diese positive Wirkung der lich, dass das Bundeskartellamt Anfang 2017 ein Hinweis- Sektoruntersuchungen ist der Entsorgungsbereich. papier zur Reichweite des Verbots der vertikalen Preis- bindung im Lebensmitteleinzelhandel in die öffentliche 74. 2016 hat das Bundeskartellamt weitere Sektorun- Konsultation gegeben hat. Ziel ist es, breiten Wirtschafts- tersuchungen eingeleitet. Gegenstand der Sektorunter- kreisen die Grenzen kartellrechtskonformen Verhaltens suchung Haushaltsabfallerfassung ist die Sammlung und aufzuzeigen und damit zur Einhaltung der Vorschriften der Transport von Abfällen privater Haushalte durch die des Wettbewerbsrechts beizutragen. Von der Wirtschaft öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dualen Sys- war immer wieder kritisiert worden, dass für den Rechts- teme. Auslöser der Sektoruntersuchung ist die vom Bun- anwender in diesem Bereich große Rechtsunsicherheit deskartellamt festgestellte rückläufige Beteiligung an den bestehe, welche Verhaltensweisen kartellrechtlich noch Ausschreibungen für die Entsorgungsverträge. Die Sek- zulässig seien. Mit dem Leitfaden soll, auch anhand kon- toruntersuchung Krankenhäuser zielt auf eine Weiterent- kreter Fallbeispiele, Auskunft über den geltenden europäi- wicklung und Verfeinerung der Kriterien für die Beurtei- schen und nationalen Rechtsrahmen gegeben werden. lung von Krankenhauszusammenschlüssen. 75. Die Sektoruntersuchung bei Ablesediensten von 5. Sektoruntersuchungen Heiz- und Wasserkosten („Submetering“) hat das Bun- dekartellamt mittlerweile beendet und im Mai 2017 den 71. Die Bundesregierung begrüßt die im Berichtszeit- Abschlussbericht vorgelegt. Untersucht wurden die ver- raum vom Bundeskartellamt eingeleiteten Sektoruntersu- brauchsabhängige Messung und Abrechnung von Heiz- chungen. Sie hält Sektoruntersuchungen für ein bedeut- und Warmwasser- sowie Kaltwasserkosten in Gebäuden sames Werkzeug des Bundeskartellamtes, um wirksam sowie die Überlassung der dafür benötigten messtechni- gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorgehen zu können. schen Ausstattung. Auslöser dieser Sektoruntersuchung Über die aufwendigen Ermittlungen und Datenabfragen waren Hinweise auf mögliche kartellrechtliche Probleme bei den Marktbeteiligten erlangt das Bundeskartellamt ein und eine Reihe von Beschwerden von Wohnungsmietern, vertieftes Marktverständnis. Die dahinter stehenden kon- Wohnungseigentümern und Wohnungsverwaltungen über zeptionellen und empirischen Analysen komplexer wett- die Abrechnung der Heiz- und Wasserkosten durch Sub- bewerbsökonomischer Fragestellungen ermöglichen eine metering-Unternehmen. eingehende Untersuchung und Würdigung der Wettbe- werbsbedingungen der jeweils untersuchten Branche. Das 76. Das Bundeskartellamt kommt zu dem Schluss, dass erleichtert künftige Verfahren. der Submetering-Markt in Deutschland angebotsseitig hoch konzentriert ist und geringer Wettbewerb zwischen 72. Die Sektoruntersuchung Asphaltsektor führte bei- den großen Submetering-Unternehmen besteht. Die spielsweise zu einer weitreichenden Entflechtung des Sektoruntersuchung offenbart einige kritische Struktur- aufgedeckten dichten Netzes kartellrechtswidriger Un- merkmale des Marktes und hat Wettbewerbsprobleme ternehmensverflechtungen und zur Auflösung von kar- identifiziert. Der Abschlussbericht zeigt auf, wie die Wett- tellrechtlich problematischen Gemeinschaftsunterneh- bewerbshemmnisse abgebaut werden können. Die Bun- mensstrukturen. Gleichzeitig hat das Bundeskartellamt desregierung begrüßt die Sektoruntersuchung des Bundes- darauf hingewirkt, dass an die Stelle dieser Strukturen kartellamtes. Sie gibt wichtige Empfehlungen, die beim kein wirkungsgleiches Geflecht von Bieter- und Lieferge- Anbieterwechsel helfen können, z. B. hinsichtlich der Ver- meinschaften tritt. Das Ergebnis ist eine deutlich höhere tragslaufzeit und der Interoperabilität der Zähler. Zudem Anzahl von Anbietern in diesen regionalen Märkten. Die empfiehlt das Bundeskartellamt in seinem Abschlussbe- Bundesregierung begrüßt in diesem Zusammenhang, dass richt verschiedene gesetzgeberische Maßnahmen, z. B. die das Bundeskartellamt weiterhin konstruktive Gesprä- Stärkung der Informationslage der Nutzer, die die Bun- che mit der Branche führt, um die für die Selbstveran- desregierung sorgfältig prüfen wird. Die Bundesregierung lagung maßgeblichen kartellrechtlichen Grundsätze bei geht auch davon aus, dass das Bundeskartellamt künftige den Marktbeteiligten zu festigen. Noch in diesem Jahr Zusammenschlüsse in diesem Bereich einer eingehenden wird das Bundeskartellamt die Sektoruntersuchung des Prüfung unterziehen wird. Zement- und Transportbetonbereichs abschließen. Die Bundesregierung erwartet wichtige Erkenntnisse über die Wettbewerbsstrukturen dieser gesamtwirtschaftlich be- deutsamen Baustoffmärkte. Drucksache 18/12760 – XII – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

6. Markttransparenzstellen dahingehend, dass nationale Wettbewerbsbehörden uni- onsweit u. a. mit wirksamen Untersuchungsbefugnissen a. Markttransparenzstelle für Kraftstoffe sowie Befugnissen zum Erlass von Verbotsentscheidun- 77. Die Bundesregierung teilt die positive Zwischenbi- gen bzw. zur Verhängung von Geldbußen ausgestattet wer- lanz des Bundeskartellamtes zur Markttransparenzstelle den sollen. Der Richtlinienentwurf benennt im Wesentli- für Kraftstoffe. Die Markttransparenzstelle für Kraftstof- chen fünf Bereiche, in denen die Instrumente für nationale fe ermöglicht den Verbraucherinnen und Verbrauchern, Wettbewerbsbehörden angeglichen werden sollen, um durch zielgerichtetes preisgünstiges Tanken den Wettbe- eine effektivere Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts werb auf den Kraftstoffmärkten zu fördern. zu ermöglichen. 78. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 82. Mit den im Entwurf vorgeschlagenen Regelungen soll evaluiert derzeit entsprechend der gesetzlichen Vorga- sichergestellt werden, dass die nationalen Wettbewerbsbe- be des § 47l GWB dabei, die Arbeit der Markttranspa- hörden über eine weitgehende Unabhängigkeit verfügen. renzstelle für Kraftstoffe. Die Jahresberichte der Markt- Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten verpflichtet transparenzstelle für Kraftstoffe sind dafür eine wichtige dafür zu sorgen, dass die nationalen Wettbewerbsbehör- Grundlage. den über die notwendigen personellen, finanziellen und technischen Ressourcen verfügen, die sie für eine wirksa- b. Markttransparenzstelle für den me Rechtsdurchsetzung der EU-Wettbewerbsvorschriften Großhandel mit Strom und Gas benötigen. 79. Die Bundesregierung begrüßt die Fortschritte beim 83. Der Richtlinienvorschlag enthält einen Katalog an Aufbau der bei der Bundesnetzagentur angesiedelten Mindestbefugnissen, die die nationalen Wettbewerbsbe- Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und hörden für ihre Arbeit benötigen. Dazu gehören zum ei- Gas (MTS Strom/Gas). Mit der 9. GWB-Novelle wurden nen grundlegende Untersuchungsbefugnisse (Befugnis kleinere Anpassungen der gesetzlichen Grundlagen vor- zur Durchführung von Durchsuchungen und Auskunfts- genommen, die die Aufnahme der Datenerhebung auf na- ansprüche) und zum anderen Entscheidungsbefugnisse tionaler Ebene auf Basis der zu erlassenen Rechtsverord- (u. a. Befugnis zum Erlass von Verbotsentscheidungen, nung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur Verhängung verhaltensorientierter oder struktureller erleichtern werden. Abhilfemaßnahmen oder zu Maßnahmen im einstweiligen Rechtsschutz). 7. Private Schadensersatzklagen 84. Neben der grundlegenden Befugnis Geldbußen ver- 80. Das Bundeskartellamt verzeichnet im Berichtszeit- hängen zu können – auch im Wege der Konzernhaftung raum eine deutliche Zunahme von Schadensersatzklagen, oder gegen den Rechtsnachfolger – beinhaltet der Vor- die sich an abgeschlossene Kartellverfahren der Europäi- schlag auch Vorgaben zur Höhe der Geldbußen. Dazu schen Kommission oder des Bundeskartellamtes anschlie- gehört eine einheitliche Bußgeldgrenze von 10% des ßen (sog. Follow on-Klagen). Das Bundeskartellamt stellt weltweiten Gesamtumsatzes sowie Faktoren, die nationale eine weitere Professionalisierung bei der Bündelung und Wettbewerbsbehörden bei der Bestimmung der Höhe der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen fest. Geldbuße berücksichtigen sollen (Schwere und Dauer der Nach seiner Einschätzung stellt die Geltendmachung von Zuwiderhandlung). Schadensersatzansprüchen im Verhältnis zwischen Unter- nehmen mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme dar. 85. Der Richtlinienvorschlag legt sehr detailliert die An- Die Bundesregierung begrüßt die Geltendmachung von forderungen für Kronzeugenprogramme der nationalen Schadensersatzforderungen, da diese Klagen auch einen Wettbewerbsbehörden fest. Durch die damit einhergehen- Beitrag zur Prävention von Kartellrechtsverstößen leisten. de Verringerung der Unterschiede in den Kronzeugenpro- Mit der Umsetzung der EU-Kartellschadensersatz-Richt- grammen der Mitgliedstaaten soll erreicht werden, dass linie 2014/104/EU werden die Bedingungen für Scha- eine höhere Rechtssicherheit für Unternehmen besteht, densersatzklagen für die Geschädigten weiter verbessert. die beabsichtigen, einen Kronzeugenantrag zu stellen. 86. Die gegenseitige Amtshilfe unter den europäischen III. Europäische Wettbewerbspolitik Wettbewerbsbehörden wird von der Europäischen Kom- 1. Richtlinie zur Stärkung der Wettbewerbs- mission als ein sehr wichtiger Aspekt für den Erfolg des behörden der Mitgliedstaaten der Systems der dezentralen Rechtsdurchsetzung des EU- Europäischen Union Wettbewerbsrechts erachtet. Die Vorschläge im Richtlini- enentwurf sollen daher gewährleisten, dass die nationalen 81. Die EU-Kommission hat am 13. März 2017 einen Wettbewerbsbehörden einander Amtshilfe bei der Zustel- Richtlinienvorschlag zur Stärkung der nationalen Wett- lung von Entscheidungen und bei Vollstreckung von Geld- bewerbsbehörden (COM (2017) 142 final) vorgelegt. bußen leisten können, wenn das betreffende Unternehmen Mit dem Richtlinienvorschlag soll die Durchsetzung im Mitgliedstaat der ersuchenden nationalen Wettbe- des EU-Wettbewerbsrechts durch die nationalen Wettbe- werbsbehörde keine Präsenz hat oder in dem Staat nicht werbsbehörden verbessert werden. Er ergänzt die durch über genügend Vermögenswerte verfügt, um die Geldbuße Verordnung (EG) Nr. 1/2003 eingeführten Kompetenzen zu vollstrecken. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – XIII – Drucksache 18/12760

87. Das Ziel einer maßvollen, weiteren Harmonisierung z. B. im European Competition Network (ECN) und im des Wettbewerbsrechts wird von der Bundesregierung International Competition Network (ICN), aus Sicht der begrüßt. Das Wettbewerbsrecht der Europäischen Union Bundesregierung von großer Bedeutung. Das gilt ebenso bildet eine der wesentlichen Säulen des Binnenmarktes. für Konvergenzbemühungen auf europäischer und interna- Wenn der Wettbewerb verfälscht wird, kann der Binnen- tionaler Ebene. Sie können die Durchsetzung des Wettbe- markt sein Potential nicht vollständig entfalten. Eine werbsrechts weiter verbessern und vereinheitlichen. In der wirksame Kartellrechtsdurchsetzung ist daher von großer Tätigkeit des Bundeskartellamtes in internationalen Gre- Bedeutung für das Funktionieren des Binnenmarktes. Ein- mien und Beratungsprojekten sieht die Bundesregierung zelfragen zu den vorgeschlagenen Regelungen und deren einen wichtigen Beitrag zur Förderung des Wettbewerbs- prozessuale Implikationen, insbesondere die Kompati- gedankens auf internationaler Ebene. Hervorzuheben ist bilität mit dem deutschen Recht werden noch im Detail in diesem Zusammenhang die vom Bundeskartellamt im zu prüfen sein. Dies gilt gerade mit Blick auf die verfas- Berichtszeitraum veranstaltete 17. Internationale Kartell- sungsrechtlichen Anforderungen an die Wahrung einer konferenz. Dort ist es dem Bundeskartellamt erneut ge- hinreichenden demokratischen Legitimation der natio- lungen viele internationale Partner zusammenzubringen, nalen Wettbewerbsbehörden sowie die Vereinbarkeit mit um aktuelle Themen der Kartellrechtspraxis zu diskutie- dem Strafprozess- und Ordnungswidrigkeitenrecht. ren. 91. Positiv sieht die Bundesregierung auch das Engage- 2. Reform der Fusionskontrollverordnung ment des Bundeskartellamtes in internationalen Organi- 88. Die Bundesregierung befürwortet ebenso wie das sationen wie der Organisation für wirtschaftliche Zusam- Bundeskartellamt, dass die Europäische Kommission menarbeit und Entwicklung (OECD) und der Konferenz einen möglichen Reformbedarf der Fusionskontrollver- der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung ordnung weiter evaluiert und dabei auch die Frage nach (UNCTAD). Die in diesen Gremien gewonnenen Ergeb- einem zusätzlichen Aufgreifkriterium stellt, das nicht rein nisse können ebenso wie die Empfehlungen und Arbeits- umsatzbasiert ist und an den Transaktionswert anknüpfen ergebnisse des ECN und ICN einen wichtigen Beitrag zur könnte. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte dazu ge- politischen Entscheidungsfindung in Deutschland leisten. meinsam mit dem Bundeskartellamt im Rahmen des Kon- 92. Der Wettbewerbsausschuss der OECD beschäftig- sultationsverfahrens eine Stellungnahme abgegeben. In te sich im Berichtszeitraum mit den beiden Oberthemen Deutschland wurden mit der 9. GWB-Novelle für die na- „internationale Kooperation“ und „Evaluierung“. Für die tionale Fusionskontrolle die Aufgreiftatbestände ergänzt, Jahre 2017/18 folgen „Sektoruntersuchungen“ und „Wett- um auch Übernahmen von Unternehmen mit zwar nur bewerb in der digitalen Wirtschaft“ als neue Schwerpunkt- geringen Umsätzen aber wettbewerbsrelevantem Potential themen. Wichtig ist aus Sicht der Bundesregierung auch wettbewerbsrechtlich prüfen zu können. Die Bundesregie- die Mitarbeit im wettbewerblichen Bereich der UNCTAD, rung würde es begrüßen, wenn auch auf EU-Ebene eine um international anerkannte wettbewerbspolitische Stan- entsprechende Möglichkeit geschaffen würde, um die er- dards und Ziele in weiteren Ländern der Welt zu etablie- kannte Lücke zu schließen. In Übereinstimmung mit dem ren. Bundeskartellamt ist es auch nach Auffassung der Bun- desregierung sachgerecht, im Fall einer Anpassung die präventive Anmeldepflicht und das bis zu einer Freigabe 2. Abkommen zwischen der Europäischen geltende Vollzugsverbot beizubehalten. Die Bundesregie- Union und der Regierung von Kanada rung wird den Prozess weiter begleiten. über die Anwendung ihres Wettbewerbsrechts

IV. Internationale Wettbewerbspolitik 93. Wichtiger Bestandteil der internationalen Wettbe- werbspolitik der Bundesregierung ist die stetige Verbes- 89. Das Bundeskartellamt hat im Berichtszeitraum auch serung der Rechtsgrundlagen für die Zusammenarbeit der intensiv mit den Wettbewerbsbehörden von Nicht-Mit- Wettbewerbsbehörden über Ländergrenzen hinweg. Daher gliedstaaten der Europäischen Union zusammengearbei- unterstützt die Bundesregierung die Verhandlungen der tet. Zudem hat sich das Bundeskartellamt aktiv in inter- Europäischen Kommission zum Abschluss und zur Wei- nationalen Gremien eingebracht und so einen wichtigen terentwicklung entsprechender internationaler Wettbe- Beitrag zur weltweiten Förderung des Wettbewerbsgedan- werbsabkommen. Ein Beispiel ist das seit 1999 zwischen kens und zum Schutz des Wettbewerbs geleistet. der Europäischen Union und der Regierung von Kanada bestehende Wettbewerbsabkommen, das die Zusammen- 1. ECN, OECD und ICN arbeit und die Koordinierung der Wettbewerbsbehörden der Europäischen Union und Kanadas regelt. Da sich 90. Der Schutz des Wettbewerbs ist schon seit Langem zwischenzeitlich die bilaterale Zusammenarbeit zwischen keine rein nationale Aufgabe mehr. Vor dem Hintergrund der Europäischen Kommission und der kanadischen Wett- einer weiter fortschreitenden Globalisierung und zuneh- bewerbsbehörde vertieft hat, hat die Kommission auf der mender grenzüberschreitender Tätigkeit der Unternehmen Grundlage ihres Mandates von 2008 entsprechende Ände- unterstützt die Bundesregierung die enge Zusammenar- rungen des Abkommens mit der Regierung von Kanada beit der Wettbewerbsbehörden. Zum effektiven Schutz des verhandelt und dem Rat zur Zustimmung des Abschlusses Wettbewerbs ist eine kontinuierliche Zusammenarbeit, und der Unterzeichnung vorgelegt. Drucksache 18/12760 – XIV – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

94. Das neue Abkommen regelt im Einzelnen die Mittei- Neuerungen des Oberschwellenbereichs im Vergaberecht lung von Durchsetzungsmaß-nahmen, die in erheblichem für Liefer- und Dienstleistungen auch auf Vergaben von Maße wichtige Interessen der jeweils anderen Vertrags- Bund, Ländern und Kommunen unterhalb der Schwellen- partei berühren, die Organisation der praktischen Zusam- werte zu übertragen. Die neue Unterschwellenvergabeord- menarbeit zwischen der Europäischen Kommission und nung gilt allerdings nicht unmittelbar. Bund und Länder der kanadischen Wettbewerbsbehörde sowie Grundsätze müssen die neuen Vorschriften noch in Kraft setzen. Für zur Vermeidung von Konflikten. Aufgenommen wurden den Bund ist damit 2017 zu rechnen. Bestimmungen über die Erörterung und Übermittlung von Informationen zwischen der Europäischen Kommission 98. Für die unterschwelligen Vergaben von Bauleistun- und der kanadischen Wettbewerbsbehörde, über die Ver- gen wurde die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleis- wendung und den Schutz der erörterten und übermittelten tung (VOB) bereits an Abschnitt 2 (oberschwellige Verga- Informationen sowie über die eng begrenzten Vorausset- ben) angepasst. Die VOB 2016 ist für den Bundeshochbau zungen für eine Offenlegung von Informationen, die nach mit Erlass eingeführt. Die Bundesländer haben die VOB den Bestimmungen des Abkommens übermittelt wurden. 2016 für ihre Verwaltungen ebenfalls eingeführt bzw. die Die Interessen der betroffenen Unternehmen bei einem VOB/A gilt über dynamische Verweise in den Landesge- Informationsaustausch der Wettbewerbsbehörden werden setzen direkt. durch entsprechende Schutzmechanismen im Abkommen gewahrt. 2. Wettbewerbsregister 95. Nach § 8 des Integrationsverantwortungsgesetzes 99. Der Deutsche Bundestag hat am 1. Juni 2017 das darf der deutsche Vertreter im Rat den Vorschlägen zum Gesetz zur Einführung eines Wettbewerbsregisters verab- Beschluss und zur Unterzeichnung des Abkommens durch schiedet. Das Gesetz dient der Korruptionsprävention und die Kommission nur zustimmen, nachdem hierzu ein Ge- trägt zur Vermeidung von Wirtschaftskriminalität bei. Da- setz gemäß Artikel 23 Absatz 1 des Grundgesetzes in mit Unternehmen, denen erhebliche Rechtsverstöße zur Kraft getreten ist. Das Gesetz ist am 6. Mai 2017 in Kraft Last fallen, nicht von öffentlichen Aufträgen profitieren, getreten. regelt das Vergaberecht (§§ 123 bis 126 GWB) den Aus- schluss solcher Unternehmen von Vergabeverfahren. Bis- V. Vergaberecht lang ist es jedoch für öffentliche Auftraggeber und Kon- zessionsgeber praktisch schwierig, nachzuprüfen, ob bei 1. Entwicklungen im europäischen und nati- einem Bewerber oder Bieter Ausschlussgründe vorliegen. onalen Vergaberecht 100. Das Gesetz sieht daher die Einführung eines zentra- 96. Am 18. April 2016 ist in Deutschland die größte len Bundesregisters in Form einer elektronischen Daten- Reform des Vergaberechts seit über zehn Jahren in Kraft bank vor, um die betroffenen Unternehmen bundesweit zu getreten. Anlass war die Umsetzung der drei EU-Vergabe- erfassen. In das Register werden zwingende Ausschluss- richtlinien im Jahr 2014. Dieses Richtlinien-Paket hat die gründe sowie bestimmte fakultative Ausschlussgründe Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen oberhalb (Wettbewerbsverstöße und bestimmte Verstöße gegen der EU-Schwellenwerte umfassend modernisiert. Ziel der Arbeitsrecht) eingetragen, die einem Unternehmen zuzu- Reform des Vergaberechts für öffentliche Aufträge und rechnen sind. Indem Auftraggeber hiervon Kenntnis erlan- Konzessionen oberhalb der EU-Schwellenwerte war es, gen, soll sichergestellt werden, dass solche Unternehmen anwenderfreundliche und möglichst einfache Regeln für nicht von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen profi- die Vergabepraxis zu schaffen. Dazu gehört auch eine um- tieren können. fassende Digitalisierung der Vergabeverfahren. Die Mög- lichkeiten für Auftraggeber, strategische Ziele im Verga- 101. Das Register soll beim Bundeskartellamt geführt beverfahren vorzugeben, wurden gestärkt. In jeder Phase werden. Die Staatsanwaltschaften und andere Behörden eines Vergabeverfahrens, von der Definition der Leistung (z. B. die Kartellbehörden) sollen zur elektronischen über die Festlegung von Zuschlagskriterien bis hin zur Mitteilung von Informationen über solche Rechtsverstö- Vorgabe von Ausführungsbedingungen, können qualitati- ße verpflichtet sein. Öffentliche Auftraggeber, Sektoren- ve, soziale, umweltbezogene oder innovative (nachhaltige) auftraggeber und Konzessionsgeber sind ab Erreichen Aspekte einbezogen werden. Im Zuge der Reform wurden bestimmter Wertgrenzen – öffentliche Auftraggeber ab in Deutschland auch die Systematik des Vergaberechts neu 30.000 Euro – verpflichtet, das Register vor Erteilung des gestaltet und unnötig komplizierte Regelungsstrukturen Zuschlags elektronisch abzufragen. abgeschafft. Erstmals wurde zudem die Rechtsgrundlage für eine valide Vergabestatistik in Deutschland geschaf- 102. Unterhalb dieser Wertgrenzen und bei zweistufigen fen. Verfahren haben Auftraggeber die Möglichkeit, eine Ab- frage zu stellen. Liegt eine Eintragung vor, so entscheiden 97. Der weitaus höchste Anteil der Vergabeverfahren be- die Auftraggeber nach Maßgabe der vergaberechtlichen trifft allerdings Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwer- Vorschriften in eigener Verantwortung, ob ein Unterneh- te. Nach der Modernisierung des Vergaberechts oberhalb men von der Teilnahme an dem jeweiligen Vergabever- der EU-Schwellenwerte wird nun auch der Rechtsrahmen fahren ausgeschlossen wird. Die Auskunft aus dem Wett- für die Auftragsvergabe im Unterschwellenbereich neu ge- bewerbsregister an die Auftraggeber soll elektronisch im staltet. Dabei strebt die Bundesregierung an, die zentralen Wege eines automatisierten Abrufverfahrens erfolgen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – XV – Drucksache 18/12760

Auf Antrag eines Unternehmens erteilt die Registerbehör- de dem Unternehmen Auskunft über zu dem Unterneh- men bestehende Eintragungen im Register. Mit diesem Registerauszug können Unternehmen in allen EU-Mit- gliedsstaaten das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen nachweisen. 103. Das Gesetz regelt ferner, nach Ablauf welcher Fristen die eingetragenen Unternehmen aus dem Register zu lö- schen sind. Im Register eingetragene Unternehmen haben zudem die Möglichkeit, nach erfolgter Selbstreinigung ei- nen Antrag auf vorzeitige Löschung aus dem Register zu stellen.

Deutscher Bundestag – xy. Wahlperiode – 1 – Drucksache xy/abcd

Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit in den Jahren 2015/2016 sowie über die Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet

Inhaltsverzeichnis Seite

Erster Abschnitt Wettbewerbliche Entwicklungen und wettbewerbspolitische Lage . . . 11

A Entwicklungen der wettbewerbspolitischen und kartellrechtlichen Rahmenbedingungen ...... 11 I. Zur wettbewerbspolitischen Lage ...... 11 II. Änderungen des kartellrechtlichen Rahmens ...... 16 1. Bundeswaldgesetz...... 16 2. GWB-Novelle...... 17 III. Ökonomie in der Kartellrechtsanwendung ...... 20 1. SIEC-Test...... 20 2. Online-Vertikalbeschränkungen...... 21 a) Preisparitätsklauseln ...... 22 b) Internetvertriebsbeschränkungen ...... 22 3. Datengestützte Analysen ...... 22 4. Parteigutachten...... 23 5. Datenzugang Monopolkommission ...... 24

B. Entwicklung der Kartellrechtspraxis ...... 24 I. Fusionskontrolle ...... 24 1. Leitfaden Zusagen in der Fusionskontrolle ...... 24 2. Statistische Übersicht ...... 24 3. Verfügungen im Hauptprüfverfahren ...... 25 4. Vorfeldfälle...... 28 5. Vollzugsverbot...... 29 6. Verfahren nach § 41 Abs. 3 ...... 29 II. Kontrolle wirtschaftlicher Machtstellungen, Preismissbrauch, Behinderungsmissbrauch ...... 29 III. Kartellverbot und Kooperationen ...... 30 1. Kartelle...... 30 a) Bußgeldverfahren des Bundeskartellamtes ...... 30 b) Hinweisgebersystem ...... 33 c) Bußgeldverfahren gegen natürliche Personen/Kriminalisierung . . 33 d) Stärkung der Verfolgung von Submissionsabsprachen . . . . . 34 e) Akteneinsicht – Überblick ...... 35 Drucksache 18/12760 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

2. Sonstige horizontale Kooperationen ...... 35 IV. Wettbewerbsbeschränkungen in Vertikalvereinbarungen . . . 36 1. Verfahren...... 36 2. Hinweispapier zur Reichweite des Preisbindungsverbots im Lebensmitteleinzelhandel ...... 37 V. Sektoruntersuchungen ...... 37 VI. Verfahrens- und Prozessrecht ...... 37 1. Verwaltungsverfahren...... 37 a) Verstöße gegen das Vollzugsverbot ...... 37 b) Unverzichtbarkeit der Position als Beigeladener ...... 38 c) Keine Befangenheit durch Presseerklärung ...... 38 d) Zulässigkeit von Internetveröffentlichungen des Amtes . . . . . 38 e) Keine Rechtspflicht zur Konvergenz im ECN ...... 38 f) Ausschluss der Öffentlichkeit ...... 38 2. Bußgeldverfahren...... 38 a) Zeugenbeistand ...... 38 b) Durchsuchungen ...... 39 c) IT-Asservate ...... 39 d) Beschlagnahme ...... 39 e) Akteneinsicht ...... 40 VII. Bundeskartellamt als „amicus curiae“ ...... 41 VIII. Private Kartellrechtsdurchsetzung ...... 41 IX. Europäisches Wettbewerbsrecht ...... 42 1. European Competition Authorities (ECA) ...... 42 2. Anwendung von Artikel 101, 102 AEUV . . 42 a) Netzwerk der Europäischen Kartellbehörden . . . 42 aa) Fallverteilung, Informationsaustausch und Amtshilfe ...... 43 bb) ECN-Arbeitsgruppen ...... 43 cc) Sektorenarbeitsgruppen ...... 44 b) Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission ...... 45 3. Europäische Fusionskontrolle ...... 45 a) Arbeitsgruppe Fusionskontrolle („Merger Working Group“) . . . 45 b) Reform der Fusionskontrollverordnung ...... 45 c) Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission ...... 46 d) Verweisungen nach Artikel 4 Abs. 4 und 5 VO (EG) Nr. 139/2004 46 e) Verweisungen nach Artikel 9 VO (EG) Nr. 139/2004 ...... 46 f) Verweisungen nach Artikel 22 VO (EG) Nr. 139/2004 . . . . . 47 XI. Internationale Zusammenarbeit ...... 47 1. OECD...... 47 2. International Competition Network ...... 48 3. UNCTAD...... 48 4. Internationale Rechtshilfe ...... 49 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12760

5. Notifizierungen...... 49 6. Internationale Beratung ...... 49 7. Bilaterale Beziehungen ...... 49 8. Internationale Kartellkonferenz ...... 50 9. Deutsch-Französischer Wettbewerbstag ...... 50

Zweiter Abschnitt Tätigkeit nach Wirtschaftsbereichen ...... 51

A. Erzeugung, Verarbeitung, Handel ...... 51 I. Landwirtschaft ...... 51 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 51 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 51 a) Fusionskontrolle ...... 51 aa) Milch ...... 51 bb) Fleisch und Fleischwirtschaft ...... 52 cc) Agrarhandel ...... 52 dd) Saatgut ...... 53 b) Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen und Kartellverfolgung 53 aa) Milch ...... 53 bb) Vertrieb von Kartoffeln und Zwiebeln ...... 53 cc) Vertrieb von Pflanzenschutzmitteln ...... 53 dd) Agrarhandel (hier: Agrartechnik) ...... 53 II. Herstellung von Nahrungsmitteln ...... 54 1. Allgemeiner Überblick ...... 54 a) Wettbewerbliche Situation ...... 54 b) Nachhaltigkeitsinitiativen von Wirtschaft und Politik ...... 54 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 54 a) Fusionskontrolle ...... 54 b) Kartellverfolgung ...... 55 aa) Zucker ...... 55 bb) Mehl ...... 55 cc) Kaffeeprodukte ...... 55 dd) Süßwaren ...... 55 ee) Informationsaustausch Konsumgüter ...... 56 ff) Fernsehbiere ...... 56 gg) Reis und Hülsenfrüchte ...... 56 III. Lebensmitteleinzelhandel ...... 56 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 56 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 56 a) Fusionskontrolle ...... 56 b) Kartellverfolgung – Vertikale Preisbindung ...... 58 c) Kooperation kleinerer Lebensmitteleinzelhändler ...... 59 d) Missbrauchsaufsicht – Verstoß gegen das Anzapfverbot/ Hochzeitsrabatte ...... 59 Drucksache 18/12760 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

IV. Drogerie- und Kosmetikartikel ...... 59 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 59 2. Kartellverfolgung...... 60 V. Textilien, Schuhe und Koffer/Taschen ...... 60 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 60 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 60 a) Fusionskontrolle ...... 60 b) Vertikale Beschränkungen – E-Commerce/Internethandel . . . . 60 c) Kartellverfolgung – Vertikale Preisbindung ...... 61 VI. Spielwaren – Handel ...... 61 1. Vertriebssystem – Vertikale Wettbewerbsbeschränkungen . . . . 61 2. Vertikale Preisbindung ...... 61 VII. Handel mit Haushaltsgeräten und Unterhaltungselektronik – 62 Vertikale Vereinbarungen VIII. Möbel, Polster und Möbelhandel ...... 62 1. Fusionskontrolle...... 62 2. Kartellverfolgung – Vertikale Preisbindung ...... 62 a) Matratzen ...... 62 b) Möbel ...... 62 IX. Papier – Absprachen von Tapetenherstellern . . . . 63 X. Forstwirtschaft und Holzgewerbe ...... 63 1. Gemeinsame Rundholzvermarktung in Baden-Württemberg . . . 63 2. Fusionskontrolle im Bereich Holzpellets ...... 64 XI. Erze, Steine, Erden – Fusionskontrolle ...... 64 XII. Baustoffe und Bauindustrie ...... 65 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 65 2. Baustoffe – Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 66 a) Entflechtungsverfahren Asphalt und Transportbeton ...... 66 b) Beurteilung von Bieter- und Liefergemeinschaften ...... 66 c) Sektoruntersuchung Zement und Transportbeton ...... 67 3. Bauindustrie – Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 67 a) Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) ...... 67 b) Bieteröffentliche Submissionstermine ...... 68 XIII. Immobilien und verbundene Dienstleistungen ...... 69 1. Fusionskontrolle im Mietwohnungsmarkt ...... 69 2. Radiusklauseln in Mietverträgen von Factory Outlet Centern . . . 69 XIV. Sanitär – Heizung – Klima (SHK) ...... 70 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 70 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 70 a) Fusionskontrolle ...... 70 b) Kartellverfolgung ...... 70 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12760

XV. Chemische Industrie ...... 71 1. Fusionskontrolle...... 71 2. Missbrauchsaufsicht...... 72 XVI. Maschinen- und Anlagenbau, Metallindustrie ...... 72 1. Fusionskontrolle...... 72 a) Schließsysteme ...... 72 b) Maschinen zur Halbleiterherstellung ...... 72 c) Vakuumpumpen ...... 73 2. Kartellverfolgung...... 73 a) Automatiktüren ...... 73 b) Technische Gebäudeausrüstung ...... 73 c) Industriebatterien ...... 73 d) Gleisoberbaumaterial (Schienen, Weichen) ...... 73 XVII. Sicherheits- und Verteidigungsindustrie ...... 74 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 74 2. Fusionskontrolle...... 74 XVIII. Automobilwirtschaft und Zulieferer ...... 74 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 74 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 75 a) Fusionskontrolle ...... 75 b) Kartellverfolgung – Automobilzulieferer ...... 76 c) Vertikale Beschränkungen ...... 76 XIX. Schiffsbau ...... 77 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 77 2. Fusionskontrolle...... 77

B. Dienstleistungen und übergreifende Berichte ...... 78 I. Gesundheitswesen ...... 78 1. Gesetzliche Krankenversicherung ...... 78 2. Private Krankenversicherung ...... 78 a) Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 78 b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 78 aa) Fusionskontrolle ...... 78 bb) Kartellverfolgung ...... 78 3. Krankenhäuser...... 79 a) Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 79 b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 79 aa) Fusionskontrolle ...... 79 bb) Datenbeschaffung über das InEK ...... 79 cc) Sektoruntersuchung ...... 80 4. Hilfsmittelversorgung in der Gesetzlichen Krankenversicherung . 80 5. Arzneimittel, Fusionskontrolle – Blutprodukte ...... 80 Drucksache 18/12760 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

6. Medizinprodukte, Fusionskontrolle – Hörgeräte ...... 81 7. Pharmagroßhandel...... 81 a) Fusionskontrolle ...... 81 b) Kartellverfolgung ...... 82 II. Finanzwirtschaft, Banken und Zahlungsverkehr ...... 82 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 82 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 82 a) Fusionskontrolle ...... 82 aa) Sparkassen ...... 82 bb) Sparkassen – „Back-Office-Dienstleistungen“. . . . . 82 cc) Genossenschaftsbanken ...... 83 b) Wettbewerbsbeschränkungen ...... 83 aa) Mobile Zahlungsdienste ...... 83 bb) Online-Banking ...... 84 cc) Immobilienkredite – Anschlussfinanzierung ...... 85 dd) electronic-cash ...... 85 III. Versicherungswirtschaft ...... 85 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 85 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 86 a) Zur Verbandsarbeit des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ...... 86 b) Schadenmanagement im Versicherungssektor ...... 86 IV. Entsorgungswirtschaft ...... 86 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 86 a) Vom Wertstoffgesetz zum Verpackungsgesetz ...... 86 b) Kapazitäten in der Müllverbrennung ...... 87 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 88 a) Sektoruntersuchung Haushaltsabfallerfassung . . . 88 b) Fusionskontrolle ...... 88 c) Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen ...... 89 d) Missbrauchsaufsicht – Verwertung von Verpackungsabfällen aus Altpapier ...... 89 V. Kultur, Sport und Unterhaltung ...... 90 1. Konzertproduktion und Ticketing ...... 90 a) Fusionskontrolle ...... 90 b) Missbrauchsaufsicht ...... 91 2. Tickets für Spiele der deutschen Fußballnationalmannschaft . . . 91 VI. Medien- und Werbewirtschaft ...... 91 1. Zeitungen und Zeitschriften ...... 91 a) Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 91 b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 92 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/12760 aa) Fusionen lokaler und regionaler Abo-Tageszeitungen ...... 92 bb) Fusion von Zeitschriftenverlagen ...... 92 cc) Fusion beim Nationalvertrieb ...... 93 dd) Vermarktungskooperationen . . . . 93 ee) Kartellverfolgung – Anzeigenblätter ...... 93 2. Presse-Grosso...... 94 3. Fernsehen, Video On Demand ...... 94 a) Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 94 b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 94 aa) Zentralvermarktung der Bundesligarechte ...... 94 bb) Kartellverfolgung – Betrieb von Fernsehstudios ...... 95 VII. Internetwirtschaft ...... 96 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 96 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 96 a) Fusionskontrolle ...... 96 aa) Immobilienplattformen ...... 96 bb) Vergleichsplattformen ...... 96 cc) Dating-Plattformen ...... 97 b) Vertikale Vereinbarungen, Boykott ...... 97 aa) Digitale Hörbücher ...... 97 bb) Online-Werbung ...... 97 cc) Bestpreisklauseln ...... 98 c) Missbrauchsverfahren ...... 98 aa) Google/VG Media ...... 98 bb) Soziale Netzwerke ...... 99 VIII. Telekommunikation, Rundfunkdienstleistungen und EDV . . 100 1. Telekommunikation...... 100 a) Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 100 b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 100 aa) Fusionskontrolle ...... 100 bb) Relevante Entscheidungen der Europäischen Kommission im Berichtszeitraum ...... 101 cc) Missbrauchsaufsicht ...... 102 dd) Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur ...... 102 2. Rundfunkdienstleistungen...... 103 a) Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 103 b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 104 aa) Fusionskontrolle ...... 104 bb) Horizontale Wettbewerbsbeschränkungen ...... 104 cc) Missbrauchsaufsicht ...... 105 3. EDV, IT-Dienstleistungen und Software ...... 105 a) Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 105 b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 105 Drucksache 18/12760 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode aa) Fusionskontrolle ...... 105 bb) Missbrauchsaufsicht ...... 106 cc) Vertikale Vereinbarungen ...... 106 IX. Energiewirtschaft ...... 107 1. Strom...... 107 a) Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 107 b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 108 aa) Fusionskontrolle ...... 108 bb) Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen ...... 109 cc) Missbrauchsaufsicht ...... 110 2. Erdgas...... 111 a) Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 111 b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 111 3. Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas . . 112 4. Konzessionen...... 113 a) Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 113 b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 113 aa) Missbrauchsaufsicht ...... 113 bb) Fusionskontrolle ...... 115 5. Fernwärme...... 115 a) Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 115 b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht – Preismissbrauchsaufsicht. 115 c) Auswirkungen ...... 116 6. Submetering...... 116 X. Mineralöl ...... 117 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 117 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 118 a) Fusionskontrolle ...... 118 b) Missbrauchsaufsicht ...... 118 3. Markttransparenzstelle für Kraftstoffe ...... 119 XI. Wasser ...... 120 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 120 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht – Preismissbrauchsaufsicht. 120 3. Wasserbericht...... 121 4. Auswirkungen...... 122 XII. Post ...... 122 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 122 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 122 a) Fusionskontrolle ...... 122 b) Missbrauchsaufsicht – Großkunden-Verfahren gegen die DPAG . 123 3. Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur ...... 123 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/12760

XIII. Verkehrswirtschaft ...... 124 1. Landverkehr...... 124 a) Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 124 b) Missbrauchsverfahren gegen die DBAG ...... 125 c) Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur ...... 126 2. Logistik...... 126 a) Fusionskontrolle ...... 126 b) Kartellverfolgung – Containertransport ...... 126 3. Schifffahrt...... 127 a) Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 127 b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 127 aa) Fusionskontrolle ...... 127 bb) Kartellverfolgung – Hafendienstleister ...... 128 4. Luftverkehr – Fusionskontrolle ...... 128 XIV. Touristik und Gastgewerbe ...... 128 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation . . . . . 128 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ...... 128 a) Fusionskontrolle ...... 128 b) Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen – Bestpreisklauseln der Hotelportale ...... 129

Dritter Abschnitt Tätigkeitsbericht der Vergabekammern ...... 131

Teil I: Vergaberechtsentwicklung ...... 131

Teil II: Entscheidungspraxis der Vergabekammern des Bundes . . . . 132

A. Entwicklung und Schwerpunkte der Tätigkeit der Vergabekammern ...... 132

B. Rechtsfragen aus der Nachprüfungstätigkeit der Vergabekammern des Bundes ...... 133 I. Einfluss des Sozialrechts bei der Auswahl des Auftragnehmers 133 II. Arzneimittelausschreibungen bei nur teilweise patentfreien Wirkstoffen ...... 133 III. Zulässigkeit von Bietergemeinschaften ...... 134 IV. Vergaberechtsfreie Inhouse-Vergabe ...... 134 V. Open-House-Verträge ...... 135 VI. Verfristeter Nachprüfungsantrag zur Feststellung der Unwirksamkeit ...... 135 VII. Bewertungsmatrix „Schulnotensystem“ ...... 135 VIII. Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb . . . . . 136 IX. Fehlerhafte elektronische Signatur ...... 136 X. Nachfragebündelung ...... 136 Drucksache 18/12760 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Vierter Abschnitt Geschäftsübersicht ...... 139

A. Tabellen zur Fusionskontrolle ...... 139 I. Beim Bundeskartellamt angemeldete Zusammenschlüsse 1990-2016 ...... 139 II. Beim Bundeskartellamt angemeldete Zusammenschlüsse und Entscheidungen 2015 und 2016 ...... 140 III. Angemeldete Zusammenschlüsse nach Größenklassen 2015 und 2016 ...... 140 1. Gesamtumsatz aller jeweils beteiligten Unternehmen ...... 141 2. Umsatz des erworbenen Unternehmens ...... 141 3. Umsatz des erwerbenden Unternehmens („Erwerber“) . . . . . 142 IV. Angemeldete Zusammenschlüsse nach Art des Zusammenschlusstatbestandes ...... 143 V. Angemeldete Zusammenschlüsse nach Art der Diversifikation 143 VI. Angemeldete Zusammenschlüsse nach geografischer Gliederung 144 1. Angemeldete Zusammenschlüsse – 2015, 2016 Erworbene Unternehmen in geografischer Gliederung . . . . . 144 2. Angemeldete Zusammenschlüsse – 2015, 2016 Erwerber in geografischer Gliederung...... 145

B. Übersichten zu weiteren Verfahren ...... 146 I. Bußgeldverfahren, Missbrauchsverfahren, Untersagungsverfahren ...... 146 1. beim Bundeskartellamt im Jahr 2015 ...... 146 2. beim Bundeskartellamt im Jahr 2016 ...... 147 3. bei den Landeskartellbehörden im Jahr 2015 ...... 148 4. bei den Landeskartellbehörden im Jahr 2016 ...... 149 II. Anerkannte Wettbewerbsregeln ...... 150

Ausländische Besucher im Bundeskartellamt 2015/2016 ...... 151 Abkürzungsverzeichnis von Gesetzestexten ...... 152 Stichwortverzeichnis ...... 155 Verzeichnis der Unternehmen, Behörden, Verbände und sonstiger Institutionen ...... 170 Berichte des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit ...... 185 Organisationsplan des Bundeskartellamtes ...... 186 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/12760

Erster Abschnitt

Wettbewerbliche Entwicklungen und wettbewerbspolitische Lage

A. Entwicklungen der wettbewerbs- und der Marktmachtbestimmung im Bereich digitaler politischen und kartellrechtlichen Plattformen widmet („Marktmacht von Plattformen und Rahmenbedingungen Netzwerken“ vom 9. Juni 2016, abrufbar auf der Internet- seite des Bundeskartellamtes). Die Ergebnisse des Think I. Zur wettbewerbspolitischen Lage Tanks haben darüber hinaus Eingang in verschiedene Fäl- Internetökonomie/Digitale Märkte le gefunden, die den Bereich der digitalen Wirtschaft be- trafen. Das Internet und die Digitalisierung verändern wirt- schaftliches Handeln auf vielfältige Weise. In vielen, auch Das Bundeskartellamt hat sich ferner in einer gemeinsam traditionellen Wirtschaftsbereichen tragen sie zu einer mit der französischen Wettbewerbsbehörde Autorité de la deutlichen Verbreiterung des Angebots, zu neuartigen concurrence durchgeführten Studie mit der Frage befasst, Produkten und Geschäftsmodellen und zu einer dyna- welche Konsequenzen sich aus der zunehmenden Bedeu- mischen Entwicklung von Märkten und Wettbewerb bei. tung von Daten in der Internetwirtschaft für die Kartell- Die Wettbewerbspolitik und die kartellbehördliche Praxis rechtsanwendung ergeben („Competition Law and Data“ werden durch neue digitale Produkte und Geschäftsmo- vom 10. Mai 2016, abrufbar auf der Internetseite des Bun- delle und die besonderen Eigenschaften digitaler Märkte deskartellamtes). Im Zentrum stehen dabei die Fragen, vor neue Aufgaben gestellt. Viele Fälle weisen heute einen warum, wie und in welchem Umfang Daten zu einem Inst- Bezug zum Internet auf. Digitale Geschäftsmodelle sind rument von Marktmacht werden können. Die Studie bietet oft als mehrseitige Märkte (Plattformen) oder Netzwerke einen umfassenden Überblick über die Fallpraxis und die organisiert, deren wettbewerbliche Analyse sich von der Literatur zu diesem Thema. Sie ermöglicht Marktteilneh- Analyse traditioneller Märkte erheblich unterscheidet. An mern, Interessengruppen und den Wettbewerbsbehörden, den wettbewerblichen Verhaltensweisen und Strategien die wichtigsten Faktoren und Schlüsselfragen zu identi- großer Internetunternehmen entzündet sich eine intensive fizieren, die im Hinblick auf die Relevanz von Daten im Diskussion über deren wettbewerbsfördernde und -behin- Rahmen der Kartellrechtsanwendung zu beachten sind. dernde Wirkungen oder sogar Regulierungsbedürftigkeit. Das Bundeskartellamt hat sich außerdem intensiv an dem Vielfach wird Besorgnis über vermeintlich marktmäch- durch das Grünbuch Digitale Plattformen des Bundeswirt- tige Stellungen von Unternehmen auf digitalen Märkten schaftsministeriums angestoßenen Diskussionsprozess geäußert. Gleichzeitig gelten viele digitale Märkte als sehr um einen Ordnungsrahmen für digitale Märkte beteiligt, dynamisch. an verschiedenen begleitenden Workshops teilgenommen Die grundlegenden Zusammenhänge und die Komplexität und schriftliche Stellungnahmen zum Grünbuch abge- der Geschäftsmodelle und wirtschaftlichen Beziehungen geben. Im Berichtszeitraum sind zahlreiche Verfahren, auf diesen Märkten sind von Wettbewerbsbehörden und deren Schwerpunkt in der Internetwirtschaft liegt, abge- Gerichten bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung schlossen bzw. eingeleitet worden (siehe dazu vor allem konkreter Fälle zu berücksichtigen. Vor diesem Hinter- S. 96ff.). Viele dieser Verfahren wurden in enger Koope- grund hat das Bundeskartellamt im Berichtszeitraum den ration mit unseren europäischen Partnerbehörden geführt. wettbewerbsrelevanten Fragen der digitalen Wirtschaft Das Kartellrecht ist auch in digitalen Märkten gut geeig- verstärkt Ressourcen gewidmet. net, die wettbewerbsbezogenen Probleme zu adressieren. Anfang 2015 ist im Bundeskartellamt darüber hinaus ein Allerdings hat sich in der Fallpraxis und der Grundsatz- „Think Tank“ eingerichtet worden, in dem sich Juristen arbeit des Bundeskartellamts gezeigt, dass der bestehende und Ökonomen neben der praktischen Fallarbeit intensiv Rechtsrahmen in einigen Aspekten an die Internetökono- mit der aktuellen Forschung zu Plattformen und Netzwer- mie anzupassen ist. Das Bundeskartellamt hat hierzu kon- ken und deren Übertragbarkeit auf die kartellrechtliche krete Vorschläge vorgelegt und begrüßt es, dass diese Vor- Fallpraxis auseinandersetzen. Der Think Tank hatte die schläge im Rahmen der Anfang 2017 verabschiedeten 9. Aufgabe, bestehende Prüfkonzepte weiterzuentwickeln Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und neue zu entwickeln, damit Fälle auf digitalen Märkten (GWB) aufgenommen wurden (siehe zu den Einzelheiten schnell und effizient analysiert und beurteilt werden kön- S. 17ff.). Deutschland wird damit eines der ersten Länder nen. Im Vordergrund standen dabei Internet-Plattformen mit eigenen kartellrechtlichen Regeln für die Digitalwirt- und Netzwerke, als diejenigen Geschäftsmodelle, die auf schaft. digitalen Märkten besonders häufig anzutreffen sind. Bereits derzeit ermöglicht das GWB, Wettbewerbsproble- Im Juni 2016 hat das Bundeskartellamt ein Arbeitspapier me durch flexibel ausgestaltete und gegebenenfalls zeit- veröffentlicht, das die Ergebnisse der bisherigen Arbeit lich befristete Verpflichtungszusagen zu beseitigen. Ob des Think Tanks darstellt und sich der Marktabgrenzung die Kartellbehörden darüber hinaus neue verfahrensrecht- Drucksache 18/12760 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode liche Instrumente benötigen, um gerade in den dynami- um eine stärkere behördliche Durchsetzung des Verbrau- schen Internetmärkten flexibel reagieren und Wettbewerb- cherschutzes und die mögliche Rolle des Bundeskartell- sprobleme schnell und effektiv abstellen zu können, sollte amtes hierbei. Das Bundeskartellamt nahm dies zum An- weiter geprüft werden. Insbesondere der Erlass einstwei- lass, sich auf der Tagung des Arbeitskreises Kartellrecht liger Maßnahmen kann ein geeignetes Instrument sein, im Oktober 2016 unter der Überschrift „Wettbewerb und um die Wirkung von Wettbewerbsschäden (vorläufig) zu Verbraucherverhalten – Konflikt oder Gleichlauf zwi- vermeiden. Allerdings sind die gesetzlichen Anforderun- schen Verbraucherschutz und Kartellrecht“ mit dem Ver- gen an einstweilige Maßnahmen gegenwärtig hoch. Hier hältnis zwischen beiden Regelungsbereichen zu befassen. sollten gesetzliche Erleichterungen für den Erlass einst- Die Debatte zeigte, dass Kartellrecht und Verbraucher- weiliger Maßnahmen, in die auch die Interessen Betroffe- schutz vielfach Hand in Hand gehen bzw. sich gegenseitig ner einbezogen werden, mit dem Ziel einer beschleunigten ergänzen können. Dies gilt insbesondere für den Bereich Beseitigung von Wettbewerbsproblemen entwickelt wer- der digitalen Wirtschaft, wo die dynamische Entwicklung den. Dies gilt umso mehr als gerade die Plattformmärkte neuartiger Geschäftsmodelle, die starke Stellung einzelner oft von wenigen großen Marktteilnehmern geprägt sind. „Intermediäre“ und Defizite bezüglich der Transparenz Netzwerkeffekte können hier eine Selbstverstärkungsten- der Angebote neue Informations- und Machtungleichge- denz haben, die letztlich sogar zur Monopolisierung eines wichte zu Lasten der Verbraucher begründen. Marktes führen kann. Ein klassisches Wettbewerbsgesche- hen im Sinne von Ringen um Marktanteile findet dann Das Bundeskartellamt begrüßte dementsprechend Über- kaum noch statt. legungen im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zur 9. GWB-Novelle, die behördliche Durchsetzung des Insoweit ist die Arbeit des Amtes zum Einen darauf ge- wirtschaftlichen Verbraucherschutzes zu stärken und dem richtet, die Märkte offen zu halten, damit Innovationen Bundeskartellamt Befugnisse in diesem Bereich zuzuwei- und damit das Wachstum kleinerer oder neuer Wettbe- sen. Dass Wettbewerbsbehörden dafür die richtige Instanz werber befördert werden, und zum Zweiten Marktmiss- sein können, zeigen die Beispiele vieler anderer Länder, bräuche der großen Unternehmen wirksam anzugehen. die die Befugnisse ihrer Kartellbehörden auch um ver- Damit ist zwar keine Regulierung im engeren Sinne ver- gleichbare Kompetenzen erweitert haben. bunden, aber Missbrauchsverfahren können mitunter ei- nen regulierenden Charakter haben. Sie sind entsprechend Diskutiert wurde eine punktuelle Ergänzung des bewähr- komplex und schwierig zu führen, insbesondere in einem ten Systems der zivilrechtlichen Durchsetzung, die insbe- Marktumfeld, in dem sich Geschäftsmodelle und unter- sondere auf Durchsetzungsdefizite in der digitalen Wirt- nehmerische Verhaltensweisen fortlaufend ändern kön- schaft zielt. nen. Daher ist der Instrumentenkasten in diesem Bereich Grundsätzlich ist das in Deutschland etablierte System weiterzuentwickeln. des individuellen und kollektiven Rechtschutzes auf dem Dies gilt umso mehr als eine allgemeine Marktregulierung Zivilrechtsweg ein erfolgreiches Modell. Wo einzelne von digitalen Plattformen, von einzelnen Ausnahmen ab- Verbraucher ihre Rechte nicht wahrnehmen können oder gesehen, wenig Aussicht auf Erfolg hat. Die komplexen, wollen, führen insbesondere die von den Verbraucherzen- sehr spezifischen und ermittlungsintensiven Sachverhalte tralen geführten Verfahren zur Abstellung einer Vielzahl in kartellrechtlichen Verfahren in digitalen Märkten be- von Verstößen bzw. zur Klärung der damit verbundenen legen, dass es nicht „die“ Internetplattform gibt und sich rechtlichen Fragen. In Einzelfällen können aber auch die die jeweiligen wettbewerblichen Probleme stark unter- Instrumente des kollektiven Rechtschutzes an ihre Gren- scheiden. Eine allgemeine Marktregulierung von digitalen zen stoßen. Dies gilt insbesondere für die digitale Wirt- Plattformen nach dem Vorbild einer sektorspezifischen schaft, in der durch neuartige Verhaltensweisen und einen Marktregulierung in anderen Bereichen wäre nicht in der einzelnen Rechtsbruch innerhalb kurzer Zeit mitunter eine Lage, auf die große Bandbreite und die hohe Dynamik sehr hohe Zahl an Verbrauchern geschädigt wird. In die- dieser Geschäftsmodelle angemessen und flexibel reagie- sen Bereichen können klassische behördliche Instrumente ren zu können. Hinzu kommt, dass kartellrechtliche Miss- einen Mehrwert haben. So wäre es etwa denkbar, Verstöße brauchsverfahren mitunter zwar lange dauern. Dies würde über Abstellungsanordnungen mit Sofortvollzug schneller aber in noch größerem Maße für eine Regulierung dyna- zu beenden und Verbrauchern auch in der Breite zu einer mischer Märkte gelten, die voraussichtlich noch schwer- schnelleren Durchsetzung ihrer Rechte zu verhelfen. fälliger und vor allem statischer ausfallen würde. In einem Letztlich fand sich keine Mehrheit dafür, dem Bundes- solchen Szenario ist das Kartellrecht das besser geeignete kartellamt im laufenden Gesetzgebungsverfahren der 9. Instrument, um die wettbewerbsbezogenen Probleme digi- GWB-Novelle Befugnisse zur Abstellung und Beseiti- taler Plattformen zu adressieren, wenn sein Instrumenten- gung von Verbraucherrechtsverstößen zuzuweisen. Als kasten konsequent weiterentwickelt wird. Grund hierfür wurde insbesondere das Fehlen hinreichend gesicherter Erkenntnisse über die Defizite des bisherigen Verbraucherschutz Durchsetzungssystems genannt. Der Gesetzgeber hat sich aber in einem ersten Schritt entschlossen, dem Bundes- Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom kartellamt Befugnisse zu verbraucherrechtlichen Sektor- Dezember 2013 sah vor, dass der Verbraucherschutz Ziel untersuchungen und „amicus curiae“-Stellungnahmen bei der Aufsichtstätigkeit u.a. des Bundeskartellamtes werden Gerichten zu geben (siehe S. 17ff.). Sektoruntersuchun- soll. Im Berichtszeitraum intensivierte sich die Diskussion Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/12760 gen sind mit weitgehenden Auskunftsrechten verbunden 2015 ihr „Sondergutachten 72: Strafrechtliche Sanktionen und stellen ein sinnvolles Instrument dar, um eine noch bei Kartellverstößen“, in dem sie anregte, die Einführung breitere Erkenntnisgrundlage zu schaffen, in welchen von Kriminalsanktionen gegen Unternehmensvertreter Bereichen die größten Durchsetzungsdefizite liegen. Das zu prüfen. Auch die Justizministerinnen und Justizmi- Bundeskartellamt hat hiermit im Kartellrecht gute Er- nister der Länder erörterten auf ihrer Frühjahrskonferenz fahrungen gemacht und auch bereits sehr verbraucher- im Juni 2015, ob besonders wettbewerbsschädliche Kar- nahe Sektoruntersuchungen durchgeführt. Auch „amicus tellabsprachen in bestimmtem Umfang durch Straftatbe- curiae“-Stellungnahmen haben sich in Kartellzivilver- stände erfasst werden sollten. Die mit der weiteren Un- fahren als sinnvolle Möglichkeit bewährt, zivilrechtliche tersuchung beauftragte Länder-Arbeitsgruppe kam jedoch und behördliche Durchsetzung miteinander zu vernetzen. zu dem Ergebnis, dass die gegenwärtige Rechtslage, die Dies wird im Verbraucherschutzbereich eine weitere Mög- außerhalb von Ausschreibungsverfahren eine Verfolgung lichkeit darstellen, einen Überblick zu erhalten, welche als Ordnungswidrigkeit vorsieht, derzeit zweckmäßig und Rechtsfragen sich bei den Gerichten stellen und in wel- angemessen ist. Dieser Einschätzung schlossen sich die chen Bereichen Durchsetzungsdefizite bestehen bleiben. Ministerinnen und Minister auf ihrer Herbstkonferenz am 17. November 2016 an und regten lediglich an, eine Kartellverfolgung Ausweitung der strafrechtlichen Kronzeugenregelung auf Straftaten gegen den Wettbewerb zu prüfen. Wenn inso- Die Kartellverfolgung bildete im Berichtszeitraum erneut weit kein aktueller Handlungsbedarf im Hinblick auf Kri- einen Schwerpunkt der Tätigkeit des Bundeskartellamtes. minalstrafen gesehen wird, liegt dies auch daran, dass das In einer Vielzahl von Verfahren wurden Ermittlungen vor- Bundeskartellamt bereits jetzt konsequent auch gegen die genommen und Bußgelder verhängt. Auch die Zahl der handelnden Unternehmensvertreter vorgeht (siehe dazu S. Bonusanträge bewegt sich weiterhin auf einem hohen Ni- 33f.). Das Bundeskartellamt ist der Auffassung, dass eine veau. Dennoch verstärkt das Bundeskartellamt seine An- Kriminalisierung des Kartellrechts nicht zielführend wäre strengungen, das Aufdeckungsrisiko für kartellbeteiligte (siehe dazu Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 13). Unternehmen auch jenseits der Bonusregelung hoch zu halten. Hierzu trägt das bereits 2012 eingerichtete elekt- Lebensmitteleinzelhandel ronische Whistleblower-System bei, über das im Berichts- zeitraum erneut wertvolle Hinweise eingegangen sind. Einen Schwerpunkt der Tätigkeit des Bundeskartellamtes Darüber hinaus hat das Bundeskartellamt im Berichtszeit- bildete im Berichtszeitraum erneut der Lebensmittelein- raum eine Informationsbroschüre erstellt, die Vergabestel- zelhandel (LEH). Vor allem die Untersagung der geplan- len das Erkennen von Absprachen in Vergabeverfahren ten Fusion zwischen EDEKA und Kaiser’s Tengelmann im erleichtern soll. Zudem prüft das Bundeskartellamt die März 2015 und die sich daran anschließenden Gerichts- Nutzung elektronischer Auswertungen von Marktdaten verfahren sowie das Verfahren zur Erteilung einer Minis- zur Aufdeckung von Kartellen (sog. „Screening“). tererlaubnis standen dabei auch im Fokus der Öffentlich- keit (siehe dazu S. 56ff.). Belastet wurden die Bußgeldverfahren des Bundeskartell- amtes in den letzten Jahren durch die erheblichen Rege- Der Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland ist ein hoch lungslücken, die im Fall von Vermögensverschiebungen konzentrierter Markt. Rund 85 Prozent des deutschland- und Umstrukturierungen bei kartellbeteiligten Unterneh- weiten Absatzmarktes vereinen die vier großen Han- men bestehen. So mussten im sog. „Wurstkartell“ die Buß- delskonzerne EDEKA, REWE, ALDI und die Schwarz- geldverfahren gegen zwei Gesellschaften der Zur Mühlen- Gruppe aufeinander. Diese Marktlage kann sich sowohl Gruppe eingestellt werden. Die Bußgeldbescheide über zu Lasten der Verbraucher auswirken, wenn die Auswahl- insgesamt 128 Mio. Euro waren infolge konzerninterner möglichkeiten vor Ort eingeschränkt sind, als auch zu Umstrukturierungen gegenstandslos geworden. Nach Ein- Lasten der Lieferanten, die auf den Absatz ihrer Produkte spruchseinlegung waren wesentliche Vermögensgegen- an die vier großen Handelsketten angewiesen sind (siehe stände der betroffenen Gesellschaften auf andere Rechts- auch S. 59, Missbrauchsverfahren gegen EDEKA, „Hoch- träger der Zur Mühlen-Gruppe übertragen und die beiden zeitsrabatte“). Diese Problemlage hat auch der Gesetz- bebußten Gesellschaften anschließend zum Erlöschen ge- geber im Rahmen der 9. GWB-Novelle durch eine Ver- bracht worden. In Anbetracht dieser Sanktionslücken hatte schärfung der Missbrauchsvorschriften für diesen Bereich das Bundeskartellamt bereits in der Vergangenheit drin- adressiert (siehe S. 19). genden Handlungsbedarf angemahnt. Umso mehr begrüßt es, dass mit der 9. GWB-Novelle in Angleichung an die Kaiser’s Tengelmann war vor allem in den Regionen Ber- europäische Rechtslage eine Bußgeldverantwortlichkeit lin und München einer der größeren „Kleineren“ unter den des Unternehmens begründet wird, die sich auf rechtliche Wettbewerbern außerhalb der Spitzengruppe. Die Ermitt- und wirtschaftliche Nachfolger der ursprünglich verant- lungen hatten ergeben, dass Kaiser’s Tengelmann in den wortlichen Gesellschaft sowie auf die lenkende Konzern- betroffenen Regionalmärkten mit Marktanteilen zwischen mutter erstreckt (siehe S. 17). 10 und knapp 30 Prozent eine wichtige Wettbewerbskraft ist und über ein – für den potenziellen Erwerber – wert- Die Debatte um eine über den Bereich der Submissionsab- volles Standortnetz verfügt. Die Ministererlaubnis, die im sprachen (§ 298 StGB) hinausgehende Kriminalisierung März 2016 unter Bedingungen zum Erhalt der Arbeitsplät- von Kartellrechtsverstößen setzte sich im Berichtszeitraum ze und Arbeitnehmerrechte der Beschäftigten von Kaiser’s fort. Die Monopolkommission veröffentlichte im Oktober Tengelmann erteilt wurde, ist aus wettbewerblicher Sicht Drucksache 18/12760 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode mit Blick auf Lieferanten und Kunden kritisch zu sehen, von denen im Jahr 2015 ca. 30,9 Mio. Tonnen Rohmilch da das marktführende LEH-Unternehmen eines der letzten erfasst worden sind. Dies entspricht etwa 98 Prozent der größeren Filialnetze mit hoher Präsenz in attraktiven In- Milchanlieferungsmenge in Deutschland. Um die Diskus- nenstadtlagen übernehmen konnte. Bedauerlich war auch, sionen mit der Branche und der Politik zu intensivieren, dass eine Lösung für den Erhalt von Wettbewerb und den hat das Bundeskartellamt seine bisherigen Erkenntnis- Übergang der Standorte und Beschäftigten im Fusions- se in einem Sachstandspapier zusammengefasst, das im kontrollverfahren trotz konkreter Angebote nicht realisiert März 2017 veröffentlicht wurde. Darin stellt die Behörde werden konnte. zentrale Ergebnisse der bisherigen Ermittlungen dar und gibt erste Anregungen für wettbewerbsfreundlichere Al- Die Ministererlaubnis bleibt aber grundsätzlich ein wich- ternativen für die Ausgestaltung der Lieferbeziehungen tiges Instrument, um in Ausnahmesituationen einer rein zwischen Milcherzeugern und Molkereien. Interessierten wettbewerblich begründeten Fusionskontrollentscheidung Wirtschaftskreisen wurde Gelegenheit zur Stellungnahme ein politisches Korrektiv entgegenzusetzen. Der internati- eingeräumt (siehe S. 53). onale Vergleich zeigt, dass kaum ein Kartellrechtsregime ohne ein vergleichbares Instrument auskommt. In Deutsch- land ermöglicht das Instrument der Ministererlaubnis aus Entsorgungswirtschaft Gemeinwohlgründen und aufgrund deren institutioneller Im Berichtszeitraum ist der Gesetzgebungsprozess für Trennung von der wettbewerblichen Fusionskontrolle eine ein Wertstoffgesetz neu angestoßen worden. Die Organi- ergebnisoffene Ermittlung und Entscheidung des Amtes sation einer gemeinsamen haushaltsnahen Erfassung von ohne politische Einflussnahme. Auch zeigt die Historie Verpackungen und anderen Wertstoffen wurde intensiv der Entscheidungspraxis in Deutschland, dass das Bun- diskutiert. Im Fokus der Debatte stand vor allem die künf- deswirtschaftsministerium nur sehr selten eine Minister- tige Aufgabenverteilung zwischen Kommunen und dualen erlaubnis erteilt. Systemen. Eng verknüpft damit war die Frage, welche Anfang 2017 hat das Bundeskartellamt den Entwurf eines Rolle der Wettbewerb bei der Wertstoffentsorgung einneh- Hinweispapieres zum Preisbindungsverbot im Lebens- men wird. mitteleinzelhandel veröffentlicht (siehe S. 58f.). In das In einem ersten vom Bundesministerium für Umwelt, Papier, das Händlern wie Herstellern verdeutlichen soll, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) 2015 welche Verhaltensweisen kartellrechtlich verbotene Verti- veröffentlichten Arbeitsentwurf eines Wertstoffgesetzes kalabsprachen darstellen können, sind vor allem Erkennt- war vorgesehen, die für Verpackungen bestehende Pro- nisse aus dem umfangreichen „Vertikalfall“ im Lebens- duktverantwortung von Herstellern und Inverkehrbringern mitteleinzelhandel eingeflossen. Dieses Verfahren wurde auf stoffgleiche Nichtverpackungen auszuweiten. Für die im Berichtszeitraum mit Geldbußen in Höhe von insge- Erfassung, Sortierung und Verwertung der Wertstoffe soll- samt rund 260 Mio. Euro gegen zahlreiche Konsumgüter- ten die dualen Systeme zuständig sein. Die stoffgleichen hersteller und Lebensmitteleinzelhändler abgeschlossen Nichtverpackungen wären demnach in ein wettbewerblich (siehe S. 58). organisiertes Entsorgungsmodell überführt worden. Aus wettbewerblicher Sicht wäre die Umsetzung dieses Vor- Milchwirtschaft schlags begrüßenswert gewesen. Die Entwicklung seit der Öffnung des Monopols der Duales System Deutschland Durch das Auslaufen der Milchquote und der damit ver- GmbH hat gezeigt, dass der Wettbewerb zwischen den bundenen staatlichen Mengensteuerung zum 1. April 2015 Systemen und zwischen den Erfassungsdienstleistern ef- stellen sich neue Herausforderungen an die Marktmecha- fizienzsteigernd wirken kann, ohne dabei die Erreichung nismen bei der Lieferung von Rohmilch von den Erzeu- von Umweltzielen zu gefährden. Dies hat das Bundes- gern an die Molkereien. Die wiederholten Milchkrisen kartellamt für die Verpackungsentsorgung in seiner Sek- und Überangebote an Rohmilch erfordern schon seit lan- toruntersuchung duale Systeme (siehe Tätigkeitsbericht gem eine wirksamere Mengensteuerung durch den Markt, 2011/12, S. 86 f.) festgestellt. die bisher unter anderem durch die weite Verbreitung von umfassenden Exklusivitätsvereinbarungen in Verbindung Die private Organisation der Wertstoffentsorgung wurde mit langen Vertragslaufzeiten und nachträglichen Preisset- jedoch von verschiedenen Seiten in Frage gestellt. Auch zungsregelungen behindert wird. Seit April 2016 führt das der Bundesrat hatte Anfang 2016 in einem Entschlie- Bundeskartellamt nunmehr ein Pilotverfahren zur Über- ßungsantrag gefordert, die Organisationsverantwortung prüfung der Lieferbedingungen der norddeutschen Groß- für die Erfassungsleistung den Kommunen zu übertragen. molkerei Deutsches Milchkontor (DMK). Im Anschluss an Ausschreibungen der Sortierungs- und Verwertungsleis- die Erkenntnisse aus der Sektoruntersuchung Milch (siehe tungen sollten in zentralisierter Form erfolgen. Darüber Tätigkeitsbericht 2011/2012, S. 57) werden vor allem die hinaus forderte die Länderkammer, dass die Zentrale Stel- Ausschließlichkeitsbindungen untersucht, die sich aus der le die Lizenzierung der Wertstoffe übernehmen sollte. Da- Kombination langer Kündigungsfristen und Exklusivitäts- mit wäre eine Abschaffung der dualen Systeme möglich vereinbarungen (sog. Andienungspflicht) ergeben. geworden. Das Bundeskartellamt hat in diesem Rahmen eine um- Der politische Dissens über die Rahmenbedingungen fassende Markterhebung vorgenommen und insgesamt der Wertstoffentsorgung konnte letztlich nicht aufgelöst 89 private und genossenschaftliche Molkereien befragt, werden. Der am 21. Dezember 2016 beschlossene Re- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/12760 gierungsentwurf zum Verpackungsgesetz beschränkt sich Markttransparenzstellen daher im Wesentlichen auf eine Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für die Verpackungsentsorgung, die MTS-Kraftstoffe in den Händen der dualen Systeme verbleibt. Die Entsor- Die beim Bundeskartellamt eingerichtete Markttranspa- gung stoffgleicher Nichtverpackungen bleibt dagegen in renzstelle für Kraftstoffe (MTS-Kraftstoffe) erfasst seit kommunaler Verantwortung. Eine Verpflichtung zur Ein- über drei Jahren Kraftstoffpreise von etwa 14.500 Tank- führung einer Wertstofftonne gibt es nicht. stellen in Deutschland in Echtzeit. Die eingehenden Preis- Auch wenn eine Ausdehnung der privatwirtschaftlichen daten gibt sie an Verbraucher-Informationsdienste weiter. Entsorgung auf stoffgleiche Nichtverpackungen wettbe- Mittlerweile gibt es zahlreiche Angebote von Verbraucher- werblich vorzugswürdig gewesen wäre, ist zu begrüßen, Informationsdiensten, die von den Verbrauchern genutzt dass die wettbewerbliche Organisation der Verpackungs- werden können. Über Internet, Smartphone oder Navi- entsorgung durch die dualen Systeme fortgesetzt werden gationsgeräte können sich die Verbraucher über aktuelle soll. Bei einer Übertragung der Sammelverantwortung Kraftstoffpreise informieren und gezielt die jeweils güns- auf die Kommunen wären negative Folgen für den Wett- tigste Tankstelle in ihrer Umgebung auswählen. bewerb nicht auszuschließen gewesen. Denn die Kommu- Im Rahmen ihrer jährlichen Berichte wertet die MTS- nen hätten die Erfassungsdienstleistungen auch „inhouse“ Kraftstoffe die erhaltenen Preisdaten aus und informiert vergeben können. Der Wettbewerb um die Erfassungs- über ihre Erkenntnisse zum Preissetzungsverhalten der dienstleistungen wäre in diesen Fällen entfallen. Auch Kraftstoffanbieter (Einzelheiten siehe S. 119f.). hätten Kommunen im Falle einer Ausschreibung um die Erfassungsdienstleistung nicht in gleichem Maße wie die im Wettbewerb stehenden dualen Systeme ein Interesse MTS-Strom/Gas daran, sich vornehmlich an kostengünstigen Lösungen zu- Die Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom gunsten der Verbraucher auszurichten. und Gas (MTS-Strom/Gas), die bei der Bundesnetzagen- tur eingerichtet ist, wird derzeit gemeinsam durch Bun- Strommarkt desnetzagentur und Bundeskartellamt aufgebaut. Ziel ist es, die zur Überwachung des Energiegroßhandels erfor- Das Bundeskartellamt hat sich im Rahmen der Diskussion derlichen Daten einzusammeln und auszuwerten. Der um das künftige deutsche Strommarktdesign nachdrück- Großteil der erforderlichen Daten wird von der europä- lich für wettbewerbliche Strukturen eingesetzt. Insbeson- ischen Energieregulierungsbehörde ACER erhoben und dere hat das Bundeskartellamt die Einführung eines Ka- soll an die MTS-Strom/Gas weitergeleitet werden. Ein pazitätsmarktes unter wettbewerblichen Gesichtspunkten Arbeitsschwerpunkt der MTS-Strom/Gas im Berichtszeit- kritisch gesehen und derzeit für nicht erforderlich gehal- raum war daher der Aufbau eines IT-Systems, damit die ten. Mit dem im Juli 2016 verabschiedeten Strommarktge- auf europäischer Ebene gesammelten Daten übernommen setz hat sich der deutsche Gesetzgeber gegen die Einfüh- werden können. Darüber hinaus wurde die erstmalige Re- rung eines Kapazitätsmarktes entschieden. gistrierung der meldepflichtigen Marktteilnehmer bei der Im Rahmen der Debatte wurden teilweise Befürchtungen Bundesnetzagentur durchgeführt und Rückfragen zur Da- geäußert, das kartellrechtliche Missbrauchsverbot wirke tenmeldung und Registrierung bearbeitet (siehe auch S. auf dem Stromerstabsatzmarkt wie eine implizite Prei- 112). sobergrenze und verhindere knappheitsbedingte Preis- spitzen. Das Bundeskartellamt teilt diese Befürchtungen Modernisierung des Vergaberechts nicht. Um die Bedenken auszuräumen, hatte das Bun- deskartellamt angeregt, einen Leitfaden für die kartell- Am 18. April 2016 ist eine umfassende Reform des deut- rechtliche Missbrauchsaufsicht in der Stromerzeugung zu schen Vergaberechts in Kraft getreten. Durch die Reform veröffentlichen. Diesen Vorschlag hat das 2015 veröffent- wurden drei EU-Richtlinien von 2014 über die Vergabe lichte Weißbuch des Bundesministeriums für Wirtschaft von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen umgesetzt. und Energie aufgegriffen und als eine von 20 Maßnah- Das „neue Vergaberecht“ ändert die bisher geltenden Re- men zur Weiterentwicklung des Strommarktes aufgeführt. gelungen für die Durchführung von öffentlichen Auftrags- Das Bundeskartellamt arbeitet derzeit an der Erstellung vergaben grundlegend und enthält zahlreiche Neuerun- des Leitfadens und hat hierzu im zweiten Quartal 2016 gen. So unterfallen nunmehr nicht nur Bau-, sondern auch einen Konsultationsprozess durchgeführt. Nach dem Dienstleistungskonzessionen der Nachprüfung durch die Strommarktgesetz soll das Bundeskartellamt außerdem in Vergabekammern. Erstmals werden wesentliche materi- Zukunft auf Grundlage von Daten der Markttransparenz- elle Vorgaben über den Ablauf des Vergabeverfahrens auf stelle für den Großhandel mit Strom und Gas regelmäßig die gesetzliche Ebene hochgezogen und im GWB gere- einen Bericht über die Wettbewerbsverhältnisse in der gelt. Dies betrifft beispielsweise die Leistungsbeschrei- Stromerzeugung veröffentlichen. Hierdurch werden die bung, die Prüfung von Ausschlussgründen, die Eignungs- Unternehmen besser einschätzen können, ob sie markt- prüfung, den Zuschlag bis hin zu den Bedingungen für die beherrschend und damit Adressat des Missbrauchsverbots Ausführung des Auftrags. Zudem werden die Möglichkei- sind (siehe Pressemitteilung vom 1. April 2016). ten für öffentliche Auftraggeber gestärkt, auch strategi- sche Ziele – z.B. umweltbezogene, soziale oder innovative Aspekte – im Rahmen von Vergabeverfahren vorzugeben. Drucksache 18/12760 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die vergaberechtlichen Regelungen im GWB werden Liegt eine Eintragung vor, so entscheiden die öffentlichen durch mehrere Rechtsverordnungen ergänzt. Mit der Ver- Auftraggeber in eigener Verantwortung, ob ein Unterneh- gabeverordnung (VgV) wird die Vergabe von öffentlichen men von der Teilnahme an dem jeweiligen Vergabeverfah- Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber näher ausge- ren ausgeschlossen wird. staltet (sog. „klassische Auftragsvergabe“). Sie ersetzt die bisherigen Vergaberegelungen für Liefer- und Dienstleis- Die Melde- und Eintragungspflichten des WRegG sollen tungen (2. Abschnitt der VOL/A) sowie für freiberufliche erst mit Inkrafttreten einer Rechtsverordnung Anwendung Leistungen (VOF). Die Sektorenverordnung (SektVO) gilt finden, in der die näheren Einzelheiten – insbesondere für Vergaben von Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der zur elektronischen Kommunikation – geregelt werden. Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung durch Spätestens im Laufe des Jahres 2020 soll das Register Sektorenauftraggeber. Die neu geschaffene Konzessions- funktionsfähig sein und für öffentliche Auftraggeber zur vergabeverordnung (KonzVgV) trifft erstmals umfassende Verfügung stehen. Regelungen für Bau- und Dienstleistungskonzessionen. Die neuen Vergabebestimmungen gelten für europaweite II. Änderungen des kartellrechtlichen Vergabeverfahren, die ab dem 18. April 2016 begonnen Rahmens wurden (zur Vergaberechtsentwicklung im Berichtszeit- raum siehe auch S. 131f.). Die das Wettbewerbsrecht betreffende Gesetzgebung hat im Berichtszeitraum ein aus wettbewerbspolitischer Sicht ambivalentes Bild gezeigt. Auf der einen Seite war der Wettbewerbsregister Wille des Gesetzgebers zu erkennen, die Kartellrechts- Am 1. Juni 2017 wurde vom Bundestag die Einführung durchsetzung effektiv auszugestalten, insbesondere durch eines Wettbewerbsregisters (WRegG) beschlossen. Das die Erleichterung der Geltendmachung von Schadenser- zentrale Bundesregister soll in Form einer elektronischen satzansprüchen und das Schließen von Regelungslücken Datenbank beim Bundeskartellamt geführt werden. im Bereich der Kartellbußgelder im Rahmen der 9. GWB- Novelle. Auf der anderen Seite bestand wie bereits in der Durch die Einführung des Bundesregisters sollen erhebli- Vergangenheit auch eine Bereitschaft, als Reaktion auf che Rechtsverstöße verschiedener Art erfasst werden, die Verfahren des Amtes sowie auf Forderungen von Bran- zu einem Ausschluss von Unternehmen bei öffentlichen chenvertretern sektorspezifische Sonderregeln und Aus- Vergaben führen können. Das Vergaberecht sieht seit der nahmetatbestände zu schaffen. oben beschriebenen Reform im Jahr 2016 differenzierte Regelungen zu Ausschlussgründen vor (§§ 123 ff. GWB). 1. Bundeswaldgesetz Unternehmen können jedoch durch sogenannte Selbstrei- nigungsmaßnahmen einen Ausschluss vermeiden. Ausgelöst durch das Kartellverfahren zur gemeinsamen Rundholzvermarktung in Baden-Württemberg (Einzelhei- Damit Vergabestellen von möglichen Ausschlussgründen ten dazu S. 63f.) sind insbesondere von Länderseite poli- Kenntnis erlangen, hatten bereits mehrere Bundesländer tische Forderungen erhoben worden, forstwirtschaftliche Landesregister eingerichtet, die jedoch erhebliche Unter- Dienstleistungen, die dem Holzverkauf vorgelagert sind, schiede aufweisen. Das Bundesregister soll zu einer Ver- vom Kartellrecht auszunehmen. einheitlichung führen. Auf Grundlage eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung Vorgesehen ist, dass die Strafverfolgungsbehörden Infor- vom 28. November 2016 wurde vom Bundestag in einem mationen über Rechtsverstöße elektronisch an die Regis- beschleunigten Verfahren noch während des laufenden terbehörde melden, die einen Ausschlussgrund für Unter- Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht Düs- nehmen begründen können. seldorf eine Änderung des Bundeswaldgesetzes beschlos- Die daraufhin vorgenommenen Eintragungen sollen je sen, die am 27. Januar 2017 in Kraft getreten ist. Diese nach Delikt nach fünf oder drei Jahren aus dem Register sieht für Beschlüsse und Vereinbarungen über forstwirt- gelöscht werden (vgl. § 126 GWB). schaftliche Maßnahmen, die nicht unmittelbar zur Holz- vermarktung gehören, besondere Freistellungstatbestände Um eine vorzeitige Löschung zu erreichen, kann ein ein- vor. Soweit das nationale Kartellrecht Anwendung findet, getragenes Unternehmen einen Antrag auf zentrale Prü- gelten danach die Voraussetzungen für eine Freistellung fung der durchgeführten Maßnahmen der Selbstreinigung gemäß § 2 generell als erfüllt. Soweit Artikel 101 AEUV bei der Registerbehörde stellen. Im WRegG wird insoweit einschlägig ist, wird widerleglich vermutet, dass die Vor- klargestellt, dass die Selbstreinigungsprüfung nur „für die aussetzungen für eine Freistellung nach Artikel 101 Abs. Zwecke des Vergabeverfahrens“ gilt und somit keine Aus- 3 AEUV erfüllt sind. sagekraft für das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht oder für Verfahren wegen Kartellrechtsverstößen hat. Hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem europäischen Recht hat das Bundeskartellamt gegenüber dieser Rege- Öffentliche Vergabestellen sind ab Erreichen bestimmter lung früh Bedenken angemeldet, die im späteren gerichtli- Wertgrenzen verpflichtet vorab abzufragen, ob das Un- chen Verfahren vom Oberlandesgericht Düsseldorf geteilt ternehmen, das den Auftrag erhalten soll, eingetragen ist. wurden. Darüber hinaus ist eine Ausnahmeregelung für Unterhalb dieser Wertgrenzen soll die Möglichkeit für öf- „vermarktungsnahe“ Dienstleistungen unter wettbewerb- fentliche Auftraggeber bestehen, eine Abfrage zu stellen. lichen Gesichtspunkten schwierig zu begründen. Mit der Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/12760

Übernahme dieser Dienstleistungen können Menge, Qua- Zu Recht weist die Gesetzesbegründung darauf hin, dass lität, Sortiment und damit die entscheidenden Einflussfak- alle Verstöße, die das Bundeskartellamt nach den europä- toren des Marktpreises beeinflusst und bestimmt werden. ischen Kartellrechtsbestimmungen verfolgen kann, auch Das Beispiel der Bundesländer, in denen eine getrennte von der Europäischen Kommission verfolgt werden kön- Bewirtschaftung von Staatswald und Nicht-Staatswald nen. Dabei gibt es keine feste Zuständigkeitszuweisung praktiziert wird, zeigt, dass die Gewährleistung der Wald- zwischen Kommission und Bundeskartellamt. Deutsche funktionen nicht untrennbar mit der zentralen Erbringung Unternehmen mussten daher bei Kartellrechtsverstößen forstwirtschaftlicher Dienstleistungen für Privat- und bereits in der Vergangenheit mit unternehmensbezogenen Körperschaftswaldbesitzer verbunden ist. Geldbußen rechnen. Die Neuregelungen bedeuten auch keine Erhöhung der Sanktionsandrohung; die Bußgelder Auch das Oberlandesgericht Düsseldorf hat unlängst in bleiben die gleichen. Es geht vielmehr allein darum si- diese Richtung geurteilt. Nachdem das Bundeskartellamt cherzustellen, dass die bisher bereits möglichen Bußgel- dem Land Baden-Württemberg die gemeinsame Vermark- der auch wirklich gezahlt werden. „Doppelte“ Bußgelder tung von Rundholz untersagt hatte, hatte das Bundesland drohen insoweit nicht, da die Rechtsträger eines Unterneh- vor dem Oberlandesgericht geklagt. Das Gericht hat mit mens oder deren Nachfolger nach dem Vorschlag stets nur Beschluss vom 15. März 2017 die Untersagungsentschei- als Gesamtschuldner haften. dung des Bundeskartellamtes bestätigt und sich dabei auf die Anwendung des europäischen Rechts (Artikel 101 Die bisher bestehenden Regelungslücken und Umge- AEUV) gestützt. hungsmöglichkeiten führten zu erheblichen Gerechtig- keitsdefiziten im Verhältnis zu anderen kartellbeteiligten Im Zusammenhang mit der Frage des Vorliegens der Unternehmen, die sich ihrer bußgeldrechtlichen Verant- Freistellungsvoraussetzungen gemäß Artikel 101 Abs. 3 wortlichkeit nicht zu entziehen versuchen oder dies auf- AEUV hat das Gericht die Neuregelung des Bundeswald- grund ihrer geringen Größe oder internen Struktur gar gesetzes unberücksichtigt gelassen, da die Regelung nicht nicht können. Für diese rechtlich und wettbewerbspo- mit vorrangigem europäischen Recht vereinbar sei. Ferner litisch untragbare Situation stellt die Einführung unter- stehe die Umkehr der Beweislast zu Lasten der Kartellbe- nehmensbezogener Bußgelder in Anlehnung an das EU- hörde in einem mit Artikel 4 Abs. 3 EUV (Grundsatz der Wettbewerbsrecht eine überzeugende Lösung dar. Nach Unionstreue) unvereinbaren Widerspruch zu Artikel 2 der der europäischen Praxis wird nicht isoliert auf die einzel- Kartellverfahrensverordnung (VO 1/2003). Diese Norm ne juristische Person abgestellt, sondern im Rahmen einer weise die Beweislast für das Vorliegen der Freistellungs- ökonomischen Betrachtung auf das Gesamt-Unternehmen voraussetzungen gemäß Artikel 101 Abs. 3 AEUV aus- im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit. Der Gesetzestext drücklich den Beteiligten und nicht der Kartellbehörde zu. wie auch die Begründung nehmen eindeutig Bezug auf Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Rechtsbe- dieses maßgeblich von der europäischen Rechtsprechung schwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen, von der das geprägte Konzept. Die Regelung erzielt allerdings keinen Land Baden-Württemberg inzwischen Gebrauch gemacht vollständigen Gleichlauf mit dem europäischen Vorbild, hat. da nicht jede Handlung eines Mitarbeiters, der innerhalb seines Aufgabenbereichs für das Unternehmen tätig ge- worden ist, eine Verantwortlichkeit auslöst. Vielmehr wird 2. GWB-Novelle vorausgesetzt, dass eine Leitungsperson im Sinne des § Das Neunte Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen 30 Abs. 1 Nrn.1 bis 5 OWiG gehandelt hat. Zudem wird Wettbewerbsbeschränkungen trat am 9. Juni 2017 in Kraft. die Geldbuße anders als nach der europäischen Sanktions- norm (Artikel 23 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1/2003) nicht direkt gegen das Unternehmen der Zuwiderhandlung festgesetzt, Schließung von Lücken im Bußgeldrecht sondern nur gegen juristische Personen oder Personen- Ein aus Sicht des Bundeskartellamtes zentraler Bestand- vereinigungen des Unternehmens. Diese Abweichungen teil dieses Gesetzes ist die Erweiterung des Kreises der sind ersichtlich dem gesetzgeberischen Willen geschuldet, Bußgeldverantwortlichen in Unternehmen nach dem Vor- die Unternehmensverantwortlichkeit in die bestehende bild des EU-Wettbewerbsrechts. Mit der weitgehenden Grundsystematik des deutschen Ordnungswidrigkeiten- Angleichung an das europäische Recht wird sichergestellt, rechts einzubinden. dass kartellbeteiligte Unternehmen Bußgeldern nicht mehr durch nachträgliche Umstrukturierungen entgehen Umsetzung der Kartellschadensersatz-Richtlinie können. Überdies werden Anreize beseitigt, innerhalb von einheitlich gelenkten Unternehmen drohende Bußgelder Die Umsetzung der Kartellschadensersatz-Richtlinie dadurch zu unterlaufen, dass die Konzernleitung die nach 2014/104/EU in deutsches Recht ist einer der wesentli- außen agierenden Gesellschaften mit einer geringen Fi- chen Anlässe für die GWB-Novelle gewesen. Die von den nanzausstattung versieht oder nach Aufdeckung des Ver- Neuregelungen, insbesondere der erleichterten Informati- stoßes in die Insolvenz gehen lässt. onsbeschaffung, ausgehende Verbesserung des rechtlichen Rahmens für Schadensersatzklagen wegen Kartellrechts- Die verabschiedeten Regelungen gewährleisten eine ge- verstößen ist grundsätzlich positiv zu bewerten. Private rechte und effektive Kartellverfolgung. Sie stellen für die Schadensersatzklagen gewährleisten einen Ausgleich der betroffenen Wirtschaftsakteure auch keine Neuheit dar. kartellbedingten Vermögensverschiebungen und ergänzen Drucksache 18/12760 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode damit die behördliche Kartellverfolgung. Es ist zu erwar- monetäre Austauschbeziehungen Markteigenschaft haben ten, dass die Regelungen die Position der Geschädigten können (§ 18 Abs. 2a), kann die in dieser Hinsicht bisher bei der Geltendmachung von Schadensersatzforderungen bestehende Rechtsunsicherheit beseitigen. Das Bundes- gegen Rechtsverletzer weiter stärken werden. kartellamt und die Europäische Kommission haben in jüngerer Praxis angenommen, dass auch eine unentgelt- Eine funktionierende behördliche Kartellverfolgung ist lich angebotene Leistung eine Marktleistung darstellen in Deutschland auch für Geschädigte der Garant für den kann (siehe Beschluss vom 22. Oktober 2015, B6-57/15). Ersatz ihrer Schäden. Denn private Schadensersatzklagen Die ältere Praxis sah dies noch anders und auch in der schließen sich in der Praxis in aller Regel an abgeschlos- deutschen Rechtsprechung wird diese Auffassung nicht sene Bußgeldverfahren der Kartellbehörden an. Es ist da- uneingeschränkt geteilt. Durch die Klarstellung hat der her auch im Interesse der Geschädigten, dass die Arbeit Gesetzgeber eine für Unternehmen ebenso wie für Kar- der Wettbewerbsbehörden durch private Schadensersatz- tellbehörden in der Praxis nachteilige Rechtsunsicherheit klagen nicht geschwächt wird. Das Gesetz bemüht sich, ausgeräumt. die Interessen der Geschädigten und Schädiger sowie das allgemeine öffentliche Interesse an einer funktionierenden Schon in seiner jüngeren Fallpraxis hat das Bundeskar- behördlichen Kartellverfolgung in einen angemessenen tellamt bei der Beurteilung der Marktstellung von digi- Ausgleich zu bringen. Insbesondere der von der Richtlinie talen Plattformen die Erkenntnisse der ökonomischen vorgesehene Schutz von Kronzeugenerklärungen und Ver- Forschung berücksichtigt, soweit sie für die kartellbehörd- gleichsausführungen wurde weitestgehend aufgenommen. liche Praxis anwendbar waren. Aus dieser Praxis heraus Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass allein hat das Bundeskartellamt Marktmachtkriterien entwi- der zunehmende und im Einzelfall schwer abzuschätzende ckelt, die zur Bewertung der Marktstellung digitaler Platt- Umfang der zivilrechtlichen Haftung und die infolge der formen und Netzwerke geeignet sind. Mit der Aufnahme Neuerungen zunächst bestehende Rechtsunsicherheit mit- wichtiger Marktmachtkriterien für die digitale Wirtschaft telfristig negative Auswirkungen auf die Effektivität der in einem Abs. 3a hat die Praxis nun eine ausdrückliche öffentlichen Kartellrechtsdurchsetzung haben wird. gesetzliche Grundlage erhalten. Die Generalklausel des § 18 Abs. 3 lässt zwar bereits eine Berücksichtigung dieser Anpassungen zur Internetökonomie Kriterien zu. Eine klarstellende gesetzliche Ausgestaltung der speziellen Marktmachtkriterien für Plattformen und Die Novelle leistet einen wichtigen Beitrag zur Anpas- Netzwerke erscheint dennoch aus Sicht der Rechtsanwen- sung des Ordnungsrahmens an die Entwicklungen der der sinnvoll. Internetökonomie. Die Klarstellungen in § 18 sowie die Ergänzung der Aufgreifschwellen in der Fusionskontrol- Aufgreifschwellen der Zusammenschlusskontrolle le entsprechen sehr weitgehend den Empfehlungen des Bundeskartellamts. Das Bundeskartellamt ist in seinem Die Aufgreifschwellen der Zusammenschlusskontrolle Arbeitspapier zur Marktmacht von Plattformen und Netz- des § 35 werden durch die 9. GWB-Novelle durch einen werken zu dem Ergebnis gekommen, dass das vorhandene neuen § 35 Abs. 1a ergänzt. Nach der neuen Vorschrift sol- kartellbehördliche Instrumentarium für den Umgang mit len auch solche Zusammenschlüsse der Fusionskontrolle Plattformen und Netzwerken in der digitalen Wirtschaft unterliegen, bei denen das erworbene Unternehmen zwar grundsätzlich geeignet ist (s. S. 11). Zur weiteren Verbes- (noch) geringe Umsatzerlöse erzielt, deren wirtschaftliche serung des rechtlichen Rahmens hat das Bundeskartellamt und wettbewerbliche Bedeutung sich jedoch in einem ho- einzelne Ergänzungen und Präzisierungen vorgeschlagen, hen Transaktionswert zeigt. die auch bereits im Grünbuch Digitale Plattformen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie enthalten Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle sind. Dazu gehört insbesondere eine Anpassung der Auf- finden nunmehr auch dann Anwendung, wenn die nach- greifschwellen in der Fusionskontrolle, die den Beson- folgenden Kriterien bezüglich Umsatz, Kaufpreis und Tä- derheiten der digitalen Wirtschaft Rechnung trägt. Eine tigkeit der Zusammenschlussbeteiligten gemäß § 35 Abs. solche Anpassung wurde auch maßgeblich von der Mono- 1a Nr. 1 bis 4 kumulativ erfüllt sind. Hierzu gehört, dass polkommission unterstützt. Das alleinige Anknüpfen der die beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor Fusionskontrollpflicht an Umsatzschwellen hat sich in der dem Zusammenschluss insgesamt weltweit Umsatzerlöse jüngeren Vergangenheit als nicht ausreichend erwiesen, von mehr als 500 Mio. Euro erzielten, mindestens ein be- um die für den Wettbewerb möglicherweise relevanten teiligtes Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschlüsse in der digitalen Wirtschaft zu erfas- Zusammenschluss im Inland Umsatzerlöse von mehr als sen. Es besteht die Gefahr, dass der Erwerb innovativer 25 Mio. Euro erzielte, aber weder das erworbene noch ein Unternehmen oder von Vermögenswerten mit einem ho- anderes beteiligtes Unternehmen im Inland Umsatzerlöse hen Marktpotential durch große, etablierte Unternehmen von mehr als fünf Mio. Euro erzielte, der Wert der Ge- der Kontrolle der Kartellbehörden entzogen bleibt. Das genleistung für den Zusammenschluss mehr als 400 Mio. mit der 9. GWB-Novelle für die Fusionskontrolle zusätz- Euro beträgt und das zu erwerbende Unternehmen in er- lich aufgenommene kaufpreisbezogene Aufgreifkriterium heblichem Umfang im Inland tätig ist. kann die wirtschaftliche Bedeutung eines Zusammen- Von der Neuregelung sollen Konstellationen erfasst wer- schlusses in der digitalen Wirtschaft besser abbilden (sie- den wie beispielsweise die folgende: Ein Internet-Konzern he unten). Die gesetzliche Klarstellung, dass auch nicht- ist bereit, eine hohe Gegenleistung für ein Start-Up zu Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/12760 zahlen, das zwar derzeit keine oder nur geringe Umsätze Ministererlaubnis generiert, dessen wettbewerbliches Potential sich jedoch darin zeigt, dass die von ihm kostenfrei herausgegebene Im Ministererlaubnis-Verfahren (§ 42) ist künftig eine Ab- App, die sich an Endkunden richtet, auf über einer Milli- weichung der Entscheidung der Bundesministerin oder des on Smartphones in Deutschland installiert ist. In diesem Bundesministers für Wirtschaft und Energie vom Votum Beispiel zeigt die hohe Zahl der inländischen App-Nutzer der Monopolkommission gesondert zu begründen. Ferner auch, dass der deutsche Markt durch den Zusammen- soll durch Änderungen des Fristenregimes eine Straffung schluss erheblich betroffen ist. des Verfahrens der Ministererlaubnis erreicht werden. So muss die Ministerin oder der Minister künftig, wenn sie Zum Wert der Gegenleistung zählt sowohl das eigentliche oder er nicht innerhalb der Soll-Frist von vier Monaten Entgelt (also der Kaufpreis oder z.B. bei einem Aktien- entscheiden möchte, die Gründe hierfür dem Bundestag tausch der Wert der als Gegenleistung erbrachten Aktien) erläutern. Weiter ist künftig bei Fällen aus dem Bereich als auch übernommene Verbindlichkeiten. des privaten Fernsehens die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) zu beteiligen. Das Bundeskartellamt wird Leitlinien zu Einzelfragen wie Schließlich ist vorgesehen, dass das Bundesministerium der Bestimmung des Gegenwerts oder der „erheblichen Leitlinien für das Verfahren erlässt. Inlandstätigkeit“ erarbeiten. Das Recht Dritter, Beschwerde beim Oberlandesgericht Verbraucherschutz einzulegen, wurde auf in ihren Rechten verletzte Dritte begrenzt und damit erheblich eingeschränkt. Mit der GWB-Novelle wurden dem Bundeskartellamt erstmals Befugnisse im Bereich des wirtschaftlichen Ver- Freistellung vom Kartellverbot für Presseverlage braucherschutzes zugewiesen. Hiernach kann das Bundes- kartellamt künftig auch dort Sektoruntersuchungen durch- Zu der Freistellung vom Kartellverbot für Presseverlage führen und in gerichtlichen Verfahren als „amicus curiae“ (§ 30 Abs. 2b GWB-E) hat das Bundeskartellamt im Ge- Stellung nehmen, wo es um erhebliche, dauerhafte oder setzgebungsverfahren eine Reihe kritischer Anmerkungen wiederholte Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vor- im Hinblick auf die ordnungspolitische Einordnung und schriften geht. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen die Erforderlichkeit dieser Regelung vorgetragen. Mit ihr diese Instrumente dazu beitragen, eine bessere Erkennt- wird der bisherige weitgehende Gleichlauf zwischen dem nisgrundlage hinsichtlich möglicher Defizite des bishe- nationalen Kartellverbot nach § 1 und dem Kartellverbot rigen Durchsetzungssystems zu gewinnen und zugleich nach Artikel 101 Abs. 1 AEUV aufgegeben. Die Freistel- dessen Akteure unterstützen. lung ist nur für rein innerstaatliche Sachverhalte anwend- bar. Sobald eine Kooperation auch Auswirkungen auf den Missbrauchsvorschriften zwischenstaatlichen Handel haben kann, findet das Kar- tellverbot nach Artikel 101 Abs. 1 AEUV Anwendung. Bei den besonderen Missbrauchsvorschriften beschränkt Die Folge sind ein inhaltliches Spannungsverhältnis sowie sich die Novelle auf einige klarstellende Ergänzungen. Rechtsunsicherheit für die betroffenen Unternehmen, da Die Neufassung des § 19 Abs. 2 Nr. 5 („Anzapfverbot“) Verhaltensweisen, die nach § 30 Abs. 2b Satz 1 freigestellt enthält aus Sicht des Bundeskartellamtes sachlich richtige sind, unter Umständen, sobald der zwischenstaatliche Klarstellungen, die einen sinnvollen Beitrag zur besseren Handel berührt ist, als bezweckte Wettbewerbsbeschrän- Anwendbarkeit der Vorschrift leisten können. Große Be- kung mit Bußgeldern belegt werden können. deutung kommt insofern jedoch auch der ausstehenden höchstgerichtlichen Klärung der bisherigen Rechtslage Die vorhandenen Freistellungsmöglichkeiten nach §§ 2 anlässlich des EDEKA-Konditionenverfahrens zu. Die und 3 haben sich im Übrigen bewährt, um den berechtigten ausdrückliche Definition des Einstandspreises in § 20 Kooperationsinteressen Rechnung zu tragen. Nur wenige Abs. 3 entspricht dem Verständnis und der früheren Praxis Formen der Zusammenarbeit wurden in der Vergangenheit des Bundeskartellamtes und adressiert einige der Anwen- einer vertieften kartellbehördlichen Prüfung unterzogen. dungsprobleme, die aus der Rechtsprechung des Oberlan- Preisabsprachen und vergleichbare Wettbewerbsbeschrän- desgerichts Düsseldorf resultieren. Es bleibt jedoch frag- kungen sind dagegen ganz generell kein geeignetes Mittel, lich, ob mit dem Instrument des Verbots des Anbietens um auf wirtschaftliche Umbrüche zu reagieren. von Lebensmitteln unter Einstandspreis (§ 20 Abs. 3 Nr. 1) erreicht werden kann, dass die Position der verbliebenen Sonderregelung für kreditwirtschaftliche Wettbewerber der großen Lebensmitteleinzelhandelsket- Verbundgruppen ten als alternative Abnehmer von Lebensmittelerzeugern gestärkt wird. Große Lebensmitteleinzelhandelsketten Die in § 35 Abs. 2 eingefügte Sonderregelung für Zusam- werden trotz des Verbots auch weiterhin in der Lage sein, menschlüsse zwischen Mitgliedern kreditwirtschaftlicher zu deutlich besseren Konditionen einzukaufen als ihre Verbundgruppen geht auf entsprechende Forderungen der kleineren Wettbewerber. In der Folge werden sie auch zu Sparkassengruppe zurück, die mit dem Wunsch nach ei- niedrigeren Preisen verkaufen können, ohne dabei unter ner stärkeren Zusammenarbeit und einer Konsolidierung dem Einstandspreis zu liegen. bei „back office“-Leistungen begründet wurden. Kon- kreter Anlass dürfte das Fusionskontrollverfahren DSGF Deutsche Servicegesellschaft für Finanzdienstleister mbH Drucksache 18/12760 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

(„DSGF“)/Sparkassen-Marktservice GmbH („SMS“) ge- Grundprinzipien der Fusionskontrolle nach dem GWB wesen sein, in dem die Anmeldung am 2. Mai 2016 kurz fort. vor Erlass einer Untersagungsentscheidung zurückge- nommen wurde. Eine Rechtfertigung für eine besondere Eine wichtige Neuerung besteht darin, dass in SIEC- Kartellrechtsausnahme ist schwer zu begründen. Die all- Fällen, in denen das Regelbeispiel Marktbeherrschung gemeinen Regeln erlauben bereits vielfältige Kooperatio- nicht geprüft wird oder nicht einschlägig ist, die Erheb- nen. Eine Konsolidierung ist für die Abnehmer – hier die lichkeit der zu erwartenden Wettbewerbsbehinderung Sparkassen – nicht in jedem Fall vorteilhaft: Ein einziger gesondert nachzuweisen ist. Die Erheblichkeitsschwelle Anbieter mag von Größenvorteilen und Synergieeffekten rückt den konkreten, durch eine Fusion entfallenden Wett- profitieren, Monopolisten tendieren aber zu Ineffizienzen bewerbsdruck und die daraus wahrscheinlich resultieren- und Trägheit mit Auswirkungen auf Preise und Innovati- den Auswirkungen in den Vordergrund. Auf der konzep- onen. Das DSGF/SMS-Verfahren hat auch gezeigt, dass tionellen Ebene gewinnen damit ökonomisch fundierte Sparkassen aufgrund des steigenden Kostendrucks heute Schadenstheorien weiter an Bedeutung. Außerdem wer- vermehrt das Instrument der Ausschreibung nutzen und den zunehmend empirische Analysen zur Erfassung des damit den Wettbewerb auch innerhalb des Sparkassenver- tatsächlichen Wettbewerbsgeschehens durchgeführt. Das bunds für sich spielen lassen. Wegen der bereits vorhande- Erfordernis einer detaillierten Prognose der nach einer nen Einbindung in gemeinsame IT-Systeme etc. sind die Fusion zu erwartenden Marktergebnisse, z.B. in Form ei- Institute dabei häufig auf Anbieter aus dem Sparkassen- ner Quantifizierung der zu erwartenden Preissteigerung, bereich angewiesen – werden diese zusammengefasst, hat ist damit nicht verbunden. Dagegen sprechen konzeptio- das einzelne Institut kaum noch Ausweichmöglichkeiten. nelle Gründe wie die drohende Verengung auf (kurzfris- tige) Preiseffekte sowie praktische Gründe wie die regel- mäßig unzureichende Verfügbarkeit von Daten. Etablierte III. Ökonomie in der Kartellrechts- Grundprinzipien der Fusionskontrolle nach dem GWB anwendung gelten fort. Das übergreifende Ziel der Fusionskontrolle International wie national schreitet die Ökonomisierung stellt weiterhin der Schutz der strukturellen Vorausset- der Kartellrechtsanwendung weiter fort. Das mit der 8. zungen für wirksamen Wettbewerb dar. Davon ausgehend GWB-Novelle eingeführte Untersagungskriterium der kann der durch eine Fusion tatsächlich wegfallende Wett- erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs hat bewerbsdruck im Markt mit dem SIEC-Test umfassend die Fusionskontrollpraxis des Bundeskartellamtes im Be- abgebildet und bewertet werden. Auch das bereits unter richtszeitraum geprägt. In der Entwicklung von Schadens- dem Marktbeherrschungstest geltende Prinzip der Rela- theorien im Bereich der Online-Vertikalbeschränkungen tivität der Eingriffsvoraussetzung (sog. „sliding scale“) hat das Bundeskartellamt eine internationale Vorreiterrol- findet weiter Anwendung. Ein zu erwartender Markt- le übernommen. Empirisch-quantitative Methoden finden machtzuwachs wird demnach vom Bundeskartellamt in der Fallpraxis inzwischen in einer Vielzahl von Fällen umso kritischer beurteilt, je höher bereits das bestehende Anwendung. Von unverändert hoher Bedeutung sind öko- Ausmaß an Marktmacht ist. Die Begründung oder Verstär- nomische Gutachten, die im Auftrag von Verfahrensbe- kung einer marktbeherrschenden Stellung erfüllt stets und teiligten erstellt werden. Das Bundeskartellamt und die ohne zusätzlich zu prüfende weitere Voraussetzungen den Monopolkommission haben sich auf ein Verfahren zur Untersagungstatbestand (Bundesgerichthof, Urteil vom Umsetzung der Akteneinsicht in elektronisch vorliegende 23. September 2014, Aktenzeichen: KVZ 82/13). Die zum Daten und in diesem Rahmen vorgenommene Analysen Marktbeherrschungstest ergangene umfangreiche Recht- geeinigt und in einem Fall bereits angewendet. sprechung bleibt uneingeschränkt anwendbar. Mit der 8. GWB-Novelle erfolgte keine Vollharmonisie- 1. SIEC-Test rung mit der EU-Fusionskontrolle. Etablierte Elemente der deutschen Fusionskontrolle wie insbesondere die Markt- Das mit der 8. GWB-Novelle eingeführte Untersagungs- beherrschungsvermutungen, die Abwägungsklausel und kriterium der erheblichen Behinderung wirksamen Wett- die Ministererlaubnis wurden beibehalten. Hinzu kommen bewerbs (engl. „Significant Impediment of Effective Com- fortbestehende prozedurale Unterschiede zur EU-Fusions- petition“, kurz „SIEC-Test“) hat die Fusionskontrollpraxis kontrolle wie die deutlich niedrigeren Anmeldeerforder- des Bundeskartellamtes im Berichtszeitraum geprägt. nisse und die kürzeren zeitlichen Fristen. Auch nach der Die Anwendung des SIEC-Tests unterstützt die Weiter- Übernahme des SIEC-Tests besteht daher keine formale entwicklung der Fusionskontrollpraxis des Bundeskartell- Bindungswirkung von europäischer Rechtsprechung und amtes in Richtung einer Verfeinerung der ökonomischen Leitlinien bzw. Entscheidungspraxis zur EU-Fusionskont- Analyse. Damit sind einerseits gewisse Neuerungen ver- rolle. Gleichwohl kann die EU-Fusionskontrolle wertvolle bunden. Ökonomische Konzepte und empirische Metho- Orientierung bei der Anwendung des SIEC-Tests bieten den werden in zunehmendem Maße in die Kartellrechts- und ist vom Bundeskartellamt auch im Berichtszeitraum anwendung integriert. Andererseits gelten etablierte entsprechend berücksichtigt worden. Im Berichtszeitraum waren insgesamt fünf Fusionsvorha- ben zu verzeichnen, die vom Bundeskartellamt untersagt oder nur mit Nebenbestimmungen freigegeben wurden oder die nach Übersendung des Entscheidungsentwurfs Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/12760 aufgegeben wurden. Nur in zwei dieser fünf Fälle stellte Im ebenfalls den Lebensmitteleinzelhandel betreffenden das Bundeskartellamt auf das Regelbeispiel der Entste- Fusionsfall REWE/Coop hat das Bundeskartellamt die hung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stel- gleichen Prüfkriterien wie im Fall EDEKA/Kaiser’s Ten- lung ab. In den übrigen drei Fällen wandte das Bundeskar- gelmann angewendet. tellamt direkt das SIEC-Kriterium an. Im Fall Ahlstrom Glassfibre/Owens Corning hätte der Ausgehend von den geschilderten Grundprinzipien hat Zusammenschluss nach vorläufiger Einschätzung des das Bundeskartellamt im Berichtszeitraum in drei Fällen Bundeskartellamtes zu einer erheblichen Behinderung eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs wirksamen Wettbewerbs auf dem EWR-weiten Markt für aufgrund unilateraler Effekte angenommen, ohne eine et- nass-hergestellte Glasfaservliesstoffe geführt. Das Vor- waige (Einzel-)Marktbeherrschung näher zu prüfen bzw. haben stellte sich als eine vier-auf-drei-Fusion bzw. drei- darzulegen. Dies führte im Fall EDEKA/Kaiser’s Ten- auf-zwei-Fusion dar. Durch den Zusammenschluss wäre gelmann zur Untersagung des angemeldeten Vorhabens mit Ahlstrom der drittgrößte Anbieter mit einem signifi- (siehe S. 56f.) und im Fall REWE/Coop zu einer Freiga- kanten Marktanteil als unabhängiger Wettbewerber entfal- be mit Nebenbestimmungen (siehe S. 57f.), während im len, dem bislang zudem als preisgünstiger Anbieter eine Fall Ahlstrom Glassfibre/Owens Corning (siehe S. 60) erhebliche wettbewerbliche Bedeutung zukommt. Owens die Anmeldung im fortgeschrittenen Hauptprüfverfahren Corning wären als Marktführer nach der Fusion weitere zurückgenommen wurde. Die genannten Fälle illustrieren Verhaltensspielräume eröffnet worden. die Komplexität und Vielgestaltigkeit der Anwendungs- fälle des SIEC-Tests, denen das Bundeskartellamt jeweils Die Schadenstheorie des Bundeskartellamtes waren unila- durch eine auf die Gegebenheiten des Einzelfalls bezo- terale Effekte beim Mengen- bzw. Kapazitätswettbewerb. gene Schadenstheorie und dazu passende Ermittlungen Aufgrund der marktstrukturellen Gegebenheiten war da- Rechnung getragen hat. von auszugehen, dass durch die Fusion Möglichkeiten und Anreize für die verbleibenden Hersteller entstanden wä- In der Untersagungsentscheidung EDEKA/Kaiser’s Ten- ren, die Angebotsbedingungen erheblich zu verschlech- gelmann waren absatzseitig die Differenziertheit des An- tern, indem sie etwa die angebotenen Mengen verringern, gebots und das ausgeprägte wettbewerbliche Näheverhält- die Preise erhöhen und/oder die Lieferkonditionen für die nis zwischen den Zusammenschlussbeteiligten und der Kunden verschlechtern. Diese unilateralen Effekte wären REWE maßgeblich. In vielen der betroffenen Regionen durch Kapazitätsbeschränkungen sowie hohe Marktzu- führte die Fusion zu einer Verringerung der Anzahl der trittsschranken begünstigt worden. lokal tätigen Vollsortimenter von drei auf zwei. Darauf stützte sich die Schadenstheorie der unilateralen Effekte 2. Online-Vertikalbeschränkungen auf differenzierten Produktmärkten. Zur Erfassung des tatsächlichen Wettbewerbsgeschehens insbesondere im Der Online-Handel hatte in den letzten Jahren hohe Zu- Hinblick auf die Marktabgrenzung und das wettbewerb- wächse zu verzeichnen. Er zeigt sich als Träger von In- liche Näheverhältnis zwischen den Zusammenschlussbe- novationen und Effizienzsteigerungen. Vom Internetver- teiligten und ihren Wettbewerbern führte das Bundeskar- trieb gehen auf der einen Seite Wettbewerbsimpulse und tellamt mehrere aufwändige empirische Untersuchungen Marktzutritte aus. Hersteller und Händler stehen vor der durch. Herausforderung, tradierte Geschäftsmodelle auf die neue Wirklichkeit anzupassen. Auf der anderen Seite konnten Beschaffungsseitig konnte sich das Bundeskartellamt auf neu in den Markt eingetretene Plattformen in relativ kur- die empirischen Erkenntnisse aus der Sektoruntersuchung zer Zeit bedeutende Marktpositionen und entsprechende Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und den darin entwickel- Marktmacht erlangen. ten konzeptionellen Rahmen stützen (siehe Tätigkeitsbe- richt 2013/2014, S. 57 f.). Konzeptioneller Anknüpfungs- Das Bundeskartellamt hat mit seinen Verfahren, die sich punkt war dabei die ökonomische Verhandlungstheorie. mit Online-Vertikalbeschränkungen befassten, in der Im Ergebnis ließ der Zusammenschluss zwischen EDEKA Entwicklung von entsprechenden Schadenstheorien eine und Kaiser’s Tengelmann eine erhebliche Verstärkung der internationale Vorreiterrolle übernommen. Dies mündete Marktposition der drei bei der Beschaffung von Marken- in lebhaften Diskussionen in der Wissenschaft und der artikeln größten LEH-Ketten erwarten („Spitzengruppe“). internationalen Fachöffentlichkeit. Im Jahr 2015 verab- In der Sektoruntersuchung LEH war ein signifikanter Zu- schiedete das International Competition Network (ICN) sammenhang zwischen Beschaffungsmenge und -konditi- einen Bericht über Online-Vertikalbeschränkungen. Die onen nachgewiesen worden, sodass im vorliegenden Fall OECD führte eine Anhörung zu Plattformparitätsklauseln als Erstrundeneffekt eine fusionsbedingte Verbesserung durch. Infolge dieser Diskussionen sind die entsprechen- für die EDEKA zu erwarten war, von der als Zweitrun- den Schadenstheorien nunmehr international anerkannt deneffekt insbesondere auch die beiden anderen führen- und auch ausländische Wettbewerbsbehörden gehen die- den Nachfrager profitiert hätten. Der Zusammenschluss sen Fällen vermehrt nach. Die wesentlichen in der Praxis betraf zudem einen der wenigen von der Spitzengruppe in vorgefundenen Online-Vertikalbeschränkungen können der Beschaffung unabhängigen Wettbewerber und Inhaber als Preisparitätsklauseln bzw. Internetvertriebsbeschrän- eines für den Kundenzugang wichtigen Netzes insbeson- kungen kategorisiert werden. dere in städtischen Ballungsräumen. Drucksache 18/12760 – 22 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Preisparitätsklauseln brettfahrerverhalten. In den vom Bundeskartellamt aufge- griffenen Fällen war allerdings nicht erkennbar, dass die Preisparitätsklauseln (auch: Bestpreisklauseln) gehen re- Paritätsklauseln zu erheblichen Effizienzgewinnen geführt gelmäßig von Plattformbetreibern aus. Solche Klauseln hätten. sehen vor, dass ein auf der Plattform tätiger Anbieter sei- ne Produkte oder Dienstleistungen jedenfalls im Internet nicht zu einem günstigeren Preis anbieten darf als auf der b) Internetvertriebsbeschränkungen betreffenden Plattform. Zum Teil enthalten entsprechen- Internetvertriebsbeschränkungen gehen in der Regel vom de Klauseln auch Paritätsverpflichtungen hinsichtlich Hersteller aus. Das Internet hat die Rahmenbedingungen weiterer Vertriebskanäle oder Konditionenmerkmale. Die des Einzelhandels bzw. der Vertriebssysteme der Herstel- vom Bundeskartellamt behandelten Fälle betrafen Ama- ler verändert. Es sorgt für eine höhere Preistransparenz zon (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 91), booking.com und löst einen entsprechenden Druck auf die Einzelhan- (siehe S. 129f.), HRS (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. delsmargen aus. Da verpflichtende Verkaufspreisvor- 119) und Verivox (siehe S. 98). gaben nach europäischem und deutschem Kartellrecht Preisparitätsklauseln beschränken den Wettbewerb zwi- grundsätzlich nicht zulässig sind, suchen Hersteller nach schen Plattformbetreibern. Sie können zu höheren Platt- anderen Wegen, den durch das Internet beförderten Int- formgebühren und letztlich zu höheren Endkundenpreisen ramarkenwettbewerb zu dämpfen. Daher können entspre- führen. Zunächst bewirkt eine Preisparitätsklausel, dass chende Vertriebsbeschränkungen grundsätzlich mit den der Anbieter zumindest auf den betroffenen (Internet-) gleichen Schadenstheorien analysiert werden wie vertika- Vertriebskanälen nur noch einen Einheitspreis setzen le Preisbindungen. Die Beurteilung von möglichen effi- kann. Wenn die verschiedenen Plattformbetreiber vom zienzsteigernden Wirkungen hängt maßgeblich von dem Anbieter unterschiedlich hohe Transaktionsgebühren ver- im Einzelfall betroffenen Produkt und der konkreten Ver- langen, kann sich dies für den Endkunden nicht mehr in triebsbeschränkung ab. entsprechenden Preisunterschieden niederschlagen. Auf Internetvertriebsbeschränkungen können unmittelbar diese Weise gehen Anreize der Plattformbetreiber zum zu höheren Preisen für die betroffenen Produkte führen. Wettbewerb um niedrigere Provisionsraten verloren, so- Deutlich wird dies an Doppelpreissystemen, nach denen dass sich ein höheres Gebührenniveau einstellen kann. der Hersteller vom Händler einen höheren Preis für über Darüber hinaus können Preisparitätsklauseln Marktein- das Internet vertriebene Ware verlangt. Hierdurch wird tritte neuer Plattformen beschränken. Denn Preisparitäts- der „Internetpreis“ des betroffenen Produkts angehoben. klauseln verhindern, dass ein neuer Plattformbetreiber Nach Verfahren gegen GARDENA sowie Bosch und Sie- Marktanteile mittels niedrigerer Preise gewinnt. Schließ- mens Hausgeräte (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 72, lich können Preisparitätsklauseln auch den Wettbewerb S. 98) konnte das Bundeskartellamt im Berichtszeitraum zwischen verschiedenen Vertriebskanälen oder zwischen ein Verfahren gegen LEGO abschließen (siehe S. 61). den einzelnen Anbietern beschränken. Aber auch Plattformverbote können sich in Folge einer In der Literatur bislang noch wenig durchdrungen ist die Dämpfung des Wettbewerbs zwischen Einzelhändlern sog. „enge“ Paritätsklausel. Diese soll die Wettbewerbs- letztlich preiserhöhend auswirken. Mit einer solchen beschränkung im Vergleich zur „weiten“ Paritätsklausel Vertriebsbeschränkung untersagt der Hersteller einem abmildern. Die enge Paritätsklausel bezieht sich nur auf Händler den Verkauf über Internetplattformen. Plattform- den Preis bzw. die Konditionen, die der Anbieter auf sei- verbote erschweren damit insbesondere kleineren Einzel- ner eigenen Webseite setzt, sodass der Anbieter grund- händlern den Internetvertrieb. Im Ergebnis kann dies dazu sätzlich auf anderen Plattformen einen niedrigeren Preis führen, dass im Internet kaum Angebote für das betroffene setzen könnte. Dennoch kann die enge Paritätsklausel eine Produkt verfügbar sind und ein entsprechend höherer „In- ähnliche Wirkung wie die weite Paritätsklausel in solchen ternetpreis“ vorherrscht. Die vom Bundeskartellamt im Märkten entfalten, in denen dem Vertrieb über die Anbie- Berichtszeitraum abgeschlossenen Plattformverbots-Fälle ter-eigenen Webseiten eine wichtige Bedeutung zukommt. betrafen ASICS (siehe S. 60f.) sowie Ford/Opel/PSA (sie- Wenn mehrere Plattformbetreiber enge Paritätsklauseln he S. 76). verwenden, muss der Anbieter auf der eigenen Webseite stets den höchsten Preis setzen, den er auf einer der von ihm genutzten Plattformen setzt. Hierdurch werden die 3. Datengestützte Analysen Anreize des Anbieters reduziert, seine Preise zwischen Die Ökonomisierung der Kartellrechtsanwendung schlägt Plattformen zu differenzieren. Entsprechend sinken die sich auch in einer zunehmenden Bedeutung datengestütz- Anreize der Plattformbetreiber zum Wettbewerb um nied- ter Analysen nieder. Dem hat das Bundeskartellamt mit rigere Provisionen. der Einrichtung des Referats „Datenerfassung und Öko- Wie andere wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen nometrie“ im Jahr 2014 Rechnung getragen. Das Referat können Preisparitätsklauseln im Einzelfall zu Effizienzen ergänzt das bereits seit 2007 bestehende ökonomische führen, die die Verbrauchernachteile der Wettbewerbsbe- Grundsatzreferat und arbeitet mit diesem eng zusammen. schränkung gegebenenfalls kompensieren. Typische Ef- Die durchgeführten Datenanalysen können grob in zwei fizienzpotenziale sind der Schutz von Investitionen von Fallgruppen unterteilt werden: Plattformbetreibern und die Verringerung von sog. Tritt- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23 – Drucksache 18/12760

Zum einen werden bei Bedarf einzelfallspezifische und biete Anbieter gemeinsam einliefern. Die Erkenntnisse technisch anspruchsvolle ökonometrische Analysen flossen insbesondere in die räumliche Marktabgrenzung durchgeführt. Damit können die Ermittlungen im jewei- und die wettbewerbliche Würdigung ein. Weitere Daten- ligen Fall sinnvoll ergänzt werden. Ein Beispiel für eine analysen, die im Berichtszeitraum durchgeführt wurden, derartige Analyse ist die sog. Event-Analyse, die im Fu- betrafen z.B. das Bieterverhalten bei Ausschreibungen im sionskontrollverfahren EDEKA/Kaiser‘s Tengelmann Abfallbereich (REMONDIS/Bördner, siehe S. 88f.) und durchgeführt wurde. Damit wurde der Einfluss benachbar- die Korrelation von Preisen verschiedener Titandioxid- ter Filialen auf die Umsätze von Lebensmitteleinzelhan- Rohstoffe (Iluka/Sierra Rutile, siehe S. 65). delsgeschäften betrachtet. Mit den Regressionen konnten sowohl der Einfluss der räumlichen Entfernung als auch Des Weiteren wurde die im Bundeskartellamt etablierte die Unterschiede zwischen Discountern und Vollsortimen- Auswertung von Patientenströmen bei der Prüfung von tern quantifiziert werden. Die Analyse leistete einen wich- Krankenhausfusionen verfeinert. Mit Hilfe fortentwickel- tigen Beitrag zur Beurteilung der wettbewerblichen Nähe ter Auswertungsprogramme, die eine detailliertere Analy- und der Marktabgrenzung. se und Darstellung der Patientenströme in räumlicher so- wie sachlicher Hinsicht ermöglichen, wurden in mehreren Zum anderen werden Methoden entwickelt, die relativ Fällen umfassende Auswertungen durchgeführt. So konn- einfach und schnell und damit auch in einer Vielzahl von te beispielsweise der Erwerb der Kreisklinik Bad Neustadt Fällen einsetzbar sind. Besonders bewährt haben sich Ana- an der Saale durch die Rhön-Klinikum AG bereits in der lysen, bei denen bereits bei den Unternehmen vorliegende ersten Phase freigegeben werden, da die untersuchten Pa- Datenformate verwendet werden können. In dieser Fall- tientenströme sehr unterschiedliche Einzugsgebiete sowie gruppe sind insbesondere die im Berichtszeitraum häufig Angebotsspektren der Beteiligten aufzeigten (siehe S. 79). durchgeführten Überschneidungsanalysen zu nennen. Da- bei werden – zum Teil sehr umfangreiche – Datenbestän- Ferner hat das Bundeskartellamt im Berichtszeitraum Er- de verschiedener Unternehmen miteinander abgeglichen, fahrungen mit Endverbraucherbefragungen gesammelt. d.h. auf gegenseitige Übereinstimmungen durchsucht. Anders als bei Unternehmensbefragungen kann das Bun- Technisch ist eine solche Überprüfung auf Übereinstim- deskartellamt Verbraucher nicht zur Beantwortung von mungen dann unproblematisch, wenn jede Beobachtung Fragen verpflichten. Zudem wird hierbei typischerweise mit einem eindeutigen Merkmal versehen ist, welches eine deutlich größere, repräsentativ ausgewählte Perso- gleichzeitig in allen Datenbeständen hinterlegt ist. So nengruppe befragt. Die Durchführung erfolgt daher durch kann im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels mit Hilfe Beauftragung von Marktforschungsinstituten. der branchenweit einheitlichen GTIN (Global Trade Item Number, früher EAN) geprüft werden, wie groß die Sorti- 4. Parteigutachten mentsüberschneidungen zwischen verschiedenen Einzel- handelsketten sind. In den meisten Fällen liegt jedoch kein Von unverändert hoher Bedeutung sind im Auftrag von Ver- eindeutiges Merkmal vor, mit dem die unterschiedlichen fahrensbeteiligten erstellte ökonomische Gutachten. Rund Datenbestände auf Übereinstimmungen durchsucht wer- 25 Gutachten wurden im Berichtszeitraum in Verfahren den können. Unterschiedliche Schreibweisen desselben eingereicht und vom Bundeskartellamt gewürdigt. Dies Namens verhindern eine automatisierte Zuordnung an- entspricht der Anzahl des vorherigen Berichtszeitraums. hand des hinterlegten Namens. Das Bundeskartellamt hat Darüber hinaus werden ökonomische Beratungsunterneh- daher einen Algorithmus entwickelt, mit dem Unterneh- men nach eigenen Aussagen häufig für Verfahrensbeteilig- mensbegriffe, die sich durch verschiedene Schreibweisen, te tätig, ohne dass dies gegenüber dem Bundeskartellamt Unternehmensbezeichnungen und Namenszusätze unter- in Form eines Gutachtens transparent wird. scheiden, möglichst weitgehend vereinheitlicht werden Bei den eingereichten Gutachten zeigen sich interessante können. Dieser Algorithmus wird im Rahmen der Fallpra- Entwicklungen gegenüber den vorangegangenen Zeiträu- xis ständig weiter entwickelt und um weitere Methoden men. So hat sich die Anzahl der von einzelnen Ökonomen wie etwa wahrscheinlichkeitsbasierte Verfahren zur Er- aus dem akademischen Bereich erstellten Gutachten stark kennung von Übereinstimmungen ergänzt. verringert. Nahezu sämtliche Gutachten im Berichtszeit- Überschneidungsanalysen wurden im Berichtszeitraum raum wurden von spezialisierten wettbewerbsökonomi- in einigen Erste-Phase-Fusionskontrollverfahren und in schen Beratungsgesellschaften erstellt. Weiter deutlich den im Hauptprüfverfahren geprüften Fusionen Blutspen- erhöht hat sich dagegen der Anteil an Gutachten, die ir- dedienst BRK/Klinikum München (siehe S. 80f.), DSGF gendeine Form von quantitativer Analyse beinhalten. Nur Deutsche Servicegesellschaft für Finanzdienstleister/Spar- die Minderheit der Gutachten argumentiert rein qualitativ. kassen Marktservice (siehe S. 82f.), REMONDIS/Cortek Die in den Parteigutachten adressierten inhaltlichen The- (siehe S. 88), Medien Union/Dr. Haas (siehe S. 92) und men und Bereiche des Kartellrechts reflektieren naturge- WM/Trost (siehe S. 75) sowie im Missbrauchsverfahren mäß die Schwerpunkte der Anwendungspraxis. Deutlich gegen CTS EVENTIM (siehe S. 90f.) durchgeführt. Die mehr Gutachten als zuvor betrafen den Bereich der verti- Ziele der Analysen waren unterschiedlich: So wurde zum kalen Wettbewerbsbeschränkungen und hier insbesondere Beispiel untersucht, ob Kunden eine Mehrlieferantenstra- den Online-Bereich. Im Unterschied zu vorangegangenen tegie nutzen, in welchem Ausmaß und zwischen welchen Berichtszeiträumen wurde dagegen kein Gutachten im Unternehmen Querlieferungen stattfinden, ob Kunden Rahmen von Sektoruntersuchungen eingereicht. Die rest- Single- oder Multihoming betreiben und in welche Ge- Drucksache 18/12760 – 24 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode lichen Gutachten bezogen sich auf andere Bereiche der bewerbsbeschränkung bei ihrer Stellungnahme zu einem Kartellrechtsanwendung. Antrag auf Ministererlaubnis erfolgt. Der Bewertung von eingereichten Parteigutachten hat das Nach Abschluss der Vereinbarung hat die Monopolkom- Bundeskartellamt regelmäßig die vom Amt veröffent- mission in einem Fall Datenzugang beantragt. Das Bun- lichten Standards für ökonomische Gutachten zugrunde deskartellamt gab dem Antrag statt. Die Monopolkom- gelegt. Auch im Berichtszeitraum war festzustellen, dass mission überprüfte die im Verfahren EDEKA/Kaiser’s sich das Gros der Gutachten an den Standards und den Tengelmann durchgeführte Event-Analyse. darin formulierten qualitativen Mindestanforderungen orientiert. Gleichwohl wurden teilweise weiterhin qualita- B. Entwicklung der Kartellrechtspraxis tiv unzureichende Gutachten eingereicht. Bei seiner Wür- digung der Gutachten stellte das Bundeskartellamt teil- I. Fusionskontrolle weise grundlegende konzeptionelle Mängel fest. Andere Gutachten wiesen methodische Mängel in der konkreten 1. Leitfaden Zusagen in der Fusionskontrolle Umsetzung einer Analyse auf. Im Fall von empirischen Das Bundeskartellamt hat am 7. Oktober 2016 auf seiner Analysen wurden teilweise für die konkrete Fragestel- Homepage den Entwurf eines Leitfadens über Zusagen lung nicht geeignete Daten verwendet. Solche Mängel in der Fusionskontrolle zur Konsultation veröffentlicht. schränken die Beweiskraft zum Teil stark ein und führen Denn Zusagen haben sich in der Praxis als wichtiges Inst- zu einer unnötigen Erhöhung des Verfahrensaufwands. rument der Fusionskontrolle erwiesen und liegen im Inte- Das Bundeskartellamt wirbt daher auch weiterhin für eine resse einer effektiven und erfolgreichen Durchsetzung des möglichst strikte Einhaltung der inzwischen international Kartellrechts. etablierten Mindeststandards. Als hilfreich hat sich die Einreichung von Gutachten zu einem frühen Zeitpunkt im Der Leitfaden erläutert, unter welchen Voraussetzungen Verfahren bzw. die frühzeitige Kontaktaufnahme mit dem das Bundeskartellamt einen Zusammenschluss unter Be- Bundeskartellamt erwiesen. Von dieser Möglichkeit wur- dingungen und Auflagen freigeben kann, obwohl die Un- de bislang indes nur in Einzelfällen Gebrauch gemacht. tersagungsvoraussetzungen erfüllt sind. Durch geeignete Bedingungen und Auflagen in einer Freigabeentscheidung 5. Datenzugang Monopolkommission stellt das Bundeskartellamt sicher, dass die am Zusammen- schluss beteiligten Unternehmen ihren Verpflichtungszu- Im August 2016 haben sich das Bundeskartellamt und die sagen gegenüber dem Bundeskartellamt nachkommen und Monopolkommission auf ein Verfahren zur Umsetzung die wettbewerblichen Probleme ohne Untersagung des der Akteneinsicht gemäß § 46 Abs. 2a im Fall von elektro- Gesamtvorhabens beseitigt werden können. nisch vorliegenden Daten und zu in diesem Rahmen vor- genommenen Datenanalysen geeinigt. Die Vereinbarung Der Leitfaden stellt ferner dar, anhand welcher Kriterien schafft für beide Seiten einen verbindlichen Rahmen und das Bundeskartellamt Zusagenangebote der Unternehmen gewährleistet den Schutz von Betriebs- und Geschäftsge- beurteilt. Auf dieser Grundlage können Unternehmen und heimnissen und personenbezogenen Daten. Davor war es ihre Berater besser einschätzen, welche Anforderungen aufgrund unterschiedlicher Rechtsauffassungen zur Ein- sie erfüllen müssen, um ermittelte Wettbewerbsbehinde- sicht in elektronisch vorliegende Daten zu Diskussionen rungen zu vermeiden und so eine Freigabe ihres Zusam- gekommen (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 38). menschlussvorhabens unter Bedingungen und Auflagen zu ermöglichen. Der Leitfaden erläutert auch die vorge- Die getroffene Vereinbarung sieht vor, dass die Monopol- sehenen Verfahrensschritte bei dem Angebot und bei der kommission im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung Zugang Umsetzung von Zusagen. Durch die hierdurch geschaffe- zu Daten erhält, die beim Bundeskartellamt in Verwal- ne Transparenz im Hinblick auf die Behandlung von Zu- tungsverfahren und Sektoruntersuchungen vorliegen. Der sagenangeboten können Zeit und Kosten gespart und die Zugang erfolgt in den Räumlichkeiten des Bundeskartell- von dem Zusammenschluss erhofften betriebswirtschaftli- amtes. Alternativ besteht für die Monopolkommission die chen Vorteile so weit wie möglich realisiert werden. Möglichkeit, dem Bundeskartellamt ein Programm mit Auswertungsbefehlen zu übermitteln, das dann im Bun- Nachdem zahlreiche Stellungnahmen zu dem Entwurf deskartellamt durchgeführt wird und dessen Ergebnispro- eingegangen sind ist nun geplant, Mitte 2017 die finale tokoll der Monopolkommission übermittelt wird. Version des Leitfadens zu veröffentlichen.

Die Verwendung der Daten durch die Monopolkommis- 2. Statistische Übersicht sion ist auf die Würdigung des jeweiligen Verfahrens be- schränkt. Die Monopolkommission hat die Möglichkeit, Im Zeitraum 2015/2016 sind insgesamt 2440 Zusammen- sich tiefgehend über die Datenanalysen des Bundeskar- schlüsse angemeldet worden. Gegenüber dem Zeitraum tellamtes zu informieren und durch eigene Datenanalysen 2013/2014 (2279 Anmeldungen) sind die Anmeldezahlen deren Robustheit zu prüfen, sofern dies im Rahmen ihres im Berichtszeitraum leicht angestiegen. Berichtes zur Würdigung der Entscheidungspraxis des Bundeskartellamtes oder für die Gewichtung einer Wett- Deutscher Bundestag – xy. Wahlperiode – – Drucksache XY/…

welche Anforderungen sie erfüllen müssen, um ermittelte Wettbewerbsbehinderungen zu vermeiden und so eine Freigabe ihres Zusammenschlussvorhabens unter Bedingungen und Auflagen zu ermöglichen. Der Leitfaden erläutert auch die vorgesehenen Verfahrensschritte bei dem Angebot und bei der Umsetzung von Zusagen. Durch die hierdurch geschaffene Transparenz im Hinblick auf die Behandlung von Zusagenangeboten können Zeit und Kosten gespart und die von dem Zusammenschluss erhofften betriebswirtschaftlichen Vorteile so weit wie möglich realisiert werden.

Nachdem zahlreiche Stellungnahmen zu dem Entwurf eingegangen sind ist nun geplant, Mitte 2017 die finale Version des Leitfadens zu veröffentlichen.

2. Statistische Übersicht

Im Zeitraum 2015/2016 sind insgesamt 2440 Zusammenschlüsse angemeldet worden. Gegenüber dem Zeitraum 2013/2014 (2279 Anmeldungen) sind die Anmeldezahlen im Berichtszeitraum leicht angestiegen.

2015 2016 Gesamt

DeutscherAnmeldungen Bundestag – 18. Wahlperiode – 25 –1211 1229 Drucksache2440 18/12760

Nicht kontrollpflichtige Vorhaben* 39 27 66

Rücknahme der Anmeldung* 21 11 2015 322016 Gesamt Anmeldungen 1211 1229 2440

Nicht* Die kontrollpflichtige Zahlen beziehen sich Vorhaben* auf Fälle, die im jeweiligen Jahr abgeschlossen, aber nicht unbedingt 39 auch im selben27 66 RücknahmeJahr angemeldet der Anmeldung* wurden. 21 11 32 * Die Zahlen beziehen sich auf Fälle, die im jeweiligen Jahr abgeschlossen, aber nicht unbedingt auch im selben Jahr angemeldet wurden.

Anmeldungen 1996 bis 2016 Anmeldungen 1996 bis 2016

2500 2242

2000 1829 1735 1667 1687 1687 1675 1568 1584

1412 1500 1387 1366 1257 1188 1211 1229 1108 1127 1091 998 987 1000

500

0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

3. Verfügungen im Hauptprüfverfahren Seit Beginn der Fusionskontrolltätigkeit des Bundeskar- tellamtes im Jahr 1973 sind bis Ende 2016 insgesamt 188 Hält das Bundeskartellamt die vertiefte Prüfung eines Zusammenschlüsse untersagt worden. Hiervon sind 132 Zusammenschlussvorhabens für erforderlich, teilt es dies Entscheidungen bestandskräftig geworden. Endgültig auf- den Unternehmen innerhalb eines Monats nach Eingang gehoben oder für erledigt erklärt wurden Untersagungen der vollständigen Anmeldeunterlagen mit. Im Hauptprüf- in 56 Fällen. verfahren entscheidet das Bundeskartellamt durch eine förmliche Verfügung, ob das Zusammenschlussvorhaben Einen Überblick über die im Berichtszeitraum ergangenen – gegebenenfalls unter Auflagen und Bedingungen – frei- Entscheidungen im Hauptprüfverfahren vermitteln die gegeben oder ob der Zusammenschluss untersagt wird. folgenden Übersichten. Weitere Einzelheiten können den Branchenberichten dieses Tätigkeitsberichts sowie den Diese Entscheidungen des Bundeskartellamtes sind auf Fallberichten, Pressemitteilungen und der Entscheidungs- der Internetseite des Bundeskartellamtes im Volltext in um datenbank auf der Internetseite des Bundeskartellamtes Geschäftsgeheimnisse bereinigter Fassung abrufbar. entnommen werden. Die Eröffnung des Hauptprüfverfahrens wird sowohl im Bundesanzeiger als auch auf der Internetseite des Bundes- kartellamtes bekannt gemacht. Drucksache 18/12760 – 26 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Übersicht Hauptprüfverfahren 2015/2016

gesamt gesamt 2015 2016 2015/2016 2013/2014 Abgeschlossene Hauptprüfverfahren* 10 9 19 31 Abschluss durch förmliche Verfügung, davon 8 5 13 19 Untersagung 1 0 1 2 Freigabe mit Nebenbestimmungen 1 1 2 3 Freigabe ohne Nebenbestimmungen 6 4 10 14 DeutscherRücknahme Bundestag der Anmeldung – xy. Wahlperiode im Hauptprüfverfahren – – 2** 4** 6**Drucksache 12 XY/… * Die Zahl der abgeschlossenen Hauptprüfverfahren beinhaltet die Rücknahmen im Hauptprüfverfahren. ** Eine Rücknahme erfolgte in einem Fall, um eine NeuanmeldungStadtbezirken vorzunehmen für den. Das Handel neu angemeldete mit Lebensmitteln Vorhaben konnte im sodann in der ersten Phase freigegeben werden. Bei einem Fall 2015 stellte sich im Rahmen der intensiven Prüfung heraus, dass die Beteiligten die Umsatzschwellen für die Anmeldepflicht nicht erreichten. Das Verfahren wurdeGroßraum daher eingestellt ,. in München und Oberbayern sowie in Nordrhein-Westfalen. Ferner erhebliche Verringerung des Wettbewerbsdrucks auf Übersicht Untersagungsentscheidungen 2015/2016 Beschaffungsseite insbesondere bei Markenartikeln Zusammenschluss* Wichtigedurch Aspekte Wegfall der Entscheidungsgründe/Schadenstheorie einer Absatzalternative und Vgl. Seite Vergrößerung des Beschaffungsvolumens der EDEKA/Kaiser´s Tengelmann Erhebliche Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen auf zahl- 56 (B2-96/14) reichen ohnehinSpitzengruppe hoch konzentrierten bestehend aus Regionalmärkten EDEKA, REWE und und Stadt der - bezirken fürSchwarz den Handel-Gruppe. mit Angebotene Lebensmitteln Zusagen im Großraum adressierten Berlin, in München und Oberbayern sowie in Nordrhein-Westfalen. Ferner erheblichenicht Verringerung bzw. nicht des in ausreichendemWettbewerbsdrucks Umfang auf Beschaffungsdie - seite insbesonderewettbewerblichen bei Markenartikeln Bedenken. durch Wegfall einer Absatzal- ternative und Vergrößerung des Beschaffungsvolumens der Spitzen- gruppe bestehendGegen die aus Entscheidung EDEKA, REWE wurde und Beschwerde der Schwarz-Gruppe eingelegt, . Angeboteneüber Zusagen die voraussichtlich adressierten imnicht Sommer bzw. nicht 2017 in vor ausreichendem dem Umfang die wettbewerblichen Bedenken. Oberlandesgericht Düsseldorf verhandelt wird. Gegen die Entscheidung wurde Beschwerde eingelegt, über die vo- raussichtlich im Sommer 2017 vor dem Oberlandesgericht Düssel- dorf verhandelt wird. Zahl der Untersagungen (nach Berichtszeiträumen) Zahl der Untersagungen (nach Berichtszeiträumen)

Übersicht Freigabeentscheidungen mit Nebenbestimmungen 2015/2016

Zusammenschluss* Wichtigste Aspekte der Vgl. Seite Entscheidungsgründe/Schadenstheorie

WM SE/Trost Auto Service Technik SE Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung auf […] mehreren Regionalmärkten. Kaum Wettbewerbsdruck (B9-48/15) durch andere Wettbewerber aufgrund hoher Standortdichte, Einkaufsgemeinschaft mit stärkstem Wettbewerber und guter finanzieller Ressourcen. Nebenbestimmungen sahen Veräußerung von Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27 – Drucksache 18/12760

Übersicht Freigabeentscheidungen mit Nebenbestimmungen 2015/2016

Zusammenschluss* Wichtige Aspekte der Entscheidungsgründe/Schadenstheorie Vgl. Seite WM SE/Trost Auto Service Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung auf mehreren Regi- 75 Technik SE onalmärkten. Kaum Wettbewerbsdruck durch andere Wettbewerber (B9-48/15) aufgrund hoher Standortdichte, Einkaufsgemeinschaft mit stärkstem Wettbewerber und guter finanzieller Ressourcen. Nebenbestimmun- gen sahen Veräußerung von Standorten und Ausscheiden aus der Einkaufsgemeinschaft vor. REWE/Supermärkte Nord (Coop) Es drohte eine erhebliche Behinderung des wirksamen Wettbewerbs 57 (B2-51/16) im Lebensmitteleinzelhandel auf mehreren (regionalen) Märkten. Während des Verfahrens wurden elf Filialen in den betroffenen Bezirken an einen Wettbewerber verkauft. Somit war Freigabe unter Auflagen möglich.

* Soweit keine abweichenden Angaben gemacht werden, ist die Entscheidung bestandskräftig.

Übersicht Freigabeentscheidungen ohne Nebenbestimmungen 2015/2016

Zusammenschluss Wichtige Aspekte der Entscheidungsgründe/Schadenstheorie Vgl. Seite GoodMills Deutschland/ Trotz Ausbau der Stellung als Marktführerin auf dem Markt für 54 Pfalzmühle Mannheim Hartweizenmahlprodukte verbleibt hinreichender Wettbewerbsdruck (B2-112/14) aufgrund der Homogenität des Produktangebots, hoher Kunden- wechselintensität und ohnehin verbreiteter Multiple-Sourcing-Stra- tegien. Funke+Springer/Media Impact Keine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs: teilweise 93 (B6-22/15) waren Produkte komplementär zueinander, teilweise verblieben hinreichende Ausweichmöglichkeiten und Wettbewerbsdruck durch andere Medienarten (Substitutionswettbewerb). GoodMills/PMG Trotz Ausbau der bestehenden Marktführung infolge des Zusam- 54 (B2-26/15) menschlusses keine Untersagung, da Wettbewerbsdruck durch andere Anbieter infolge freier Produktionskapazitäten und hoher Angebotsumstellungsflexibilität. Gegengewicht schließlich auch durch Nachfragestärke des LEH. REMONDIS Ost/Cortek, Trotz Stärkung/Begründung einer marktführenden Position im 88 UMTECH und Zentrum für Bereich Haushalts- und Gewerbeabfälle ausreichender Wettbewerbs- Werkstoffverarbeitung druck durch Mitbewerber, die sich aktiv an Ausschreibungsverfahren (B4-70/15) beteiligten. DRK-Blutspendedienst Keine Veränderung der Marktverhältnisse infolge des Zusammen- 80 Ba-Wü+Charité/ZTB schlusses, zudem sprach vieles für das Vorliegen von Bagatellmärk- (B3-60/15) ten. Oakley Capital/Elite-Medianet Keine erhebliche Behinderung des wirksamen Wettbewerbs auf 97 (B6-57/15) dem Markt für (Online-) Dating-Plattformen. Heterogene Nachfra- gepräferenzen, häufige Nutzung mehrerer Plattformen sowie hohe Neukundenquote wirken indirekten Netzwerkeffekten (dem „Markt- Tipping“) entgegen. Preissensibilität der Nachfrageseite, Innovati- onsdruck im Internet und geringe Marktzutrittsschranken schränken Handlungsspielraum zusätzlich ein. Blutspendedienst BRK gGmbH/ Zusammenschluss warf zunächst wettbewerbliche Bedenken auf. 81 Klinikum München Nach Korrektur der Umsatzzahlen waren aber insbesondere die (B3-191/15) Umsatzschwellen des GWB nicht mehr erreicht. Freigabebeschluss aufgrund vorsorglicher Anmeldung, die trotz Hinweis auf fehlende Anmeldepflicht nicht zurückgenommen wurde. Drucksache 18/12760 – 28 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

n o c h Übersicht Freigabeentscheidungen ohne Nebenbestimmungen 2015/2016

Zusammenschluss Wichtige Aspekte der Entscheidungsgründe/Schadenstheorie Vgl. Seite REMONDIS/Bördner/B-F Trotz Verstärkung der führenden Position von REMONDIS bei 88 Sonderabfall der Erfassung von Haushalts- und Gewerbeabfällen im Großraum (B4-31/16) Rhein/Main keine Untersagung, da hinreichender Wettbewerbsdruck durch Wettbewerber. Nagel Group/MUK Keine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs, da keine 126 Transthermos wesentliche Änderung der Marktstruktur oder Verstärkung des (B9-50/16) marktbeherrschenden Oligopols zu erwarten war. Ferner keine Fä- higkeit/Anreize für Koppelungs- oder Behinderungsstrategien. Iluka Investments/Sierra Rutile Keine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs: Die 65 (B1-150/16) gemeinsamen Marktanteile von Iluka und Sierra Rutile lagen deutlich unterhalb der Vermutungsschwelle für eine Einzelmarkt- beherrschung. Nicht-koordinierte Effekte lagen ebenfalls nicht vor. Insbesondere Preissteigerungen als Folge verbesserter Möglichkei- ten und Anreize für eine strategische Mengenverknappung konnten ausgeschlossen werden.

Deutscher4. BundestagVorfeldfälle – xy. Wahlperiode – – Drucksache XY/…

Zahl der Vorfeldfälle (nach Berichtszeiträumen) Zahl der Vorfeldfälle (nach Berichtszeiträumen)

50 45

45 39 39

40 33 35 29 30 22 25 20 17 20 14 14 15 11

10

5

0 1995/96 1997/98 1999/00 2001/02 2003/04 2005/06 2007/08 2009/10 2011/12 2013/14 2015/16

Als Vorfeldfälle werden solche Fälle bezeichnet,bezeichnet, diedie wegen we- wettbewerblicherBerichtszeitraum Bedenkenbei 14 (2015: des vier; 2016: zehn). Die be- gen wettbewerblicher Bedenken des Bundeskartellamtes sondere Bedeutung der Rücknahme einer Anmeldung im entwederBundeskartellamtes nicht bzw. entweder modifiziert nicht angemeldet bzw. modifiziert oder aber angemeldet in Vorfeld oder der aber (Untersagungs-) in der ersten Phase Entscheidung oder im liegt darin, dass derHauptprüfverfahren ersten Phase oder zurückgezogen im Hauptprüfverfahren worden sind. zurückge Die Zahl- derdie relevanten erhebliche Fälle Behinderung lag im Berichtszeitraum wirksamen Wettbewerbs auch zogenbei 14 worden(2015: vier; sind .2016: Die Zahlzehn). der Die relevanten besondere Fälle Bedeutung lag im derohne Rücknahme abschließende einer Anmeldung Verfügung verhindert im Vorfeld werden kann. der (Untersagungs-) Entscheidung liegt darin, dass die erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs auch ohne abschließende Verfügung verhindert werden kann.

5. Vollzugsverbot

Das Bundeskartellamt leitete im Berichtszeitraum zwei Verfahren wegen Verstoßes gegen das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot ein.

Zusammenschluss Vgl. Seite

EDEKA/Kaiser’s Tengelmann Siehe S. XX (Prozessführung) und (B2-96/14) XX (Branchenteil)

sowie Tätigkeitsbericht 2013/2014, S. 48

REWE/Supermärkte Nord (Coop) Siehe S. XX (Branchenteil) (B2-51/16) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29 – Drucksache 18/12760

5. Vollzugsverbot Freigabe für die Beteiligung an dem Unternehmen An- dechser erwirkt, indem u.a. zu niedrige Absatzmengen Das Bundeskartellamt leitete im Berichtszeitraum zwei für die beteiligten Molkereien auf den betroffenen Märk- Verfahren wegen Verstoßes gegen das fusionskontroll- ten für Milchprodukte angegeben wurden. Nachdem die rechtliche Vollzugsverbot ein. Falschangaben aufgefallen waren, wurde ein Entflech- tungsverfahren eingeleitet und schließlich auch ein Buß- Zusammenschluss Vgl. Seite geld verhängt. Das Entflechtungsverfahren gegen Bon- grain/Söbbeke/Andechser (B2-47/14) konnte Ende 2015 EDEKA/Kaiser’s Tengelmann Siehe S. 37 abgeschlossen werden, nachdem die Bongrain Mutterge- (B2-96/14) und S. 56 sellschaft Savencia ihre Beteiligung an Andechser auf- sowie Tätigkeits- gegeben hatte (siehe dazu S. 51 sowie Tätigkeitsbericht bericht 2013/2014, 2013/2014, S. 48). S. 48 II. Kontrolle wirtschaftlicher REWE/Supermärkte Nord (Coop) Siehe S. 57 Machtstellungen, Preismissbrauch, (B2-51/16) Behinderungsmissbrauch Der Berichtszeitraum war geprägt durch den Abschluss und die gerichtliche Überprüfung einiger großer Miss- 6. Verfahren nach § 41 Abs. 3 brauchsverfahren, von denen neben verschiedenen Ver- sorgungsunternehmen u.a. die Deutsche Post AG (DPAG) Im Berichtszeitraum führte das Bundeskartellamt 41 Ver- und die Deutsche Bahn (DBAG) betroffen waren. Von den fahren gemäß § 41 Abs. 3 GWB zur nachträglichen Prü- neu eingeleiteten Missbrauchsverfahren ist besonders auf fung von Zusammenschlüssen, die ohne fusionskontroll- die Überprüfung der Nutzungsbedingungen von Facebook rechtliche Freigabe vollzogen wurden (2015: 23; 2016: 18). hinzuweisen, bei der erstmals mögliche Datenschutzver- stöße den zentralen Anknüpfungspunkt einer Missbrauch- Dabei wurde im Berichtszeitraum gegen ein Unternehmen sprüfung bilden. auch ein Bußgeld wegen unrichtiger und unvollständiger Angaben in der Anmeldung verhängt. Das Unternehmen Im vorliegenden Berichtszeitraum sind folgende Fälle aus Bongrain Europe SAS (ein Unternehmen der Savencia- dem Bereich Missbrauchsaufsicht von größerer Bedeu- Gruppe) hatte im Jahr 2011 beim Bundeskartellamt eine tung:

Verfahren Branche und Verfahrensgegenstand Vgl. Seite EDEKA (B2-58/09) Lebensmitteleinzelhandel; Forderung von Sonderkonditionen gegen- 59 über Lieferanten („Anzapfverbot“); Aufhebung der Entscheidung durch das Oberlandesgericht Düsseldorf und Zulassung der Rechts- beschwerde durch den Bundesgerichtshof Google; VG Media (B6-126/14) Internet-Suchmaschinen; Geltendmachung des Leistungsschutz- 98 rechts Facebook (B6-22/16) Soziale Netzwerke; Ausgestaltung der Nutzungsbedingungen 99 CTS EVENTIM (B6-132/14) Vertragsbedingungen bei Ticketsystemdienstleistungen 91 Deutscher Fußball-Bund Koppelung von Ticketkontingenten für Spiele der deutschen Natio- 91 (B6-31/16) nalmannschaft an eine Mitgliedschaft im „Fanclub Nationalmann- schaft“ Sieben Versorgungsunternehmen Fernwärme; Preishöhenmissbrauch und Anschlussverpflichtungen 115 (B8-30/13 bis B8-36/13, B10-28/09) Wuppertaler Stadtwerke Trinkwasser; Preishöhenmissbrauch 120 (B8-104/12) ENTEGA (B8- B10-16/09) Heizstrompreise; Preishöhenmissbrauch 110 Titisee-Neustadt (B8-175/11) Vergabe von Wegenutzungsrechten für Stromleitungen 113 Deutsche Post AG (B9-128/12) Preis-Kosten-Schere; Bestätigung der Entscheidung durch das Ober- 123 landesgericht Düsseldorf Deutsche Bahn AG (B9-136/13) Vertrieb von Fahrkarten; Verdacht auf Wettbewerbsbehinderung 125 durch eingeschränkten Zugang zu Vertriebskanälen; Zusagenent- scheidung Drucksache 18/12760 – 30 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

III. Kartellverbot und Kooperationen Betroffenen und von 74 Unternehmen und betrafen 29 Bußgeldverfahren. 2016 wurden vier Anträge von persön- 1. Kartelle lich Betroffenen und 55 Unternehmensanträge entgegen- a) Bußgeldverfahren des Bundeskartellamtes genommen, die sich auf 36 Bußgeldverfahren verteilten. Im Berichtszeitraum hat das Bundeskartellamt zahlrei- Im Berichtszeitraum hat das Bundeskartellamt im Rahmen che Kartellabsprachen aufgedeckt und Bußgeldverfah- der Verfolgung verbotener Kartellabsprachen 35 Durchsu- ren geführt. Diese richteten sich sowohl gegen die an chungen in 179 Unternehmen und in elf Privatwohnun- den Absprachen beteiligten Personen als auch gegen die gen durchgeführt. Davon entfallen 18 Durchsuchungen in jeweiligen Unternehmen. Die vereinnahmten Bußgelder 14 Verfahren auf das Jahr 2015 (88 Unternehmen, sechs erreichten 2015 insgesamt rund 331,9 Mio. Euro und la- Privatwohnungen) und 17 Durchsuchungen in zwölf Ver- gen 2016 bei insgesamt rund 289,9 Mio. Euro. Hiervon fahren auf das Jahr 2016 (91 Unternehmen, fünf Privat- entfielen 330,9 Mio. Euro (2015) bzw. 286,9 Mio. Euro wohnungen). (2016) auf Unternehmen. Die verhängten Bußgelder erreichten 2015 insgesamt 208 Die Zahl der Bonusanträge bewegt sich weiterhin auf Mio. Euro (davon 205,9 Mio. Euro gegen Unternehmen) hohem Niveau. Das Bundeskartellamt nahm in 2015 ins- und lagen 2016 bei insgesamt 124,6 Mio. Euro, hiervon gesamt 76 und in 2016 insgesamt 59 Anträge entgegen. entfielen 124,5 Mio. Euro auf Unternehmen. DeutscherIm Jahr Bundestag 2015 stammten – xy . dieWahlperiode Anträge von zwei persönlich– – Drucksache XY/…

Beim Bundeskartellamt gestellte Bonusanträge – 2001 bis 2016 Beim Bundeskartellamt gestellte Bonusanträge – 2001 bis 2016 76 72 69 70 66

59 60 56*

51 50

42* 41 41* 41 41

40 37 36

29 29 30 26* 24 25 21 20 20 16 13 12 10 7 7 10 6 4 5 2 2

0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Anzahl der Fälle, in denen Bonusanträge gestellt wurden Gesamtanzahl der Bonusanträge * Für die Jahre 2008, 2010 und 2011 nachgetragene Bonusanträge

Vom Bundeskartellamt vereinnahmte1 Bußgelder (Gesamtsumme in Mio. Euro pro Jahr)

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 31 – Drucksache 18/12760

Deutscher Bundestag – xy. Wahlperiode – – Drucksache XY/… 1 Vom Bundeskartellamt vereinnahmte Bußgelder (Gesamtsumme in Mio. Euro pro Jahr) 526 360 340 332

320 317 290

280

240 224

200 178 162

160 130 124 114 120

80 59

36 38 40 22 16 8 9 7 3 2 4 9 2,5

0 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 1 1 Das sind Das die sind dem die Bundeshaushalt dem Bundeshaushalt zugeflossenen zugeflossenen Bußgelder, dieBußgelder, aufgrund einesdie aufgrund kartellbehördlichen eines kartellbehördlichen Bußgeldbescheides verhängt und gezahlt wur- den.Bußgeldbescheides Nicht davon umfasst sind verhängt Bußgelder, und diegezahlt bislang wur nachden. den Nicht allgemeinen davon umfasstRegeln des sind Ordnungswidrigkeitenrechts Bußgelder, die bislang bisnach zum den 30 . Juni 2009 infolge gerichtlicherallgemeinen Entscheidungen Regeln des dem Ordnungswidrigkeitenrechts Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen bis zum 30. Junizugeflossen 2009 infolge sind. Erst gerichtlicher ab dem 01. Juli 2009 fließen Geldbußen, die das BundeskartellamtEntscheidungen verhängt dem Haushalt und gegebenenfalls des Landes nach Nordrhein § 82a Abs-Westfalen. 2 Satz 1 auch zugeflossen im gerichtlichen sind. ErstBußgeldverfahren ab dem 01. vollstreckt,Juli 2009 gemäß § 82a Abs. 2 Satzfließen 2,Deutscher § 131 Geldbußen, Abs .Bundestag 5 Satz die 2, generell das – xy Bundeskartellamt. Wahlperiodeder Bundeskasse zuverhängt. und– gegebenenfalls – nach § 82a Abs. 2Drucksache Satz 1 auch im XY/… gerichtlichen Bußgeldverfahren vollstreckt, gemäß § 82a Abs. 2 Satz 2, § 131 Abs. 5 Satz 2, generell der Bundeskasse zu. Vom Bundeskartellamt verhängte Bußgelder (Gesamtsumme(Gesamtsumme inin Mio.Mio .Euro Euro pro pro Jahr) Jahr)

480 717 Mio. € 1.117 Mio. €

440 434,8 Mio. €

400

360

313,7 Mio. € 316 Mio. €

320 297,5 Mio. €

280 266,7 Mio. € 244,4 Mio. € 240 208

200 189,8 Mio. € 163,9 Mio. € 281,8 Mio. DM 287,3 Mio. DM (140,9 Mio. €) (143,6 Mio. €) 160

124,6

120 Vom Bundeskartellamt verhängte Bußgelder

80 58 Mio. € 7,8 Mio. DM (3,9 Mio. €) 40,5 Mio. DM 42,6 Mio. DM (20,2 Mio. €) (21,3 Mio. €) 40 19,4 Mio. DM 21,7 Mio. DM 14,2 Mio. DM13,5 Mio. DM (9,7 Mio.€) (10,8 Mio. €) (7,1 Mio. €) (6,7 Mio.€ ) 4,5 Mio. € 4,5 Mio. € 0 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Drucksache 18/12760 – 32 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Aktenzeichen Wirtschaftsbereich Entscheidung Vgl. Seite B12-13/13 Fahrzeugbau – Bußgelder i.H.v. 90,1 Mio. Euro gegen sechs 76 Automobilwirtschaft Unternehmen und fünf persönlich Betroffene Automobilzulieferer B10-20/15 Konsumgüter (Herstellung, Bußgelder i.H.v. 112,23 Mio. Euro gegen elf 58 Verarbeitung, Handel) Unternehmen Bier B1-84/11 Konsumgüter (Herstellung, Bußgelder i.H.v. 18,88 Mio. Euro gegen zwei 62 B1-83/11 Verarbeitung, Handel) Unternehmen Matratzen B5-139/12 Maschinen- und Anlagebau Bußgelder i.H.v. 21,36 Mio. Euro gegen neun 70 Sanitärgroßhandel Unternehmen und einen persönlich Betroffenen B10-50/14 Konsumgüter (Herstellung, Bußgelder i.H.v. 22,79 Mio. Euro gegen vier 58 Verarbeitung, Handel) Unternehmen Kaffee – vertikal B7-117/14-1 Medien und Werbewirtschaft Bußgelder i.H.v. 12,45 Mio. Euro gegen drei 93 Anzeigeblätter Unternehmen und sechs persönlich Betroffene B10-40/14 Konsumgüter (Herstellung, Bußgelder i.H.v. 24,72 Mio. Euro gegen vier 58 Verarbeitung, Handel) Unternehmen Süßwaren – vertikal B12-15/12 Bauindustrie und Baustoffe Bußgelder i.H.v. 9,78 Mio. Euro gegen fünf Betonfertiggaragen Unternehmen und vier persönlich Betroffene B12-24/13 Verkehrswirtschaft Bußgelder i.H.v. 4,56 Mio. Euro gegen acht 126 Container Unternehmen und acht persönlich Betroffene B12-14/13 Maschinen- und Anlagebau Bußgelder i.H.v. 1,3 Mio. Euro gegen drei Laufpolster Unternehmen B7-86/14 Konsumgüter (Herstellung, Bußgelder i.H.v. 0,3 Mio. Euro gegen ein 106 Verarbeitung, Handel) Unternehmen Navigationsgeräte B5-159/14 Konsumgüter (Herstellung, Bußgelder i.H.v. 0,13 Mio. Euro gegen ein 61 Verarbeitung, Handel) Unternehmen Spielzeug B12-14/12 Bauindustrie und Baustoffe Bußgelder i.H.v. 1,5 Mio. Euro gegen ein Betonschwellen Unternehmen B12-19/12 Maschinen- und Anlagebau Bußgelder i.H.v. 3,45 Mio. Euro gegen ein 73 Schienen Unternehmen B12-23/15 Medien und Werbewirtschaft Bußgelder i.H.v. 3,08 Mio. Euro gegen drei 95 TV-Studios Unternehmen B1-167/13 Möbel und Polster (Herstellung, Bußgelder i.H.v. 0,68 Mio. Euro gegen zwei 62 Verarbeitung, Handel) Unternehmen und drei persönlich Betroffene Freizeitmöbel B1-47/15 Möbel und Polster (Herstellung, Bußgelder i.H.v. 0,25 Mio. Euro gegen ein 62 Verarbeitung, Handel) Unternehmen und einen persönlich Betroffenen Büromöbel B1-87/14-5 Möbel und Polster (Herstellung, Bußgelder i.H.v. 3,5 Mio. Euro gegen zwei 62 B1-87/14-7 Verarbeitung, Handel) Unternehmen Möbel Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 33 – Drucksache 18/12760

Weitere Bußgeldverfahren bzgl. anderer Verstöße als gegen § 1 GWB, Art 101 AEUV

Aktenzeichen Wirtschaftsbereich Entscheidung Vgl. Seite B2-88/15 Konsumgüter (Herstellung, Bußgelder i.H.v. 0,09 Mio. Euro gegen ein 51 Verarbeitung, Handel) Unternehmen Molkereien Wegen unrichtiger Angaben bei der Anmeldung der Fusion/Fusionskontrolle B3-50/12 Konsumgüter (Herstellung, Bußgelder i.H.v. 0,22 Mio. Euro gegen ein 68 im TB Verarbeitung, Handel) Unternehmen 2013/2014 Trinkwassersprudler Wegen missbräuchlichen Verhaltens in einer marktbeherrschenden Position/Missbrauchs- verfahren

b) Hinweisgebersystem oder durch weitere behördliche Recherchen bestätigt wer- den können. Das Bundeskartellamt hat zum 1. Juni 2012 ein elektroni- sches System zur Entgegennahme von anonymen Hinwei- Im November 2016 hat das Bundeskartellamt z.B. gegen sen auf Kartellverstöße freigeschaltet. einen Hersteller von Bürostühlen wegen vertikaler Ab- sprachen mit Einzelhändlern ein Bußgeld verhängt (siehe Das Hinweisgebersystem garantiert die Anonymität von S. 62). Das Verfahren basierte auf einer anonymen Einga- Informanten und ermöglicht dennoch eine fortlaufende be über das Hinweisgebersystem des Bundeskartellamtes. wechselseitige Kommunikation mit Ermittlern des Bun- deskartellamtes über einen (optional durch den Hinweis- In der Gesamtbetrachtung macht die Summe der „quali- geber einzurichtenden) geschützten elektronischen Brief- tativ wertvollen” Hinweise „unter dem Strich” lediglich kasten. Der Informant kann dem Bundeskartellamt frei einen geringen Anteil aller bisher eingegangenen Mel- abgefasste schriftliche Informationen zukommen lassen. dungen aus. Dabei darf allerdings nicht übersehen wer- Gleichzeitig können dieser Information weitere Doku- den, dass eine intensivere Verfolgung von Kartellen durch mente verschiedenster Art als Anlage (Dateiformat) bei- den Einsatz des Hinweisgebersystems im Ergebnis neben gefügt werden. einer höheren Aufklärungsquote und zusätzlichen Buß- geldeinnahmen gleichzeitig auch eine stärkere Präventi- Bei dem System handelt sich um eine internetbasierte onswirkung erzeugt. Die Möglichkeit anonymer Eingaben Kommunikationsplattform für Hinweisgeber, welche auch fördert auch die Destabilisierung von Kartellen, da sie die bei den Strafverfolgungsbehörden verschiedener Bundes- Gefahr einer Aufdeckung – zusätzlich zu Bonusanträgen länder sowie von großen Unternehmen zur internen Be- – erhöhen. kämpfung von Korruption und Wirtschaftsdelikten einge- setzt wird. Seit kurzem nutzt auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen dasselbe System, um Hinweisge- c) Bußgeldverfahren gegen natürliche bern die Möglichkeit zu geben, Verstöße gegen Aufsichts- Personen/Kriminalisierung recht in anonymer Form melden zu können. Im Berichtszeitraum hat die Länder-Arbeitsgruppe des Im Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis 31. Dezember 2016 sind Strafrechtsausschusses der Landesjustizministerkonfe- bei 55.582 Zugriffen auf die Startseite des Hinweisgeber- renz in deren Auftrag die „Strafbarkeit von Kartellverstö- systems insgesamt 1.357 Hinweise mit einer gewissen Re- ßen“ erörtert. Am 17. November 2016 haben daraufhin die levanz eingegangen. Dabei wurde in 836 Fällen durch den Landesjustizminister auf ihrer Herbstkonferenz beschlos- Hinweisgeber ein sogenannter Briefkasten eingerichtet. In sen, dass die gegenwärtige Rechtslage, wonach Kartell- 253 Fällen erfolgte über den Briefkasten tatsächlich auch rechtsverstöße, soweit sie außerhalb von Ausschreibungs- eine weitere Kommunikation mit dem Hinweisgeber. verfahren begangen werden, als Ordnungswidrigkeiten (§ 81) geahndet werden, derzeit zweckmäßig und angemes- Auf Basis der über das System eingegangenen Hinweise sen ist. Bei dieser Entscheidung wurde u.a. berücksichtigt, wurden seit 2012 in zahlreichen Fällen Ermittlungen an- dass sich das Bundeskartellamt nicht nur auf die Ahndung gestellt und in der Folge auch in mehreren Fällen Durch- von Kartellrechtsverstößen gegenüber den beteiligten Un- suchungen durchgeführt. Vor Einleitung eines Verfahrens ternehmen konzentriert, sondern auch konsequent gegen aufgrund eines anonymen Hinweises vergewissert sich die handelnden natürlichen Personen vorgeht. das Bundeskartellamt zunächst, ob die Angaben eine ent- sprechende sachliche Qualität haben, ausreichend detail- So hat das Bundeskartellamt in den Jahren 2008 bis 2016 liert sind, von schlüssigem Tatsachenmaterial begleitet in 333 Fällen insgesamt 24,4 Mio. Euro Bußgeld gegen na- Drucksache 18/12760 – 34 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode türliche Personen verhängt. Die Höhe der einzelnen Geld- nen geführt hat. Bei der Bewertung der Fallzahlen ist zu bußen reicht von 500 Euro bis 800.000 Euro. Sie orientiert beachten, dass das Bundeskartellamt nicht für die Verfol- sich insbesondere an den Einkommensverhältnissen der gung von Kartellrechtsverstößen zuständig ist, die nur ein Betroffenen sowie der Bedeutung ihres Tatbeitrags. Au- Bundesland betreffen (Zuständigkeit der Landeskartell- ßerdem gilt die Bonusregelung des Bundeskartellamtes behörden), und nicht für die Verfolgung der natürlichen auch für natürliche Personen in Horizontal-Kartellfällen, Personen in Submissionsbetrugsverfahren (Zuständigkeit sodass die Anwendung dieser Regelung in einem Großteil der Staatsanwaltschaften). der Verfahren zu erheblichen Reduktionen der Sanktio-

Sanktionierung natürlicher Personen durch das Bundeskartellamt in den Jahren 2008-2016:

Jahr Anzahl Höhe der jährlichen Durchschnittliches der gegen natürlich Gesamtbußgelder, Einzelbußgeld Personen verhängten die gegen natürliche Geldbußen Personen verhängt wurden 2008 41 2.721.000 € 66.000 € 2009 28 1.504.000 € 54.000 € 2010 27 2.053.000 € 76.000 € 2011 32 2.470.000 € 77.000 € 2012 38 1.585.000 € 42.000 € 2013 57 2.810.000 € 49.000 € 2014 81 8.968.000 € 111.000 € 2015 24 2.183.000 € 91.000 € 2016 5 102.000 € 20.000 € 2008-2016 gesamt 333 24.394.000 € 73.000 € Jährlicher Durchschnitt 37 2.710.000 €

Wie aus der hohen Fallzahl sowie der recht unterschied- d) Stärkung der Verfolgung von lichen Höhe der einzelnen Geldbußen ersichtlich wird, Submissionsabsprachen stellt die Sanktionierung der natürlichen Personen in Ver- fahren des Bundeskartellamtes keinen Einzelfall dar und Das Bundeskartellamt hat im Berichtszeitraum eine Infor- konzentriert sich z.B. nicht nur auf die kartellbeteiligten mationsbroschüre mit typischen Indikatoren für Submis- Geschäftsführer/Vorstände der größten Unternehmen. sionsabsprachen veröffentlicht. Diese ist insbesondere an Vielmehr werden zumindest die „täterschaftlich“ handeln- Vergabestellen adressiert und soll es diesen erleichtern, den verantwortlichen Personen eines verfolgten Kartells mögliche Absprachen von Unternehmen im Rahmen von möglichst flächendeckend bebußt, während das Absehen Vergabeverfahren zu erkennen. Auch wenn nicht jede von einer Sanktion nur in begründeten Ausnahmefällen Auffälligkeit in den Angebotsunterlagen auf einer illega- erfolgt. len Absprache beruhen muss, kann es dennoch sinnvoll sein, das Bundeskartellamt über einen Verdacht auch in Darüber hinaus ist zu beachten, dass auch von der (dro- Zweifelsfällen zu informieren. Mehrere Hinweise sowie henden) Sanktionierung der Unternehmen mittelbar eine Verdachtsmomente von verschiedenen Stellen zusam- präventive Wirkung gegenüber den handelnden Personen mengenommen, können sich gegebenenfalls zu einem ausgeht. Denn die konsequente Sanktionierung von Un- Anfangsverdacht verdichten. Es hat von Fachseite viele ternehmen dürfte das Management motivieren, effektive positive Rückmeldungen zur Broschüre gegeben und auf- Compliance-Maßnahmen zu ergreifen, um kartellrechts- grund der Broschüre sind mehrere Hinweise und Anfragen widriges Verhalten durch Mitarbeiter zu verhindern. zu möglichen Submissionsabsprachen beim Bundeskar- Compliance-Bemühungen können auch in solchen Fällen tellamt eingegangen. Die Broschüre ist auf der Homepage positiv zugunsten eines Unternehmens berücksichtigt wer- des Bundeskartellamtes abrufbar und wird auf Anfrage hin den, wenn es trotz ernsthafter Maßnahmen zu einem Kar- auch in Papierform versandt. tellrechtsverstoß gekommen sein sollte (siehe Internetsei- te des Bundeskartellamtes). Dementsprechend beobachtet Im Hinblick auf Submissionsabsprachen prüft das Bun- das Bundeskartellamt in den letzten Jahren, dass Unter- deskartellamt die elektronische Auswertung von Markt- nehmen verstärkt in Compliance investieren. daten zur Aufdeckung von Kartellen (sog. Screening) als ein weiteres Instrument im Rahmen der Kartellverfolgung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 35 – Drucksache 18/12760 einzuführen. Damit würde der ex-officio-Ermittlungsbe- zu einer hohen Arbeitsbelastung geführt. Das Bundeskar- reich weiter ausgebaut und die Bonusregelung gestärkt, tellamt prüft derzeit Möglichkeiten, die Anträge, insbe- da die Aufdeckungswahrscheinlichkeit von Absprachen sondere die später eingehenden Anträge Verletzter, denen zunimmt. in demselben Umfang Akteneinsicht gewährt werden soll wie früheren Antragstellern, effizienter zu bearbeiten. Au- e) Akteneinsicht – Überblick ßerdem wurden die internen Strukturen dem hohen An- tragsaufkommen angepasst und eine personelle Aufsto- Im Berichtszeitraum war die Anzahl der Akteneinsichts- ckung im Bundeskartellamt vorgenommen. anträge von potenziellen Kartellgeschädigten nach § 406e StPO im Vergleich zum vorherigen Zeitraum unverän- In Übereinstimmung mit dem Amtsgericht Bonn hat das dert hoch. In nahezu jedem Bußgeldverfahren wurden im Bundeskartellamt im Berichtszeitraum damit begonnen, Nachgang zur Bußgeldentscheidung Akteneinsichtsanträ- eine Auswahl an grundlegenden Akteneinsichtsbeschlüs- ge beim Bundeskartellamt gestellt. In fast all diesen Fällen sen des Amtsgerichts Bonn zur Akteneinsicht der Vertei- wurden Anträge auf gerichtliche Entscheidung gegen die digung gemäß § 147 StPO sowie insbesondere zur Akten- Akteneinsichtsbeschlüsse des Bundeskartellamtes beim einsicht Dritter nach §§ 406e, 475 StPO auf der Website Amtsgericht Bonn eingereicht. Das Amtsgericht Bonn hat des Bundeskartellamtes zu veröffentlichen und fortlau- die Akteneinsichtsentscheidungen des Bundeskartellam- fend zu aktualisieren. tes zu § 406e StPO, aber auch zu den §§ 147 und 475 StPO, bislang durchgehend bestätigt. 2. Sonstige horizontale Kooperationen Die Bearbeitung dieser Akteneinsichtsanträge hat sowohl Im Berichtszeitraum hat sich das Bundeskartellamt insbe- beim Bundeskartellamt als auch beim Amtsgericht Bonn sondere mit folgenden horizontalen Kooperationen befasst:

Verfahren Branche Art der Kooperation Vgl. Seite Verschiedene Unternehmen im Asphalt und Transportbeton Gemeinschaftsunternehmen; 66 Asphalt- und Transportbetonsektor Entflechtungsverfahren (B1-84/16, B1-85/16, B1-86/16, B1-87/16) Verschiedene Unternehmen im Asphalt und Transportbeton Bieter- und Liefergemeinschaften € 66 Asphalt- und Transportbetonsektor (B1-189/13, B1-11/15) Land Baden-Württemberg Rundholzvermarktung Verkaufskooperation mit Kommu- 63 (B1-72/12) nen und privaten Waldbesitzern € Sparkassen Banken/Zahlungsdienst- Kooperationen bei mobilen 83 (B4-52/16, B4-88/16) leistungen Zahlungsdiensten (Apps) Deutsche Kreditwirtschaft Banken Gemeinsame Sonderbedingungen 84 (B4-71/10) für das Online-Banking € Kreditwirtschaftliche Spitzenverbände Banken Einheitliches Händlerentgelt 85 (B4-56/15, B4-109/15) (electronic cash) € Deutsche Fußball Liga Übertragungsrechte an Zentralvermarktung der nationa- 94 (B6-32/15) Fußballspielen len Medienrechte an Spielen der Bundesliga und der 2. Bundesliga ab der Saison 2017/18 Media Broadcast GmbH Ausstrahlung von Programmplattform für digita- 104 (B7-24/14) Fernsehprogrammen les terrestrisches Fernsehen im DVB-T2-Standard mit dem Ziel einer entgeltlichen Vermarktung € Irsching (B8-78/13) Stromerzeugung Beschränkung der Stromerzeu- 109 gung von Kraftwerken durch Redispatch Drucksache 18/12760 – 36 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

IV. Wettbewerbsbeschränkungen in Absatz- bzw. Nachfragemarkt nicht überschreiten. Ausge- Vertikalvereinbarungen nommen von der Freistellung sind allerdings bestimmte Beschränkungen, denen der europäische Gesetzgeber ein Vertikalvereinbarungen werden zwischen Unternehmen besonderes wettbewerbliches Gefahrenpotenzial beimisst geschlossen, welche auf unterschiedlichen Ebenen der (Kernbeschränkungen). Zu den Kernbeschränkungen zäh- Produktions- oder Vertriebskette tätig sind. Auch auf len etwa die Beschränkung der Möglichkeit des Abneh- solche Vereinbarungen ist das Kartellrecht grundsätzlich mers, seinen Verkaufspreis selbst festzusetzen (vertikale anwendbar. Bei der kartellrechtlichen Bewertung ist zu Preisbindung), sowie in selektiven Vertriebssystemen die berücksichtigen, dass in Vertikalvereinbarungen enthalte- Einschränkung der Absatzmöglichkeiten der zugelassenen ne Beschränkungen im Ergebnis positive Auswirkungen Händler an Endkunden. auf das Marktgeschehen haben können, etwa indem sie die Bereitstellung produktangemessener Beratungs- und Servicedienstleistungen durch den Handel sicherstellen. 1. Verfahren Auf der anderen Seite haben solche Beschränkungen oft Im Berichtszeitraum hat das Bundeskartellamt wie auch auch negative Auswirkungen auf das Marktgeschehen, in den Vorjahren einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit bei zum Beispiel in Form der Erleichterung eines kollusiven Verfahren wegen Wettbewerbsbeschränkungen in Vertikal- Zusammenwirkens von Wettbewerbern auf Produktions- vereinbarungen gesetzt. Hauptgegenstände waren einer- und/oder Handelsebene oder – im Falle von Exklusivitäts- seits neuartige Beschränkungen in Bezug auf den Online- vereinbarungen – eines Marktverschlusses. Handel wie Bestpreisklauseln, Doppelpreissysteme und Vor diesem Hintergrund stellen das europäische und ihm Internetvertriebsbeschränkungen in selektiven Vertriebs- folgend auch das deutsche Kartellrecht Beschränkungen systemen, andererseits „klassische“ Preisbindungsprakti- in Vertikalvereinbarungen relativ weitgehend vom Kar- ken, die sich allerdings zum Teil ebenfalls als Reaktion auf tellverbot frei (Verordnung (EU) Nr. 330/2010), falls die den durch das Wachstum des Online-Handels verstärkten jeweiligen Anteile der an der Vereinbarung beteiligten Preisdruck in vielen Branchen darstellten. Folgende Ver- Unternehmen den Schwellenwert von 30 Prozent auf dem fahren waren von größerer Bedeutung:

Branche Beteiligte Unternehmen Schlagwort und Fundstelle im TB Sportschuhe ASICS Beschränkungen des Internet- vertriebs im selektiven Vertrieb [vgl. S. 60] Hotelbuchungen Booking Bestpreisklausel [vgl. S. 129] Lebensmittel Diverse Vertikale Preisbindung [vgl. S. 58] € Spielwaren LEGO Doppelpreissystem; vertikale Preisbindung [vgl. S. 61] KFZ-Vertrieb Ford, Opel, PSA Peugeot Citroën Beschränkungen des Internet- vertriebs im selektiven Vertrieb [vgl. S. 76] Hörbücher Amazon, Apple Exklusivitätsvereinbarung [vgl. S. 97]€ Möbel Diverse Vertikale Preisbindung [vgl. S. 62] Online-Vergleichsportal Verivox Bestpreisklausel [vgl. S. 98]€ Haushaltsgeräte Liebherr Vertriebsbeschränkungen im selektiven Vertrieb [vgl. S. 62] Vermietung von Gewerbeimmobilien VR Franconia (Factory Outlet Center Wettbewerbsverbot Wertheim Village) [vgl. S. 69] Rohmilcherfassung Deutsches Milchkontor Ausschließlichkeitsbindungen [vgl. S. 53] Navigationsgeräte United Navigation Vertikale Preisbindung [vgl. S. 106] Bekleidung Keine Unternehmensangabe wg. Verdacht der vertikalen Preisbindung laufendem Verfahren [vgl. S. 61] Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37 – Drucksache 18/12760

2. Hinweispapier zur Reichweite Sektoruntersuchung Vgl. Seite des Preisbindungsverbots im Lebensmitteleinzelhandel Haushaltsabfallerfassung 88 (B4-27/15) Das Bundeskartellamt hat Anfang 2017 den Entwurf eines Krankenhauswesen 80 Papiers mit Hinweisen zur Reichweite des Verbots der ver- (B3-29/15) tikalen Preisbindung im Bereich des Lebensmitteleinzel- handels veröffentlicht und interessierte Wirtschaftskreise Submetering 116f. um Stellungnahme gebeten (siehe Pressemitteilung vom (B8-51/15) 25. Januar 2017). Das Papier gibt Auskunft zum insoweit Transportbeton 65ff. geltenden deutschen und europäischen Rechtsrahmen und (B1-73/13) den dahinter stehenden ökonomischen Wertungen. Da- neben macht es die Rechtsanwendung mittels konkreter Raffinerien und 117f. (TB 13/14, Fallbeispiele plastisch und geht auf die Kriterien ein, die Mineralölgroßhandel S. 111) das Bundeskartellamt bei der Priorisierung von Verfahren (B8-130/12) wegen möglicher Preisbindungsverstöße für wichtig er- achtet. Die Fallbeispiele orientieren sich dabei an den Er- Darüber hinaus hat das Bundeskartellamt im Juni 2016 ei- kenntnissen über übliche Geschäftspraktiken im Lebens- nen Bericht über die Rahmenbedingungen der Trinkwas- mitteleinzelhandel, die das Bundeskartellamt in seinen serversorgung und die Aufsicht über die Entgelte der Was- Bußgeldverfahren zu Preisbindungspraktiken in diesem serversorger in Deutschland veröffentlicht (siehe S. 121f.). Sektor gewonnen hat. Ziel des Papiers ist es vor allem, breiten Wirtschaftskreisen ein einfaches Verständnis der VI. Verfahrens- und Prozessrecht vom Preisbindungsverbot gezogenen „roten Linien“ zu ermöglichen und so zu kartellrechtskonformem Verhalten 1. Verwaltungsverfahren beizutragen (siehe auch S. 58f.). a) Verstöße gegen das Vollzugsverbot

V. Sektoruntersuchungen Trotz zwischenzeitlich ergangener Entscheidungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf sind viele Fragen des be- Mithilfe von Sektoruntersuchungen analysiert das Bun- hördlichen Vorgehens im Falle von Verstößen gegen das deskartellamt die Strukturen und Wettbewerbsbedingun- fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot noch ungeklärt. gen in ausgewählten Wirtschaftszweigen. Sie richten sich Gestellt hatten sich die Fragen im Zusammenschluss- nicht gegen einzelne Unternehmen und gehen auch kei- kontrollverfahren EDEKA/Kaiser’s Tengelmann, wo die nem konkreten Verdacht auf einen Kartellrechtsverstoß Beteiligten bereits im Vorfeld der Anmeldung des Zu- nach. Vielmehr verfolgen sie das Ziel, detaillierte Kennt- sammenschlussvorhabens konkrete Maßnahmen zur ge- nisse über Märkte zu erhalten, in denen Indizien für Wett- meinsamen Warenbeschaffung und Warenverrechnung, bewerbsprobleme vorliegen. Die erlangten Kenntnisse zu Veränderungen bei Teilen des Filialnetzes, Lagern und tragen zu einem vertieften Marktverständnis bei und die- Fleischwerken sowie damit zusammenhängende personel- nen als wichtige Grundlage für zukünftige Verfahren des le Maßnahmen vereinbart hatten. Bundeskartellamtes. Noch während des laufenden Zusammenschlusskontroll- Sektoruntersuchungen sind nicht fristgebunden. Das Bun- verfahrens hatte das Amt insofern eine auf § 60 Nr. 1 Alt. deskartellamt kann daher aufwendige Ermittlungen und 2 gestützte einstweilige Anordnung erlassen. Soweit die- großangelegte Datenabfragen bei den Marktteilnehmern se den Beteiligten die Durchführung einer weitgehenden durchführen, die sich in der Regel über mehrere Jahre Einkaufskooperation untersagte, ging das Oberlandesge- erstrecken und vertiefte konzeptionelle und empirische richt Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 9. Dezember Analysen komplexer wettbewerbsökonomischer Fra- 2015 (Aktenzeichen: VI Kart 1/15 [V]) zwar materiell von gestellungen ermöglichen. Auf diese Weise können die einem Verstoß gegen das Vollzugsverbot aus und bejah- sektorspezifischen Wettbewerbsbedingungen eingehend te daher das Vorliegen eines Anordnungsgrundes für die untersucht und gewürdigt werden. Sektoruntersuchungen einstweilige Anordnung. Es hob die Anordnung gleich- leisten damit einen wesentlichen Beitrag für eine effektive wohl auf, weil aus seiner Sicht ein besonderer Eilbedarf Kartellrechtsdurchsetzung. nicht gegeben war und es insofern am weiterhin erforder- lichen Anordnungsgrund fehle. Das Amt legte gegen die Im Rahmen der Untersuchungen strebt das Bundeskartell- Entscheidung Nichtzulassungsbeschwerde ein. amt einen offenen Dialog mit allen Beteiligten an und hält Fachkreise sowie die Öffentlichkeit über die Fortschrit- Mit seiner nachfolgenden Untersagungsverfügung unter- te auf dem Laufenden. Seit Einführung des Instruments sagte das Amt nicht nur den Zusammenschluss, sondern im Jahr 2005 hat das Bundeskartellamt elf Sektorunter- auch die konkreten Einzelmaßnahmen zu seinem Vollzug, suchungen abgeschlossen. Im Berichtszeitraum sind die die bereits Gegenstand der einstweiligen Anordnung ge- folgenden Sektoruntersuchungen abgeschlossen, weiter- wesen waren. Diese Entscheidung wurde vom Oberlan- geführt bzw. eingeleitet worden: desgericht Düsseldorf hinsichtlich der Durchführung der Einkaufskooperation bestätigt: Das Gericht sah in § 40 Abs. 2 Satz 1 eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage Drucksache 18/12760 – 38 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode zum Erlass solcher Maßnahmen. Zudem liege ein Verstoß öffentlichen. Eine besondere gesetzliche Grundlage sei gegen das Vollzugsverbot vor. Hinsichtlich der Schließung dafür nicht erforderlich. Vielmehr sei das Bundeskartell- mehrerer Filialen von Tengelmann, an deren Erwerb EDE- amt schon aufgrund seiner gesetzlichen Prüfungs- und KA nicht interessiert war, verneinte das Oberlandesge- Entscheidungskompetenzen befugt, Amtsentscheidungen richt dagegen einen Verstoß gegen das Vollzugsverbot und nach pflichtgemäßen Ermessens zu veröffentlichen, um hob diesen Teil der Verfügung auf (Urteil vom 26. Oktober dem berechtigten Transparenz- und Informationsinteresse 2016, Aktenzeichen: VI Kart 5/15 [V]). Die Rechtsmittel der Öffentlichkeit an dem Zusammenschluss als solchem beider Parteien sind beim Bundesgerichtshof anhängig. und an seiner kartellrechtlichen Bewertung Rechnung zu tragen (Urteil vom 14. Januar 2015, Aktenzeichen: VI Nach der dort zu überprüfenden Auffassung des Amtes Kart 4/14 [V]). sind dem Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 Satz 1 richti- gerweise alle faktischen oder rechtlichen Maßnahmen der Zusammenschlussbeteiligten zu unterstellen, die – auch e) Keine Rechtspflicht zur Konvergenz wenn sie selbst keinen Zusammenschlusstatbestand erfül- im ECN len – im Zuge einer formellen oder informellen Verein- Abweichende Auffassungen zwischen verschiedenen der barung eines kontrollpflichtigen Zusammenschlussvorha- im European Competition Network (ECN) zusammen- bens getroffen wurden und die Auswirkungen haben auf geschlossenen nationalen Wettbewerbsbehörden hindern die strukturellen Wettbewerbsbedingungen im Markt und/ eine nationale Behörde nicht am Erlass einer Entschei- oder auf die wirtschaftlichen Gestaltungsspielräume der dung. Dies hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem übrigen Marktteilnehmer. Dagegen fallen in Ansehung Fall betreffend die Verwendung von Bestpreisklauseln auf des Schutzzwecks solche Maßnahmen nicht in den An- Hotelbuchungsplattformen bestätigt (Urteil vom 4. Mai wendungsbereich des Vollzugsverbots, die im Rahmen 2016, Aktenzeichen: VI Kart 1/16 [V]). Die Beschwerde- eines normalen „conduct of business“ auch ohne das Zu- führerin hatte geltend gemacht, dass die Mehrzahl der eu- sammenschlussvorhaben getroffen worden wären. ropäischen Wettbewerbsbehörden eine andere Auffassung vertrete als das Amt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf b) Unverzichtbarkeit der Position als hielt dem entgegen, dass für die wirksame Durchsetzung Beigeladener des europäischen Kartellrechts alleine die richtige Rechts- anwendung entscheidend sei. Das bloße Abzählen der Be- Im Zuge mehrerer Beschwerdeverfahren bezüglich des fürworter der einen oder anderen Rechtsauffassung sei für Zusammenschlusses EDEKA/Kaiser’s Tengelmann er- die richtige Rechtserkenntnis offensichtlich unzureichend. klärte ein Unternehmen, das im Verwaltungsverfahren förmlich beigeladen worden war, den Verzicht auf seine Rechte aus der Beiladung. Nach Auffassung des Amtes, f) Ausschluss der Öffentlichkeit die vom Oberlandesgericht Düsseldorf geteilt wurde (Ur- Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in zwei Kartell- teil vom 2. Juni 2016, Aktenzeichen: VI Kart 5/15 [V]), ist verwaltungsverfahren von der gesetzlichen Möglichkeit ein solcher Verzicht auf die Position eines Beigeladenen Gebrauch gemacht, zum Schutz von Geschäftsgeheimnis- jedoch rechtlich nicht möglich. Die Rücknahme eines Bei- sen die Öffentlichkeit auszuschließen. Die entsprechen- ladungsantrags bleibt im Beschwerdeverfahren wirkungs- den Regelungen der §§ 169 ff. GVG ergänzen sinnvoll los. die Möglichkeiten des GWB zum Schutz von Geschäfts- geheimnissen in § 72 Abs. 2 und ermöglichen auch die c) Keine Befangenheit durch Vernehmung von Zeugen. Den Rechtsanwälten der Bei- Presseerklärung geladenen wurde der Verbleib im Saal gestattet, nachdem sie besonders zur Verschwiegenheit verpflichtet worden Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat klargestellt, dass es waren. keine Zweifel an der Unbefangenheit der Prüfung durch das Bundeskartellamt weckt, wenn vom Amt über eine zur Gewährung rechtlichen Gehörs ergangene Abmahnung in 2. Bußgeldverfahren einer Pressemitteilung berichtet wird. Gewisse Verkürzun- a) Zeugenbeistand gen seien dabei unumgänglich. Dem verständigen Leser sei dabei bewusst, dass die in der Presseerklärung referier- Das Amtsgericht Bonn hat mit Beschluss vom 15. März te Rechtsauffassung nur vorläufig ist und Einwendungen 2016 (Aktenzeichen: 52 OWi 7/16 [b]) den Antrag auf ge- des Betroffenen zu einer erneuten Überprüfung der Sach- richtliche Entscheidung gegen den vom Bundeskartellamt und Rechtslage führen (Urteil vom 4. Mai 2016, Aktenzei- vorgenommenen Ausschluss eines Zeugenbeistands von chen: VI Kart 1/16 [V]). der Vernehmung eines zentralen Tatbeteiligten (aber nicht persönlich Verfolgten) zurückgewiesen. Das Bundeskar- d) Zulässigkeit von Internet- tellamt hatte einen Anwalt gemäß § 68b Abs. 1 Satz 3 und 4 Nr. 2 StPO ausgeschlossen, da eine konkrete Gefährdung veröffentlichungen des Amtes der Beweiserhebung aufgrund eines Interessenskonflikts Bestätigt wurde vom Oberlandesgericht Düsseldorf die des Zeugenbeistands mit einem betroffenen Unternehmen Praxis des Amtes, um Geschäftsgeheimnisse bereinig- in einem laufenden Ermittlungsverfahrens gegeben war. te Fassungen seiner Entscheidungen im Internet zu ver- Als Zeugenbeistand hatte sich ein Rechtsanwalt derselben Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 39 – Drucksache 18/12760

Kanzlei bestellt, der auch der Verteidiger des Unterneh- mitsamt ihrer Anhänge im Hinblick auf die potenzielle mens angehörte. Es lagen Hinweise dafür vor, dass der Beweisrelevanz als Einheit zu betrachten und zu beurtei- Zeugenbeistand die Grenzen seiner Beistandsbefugnisse len. Eine Aufspaltung in relevante und nicht relevante In- dadurch überschritten hatte, dass er sich im Vorfeld der halte der E-Mail sei daher selbst dann nicht geboten, wenn Zeugenvernehmung über den Verteidiger Einsichtnahme zunächst nur der Inhalt der E-Mail selbst oder eines ihrer in das Anhörungsschreiben verschafft hatte, um somit den Anhänge als potenziell beweisrelevant angesehen werde. Zeugen für die Vernehmung zu präparieren. d) Beschlagnahme b) Durchsuchungen In einem Beschluss vom 24. Oktober 2016 (Aktenzeichen: Das Landgericht Bonn hat in Beschlüssen vom 21. Mai 29 Qs 13/15) hat sich das Landgericht Bonn der Rechts- 2015 (Aktenzeichen: 29 Qs 3/15) und 15. Juli 2015 (Ak- ansicht des Bundeskartellamtes angeschlossen, dass eine tenzeichen: 29 Qs 4/15) klargestellt, dass den Ermittlungs- Teileinstellung gegenüber einer Nebenbetroffenen im beamten für eine Durchsuchung amtsinterne Arbeits- Rahmen eines gegen mehrere (Neben-)Betroffene einheit- anweisungen mit Erläuterungen zu Hintergründen und lich geführten Kartellbußgeldverfahrens nicht dazu führt, Umfang der Durchsuchung zur Verfügung gestellt werden dass die Beschlagnahmeanordnung hinsichtlich der bei dürfen. Die Anweisungen dürften auch Hinweise enthal- dieser Nebenbetroffenen beschlagnahmten Gegenstände ten, die den Ermittlungsbeamten eine sinnvolle Bewertung erlischt oder aufzuheben wäre. Wird das Verfahren gegen darüber ermöglichen, ob es sich bei möglicherweise auf- andere (Neben-)Betroffene weitergeführt, bedarf es da- zufindenden Unterlagen um Zufallsfunde handelt, d.h. um nach keines erneuten Beschlagnahmeantrages durch das Beweismittel, die auf einen anderen als den verfahrensge- Bundeskartellamt hinsichtlich der beschlagnahmten Ge- genständlichen Kartellverstoß hindeuten. Solche Hinweise genstände, die zwar nur bei dem durch (Teil-) Einstellung seien zulässig, da den die Durchsuchung durchführenden aus dem Verfahren ausgeschiedenen Gewahrsamsinhaber Ermittlungsbeamten das komplexe Hintergrundgeschehen gefunden wurden, die aber dennoch auch für das fortge- nicht ohne weiteres bekannt sein könne. Dabei stellte das führte Verfahren potenzielle Beweisrelevanz aufweisen. Landgericht klar, dass aus den amtsinternen Arbeitsan- weisungen, wie mit möglicherweise aufgefundenen Zu- In zwei unabhängigen Beschlüssen des Landgerichts fallsfunden umzugehen ist (einstweilige Inbeschlagnahme Bonn vom 21. Mai 2015 (Aktenzeichen: 29 Qs 3/15 und nach § 108 StPO), nicht geschlussfolgert werden könne, 29 Qs 4/15) und vom 21. September 2015 (Aktenzeichen: dass während der Durchsuchung gezielt oder gar systema- 29 Qs 7/15) wurden Beschwerden gegen Beschlagnahme- tisch nach Zufallsfunden gesucht wurde. beschlüsse des Amtsgerichts Bonn zurückgewiesen. Er- mittler des Bundeskartellamtes hatten die Beschlagnahme wegen Gefahr im Verzug gemäß § 98 Abs. 1 StPO i.V.m. § c) IT-Asservate 46 Abs. 1 OWiG angeordnet. Die Eilbedürftigkeit (Gefahr Mit Beschluss vom 14. Januar 2015 (Aktenzeichen: 27 Qs im Verzug) wurde in beiden Fällen wegen einer Gefahr des 28/14) hat das Landgericht Bonn die Beschwerde gegen Beweismittelverlustes aufgrund der Vielzahl und Komple- eine vom Bundeskartellamt durchgeführte Durchsuchung xität der beschlagnahmten Gegenstände angenommen, die zurückgewiesen. Das Landgericht bestätigte zunächst sei- eine telefonische Entscheidung des Ermittlungsrichters ne Rechtsprechung, nach der das Bundeskartellamt den über die Beschlagnahme unmöglich machten. Objekt der aufgrund einer fallbezogenen Grobsichtung vor Ort vor- Beschlagnahme waren in dem einen Fall insgesamt 225 läufig sichergestellten und zur Durchsicht in die Räum- Gegenstände (zumeist Aktenordner mit jeweils mehre- lichkeiten des Bundeskartellamtes verbrachten Datenbe- ren hundert Seiten) und in dem anderen Fall insgesamt stand (§ 110 StPO) grundsätzlich vollständig durchsehen 35 Gegenstände (ebenfalls überwiegend Aktenordner). dürfe. Bei der Sichtung dürfe sich das Bundeskartellamt Das Landgericht Bonn hat in beiden Beschlüssen die zwar auch der Hilfe von Suchprogrammen bedienen. Eine Beschlagnahmeanordnungen durch das Bundeskartell- Verpflichtung hierzu bestehe indes nicht, sodass grund- amt für rechtmäßig erklärt. Ein richterlicher Beschluss, sätzlich jedes Dokument einer kurzen Prüfung durch einen der die Beschlagnahme angeordnet hätte, sei am Tag der Mitarbeiter des Bundeskartellamtes auf seine potenziel- Durchsuchung nicht zu erlangen gewesen, ohne dass ein le Beweisrelevanz hin unterzogen werden dürfte. Ferner Beweismittelverlust gedroht hätte. Im Beschluss vom entschied das Landgericht Bonn, dass auch IT-Daten, die 21. September 2015 (Aktenzeichen: 29 Qs 7/15) hat das nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang zu den im Landgericht darüber hinaus ausdrücklich auf die Anforde- Durchsuchungsbeschluss genannten von den mutmaßli- rungen des Bundesverfassungsgerichts an die Dokumen- chen Kartellabsprachen betroffenen Produkten stehen, be- tation der in dem konkreten Einzelfall die Eilbedürftigkeit schlagnahmt werden können. Die für die Beschlagnahme der Beschlagnahme begründenden Umstände hingewie- notwendige potenzielle Beweisbedeutung könne sich u.a. sen und diese für künftige Ermittlungsverfahren des Bun- auch daraus ergeben, dass die betreffenden Dokumente deskartellamtes näher konkretisiert. Bei Anordnung der (IT-Daten) Rückschlüsse auf generelle Vorgehensweisen Beschlagnahme durch Ermittlungsbeamte des Bundeskar- von mutmaßlich tatbeteiligten Personen zulassen, Er- tellamtes sollen u.a. Angaben zu Anzahl und Umfang der kenntnisse über unternehmerische Strukturen ermögli- Aktenordner, dem bis zum Zeitpunkt der Beschlagnahme- chen oder Einblicke in konkrete Entscheidungsabläufe in anordnung bereits in personeller und zeitlicher Hinsicht einem Unternehmen geben können. Auch seien E-Mails zur Auswertung erbrachten Aufwand, dem zu erwartenden Drucksache 18/12760 – 40 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode notwendigen weiteren Aufwand und der Komplexität des fahren drohen, kein Grund für die Neuentstehung einer Inhalts der Unterlagen dokumentiert werden. Verteidigungslage seien. Diese Nachteile würden sich nicht aus dem Bußgeldverfahren bzw. dessen Einstellung e) Akteneinsicht oder den gegen die Nebenbetroffenen und Betroffenen er- lassenen Bußgeldbescheiden ergeben, sondern allein aus Der Akteneinsichtsanspruch des Verteidigers kann im dem möglicherweise wettbewerbswidrigen Verhalten der Ermittlungsverfahren nach § 147 Abs. 2 Satz 1 StPO be- Verantwortlichen der Antragstellerin. schränkt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann. Dieser Grundsatz gilt nach der Recht- Mit Beschluss vom 17. Februar 2016 (Aktenzeichen: 52 sprechung des Landgerichts Bonn auch im Rahmen eines Gs 53/14) hat das Amtsgericht Bonn bestätigt, dass ein Beschwerdeverfahrens gegen eine Beschlagnahmeanord- Akteneinsichtsersuchen nicht auf die Vorbereitung eines nung (Beschlüsse vom 21. Mai 2015, Aktenzeichen: 29 möglichen Antrags auf Entschädigung nach § 3 StrEG ge- Qs 3/15, und 15. Juli 2015, Aktenzeichen: 29 Qs 4/15). stützt werden könne, da die Betroffenen grundsätzlich be- Das Landgericht verwies darauf, dass die Beschwerdefüh- reits über alle für das StrEG erforderlichen Informationen rer vollständige Akteneinsicht in die dem Landgericht im zu den erfolgten Strafverfolgungsmaßnahmen verfügten. Rahmen des Beschwerdeverfahrens vorliegenden Unter- Das Amtsgericht Bonn hat u.a. mit Beschlüssen vom 8. lagen erhalten hätten, die alleinige Grundlage seiner Ent- Januar 2016 (Aktenzeichen: 52 OWi 126/15) und vom scheidung waren. Eine weitergehende Akteneinsicht in die 19. April 2016 (Aktenzeichen: 52 OWi 9/16) die stän- dem Landgericht nicht vorliegenden Ermittlungsakten des dige Praxis des Bundeskartellamtes zum Umfang der Bundeskartellamtes beeinträchtige den Anspruch der Be- Verletzten regelmäßig erteilten Akteneinsicht (siehe Tä- schwerdeführer auf rechtliches Gehör in dem noch frühen tigkeitsbericht 2013/14, S. 27) bestätigt. Im Bereich des Stadium des Ermittlungsverfahrens nicht. Das Beschwer- Kartellrechts führe die Begrenzung durch den Umfang degericht könne im Übrigen eine darüber hinausgehende des berechtigten Interesses nach § 406e Abs. 1 StPO Akteneinsicht in die Akten des Ermittlungsverfahrens, dazu, dass regelmäßig nur die Bußgeldbescheide einge- soweit sie ihm nicht vorliegen, mangels Zuständigkeit sehen werden können. Dies werde damit begründet, dass nicht gewähren. Auch wenn ein Beschwerdeverfahren die Sachverhalte, die das Ergebnis der Ermittlungen des bei Gericht anhängig sei, könne während des laufenden Bundeskartellamtes darstellen, in den Bußgeldbescheiden Ermittlungsverfahrens nur das Bundeskartellamt als Er- umfassend geschildert werden. Weitergehende Aktenein- mittlungsbehörde über eine weitergehende Akteneinsicht sicht komme in der Regel nur in Betracht, so das Amts- entscheiden (§ 147 Abs. 5 Satz 1 StPO). Mit derselben gericht Bonn in weiteren Beschlüssen (u.a. vom 4. März Begründung wies das Amtsgericht Bonn ein an dieses 2015, Aktenzeichen: 52 Gs 108/14; vom 22. April 2015, Gericht ebenfalls während eines laufenden Ermittlungs- Aktenzeichen: 52 Gs 125/14; und vom 1. Juni 2016, Ak- verfahrens gerichtetes Akteneinsichtsgesuch eines Betrof- tenzeichen: 52 OWi 77/15), wenn der Verletzte hierfür fenen (§ 147 Abs. 7 StPO) mit Beschluss vom 19. Januar ein konkretes Interesse einzelfallbezogen darlege. Eine 2016 (Aktenzeichen: 52 OWi 1/16) zurück. Ausnahme von dem Darlegungserfordernis besteht nach Das Amtsgericht Bonn hat in mehreren Beschlüssen be- dem Amtsgericht Bonn (siehe u.a. den Beschluss vom 8. stätigt, dass die Akteneinsicht nach § 147 StPO nach Ein- Januar 2016, Aktenzeichen: 52 OWi 126/15) nur, sofern stellung des Bußgeldverfahrens in der Regel zu versagen sich ein berechtigtes Informationsinteresse des Verletzten ist, da hier in der Regel keine Verteidigungssituation ge- bezüglich eines bestimmten Aktenbestandteils im konkre- geben ist. ten Einzelfall aufdränge. Das Amtsgericht Bonn entschied in diesem Beschluss ferner, dass die regelmäßige Begren- Mit Beschluss vom 14. September 2016 (Aktenzeichen: zung der Akteneinsicht auf die Bußgeldbescheide im Ge- 52 OWi 2/16) hat das Amtsgericht Bonn bestätigt, dass genzug dazu führe, dass der Bußgeldbescheid eine solch bereits mit dem Zeitpunkt der Entscheidung des Bundes- überragende Bedeutung für den Verletzten erhält, dass die- kartellamtes über eine Einstellung des Verfahrens objektiv ser ein berechtigtes Interesse an umfassender Kenntnis des keine Verteidigungssituation mehr gegeben sei. Insoweit Inhalts des Bußgeldbescheids hat. Unter dem Gesichts- hat das Gericht ausgeführt, dass für eine Einstellung keine punkt des „berechtigten Interesses“ seien folglich keine äußere Form gesetzlich vorgegeben sei und die Mitteilung Schwärzungen im Hinblick auf einzelne Passagen etc. der der Einstellung an den Betroffenen nicht konstitutiv wirke. Bußgeldbescheide vorzunehmen. Beschränkungen der Einsicht in den Bußgeldbescheid bedürften vielmehr ei- Weiterhin hat das Amtsgericht klargestellt, dass der Ein- ner besonderen Begründung, weshalb Schwärzungen nur tritt der Verfolgungsverjährung nicht Voraussetzung für hinsichtlich besonderer Angaben in Betracht kämen, etwa das Nichtbestehen einer Verteidigungslage sei. Eine Ver- bei Geschäftsgeheimnissen oder geschützten personenbe- folgungsverjährung schließe zwar insoweit die Wiederauf- zogenen Daten. nahme des Verfahrens aus. Im Umkehrschluss führe dies aber nicht dazu, dass vor Eintritt der Verjährung grund- Seine ständige Rechtsprechung bei der Akteneinsicht sätzlich eine Verteidigungslage gegeben sei. Verletzter in Bezug auf den Umfang der im Bußgeldbe- scheid mit Blick auf Bonusunterlagen vorzunehmenden Mit Beschluss vom 24. Juni 2015 (Aktenzeichen: 52 OWi Schwärzungen (siehe Tätigkeitsbericht 2011/12, S. 39) hat 45/15 [b]) stellte das Gericht fest, dass etwaige Nachteile, das Amtsgericht Bonn in mehreren Beschlüssen (u.a. Be- die der ehemaligen Nebenbetroffenen aus einem Zivilver- schlüsse vom 22. Mai 2015, Aktenzeichen: 52 OWi 14/15 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 41 – Drucksache 18/12760 und vom 8. Januar 2016, Aktenzeichen: 52 OWi 133/15) Zur Kenntnis des Amtes gelangten dabei insbesondere bestätigt. Ausführungen, die auf Bonusunterlagen beru- neue „follow-on“-Klagen zu folgenden Kartellen: Schie- hen, seien nach Abwägung der schutzwürdigen Interessen nen – Privatmarkt, Zucker, LKWs, Spanplatten, Wasch- gemäß § 406e Abs. 2 Satz 1 StPO nicht zu schwärzen. mittel, Drogerieartikel, Bildröhren, Kaffeeröster, Zement, Da keine Einsicht in die Bonusunterlagen selbst gewährt Matratzen, Leistungstransformatoren. Auch auf Behör- werde, verstoße dies nicht gegen die aus Rn. 22 der Bo- denentscheidungen außerhalb des Bereichs der Hardcore- nusregelung des Bundeskartellamtes folgende Selbstbin- Kartelle wurden Schadensersatzklagen gestützt, so etwa dung der Verwaltung. Auch der Zweck von Rn. 22 der in den Fällen Meistbegünstigungsklauseln von Buchungs- Bonusregelung, die dazu diene, den Bonusantragsteller portalen oder Preis-Kosten-Scheren im Telekommunika- nicht schlechter zu stellen als einen Kartellteilnehmer, der tions-Bereich. nicht kooperiert, werde nicht verletzt. Denn den Verletzten werde keine Einsicht in die Angaben gewährt, mit denen Besondere Bedeutung kam den „follow-on“-Klagen zum sich ein bestimmter Bonusantragsteller im Rahmen seiner Zucker-Kartell und – vom Ende des Berichtszeitraums bis Kooperationspflicht freiwillig selbst belastet. Zu schwär- heute – zum von der Europäischen Kommission bebußten zen seien jedoch wörtliche Zitate in direkter oder indirek- LKW-Kartell zu. In beiden Fällen wurden vor mehreren ter Rede aus Bonusunterlagen, da diese denselben Schutz Landgerichten Schadensersatzklagen von zahlreichen Ab- genössen wie die Bonusunterlagen selbst, entschied das nehmern eingereicht. In diesen Fällen tritt exemplarisch Amtsgericht Bonn mit Beschluss vom 19. April 2016 eine Bündelung und weitergehende Professionalisierung (Aktenzeichen: 52 OWi 9/16) und bestätigte damit die der Schadensersatzklagen zutage, die weiter beflügelt bereits bestehende Praxis des Bundeskartellamtes. Recht- wird vom Marktzutritt von auf Schadensersatzklagen spe- sprechung des Amtsgerichts Bonn und Praxis des Bundes- zialisierten Anwaltskanzleien und Prozessfinanzierern. kartellamtes stehen hier im Einklang mit der im Novem- Die in Deutschland erhobenen Klagen, die dem Amt über ber 2014 verabschiedeten EU-Schadensersatzrichtlinie § 90 zur Kenntnis gelangen, bilden nur einen Ausschnitt (Richtlinie 2014/104/EU). Diese sieht in Erwägungsgrund aus der tatsächlichen privaten Kartellrechtsdurchsetzung 26 vor, dass wörtliche Zitate aus Kronzeugenerklärun- durch die von Kartellverstößen Geschädigten. Bei interna- gen, die in anderen Unterlagen enthalten sind, denselben tionalen Kartellen werden in einem unbekannten Umfang Schutz vor Offenlegung genießen sollen wie die Kronzeu- auch im Hinblick auf die Auswirkungen auf Deutschland generklärungen selbst. Schadensersatzklagen im Ausland erhoben, insbesondere im Vereinigten Königreich. Zudem deuten die in vielen VII. Bundeskartellamt als „amicus curiae“ Fällen nach Klageerhebung erfolgenden Rücknahmen da- rauf hin, dass die Klageerhebung häufig nur als zusätzli- Nach § 90 und Artikel 15 VO (EG) Nr. 1/2003 ist das Bun- ches Druckmittel eingesetzt wird, um auf dem Wege ei- deskartellamt über Rechtsstreitigkeiten, welche die An- ner außergerichtlichen Verständigung eine Kompensation wendung des deutschen und europäischen Kartellrechts zu erhalten, oder um für die weiteren außergerichtlichen betreffen, zu unterrichten und kann sich als „amicus cu- Verhandlungen zumindest den Verzicht des Schädigers riae“ an diesen Verfahren beteiligen. Auch im Berichts- auf die Erhebung der Einrede der Verjährung durchzu- zeitraum hat das Bundeskartellamt von seinem Recht zur setzen. Nach Einschätzung des Amtes wird der Großteil aktiven Teilnahme als „amicus curiae“ Gebrauch gemacht, aller Ausgleichsleistungen im Wege außergerichtlicher und zwar in 23 Fällen. Verhandlungen durchgesetzt, zum Teil auch im Wege der Verrechnung für künftige Lieferzeiträume. VIII. Private Kartellrechtsdurchsetzung Insgesamt erlaubt dies die Einschätzung, dass sich die Wie schon im letzten Berichtszeitraum leisteten auch in Durchsetzung von Schadensersatzforderungen nach be- diesem Berichtszeitraum private Klagen einen wesentli- hördlich festgestellten Kartellverstößen jedenfalls im chen Beitrag zur Durchsetzung und Fortentwicklung des B2B-Bereich auf dem Weg vom Ausnahme- zum Regel- Kartellrechts in Deutschland. fall befindet. Auf Seiten großer Nachfrager ist zudem eine zunehmende Professionalisierung zu beobachten. Dem Im Berichtszeitraum erreichten mehr als 360 neue Kar- Beispiel der Deutsche Bahn AG folgend haben auch an- tellzivilsachen das Bundeskartellamt. Als Kartellzivilsa- dere Großunternehmen Einheiten geschaffen, die mit der chen werden dabei diejenigen Fälle eingestuft, in denen Durchsetzung von Schadensersatzforderungen, aber auch sich die Parteien offensiv oder defensiv, allein oder u.a. mit der Aufdeckung von Verstößen von Lieferanten be- auf kartellrechtliche Gesichtspunkte berufen, um ihr pro- traut wurden. zessuales Ziel zu erreichen. Durch die Beteiligungsrechte an solchen privaten Rechtsstreitigkeiten nach § 90 und Ar- Eine weitere Steigerung der Durchsetzung von Schadens- tikel 15 VO (EG) Nr. 1/2003 verfügt das Bundeskartellamt ersatzforderungen ist durch die unterstützende Fortent- über einen hohen Grad an Transparenz. wicklung des rechtlichen Rahmens zu erwarten. Die Um- setzung der Schadensersatz-Richtlinie 2014/104 EU des Die Zahl der Schadensersatzklagen nach vorangegan- Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Novem- genen Kartellverstößen („follow-on“-Klagen) nahm im ber 2014 durch die 9. GWB-Novelle sieht eine Fortent- Berichtszeitraum deutlich zu, wobei sowohl vom Bundes- wicklung des Rechtsrahmens vor, die u.a. umfangreiche kartellamt als auch von der Europäischen Kommission Offenlegungspflichten der Parteien von Zivilprozessen geahndete Kartellverstöße solche Klagen nach sich zogen. Drucksache 18/12760 – 42 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode enthält. Hinzu tritt der Umstand, dass die „Jedermann“- 2. Anwendung von Artikel 101, 102 AEUV Formel des Europäischen Gerichtshofs bislang in keiner zur Entscheidung gelangten Konstellation eine Einschrän- a) Netzwerk der Europäischen kung erfahren hat (zuletzt im Fall „Kone“, Aktenzeichen: Kartellbehörden C-557/12). Eine Begrenzung der Haftung unter dem Ge- Die europäischen Wettbewerbsbehörden haben in den Jah- sichtspunkt der Adäquanz ist in der europäischen Recht- ren 2015 und 2016 ihre erfolgreiche Zusammenarbeit im sprechung derzeit nicht angelegt, sodass allein der (mögli- European Competition Network (ECN) fortgesetzt. Das che) Schaden die Anspruchsberechtigung begründet. ECN ist ein Forum für den allgemeinen wettbewerbspoli- Inwieweit die Weite der Anspruchsberechtigung und die tischen Austausch zwischen den im Netzwerk vertretenen Maßnahmen zur Förderung von Zivilklagen künftig zu Behörden (Europäische Kommission und nationale Wett- „Klageteppichen“ führen können, die sich über mehrere bewerbsbehörden der EU-Staaten). Daneben bietet es den Marktstufen ausbreiten („downstream“ wegen Preis- und Rahmen für die Diskussion der Fallverteilung bei mög- Mengenschäden, aber auch „upstream“ wegen Mengen- licherweise gegen europäisches Wettbewerbsrecht ver- schäden) und mit einer Mehrbelastung der Zivilgerichte stoßendem Verhalten, für das die Zuständigkeit mehrerer einhergehen würden, bleibt abzuwarten. Es kann jeden- ECN-Behörden in Betracht kommt. Schließlich bestehen falls nicht ausgeschlossen werden, dass der kaum noch im Rahmen des ECN umfangreiche Möglichkeiten für die abzuschätzende Umfang der zivilrechtlichen Haftung gegenseitige Amtshilfe bei Ermittlungen und dem fallbe- kurz- und mittelfristig negative Auswirkungen auf die zogenen Informationsaustausch. Auf den Internetseiten Durchschlagskraft der öffentlichen Kartellrechtsdurch- der Europäischen Kommission (Generaldirektion Wett- setzung nach sich zieht. Trotz des in der Richtlinie vor- bewerb) sind grundlegende Informationen über das ECN gesehenen und in der deutschen Umsetzungsmaßnahme erhältlich. Über die Aktivitäten im ECN informiert ferner übernommenen Schutzes von Kronzeugenerklärungen auch der Newsletter „ECN Brief“, der auf der genannten und Vergleichsausführungen, gilt dies insbesondere für Internetseite abgerufen werden kann. die Attraktivität der Inanspruchnahme der Bonusregelung Der wettbewerbspolitische Austausch im Netzwerk findet des Amtes und anderer Wettbewerbsbehörden, die derzeit auf verschiedenen Arbeitsebenen und in verschiedenen einen wesentlichen Beitrag zur Aufdeckung neuer Kartell- Foren statt. Auf oberster Ebene dienen die zweimal jähr- verstöße leistet. lich stattfindenden Treffen der Generaldirektoren der Dis- Im Übrigen bestand im Berichtszeitraum weiterhin eine kussion strategischer Fragen. Sie bringen die Leitungsebe- rege Fallpraxis der privaten Kartellrechtsdurchsetzung ne der Wettbewerbsbehörden sowie einmal jährlich auch bezüglich Streitigkeiten aus dem Bereich der Liefer- und die zuständigen nationalen Ministerien zusammen. Auf Geschäftsverweigerung und in Verfahren zur Geltend- Arbeitsebene werden die Treffen der Generaldirektoren machung vertraglicher Ansprüche unter dem Aspekt der von ECN-Plenartagungen vorbereitet. Daneben bestehen Wirksamkeit von Verträgen oder ihrer Beendigung. Hier für die Facharbeit im ECN diverse horizontale und sekto- führt der – auch aufgrund der Sondervorschriften des § rale Arbeitsgruppen. 20 – effektive Rechtsschutz durch die Zivilgerichte zu Die Kommission hat sich im Berichtszeitraum das Ziel einer dauerhaften Entlastung der öffentlichen Kartell- gesetzt, die institutionellen Rahmenbedingungen der im rechtsdurchsetzung und damit zu einer effizienten Aufga- ECN vertretenen nationalen Behörden im Sinne einer ef- benverteilung zwischen öffentlicher und privater Kartell- fektiveren Kartellrechtsdurchsetzung zu verbessern (ECN rechtsdurchsetzung. Plus-Initiative). Sie hat zunächst von November 2015 bis Februar 2016 eine öffentliche Konsultation zu der Frage IX. Europäisches Wettbewerbsrecht durchgeführt, was zur Stärkung der nationalen Behörden in den Bereichen (i) Unabhängigkeit und Ressourcenaus- 1. European Competition Authorities (ECA) stattung, (ii) Ermittlungs- und Entscheidungsbefugnisse, Auf den jährlichen ECA-Treffen tauschen sich die Lei- (iii) Kartellbußgelder und (iv) Kronzeugenprogramme ter der Wettbewerbsbehörden des Europäischen Wirt- erforderlich ist. An der Konsultation hat sich das Bundes- schaftsraums sowie der European Free Trade Association kartellamt mit einer Stellungnahme beteiligt. Nach Aus- (EFTA)-Überwachungsbehörde aus. Im Berichtszeitraum wertung der Konsultationsergebnisse hat die Kommission haben Treffen 2015 in Bergen/Norwegen sowie 2016 in im März 2017 einen Richtlinienvorschlag mit Vorgaben Löwen/Belgien stattgefunden. Themen der Treffen waren für diese Themenbereiche vorgelegt, der nun zunächst im u.a. die Erfahrungen mit Vergleichsverfahren in Kartellsa- Rat der Europäischen Union und im Anschluss im Euro- chen, Unabhängigkeitsgarantien für Kartellbehörden, der päischen Parlament beraten werden wird. Der Richtlinien- Erfahrungsaustausch über den Erlass einstweiliger Maß- vorschlag ist auf der Webseite der Generaldirektion Wett- nahmen und die Herausforderungen der „Sharing Econo- bewerb abrufbar. my“ für die kartellbehördliche Praxis. Daneben haben die im ECN vertretenen Behörden im Be- richtszeitraum eine engere Zusammenarbeit bei der Fort- entwicklung des Kartellrechts vereinbart. Danach werden „Pilotfälle“, die neuartige Rechtsfragen von netzwerkwei- ter Bedeutung aufwerfen, im Netzwerk frühzeitig identi- fiziert und diskutiert (sog. Frühwarnsystem). Gleichzei- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 43 – Drucksache 18/12760 tig bleibt es dabei, dass neben der Kommission im ECN ECN beschäftigt. Ein Thema war die Verbesserung des In- grundsätzlich auch jede andere Behörde für die Entwick- formationsaustauschs in Kronzeugenfällen, insbesondere lung des europäischen Kartellrechts verantwortlich ist, mit Blick auf eine zügigere Fallverteilung im Netzwerk. gerade auch mit Blick auf die durch die Digitalisierungs- Daneben diskutierte die Arbeitsgruppe, inwieweit eine und Vernetzungsprozesse in der Wirtschaft neu aufgewor- stärkere Harmonisierung der Kronzeugenregelungen der fenen kartellrechtlichen Fragestellungen. im ECN vertretenen Behörden sinnvoll und wünschens- wert ist, und befasste sich mit der Frage, ob strafrechtliche aa) Fallverteilung, Informationsaustausch Sanktionen für Kartellvergehen in der kartellbehördlichen und Amtshilfe Praxis ein Hindernis für den Erfolg von Kronzeugenpro- grammen darstellen. Im Berichtszeitraum sind insgesamt 180 neue Fälle in das gemeinsame Intranet des ECN eingestellt worden. Das Arbeitsgruppe „Vertical Restraints/Horizontal Bundeskartellamt hat 17 eigene neue Fälle notifiziert. Die Restrictions & Abuses“ Fallverteilung im Netzwerk erfolgte im Berichtszeitraum einvernehmlich. Die Tätigkeit der Arbeitsgruppen zu Fragestellungen des materiellen Kartellrechts ist im Berichtszeitraum mit In 27 (2015: 19; 2016: 8) Fällen sind Informationen zu Blick auf die verstärkte Diskussion laufender Verfahren einem Einzelfall nach Artikel 12 VO (EG) Nr. 1/2003 im Netzwerk intensiviert worden. Insgesamt haben sieben ausgetauscht worden. Darüber hinaus wurde in 15 (2015: Treffen stattgefunden, darunter eines am Sitz des Bun- 11; 2016: 4) Fällen Amtshilfe geleistet oder in Anspruch deskartellamtes in Bonn. Themen der Treffen waren u.a. genommen. Dabei handelte es sich sowohl um Durchsu- die kartellrechtliche Bewertung von Beschränkungen des chungen, Auskunftsbeschlüsse als auch um andere Ermitt- Online-Vertriebs (Bestpreisklauseln, Online-Beschrän- lungsmaßnahmen. kungen im Selektivvertrieb), die Behandlung von Inter- Die Anzahl der informellen Anfragen innerhalb des Netz- net-Plattformen in der kartellrechtlichen Prüfung, Preis- werkes ist regelmäßig um ein Vielfaches höher. Im Be- bindungspraktiken im Lebensmitteleinzelhandel sowie richtszeitraum erhielt die ECN-Koordinationsstelle des Preishöhen- und Konditionenmissbräuche. Bundeskartellamtes im Durchschnitt rund 100 Anfragen anderer ECN-Behörden im Jahr. Die abstrakt gehaltenen Arbeitsgruppe „Competition Chief Economists“ Anfragen betreffen alle denkbaren Aspekte der Kartell- rechtsanwendung und dienen dem informellen Austausch Die ECN-Arbeitsgruppe der Chefökonomen (ECN-CCE) der im Netzwerk vorhandenen Erfahrungen mit der Kar- hat sich im Berichtszeitraum erneut halbjährlich zusam- tellrechtsanwendung. mengefunden. Die regelmäßigen Treffen dienen dem Zweck, aktuelle Fragen, Erfahrungen und Probleme bei der Anwendung ökonomischer Konzepte in der Kartell- bb) ECN-Arbeitsgruppen rechtsanwendung gemeinsam zu diskutieren. Durch die Die verschiedenen ECN-Arbeitsgruppen leisten die Sa- Einbindung von Vorträgen externer Professoren wird zu- charbeit im Netzwerk. Im Berichtszeitraum setzten die dem der Kontakt und Meinungsaustausch mit der Wissen- bestehenden und aktiven ECN-Arbeitsgruppen und ECN- schaft gefördert. Sektorenarbeitsgruppen ihre Arbeit fort. Die vier stattgefundenen Treffen in den Jahren 2015 und 2016 behandelten eine große Bandbreite an unterschied- Arbeitsgruppe „Cooperation Issues and Due Process” lichen Themen. Die Arbeitsgruppe befasste sich anhand ausgewählter Fälle mit Fragen des Informationsaustau- Das Bundeskartellamt leitet die Arbeitsgruppe „Coopera- sches zwischen Wettbewerbern, der Ausgestaltung von tion Issues and Due Process“ gemeinsam mit der portugie- Fusionsauflagen und der Thematik des Ausbeutungsmiss- sischen und der ungarischen Wettbewerbsbehörde. Die Ar- brauchs. Zudem wurde erörtert, inwiefern Verbraucherbe- beitsgruppe widmet sich im Querschnitt allen Fragen der fragungen bei Fusionskontrollverfahren im Allgemeinen Zusammenarbeit der ECN-Behörden, die nicht spezifisch und bei Fragen der Marktabgrenzung im Speziellen nütz- anderen Arbeitsgruppen zugewiesen sind. Im Berichts- lich sein können. Weitere Themenschwerpunkte der Tref- zeitraum hat sich die Arbeitsgruppe insbesondere mit dem fen bildeten u.a. Energiemärkte, Fusionen in Ausschrei- Projekt der Effektivierung der nationalen Kartellverfah- bungsmärkten sowie das unter dem Stichwort „sharing rensordnungen („ECN Plus“) befasst. Mit Blick auf dieses economy“ gefasste Geschäftsmodell des Fahrdienstver- Projekt hat innerhalb der Arbeitsgruppe eine detaillierte mittlers Uber. Abfrage der Einzelheiten der jeweiligen nationalen Ver- fahrensrechte stattgefunden. Ein weiterer Schwerpunkt der Tätigkeit der Arbeitsgruppe lag bei der Ausarbeitung Arbeitsgruppe „Advocacy and Communication“ des ECN-internen Frühwarnsystems. Anfang 2015 wurde diese ECN-Arbeitsgruppe neu einge- richtet. Schwerpunkte der beiden Treffen im Berichtszeit- Arbeitsgruppe „Cartels“ raum waren Fragen der Kommunikation und Vermittlung der Tätigkeit der Wettbewerbsbehörden sowie Möglich- Im Berichtszeitraum hat sich die Arbeitsgruppe „Cartels“ keiten der Analyse und Bewertung der gesamtwirtschaft- mit verschiedenen Aspekten der Kartellverfolgung im Drucksache 18/12760 – 44 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode lichen Vorteile, die die Arbeit der Wettbewerbsbehörden Sektorenarbeitsgruppe „Insurance“ hervorbringt. Die Effektivität der Kartellrechtsanwendung kann durch geeignete Kommunikationsmaßnahmen unter- Die „Insurance-Subgroup“ befasste sich im Berichtszeit- stützt werden. In der Arbeitsgruppe können sich die Teil- raum erneut mit der im März 2017 auslaufenden Gruppen- nehmer über Inhalte und Vorgehensweisen bei ihrer Pres- freistellungsverordnung (GVO) für das Versicherungswe- se- und Öffentlichkeitsarbeit austauschen. Eine wichtige sen. Die Europäische Kommission stellte die Ergebnisse Rolle spielte dabei im Berichtszeitraum der Erfahrungs- der Konsultation der nationalen Wettbewerbsbehörden und austausch im Umgang mit neuen sozialen Medien. Die der Marktakteure vor. In einer vorläufigen Einschätzung Europäische Kommission hat 2016 einen Bericht über die wurde die Notwendigkeit einer Prolongation der GVO im Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in den Wettbewerbsbe- Hinblick auf Artikel 101 Abs. 1 und Abs. 3 AEUV und hörden des ECN vorgelegt. der diesbezüglichen Leitlinien in Frage gestellt. Zu die- sem Ergebnis ist die Kommission auch im Rahmen ihres Berichtes an den Rat und das Parlament im März 2016 ge- Arbeitsgruppe „Digitales“ kommen. Im Dezember 2016 hat die Kommission bekannt Auf Initiative des Bundeskartellamtes hat das ECN im gegeben, dass sie die GVO auslaufen lässt, aber die da- Frühjahr 2017 eine Arbeitsgruppe „Digitales“ eingerich- rauffolgenden Entwicklungen dahingehend prüfen wird, tet, die sich mit materiellen und prozeduralen Fragen in ob weitere, über die Horizontalleitlinien hinausgehende, Fällen mit Schwerpunkt digitale Wirtschaft befassen wird. Aktivitäten erforderlich werden. Die Kommission hat außerdem im Rahmen der „Insu- Arbeitsgruppe „Forensic IT“ rance-Subgroup“ bekannt gegeben, dass eine Arbeits- gruppe eingerichtet wird, in der die sehr unterschiedli- Im Berichtszeitraum wurde die seit 2003 erfolgreich chen Marktstrukturen und Wettbewerbsbedingungen auf praktizierte Zusammenarbeit der ECN-Behörden bei der den Kfz-Versicherungsmärkten und damit verbundenen Sicherstellung und Auswertung von elektronischen Daten Dienstleistungsmärkten untersucht werden sollen. Eine für Kartellverfahren fortgeführt. Fragestellungen in der erste Befragung der nationalen Kartellbehörden wurde im Arbeitsgruppe waren u.a. die Entwicklung einer EU-eige- Sommer 2016 durchgeführt. nen Software zur Datenakquise und -aufbereitung nebst Anwenderschulungen sowie der Wissens-Transfer zu den Vorgehensweisen im Bereich IT-Forensik. Insbesondere Sektorenarbeitsgruppe „Food“ standen aktuelle technische Entwicklungen und die Her- Die ECN-Sektorenarbeitsgruppe „Food“ traf sich im Be- angehensweisen im Bereich Mobilfunkforensik im Fokus richtszeitraum sechsmal. Thema der Treffen waren sowohl des Austauschs. der Agrarbereich als auch die Industrie und der Lebens- mitteleinzelhandel. Die nationalen Wettbewerbsbehörden cc) Sektorenarbeitsgruppen und die Kommission diskutierten insbesondere die prob- lematische Situation auf den europäischen Milchmärkten Sektorenarbeitsgruppe „Environment“ und die im Rahmen des Kartellrechts zur Verfügung ste- In der ECN-Subgroup „Environment“ wurde im Berichts- henden Lösungsansätze. Auch die Liberalisierung des Zu- zeitraum die Kommissionsentscheidung gegen einen ös- ckermarkts mit Auslaufen der Zuckerquote im Jahr 2017 terreichischen Betreiber eines Rücknahmesystems für wurde besprochen. Im Bereich der Lebensmittelindustrie Verkaufsverpackungen diskutiert. Die Darstellung des wurden die Probleme verschiedener Fusionen diskutiert. Verfahrens und ergänzende Fallstudien aus anderen Mit- Bezüglich des Lebensmitteleinzelhandels wurde der Um- gliedstaaten zeigten, dass vergleichbare Schwierigkeiten gang mit Einkaufskooperationen thematisiert. auch in anderen Mitgliedstaaten bestanden bzw. (im Falle Deutschlands) bereits überwunden werden konnten. Ne- Sektorenarbeitsgruppe „Pharmaceuticals and Health- ben Verfahren aus dem Bereich der Verpackungsrück- care“ nahme wurden weitere Fallstudien aus Skandinavien und Deutschland diskutiert. Die ECN-Sektorenarbeitsgruppe „Pharmaceuticals and Healthcare“ traf sich im Berichtszeitraum dreimal. The- men der Treffen waren u.a. die Entscheidung und gerichtli- Sektorenarbeitsgruppe „Banking and Payments“ che Bestätigung der Bußgeldentscheidung der Kommissi- Das Bundeskartellamt hat im Berichtszeitraum an Sitzun- on in Sachen „Lundbeck“ („Pay for Delay“-Vereinbarung gen der ECN „Banking and Payment Subgroup“ teilge- bei Generika) sowie die von diversen nationalen Behörden nommen. Im Rahmen der Sitzungen wurde u.a. die No- geführten Verfahren wegen Preishöhenmissbräuchen bei vellierung der Zahlungsdienste-Richtlinie (PSD2), die Arzneimitteln. Umsetzung der Interchange-Verordnung, das Mastercard- Verfahren der Europäischen Kommission sowie das Grün- Sektorenarbeitsgruppe „Telecoms“ buch der Kommission zum Bereich „Retail Financial Ser- vices and Insurance“ diskutiert. Im Berichtszeitraum hat die Sektorenarbeitsgruppe „Te- lecoms“ ein weiteres Mal – im Mai 2016 – getagt. Das Treffen diente erneut dem Meinungsaustausch über die wettbewerbliche Bewertung von sog. Network Sharing Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45 – Drucksache 18/12760

Agreements. Darüber hinaus waren Bündelangebote Ge- 3. Europäische Fusionskontrolle genstand der Diskussion. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass verschiedene Leistungen (z.B. Internetzugang, TV- a) Arbeitsgruppe Fusionskontrolle Angebote und Mobilfunk) als „Paket“ angeboten werden. („Merger Working Group“) Im Berichtszeitraum wurde der intensive Austausch mit Sektorenarbeitsgruppe „Transport“ Vertretern nationaler Wettbewerbsbehörden der Euro- päischen Union, der Europäischen Kommission und der Im Berichtszeitraum traf sich die Sektorenarbeitsgruppe European Free Trade Association (EFTA) im Rahmen der „Transport“ einmal im Juni 2015. Es wurden aktuelle Fall- „Merger Working Group“ über aktuelle Fragen und Ver- entwicklungen und die Rechtsprechung in den Mitglied- fahren der Mitglieder fortgesetzt. staaten und auf Kommissionsebene in den Bereichen See- verkehr, Luftverkehr und Schiene besprochen. In insgesamt sieben Sitzungen wurden insbesondere ver- schiedene Projekte zur Verbesserung der Konvergenz und Sektorenarbeitsgruppe „Sport“ der Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission und zwischen den nationalen Behörden diskutiert. Die Die Sektorenarbeitsgruppe „Sport“ traf sich im Berichts- Schwerpunkte der Arbeit lagen in Maßnahmen zur Ver- zeitraum einmal, um aktuelle Fälle der Europäischen besserung der Zusammenarbeit in den Beratenden Aus- Kommission und der nationalen Wettbewerbsbehörden schüssen zu Zusammenschlussverfahren der Europäischen vorzustellen und zu diskutieren. Der Schwerpunkt des Kommission, in einer Evaluierung der Anmeldeerforder- Treffens lag auf den weit verbreiteten Regelwerken der nisse bei Zusammenschlüssen innerhalb der Europäischen nationalen und internationalen Sportverbände, wonach Union und in einer Analyse außerwettbewerblicher As- es professionellen Sportlern unter Straf- und Boykottan- pekte bei Fusionskontrollverfahren innerhalb der Europä- drohung untersagt ist, an Wettkämpfen teilzunehmen, ischen Union. die nicht von dem betreffenden Sportverband autorisiert wurden. Die damit im Zusammenhang stehenden kartell- b) Reform der Fusionskontrollverordnung rechtlichen Fragen hatten bereits verschiedene nationale Wettbewerbsbehörden beschäftigt. Die Europäische Kom- Die Europäische Kommission setzte im Berichtszeitraum mission führt ihrerseits ein Verfahren gegen die Internati- ihre Arbeit an der Reform der Fusionskontrollverordnung onal Skating Union (ISU), das als Musterfall im Zentrum (FKVO) fort. Im Rahmen des Reformvorhabens wurden der Diskussion stand. im Jahr 2013 das Konsultationspapier „Towards more ef- fective EU merger control“ veröffentlicht und im Folge- Sektorenarbeitsgruppe „Professional Services“ jahr das gleichnamige Weißbuch. Im Jahr 2016 wurden hierzu eine sogenannte Evaluation Roadmap, die den ge- Im Berichtszeitraum traf sich die Sektorenarbeitsgruppe planten Verlauf und Inhalt des Reformvorhabens darstellt, „Professional Services“ einmal im Dezember 2015. Die und ein Fragebogen für eine öffentliche Konsultation nationalen Wettbewerbsbehörden und die Europäische veröffentlicht. Diese neuen Schritte im Reformprozess Kommission diskutierten insbesondere die Initiative für stellen insbesondere einen möglichen ergänzenden Be- mehr Transparenz und zur gegenseitigen Bewertung regu- darf an einem Aufgreifkriterium zur Diskussion, das nicht lierter Berufe sowie Reformen der Mitgliedstaaten bezüg- ausschließlich auf Umsätzen basiert. Dabei wird u.a. ein lich dem Zugang zu regulierten Berufen. mögliches Transaktionswertkriterium angesprochen. Das Bundeskartellamt hat den gesamten Reformprozess eng b) Zusammenarbeit mit der Europäischen begleitet. Wie bereits in der Vergangenheit wurde auch Kommission zu der neuen öffentlichen Konsultation eine gemeinsame Stellungnahme zusammen mit dem Bundesministerium Der Beratende Ausschuss für Kartell- und Monopolfragen für Wirtschaft und Energie bei der Europäischen Kom- ist im Berichtszeitraum in 23 Sitzungen zusammenge- mission eingereicht. kommen und hat in zwei Einzelfällen Stellungnahmen zu Entscheidungsentwürfen der Europäischen Kommission Hierbei hat das Bundeskartellamt insbesondere zu der abgegeben. Mitglieder des Bundeskartellamtes haben im neuen Diskussion eines zusätzlichen Aufgreifkriteriums Berichtszeitraum an elf Anhörungen in Einzelfällen teil- Stellung genommen. Die Evaluierung des Bedarfs eines genommen. solchen Instruments wird begrüßt und der Transaktions- wert als mögliches Kriterium unterstützt. Bei der Einfüh- Das Bundeskartellamt unterstützte die Europäische Kom- rung eines solchen neuen Aufgreifkriteriums ist jedoch mission im Jahr 2015 bei vier Nachprüfungen in sieben darauf zu achten, dass nur Fälle erfasst werden, in denen Unternehmen und im Jahr 2016 bei zwei Nachprüfungen ein hoher Kaufpreis trotz mangelnder Umsätze des zu in drei Unternehmen. erwerbenden Unternehmens auf einen erheblichen Res- sourcenzuwachs schließen lässt und die bislang der Fusi- onskontrolle entgingen. Hierbei sollten die neuen Schwel- lenwerte so hoch angesetzt werden, dass nur Fälle mit gemeinschaftsweiter Bedeutung erfasst werden. Zudem muss das Subsidiaritätsprinzip zu den Mitgliedstaaten ge- Drucksache 18/12760 – 46 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode wahrt bleiben und ein relevanter Bezug zur Tätigkeit des Es wurden 41 Anträge gemäß Artikel 4 Abs. 5 Verordnung Zusammenschlussvorhabens im EWR sollte bestehen. (EG) Nr. 139/2004 auf Verweisung (vor Anmeldung) eines Wie in bisherigen Fusionskontrollverfahren der Europäi- Zusammenschlusses ohne gemeinschaftsweite Bedeutung schen Kommission müssen auch bei einer entsprechenden an die Europäische Kommission gestellt (2015: 20; 2016: Anpassung der FKVO eine Anmeldepflicht und das Voll- 21). Hiervon waren 32 Vorhaben (2015: 13; 2016: 19) zu- zugsverbot gelten. nächst beim Bundeskartellamt anmeldepflichtig, das der Verweisung an die Europäische Kommission in allen Fäl- c) Zusammenarbeit mit der Europäischen len im Berichtszeitraum zugestimmt hat. Kommission e) Verweisungen nach Artikel 9 VO (EG) Im Berichtszeitraum hat das Bundeskartellamt die Fu- Nr. 139/2004 sionskontrollpraxis der Europäischen Kommission in Hauptprüfverfahren begleitet und an allen Beratenden Im Berichtszeitraum wurden fünf Verweisungsanträge ge- Ausschüssen gemäß Artikel 19 Absatz 3 Verordnung (EG) mäß Artikel 9 VO (EG) Nr. 139/2004 gestellt (2015: drei; Nr. 139/2004 teilgenommen (insgesamt 18 Verfahren im 2016: zwei). In zwei Fällen erfolgte eine teilweise Ver- Berichtszeitraum). Gleiches gilt für die Teilnahme an An- weisung an die antragstellenden Mitgliedstaaten. Hierbei hörungen, soweit in den Verfahren eine Anhörung durch- handelte es sich um die Fälle M.7565 - Danish Crown/ geführt wurde. Tican, in dem eine Teilverweisung an Dänemark erfolgte, und M.7818 - McKesson/UDG Healthcare (Pharmaceuti- d) Verweisungen nach Artikel 4 Abs. 4 cal Wholesale and Associated Businesses), der teilweise und 5 VO (EG) Nr. 139/2004 an das Vereinigte Königreich verwiesen wurde. Im Berichtszeitraum wurden bei der Europäischen Kom- Hervorzuheben ist in diesem Kontext die Ablehnung des mission 28 Anträge gemäß Artikel 4 Abs. 4 VO (EG) Nr. Verweisungsantrags im britischen Mobilfunkfall M.7612 139/2004 auf Verweisung (vor Anmeldung) von EU-Fusi- - Hutchison 3G UK/Telefonica UK. In ihrer Ablehnungs- onsfällen an nationale Wettbewerbsbehörden gestellt. Alle entscheidung des Verweisungsantrags hatte die Kommissi- Fälle wurden – nach Zustimmung der jeweils betroffenen on argumentiert, dass sie selbst am besten in der Lage ist, Mitgliedstaaten – von der Europäischen Kommission an- den vorliegenden Fall zu prüfen, da sie über umfangrei- tragsgemäß verwiesen, davon zwei Fälle an das Bundes- che Erfahrung in der Mobilfunkbranche verfügt und eine kartellamt. einheitliche Anwendung der Fusionskontrollvorschriften in dieser Branche im EWR sicherstellen möchte. Im Ge- Übersicht Verweisungsanträge nach Deutschland gensatz zu ihren Entscheidungen in vorangegangenen Mo- gemäß Artikel 4 Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 139/2004: bilfunkfällen hat die Kommission diesen Fall jedoch nach erfolgter Prüfung untersagt. Sie führte hierzu an, dass sie erhebliche Bedenken hatte, dass die Übernahme zu weni- Aktenzeichen der Zusammenschluss- ger Auswahl und höheren Preisen für die Mobilfunkkun- Europäischen parteien den im Vereinigten Königreich geführt und Innovationen Kommission im Mobilfunksektor geschadet hätte. M.7684 Eurovia Gestein/Kemna Bau Andreae/Steinbruch Lasbeck M.7742 Worldwide Flight Services Holding/FRAPORT/FRA- PORT Cargo Services

Übersicht Verweisungsanträge nach Artikel 9 VO (EG) Nr. 139/2004:

Aktenzeichen der Zusammenschlussparteien Antragsteller Europäischen Kommission COMP/M.7565 Danish Crown/Tican Dänemark COMP/M.7612 HUTCHISON 3G UK/Telefónica UK Vereinigtes Königreich COMP/M.7499 Altice/PT Portugal Portugal COMP/M.7818 McKesson/UDG Healthcare Vereinigtes Königreich COMP/M.7978 Vodafone/Liberty Global/Dutch JV Niederlande Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 47 – Drucksache 18/12760 f) Verweisungen nach Artikel 22 VO (EG) de ein Verweisungsantrag vom Vereinigten Königreich Nr. 139/2004 gestellt, dem sich Österreich, Spanien und Deutschland anschlossen. Für die Verweisung sprach, dass, wie die Im Berichtszeitraum haben die Wettbewerbsbehörden der Kommission auch in ihrer späteren Entscheidung fest- Mitgliedstaaten in einem Fall einen Verweisungsantrag stellte, für den vorliegenden Fall von weltweiten Märkten nach Artikel 22 VO (EG) Nummer 139/2004 gestellt. auszugehen war und horizontale Überschneidungen vor- Hierbei handelte es sich um den Fall M.7802 – Amadeus/ lagen. Ferner stand eine Verweisung an die Europäische Navitaire. Beide Gesellschaften bieten weltweit Passenger Kommission in diesem Fall im Einklang mit dem Subsi- Service Systems („PSS“) an, ein IT-Instrument, mit dem diaritätsgrundsatz gemäß der Mitteilung der Kommission Luftverkehrsgesellschaften intern Reservierungen, Inven- über die Verweisung von Fusionssachen. tar und die Abflugkontrolle verwalten. In diesem Fall wur-

Übersicht Verweisungsanträge nach Artikel 22 Verordnung (EG) Nr. 139/2004:

Aktenzeichen der Zusammenschlussparteien Antragsteller Europäischen Kommission COMP/M.7802 Amadeus/Navitaire Vereinigtes Königreich (Österreich, Spanien und Deutschland schlossen sich an.)

XI. Internationale Zusammenarbeit Effizienz und Effektivität hin evaluiert werden können. Für die Jahre 2017/18 folgen „Sektoruntersuchungen“ Im Berichtszeitraum spielte die internationale Zusam- und „Wettbewerb in der digitalen Wirtschaft“ als neue menarbeit des Bundeskartellamtes mit anderen Wettbe- Schwerpunktthemen. werbsbehörden erneut eine wichtige Rolle. Sie umfasst sowohl die fallbezogene Zusammenarbeit als auch die Im Wettbewerbsausschuss werden neben den Schwer- multilaterale Grundsatzarbeit. In der fallunabhängigen punktthemen Fragen der Ausgestaltung und Anwendung Grundsatzarbeit kam der Kooperation in den multilate- des Kartellrechts in einzelnen Branchen diskutiert. Im ralen Netzwerken und Organisationen – zu nennen sind Berichtszeitraum standen zum Beispiel die Auswirkungen die wettbewerbsbezogenen Foren der „Organisation for von „disruptive innovations“ auf traditionelle Branchen Economic Co-Operation and Development“ (OECD), und die entsprechenden Folgerungen für die Wettbewerbs- das „International Competition Network“ (ICN) und der politik im Mittelpunkt. Darüber hinaus waren Themen „United Nations Conference on Trade and Development“ wie die Berücksichtigung von „public interest“-Erwä- (UNCTAD) – eine besondere Bedeutung zu. gungen in der Fusionskontrolle, die Beschränkung der Fusionskontrolle auf Fälle mit eindeutigem Inlandsbezug, 1. OECD die kartellrechtliche Beurteilung von Treuerabatten oder Bestpreisklauseln, die Ausgestaltung von Verpflichtungs- Die OECD veranstaltet pro Jahr zwei Sitzungen des Wett- zusagen, oder das Verhältnis von öffentlicher und privater bewerbsausschusses und ein „Global Forum on Competi- Kartellrechtsdurchsetzung in der Diskussion. tion“. Das Bundeskartellamt und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wirken an diesen Veranstaltun- Als zusätzliche Arbeitsebene bietet das sog. Outreach- gen aktiv mit. Die Arbeitsergebnisse (Hintergrundpapiere Programm der OECD Nichtmitgliedern – insbesondere und Beiträge der Länder sowie Zusammenfassungen der Entwicklungs- und Schwellenländern – die Möglichkeit, Diskussionen) sind im Internet unter www.oecd.org ab- an der Diskussion aktueller Wettbewerbsfragen teilzuneh- rufbar. men. Eine wichtige Rolle spielt dabei das jährlich stattfin- dende Global Forum on Competition, bei dem es im Be- Der Wettbewerbsausschuss behandelt grundsätzliche richtszeitraum u.a. um Wettbewerb und Beschäftigung, die Fragen der Wettbewerbsordnung und der Arbeit der Kar- Anfälligkeit bestimmter Industrien für Kartellrechtsver- tellbehörden. Er wählt übergreifende Schwerpunkte, die stöße, Wettbewerb und Menschenrechte, Sektoruntersu- seine Arbeit für einen bestimmten Zeitraum prägen. Im chungen, die Unabhängigkeit von Wettbewerbsbehörden Berichtszeitraum befasst sich das Oberthema „Internati- und die Effektivität und Verhältnismäßigkeit von Sanktio- onale Kooperation“ mit der praktischen Zusammenarbeit nen für Kartellrechtsverstöße ging. zwischen Wettbewerbsbehörden und wie diese weiter entwickelt und gestärkt werden kann. Unter dem zwei- Die OECD veranstaltete im Zuge ihres Outreach-Pro- ten Oberthema „Evaluierung“ ging der Wettbewerbsaus- gramms eine Vielzahl von Seminaren und Workshops (ins- schuss der Frage nach, wie die Aktivitäten von Wettbe- besondere für Mitarbeiter osteuropäischer und asiatischer werbsbehörden und die rechtlichen Rahmenbedingungen Wettbewerbsbehörden), an denen Angehörige des Bundes- sowie die Wettbewerbspolitik der Mitgliedstaaten auf ihre kartellamtes als Experten und Dozenten mitwirkten. Drucksache 18/12760 – 48 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

2. International Competition Network - eine Aktualisierung des ICN-Handbuchs zu Marktstudi- en, Das International Competition Network (ICN) besteht seit 2001 und hat mit über 130 Mitgliedsbehörden aus - Arbeitsprodukte zur Bewertung der Behördenarbeit und 120 Jurisdiktionen seine Stellung als globales Kartell- zur Leistungsmessung, zu Ethikprogrammen der Wettbe- rechtsforum für eine ergebnisorientierte Zusammenarbeit werbsbehörden und zum Eintreten für den Wettbewerbs- gefestigt. Der Präsident des Bundeskartellamtes hat seit gedanken gegenüber der Wirtschaft, September 2013 die Position des Vorsitzenden des Len- kungsausschusses des Netzwerks inne. - zwei Studien behandelten vertikale Beschränkungen im Online-Handel und den Umgang mit marktumwälzenden Ziel des ICN ist es, die Konvergenz der Wettbewerbs- Innovationen. ordnungen weltweit zu fördern sowie die internationale Kooperation und Durchsetzung des Kartellrechts zu ver- Schließlich wurde eine netzwerkweite Erhebung als bessern. In Zeiten fortlaufender Diskussionen um die Ab- Grundlage für eine Weiterentwicklung des Netzwerkes schottung nationaler Volkswirtschaften durch Importzölle durchgeführt (sog. „Second Decade follow-up“). Die Ar- oder den Austritt aus multilateralen Wirtschaftsverbünden beitsgruppen veranstalteten erneut zahlreiche Telesemina- ist die Arbeit einer auf offene Märkte und multilaterale re. Workshops fanden in der Türkei, Kolumbien, Belgien, Zusammenarbeit ausgerichteten Organisation nicht immer Botswana, Mexiko, Madrid und Kanada statt. einfach. Umso wichtiger wird die Aufgabe des ICN, die Neben der Führung des Lenkungsausschusses war das etablierten und die neuen Wettbewerbsbehörden zusam- Bundeskartellamt in allen Arbeitsgruppen aktiv. In den menzubringen und gemeinsam innovative Arbeitsprodukte Arbeitsprodukten und durch die Beteiligung an Semina- im Sinne einer effektiven Rechtsanwendung umzusetzen. ren und Workshops des ICN konnte sich das Bundeskar- Zu diesem Zweck arbeiten die Mitgliedsbehörden projek- tellamt mit guten Ergebnissen in die Diskussion über eine torientiert in Arbeitsgruppen zusammen, deren Arbeitser- unabhängige und effektive Rechtsanwendung einbringen. gebnisse auf einer Jahreskonferenz vorgestellt, diskutiert Darüber hinaus unterstützt das Bundeskartellamt jüngere und verabschiedet werden. Die Jahreskonferenz 2015 fand Wettbewerbsbehörden im Rahmen eines vom ICN koordi- in Sydney, die Jahreskonferenz 2016 in Singapur statt. nierten Mentorenprogramms („Advocacy and Implemen- tation Network Support Program“). Die Arbeitsgruppen decken die Kernbereiche der kar- tellbehördlichen Tätigkeit – Fusionskontrolle, Kartell- 3. UNCTAD verfolgung, Missbrauchsaufsicht – sowie Advocacy („Werben für das Wettbewerbsprinzip“), sowie auch das Die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Querschnittsthema des effektiven Verwaltungshandelns Entwicklung (UNCTAD) unterstützt Entwicklungsländer („Agency effectiveness“) ab. Wesentliche Arbeitsergeb- bei der Integration in das Welthandelssystem. In diesem nisse der Arbeitsgruppen sind Berichte, Handbücher und Zusammenhang setzt sie sich auch mit wettbewerbsrecht- Empfehlungen. Im Berichtszeitraum wurden u.a. die fol- lichen und -politischen Themen dieser Länder ausein- genden Dokumente veröffentlicht: ander. UNCTAD berät die Staaten zu wettbewerblichen Fragestellungen und begleitet die Einführung und den - Leitfaden zum Ermittlungsprozess („Guidance Docu- Aufbau entsprechender Institutionen. Dazu organisiert ment on Investigative Process“), der wesentliche Ermitt- die UNCTAD regelmäßig eine Konferenz der Sachver- lungsinstrumente und Prinzipien des fairen Verfahrens ständigengruppe für Wettbewerbsrecht und -politik („In- darstellt, tergovernmental Group of Experts on Competition Law - ein neues Kapitel des ICN Handbuchs zur Kartellverfol- and Policy“). Die 15. Konferenz fand im Oktober 2016 gung („ICN Anti-Cartel Enforcement Manual“) über die statt. Neben Berichten zur Wettbewerbsordnung („peer Beziehung zwischen Wettbewerbsbehörden und öffentli- review“) in Uruguay wurden insbesondere Schnittstel- chen Vergabestellen, len zwischen Wettbewerb und geistigem Eigentum, das Verhältnis von Wettbewerbsbehörden und Justiz, Wettbe- - ein Leitfaden zur internationalen Zusammenarbeit in werbsaufsicht im Einzelhandel und Compliance thema- der Fusionskontrolle („Practical Guide to International tisiert. Des Weiteren veranstaltet die UNCTAD alle fünf Enforcement Cooperation in Mergers“), Jahre eine Überprüfungskonferenz zu den multilateral vereinbarten Regeln zur Kontrolle wettbewerbsbeschrän- - ein Kapitel des Handbuchs zu Kopplungs- und Bünde- kender Vereinbarungen („Set of Multilaterally Agreed lungspraktiken („Unilateral Conduct Workbook Chapter Equitable Principles and Rules for the Control of Restric- on Tying and Bundling“), tive Business Practices”). Die letzte Konferenz dieser - ein Leitfaden zu Zusagen in der Fusionskontrolle, Reihe fand im Juli 2015 statt. Das Bundeskartellamt und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie haben - ein Überblick über die Ermittlungsbefugnisse der Behör- im Berichtszeitraum regelmäßig an den Konferenzen im den, wettbewerblichen Bereich der UNCTAD mitgewirkt. - ein Rahmenwerk, um nicht-vertrauliche Informationen auszutauschen, Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 49 – Drucksache 18/12760

4. Internationale Rechtshilfe zum Austausch und der Zusammenarbeit im Rechtsbe- reich 2016-2018 der GIZ (im Auftrag des Bundesminis- Neben der Konsultation und der informellen Kooperation teriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- bestehen im internationalen Bereich zahlreiche Abkom- lung) in China mit. men zur formellen Zusammenarbeit der Wettbewerbsbe- hörden, etwa zur internationalen Rechtshilfe. 7. Bilaterale Beziehungen Im Vergleich zur vereinfachten Kooperation im Kartell- und Missbrauchsbereich im Rahmen der Kartellverfah- Die Zusammenarbeit mit ausländischen Wettbewerbsbe- rensverordnung (EG) 1/2003 stellt die Rechtshilfe im hörden hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. außereuropäischen Bereich aufgrund der unterschiedli- Dabei gewinnt, neben der Diskussion von allgemeinen chen Rechtssysteme hohe Anforderungen an die Kartell- wettbewerbsrechtlichen Fragen, die Konsultation in Ein- behörden. Innerhalb des European Competition Network zelfällen zunehmend an Gewicht. Im bilateralen Verhält- (ECN) sind die entsprechenden Instrumente bereits weit nis mit ausländischen Wettbewerbsbehörden unternimmt entwickelt. Es gibt aber auch über das ECN hinaus be- das Bundeskartellamt eine Vielzahl von – informellen währte Mechanismen zur formellen Zusammenarbeit des – Konsultationen. Dieser Austausch hat sich für die Fall- Bundeskartellamtes mit den Wettbewerbsbehörden ande- bearbeitung des Bundeskartellamtes als sehr hilfreich er- rer Länder. wiesen. Das Bundeskartellamt empfängt Delegationen anderer 5. Notifizierungen Wettbewerbsbehörden und Expertengruppen als Besucher, organisiert Informationsveranstaltungen sowie Kurzse- Die OECD-Mitgliedsländer unterrichten sich auf Grund- minare zu allgemeinen und speziellen wettbewerbsrecht- lage der im Jahr 2014 überarbeiteten OECD-Ratsemp- lichen Fragen und ermöglicht Studienaufenthalte. Im fehlung zur internationalen Zusammenarbeit gegenseitig Rahmen von Studienaufenthalten sind praxisbezogene über Ermittlungen im Ausland. Im Berichtszeitraum hat Einsätze in den Abteilungen und Vergabekammern des das Bundeskartellamt regelmäßig Vorab-Unterrichtungen Bundes möglich. Den Besuchern werden auch Gespräche auf Grundlage der OECD-Empfehlung (Notifizierungen) mit der Monopolkommission, der Bundesnetzagentur und an ausländische Wettbewerbsbehörden vorgenommen. den Kartellsenaten beim Oberlandesgericht Düsseldorf vermittelt. Während des Berichtszeitraums konnte ein zu- 6. Internationale Beratung nehmendes Interesse der ASEAN-Staaten (Verband süd- ostasiatischer Staaten) an Informations- bzw. Studienauf- Das Bundeskartellamt engagiert sich seit vielen Jahren enthalten im Bundeskartellamt festgestellt werden. Neben in der internationalen technischen Zusammenarbeit mit Delegationen von japanischen Wissenschaftlern, deren Schwerpunkt auf der wettbewerbsrechtlichen Beratung besonderes Interesse der wettbewerbsrechtlichen Situation junger ausländischer Wettbewerbsbehörden. Experten des des deutschen Stromsektors galt, besuchten auch Vertreter Bundeskartellamtes leisten fachliche Unterstützung im der chinesischen Wettbewerbsbehörden sowie Delegatio- Rahmen des Europäischen Nachbarschafts- und Partner- nen aus Indonesien, Myanmar, Korea, Vietnam und China schaftsinstruments ENI, ein Instrument der Europäischen das Bundeskartellamt. Union zur Förderung einer ausgewogenen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung in ihren Nachbarländern. Im Rahmen des von der Europäischen Kommission ange- Das Programm zielt darauf ab, die Beziehungen zwi- botenen Austauschs von Angehörigen der Wettbewerbsbe- schen den Teilnehmerländern und der Europäischen Uni- hörden zur Verbesserung der Zusammenarbeit innerhalb on nachhaltig zu vertiefen, um Wohlstand, Stabilität und des European Competition Network (ECN) hatten zwei Sicherheit an den Außengrenzen Europas zu fördern und Mitarbeiter des Bundeskartellamtes die Gelegenheit, einen zu festigen. Das Bundeskartellamt wirkt dabei vor allem vierwöchigen Aufenthalt in der Generaldirektion Wettbe- an Twinning-Projekten des Bundesministeriums für Wirt- werb zu absolvieren. Ein weiterer Mitarbeiter wurde als schaft und Energie und der Gesellschaft für Internationale nationaler Experte für einen Zeitraum von zwei Jahren zur Zusammenarbeit (GIZ) mit. Twinning fördert den Aufbau Generaldirektion Wettbewerb entsandt. von öffentlichen Strukturen im Einklang mit der EU-Ver- waltungspraxis, europäischen Werten und Standards. In Mit der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde Beitrittsländern und potenziellen Kandidatenstaaten steht BWB und der schweizerischen Wettbewerbskommission zusätzlich die Umsetzung des gemeinsamen rechtlichen WEKO hat das Bundeskartellamt regelmäßige trilatera- Besitzstandes der Europäischen Union im Fokus. Im Be- le Treffen auf Leitungsebene etabliert, die im Jahr 2016 richtszeitraum unterstützte das Bundeskartellamt ein ent- durch die Einbindung Lichtensteins erweitert wurden. Im sprechendes Projekt in Ägypten. August 2015 fand ein trilaterales Treffen in Wien statt, im September 2016 trafen sich Vertreter der vier Behörden in Das Bundeskartellamt war ferner an den Schulungen der Bern. Gegenstand der Gespräche ist neben der allgemei- OECD für jüngere Wettbewerbsbehörden in Mittel- und nen Zusammenarbeit der Behörden die Diskussion kar- Osteuropa beteiligt. Darüber hinaus wirkten Angehöri- tellrechtlicher Schwerpunktthemen und der Erfahrungs- ge des Bundeskartellamtes an Fachkonferenzen des EU- austausch in Einzelfällen. China Trade Projects (EUCTP) sowie des Programms zur Durchführung der Deutsch-Chinesischen Vereinbarung Drucksache 18/12760 – 50 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

8. Internationale Kartellkonferenz Herr Dr. Frank Appel, Vorstandsvorsitzender der Deut- sche Post AG, und Herr Joe Kaeser, Vorstandsvorsitzender Das Bundeskartellamt veranstaltete vom 25.-27. März der Siemens AG. Der Eröffnung folgten vier Podiumsdis- 2015 seine 17. und vom 15.-17. März 2017 seine 18. In- kussionen, in denen über den Zusammenhang von Unter- ternationale Kartellkonferenz (IKK) in Berlin mit jeweils nehmensgröße, Wettbewerbsintensität und Innovations- rund 400 Teilnehmern aus über 50 Ländern. Die Konfe- kraft, die Schwierigkeit behördlicher Eingriffe in einer renz wurde im Jahr 1982 in Berlin, dem damaligen Sitz schnelllebigen Internetökonomie, die Anwendung ökono- des Bundeskartellamtes, ins Leben gerufen. Seitdem führt mischer Theorie auf die Herausforderungen der digitalen die Konferenz alle zwei Jahre Vertreter von Wettbewerbs- Wirtschaft und Zukunft sowie die Grenzen der bisher so behörden und andere Wettbewerbsexperten aus der ganzen erfolgreichen Kronzeugenprogramme debattiert wurde. Welt zusammen. Sie hat sich zu einer der renommiertesten Weitere Informationen sowie Redebeiträge sind über die internationalen Veranstaltungen der Wettbewerbspolitik Konferenz-Website www.ikk2017.de abrufbar. entwickelt. Einen Schwerpunkt der 17. IKK bildeten die Themen 9. Deutsch-Französischer Wettbewerbstag Internetökonomie, die wirtschaftliche Macht durch Da- ten und die Frage, wie das klassische Kartellrecht mit Am 14. November 2016 fand in Paris der 7. Deutsch- den sich hieraus ergebenden Fragen umgeht. Am ersten Französische Wettbewerbstag statt, veranstaltet von der Tag der Konferenz sprachen u.a. der für Wettbewerbsfra- französischen Autorité de la concurrence und dem Bun- gen zuständige Staatssekretär im Bundesministerium für deskartellamt. Der Deutsch-Französische Wettbewerbstag Wirtschaft und Energie, Rainer Sontowski, Margrethe wird seit 2004 alle zwei Jahre abwechselnd in Frankreich Vestager, EU-Kommissarin für Wettbewerb, Timotheus und in Deutschland ausgerichtet. Der öffentliche Teil der Höttges, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom Veranstaltung fand am 14. November 2016 in der Maison AG, sowie Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der de l’Europe statt. An der Veranstaltung nahmen Mitglieder Axel Springer SE. In insgesamt vier Podiumsdiskussionen der Kartellbehörden und Wirtschaftsministerien beider haben Leiter von Wettbewerbsbehörden, Kartelljuristen, Länder, sowie Hochschullehrer, Rechtsanwälte und Ver- Wissenschaftler, Politiker, Vertreter international tätiger treter von Unternehmen und Verbänden teil. Unternehmen sowie andere hochrangige Teilnehmer ak- In einem ersten Panel diskutierten die Teilnehmer Fragen tuelle Fragen des internationalen Kartellrechts beleuch- zur Konzentrationsentwicklung im Einzelhandel und zur tet. Zu dem zentralen Konferenzthema Thema „Big Data, wettbewerblichen Beurteilung von Fusionen und Koope- Medien und Wettbewerb – Neue Regeln für die Interne- rationen unter Beteiligung der marktführenden Einzel- tökonomie?“ diskutierten beispielsweise Edith Ramirez, handelsunternehmen auf Beschaffungs- und Absatzmärk- Vorsitzende der US Federal Trade Commission, Kent Wal- ten. Auch Fragen zur Marktabgrenzung je nach Art des ker, Senior Vice President & General Counsel bei Google, Verkaufs (stationär, „drive“, Online-Verkauf etc.) und sowie Alex Chisholm, Chief Executive der UK Competi- Möglichkeiten der Berücksichtigung des „public interest“ tion and Markets Authority. Die zweite Diskussionsrun- bei der Prüfung von Unternehmenszusammenschlüssen de widmete sich den aktuellen Tendenzen hin zu mehr wurden diskutiert. Die zweite Diskussionsrunde befasste Konvergenz bei der internationalen Anwendung der Fu- sich mit der wettbewerblichen Analyse digitaler Plattform- sionskontrolle. Die dritte Podiumsdiskussion beleuchtete märkte, insbesondere mit den Faktoren für Marktmacht die Stellung öffentlich-rechtlicher Unternehmen zwischen auf digitalen Märkten, wie z.B. Netzwerkeffekten, Zu- Staat und Gesellschaft und die Herausforderungen, auf die gang zu Daten und Innovationspotenzial des Internets. In Wettbewerbsbehörden im Umgang mit diesen Unterneh- diesem Rahmen konnte auch auf den von den beiden Be- men treffen. Das vierte Panel befasste sich mit der Aus- hörden erst kürzlich gemeinsam veröffentlichten Bericht gestaltung effektiver Verfahren und wirksamer Sanktionen „Competition Law and Data“ Bezug genommen werden. im Rahmen der Kartellrechtsanwendung und bezog dabei Aber auch die Frage, ob die bisher angewandten Scha- die private Kartellrechtsdurchsetzung im Wege von Scha- denstheorien und Interventionen überzeugend sind, wurde densersatzklagen ein. Redebeiträge der Tagung sind auf intensiv diskutiert. Am Tag nach der öffentlichen Tagung der Konferenz-Website www.ikk2015.de veröffentlicht. trafen sich die Vertreter der Autorité de la concurrence und Im Mittelpunkt der 18. IKK stand der Umgang mit den des Bundeskartellamtes zu einem informellen Austausch, weltweiten Herausforderungen durch Globalisierung und um sich über Themen von gemeinsamen Interesse und Digitalisierung. Keynote-Redner waren Frau Brigitte Zy- mögliche Wege einer vertieften Zusammenarbeit auszu- pries, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, Frau tauschen. Die Präsentationen der Panelisten sind auf der Margrethe Vestager, EU-Kommissarin für Wettbewerb, Internetseite des Bundeskartellamtes abrufbar. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 51 – Drucksache 18/12760

Zweiter Abschnitt

Tätigkeit nach Wirtschaftsbereichen

A. Erzeugung, Verarbeitung, Handel Die von der Generaldirektion Landwirtschaft der Europä- ischen Kommission eingesetzte Agricultural Markets Task I. Landwirtschaft Force hat vor allem verbesserte Kooperationsmöglichkei- 1. Allgemeiner Überblick und ten beim Absatz landwirtschaftlicher Produkte und eine wettbewerbliche Situation Ausweitung der kartellrechtlichen Ausnahmeregelungen im Landwirtschaftsbereich vorgeschlagen. Das Bundes- Die Landwirtschaft war im Berichtszeitraum vor allem kartellamt sieht diese Vorschläge kritisch. Die hinter der durch staatliche und private Reaktionen auf Marktstö- Milchkrise stehende Kernproblematik landwirtschaftlicher rungen gekennzeichnet. Bei Marktstörungen – hierzu ge- Produktmärkte – es handelt sich um homogene Massen- hören laut der gemeinsamen Marktordnung (GMO) z.B. güter, bei denen schon ein geringfügiges Ungleichgewicht starke Preisschwankungen – stehen zu deren Abfederung der Angebots- und Nachfragemengen zu erheblichen Preis- von der staatlichen Intervention über die Exportsteuerung änderungen nach oben wie nach unten führen kann – wird bis hin zur privaten Lagerhaltung mehrere Instrumente zur von den Vorschlägen der Agrarpolitik bisweilen nicht hin- Verfügung. reichend adressiert. Zudem übersehen derartige Vorschläge, dass sich die Marktmacht von Erzeugerorganisationen oder Nach einer Phase vergleichsweise hoher Preise im Jahr Genossenschaften auch gegen die Erzeuger wenden kann, 2014 hat die Landwirtschaft bei wesentlichen Produk- wenn es den Kooperationen nicht gelingt, höhere Preise ten einen starken Einbruch der Preise erlebt. So sind im am Markt durchzusetzen. Die Kooperationsmöglichkeiten, Berichtszeitraum insbesondere die Preise für Milch und die durch das Agrarrecht für die Abnehmer landwirtschaft- Schweine erheblich zurückgegangen. licher Produkte geschaffen werden, können nicht nur zur Im Milchsektor hat die Preisentwicklung phasenweise Durchsetzung besserer Verkaufspreise, sondern genauso krisenhafte Züge angenommen, die Erzeugerpreise für zur Vereinbarung besonders ungünstiger Konditionen für Rohmilch sind seit ihrem Höchststand im Sommer 2014 die Erzeuger genutzt werden. Es fehlt an einem wirksamen von etwa 40 Ct./kg bis zum Frühjahr 2016 auf etwas mehr Mechanismus, der verhindert, dass die agrarrechtlichen als 20 Ct./kg gesunken. Diese Preisentwicklung ist auf Ausnahmen vom Kartellrecht gegen die Erzeuger einge- ein Überangebot an Rohmilch zurückzuführen, das durch setzt werden. Auch mit Blick auf das in Artikel 39 AEUV Produktionssteigerungen entstanden ist, die sich in Folge gleichermaßen verankerte Ziel angemessener Verbraucher- der hohen Preise im Jahr 2014 noch einmal verstärkt hat- preise ist es aus Sicht des Bundeskartellamtes wichtig, die ten. Diese Entwicklung wurde möglich durch den Weg- Reichweite agrarrechtlicher Privilegierungen zu begrenzen. fall der Milchquote zum 1. April 2015. Der Preiseinbruch wurde begünstigt durch schlechtere Absatzmöglichkeiten 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht auf wichtigen Exportmärkten, insbesondere Russland und China, und höheren Wettbewerbsdruck auf Exportmärkten a) Fusionskontrolle durch starke Produktionssteigerungen in exportorientier- aa) Milch ten Mitgliedstaaten der Europäischen Union, allen voran Irland und den Niederlanden. Das Bundeskartellamt hat im Oktober 2015 ein Entflech- tungsverfahren wegen des Verdachts unrichtiger Angaben Diese Preisentwicklung hat zu verschiedenen regulatori- im Rahmen der Anmeldung des Zusammenschlussvorha- schen Eingriffen in das Marktgeschehen geführt. Dabei bens der französischen Großmolkerei Bongrain Europe sind sowohl bestehende Kriseninstrumente aus der GMO SAS (heute: Savencia SAS) mit der Molkerei Söbbeke wie Intervention und private Lagerhaltung in erheblichem GmbH im Jahr 2011 abgeschlossen. Die Ermittlungen Umfang genutzt als auch neue Instrumente geschaffen haben ergeben, dass die Marktdaten von den Beteiligten worden. In mehreren Verordnungen, die auf die Krisen- erhebliche Unrichtigkeiten aufwiesen und das Bundeskar- kompetenzen des Artikels 222 GMO gestützt waren, sind tellamt unter falschen Voraussetzungen zu einer Freigabe vom europäischen Gesetzgeber die Voraussetzungen dafür gekommen ist. Nach Ermittlung der Marktverhältnisse hergestellt worden, dass anerkannte Erzeugerorganisatio- im Bereich biologischer Milchprodukte der weißen Linie nen und Genossenschaften Maßnahmen zur Verknappung ist das Verfahren im Rahmen einer Verständigungslösung der Rohmilchproduktion ergreifen konnten. Dieses Inst- beendet worden. Savencia hat zur Abwendung einer Ent- rument ist jedoch kaum angewandt worden. Parallel dazu flechtung der Molkerei Söbbecke ihre Beteiligung an der wurde vom Gesetzgeber ein Programm zur Mengenreduk- Andechser Molkerei Scheitz GmbH, dem größten Wettbe- tion aufgelegt, das Milcherzeuger für nicht produzierte werber von Söbbecke, veräußert. Zudem ist ein Bußgeld Mengen entschädigt und damit Anreize zu einer Senkung wegen unrichtiger Angaben in der Fusionskontrolle ver- der Produktionsmenge setzt. hängt worden (siehe Pressemitteilungen vom 5. Oktober 2015 und 7. Januar 2016). Drucksache 18/12760 – 52 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode bb) Fleisch und Fleischwirtschaft die Konzentration auf den betreffenden Märkten noch nicht vergleichbar hoch ist wie bei der Erfassung von Im Fusionskontrollverfahren Tönnies/Tummel (siehe lebenden Sauen. Weitere Fusionsfälle betrafen die Verar- Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 48) hat das Oberlandesge- beitung von Wurst und Fleischwaren. In diesem Bereich richt Düsseldorf am 1. Juli 2015 die Beschwerden der hat die mit Tönnies verbundene zur Mühlen-Gruppe nach Zusammenschlussbeteiligten gegen den Beschluss des dem Erwerb der Heinrich Nölke GmbH & Co. KG im Jahr Bundeskartellamtes zurückgewiesen, mit dem der Tön- 2014 im Berichtszeitraum die Hochwald Foods Meppen nies Holding GmbH & Co. KG untersagt wurde, eine GmbH und das Unternehmen Döllinghareico erworben. Mehrheitsbeteiligung an den vier Muttergesellschaften Beide Vorhaben hat das Bundeskartellamt freigegeben. des Schlachthofs Tummel zu erwerben. Das Gericht hat bestätigt, dass die Erfassung von lebenden Sauen zur Ebenfalls im Bereich der Schlachtung – hier von Enten Schlachtung einen eigenständigen sachlichen Markt dar- – hat das Bundeskartellamt die Übernahme des Unterneh- stellt. Im Hinblick auf die räumliche Marktabgrenzung mens Wichmann durch die Paul Wesjohann & Co. GmbH kam das Oberlandesgericht zu dem Ergebnis, dass der (PHW-Gruppe) in der ersten Phase freigegeben. Die Er- nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. werberin ist der größte Geflügelzüchter und -verarbeiter in Januar 2008 (Kreiskrankenhaus Bad Neustadt; Aktenzei- Deutschland und tritt u.a. unter der Marke Wiesenhof am chen: KVR 26/07) abzugrenzende räumliche Markt neben Markt auf. Die Ermittlungen zeigten, dass ein erheblicher Deutschland auch die Niederlande umfasst. Die vom Amt Wettbewerbsdruck von Entenmästern insbesondere aus ermittelten Warenströme hatten gezeigt, dass etwa die Polen und Ungarn ausgeht, deren Importquote sich in den Hälfte aller niederländischen Sauen in Deutschland ge- letzten Jahren sehr stark erhöht hat. Auch die erhebliche schlachtet werden, während in den Niederlanden praktisch Nachfragemacht des Lebensmitteleinzelhandels sprach keine aus Deutschland stammenden Sauen geschlachtet dafür, dass der Fusionsfall nicht zu einer erheblichen Be- werden. Nach dem Oberlandesgericht seien die Wettbe- hinderung wirksamen Wettbewerbs führte. werbsbedingungen in Deutschland und den Niederlanden dennoch hinreichend homogen, um von einem grenzüber- cc) Agrarhandel schreitenden Markt auszugehen. Der Bereich des Agrarhandels ist weiterhin einem Struktur- Auch auf dem so abgegrenzten Markt sah das Oberlan- wandel unterworfen. Die mit der verstärkten Mechanisie- desgericht Düsseldorf die Untersagungsvoraussetzungen rung der Landwirtschaft verbundenen Investitionen stellen als erfüllt an. Jedenfalls werde Tönnies durch den Zu- insbesondere kleinere Agrarhandelsunternehmen vor erheb- sammenschluss im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern liche Herausforderungen. Hinzu kommt, dass die Preisent- eine überragende Marktstellung einnehmen. Maßgeblich wicklung bei Getreide und Ölsaaten im Berichtszeitraum hierfür seien die hohen, knapp unterhalb der Schwelle der zahlreiche Unternehmen vor Schwierigkeiten gestellt hat. Einzelmarktbeherrschungsvermutung liegenden Marktan- teile von Tönnies, die großen Marktanteilsabstände zu den Vor diesem Hintergrund hat das Agrarhandelsunternehmen nächstfolgenden Wettbewerbern und weitere Umstände Getreide AG seine Einzelhandelsaktivitäten samt ihrer Fut- zugunsten von Tönnies, wie verfestigte Geschäftsbezie- termittel- sowie Saatgutherstellung an Agravis Raiffeisen hungen zu zwei der verbleibenden bedeutenderen Wettbe- AG zusammen mit ihrem dänischen Partner Danish Agro werbern und ein bevorzugter Zugang zum Beschaffungs- a.m..ba. veräußert. Die übernommenen Geschäftsberei- markt. Zudem habe das Marktverhalten von Tönnies im che firmieren mittlerweile unter dem Namen Ceravis AG. sog. „Sauenkrieg“ 2010 gezeigt, dass das Unternehmen in Die Ermittlung der Marktverhältnisse im nordöstlichen der Lage sei, durch Zahlung überhöhter Sauenpreise sei- Teil Deutschlands hat dabei ergeben, dass durch den Zu- ne im Vergleich zu den mittelständischen Wettbewerbern sammenschluss in weiten Teilen Sachsen-Anhalts sowie überragende Finanzkraft dahingehend einzusetzen, die im nordwestlichen Teil Brandenburgs marktbeherrschende Wettbewerber in finanzielle Schwierigkeiten zu bringen. Stellungen entstanden und wirksamer Wettbewerb erheb- Schließlich habe Tönnies durch seine vertikale Integration lich behindert worden wären. Die Zusammenschlussbe- – einer der beiden Miteigentümer der Unternehmensgrup- teiligten haben aufgrund der wettbewerblichen Bedenken pe beherrscht den größten deutschen Wursthersteller, die des Bundeskartellamtes ihr ursprüngliches Vorhaben um- zur Mühlen-Gruppe – auch noch einen bevorzugten Zu- strukturiert und die in diesem Gebiet tätige Tochtergesell- gang zur Absatzseite. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht schaft der Getreide AG, Landhandel GmbH Gransee, aus zugelassen. Da keine Nichtzulassungsbeschwerde einge- dem Zusammenschlussvorhaben herausgenommen. Damit legt wurde, ist das Urteil rechtskräftig. sind die Standorte Fehrbellin, Glöwen, Gransee, Pritzwalk, Alt Ruppin, Altlüdersdorf und Neuhof sowie zusätzlich die Auch in den Märkten der Erfassung von lebenden Standorte Parchim und Magdeburg bei der Getreide AG Schweinen und Rindern zur Schlachtung waren mehrere verblieben. Nach Rücknahme und erneuter, abgeänderter Schlachthofübernahmen zu beobachten. So hat Tönnies Anmeldung konnte das Vorhaben in der ersten Phase freige- die R. Thomsen Unternehmensgruppe aus Schleswig- geben werden (siehe Pressemitteilung vom 20. Mai 2015). Holstein erworben. WESTFLEISCH kaufte Schlachthöfe von Gausepohl und den Schlachthof Gelsenkirchen. Die Mittlerweile sind die bei der Getreide AG verbliebenen süddeutsche Müller Fleisch-Gruppe erwarb die Fleisch- Standorte mit Ausnahme des Standorts Magdeburg an den zerlegung Ingolstadt. Diese Zusammenschlüsse konnten privaten Wettbewerber ATR Landhandel GmbH veräußert jeweils ohne vertiefte Prüfung freigegeben werden, weil worden. Für ATR bedeutet dieser Erwerb eine Ausweitung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53 – Drucksache 18/12760 ihres Tätigkeitsgebiets. Auch dieses Vorhaben konnte im staltung der Lieferbeziehungen zwischen Milcherzeugern Vorprüfverfahren freigegeben werden. Der Standort Mag- und Molkereien. Interessierten Wirtschaftskreisen wurde deburg ist stillgelegt worden. Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Das Bundeskartellamt hatte zuvor insgesamt 89 private dd) Saatgut und genossenschaftliche Molkereien befragt, von denen Im Berichtszeitraum hat sich die Übernahme des ameri- im Jahr 2015 ca. 30,9 Mio. Tonnen Rohmilch erfasst wor- kanischen Saatgutherstellers Monsanto durch die Bayer den sind. Dies entspricht etwa 98 Prozent der Milchanlie- AG angebahnt. Für die Prüfung des Vorhabens wird die ferungsmenge. Die Ermittlungen haben ergeben, dass im Europäische Kommission zuständig sein. Die Übernah- Jahr 2015 97,8 Prozent der von den Ermittlungen umfass- me betrifft die Bereiche Pflanzenschutzmittel und Saatgut ten Rohmilchmenge Ausschließlichkeitsbindungen unter- und würde, sollten auch die Fusionsvorhaben Dupont/ lagen. Ferner ist über die Hälfte der Rohmilchmenge nur Dow und ChemChina/Syngenta ohne Einschränkungen mit einem Vorlauf von mindestens zwei Jahren kündbar. realisiert werden, die Konzentration auf diesen Märkten Die effektive Kündigungsfrist kann sich darüber hinaus erhöhen. erheblich verlängern, weil 87,5 Prozent nur einmal im Jahr kündbar sind. Insgesamt führt dies zu einer erheblichen Marktberuhigung, die sich in niedrigen Wechselquoten b) Wettbewerbsbeschränkende niederschlägt. So lag die Wechselquote im Jahr 2015 nur Vereinbarungen und Kartellverfolgung bei 1,0 Prozent der gesamten Rohmilchmenge. aa) Milch In dem Papier nennt das Bundeskartellamt als Anregun- Im Bereich der Rohmilcherfassung führt das Bundeskar- gen für mögliche Alternativen für die Ausgestaltung der tellamt seit April 2016 ein Verwaltungsverfahren, um die Lieferbeziehungen beispielsweise kurze Kündigungsfris- von Molkereien gegenüber den Landwirten aufgestellten ten für Lieferverhältnisse im Milchsektor, eine Lockerung Lieferbedingungen von Rohmilch zu überprüfen. In ei- der Kopplung von Lieferbeziehung und Genossenschafts- nem Pilotverfahren werden zunächst die Lieferbedingun- mitgliedschaft, eine Festlegung der Preise vor Lieferung gen der norddeutschen Großmolkerei DMK Deutsches und die Vereinbarung fester Liefermengen. Milchkontor GmbH sowie ihrer Muttergesellschaft Deut- Das Sachstandspapier ist als Diskussionsgrundlage ge- sches Milchkontor eG untersucht. dacht, um mit den Unternehmen und Verbänden der Im Anschluss an die Erkenntnisse aus der Sektoruntersu- Milchbranche in einen Austausch über mögliche Alterna- chung Milch werden in diesem Verfahren vor allem die tiven zur bisherigen Ausgestaltung der Lieferbeziehungen Ausschließlichkeitsbindungen untersucht, die sich aus der eintreten zu können. Das Sachstandspapier soll sicherstel- Kombination langer Kündigungsfristen und Exklusivi- len, dass diese komplexe Diskussion rechtzeitig beginnt tätsvereinbarungen (sog. Andienungspflicht) ergeben. Die und ohne Zeitdruck geführt werden kann. Rohmilcherfassung findet flächendeckend im Rahmen von Lieferbeziehungen statt, bei denen Wechsel der Molkerei- bb) Vertrieb von Kartoffeln und Zwiebeln en häufig erst nach 24 bis 36 Monaten möglich sind. Es besteht der Verdacht, dass dadurch Wettbewerber an der Das 2013 eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren ge- Akquisition zusätzlicher Rohmilchmengen gehindert wer- gen Anbieter von abgepackten Speisekartoffeln und Spei- den könnten, die diese für Neu- oder Erweiterungsbauten sezwiebeln (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 51) wurde benötigen. Zugleich könnten unkontrollierte wettbewerb- im Berichtszeitraum fortgeführt. liche Verhaltensspielräume für die Molkereien entstehen, indem Erzeuger am zeitnahen Wechsel ihrer Molkerei cc) Vertrieb von Pflanzenschutzmitteln gehindert werden. Ebenfalls untersucht wird die weit verbreitete Praxis, dass der Milch-Auszahlungspreis erst Im Bereich des Vertriebs von Pflanzenschutzmitteln hat nach der Lieferung festgesetzt wird und sich an sog. Re- das Bundeskartellamt im März 2015 Durchsuchungen bei ferenzpreissystemen orientiert, die dazu führen, dass die mehreren Großhändlern und einem Verband durchgeführt Preisänderung einer Molkerei umgehend entsprechende und das Verfahren gegen weitere Unternehmen und einen Preisänderungen bei anderen Molkereien nach sich zieht. Verband eingeleitet. Es besteht der Verdacht, dass es zwi- schen den Pflanzenschutzgroßhändlern zu Kartellabspra- Die in Rede stehenden Verhaltensweisen sind sowohl chen und insbesondere zu Preisabsprachen gekommen ist. bei genossenschaftlichen als auch bei privaten Molke- reien verbreitet. Das Bundeskartellamt hat zur näheren dd) Agrarhandel (hier: Agrartechnik) Prüfung dieser Fragen eine umfassende Befragung der Marktteilnehmer durchgeführt (siehe Pressemitteilung Das Bundeskartellamt hat im Januar und Februar 2016 vom 21. April 2016). Nach Auswertung der Antworten hat Durchsuchungen bei mehreren landwirtschaftlichen das Bundeskartellamt im März 2017 ein Sachstandspa- Hauptgenossenschaften sowie bei einem Verband durch- pier veröffentlicht (siehe Pressemitteilung vom 13. März geführt. Es besteht der Verdacht, dass es zwischen den 2017). Darin stellt die Behörde zentrale Ergebnisse der Hauptgenossenschaften zu Kartellabsprachen beim Ver- bisherigen Ermittlungen dar und gibt erste Anregungen kauf von Landmaschinen und Ersatzteilen sowie bei der für wettbewerbsfreundlichere Alternativen für die Ausge- Abrechnung von Werkstattleistungen gekommen sein soll. Drucksache 18/12760 – 54 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

II. Herstellung von Nahrungsmitteln Politik eine gewisse Erwartungshaltung, dass derartige „wünschenswerte Maßnahmen“ nicht durch das Kartell- 1. Allgemeiner Überblick recht blockiert werden. Unternehmen, die einer Teilnahme a) Wettbewerbliche Situation kritisch gegenüberstehen, machen hingegen oftmals kar- tellrechtliche Bedenken geltend. Eine Alternative zu den Im Bereich der Ernährung und Herstellung von Nah- freiwilligen Initiativen der Wirtschaft wären jedoch häufig rungsmitteln gab es eine Vielzahl von Fusionsfällen, die entsprechende gesetzliche Vorgaben bzw. eine effektive in bestimmten Märkten zu einer deutlichen Konzentrati- Durchsetzung bereits bestehender Gesetze auf nationaler on führten. Zumindest ein Teil dieser Zusammenschlüsse oder europäischer Ebene. erfolgte auch als Reaktion auf die zunehmende Konzent- ration auf der Marktgegenseite im Bereich des Lebensmit- Zu den bisherigen Anfragen hat sich das Bundeskartellamt teleinzelhandels. in der Regel zurückhaltend geäußert und auf allgemeine Eckpunkte für eine kartellrechtliche Unbedenklichkeit der Zudem hat es mehrere Ordnungswidrigkeitsverfahren Vereinbarungen (Kartellverbot, Diskriminierungsverbot, des Bundeskartellamtes im Bereich der Herstellung von Missbrauchsverbot) hingewiesen. Teilweise hat das Bun- Lebensmitteln gegeben, die im Berichtszeitraum verfolgt deskartellamt von seinem Ermessen Gebrauch gemacht und teilweise auch abgeschlossen wurden. und die Vereinbarung nicht aufgegriffen. Das Bundes- kartellamt sieht jedoch eine wachsende Bedeutung dieser b) Nachhaltigkeitsinitiativen von Wirtschaft Thematik, die zudem deutlich über Deutschland hinaus- und Politik geht und wird die damit zusammenhängenden Fragen kurzfristig in entsprechenden internationalen Gremien zur Im Berichtszeitraum erreichten das Bundeskartellamt Diskussion stellen. verschiedene Anfragen zur kartellrechtlichen Beurteilung sog. „Nachhaltigkeitsinitiativen“. Die betreffenden Initi- 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ativen werden häufig in Form von Selbstverpflichtungen der Wirtschaft gegründet und von politischer Seite unter- a) Fusionskontrolle stützt. Die Initiativen verfolgen in der Regel außerwett- bewerbliche Ziele wie Umweltschutz, Tierschutz, Sozial- GoodMills Deutschland – ehemals VK Mühlen – hat im standards oder Gesundheitsschutz, deren Umsetzung bzw. Berichtszeitraum zwei Zusammenschlüsse angemeldet, Erreichung teilweise auch außerhalb Deutschlands er- die im Hauptprüfverfahren freigegeben wurden. Der erste folgen soll. Beispiele für derartige - zum Teil schon län- Zusammenschluss betraf den Erwerb der Haushaltsmehl- ger existierende - Initiativen sind das Fairtrade-System, Marken „Diamant“ und „Goldpuder“ von der PMG Pre- die Initiative Tierwohl (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, mium Mühlen Gruppe GmbH & Co. KG. Betroffen war S. 53 f.), die Vereinbarung zur Kennzeichnung von Ein- das Produkt Haushaltsmehl, d.h. Mehl in Kleinpackungen, wegpfand, das Textilbündnis oder die Vereinbarung zur das über den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) an Endver- Verringerung des Verbrauchs von Kunststoff-Trage- braucher verkauft wird. Das Bundeskartellamt ist von ei- taschen. Die Gemeinsamkeit dieser Initiativen besteht da- nem einheitlichen Markt für Haushaltsmehl ausgegangen, rin, dass die jeweiligen Ziele u.a. durch Absprachen zwi- welcher Herstellermarken und Handelsmarken umfasst. schen – möglichst vielen – Unternehmen auf derselben Durch den Zusammenschluss konnte GoodMills Deutsch- oder auf nachgelagerten Wirtschaftsstufen erreicht werden land seine bereits bestehende Marktführung weiter aus- sollen. Die von den Absprachen bzw. dem Informations- bauen. Dennoch besteht bei Haushaltsmehl ausreichender austausch betroffenen Wettbewerbsparameter (Einkaufs- Wettbewerbsdruck, der verhindert, dass GoodMills nach preise, Bezugsquellen, Sozial- oder Gesundheitsstandards dem Zusammenschluss über unkontrollierbare Verhaltens- für Lieferanten, Umweltschutzvorgaben, etc.) sowie der spielräume verfügt. Der Marktanteil von GoodMills bei Grad der Vereinheitlichung und die wettbewerblichen Haushaltsmehl lag auch nach der Fusion noch unterhalb Auswirkungen variieren dabei deutlich; die Beteiligten von 40 Prozent und für die Abnehmer gab es hinreichende wünschen sich jedoch häufig eine Einschätzung des Bun- Bezugsalternativen (siehe Pressemitteilung und Beschluss deskartellamtes zur kartellrechtlichen Zulässigkeit ihrer vom 18. Juni 2015, B2-26/15). Vereinbarungen. Der zweite Fall betraf das Vorhaben der GoodMills Für das Bundeskartellamt sind derartige Anfragen mit Deutschland GmbH, den Geschäftsbereich Hartweizen verschiedenen Problemen behaftet: So ist eine Abwägung der Pfalzmühle Mannheim von der PMG Premium Müh- von wettbewerblichen und außerwettbewerblichen bzw. len Gruppe GmbH & Co. KG, zu erwerben. Hauptprodukt außerwirtschaftlichen (Gemeinwohl-) Zielen innerhalb ist der bei der Vermahlung von Hartweizen anfallende des GWB bzw. des AEUV nur sehr bedingt vorgesehen, es Hartweizengrieß für die Herstellung von Pasta. Durch den existiert folglich auch kaum Fallpraxis. Die tatsächlichen Zusammenschluss konnte GoodMills Deutschland seine wettbewerblichen Auswirkungen derartiger Vereinbarun- bereits bestehende Stellung als Marktführer im Gebiet gen sind ferner im Einzelfall oft kaum abzuschätzen, da Südwestdeutschland stärken. Dies führte aber nicht zu sie von der konkreten Umsetzung und Weiterentwicklung einer erheblichen Beeinträchtigung wirksamen Wettbe- der jeweiligen Initiative abhängen und teilweise schwer- werbs, da auch weiterhin hinreichender Wettbewerbsdruck punktmäßig im außereuropäischen Ausland auftreten. durch andere Anbieter bestand. In dem Markt für Hart- Gleichzeitig besteht seitens der Öffentlichkeit bzw. der weizenmahlprodukte gab es erhebliche Überkapazitäten, Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55 – Drucksache 18/12760 sodass den Kunden ausreichende Alternativen für die Be- zurückgenommen haben (siehe aktualisierter Fallbericht schaffung zur Verfügung standen (siehe Pressemitteilung vom 08.05.2017, B11-13/06). Der im gleichen Verfahren vom 25. März 2015 und Beschluss vom 24. März 2015, beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie von B2-112/14). einem weiteren Unternehmen gestellte Gnadenantrag hin- sichtlich eines bereits bestandskräftigen Bußgeldbeschei- Weiterhin hat das Bundeskartellamt den Erwerb des pol- des war im Juli 2015 zurückgenommen worden. nischen Unternehmens Nordfish durch Homann Feinkost/ Unternehmensgruppe Theo Müller freigegeben. Hinsicht- lich der sachlichen Marktabgrenzung hat sich das Bundes- cc) Kaffeeprodukte kartellamt am vorhergehenden Fusionsfall Homann Fein- Das Verfahren gegen Kaffeeröster wegen Preisabsprachen kost/Rügen Feinkost (siehe Tätigkeitsbericht 2011/12, (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 52) ist inzwischen S. 55) orientiert und einen einheitlichen Markt für Fein- rechtskräftig abgeschlossen. Der Bundesgerichtshof hat kostsalate und Fischfeinkost abgegrenzt, der weder nach die Rechtsbeschwerde der Melitta Europa GmbH & Co. Hersteller- bzw. Handelsmarken noch nach anderen Kri- KG mit Urteil vom 27. Januar 2015 als unbegründet zu- terien weiter zu unterteilen war. Der Zusammenschluss rückgewiesen (Aktenzeichen: KRB 39/14). Eine Verfas- führte nicht zu einer Behinderung wirksamen Wettbe- sungsbeschwerde des Unternehmens wurde vom Bundes- werbs. Der gemeinsame Marktanteil der Unternehmen lag verfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen unter der Vermutungsschwelle von 40 Prozent. Außerdem (Kammerurteil vom 20. August 2015, Aktenzeichen: geht auch nach der Fusion hinreichender Wettbewerbs- 1 BvR 980/15). druck von deutschen und ausländischen Wettbewerbern aus. Zudem wird der wettbewerbliche Spielraum durch Auch das Verfahren gegen Hersteller von Röstkaffee für die starke Verhandlungsposition des Lebensmitteleinzel- den Außer-Haus-Bereich wegen Preisabsprachen (siehe handels eingeschränkt. Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 52) ist rechtskräftig ab- geschlossen. Auf die Einsprüche der Segafredo Zanetti b) Kartellverfolgung Deutschland GmbH und eines Verantwortlichen verhängte das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 17. De- aa) Zucker zember 2015 jeweils Geldbußen, die auf einer Verständi- gung im Sinne des § 257c StPO beruhten (Aktenzeichen: Im Nachgang zu dem Abschluss des Kartellverfahrens des V-4 Kart 2/15 OWi). Das Gericht erhöhte dabei die Geld- Bundeskartellamtes gegen die drei deutschen Zuckerher- buße der Segafredo Zanetti Deutschland GmbH um rund steller Südzucker, Nordzucker und Pfeifer & Langen so- neun Prozent gegenüber dem vom Bundeskartellamt ur- wie sieben persönlich Verantwortliche wegen verbotener sprünglich verhängten Betrag (siehe Fallbericht vom 21. Gebiets- und Kundenschutzabsprachen im Februar 2014 Januar 2016, B11-19/08). (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 50 f.) hat eine Viel- zahl von Unternehmen der zuckerverarbeitenden Industrie Zivilklagen angestrengt. Der Streitwert liegt dabei inzwi- dd) Süßwaren schen jenseits der Marke von 500 Mio. Euro. Im Kartellordnungswidrigkeitenverfahren gegen Herstel- Zur Vorbereitung dieser Klagen sind beim Bundeskartell- ler von Süßwaren (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 52 amt bislang über 130 Anträge auf Akteneinsicht eingereicht f.) wurden im Verfahrenskomplex „Vierer-Runde“ die worden. Auf 111 dieser Anträge wurde Akteneinsicht zu- Einsprüche gegen den Bußgeldbescheid, der gegen die gesprochen, 21 Anträge wurden zurückgenommen, ein Nestlé Kaffee und Schokoladen GmbH und einen verant- Antrag wurde wegen fehlenden Bezugs von kartellbefan- wortlichen Mitarbeiter ergangen war, im Dezember 2016 genem Zucker zurückgewiesen. Dabei ist ein Großteil der zurückgenommen. Der Bußgeldbescheid ist nunmehr Akteneinsichtsanträge innerhalb des ersten halben Jahres rechtskräftig und der Verfahrenskomplex „Vierer-Runde“ nach Erlass der Bußgeldbescheide gestellt worden, aber abgeschlossen (siehe Fallbericht vom 17. Januar 2017, auch zwei Jahre nach Rechtskraft der Bußgeldbescheide B11-11/08). gehen noch vereinzelt neue Anträge auf Akteneinsicht ein. Im Verfahrenskomplex „Konditionenvereinigung“ hat das Oberlandesgericht Düsseldorf im Januar 2017 auf die Ein- bb) Mehl sprüche der Bahlsen GmbH und Co. KG, der CFP Brands Süßwarenhandels GmbH & Co. KG, der Griesson de Beu- Das Kartellverfahren gegen Brotgetreidemühlen wegen kelaer GmbH & Co. KG, der Feodora Chocolade GmbH Preis-, Mengen- und Kundenschutzabsprachen gegen- & Co. KG, des Bundesverbandes der Deutschen Süßwa- über Industrie- und Bäckerkunden sowie dem Lebens- renindustrie e.V. (BDSI) sowie deren verantwortlichen mitteleinzelhandel (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, Mitarbeiter mit Urteil Bußgelder verhängt, die teilweise S. 51 f.) ist rechtskräftig abgeschlossen, nachdem im noch über die vom Bundeskartellamt festgesetzten Buß- März 2017 die Saalemühle Alsleben GmbH, die Hedwigs- gelder hinausgingen (siehe Pressemitteilung vom 27. Ja- burger Okermühle GmbH und die Heinrich Thylmann nuar 2017). Die genannten Unternehmen haben gegen das GmbH & Co. KG sowie zwei persönlich Betroffene ihre Urteil (Aktenzeichen: V-4 Kart 6/15 OWi), welches zum Einsprüche gegen die Bußgeldbescheide des Bundeskar- Redaktionsschluss noch nicht schriftlich vorlag, Rechts- tellamtes vom Februar 2013 kurz vor bzw. zu Beginn der beschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt. Hauptverhandlung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf Drucksache 18/12760 – 56 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ee) Informationsaustausch Konsumgüter im Vordergrund. Die Fusionskontrollpraxis des Bundes- kartellamtes ist vor dem Hintergrund der hohen Konzen- Im Kartellordnungswidrigkeitenverfahren gegen die tration im deutschen Lebensmitteleinzelhandel zu sehen, Nestlé Deutschland AG und einen verantwortlichen Mit- die mit den Fusionen weiter zugenommen hat. Zudem arbeiter wegen des Vorwurfs der Beteiligung an einem wurden die sehr umfangreichen Bußgeldverfahren be- wettbewerbswidrigen Informationsaustausch (siehe Tätig- züglich vertikaler Preisbindungen im Lebensmittelsek- keitsbericht 2013/14, S. 53) wurden die Einsprüche gegen tor abgeschlossen. Schließlich standen missbräuchliche den Bußgeldbescheid im Dezember 2016, wenige Wochen Verhaltensweisen durch marktmächtige Lebensmittelein- vor Beginn des gerichtlichen Verfahrens vor dem Ober- zelhandel-Unternehmen als Nachfrager insbesondere im landesgericht Düsseldorf, zurückgenommen. Damit sind Hinblick auf das Anzapfverbot im Fokus. Die Aufhebung alle in diesem Verfahren erlassenen Bußgeldbescheide des Beschlusses des Bundeskartellamtes gegen EDEKA gegen insgesamt vier Unternehmen in Höhe von insge- („Hochzeitsrabatte“) durch das Oberlandesgericht Düs- samt rund 57 Mio. Euro rechtskräftig und das Verfahren seldorf war mitursächlich für gesetzgeberische Aktivitäten ist abgeschlossen (siehe Fallbericht vom 17. Januar 2017, auf nationaler Ebene und beeinflusste auch die europäi- B11-12/08). sche Diskussion. ff) Fernsehbiere 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht Das Bundeskartellamt hat das Verfahren wegen verbo- a) Fusionskontrolle tener Preisabsprachen bei Flaschen- und Fassbier (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 53) im August 2015 an die EDEKA/Kaiser’s Tengelmann Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf abgegeben. Nach- dem die Privatbrauerei Bolten GmbH & Co. KG sowie Im März 2015 hat das Bundeskartellamt die geplante Fu- der betreffende Verantwortliche ihre Einsprüche gegen sion zwischen EDEKA und Kaiser´s Tengelmann unter- den an sie gerichteten Bußgeldbescheid bereits im Ap- sagt (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 55 ff.). An diese ril 2015 zurückgenommen hatten, ist das Verfahren ge- Entscheidung schlossen sich im Berichtszeitraum diverse gen sechs Unternehmen und acht persönlich Betroffene Gerichtsverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf rechtskräftig abgeschlossen. Anhängig sind damit noch sowie ein Ministererlaubnisverfahren und ein weiteres Fu- die Bußgeldbescheide gegen die Unternehmen Carlsberg sionskontrollverfahren an. Deutschland GmbH, Radeberger Gruppe KG, Erzquell Bereits im Vorfeld der Anmeldung des Zusammenschluss- Brauerei Bielstein Haas & Co. KG, Cölner Hofbräu P. Jo- vorhabens EDEKA/Kaiser’s Tengelmann hatten die Par- sef Früh KG, Privatbrauerei Gaffel Becker & Co. OHG teien konkrete Maßnahmen zur gemeinsamen Warenbe- und den Verband Rheinisch-Westfälischer Brauereien e.V. schaffung und -verrechnung, zu Veränderungen bei Teilen sowie sechs persönlich Betroffene. Die Generalstaatsan- des Kaiser’s-Filialnetzes, Lagern und Fleischwerken so- waltschaft Düsseldorf hat die Akten im Dezember 2016 wie damit zusammenhängende personelle Maßnahmen dem Oberlandesgericht Düsseldorf vorgelegt. Ein Termin vereinbart. Das Bundeskartellamt hatte diese Maßnahmen für die Hauptverhandlung ist zum Redaktionsschluss noch als Vollzugshandlungen gewertet und mittels einer einst- nicht bestimmt. weiligen Anordnung am 3. Dezember 2014 unterbunden (siehe Pressemitteilung vom 4. Dezember 2014). Mit der gg) Reis und Hülsenfrüchte Untersagung des Fusionsvorhabens am 31. März 2015 war diese einstweilige Anordnung gegenstandslos geworden. Das Bundeskartellamt hat im März 2016 Durchsuchungen Die betreffenden Maßnahmen hat das Bundeskartellamt bei drei Anbietern von Reis und Hülsenfrüchten wegen des jedoch in den Tenor seines Untersagungsbeschlusses in der Verdachts der Beteiligung an wettbewerbsbeschränkenden Hauptsache unter Ziffer zwei bis fünf übernommen, um Absprachen durchgeführt. Nach Auswertung der sicherge- diesen näher zu konkretisieren und den Erhalt der Eigen- stellten Unterlagen und Durchführung von Vernehmungen ständigkeit und des Wettbewerbspotenzials von Kaiser’s ergab sich ein vorläufiges Bild, dessen abschließende Klä- Tengelmann bis zu einer endgültigen Entscheidung über rung einen dem Sachverhalt nicht mehr entsprechenden das Vorhaben zu gewährleisten (siehe Fallbericht vom Aufwand erfordert hätte, so dass das Verfahren im April 6. Juli 2015). 2017 gemäß § 47 Abs. 1 OWiG aus Ermessensgründen eingestellt wurde. Auf die Fortsetzungsfeststellungsbeschwerden von EDE- KA und Kaiser’s Tengelmann hat das Oberlandesgericht III. Lebensmitteleinzelhandel Düsseldorf mit Urteil vom 9. Dezember 2015 die einst- weilige Anordnung des Bundeskartellamtes teilweise für 1. Allgemeiner Überblick und rechtswidrig erklärt (Aktenzeichen: VI Kart 1/15 (V)). wettbewerbliche Situation Das Bundeskartellamt hat in dieser Sache Nichtzulas- sungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt. Im Berichtszeitraum standen vor allem die Fusionen von EDEKA und Kaiser´s Tengelmann (Untersagung durch Den Beschwerden von EDEKA und Kaiser’s Tengelmann das Bundeskartellamt, Ministererlaubnis unter Bedingun- gegen die – inhaltsgleichen – Tenor-Ziffern zwei bis fünf gen und zahlreiche Gerichtsverfahren) sowie von REWE der Untersagungsentscheidung hat das Oberlandesgericht und Coop (Freigabe unter aufschiebenden Bedingungen) Düsseldorf hingegen mit Urteil vom 26. Oktober 2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 57 – Drucksache 18/12760 nur in Bezug auf die Veränderungen des Filialnetzes von gend Berliner) Filialen an die REWE weiterveräußert. Kaiser’s Tengelmann (Ziffer drei der Verfügung) stattge- geben (Aktenzeichen: VI Kart 5/15 (V)). In Bezug auf Im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens hatten die die beabsichtigten Vorab-Maßnahmen zur gemeinsamen Schlichter und die Unternehmen das Bundeskartellamt be- Warenbeschaffung und -verrechnung (Ziffer zwei der reits gebeten, bestimmte kartellrechtliche Fragen vor einer Verfügung) sowie die Schließung bzw. Entwertung von möglichen Weiterveräußerung von Standorten an REWE Lägern und Fleischwerken bzw. damit verbundene perso- zu erläutern. Unter der Voraussetzung, dass die Minister- nelle Maßnahmen (Ziffern vier und fünf der Verfügung) erlaubnis rechtswirksam und bestandskräftig wird, hatte hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Auffassung des das Bundeskartellamt den Parteien auf der Basis von aktu- Bundeskartellamtes bestätigt, wonach diese Maßnahmen ellen Zahlen eine erste indikative Einschätzung gegeben, zu einem Verstoß gegen das Vollzugsverbot geführt hätten. in welchen Marktgebieten die Übertragung von Filialen Sowohl EDEKA als auch das Bundeskartellamt haben ge- von EDEKA an REWE kartellrechtlich unproblematisch gen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde beim Bundes- sein könnte. Das Bundeskartellamt hat dabei deutlich ge- gerichtshof eingelegt. macht, dass ein Erwerb von Filialen in Berlin – wo EDE- KA Marktführer ist und deutlich vor REWE liegt – eher In Bezug auf die Untersagung des Zusammenschlussvor- unproblematisch ist als in München und im Rheinland, wo habens EDEKA/ Kaiser’s Tengelmann (Ziffer eins des REWE mit Abstand Marktführer vor EDEKA ist. Diese Beschlusses vom 31. März 2015, B2-96/14) legten die Einschätzung floss als wettbewerbsrechtlicher Rahmen in Zusammenschlussbeteiligten ebenfalls Beschwerde beim die Verhandlungen mit dem Schlichter ein. Soweit entspre- Oberlandesgericht Düsseldorf ein und stellten gleichzeitig chende Daten vorliegen, entsprechen derartige Vorabein- Ende April 2015 einen Antrag auf Erteilung einer Minis- schätzungen der üblichen Praxis des Bundeskartellamtes tererlaubnis nach § 42 beim Bundesminister für Wirtschaft im Vorfeld von komplexeren Fusionsvorhaben. und Energie. Am 9. März 2016 wurde diese Erlaubnis un- ter aufschiebenden und auflösenden Bedingungen zum Das sich an die Schlichtung anschließende Fusionskont- Erhalt der Arbeitsplätze und der Arbeitnehmerrechte der rollverfahren, welches den Erwerb der Filialen durch die Beschäftigten von Kaiser‘s Tengelmann erteilt. Die Mi- REWE vom Marktführer EDEKA zum Gegenstand hatte, nistererlaubnis wurde damit begründet, dass die Gemein- konnte auf Basis einer detaillierten Datengrundlage, die wohlgründe „Arbeitsplatzerhalt und Beschäftigungssi- im Bundeskartellamt wegen eines anderen aktuell anhän- cherung“ und „Erhalt der Arbeitnehmerrechte“ die vom gigen Fusionskontrollverfahrens vorhanden war, zügig Bundeskartellamt festgestellte Wettbewerbsbeschränkung abgeschlossen werden. Die Beurteilung des Bundeskar- überwiegen. tellamtes erfolgte unter der Bedingung der Rücknahme der Beschwerde gegen die Ministererlaubnis durch die Die Wettbewerber REWE, Markant und Norma, die sich REWE und der Mitteilung des Bundeswirtschaftsministe- zum Ministererlaubnisverfahren hatten beiladen lassen, riums, dass die Bedingungen der Ministererlaubnis erfüllt reichten nach Erteilung der Ministererlaubnis Beschwer- worden waren. Dadurch wurde die Ministererlaubnis be- de beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein, um die Ent- standskräftig und wirksam, sodass die EDEKA zunächst scheidung des Bundesministers für Wirtschaft und Ener- das Unternehmen Kaiser’s Tengelmann übernehmen gie anzufechten. REWE und Markant beantragten zudem konnte. einstweiligen Rechtsschutz, um den Vollzug der Fusion bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung zu unterbinden. In allen betroffenen Marktgebieten, vor allem in Berlin, Diesen einstweiligen Rechtsschutz gewährte das Ober- war die EDEKA nach der Übernahme Marktführer, sodass landesgericht Düsseldorf mit Entscheidung vom 12. Juli die Weiterveräußerung von Filialen an die REWE zu kei- 2016, indem es die aufschiebende Wirkung der Beschwer- ner Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen führ- den anordnete (Aktenzeichen: VI Kart 3/16 (V)). Tragend te, sondern – für sich genommen – sogar zu strukturellen für die Entscheidung war die Besorgnis der Befangenheit Verbesserungen. Das Vorhaben konnte somit freigegeben des Bundeswirtschaftsministers. Gegen die Entscheidung werden (siehe Pressemitteilung vom 8. Dezember 2016). des Oberlandesgerichts Düsseldorf legten sowohl der Bundeswirtschaftsminister als auch EDEKA und Kaiser’s REWE/Coop Tengelmann Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesge- richtshof ein. Im Berichtszeitraum unter aufschiebenden Bedingungen freigegeben werden konnte ferner im Oktober 2016 das Im Oktober 2016 nahmen Norma und Markant auf Basis Vorhaben der REWE, den norddeutschen Lebensmitte- einer kommerziellen Einigung mit den Zusammenschluss- leinzelhändler Coop eG zu übernehmen. Coop betrieb in beteiligten ihre Beschwerden gegen die Ministererlaubnis den Bundesländern Schleswig-Holstein, Mecklenburg- zurück. Anfang Dezember wurde die Ministererlaubnis Vorpommern, Brandenburg und rund 200 Fili- schließlich bestandskräftig, da auch die REWE ihre Be- alen unter der Marke Sky. Das Bundeskartellamt hat im schwerden gegen die Ministererlaubnis beim Oberlan- Fusionsfall REWE /Coop konzeptionell die gleiche Prü- desgericht Düsseldorf zurückgenommen hatte. Diese fung durchgeführt wie im Fusionsfall EDEKA/Kaiser’s Rücknahme war Ergebnis der zuvor vom Bundeswirt- Tengelmann. Auf der Absatzseite wurden 45 regionale schaftsminister initiierten Schlichtung, welche dadurch Markträume in Norddeutschland detailliert untersucht. abgeschlossen wurde, dass EDEKA – nach der Übernah- Hierbei handelte es sich überwiegend um ländliche Ge- me von Kaiser’s Tengelmann – im Gegenzug 67 (überwie- biete. Darüber hinaus wurde für Hamburg eine Analyse Drucksache 18/12760 – 58 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode anhand von sieben Stadtbezirken vorgenommen. Die Er- chen Verfahrensbeendigung (Settlement) erlassen. Ge- mittlungen hatten gezeigt, dass die Übernahme in den Re- gen mehrere kooperierende Unternehmen wurden keine gionen Boizenburg, Husum, Ludwigslust, Nauen, Röbel, Geldbußen verhängt bzw. die Geldbußen reduziert. Zwar Schwarzenbek, Schwerin und Wittenburg sowie in den ist die Bonusregelung des Bundeskartellamtes nur auf ho- Hamburger Stadtbezirken Nord und Harburg zu einer Be- rizontale Absprachen zwischen Wettbewerbern und nicht hinderung des Wettbewerbs geführt hätte. auf vertikale Absprachen im Verhältnis von Lieferant/Ab- nehmer anwendbar. Allerdings kann das Bundeskartellamt Zur Beseitigung dieser Wettbewerbsprobleme hatten die Kooperation von (Neben-)Betroffenen bei der Aufklä- REWE und Coop jedoch bereits während des laufenden rung vertikaler Preisbindungspraktiken im Rahmen seines Verfahrens elf Filialen aus den betroffenen Regionalmärk- Ermessens bis hin zum Bußgelderlass berücksichtigen. ten an die wettbewerblich unabhängige, mittelständische Ebenfalls aus Ermessensgründen hatte das Bundeskar- Bartels-Langness-Gruppe verkauft. Das Bundeskartell- tellamt bereits zuvor alle Verfahren gegen die persönlich amt hat die Veräußerungen von REWE und Coop über- Betroffenen eingestellt (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, prüft und sieht damit die Einhaltung der aufschiebenden S. 57). Bedingungen der Entscheidung vom 28. Oktober 2016 als erfüllt an. Bußgelder wurden durchweg wegen gravierender Verstöße gegen das Preisbindungsverbot verhängt. Das Verfahren Auf den Beschaffungsmärkten – im Verhältnis der Händ- konzentrierte sich dabei auf bestimmte Warengruppen. ler zu ihren Lieferanten – kam es nach Auffassung des Besonders hervorzuheben sind die Warengruppen Kaf- Bundeskartellamtes durch die Übernahme von Coop fee, Süßwaren und Bier, in denen das Bundeskartellamt durch REWE nicht zu einer erheblichen Behinderung zuvor bereits horizontale Absprachen auf Herstellerebene wirksamen Wettbewerbs. Maßgeblich hierfür war u.a. die bebußt hatte. In diesen drei Warengruppen lag dement- Tatsache, dass das eigenständige Beschaffungsvolumen sprechend die besonders wettbewerbs- und verbraucher- von Coop lediglich einem Anteil von unter 0,5 Prozent am schädliche Konstellation vor, dass horizontale Absprachen gesamten Beschaffungsvolumen des deutschen Lebens- mit vertikaler Preisbindung einhergehen. In diesen drei mitteleinzelhandels entsprach. REWE und Coop waren Warengruppen wurde auch das Gros der Geldbußen ver- bereits seit fast zehn Jahren in einer Einkaufskooperation hängt (siehe Fallberichte vom 18. Juni 2015, B10-41/14; verbunden, über die Coop den überwiegenden Teil seiner 18. Januar 2016, B10-50/14 und 14. Dezember 2016, B10- Waren beschafft hatte. Insoweit war Coop auf der Be- 40/14, B10-20/15). Weitere Geldbußen ergingen in den schaffungsseite schon in der Vergangenheit nicht als un- Warengruppen Tiernahrung und Körperpflegeprodukte. abhängiger Wettbewerber von REWE zu sehen, der eine Die wenigen Verfahren in der Warengruppe Babynahrung echte Ausweichalternative für die Lieferanten dargestellt wurden teils im Ermessen und teils aus Mangel an Bewei- hätte (siehe Pressemitteilung vom 28. Oktober 2016). sen eingestellt. Die EDEKA Zentrale und EDEKA Nord, die sich bei- Sanktioniert wurden die vertikalen Preisbindungsprak- de zum Fusionskontrollverfahren hatten beiladen lassen, tiken auf der Grundlage von Artikel 81 Abs. 1 EG (a.F., reichten nach Erteilung der Freigabe unter Nebenbestim- nunmehr Artikel 101 Abs. 1 AEUV). Ein Bußgeldbe- mungen Drittbeschwerde beim Oberlandesgericht Düssel- scheid in der Warengruppe Bier erging wegen einer Auf- dorf ein. Im Zuge der Einigung von EDEKA und REWE sichtspflichtverletzung (§ 130 OWiG) im Konzern. Das im Verfahrenskomplex EDEKA/Kaiser’s Tengelmann ver- Bundeskartellamt hat dabei eine eingehende Bewertung pflichtete sich EDEKA jedoch zu einer Rücknahme der der Compliance-Anstrengungen der Konzernmutter vor- Beschwerden. Diese Rücknahme erfolgte im Dezember genommen. 2016, sodass die Freigabe im Fall REWE/Coop rechts- kräftig wurde. Das Verfahren gegen die Dirk Rossmann GmbH in der Warengruppe Kaffee wurde mit Schreiben vom 28. Ok- b) Kartellverfolgung – tober 2016 an die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf Vertikale Preisbindung abgegeben. Ein Termin für die Hauptverhandlung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf ist noch nicht bestimmt. Das Bundeskartellamt hat das Verfahren wegen des Ver- Das Verfahren gegen die beiden EDEKA-Regionalge- dachts wettbewerbswidriger vertikaler Preisabsprachen, sellschaften EDEKA Handelsgesellschaft Nord mbH und das es seit 2010 gegen zahlreiche Konsumgüterhersteller EDEKA Handelsgesellschaft Hessenring mbH soll bis und Lebensmitteleinzelhändler führt (siehe Tätigkeitsbe- Mitte des Jahres 2017 ebenfalls an die Generalstaatsan- richt 2009/10, S. 72 f.), im Berichtszeitraum abgeschlos- waltschaft Düsseldorf abgegeben werden. sen. Insgesamt verhängte das Bundeskartellamt gegen vier Konsumgüterhersteller und neun Handelsunternehmen Alle übrigen Bußgeldbescheide sind rechtskräftig (siehe bzw. Handelsunternehmensgruppen Geldbußen in einer Pressemitteilungen vom 18. Juni 2015, 9. Mai 2016 und Gesamthöhe von etwa 260 Mio. Euro. Mit Ausnahme der 15. Dezember 2016). Bescheide gegen die Dirk Rossmann GmbH (Warengrup- pe Kaffee) und die beiden EDEKA-Regionalgesellschaf- Hinweispapier ten EDEKA Handelsgesellschaft Nord mbH und EDEKA Handelsgesellschaft Hessenring mbH (Warengruppe Bier) Die Problematik vertikaler Preisabsprachen im stationä- wurden alle Bescheide im Rahmen einer einvernehmli- ren Lebensmitteleinzelhandel wird das Bundeskartellamt Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 59 – Drucksache 18/12760 im Lichte der durch das oben genannte Vertikalverfahren Ferner trat es dem Vorwurf des Amtes entgegen, dass die gewonnenen Erkenntnisse in einem Hinweispapier zusam- Zahlungsziele der Lieferanten von EDEKA einseitig an- menfassen, um den interessierten Wirtschaftskreisen eine gepasst worden seien und dass bei anderen Forderungen Hilfestellung bei der Beurteilung einiger praktisch beson- jedenfalls nicht – im Sinne der Verfügung des Amtes – „of- ders bedeutsamer Fallgestaltungen zu geben. Es kommt fensichtlich“ sei, dass den Forderungen keine Vorteile für damit vielfachen Anregungen von Unternehmen und Ver- die Lieferanten gegenüber gestanden hätten. Auch einen bänden nach, deren Klärungsbedarf im Vorfeld der Er- Eingriff in bestehende Verträge konnte das Oberlandesge- stellung einer Entwurfsfassung des Papiers berücksichtigt richt nicht feststellen, da EDEKA bei Abschluss der vor wurde. Der Entwurf des Hinweispapiers wurde Anfang dem Zusammenschluss getroffenen Jahresverträge einen 2017 veröffentlicht, um allen Interessenten Gelegenheit Vorbehalt bezüglich einer Nachverhandlung nach Vollzug zu Anregungen und Kommentaren zu geben (siehe Presse- des Zusammenschlusses angebracht habe. Schließlich mitteilung vom 25. Januar 2017) und ist auf der Internet- habe auch der durchgeführte „Bestwertabgleich“ der Kon- seite des Bundeskartellamtes abrufbar. Gleiches wird nach ditionen von EDEKA und Plus nicht gegen Kartellrecht abschließender Auswertung der eingegangenen Stellung- verstoßen: Die ursprünglich erhobenen Forderungen habe nahmen für die Endfassung des Hinweispapieres gelten. EDEKA nicht in vollem Umfang durchsetzen können. Vielmehr sei es den Lieferanten z.T. gelungen, Gegenfor- c) Kooperation kleinerer derungen durchzusetzen. In der Interessenabwägung kom- Lebensmitteleinzelhändler me es nicht auf die Rechtfertigung der Einzelkonditionen an, sondern darauf, ob das Gesamtpaket nur auf Grund- Seit Herbst 2016 haben die sechs Lebensmitteleinzelhan- lage der Marktmacht habe durchgesetzt werden können. delsunternehmen Real, Bünting, Bartels-Langness, Klaas & Kock, Kaes sowie Netto Stavenhagen dem Bundeskar- Da das Oberlandesgericht Düsseldorf die Rechtsbe- tellamt ein Vorhaben zur zukünftigen Zusammenarbeit schwerde gegen diese Entscheidung nicht zugelassen hat- u.a. im Bereich der Warenbeschaffung vorgestellt („Retail te, legten das Bundeskartellamt und der Markenverband Trade Group – RTG“). Die beteiligten Unternehmen tra- e.V. Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof gen vor, durch diese Zusammenarbeit ihre Wettbewerbsfä- ein. Mit Urteil vom 15. November 2016 hat der Bundes- higkeit gegenüber den großen Lebensmitteleinzelhandels- gerichtshof die Rechtsbeschwerde wegen der grundsätz- unternehmen EDEKA, REWE, ALDI Süd und ALDI Nord lichen Bedeutung in wesentlichen Punkten zugelassen sowie der Schwarz-Gruppe dauerhaft verbessern zu wol- (Aktenzeichen: KVZ 1/16). Das Bundeskartellamt hat len und damit eine „fünfte Kraft“ im deutschen Lebens- daraufhin Rechtsbeschwerde eingelegt. mitteleinzelhandel zu bilden. Angesichts der vergleichs- Vor dem Hintergrund dieses Pilotverfahrens und der weise geringen gemeinsamen Marktanteile der Parteien grundsätzlichen Diskussion über die Ausnutzung von auf den Beschaffungsmärkten und den nur vereinzelt hö- Nachfragemacht – insbesondere im Lebensmitteleinzel- heren gemeinsamen Marktanteilen auf den Absatzmärk- handel – wurde im Referentenentwurf zur 9. GWB-Novel- ten bei gleichzeitig erheblichem Wettbewerbsdruck durch le ein Vorschlag zur Konkretisierung des Anzapfverbots die großen Konkurrenten, hat das Bundeskartellamt den eingebracht (siehe zur Umsetzung auch S. 17). Partien im Dezember 2016 mitgeteilt, dass es derzeit kei- nen Anlass sieht, das Vorhaben nach § 1 bzw. Artikel 101 AEUV aufzugreifen (siehe Pressemitteilung vom 4. April IV. Drogerie- und Kosmetikartikel 2017). 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation d) Missbrauchsaufsicht – Verstoß gegen das Anzapfverbot/Hochzeitsrabatte Im Bereich Drogerie- und Kosmetikartikel gab es neben wenigen Fusionsfällen vor allem Beschwerden über ver- Mit Beschluss vom 3. Juli 2014 hatte das Bundeskartell- tikale Wettbewerbsbeschränkungen und Behinderungen amt festgestellt, dass EDEKA im Jahr 2009 – nach der – auch im Internethandel. Die Frage, ob Marktplatzver- Übernahme der Plus-Märkte von Tengelmann – gegen das bote in selektiven Vertriebssystemen zulässig sind, hat das Verbot des § 19 Abs. 1, 2 Nr. 5 i.V.m. § 20 Abs. 2, der Oberlandesgericht im Fall Coty dem Europäi- Forderung von Vorteilen ohne sachlich gerechtfertigten schen Gerichtshof vorgelegt (Oberlandesgericht Frankfurt Grund gegenüber abhängigen Unternehmen („Anzapfver- am Main, Urteil vom 19. April 2016, Aktenzeichen: 11 U bot“), verstoßen hatte (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, 96/14); das Bundeskartellamt hat vor dem Oberlandesge- S. 57 sowie Fallbericht vom 28. August 2014, B2-58/09). richt Frankfurt und die Bundesrepublik Deutschland vor Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde der EDEKA dem Europäischen Gerichtshof eine Stellungnahme abge- hob das Oberlandesgericht Düsseldorf den Beschluss des geben (Aktenzeichen: C-230/16). Bundeskartellamtes am 18. November 2015 auf (Akten- zeichen: VI Kart 6/14 (V)). Das Verfahren betrifft das den Händlern im selektiven Vertriebssystem von Coty auferlegte grundsätzliche Ver- Den Vorwurf des Amtes, wonach EDEKA die Berech- bot, Vertragsware über Internet-Verkaufsplattformen mit nungsweise der Konditionenforderungen nicht hinrei- für den Käufer erkennbarer eigener Handelsbezeichnung chend offen gelegt habe, sah das Oberlandesgericht nach zu vertreiben. Hier muss vom Europäischen Gerichts- der durchgeführten Beweisaufnahme als widerlegt an. hof zum einen geklärt werden, ob das von Coty für die Drucksache 18/12760 – 60 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Vertragswaren angestrebte Prestigeimage grundsätzlich wirksamen Wettbewerbs auf dem EWR-weiten Markt die Errichtung eines selektiven Vertriebssystems recht- für nass-hergestellte Glasfaservliesstoffe geführt. Durch fertigen kann und ob das Verbot das Ziel der Wahrung den Zusammenschluss wäre mit dem Zielunternehmen des Prestigeimages in verhältnismäßiger Weise verfolgt. der drittgrößte Anbieter mit einem signifikanten Markt- Zum anderen ist klärungsbedürftig, ob das Verbot nach anteil als unabhängiger Wettbewerber entfallen. Neben der Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Verein- dem fusionierten Unternehmen wäre nur ein wesentlicher barungen (Verordnung (EU) Nr. 330/2010) grundsätzlich Wettbewerber verblieben. Der Zusammenschluss hätte freistellungsfähig ist oder unter eine der in Art. 4 dieser die Ausweichmöglichkeiten der Kunden spürbar einge- Verordnung genannten Kernbeschränkungen fällt. schränkt und es wären nach Ansicht des Bundeskartell- amtes deutliche unilaterale Effekte zu erwarten gewesen 2. Kartellverfolgung (siehe Pressemitteilung vom 28. Juli 2016 und Fallbericht vom 23. September 2016, B3-37/16, B2-58/16). Das Verfahren gegen Markenhersteller von Drogeriear- tikeln wegen der Beteiligung an einem wettbewerbsbe- Im Berichtszeitraum hatte das Bundeskartellamt im Be- schränkenden Informationsaustausch auf Sitzungen des reich der Herstellung und dem Vertrieb von Reisegepäck Arbeitskreises „Körperpflege-, Wasch- und Reinigungs- und Koffern über die Zusammenschlüsse von Samsonite mittel“ (KWR) des Markenverbandes e.V. (siehe Tätig- und TUMI sowie von LVMH und Rimowa zu entscheiden. keitsbericht 2013/14. S. 59 und aktualisierten Fallbericht Beide Fälle konnten im Vorprüfverfahren freigegeben vom 26. Mai 2015, B11-17/06) hat im Mai 2015 seinen werden. Mangels behördlicher bzw. gerichtlicher Fallpra- gerichtlichen Abschluss gefunden, nachdem zuletzt die xis existiert im Bereich Reisegepäck/Koffer bislang keine L’Oréal Deutschland GmbH und der Markenverband ihre gefestigte Marktabgrenzung. In sachlicher Hinsicht hat Einsprüche gegen die Bußgeldbescheide des Bundeskar- das Bundeskartellamt in den beiden genannten Fällen zu tellamtes zurückgenommen hatten. Die in diesem Verfah- einer separaten Betrachtung des Marktes für Koffer ten- ren erlassenen Bußgeldbescheide gegen die 15 Unterneh- diert, ohne hierbei weiter nach Preiskategorien oder Mate- men und deren verantwortliche Mitarbeiter sowie gegen rialen zu differenzieren. Allerdings sah das Bundeskartell- den Markenverband und deren verantwortliche Mitarbei- amt deutliche Ansatzpunkte für eine separate Betrachtung terin in Höhe von rund 63 Mio. Euro sind somit allesamt der Luxus-Kategorie in diesem Markt. Die Marktermitt- bestandskräftig. lungen haben zudem ergeben, dass von Reisetaschen – selbst wenn sie dem sachlichen Markt nicht zugerechnet werden – zumindest ein gewisser Randwettbewerbsdruck V. Textilien, Schuhe und Koffer/Taschen auf das Koffer-Segment ausgeht. In räumlicher Hinsicht 1. Allgemeiner Überblick und hat das Bundeskartellamt aus Praktikabilitätsgründen auf wettbewerbliche Situation den nationalen Markt abgestellt und die Marktabgrenzung im Übrigen offengelassen. Im Berichtszeitraum gab es eine Vielzahl von Zusammen- schlüssen, die regelmäßig wettbewerblich unproblema- b) Vertikale Beschränkungen – tisch waren und in der ersten Phase freigegeben werden E-Commerce/Internethandel konnten. Im Bereich Glasfaservliesstoffe führte ein Vor- haben allerdings zu wettbewerblichen Problemen. Mit Beschluss vom 26. August 2015 hat das Bundeskartell- amt festgestellt, dass die Anwendung des „Vertriebssys- Wie bereits im vorangegangenen Berichtszeitraum bilde- tems 1.0“ durch die ASICS Deutschland GmbH gegenüber ten in der Bekleidungs- und Schuhbranche zudem verti- ihren in Deutschland ansässigen Händlern rechtswidrig kale Beschränkungen einen Schwerpunkt der Tätigkeit. war (siehe Pressemitteilung vom 27. August 2015 und Zudem wurde das Bundeskartellamt mit verschiedenen Fallbericht vom 25. Januar 2016, B2-98/11). ASICS ver- Anfragen zur kartellrechtlichen Beurteilung sog. „Nach- treibt seine Laufschuhe im Rahmen eines sog. Selektiv- haltigkeitsinitiativen“ auch im Textilbereich konfrontiert, vertriebs und macht seinen Händlern dabei entsprechen- insbesondere dem Textilbündnis (siehe dazu auch S. 54). de Vertriebsvorgaben. In der Vergangenheit hat ASICS seinen Händlern u.a. verboten, für ihren Online-Auftritt 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht Preisvergleichsmaschinen zu nutzen und Markenzeichen von ASICS auf Internetseiten Dritter zu verwenden, um a) Fusionskontrolle Kunden auf den eigenen Online-Shop zu leiten. Bei den Im Bereich der Fusionskontrolle hat das Bundeskartell- entsprechenden Regelungen handelte es sich jeweils um amt den Erwerb des Geschäftsbereichs Glasfaservlies- Per-se-Verbote, die unabhängig von der konkreten quali- stoffe und technisches Armierungsgewebe der finnischen tativen Ausgestaltung der Preisvergleichsmaschine oder Ahlstrom Glassfibre Oy (Ahlstrom) durch das Unterneh- der Suchmaschinenwerbung eingriffen. Nach Ansicht des men Owens Corning im Hauptprüfverfahren geprüft. Die Bundeskartellamtes stellen diese Verbote Kernbeschrän- Anmeldung wurde zurückgenommen, nachdem das Bun- kungen i.S.d. Artikels 4 Buchst. c Vertikal-GVO dar. deskartellamt den Beteiligten die wettbewerblichen Be- Darüber hinaus hat das Bundeskartellamt kritisiert, dass denken gegenüber dem Vorhaben mitgeteilt hatte. Nach ASICS seinen Händlern in der Vergangenheit pauschal die vorläufiger Einschätzung des Bundeskartellamtes hätte Nutzung von Online-Marktplätzen wie eBay oder Amazon der Zusammenschluss zu einer erheblichen Behinderung untersagt hat. Hierüber musste wegen der als kartellrechts- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 61 – Drucksache 18/12760 widrig festgestellten anderen Internetbeschränkungen al- c) Kartellverfolgung – lerdings nicht mehr entschieden werden. Da die betreffen- Vertikale Preisbindung den Regelungen in der beanstandeten Fassung jedenfalls seit Ende Februar 2015 nicht mehr praktiziert wurden, hat In dem laufenden Ermittlungsverfahren wegen vertika- das Bundeskartellamt die Kartellrechtswidrigkeit der bei- ler Preisbindungen und Behinderung des Internethandels den genannten Verbote im Rahmen einer nachträglichen durch einen Bekleidungshersteller (siehe Tätigkeitsbericht Feststellungsentscheidung gemäß § 32 Abs. 3 festgestellt. 2013/14, S. 60) hat das Bundeskartellamt im Berichtszeit- Gegen die Entscheidung hat ASICS Beschwerde beim raum auch ein Textilhandelsunternehmen durchsucht. Das Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt. Bundeskartellamt geht dem Verdacht nach, dass sich der Hersteller mit dem Textilhandelsunternehmen und ande- Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat im April 2017 die ren Händlern darauf geeinigt hatte, dass die Verkaufs- Entscheidung des Bundeskartellamtes bestätigt und die preisempfehlungen des Herstellers nicht unterschritten dagegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen (siehe werden und insbesondere Preisreduzierungen unterlassen auch Pressemitteilung vom 6. April 2017). Ein Per-se-Ver- werden sollten. bot von Preissuchmaschinen stelle eine bezweckte Wett- bewerbsbeschränkung dar, die den Händlern Werbe- und VI. Spielwaren – Handel Absatzmöglichkeiten vorenthalte. Eine Rechtfertigung dieses Verbotes durch das Markenimage und Beratungs- 1. Vertriebssystem – leistungen komme nicht in Betracht, da die Verbraucher Vertikale Wettbewerbsbeschränkungen bei Laufschuhen nicht unbedingt Beratungsleistungen brauchen oder wünschen. Das Per-se-Verbot von Preis- Das Bundeskartellamt hat im Jahr 2016 ein Verfahren suchmaschinen sei eine Kernbeschränkung nach europäi- gegen den im Bereich Konstruktionsspielzeug führenden schen Kartellrecht, die nicht freistellungsfähig sei. Ob das Spielwaren-Hersteller LEGO auf Beschwerden von Händ- frühere Vertriebssystem von ASICS auch wegen des Ver- lern hin eingeleitet. Aufgrund der freiwilligen Koopera- bots der Benutzung von Google AdWords und von Online- tion seitens LEGO konnte das Verfahren aber eingestellt Marktplätzen kartellrechtswidrig war, konnte das Gericht werden, nachdem LEGO dem Bundeskartellamt gegen- offen lassen. über zugesagt hatte, sein Rabattsystem künftig so zu ge- stalten, dass Händler bei entsprechender Vertriebsleistung Derzeit ist ein sog. Vorlageverfahren betreffend die kar- auch über den Online-Vertrieb die gleiche Rabatthöhe tellrechtliche Zulässigkeit des Verbotes der Nutzung von erreichen können wie im stationären Vertrieb (siehe auch Online-Marktplätzen beim Europäischen Gerichtshof Pressemitteilung vom 18. Juli 2016). anhängig (Aktenzeichen: C-230/16 – Coty, siehe im Ein- zelnen dazu S. 59). In dem vor dem Bundesgerichtshof Nach der alten Fassung des sog. Funktionsrabattsystems anhängigen Zivilrechtsverfahren in Sachen „Deuter“ zum von LEGO konnten Händler allein durch Verkäufe im Thema Marktplatzverbot und Online-Wettbewerbsbe- stationären Handel in den Genuss der höchsten Rabatt- schränkungen im Bereich Rucksäcke, sind die Rechtsmit- punktzahl kommen. Eine Reihe von Rabattkriterien war tel im März 2017 zurückgenommen worden (Aktenzei- allein auf den stationären Handel zugeschnitten, wie z.B. chen: KZR 3/16). Hier hatte das Amt ebenfalls in einer eine Orientierung an den zur Verfügung stehenden Re- Stellungnahme eine Vorlage an den Europäischen Ge- galmetern oder die sofortige Mitnahmemöglichkeit im richtshof angeregt, der aber nicht entsprochen wurde. Ladenlokal. Das Rabattsystem wirkte sich faktisch wie ein Doppelpreissystem aus, in dem ein Hersteller einem Auch in verschiedenen Gesprächen mit Vertretern von Händler unterschiedliche Einkaufspreise bzw. unter- Unternehmen und Verbänden über aktuelle Behinderun- schiedliche Rabatte gewährt, je nachdem, ob dieser sein gen und Fragestellungen im Online-Handel hat sich das Produkt online oder über den stationären Handel verkauft. von zahlreichen Herstellern ausgesprochene generelle Durch geringere Rabatte und damit höhere Einkaufspreise Verbot der Nutzung von Online-Marktplätzen als zent- wird zulasten des Verbrauchers der Absatz über den Ver- rales Problem herauskristallisiert. Zu den besonders be- triebskanal Internet schlechter gestellt, obwohl auch beim troffenen Branchen zählen dabei u.a. Sportartikel, Rei- Internetvertrieb gleichwertige oder vergleichbare Ver- segepäck/Taschen, Outdoorartikel oder Kosmetikartikel. triebsleistungen (z.B. Online-Beratung) erbracht werden Viele – insbesondere kleinere – Händler kritisieren, dass können. Die vorliegende strukturelle, insbesondere an Ra- sie ohne die Nutzung von Marktplätzen mit ihrem Ange- batt bzw. Einkaufspreis orientierte Schlechterstellung des bot im Internet faktisch nicht gefunden werden können Internetvertriebs ohne Rechtfertigung ist nach deutschem und dass ein generelles Marktplatzverbot letztlich nur den wie europäischem Kartellrecht nicht zulässig. großen (Online-)Händlern und auch den Herstellern dient, die ihre Produkte häufig in eigenen Online-Shops anbieten 2. Vertikale Preisbindung und so gleichzeitig die (Preis-) Aktivitäten ihrer Händler kontrollieren können. Außerdem hat das Bundeskartellamt im Jahr 2016 ein Bußgeld gegen den Spielwaren-Hersteller LEGO in Höhe von 130.000 Euro wegen vertikaler Preisbindung (Verstoß gegen § 1 GWB) verhängt (siehe auch Pressemitteilung vom 12. Januar 2016). Drucksache 18/12760 – 62 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Verstoß war regional und auch von der Auswahl der S. 61 f.). Maßgeblich daran beteiligt war erneut die XXX- direkt betroffenen LEGO-Produkte beschränkt. Konkret Lutz-Gruppe. Im Berichtszeitraum geprüft wurde der Er- betroffen waren ausgewählte Händler in der Region Nord- werb der Unternehmen Möbel Sonneborn mit Häusern in und Ostdeutschland, die in den Jahren 2012 und 2013 von Lüdenscheid und Iserlohn, der Möbel Zimmermann, Freu- Vertriebsmitarbeitern der LEGO GmbH zur Anhebung denberg, der Erwerb von Anteilen an und die Kontrolle der Endverkaufspreise für bestimmte Artikel gegenüber über Zurbrüggen mit Standorten in Oelde, Unna, Bielefeld, den Kunden gedrängt wurden. Die betroffenen besonders Herne, Delmenhorst und Ganderkesee, der Erwerb der umsatzstarken Produkte aus dem LEGO-Sortiment – im Wohnwelt Pallen sowie der Erwerb der Mahler-Gruppe. Wesentlichen sog. Highlightartikel – sowie gezielt aus- Im Ergebnis konnten sämtliche Fusionsvorhaben freigege- gewählte Händler wurden in regelmäßig aktualisierten ben werden. Auf der Basis der erhobenen Kundenströme Listen festgehalten. Zum Teil wurde den Händlern bei war in den betroffenen regionalen Märkten zwar jeweils Unterschreitung der in den Listen festgeschriebenen End- eine Verengung des Anbieterkreises festzustellen. Eine verkaufspreise die Verknappung von Liefermengen bis wesentliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs war hin zur Nicht-Belieferung angedroht. Teils wurde auch die jedoch jeweils nicht zu prognostizieren. Die Beteiligten Höhe des Preisnachlasses auf den Händlereinkaufspreis waren in allen Fällen auch nach dem Zusammenschluss bei der LEGO GmbH mit der Einhaltung der Listenend- wesentlichem Wettbewerb durch nahe Wettbewerber, bei verkaufspreise verknüpft. den Erwerbsvorgängen im Ruhrgebiet vor allem durch Einrichtungs- und Möbelhäuser der Ostermann Handels LEGO hat nach Einleitung des Verfahrens umfangreiche GmbH sowie weiteren Wettbewerbern und alternativen interne Ermittlungen durchgeführt und von Anfang an Vertriebskonzepten ausgesetzt. Im Rahmen der Prüfung selbst maßgeblich zur Aufklärung des Sachverhalts bei- des Erwerbs der Standorte der Mahler-Gruppe zeigte sich, getragen. Das nach einem vorangegangenen Settlement dass in der betroffenen Region insbesondere die Wettbe- verhängte Bußgeld ist rechtskräftig. werber Inhofer und Segmüller einen hinreichenden Wett- bewerbsdruck entfalten. VII. Handel mit Haushaltsgeräten und Unterhaltungselektronik – Wegen erheblicher wettbewerblicher Bedenken musste das Bundeskartellamt ein Hauptprüfverfahren lediglich im Fall Vertikale Vereinbarungen der beabsichtigten Gründung des Gemeinschaftsunterneh- In dem Berichtszeitraum erreichte das Bundeskartellamt mens Möbel Kröger Handels GmbH & Co. KG durch die eine Reihe von Beschwerden zu vorgeblichen vertikalen XXXLutz-Gruppe und die Ostermann-Gruppe einleiten. Beschränkungen beim Bezug und Vertrieb von Produkten Die Einleitung des Hauptprüfverfahrens erfolgte mit dem aus den Bereichen Haushaltsgeräte und Unterhaltungs- Ziel, die wettbewerblichen Auswirkungen des Vorhabens elektronik. Teilweise ließ sich der Sachverhalt im Rahmen in den betroffenen regionalen Märkten im Einzugsbereich einer Voruntersuchung klären; oftmals war die Beschwer- von Essen, Oberhausen, Bottrop, Recklinghausen, Herne de nicht hinreichend belastbar, um einen Anfangsverdacht und Witten zu ermitteln. Nach der Versendung umfang- zu begründen. reicher Auskunftsersuche an betroffene Marktteilnehmer wurde die Anmeldung von den Beteiligten allerdings zu- Im Rahmen von Voruntersuchungen befasste sich das rückgenommen und das Vorhaben aufgegeben. Bundeskartellamt u.a. mit dem selektiven Vertriebssys- tem von Liebherr bei Haushaltsgeräten, leitete aber kein 2. Kartellverfolgung – formales Verfahren ein, da der Hersteller zu einer Ände- rung seiner Vertragsentwürfe bereit war. Dabei verzichtete Vertikale Preisbindung dieser insbesondere darauf, einen rückwirkenden Rabatt a) Matratzen auf den Händlereinkaufspreis, der mit besonderen Ver- triebsaufwendungen der Einzelhändler im Rahmen des Die im August 2011 eingeleiteten Verfahren gegen fünf selektiven Vertriebs begründet wurde, davon abhängig zu Hersteller von Markenmatratzen, zwei Einkaufsverbände machen, ob das betroffene Haushaltsgerät von Liebherr in sowie einen Online-Händler wegen des Verdachts wett- Deutschland in Verkehr gebracht worden war. Das Bun- bewerbsbeschränkender Vereinbarungen über die Einhal- deskartellamt befürchtete, dass hiermit eine Beschränkung tung bestimmter Mindestpreise beim Wiederverkauf von von Querlieferungen zwischen zum Vertrieb zugelassenen Matratzen konnten im Berichtszeitraum endgültig abge- Händlern verschiedener europäischer Länder bezweckt schlossen werden (siehe auch Tätigkeitsbericht 2013/14, sein könnte. Auch ließ der Hersteller ein beabsichtigtes S. 60 f.). Ein Verfahren gegen einen Hersteller wurde generelles Verbot von Plattformen Dritter fallen. aus Zweckmäßigkeitserwägungen eingestellt. Gegen die Tempur Deutschland GmbH wurde im Oktober 2015 eine VIII. Möbel, Polster und Möbelhandel Geldbuße i.H.v. 15,5 Mio. Euro wegen vertikaler Preisbin- dung beim Vertrieb ihrer Produkte verhängt (siehe Presse- 1. Fusionskontrolle mitteilung vom 22. Oktober 2015). Im Bereich des Möbeleinzelhandels bildete wie im ver- gangenen Berichtszeitraum die fusionskontrollrechtli- b) Möbel che Begleitung des anhaltenden Konsolidierungsprozes- Ebenfalls abgeschlossen werden konnten die seit Juni ses den Schwerpunkt (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, 2014 eingeleiteten Bußgeldverfahren gegen mehrere Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 63 – Drucksache 18/12760

Hersteller von Marken- und Outdoor-Möbeln wegen des naus wurde dem Land Baden-Württemberg untersagt für Verdachts wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen Waldbesitzer mit einer bewirtschafteten Fläche von mehr über die Einhaltung von Mindestpreisvorgaben (siehe Tä- als 100 ha die jährliche Betriebsplanung, die forsttechni- tigkeitsbericht 2013/14, S. 61). Auf die Verhängung von sche Betriebsleitung und den Revierdienst durchzuführen. Bußgeldern gegen Handelsunternehmen wurde dabei aus Letztere Untersagung gilt allerdings nur insoweit, als das Ermessensgründen verzichtet. Alle Verfahren konnten im Land – wie bisher – diese Leistungen von Personen er- Rahmen einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung bringen lässt, die auch den Staatswald bewirtschaften oder (Settlement) abgeschlossen werden. Insgesamt wurden Zugang zu wettbewerbsrelevanten Informationen über die gegen vier persönlich Betroffene und fünf Unternehmen Vermarktung des Staatswaldes haben. Sollte das Land Bußgelder in Höhe von 4,43 Mio. Euro verhängt. Bedingt Baden-Württemberg die genannten Dienstleistungen wei- durch die unterschiedliche Schwere der Tat und die stark terhin anbieten, so muss dies ferner zu kostendeckenden voneinander abweichende Unternehmensgröße unter- Entgelten erfolgen (siehe Pressemitteilung vom 15. Juli scheiden sich die Einzelgeldbußen erheblich. Bei einigen 2015 und Beschluss vom 9. Juli 2015, B1-72/12). Unternehmen hat sich die aufgrund laufender Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen eingeschränkte finan- Gegen die Entscheidung hat das Land Baden-Württem- zielle Leistungsfähigkeit in erheblichem Maße bußgeld- berg Klage vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf einge- mindernd ausgewirkt (siehe Pressemitteilung vom 12. reicht. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2015 hat das Bun- Januar 2017 und Fallbericht vom 11. Januar 2017, B1- deskartellamt daraufhin die sofortige Vollziehung seiner 164/13; B1-167/13; B1-87/14; B1-47/15). Entscheidung ausgesetzt und die in der Entscheidung vorgesehenen Übergangsfristen an die Bestandskraft der Verfügung gekoppelt. IX. Papier – Absprachen von Tapetenherstellern Während des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht Düs- seldorf trat am 27. Januar 2017 eine Änderung des Bun- Den Einsprüchen der A.S. Création Tapeten AG, der Mar- deswaldgesetzes (BWaldG) in Kraft. Gemäß § 46 Abs. 1 burger Tapetenfabrik J.B. Schaefer GmbH & Co. KG und BWaldG gelten nunmehr für Vereinbarungen über nicht deren Verantwortlichen sowie des Verbandes der Deut- der Holzvermarktung zuzurechnende forstwirtschaftliche schen Tapetenindustrie e.V. gegen die im Februar 2014 Maßnahmen der Planung und Ausführung waldbaulicher erlassenen Bußgeldbescheide wegen der Beteiligung an Maßnahmen, der Markierung, Ernte und Bereitstellung Absprachen von Preiserhöhungen wurde im Berichtszeit- bis einschließlich der Registrierung des Rohholzes die raum nicht abgeholfen (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, Voraussetzungen für eine Freistellung vom Kartellverbot S. 62 f.). Das Kartellordnungswidrigkeitenverfahren wur- des § 1 unwiderleglich als erfüllt. Soweit auf die Verein- de daraufhin im Juni 2015 zur Prüfung und Vorlage an das barungen Artikel 101 AEUV anzuwenden ist, sieht § 46 Oberlandesgericht Düsseldorf gemäß § 69 Abs. 3 OWiG Abs. 2 BWaldG ferner eine widerlegbare Vermutung für an die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf abgegeben. die Freistellung vor (siehe Bundesgesetzblatt Nr. 4 vom Die Hauptverhandlung vor dem Oberlandesgericht Düs- 26. Januar 2017, S. 75). seldorf hat im März 2017 begonnen. Mit Beschluss von 15. März 2017 hat das Oberlandesge- X. Forstwirtschaft und Holzgewerbe richt Düsseldorf die Rechtsauffassungen und kartellrecht- lichen Bewertungen des Bundeskartellamtes bestätigt. 1. Gemeinsame Rundholzvermarktung Dabei hat es sich vor dem Hintergrund der in § 46 Abs. in Baden-Württemberg 1 BWaldG für das nationale Recht neu normierten unwi- derlegbaren Vermutung der Freistellung gemäß § 2 GWB In der Forstwirtschaft lag der Schwerpunkt der Wett- ausschließlich auf die Anwendung des europäischen bewerbsaufsicht durch das Bundeskartellamt wie im Rechts (Artikel 101 AEUV) gestützt. Die hierfür erforder- vergangenen Berichtszeitraum auf der Bewertung der liche Eignung zur Beeinträchtigung des zwischenstaatli- gebündelten Rundholzvermarktung des Landes Baden- chen Handels wurde dabei nicht nur für den gemeinsamen Württemberg (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 62). Verkauf des Rundholzes, sondern auch für sämtliche Ver- Nach der Rücknahme eines Zusagenvorschlages durch einbarungen zur Erbringung aller von der Untersagungs- das Land hat das Bundeskartellamt mit Beschluss vom entscheidung erfassten forstwirtschaftlichen Leistungen 9. Juli 2015 festgestellt, dass die Vereinbarungen zur ge- bejaht. Im Zusammenhang mit der Frage des Vorliegens meinsamen Vermarktung von Nadelstammholz gegen der Freistellungsvoraussetzungen gemäß Artikel 101 Abs. Artikel 101 Abs. 1 AEUV bzw. § 1 verstoßen und nicht 3 AEUV hat das Gericht ferner die Neuregelung des § 46 nach Artikel 101 Abs. 3 AEUV bzw. § 2 freigestellt sind, Abs. 2 BWaldG unberücksichtigt gelassen. Dieses Vorge- soweit eine Körperschaft, ein Privatwaldbesitzer oder ein hen sei – trotz des ausdrücklichen Hinweises in der Ge- forstwirtschaftlicher Zusammenschluss jeweils über eine setzesbegründung auf die Europarechtskonformität dieser Waldfläche von mehr als 100 ha verfügt. Dem Land Ba- Regelung – nach den von der ständigen Rechtsprechung den-Württemberg wurde ferner untersagt, für diese Wald- des Europäischen Gerichtshofs aufgestellten Grundsätzen besitzer Holz zu verkaufen und zu fakturieren sowie die geboten, da die Regelung nicht mit vorrangigem europäi- vermarktungsnahen Dienstleistungen der Holzauszeich- schen Recht vereinbar sei. Der deutsche Gesetzgeber be- nung, Betreuung von Holzerntemaßnahmen, Holzaufnah- sitze für die in § 46 Abs. 2 BWaldG normierte Vermutung me und des Holzlistendrucks zu übernehmen. Darüber hi- der Freistellung gemäß Artikel 101 Abs. 3 AEUV keine Drucksache 18/12760 – 64 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Regelungskompetenz. Diese liege gemäß Artikel 103 Bundesländern – die von den jeweiligen, ggf. noch zu er- AEUV vielmehr ausschließlich beim Rat als Organ der mittelnden Umständen des konkreten Einzelfalls abhän- Europäischen Union. Ferner stehe in materieller Hinsicht gig ist – bedeutsam sind, wird daher erfolgen. die durch § 46 Abs. 2 BWaldG konstituierte Umkehr der Beweislast zu Lasten der Kartellbehörde in einem mit Ar- 2. Fusionskontrolle im Bereich Holzpellets tikel 4 Abs. 3 EUV (Grundsatz der Unionstreue) unverein- baren Widerspruch zu Artikel 2 der Kartellverfahrensver- In den der Rundholzvermarktung nachgelagerten Wert- ordnung (VO 1/2003). Diese Norm weise die Beweislast schöpfungsstufen des Holzgewerbes bildete die Prüfung für das Vorliegen der Freistellungsvoraussetzungen gemäß mehrerer Zusammenschlüsse im Bereich der Produktion Artikel 101 Abs. 3 AEUV ausdrücklich den Beteiligten und des Vertriebs von Holzpellets einen Schwerpunkt der und nicht der Kartellbehörde zu. Tätigkeit des Bundeskartellamtes. Durch mehrere Zusam- menschlüsse haben sich hier die Marktverhältnisse ins- Im Hinblick auf die grundsätzliche Anwendbarkeit kar- besondere im südwestdeutschen Raum verändert. Anlass tellrechtlicher Vorschriften hat das OLG Düsseldorf in und Hintergrund war dabei die Insolvenz und Veräußerung seinem Beschluss ferner klargestellt, dass alle dem Ver- von Teilen der German Pellets GmbH. So hat die Firma J. kauf vorgelagerten forstwirtschaftlichen Leistungen der Rettenmaier & Söhne (JRS) deren Werke im badischen Et- Wertschöpfungskette (Revierdienst, inkl. Holzauszeich- tenheim und im württembergischen Herbrechtingen über- nen, Holzernte, Holzaufnahme und Holzlistendruck; nommen. Über ihr Tochterunternehmen EC Bioenergie forsttechnische Betriebsleitung, inkl. jährliche Betriebs- verfügt die JRS im südwestdeutschen Raum bereits über planung; periodische Betriebsplanung) nicht als hoheitli- Pelletwerke in Dotternhausen, Kehl und Ellwangen sowie che, sondern dem Kartellrecht unterliegende wirtschaft- eine Beteiligung an der BSP Buchenbach. Zusätzlich hat liche Betätigung einzustufen sind. Entgegen der Ansicht JRS von German Pellets die ebenfalls insolvente FireStixx der Beschwerdeführer greife auch die Ausnahmeregelung GmbH & Co. KG übernommen. des Artikel 106 Abs. 2 AEUV nicht. Denn die betroffenen Leistungen seien zum einen keine Dienstleistungen von Trotz der mit den Erwerbsvorgängen verbundenen Markt- allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Zum anderen konsolidierung konnten die Vorhaben in der ersten Phase seien aber auch weder die vom Land geltend gemachten freigegeben werden, da sie nicht zu einer wesentlichen Be- Regelungen des Landeswaldgesetzes noch der neu ein- hinderung wirksamen Wettbewerbs führen. Auf der Her- geführte § 46 BWaldG ein wirksamer Betrauungsakt im stellungsebene sind im betroffenen Marktraum neben mit- Sinne dieser Vorschrift. telständischen Pelletproduzenten insbesondere auch große Sägewerke mit eigener Pelletproduktion und gesicherter In wettbewerblicher Hinsicht hat das OLG Düsseldorf auf Rohstoffversorgung als Wettbewerber tätig. Diese können dieser Grundlage sowohl die Vereinbarungen zum gemein- den Großhandel mit entsprechenden Mengen beliefern. samen Verkauf des Rundholzes als auch die Vereinbarun- gen zur Erbringung der forstwirtschaftlichen Leistungen Ferner haben Konkurrenten der FireStixx auf der Groß- für Privat- und Körperschaftswaldbesitzer durch das Land handelsebene im Berichtszeitraum ihre Wettbewerbspo- als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft. Das sition ebenfalls verstärkt. So hat die ZG Raiffeisen eG Vorliegen der Voraussetzungen für eine Einzelfreistellung sämtliche Anteile an der Best Pellets Handelsgesellschaft gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV wurde nicht zuletzt mit dem erworben, an der zuvor die German Pellets GmbH 50 Pro- Hinweis auf einen der Darlegungslast der Beteiligten nicht zent der Anteile hielt. Dadurch ist ein weiterer unabhängi- genügenden Sachvortrag verneint. ger Großhändler in Baden-Württemberg entstanden. Dar- über hinaus hat die BayWa AG im Berichtszeitraum ihre Aufgrund der entschiedenen grundlegenden Rechtsfra- Marktstellung in Baden-Württemberg durch die Übernah- gen hat das OLG Düsseldorf die Rechtsbeschwerde zum me des Handelsgeschäfts der Dr. Gies Vermögensverwal- Bundesgerichtshof zugelassen. Ausdrücklich Bezug ge- tungs-Future Energies GmbH, die über eine eigene Pellet- nommen hat das Gericht dabei insbesondere auch auf produktion verfügt, verbessert. die erstmals von ihm angewendeten Grundsätze zur Auf- hebung einer Zusagenentscheidung gemäß § 32b Abs. 2 GWB. Danach war das Bundeskartellamt berechtigt, seine XI. Erze, Steine, Erden – Fusionskontrolle Zusagenentscheidung aus dem Jahre 2009 (vgl. Tätig- Im Bereich der Förderung von Erzen, Steinen und Erden keitsbericht 2009/10, S. 72) aufzuheben, weil wesentliche hat das Bundeskartellamt im Berichtszeitraum zwei kom- Ergebnisse der vor der Zusagenentscheidung nicht durch- plexere Zusammenschlüsse geprüft. Keines der beiden geführten vollumfänglichen Markt- und Sachverhaltser- Vorhaben gab jedoch im Ergebnis Anlass für kartellrecht- mittlungen als wesentliche Veränderung der tatsächlichen liche Bedenken. Verhältnisse im Sinne des § 32b Abs. 2 Nr. 1 GWB auf- zufassen sind. Kaolin Das Land Baden-Württemberg hat von der Möglichkeit Im Bereich der Porzellanerde (Kaolin) konnte der Erwerb zur Rechtsbeschwerde inzwischen Gebrauch gemacht. des Geschäftsbereichs „Kaolin zum Einsatz für Papieran- Eine wünschenswerte höchstrichterliche Klärung zentra- wendungen“ der BASF SE durch die Imerys SA in der ler Rechtsfragen, die auch für die Beurteilung der aktu- ersten Phase freigegeben werden. Kaolin wird in verarbei- ellen Organisation der Rundholzvermarktung in anderen teter Form für eine Vielzahl industrieller Anwendungen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 65 – Drucksache 18/12760 genutzt, beispielsweise für die Herstellung von Papier, Rutile lagen hierauf aufbauend auf allen denkbaren, in Keramik oder Farben und Lacken. Das Vorhaben betraf geographischer Hinsicht weltweit abzugrenzenden Märk- ausschließlich Kaolin für die Papierindustrie. Es wird dort ten, deutlich unterhalb der Vermutungsschwelle für eine einerseits eingesetzt, um damit wesentlich teureren Zell- Einzelmarktbeherrschung. Ferner waren auch keine sons- stoff zu ersetzen („Füllkaolin“), andererseits für Beschich- tigen Anhaltspunkte für Marktdominanz ersichtlich. Die tungs- und Streichanwendungen („Streichkaolin“). Marktermittlungen ergaben auch keine Anzeichen für eine oligopolistische Marktbeherrschung durch die führenden Die Ermittlungen erbrachten Hinweise darauf, dass eine Anbieter. Insbesondere aufgrund der Asymmetrie der An- Marktabgrenzung mit Differenzierung nach Streich- und bieter war trotz der ausgeprägten Markttransparenz und Füllkaolin gerechtfertigt sein könnte. der eintretenden Verengung des Marktes von dem Zusam- Die Prüfung ergab zwar, dass Imerys bereits vor dem Zu- menschluss kein erhöhtes Risiko eines kollusiven Parallel- sammenschluss über eine sehr starke Marktstellung bei verhaltens (koordinierte Effekte) zu erwarten. Füll- und Streichkaolinen verfügte. Diese wäre jedoch Auf der Grundlage der vertieften Ermittlungen konnte durch den Erwerb des entsprechenden Geschäftsbereichs ferner ausgeschlossen werden, dass das Vorhaben unter- der BASF nicht spürbar verstärkt worden. Ein wesentli- halb der Schwelle der Einzelmarktbeherrschung zu sog. cher Grund für diese Prognose ist nicht zuletzt das Be- nicht-koordinierten Effekten führt. Insbesondere Preis- schaffungsverhalten der großen Papierhersteller, das auf steigerungen als Folge verbesserter Möglichkeiten und ein Dual- oder Multi-Sourcing ausgelegt ist. Anreize für eine strategische Mengenverknappung konn- ten ausgeschlossen werden. Ausschlaggebend hierfür war Titandioxid-Rohstoffe u.a. die Feststellung, dass Iluka und Sierra Rutile selbst im Segment des natürlichen Rutils nicht besonders enge Erst nach einer vertieften Prüfung im Rahmen eines Wettbewerber waren und Sierra Rutile zudem auf den re- Hauptprüfverfahrens freigeben werden konnte hingegen levanten Märkten bislang nicht als besonders aggressiver im Bereich der Förderung und des Vertriebs von Titan- und expansiver Wettbewerber agierte. dioxid-Rohstoffen der Erwerb der Sierra Rutile Limited durch die Iluka Resources Limited (siehe Beschluss vom 21. November 2016 sowie Pressemitteilung vom 23. No- XII. Baustoffe und Bauindustrie vember 2016 und Fallbericht vom 7. Dezember 2016, B1- 1. Allgemeiner Überblick und 150/16). Beide Unternehmen fördern in Australien (Iluka) wettbewerbliche Situation bzw. in Sierra Leone (Sierra Rutile) im Tagebau Mineral- sande, aus denen sie u.a. Ilmenit und natürliches Rutil ge- In der Baustoff- und Bauindustrie bildete wie im vergan- winnen, die zu den Titandioxid-Rohstoffen zählen. Ilme- genen Berichtszeitraum (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, nit wird auch zu Titan-Schlacke sowie zu synthetischem S. 63) die Erfassung, Analyse und gegebenenfalls Besei- Rutil, die jeweils einen mit Rutil vergleichbaren Titandi- tigung kartellrechtswidriger Unternehmensverflechtungen oxidgehalt aufweisen, weiterverarbeitet. Etwa 90 Prozent und Verhaltensweisen den Schwerpunkt der Tätigkeit des der Titandioxid-Rohstoffe werden an die Hersteller von Bundeskartellamtes. Noch während der inzwischen weit- Titandioxid-Pigmenten geliefert. Diese können ebenso gehend abgeschlossenen Sektoruntersuchung des Zement- wie Ilmenit mit einem mittleren Titandioxidgehalt im sog. und Transportbetonsektors sind verschiedene Vorhaben Chlorid-Prozess, einem insbesondere in Europa verbreite- zur Entflechtung problematischer Gemeinschaftsunter- ten Verfahren der Pigmentherstellung, eingesetzt werden nehmen-Konstellationen im Bereich Transportbeton ange- („Chlorid-Rohstoffe“). Ilmenit und Titan-Schlacke mit gangen worden. Die Unternehmen konnten sich dabei an niedrigerem Titandioxidgehalt können hingegen (nur) im der im Walzasphaltsektor etablierten Praxis des Amtes ori- Sulfat-Prozess eingesetzt werden („Sulfat-Rohstoffe“), entieren. Die Sektoruntersuchung Zement und Transport- bei dem im Vergleich zum Chlorid-Prozess mehr und pro- beton hat darüber hinaus zahlreiche weitere, potenziell blematischere Abfälle anfallen. Die Titandioxid-Pigmente wettbewerbsbeschränkende Praktiken in diesen volkswirt- selbst wiederum werden insbesondere bei der Herstellung schaftlich äußerst bedeutsamen Baustoffsektoren erfasst, von Lacken und Beschichtungen, Kunststoffen, Papier analysiert und kartellrechtlich bewertet. Hierzu zählt auch und anderen Produkten benötigt, um diesen Helligkeit, die Bildung von Bieter- und Liefergemeinschaften, deren Weiße und Opazität zu verleihen. Bedeutung auch im Bereich Walzasphalt nach dem Ab- schluss des mehrjährigen Entflechtungsprozesses stärker Nach den Ergebnissen der Marktermittlungen war bei der in den Fokus geraten ist. Im Bereich der Herstellung von sachlichen Marktabgrenzung zunächst zwischen Chlo- Kalksandsteinen ist das Bundeskartellamt ferner dem Ver- rid- und Sulfat-Rohstoffen zu unterscheiden. Die Frage, dacht von Wettbewerbsbeschränkungen durch ein identifi- ob Ilmenit mit mittlerem Titandioxidgehalt zusammen mit zierendes Marktinformationssystem nachgegangen. den höher konzentrierten Chlorid-Rohstoffen einen ge- meinsamen Markt bildet, konnte hingegen offen bleiben. In der Bauindustrie bildete hingegen die kartellrechtli- Ausschlaggebend für die wettbewerbliche Bewertung des che Beurteilung der Zusammenarbeit von Anbietern im Vorhabens war letztendlich die Tatsache, dass jedenfalls Rahmen der u.a. im Fernstraßenbau an Bedeutung ge- natürliches Rutil sowie die Ilmenit-Veredelungsprodukte winnenden Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP) für die Pigmenthersteller weitgehend austauschbar sind. den Schwerpunkt. Neben der in der Regel erforderlichen Die gemeinsamen Marktanteile von Iluka und Sierra fusionskontrollrechtlichen Prüfung der Gründung von Drucksache 18/12760 – 66 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Projektgesellschaften spielte dabei auch die Frage der GmbH & Co. KG durch HC konnte hingegen freigegeben Kartellrechtskonformität der an den projektbezogenen werden. Ausschreibungen teilnehmenden Bietergemeinschaften eine Rolle. Im Zusammenhang mit der Ausgestaltung öf- Entscheidender Hintergrund für die kritische Bewertung fentlicher Ausschreibungen hatte das Bundeskartellamt einzelner der vorgeschlagenen Entflechtungsschritte wa- im Berichtszeitraum die Frage zu beurteilen, wie eine ren die Grundsätze, die bei der wettbewerblichen Prüfung gesetzlich und vergaberechtlich nicht gebotene Durch- von Erwerbsvorgängen, die mit der Entflechtung eines führung bieteröffentlicher Submissionstermine bei Aus- kartellrechtswidrigen Gemeinschaftsunternehmens ver- schreibungen der Deutsche Bahn AG kartellrechtlich zu bunden sind, im Rahmen der Fusionskontrolle zu beach- bewerten ist. ten sind. Die Gesellschafter eines kartellrechtswidrigen Gemeinschaftsunternehmens können den vorliegenden Kartellrechtsverstoß insbesondere nicht dadurch beseiti- 2. Baustoffe – Schwerpunkte der gen, dass ein Gesellschafter das Gemeinschaftsunterneh- Wettbewerbsaufsicht men vollständig erwirbt, obwohl er auf den relevanten a) Entflechtungsverfahren Asphalt Märkten bereits ohne das fragliche Gemeinschaftsunter- nehmen marktbeherrschend ist bzw. durch den Erwerb und Transportbeton des Gemeinschaftsunternehmens marktbeherrschend Im Asphaltsektor konnte Anfang 2016 der über mehrere würde. Denn das betreffende Gemeinschaftsunternehmen Jahre andauernde Prozess einer den funktionsfähigen Wett- ist bei einem Verstoß gegen § 1 nichtig bzw. es besteht bewerb fördernden Entflechtung des im Rahmen der Sek- ein Durchführungsverbot für den Gesellschaftsvertrag toruntersuchung 2012 aufgedeckten dichten Netzes kar- des Gemeinschaftsunternehmens. Dieses klare Werturteil tellrechtswidriger Unternehmensverflechtungen endgültig verhindert im Rahmen der Beurteilung der tatsächlichen abgeschlossen werden (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. wettbewerblichen Wirkungen eines Erwerbsvorgangs und 64 sowie Bericht zum Stand der Entflechtungsverfahren, des hierbei zugrunde zu legenden Vergleichsszenarios Juli 2015). Insgesamt hat das Bundeskartellamt im Rah- („counterfactual“) eine Zurechnung der Marktposition men dieses Prozesses ca. 100 Entflechtungsverfahren ge- des Gemeinschaftsunternehmens bereits vor dem Zusam- führt. In 81 Fällen wurden kartellrechtlich problematische menschluss. Der Erwerber kann auch nicht auf seine be- Gemeinschaftsunternehmen-Strukturen aufgelöst. stehende Beteiligung an dem Gemeinschaftsunternehmen verweisen, um zu begründen, dass der beabsichtige voll- Die dadurch etablierte Praxis der Beurteilung bestehen- ständige Erwerb im Verhältnis zu seinem zuvor ebenfalls der Unternehmensverflechtungen und deren Auflösung beteiligten Wettbewerber sogar dekonzentrativ wirke. Der hat bereits vor dem Abschluss der Sektoruntersuchung der Erwerber und vormalige Gesellschafter eines kartell- Zement- und Transportbetonbranche, die u.a. der Identifi- rechtswidrigen Gemeinschaftsunternehmens ist vielmehr zierung vergleichbarer Verflechtungsstrukturen im Markt im Grundsatz so zu betrachten wie ein beliebiger Dritter, für Transportbeton diente, eine wünschenswerte Vorfeld- der das Gemeinschaftsunternehmen erwirbt, ohne vorher wirkung entfaltet. Wie schon im vorangegangenen Be- an ihm beteiligt gewesen zu sein. richtszeitraum (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 65) be- mühte sich insbesondere die HeidelbergCement AG (HC) b) Beurteilung von Bieter- und um die Entflechtung problematischer Gemeinschaftsun- ternehmen. Konkret betroffen waren mehrere Gemein- Liefergemeinschaften schaftsunternehmen in Mittelfranken und in der östlich Als Folge der Entflechtung kartellrechtlich problemati- angrenzenden Oberpfalz, an denen sowohl die Kalkwerk scher Gemeinschaftsunternehmen sind wieder deutlich & Portland-Cementfabrik Carl Sebald Söhne KG (Sebald) mehr selbständige Anbieter auf den in der Regel regional als auch HC zuzurechnende Gesellschaften beteiligt wa- abzugrenzenden Märkten für Baustoffe wie z.B. Asphalt ren. Einzelne der von den Beteiligten vorgeschlagenen und Transportbeton tätig. Um die damit verbundenen po- Entflechtungsschritte begegneten jedoch fusionskontroll- sitiven wettbewerblichen Wirkungen nicht zu gefährden, rechtlichen Bedenken. Nach Einschätzung des Bundes- muss u.a. vermieden werden, dass an die Stelle des Netz- kartellamtes hätte das beabsichtigte Vorgehen bei der Ent- werkes wettbewerbsdämpfender Gemeinschaftsunterneh- flechtung der benachbarten Gemeinschaftsunternehmen men ein wirkungsgleiches Geflecht unter Umständen kar- TB Amberg-Sulzbach GmbH & Co. KG, TBG Transport- tellrechtswidriger Bieter- und Liefergemeinschaften tritt. beton Haidenaab GmbH & Co. KG und Kulm Transport- Bieter- und Liefergemeinschaften können insbesondere beton GmbH & Co. KG zur Entstehung bzw. Verstärkung bei größeren und komplexeren Aufträgen zwar den Wett- einer marktbeherrschenden Stellung von HC in einzelnen bewerb fördern, da sie die Abgabe eines Angebots erst er- Regionalmärkten in der Oberpfalz und damit zu einer er- möglichen oder aufgrund der mit ihnen verbundenen Ef- heblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs geführt. fizienzen zu einem Sinken der Angebotspreise beitragen. Die Beteiligten haben daher nach einer entsprechenden Sind die beteiligten Unternehmen nachvollziehbar nicht Mitteilung durch das Bundeskartellamt die Anmeldungen in der Lage, ein eigenständiges Angebot abzugeben, ist für diese Schritte der Entflechtung zurückgenommen. Der entsprechend dem Arbeitsgemeinschaftsgedanken schon im Zuge weiterer Entflechtungen beabsichtigte Erwerb der das Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung zu vernei- alleinigen Kontrolle an der HDB Franken GmbH & Co. nen. Ansonsten kann jedoch der Angebotswettbewerb um KG und an der MDF Mörtel- und Estrich-Dienst Franken einzelne Projekte auch zum Nachteil der Abnehmer durch Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 67 – Drucksache 18/12760 unzulässige Kooperationen beschränkt werden. In Bran- de für das Eingehen einer Bieter- und Liefergemeinschaft chen mit einem dichten Geflecht regelmäßiger Bieter- und oder deren wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit reichen nicht Liefergemeinschaften besteht ferner ein erhöhtes Risiko, aus. Die erforderliche Prüfung anhand objektiv nachvoll- dass die Strategien und wirtschaftlichen Verhältnisse der ziehbarer und belegbarer Begründungen haben die betei- Marktteilnehmer untereinander transparenter werden und ligen Unternehmen ferner zunächst jedes für sich getrennt vorstoßender Wettbewerb dadurch tendenziell gedämpft vorzunehmen. Im Zuge der im Anschluss erforderlichen wird. Das Bundeskartellamt hat der Beurteilung von Bie- Gespräche und Verhandlungen über die Bildung einer Bie- ter- und Liefergemeinschaften daher im Berichtszeitraum ter- und Liefergemeinschaft sollte darauf geachtet werden, eine wachsende Aufmerksamkeit gewidmet. dass der Austausch wettbewerbsrelevanter Informationen auf das für die Bildung der konkreten Bieter- und Liefer- Aufgrund des sowohl im deutschen als auch im europä- gemeinschaft erforderliche Maß beschränkt wird. Insbe- ischen Kartellrecht verankerten Prinzips der Legalaus- sondere ein einzelfallübergreifender Austausch über die nahme kann das Risiko unzulässiger Bieter- und Lie- jeweiligen Markt- und Angebotsstrategien sowie Kosten- fergemeinschaften insbesondere durch eine sorgfältige und Auslastungsverhältnisse muss vermieden werden. Selbstveranlagung der beteiligten Unternehmen reduziert werden. Nach den Erkenntnissen des Bundeskartellam- Bei der konkreten Beurteilung der Zulässigkeit von Bie- tes wurden jedoch z.B. im Markt für Walzasphalt in der ter- und Liefergemeinschaften müssen aufgrund der je- Vergangenheit Liefergemeinschaften gebildet, denen kei- weils einzubeziehenden wirtschaftlichen Argumente und ne ausreichende Selbstveranlagung zugrunde lag (siehe Bewertungen jeweils die spezifischen Besonderheiten ei- Bericht Walzasphalt-Entflechtungen vom 17. Juli 2015, nes Produkts bzw. einer Branche berücksichtigt werden. S. 73). Das Bundeskartellamt geht derzeit ferner im Rah- Das Bundeskartellamt wird gerade auch in dieser Hinsicht men eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens dem Verdacht den im Berichtszeitraum begonnenen konstruktiven Dia- nach, dass sich – auf der Basis langjähriger und regelmä- log mit den betroffenen Branchen weiter fortsetzen. ßiger Liefergemeinschaften – zwischen Anbietern in einer bestimmten Region faktisch eine umfassende und unzu- c) Sektoruntersuchung Zement und lässige Absprache von Preisen, Lieferquoten und Liefer- Transportbeton gebieten herausgebildet hat. Die Beurteilung von Bieter- und Liefergemeinschaften Vor diesem Hintergrund verfolgt das Bundeskartellamt bildet auch einen der Schwerpunkte der im vergangenen insbesondere das Ziel, die für eine sachgerechte Selbst- Berichtszeitraum eingeleiteten Untersuchung des Ze- veranlagung maßgeblichen kartellrechtlichen Grundsätze ment- und Transportbetonsektors (siehe Tätigkeitsbericht bei den Marktteilnehmern besser zu verankern. Hierzu 2013/14, S. 64). Die nunmehr weitgehend abgeschlosse- wurden im Berichtszeitraum u.a. mit dem Deutschen As- ne Sektoruntersuchung verfolgt weiter das Ziel, auf der phaltverband, dem Bundesverband der deutschen Trans- Grundlage einer Analyse der allgemeinen Markt- und portbetonindustrie sowie der Fachabteilung Straßenbau Wettbewerbsbedingungen mögliche Praktiken und Ver- des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie Gesprä- haltensweisen zu identifizieren und zu bewerten, die einen che geführt. Im Rahmen dieser Gespräche wurden u.a. die negativen Einfluss auf die Funktionsfähigkeit des Wettbe- folgenden Aspekte einer kartellrechtliche Risiken vermei- werbs in diesen gesamtwirtschaftlich bedeutsamen Bau- denden Prüfung und Selbstveranlagung adressiert: stoffmärkten haben können. Hieraus können und sollen Die Zulässigkeitsprüfung und Selbstveranlagung hat je- auch Schlussfolgerungen für die zukünftigen Prioritäten weils projektbezogen zu erfolgen; „Dauer- oder Standard- in der Anwendungspraxis abgeleitet werden. Der Ab- Liefer- und Bietergemeinschaften“ etwa auf der Grund- schluss und die Veröffentlichung der Ergebnisse der Sek- lage bestimmter Auftragsschwellenwerte sind hingegen toruntersuchung sind Mitte 2017 geplant. zu vermeiden. Auch eine vertragliche Kopplung mehrerer Aufträge und Projekte sollte nicht erfolgen. Unter Be- 3. Bauindustrie – Schwerpunkte der rücksichtigung gerade auch der einschlägigen Prüfungs- Wettbewerbsaufsicht maßstäbe des europäischen Rechts muss im Hinblick auf den Arbeitsgemeinschaftsgedanken und mithin das a) Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) Fehlen der tatbestandlichen Voraussetzung einer Wettbe- In der Bauindustrie bildete die kartellrechtliche Bewer- werbsbeschränkung in jedem Einzelfall ferner objektiv tung der Zusammenarbeit zwischen Wettbewerbern im nachvollziehbar und belegbar sein, dass die Unternehmen Rahmen sog. Öffentlich-Privater Partnerschaften (ÖPP) zum Zeitpunkt des Abschlusses der Bieter- oder Lieferge- einen Schwerpunkt, wobei insbesondere der Bereich des meinschaft jedes für sich bei einer wirtschaftlichen Be- Fernstraßenbaus betroffen war. Das Bundesministerium trachtung zu einem eigenständigen Angebot nicht in der für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und die Lage sind. Der von der deutschen Rechtsprechung betonte Straßenbauverwaltungen der Länder in seinem Auftrag Grundsatz, dass eine Zusammenarbeit in einer Bieter- und nutzen seit etwa zehn Jahren ÖPP zum Bau von Fernstra- Liefergemeinschaft wirtschaftlich zweckmäßig und kauf- ßen. ÖPP umfassen dabei unterschiedliche Ausprägungen männisch vernünftig sein kann, eröffnet keine rein sub- der langfristigen, vertraglich geregelten Zusammenarbeit jektive, nicht anhand objektiver Faktoren überprüfbare zwischen dem jeweiligen öffentlichen Auftraggeber und „Einschätzungsprärogative“ der beteiligten Unternehmen. dem privaten Auftragnehmer. Kernelemente sind dabei Insbesondere ein schlichter Verweis auf abstrakte Grün- die Fokussierung auf den gesamten Lebenszyklus eines Drucksache 18/12760 – 68 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode bestimmten Streckenabschnitts, kombiniert mit der Leis- Abgabe eines eigenständigen Angebots im Sinne des Ar- tungserbringung aus einer Hand, wobei die gesamte Wert- beitsgemeinschaftsgedankens hängt in sehr starkem Maße schöpfungskette (Planung, Bau, Erhalt, Betrieb) und die von der Größe und Komplexität des ÖPP-Projekts ab. Die nötige Finanzierung auf einen privaten Auftragnehmer Auftraggeber haben es daher auch selbst in der Hand, ausgelagert wird. durch einen entsprechenden Zuschnitt der Projekte darauf hinzuwirken, dass ein intensiver und für den Auftraggeber Die Angebote im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung selbst vorteilhafter Wettbewerb durch die Abgabe mög- von ÖPP-Projekten werden in der Regel von Konsortien lichst zahlreicher konkurrierender Angebote stattfinden abgegeben. Diese sind regelmäßig dadurch gekennzeich- kann. net, dass ein Investmentfonds beteiligt ist, ein größeres – gegebenenfalls auch mittelständisches – deutsches Stra- ßenbauunternehmen sowie gegebenenfalls ein oder meh- b) Bieteröffentliche Submissionstermine rere auf Straßenbau, den Betrieb und Unterhalt bzw. auf Im Bereich des Schienenwegebaus hatte das Bundeskar- den Brücken- und Tunnelbau spezialisierte Anbieter. Die tellamt im Berichtszeitraum die Frage zu beurteilen, wie öffentlichen Auftraggeber fordern in der Regel im letzten die Durchführung vergaberechtlich nicht gebotener bieter- Schritt des Ausschreibungsverfahrens ferner regelmäßig öffentlicher Submissionstermine bei der Vergabe von Leis- die Gründung einer Projektgesellschaft, zu der sich die tungen durch die Deutsche Bahn AG (DBAG) kartellrecht- Konsortialpartner zusammenschließen sollen. Diese Pro- lich zu beurteilen ist. Anlass für diese Prüfung war, dass jektgesellschaften unterliegen in der Regel der deutschen die DBAG nach den Ausführungen der 2. Vergabekammer Fusionskontrolle, weil die maßgeblichen Umsatzschwel- des Bundes im Rahmen eines Beschlusses, wonach die len von den Konsortialpartnern erreicht werden und die Durchführung vergaberechtlich nicht gebotener bieteröf- Europäische Kommission diese Projektgesellschaften fentlicher Submissionstermine in den Verbotsbereich des nicht als Vollfunktionsunternehmen ansieht, weswegen § 1 hereinragen könnte, die bis dahin praktizierte Durch- kein Zusammenschluss i.S.d. Artikel 3 Abs. 4 FKVO vor- führung bieteröffentlicher Submissionstermine eingestellt liegt. hat. Zuvor hatte die DBAG im Rahmen von bieteröffent- Im Berichtszeitraum wurden vier Projektgesellschaften lichen Submissionsterminen allen an einer Ausschreibung beim Bundeskartellamt angemeldet und freigegeben. Ob- teilnehmenden Firmen die Namen der Wettbewerber und gleich die Ausschreibungen europaweit sind, spricht aus das entsprechende Gebot zeitnah mitgeteilt. Grundlage für Sicht des Bundeskartellamtes einiges für die Abgrenzung diese Praxis waren jedoch keine vergaberechtlichen Vor- eines nationalen Marktes. Denn für die Angabe eines gaben, sondern eine im Rahmen der zwischen der Bun- wirtschaftlichen Angebots scheint es unerlässlich zu sein, desregierung und der DBAG bestehenden Leistungs- und die Gegebenheiten vor Ort zu kennen. Dies gilt sowohl Finanzierungsvereinbarung II (LuFV II) getroffene Ver- in Bezug auf Erfahrungswerte zu lokal vorherrschenden einbarung zwischen der DBAG und mehreren Verbänden geologischen, meteorologischen und verkehrstechnischen der Bauindustrie. Nach Auskunft der Verbände sollte mit Gegebenheiten als auch mit Blick auf die sonstigen Rah- den bieteröffentlichen Submissionsterminen neben einer menbedingungen für Bau, Betrieb und Erhaltung der Ver- verbesserten Kapazitätsplanung insbesondere auch das tragsstrecke, insbesondere die Auswahl geeigneter Subun- Ziel verfolgt werden, die DBAG als vertikal integrierten ternehmer und Lieferanten. Konzern im Rahmen der Auftragsvergabe an einer Diskri- minierung zugunsten der im Bereich des Schienenwege- Neben der Fusionskontrolle nimmt das Bundeskartellamt baus tätigen Tochtergesellschaft zu hindern. aufgrund der horizontalen Zusammenarbeit zwischen möglicherweise zumindest potentiell im Wettbewerb Das Bundeskartellamt bewertet die Durchführung recht- zueinander stehenden Anbietern regelmäßig auch eine lich nicht gebotener bieteröffentlicher Submissionstermi- Prüfung nach Artikel 101 AEUV und § 1 vor. Anlass für ne tendenziell kritisch. Denn diese können im Ergebnis eine vertiefte Prüfung gibt dabei insbesondere die Zu- wie ein identifizierendes Marktinformationssystem wir- sammenarbeit von Baufirmen, die in der Vergangenheit ken und mithin geeignet sein, ein kollusives Verhalten im auch ohne Beteiligung einer zweiten Straßenbaufirma Markt zu fördern. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil ein Angebot für ein ÖPP-Projekt abgegeben haben. Die- dadurch eine detailgenaue Beobachtung des Marktverhal- se kann zum einen zulässig sein, wenn im Sinne des sog. tens einzelner Akteure ermöglicht wird. Die Durchfüh- Arbeitsgemeinschaftsgedankens die beteiligten Unterneh- rung rechtlich nicht gebotener bieteröffentlicher Submis- men aufgrund nachvollziehbarer und belegbarer objek- sionstermine kann mithin eine Wettbewerbsbeschränkung tiver Faktoren nicht in der Lage sind, ein eigenständiges bewirken und somit je nach den spezifischen Gegebenhei- Angebot abzugeben (vgl. hierzu oben). In diesem Fall ist ten im Markt unter das Verbot des § 1 bzw. Artikel 101 bereits das Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung zu AEUV fallen. Das durchaus legitime Ziel, die DBAG an verneinen. Selbst wenn der Arbeitsgemeinschaftsgedanke einer möglichen Diskriminierungspraxis bei der mit der in einem konkreten Einzelfall zu verneinen ist, kann die Vergabe öffentlicher Mittel verbundenen Auftragsvergabe Zusammenarbeit in einer Bietergemeinschaft jedoch zum zu hindern, vermag einen solchen Verstoß grundsätzlich anderen zulässig sein, wenn die beteiligten Unternehmen nicht zu rechtfertigen. Dies insbesondere deshalb, weil für ihre Bietergemeinschaft das Vorliegen der Freistel- dieses Ziel auch mit anderen, nicht mit dem Kartellverbot lungsvoraussetzungen gemäß § 2 bzw. Artikel 101 Abs. potenziell in Konflikt stehenden Mitteln und Maßnahmen 3 AEUV nachweisen können. Die objektive Fähigkeit zur erreicht werden kann. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 69 – Drucksache 18/12760

Das Bundeskartellamt hat in mehreren Gesprächen den In der bisherigen Prüfungspraxis des Bundeskartellamtes Vertretern der DBAG, des Verbands der Bahnindustrie wurde von einem einheitlichen Markt für die Vermietung in Deutschland e.V., des Hauptverbandes der Deutschen von Wohnraum ausgegangen. In räumlicher Hinsicht wur- Bauindustrie sowie der Bundesvereinigung Mittelstän- den lokale Märkte abgegrenzt, die in der Regel das jewei- discher Bauunternehmer diese Einschätzung mitgeteilt lige Stadt- und Stadtrandgebiet umfassten. Im Rahmen und ausführlich erläutert. Daraufhin wurde die bisherige der Prüfung dieses Vorhabens wurde zudem eine engere Vereinbarung zwischen der DBAG und den Verbänden in sachliche Abgrenzung geprüft. So wurde eine Untertei- einer Weise angepasst, die einen Abschluss der Prüfung lung des jeweiligen lokalen Mietwohnungsmarktes in durch das Bundeskartellamt im Wege der Ausübung des Wohnungen bestimmter Größenklassen, Ausstattungen Aufgreifermessens ermöglichte. Nach der neuen, seit dem sowie Mietpreisniveaus vorgenommen. Dabei wurde fest- 16. Mai 2016 praktizierten Regelung, erhalten die an ei- gestellt, dass die Beteiligten schon bei stadtgenauer Ab- ner Ausschreibung der DBAG beteiligten Bieter nunmehr grenzung keine kritische Marktanteilshöhe bzw. Addition lediglich zu dem nach dem Angebotspreis auf Rang eins von Marktanteilen erreichten. liegenden Bieter dessen Namen, das Angebotsdatum, die Anzahl der Nebenangebote und die Angebotssumme. Dem Diese Methodik der wettbewerblichen Prüfung wurde im individuellen Bieter wird darüber hinaus lediglich sein ei- Berichtszeitraum auf weitere Zusammenschlussvorhaben gener Rang auf Grundlage des Angebotspreises sowie die angewendet, in denen größere Mietwohnungsbestände den Anzahl der Teilnehmer am Vergabeverfahren mitgeteilt. Eigentümer wechselten. Hierzu gehörten die Übernahme der LEG Immobilien AG durch die Deutsche Wohnen AG, die letztendlich nicht zustande gekommene Übernahme XIII. Immobilien und verbundene der Deutsche Wohnen AG durch die Vonovia SE (siehe Dienstleistungen Pressemitteilung vom 17. Dezember 2015), der Erwerb 1. Fusionskontrolle im Mietwohnungsmarkt von 13.600 Mietwohnungen der PATRIZIA Immobilien AG durch die Deutsche Wohnen AG sowie der Erwerb Im Bereich der Wohnungsunternehmen war in den letzten von 13.570 Mietwohnungen aus dem Bestand der Vonovia Jahren eine fortschreitende Konzentration zu beobachten. SE durch die LEG Immobilien AG. Alle Vorhaben erwie- In Deutschland gibt es rund 40 Mio. Wohnungen, darun- sen sich zum Teil auch wegen ihres geographisch komple- ter knapp 24 Mio. Mietwohnungen sowie etwa 16 Mio. mentären Charakters als wettbewerblich unproblematisch, von den Eigentümern selbst bewohnte Wohnungen. Im sodass sie jeweils innerhalb der Monatsfrist freigegeben Mietwohnungssektor werden etwa 14 Mio. Wohnungen werden konnten. von Kleinanbietern oder Privatleuten zur Miete angebo- ten. Professionell-gewerbliche Anbieter bewirtschaften in 2. Radiusklauseln in Mietverträgen von Deutschland hingegen mehr als neun Mio. Mietwohnun- Factory Outlet Centern gen. Einen weiteren Schwerpunkt der Anwendung des Kar- Als bedeutende Teilgruppen der gewerblichen Anbieter tellrechts im Immobiliensektor bildete die kritische Be- von Mietwohnungen lassen sich die Genossenschaften, die urteilung von Radiusklauseln in Mietverträgen von Fac- Wohnungsunternehmen mit kommunaler Mehrheitsbetei- tory Outlet Centern (FOC). FOC sind Verkaufsstätten, in ligung sowie privatwirtschaftliche Wohnungsunterneh- denen Hersteller ihre Markenartikel verbilligt anbieten. men unterscheiden. Sie bewirtschaften fast 80 Prozent der Sie werden von einem Betreiber zentral geplant, realisiert Wohnungsbestände der professionellen gewerblichen An- und verwaltet und umfassen regelmäßig mehrere 1.000 m² bieter. Die 20 größten deutschen Wohnungsunternehmen, Verkaufsfläche mit 40 bis über 100 Läden und einem An- die sowohl privaten als auch öffentlichen bzw. kommuna- gebot von vorwiegend Textilien, Sportartikeln und Schu- len Eigentümern gehören, bewirtschaften dabei allerdings hen. Bundesweit existieren derzeit neun größere FOC. einen Bestand von lediglich ca. 1,55 Mio. Wohneinheiten. Das Bundeskartellamt hat im Berichtszeitraum dem Be- Im Berichtszeitraum ist durch die Fusion zwischen der treiber des FOC Wertheim Village, der VR Franconia Deutsche Annington Immobilien SE (DAI) und der GAG- GmbH, untersagt, in Mietverträgen mit Markenartikelher- FAH S.A. (GAGFAH) das größte, inzwischen unter Vo- stellern sog. Radiusklauseln zu verwenden, soweit diese novia SE firmierende Wohnungsunternehmen mit einem über einen Radius von 50 km und eine Laufzeit von fünf Bestand von etwa 350.000 Wohneinheiten entstanden. Zu Jahren hinausgehen. Franconia hatte den meisten der 100 Überschneidungen der Aktivitäten der Zusammenschluss- Markenartikelhersteller, die in dem FOC in Wertheim an- beteiligten kam es in insgesamt 171 Städten. Das Vorhaben sässig sind, verboten, Ladenlokale in einem anderen FOC konnte jedoch aufgrund der vorherrschenden Markt- und oder individuelle Outlet-Geschäfte innerhalb eines Radius Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Monatsfrist frei- von in der Regel 150 km um Wertheim zu eröffnen. gegeben werden. Selbst bei einer engen Marktabgrenzung lagen die Marktanteile auf allen betroffenen regionalen Nach den Ermittlungen des Bundeskartellamtes stam- Mietwohnungsmärkten deutlich unterhalb von 40 Prozent men die Kunden des FOC Wertheim im Wesentlichen aus und die wettbewerblichen Verhaltensspielräume der Zu- einem Umkreis von 100 km bzw. nehmen die Einkaufs- sammenschlussparteien sind auch nach dem Zusammen- möglichkeit auf der Durchreise wahr. Das von Franco- schluss hinreichend beschränkt (siehe Fallbericht von 26. nia vorgesehene Wettbewerbsverbot ging damit deutlich Februar 2015, B1-241/14). über den betroffenen räumlich relevanten Markt hinaus. Drucksache 18/12760 – 70 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Betreiber eines neu eröffneten FOC, das 147 km von 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht Wertheim entfernt liegt, waren aufgrund dieser Klausel auf erhebliche Probleme bei der Akquise von Mietern a) Fusionskontrolle gestoßen. Nach Auffassung des Bundeskartellamtes war die Wettbewerbsverbotsklausel in ihrem praktizierten Um- Fusion von Großhändlern aus dem Bereich fang weder notwendig zur Durchführung der Mietverträge Sanitär – Heizung – Klima (SHK) noch verhältnismäßig, um die von Franconia vorgetrage- Eine Fusion von SHK-Großhändlern wurde nach Rück- nen Vertragszwecke zu erreichen. Vielmehr zielte das Ver- nahme der Anmeldung und Neuanmeldung nach intensi- bot im Wesentlichen darauf ab, den Wettbewerb zwischen ver Prüfung freigegeben. Im Herbst 2016 hatte die Cor- dem FOC Wertheim und seinen aktuellen und potenziellen des & Graefe KG den Erwerb des Geschäftsbetriebs der Wettbewerbern zu beschränken (siehe Pressemitteilung Wilhelm Gienger GmbH beim Bundeskartellamt ange- vom 3. März 2015). meldet. Das Bundeskartellamt hatte daraufhin im Rahmen Die Untersagungsentscheidung ist inzwischen bestands- eines Hauptprüfverfahrens umfangreiche Ermittlungen kräftig, nachdem das Oberlandesgericht Düsseldorf die aufgenommen. Nachdem das Bundeskartellamt den Un- Beschwerde wegen eines Formfehlers als unzulässig ternehmen seine vorläufige Einschätzung mitgeteilt hatte, verworfen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen nahmen diese die Anmeldung zurück, um das Vorhaben hat und der Bundesgerichtshof die hiergegen eingelegte in abgeänderter und fusionsrechtlich unproblematischer Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hat (Ober- Form neu anzumelden. Räumlich betrachtet liegen im landesgericht Düsseldorf, Urteil vom 30. September 2015, SHK-Großhandel regionale Märkte vor. Wilhelm Gienger Aktenzeichen: VI-Kart 3/15 (V); Bundesgerichtshof, Ur- erzielt im Durchschnitt 80 Prozent der Lieferumsätze ei- teil vom 7. Juni 2016, Aktenzeichen: KVZ 53/15). nes Standorts in einer Entfernung von bis zu 50 km. Die Betrachtung der tatsächlichen Lieferströme zeigte eine XIV. Sanitär – Heizung – Klima (SHK) kritische Überlappung in der Region Ulm, in der die Tä- tigkeitsgebiete der beiden Unternehmen aneinandersto- 1. Allgemeiner Überblick und ßen. Andere Wettbewerber sind hier weniger stark. Wil- wettbewerbliche Situation helm Gienger beschloss daraufhin, sich von einer in dieser Region tätigen Tochtergesellschaft zu trennen. Diese Än- In der Branche wird der sog. dreistufige Vertriebsweg derung des Vorhabens hat die wettbewerblichen Bedenken praktiziert, nach dem der Handel mit Produkten vom des Bundeskartellamts ausgeräumt (siehe Pressemittei- Hersteller über den Großhändler an den Fachhandwer- lung und Fallbericht vom 16. März 2017). ker betrieben wird. Es gibt weit verbreitet Bestrebungen, diesen Vertriebsweg als alleinigen Vertriebsweg aufrecht- b) Kartellverfolgung erhalten zu wollen. Maßnahmen zur Absicherung eines bestimmten Vertriebswegs, welche andere Vertriebswege Das Bundeskartellamt führte im Berichtszeitraum ein ausschließen, können kartellrechtlich relevant sein. Prob- Kartellverfahren gegen Großhändler in der SHK-Branche leme können z.B. mit einer erheblichen Intransparenz der fort. Im Frühjahr 2016 wurden Bußgelder in einer Ge- Preise verbunden sein, die die Entstehung von Wettbewerb samthöhe von rund 21,3 Mio. Euro gegen neun Groß- durch Internethändler und Baumärkte erschweren kann. händler und einen persönlich Betroffenen verhängt (siehe Nach wie vor bezieht eine Mehrheit der Fachhandwerker Pressemitteilung vom 22. März 2016). nicht bei Baumärkten und Internethändlern und ist auch nicht bereit, Produkte einzubauen, die die Endkunden im Im Rahmen des Verfahrens hatte im März 2013 eine Direktbezug eingekauft haben. Durchsuchungsaktion stattgefunden. Die Durchsuchung erfolgte zeitgleich an insgesamt 14 Standorten, darunter In den letzten zwei Jahren war wie schon in den Jahren auch Privatwohnungen möglicher Betroffener. Die Ermitt- davor insbesondere der Sanitärgroßhandel Gegenstand der lungen haben ergeben, dass die betroffenen Unternehmen Tätigkeit des Bundeskartellamtes. Zum einen konnte ein im Rahmen des Mittelstandskreises Nordrhein-Westfalen Verfahren über ein horizontales Preiskartell weitestgehend ihre Kalkulationsfaktoren für die Bestimmung sog. Brut- abgeschlossen werden, zum anderen meldete der bundes- topreise gegenüber dem Handwerk gemeinsam festgelegt weite Branchenführer im SHK-Großhandel, die Cordes hatten. Die gemeinsame Kalkulation unter Wettbewer- & Graefe KG, im Herbst 2016 eine weitere Fusion an, bern führte zu einer wettbewerbswidrigen Annäherung welche vertieft geprüft werden musste. Bereits im letzten des Ausgangspreisniveaus und damit zu einer reduzier- Berichtszeitraum hatte das Bundeskartellamt das Fusi- ten Wettbewerbsintensität. Gegenstand der abgestimmten onsvorhaben Cordes & Graefe – Bäderwelt geprüft (siehe Kalkulation, die für die Branche als Leitkalkulation auch Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 69) und das o.g. Kartellver- bundesweit erhebliche Bedeutung hatte, waren mindestens fahren eingeleitet (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 70). 250.000 Produkte aus dem Sanitärbereich. Auch die Europäische Kommission hat schon in diesem Sektor ermittelt und hohe Bußgelder gegen 17 Hersteller Die auf die 1970er Jahre zurückgehenden Absprachen von Sanitärprodukten verhängt. wurden von den Kartellbehörden zunächst geduldet, weil mittelständische Unternehmen seinerzeit nicht über die technischen Möglichkeiten verfügten, für eine sehr große Zahl von Produkten eigene Preiskalkulationen zu erstel- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71 – Drucksache 18/12760 len und in Katalogen drucken zu lassen. Schon seit vielen gekennzeichneten Marktstruktur nicht wahrscheinlich. Jahren ist diese technische Begründung aus den 1970er Jahren jedoch überholt und damit entfallen. Die Unterneh- Im Jahr 2016 hat in der Druckfarben-Industrie eine wei- men wären verpflichtet gewesen, ihr kartellrechtswidriges tere Konsolidierung stattgefunden. Der ohnehin bereits Verhalten neu zu bewerten und abzustellen. stark konzentrierte Bereich der Hersteller von Publikati- onsdruckfarben hat sich durch zwei Zusammenschlüsse Im vorliegenden Verfahren haben alle Unternehmen bei unter den Marktteilnehmern weiter verengt. der Aufklärung des Kartells mit dem Bundeskartellamt kooperiert, was entsprechend der Bonusregelung des Am- 2016 erwarb die Flint Group, ein in den USA ansässiger tes zu einer Ermäßigung der Bußgelder geführt hat. Die Druckfarbenhersteller mit weltweiten Produktions- und genannten Bußgelder sind rechtskräftig. Mit neun Un- Vertriebsstandorten, das Rollenoffset-Druckfarbenge- ternehmen und dem persönlich Betroffenen wurde eine schäft von der in Siegburg ansässigen Siegwerk Druck- einvernehmliche Verfahrensbeendigung (sog. Settlement) farben AG. Die Sun Chemical Group, der weltweit größte erreicht. Das Verfahren gegen ein weiteres Unternehmen Hersteller von Pigmenten und Druckfarben, erwarb das ist noch nicht abgeschlossen. europäische Illustrations-Tiefdruckfarben-Geschäft von Flint. Beide Zusammenschlüsse sind dem Bereich der Publikationsdruckfarben zuzurechnen. Die Rollenoffset- XV. Chemische Industrie Druckfarben werden insbesondere für den Druck von 1. Fusionskontrolle Zeitungen verwendet, die Illustrations-Tiefdruckfarben für die Herstellung von hochwertigen Zeitschriften und Im Berichtszeitraum wurden zahlreiche Zusammen- Katalogen. schlüsse angemeldet, die jedoch alle in der ersten Phase freigegeben werden konnten. Die zu betrachtenden geo- Während im europäischen Rollenoffset-Bereich noch graphischen Märkte gingen dabei meist über die Grenzen mehrere Marktteilnehmer verbleiben, verringert sich im Deutschlands hinaus. Aufgrund der Vielzahl verschiede- Segment der Illustrations-Tiefdruckfarben durch den Zu- ner chemischer Stoffe und unterschiedlichster Verwen- sammenschluss die Anzahl der Hersteller von drei auf dungsmöglichkeiten in der Industrie sind viele unter- zwei Anbieter für ganz Europa: Siegwerk und die Sun schiedliche sachliche Märkte abzugrenzen. Chemical Group. Eine der größeren im Berichtszeitraum beim Bundes- Ursachen für diese Entwicklung sind u.a. ein kontinuier- kartellamt angemeldeten Fusionen war der Erwerb der licher Nachfragerückgang im Bereich der Printmedien, Performance Materials Division von Air Products and insbesondere bei Hochglanzkatalogen und -zeitschriften Chemicals, Inc. (PMD) durch die Evonik Industries AG zugunsten einer steigenden Nutzung von elektronischen (Evonik). Onlinemedien. Dies führte beispielsweise in Deutschland in erheblichem Maße zu einer Aufgabe oder einem Verkauf Beide Unternehmen stellen Additive und Vorprodukte her, insbesondere kleinerer oder mittlerer Druckereien und zu die an Kunden der Epoxid- und der Polyurethanindustrie einer Stärkung der Großdruckereien. Diese Entwicklung vertrieben werden sowie Spezialchemikalien für andere wirkte sich entsprechend auf die Nachfrage nach den Tief- Industrien. Das Vorhaben war neben Deutschland in neun druckfarben und damit auf die wirtschaftliche Situation der weiteren Ländern anmeldepflichtig. Im Rahmen der Er- Hersteller aus. Die Ermittlungen des Bundeskartellamtes mittlungen wurden wesentliche Wettbewerber und Kun- hatten dabei ergeben, dass die Druckereien auch vermehrt den der Zusammenschlussbeteiligten befragt. zum kostengünstigeren Rollenoffset-Verfahren wechselten und verschiedene befragte Marktteilnehmer sogar von wei- Das Zusammenschlussvorhaben konnte freigegeben wer- teren drastischen Einschnitten im Publikationstiefdruck- den, weil die Aktivitäten der beteiligten Unternehmen im farben-Bereich bis hin zur völligen Aufgabe innerhalb der Wesentlichen komplementär sind. Dies gilt zum einen in nächsten zehn Jahre ausgingen. Diese nachhaltigen und räumlicher Hinsicht, da Evonik seinen Umsatzschwer- strukturbedingten Veränderungen in der Tiefdruckindust- punkt in Europa und das Zielunternehmen in Nordame- rie, welche sich unmittelbar auf den vorgelagerten Markt rika und Asien hat, zum anderen aber auch in Hinsicht der Druckfarbenhersteller auswirken, bildeten eine wich- auf die sachlichen Märkte. Im Bereich der Epoxidadditi- tige Grundlage für die Beurteilung des entstandenen Duo- ve ist Evonik im Wesentlichen nur Vernetzer. PMD stellt pols und seine Auswirkungen auf den betroffenen Markt. im Wesentlichen nur Epoxidhärter her und vertreibt diese Produkte. Im Bereich der Polyurethan-Additive beste- Das Bundeskartellamt hatte zunächst festgestellt, dass un- hen die größten horizontalen Auswirkungen des Zusam- ter den bisherigen Bedingungen auf dem Markt für Pu- menschlussvorhabens. Auch in diesem Bereich hat der blikationsdruckfarben spürbarer Wettbewerb vorhanden Zusammenschluss trotzdem einen eher komplementären war. Die Oligopolvermutung unter den (bisherigen) drei Charakter. Evonik ist führend beim Vertrieb von Silikon- Marktteilnehmern konnte insoweit widerlegt werden. Die tensiden für Polyurethan-Anwendungen und PMD bei Ka- Ermittlungen des Bundeskartellamtes hatten ergeben, dass talysatoren für Polyurethan-Anwendungen. Zwar ist dem die vorhandene Nachfragemacht der Großdruckereien und Zusammenschlussvorhaben ein Portfolio-Effekt nicht Verlage sowie deren strategisches Nachfrageverhalten so- abzusprechen. Es lag jedoch kein wettbewerbsrechtlich wie insbesondere die erheblichen Überkapazitäten in der bedenklicher konglomerater Zusammenschluss vor. Ein Branche die Verhaltensspielräume der Farbenhersteller Abschottungseffekt ist aufgrund der durch Wettbewerb stark einschränkten. Drucksache 18/12760 – 72 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Im Hinblick auf eine gemeinsame Marktbeherrschung XVI. Maschinen- und Anlagenbau, der beiden Marktteilnehmer haben die Ermittlungen des Metallindustrie Bundeskartellamtes des Weiteren ergeben, dass durch den geplanten Zusammenschluss eine Verschlechterung 1. Fusionskontrolle der bisherigen Wettbewerbsverhältnisse, z.B. durch still- a) Schließsysteme schweigende Koordinierung oder gar ein bewusstes Par- allelverhalten der verbleibenden zwei Hersteller, nicht zu Im Jahr 2015 wurden zwei Fusionen von größeren Her- erwarten war. stellern von Schließsystemen geprüft. Die Fusionspläne der Unternehmen DORMA Holding GmbH + Co. KGaA Die verbleibenden zwei Anbieter agieren in ihrer jewei- und der schweizerischen Kaba Holding AG, sowie das ligen strategischen Aufstellung und Ausrichtung unter- Vorhaben von Allegion Luxembourg Holding & Financing schiedlich und es konnten auch keine strukturellen Ver- S.à.r.l. und SimonsVoss Technologies GmbH wurden un- flechtungen zwischen ihnen festgestellt werden. Zudem abhängig voneinander beim Bundeskartellamt angemel- hatte die Befragung der nachfragenden Druckereien erge- det, aber zeitlich parallel geprüft (siehe auch Pressemittei- ben, dass diese bei Preiserhöhungsabsichten der Duopol- lung vom 25. August 2015). mitglieder gegebenenfalls auf den Tiefdruck verzichten und zum Rollenoffsetdruck wechseln würden, was keines- Die Ermittlungen in beiden Verfahren hatten gezeigt, dass falls im Interesse der Duopolmitglieder liegen kann. sich die Branche seit der vom Oberlandesgericht Düssel- dorf bestätigten Untersagungsentscheidung des Amtes im Eine signifikante Verschlechterung der Wettbewerbsbe- Fall ASSA ABLOY/SimonsVoss im Jahre 2008 gewandelt dingungen auf dem ohnehin schon engen Markt für Illus- hat. Es sind seither neue Marktteilnehmer aufgetreten und trationstiefdruckfarben konnte im Ergebnis daher nicht auch in technischer Hinsicht hat sich die Branche weiter- festgestellt werden. entwickelt. So haben verschiedene kabellose Vernetzungs- möglichkeiten von Schließsystemen auch mit Haus- und 2. Missbrauchsaufsicht Sicherheitstechnik an Bedeutung gewonnen, auch solche, bei denen das Handy zum Schlüssel werden kann. Im Die Beschwerdeverfahren im Bereich des Laborchemi- Ergebnis konnten beide Zusammenschlüsse freigegeben kalienhandels von Merck KGaA (Merck) und VWR In- werden. Die Ermittlungsergebnisse ließen auch nach den ternational Europe bvba (VWR) gegen Abstellungsverfü- beiden Fusionen keine erhebliche Behinderung wirksa- gungen des Bundeskartellamtes sind nunmehr vollständig men Wettbewerbs erwarten. Insbesondere gab es noch abgeschlossen. Merck wurde vom Bundeskartellamt ge- weitere, ebenfalls starke Wettbewerber in Deutschland mäß § 32 aufgegeben, neben VWR auch dritte Handels- und in den europäischen Nachbarländern. Dass die Bran- unternehmen mit seinen Laborchemikalien zu beliefern che insgesamt in Bewegung ist und ein gewisser Konsoli- (siehe Fallbericht vom 14. Juli 2009, B3-64/05 und Tätig- dierungsdruck besteht, zeigt sich an zahlreichen weiteren keitsbericht 2009/10, S. 83 f.). Zusammenschlussvorhaben, die das Bundeskartellamt in Das Bundeskartellamt ordnete darüber hinaus – nach er- der jüngsten Zeit geprüft hat. folgter Umstellung des Rabattsystems durch Merck – eine diskriminierungsfreie Gestaltung der Belieferungspflicht b) Maschinen zur Halbleiterherstellung an (siehe Fallbericht vom 4. Juli 2011, B3-139/10). Nachdem das Bundeskartellamt 2013/2014 bereits ein Merck hatte gegen ein die Entscheidung des Bundeskar- umfassendes Hauptprüfverfahren im Bereich der Her- tellamtes bestätigendes Urteil des Oberlandesgerichts stellung von Maschinen zur Halbleiterherstellung geführt Düsseldorf (Urteil vom 21. Dezember 2011, Aktenzei- hatte (Tokyo Electron/Applied Materials, siehe Tätigkeits- chen: VI-Kart 5/11 (V); siehe Tätigkeitsbericht 2011/12, bericht 2013/14, S. 69 f.), standen 2016 und Anfang 2017 S. 69) teilweise erfolgreich Nichtzulassungsbeschwerde erneut zwei Fusionen namhafter Anbieter derartiger Ma- beim Bundesgerichtshof eingelegt (siehe Tätigkeitsbericht schinen zur Prüfung an. Zunächst hatte das Unternehmen 2013/14, S. 68). Soweit die Rechtsbeschwerde gegen die Lam Research beabsichtigt, KLA-Tencor zu erwerben Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zulässig (siehe Pressemitteilung vom 2. Mai 2016). Beide Unter- war, wurde sie vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 26. nehmen sind international tätige Hersteller von Anlagen Januar 2016 zurückgewiesen (Aktenzeichen: KVR 11/5). für die Herstellung von Halbleitern (Chips). Da die Unter- Danach ist die Abgrenzung des maßgebenden Marktes nehmen auch in Deutschland relevante Umsätze erzielen, grundsätzlich Sache des Tatrichters, da sie wesentlich von mussten sie den Zusammenschluss auch beim Bundeskar- den tatsächlichen Gegebenheiten des Marktes abhängt. tellamt anmelden. Das Vorhaben wurde darüber hinaus Wenn wie hier Händler ihren Bedarf an Laborchemikalien auch von den Wettbewerbsbehörden in den USA, Israel, von Merck bei VWR decken müssen, ist der Preiswett- Irland, Taiwan, Japan, Korea und China geprüft. Während bewerb beim Absatz solcher Chemikalien auf der Han- das Vorhaben in Deutschland zu keinen durchgreifenden delsstufe beeinträchtigt. Eine wettbewerbsbeschränkende wettbewerblichen Bedenken geführt hat und deshalb in Wirkung liegt damit vor. Es konnte daher dahingestellt der ersten Phase freigegeben werden konnte, haben die bleiben, ob die Alleinvertriebsvereinbarung auch eine Be- Zusammenschlussbeteiligten das Vorhaben letztlich auf- schränkung des Wettbewerbs bezweckt. grund von wettbewerblichen Bedenken des US-amerika- nischen Department of Justice aufgegeben. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 73 – Drucksache 18/12760

Anfang Januar 2017 wurde eine geplante Minderheitsbe- Marktes ist es nach Einschätzung des Bundeskartellamtes teiligung von ASML Holding N.V., Niederlande, an der nicht ausgeschlossen, dass weitere Fusionsvorhaben in der Carl Zeiss SMT Holding GmbH & Co. KG, Deutschland, Branche zu einer wettbewerbsbeschränkenden Konzentra- zur Fusionsprüfung angemeldet. Auch diese Unterneh- tion und damit zu einer erheblichen Beschränkung wirksa- men sind international tätige Hersteller von Anlagen für men Wettbewerbs führen können. die Herstellung von Halbleitern. ASML ist der weltweit größte Anbieter von Lithographiesystemen für die Halb- 2. Kartellverfolgung leiterherstellung, Carl Zeiss SMT bietet insbesondere Hochleistungsoptiken an. Im Ergebnis konnte auch dieses a) Automatiktüren Vorhaben innerhalb der Monatsfrist freigegeben werden (siehe Pressemitteilung vom 21. Januar 2017). Das Verfahren gegen Hersteller automatischer Türsyste- me und ihren Verband (siehe Tätigkeitsbericht 2011/12, Bei den Freigabeentscheidungen des Bundeskartellamtes S. 71 und Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 70 f.) ist inzwi- lagen folgende Ermittlungsergebnisse zugrunde: Zunächst schen rechtskräftig abgeschlossen. Das einzig noch im hat sich in beiden Fällen gezeigt, dass die jeweils beteilig- Verfahren verbliebene Unternehmen, die Geze GmbH, ten Unternehmen sehr unterschiedliche Anlagen produ- nahm ihren Einspruch zu Beginn der mündlichen Haupt- zieren, sodass sie jeweils nicht in direktem Wettbewerb verhandlung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf am zueinander stehen. Zudem sind unter den Abnehmern 22. Oktober 2015 zurück. Das Gericht hatte zuvor da- der Anlagen einige große, internationale Unternehmen rauf hingewiesen, dass mit einer deutlichen Erhöhung mit hoher Nachfragemacht, was den Verhaltensspielraum der Geldbußen zu rechnen sei (siehe Fallbericht vom der Zusammenschlussbeteiligten auch nach einer Fusion 27. Oktober 2015, B10-102/11). weiterhin begrenzt. Auch spielen Innovationen eine große Rolle im Wettbewerbsgeschehen. Das Bundeskartellamt b) Technische Gebäudeausrüstung hatte bereits 2013/2014 im Rahmen der beabsichtigten Fusion von Applied Materials und Tokyo Electron um- Das Bundeskartellamt hat Ende 2014 ein Kartellordnungs- fassende Marktermittlungen in der Branche durchgeführt. widrigkeitenverfahren gegen Anbieter technischer Gebäu- Die zusätzlichen Ermittlungen in den vorliegenden Fällen deausrüstung eingeleitet, da der Verdacht besteht, dass haben erneut gezeigt, dass – so wie die Chip-Herstellung diese ihre Angebote bei Ausschreibungen abgesprochen selbst – auch die hier betroffene vorgelagerte Stufe für die haben. Wegen möglicher Verstöße gegen den Straftatbe- Anlagen zur Chip-Herstellung von ständigen technischen stand der Submissionsabsprache führt hierzu parallel die Anforderungen und Neuerungen geprägt ist. Das Bundes- Staatsanwaltschaft München die Verfahren gegen die an kartellamt hat daher jeweils auch ermittelt, ob es durch das den Absprachen beteiligten natürlichen Personen. Ge- Zusammenschlussvorhaben zu einer Behinderung von In- meinsam mit der Staatsanwaltschaft München wurden im novationen kommen könnte. Angesichts des wettbewerb- Februar und März 2015 bei mehreren Unternehmen und lichen Umfeldes in dieser hochdynamischen Branche war auch in Privatwohnungen Durchsuchungen durchgeführt. dies in beiden Fällen nicht zu befürchten. c) Industriebatterien c) Vakuumpumpen Das Ende 2013 eingeleiteten Kartellordnungswidrigkei- Die Vakuumtechnik gehört zu den klassischen Quer- tenverfahren gegen Anbieter von Industriebatterien (Tä- schnittstechnologien. Vakuumpumpen sind in einer Viel- tigkeitsbericht 2013/2014, S. 74) wird weiter fortgeführt. zahl von Produkten und Produktionsprozessen von erheb- licher Bedeutung, u.a. in der Halbleiterproduktion, in der d) Gleisoberbaumaterial Labortechnik und der Luft- und Raumfahrtforschung. (Schienen, Weichen) Nachdem Atlas Copco 2014 bereits den Vakuumpumpen- Das Bundeskartellamt hat Anfang 2016 gegen das Unter- hersteller Edwards Group Ltd. erworben hatte und 2015 nehmen Vossloh Laeis GmbH Bußgelder in Höhe von ins- die Beteiligungserhöhung des Vakuumpumpenherstellers gesamt knapp 3,4 Mio. Euro verhängt und damit das letzte Busch an Pfeiffer Vacuum durch das Bundeskartellamt ge- noch anhängige Verfahren wegen des Verdachts von Kar- prüft und freigegeben wurde, hat sich die Branche mit der tellabsprachen im Markt für Gleisbauobermaterialien ab- Fusion von Atlas Copco und Oerlikon Leybold Vacuum geschlossen (siehe Pressemitteilung vom 10. März 2016). im Jahr 2016 weiter konsolidiert. Bereits am 18. Juli 2013 wurden in diesem Verfahren nach Das Bundeskartellamt hat 2016 die Übernahme von einvernehmlichen Verfahrensbeendigungen gegen acht Oerlikon Leybold Vacuum durch Atlas Copco nach in- Unternehmen Bußgelder in Höhe von insgesamt knapp tensiven Ermittlungen letztlich noch in der ersten Phase 100 Mio. Euro verhängt (siehe Tätigkeitbericht 2013/14, freigegeben. In verschiedenen Alternativbetrachtungen S. 71). zur Marktstellung der Zusammenschlussbeteiligten hatte Durch das verhängte Bußgeld gegen Vossloh wurden Ab- sich gezeigt, dass in der Gesamtschau nach diesem Zu- sprachen zu Lasten von Nahverkehrsunternehmen, Privat-, sammenschluss noch hinreichend Wettbewerb verbleibt, Regional- und Industriebahnen sowie Bauunternehmen obwohl es in einigen Bereichen nur noch wenige Anbieter beim Vertrieb von Weichen und Schienen im Zeitraum von gibt. Angesichts der fortgeschrittenen Konsolidierung des 2001 bis 2011 geahndet. Die Absprachepraxis basierte Drucksache 18/12760 – 74 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode maßgeblich darauf, dass den einzelnen an der Absprache Fahrzeugen sowie die Instandsetzung militärischer Fahr- beteiligten Unternehmen bestimmte Stammkunden zuge- zeuge. Beide Unternehmen haben hierfür alle ihre Anteile ordnet waren. Die Kartellteilnehmer hielten sich an diese in eine Holding nach niederländischem Recht mit Sitz in Zuordnung und verzichteten bei ihnen nicht zugeordneten Amsterdam eingebracht und im Gegenzug jeweils 50 Pro- Kunden bewusst auf die Abgabe von Angeboten, reichten zent der Anteile an der Dachgesellschaft erhalten. Angebote erst nach Ablauf der Angebotsfrist ein oder ga- ben gezielt überteuerte Angebote ab, sodass der Auftrag Das Bundeskartellamt hat das Fusionsvorhaben im Ergeb- an das vorbestimmte Unternehmen gehen konnte. nis nach intensiven Ermittlungen in der ersten Phase frei- gegeben. Bei einer Betrachtung der Inlandsmärkte verfügt Vossloh hat Einspruch gegen die Entscheidung eingelegt. KMW hier zwar über eine wichtige Marktstellung. Durch Die Geldbuße ist noch nicht rechtskräftig. den Zusammenschluss war gleichwohl keine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs zu befürchten. Dies XVII. Sicherheits- und Verteidigungsindustrie liegt auch an dem o.g. besonderen Ausschreibungsmarkt, bei dem auch sicherheitspolitische Belange bei den Be- 1. Allgemeiner Überblick und schaffungen eine Rolle spielen. Neben der starken Stellung wettbewerbliche Situation der Kunden war für die Entscheidung ausschlaggebend, dass es eine hinreichend große Anzahl von Wettbewerbern Die Märkte für Rüstungsgüter und damit in Zusammen- aus dem In- und Ausland mit vergleichbaren technologi- hang stehende Dienstleistungen weisen in wettbewerb- schen Fähigkeiten und Produktpaletten gibt. Zudem haben licher Hinsicht einige Besonderheiten auf. So sind die sich keine Hinweise auf eine besondere wettbewerbliche Nachfrager in aller Regel Staaten, die im Rüstungsbereich Nähe zwischen den Zusammenschlussbeteiligten ergeben. nicht nur nach wirtschaftlichen Aspekten beschaffen, son- dern stets auch sicherheitspolitische und rüstungsrechtli- Dieser Fusion vorangegangen war die Übernahme des che Kriterien in ihre Ausschreibungs- und Beschaffungs- Panzerketten- und Instandsetzungsgeschäfts des deut- entscheidungen einfließen lassen. Dies führt auch zu einer schen Rüstungsunternehmens Diehl Defence (DST De- engen Hersteller-Nachfrager-Beziehung, die – zumindest fence Service Tracks GmbH) durch KMW (siehe Fallbe- in der Vergangenheit – dazu geführt hat, dass es sich bei richt vom 9. April 2016, B5-21/15). Auch dieses Vorhaben den Rüstungsmärkten, sobald ein nationaler Anbieter vor- wurde eingehend untersucht, im Ergebnis aber in der handen ist, um insoweit geschlossene nationale Märkte ersten Phase freigegeben. Zwar hatte KMW mit dem handelt (so auch die Entscheidungspraxis der Europäi- Zusammenschluss den einzigen deutschen Panzerketten- schen Kommission). In diesen Fällen geht vom Staat, als hersteller für militärische Fahrzeuge erworben. Da KMW einzigen nationalen Nachfrager, eine hohe Nachfrage- in diesem Bereich aber selbst nicht tätig war, hatte sich macht aus, der – sofern es mehrere Anbieter gibt – durch durch die Übernahme nichts an der Anzahl der Anbieter Ausschreibungen Wettbewerb schaffen kann. Dagegen auf dem Markt geändert. Die Integration in den Rüstungs- wurde in Bezug auf Länder ohne heimische Systeman- konzern KMW hatte dabei keine Schlechterstellung der bieter von internationalen Märkten ausgegangen, da die anderen Marktteilnehmer durch eine etwaige Abschottung Streitkräfte dort notwendigerweise ihre Produkte von aus- befürchten lassen. ländischen Systemanbietern beziehen. Diese historisch bedingte räumliche Marktabgrenzung muss jedoch vor Im Instandsetzungsbereich führte der Zusammenschluss dem Hintergrund der Bemühungen des europäischen Ge- zwar zu einer Verstärkung der Marktstellung von KMW, setzgebers, einen europäischen Rüstungsmarkt zu schaf- da hier beide Unternehmen tätig waren. Der Zusammen- fen, hinterfragt werden (Europäische Verteidigungsrichtli- schluss führte aber auch hier nicht zu einer erheblichen nie EG/2009/81 vom 13. Juli 2009). Es sind – zumindest Behinderung wirksamen Wettbewerbs. In diesem Bereich in Deutschland – erste Anzeichen einer Öffnung der bis- gibt es zahlreiche Wettbewerber, die – obwohl es sich häu- lang geschlossenen Inlandsmärkte zu verzeichnen. fig um kleinere Anbieter handelt – erfolgreich um die aus- geschriebenen Aufträge konkurrieren können. 2. Fusionskontrolle XVIII. Automobilwirtschaft und Zulieferer Im Jahr 2015 hat sich das Bundeskartellamt in zwei Fusi- onsprüfungen mit Zusammenschlüssen in der Rüstungsin- 1. Allgemeiner Überblick und dustrie befasst. wettbewerbliche Situation So hatten das deutsche Rüstungsunternehmen Krauss- Die Anzahl der Neuzulassungen von PKW in Europa (ein- Maffei Wegmann (KMW) und der staatliche französische schließlich EWR) ist im Jahr 2015 im Vergleich zu den Rüstungsbetrieb Nexter Systems/GIAT Industries das Vorjahren deutlich angestiegen. Die Zahl der Neuzulas- Vorhaben zur Fusionsprüfung angemeldet, ihre jeweiligen sungen ist im Jahr 2015 auf rund. 14,2 Mio. angestiegen. wehrtechnischen Geschäftstätigkeiten in ein neu gegrün- Ein großer Teil des Zuwachses resultiert aus einer deutlich detes Gemeinschaftsunternehmen einzubringen (siehe gestiegenen Nachfrage in Spanien, Italien und Frankreich. Pressemitteilung vom 24. August 2015). Betroffen waren Aber auch in Deutschland ist die Zahl der PKW-Neuzu- im Wesentlichen die Bereiche der Entwicklung und Her- lassungen im Berichtszeitraum angestiegen, im Jahr 2015 stellung von gepanzerten Rad- und Kettenfahrzeugen und war mit 3,2 Mio. neu zugelassener Fahrzeuge ein Zuwachs Munition, Umbau und Modernisierung von gepanzerten von 5,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 75 – Drucksache 18/12760

Im Jahr 2016 ist die Zahl der Neuzulassungen noch einmal Bei den übrigen Wettbewerbern handelt es sich um mittel- um 4,5 Prozent auf rd. 3,4 Mio. zugelassene PKW gestie- ständische Familienunternehmen mit erheblich geringeren gen. Insgesamt konnten alle deutschen Marken von der finanziellen und marktbezogenen Ressourcen. WM hätte gestiegenen Nachfrage in der Europäischen Union profi- in den genannten Regionalmärkten durch die gestiegene tieren. Auch der Automobilhersteller VW konnte trotz des Standortdichte seine Kunden besonders gut erreicht. Zu- Abgasskandals ein Absatzplus verbuchen. dem war WM mit der Stahlgruber AG in der Einkaufsge- meinschaft ATR gesellschaftsrechtlich verbunden. In der Zukunftsthemen in der Automobilwirtschaft sind vor allem Gesamtbetrachtung wären die Wettbewerber aufgrund der das Elektro-Fahrzeug, die Vernetzung der Fahrzeuge mit Marktstellung von WM und seiner marktrelevanten Res- externen Diensten und Dienstleistern und das autonome sourcen von vorstoßendem Wettbewerb abgeschreckt wor- Fahren. Aus kartellrechtlicher Sicht wird es darum gehen, den. Von sachlich benachbarten Märkten, wie den Anbie- dass auch beim Fortschreiten dieser Entwicklungen der tern von Originalersatzteilen oder Internethändlern, war Einsatz von Ersatzteilen aus dem Independent Aftermar- kein hinreichender Wettbewerbsdruck zu erwarten. Die ket (IAM) sowie der Zugang zu technischen Informatio- Zusammenschlussbeteiligten haben als aufschiebende Be- nen und Originalersatzteilen für freie Werkstätten möglich dingung angeboten, in den betroffenen Regionalmärkten bleiben. Der Zugang zu Originalersatzteilen war Streitge- Standorte an einen geeigneten unabhängigen Dritten zu genstand in einem Zivilrechtsverfahren, in dem sich der veräußern; außerdem war WM bereit, aus der Einkaufsge- Bundesgerichtshof zur Reichweite der Belieferungspflicht meinschaft mit der Stahlgruber AG auszuscheiden. Diese hinsichtlich Originalersatzteilen und Diagnoseinstrumen- Zusagen waren geeignet nach erfolgreicher Umsetzung ten geäußert hat (Urteil vom 6. Oktober 2015, Aktenzei- die Untersagungsvoraussetzung zu beseitigen. Die Freiga- chen: KZR 87/13). Auch die Ausgestaltung von und der be mit aufschiebender Bedingung erging am 13. August Zugang zu Werkstattnetzen der Automobilhersteller war 2015 (siehe Pressemitteilung vom 14. August 2015 und Gegenstand eines Urteils des Bundesgerichtshofs (Urteil Fallbericht vom 18. August 2015, B9-48/15). Erwerberin vom 26. Januar 2016, Aktenzeichen: KZR 41/14). der zu veräußernden Standorte war die Hennig Fahrzeug- teile GmbH. Nach der Veräußerung der Standorte an Hen- 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht nig und der Umsetzung verschiedener Übergangsregelun- gen war die ausschiebende Bedingung Mitte April 2016 a) Fusionskontrolle erfüllt, sodass die Freigabewirkung des Beschlusses für Von den insgesamt im Berichtszeitraum jährlich ca. 70 die angemeldete Fusion eingetreten war. angemeldeten Zusammenschlussvorhaben war in weniger Ein weiteres Verfahren betraf den Zusammenschluss als fünf Fällen ein Automobilhersteller direkt beteiligt. In zwischen der Carglass GmbH und dem junited Autoglas fast der Hälfte der Fälle betrafen die Zusammenschluss- Netzwerk. Carglass als größter Fahrzeugglasspezialist in vorhaben den Kfz-Zuliefererbereich. Bei diesen Fusionen Deutschland verfügt über insgesamt 330 Standorte und ging es häufig um den Zukauf strategisch wichtiger Part- rund 350 mobile Serviceeinheiten. junited Autoglas stellt ner, um sich für die Herausforderungen im Bereich Ver- ein bundesweites Netzwerk von rund 230 unabhängigen netzung oder autonomes Fahren zu wappnen. Werkstätten dar. Umfangreiche Ermittlungen in der ersten Ein bedeutendes Zusammenschlusskontrollverfahren im Phase haben ergeben, dass das Zusammenschlussvorha- Berichtszeitraum betraf den angemeldeten Erwerb der ben auf dem Markt für die Reparatur und den Austausch Trost Auto Service Technik SE (Trost) durch die Wessels von Fahrzeugglas nicht zu einer Behinderung wirksamen & Müller SE (WM). Beide Unternehmen sind im Bereich Wettbewerbs führt. Selbst auf den regionalen Märkten mit des freien Sortimentsgroßhandels mit Kfz-Ersatzteilen einer hohen Filialdichte und einer Präsenz beider Zusam- tätig. Ihre Hauptkunden sind die freien, nicht hersteller- menschlussbeteiligten lagen die Marktanteile unter der gebundenen kleinen Werkstätten, die Fahrzeuge jeden Vermutungsschwelle von 40 Prozent. Bei manchen der Fabrikats reparieren und daher eine Bandbreite von unter- betroffenen regionalen Märkte handelte es sich um Ba- schiedlichen Ersatzteilen nachfragen. Da die Sortiments- gatellmärkte. Die Ermittlungen ergaben zudem, dass ein großhändler mehrmals täglich ausliefern, sind die Märkte großer Teil der Fahrzeugbesitzer seine Fahrzeugschäden in räumlicher Hinsicht im Umkreis der jeweiligen Regi- durch die im Verhältnis teureren Vertragswerkstätten der onalstandorte abzugrenzen. Das Bundeskartellamt führte jeweiligen Kfz-Hersteller beheben lässt, denn angesichts eine intensive Prüfung des Zusammenschlusses durch und bestehender Kaskoversicherungen der meisten Kfz-Besit- stellte fest, dass durch den Zusammenschluss wirksamer zer tragen diese die Kosten für die Behebung des Glas- Wettbewerb auf den Regionalmärkten , Frankfurt, schadens allenfalls bis zur Höhe der Selbstbeteiligung. , Heilbronn, Braunschweig und Magdeburg er- Insoweit spielt der Parameter Preis bei der Entscheidung heblich behindert würde. In diesen Regionalmärkten war des Endkunden für eine Werkstatt eine eher untergeordne- zu erwarten, dass WM eine marktbeherrschende Stellung te Rolle. Dahingegen spielen die Kfz-Versicherer auf der erreicht hätte. Die Marktanteile hätten zum Teil sehr deut- Nachfrageseite im Glasschadensmarkt eine bedeutende lich über 40 Prozent gelegen, mit einem großen Vorsprung Rolle. Diese schließen häufig Rahmenvereinbarungen mit zum nächstfolgenden Anbieter. Zwar gibt es mit der Stahl- den Glasreparaturunternehmen ab, in denen u.a. Stunden- gruber AG einen bundesweit starken Wettbewerber, der verrechnungssätze festgelegt sind. Kunden solcher Versi- allerdings in den genannten Regionalmärkten deutlich cherungen sind verpflichtet, im Schadensfall die Glasre- hinter den Zusammenschlussbeteiligten gelegen hätte. paraturunternehmen in Anspruch zu nehmen, mit denen Drucksache 18/12760 – 76 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode eine Rahmenvereinbarung besteht. Schließlich zeigt sich, Alle Unternehmen haben bei der Aufklärung des Kartells dass die Markteintrittsschranken auf dem Markt für die mit dem Bundeskartellamt kooperiert, was entsprechend Behebung von Glasschäden eher gering sind (siehe Pres- der Bonusregelung des Amtes zu einer Ermäßigung der semitteilung vom 16. September 2016 und Fallbericht Bußgelder geführt hat. Gegen das Unternehmen Johann vom 30. September 2016, B9-124/15). Borgers GmbH, das als erstes mit dem Bundeskartellamt kooperiert hatte, wurde in Anwendung der Bonusregelung Auch der Erwerb der Frigoblock Grosskopf GmbH sowie des Amtes kein Bußgeld verhängt. Mit allen anderen Un- der Frigoblock UK Ltd (Frigoblock) durch die Ingersoll- ternehmen und Verantwortlichen wurde eine einvernehm- Rand Gruppe erforderte eine intensive Prüfung in der ers- liche Verfahrensbeendigung (sog. Settlement) erreicht. ten Phase. Die Erwerberin produziert und vertreibt über Die verhängten Bußgelder sind allesamt rechtskräftig ihre Tochtergesellschaft Thermo King Transportkühl- (siehe Pressemitteilungen vom 24. Juni 2015 und 18. De- geräte zum Einbau in Nutzfahrzeugen. Hier ist auch das zember 2015). Zielunternehmen Frigoblock tätig. Ein Schwerpunkt der Prüfung lag im Bereich der sachlichen Marktabgrenzung. Hier wurde zunächst klar zwischen Transportkühlgerä- c) Vertikale Beschränkungen ten zum Einbau in Nutzfahrzeugen und anderen statio- Internetstandards nären Kälte- und Klimaanlagen sowie Kälteanlagen zum Verbau in anderen Verkehrsträgern (Schienenfahrzeuge; Das Bundeskartellamt hat im Berichtszeitraum ein Ver- Schiffe) unterschieden. Weitere Abgrenzungen aufgrund fahren gegen die Automobilhersteller Ford, Opel und der differenzierten Nachfrage und des hohen Differen- die PSA Peugeot Citroën wegen Verstoßes gegen Ar- zierungsgrades der Transportkühlgeräte nach Fahrzeug- tikel 101 AEUV bzw. § 1 geführt. Hintergrund hierfür typen, Kälteleistung sowie nach Einfach- und Multitem- war die Einführung sog. „Internetstandards“, mit denen peraturkühlgeräten konnten im Ergebnis offen bleiben, die genannten Hersteller ihren jeweiligen Vertragshänd- ebenso wie die räumliche Marktabgrenzung. In wenigen lern Vorgaben für den Vertrieb von Neuwagen über das möglichen Märkten mit hohen Marktanteilen waren auch Internet machten. Bei Nicht-Einhaltung dieser Vorga- nach dem Zusammenschluss weitere Wettbewerber aktiv. ben sollte den Vertragshändlern ein relevanter Teil ihrer Zudem haben die Marktermittlungen bestätigt, dass die Boni bzw. Verkaufshilfen entgehen. Nach Presseberich- Produkte der Zusammenschlussbeteiligten keine engsten ten war die Tätigkeit internetbasierter Neuwagenportale Substitute darstellten, da sie sich sowohl preislich als auch ein Grund für die neuen Internetstandards. Die Funkti- technologisch deutlich unterschieden (siehe Fallbericht onsweise von Portalen wie etwa MeinAuto GmbH oder vom 10. April 2016, B9-29/15). autohaus24 GmbH zeigt, dass diese als Vermittler im Auftrag des Kunden agieren. Die Ermittlungen des Bun- b) Kartellverfolgung – Automobilzulieferer deskartellamtes ergaben, dass die Hersteller ihre jewei- ligen Internetstandards mit kurzen zeitlichen Abständen Wegen illegaler Preisabsprachen hat das Bundeskartell- eingeführt haben. Die Standards waren nicht wortgleich, amt Mitte und Ende 2015 Geldbußen in Höhe von rund 90 jedoch weitestgehend inhaltsgleich. Obwohl der Wort- Mio. Euro gegen sechs Unternehmen der Automobilzulie- laut kein explizites Verbot des Verkaufs von Neuwagen ferindustrie sowie gegen fünf verantwortlich handelnde über die Portale vorsah, wurden die Regeln jedoch of- Personen verhängt. fensichtlich von den Vertragshändlern so ausgelegt. So sank die Zahl der von den Portalen vermittelten Fahr- Seit mindestens 2005 entwickelte sich zwischen der Au- zeuge der jeweiligen Marken nach der Einführung der toneum GmbH, der Carcoustics International Internetstandards deutlich. Das Bundeskartellamt teilte GmbH, der Greiner Perfoam GmbH, der Ideal Automo- den Herstellern mit, dass es in der Einführung der Inter- tive GmbH, der International Automotive Components netstandards einen Verstoß gegen § 1 bzw. Artikel 101 Group GmbH und der Johann Borgers GmbH das Grund- AEUV sieht. Eine Freistellung nach Artikel 4 Buchst. verständnis gegenseitiger Rücksichtnahme bei Ausschrei- c der Vertikal-GVO kam nicht in Betracht, da hiernach bungen bzw. bei Auftragsvergaben der deutschen OEMs eine Beschränkung des aktiven oder passiven Verkaufs (Original Equipment Manufacturer). an Endverbraucher durch auf der Einzelhandelsstufe tä- Auf Grundlage dieses Grundverständnisses kam es zwi- tige Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems kartell- schen den o.g. Unternehmen zu einzelnen wettbewerbs- rechtlich unzulässig ist und zur Nichtigkeit der Vereinba- beschränkenden Absprachen gegenüber den OEMs. Die- rung führt. Endverbraucher sind nach den ergänzenden se wettbewerbsbeschränkenden Absprachen erfolgten im Leitlinien der Kommission für den Kfz-Bereich auch Rahmen von zahlreichen bilateralen Kontakten und mul- diejenigen Verbraucher, die ihren Kauf über einen Ver- tilateralen Gesprächskreisen, an denen jedoch nicht alle mittler tätigen. Das Verfahren konnte eingestellt werden, Unternehmen gleichermaßen beteiligt waren. nach dem die Hersteller gegenüber ihren Vertragshänd- lern klargestellt haben, dass die Internetstandards nicht Gegenstand der Absprachen waren sog. akustisch wirksame für internetbasierte Portale gelten, die als Vermittler Bauteile. Dabei handelt es sich insbesondere um Bodenbe- anzusehen sind (siehe Pressemitteilung und Fallbericht läge, Fußmatten, Hutablagen, Kofferraumauskleidungen, vom 15. Dezember 2015, B9-28/15). textile Radlaufschalen, Motorraumschalldämpfungen, Stirnwanddämpfungen und Kofferraumabsorber. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77 – Drucksache 18/12760

Ersatzteile Genting meldete Anfang 2016 darüber hinaus das Vorha- ben an, die Werften der Nordic Yards Gruppe in Wismar, Das Bundeskartellamt hat im Berichtszeitraum verschie- Rostock-Warnemünde und Stralsund zu übernehmen. Auf dene Beschwerden gegen Kfz-Hersteller erhalten, die im den drei deutschen Werften wurden vor dem Zusammen- Zusammenhang mit dem Zugang zu Originalersatzteilen schluss Spezialschiffe wie z.B. eisbrechende Rettungs- oder zu technischen Informationen über solche Origi- schiffe und Fähren sowie schwimmende Offshore-Ein- nalersatzteile stehen. Bislang haben die Fälle, die näher heiten hergestellt. Ferner wurden auf den Werften Schiffe untersucht wurden, keinen Anlass für das Einleiten eines repariert und gewartet. Keine der drei Werften hatte zuletzt Verfahrens ergeben. Eine dieser Beschwerden befindet noch eine größere Anzahl an Schiffsneubauten ausgelie- sich noch in der Prüfung. Hier geht es um die Frage, ob fert. Zu größeren Überschneidungen in den Tätigkeiten beim Einbau eines freien Steuergeräts, das aufgrund der der drei Werften mit der Lloyd Werft Bremerhaven kam Nachrüstung einer bestimmten Funktion (hier eine An- es nicht. Genting hatte angesichts der knappen Neubauka- hängerkupplung) verbaut werden muss, Anspruch auf Zu- pazitäten für Kreuzfahrtschiffe angekündigt, die Werften gang zu einem fahrzeugindividuellen Fahrzeugcode des – auch unter Einbeziehung der Lloyd Werft Bremerhaven Kfz-Herstellers besteht, den dieser beim Einbau des Ori- – vor allem für den Neubau von Kreuzfahrtschiffen einzu- ginalhersteller-Steuergeräts einsetzt, um die notwendige setzen. Der Markt für den Neubau von Kreuzfahrtschiffen Kommunikation des neuen Steuergerätes mit den bereits ist stark konzentriert mit wenigen Werften weltweit, die im Kfz befindlichen Steuergeräten zu regeln. Das Bundes- größere Einheiten bauen können (siehe Tätigkeitsbericht kartellamt prüft dabei insbesondere, welche Auswirkun- 2013/14, S. 73). Die wenigen Werften, die hierzu in der gen von der Verweigerung auf die Marktposition von frei- Lage sind, verfügen aufgrund der steigenden Nachfrage en Teilherstellern, -händlern oder Werkstätten ausgeht und nach Kreuzfahrten über wenig freie Kapazitäten. Insofern ob es für die Verweigerung des Zugangs zu solchen Codes war ein Neueintritt in den Markt für den Bau von Kreuz- eine sachliche Rechtfertigung gibt. fahrtschiffen durch den Zusammenschluss aus wettbe- werblicher Sicht zu begrüßen. In den anderen Bereichen XIX. Schiffsbau des Schiffsbaus gab es keine wettbewerblich negativen Effekte durch den Zusammenschluss. 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation Ende 2016 meldete die Lürssen Gruppe das Vorhaben an, die Hamburger Werft Blohm+Voss von einem Finanzin- Der Schiffbau hat in Deutschland eine wechselvolle Ge- vestor zu erwerben. Die Lürssen Gruppe konstruiert, baut schichte hinter sich und viele Werften waren in den ver- und repariert auf den zu ihr gehörenden sieben deutschen gangenen Jahren mit Umstrukturierungsphasen, Insolven- Werften in erster Linie Megayachten (über 60 Meter) und zen oder neuen Eigentümern befasst. Der Schwerpunkt der Marineschiffe. Bei der Konstruktion von Megayachten kartellrechtlichen Aufsicht lag daher im Berichtszeitraum ist das Unternehmen Weltmarktführer. Blohm+Voss baut auf der Fusionskontrolle. Nachdem standardisierte Schiffe und repariert Handelsschiffe, Off-shore Einheiten, Ma- zunehmend von den asiatischen Werften gebaut werden, rineschiffe sowie Passagierschiffe wie u.a. Yachten. Für haben sich die deutschen Werften auf den Bau von Spezi- Megayachten hat das Unternehmen seit mehreren Jah- alschiffen wie Marineschiffe, Yachten, Kreuzfahrtschiffe ren keinen Neubauauftrag mehr erhalten. Es kam durch und Schiffe für den Offshore-Bereich spezialisiert. Einige den Zusammenschluss daher in diesem Bereich weder zu der Werften haben dabei starke Positionen auf ihrem je- Marktanteilsadditionen, noch zum Wegfall einer wettbe- weiligen Markt erreicht. werblich bedeutenden Kraft. Die bedeutenden Wettbe- werber für die Herstellung von individualisierten Mega- 2. Fusionskontrolle yachten befinden sich fast ausnahmslos in Deutschland, den Niederlanden und in Italien. An einem Kauf der frei- Ende 2015 meldete die malaysische Genting Hong Kong en Kapazitäten von Blohm+Voss waren die Wettbewer- Ltd. (Genting) die Absicht an, die Mehrheit und die Kont- ber nicht interessiert. Diese Wettbewerber sind mit ihrem rolle über die Lloyd Werft Bremerhaven AG zu erwerben. langjährigen Know-How und ihren Kapazitäten in der Genting veranstaltet und vertreibt u.a. Kreuzfahrtrei- Lage, den wettbewerblichen Handlungsspielraum von sen unter den Marken Star Cruises, Dream Cruises und Lürssen auch nach dem Zusammenschluss hinreichend Crystal Cruises und hält eine Minderheitsbeteiligung an zu kontrollieren. dem Kreuzfahrtveranstalter Norwegian Cruise Line. Die Lloyd Werft in Bremerhaven bietet neben dem Neubau Auch auf dem Markt für Reparaturen von Megayachten von Fähren u.a. auch die Erweiterung, den Umbau sowie lagen die Untersagungsvoraussetzungen nicht vor, zumal die Reparatur von Kreuzfahrtschiffen an. Darüber hinaus Blohm+Voss in diesem Bereich in den letzten Jahren nur baut die Werft auch Spezialanfertigungen für die Wind- geringe Umsätze tätigte. Die Ermittlungen haben ergeben, energie-, Öl- und Gasindustrie. Genting verfügte vor dem dass auch Megayachten für Reparatur und Wartung nicht Zusammenschluss nicht über eigene Werften, sondern ge- zwangsläufig in die Bauwerften zurückkehren müssen und hörte als Kreuzfahrtveranstalter eher zu den Kunden für daher Fremdkapazitäten genutzt werden können. Neben Neu- und Umbauprojekte. Insofern kam es nicht zu Über- den Werften, auf denen die Yachten gebaut wurden, bieten schneidungen bei den Tätigkeiten der beteiligten Unter- auch weitere Werften Reparaturen und Wartungen an, so- nehmen oder sonstigen wettbewerblichen Bedenken durch dass die Auswahl für die Kunden größer ist. den Zusammenschluss. Drucksache 18/12760 – 78 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

In dem Bereich der Konstruktion und des Baus von Mari- se größere Beitrags- und Kostenanpassungen notwendig neschiffen sind die relevanten Märkte je nach Komplexität werden. Die Versicherungsunternehmen legen einen Teil des Neubauprojektes unterschiedlich abzugrenzen. Räum- der monatlichen Prämien an, damit sie nicht die Prämi- lich werden aufgrund des Nachfrageverhaltens der jewei- en erhöhen müssen, wenn die Versicherten im Alter mehr ligen Militärs für Länder, die über eigene Planungs- und Leistungen beanspruchen. Für diese Altersrückstellungen Baukapazitäten verfügen, regelmäßig nationale Märkte kann derzeit aber nur noch eine niedrige Verzinsung er- abgegrenzt. wirtschaftet werden. Sowohl bei Aufträgen für hochkomplexe Marineschif- fe als auch bei kleineren Marineschiffen ist das Wettbe- b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht werbsverhältnis zwischen den Zusammenschlussbetei- aa) Fusionskontrolle ligten aufgrund unterschiedlicher Spezialisierungen und Kapazitäten bislang nur eingeschränkt. Außerdem gibt es Mit dem Ziel der Senkung von Kosten und Leistungs- einige namhafte und kompetente Wettbewerber, die den ausgaben haben sich die privaten Krankenversicherungs- Spielraum von Lürssen auch nach dem Zusammenschluss unternehmen Barmenia, HALLESCHE und Gothaer zur wettbewerblich einschränken können. Beteiligung an dem von Signal gegründeten Unternehmen LM+ entschlossen. Im Rahmen eines Pilotprojekts sollen Auf den Märkten für Reparatur und Wartung von Marine- im Bereich der psychischen Erkrankungen verschiedene schiffen schreibt die Bundesmarine Aufträge, die sie nicht bislang von den einzelnen Versicherungsunternehmen mit eigenen Mitteln durchführt, aus und vergibt sie im veranlasste Maßnahmen bei LM+ gebündelt werden, wie Wesentlichen nach dem Kriterium des geringsten Preises. die Auftragsvergabe an Gutachter oder der Abschluss von Um diese Aufträge bemühen sich – je nach Eignung bzw. Rabattverträgen mit Pharmaherstellern. Außerdem soll Zulassung der Werft – mehrere deutsche Unternehmen. LM+ auf die Nachfrage der Versicherten Einfluss nehmen Blohm+Voss und Lürssen haben in diesem Bereich in den und sie im Krankheitsfall zu Ärzten oder Einrichtungen letzten Jahren nur geringe Umsätze erzielt. Unterteilt man steuern, mit denen LM+ einen Vertrag geschlossen hat. die Reparaturmärkte nach Komplexität der Schiffe, so er- Perspektivisch sollen auch weitere Erkrankungsbilder im geben sich kaum Überschneidungen zwischen den Tätig- Hinblick auf die oben genannten Leistungsbündel von den keiten der beiden Unternehmen. Krankenversicherungsunternehmen an LM+ übertragen Nicht zuletzt ist im militärischen Bereich der starke Nach- werden. Da die Unternehmen über die Aufnahme weiterer frager in der Lage, seine Aufträge auch nach strategischen Erkrankungsbilder in LM+ noch nicht entschieden hat- Gesichtspunkten zu platzieren und damit in hohem Aus- ten, konnte das Bundeskartellamt den Zusammenschluss maß die Bedingungen für Wettbewerb um seine Aufträge nur im Hinblick auf die zu erwartenden wettbewerblichen zu gestalten. Wirkungen im Bereich der psychischen Erkrankungen prüfen. Im Ergebnis war keine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs zu befürchten. Das Vorhaben B. Dienstleistungen und übergreifende wurde daher in der ersten Phase freigegeben (siehe Fallbe- Berichte richt vom 2. Mai 2016, B3-33/16). I. Gesundheitswesen bb) Kartellverfolgung 1. Gesetzliche Krankenversicherung Das Bundeskartellamt erhielt im Berichtszeitraum Einga- Die Zahl der Krankenkassen, in denen insgesamt rund ben, die auf starke Beitragserhöhungen von Seiten der pri- 86,5 Prozent der Einwohner Deutschlands gesetzlich vaten Krankenversicherungsunternehmen hinwiesen. Die krankenversichert sind, sank im Berichtszeitraum um 14 Beitragserhöhungen waren aus kartellrechtlichen Gründen auf 118. Das Bundeskartellamt hat im Berichtszeitraum jedoch nicht zu beanstanden, denn die Prämienberech- sieben Krankenkassenvereinigungen nach den Regeln der nung der privaten Krankenversicherung sowie Beitragser- Zusammenschlusskontrolle geprüft. Hierbei ergaben sich höhungen werden im Versicherungsvertragsgesetz und im keine wettbewerblichen Bedenken, sodass alle Vorhaben Versicherungsaufsichtsgesetz gesetzlich vorgeschrieben. in der ersten Phase freigegeben wurden. Über den Verfah- Die Versicherer sind verpflichtet, die so berechneten Prä- rensabschluss wurde jeweils das Bundesversicherungsamt mien mit den Versicherten vertraglich zu vereinbaren. Die als zuständige Aufsichtsbehörde unterrichtet. Spielräume der Versicherer sind daher gering.

2. Private Krankenversicherung Die Gründe für Beitragserhöhungen können vielfältig sein. Trotz der gesetzlichen Berechnungsgrundlagen, die a) Allgemeiner Überblick und im Grundsatz eine konstante Prämie auch in den späteren wettbewerbliche Situation Lebensjahren ermöglichen, kann sich durch die steigende Lebenserwartung und Kostensteigerungen im Gesund- Die Situation der Unternehmen der privaten Krankenver- heitswesen das Ausgabevolumen anders als ursprünglich sicherung war im Berichtszeitraum dadurch geprägt, dass erwartet entwickeln. Außerdem können die Unternehmen die Zahl der Vollversicherungen zurückgeht und auch das aufgrund der Niedrigzinsphase am Kapitalmarkt kaum Er- Geschäft mit Zusatzversicherung rückläufig ist. Zugleich träge erwirtschaften. Ändern sich die für die Prämienkal- zeigte sich, dass aufgrund der aktuellen Niedrigzinspha- kulation maßgeblichen Rechnungsgrundlagen (Versiche- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79 – Drucksache 18/12760 rungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten), so ist Hospital Hamm beteiligt hatte. Diese Beteiligung hätte der Versicherer berechtigt, die Prämie entsprechend den vor dem Vollzug beim Bundeskartellamt angemeldet wer- berichtigten Rechnungsgrundlagen nach Prüfung durch den müssen, weil die zum Erzbistum Paderborn gehören- einen unabhängigen Treuhänder neu festzusetzen. de CURA Beratungs- und Beteiligungsgesellschaft mit ih- ren Gesellschafterrechten mitbeherrschenden Einfluss auf 3. Krankenhäuser die Katholische Sankt Johannes-Gesellschaft ausübt wie auch bei einer Reihe anderer katholischer Krankenhäuser a) Allgemeiner Überblick und in Westfalen. Der vollzogene Zusammenschluss wurde wettbewerbliche Situation daher in einem Entflechtungsverfahren geprüft, das aber eingestellt werden konnte, weil im Ergebnis keine wettbe- Die finanzielle Situation der Krankenhäuser hat sich im werblichen Bedenken festzustellen waren. Berichtszeitraum stabilisiert. Mit dem zum 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Krankenhausstrukturgesetz wird auf Im Berichtszeitraum in der ersten Phase freigegeben wur- eine weitere Verbesserung der Krankenhausvergütung ab- de auch die Übernahme der Kreisklinik Bad Neustadt a. d. gezielt. Ferner rückt die Qualität der Krankenhausbehand- Saale durch die Rhön-Klinikum AG. Das Vorhaben war im lungen in den Vordergrund. Künftig soll auch die Qualität Jahr 2005 noch vom Bundeskartellamt untersagt worden der Kliniken bei der Krankenhausplanung der Bundeslän- (siehe Tätigkeitsbericht 2003/04, S. 176). Seitdem haben der berücksichtigt werden und schlechte Qualität zu Ver- sich die Marktverhältnisse in der Region Bad Neustadt a. gütungsabschlägen bis hin zur Herausnahme eines Hauses d. Saale jedoch deutlich verändert. 2014 hatte Rhön das aus dem Krankenhausplan führen. Außerdem sollen Min- St. Elisabeth-Krankenhaus in Bad Kissingen und das Kli- destmengenregelungen rechtssicher ausgestaltet und über nikum Meiningen an die Helios Kliniken GmbH verkauft einen Strukturfonds Marktaustritte gefördert werden. Die- (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 75). Helios ist seitdem se gesetzgeberischen Maßnahmen lassen einen stärkeren ein bedeutender Wettbewerber in der Region. Konzentrationsprozess im Krankenhausbereich erwarten. Die Ermittlungen zeigten erhebliche Unterschiede der An- Im vergangenen Berichtszeitraum lag die Zahl der Zusam- gebotsbreite der Kreisklinik einerseits und der von Rhön menschlüsse von Krankenhäusern etwa auf dem Niveau in Bad Neustadt a. d. Saale betriebenen Fachkliniken an- des vorangegangenen Berichtszeitraumes. Dabei blieb dererseits. Fachliche Überschneidungen ergaben sich nur weiterhin zu beobachten, dass kommunale Krankenhaus- in zwei Bereichen, die näher untersucht wurden. Im Er- träger eher auf kommunale Lösungen setzten. Beim Bun- gebnis war auch nach dem Zusammenschluss hinreichen- deskartellamt wurden im Berichtszeitraum 34 Zusammen- der Wettbewerb zu erwarten. Das Vorhaben wurde daher schlussvorhaben zwischen Krankenhäusern angemeldet, im Vorprüfverfahren freigegeben (siehe Pressemeldung die allesamt freigegeben werden konnten. vom 15. September 2015). Im Berichtszeitraum gab es acht Fälle, in denen bereits im b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht Vorfeld einer formalen Anmeldung Anfragen an das Bun- aa) Fusionskontrolle deskartellamt gerichtet wurden, um eine kartellrechtliche Einschätzung des Vorhabens zu erhalten. Hintergrund war Im Berichtszeitraum hat das Bundeskartellamt die Prüfung und ist die Befürchtung, im Falle kartellrechtlicher Beden- von Zusammenschlüssen im Bereich der Krankenhäuser ken aufwendige politische Prozesse in den Gremien wie- fortlaufend verfeinert, um die konkreten wettbewerblichen derholen zu müssen. Das Bundeskartellamt ist bestrebt Wirkungen der geplanten Transaktionen zutreffend zu er- solchen Anliegen Rechnung zu tragen und wenn möglich fassen. Im Berichtszeitraum konnte die weit überwiegen- Voreinschätzung abzugeben. Zu diesem Zweck werden de Zahl der Vorhaben innerhalb der Monatsfrist freigege- seit Januar 2016 mit Einverständnis der beteiligten Unter- ben werden. nehmen die relevanten Daten der von einem Zusammen- schluss betroffenen Krankenhäuser vom Institut für das Allein im Fall der geplanten Übernahme der OsteMed Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) angefordert und Kliniken und Pflege GmbH durch die Elbe Kliniken Sta- ausgewertet (s.u.). de-Buxtehude wurde aufgrund hoher Marktanteile das Hauptprüfverfahren eingeleitet. Im Ergebnis ist das Ver- fahren aber eingestellt worden, weil sich im Rahmen der bb) Datenbeschaffung über das InEK intensiven Prüfung herausstellte, dass die Beteiligten die Mit dem Krankenhausstrukturgesetz trat zum 1. Janu- Umsatzschwellen für die Anmeldepflicht nicht erreichten. ar 2016 eine Änderung des Krankenhausentgeltgesetzes Im Rahmen der Zusammenschlusskontrolle untersuchte in Kraft. Hiernach erhält das Bundeskartellamt nunmehr das Bundeskartellamt den geplanten Tausch von Fachab- zum Zwecke der Fusionskontrolle vom InEK auf Anfrage teilungen zwischen dem Evangelischen Krankenhaus die für die Prüfung relevanten, nicht personenbezogenen Hamm und dem Marien-Hospital Hamm. Da sich weder Daten. Bereits mit dem Krankenhausfinanzierungsreform- bei fachrichtungsbezogener noch bei fachübergreifender gesetz von 2008 war eine solche Regelung im Kranken- Betrachtung wettbewerbliche Bedenken ergaben, wurde hausentgeltgesetz verankert worden, letztlich aber wegen das Vorhaben innerhalb der Monatsfrist freigegeben. Im einer nicht hinreichenden Ausgestaltung nicht zur Anwen- Rahmen der Prüfung stellte sich heraus, dass sich zuvor dung gekommen (siehe Tätigkeitsbericht 2011/12, S. 78). die Katholische Sankt Johannes-Gesellschaft am Marien- Das Bundeskartellamt begrüßt die nun erfolgte Neure- Drucksache 18/12760 – 80 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode gelung, die zu einer Verringerung des Aufwands für die 5. Arzneimittel, Fusionskontrolle – Krankenhäuser und zur Verfahrensbeschleunigung führen Blutprodukte wird. Das Bundeskartellamt hat seit dem Inkrafttreten der neuen Regelung bereits 14 Anfragen an das InEK gestellt. Das Blutspendewesen in Deutschland ist bislang geprägt von einem Drei-Säulen-Modell mit den DRK-Blutspen- dediensten, den staatlichen und kommunalen Diensten cc) Sektoruntersuchung und privaten Unternehmen. Ob das unter wettbewerbspo- Das Bundeskartellamt hat im Berichtszeitraum eine Sek- litischen Gesichtspunkten zu begrüßende Modell in Zu- toruntersuchung eingeleitet, um die Kriterien für die kunft Bestand haben wird, ist derzeit schwer abzusehen. Beurteilung von Krankenhauszusammenschlüssen wei- Kommunale Blutspendedienste haben laut öffentlichen terzuentwickeln und zu verfeinern. Im Rahmen der wett- Verlautbarungen teilweise finanzielle Probleme, wodurch bewerblichen Bewertung wird es auch darum gehen, von ihre Aufrechterhaltung in der derzeitigen Form in Frage welchen Erwägungen Patienten sich bei der Wahl ihres gestellt wird. Darüber hinaus ist auch zu beobachten, dass Krankenhauses leiten lassen und wie sich die Kranken- zunehmend Gemeinschaftsunternehmen von universitä- häuser durch ihr Leistungsangebot und Spezialisierungen ren Einrichtungen unter Beteiligung verschiedener DRK- oder durch ihr Qualitätsmanagement von ihren Wettbe- Blutspendedienste gegründet werden. In drei Verfahren werbern abzuheben versuchen. Beleuchtet wird ferner die hat sich das Bundeskartellamt mit unterschiedlichen Aus- Rolle der verschiedenen Akteure, etwa des medizinischen gestaltungen und Rahmenbedingungen beschäftigt und im Personals, der einweisenden Ärzte oder der Rettungsdiens- Ergebnis keine wettbewerblichen Bedenken festgestellt: te. Die Sektoruntersuchung wird sich schließlich auch mit Die DRK-Blutspendedienst Nord-Ost gGmbH, eine Toch- den Vergütungsstrukturen und der finanziellen Situation tergesellschaft der DRK-Blutspendedienst Baden-Würt- der Krankenhäuser befassen, ebenso mit den regulatori- temberg-Hessen gGmbH als bundesweit größtem Blut- schen Rahmenbedingungen, wie beispielsweise den Min- spendedienst, und die Charité in Berlin erweiterten den destmengenvorgaben. Für die Sektoruntersuchung wurden Tätigkeitsbereich des bereits von beiden gemeinsam ge- rund 500 Krankenhäuser befragt, die im Hinblick auf ihre führten Gemeinschaftsunternehmen „Zentrum für Trans- räumliche Lage, ihre Größe und Trägerschaft ein repräsen- fusionsmedizin und Zelltherapie Berlin gemeinnützige tatives Abbild der Krankenhauslandschaft in Deutschland GmbH“ um die Entgegennahme von Blutspenden und die darstellen (siehe Pressemitteilung vom 31. Mai 2016). Herstellung und Lieferung von Blutprodukten – vorrangig für die Charité. Im Raum Berlin hat die an dem Vorha- 4. Hilfsmittelversorgung in der ben beteiligte DRK-Blutspendedienst Nord-Ost gGmbH Gesetzlichen Krankenversicherung auf den Märkten für einzelne Blutprodukte eine marktbe- herrschende Stellung. Beim Vertrieb von Erythrozyten- Bundesinnung der Hörgeräteakustiker (BIHA) konzentrat im Raum Berlin und Brandenburg erreicht der Im 2010 eingeleiteten Verwaltungsverfahren hatte das DRK-Blutspendedienst Nord-Ost zwar einen Marktanteil Bundeskartellamt der Bundesinnung der Hörgeräteakusti- von über 80 Prozent. Diese marktbeherrschende Position ker (BIHA) durch Beschluss untersagt, Krankenkassen nur verstärkte sich aber nicht durch den Zusammenschluss: dann günstigere Bedingungen für Hörgeräte anzubieten, Der Blutspendebereich der Charité wird weiterhin vorran- wenn sich die Krankenkassen ihrerseits verpflichten, kei- gig die Charité beliefern, denn deren Bedarf wird durch nen Versorgungsvertrag mit anderen Anbietern zu schlie- die Eigenproduktion nicht vollständig gedeckt. Die Klinik ßen (siehe Tätigkeitsbericht 2013/2014, S. 77 f.). Während wird deshalb auch weiterhin Ausschreibungen für Ery- des hiergegen von Seiten der BIHA angestrengten Ge- throzytenkonzentrat vornehmen müssen, bei denen auch richtsverfahrens hat ein Unternehmen, das Hörgeräte über dritte Anbieter zum Zuge kommen können (siehe Presse- den verkürzten Versorgungsweg absetzt, nach dem Infor- mitteilung vom 13. Juli 2015 und Beschluss vom 30. Juni mationsfreiheitsgesetz (IFG) Akteneinsicht beim Bundes- 2015, B3-60/15). kartellamt beantragt und vor den ordentlichen Gerichten Keine wettbewerblichen Bedenken gab es zudem bei einer gegen die BIHA eine Klage auf Schadensersatz wegen parallelen Entwicklung im Raum Dresden: Hier hat der des Kartellrechtsverstoßes eingereicht. Das Bundeskar- Blutspendedienst Nord-Ost gGmbH zusammen mit dem tellamt hat im Berichtszeitraum den zahlreichen Dritten, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden AöR das deren Belange durch den Antrag auf Informationszugang Gemeinschaftsunternehmen „Institut für klinische Trans- berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme fusionsmedizin und Zelltherapie am Universitätsklinikum gegeben und dann in einem ausführlichen Bescheid über Dresden gGmbH“ (IKTZ) gegründet. Jede Muttergesell- den Umfang der zu gewährenden Akteneinsicht entschie- schaft hält 50 Prozent der Anteile. Das Universitätskli- den. Auf den hiergegen von Seiten der BIHA und mehre- nikum Dresden hat die gesamte Abteilung für Transfusi- rer natürlicher Personen eingelegten Widerspruch wurden onsmedizin inklusive der Laborabteilung eingebracht, der im Berichtszeitraum ausführliche Widerspruchsbescheide Blutspendedienst Nord-Ost bringt die Laborabteilung sei- erlassen. Die BIHA und zwei natürliche Personen haben nes Instituts für Transfusionsmedizin in Dresden ein und mittlerweile gegen die Ausgangsbescheide in Gestalt des beliefert das IKTZ mit Blutprodukten, soweit es sich nicht Widerspruchsbescheids Anfechtungsklage vor dem Ver- selbst durch Spenden Blutprodukte beschaffen kann. Hier waltungsgericht erhoben. Dort ist die Sache noch anhän- lag der Schwerpunkt der Prüfung auf dem Markt für labor- gig. medizinische Dienstleistungen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 81 – Drucksache 18/12760

Darüber hinaus prüfte das Bundeskartellamt den Erwerb Anschließend hat die Sonova-Gruppe ihre Stellung im Re- des letzten in Bayern ansässigen kommunalen Blutspen- tailbereich ausgebaut. Das Unternehmen war bereits mit dedienstes, nämlich den der Städtisches Klinikum Mün- den Akustikketten Fiebing und Vitakustik auf dem Markt chen GmbH (StKM) durch den Blutspendedienst des Bay- für den Verkauf und die Anpassung von Hörgeräten an erischen Roten Kreuzes (BSD-BRK). Mit dem geplanten Endverbraucher in Deutschland tätig, bevor es 2016 die Vermögenserwerb war die Belieferung des StKM mit Akustikketten Lindacher und die der AudioNova-Gruppe Blutprodukten für einen Zeitraum von vier Jahren ver- erwarb. Beide Zusammenschlussvorhaben wurden frei- knüpft. Außer dem BSD-BRK ist nur noch das Institut für gegeben. Die AudioNova-Gruppe war bis dahin einer der Transfusionsmedizin Suhl gGmbH (ITM Suhl) mit rele- größeren bundesweit tätigen Akustikhändler und betrieb vanten Umsätzen auf dem bayerischen Markt tätig. mit den Ketten GEERS bzw. HörGut über 550 Hörgeräte- akustiker-Filialen. Mit der Übernahme steigt die Sonava- Der BSD-BRK hat nach dem Zusammenschluss einen Gruppe zu einer der größten Akustikketten in Deutschland Marktanteil von 80 bis 90 Prozent, die übrigen zehn bis auf (siehe Pressemitteilung vom 22. Juli 2016). 20 Prozent entfallen auf den Wettbewerber ITM Suhl. Alle übrigen Anbieter erreichen jeweils weniger als einen Pro- Die Untersuchung der betroffenen Märkte hat ergeben, zent Marktanteil und zusammen deutlich unter fünf Pro- dass es sowohl im Bereich der Herstellung und des Ver- zent. Das Bundeskartellamt beabsichtigte zunächst, das triebes von Hörgeräten an den Akustikhandel als auch bei Vorhaben wegen der sich noch weiter verschlechternden Anpassung und dem Verkauf von Hörgeräten durch Akus- Marktstruktur zu untersagen. tiker an den Verbraucher auch nach den Zusammenschlüs- sen noch einen hinreichenden Wettbewerbsdruck von Sei- Im Zuge des rechtlichen Gehörs auf die Mitteilung der ten anderer Marktteilnehmer geben wird. Untersagungsgründe informierten die Verfahrensbevoll- mächtigten das Bundeskartellamt, dass die Umsätze des Kein Zusammenschluss ließ Marktabschottungen zu Blutspendedienstes StKM im Jahre 2015 mit externen Lasten anderer Hersteller oder zu Lasten anderer Hörge- Kunden – entgegen der ursprünglichen Schätzung – tat- räteakustiker erwarten. Auch aus Sicht der Endkunden sächlich auf deutlich unter fünf Mio. Euro gesunken wa- bestanden keine wettbewerblichen Bedenken. Auf den un- ren. Angesichts dieser Entwicklung waren zum Zeitpunkt tersuchten Regionalmärkten gab es auch nach dem Zusam- der Entscheidung weder die zweite Inlandsumsatzschwel- menschluss hinreichende Alternativen für die Anpassung le des § 35 Abs. 1 Nr. 2 überschritten, noch lag ein Zusam- und den Kauf von Hörgeräten. Bei einem großen Teil der menschlusstatbestand vor, weshalb das Vorhaben nicht regionalen Märkte (vor allem in weniger dicht besiedelten mehr der Zusammenschlusskontrolle unterlag. Das bereits Gebieten) handelt es sich zudem um sog. Bagatellmärk- im Hauptprüfverfahren befindliche Vorhaben war daher te, auf denen eine Untersagung aufgrund des zu geringen mit Beschluss freizugeben (siehe Beschluss vom 18. April Umsatzvolumens nach dem GWB nicht möglich ist. 2015, B3-191/15). Auch andere Akustikketten vergrößerten sich im Berichts- zeitraum. So erwarb der Akustiker amplifon die Ketten 6. Medizinprodukte, Fusionskontrolle – focus hören und Die Hörmeister. Auch diese Zusammen- Hörgeräte schlüsse führten zu keinen wettbewerblichen Bedenken, Die Verhältnisse auf den Märkten der Herstellung und verdeutlichten jedoch den fortschreitenden Konzentrati- des Vertriebs von Hörgeräten an den Akustikhandel sowie onsprozess von dem bisher handwerklich geprägten und von diesem an den Endkunden befinden sich im Wandel. inhabergeführten Hörgeräteakustikhandel zu bundesweit Auf beiden Handelsebenen ist eine weitere Konzentration tätigen Handelsketten. zu bemerken. Die angemeldeten Zusammenschlussver- fahren, an denen insbesondere auch die Sonova-Gruppe 7. Pharmagroßhandel beteiligt war, führten jedoch nicht zu wettbewerblichen Bedenken und konnten in der ersten Phase freigegeben a) Fusionskontrolle werden. Auch auf dem Markt des Pharmagroßhandels war eine Zuerst beschäftigte sich das Bundeskartellamt im Jahr weitere Konzentration festzustellen. Im Laufe der beiden 2015 mit dem Erwerb der Hansaton Akustik GmbH durch vergangenen Jahre hat sich der inhabergeführte Pharmag- den Marktführer Sonova. Auch wenn auf dem Markt für roßhändler Ebert+Jacobi vom Markt zurückgezogen und die Herstellung und den Vertrieb von Hörgeräten an den seine Niederlassungen zum einen an einen anderen pri- Akustikhandel nur wenige Unternehmen tätig sind, konnte vaten Pharmagroßhändler Fiebig und zum anderen an die das Bundeskartellamt aufgrund der Analyse der Absatz- Genossenschaft Noweda verkauft. Der Verkauf der Nie- und Umsatzentwicklung über die vergangenen zehn Jahre derlassungen in Heidenheim, Spangenberg, Pfreimd und hinweg Preiswettbewerb und damit verbunden Verschie- Würzburg an Noweda wurde im Dezember 2016 freige- bungen der Marktanteile zwischen den großen Unterneh- geben (siehe Pressemitteilung vom 20. Dezember 2016). men der Branche feststellen. Sowohl eine Einzelmarkt- beherrschung als auch eine Marktbeherrschung durch mehrere Unternehmen im Oligopol konnten hierdurch ausgeschlossen werden. Drucksache 18/12760 – 82 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Kartellverfolgung Der Umsetzungsprozess in nationales Recht dauert noch an und wird ebenfalls durch das Bundeskartellamt beglei- Das Bundeskartellamt hat im September 2016 die Ge- tet. schäftsräume von insgesamt acht Pharmagroßhändlern durchsucht. Es besteht der Verdacht, dass es zwischen Großhändlern von pharmazeutischen Produkten zu einer 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht Kundenschutzabsprache gekommen ist. Das Verfahren ist a) Fusionskontrolle noch nicht abgeschlossen. aa) Sparkassen II. Finanzwirtschaft, Banken und Im Sparkassenbereich ist es im Berichtszeitraum erneut zu Zahlungsverkehr mehreren Zusammenschlüssen gekommen, die – soweit 1. Allgemeiner Überblick und sie der Fusionskontrolle unterlagen – sämtlich innerhalb der ersten Phase freigegeben werden konnten. Die Prü- wettbewerbliche Situation fung auf der Grundlage der in der Entscheidung HASPA/ Im Bankensektor ist es im Berichtszeitraum erneut zu Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg (siehe Tätigkeits- zahlreichen Zusammenschlussvorhaben gekommen. Von bericht 2011/12, S. 81) entwickelten Marktabgrenzung hat diesen Zusammenschlüssen ist die Mehrzahl, insbeson- jeweils ergeben, dass die Untersagungsvoraussetzungen dere die Fusionen zwischen Volks- und Raiffeisenbanken, des § 36 Abs. 1 nicht vorlagen. Freigegeben wurden die nicht anmeldepflichtig gewesen, da die Aufgreifschwel- Zusammenschlüsse zwischen der Sparkasse Hildesheim, len für die fusionskontrollrechtliche Prüfung nicht er- der Sparkasse Goslar/Harz sowie der Kreissparkasse reicht worden sind. Die Entwicklung wurde zudem ganz Peine (siehe Pressemitteilung vom 10. August 2016 und wesentlich durch mehrere europäische Regulierungsvor- Fallbericht vom 23. August 2016, B4-53/16) sowie der haben, eine Renaissance des Elektronischen Lastschrift- Zusammenschluss zwischen den Sparkassen Ingolstadt verfahrens (ELV) sowie die zunehmende Digitalisierung und Eichstätt (siehe Pressemitteilung vom 6. Septem- bestimmt. ber 2016). Zudem hat das Bundeskartellamt den bereits im Jahr 2014 erfolgten Zusammenschluss zwischen der Neufassung der Zahlungsdienste-Richtlinie (PSD II) Kreissparkasse Wesermünde-Hadeln und der Sparkasse Bremerhaven zur Weser-Elbe Sparkasse im Rahmen eines Die Neufassung der Richtlinie über Zahlungsdienste (PSD Entflechtungsverfahrens geprüft, da öffentlich verfügba- II, Abkürzung des englischen Begriffs Payment Services re Zahlen vermuten ließen, dass die Aufgreifschwellen Directive) ist im Berichtszeitraum verabschiedet worden der deutschen Fusionskontrolle überschritten waren. Die (siehe auch Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 79). Sie eröff- Prüfung hat jedoch ergeben, dass die zu berücksichtigen- net vier Handlungsfelder zur Harmonisierung des Wett- den Umsätze der beteiligten Institute tatsächlich unter der bewerbs in Europa: die Öffnung des Kontozugangs, die Aufgreifschwelle von 500 Mio. Euro lagen, sodass das Haftungsverteilung zwischen den Händlern und dem Entflechtungsverfahren eingestellt werden konnte. Zahlungsdienstanbieter, Transparenzzuwachs und die Kundenauthentifizierung. Ziel ist die Schaffung eines bb) Sparkassen – eigenständigen und von den Banken unabhängigen Pay- „Back-Office-Dienstleistungen“ ment-Systems, um sicherzustellen, dass die Unabhängig- keit und Widerstandsfähigkeit der Zahlungssysteme auch Innerhalb der Sparkassen ist es seit einigen Jahren zu im Krisenfall gewährleistet sind. Durch die PSD II werden einer verstärkten Konsolidierung im Bereich der „Back- aber auch erstmals Kontoinformationssysteme sowie Zah- Office-Dienstleistungen“ gekommen, da die Sparkassen lungsauslösedienste der Regulierung unterworfen. Eine vermehrt dazu übergehen, diese Dienstleistungen nicht wichtige Frage für den Bankensektor der Zukunft wird mehr selbst zu erbringen, sondern extern einzukaufen. sein, wer zentraler Dienstleister für den Kunden wird und Erstmals musste das Bundeskartellamt den Bereich der dessen Daten aggregieren darf. Die Richtlinie selbst wird Back-Office-Dienstleistungen intensiv prüfen bei der durch Technische Standards komplementiert (Regulato- Gründung der S-Servicepartner Deutschland GmbH (S- ry Technical Standards, RTS), die von der Europäischen Servicepartner Deutschland) durch die S-Servicepartner, Bankenaufsichtsbehörde (EBA) erarbeitet werden. Diese einem Unternehmen, das zur Landesbank Berlin gehört, Standards enthalten Regelungen, die maßgeblich über den und die NRS Norddeutsche Retail-Service GmbH, die zur künftigen Erfolg oder Misserfolg der Zahlungsdienstan- HASPA-Gruppe gehört. Back-Office-Dienstleistungen bieter entscheiden werden. Umstritten ist insbesondere, für Kreditinstitute umfassen sehr unterschiedliche Berei- ob durch die RTS neben dem direkten Kontozugang für che wie u.a. die Abwicklung von Krediten („Marktfolge Zahlungsdienstanbieter den Banken auch die Möglichkeit Aktiv“), die mit der Kontenführung und dem Einlagen- eröffnet werden darf, den Zugang stattdessen über eine geschäft verbundenen Leistungen („Marktfolge Passiv“), bankeigene Schnittstelle zu gewähren. Zwischen Netzbe- die Abwicklung des Zahlungsverkehrs und Leistungen treibern und Handelsunternehmen einerseits und der EBA im Zusammenhang mit dem Wertpapiergeschäft. Bei die- andererseits ist zudem umstritten, welche Anforderungen sem Zusammenschluss ergaben sich bei den Beteiligten bei der Akzeptanz von Zahlkarten an die Kundenauthenti- Überschneidungen in den Bereichen Marktfolge Aktiv fizierung zu stellen sind. und Marktfolge Passiv. Sparkassen beziehen Leistungen in diesen beiden Bereichen im Wesentlichen von Anbie- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 83 – Drucksache 18/12760 tern der Sparkassenfinanzgruppe, da sie mit dem von al- schaften entfallen lassen sollen, sodass das Vorhaben fu- len Sparkassen einheitlich verwendeten IT-System, dem sionskontrollfrei vollzogen werden könnte (siehe Fallbe- Kernbanksystem „OSPlus“ der ebenfalls zur Sparkas- richte vom 30. Juni 2016 und 28. August 2016, B4-60/15). senfinanzgruppe gehörenden Finanzinformatik, kompati- bel sein müssen. Zudem führt auch die Vertrautheit der cc) Genossenschaftsbanken zur Sparkassenfinanzgruppe gehörenden Anbieter mit der Prozessorganisation in Sparkassen dazu, dass Spar- Im Berichtszeitraum ist es ebenfalls zu zahlreichen Zu- kassen in erster Linie auf diese Anbieter zurückgreifen. sammenschlüssen zwischen Volks- und Raiffeisenbanken Im Ergebnis konnte für die betroffenen Märkte eine er- gekommen. Da diese Institute jedoch im Durchschnitt hebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs aufgrund wesentlich kleiner sind als Sparkassen und zudem nicht des Zusammenschlusses ausgeschlossen werden. Mit der in kommunaler Trägerschaft stehen, sodass auch keine Deutschen Servicegesellschaft für Finanzdienstleistungen weiteren Umsätze zuzurechnen sind, waren in diesen Fäl- (DSGF) und der Sparkassen-Marktservice GmbH (SMS) len die Aufgreifschwellen der deutschen Fusionskontrolle sind relevante Alternativen am Markt vorhanden. nicht erreicht. Der nachfolgend angemeldete Zusammenschluss der Freigegeben hat das Bundeskartellamt den im Jahr 2016 beiden Unternehmen DSGF/SMS musste hingegen ei- erneut angemeldeten Zusammenschluss zwischen den ner vertieften Prüfung unterzogen werden. Streitig war beiden letzten Zentralinstituten der Genossenschaftsban- diesbezüglich bereits die Frage der Anmeldepflicht des ken, der DZ Bank sowie der WGZ Bank. Der Zusammen- Vorhabens, da aus Sicht der Beteiligten die Umsätze al- schluss war bereits im Jahr 2006 vom Bundeskartellamt ler am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen nicht freigegeben worden; letztlich hatten die Beteiligten ihn die Aufgreifschwellen der deutschen Fusionskontrolle aber nicht vollzogen. Die Ermittlungen hatten ergeben, überschreiten würden. Das Bundeskartellamt geht demge- dass die Genossenschaftsbanken die Leistungen der Zent- genüber davon aus, dass die DSGF von ihren vier Gesell- ralbank traditionell aufgrund ihrer räumlichen Zugehörig- schaftern faktisch gemeinsam kontrolliert wird, da diese keit entweder bei der DZ BANK oder der WGZ BANK gemeinsame geschäftspolitische Strategien verfolgen. beziehen, bei denen sie auch selbst Gesellschafter sind, Zumindest hinter einem dieser Gesellschafter, der Betei- dass sie aber diese Dienstleistungen auch außerhalb der ligungsgesellschaft für Sparkassendienstleistungen Ost genossenschaftlichen Finanzgruppe einkaufen können. mbH & Co., steht mit der Sparkasse Dresden und ihrem Soweit die DZ BANK und WGZ BANK selbst oder über Träger, der Stadt Dresden, ein großer Gesellschafter, des- (teilweise gemeinsame) Tochtergesellschaften Finanzpro- sen Umsätze die Aufgreifschwellen überschreitet. Wettbe- dukte und -leistungen an Drittkunden anbieten, standen werblich bedenkliche Überschneidungen in der Tätigkeit sie auf den hiervon betroffenen Märkten – vor allem das der Beteiligten ergaben sich allein im Bereich der Ab- Firmenkundengeschäft, die Immobilien- und Baufinan- wicklung des beleghaften Zahlungsverkehrs. Wie bereits zierung, Finanzmarktdienstleistungen sowie das Invest- im Vorgängerfall, S-Service Partner, ergaben die Ermitt- mentbanking – in direktem Wettbewerb mit sämtlichen lungen, dass der Markt sachlich auf die Verarbeitung der Finanzinstituten der Sparkassen-Gruppe, den Privatban- Belege auf dem sog. BZV-System der Finanzinformatik ken sowie Investmentgesellschaften. In diesen Bereichen („FI“), dem zentralen IT-Dienstleister der Sparkassenfi- haben die Beteiligten Marktanteile, die deutlich unterhalb nanzgruppe, zu begrenzen ist, weil diese Anwendung in der Schwelle der Marktbeherrschungsvermutung liegen, die von allen Sparkassen verwendete Gesamtbanklösung sodass das Vorhaben in der ersten Phase freigegeben wer- fest integriert ist und die Sparkassen hierfür in jedem Fall den konnte und mittlerweile auch vollzogen ist (siehe die Kosten tragen müssen. Nach dem Ergebnis der Er- Pressemitteilung vom 29. März 2016). mittlungen war der Markt räumlich auf Deutschland zu beschränken, da Anbieter aus dem Ausland keine Rolle b) Wettbewerbsbeschränkungen spielen, weil die mit der Beauftragung eines Dienstleisters mit Sitz im Ausland verbundenen regulatorischen Kos- aa) Mobile Zahlungsdienste ten aus Sicht der Sparkassen zu hoch sind. Als Ergebnis Das Bundeskartellamt hat sich im Berichtszeitraum mehr- der umfangreichen Ermittlungen war für den Markt der fach mit Projekten deutscher Kreditinstitute zu mobilen Abwicklung des beleghaften Zahlungsverkehrs eine er- Zahlungsdiensten befasst. hebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs, insbeson- dere die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung So haben mehrere Sparkassen unter dem Projektnahmen aufgrund des Zusammenschlusses festzustellen, da die „Yomo“ („Your Money“) die Entwicklung einer gemein- DSGF bereits zuvor über eine marktbeherrschende Stel- samen App geplant, die eine Kontoeröffnung und Kon- lung verfügte, die durch den Zusammenschluss weiter ver- toführung über das Mobiltelefon ermöglicht. Vereinbart stärkt worden wäre. Nachdem das Bundeskartellamt den war unter den Beteiligten, dass die Basisversion dieses Beteiligten seine vorläufige Einschätzung mitgeteilt hatte, Kontos kostenlos angeboten werden soll. Da die einzelnen haben diese die Anmeldung zurückgenommen. Zwischen- regionalen Sparkassen bei einem solchen bundesweit ver- zeitlich haben die Unternehmen das Bundeskartellamt fügbaren Angebot im Wettbewerb zueinander stehen, hat davon in Kenntnis gesetzt, dass es auf Seiten der DSGF sich das Bundeskartellamt mit dem Vorhaben befasst. Das zu gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen kommen gemeinsame Vorgehen der Sparkassen erschien in diesem wird, die die Zurechnung der Umsätze von Müttergesell- Fall gerechtfertigt, da so insbesondere auch kleinere In- Drucksache 18/12760 – 84 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode stitute die Möglichkeit haben, über die App Neukunden Amt hat daher die diesbezügliche kartellrechtliche Prü- zu gewinnen. Darüber hinaus erschien es in dem derzei- fung wieder aufgenommen. tigen Marktumfeld unumgänglich, die Basisversion eines App-Kontos kostenfrei anzubieten, so dass die Vereinba- Im November 2016 hat die paydirekt GmbH, ein Gemein- rung – wenn überhaupt – den Wettbewerb nur geringfü- schaftsunternehmen führender Unternehmen der privaten gig beschränkt hätte. Das Bundeskartellamt hat daher im Banken, der Volks- und Raiffeisenbanken sowie aus dem Rahmen seines Aufgreifermessens entschieden, kein Ver- Sparkassensektor auf dem Markt für Internet-Bezahlver- fahren gegen die teilnehmenden Sparkassen einzuleiten fahren in Deutschland, angekündigt, dieses Bezahlver- (siehe Pressemitteilung vom 14. September 2016). fahren um eine P2P-Bezahlfunktion ergänzen zu wollen, um es für Kunden und Händler attraktiver zu gestalten. In jüngster Zeit sind mehrere Anbieter mit Entwicklungen Die diesbezüglichen Ermittlungen des Bundeskartellam- auf den Markt getreten, die es Besitzern von Smartphones tes ergaben, dass die neue Kooperation zu einer Verbes- ermöglichen, unter Verwendung von hinterlegten Bank- serung der Wettbewerbsverhältnisse auf dem Markt für daten Zahlungen an im Adressbuch gespeicherte private Internet-Bezahlverfahren führt, da paydirekt sein Internet- Kontakte zu veranlassen (sog. Peer-to-peer-, oder auch Bezahlverfahren um eine mobile Funktion ergänzt, die der P2P-Zahlungen). Teilweise handelt es sich um „stand- Marktführer Paypal und viele weitere Wettbewerber schon alone“-Entwicklungen, teilweise wird die Funktion aber seit geraumer Zeit anbieten. Das Bundeskartellamt hat da- auch im Rahmen einer anderen Anwendung, beispiels- her keine kartellrechtlichen Einwände gegen die Einfüh- weise eines Online-Bezahlverfahrens oder einer Online- rung der P2P-Funktion erhoben. Banking-App zur Verfügung gestellt. Die Rechenzentren der Sparkassen-Gruppe, die StarFinanz GmbH, und der bb) Online-Banking Genossenschaftsbanken, die Fiducia & GAD IT AG, wa- ren an das Bundeskartellamt im Spätherbst des Jahres Das Bundeskartellamt hat das im Jahr 2010 eingeleitete 2016 herangetreten, da sie die von ihnen jeweils getrennt Verwaltungsverfahren gegen die Deutsche Kreditwirt- entwickelten P2P-Funktionen für ihre Online-Banking- schaft (DK) sowie einige ihrer Spitzenverbände zur Über- Apps unter dem gemeinsamen Namen „geldbote“ ver- prüfung der Vereinbarkeit der „Sonderbedingungen für markten wollten, wodurch auch ermöglicht werden sollte, das Online-Banking“ mit Artikel 101 AEUV und §§ 1, 19 dass Zahlungen zwischen den beiden Bankengruppen (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 81.) abgeschlossen durchgeführt werden könnten. Unmittelbar vor dem ge- (siehe Beschluss vom 29. Juni 2016, B4-71/10 und Pres- planten Termin der gemeinsamen Markteinführung die- semitteilung vom 5. Juli 2016). ser Funktion hatten die Beteiligten eine kartellrechtliche Einschätzung durch das Bundeskartellamt erbeten. Eine Die Deutsche Kreditwirtschaft sowie die in ihr vereinten erste Einschätzung ergab insbesondere weiteren Klä- Verbände Bundesverband der Volks- und Raiffeisenban- rungsbedarf, aber auch Hinweise auf mögliche Wettbe- ken e.V., Deutscher Sparkassen- und Giroverband e..V werbsbeschränkungen. Die Beteiligten wurden daraufhin sowie Bundesverband deutscher Banken e.V. verwenden gebeten, die Unerlässlichkeit der Wettbewerbsbeschrän- seit vielen Jahren gemeinsam abgestimmte Allgemeine kung sowie mögliche Effizienzen der Kooperation dar- Geschäftsbedingungen (AGB), zu denen auch die „Son- zustellen. Vor diesem Hintergrund haben die Beteiligten derbedingungen für das Online-Banking“ zählen. Die das Vorhaben „geldbote“ zunächst zurückgestellt und AGB werden in der Deutschen Kreditwirtschaft beschlos- Institutsgruppen- getrennte Lösungen unter dem Namen sen und von den ihr angeschlossenen Spitzenverbänden „Kwitt“ (Sparkassen) bzw. „Geld senden und anfordern“ gegenüber ihren Mitgliedern zur Nutzung empfohlen. Sie (Genossenschaftsbanken) eingeführt, die insbesondere werden flächendeckend von den in Deutschland tätigen unter Kunden derselben Bankengruppe genutzt werden Kreditinstituten verwendet. können, jedoch auch Geldüberweisungen an Kunden an- Gegenstand des Verfahrens beim Bundeskartellamt waren derer Institute ermöglichen. Das Bundeskartellamt hat bestimmte Regelungen in den „Sonderbedingungen für im Rahmen seines Aufgreifermessens entschieden, keine das Online-Banking“, die dem Online-Banking-Kunden Einwände hiergegen zu erheben. Zwar führt eine derar- Vorgaben beim Umgang mit den personalisierten Sicher- tige gemeinsame Entwicklung innerhalb der jeweiligen heitsmerkmalen PIN (Persönliche Identifikationsnummer) Verbundgruppe zu einer Beschränkung des Wettbewerbs und TAN (Transaktionsnummer) machen. Demnach dür- der eigentlich selbständigen Kreditinstitute. Diesen Wett- fen Online-Banking-Kunden im Internethandel im Rah- bewerbsbeschränkungen stehen aber erhebliche Effizi- men der Nutzung bankenunabhängiger Bezahlverfahren enzen gegenüber, da der einzelne Bankkunde mit dieser ihre PIN und TAN nicht als Zugangsinstrumente bei Drit- vereinfachten Form einer Überweisung nicht auf Kunden ten, zu denen auch sog. Zahlungsauslösedienste gehören, seines eigenen Kreditinstituts beschränkt bleibt und die eingeben. Mehrzahl der teilnehmenden Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken zu klein ist, um eine derartige Entwick- Diese Regelungen verstoßen nach der Auffassung des lung eigenständig technisch durchzuführen und zu finan- Bundeskartellamtes gegen deutsches und europäisches zieren (siehe Pressemitteilung vom 25. November 2016). Kartellrecht, da sie die Nutzung von bankenunabhängigen Zwischenzeitlich haben die Sparkassengruppe sowie die und innovativen Bezahlverfahren beim Einkauf im Inter- Volks- und Raiffeisenbanken mitgeteilt, dass sie weiter- net erheblich behindern und somit den Wettbewerb der hin an der Kooperation „geldbote“ interessiert sind; das verschiedenen Anbieter von Bezahlverfahren im Internet Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 85 – Drucksache 18/12760 beschränken. Die Anbieter dieser Bezahlverfahren haben aus Sicht des Bundeskartellamtes als geeignet erwiesen, ein Dienstleistungsangebot entwickelt, das eine preis- um eine einvernehmliche Beendigung der ursprünglich günstigere Alternative zu den bereits am Markt etablierten von einer gesetzlichen Freistellung profitierenden Praxis Bezahlverfahren darstellt und ein Bedürfnis von Online- der einseitigen Preissetzung herbeizuführen. Aufgrund Kunden und Online-Händlern nach einer preiswerten und dieser Zusagen war das sog. „einheitliche Händlerent- schnellen Zahlungsoption deckt. gelt“ zum 1. November 2014 aufgehoben worden (siehe Pressemitteilung und Fallbericht vom 30. März 2015, Das Bundeskartellamt hat sich auf die Feststellung der B4-94/14). Durch die Zusagenentscheidung wurde eine Rechtswidrigkeit der beanstandeten Klauseln beschränkt nicht-diskriminierende Verhandlungslösung eingeführt. und auf Antrag der Beteiligten die sofortige Vollziehung Hiermit entfiel die Notwendigkeit zu entscheiden, ob die ausgesetzt. Damit wird der Handlungsspielraum der Be- Voraussetzungen für eine Freistellung oder Duldung der teiligten bei der Umsetzung des Beschlusses und der einheitlichen Preisfestsetzung weiterhin vorliegen. Zwi- Abstellung des beanstandeten Verhaltens nicht durch kar- schenzeitlich ist zum 9. Dezember 2015 die Obergrenze tellbehördliche Vorgaben und enge Fristen eingeschränkt. von 0,2 Prozent für Interbankenentgelte in Debitkarten- Andererseits werden die klaren kartellrechtlichen Grenzen systemen (Artikel 3 der Verordnung (EU) 2015/751) in dieses Handlungsspielraums aufgezeigt. Kraft getreten, die nach Auffassung des Bundesfinanzmi- Gegen die Entscheidung haben die Beteiligten das Rechts- nisteriums auch auf das Händlerentgelt im electronic cash- mittel der Beschwerde eingelegt. System anzuwenden ist (siehe Eckpunktepapier des Bun- desfinanzministeriums zu Zahlungen mit EC-Karte vom 6. November 2015). Ihren Wiederaufnahmeantrag hatten cc) Immobilienkredite – die Spitzenverbände im Wesentlichen damit begründet, Anschlussfinanzierung dass sie, anders als konkurrierende Systeme (VISA, Mas- Im Berichtszeitraum wurden an das Bundeskartellamt ver- tercard), nunmehr einer „Doppelregulierung“ unterlägen. schiedene Beschwerden von Verbrauchern herangetragen, Dies sei der Fall, wenn sie sowohl die Verpflichtungs- die nach dem Widerruf ihres Immobilienkredits wegen zusagen, Entgelte zu verhandeln, einhalten als auch die fehlerhafter Widerrufsbelehrung Schwierigkeiten hatten, durch die EU-Verordnung festgelegte Obergrenze von eine Anschlussfinanzierung bei einem (neuen) Kreditins- 0,2 Prozent beachten müssten. Vor einer abschließenden titut zu vereinbaren. In der öffentlichen Berichterstattung Entscheidung über die Zulässigkeit und Begründetheit des zu diesem Thema stand der Verdacht im Raum, dass die Antrags durch das Bundeskartellamt haben die Beteiligten Ablehnungen von Anschlusskrediten auf einer flächende- den Wiederaufnahmeantrag allerdings zurückgenommen. ckend zwischen den Kreditinstituten abgestimmten Vorge- Die im Laufe des Wiederaufnahmeverfahrens gewonne- hensweise beruhten. Eine solche Abstimmung zwischen nen Erkenntnisse belegen eine seit der Einführung ver- den Banken würde gegen deutsches und europäisches handelter Entgelte weiter angestiegene Preisdynamik. Es Kartellrecht (§ 1, Artikel 101 Abs. 1 AEUV) verstoßen. ist erkennbar, dass die Händlerentgelte im ersten Halbjahr Dagegen ist die Ablehnung von Widerrufskunden dann 2016 im Durchschnitt um etwa zehn Prozent unter der kartellrechtlich nicht zu beanstanden, wenn sie auf einer Obergrenze von 0,2 Prozent liegen und damit auf etwa 60 autonomen Entscheidung des jeweils betroffenen Kredit- Prozent des Niveaus von 2013 gesunken sind (siehe Fall- instituts beruht. bericht vom 16. Januar 2017, B4-109/15). Aus Sicht des Bundeskartellamtes sind wesentliche Treiber dieser Ent- Das Bundeskartellamt hat die eingegangenen Beschwer- wicklung neben der durch die regulatorische Obergrenze den im Einzelfall in einem Verwaltungsverfahren unter- bewirkten Absenkung des Entgeltniveaus auch die Fort- sucht. Dabei ergaben sich im Ergebnis keine belastba- entwicklung des Elektronischen Lastschriftverfahrens und ren Anhaltspunkte dafür, dass die Verweigerung einer die Beendigung des Systems einseitig festgesetzter Ent- Anschlussfinanzierung in den an das Bundeskartellamt gelte. Welchen relativen Einfluss die jeweiligen Faktoren herangetragenen Fällen auf einer kartellrechtswidrigen an der Preisentwicklung haben, hat das Bundeskartellamt Absprache zwischen verschiedenen Kreditinstituten be- nicht ermittelt. Vor diesem Hintergrund konnte auch die ruhte. Vielmehr haben die Ermittlungen gezeigt, dass es je nach dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2015/751 nach Einzelfall plausible Gründe gab, wie beispielsweise erneut eingeleitete Überwachung der Einhaltung der Ver- der Aufwand einer individuellen Prüfung bei Widerrufs- pflichtungszusagen eingestellt werden. kunden oder ein Zahlungsrückstand des Kunden, die aus- schlaggebend für die Entscheidungen der Banken waren. III. Versicherungswirtschaft Das Bundeskartellamt hat daher das Verwaltungsverfah- ren eingestellt. 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation dd) electronic-cash Die Versicherungsmärkte sind nach wie vor geprägt von Die kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände hatten die einer Vielzahl von Anbietern und einem intensiven Wett- Wiederaufnahme des electronic cash-Verfahrens bean- bewerb. Im Vertrieb gab es eine Reihe von Zusammen- tragt, das mit Verpflichtungszusagen gem. § 32b im Jahr schlüssen, die die Untersagungsvoraussetzungen nicht 2014 beendet worden war (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, erfüllt haben. Vorhaben mit Beteiligung von Versiche- S. 80 f.). Die damalige Zusagenentscheidung hatte sich rungsunternehmen betrafen mehrheitlich Kapitalanla- Drucksache 18/12760 – 86 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode gevorgänge oder Transaktionen im Zusammenhang mit Rechtsschutzbedingungen künftig an dieser Stelle offener ergänzenden Dienstleistungen oder dem Betrieb von Netz- zu gestalten. werken zur Schadensteuerung und -regulierung. b) Schadenmanagement im 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht Versicherungssektor a) Zur Verbandsarbeit des In den vergangenen Jahren hat der Wettbewerb zwischen Gesamtverbandes der Deutschen den Versicherungsunternehmen zu intensivierten Bemü- Versicherungswirtschaft (GDV) hungen um eine effektive Schadensteuerung geführt. In der Regel sollen dadurch Kosten reduziert und die Erfül- Einige Fragestellungen der Verbandsarbeit des GDV wur- lung der Schadenminderungspflicht durch den Geschä- den im Berichtszeitraum ausführlicher zwischen Bundes- digten erleichtert werden. Zu diesem Zweck schließen die kartellamt und GDV diskutiert und konnten kartellrecht- Versicherungsunternehmen u.a. Verträge mit geeigneten lich unbedenklichen Lösungen zugeführt werden. Dienstleistern (z.B. Werkstattbetrieben, Sanierungsunter- Hierzu gehörte der Aufbau einer erweiterten Schadensta- nehmen, Autovermietungen) oder mit Servicenetzwerken tistik für die Berufshaftpflichtversicherung geburtshel- aus mehreren dieser Unternehmen. Eine Vielzahl von Ge- fender Hebammen. Vor dem Hintergrund der anhalten- richtsurteilen hat sich inzwischen mit den Rechten und den öffentlichen Diskussionen um die hohen Kosten für Pflichten von Versicherungsnehmern und Dienstleistern die Absicherung dieser Berufsgruppe wurde der Bedarf im Rahmen der Schadenregulierung beschäftigt. Im Er- festgestellt, die Schadenkalkulation auf eine verlässliche- gebnis bleibt für die Dienstleister ein intensiverer Preis- re und für alle interessierten Unternehmen zugängliche und Qualitätswettbewerb, der angestammte Marktpositio- statistische Basis zu stellen. Das Ziel sollte sein, die mit nen teils deutlich in Frage stellt. der Geburtshilfe verbundenen Langzeitrisiken besser ab- Wenngleich das Bundeskartellamt bislang noch keine schätzen und damit leichter ein passendes Versicherungs- hinreichenden Anhaltspunkte für Wettbewerbsbeschrän- angebot für die Hebammen erstellen zu können. Der GDV kungen oder für den Missbrauch dominanter Marktstel- hat in enger Abstimmung mit dem Bundeskartellamt ein lungen sieht, bleibt die Entwicklung im Bereich der Scha- mit den Vorgaben der Gruppenfreistellungsverordnung densteuerung durch die Versicherungsunternehmen weiter der Europäischen Kommission kompatibles Verfahren der unter Beobachtung. Dabei kommt es wesentlich darauf Datenerhebung entwickelt. Der GDV hat zugesagt, dem an, dass Versicherungsunternehmen, die bei der Nachfra- Bundeskartellamt im Anschluss an die Geschäftsjahre ge nach Servicedienstleistungen und bei der Bildung von 2017 und 2018 über die Marktentwicklung zu berichten. Netzwerken kooperieren, das auch für Nachfragergemein- Des Weiteren hat das Bundeskartellamt die Informations- schaften geltende Kartellverbot und die diesbezüglich von politik des GDV über die Rechtsprechung zur Streitwert- der Europäischen Kommission in ihren Horizontalleitlini- festlegung in Kreditwiderrufsfällen überprüft. Dabei ging en aufgestellten Kriterien beachten. es um die Frage, ob der GDV durch eine einseitige Be- richterstattung über die Rechtsprechung das Erstattungs- IV. Entsorgungswirtschaft verhalten oder jedenfalls die Beratungsinhalte der Rechts- schutzversicherer zu Lasten der Versicherungsnehmer 1. Allgemeiner Überblick und koordiniert habe. Durch eine nachträgliche Klarstellung wettbewerbliche Situation hat der GDV den Anschein der möglichen Koordinierung a) Vom Wertstoffgesetz zum ausräumen können, sodass das Verfahren eingestellt wer- Verpackungsgesetz den konnte. Der Gesetzgeber hat im Mai 2017 das Verpackungsgesetz Im Hinblick auf die Vorgabe von Leistungsausschlüssen beschlossen. Kernpunkte des Gesetzes sind die Erhöhung in den Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen wurden der gesetzlich vorgegebenen Recyclingquoten für Verpa- mit dem GDV die Kriterien diskutiert, nach denen die Eu- ckungsabfälle sowie die Einrichtung einer Zentralen Stel- ropäische Kommission in ihren Horizontalleitlinien nicht le, die u.a. Registrierungs- und Kontrollaufgaben in Be- von einer Wettbewerbsbeschränkung ausgeht. Bei der Ent- zug auf Hersteller von Verpackungen, duale Systeme und wicklung von Musterbedingungen ist insbesondere darauf Branchenlösungen übernehmen soll. zu achten, dass die Bedingungen und die Teilnahme an deren Entwicklung allen interessierten Marktteilnehmern Das Bundeskartellamt begrüßt die grundsätzliche Linie offen stehen müssen. Es muss den Versicherungsunter- des Verpackungsgesetzes. Positiv ist insbesondere, dass nehmen freigestellt sein, von den Musterbedingungen ab- die wettbewerbliche Organisation der Verpackungsentsor- zuweichen und eigenständig Regelwerke zu erstellen. Im gung beibehalten werden soll. Die Entwicklung seit der Falle sehr detaillierter Vorgaben und hoher Marktdurch- Öffnung des Monopols der Duales System Deutschland dringung von Musterbedingungen droht die Herausbil- GmbH hat gezeigt, dass Wettbewerb auch in der Ver- dung von echten, faktischen Branchenstandards. Dieser packungsentsorgung effizienzsteigernd wirkt, ohne dabei Aspekt wurde mit dem GDV insbesondere im Zusammen- die Erreichung von Umweltzielen zu gefährden. Dies hat hang mit dem Ausschluss bestimmter Kapitalanlagetrans- das Bundeskartellamt in seiner Sektoruntersuchung duale aktionen erörtert. Der GDV hat zugesagt, die Allgemeinen Systeme im Jahre 2012 festgestellt. Die teilweise gefor- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 87 – Drucksache 18/12760 derte Rekommunalisierung hätte die Erfolge der Mark- Zu den Aufgaben der Zentralen Stelle gehören neben ver- töffnung gefährdet. Aus wettbewerblicher Sicht ist es schiedenen Registrierungs- und Kontrollaufgaben auch insoweit bedauerlich, dass die bestehende Produktverant- die Berechnung der Marktanteile der dualen Systeme wortung von Herstellern und Vertreibern nicht auf stoff- bzw. der dualen Systeme und Branchenlösungen sowie gleiche Nichtverpackungen ausgeweitet und diese in das die Entwicklung der hierfür anzuwendenden Verfahren. wettbewerblich organisierte Modell der Ausschreibung Die Marktanteile sind u.a. maßgeblich für die Aufteilung von Aufträgen durch duale Systeme überführt wurden. der Entsorgungskosten unter den Systemen. Sie wurden bislang von den Systemen selbst im Rahmen der Gemein- Einzelne Regelungen des Gesetzes können sich nach samen Stelle ermittelt. Das Verfahren zur Berechnung der Einschätzung des Bundeskartellamtes auf verschiedenen Marktanteile unterlag insoweit dem Gesetz gegen Wett- Marktstufen der Verpackungsentsorgung allerdings auch bewerbsbeschränkungen (GWB). Dies gilt nicht für die negativ auf den Wettbewerb auswirken. Dies betrifft u.a. entsprechenden Entscheidungen der hoheitlich beliehenen die erweiterten Einflussmöglichkeiten der öffentlich- Zentralen Stelle. Daher hat sie das Verfahren zur Berech- rechtlichen Entsorgungsträger auf die von den dualen nung der Marktanteile der dualen Systeme bzw. der dua- Systemen zu organisierende Sammlung der Verpackun- len Systeme und Branchenlösungen im Einvernehmen mit gen. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger dürften dem Bundeskartellamt zu entwickeln und zu veröffentli- einen Anreiz haben, hochwertige Systeme vorzugeben, da chen. Damit wird sichergestellt, dass auch künftig kartell- das erhöhte Serviceniveau den Bürgern in der Kommu- rechtliche Aspekte bei der Festlegung der Verfahren für ne zu Gute käme, die damit einhergehenden Zusatzkosten die Berechnung der Marktanteile Berücksichtigung finden aber deutschlandweit von allen Verbrauchern zu tragen können. Aus demselben Grund muss die Zentrale Stelle wären. Für duale Systeme kann es dadurch schwieriger auch bei den Prüfleitlinien, die sie künftig Systemprüfern, werden, kostenreduzierende Erfassungssysteme durch- registrierten Sachverständigen, Wirtschaftsprüfern, Steu- zusetzen und dadurch im Wettbewerb Kostenvorteile zu erberatern und vereidigten Buchprüfern vorgeben kann, realisieren. Auch ist zu befürchten, dass einige interes- ein Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt herstellen. sierte Entsorgungsunternehmen künftig nicht mehr an der Ausschreibungen von Sammelleistungen teilnehmen, weil Überdies enthält das Verpackungsgesetz einen allgemei- sie bestimmte Anforderungen, etwa hinsichtlich der Aus- nen Kartellvorbehalt, der klarstellt, dass die Vorschriften stattung mit speziellen Fahrzeugtypen, nicht erfüllen. Im des GWB unberührt bleiben. Damit wird noch einmal Ergebnis besteht jedenfalls eine Gefahr, dass die Erfas- deutlich gemacht, dass beispielsweise die Systeme bei sungskosten durch weitreichende Vorgaben der öffentlich- der gemeinsamen Einrichtung und dem gemeinsamen rechtlichen Entsorgungsträger zulasten der Verbraucher Betrieb der Sammelstruktur nicht gegen kartellrechtli- steigen werden. che Vorschriften verstoßen dürfen. Zusätzlich haben die Systeme bei der Koordinierung über Einzelheiten zu den Mit Aufbau und Organisation der hoheitlich beliehenen Ausschreibungsverfahren der Sammelleistungen diese Zentralen Stelle hat sich das Amt kritisch auseinanderge- Regelungen vor deren Umsetzung dem Bundeskartellamt setzt und im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses deutlich vorzulegen. Damit soll sichergestellt werden, dass die zu- gemacht, dass die Aufgaben der Zentralen Stelle besser ständige Beschlussabteilung rechtzeitig über die Vorhaben von einer unabhängigen Behörde erfüllt würden. Im Verpa- der Systeme informiert ist. Sie kann dann in Ausübung ckungsgesetz ist nun vorgesehen, dass verschiedene Orga- ihres Aufgreifermessens nähere Prüfungen vornehmen. ne der Zentralen Stelle u.a. mit Vertretern der kommunalen und privaten Entsorgungswirtschaft, des Handels und der dualen Systeme besetzt werden sollen, die im Wettbewerb b) Kapazitäten in der Müllverbrennung zueinander stehen bzw. weite Teile der Wertschöpfungs- Im Jahr 2015 wurde im Rahmen der Novelle des Abfall- kette im Hinblick auf die Verwertung von Verpackungsab- wirtschaftsplans NRW – Teilplan Siedlungsabfälle – über fällen abbilden. Zum einen werden mit den Organen der einen koordinierten – und damit möglicherweise kartell- Zentralen Stelle Plattformen für Marktteilnehmer geschaf- rechtswidrigen – Rückbau mutmaßlicher Überkapazitäten fen, die den Austausch wettbewerbsrelevanter Geschäfts- in der Müllverbrennung diskutiert. Im Rahmen dieser Dis- geheimnisse und wettbewerbsbeschränkende Abstimmun- kussion hat das Bundeskartellamt die Marktteilnehmer auf gen zwischen Marktteilnehmern begünstigen können. Zum die wettbewerblichen Probleme von zwischen Wettbewer- anderen besteht die Gefahr, dass die Marktteilnehmer bei bern abgestimmten Kapazitätsreduktionen hingewiesen. der Erfüllung ihrer Aufgaben innerhalb der Zentralen Stel- Gegenwärtig scheint sich ein anderes Bild zu entwickeln. le nicht nur die wettbewerblich neutrale Organisation der Bereits im Jahr 2015 wurden in Fusionskontrollverfahren Verpackungsentsorgung im Blick haben, sondern auch ihre hohe Auslastungsgrade von Müllverbrennungsanlagen eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgen. Das Verpa- und Mechanisch-Biologischen Abfallanlagen (MBAn) ckungsgesetz adressiert diese Gefahren mit der Regelung, festgestellt, allerdings mit noch hinreichend hohen Rest- dass die Satzung der Zentralen Stelle sicherstellen soll, kapazitäten, um gegebenenfalls wechselwilligen Anlie- dass deren Neutralität gegenüber allen Marktteilnehmern ferern Ausweichalternativen zu bieten. In zunehmendem stets gewahrt bleibt. Es wird daher entscheidend darauf Maße erreichen das Bundeskartellamt seit 2016 Hinweise ankommen, ob künftig mit internen Verfahrensregeln in darauf, dass die Kapazitäten durch inländische Abfälle der Zentralen Stelle gewährleistet werden kann, dass Wett- und durch Importmengen mittlerweile weitgehend ausge- bewerbsverzerrungen zugunsten einzelner Unternehmen schöpft sind, vereinzelt wird über Schwierigkeiten beim oder Unternehmensgruppen vermieden werden. Drucksache 18/12760 – 88 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Zugang zu Anlagen berichtet. Konkrete Hinweise auf kar- im Hauptprüfverfahren beide Tätigkeitsbereiche und ins- tellrechtswidriges Verhalten einzelner Marktteilnehmer besondere die Wechselwirkungen zwischen ihnen unter- im Zuge dieser Knappheitssituation liegen nicht vor. In sucht: Hinsichtlich der Gewerbeabfallerfassung ging es Anbetracht der zurückliegenden Diskussion wird das Amt der Frage nach, inwieweit die führende Marktstellung von den Bereich weiter sorgfältig beobachten. REMONDIS durch die ebenfalls führende Marktposition im benachbarten Bereich der Haushaltsabfallerfassung ab- 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht gesichert werden könnte. Hinsichtlich der Erfassung von Haushaltsabfällen stellte sich die Frage, inwieweit Lage a) Sektoruntersuchung und Ausstattung der erworbenen Standorte REMONDIS Haushaltsabfallerfassung in diesem Bereich stärken können, obwohl die Cortek- Gruppe diese Standorte nicht für die Durchführung sol- Im Berichtszeitraum hat das Bundeskartellamt die erste cher Aufträge genutzt hatte. Es zeigte sich, dass in der Befragung im Rahmen der Marktermittlungen für die Sek- betroffenen Region die meisten öffentlich-rechtlichen Ent- toruntersuchung Haushaltsabfallerfassung begonnen. Die sorgungsträger ihre jeweiligen kommunalen Betriebe mit Haushaltsabfallerfassung umfasst Sammlung und Trans- der Erfassung von Restmüll, Sperrmüll, Bioabfällen und port von Abfällen privater Haushalte durch Entsorgungs- Altpapier beauftragen, sodass nur relativ wenige solcher unternehmen im Auftrag öffentlich-rechtlicher Entsor- Aufträge im Wege von Ausschreibungen vergeben worden gungsträger und dualer Systeme. Die Sektoruntersuchung waren und einzelne Ausschreibungsergebnisse die Markt- in diesem Bereich wurde eingeleitet, da seit einiger Zeit struktur relativ stark verändern können. Die Ermittlungen eine wachsende Konzentration auf den Entsorgungsmärk- ergaben, dass die wesentlichen Wettbewerber von RE- ten und in vielen Regionen eine rückläufige Beteiligung MONDIS ebenfalls sowohl in der Gewerbeabfall- als auch an den Ausschreibungen für Entsorgungsaufträge zu beob- in der Haushaltsabfallerfassung tätig sind. Sie verfügen achten ist. Die ersten Auskunftsersuchen wurden im Jahre über vergleichbar hochwertig ausgestattete Standortnetze 2016 an die dualen Systeme und den mit der Auswertung und sorgen für Wettbewerb bei den wenigen Ausschrei- der Ausschreibungsergebnisse betrauten Treuhänder ver- bungen der Haushaltsabfallerfassung in der Region. Es sandt. Im Vorfeld wurden Gespräche mit Branchenver- konnte nicht nachgewiesen werden, dass der Zusammen- tretern aus Unternehmen und von Verbänden geführt und schluss REMONDIS dazu in die Lage versetzt, künftig eine Reihe von Marktteilnehmern bei der Konzeption der standortbezogene Ausschreibungsvorgaben deutlich leich- Fragebögen konsultiert. Mit den nächsten Schritten wer- ter zu erfüllen und Angebote günstiger zu kalkulieren als den weitere Befragungen öffentlich-rechtlicher Entsor- die wesentlichen Wettbewerber. Daher war das Vorhaben gungsträger und von Entsorgungsunternehmen vorbereitet trotz der starken Marktpositionen von REMONDIS freizu- und umgesetzt. Die Ergebnisse der Auswertung und Ana- geben (siehe Pressemitteilung vom 25. November 2016). lyse der Daten sollen in einem Bericht zusammengefasst und veröffentlicht werden. Der Erwerb der Bördner-Gruppe mit Sitz in Limburg durch REMONDIS wurde ebenfalls in der vertieften b) Fusionskontrolle zweiten Phase des Fusionskontrollverfahrens geprüft. Die Bördner-Gruppe betrieb in Limburg ein mittelständisches Der Rethmann-Konzern, dem die in der deutschen Ent- Entsorgungsunternehmen. Der Zusammenschluss betraf sorgungswirtschaft führende Unternehmensgruppe RE- die Märkte für die Erfassung von Haushalts- und Gewer- MONDIS angehört, war wie schon in den Vorjahren (siehe beabfällen sowie deren Umschlag und Weiterverwertung. Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 83) auch im Berichtszeit- Über das Gemeinschaftsunternehmen B-F Sonderabfall raum an zahlreichen Zusammenschlüssen beteiligt. Davon war Bördner auch in der Erfassung von gefährlichen Ab- betroffen war eine Vielzahl sachlich relevanter Märkte, fällen tätig. insbesondere Märkte der Erfassung von Haushalts- und Gewerbeabfällen, der Erfassung und Verwertung von ge- Im Rahmen der Untersuchung wurden u.a. Umsätze und fährlichen Abfällen, der Sortierung und Vermarktung von erfasste Mengen, Standortausstattungen, Umschlagka- Altpapier sowie des Recyclings von Altglas. Einige dieser pazitäten und Sortierung sowie die Absteuerungswege Vorhaben konnten nach sehr umfassenden Ermittlungen geprüft. Auf der Basis dieser Prüfung ist das Bundeskar- ohne Einleitung eines Hauptprüfverfahrens freigegeben tellamt für die Erfassung von Gewerbeabfällen und ge- werden. In zwei Fällen hat das Bundeskartellamt Haupt- fährlichen Abfällen zu dem Ergebnis gekommen, dass für prüfverfahren eingeleitet. die Nachfrager ausreichend Ausweichalternativen für den Fall zur Verfügung stünden, dass die zusammengeschlos- Das erste dieser Hauptprüfverfahren betraf den Erwerb der senen Unternehmen künftig die Preise erhöhen würden. Unternehmen der Cortek-Gruppe, die Entsorgungsleistun- Es war im Zuge der Prüfung auch nicht ersichtlich, dass gen in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen anboten der Zusammenschluss eine Verschließung nachgelagerter und dort vor allem Gewerbeabfälle erfassten. REMON- Verwertungsmärkte für den Zugang von Wettbewerbern DIS verstärkte durch diesen Erwerb sein Standortnetz in bewirken oder verstärken könnte. der relevanten Region um sieben Standorte und stieg dort zum führenden Unternehmen in der Gewerbeabfallerfas- Auf den Märkten für die Erfassung von Haushaltsab- sung auf. Außerdem war REMONDIS bereits vor dem Zu- fällen wurden zwar hohe gemeinsame Marktanteile der sammenschluss regionaler Marktführer bei der Erfassung Zusammenschlussparteien festgestellt. Allerdings zeigte von Haushaltsabfällen. Daher hat das Bundeskartellamt sich andererseits, dass an den Ausschreibungen auf dem Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89 – Drucksache 18/12760 räumlich relevanten Markt um den Landkreis Limburg- legung der Prüfungsrichtlinie wird. Daraus folgt insbe- Weilburg herum auch eine Reihe von Wettbewerbern häu- sondere, dass die System-Wirtschaftsprüfer beanstanden fig teilgenommen haben, wohingegen die Bördner-Gruppe sollen, wenn Mengenmeldungen an die Clearingstelle von mit ihrem Angebot weitgehend auf ihren Heimatlandkreis Meldungen der Systembetreiber gemäß § 10 Abs. 6 Ver- beschränkt war. Außerhalb des Landkreises ging bei Aus- packV von dem beim Deutscher Industrie- und Handels- schreibungen von Verträgen für die Erfassung von Haus- kammertag (DIHK) bestehende VE-Register abweichen. haltsabfällen durch öffentlich-rechtliche Entsorgungs- Hiergegen hat das Bundeskartellamt keine Einwände er- träger oder duale Systeme kaum Wettbewerbsdruck von hoben, doch es machte deutlich, dass aus der LAGA-Mit- Bördner auf andere Unternehmen, insbesondere auf die teilung Nr. 37 keine kartellrechtliche Freistellung folgt. erwerbende REMONDIS-Gruppe aus. Die LAGA Mitteilung Nr. 37 darf nur insoweit angewen- det werden, als dies nicht zu Verstößen gegen Kartellrecht Vor dem Hintergrund dieser Untersuchungsergebnisse führt. war das Vorhaben freizugeben (siehe Pressemitteilung vom 6. Juli 2016). Gemeinsame Rücknahmesysteme c) Wettbewerbsbeschränkende Infolge der 7. Novelle der Verpackungsverordnung haben Vereinbarungen mehrere Unternehmen und/oder Verbände verschiedener Wirtschaftszweige ein Rücknahmesystem für die jeweils Mengenclearing der dualen Systeme in der Branche gebräuchlichen Verpackungsarten vorge- Die Koordination der dualen Systembetreiber bei der stellt. Die verschiedenen Systeme waren dahingehend ver- Erfassung von Verpackungsabfällen hat sich erneut als gleichbar, dass jeweils eine Reihe von Unternehmen ge- entwicklungsfähiges Gefüge erwiesen, das beständig an meinsam Entsorgungsleistungen nachfragen wollten oder Änderungen der Rechtslage und der Marktgegebenhei- gemeinsame Standards und Qualitätskriterien für Entsor- ten angepasst wird. Im Berichtszeitraum betraf dies vor gungsleistungen definieren wollten. Die Beurteilung, ob allem das Mengenclearing, das für die Verteilung der die Abstimmung derartiger Rücknahmesysteme zwischen Erfassungskosten unter den Systembetreibern ausschlag- Wettbewerbern einen Verstoß gegen § 1 bzw. Artikel 101 gebend ist. Nachdem sich die Systembetreiber erst Ende AEUV darstellt, müssen die Unternehmen zunächst selbst 2014 auf eine Neufassung des Mengenclearingvertrages vornehmen. Aufgegriffen werden Kooperationen dann, und eine ergänzende Prüfungsrichtlinie verständigt hat- wenn sich aus allgemeinen Empfehlungen de-facto bran- ten (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 85), wurde der chenweite Standards entwickeln, deren Verbreitung zu Mengenclearingvertrag im Berichtszeitraum mehrfach Wettbewerbsbeschränkungen oder zur Behinderung un- um weitere Regelungen ergänzt. Eine bedeutsame Neu- liebsamer Wettbewerber oder Unternehmen auf vor- oder regelung betraf die in der Verpackungsverordnung vorge- nachgelagerten Marktstufen führt. Auch die Etablierung sehene Möglichkeit, dass verpflichtete Inverkehrbringer von Marktinformationssystemen, die eine Koordinierung ihre Mengen nicht direkt bei dualen Systemen lizenzie- der Unternehmen auf dem Entsorgungsmarkt oder ihrem ren, sondern sich dazu eines „Dritten“, also eines Makler- originären Produktmarkt ermöglichen, wird vom Bundes- oder Handelsunternehmens bedienen. Der „Dritte“ sorgt kartellamt kritisch gesehen. Die bisherige Erfahrung hat dann für die Lizenzierung der betreffenden Mengen bei gezeigt, dass sich umfassende Kartellverfahren vielfach einem oder mehreren Systembetreibern seiner Wahl und vermeiden lassen, wenn die Rücknahmesysteme nach der meldet diesem die jeweilige Höhe der Mengen. Auch die- Selbsteinschätzung noch mit der zuständigen Beschluss- se Meldungen „Dritter“ werden gemäß der Neuregelung abteilung abgestimmt werden. Dies gilt auch für verschie- des Mengenclearingvertrags nunmehr von einem System- dene Güte- und Auditierungssysteme, die dem Bundes- Wirtschaftsprüfer geprüft. Das Bundeskartellamt sah da- kartellamt vorgestellt worden sind. rin eine konsequente Folgeregelung zur Absicherung der einheitlichen Grundlage, auf der die Prüfung aller für das d) Missbrauchsaufsicht – Verwertung von Clearing verwendeten Mengenmeldungen der Systembe- Verpackungsabfällen aus Altpapier treiber erfolgt. Es hat durchgesetzt, dass Makler und Han- delsunternehmen dabei gleich behandelt werden und dass Schon im Jahre 2012 hatte das Bundeskartellamt in sei- jeder „Dritte“ in gleicher Weise wie ein Systembetreiber ner Sektoruntersuchung duale Systeme (siehe Tätigkeits- einen der benannten System-Wirtschaftsprüfer auswählen bericht 2011/12 S. 86 f.) festgestellt, dass eine unzuläs- kann und das für Streitfälle eingerichtete Schiedsgericht sige Kopplung vorliegen kann, wenn ein Unternehmen, anrufen kann. das im Bereich der Erfassung von Altpapier (PPK = Pa- pier, Pappe, Kartonagen) eine marktbeherrschende oder Die in der Folge entstandene Diskussion über die rich- marktstarke Stellung einnimmt, den Abschluss eines Er- tige Anwendung der Vertragsänderung auf bestehende fassungsvertrags ohne sachliche Rechtfertigung an die „Altverträge“ beendeten die Systembetreiber durch eine Bedingung knüpft, auch mit der Verwertung des erfassten Ergänzungsvereinbarung im August 2016. Nach einem Altpapiers beauftragt zu werden. Duale Systeme, denen weiteren Beschluss der Systembetreiber wurde in die Prü- die Entsorgung von Verkaufsverpackungen aus PPK ob- fungsrichtlinie eine Klausel aufgenommen, wonach die liegt, richteten im Berichtszeitraum mehrere diesbezügli- Mitteilung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall che Beschwerden an das Bundeskartellamt. Sie hatten sich (LAGA) Nr. 37 zur verbindlichen Grundlage für die Aus- vergeblich darum bemüht, von Altpapiererfassern einen Drucksache 18/12760 – 90 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode auf sie entfallenden Anteil am PPK-Sammelgemisch zu Das Bundeskartellamt forderte vom Systembetreiber erhalten, um ein Unternehmen ihrer Wahl mit der Verwer- strukturelle Veränderungen des Geschäftsmodells, die ei- tung dieser Altpapiermengen beauftragen zu können. Teil- nen Informationsfluss zwischen Wettbewerbern künftig weise verweigerten die Altpapiererfasser die körperliche ausschließen würden. Der Systembetreiber sah sich indes Herausgabe eines Anteils, teilweise knüpften sie die He- nicht in der Lage, ein kartellrechtskonformes Konzept rausgabe an weitere Bedingungen. Das Bundeskartellamt vorzulegen und nahm daraufhin von dem Geschäftsmo- hat dieses Verhalten aufgegriffen und Verfahren gegen die dell Abstand. kommunalen Entsorgungsbetriebe in Freiburg, Bochum und Dortmund eröffnet. Im Rahmen einer vorläufigen V. Kultur, Sport und Unterhaltung kartellrechtlichen Einschätzung hat das Bundeskartellamt die Auffassung vertreten, dass es einer Verweigerung der 1. Konzertproduktion und Ticketing Herausgabe gleich kommt, wenn die Herausgabe an rest- riktive Bedingungen geknüpft wird, deren Erfüllung tech- a) Fusionskontrolle nisch ausgeschlossen oder kaufmännisch unvernünftig Das Bundeskartellamt hat sich im Berichtszeitraum ver- und daher für die dualen Systeme unwirtschaftlich wäre. tieft mit den Wettbewerbsverhältnissen im Bereich der Bei der kartellrechtlichen Bewertung der Kopplung kom- Konzertproduktion und des Ticketing in Deutschland be- me es nicht entscheidend darauf an, wer Eigentümer des schäftigt. Ein wichtiger und sehr starker Wettbewerber in erfassten PPK-Sammelgemischs sei. Ferner sei die Kopp- diesem Bereich ist das Unternehmen CTS Eventim, das lung auch nicht durch den Umstand gerechtfertigt, dass in der gesamten Wertschöpfungskette des Live Entertain- nur einzelne duale Systeme die Herausgabe begehren. ments tätig ist. Das Unternehmen ist einerseits als großer Das Diskriminierungsverbot hindere die Altpapiererfas- Veranstalter auf den verschiedenen Tournee- und Konzert- ser nicht daran, mit den einzelnen dualen Systemen un- märkten sowie auf den Märkten für Musikfestivals tätig. terschiedliche Modelle der Herausgabe oder Verwertung Zu den bekanntesten von CTS Eventim veranstalteten Fes- des jeweils auf sie entfallenden Altpapieranteils zu ver- tivals gehören beispielsweise Rock am Ring und Rock im einbaren, solange die in Frage kommenden Modelle allen Park. Besonders stark ist CTS Eventim auf den Ticketing- Systemen gleichermaßen angeboten werden und jeweils Märkten, insbesondere den Märkten für Ticketsystem- gleich gehandhabt werden. dienstleistungen, die auf der einen Seite Veranstaltern und Das Bundeskartellamt führte ein Missbrauchs- und Kar- auf der anderen Seite Vorverkaufsstellen angeboten wer- tellverwaltungsverfahren im Bereich der Standortentsor- den. Mit diesen Systemdienstleistungen vermittelt CTS gung. Gegenstand des Verfahrens war das Geschäftsmodell Veranstaltern ein Vertriebsnetz von Vorverkaufsstellen, eines Systembetreibers, der über ein Tochterunternehmen bei denen Konzertbesucher Eintrittskarten erwerben. Im die Organisation von Ausschreibungen für die Entsorgung Hinblick auf die damit bestehende Plattformeigenschaft von Gewerbeabfall an verschiedenen Standorten des Auf- dieser Dienstleistungen prüft das Bundeskartellamt die traggebers anbot. Die Organisation der Ausschreibung Marktverhältnisse auf der Grundlage des mit dem Arbeits- umfasste die Bereitstellung eines Angebotsabfrageportals, papier zur Marktmacht von Plattformen und Netzwerken die Durchführung der Angebotsabfrage sowie die Auswer- entwickelten Prüfkonzepts (siehe Pressemitteilung vom 9. tung der Angebote zur Vorbereitung auf die Vergabe durch Juni 2016). den Auftraggeber. Auftraggeber war im vorliegenden Das Bundeskartellamt hat im Hinblick auf die starken Fall ein Einzelhandelsunternehmen. Die Teilnahme am Marktpositionen insbesondere im Ticketing-Bereich die Bieterverfahren war grundsätzlich nur über die genann- Aufstockung der Beteiligung von CTS Eventim an der te Ausschreibungsplattform möglich. Die teilnehmenden FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH im Hauptprüf- Entsorgungsunternehmen machten dort insbesondere An- verfahren vertieft geprüft. FKP Scorpio ist im Live En- gaben zu ihrer Preisgestaltung und ihren Erfassungsstruk- tertainment als Veranstalter insbesondere im Bereich der turen. Der Systembetreiber ist selbst – über ein zweites Festivals tätig und veranstaltet die bekannten Festivals Tochterunternehmen – in der Standortentsorgung tätig, Hurricane und Southside. Im Ergebnis konnte der Zusam- war allerdings bei der konkret organisierten Ausschrei- menschluss trotz der starken Marktpositionen der Betei- bung von der Teilnahme ausgeschlossen. ligten freigegeben werden (siehe Pressemitteilung und Das Bundeskartellamt leitete gegen den Systembetreiber Fallbericht vom 3. Januar 2017, B6-53/16). ein Verfahren wegen verbotenen Informationsaustausches Das Bundeskartellamt hat sich dabei u.a. intensiv mit ein (§ 1, Artikel 101 AEUV). Gleichzeitig sah es eine Ver- den Eigenschaften eines Ticketsystems beschäftigt, das anlassung zu wettbewerbswidrigem Verhalten seitens des wesentliche Merkmale eines zweiseitigen Marktes auf- Einzelhändlers (§ 21 Abs. 2 Nr. 1, 2 i.V.m. § 1, Artikel 101 weist. Ein Ticketsystem bedient zwei unterschiedliche AEUV). Gerade aufgrund von personellen Verflechtungen Nutzergruppen: Auf der einen Seite stehen Veranstalter, zwischen Systembetreiber einerseits und organisieren- insbesondere des Live-Entertainments, deren Veranstal- der Tochter andererseits musste damit gerechnet werden, tungen in die Datenbank eingestellt werden, und auf der dass der Systembetreiber und dessen – zu den Bietern im anderen Seite stationäre Vorverkaufsstellen, die über die Wettbewerb stehende – zweite Tochter Kenntnis der Bie- Datenbank auf diese zugreifen können. Das Ticketsystem terdaten erlangen konnten. Diese hätten sie in künftigen ermöglicht damit als Intermediär die direkte Interaktion Ausschreibungen zu ihrem Vorteil nutzen können. bzw. Transaktion zweier Nutzerseiten. Zwischen beiden Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 91 – Drucksache 18/12760

Seiten bestehen positive indirekte Netzwerkeffekte, das 2. Tickets für Spiele der deutschen heißt der Nutzen einer Gruppe steigt, wenn die jeweils an- Fußballnationalmannschaft dere größer wird. Das Bundeskartellamt hat kurz vor Beginn der UEFA Fuß- Diese Grundkonstruktion einer sog. Transaktionsplattform ball-Europameisterschaft ein Missbrauchsverfahren ge- ließe nach den konzeptionellen Überlegungen des Bundes- gen den Deutschen Fußball-Bund (DFB) eingeleitet, we- kartellamtes im Arbeitspapier zur Marktmacht von Platt- gen der Koppelung von Ticketkontigenten für Spiele der formen und Netzwerken die Möglichkeit zu, die Tätigkeit deutschen Nationalmannschaft an eine kostenpflichtige des Ticketsystems im Rahmen der sachlichen Marktab- Mitgliedschaft im „Fanclub Nationalmannschaft“. Durch grenzung als ein einheitliches Plattformprodukt anzusehen diese Kopplung wird nicht nur der insgesamt zu zahlen- und beide Marktseiten zusammenfassend als Marktgegen- de Preis für Tickets erhöht, sondern es fällt auch im Falle seite zu betrachten. Bei Plattformen, die Transaktionen einer erfolglosen Ticketbeantragung die Mitgliedschafts- ermöglichen und eine Buchungs- oder Kaufmöglichkeit gebühr an. Das Verfahren betrifft gleichzeitig kommen- über die Plattform anbieten, ist jedoch in einigen Fällen de Spiele im Rahmen der WM 2018 der FIFA sowie des die Abgrenzung zu einer Handelstätigkeit insbesondere in Confederation Cup 2017 (siehe Pressemitteilung vom 22. der Eigenschaft eines Handelsvertreters erforderlich. Die März 2016). Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Einordnung der Plattformtätigkeit als Handelsvertreter steht einer einheitlichen Marktabgrenzung entgegen, da in VI. Medien- und Werbewirtschaft dem Fall die Marktseiten der Plattform nach dem Gedan- ken des Artikel 1 Abs. 1 Buchst. h der Vertikal-GVO in ei- 1. Zeitungen und Zeitschriften ner Vertikalkette stehen und getrennte Marktstufen bilden. Dabei ist aus Sicht des Bundeskartellamtes die rechtliche a) Allgemeiner Überblick und und funktionale Beteiligung der Plattform an der Transak- wettbewerbliche Situation tion und die Qualifizierung der Tätigkeit als Verkaufstätig- Der schon in den letzten Jahren zu beobachtende Struk- keit für die Anbieter des Transaktionsguts Ausgangspunkt turwandel im Pressebereich dauert an. Der Trend, dass die der Prüfung. Maßgeblich für diese Einordnung sind die Auflagen überregionaler, regionaler und lokaler Tages- jeweiligen Umstände des Einzelfalls. Eine Handelsvertre- zeitungen rückläufig sind, setzte sich auch im Berichts- terfunktion ist danach jedenfalls dann anzunehmen, wenn zeitraum fort. Dementsprechend hoch ist der Konsolidie- die Plattform rechtlich mit Vertretungsmacht oder als Ver- rungsdruck in der Branche. Im Berichtszeitraum hatte sich tragspartner für Rechnung des Anbieters den Buchungs- das Bundeskartellamt insbesondere mit einer Vielzahl von oder Kaufvertrag verbindlich schließt und daher eine Ver- Fusionen zu beschäftigen. triebsfunktion im Interesse der Anbieter übernimmt. Anders als im vorangegangenen Berichtszeitraum be- Diese Prüfung führte im vorliegenden Fall dazu, dass trafen Fusionsvorhaben zwischen Presseverlagen pri- getrennte Märkte für Ticketsystemdienstleistungen ge- mär Zeitungsmärkte (Lesermarkt- und Anzeigenmarkt), genüber Veranstaltern einerseits und Vorverkaufsstellen die bereits vor dem Zusammenschluss monopolistisch andererseits angenommen werden mussten. Auf beiden strukturiert waren. In einer Reihe von Fällen waren be- Märkten nimmt CTS Eventim im Hinblick auf den hohen nachbarte Märkte betroffen. Da die räumliche Nähe von Transaktionsanteil, der über das Ticketsystem des Unter- Zeitungsmärkten aufgrund der Rechtsprechung des Bun- nehmens abgewickelt wird, die indirekten Netzwerkeffek- desgerichtshofs (Beschluss vom 19. Juni 2012, Az. KVR te sowie dem ausgeprägten sog. „single-homing“ und dem 15/11 „Haller Tagblatt“) nicht länger ein Indiz für ein Zugang zu den Daten über den eigenen Online-Shop eine potenzielles Wettbewerbsverhältnis zwischen den Zusam- sehr starke Marktstellung ein. menschlussbeteiligten darstellt, stand dieser Umstand im Eine Verstärkungswirkung durch die weitere vertikale Rahmen der wettbewerbliche Analyse der Freigabe des Integration von FKP Scorpio hat das Bundeskartellamt Zusammenschlusses nicht entgegen. jedoch mit Blick auf die bestehende Minderheitsbeteili- In mehreren Fällen gab es Überschneidungen im Kern- gung sowie der nur sehr geringen Ticketmengen, die CTS verbreitungsgebiet, sodass es sich nach ständiger Praxis zuwachsen könnten, nicht angenommen. bei den Zusammenschlussbeteiligten um Wettbewerber handelte. Allerdings stand auch dieser Umstand der Frei- b) Missbrauchsaufsicht gabe nicht entgegen. In sämtlichen Fällen waren die Über- schneidungen historisch bedingt, d.h. sie entstanden durch Das Bundeskartellamt führt außerdem ein Missbrauchs- Jahrzehnte zurückliegende Kreisgebietsreformen infolge verfahren gegen CTS Eventim wegen der Ausgestaltung eines veränderten Zuschnitts von Landkreisen und waren der Vertragsbedingungen bei den Ticketsystemdienstleis- nicht Folge bzw. Ausdruck eines aktiven Wettbewerbsge- tungen gegenüber Veranstaltern und gegenüber den Vor- schehens. Den Fällen war darüber hinaus gemeinsam, dass verkaufsstellen. Dabei stehen insbesondere Exklusivitäts- die Zusammenschlussbeteiligten den weit überwiegen- vereinbarungen im Vordergrund. Das Verfahren ist noch den Teil (mehr als 90 Prozent) ihrer Leser außerhalb des nicht abgeschlossen. Überschneidungsgebietes hatten. Aus der relativ geringen wirtschaftlichen Bedeutung ergab sich, dass das betrof- fene Überschneidungsgebiet für die Gesamtstrategie und das Wettbewerbsverhalten im Verhältnis zueinander nicht Drucksache 18/12760 – 92 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode maßgeblich war. In einem Fall wurde zudem bereits zum keine wettbewerblichen Probleme auf. In keinem der Ver- Zeitpunkt der Anmeldung auch im Redaktionsbereich in breitungsgebiete der von den Zielgesellschaften herausge- erheblichem Umfang kooperiert. In seiner einzelfallbezo- gebenen Zeitungen kam es zu Überschneidungen mit den genen wettbewerblichen Analyse kam das Bundeskartell- Titeln der Erwerberin. amt jeweils zum Ergebnis, dass das Wettbewerbsgesche- hen zwischen den Zusammenschlussbeteiligten bereits Esslinger Zeitung aktuell sehr beschränkt bzw. kaum messbar war und eine weitere Dämpfung dieses Wettbewerbsgeschehens durch Die Stuttgarter Zeitung Verlagsgesellschaft, Teil der die Fusion nicht zu erwarten war. Südwestdeutschen Medienholding, erwarb die Esslinger Zeitung. Obwohl die Stuttgarter Zeitung mit mehreren Festzustellen ist ebenfalls das Bemühen der Zeitungs- tausend Exemplaren im Verbreitungsgebiet der Esslin- verlage, bei der überregionalen Anzeigenvermarktung zu ger Zeitung erscheint, kam das Bundeskartellamt zu dem kooperieren. In den Berichtszeitraum fallen die Gründung Ergebnis, dass die Zeitungen in keinem aktuellen Wett- von Score Media und Media Impact und die Erweiterung bewerbsverhältnis stehen. Nach den Feststellungen des einer bereits bestehenden Kooperation regionaler Straßen- Amtes unterschied sich der Schwerpunkt der Lokalbe- verkaufszeitungen um Bild und BZ durch Zusammenar- richterstattung in beiden Zeitungen signifikant. Ein ak- beit mit Media Impact. tuelles Wettbewerbsverhältnis zwischen zwei regionalen Anders als im vorangegangenen Berichtszeitraum kam der Abo-Tageszeitungen setzt aber gerade eine vergleichbare im Zuge der 8. GWB-Novelle eingefügten Pressesanie- Lokalberichterstattung voraus. Das fehlende Wettbewerbs- rungsklausel des § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 keine Bedeutung verhältnis zwischen beiden Zeitungen zeigte sich zudem zu. Zu beobachten war zudem, dass große Verlagsgruppen in einer bedeutsamen Anzahl sog. Doppelleser, d.h. Le- Zeitungstitel außerhalb ihres Verbreitungsgebiets hinzuer- ser, welche beide Zeitungen abonniert haben. Dies war ein werben. Umstand, welcher aus Sicht des Bundeskartellamtes für den komplementären Charakter beider Zeitungen sprach. Die Zeitschriftenmärkte zeichnen sich weiterhin durch Da es auch keine Anzeichen für ein potenzielles Wettbe- wettbewerbliche Strukturen aus, die insbesondere auf- werbsverhältnis zwischen den Zeitungen gab, konnte das grund niedriger Marktzutrittsschranken und durch ein Vorhaben freigegeben werden. hohes Maß an Produktionsumstellungsflexibilität gekenn- zeichnet sind. Gleichzeitig sind die Zeitschriftenmärkte Mannheimer Morgen häufig oligopolistisch strukturiert und von vier großen Playern geprägt: Bertelsmann, Springer/Funke, Hubert Die Medien Union Ludwigshafen (MUL) meldete den Er- Burda Medien und Bauer. Dennoch ist in der Regel we- werb der Mehrheit der Anteile an der Dr. Haas Gruppe sentlicher Wettbewerb auf den Märkten feststellbar. (Dr. Haas) an. MUL gibt die linksrheinisch im Großraum Ludwigshafen und in der Pfalz erscheinende Tagezei- b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht tung Die Rheinpfalz heraus. Dr. Haas ist Herausgeber der rechtsrheinisch im Großraum Mannheim erscheinenden aa) Fusionen lokaler und regionaler Tageszeitung Mannheimer Morgen. Zu relevanten Über- Abo-Tageszeitungen schneidungen wäre es insbesondere im Mannheimer An- zeigenmarkt gekommen. Das Vorhaben änderte sich im Lübecker Nachrichten Verfahrensverlauf, sodass es mehrfach neu angemeldet Die Madsack-Gruppe hat im Berichtszeitraum ihre Mehr- wurde. Die Verhandlungen mit den Veräußerern scheiter- heitsbeteiligung an den Lübecker Nachrichten auf nun- ten schließlich, sodass MUL das Vorhaben endgültig auf- mehr 100 Prozent ausgebaut. Überschneidungen auf dem gab und die Anmeldung zurücknahm. Lesermarkt zwischen Erwerberin und Zielgesellschaft gab es im Landkreis Segeberg. Allerdings stellte dort bb) Fusion von Zeitschriftenverlagen eine dritte Zeitung, die Regionalausgabe des Hamburger Abendblatts der Funke-Gruppe, die größte Zeitung dar. Im Das Bundeskartellamt hat die Gründung des Gemein- Übrigen bestand nach den Feststellungen des Bundeskar- schaftsunternehmens Deutsche Medien-Manufaktur tellamtes bereits aktuell aufgrund bestehender Überkreuz- GmbH & Co. KG durch Gruner + Jahr und den Land- beteiligungen zwischen Erwerberin und Veräußerin kein wirtschaftsverlag Münster freigegeben. Die beteiligten relevanter Wettbewerb zwischen den beteiligten Unter- Verlage bündeln in dem Gemeinschaftsunternehmen nehmen, sodass das Vorhaben freigegeben werden konnte. sechs Zeitschriftentitel aus den Segmenten Wohnen, Food und Landleben. Es handelt sich dabei u.a. um den Titel „Landlust“ des Landwirtschaftsverlags sowie „Essen & sh:z Medien Trinken“ und „Living at home“ aus dem Haus Gruner + Die NOZ Mediengruppe, u.a. Herausgeberin der Neuen Jahr. Nach den Ermittlungen des Bundeskartellamtes war Osnabrücker Zeitung, hat die sh:z Medien-Gruppe er- nicht zu erwarten, dass der Zusammenschluss zu einer worben, welche Zeitungstitel in Schleswig-Holstein und erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs auf in Mecklenburg-Vorpommern herausgibt. Durch den Er- den betroffenen Leser- und Anzeigenmärkten führt (siehe werb rückt die NOZ Mediengruppe in den Kreis der zehn Pressemitteilung vom 14. Juni 2016 und Fallbericht vom größten Verlagsgruppen in Deutschland auf. Der Fall wies 4. Juli 2016, B7-75/16). Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 93 – Drucksache 18/12760 cc) Fusion beim Nationalvertrieb unternehmens, der Media Impact, freigegeben (siehe Pres- semitteilung und Beschluss vom 11. Juni 2015, B6-22/15). Axel Springer Vertriebsservice Beide Unternehmen bieten auf nationaler Ebene reichwei- Im Bereich des Nationalvertriebs von Presseprodukten hat tenstarke Anzeigen an. Springer ist auf diesem Markt mit das Bundeskartellamt die Übernahme der Axel Springer der Bild und der Bild am Sonntag tätig. Die Funke Me- Vertriebsservice (ASVS) durch Gruner + Jahr (Bertels- diengruppe kann in Kooperation mit anderen Zeitungs- mann) und den Erwerb des Auslandsvertriebs von Gruner verlagen, z.B. über Medienhaus Deutschland oder NBRZ + Jahr durch die IPS Pressevertrieb (IPS) freigegeben. Un- (Nielsen-Ballungsraum-Zeitungen), ebenfalls eine natio- ter dem Begriff des Nationalvertriebs werden verschiede- nale Abdeckung mit großer Reichweite anbieten. Das Vor- ne Vertriebsleistungen zusammengefasst, die spezialisier- haben war freizugeben, weil es über sog. Generalvertreter te Dienstleister für Zeitungs- und Zeitschriftenverlage im in allen Regionen Deutschlands Alternativen gibt, bundes- Einzelverkauf, d.h. im Absatz über den Einzelhandel und weite Anzeigenkampagnen in Tageszeitungen zu buchen. den Bahnhofsbuchhandel erbringen. Zu diesen Leistungen Außerdem zeigten die Ermittlungen, dass Zeitungen auf gehören insbesondere die Mengendisposition, die Organi- dem Anzeigenmarkt starkem Wettbewerbsdruck anderer sation von Versand und Logistik, die Abrechnung gegen- Mediengattungen wie z.B. der TV-Werbung ausgesetzt über Presse-Grossisten und Bahnhofsbuchhändlern, die sind. Platzierung der betreuten Objekte im Einzelhandel und Absatzanalysen sowie die Marktbeobachtung. Nach dem Boulevard National/Media Impact Ergebnis der Ermittlungen fragen Verlage typischerweise einheitlich Vertriebsleistungen für das In- und Ausland Die Kooperation mehrerer regionaler Straßenverkaufszei- nach. Die Frage, ob es vor diesem Hintergrund gerecht- tungen mit Media Impact (vgl. oben Funke/Springer/Me- fertigt ist, einen den In- und Auslandsvertrieb umfassen- dia Impact) führt nicht zu einer Wettbewerbsbeschränkung den Markt anzunehmen, konnte letztlich offengelassen und ist deshalb vom Bundeskartellamt nicht beanstandet werden. Räumlich ist der Markt auf das Inland begrenzt, worden. Unter der Bezeichnung „Boulevard National“ weil Verlage im Wesentlichen inländische Dienstleister arbeiten seit mehreren Jahren Herausgeber von Straßen- beauftragen. Der Marktanteil von Gruner + Jahr, bislang verkaufszeitungen bei der Anzeigenvermarktung zusam- bereits über die DPV Deutsche Pressevertrieb (DPV) im men. Sie bieten Anzeigenkunden eine überregionale Bele- Nationalvertrieb tätig, hätte lediglich im Segment des gungseinheit an, bei der Anzeigen in allen teilnehmenden Auslandsvertriebs nach dem Erwerb von ASVS deutlich Zeitungen gleichzeitig geschaltet werden. Aufgrund der über der Marktbeherrschungsvermutung gelegen. Inso- Zusammenarbeit mit Media Impact kann der Werbeauf- fern war aber zu berücksichtigen, dass wesentliche Teile trag darüber hinaus auch auf Bild und BZ erstreckt wer- des Auslandsvertriebs der DPV parallel an die IPS veräu- den. Die bislang in Boulevard National kooperierenden ßert wurden, so dass es im Ergebnis zu keiner wesentli- Zeitungen (TZ, Morgenpost Sachsen, Express, Berliner chen Stärkung des Auslandsgeschäfts von DPV kam. Die Kurier, Hamburger Morgenpost; die Abendzeitung be- durch den zweiten Erwerb eintretende Verstärkung der teiligt sich nicht an der Kooperation mit Media Impact) Stellung der IPS im vom Volumen her begrenzten Aus- beschränken sich auf bestimmte Regionen, in denen wie- landsvertrieb ließ ebenfalls keine erhebliche Behinderung derum Bild deutlich schwächer vertreten ist als im übrigen wesentlichen Wettbewerbs erwarten. Wettbewerber sind Bundesgebiet. Wegen dieses weitgehend komplementären größere verlagseigene Anbieter wie MZV, ein Gemein- Charakters der Kooperation liegt kein Verstoß gegen § 1 schaftsunternehmen der Funke Mediengruppe und Burda, bzw. Artikel 101 AEUV vor. und die VU Verlagsunion der Bauer Media Group sowie unabhängige Anbieter wie die stella distribution. Auf eine Score Media Kundenschutzvereinbarung, die es der IPS weitgehend unmöglich gemacht hätte, im Inlandsvertrieb in Wettbe- 2016 wurde Score Media als nationale Vermarktungsal- werb zur DPV zu treten, haben die Beteiligten verzichtet. lianz von 25 Regionalzeitungen gegründet. Score Me- Soweit die Übernahmen von ASVS durch Gruner + Jahr dia knüpft an bestehende Kooperationen (Medienhaus auch den Bereich der Abonnementverwaltung betraf, la- Deutschland, NBRZ) an und soll diese ersetzen. Der Vor- gen die Untersagungsvoraussetzungen ebenfalls nicht vor. gang war nicht fusionskontrollpflichtig. Die Prüfung nach Nach dem Ergebnis der Ermittlungen bieten in diesem § 1 bzw. Artikel 101 AEUV dauert noch an. Bereich Medien- und Zeitschriftenhändler, die als Kern- geschäft Abonnements in ihren Bestand übernehmen und auf eigene Rechnung vertreiben, zunehmend auch die Ver- waltung von Verlagsabonnements an. ee) Kartellverfolgung – Anzeigenblätter Im Berichtszeitraum wurden Geldbußen in Höhe von ins- dd) Vermarktungskooperationen gesamt 12,44 Mio. Euro gegen drei Unternehmen – Her- ausgeber von Anzeigenblättern in der Region Dresden und Funke/Springer/Media Impact Chemnitz – und deren Verantwortliche wegen einer nach Nach umfangreicher Prüfung hat das Bundeskartellamt § 1 verbotenen Absprache über den Abkauf von Wettbe- die Vermarktungskooperation der Funke Medien Gruppe werb verhängt (siehe Pressemitteilung vom 8. Dezember mit Axel Springer durch Gründung eines Gemeinschafts- 2015). Nach den Feststellungen des Amtes hatten sich die Drucksache 18/12760 – 94 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Unternehmen darüber verständigt, dass das in der Region 3. Fernsehen, Video On Demand Chemnitz von der Dresdner Druck & Verlagshaus GmbH & Co. KG und der WM Beteiligungs- und Verwaltungs- a) Allgemeiner Überblick und GmbH & Co. KG herausgegebene Anzeigenblatt Wochen- wettbewerbliche Situation Spiegel Sachsen, welches im Wettbewerb mit dem Anzei- Die Entwicklung audiovisueller Angebote war auch in genblatt Blick der Chemnitzer Verlag und Druck GmbH diesem Berichtszeitraum wieder von der fortschreitenden & Co. KG stand, eingestellt wird. Im Gegenzug sagte Digitalisierung und dem stetigen Vordringen des Internets die Chemnitzer Verlag und Druck GmbH & Co. KG zu, geprägt. Das klassische gebühren- und werbefinanzierte ihr in Dresden erscheinendes Anzeigenblatt Sächsischer Fernsehen stagniert seit einigen Jahren auf – allerdings – Bote zugunsten der dort erscheinenden Anzeigenblätter hohem Niveau. Der Bereich audiovisueller Bezahlangebo- von WM Beteiligungs- und Verwaltungs-GmbH & Co. te wächst hingegen sehr dynamisch. Das Wachstum wird KG (Wochenkurier) und Dresdner Druck & Verlagshaus maßgeblich von ausschließlich über das Internet vertrie- GmbH & Co. KG (DaWo und FreitagsSZ) einzustellen. benen Abrufangeboten (Video on Demand) getrieben. Der Sämtliche Bußgeldbescheide sind bestandskräftig. Markteintritt von Netflix im zweiten Halbjahr 2014 (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 92) und das Abrufangebot 2. Presse-Grosso von Amazon Prime haben wesentlich zu dieser Dynamik beigetragen. Mit den technischen Möglichkeiten und den Mit der 8. GWB-Novelle war 2013 eine gesetzliche Rege- darauf beruhenden neuen Bezahlangeboten wandelt sich lung eingeführt worden, mit der das gegenwärtige Pres- das Konsumverhalten insbesondere jüngerer Verbraucher. se-Grosso-System gesetzlich festgeschrieben und mittels Es lässt sich beobachten, dass mit den neuen Angeboten einer Betrauungsregel zugunsten von Verlagen und Gros- auch die Zahlungsbereitschaft für exklusive audiovisuelle sisten der Prüfung nach dem europäischen Wettbewerbs- Bezahlinhalte zugenommen hat. Während Marktzutritte recht entzogen wurde (§ 30 Abs. 2a). Mit der Regelung in der Vergangenheit an dem teuren Zugang zu exklusi- hat sich das Oberlandesgericht Düsseldorf kurz nach de- ven Premium-Inhalten und der für die Refinanzierung des ren Inkrafttreten im Rahmen eines vom Bauer Verlag an- Rechteerwerbs erforderlichen Mindestreichweite scheiter- gestrengten Kartellzivilverfahrens beschäftigt. Das Ober- ten, beruht das dynamische Wachstum von Anbietern wie landesgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Befugnis Netflix in erster Linie auf selbst produzierten fiktionalen des Grosso-Verbandes, für seine Mitglieder einheitliche Serien. Das Wachstum reiner Internetanbieter dürfte aller- Vertragskonditionen mit den Verlagen zu verhandeln und dings auch weiterhin von selbst produzierten Inhalten ab- zu vereinbaren (sog. zentrales Verhandlungsmandat), ge- hängen. Das Internet ist von seiner technischen Reichwei- gen Artikel 101 Absatz 1 AEUV verstoße. Nach erfolg- te, der Übertragungsqualität und der Akzeptanz bei den reicher Nichtzulassungsbeschwerde des Grosso-Verbands Verbrauchern den klassischen Verbreitungswegen Kabel hat nunmehr der Bundesgerichtshof im Berichtszeitraum und Satellit trotzt vieler Vorteile noch nicht ebenbürtig, entschieden, dass § 30 Abs. 2a mit Artikel 106 Abs. 2 sodass sich reine Internetangebote, die ohne die Reichwei- AEUV vereinbar ist. Das Presse-Grosso ist danach eine te der klassischen Verbreitungswege auskommen müssen, Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interes- gegenüber den fest etablierten Pay-TV-Plattformen auf se im Sinne des Unionsrechts. Der Gesetzgeber hat nach absehbare Zeit schwer tun werden, den teuren und nicht Auffassung des Bundesgerichtshofs die Presseverlage und ohne weiteres durch Eigenproduktion ersetzbaren Erwerb Presse-Grossisten sowie ihre Vereinigungen damit be- klassischer Premium-Inhalte (insbes. Premium-Sport und traut, den flächendeckenden und diskriminierungsfreien aktuelle Kinofilme) zu refinanzieren. In diesem Bereich Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften im stationären klassischer Premium-Inhalte lässt sich bei den Internetan- Einzelhandel sicherzustellen und damit unabhängig von geboten eine vergleichbare Entwicklung wie in dem Be- den Kosten jede Zeitungs- und Zeitschriftenverkaufsstelle reich (selbst produzierter) fiktionaler Serien nicht feststel- zu beliefern, die darum nachsucht (Urteil vom 6. Oktober len. Die von den Internetangeboten ausgehende Dynamik 2015, Aktenzeichen: KZR 17/14). Damit ist das zentrale hat allerdings auch das in Deutschland im internationalen Verhandlungsmandat für den Grosso-Verband mit der Fol- Vergleich noch entwicklungsfähige klassische Pay-TV ge einheitlicher Vertragskonditionen aller Grossisten, die beflügelt, das – wenn auch mit einer deutlich niedrige- dem Verband angehören, zulässig. Zu beobachten ist seit ren Rate – ebenfalls einem stetigen Wachstum unterliegt. einiger Zeit eine Tendenz zur Vergrößerung der Allein- Das klassische Pay-TV wird nach wie vor von Sky domi- Vertriebsgebiete durch Zusammenschlüsse benachbarter niert. Sky ist der einzige Anbieter von Premium-Inhalten Grossisten (siehe Fallbericht vom 25. Februar 2015, B6- in Deutschland und bezogen auf die Abonnentenerlöse 21/15). Das Bundeskartellamt hat bislang solche Fusionen zehnmal größer als der nächste Anbieter einfacher nicht- nicht untersagt. Welche wettbewerblichen Auswirkungen exklusiver Pay-TV-Basisangebote. weitere Zusammenschlüsse und die damit verbundene Reduzierung der Anzahl der Marktteilnehmer im Grosso- System haben werden, muss im konkreten Einzelfall ent- b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht schieden werden. aa) Zentralvermarktung der Bundesligarechte Ein Schwerpunkt der Wettbewerbsaufsicht lag im Be- richtszeitraum bei der Zentralvermarktung der natio- nalen Medienrechte an Spielen der Bundesliga und der Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 95 – Drucksache 18/12760

2. Bundesliga ab der Saison 2017/18 (siehe Pressemittei- dem nachgelagerten Markt nicht mehr angenommen lung vom 11. April 2016 und Fallbericht vom 22. Februar werden können. 2017, B6-32/15). Es handelt sich bei diesen Rechten um überaus wertvolle Medieninhalte. Die Deutsche Fußball Nach Mitteilung der nach vorläufiger Beurteilung beste- Liga (DFL) erlöste aus der Rechtevergabe für die vier- henden Bedenken, änderte die DFL ihr Vermarktungs- jährige Lizenzperiode eine Rekordsumme von insgesamt modell und bot dem Bundeskartellamt entsprechende 4,64 Mrd. Euro. Verpflichtungszusagen an. Das geänderte Vermarktungs- modell sah die erstmalige Einführung eines Alleiner- Das Bundeskartellamt prüfte auf Initiative der DFL, ob und werbsverbotes vor. Danach war ein hinreichend substan- unter welchen Voraussetzungen das von ihr auf Grundla- zieller Teil der Live-Rechte an den Spielen der Bundesliga ge der Zentralvermarktung geplante Vermarktungsmodell an einen zweiten Bieter zu vergeben. Jedes der Rechte- vom deutschen und europäischen Kartellverbot freige- pakete, die von dem Alleinerwerbsverbot umfasst waren, stellt werden kann. Ziel der DFL war es dabei, möglichen ermöglichte dem Erwerber neben dem davon umfassten Bedenken des Bundeskartellamtes durch angemessene Live-Recht unmittelbar nach Abpfiff eine umfassende Verpflichtungszusagen gemäß § 32b auszuräumen. Highlight-Berichterstattung über alle Spiele eines Spiel- tages und damit eine das Ligageschehen insgesamt abbil- Nach vorläufiger Beurteilung durch das Bundeskartell- dende Sendestrecke. Das Bundeskartellamt erklärte die amt beschränkt die Vereinbarung der Zentralvermark- Verpflichtungszusagen der DFL durch Zusagenentschei- tung und des darauf beruhenden Vermarktungsmodells dung vom 11. April 2016 für bindend und stellte damit mit grundsätzlich den Wettbewerb auf den davon betroffenen Wirkung für die von den Zusagen abgedeckte Rechteperi- Märkten. Dabei handelte es sich zum einen um den Markt ode das gegen die Zentralvermarktung gerichtete Verwal- für nationale Medienrechte an ganzjährig ausgetragenen tungsverfahren ein. Fußballwettbewerben, an denen Vereine der Bundesliga und der 2. Bundesliga teilnehmen, sowie um den nach- Gegen die Zusagenentscheidung hat die beigeladene Sky gelagerten Markt für Pay-TV, der möglicherweise weiter Beschwerde zum Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt. in einen Markt für Bezahl-Video-Angebote für die Live- Ein Verhandlungstermin stand zum Redaktionsschluss Übertragung von Premium-Sportereignissen oder für die noch nicht fest. Davon unberührt führte die DFL die Aus- Live-Übertragung von Fußball-Bundesligaspielen zu un- schreibung gemäß ihrer Zusagen durch und vergab dabei terteilen gewesen wäre. weitgehend alle Live-Rechte an den Spielen der Bundes- liga und der 2. Bundesliga an Sky. Ausgenommen hiervon Die exklusive Zentralvermarktung der Bundesligarechte war – entsprechend dem Alleinerwerbsverbot – ein Paket, von Seiten der DFL durch einen institutionalisierten ge- dass die Live-Rechte an den Spielen der Bundesliga am meinsamen Vertrieb der Rechte mit gemeinsamer Preis- Freitagabend umfasste und dass die DFL an einen zweiten festlegung und Innenausgleich stellt nach der vorläufigen Bieter, Discovery (Eurosport), vergab. Beurteilung des Bundeskartellamtes keine bezweckte ho- rizontale Kernbeschränkung dar, da auch bei Einzelver- marktung ein Mindestmaß an Koordinierung und Aggre- bb) Kartellverfolgung – Betrieb von gation für die Gestaltung von Vereins- und Ligaprodukten Fernsehstudios wahrscheinlich erforderlich wäre. Als wettbewerbsbe- Das Bundeskartellamt hat im Sommer 2016 gegen die schränkend sah das Bundeskartellamt jedoch die Exklu- Studio Berlin Adlershof GmbH (SBA), ihre Schwesterge- sivität der Zentralvermarktung von ligabezogenen Pro- sellschaft Studio Berlin Broadcast GmbH (beide zusam- dukten gegenüber vereinsbezogenen Produkten an sowie men „Studio Berlin“) sowie die in Grünwald bei München insbesondere die mit der entstehenden Marktmacht ver- ansässige Bavaria Studios & Production Services GmbH bundene Möglichkeit und den Anreiz zu einer Abschot- (Bavaria) Bußgelder in einer Höhe von insgesamt ca. 3,1 tung des nachgelagerten Pay-TV-Marktes. Dabei hob das Mio. Euro wegen der Beteiligung an einem kartellrecht- Bundeskartellamt in seiner Beurteilung insbesondere den lich unzulässigen Informationsaustausch verhängt. Die aktuellen und potenziellen Wettbewerb in den innovativen Ermittlungen des Bundeskartellamtes wurden ausgelöst Verbreitungswegen des Internets hervor, der durch die Ab- durch einen Kronzeugenantrag des ebenfalls tatbeteiligten schottungswirkung beschränkt worden wäre. Studiobetreibers MMC Studios Köln GmbH (MMC). Als wettbewerblich bedenklich sah das Bundeskartell- Zwischen den verantwortlichen Vertretern der Unterneh- amt insbesondere an, dass das ursprünglich von der men gab es im Zeitraum von September 2011 bis De- DFL geplante Vermarktungsmodell den alle Verbrei- zember 2014 regelmäßig Zusammenkünfte sowie weitere tungswege umfassenden exklusiven Alleinerwerb aller persönliche Kontakte. Konkret wurden zwischen Studio Live-Rechte an Spielen der Bundesliga und der 2. Bun- Berlin, Bavaria und MMC Informationen über Preise, desliga ermöglicht hätte. Eine Freistellung der durch die Angebotsinhalte, Besonderheiten des Angebotsverhal- Zentralvermarktung und das ursprünglich geplante Ver- tens und andere wettbewerblich sensible Parameter aus- marktungsmodell bewirkten Wettbewerbsbeschränkun- getauscht um den bestehenden Preiswettbewerb beim gen hätte nach vorläufiger Beurteilung des Bundeskar- Betrieb von Studios für TV- und Filmproduktionen einzu- tellamtes im Fall eines Alleinerwerbs aller Live-Rechte dämmen und die Erlössituation der beteiligten Unterneh- insbesondere mangels Unerlässlichkeit sowie wegen des men zu verbessern. möglichen Wettbewerbsausschlusses auf dem vor- und Drucksache 18/12760 – 96 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bei der Bußgeldfestsetzung wurde neben der Dauer und aktionsplattform eine einheitliche Marktabgrenzung, bei Schwere der Tat berücksichtigt, dass sämtliche Unterneh- der nicht zwischen den Plattformseiten unterschieden men während des Verfahrens umfassend mit dem Bundes- wird, in Betracht gezogen. In diesem Rahmen hat es kartellamt kooperiert haben. Ferner konnten mit Studio auch der bei allen Immobilienplattformen existierenden Berlin und Bavaria einvernehmliche Verfahrensabschlüsse unentgeltlichen Nutzerseite Marktqualität beigemessen. (sog. Settlements) erzielt werden, was sich für diese Fir- Schließlich hat das Bundeskartellamt hier eine mögliche men nochmals bußgeldmindernd ausgewirkt hat. In An- Tipping-Gefahr wegen der wechselseitigen positiven in- wendung der Bonusregelung des Bundeskartellamtes wur- direkten Netzwerkeffekte zugunsten des Marktführers Im- de gegen das Unternehmen MMC kein Bußgeld verhängt. mobilien Scout24 geprüft und bejaht. Dabei hat sich das Bundeskartellamt insbesondere mit dem Nutzerverhalten Die verhängten Geldbußen sind inzwischen rechtskräftig der Nachfrager – dem sog. Single- oder Multi-Homing geworden (siehe Pressemitteilung vom 27. Juli 2016 und – beschäftigt. Der Zusammenschluss konnte hier markt- Fallbericht vom 12. September 2016, B12-23/15). strukturelle Voraussetzungen für ein Multi-Homing, das einem Tipping entgegenwirken würde, verbessern. Da VII. Internetwirtschaft auch koordinierte Effekte durch den Zusammenschluss wegen verbleibender Asymmetrien bei den Zusammen- 1. Allgemeiner Überblick und schlussbeteiligten nicht zu erwarten waren, hat das Bun- wettbewerbliche Situation deskartellamt den Zusammenschluss freigegeben (siehe Vor dem Hintergrund der großen Bedeutung der Internet- Pressemitteilung vom 21. April 2015 und Fallbericht vom wirtschaft und der gravierenden Veränderungen, die für 25. Juni 2015, B6-39/15). viele Wirtschaftsbereiche mit der zunehmenden Digita- lisierung einhergehen, hat das Bundeskartellamt diesem bb) Vergleichsplattformen Bereich im Berichtszeitraum erneut verstärkt Ressourcen gewidmet. Anfang 2015 ist bei der zuständigen Beschluss- Im Bereich der Online-Vergleichsplattformen hat das Bun- abteilung ein Think Tank „Internetplattformen“ einge- deskartellamt den Erwerb der alleinigen Kontrolle über richtet worden, der über die Bearbeitung von zahlreichen die Verivox GmbH durch die ProSiebenSat.1 Media AG Verfahren hinaus, wichtige Grundsatzarbeit leisten konnte freigegeben (siehe Pressemitteilung vom 3. Juni 2015 und (siehe im Einzelnen dazu und zu Anpassungen des GWB Fallbericht vom 5. August 2015, B8-76/15). Wie bei den zur Internetökonomie S. 11 und 18f.) Immobilienplattformen hat das Bundeskartellamt auf das Prüfkonzept zur Marktmacht von Plattformen zurückge- griffen. Verivox ist das führende Online-Vergleichsportal 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht für die Vermittlung von Strom- und Gasverträgen für End- Das Bundeskartellamt hatte im Berichtszeitraum eine verbraucher in Deutschland. Die Kerntätigkeit besteht da- Vielzahl von Fällen aus dem Bereich der Internetwirt- rin, Anbieter und Nachfrager zusammenzubringen und ei- schaft zu bearbeiten. Ein großer Teil der Fälle betraf Platt- nen Vergleich der angebotenen Produkte zu ermöglichen. formen oder Netzwerke, bei denen das vom Bundeskar- Auf Wunsch des Nachfragers kann Verivox direkt den tellamt entwickelte Prüfkonzept zur Marktmacht in seinen Vertragsschluss für ein konkretes Produkt einleiten. Der grundlegenden Punkten bereits angewendet wurde. eigentliche Vertragsschluss findet unmittelbar zwischen Anbieter und Nachfrager statt. Der Umsatz der Plattform ist transaktionsabhängig und wird ausschließlich durch a) Fusionskontrolle die von den Anbietern zu zahlenden Vermittlungsprovi- aa) Immobilienplattformen sionen erzielt. Ungeachtet der führenden Stellung von Verivox bei der Vermittlung von Strom- und Gasverträgen Für die Fusionsprüfung bei Internetplattformen grundle- war durch das Vorhaben keine erhebliche Behinderung gend war der Erwerb der Immowelt AG, Betreiberin der wirksamen Wettbewerbs zu erwarten. Einziger nennens- Immobilienplattform www.immowelt.de, durch die Axel wert großer Anbieter in diesem Segment neben Verivox ist Springer SE, die über die Tochtergesellschaft Immonet Check24. Auch in diesem Fall hat das Bundeskartellamt GmbH ebenfalls eine Immobilienplattform (www.immo- eine einheitliche Marktabgrenzung für möglich gehalten net.de) betreibt. Beide Plattformen gehören neben dem und nicht jede Marktseite gesondert betrachtet. Eine mög- Marktführer Immobilien Scout24 zu den bekanntesten liche Gefahr für den Wettbewerb liegt vor allem im sog. Immobilienplattformen in Deutschland. Die Tätigkeit ei- Tipping des Marktes im Hinblick auf die bei Vergleichs- ner Online-Immobilienplattform besteht im Kern in der plattformen auftretenden wechselseitigen positiven indi- Vermittlung von Immobilien zwischen Immobilienanbie- rekten Netzwerkeffekte. Da Check24 bei spartengenauer tern (private oder gewerbliche Anbieter, häufig auch ver- Betrachtung (Strom, Gas, Versicherungen, DSL, Handy & treten durch gewerbliche Immobilienmakler) und Immo- Tarife sowie Konto & Kredit) in den meisten Bereichen biliennachfragern (private oder gewerbliche Nachfrager, sowie auch auf einem hypothetischen Gesamtmarkt im teilweise auch vertreten durch gewerbliche Immobilien- Vergleich zu Verivox eine stärkere Marktstellung hat, war makler). Die Transaktion über die konkrete Immobilie fin- ein Tipping zugunsten von Verivox nicht wahrscheinlich. det im Anschluss an eine erfolgreiche Vermittlung direkt Gegen ein Tipping sprach weiter, dass die Anbieter im zwischen Immobilienanbieter und Immobiliennachfrager Energiebereich ihre Angebote in der Regel auf mehrere statt. Das Bundeskartellamt hat in diesem Fall einer Trans- Online-Vergleichsplattformen schalten (sog. Multi-Ho- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 97 – Drucksache 18/12760 ming). Koordinierte Effekte waren durch den Zusammen- Elite Group GmbH bei Sendern der ProSiebenSat.1-Grup- schluss ebenso wenig zu erwarten. Bereits weitreichende pe deutlich verbessern könnten. Das Bundeskartellamt ge- Asymmetrien bei den Tätigkeitsschwerpunkten und der langte aber zu der Einschätzung, dass das Vorhaben keine Marktstellung von Verivox und Check24 sprachen gegen erhebliche Wettbewerbsbehinderungen auf dem Markt für eine Kollusion. Online-Dating-Plattformen erwarten lasse, da auch nach dem Zusammenschluss konkurrierenden Dating-Plattfor- cc) Dating-Plattformen men hinreichende Werbemöglichkeiten bei anderen Fern- sehsendern sowie auf internetbasierten Werbekanälen of- Im Bereich der Online-Dating-Plattformen wurden im Be- fenstehen würden. Außerdem ist kaum zu erwarten, dass richtszeitraum insgesamt drei Zusammenschlussvorhaben Wettbewerbern der Zugang zu Werbeplätzen bei ProSie- geprüft. Die drei Vorhaben standen in einem sachlichen benSat.1 verwehrt werde. Zusammenhang. Von herausragender Bedeutung war da- bei der Erwerb der EliteMedianet GmbH, die in Deutsch- b) Vertikale Vereinbarungen, Boykott land die Online-Dating-Plattform www.elitepartner.de betreibt, durch den Investmentfonds OCPE, der im März aa) Digitale Hörbücher 2015 die Parship GmbH mit der Online-Dating-Plattform www.parship.de übernommen hatte. Den Erwerb der Par- Auf eine Beschwerde des Börsenvereins des Deutschen ship GmbH durch den Investmentfonds OCPE hat das Buchhandels hat das Bundeskartellamt im November Bundeskartellamt im Vorprüfverfahren freigeben, da die 2015 ein Verwaltungsverfahren gegen die Amazon-Toch- Erwerberin auf dem betroffenen Markt bislang nicht tätig tergesellschaft Audible.com und gegen die Apple Com- war. puter Inc. eingeleitet. Gegenstand des Verfahrens war eine Kooperation der beiden Unternehmen im Bereich Der anschließende Erwerb der EliteMedianet GmbH digitaler Hörbücher, bei der u.a. Exklusivvereinbarungen durch OCPE wurde dagegen im Hauptprüfverfahren un- geschlossen wurden. Audible ist ein führender Anbieter tersucht, da es durch das Vorhaben zu einem Zusammen- von Hörbüchern in Deutschland mit Schwerpunkt bei schluss von zwei der bekanntesten Dating-Plattformen in Hörbuch-Downloads, die sowohl über Audible.de als auch Deutschland als Parship Elite Group GmbH gekommen ist über die Amazon-Handelsplattform abrufbar sind. Darü- (siehe Pressemitteilung vom 22. Oktober 2015 und Fall- ber hinaus zählt Audible zu den größten Produzenten von bericht vom 31. März 2016, B6-57/15). Die durchgeführ- Hörbüchern in Deutschland und Europa. Apple betreibt ten Marktermittlungen haben ergeben, dass der sachlich mit dem iTunes-Store eine der größten digitalen Medien- betroffene Markt zumindest sog. Partnerbörsen und Sin- Handelsplattformen, die neben Musik, Videos und Apps glebörsen, nicht jedoch soziale Netzwerke umfasst. Das auch E-Books und Hörbücher für den Download anbietet. Bundeskartellamt hat dabei einen einheitlichen Markt für Dating-Plattformen zugrunde gelegt, ohne zwischen den Im Zentrum der Prüfung standen Vertragsklauseln über Plattformseiten zu trennen. Darüber hinaus hat es auch den exklusiven Bezug von digitalen Hörbüchern für den unentgeltliche bzw. werbefinanzierte Geschäftsmodelle in Download-Shop iTunes-Store durch Apple von Audible den Markt einbezogen. Das Vorhaben wurde im Oktober und über die Nichtbelieferung anderer digitaler Musik- 2015 vom Bundeskartellamt freigegeben, da die Ermitt- plattformen als iTunes durch Audible. Nach eigenen in- lungen ergeben haben, dass eine erhebliche Behinderung tensiven Ermittlungen und im Rahmen einer engen Ko- wirksamen Wettbewerbs nicht zu erwarten ist. Das Bun- operation mit der Europäischen Kommission konnte das deskartellamt ist zu der Einschätzung gelangt, dass das Bundeskartellamt dieses Verfahren ohne förmliche Ent- Vorhaben auf dem Markt für Online-Dating-Plattformen scheidung abschließen, nachdem die Unternehmen die be- nicht die Gefahr eines Markt-Tipping zugunsten der Zu- anstandeten Klauseln mit Wirkung ab Januar 2017 aufga- sammenschlussbeteiligten verbunden mit der Entstehung ben (siehe Pressemitteilung vom 19. Januar 2017). einer marktbeherrschenden Stellung aufweist, obwohl ausgeprägte wechselseitige positive indirekte Netzwerkef- bb) Online-Werbung fekte anzunehmen waren. Dabei hat sich das Bundeskar- tellamt mit der Bedeutung des Multi-Homing sowie des Unter Federführung des Zentralverbands der Deutschen damit eng zusammenhängenden hohen Differenzierungs- Werbewirtschaft (ZAW) sind verschiedene Verbände der grades auseinandergesetzt, der bei Dating-Plattformen Medien- und Werbewirtschaft an das Bundeskartellamt festzustellen war. Besondere Bedeutung kam auch der herangetreten, um Möglichkeiten für ein System zur Zu- hohen Innovationsintensität durch neue, sehr erfolgreiche rückdrängung von Werbung auf solchen Webseiten auszu- Smartphone-Anwendungen zu. loten, die nach dem Dafürhalten der Verbände illegal sind. Die Initiative ist einer ursprünglich aus den USA stam- Schließlich wurde im Oktober 2016 das Vorhaben der Pro- menden und später auch in Europa rezipierten „follow the SiebenSat.1 Commerce GmbH, 50,001 Prozent der Antei- money“-Idee zuzuordnen. Zahlungsdienstleister und Wer- le an der Parship Elite Group GmbH zu übernehmen, im betreibende, die bewusst oder unbewusst an der Finanzie- Vorprüfverfahren freigeben. Da ProSiebenSat.1 auf dem rung von urheberrechtsverletzenden Internetangeboten betroffenen Markt bislang nicht tätig war, waren horizonta- mitwirken, sollen nach diesem Ansatz daran gehindert le Auswirkungen des Vorhabens nicht zu erwarten. In ver- werden. Auf diese Weise soll diesen Internetangeboten die tikaler Hinsicht waren jedoch Auswirkungen nicht ausge- finanzielle Grundlage entzogen werden. Allerdings kann schlossen, da sich die Werbemöglichkeiten für die Parship ein solches System privater Unternehmen bzw. ihrer Ver- Drucksache 18/12760 – 98 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode bände je nach Ausgestaltung gegen das kartellrechtliche auch über den für jedermann ohnehin sichtbaren Verivox- Boykottverbot verstoßen. In informellen Gesprächen hat Tarifrechner abrufbar ist. Daher stellte das Bundeskartell- das Bundeskartellamt den Rahmen, in dem ein solcher amt die Ermittlungen gegen Verivox ein (siehe Pressemit- Ansatz kartellrechtskonform umgesetzt werden könnte, teilung vom 3. Juni 2016). aufgezeigt. Das Vorhaben ist bislang nicht weiterverfolgt worden. Hotelplattformen cc) Bestpreisklauseln Wichtige Fragen im Zusammenhang mit der kartellrecht- lichen Prüfung von Bestpreisklauseln stehen im Mittel- Bestpreisklausel Verivox punkt der Verfahren gegen die in Deutschland großen Ho- telportale Booking und HRS. Ausführungen dazu finden Das Bundekartellamt untersuchte zu Beginn des Jahres sich im Kapitel „Touristik und Gastgewerbe“, S. 128. 2015 die von Verivox für den Energiebereich angebote- nen Datenprodukte und Tarifoptimierungsleistungen. So- weit die Verträge von Verivox Klausen enthielten, wonach c) Missbrauchsverfahren vertragsgebundene Energieversorgungsunternehmen ver- aa) Google/VG Media pflichtet sind, Verivox grundsätzlich die günstigsten Tarife und Vertragskonditionen zur Verfügung zu stellen und zu In der Auseinandersetzung zwischen Google einerseits garantieren, dass das Online-Portal immer mindestens die sowie der Verwertungsgesellschaft Media (VG Media) gleich günstigsten Tarife erhält, die der Energieversorger und verschiedenen Presseverlagen andererseits um den auf anderen Online-Portalen und anderen Vertriebskanä- Umgang mit dem 2013 neu eingeführten Leistungsschutz- len (z.B. der eigenen Homepage) anbietet, warf dies kar- recht für Presseverleger (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, tellrechtliche Bedenken auf. Denn durch derartige „Best- S. 90) hat das Bundeskartellamt nach § 32c förmlich ent- preisklauseln“ kann Online-Portalen der wirtschaftliche schieden, dass kein Anlass zum Tätigwerden besteht und Anreiz genommen werden, den Energieversorgungsun- ein Verfahren diesbezüglich nicht eingeleitet wird (siehe ternehmen, die Verivox-Vertriebspartner sind, niedrigere Pressemitteilung vom 9. September 2015, Beschluss vom Vermittlungsprovisionen anzubieten, um im Gegenzug 8. September 2015 und Fallbericht vom 25. April 2016, die Möglichkeit zu erhalten, deren Strom- bzw. Gastarife B6-126/14). über ihr Portal zu günstigeren Preisen und Konditionen als Verivox anbieten zu können. Darüber hinaus kann die mit- Das Leistungsschutzrecht (§§ 87f bis 87h UrhG) war im tels Bestpreisklauseln hervorgerufene Beschränkung der Jahre 2013 eingeführt worden. Es handelt sich dabei um Handlungsfreiheit auch eine Beschränkung des Wettbe- ein neues Verbotsrecht zugunsten von Presseverlegern, werbs zwischen den Energieversorgungsunternehmen auf das diesen vorbehält, Presseerzeugnisse oder Teile davon den jeweiligen Endkundenmärkten bewirken. Das durch öffentlich zugänglich zu machen. Es richtet sich gegen die Bestpreisklausel gebundene Energieversorgungsun- gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen und Aggregato- ternehmen kann im Eigenvertrieb keine niedrigeren oder ren. Ausgenommen von dem Verbotsrecht sind „einzelne günstigeren Preise anbieten als über Verivox, wodurch Wörter oder kleinste Textausschnitte“ (sog. Snippets). Die der markeninterne Wettbewerb beeinträchtigt wird. Durch Reichweite dieser Ausnahme ist ungeklärt und streitig. Bestpreisklauseln ist der wichtige Wettbewerbsparameter Nach Einführung des Leistungsschutzrechts hatte eine Preis zwischen den unterschiedlichen Vertriebskanälen größere Zahl an Verlagen die VG Media mit der Verfol- vollständig ausgeschaltet. Da die Energieversorgungsun- gung ihrer Rechte beauftragt. Die VG Media hatte gegen ternehmen auch verpflichtet wurden, den über Verivox Google ein Verfahren vor der Schiedsstelle beim Deut- vermittelten Kunden sämtliche Zusatzleistungen, wie z.B. schen Patent- und Markenamt (DPMA) eingeleitet, wel- Boni, Preisgarantien, günstige Kündigungsfristen und ches die notwendige Voraussetzung für eine Klage vor den Laufzeiten usw. anzubieten, die sie ihren sonstigen Kun- Zivilgerichten darstellt. Google hatte daraufhin die von der den anbieten, wurde auch für weitere wettbewerbsrelevan- VG Media vertretenen Verlage aufgefordert, über bisheri- te Faktoren, die für Endkunden von Bedeutung sind, der ge Erklärungen hinaus einer unentgeltlichen Anzeige von Wettbewerb beschränkt. kurzen Textauszügen ihrer Online-Inhalte in den Diensten von Google zuzustimmen (Opt-In-Lösung). Soweit die Auf entsprechende Aufforderung des Bundeskartellamts Verlage nicht zustimmten, würden ihre Online-Inhalte in entfernte Verivox sämtliche Bestpreisklauseln aus ihren den Google-Suchergebnissen nur noch in verkürzter Form bestehenden und zukünftigen Verträgen. Im Übrigen be- (ohne Textauszug und Vorschaubild) dargestellt. Verschie- standen gegen die von Verivox angebotenen Tarifoptimie- dene Verlage erhoben daraufhin den Vorwurf, dieses Vor- rungsdienstleistungen keine kartellrechtlichen Bedenken. gehen verstoße gegen das kartellrechtliche Missbrauchs- Insbesondere konnte – entgegen den Beschwerden – kein verbot. Nach Auffassung des Bundeskartellamtes stellt es Outsourcing eines nach § 1 verbotenen Informationsaus- jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Missbrauch tausches festgestellt werden, der zu einer Beschränkung einer marktbeherrschenden Stellung dar. des Preiswettbewerbs zwischen den Energieversorgungs- unternehmen führt, die über Verivox Verträge anbieten. Die kartellrechtliche Einordnung warf die Frage auf, wie Die Ermittlungen ergaben, dass die Tarifoptimierungssoft- die Tätigkeit Googles für die Frage der Marktbeherr- ware von Verivox den Energieversorgungsunternehmen schung und der Missbrauchstatbestände konzeptionell lediglich erlaubt, auf die Datengrundlage zuzugreifen, die sachgerecht erfasst werden kann. Mit seiner Suchmaschi- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 99 – Drucksache 18/12760 ne ist Google als Plattform mehr als einer Gruppe von außerhalb von „Relevanz“ folgen. Dazu gehörte auch die Marktteilnehmern gegenüber tätig. betroffene Opt-In-Lösung von Google, da diese nicht dem Aussortieren irrelevanter Suchergebnissen diente, son- Dies gilt zunächst im Verhältnis zu Suchnutzern und Wer- dern dem Leistungsschutzrecht Rechnung tragen sollte. bekunden. Insoweit liegt eine sog. Aufmerksamkeitsplatt- Die hierfür von Google gewählte Opt-In-Lösung war je- form vor, bei der es sachgerecht ist, die einzelnen Platt- doch sachlich gerechtfertigt, da sie der Vermeidung von formseiten im Rahmen der Marktabgrenzung gesondert Schadenersatzansprüchen der Verlage bzw. der VG Media zu betrachten. Dass in der Beziehung Googles zu den angesichts der ungeklärten Reichweite der Ausnahme der Suchnutzern dabei kein Geld fließt, steht wegen der Ver- „einzelnen Wörter oder kleinsten Textausschnitte“ diente. knüpfung dieser Seite mit der entgeltlichen Plattformseite Von diesen Unternehmen drohten Schadenersatzansprü- der Werbekunden der Annahme eines Marktes nicht ent- che tatsächlich mit einer gesteigerten Wahrscheinlichkeit, gegen. da sie über die VG Media bereits das Schiedsstellenver- Ob auch im Hinblick auf Suchnutzer und Webseitenbetrei- fahren beim Deutschen Patent- und Markenamt ausgelöst ber eine Plattformkonstruktion gegeben ist, ist fraglich. hatten. Google war auch nicht verpflichtet, Inhalte der be- Denn alternativ ließe sich das Geschehen auf dieser Sei- teiligten Presseverlage in einem Umfang darzustellen, der te auch als Zugriff Googles auf ein (bislang) im Internet einen Eingriff in das Leistungsschutzrecht bedeutet hätte frei verfügbares Vorprodukt für das Angebot einer Such- und daher unter Umständen vergütungspflichtig gewesen maschine an Suchnutzer qualifizieren, sodass hier keine wäre. Ein entsprechender Kontrahierungszwang ist weder Plattformnutzung vorliegen würde, sondern ein faktischer aus dem Leistungsschutzrecht noch aus Kartellrecht her- Beschaffungsvorgang seitens Google. Das Bundeskartell- zuleiten. amt hat diese Frage offengelassen. bb) Soziale Netzwerke Das Bundeskartellamt hat auch die Frage der Marktbe- herrschung von Google im Ergebnis offengelassen. In der Das Bundeskartellamt hat im März 2016 ein Missbrauchs- notwendigen Gesamtbetrachtung aller Umstände ist aller- verfahren gegen die Facebook Inc., USA, sowie deren dings eine Marktbeherrschung Googles auf den denkbaren Tochterunternehmen Facebook Ireland Ltd. und Facebook Suchmaschinenmärkten sowie auf einem suchgebundenen Germany GmbH eingeleitet (siehe Pressemitteilung vom Online-Werbemarkt wahrscheinlich. Zu den wesentlichen 2. März 2016). Das Bundeskartellamt geht dabei dem Erwägungen und Faktoren gehört neben dem sehr hohen Verdacht nach, dass Facebook durch die Ausgestaltung Anteil Googles an den Nutzungsvorgängen auch etwa der seiner Vertragsbestimmungen zur Verwendung von Nut- Grad der Bindung der Nutzer an und durch Google, bei- zerdaten seine mögliche marktbeherrschende Stellung auf spielsweise durch einen möglichen Qualitätsvorteil. Ein dem Markt für soziale Netzwerke missbraucht. Denn es ist solcher Qualitätsvorteil kann auch davon beeinflusst sein, zweifelhaft, ob die Ausgestaltung der Nutzungsbedingun- dass Google insgesamt über einen umfangreichen Zugang gen für facebook.com unter dem Gesichtspunkt der Frei- zu Nutzerdaten verfügt. willigkeit und Transparenz der Datenerhebung, -verarbei- tung und -nutzung mit Datenschutzvorschriften sowie mit Das Verhalten Googles hat das Bundeskartellamt im Er- §§ 307 ff. BGB vereinbar sind. gebnis jedoch für mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht missbräuchlich gehalten. Dabei hat das Bundeskartellamt Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann grundsätzlich die Anwendung des Missbrauchsverbots die Verwendung unzulässiger AGB durch marktbeherr- jedenfalls in seiner Generalklausel im Verhältnis zwi- schende Unternehmen grundsätzlich einen Konditionen- schen Google und den Webseiten für möglich gehalten, missbrauch i.S.d. § 19 Abs. 1 darstellen. Dies gilt insbe- auch wenn diesem Verhältnis keine Leistungsbeziehung sondere dann, wenn die Vereinbarung der unwirksamen zugrunde liegt. Nach der für die Missbrauchsprüfung Klausel Ausfluss der Marktmacht oder einer großen maßgeblichen umfassenden Abwägung der Interessen der Machtüberlegenheit des Verwenders ist (Urteil vom 6. No- betroffenen Unternehmen unter Berücksichtigung der auf vember 2013, Aktenzeichen: KZR 61/11, „VBL-Gegen- die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des wert“, Rn. 68). Kartellrechts muss einem Suchmaschinenbetreiber wie Google aus kartellrechtlicher Sicht jedoch grundsätzlich Die Nutzungsbedingungen für facebook.com sehen vor, ein Spielraum bei der Auswahl, Reihung und Darstellung dass der Nutzer sich bei der erstmaligen Registrierung mit der Suchergebnisse zukommen, denn hier geht es gera- den Nutzungsbedingungen einverstanden erklärt. Ohne de um das Produkt und den Kern der unternehmerischen dieses Einverständnis ist eine Nutzung des Dienstes nicht Leistung. Zugleich gibt es eine Vielzahl an legitimen Mög- möglich. Die Nutzungsbestimmungen sehen eine umfang- lichkeiten in dem Versuch, möglichst vielen Nutzern mög- reiche Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung von lichst viele „gute“ Ergebnisse zu liefern, ein Konzept wie Facebook insbesondere zu kommerziellen Zwecken vor. „Relevanz“ praktisch auszufüllen. Rechtfertigungsbedürf- Durch das so genannte „Targeting“, dem zielgerichteten tig können demgegenüber Eingriffe in die Suchergebnisse Werben auf Grundlage von Nutzerdaten, hat Facebook in sein, die sich – wie im Fall des Verhaltens von Google ge- den letzten Jahren erhebliche Zuwächse auf den betroffe- genüber VG Media – nicht mehr aus einem Streben nach nen Online-Werbemärkten erzielen können. einem optimalen Produkt heraus erklären lassen, sondern Das Bundeskartellamt führt das Verfahren in enger Zu- Auslistungen von Websites aufgrund von Erwägungen sammenarbeit mit den zuständigen Datenschutzbeauf- Drucksache 18/12760 – 100 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode tragten und Verbraucherschutzverbänden sowie der Eu- lich ist, wird häufig auf staatliche Subventionierung zu- ropäischen Kommission und den Wettbewerbsbehörden rückgegriffen werden müssen. Aber auch Kooperationen der anderen Mitgliedstaaten. Die Prüfung ist noch nicht zwischen TK-Netzbetreibern können hier im Einzelfall in abgeschlossen. kartellrechtlich zulässiger Weise die Schließung „weißer Flecken“ bewirken und sollen durch den TK Review re- VIII. Telekommunikation, gulatorische Erleichterungen erfahren. Hinsichtlich des Rundfunkdienstleistungen und EDV Anwendungsbereichs des Rechtsrahmens beabsichtigt die Kommission, Online-Akteure, die Dienste über das 1. Telekommunikation offene Internet erbringen („Over-the-Top-Player“) und zu klassischen Telekommunikationsdiensten in einem a) Allgemeiner Überblick und Wettbewerbsverhältnis stehen, explizit einzubeziehen. wettbewerbliche Situation Das Bundeskartellamt unterstützt dieses Anliegen. Der Der Berichtszeitraum war von zunehmender Konvergenz telekommunikationsrechtliche Regulierungsrahmen darf zwischen Infrastrukturen sowie von der politischen Dis- nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen klassischen kussion um den Ausbau schneller Breitbandverbindungen Telekommunikationsdiensten und Over-the-Top-Playern geprägt. Für die Märkte kommt daher auch den jüngst führen, sondern sollte vielmehr ein Level-Playing-Field ergangenen Regulierungsentscheidungen der Bundes- für alle Marktteilnehmer gewährleisten. netzagentur zu Vectoring im Bereich der Kupfer-Teilneh- meranschlussleitung und zu Bitstrom große Bedeutung b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht zu. Auch die Breitbandkabelnetze, die in den vergange- aa) Fusionskontrolle nen zwei Jahren noch eine gewisse Konsolidierung unter kleinen Anbietern erfuhren, spielen eine große Rolle für Im Juli 2015 übernahm die Tele Columbus AG (Tele Co- schnelles Breitband. Hier verbleiben – abgesehen von lumbus) die primacom GmbH (primacom), zu diesem City Carriern – mit Vodafone/Kabel Deutschland, Unity- Zeitpunkt viertgrößter Kabelnetzbetreiber in Deutsch- media und Tele Columbus im Wesentlichen drei Anbieter land. Im November des gleichen Jahres übernahm das in Deutschland. Unternehmen auch den Kabelnetzbetreiber pepcom GmbH (pepcom) und erhöhte seine Kundenbasis auf 3,7 Im Mobilfunk setzte sich die Reihe der „4 auf 3“-Zusam- Mio. angeschlossene Haushalte. Tele Columbus ist nach menschlüsse in Europa fort. Die Fälle in Dänemark, im den Übernahmen weiterhin der drittgrößte deutsche Ka- Vereinigten Königreich und in Italien wurden von der Eu- belnetzbetreiber nach Vodafone/Kabel Deutschland und ropäischen Kommission strenger bewertet als die Fusio- Unitymedia. Beide Zusammenschlüsse bedurften nicht nen in anderen Mitgliedstaaten (u.a. Deutschland) in den der vorherigen Anmeldung und Prüfung durch das Bun- Vorjahren. Der deutsche Mobilfunkmarkt ist von der noch deskartellamt, weil weder Tele Columbus gemeinsam mit nicht abgeschlossenen Konsolidierung der Netze von O2 primacom noch Tele Columbus/primacom gemeinsam mit und E-Plus, von einem sehr schnell wachsenden mobilen pepcom weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Mio. Datenverkehr und von der zukünftigen Rolle der nicht Euro im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss netzgebundenen Mobilfunkanbieter wie 1&1 und Dril- erzielten. lisch geprägt. Letztere Unternehmen üben einen gewissen Wettbewerbsdruck aus, befinden sich aber in permanenter Die United Internet AG hat im Jahr 2015 ihre Beteiligung Abhängigkeit von den drei Netzbetreibern auf dem Vor- an der Drillisch AG weiter ausgebaut. United Internet be- leistungsmarkt. zieht zum einen standardisierte Vorleistungsprodukte, um Endkundendienste anbieten zu können (Marken gmx, web. Die Europäische Kommission hat am 14. September 2016 de, 1&1). Des Weiteren bietet das Unternehmen Domains, erste Richtlinien- und Verordnungsentwürfe für einen Homepages, Webhosting, Server und andere IT-Applika- künftigen europäischen Rechtsrahmen für den Telekom- tionen an. Seit dem Erwerb der Versatel GmbH im Jahre munikationssektor vorgestellt. Die Überarbeitung des 2014 (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 94) verfügt das Rechtsrahmens ist Teil der Strategie für einen digitalen Unternehmen auch über eigene Glasfasernetzinfrastruk- Binnenmarkt der Kommission. Einen zentralen Reform- turen. Die Drillisch AG ist ein nationaler Telekommuni- vorschlag bildet die Ergänzung der drei bisherigen Regu- kationsanbieter. Das Unternehmen ist über die operati- lierungsziele (Förderung des Wettbewerbs, des Binnen- ven Tochtergesellschaften Drillisch Telecom GmbH und marktes und der Interessen der Endnutzer) um ein viertes Yourfone GmbH überwiegend als Mobile Virtual Network Ziel, den Ausbau und die Nutzung von Netzen mit sehr Operator (MVNO) und teilweise auch noch als klassischer hoher Kapazität. Wichtig ist, dass das Wettbewerbsziel im Service Provider tätig. Rahmen der Regulierung gegenüber dem Ausbauziel nicht in den Hintergrund rückt. Die Erfahrung zeigt, dass Wett- Bis zu dem Zusammenschluss hat Drillisch Produkte und bewerb der beste Treiber für Innovationen und Investitio- Leistungen ausschließlich online vertrieben. Die Fusions- nen ist. Auch bei der digitalen Infrastruktur ist grundsätz- kontrollentscheidung der Europäischen Kommission im lich davon auszugehen, dass es bei einer entsprechenden Verfahren Telefónica/E-Plus (Entscheidung vom 2. Juli Nachfrage zu einem marktgetriebenen Ausbau kommt. 2014, Aktenzeichen: COMP/M.7018) ermöglicht Dril- In Gebieten, in denen beispielsweise aufgrund der dün- lisch, sich auch im stationären Vertrieb aufzustellen. Die nen Besiedelung ein wirtschaftlicher Ausbau nicht mög- Kommission hatte den Zusammenschluss u.a. nur unter Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 101 – Drucksache 18/12760 der Auflage freigegeben, dass Telefónica bis zu drei Wett- als auch regionaler Marktabgrenzung jeweils bei deutlich bewerbern kurzfristig den Markteintritt als MVNO ge- unter fünf Prozent. Beim bundesweiten Zugang von Pri- währt, indem sie Zugang zu ihrem Netz über festgelegte vat- und Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz Netzkapazitäten und Vertriebsstandorte ermöglicht. Dril- an festen Standorten führte der Zusammenschluss eben- lisch nimmt nun einen solchen Vertrag in Anspruch. Das falls zu einer geringfügigen Überschneidung. Gleiches Unternehmen übernimmt außerdem 300 Telefonshops von galt für den nationalen Breitbandanschlussmarkt. Auf dem Telefónica, über die die Marke „Yourfone“ vertrieben wer- Festnetzdurchleitungsmarkt sind insbesondere Deutsche den soll. Telekom, Vodafone, Telefónica, QSC und United Internet (über Versatel) tätig. Kabelnetzbetreiber haben Dritten Der Zusammenschluss konnte innerhalb der Monatsfrist bislang grundsätzlich keine Durchleitungsdienste angebo- freigegeben werden. Beide Unternehmen besitzen auf ten. Bei Mobilfunkendkundendienstleistungen erreichte dem Mobilfunkendkundenmarkt und anderen betroffenen United Internet unter Einbeziehung von Drillisch einen Märkten nur geringe Marktanteile und stehen im Wettbe- Anteil von weniger als fünf Prozent. Tele Columbus bietet werb zu den Mobilfunknetzbetreibern. überhaupt erst seit kurzer Zeit Mobilfunkprodukte an, so- Auch ein wettbewerbswidriger Informationsaustausch dass der Zusammenschluss auch insoweit nicht zu einem zwischen den Service Providern war durch die Transak- relevanten Anteilszuwachs führte. tion nicht zu erwarten. Die Beteiligten unterhalten bereits Deutsche Telekom und Orange S.A. (Orange) haben im seit vielen Jahren Service Provider-Geschäftsbeziehungen Februar 2015 mit der britischen BT Group (BT) eine zu jeweils zwei Netzbetreibern (Telefónica und Vodafone). Vereinbarung über den Verkauf ihres Joint-Ventures Eve- Durch die Fusion trat Telekom als dritter Netzbetreiber in rything Everywhere Limited (EE) geschlossen. Nach Voll- eine Geschäftsbeziehung mit 1&1 ein. Da die Parteien zug der Transaktion sollte die Deutsche Telekom über eine aber nur geringe Marktanteile erreichten und lediglich 100-prozentige Tochtergesellschaft einen Anteil von zwölf als Service Provider oder MVNO tätig sind, d.h. Vorleis- Prozent und Orange einen Anteil von rund vier Prozent tungsprodukte der betroffenen Netzbetreiber beziehen und an BT halten. Das Bundeskartellamt hat geprüft, ob die selbst nur begrenzten Einfluss auf Pricing-Aktionen ha- Minderheitsbeteiligung der Deutschen Telekom den Zu- ben, waren die wettbewerblichen Risiken begrenzt. In den sammenschlusstatbestand des wettbewerblich erheblichen letzten Jahren war auch kein Verstoß gegen kartellrechtli- Einflusses nach § 37 Abs. 1 Nr. 4 erfüllt. Fraglich war fer- che Vorschriften zu beobachten. ner, ob ein Verstoß gegen § 1, Artikel 101 AEUV vorliegt. Im März 2016 hat das Bundeskartellamt eine Aufstockung Nach intensiven Ermittlungen konnte das Bundeskartell- der Beteiligung von United Internet an Tele Columbus auf amt den Zusammenschlussbeteiligten mitteilen, dass das mehr als 25 Prozent im Vorprüfverfahren freigegeben. Tele Vorhaben nicht anmeldepflichtig ist. Die sog. Plusfaktoren Columbus fungiert als Holding für Kabel-Servicegesell- reichten nicht aus, um einen Zusammenschlusstatbestand schaften in Deutschland, die in Städten und Regionen ana- zu begründen. Aufgrund geringer Marktanteile der Betei- loges Kabelfernsehen, Digitalfernsehen, Internetzugang ligten auf internationalen Märkten verfolgte das Bundes- und Kabel-Telefonie über das Koaxialkabel anbieten. Das kartellamt die Prüfung nach § 1 nicht weiter. Vorhaben betraf von daher mehrere Telekommunikations- märkte. Auf dem bundesweiten Markt für Breitbandan- bb) Relevante Entscheidungen der schlüsse für private und geschäftliche Nutzer im Festnetz Europäischen Kommission im kam es zu geringfügigen Überschneidungen. Bedeutends- Berichtszeitraum te Wettbewerber sind Deutsche Telekom und Vodafone inklusive Kabel Deutschland. Die TV-Übertragungswege Im Gefolge der Freigabe des Zusammenschlusses Telefó- Breitbandkabel und IPTV ordnet das Bundeskartellamt in nica Deutschland/E-Plus durch die Europäischen Kom- ständiger Praxis demselben sachlichen Markt zu. Räum- mission am 2. Juli 2014 (Aktenzeichen: COMP/M.7018, lich wurde dieser Markt, was Mehrnutzerverträge betrifft, siehe auch Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 93) waren Kom- alternativ bundesweit und regional, und was Einzelnutzer mission und Bundeskartellamt im Berichtszeitraum mit betrifft, netzbezogen abgegrenzt. Im Jahr 2013 wurden der Umsetzung der Zusagen befasst. Die Europäische deutschlandweit ca. 38,2 Mio. Haushalte mit TV-Signalen Kommission konnte keinen Kandidaten für einen Zu- versorgt. Davon entfielen 46,3 Prozent (17,7 Mio. Haus- gang als Mobilfunknetzbetreiber finden („MNO reme- halte) auf die Versorgung über das Kabelnetz, während dy“). Nach Angaben aus dem Markt gestalteten sich die 4,9 Prozent (1,9 Mio. Haushalte) TV-Signale über IPTV Verhandlungen interessierter Dritter mit Telefónica über bezogen haben. Die verbleibenden Haushalte empfingen den Abschluss der MNO remedy langwierig und schwie- TV-Signale per Satellit oder terrestrisch. Tele Columbus rig. Ein Eintrittskandidat musste nach eigenen Angaben erreichte einschließlich primacom und pepcom einen bun- deshalb auf eine Beteiligung an der 2015 anstehenden desweiten Anteil von weniger als 15 Prozent. Bei einer re- Frequenzauktion der Bundesnetzagentur verzichten. Ein gionalen Betrachtung des jeweiligen Netzgebiets von Vo- MNO-Kandidat wäre auf zusätzliche Frequenzen aus der dafone/Kabel Deutschland und von Unitymedia käme Tele Frequenzversteigerung angewiesen gewesen. Columbus auf einen Anteil im Kabel Deutschland-Netz- Inzwischen hat der Service Provider Drillisch, der kein gebiet von weniger als 15 Prozent und im Unitymedia- eigenes Netz besitzt, die zweite Zusage in Anspruch ge- Netzgebiet auf weniger als zehn Prozent. United Internet nommen (Mobile Bitstream Access, „MBA MVNO re- vermarktet IPTV-Dienste und lag sowohl bei bundesweiter Drucksache 18/12760 – 102 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode medy“) und einen MBA MVNO-Vertrag mit Telefónica noch weniger zu kompensieren als in Deutschland. Die unterzeichnet. Drillisch wird in den folgenden fünf Jah- vorgeschlagenen Maßnahmen hätten das Risiko koordi- ren für Neukunden bis zu 30 Prozent der Netzkapazität nierter Effekte eher erhöht. von Telefónica abnehmen. Das Unternehmen übernimmt außerdem 300 Telefonshops von Telefónica, über die die Im italienischen Mobilfunkfall HUTCHISON 3G ITALY/ Marke „Yourfone“ vertrieben werden soll. Drillisch war WIND/JV nahm das Bundeskartellamt informell Stellung. schon bisher ein langjähriger Geschäftspartner von Tele- Anders als im deutschen Verfahren machte die Europäi- fónica und außerdem ein vergleichsweise kleiner Anbieter. sche Kommission eine Freigabe in diesem Verfahren von Fraglich ist, ob von Drillisch nachhaltige wettbewerbliche einer Zusage abhängig, vor Abschluss des Verfahrens ei- Impulse für den Mobilfunkmarkt in Deutschland ausge- nen neuen vierten Mobilfunknetzbetreiber zu finden und hen können. mit der erforderlichen Netzausstattung zu versehen. Nach einer Vereinbarung mit dem französischen Unterneh- Auch die als dritte Zusage auferlegte Implementierung der men Iliad gab die Europäische Kommission den Zusam- LTE-Dienstanbieterverpflichtung („Non-MNO remedy“) menschluss am 1. September 2016 frei (Aktenzeichen: gestaltet sich schwierig. Neben der Europäischen Kom- COMP/M.7758). mission erhielt auch das Bundeskartellamt Beschwerden eines deutschen und zweier ausländischer MVNOs beim cc) Missbrauchsaufsicht Markteintritt in Deutschland auf Basis des Non-MNO-Re- medy. Telefónica war zunächst nur bereit, einen LTE-Zu- Die United Internet AG („1&1“) hat im Juni 2015 eine gang zu seinem Netz an MVNO ohne eigenes Netz oder Beschwerde über das Verhalten der Telekom Deutschland an Service Provider zu gewähren, die im eigenen Namen GmbH (Telekom) beim Angebot von Breitbandanschlüs- und auf eigene Rechnung Telekommunikationsdienste an sen für Endkunden eingereicht. Telekom bot seit Ende Endkunden auf dem Telefónica-Netz erbringen. Ob sog. 2014 sog. Hybrid-Produkte an, bei denen ein bestehendes Full MVNO – mit partiellen eigenen Netzstrukturen – Produkt für den Internetzugang mit einer LTE-Mobilfunk- zugangsberechtigt sind, ist hinsichtlich des Wortlauts der komponente gebündelt wird. Der Kunde erhält zusätzlich Zusagenentscheidung streitig und mittlerweile auch Ge- zum DSL-Anschluss einen speziellen Hybrid-Router mit genstand von Klagen bei den Europäischen Gerichten. SIM-Karte für LTE. Die Daten werden zunächst über die DSL-Leitung, bei höherer Datenlast über das LTE- Ein deutscher MVNO hatte zudem nach eigenen Anga- Mobilfunknetz transportiert. Dadurch verdoppelt sich die ben mit E-Plus vor der Übernahme durch Telefónica einen Leistungsfähigkeit des Kundenanschlusses. Alternative MVNO-Vertrag geschlossen. Nach der Non-MNO-Re- DSL-Anbieter konnten dieses Produkt nicht bei Telekom medy muss Telefónica die bestehenden MVNO-Verträge erwerben. Das Unternehmen bot auch keinen Zugang zu bis Ende 2025 verlängern. Allerdings wurde die Verlänge- diesem Produkt an. rung an unterschiedliche Bedingungen geknüpft, für die es nach Ansicht des deutschen MVNOs keine Grundlage Das Bundeskartellamt prüfte, ob ein Behinderungsmiss- in den Verpflichtungszusagen gibt. Der deutsche MVNO brauch nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 vorliegt. Eindeutige An- hat gegen die Entscheidung der Europäischen Kommis- haltspunkte für einen Missbrauch konnten aber nicht fest- sion, mit der sie die Selbstverpflichtungserklärung für gestellt werden. Das Bundeskartellamt stand im engen rechtmäßig erklärte, Klage vor dem Europäischen Gericht Austausch mit der Bundesnetzagentur. Die Bundesnetz- erhoben. Außerdem ist streitig, inwieweit die technischen agentur hat die Beschwerde von United Internet im An- Voraussetzungen für den 4G-Zugang vorliegen. Die Ver- schluss nach den Vorschriften des TKG über Diensteanbie- handlungen zwischen Telefónica und dem deutschen terverpflichtungen, Missbrauch und Preis-Kosten-Schere MVNO sowie der Europäischen Kommission sind noch geprüft, konnte aber letztlich keinen Verstoß erkennen. nicht abgeschlossen. Zu einer Untersagung einer „4 auf 3“-Fusion im Mo- dd) Zusammenarbeit mit der bilfunk kam es im Mai 2016 im Fall HUTCHISON 3G Bundesnetzagentur UK Limited/Telefónica UK (Entscheidung der Europä- Im Berichtszeitraum hat das Bundeskartellamt im Rah- ischen Kommission vom 11. Mai 2016, Aktenzeichen: men seiner Einvernehmens- und Stellungnahme-Befug- COMP/M.7612). Im Sinne seiner Position im Fall Tele- nisse nach § 123 TKG wiederum eine Vielzahl von Markt- fónica Deutschland/E-Plus hat das Bundeskartellamt im analyse- und Zugangs-/Entgeltregulierungsverfahren der britischen Mobilfunkfall mehrfach zu den Zusagenvor- Bundesnetzagentur begleitet. schlägen Stellung genommen und seine Auffassung im Beratenden Ausschuss vorgetragen. Die von der Kom- Für die Analyse des Marktes für Anrufzustellung auf der mission festgestellten nachteiligen Auswirkungen auf den Vorleistungsebene in einzelnen Mobilfunknetzen hat das Wettbewerb wurden nach Ansicht des Bundeskartellamtes Bundeskartellamt sein Einvernehmen ebenso erteilt wie durch die vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen nicht be- für die Märkte für Teilnehmeranschlussleitungen und seitigt. Zwar ging das Zusagenpaket über das hinaus, was für Mietleitungen. Im Zusammenhang mit den weiterhin im deutschen Fusionsfall umgesetzt wurde. Der wettbe- der Regulierung unterworfenen Mietleitungen wurde die werbliche Schaden auf den britischen Mobilfunkmärkten grundsätzliche Bereitschaft der Bundesnetzagentur unter- war aber aufgrund der bestehenden Network-Sharing-Ver- stützt, die Regulierungsbedürftigkeit eines Marktes für die einbarungen von HUTCHISON und O2 durch Zusagen Bereitstellung des Zugangs zu unbeschalteten Glasfasern Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 103 – Drucksache 18/12760 zur Anbindung von Mobilfunkbasisstationen und Haupt- bewerbs auf Ebene der TAL es erforderlich mache, dass verteilern im ländlichen Raum zu prüfen. Wettbewerber der Telekom Zugang zu einem umfassenden virtuellen Ersatzprodukt (VULA) erhalten sollten. Auch Im April 2015 hat das Bundeskartellamt auch zur Markt- sollten sie in den Nahbereichen, die in ihren Kernnetzen definition und -analyse der Bundesnetzagentur im Bereich liegen und in denen sie im Vergleich zur Telekom deut- des Bitstromzugangs eine Stellungnahme abgegeben. lich umfangreichere Investitionen in den Breitbandausbau Das Bundeskartellamt hat sein Einvernehmen erteilt, ob- getätigt haben, einen Ausbauvorrang eingeräumt bekom- wohl die sektorspezifischen Marktdefinitionen, wie sie in men, wenn sie einen umfassenden Ausbau des Nahbe- der EU-Rahmenrichtlinie 2002/21/EU für elektronische reichs verbindlich zusagen. Die Bundesnetzagentur hat Kommunikationsnetze und -dienstleistungen, der Märkte- diesen Punkten in der Endentscheidung zu einem guten empfehlung der Europäischen Kommission (Commission Teil Rechnung getragen. Recommendation on relevant product and service mar- kets within the electronic communications sector suscep- Das Bundeskartellamt wurde regelmäßig von der Bundes- tible to ex ante regulation in accordance with Directive netzagentur über die Vorbereitung und Durchführung der 2002/21/EC vom 9. Oktober 2014) sowie der Explanatory Versteigerung von GSM-Frequenzen im Juni 2015 unter- Note der Europäischen Kommission zur Märkteempfeh- richtet. Die Frequenzen wurden von den drei Mobilfunk- lung (Dokument SWD(2014)298 vom 9. Oktober 2014) netzbetreibern Telefónica Deutschland, Deutsche Telekom vorgesehen sind, nicht der kartellrechtlichen Methodik der und Vodafone ersteigert. Von besonderer Bedeutung wa- Marktabgrenzung entsprechen. So bildet für die Bundes- ren dabei die für die flächendeckende mobile Sprach- netzagentur die wettbewerbliche Analyse der jeweiligen kommunikation und für breitbandige Internetanschlüsse Endkundenmärkte den Ausgangspunkt bei der Festlegung wichtigen Frequenzbereiche 900 und 1800 MHz sowie die der Vorleistungsmärkte. Bitstromzugang ermöglicht den bislang für terrestrisches Fernsehen genutzten 700 MHz. Wettbewerbern der Telekom Deutschland GmbH (Tele- kom) den Zugang zu deren Netz und die Vermarktung Anschließend startete die Bundesnetzagentur, wie bereits der Telekom-Breitbandanschlüsse in eigenem Namen. nach der Fusion von Telefónica Deutschland und E-Plus In sachlicher Hinsicht unterschied die Bundesnetzagen- angekündigt, eine Frequenzverteilungsuntersuchung für tur zwischen dem Layer 2- und Layer 3-Bitstromzugang. den Frequenzbereich 2 GHz und veröffentlichte dazu im Erstmalig hat die Bundesnetzagentur einen Vorleistungs- April 2016 Kernfragen sowie im Juli 2016 einen sog. markt subnational abgegrenzt. So wurden 20 Städte unter Frequenz-Kompass mit Blick auf die 2020 auslaufenden 2 der Bedingung, dass ein Layer 2-Bitstromzugangsprodukt GHz-UMTS-Frequenzen sowie die Bereitstellung weiterer im Markt erhältlich ist, dereguliert. Ansonsten wurde die Frequenzen (u.a. 3,5 GHz). Das Bundeskartellamt nahm Telekom weiterhin als Unternehmen mit beträchtlicher hierzu befürwortend schriftlich Stellung. Im Hinblick auf Marktmacht eingestuft, womit die Bundesnetzagentur die die mit 5G „Machine-to-Machine“-Kommunikation und Märkte für Layer 2- und Layer 3-Bitstrom als weiter regu- mit weiteren Neuerungen verbundene Herausforderungen lierungsbedürftig angesehen hat. sind wettbewerbliche Vergabeverfahren für offene Märk- te von wesentlicher Bedeutung. Zudem sind die Belange Im Rahmen der anschließenden Regulierungsverfahren potenzieller Neueinsteiger bei zukünftigen Auktionsbe- zum Zugang und zu den Entgelten sowie zur Festlegung dingungen ebenso zu berücksichtigen wie die Interessen der Standardangebote in den verschiedenen Vorleistungs- von Diensteanbietern und MVNOs. Gleichzeitig sind die märkten hat das Bundeskartellamt teilweise zu einzelnen Interessen aller Bieter an vertretbaren und nicht investiti- Punkten schriftlich Stellung genommen, oft aber auch onshemmenden Auktionsergebnissen zu berücksichtigen. von einer Stellungnahme abgesehen. In dem Verfahren der Zugangsregulierung der Teilnehmeranschlussleitung 2. Rundfunkdienstleistungen (TAL) hat das Bundeskartellamt ausführlicher zum Kon- sultationsentwurf Stellung genommen. Während bereits a) Allgemeiner Überblick und im vorherigen Berichtszeitraum das Vectoring außerhalb wettbewerbliche Situation des Nahbereichs genehmigt worden war (Tätigkeitsbe- richt 2013/14, S. 99 f.), lag der Verfahrensschwerpunkt Während sich das Nutzerverhalten im Fernsehbereich nunmehr auf dem Vectoring innerhalb der Nahbereiche spürbar in Richtung auf nichtlineare und internetbasier- um die Hauptverteiler. Vectoring ist eine Technik zur Er- te Angebote verändert, d.h. WebTV an Bedeutung ge- höhung der Datenübertragungsrate des Kupferkabels, wo- winnt, haben die klassischen Übertragungskanäle Kabel, bei dieser Effekt mit zunehmender Länge der TAL stark Satellit und Terrestrik im Berichtszeitraum zahlenmäßig nachlässt. Nach dem derzeitigen Stand der Technik ist wenig Veränderung erfahren. Im Bereich des terrestri- für Vectoring der Zugriff eines einzigen Unternehmens schen DVB-T-Fernsehens fiel die Entscheidung der Me- auf alle Kupfer-Doppeladern am Kabelverzweiger (KVz) dia Broadcast zum Übergang auf ein verschlüsseltes und notwendig. Den Nahbereichen kommt für den Netzaus- entgeltliches HD-Geschäftsmodell in Bezug auf private bau und damit auch für den Infrastrukturwettbewerb eine TV-Programme im Jahr 2017, was mittelfristig auch eine besondere Bedeutung zu, da sie typischerweise in den wettbewerbliche Auswirkung auf die anderen Übertra- dichter besiedelten Ortszentren liegen, was in der Regel gungswege haben könnte. Das neue Geschäftsmodell geringere Anschlusskosten pro Haushalt mit sich bringt. wurde auch vom Bundeskartellamt überprüft. Im Bereich Das Bundeskartellamt vertrat die Auffassung, dass der mit des privaten UKW-Hörfunks wurde zum 1. Januar 2016 dem Vectoring verbundene Verlust des Infrastrukturwett- der Markt für Sendedienstleistungen dem Wettbewerb ge- Drucksache 18/12760 – 104 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

öffnet. Hier wird nicht nur die Mitbenutzung der UKW- landesgerichte Stuttgart (Kabel Deutschland/Südwest- Antennen der Media Broadcast durch andere Sendedienst- rundfunk) und München (Kabel Deutschland/Bayerischer leister (Vorleistungsmarkt), sondern auch das Entgelt für Rundfunk) auf und verwies beide Verfahren an die Vorins- UKW-Übertragungsleistungen (Endnutzermarkt) von der tanzen zurück (Aktenzeichen: KZR 83/13 und KZR 3/14). Bundesnetzagentur reguliert (Tätigkeitsbericht 2013/14, Er wollte tatrichterlich aufklären lassen, ob die gemeinsa- S. 100). Das Bundeskartellamt befasste sich zudem mit me Kündigung des Einspeisevertrages durch die öffent- der Preisgestaltung der Deutsche Funkturm GmbH, dem lich-rechtlichen Sender auf der vom Bundesgerichtshof deutschlandweiten Betreiber der Sendetürme für privaten bejahten abgestimmten Verhaltensweise über die künfti- Hörfunk. ge Verweigerung der Zahlung von Einspeiseentgelten an Kabelnetzbetreiber beruhte und somit ebenfalls gegen § 1 b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht verstieß, sowie hilfsweise, ob sich aus der – aus § 19 beste- henden – Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Sender aa) Fusionskontrolle zur Verhandlung über ein angemessenes Einspeiseentgelt ein Wert der beiderseitigen Leistungen feststellen ließ. Im Das Bundeskartellamt hat im März 2016 die Übernah- Wesentlichen gleichlautend entschied der Bundesgerichts- me der Taunus Beteiligungs GmbH, Obergesellschaft der hof am 12. April 2016 in der Sache Kabel Deutschland/ Media-Broadcast-Gruppe (MB), durch die zur Freenet WDR und ARD (Aktenzeichen: KZR 31/14). Das Bun- AG (Freenet) gehörende mobilcom debitel GmbH im Vor- deskartellamt hatte sich in beiden Verfahren an der münd- prüfverfahren freigegeben. Was die Geschäftsaktivitäten lichen Verhandlung beteiligt. der beteiligten Unternehmen betrifft, führte der Zusam- menschluss nicht zu Überschneidungen. Den Geschäfts- schwerpunkt der Freenet-Gruppe bildet das Angebot von Analoge Kabelabschaltung Mobilfunk-Telekommunikationsdiensten (einschließlich Für per Satellit übertragene TV-Signale war 2012 ein fes- Vertrieb von Endgeräten) in Deutschland. In diesem Ge- tes Datum für die Abschaltung der Analogübertragung schäftsfeld bietet die Freenet-Gruppe als Service-Provider und den Umstieg auf die rein digitale Signalübertragung ohne eigene Netzinfrastruktur Privat- und Geschäftskun- durch die Marktteilnehmer vereinbart worden; dies stieß den Mobilfunkleistungen (Sprach-, SMS- und Datendiens- seinerzeit auf keine kartellrechtlichen Bedenken. Mitt- te) unter verschiedenen Marken und über verschiedene lerweile wird ein solches Umstiegsszenario auch für die Vertriebswege (online und Shops) an. Auf dem Mobilfun- TV-Kabelnetze diskutiert und von den Landesmedienan- kendkundenmarkt steht Freenet in Wettbewerb nicht nur stalten für 2018 befürwortet. In der Diskussion mit den zu den Netzbetreibern Deutsche Telekom, Vodafone und Landesmedienanstalten hat das Bundeskartellamt im Be- Telefónica (O2), sondern auch zu MVNOs und Service richtszeitraum entschieden, dass es eine terminlich abge- Providern. MB bietet gegenüber Fernsehsendern Dienst- stimmte Umstellung der Signalübertragung in den Kabel- leistungen zur terrestrischen Übertragung von digitalem netzen von analog auf digital nicht nach § 1 aufgreifen Fernsehen der ersten und künftig der zweiten Generati- würde. Zwar geht das Bundeskartellamt davon aus, dass on („DVB-T“ und „DVB-T2“) an. Bei der terrestrischen es sich beim analogen Signal um einen Wettbewerbspa- Übertragung von Fernsehsignalen ist MB der einzige rameter handelt. Auch dürfte die Koordinierung nicht bundesweite Anbieter. Zu MBs Kunden zählen Fernseh- unerlässlich i.S.d. § 2 sein, weil jeder Kabelnetzbetreiber sender, wie etwa die Landesrundfunkanstalten der ARD, technisch allein über die Abschaltung entscheidet. Aller- ZDF, ProSiebenSat.1 und RTL. Bei der Übertragung von dings erscheint der Umstieg im Regelfall technisch sinn- Fernsehsignalen insgesamt entfällt auf terrestrische Über- voll, da er Kapazitäten frei macht. Hinzu kommt, dass die tragung ein Anteil von weniger als 15 Prozent und MB Zahl von Analoghaushalten kontinuierlich abnimmt und ist einem Substitutionswettbewerb der Übertragungswege mit einer koordinierten Abschaltung der Prozess lediglich Kabel, Satellit und IPTV ausgesetzt. Daneben erbringt beschleunigt würde. Dabei dürfte der Umstieg erleichtert MB Einspeisedienstleistungen sowie die Übertragung von werden, wenn die Kommunikation in der Öffentlichkeit in Hörfunksignalen. Bezug auf die Abschaltung möglichst gezielt, zeitlich kon- zentriert und flächendeckend erfolgen kann. bb) Horizontale Wettbewerbsbeschränkungen Einspeiseentgelte DVB-T Im Gefolge des vom Bundeskartellamt Anfang 2012 ein- Das Bundeskartellamt hat den beabsichtigten Umbau der geleiteten, dann aber ruhend gestellten Verwaltungsver- Media Broadcast GmbH (MB) zu einer Programmplatt- fahren gegen die öffentlich-rechtlichen Programmanbieter form für digitales terrestrischen Fernsehen im DVB-T2- ARD und ZDF wegen des Verdachts der Koordinierung Standard mit dem Ziel einer entgeltlichen Vermarktung ihrer Einspeiseverhandlungen mit Kabel Deutschland eines Programmbouquets, das überwiegend aus HD-In- und Unitymedia (Tätigkeitsbericht 2011/12, S. 98 und halten privater Fernsehsender bestehen wird, geprüft und Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 97) kam es zu zahlreichen als nicht wettbewerbsbeschränkend angesehen. DVB-T2 zivilrechtlichen Rechtsstreiten, die in der ersten und zwei- ist der Nachfolgestandard DVB-T, der für die terrestrische ten Instanz sämtlich zugunsten der öffentlich-rechtlichen TV-Übertragung höhere Bandbreiten, robustere Übertra- Rundfunkanstalten entschieden wurden. Am 16. Juni 2015 gungsverfahren und höhere Flexibilität im Übertragungs- hob jedoch der Bundesgerichtshof die Urteile der Ober- netz ermöglichen soll. Die terrestrische TV-Übertragung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 105 – Drucksache 18/12760 im DVB-T-Standard durch MB erfolgte bislang in Gestalt den konnten. Sowohl die genaue geographische als auch eines reinen Transportmodells, dessen Kosten zu 100 Pro- die exakte sachliche Marktabgrenzung konnten – mangels zent von den Sendern getragen werden. Vor dem Hinter- wettbewerbsrechtlicher Probleme selbst bei engster Ab- grund der Entscheidung von RTL, die DVB-T-Verbreitung grenzung – in der Regel dahinstehen. Ende 2014 zu beenden, hatte MB entschieden, Betreiber einer Vermarktungsplattform zu werden, die auf der Ba- Geographisch bestand aus Sicht des Bundeskartellamtes sis von DVB-T2 Programmpakete anbietet. HD-Inhalte regelmäßig eine Tendenz zum Europäischen Wirtschafts- der beiden großen Privatsendergruppen ProSiebenSat.1 raum (EWR) bis hin zu weltweiten Märkten in diesem Be- und RTL sowie HD- und SD-Inhalte weiterer Privatsen- reich. Sachlich bestand hingegen eine Tendenz, von deut- der werden dabei ab April 2017 verschlüsselt und gegen lich enger abgegrenzten Märkten als einem allgemeinen Entgelt im digitalen Fernsehen im DVB-T2-Standard aus- IT-Dienstleistungs- oder einem pauschalen Softwaremarkt gestrahlt werden. Die Ausstrahlung der öffentlich-recht- auszugehen. lichen Sender wird hingegen unverschlüsselt erfolgen. Eine parallele Ausstrahlung von SD- und HD-Program- b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht men der beiden großen Privatsendergruppen, wie sie im Bereich von Kabel, Satellit und IPTV auf Grundlage der aa) Fusionskontrolle vom Bundeskartellamt für verbindlich erklärten Zusagen Die spanische Amadeus IT Group, die ein Computerre- der beiden Sendergruppen stattfindet, kommt wegen Fre- servierungssystem vertreibt, meldete im Jahre 2015 beim quenzknappheit für terrestrische Übertragung nicht in Be- Bundeskartellamt das Vorhaben an, den amerikanischen tracht. Darüber hinaus stünde ein solches Vorgehen auch Anbieter von Passenger Services Systems (PSS) Navi- nicht mit den Anforderungen der Landesmedienanstalten taire zu übernehmen. Das Vorhaben wurde außer in den an eine möglichst vielfältige Gestaltung der terrestrischen USA und Brasilien zunächst neben Deutschland in drei Übertragung im DVB-T2-Standard im Einklang. Die Ver- weiteren Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Groß- handlungen von Media Broadcast mit den Privatsendern britannien, Österreich und Spanien) angemeldet. Bei PSS erfolgten jeweils bilateral und ohne erkennbare Anzei- handelt es sich um überwiegend von Fluggesellschaften chen einer horizontalen Abstimmung zwischen den Sen- nachgefragte IT-Systeme, die für Reservierungen, Inven- dern. Die Entscheidungen, ihre jeweiligen Programme der tur und Abflugkontrolle eingesetzt werden. Die wesent- Media Broadcast zur verschlüsselten und entgeltlichen liche Funktion ist die Inventarisierung und Kenntlich- Übertragung zur Verfügung zu stellen, waren insoweit als machung der für den Verkauf verfügbaren Sitzplätze je zulässiges Parallelverhalten und nicht als Wettbewerbsbe- Buchungsklasse. Diese Informationen werden über eine schränkung zu werten. Schnittstelle entweder an Computerreservierungssysteme oder – im Falle des Direktvertriebs durch die Airline – an cc) Missbrauchsaufsicht die eigene Reservierungswebsite weitergeleitet. Weltweit gibt es nur eine Handvoll Anbieter von PSS, von denen Das Bundeskartellamt ging im Rahmen eines Kartellver- Amadeus der führende Anbieter von PSS für Full Service waltungsverfahrens dem Verdacht des Missbrauchs einer Fluggesellschaften ist. Navitaire gehört zu den führenden marktbeherrschenden Stellung der Deutschen Funkturm Anbietern von PSS für Low Cost Carrier. Im Wettbewerb GmbH bei der Vermietung von hochgelegenen Monta- begegnen sich Amadeus und Navitaire vor allem bei Aus- geflächen für UKW-Antennen an Antennenträgern nach. schreibungen von sog. hybriden Fluggesellschaften, die Bestimmte Strukturelemente ihres beabsichtigten Preis- sich mit ihrer Ausrichtung zwischen Low Cost- und Full modells waren nach vorläufiger Einschätzung des Bundes- Service-Angeboten bewegen. Es handelt sich um einen kartellamtes missbräuchlich. Da die Deutsche Funkturm mindestens EWR-weiten Markt. Großbritannien hat die GmbH entsprechende Änderungen der Preisgestaltung Verweisung des Falles an die Europäische Kommission vorgenommen hat, konnte das Bundeskartellamt das Ver- nach Artikel 22 FKVO beantragt, weil es eine erhebliche fahren einstellen (siehe Pressemitteilung und Fallbericht Wettbewerbsbeeinträchtigung dadurch befürchtete, dass vom 21. Dezember 2016, B7-27/15). der Zusammenschluss zu einer Reduzierung der Anzahl der führenden PSS-Anbieter auf einem Markt mit hohen 3. EDV, IT-Dienstleistungen und Software Marktzutrittsschranken führen würde. Deutschland, Ös- terreich und Spanien haben sich dem Antrag angeschlos- a) Allgemeiner Überblick und sen. Die Bedenken der Wettbewerbsbehörden resultierten wettbewerbliche Situation vor allem daraus, dass Amadeus und Navitaire bereits Im Berichtszeitraum wurde wiederum eine Vielzahl von aktuell starke Wettbewerber im Bereich der hybriden Zusammenschlüssen in den Bereichen IT-Dienstleistun- Fluggesellschaften und potenzielle Wettbewerber in dem gen und Software angemeldet. Die Vorhaben betrafen teil- PSS-Segment sind, in dem der jeweils andere eine starke weise neue, regelmäßig sehr spezifische Märkte sowie oft Marktposition hat. Die Europäische Kommission gab den starke Wachstumsmärkte. Fall am 19. Januar 2016 in der ersten Phase frei (Aktenzei- chen: COMP/M.7802). Insbesondere aufgrund der Wettbewerberdichte auf den jeweiligen Märkten waren die Marktanteile der jeweiligen Im Jahr 2015 haben BMW, Daimler und Audi das Vor- Zusammenschlussbeteiligten regelmäßig so gering, dass haben angemeldet, über ein drittelparitätisches Gemein- die Fälle in der ersten Prüfungsphase abgeschlossen wer- schaftsunternehmen das Unternehmen HERE, ehemals Drucksache 18/12760 – 106 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Navteq, von der Nokia Corporation zu erwerben. HERE nehmen weltweit möglichst einheitliche Prozesse in der stellt digitale navigationsfähige Kartendatenbanken her, BMW Handelsorganisation zu gewährleisten. Weil ein die in Verbindung mit einer entsprechenden Navigations- missbräuchliches Verhalten der BMW AG oder des Ver- software Grundlage für klassische Navigationsanwendun- bandes letztlich nicht nachgewiesen werden konnte, wur- gen sind. Hochpräzise digitale Karten werden darüber de das Verfahren eingestellt. hinaus als entscheidender Baustein für das vernetzte und automatisierte Fahren der Zukunft angesehen. HERE ist Ein Verfahren gegen die Wincor Nixdorf AG (mittlerweile bereits heute der wichtigste Lieferant der für die Navigati- Diebold Nixdorf AG) wegen Nichtbelieferung selbständi- on erforderlichen digitalen Karten für Abnehmer der Au- ger Wartungsunternehmen mit Ersatzteilen für Geldausga- tomobil- und Zulieferindustrie, darunter die erwerbenden beautomaten konnte eingestellt werden. Diebold Nixdorf Automobilhersteller. Außer HERE ist auf dem Markt für ist der führende Hersteller von Selbstbedienungsgeräten, die Herstellung und den Vertrieb der genannten hochprä- insbesondere von Geldausgabeautomaten, auf dem deut- zisen Kartendatenbanken als „stand-alone“-Lösung nur schen Markt. Über ein konzernangehöriges Unternehmen noch TomTom tätig. Google vertreibt die eigenen digitalen bietet Diebold Nixdorf auch Wartungsleistungen für seine Kartendatenbanken nur in Kombination mit der eigenen Geräte an. Daneben werden selbständige Unternehmen, Navigationssoftware. Die Prüfung konzentrierte sich auf sog. Service-Partner, von Diebold Nixdorf mit Repara- die Frage, ob der Zusammenschluss eine Abschottung der turen beauftragt und ebenso wie Betreiber von Selbstbe- mit den Erwerbern konkurrierenden Automobilhersteller dienungsgeräten, die ihre Geräte selbst warten (sog. Ei- von digitalen Karten bzw. eine Abschottung vor allem genwarter), mit den notwendigen Ersatzteilen beliefert. von TomTom von Kunden der Automobil- und Zuliefer- Unabhängige Wartungsunternehmen hatten hingegen in industrie bewirken könnte. Im Ergebnis konnten solche der Vergangenheit Schwierigkeiten, von Diebold Nixdorf Effekte jedoch im vorliegenden Fall ausgeschlossen wer- Ersatzteile zu beziehen. Nach Einschätzung des Bundes- den, weil zum einen automobile Kunden auch nach dem kartellamtes verstieß dieses Verhalten gegen §§ 19, 20. Zusammenschluss alternativ die digitalen Karten von Ein marktbeherrschender Anbieter von Originalersatztei- TomTom beziehen können. TomTom wird zum anderen len wie Diebold Nixdorf ist grundsätzlich verpflichtet, auch künftig nicht an dem Absatz an mit den Erwerbern unabhängige Wartungsunternehmen zu beliefern, soweit konkurrierenden Autoherstellern gehindert. Diese werden keine alternativen Bezugsmöglichkeiten bestehen und die auch in Zusammenarbeit mit TomTom die Anwendung des entsprechenden Wartungsleistungen ansonsten nicht er- autonomen Fahrens entwickeln können. Mangels gemein- bracht werden können. Zumindest in dem Umfang, in dem samer Kontrolle der drei Gesellschafter war keine Zustän- Diebold Nixdorf selbständige Wartungsunternehmen, mit digkeit der Europäischen Kommission für das Vorhaben denen vertragliche Beziehungen unterhalten werden (wie begründet (siehe auch Pressemitteilung vom 6. Oktober die Service-Partner), mit Ersatzteilen beliefert, müssen 2015). auch Dritte beliefert werden. Mitte des Jahres 2015 hat Diebold Nixdorf den Webshop, über den Ersatzteile be- zogen werden können, auch für selbständige Wartungs- bb) Missbrauchsaufsicht unternehmen geöffnet und damit eine hinreichende Be- Im Juli 2014 leitete das Bundeskartellamt auf Beschwerde zugsmöglichkeit eröffnet. Das Verfahren konnte deshalb des Softwareanbieters CARDIS Reynolds GmbH (CAR- eingestellt werden. Einen Anspruch auf Beseitigung fort- DIS) ein Verwaltungsverfahren gegen die BMW AG so- bestehender Beschränkungen, die derzeit vergleichsweise wie den Verband Deutscher BMW Vertragshändler e.V. geringes Gewicht haben, wie der Zugang zu von Diebold (VDB) ein. CARDIS hatte sich über die Aufforderung/ Nixdorf entwickelter Wartungssoftware, hat das Bundes- Unterstützung BMWs sowie des VDB gegenüber den kartellamt nicht abschließend geprüft. Soweit derartige BMW-Vertragshändlern und -Servicebetrieben beschwert, Beschränkungen künftig an Bedeutung gewinnen, können ihre IT-Systeme für den Automobilhandel, sog. Dealer sie vom Bundeskartellamt erneut aufgegriffen werden. Management Systeme (DMS), auf das Produkt des Wett- bewerbers incadea GmbH umzustellen sowie Schnittstel- cc) Vertikale Vereinbarungen leninformationen unvollständig und verzögert bekannt zu machen. Aufgrund des hohen Umstellungsaufwands der Das Bundeskartellamt hat eine Geldbuße i.H.v. 300.000 IT-Systeme der Händler einerseits und der Entwicklungs- Euro gegen die United Navigation GmbH wegen der ver- kosten des DMS-Anbieters andererseits ist ein Marktein- tikalen Preisbindung von Einzelhändlern beim Vertrieb tritt in DMS-Märkte schwierig und in der Regel nur auf ihrer Produkte verhängt. Verantwortliche des Unterneh- Basis von Herstellerempfehlungen oder aber eines Zertifi- mens hatten im Zeitraum von Juli 2009 bis zum Mai 2014 zierungssystems umzusetzen. Ein Markteintritt setzt min- mit verschiedenen Händlern vereinbart, dass diese beim destens voraus, dass die DMS-Anbieter vom Hersteller Verkauf portabler Navigationsgeräte von United Navi- die notwendigen Schnittstelleninformationen erhalten, um gation bestimmte Endkundenpreise nicht unterschreiten das DMS für die jeweilige Automobilmarke kompatibel (siehe Pressemitteilung vom 12. Mai 2015). Das Verfah- zu gestalten. Da nur der jeweilige Automobilhersteller ren beruht auf Hinweisen, die der österreichischen Bun- über die entscheidenden Daten verfügt, handelt es sich um deswettbewerbsbehörde vorlagen und denen das Bundes- einen herstellerspezifischen Markt für die Bereitstellung kartellamt im Rahmen einer Durchsuchung nachging. Das der erforderlichen Daten und Schnittstelleninformationen. Verfahren wurde durch Settlement beendet, die Geldbuße BMW berief sich darauf, als international tätiges Unter- ist bestandskräftig. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 107 – Drucksache 18/12760

IX. Energiewirtschaft te Preisobergrenze auf dem Stromerstabsatzmarkt wirke. Anders als bisweilen vorgetragen, führt das kartellrechtli- 1. Strom che Missbrauchsverbot jedoch nicht zu einem grundsätz- a) Allgemeiner Überblick und lichen Verbot, Kapazitäten mit einem Aufschlag auf die wettbewerbliche Situation Grenzkosten („Mark-up“) anzubieten. Das Missbrauchs- verbot richtet sich ausschließlich an marktbeherrschende Insgesamt hat sich nach den Feststellungen des Energie- Unternehmen. Diese dürfen ihre Marktmacht u.a. nicht Monitorings (siehe Bundesnetzagentur/Bundeskartellamt, dazu nutzen, Preise künstlich und in erheblichen Umfang Monitoringbericht 2016 vom 30. November 2016) die in die Höhe zu treiben. Kommen Preisspitzen dagegen wettbewerbliche Situation auf den Stromerzeugungsmärk- durch tatsächliche, marktmachtunabhängige Knappheiten ten, Stromgroßhandelsmärkten und Stromletztverbrau- zustande, sind sie kartellrechtlich nicht zu beanstanden. chermärkten weiter verbessert. Insofern teilt das Bundeskartellamt die vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der Wirkung der kartellrechtlichen Stromerzeugung Missbrauchsaufsicht nicht. Ungeachtet dessen hat es in seiner Stellungnahme zum Diskussionspapier des Bundes- In der Stromerzeugung hat die Marktmacht der größten ministeriums für Wirtschaft und Energie (Grünbuch) „Ein Stromerzeugungsunternehmen in den letzten Jahren kon- Strommarkt für die Energiewende“ vorgeschlagen, einen tinuierlich abgenommen. Im Jahr 2015 betrug der ku- Leitfaden für die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht im mulierte Marktanteil der vier größten Stromerzeuger auf Bereich der Stromerzeugung zu veröffentlichen. Dieser dem Stromerstabsatzmarkt bezogen auf das Marktgebiet Vorschlag hat Eingang in das Ergebnispapier des Bun- Deutschland und Österreich 69,2 Prozent und lag damit desministeriums für Wirtschaft und Energie (Weißbuch) signifikant unter dem Wert des Jahres 2010 (72,8 Prozent). „Ein Strommarkt für die Energiewende“ vom Juli 2015 Soweit der kumulierte Marktanteil im Jahr 2014 mit 67 gefunden. Der Leitfaden soll die Zielrichtung, die Regeln Prozent noch niedriger lag, ist dies auf die Inbetriebnah- für die Anwendung und die Reichweite der kartellrechtli- me eines neuen Kraftwerks im Jahre 2015 zurückzufüh- chen Missbrauchsaufsicht auf dem Stromerstabsatzmarkt ren. Für die nähere Zukunft ist eine weitere dekonzentra- verdeutlichen. So sollen möglicherweise bestehende Unsi- tive Entwicklung zu erwarten, nachdem Vattenfall seine cherheiten ausgeräumt werden. Im Rahmen der Erstellung Braunkohlesparte an das Konsortium EPH/PPF veräußert des Leitfadens hat das Bundeskartellamt vom 1. April hatte (Europäische Kommission, Beschluss vom 22. Sep- 2016 bis zum 31. Mai 2016 eine Konsultation durchge- tember 2016, Aktenzeichen: M.8056). Zu Veränderungen führt (die eingegangenen Stellungnahmen sind abrufbar in der Marktstruktur kann zukünftig die Stilllegung der auf der Internetseite des Bundeskartellamtes). Bundes- noch betriebenen Atomkraftwerke bis 2022 führen, deren kartellamt und Bundesnetzagentur beabsichtigen derzeit, konkreten Effekte aber derzeit schwer zu prognostizieren einen gemeinsamen Leitfaden zu erstellen. Der Leitfaden sind. Ungeachtet der immer noch bestehenden Konzent- soll damit neben Ausführungen zur kartellrechtlichen ration ist eine Begrenzung der Verhaltensspielräume auf Missbrauchsaufsicht auf dem Stromerstabsatzmarkt auch dem Stromerstabsatzmarkt u.a. durch marktliche Überka- Auslegungsfragen der REMIT-Verordnung umfassen. pazitäten gewährleistet, da deutschlandweit bzw. europa- weit seit einer Reihe von Jahren mehr Stromerzeugungs- Das Strommarktgesetz sieht darüber hinaus eine weitere kapazitäten bestehen, als zur Deckung der Stromnachfrage Maßnahme zur Erhöhung der Transparenz der kartell- benötigt werden. Weiterhin wird ein gestiegener Anteil der rechtlichen Missbrauchsaufsicht auf dem Stromerstab- Stromnachfrage mit der Einspeisung durch erneuerbare satzmarkt vor. Das Bundeskartellamt soll in Zukunft re- Energien gedeckt. Verbesserte Stromimportmöglichkei- gelmäßig einen Bericht über seine Monitoringergebnisse ten in Folge der fortschreitenden Marktkopplung können zu den Wettbewerbsverhältnissen in der Stromerzeugung ebenfalls dazu beitragen, Verhaltensspielräume auf dem veröffentlichen (§ 53 Abs. 3 Satz 2). Stromerstabsatzmarkt zu begrenzen. Stromgroßhandel Strommarktgesetz Auf der Stromgroßhandelsebene wiesen die Märkte im Die Stromerzeugungsebene unterlag im Berichtszeitraum Berichtszeitraum ein hohes Liquiditätsniveau auf. Aus- einem intensiven legislativen Prozess, der in dem im Juli reichende Liquidität, also ein hinreichendes Volumen auf 2016 verabschiedeten Strommarktgesetz mündete. Darin Angebots- und Nachfrageseite, verbessert die Marktein- hat sich der deutsche Gesetzgeber für einen Strommarkt trittsmöglichkeiten für neue Anbieter. Insbesondere im 2.0 entschieden. Dieser setzt auf den bestehenden Markt- börslichen Spothandel und im börslichen Terminhandel mechanismen auf und entwickelt diese weiter, indem kam es zu weiteren erheblichen Volumenzuwächsen. bestehende Fehlanreize und Wettbewerbsverzerrungen abgebaut werden. Dabei ist elementar, dass unverzerrte Stromendkundenmärkte Preissignale in den Markt gelangen, die beispielsweise Knappheiten angemessen widerspiegeln und die richtigen Hinsichtlich der Stromendkundenmärkte geht das Bundes- Investitionsanreize setzen. In der Diskussion zum künfti- kartellamt davon aus, dass auf den beiden größten, bundes- gen Strommarktdesign wurde teilweise vorgetragen, dass weiten Einzelhandelsmärkten inzwischen kein Anbieter das kartellrechtliche Missbrauchsverbot wie eine implizi- mehr marktbeherrschend ist. Der kumulierte Marktanteil Drucksache 18/12760 – 108 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode der vier absatzstärksten Anbieter beträgt auf dem bundes- Strom- und Gasbereich analysiert und konnte dafür neben weiten Markt für die Belieferung von leistungsgemesse- seiner spezifischen Branchenkenntnis auch auf die Daten nen Stromkunden (RLM-Kunden) 31 Prozent und auf dem aus dem Energiemonitoring 2015 zurückgreifen. Markt für die Belieferung von nicht-leistungsgemessenen Stromkunden (SLP-Kunden, also insbes. Haushaltskun- Strompreise den) mit einem Vertrag außerhalb der Grundversorgung 36 Prozent. Gleichzeitig ist die Auswahl und Vielfalt zwi- Die Strompreise für die einzelnen Abnehmerkategorien schen verschiedenen Anbietern für die Verbraucher so haben sich im Jahr 2015 im Vergleich zum Vorjahr un- hoch wie nie. Immer mehr Haushaltskunden machen von terschiedlich entwickelt. Während die Preise für Gewer- der Möglichkeit Gebrauch, ihren Stromliefervertrag oder be- und Industriekunden wiederum leicht gesunken sind, Lieferanten zu wechseln. haben sich die Preise für Haushaltskunden leicht erhöht und werden im europäischen Vergleich nur von Däne- Heizstrom mark übertroffen. Ursächlich dafür ist die hohe Belas- tung der deutschen Strompreise mit Umlagen, Steuern, Auch im Heizstrombereich haben die Wechselaktivitäten Abgaben und Netzentgelten, die nicht vom Lieferanten von Heizstromkunden erneut zugenommen, nachdem es beeinflussbar sind und in Deutschland bei rund 75 Pro- über viele Jahre kaum Lieferantenwechsel gegeben hatte. zent des gemittelten Gesamtpreises liegen. Im Vergleich Der Anteil der Heizstromkunden, die einen anderen Liefe- zum Vorjahr haben sich diese staatlich determinierten ranten als den örtlichen Grundversorger haben, ist von 4,3 Preisbestandteile der Umlagen gemäß EEG, KWKG, § Prozent (2014) im Laufe des Berichtszeitraums auf zuletzt 19 StromNEV und die Offshore-Haftungsumlage weiter rund 6,6 Prozent (2015) gestiegen. In den letzten Jahren erhöht. Die Strom-Netzentgelte sind für Haushaltskunden hat sich die Transparenz für Endkunden erhöht und das ebenfalls leicht gestiegen, im Bereich der Gewerbe- und Angebot bundesweit tätiger Heizstromanbieter hat sich Industriekunden liegen die Werte in etwa auf dem Niveau verbreitert. Die dadurch ermöglichten Wechselaktivitäten des Vorjahres. Demgegenüber haben sich die vom Liefe- führen zu einer Belebung des Wettbewerbs im Heizstrom- ranten beeinflussbaren Preisbestandteile „Energiebeschaf- bereich. fung, Vertrieb, sonstige Kosten und Marge“, die nur rund 25 Prozent des gemittelten Gesamtpreises ausmachen, Freistellung vom Vergaberecht u.a. aufgrund gesunkener Stromgroßhandelspreise gegen- über dem Vorjahr um rund drei Prozent verringert. Dieser Die wettbewerblich positive Entwicklung der Strom- (und Rückgang konnte bei den Gewerbe- und Industriekunden auch Gas-) Vertriebsmärkte schlug sich in einer Stellung- die Erhöhung der staatlich determinierten Preisbestandtei- nahme des Bundeskartellamtes zu einem vom Bundesver- le überkompensieren, nicht aber bei den Haushaltskunden. band der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) an- Auch für die Zukunft ist von weiter steigenden Umlagen gestrengten Freistellungsverfahren bei der Europäischen und Netzentgelten auszugehen. So sind die Kosten für Kommission nieder. Der BDEW hatte beantragt, Sekto- Netz-Systemdienstleistungen (insbes. für Redispatch so- renauftraggeber im Bereich des Strom- und Gasvertriebs wie Einspeisemanagement) erheblich gestiegen, und die gemäß Artikel 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG vom EEG-Umlage wird von 6,35 auf 6,88 ct/kWh in 2017 er- Vergaberecht zu befreien. Aufträge öffentlicher Auftrag- höht. Hinzu kommt, dass die Großhandelspreise für Strom geber, mit denen der Vertrieb von Strom und/oder Gas an wegen Unsicherheiten über die stark eingeschränkte Ver- Letztverbraucher in Deutschland ermöglicht werden soll, fügbarkeit mehrerer Kernkraftwerke in Frankreich sehr sollten künftig nicht mehr dem Vergaberecht unterliegen. volatil sein können. Angesichts dieser Rahmenbedingun- Letztlich betraf dies vor allem die Vertriebstätigkeit von gen ist die zukünftige Entwicklung der Strompreise nicht Stadtwerken. Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 2 SektVO erstellte sicher einzuschätzen. das Bundeskartellamt im Vorfeld des Freistellungsantrags eine Stellungnahme zur Beurteilung der wettbewerblichen b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht Situation auf den relevanten Märkten. Darin sprach es sich im Ergebnis dafür aus, die deutschlandweiten Märkte für aa) Fusionskontrolle die Belieferung von RLM-Kunden und SLP-Sonderver- tragskunden mit Strom bzw. Gas von der Anwendung des Rheinenergie/Stadtwerke Düsseldorf Vergaberechts freizustellen. Auf den netzbezogen abzu- Das Bundeskartellamt befasste sich im Berichtszeitraum grenzenden Grundversorgungs- und Heizstrommärkten auf Wunsch der Unternehmen erneut mit der Beteiligung hingegen seien die Freistellungsvoraussetzungen derzeit der GEW Köln AG (GEW) an der Stadtwerke Düsseldorf (noch) nicht erfüllt, da kein bzw. noch kein ausreichender AG (SWD). Im Jahre 2003 hatte das Bundeskartellamt die Wettbewerb stattfinde. Unter den – im Einzelfall zu prü- Freigabe des Anteilserwerbs der RWE Plus AG an einigen fenden – Voraussetzungen des § 99 Abs. 11 bzw. Artikel Stadtwerken im Bergischen Land sowie in Oberhausen 9 der Richtlinie 2004/17/EG seien jedoch auch Beschaf- an die Auflage geknüpft, dass das Schwesterunternehmen fungsvorgänge für diese beherrschten Märkte vom Verga- RWE Rhein-Ruhr AG (beide zusammen: „RWE“) ihre berecht ausgenommen. Die Europäische Kommission er- mittelbar gehaltene Beteiligung i.H.v. 20 Prozent an der teilte anschließend antragsgemäß die Befreiung. Für seine SWD an einen Dritten veräußert (siehe Tätigkeitsbericht Stellungnahme hatte das Bundeskartellamt zuvor die aktu- 2003/04, S. 128). Im Folgejahr waren die RWE-Anteile elle Wettbewerbssituation auf den Endkundenmärkten im an SWD in Erfüllung dieser Auflage an die GEW veräu- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 109 – Drucksache 18/12760

ßert worden. Das Bundeskartellamt hatte den Beteiligten vorangeschrittenen Marktöffnung sah das Bundeskartell- dazu mitgeteilt, dass sie diesen Vorgang dann nicht als amt keine Gefahr mehr, dass der Wettbewerb bei Erzeu- anmeldepflichtigen Zusammenschluss (mangels Erwerbs gung und Vertrieb erheblich behindert werden könnte. An eines wettbewerblich erheblichen Einflusses gemäß § 37 dieser Beurteilung änderte sich auch nichts dadurch, dass Abs. 1 Nr. 4) ansehen werde, wenn GEW ihre Anteile speziell an der Energieversorgung Worms der Energieko- nur mit Zustimmung von RWE auf ihr Beteiligungsun- nzern RWE maßgeblich beteiligt ist. Denn die Beteiligten ternehmen RheinEnergie AG übertrage und auch nur mit sind, wie viele andere Stadtwerke und Regionalversorger Zustimmung von RWE Organmitglieder der RheinEner- auch, bei der Beschaffung von Strom und Gas mittlerweile gie in Organe der SWD entsende. Die Zustimmung der hinreichend unabhängig von dem etablierten Vorlieferan- RWE wiederum dürfe, so das Bundeskartellamt weiter, ten. nur mit seiner Einwilligung erfolgen. Hintergrund war, dass RWE mit 20 Prozent der Anteile weiterer Gesell- bb) Wettbewerbsbeschränkende schafter der RheinEnergie neben GEW mit 80 Prozent Vereinbarungen war (und ist) und somit trotz erzwungenen Rückzugs aus SWD mittelbar – über RheinEnergie – weiterhin Einfluss Irsching auf diese hätte ausüben können. Dem lag die Vorstellung zugrunde, dass RheinEnergie als mit RWE zusammen- Das Bundeskartellamt hat in enger Abstimmung mit der geschlossen galt und daher nicht unabhängig von dieser Bundesnetzagentur ein Kartellverwaltungsverfahren nach agieren konnte; RheinEnergie hätte somit gegebenenfalls Artikel 101 AEUV, § 32 gegen den Kraftwerksbetreiber für eine Einflussnahme der RWE auf SWD instrumentali- E.ON und den Übertragungsnetzbetreiber TenneT geführt siert werden können. Nach erneuter Prüfung im Jahr 2016 (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 103). Das Oberlan- ist das Bundeskartellamt zu dem Ergebnis gelangt, dass desgericht Düsseldorf bestätigte in einem parallelen, regu- RheinEnergie mittlerweile als ein von RWE unabhängi- lierungsrechtlichen Beschwerdeverfahren die Auffassung ger Anbieter am Markt agiert und insoweit auch von ei- des Bundeskartellamtes, dass die Entgeltregelung der ner mittelbaren Einflussnahme der RWE auf SWD über zwischen den Unternehmen E.ON und TenneT vereinbar- RheinEnergie nicht mehr auszugehen ist: Bei Beschaffung ten „Irsching-Verträge“ die Stromerzeugung beschränkte und Vertrieb von Strom und Gas besteht ein wettbewerb- und daher gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender liches Verhältnis der RheinEnergie zu RWE, insbesonde- Vereinbarungen verstieß (Urteil vom 28. April 2015, Ak- re keine Abhängigkeit in vertikaler Hinsicht. Bezüglich tenzeichen: VI-3 Kart 332/12 (V) sowie Fallbericht vom Wasser und Fernwärme, als weitere wichtige Sparten der 29. Mai 2015, B8-78/13). Die Kartellrechtswidrigkeit der RheinEnergie, gibt es bei der Beschaffung keine Bezie- Entgeltregelung der „Irsching-Verträge“ wurde durch das hungen zu RWE. Im Vertrieb steht RheinEnergie ebenfalls Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf hinreichend in intensivem Wettbewerb zu RWE. Über ihr Tochterun- geklärt, sodass eine Wiederholungsgefahr nicht mehr ternehmen RheinEnergie Express ist RheinEnergie bun- gegeben war. Daher konnte das Verfahren des Bundes- desweit – und auch in RWE-Versorgungsgebieten – aktiv. kartellamtes im Mai 2015 eingestellt werden. Nach dem Weiterhin ist die RheinEnergie bundesweit im Energie- ursprünglich zwischen E.ON und TenneT vereinbarten dienstleistungs- und Contracting-Bereich tätig und steht Entgeltschlüssel für netzstabilisierende Kraftwerksein- auch hier im Wettbewerb zu RWE. Gleiches gilt für den sätze (sog. „Redispatch“-Einsätze) fielen die Zahlungen Bereich Konzessionen. Damit sind nach Auffassung des umso höher aus, je weniger Strom das Kraftwerk Irsching Bundeskartellamtes die oben genannten Auflagen für eine erzeugte. Die Entgeltformel wirkte wie eine Prämie, die gesellschaftsrechtliche Beschränkung zwischen der RWE der Kraftwerksbetreiber erhält, wenn er seine reguläre und der RheinEnergie, also die Einwilligung des Bundes- Stromerzeugung einschränkt. Im Verhältnis zu üblichen kartellamtes in die Zustimmung der RWE hinsichtlich der Grenzerzeugungskosten und üblichen Strombörsenprei- Übertragung der Anteile an SWD auf die RheinEnergie sen fiel die „Prämie“ erheblich ins Gewicht. Daher ließ sowie die Entsendung von Organmitgliedern in die Orga- die Entgeltregelung eine starke Einschränkung der regulä- ne der SWD durch die RheinEnergie, nicht mehr erforder- ren Stromerzeugung der beiden Kraftwerke erwarten. Der lich. Dies wurde den Beteiligten mitgeteilt. tatsächliche Kraftwerkseinsatz spiegelte diese finanziellen Anreize: Im Jahr vor Abschluss der Verträge wurde Ir- sching noch in erheblichem Umfang auf dem Strommarkt Stadtwerke Mainz/Energieversorgung Worms eingesetzt. Dagegen hat das Kraftwerk im gesamten Jahr Das Bundeskartellamt hat eine umfassendere Zusam- 2014 zu keiner Stunde Strom für den Markt produziert. menarbeit der Stadtwerke Mainz und der Energieversor- Das Oberlandesgericht führte hierzu aus: „Das Bundes- gung Worms geprüft und freigegeben. Die Unternehmen kartellamt hat in seiner Stellungnahme plausibel erläutert, beabsichtigen die Gründung eines Gemeinschaftsunter- dass durch die vertragliche Gestaltung eine Beschrän- nehmens (§ 37 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Satz 3), das sich mit kung der Stromerzeugung, mithin eine wettbewerbsbe- zukunftsgerichteten Energiethemen wie E-Mobility und schränkende Absprache nach Artikel 101 Abs. 1 AEUV Speichertechnologien, aber auch Bereichen wie erneuer- getroffen worden ist. Das Bundeskartellamt hat insoweit bare Erzeugung befassen soll. Das Gemeinschaftsunter- nachvollziehbar und ausführlich dargelegt, wie durch die nehmen soll als Plattform für die gemeinsame Zusammen- umgekehrt proportionale Vergütungsregelung ein Anreiz arbeit dienen. Es wird zunächst die Zusammenarbeit beim gesetzt wird, ein Kraftwerk in möglichst geringem Um- Vertrieb von Strom und Gas übernehmen. Aufgrund der fang marktgetrieben einzusetzen.“ Die Bestätigung des Drucksache 18/12760 – 110 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Oberlandesgerichts Düsseldorf erging im Rahmen eines zivilgerichten hätten beantwortet werden können. In der anderen energiewirtschaftlichen Beschwerdeverfahrens. Folge haben sich STEAG und RWE über die Zukunft des Das Bundeskartellamt machte in jenem Oberlandesge- Kraftwerks Voerde geeinigt. Die Übertragung der RWE- richt-Verfahren von seinem Stellungnahmerecht nach § Anteile an der Betreibergesellschaft des Kraftwerks Voer- 90, Artikel 15 Abs. 3 VO 1/2003 Gebrauch, da die Bedeu- de auf STEAG wurde beim Bundeskartellamt fusionskon- tung der „Irsching-Verträge“ über den Einzelfall Irsching trollrechtlich angemeldet und innerhalb der Monatsfrist hinausging. Denn aufgrund des regulierungsrechtlichen freigegeben. Kontextes kam den Verträgen Mustercharakter zu. Nach Abschluss der „Irsching-Verträge“ forderten mehrere cc) Missbrauchsaufsicht Kraftwerksbetreiber eine analoge Vergütung. Wären Über- tragungsnetzbetreiber bzw. die Bundesnetzagentur diesen Heizstrompreise ENTEGA Forderungen nachgekommen, wären erhebliche Markt- verwerfungen mit entsprechend steigenden Stromgroß- Das Bundeskartellamt hat das Verfahren gegen die ENTE- handelspreisen und Netzentgelten zu befürchten gewesen. GA Energie GmbH wegen der Höhe ihrer Heizstromprei- Hierzu kam es jedoch aufgrund des rechtzeitigen Eingrei- se im Oktober 2015 mit einem Vergleich abgeschlossen fens des Bundeskartellamtes und der zeitnahen Bestäti- (siehe Pressemitteilung und Fallbericht vom 3. November gung durch das Oberlandesgericht Düsseldorf nicht (siehe 2015, B10-16/09). ENTEGA hat sich dem Bundeskartell- Pressemitteilung vom 20. Mai 2015 und Fallbericht vom amt gegenüber in einem öffentlich-rechtlichen Vergleichs- 29. Mai 2015, B8-78/13). vertrag dazu verpflichtet, ihren Heizstrom-Kunden aus den Jahren 2007 bis 2009 jeweils 155,72 Euro (inkl. USt und Zinsen) zurückzuerstatten. Anders als in der ursprüngli- Kraftwerk Voerde chen Verfügung wurde der Rückzahlungsbetrag pro Kun- Das Bundeskartellamt hat die Einleitung eines Verfah- de nicht am Jahresverbrauch festgemacht, sondern an der rens nach § 1 und Artikel 101 AEUV wegen möglicher Dauer der Vertragsbeziehung im betreffenden Zeitraum. Wettbewerbsbeschränkungen durch eine vereinbarte Still- Das Rückerstattungsvolumen entspricht insgesamt ca. 50 legung von Stromerzeugungskapazitäten geprüft und auf Prozent des in der Verfügung ursprünglich festgesetzten der Ebene des Aufgreifermessens vorerst abgelehnt. Die Volumens. Das Bundeskartellamt hatte im September STEAG GmbH (STEAG) hatte die Einleitung eines Kar- 2009 gegen verschiedene Heizstrom-Versorger Preishö- tellverwaltungsverfahrens gegen die RWE Generation SE henmissbrauchsverfahren eingeleitet. Mit Ausnahme des (RWE) beantragt, weil sie in deren (einseitigem) Stillle- Verfahrens gegen ENTEGA konnten alle übrigen Heiz- gungsverlangen eine kartellrechtswidrige, auf einer Ver- strom-Verfahren bereits im Herbst 2010 einvernehmlich einbarung zwischen den beiden Unternehmen beruhende abgeschlossen werden (siehe Tätigkeitsbericht 2009/10, Maßnahme erblickte. Das Kraftwerk Voerde war ein Ge- S. 116 f.). Gegen ENTEGA erließ das Bundeskartellamt meinschaftskraftwerk von STEAG und RWE, über die im im März 2012 eine Rückzahlungsanordnung (siehe Tätig- Kraftwerk erzeugten Strommengen existierte ein Bezugs- keitsbericht 2011/12, S. 100 f.). Seither war die Beschwer- rechtsvertrag zugunsten von RWE. Der Gesellschaftsver- de der ENTEGA gegen diese Verfügung beim Oberlan- trag zur Gründung der Betreibergesellschaft des Kraft- desgericht Düsseldorf anhängig. Sowohl der Ausgang des werks Voerde wurde im Jahre 1975 zwischen STEAG Gerichtsverfahrens, als auch dessen weitere Dauer waren und RWE geschlossen; die Modalitäten der Errichtung, bis auf weiteres nicht absehbar. Es war davon auszuge- des Betriebs, der Stilllegung und der Finanzierung des hen, dass sich der Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Kraftwerks Voerde wurden in einem Mantelvertrag glei- Düsseldorf und gegebenenfalls danach vor dem Bundes- chen Datums geregelt. Eine Klausel darin besagt, dass gerichtshof noch um einen längeren und konkret nicht ab- der Minderheitsgesellschafter RWE nach Ablauf eines sehbaren Zeitraum hingezogen hätte. Die Durchführung bestimmten Zeitraums nach der Inbetriebnahme einseitig von Rückerstattungen für die Jahre 2007 bis 2009 wäre die endgültige Stilllegung verlangen kann. Im Rahmen der mit zunehmendem Zeitablauf faktisch immer schwieriger Prüfung hat das Bundeskartellamt zunächst das Vorliegen geworden (z.B. aufgrund von Umzügen oder Todesfällen einer Vereinbarung zwischen zwei unabhängigen Unter- der damaligen Kunden). Eine Fortführung des Verfahrens nehmen unter Berücksichtigung der komplexen Regelun- lag nach der Überzeugung des Bundeskartellamtes des- gen in diesem Einzelfall bejaht. Was den wettbewerbs- halb nicht im Interesse der betroffenen Kunden. Mit dem beschränkenden Charakter dieser Vereinbarung betrifft, Vergleich wurde auch der positiven Wettbewerbsentwick- so wurden in der bisherigen Entscheidungspraxis des lung auf dem Heizstrommarkt in den vergangenen Jahren Bundeskartellamtes Kapazitätsstilllegungsvereinbarun- Rechnung getragen. Die Transparenz für Heizstromkun- gen unter bestimmten Voraussetzungen als bezweckte den hat sich zwischenzeitlich erhöht und das Angebot Wettbewerbsbeschränkungen angesehen, da diese ihrem bundesweit tätiger Heizstromanbieter hat sich verbreitert. Wesen nach geeignet sind, zu einer Verknappung des An- Verbraucher können inzwischen die lokal verfügbaren gebots und damit zu Preissteigerungen zum Nachteil der Anbieter einfacher auffinden, z.B. durch Internetportale, Verbraucher zu führen. Das Bundeskartellamt beschloss Verbraucherzeitschriften oder Informationen von Verbrau- zunächst kein Verfahren einzuleiten, da die Verkaufsver- cherzentralen. Im Heizstrombereich ist bundesweit eine handlungen zwischen STEAG und RWE noch andauerten signifikante Zunahme der Wechselaktivitäten zu verzeich- und bei der vorliegenden Auseinandersetzung Rechtsfra- nen. gen im Vordergrund standen, die auch von den Kartell- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 111 – Drucksache 18/12760

2. Erdgas aber konzernverbundene) Anbieter zur Auswahl, nämlich ca. 75 Anbieter für Haushaltskundenverträge und ca. 90 a) Allgemeiner Überblick und Anbieter für Großkundenverträge. Großkunden schließen wettbewerbliche Situation fast ausschließlich Sonderverträge für ihre Gasversorgung Die deutschen Gasmärkte wurden in den Jahren 2014 ab, und zwar meistens bei einem Lieferanten, der nicht und 2015 beeinflusst durch ein weltweit hohes Angebot der örtliche Grundversorger ist. Dagegen werden mehr als an Gas, das durch den Fracking-Boom in den USA be- 75 Prozent der Haushaltskunden vom lokalen Grundver- fördert wurde. Gleichzeitig waren die inländischen Ver- sorger beliefert – jedoch weit überwiegend im Rahmen bräuche aufgrund relativ milder Winter eher gering. Dies eines Sondervertrages. Die Preise in der Grundversorgung hatte insgesamt deutliche Preissenkungen auf der Groß- sind – bei Zugrundelegung eines durchschnittlichen Haus- handelsebene zur Folge, die zeitverzögert in unterschied- haltsverbrauchs – im Durchschnitt ungefähr zehn Prozent lichem Umfang an die Endkunden weitergegeben wur- höher als bei Sonderverträgen. Insgesamt sind die Gas- den. Eine gradlinige Fortsetzung dieser Entwicklung ist preise für Endkunden gesunken, und zwar besonders für aber jedenfalls bei strengeren Wintern kaum zu erwarten. Großkunden. Das in Deutschland verbrauchte Gas stammt in erster Li- Der Markt für den Betrieb von Untertageerdgasspeichern nie aus Russland, Norwegen und den Niederlanden. Die ist weiterhin stark konzentriert. Die drei Unternehmen mit niederländische und auch die geringe inländische Gasge- den größten Speicherkapazitäten haben zusammengenom- winnung gehen spürbar zurück. Die Förderung wird in men einen aggregierten Marktanteil von rund 73 Prozent einigen Jahren erschöpft sein, sodass verstärkt auf andere (31. Dezember 2015). Infolge der 2016 erfolgten Übernah - Gasbezugsmöglichkeiten zurückgegriffen werden dürfte. me der ostdeutschen VNG einschließlich deren Speicher- Neben den in der Regel aus Russland und Norwegen kom- kapazitäten durch EnBW von der EWE ergibt sich jedoch menden Gasimporten durch transeuropäische Pipelines eine dekonzentrative Wirkung. Denn die im Wesentlichen kann auch LNG-Gas (liquefied natural gas) über LNG- ähnlich hohen Speicherkapazitäten teilen sich nunmehr Anlandestellen in Benelux-Häfen (Rotterdam, Zeebrügge) auf vier verschiedene Unternehmensgruppen auf. Jedes regasifiziert und durch Pipelines in die deutschen Gasnet- Jahr werden die inländischen Gas-Untergrundspeicher bis ze eingespeist werden. zum Herbst aufgefüllt (Füllstand zum 1. Oktober 2016: ca. Die Energiewende dürfte zunehmend Einfluss auf die 95 Prozent), um die Gasversorgung für den jeweils nächs- deutschen Gasmärkte nehmen. Einerseits führen eine ver- ten Winter abzusichern (siehe Monitoringbericht 2016, besserte Wärmedämmung und die Verwendung von Wär- S. 9 f., S. 255 ff. und S. 319 ff.) mepumpen bei Neubauten zu geringeren Gasverbräuchen im Haushaltsbereich. Andererseits führen der Atomaus- b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht stieg und die Stilllegungen einiger Kohlekraftwerke in Deutschland (sowie auch ungeplante Abschaltungen von Der Schwerpunkt der Wettbewerbsaufsicht auf den Gas- Atomkraftwerken in Frankreich) zu einem erhöhten Be- märkten lag wie im vorangegangenen Berichtszeitraum in darf nach anderen, dargebotsunabhängigen Stromerzeu- der Fusionskontrolle. Bezüglich der auf den Erdgassek- gungsquellen, der insoweit nicht von erneuerbaren Ener- tor bezogenen Stellungnahme des Bundeskartellamtes im gien abgedeckt werden kann. Die hierfür prädestinierten, Verfahren der Europäischen Kommission wegen der ver- flexiblen und derzeit oft unterausgelasteten Gaskraftwerke gaberechtlichen Befreiung von Sektorenauftraggebern im könnten dann den Gas(import)bedarf in der Zukunft an- Bereich des Strom- und Gasvertriebs, wird auf die ent- steigen lassen. Die europäische Gaswirtschaft bereitet sprechenden Ausführungen im Abschnitt Elektrizität ver- sich u.a. durch den Bau neuer Gaspipelines bzw. durch die wiesen (s.o. S. 108). Ertüchtigung bestehender Leitungen auf eine Ersetzung der niederländischen Erzeugung und inzident auch auf die EnBW/VNG genannte mögliche Entwicklung vor. Das Vorhaben der Energie Baden-Württemberg AG Trotz der begrenzten Auswahl an Transportwegen und (EnBW), einen Anteil von 74,2 Prozent an der Verbund- Lieferländern hat sich ein liquider Großhandelsmarkt für netz Gas AG (VNG) von der EWE AG (EWE) zu erwer- Gas entwickelt. Dazu haben auch flexibilisierte Vertrags- ben, konnte ohne vertiefte Prüfung freigegeben werden. strukturen mit kürzeren Laufzeiten beigetragen. Auf den Im Gegenzug beendet EnBW die Beteiligung an EWE von bundesweiten Einzelhandelsmärkten für Gas (Großkun- derzeit 26 Prozent schrittweise. Ein ähnliches Zusammen- denverträge einerseits sowie Sonderverträge mit Haus- schlussvorhaben zwischen EnBW und VNG war bereits haltskunden andererseits) liegt der kumulierte Marktan- 2009 nach vertiefter Prüfung unter Auflagen freigegeben teil der drei absatzstärksten Anbieter unterhalb von 30 worden; in Erfüllung der Auflagen hatte sich EnBW von Prozent. Und damit die Marktkonzentration mittlerweile ihren Stadtwerkebeteiligungen im VNG Netzgebiet ge- deutlich unter den gesetzlichen Vermutungsschwellen ei- trennt (siehe Tätigkeitsbericht 2009/10, S. 114 f.), den Zu- ner marktbeherrschenden Stellung. Zudem ist die Anzahl sammenschluss allerdings letztlich nicht vollzogen. Die der Lieferantenwechsel gestiegen. Die mengenbezogene Verstärkung der bestehenden Unternehmensverbindung Wechselquote liegt pro Jahr bei rund zehn Prozent (Haus- zwischen EWE und VNG wurde 2014 vertieft geprüft und haltskunden) oder mehr (Großkunden). Im bundesweiten freigegeben. Dabei hatte das Bundeskartellamt seine jahr- Durchschnitt haben die Letztverbraucher viele (teilweise zehntelange Marktabgrenzungspraxis, an der es bis dahin Drucksache 18/12760 – 112 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode zumindest als Korrektiv festgehalten hatte, vertieft unter- giegroßhandelsmarkts (REMIT), gegen Kartellrecht, sucht und, soweit erforderlich, in sachlicher bzw. räumli- Wertpapierhandelsrecht oder das Börsengesetz verstoßen cher Hinsicht an die weiterentwickelte Marktstruktur an- worden ist, übernimmt die MTS-Strom/Gas die von den gepasst (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 104 f.). für die Verfolgung zuständigen Behörden entwickelten Verfolgungskonzepte. Auch gegenüber dem Bundes- Der Zusammenschluss zwischen EnBW und VNG bewirkt kartellamt wird der gesetzlich vorgesehene Daten- und nunmehr eine latente Verbesserung der Marktstruktur auf Informationsaustausch über einen unmittelbaren, daten- den Gasgroßhandelsmärkten. Der Tätigkeitsschwerpunkt schutzkonformen und verfahrenssicheren elektronischen von EnBW liegt im Marktgebiet Netconnect Germany, Datenzugang effektiv vollzogen. der von VNG im Marktgebiet Gaspool. Warf der Zusam- menschluss zwischen EWE und VNG nur auf Grundla- Herausragender Arbeitsschwerpunkt der MTS-Strom/Gas ge der neuen, marktgebietsübergreifenden, bundesweiten im Berichtszeitraum war der weitere Aufbau des IT-Sys- Marktabgrenzungen keine wettbewerblichen Probleme tems sowie der notwendigen Sicherheitsvorkehrungen zur auf, haben die strukturellen, diese bundesweiten Marktab- Aufnahme der von der europäischen Agentur für die Zu- grenzungen tragenden Faktoren, durch die Auflösung des sammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) Unternehmensverbundes von EWE und VNG ihre konsti- zu liefernden Daten für den deutschen Markt. Daneben tutive Rolle für die Entscheidungspraxis des Bundeskar- lag ein weiterer Schwerpunkt der Tätigkeiten der Arbeits- tellamtes eingebüßt. Das Bundeskartellamt wird das Fort- gruppe MTS-Strom/Gas des Bundeskartellamtes auf der bestehen des Gleichlaufs der Wettbewerbsentwicklungen Koordination mit den Tätigkeiten der Bundesnetzagentur in den Marktgebieten im Rahmen des Energiemonitorings nach § 111e EnWG zum Aufbau des Marktstammdatenre- (siehe Monitoringbericht 2015, S. 297 und Monitoring- gisters. Durch eine enge Verzahnung sollen inkompatible bericht 2016, S. 317) weiter beobachten, gerade auch mit Datenbedarfe und damit zusätzliche Belastungen für die Blick auf die historisch bedeutsamen Veränderungen der Marktteilnehmer vermieden werden. großen Gas-Lieferströme mit dem Auslaufen der L-Gas- Produktion in den Niederlanden und Deutschland. Weiter Die MTS-Strom/Gas ist befugt, die zur Erfüllung ihrer bewirkt der Zusammenschluss eine Dekonzentration auf Aufgaben benötigten Daten und Informationen zu sam- dem mindestens bundesweiten Markt für Untertageerd- meln (§ 47b Abs. 3). Dabei soll sie einen wesentlichen Teil gasspeicher. Die ähnlich großen Speicherkapazitäten von ihrer Daten von ACER nach Artikel 7 REMIT erhalten. EWE und VNG verteilen sich nunmehr auf zwei verschie- Darüber hinaus kann sie Festlegungsverfahren führen, in dene Unternehmen; EnBW selbst verfügt über eine ver- denen unter Berücksichtigung einer noch zu erlassenden gleichsweise kleine Marktposition. Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie weitere Datenmeldeverpflichtungen festge- schrieben werden. Gegenstand dieser Festlegungen kön- 3. Markttransparenzstelle für den nen sowohl Transaktionsdaten (insb. Handelsgeschäfte Großhandel mit Strom und Gas und -angebote) als auch Fundamentaldaten (insb. Daten Die Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom zu Erzeugung, Verbrauch, Speicherständen und Netzaus- und Gas (MTS-Strom/Gas) wird bei der Bundesnetz- lastung) in den Bereichen Elektrizität und Gas sein. Bis- agentur eingerichtet. Ihre Aufgaben nehmen Bundesnetz- lang wurden noch keine Festlegungsverfahren geführt. agentur und Bundeskartellamt einvernehmlich wahr. Hier Die MTS-Strom/Gas wird voraussichtlich Festlegungen in werden die für die Überwachung des Energiegroßhandels Bezug auf Regelenergiedaten Strom sowie in Bezug auf erforderlichen Daten eingesammelt und ausgewertet. So wenige grundlegende Fundamentaldaten von Stromer- sollen Hinweise auf rechtswidriges Verhalten von Markt- zeugungsanlagen unter 100 MW treffen. Betroffenen Be- teilnehmern ermittelt und die Verfolgungsbehörden infor- hörden, Interessenvertretern und Marktteilnehmern wird miert werden (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 105 f.). rechtzeitig vor Erlass von Festlegungen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben; erste Sondierungsgespräche er- Im Februar 2015 haben die Präsidenten der Bundesnetz- folgten bereits 2014 und 2015. Von ihrer Festlegungskom- agentur und des Bundeskartellamtes die in § 47a Abs. 3 petenz wird die MTS-Strom/Gas voraussichtlich nur in gesetzlich vorgesehene Kooperationsvereinbarung zur beschränktem Umfang Gebrauch machen, da ein Großteil MTS-Strom/Gas geschlossen (siehe aktuelle Meldung der benötigten Daten bereits durch ACER nach Maßgabe vom 16. März 2015). Sie regelt die Einzelheiten der ein- der REMIT gesammelt und direkt an die MTS-Strom/Gas vernehmlichen Wahrnehmung der Aufgaben der MTS- weitergeleitet wird. Strom/Gas, insbesondere Besetzung, Geschäftsverteilung, Koordinierung der Datenerhebung sowie Daten- und In- Seit Januar 2015 ist unter www.markttransparenzstelle.de formationsaustausch. So besteht die MTS-Strom/Gas aus die Internetseite zur MTS-Strom/Gas verfügbar. Dort wer- Beschäftigten beider Behörden. Die nähere Aufgaben- den die aus Festlegungsverfahren resultierenden Listen verteilung orientiert sich am Behördenbezug der jeweili- aller zu meldenden Daten und Datenkategorien inklusive gen Aufgabe. Für die Identifikation von Anhaltspunkten Formaten, Übertragungswegen und Fristen, veröffentlicht für den Verdacht, dass gegen die Verordnung (EU) Nr. (§ 47h Abs. 3). Informationen über die Registrierungs- 1227/2011 über die Integrität und Transparenz des Ener- und Datenmeldepflichten von Marktteilnehmern nach RE- MIT finden sich unter www.remit.bundesnetzagentur.de. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 113 – Drucksache 18/12760

4. Konzessionen I 130) dahingehend in Kraft, dass bei der Auswahlent- scheidung Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft a) Allgemeiner Überblick und berücksichtigt werden können. Das Bundeskartellamt be- wettbewerbliche Situation fürchtet, dass hierdurch neue Rechtsunsicherheit in den Der Bundesgerichtshof hat durch seine höchstrichterlichen Bereich der Konzessionsvergabe hineingetragen wird. Entscheidungen weitere Klarheit im Recht der Konzessi- So war es schon bisher möglich, kommunale Interessen onsvergabe geschaffen. In der Entscheidung zum Gasnetz bei der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen, solange Springe (Urteil vom 14. April 2015, Aktenzeichen: EnZR der Netzbezug, die Grenzen der Konzessionsabgabenver- 11/14) hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass der ordnung (KAV) und der Vorrang des § 46 Abs. 3 Satz 5 Auskunftsanspruch der Gemeinde gegenüber dem bisheri- EnWG gewahrt blieben. Die bisher anerkannten Sachkri- gen Nutzungsberechtigten nach § 46 Abs. 2 Satz 4 EnWG terien mit Bezug zu den Zielen des § 1 EnWG – siche- auch Angaben zu den kalkulatorischen Restwerten und re, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und den kalkulatorischen Nutzungsdauern für sämtliche An- umweltverträgliche Energieversorgung – dürften zentrale lagen des zu überlassenden Versorgungsnetzes umfasst. Anliegen der örtlichen Gemeinschaft darstellen. Insofern Das Bundeskartellamt und die Bundesnetzagentur haben entsteht der Eindruck, dass die Neuregelung sachfremde im Mai 2015 die zweite Auflage des Gemeinsamen Leitfa- Erwägungen ermöglichen könnte. Gemessen daran, dass dens zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen sowie die Entscheidung über die Konzessionsvergabe zugleich zum Wechsel des Konzessionsnehmers veröffentlicht. Seit eine Entscheidung über das Eigentum des Altkonzessio- der Erstveröffentlichung des Leitfadens im Jahre 2010 närs am Energienetz ist, sind aber durchsetzbare, sachbe- sind wichtige Fragen und Probleme, die in der Praxis auf- zogene Kriterien erforderlich. getreten waren, durch die Novelle des Energiewirtschafts- gesetzes im Jahre 2011 sowie durch die Rechtsprechung b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht des Bundesgerichtshofs und der Oberlandes- und Ober- verwaltungsgerichte aufgegriffen und geklärt worden. aa) Missbrauchsaufsicht Dabei sind die Positionen, die Bundeskartellamt und Das Bundeskartellamt hat am 28. Januar 2015 durch Be- Bundesnetzagentur in der ersten Auflage des Leitfadens schluss festgestellt, dass die Stadt Titisee-Neustadt bei der und in ihrer Verwaltungspraxis vertreten haben, durch den Vergabe ihrer Wegenutzungsrechte für Stromleitungen Bundesgerichtshof ganz weitgehend bestätigt worden. missbräuchlich gehandelt hat, und ihr aufgegeben, das Die zweite Auflage des Leitfadens arbeitet die Entwick- Auswahlverfahren transparent und diskriminierungsfrei lung der Rechtsprechung und Gesetzesänderungen ein zu wiederholen (siehe Pressemitteilung vom 29. Januar und bringt den Leitfaden damit auf den aktuellen Stand. 2015 und Beschluss vom 28. Januar 2015, B8-175/11). Der Leitfaden geht auch auf aktuelle Fragen zur Gewich- Nach Ansicht des Bundeskartellamtes hat die Stadt Titisee- tung der Auswahlkriterien, zur Bildung von Unterkriteri- Neustadt ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht, en, zu dem Auswahlverfahren und der Auswahlentschei- indem sie ein diskriminierendes Auswahlverfahren durch- dung sowie dem Umfang der Informationsherausgabe an geführt, den kommunalen Bewerber einseitig ohne sachli- die Gemeinde ein. Dabei haben die Behörden bereits die chen Grund bevorzugt, unzulässige Auswahlkriterien ver- Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs in Sachen wendet sowie den Geheimwettbewerb verletzt und gegen Springe berücksichtigt. Anlässlich einiger Anfragen haben das Nebenleistungsverbot verstoßen hat. Die Stadt Titisee- sich das Bundeskartellamt und die Bundesnetzagentur auf Neustadt hatte die Aussetzung des Verfahrens beantragt, eine Präzisierung des Leitfadens hinsichtlich Herausga- weil sie in dem Rechtsrahmen für Konzessionsvergaben beansprüchen von mehrjähriger Ertrags- und Investiti- eine verfassungswidrige Beschränkung der kommunalen onsplanung auf Grundlage von Rn. 40 Buchst. h) des Ge- Selbstverwaltungsgarantie sieht und mit dieser Begrün- meinsamen Leitfadens verständigt. Herauszugeben sind dung eine Kommunalverfassungsbeschwerde beim Bun- nach gemeinsamen Verständnis nur Planungsdaten über desverfassungsgericht erhoben hat. Das Bundeskartellamt das Konzessionsnetz bis zum Ablauf des Konzessions- lehnte eine Verfahrensaussetzung und die Aussetzung der vertrages. Es sind Planungsdaten, die unter der Prämisse sofortigen Vollziehung seiner Missbrauchsverfügung ab, erstellt werden, dass der Altkonzessionär möglicherweise da insbesondere der Bundesgerichtshof und alle Oberzi- nicht wieder Konzessionsnehmer wird und das Netz abge- vil- und Oberverwaltungsgerichte, die sich mit Konzessi- ben wird. Damit können Bewerber die Investitionssituati- onsvergaben befasst haben, eine Verletzung der kommu- on für die Zeit zwischen der Datenherausgabe drei Jahre nalen Selbstverwaltungsgarantie ausdrücklich verneint vor Auslaufen des Konzessionsvertrages und dem Ende hatten und das Bundesverfassungsgericht eine Verfas- des Konzessionsvertrages abschätzen. Darüber hinausge- sungsbeschwerde der Stadt Heiligenhafen im Jahre 2013 hende Investitionsplanungen sind ein wesentlicher Wett- nicht zur Entscheidung angenommen hatte. Zudem sind bewerbsparameter im Wettbewerb um die Konzession und Kommunalverfassungsbeschwerden gegen Urteile unzu- sind daher nicht vom Herausgabeanspruch gegenüber dem lässig und eine Beschwerde gegen die zugrundeliegenden Altkonzessionär erfasst. Gesetze (§§ 19, 20, § 46 EnWG) dürfte verfristet sein. Am 3. Februar 2017 trat eine Novellierung von § 46 Den gegen den Sofortvollzug gerichteten Antrag der Stadt EnWG (Gesetz zur Änderung der Vorschriften zur Ver- Titisee-Neustadt hat das Oberlandesgericht Düsseldorf gabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen mit Urteil vom 15. Juli 2015 (Az. VI-2 Kart 1/15 (V)) Energieversorgung vom 27. Januar 2017, BGBl. 2017 zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat- Drucksache 18/12760 – 114 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode te keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung Qualität selbständiger Rechtsnormen zukomme. So hatte des Bundeskartellamtes und konnte keine unbillige Härte bereits das Bundeskartellamt im Rahmen der Ablehnung durch den Sofortvollzug feststellen. Nach Auffassung des einer Verfahrens- und Vollzugsaussetzung argumentiert. Oberlandesgerichts Düsseldorf war das Auswahlverfahren Für eine Kommunalverfassungsbeschwerde gegen die und die Auswahlentscheidung der Stadt Titisee-Neustadt von der Rechtsprechung angewendete Rechtsnorm (§ 46 nach der gebotenen summarischen Prüfung in vielfacher EnWG) war laut Bundesverfassungsgericht die Jahresfrist Hinsicht rechtswidrig (Verstoß gegen §§ 1, 19, 20, § 46 des § 93 Abs. 3 BVerfGG verstrichen. EnWG). Auch die erhobene Kommunalverfassungsbe- schwerde gab dem Oberlandesgericht keinen Anlass für Das Missbrauchsverfahren gegen das Land Berlin bezüg- eine andere Wertung. lich der Vergabe der Wegenutzungsrechte für Gasleitun- gen wurde vom Bundeskartellamt ausgesetzt, nachdem Mit Urteil vom 4. August 2015 hat das Oberlandesgericht das Landgericht Berlin in dem parallel anhängigen Zi- Düsseldorf (Aktenzeichen: VI-2 Kart 1/14 (V)) zudem vilrechtsstreit am 9. Dezember 2014 (Aktenzeichen: 16 im Rahmen der Kostenentscheidung über eine zwischen- O 224/14 Kart) einen Missbrauch durch das Land Berlin zeitlich erledigte Untätigkeitsbeschwerde gegen das Bun- festgestellt und den Abschluss eines Konzessionsvertrages deskartellamt festgestellt, dass das Verhalten des Bun- mit dem Landesbetrieb Berlin Energie untersagt hat. Nach deskartellamtes bezüglich Beiladung und Akteneinsicht Auffassung des Landgerichts Berlin hat das Land Berlin rechtmäßig und angemessen war. im Auswahlverfahren und bei der Auswahlentscheidung in vielerlei Hinsicht gegen die §§ 19, 20 GWB, § 46 EnWG Die Stadt Titisee-Neustadt hat gegen die Entscheidung verstoßen, sodass die Auswahlentscheidung kartell- und des Oberlandesgerichts Düsseldorf über den Fortbestand energierechtswidrig sei. des Sofortvollzugs der Missbrauchsverfügung Nichtzulas- sungsbeschwerde und zulassungsfreie Rechtsbeschwerde Gegen die Entscheidung des Landgerichts Berlin ist von wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs zum Bundesge- beiden Parteien Berufung beim Kammergericht Berlin richtshof eingelegt. Auf Anregung des Bundesgerichtshofs eingelegt worden. Die Klägerinnen (GASAG und NBB) hat das Bundeskartellamt erklärt, bis zur Entscheidung des verfolgen damit ihren Hauptantrag auf Abschluss des Senats über die Rechts- sowie Nichtzulassungsbeschwer- Konzessionsvertrages weiter. Das Bundeskartellamt hat in de keine Maßnahmen zur Vollstreckung der Missbrauchs- diesem Rechtsstreit eine „amicus curiae“-Stellungnahme verfügung zu ergreifen. nach § 90 abgegeben und deshalb das eigene Missbrauchs- verfahren zum Ruhen gebracht. Auch der beim Oberlan- Der Sofortvollzug der Untersagungsverfügung des Bun- desgericht Düsseldorf anhängige Rechtsstreit über die deskartellamtes ist unanfechtbar geworden, nachdem der Beiladung des Landesbetriebs Berlin Energie wurde bis Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 26. Januar 2016 zur Entscheidung des Kammergerichts Berlin ausgesetzt. (Aktenzeichen: KVZ 41/15) die seitens der Stadt Titisee- Das Kammergericht hat in der Berufungsinstanz des Zi- Neustadt erhobenen Beschwerden zurückgewiesen hat. vilrechtsstreits die Nebenintervention des Landesbetriebs Die bloße Anhängigkeit einer Kommunalverfassungsbe- Berlin Energie mit Urteil vom 31. August 2015 (Aktenzei- schwerde streite nicht für ein öffentliches Aussetzungs- chen: 2 U 5/15 Kart) als unzulässig zurückgewiesen. Hier- interesse. Andernfalls würde die Bindung von Justiz und gegen hat der Landesbetrieb Rechtsbeschwerde zum Bun- Verwaltung an Recht und Gesetz nach Artikel 20 Abs. 3 desgerichtshof eingelegt, die mit Urteil vom 18. Oktober GG zugunsten einer „Ungültigkeitsvermutung“ aufgeho- 2016 (Aktenzeichen: KZB 46/15) zurückgewiesen wurde. ben. Zudem hat der Bundesgerichtshof erhebliche Zweifel Wie zuvor das Kammergericht Berlin kam der Bundes- an der Zulässigkeit der seitens der Stadt Titisee-Neustadt gerichtshof zu dem Ergebnis, dass der Landesbetrieb als erhobenen Kommunalverfassungsbeschwerde zum Aus- rechtlich unselbständige kommunale Einheit nicht partei- druck gebracht. fähig ist. In seiner Entscheidung hat der Bundesgerichts- Am 22. August 2016 hat das Bundesverfassungsgericht hof das Gebot der organisatorischen und personellen Tren- beschlossen, die Kommunalverfassungsbeschwerde der nung der Vergabestelle von dem als Bieter auftretenden Stadt Titisee-Neustadt nicht zur Entscheidung anzuneh- Eigenbetrieb anerkannt. men (Urteil vom 22. August 2016, Aktenzeichen: 2 BvR Das Land Berlin hat im Frühjahr 2015 beim Bundeskar- 2953/14). Das Bundesverfassungsgericht hat in der Recht- tellamt erneut eine Anfrage zum Berliner Stromkonzessi- sprechung zum Verbot der direkten Übernahme örtlicher onsvergabeverfahren gestellt. Dabei ging es auf Wunsch Energieverteilernetze ohne vorherige Ausschreibung des Landes Berlin einzig um die Zulässigkeit einer (Verbot direkter Aufgabenerledigung), zum Verbot, bei „Change-of-Control“-Klausel, zu der das Bundeskartell- der Ausschreibung der Wegenutzungsrechte den Betrieb amt seine vorläufige Einschätzung mitgeteilt hat. durch eine kommunale Beteiligungsgesellschaft vorzuge- ben (Systementscheidungsverbot) und dem Verbot, bei der Aufgrund zweier Beschwerden eines Bewerbers um die Auswahl des neuen Wegenutzungsberechtigten spezifische Berliner Stromkonzession hatte das Bundeskartellamt zu kommunale Interessen zu berücksichtigen (Verbot der prüfen, ob die Eröffnung eines Missbrauchsverfahrens Berücksichtigung kommunaler Interessen), keinen zuläs- gegen das Land Berlin wegen des Verdachts des Miss- sigen Beschwerdegegenstand gesehen. Bei dieser Recht- brauchs im Zusammenhang mit der Vergabe der Wegenut- sprechung handele es sich um in Anwendung bestehenden zungsrechte für Stromleitungen der allgemeinen Versor- Gesetzesrechts entwickelte Grundsätze, denen nicht die gung angezeigt war. Die erste Beschwerde betraf den sog. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 115 – Drucksache 18/12760

„wettbewerblichen Dialog“, in dem das Land Berlin einen b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht – strategischen Partner für die Energiewende suchte. Darin Preismissbrauchsaufsicht sah das Bundeskartellamt jedoch keine Vorfestlegung des Landes Berlin bei der Suche nach einem neuen Wegenut- Der Schwerpunkt der Wettbewerbsaufsicht auf den Fern- zungsberechtigten. Die zweite Beschwerde äußerte den wärmemärkten lag auch in diesem Berichtszeitraum in Verdacht der Bevorzugung der Altkonzessionärin, insbe- der Preismissbrauchsaufsicht (siehe Tätigkeitsbericht sondere durch Ausgestaltung und Gewichtung der Aus- 2013/14, S. 109). Die im Frühjahr 2013 eröffneten Ver- wahlkriterien. Die Prüfung der seitens des Bewerbers vor- fahren gegen sieben Fernwärmeversorger wegen des Ver- getragenen Argumente konnte den Verdacht jedoch nicht dachts missbräuchlich überhöhter Fernwärmepreise in den untermauern, sodass das Bundeskartellamt eine Verfah- Jahren 2010 bis 2012 konnten im Berichtszeitraum und renseröffnung abgelehnt hat. bis Anfang 2017 insgesamt abgeschlossen werden. Im Oktober 2015 wurde das Verfahren gegen die Stadt- bb) Fusionskontrolle werke Leipzig GmbH auf eine Verpflichtungszusage des Unternehmens hin mit einer § 32b-Entscheidung (siehe Bereits im Tätigkeitsbericht 2013/14 (S. 108) wurde dar- Pressemitteilung vom 16. Oktober 2015 und Beschluss gestellt, dass vor dem Hintergrund bevorstehender oder vom 15. Oktober 2015, B8-34/13) abgeschlossen. Die zu- abgeschlossener Neuvergaben von Wegenutzungsrechten gesagte Senkung der Fernwärmepreise in Leipzig in ei- zahlreiche Anmeldungen von Zusammenschlussvorha- nem Volumen von gut acht Mio. Euro jährlich über eine ben in der Energiewirtschaft die Gründung von gemein- Laufzeit von fünf Jahren war geeignet, die kartellrecht- samen Netzbetriebs- oder Netzeigentumsgesellschaften lichen Bedenken des Bundeskartellamtes auszuräumen. sowie Pachtmodelle betrafen. Dieser Trend setzte sich im So konnten zudem weitere Ermittlungen sowie ein sich Berichtszeitraum fort. Das Ergebnis der fusionskontroll- gegebenenfalls anschließender Rechtsstreit vermieden rechtlichen Prüfung in diesen Fällen durch das Bundes- werden. Preisvergleiche nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 sind im kartellamt nach §§ 35 ff. beinhaltet keine Aussage darü- Fernwärmesektor außerordentlich komplex, da die Versor- ber, ob das Verfahren der Kommune zur Auswahl eines ger in aller Regel vertikal integriert sind und ihre Fernwär- neuen Wegenutzungsberechtigten unter Beachtung der meerzeugung meist als Koppelproduktion von Strom und kartellrechtlichen Vorschriften erfolgt ist (§§ 1, 19, 20; Wärme erfolgt. So verhielt es sich auch im Fall Leipzig, Artikel 102 AEUV i.V.m. §§ 1, 46 EnWG). In den Freiga- in dem sich das Bundeskartellamt im Rahmen der vorge- beschreiben des Bundeskartellamtes an die anmeldenden nommenen Vergleichsmarktbetrachtung in der Form des Unternehmen wird daher auf diese begrenzte Reichweite Erlösvergleichs mit einer Fülle von Unterschieden und der fusionskontrollrechtlichen Prüfung hingewiesen. Rechtfertigungsgründen auseinandersetzen musste. War die Gruppe der drei herangezogenen Vergleichsunterneh- 5. Fernwärme men sowohl im Hinblick auf Größenkriterien als auch hin- sichtlich relevanter Strukturkriterien wie Metermengen- a) Allgemeiner Überblick und wert und Dichte des Versorgungsnetzes gut vergleichbar, wettbewerbliche Situation so brachte die Stadtwerke Leipzig GmbH eine Reihe von Bei der Belieferung mit Fernwärme sieht sich der Kun- Rechtfertigungsgründen für höhere Kosten vor (u.a. Kun- de einem der letzten verbliebenen Versorgungsmonopole denstruktur, Abnahmeverhalten, Anschlussdichte, Tempe- gegenüber, denn er kann seinen Lieferanten in aller Re- raturunterschiede, sog. Sonderkosten Ost und den Primär- gel nicht wechseln. Dem Fernwärmelieferanten kommt so energiefaktor), die teils substantiiert erschienen. in seinem angestammten Vertriebsgebiet, das am besten Bereits im Frühjahr 2015 hat das Bundeskartellamt das durch sein Leitungsnetz abgebildet wird, eine Monopol- Verfahren gegen die Dalkia GmbH wegen des Verdachts stellung zu. Teilweise ist diese Stellung noch durch ei- missbräuchlich überhöhter Preise in einem kleineren Ver- nen Anschluss- und Benutzungszwang in der örtlichen sorgungsgebiet in Bremen angesichts bereits umgesetzter Satzung oder andere Anschlussverpflichtungen rechtlich Preissenkungen sowie unter Würdigung der Struktur- und abgesichert. Lediglich in großen zeitlichen Abschnitten Versorgungsbedingungen eingestellt. eröffnen sich Möglichkeiten für Wettbewerb, insbeson- dere wenn ein Kunde sein Heizsystem überdenkt oder Anfang des Jahres 2017 wurden auch die übrigen Ver- wenn große Nachfrager wie Gemeinden oder Wohnungs- fahren abgeschlossen, wobei Entscheidungen nach § 32b baugesellschaften Wärmeversorgungsverträge neu ab- gegenüber dem Unternehmen innogy SE (als Rechtsnach- schließen oder verlängern. Die Erzeugung von und die folgerin der RWE Energiedienstleistungen GmbH) sowie Versorgung mit Fernwärme erfolgt allerdings sehr vielge- den zur Danpower-Gruppe gehörenden Unternehmen staltig. Sie reicht von großen städtischen Leitungsnetzen Bitterfelder Fernwärme GmbH, Danpower Energie Ser- mit Gas- oder Kohleheizkraftwerken über Industrie- oder vice GmbH, EKT Energie- und Kommunal-Technologie Wohnungsbau-Areale bis hin zu Kleinstwohngebieten mit GmbH und Wärmeversorgung Wolgast GmbH erlassen KWK-Anlagen. Dies stellt insbesondere die kartellrecht- wurden (siehe Pressemitteilung vom 14. Februar 2017 und liche Preismissbrauchsaufsicht, der Fernwärmeversorger Beschlüsse vom 13. Februar 2017, B8-30/13, B8-31/13). als Normadressaten des § 19 grundsätzlich unterfallen, Vorausgegangen waren Zusagen dieser Unternehmen, vor Herausforderungen. wonach den Kunden in über zwanzig Fernwärmenetzen Rückerstattungen mit einem Volumen von 12,3 Mio. Euro Drucksache 18/12760 – 116 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

(innogy SE) bzw. gut zwei Mio. Euro (Danpower-Gruppe) Auslöser für die Sektoruntersuchung waren Hinweise auf über die nächsten Jahresabrechnungen zukommen. Damit mögliche Kartellrechtsprobleme im Bereich Submetering, konnten Bedenken des Bundeskartellamtes, dass in diesen hinzu kamen eine Reihe von Beschwerden von Woh- Netzen missbräuchliche Preisüberhöhungen in den Jahren nungsmietern, -eigentümern und -verwaltern über die Ab- 2010 bis 2012 bestanden, ausgeräumt und weitere Ermitt- rechnung der Heiz- und Wasserkosten durch Submetering- lungen sowie sich anschließende Rechtsstreite vermieden Unternehmen. werden. Es wurden Daten und Informationen von Submetering- Das Verfahren gegen die HanseWerk Natur GmbH (als Unternehmen zu verschiedenen Bereichen der wirtschaft- Rechtsnachfolgerin der E.ON Hanse Wärme GmbH) lichen Tätigkeit, wie dem Angebotsumfang und der Preis- konnte das Bundeskartellamt ohne Verfügung abschlie- gestaltung des Unternehmens, zur Bewertung des Marktes ßen. Zum einen konnte sich das Unternehmen bezüglich und der Wettbewerbsstruktur sowie zur Marktentwicklung der beiden betroffenen Versorgungsgebiete auf gebiets- im Submetering ausgewertet. Zudem mussten die Un- strukturelle Besonderheiten berufen. Zum anderen hatte ternehmen Jahresabschlüsse, Preislisten und unterneh- es zwischenzeitlich seine Preise insgesamt gesenkt und in mensinterne Planungsdaten vorlegen. Außerdem wurden diesem Zusammenhang die Preisanpassungsformeln ins- Unternehmen der Wohnungswirtschaft befragt. Die Sub- besondere von Öl- auf Gasindizes umgestellt. metering-Kunden sollten hauptsächlich zu ihrer Nachfra- ge nach Submetering-Tätigkeiten und dem Vorgehen bei Zu einer Verfahrenseinstellung kam es im Februar 2017 der Auswahl und beim Wechsel eines Submetering-Unter- hinsichtlich der Fernwärmeversorger Energie SaarLorLux nehmens Auskünfte erteilen, insbesondere mit Blick auf AG und Stadtwerke Rostock AG, nachdem sich der Ver- die Fernauslesung über Funk und die verwendete Ablese- dacht des Preismissbrauchs für die Jahre 2010 bis 2012 und Abrechnungssoftware. bezüglich der betroffenen Versorgungsnetze nicht erhärten ließ. Im Rahmen der Sektoruntersuchung fanden des Weiteren Gespräche mit Unternehmen und Verbänden der Anbieter- c) Auswirkungen und Nachfrageseite sowie mit Experten und involvierten Behörden statt. Das Bundeskartellamt geht wie schon in den Vorjahren davon aus, dass stichprobenhafte Überprüfungen und Die Sektoruntersuchung ergab, dass der Submetering- Verfahren gegen Unternehmen wegen des Verdachts Markt in Deutschland durch eine hohe Konzentration der missbräuchlich überhöhter Fernwärmepreise durch die Angebotsseite gekennzeichnet ist. Die beiden Marktführer Kartellbehörden auch künftig nötig sein werden, dass Techem und ista erreichten im Jahr 2014 gemeinsam Um- aber eine Entflechtung und umfassende Regulierung der satzanteile zwischen 50 und 60 Prozent und die größten Wärmenetze weiterhin nicht geboten ist (siehe Tätigkeits- fünf Anbieter erreichten einen gemeinsamen Umsatzanteil bericht 2013/14, S. 109). Dämpfend auf die Verbraucher- zwischen 70 und 80 Prozent. Nach den Ermittlungen be- preise kann sich auswirken, wenn bei Neuabschluss oder stehen erhebliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Verlängerung von Wärmeversorgungsverträgen, insbe- wettbewerbslosen Oligopols, dem zumindest die beiden sondere von großen Nachfragern, Alternativen erwogen Marktführer, möglicherweise aber auch weitere der größ- und die Preisgünstigkeit der Versorgung mit in die Aus- ten fünf Anbieter, angehören. wahlentscheidung einbezogen werden. Soweit ersichtlich, Die Analyse von Renditekennziffern wies auf eine hohe geschieht dies aber noch eher selten. Die Bedeutung der Ertragskraft der befragten Unternehmen hin. Zudem ergab Fernwärmeversorgung wird in den nächsten Jahren nicht die Analyse einen geringen Binnenwettbewerb der großen zuletzt im Zusammenhang mit der Energie- und auch Submetering-Unternehmen. Bei der Gruppe der großen Wärmewende eher zunehmen. Unternehmen ist zudem anzumerken, dass die Wettbewer- ber BRUNATA und Minol im Gegensatz zu den beiden 6. Submetering Marktführern ista und Techem starke regionale Schwer- punkte aufwiesen. Aber auch von weiteren nachfolgenden Das Bundeskartellamt hat am 4. Mai 2017 den Abschluss- Unternehmen ging nur ein geringfügiger Wettbewerbs- bericht seiner Sektoruntersuchung im Bereich des Subme- druck aus. Bei der großen Mehrzahl dieser Wettbewerber tering veröffentlicht (siehe Pressemitteilung vom 4. Mai handelte es sich um mittelständische Unternehmen mit 2017). Unter Submetering ist die verbrauchsabhängige einer entsprechend geringen Finanzkraft für die in aller Messung und Abrechnung von Heiz- und Warmwasser- Regel gilt, dass sie einen regionalen Fokus haben und ihre sowie Kaltwasserkosten in Gebäuden zu verstehen. Die Umsätze nur in einem Bundesland oder wenigen Bundes- Untersuchung liefert im Ergebnis einen Überblick über ländern generieren. die aktuelle Marktsituation und die Wettbewerbsinten- sität in diesem Bereich. Es wurde insbesondere der Fra- Aus wettbewerblicher Sicht weist der Submetering-Markt ge nachgegangen, ob aufgrund der Struktur des Marktes einige kritische Strukturmerkmale auf. Dabei ist insbe- Wettbewerbsdefizite zu verzeichnen sind. Außerdem wur- sondere das bestehende Dreiecksvertragsverhältnis, bei den die Auswirkungen gesetzlicher und technischer Ent- der die Mieter überwiegend die Kosten des Submeterings wicklungen auf das Submetering-Angebot analysiert und tragen, aber nicht die unmittelbaren Vertragspartner der verschiedene Wettbewerbsprobleme aufgedeckt. Ablese-Dienstleister sind, zu nennen. Zusammen mit der geringen Kenntnis von Mietern über die Kosten des Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 117 – Drucksache 18/12760

Submeterings ergibt sich eine geringe Preissensibilität Unternehmen ergeben. Der Sektoruntersuchungsbericht der Nachfrage. Zudem gaben die befragten Unternehmen zeigt daher Handlungsfelder auf, deren Umsetzung die der Wohnungswirtschaft an, keine offenen Ausschreibun- Wettbewerbshemmnisse im Submetering-Markt abbau- gen vorzunehmen. Vielmehr wurden Angebote nur von en sollen. Bei möglichen künftigen Zusammenschluss- einigen Submetering-Unternehmen eingeholt bzw. auf vorhaben unter Beteiligung eines oder mehrerer großer diejenigen zurückgegriffen, mit denen bereits vertragli- Submetering-Unternehmen, die beim Bundeskartellamt che Beziehungen bestanden. Dadurch waren die übrigen angemeldet werden, ist aufgrund der festgestellten hohen Wettbewerber, unabhängig von Preisen und Qualität ihrer Marktkonzentration mit einer kritischen Prüfung zu rech- Leistungen, bereits ohne Chance, diese Kunden zu gewin- nen. Um den Wettbewerb zu beleben und insbesondere nen. Hinzu kommen lange Vertragslaufzeiten und vielfäl- Anbieterwechsel zu erleichtern, hat das Bundeskartell- tige Wechselhemmnisse, die z.B. zurückzuführen sind auf amt gesetzliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der unterschiedliche Eichfristen für verschiedene Zählerarten, Vertragslaufzeit angeregt, etwa in Bezug auf die Eichfris- fehlende Interoperabilität von Zählersystemen sowie eine ten für die unterschiedlichen Zählerarten. Die Förderung geringe Vergleichbarkeit von Preisen und Angebotsquali- der Interoperabilität von Zählern zur Erleichterung eines täten. Neue Markteintritte sind aufgrund der zu tätigenden Anbieterwechsels ist ebenfalls Gegenstand der Empfeh- erheblichen Investitionen nicht wahrscheinlich und setzen lungen. Darüber hinaus empfiehlt das Bundeskartellamt in der Regel spezifisches Wissen im Bereich Submetering die Transparenz für die Wohnungsmieter durch Informa- voraus, welches durch die Digitalisierung von Zählern tionsrechte und Ausschreibungspflichten zu verbessern. und die Fernauslesung über Funk zunehmend anspruchs- Das Bundeskartellamt geht schließlich von einer Adres- voller wird. sateneigenschaft der großen Submetering-Unternehmen nach §§ 18 und 19 GWB aus. Es wird daher die weitere Seit der letzten Ermittlung der Marktstruktur durch das Entwicklung des Wirtschaftsbereiches Submetering und Bundeskartellamt im Jahr 2002 scheint die Wettbewerbs- seines Rechtsrahmens beobachtet und bei Anhaltspunkten position der großen und mittleren Anbieter in diesem Be- für ein missbräuchliches Verhalten die Einleitung von Ver- reich weitgehend stabil geblieben zu sein. Allerdings hat fahren geprüft. sich das Umsatzvolumen seitdem deutlich von 0,94 Mrd. Euro im Jahr 2002 auf ca. 1,47 Mrd. Euro im Jahr 2014 vergrößert. Die Hauptgeschäftstätigkeit der befragten Sub- X. Mineralöl metering-Unternehmen lag im Jahr 2014 mit Umsätzen 1. Allgemeiner Überblick und i.H.v. ca. 1,37 Mrd. Euro bei der Gebrauchsüberlassung wettbewerbliche Situation von Zählern und den Servicedienstleistungen (hierunter fallen vor allem Ablese- und Abrechnungsdienstleistun- Die verschiedenen Produktbereiche und Wertschöpfungs- gen). Bei der Gebrauchsüberlassung hatte die Vermietung stufen im Mineralölsektor standen im Berichtszeitraum in im Jahr 2014 den deutlich höheren Umsatzanteil von 84,5 unterschiedlicher Weise im wettbewerblichen Fokus. Prozent. Auf der Raffinerieebene sind in Deutschland zuletzt so- Des Weiteren ergab die Sektoruntersuchung, dass die wohl Marktzutritte als auch Entflechtungsschritte bei der Ablesung von Zählern im Jahr 2014 zu ca. 38,6 Prozent verbreiteten gemeinschaftlichen Beteiligung von Mine- per Fernauslesung über Funk und zu ca. 61,4 Prozent per ralölunternehmen an Raffineriestandorten zu beobachten Ablesung innerhalb der Wohneinheit erfolgte. Die Vortei- gewesen. Genannt werden können in diesem Zusammen- le der Fernauslesung über Funk mit Hilfe digitaler Zähler hang der Eintritt von Gunvor in den deutschen Markt über sahen die befragten Submetering-Unternehmen vor allem die Beteiligung an der Raffinerie in Ingolstadt (siehe auch in möglichen Personaleinsparungen, der Vermeidung von Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 111) sowie die Beteiligung Ablesefehlern und der sofortigen Verfügbarkeit der Daten. von Varo Energy an der Bayernoil-Raffinerie. In den Be- Insbesondere die ständige Verfügbarkeit von Ablesedaten richtszeitraum fiel die Übernahme der Anteile von Total ist eine Voraussetzung für unterjährige Verbrauchsmel- an der PCK-Raffinerie in Schwedt durch Rosneft und die dungen. Die Befragung der Submetering-Unternehmen Auflösung des zwischen Rosneft und BP bestehenden ergab andererseits, dass der Einsatz funkauslesbarer Gemeinschaftsunternehmens Ruhr Oel, über das mehrere Zähler teurer ist und ein Hemmnis für den Wechsel des Raffineriebeteiligungen gehalten wurden (siehe unten 2. Servicedienstleisters darstellt, weil ein neuer Anbieter a)). Im Hinblick auf die schon angestoßene Untersuchung typischerweise keinen Zugang zur proprietären Able- dieses Sektors (siehe Tätigkeitsbericht 2011/12, S. 105), sesoftware des Vorgängers erhält. Einige Unternehmen die dann nach ersten Vorklärungen in der Branche wegen der Wohnungswirtschaft beginnen aufgrund der Verfüg- des Aufbaus der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe barkeit digitaler Zähler mittlerweile damit, Submetering- (MTS-K) zurückgestellt worden war, sind u.a. die genann- Leistungen ganz oder teilweise selbst zu erbringen. Dies ten strukturellen Veränderungen und weitere zwischen- wird den Submetering-Markt voraussichtlich zunächst nur zeitliche Entwicklungen zu berücksichtigen. geringfügig beeinflussen. Die Tankstellenebene gab konzentrationsseitig keinen An- Die Sektoruntersuchung hat im Wirtschaftsbereich Sub- lass zur kartellbehördlichen Intervention. Hier waren nur metering Wettbewerbsprobleme identifiziert, die sich vereinzelt Tankstellenübernahmen verschiedener Erwer- vor allem aus der Struktur des Marktes teilweise aber ber zu verzeichnen. Die im Rahmen der Fusionskontrolle auch aus dem konkreten Verhalten der Submetering- angemeldeten Vorhaben konnten alle in der ersten Phase Drucksache 18/12760 – 118 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode freigegeben werden. Im Übrigen war das Bundeskartell- ternehmen von Rosneft und BP p.l.c. (BP), insbesondere amt vor allem mit den Tankstellen an Bundesautobahnen Beteiligungen an drei Betreibergesellschaften von Raffi- befasst, deren Neuvergabe zum 1. Januar 2018 durch die nerien (PCK in Schwedt/Oder, Bayernoil in Vohburg und Autobahn Tank & Rast GmbH ansteht (dazu unten S. 119). MiRO in Karlsruhe) zu erwerben. BP sollte im Gegenzug Der im Berichtszeitraum vollzogene Eigentümerwechsel die alleinige Kontrolle an den sonstigen ROG-Beteiligun- bei der Autobahn Tank & Rast warf keine fusionskontroll- gen (insbesondere ROG-Raffinerie in Gelsenkirchen und rechtlichen Bedenken auf. DHC Solvent) übernehmen, wobei dieser Erwerb durch BP in den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Kom- Der Handel mit Mineralölprodukten ist derzeit von Kon- mission fiel. Das Bundeskartellamt sah keine Gefahr, dass solidierungstendenzen geprägt. Dies betrifft grundsätz- die beiden von Rosneft beabsichtigten Zusammenschlüs- lich sowohl den Handel mit Brennstoffen wie Heizöl und se den wirksamen Wettbewerb auf einem der zahlreichen Dieselkraftstoff (Direktgeschäft) als auch den Handel betroffenen Produktmärkte erheblich behindern könnten. mit Schmierstoffen. Zu beobachten sind vermehrt Über- Schäden für den Wettbewerb durch horizontale Effekte nahmen von kleineren Einzelhändlern mit Endkundenge- waren nicht zu erwarten, da von den beiden Vorhaben eher schäft durch Großhändler oder größere Einzelhändler. dekonzentrative Wirkungen ausgehen. Auch wettbewerbs- Dies gilt im Berichtszeitraum vor allem für den Bereich schädigende vertikale Effekte konnten nicht festgestellt Heizölhandel, in dem in der Belieferung von kleinen End- werden, da selbst für die an der Druschba-Pipeline gelege- verbrauchern mit Heizöl (sog. „Hausbrand“) noch viele nen Raffinerien realistische Alternativen zur Versorgung kleinere Einzelhändler tätig sind. In den im Rahmen der mit russischem Rohöl bestehen. Fusionskontrolle zu prüfenden Fällen wurden diese Un- ternehmen bzw. deren entsprechende Geschäftsbereiche b) Missbrauchsaufsicht häufig von größeren Händlern erworben. Daneben haben z.B. genossenschaftliche Unternehmen auch ihr jeweiliges Behinderung freier Tankstellen Handelsgeschäft mit Brennstoffen (insbesondere Heizöl Soweit das Bundeskartellamt im April 2012 wegen des und Direktvertrieb von Dieselkraftstoff) in einem Ge- Verdachts der Behinderung freier Tankstellen gegen BP/ meinschaftsunternehmen zusammengelegt. Die bisher zu Aral, Shell, Total, ExxonMobil/Esso und ConocoPhillips/ betrachtenden Zusammenschlüsse ließen angesichts von Jet Missbrauchsverfahren eingeleitet hatte (siehe Tätig- weiterhin vorhandenen Wettbewerbern in den jeweiligen keitsbericht 2011/12, S. 106), entschied es im Oktober betroffenen Märkten keine erhebliche Behinderung wirk- 2015 im Rahmen seines Ermessens, diese Verfahren nicht samen Wettbewerbs erwarten. weiter zu betreiben. In Anbetracht der zum Zeitpunkt der Im Bereich Automobil- und Industrieschmierstoffe stehen Entscheidung vorliegenden Erkenntnisse wären nach Ein- den Herstellern und Händlern häufig große, international schätzung des Bundeskartellamtes für den Nachweis einer tätige Kunden der Automobilindustrie oder dem Maschi- unbilligen Behinderung gemäß § 20 Abs. 3 noch in grö- nenbau gegenüber. Auch sind die Märkte hier räumlich ßerem Umfang weitere Ermittlungen erforderlich gewe- eher weiter zu fassen als im Endkundengeschäft mit Heiz- sen. Zugleich hatten sich die Wettbewerbsparameter und öl oder Dieselkraftstoff. Die im Berichtszeitraum betrach- Preiszyklen im Verlauf der Zeit verändert und durch die teten und jeweils in der ersten Phase freigegebenen Vor- Einführung der Markttransparenzstelle steht dem Bun- haben betrafen u.a. die Beteiligung von Fuchs Petrolub deskartellamt eine wesentliche neue Erkenntnisquelle zur an Deutsche Pentosin-Werke, den Erwerb eines Teils des Verfügung. Bei entsprechenden Verdachtsmomenten kann Schmierstoffgeschäfts der BP durch Mobene sowie die das Bundeskartellamt erneut Verfahren wegen möglicher Übernahme des Automobilschmierstoffgeschäfts mit VW- Kartellrechtsverstöße zu Lasten freier Tankstellen durch Servicepartnern der BP durch die Volkswagen Original vertikal integrierte Mineralölunternehmen einleiten. Freie Teile Logistik. Tankstellen sind auf der Großhandelsebene auf die Belie- ferung mit Kraftstoff angewiesen. Zugleich treten auf der Tankstellenebene auch die vertikal integrierten Mineralöl- 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht unternehmen als Anbieter von Kraftstoffen auf. Dies kann a) Fusionskontrolle die Gefahr von Marktmachtmissbrauch in Form einer Be- hinderung freier Tankstellen, gegebenenfalls auch in einer Die eingangs erwähnte Entwicklung im Raffineriesektor der speziellen Formen Preis-Kosten-Scheren und Unter- spiegelt sich u.a. in zwei Zusammenschlüssen wider, die einstandspreisverkäufe, bergen. Über das Machtverhältnis beide in der ersten Phase freigegeben werden konnten. hinaus müssen dabei für die Annahme eines Kartellrechts- Zum einen beabsichtigte die OJSC Rosneft Oil Company verstoßes weitere Voraussetzungen vorliegen, wie z.B. für (Rosneft), die Anteile der Total S.A. an der AET Raffine- eine Preis-Kosten-Schere ein niedrigerer Tankstellenpreis riebeteiligungsgesellschaft mbH zu erwerben. Diese Be- des vertikal integrierten Mineralölunternehmens als sein teiligung vermittelt Rosneft einen gewissen Einfluss auf Lieferpreis an kleine oder mittlere Wettbewerber auf dem die PCK Raffinerie GmbH (PCK), von der die Raffinerie in Tankstellenmarkt. Die betroffenen Unternehmen sind im Schwedt/Oder betrieben wird. Zum anderen beabsichtigte Rahmen der Verfahren auf die konkreten kartellrechtli- Rosneft im Zusammenhang mit der Aufspaltung der Ruhr chen Rahmenbedingungen hingewiesen worden. Oel GmbH (ROG), einem paritätischen Gemeinschaftsun- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 119 – Drucksache 18/12760

BAT-Vergabemodell 2018 steht (siehe zuletzt Pressemitteilung vom 9. Februar 2017 zum Jahresbericht „Das 3. Jahr Markttransparenzstelle für Das Bundeskartellamt hat sich im Berichtszeitraum erneut Kraftstoffe“, Februar 2017; abrufbar auf der Internetseite mit der Vergabe der Einlieferungs- und Vertriebsrechte für des Bundeskartellamtes). Kraftstoffe an Bundesautobahntankstellen durch die Au- tobahn Tank & Rast GmbH (Tank & Rast) auseinander- Standen im vorigen Berichtszeitraum Aufbau und Inbe- gesetzt. Die Tank & Rast hat in den 1990er Jahren vom triebnahme der MTS-K im Vordergrund (siehe Tätigkeits- Staat die Bewirtschaftung der Bundesautobahntankstellen bericht 2013/14, S. 109 ff.), so können die dem Betrieb übernommen, betreibt den Kraftstoffvertrieb an den Sta- der MTS-K zugrundeliegenden Verwaltungsabläufe und tionen allerdings überwiegend nicht selbst. Vielmehr ver- technischen Abläufe als im Wesentlichen etabliert angese- gibt sie rund 90 Prozent der Rechte für die Einlieferung hen werden. Die Bereitstellung der Datenpakete über den und den Vertrieb von Kraftstoffen an Mineralölunterneh- Mobilitäts-Daten-Marktplatz (MDM) der Bundesanstalt men. Für diese Unternehmen genießt der Standort „Auto- für Straßenwesen (BASt) funktionierte auch in diesem Be- bahn“ nach wie vor sehr hohe Attraktivität. Nachdem das richtszeitraum reibungslos. Auf Grundlage der in der Bran- Bundeskartellamt hierzu bereits im Jahr 2011 eine Ent- che etablierten Zahlen kann davon ausgegangen werden, scheidung nach § 32c erlassen hatte (siehe Beschluss vom dass im Hinblick auf die Registrierung der Betreiber „klas- 14. Januar 2011, B8-95/10 und Tätigkeitsbericht 2011/12, sischer“ Tankstellen in Deutschland eine weitest gehende S. 105 f.), konnte es das aktuelle Verfahren im Februar Abdeckung erreicht werden konnte. Es gehen aber nach 2017 ohne Verfügung abschließen (siehe Pressemitteilung wie vor Registrierungsanträge bei der MTS-K ein. Diese vom 24. Februar 2017). Basis hierfür war das – im Laufe stammten zuletzt vermehrt von Betreibern eher „atypischer“ des Verfahrens modifizierte – Vergabemodell 2018, das Tankstellen (z.B. von Mineralölhändlern, Speditionen, Au- gegenüber dem für die Jahre 2013 bis 2017 praktizierten tohäusern, Werkstätten, Baumärkten oder Agrarhändlern). Modell einen höheren Auktionsanteil sowie eine Reihe Außerdem gibt es bereits eine Vielzahl zugelassener und von Änderungen insbesondere am Auktionsdesign und aktiver Verbraucher-Informationsdienste und es gehen nach an der Struktur des Quotenentgelts aufwies. Im Rahmen wie vor Anträge auf Zulassung als Anbieter eines Verbrau- des Quotenanteils werden die Rechte an den Autobahn- cher-Informationsdienstes bei der MTS-K ein. Auch hier tankstellen entsprechend der Marktanteile der Mineral- ist eine Entwicklung weg von eher „klassischen“ Informa- ölunternehmen an den Straßentankstellen vergeben. Das tionsangeboten an die Verbraucherinnen und Verbraucher Bundeskartellamt führte eine Branchenkonsultation zum hin zu eher „atypischen“, teilweise durchaus innovativen Vergabemodell 2018 durch, erörterte auf dieser Grundlage Konzepten festzustellen. Es gibt mittlerweile eine technisch die kartellrechtlichen Rahmenbedingungen mit der Tank und inhaltlich breite Palette von Angeboten (siehe dazu u.a. & Rast und erwirkte bestimmte Modifikationen. In der die Liste auf der Website des Bundeskartellamtes). Auf der überarbeiteten Fassung gab das Vergabemodell 2018 dem Grundlage einer ersten, freiwilligen Erhebung der MTS-K Bundeskartellamt bezüglich der näher betrachteten The- unter den zugelassenen und bereits aktiven Anbietern von men keine Veranlassung aus kartellrechtlichen Gründen Verbraucher-Informationsdiensten im Oktober 2015 kann einzuschreiten. Dies galt insbesondere im Hinblick auf davon ausgegangen werden, dass die MTS-K bei den Ver- die weitere Marktöffnung, die bereits mit dem Beschluss braucherinnen und Verbrauchern angekommen ist. des Amtes aus dem Jahr 2011 vorgegeben wurde. So wird durch eine erneute Senkung des Quotenanteils der Markt Die wichtigsten Erkenntnisse aus dem 2. und 3. MTS-K- weiter geöffnet. Auch im Hinblick auf den in mehreren Jahresbericht stellen sich zusammenfassend wie folgt dar: Stellungnahmen thematisierten Aspekt eines etwaigen - Die Betrachtung der Preisniveaus im Bundesgebiet zeigt Preishöhenmissbrauchs, vor allem hinsichtlich des Quo- regionale Unterschiede. Mit maximal sieben Eurocent/Li- tenentgelts, konnte von einem Einschreiten abgesehen ter waren diese zuletzt etwas größer als im Vorjahr. Für die werden. Das modifizierte Vergabemodell enthält dabei weit überwiegende Zahl der Regionen betrug der Unter- weiterhin eine angemessene Berücksichtigung der Inter- schied jedoch maximal fünf Eurocent/Liter. essen der mittelständischen Mineralölwirtschaft. - Dass die durchschnittlichen Preise zu Ferienzeiten we- 3. Markttransparenzstelle für Kraftstoffe sentlich höher als in der Zeit davor bzw. danach gewesen wären, konnte am Beispiel der Oster- und der Pfingstferi- Die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-K) ist zu en in den Jahren 2015 und 2016 – anders als in früheren einem festen Bestandteil der Arbeit des Bundeskartellam- Jahren – nicht beobachtet werden. tes im Kraftstoffsektor geworden. Die Verbraucherinnen und Verbraucher können auf der Grundlage der von ihr zur - In groben Zügen schien die Entwicklung der Preise für Verfügung gestellten Daten umfassend und in Echtzeit über die betrachteten Kraftstoffe grundsätzlich der Entwick- Verbraucher-Informationsdienste Kraftstoffpreise verglei- lung des Rohölpreises zu entsprechen. chen. Außerdem hat das Bundeskartellamt mittlerweile drei - Der Preisabstand zwischen den Sorten E5 und E10 be- MTS-K-Jahresberichte mit übergreifenden Beobachtungen trägt seit Anfang 2015 im Durchschnitt nur noch ca. zwei und Erkenntnissen zu den Kraftstoffpreisen veröffentlicht, Eurocent/Liter. bei denen der unmittelbare Mehrwert, der sich aus den von der Markttransparenzstelle erhobenen Daten für die - Nach wie vor waren die Kraftstoffpreise am späten Verbraucherinnen und Verbraucher ergibt, im Vordergrund Nachmittag, also vor den abendlichen Preiserhöhungen, Drucksache 18/12760 – 120 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode im Schnitt am günstigsten. Wer in der Mittagspause tank- oder öffentlich-rechtlich (z.B. Eigenbetrieb der Kommu- te, zahlte dafür seit Sommer 2015 im Schnitt einen etwas ne, öffentlich-rechtlicher Zweckverband). Privatrechtliche höheren Preis, als noch kurz vor der Mittagszeit. Das Ge- Versorger können nur Wasserpreise erheben, selbst wenn samtprofil der täglichen Preisveränderungen galt im Prin- sie sich zu 100 Prozent im Eigentum der Kommune befin- zip für jeden Wochentag in vergleichbarer Form. den. Dagegen dürfen öffentlich-rechtliche Versorger auch Wassergebühren erheben, welche dann nach § 185 Abs. Der Umfang der Preisschwankungen an ein und dersel- 1 Satz 2 nicht der kartellrechtlichen Preismissbrauchsauf- ben Tankstelle innerhalb eines Tages ist seit 2015 mit grob sicht, sondern ausschließlich dem öffentlichen Gebühren- um die zehn Eurocent/Liter praktisch gleich geblieben. recht, also den Kommunalabgabengesetzen der Länder Die Preisspannen zwischen dem durchschnittlichen Ta- unterliegen. gesniedrigst- und -höchstpreis in einer Stadt haben sich jedoch vergrößert und lagen zuletzt durchschnittlich in An der bereits früher festgestellten und kritisch beurteilten einem Bereich von bis zu 30 Eurocent/Liter bzw. – wenn Diskrepanz zwischen kartellrechtlicher Preismissbrauchs- man die teuersten fünf Prozent der gemeldeten Tankstel- aufsicht und gebührenrechtlicher Kommunalaufsicht (sie- lenpreise an jedem Tag bei der Berechnung unberücksich- he Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 111) hat sich im Berichts- tigt lässt – um die 20 Eurocent/Liter. zeitraum nichts geändert. Die Möglichkeit eines Wechsels in das andere Rechtsregime schwächt die Durchsetzungs- - Das Preisgefüge der verschiedenen Tankstellen einer kraft des jeweils strengeren Regimes. Stadt erscheint einigermaßen stabil, insbesondere war er- kennbar, dass an einem Tag günstige Tankstellen häufig auch am Folgetag günstig und an einem Tag teure Tank- 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht – stellen häufig auch am Folgetag teuer waren. Preismissbrauchsaufsicht Der Schwerpunkt der Wettbewerbsaufsicht im Wasserbe- XI. Wasser reich lag auch im Berichtszeitraum im Verfahren wegen des Verdachts missbräuchlich überhöhter Wasserentgelte. 1. Allgemeiner Überblick und wettbewerbliche Situation Wuppertaler Stadtwerke Die deutsche Wasserversorgung ist geprägt von einem reichhaltigen Wasserangebot und einer im internationalen Das 2012 eingeleitete Preismissbrauchsverfahren gegen und europäischen Vergleich hohen Trinkwasserqualität so- die Wuppertaler Stadtwerke GmbH (WSW) wurde im wie einer hohen Versorgungssicherheit. September 2015 mit einem Vergleich beendet (siehe Pres- semitteilung vom 19. Oktober 2015). Darin verpflichtete Bei den inländischen Entgelten für Trinkwasser (Leitungs- sich die WSW, ihren ehemaligen Wuppertaler Wasser- wasser) gibt es bundesweit große Unterschiede, und zwar kunden insgesamt 15 Mio. Euro zurück zu erstatten. Da sowohl bei Wasserpreisen als auch bei Wassergebühren. die Stadt Wuppertal im Jahr 2013 ihre Wasserversorgung Aufgrund der Versorgungsmonopole vor Ort kann sich rekommunalisiert hatte und seitdem Wassergebühren er- kein Marktpreis bilden. Über die Ausgestaltung ihrer Tarif- hebt, war eine Preissenkungsverfügung gegenstandslos oder Gebührenstrukturen wie auch über die Höhe der Ent- geworden. Das Bundeskartellamt hatte deshalb das Ver- gelte insgesamt entscheiden die Versorger bzw. die Kom- fahren nur noch mit der Zielrichtung einer Rückerstattung munen letztlich selbst. Ob Wasserentgelte missbräuchlich überhöhter Wasserpreise der Vergangenheit geführt (siehe überhöht sind, kann angesichts sehr unterschiedlicher Ver- Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 112 f.). Zwischen der WSW sorgungsbedingungen oftmals erst beurteilt werden, wenn und dem Bundeskartellamt bestanden erhebliche Diffe- entweder sämtliche Kosten der Wasserversorgung auf ihre renzen über die Höhe der Rückerstattung, d.h. über die Angemessenheit hin geprüft wurden, oder wenn poten- konkrete Bewertung der von der WSW geltend gemachten zielle Rechtfertigungsgründe für vergleichsweise ungüns- Gründe für die Rechtfertigung überhöhter Wasserpreise. tigere Preise im Einzelnen überprüft worden sind (vgl. § Zur Vermeidung langwieriger Rechtsstreitigkeiten einigte 31 Abs. 4 Nr. 2, Halbsatz 2). man sich auf eine pauschale Rückerstattungssumme, die den Wasserkunden anteilig, also je nach Höhe ihrer frühe- Die Untersuchungen des Bundeskartellamtes zeigen, dass ren Wasserrechnungen, zu erstatten war und die im Som- die hohen Unterschiede bei den Wasserentgelten nur zu mer 2016 in Höhe von insgesamt mehr als 15 Mio. Euro einem Teil die unterschiedlichen strukturellen Versor- ausgezahlt wurde. Für Härtefälle wurde eine zusätzliche gungsbedingungen der Wasserversorger widerspiegeln. Summe bereitgestellt, auf die zurückgegriffen werden Als weitere Ursachen für die stark differierenden Entgelte kann, wenn z.B. zwischenzeitlich verzogene Kunden oder kommen auch Unterschiede im Hinblick auf die Effizienz die Erben verstorbener Kunden sich nachträglich melden. der Versorger in Betracht sowie insbesondere die unter- Im Hinblick auf die seit dem 1. Mai 2013 von der Stadt schiedlichen Renditeinteressen ihrer – meist kommunalen Wuppertal verlangten Wassergebühren haben einzelne – Inhaber. Wuppertaler Bürger Klage vor dem Verwaltungsgericht Die mehr als 6.000 deutschen Wasserversorger können erhoben, denn die Wassergebühren unterscheiden sich in privatrechtlich organisiert sein (z.B. Stadtwerke-GmbH) ihrer Höhe praktisch nicht von den früheren Wasserprei- sen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 121 – Drucksache 18/12760

Sonstige Verfahren tellbehörde für Energie und Wasser im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden- In den Verfahren Wasserpreise Berlin und Wasserpreise Württemberg vom 10. Juli 2015). Mainz hatte das Bundeskartellamt Wasserpreissenkun- gen für die Zukunft gerichtlich durchgesetzt bzw. mit den Im Verfahren der Landeskartellbehörde Baden-Württem- Versorgern vertraglich vereinbart (siehe Tätigkeitsbericht berg gegen die Energie Calw GmbH einigten sich die Par- 2013/14, S. 111 f. und Tätigkeitsbericht 2011/12, S. 108). teien – als das Verfahren zum dritten Mal dem Oberlan- Die jährlichen Überprüfungen, ob die Verfügung bzw. desgericht Stuttgart zur Entscheidung vorlag – im Oktober Verpflichtung zur Preissenkung seitens der Unternehmen 2016 gerichtlich auf einen Vergleich. In Erfüllung dieses konkret eingehalten wurde, ergaben keinen Anlass zu Be- Vergleiches hob die Landeskartellbehörde im Dezember anstandungen. 2016 die Preissenkungsverfügung auf und der Wasser- versorger erstattet seinen Kunden für die Jahre 2008 und Das gegen den Bremer Wasserversorger swb AG einge- 2009 diejenigen Mengen-Entgelte, die über einen Netto- leitete Preismissbrauchsverfahren (siehe Tätigkeitsbericht Arbeitspreis von 2,38 Euro/m³ hinausgingen (entspricht 2013/14, S. 113) ruhte im Berichtszeitraum. Da die Be- einer Absenkung des Arbeitspreises um 0,41 Euro/m³). wertung der kalkulatorischen Kosten der Wasserversor- Zuvor war die am 24. Februar 2011 ergangene Verfügung gung insoweit eine wichtige Rolle spielt, sollten zunächst der Landeskartellbehörde zur Rückerstattung überhöhter die Entscheidungen im Verfahren über die Wasserpreise Wasserpreise der Energie Calw zweimal vom Oberlandes- Calw (s.u.) abgewartet werden, wo auch allgemeine Fra- gericht Stuttgart aufgehoben worden (Urteil vom 25. Au- gen zur Berechnung der kalkulatorischen Kosten in der gust 2011, Aktenzeichen: 201 Kart 2/11, und Urteil vom Wasserversorgung in Streit stehen. Im Februar 2017 wur- 5. September 2013, Aktenzeichen: 201 Kart 1/12), jedoch den die Ermittlungen wieder aufgenommen, indem ca. hatte der Bundesgerichtshof beide Entscheidungen des 40 Wasserversorger insbesondere zu ihren Erlösen in den Oberlandesgerichts wiederum aufgehoben und zurückver- Jahren 2014, 2015 und 2016 befragt wurden. wiesen. In seinem ersten Urteil hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Preishöhenmissbrauch im Sinne des Landeskartellbehörden § 19 Abs. 4 Nr. 2 nicht nur aufgrund einer Vergleichs- marktbetrachtung festgestellt werden kann, sondern auch Das Bundeskartellamt ist gemäß § 54 Abs. 3 an den Ver- durch eine Überprüfung der Preisbildungsfaktoren (Kos- fahren der Landeskartellbehörden beteiligt, die im Be- tenkontrolle). Die sich dabei ergebende Preisgrenze sei richtszeitraum ebenfalls Verfahren wegen überhöhter um einen „Erheblichkeitszuschlag“ zu erhöhen (Urteil Wasserpreise geführt haben. Die Landeskartellbehörde vom 15. Mai 2012, Aktenzeichen: KVR 51/11). Mit sei- Hessen hat im Berichtszeitraum Verfahren zur Rücker- nem zweiten Urteil hat der Bundesgerichtshof entschie- stattung von überhöhten Wasserpreisen der Vergangen- den, dass ein vom Beschwerdegericht nur teilweise für heit geführt. Die betroffenen Kommunen hatten zuvor rechtswidrig erachteter, von der Behörde festgelegter ihre Wasserversorgung rekommunalisiert und erheben Höchstpreis in der Regel nicht in vollem Umfang aufge- nunmehr Wassergebühren. Mit den Städtischen Werken hoben werden darf. Auch bezüglich des übrigen Teils der wurde ein Vergleich über die Rückerstattung von Verfügung sei Entscheidungsreife herzustellen. Weiter hat insgesamt 17,8 Mio. Euro vereinbart. Damit wurde das der Bundesgerichtshof festgestellt, dass bei der Ermitt- Gerichtsverfahren über die ursprüngliche Preissenkungs- lung des wettbewerbsanalogen Preises für die Lieferung verfügung, die im April 2008 erlassen worden war, been- von Trinkwasser nach § 31 Abs. 4 Nr. 3 die Grundsätze det (siehe Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums der Strom- und der Gasnetzentgeltverordnungen auch nur für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung teilweise herangezogen werden könnten (Urteil vom 14. vom 8. September 2015). Gegen die im Dezember 2015 Juli 2015, Aktenzeichen: KVR 77/13). ergangene Verfügung zur Vorteilsabschöpfung wegen missbräuchlich überhöhter Wasserpreise in den Jahren 2006 bis 2010 hat die Stadtwerke Gießen AG Beschwerde 3. Wasserbericht vor dem Oberlandesgericht Frankfurt eingelegt (Aktenzei- Ende Juni 2016 hat das Bundeskartellamt einen auf der chen: 11 W 5/16). Homepage des Amtes zugänglichen Bericht über die Die Landeskartellbehörde Baden-Württemberg hob im Rahmenbedingungen der Trinkwasserversorgung und Juli 2015 ihre Preissenkungsverfügung vom 4. Septem- die Aufsicht über die Entgelte der Wasserversorger in ber 2014 (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 113) gegen Deutschland vorgelegt (siehe Pressemitteilung vom 30. den Stuttgarter Wasserversorger EnBW aufgrund ei- Juni 2016). Der Bericht analysiert die Strukturen der Was- nes gerichtlichen Vergleichs vor dem Oberlandesgericht serwirtschaft in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. Er Stuttgart auf. Gemäß dem Vergleich verpflichtete sich die thematisiert zudem die verschiedenen Aufsichtsstrukturen EnBW im Hinblick auf die Wasserpreise der Jahre 2010 für Wasserpreise und Wassergebühren, die dazu geführt bis 2012 Rückerstattungen in Höhe von 46,5 Mio. Euro haben, dass Preismissbrauchsverfahren von Kartellbe- zu leisten, die bis Ende 2016 verrechnet sein sollten. Der hörden gegenstandslos wurden, weil die betroffenen Was- zum Zeitpunkt des Vergleichs aktuelle Wasserpreis wur- serversorger rekommunalisiert wurden und anschließend de von der Landeskartellbehörde nicht mehr beanstandet. eine Erhebung von Wassergebühren vorgezogen wurde Der Vergleich enthält zudem Regelungen für zukünftige (sog. „Flucht in die Gebühr“). Insbesondere wurden um- Preiserhöhungen (siehe Pressemitteilung der Landeskar- fangreiche Daten aus den Wasserverfahren des Amtes Drucksache 18/12760 – 122 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ausgewertet. In einem empirischen Teil werden die erheb- besserung der Wettbewerbsverhältnisse stattgefunden. lichen Unterschiede einzelner Strukturbedingungen der Die Deutsche Post AG (DPAG) ist weiterhin keinem we- Wasserversorger dargestellt und den Preisniveaus gegen- sentlichen Wettbewerb ausgesetzt. Nach den Feststellun- übergestellt. Zudem werden durch einen unmittelbaren gen der Bundesnetzagentur ist in den letzten Jahren ihr Vergleich von Tarifpreisen und Durchschnittserlösen pro Marktanteil zwar stetig, aber langsam auf 87,3 Prozent im Kubikmeter herkömmliche Preisvergleiche relativiert. Die Jahr 2015 gesunken. Etwas geringer war der sendungs- Empfehlungen des Wasserberichts betreffen insbesonde- mengenbezogene Marktanteil (siehe Jahresbericht 2015 re eine Stärkung der Aufsicht über Wasserentgelte. Eine der Bundesnetzagentur, S. 93 f.). Das Marktvolumen lag Ausdehnung der kartellrechtlichen Aufsicht auf Wasser- dabei bei 8,6 Mrd. Euro bzw. 15,7 Mrd. Sendungen. Be- gebühren würde die Entgeltkontrolle effektiver machen achtlich ist in diesem Zusammenhang, dass zwar die Sen- und die ökonomisch nicht nachvollziehbare Zweiteilung dungsmengen in den letzten Jahren leicht gesunken sind, der Aufsicht beenden. Eine „Flucht in die Gebühr“ würde das Marktvolumen nach Umsatz aber zuletzt wieder leicht so vermieden. Überlegenswert wäre weiterhin der Aus- gestiegen ist. Weiterhin gilt, dass die DPAG als einziges bau von Benchmarkprojekten, um den Wasserversorgern Unternehmen über ein flächendeckendes Zustellnetz ver- Erkenntnisse über Möglichkeiten zu Kosteneinsparungen fügt und damit in der Lage ist, bundesweit eine Zustellung und Verbesserungsprozessen an die Hand zu geben. Zu- am Tag nach der Einlieferung des Briefes zu garantieren. sätzliche Maßnahmen zur Schaffung einer höheren Preis- Viele Wettbewerber der DPAG sind zudem nicht auf allen und Gebührentransparenz würden die Verbraucher in die Wertschöpfungsstufen der Briefbeförderungskette tätig, Lage versetzen, das Entgeltniveau ihres Versorgers besser sondern nehmen Teilleistungen der DPAG in Anspruch. einzuordnen. Damit ließen sich gleichzeitig die Anreize der Versorger erhöhen, ihre Wasserversorgung effizient zu Ein wichtiges Verfahren der Bundesnetzagentur be- gestalten. traf die Genehmigung von Entgelten für lizenzpflichti- ge Briefdienstleistungen für die Jahre 2016 bis 2018 im Den Bericht über die großstädtische Trinkwasserversor- „Price-Cap“-Verfahren. Wesentliches Ergebnis dieses gung in Deutschland sowie eine Zusammenfassung des Verfahrens war die Erhöhung des von Privatkunden und Berichts findet sich zum Download auf der Internetseite anderen Kleinversendern zu entrichtenden Entgeltes für des Bundeskartellamtes. den Standardbrief von 62 auf 70 Cent. Diese erhebliche Entgeltsteigerung wurde durch die Änderung der Prei- 4. Auswirkungen sentgeltverordnung ermöglicht, die für die Berechnung des angemessenen Gewinnzuschlages für die DPAG nicht Die Missbrauchsaufsicht über Wasserpreise kann ihren mehr auf die Kapitalkosten abstellt, sondern auf einen im Gesetz ursprünglich angelegten Zweck, die Preise der Vergleich mit den Gewinnmargen anderer Anbieter von Wasserversorger in ihren jeweiligen lokalen Monopolge- Postdienstleistungen im europäischen Ausland. Durch die bieten auf eventuelle Missbräuche zu kontrollieren, durch- Änderung der Post-Entgeltregulierungsverordnung, die aus erfüllen. Aber den kommunalen Versorgern steht die im Rechtssetzungsverfahren vom Bundeskartellamt kriti- Alternative einer öffentlich-rechtlichen Versorgung mit siert worden war, sollen der DPAG höhere Gewinne zu- Gebührenerhebung offen. Die dadurch eröffnete Möglich- gestanden werden, um so auf den mit der Digitalisierung keit einer „Flucht in die Gebühr“ wird von einer Reihe einhergehenden Sendungsmengenrückgang reagieren zu von Kommunen durchaus insbesondere dann genutzt, können und weiter den Universaldienst aufrechterhalten wenn eine Kartellbehörde ein förmliches Verfahren einlei- zu können. tet und mit Aussicht auf Erfolg Preissenkungen verlangt. Es erscheint auch in der Sache nicht sinnvoll, den bereits Über eine marktbeherrschende Stellung verfügt der existierenden Graben zwischen kartellrechtlicher Prei- DPAG-Konzern auch auf den Paketmärkten. Hier hat die sprüfung mit Vergleichsmarktbetrachtung und Effizien- Bundesnetzagentur im Einvernehmen mit dem Bundes- zerwägungen einerseits und Gebührenkontrolle als reiner kartellamt einen gesonderten Markt für die standardisierte Rechtsaufsicht andererseits weiter zu vertiefen. Die kar- Beförderung von Geschäftskundenpaketen bis 31,5 kg ab- tellrechtliche Wasserpreismissbrauchsaufsicht ist dennoch gegrenzt, zu dem insbesondere die Versandhandelspakete nicht überflüssig geworden. Denn es gibt auch Wasserver- zu zählen sind. Auch auf diesem Markt stellten die Bun- sorger, die sich nicht oder zumindest nicht mehrheitlich in desnetzagentur und das Bundeskartellamt eine marktbe- kommunaler Hand befinden, oder bei denen aus sonstigen herrschende Stellung der DPAG/DHL fest. Allerdings ist Gründen eine über die Kommunalparlamente vermittelte diese hier nicht so ausgeprägt wie auf dem Briefbereich, Einflussnahme auf die Wasserpreise ausgeschlossen ist. da eine Reihe von Wettbewerbern (DPD, GLS, Hermes, Hier bleibt die kartellrechtliche Kontrolle der Wassermo- UPS) ebenfalls nennenswerte Marktanteile erzielen. Dies nopole von grundlegender Bedeutung. gilt jedenfalls für den Geschäftskundenbereich.

XII. Post 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht 1. Allgemeiner Überblick und a) Fusionskontrolle wettbewerbliche Situation Im Berichtszeitraum wurden im Postbereich nur wenige Im Bereich der lizenzpflichtigen Briefdienstleistungen Zusammenschlüsse beim Bundeskartellamt angemeldet. hat in diesem Berichtszeitraum keine wesentliche Ver- Diese warfen keine wettbewerblichen Bedenken auf und Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 123 – Drucksache 18/12760 konnten jeweils im Vorprüfverfahren freigegeben werden. te, dass diese ihren Bedarf an Briefdienstleistungen fast vollständig bei der DPAG decken (Treuerabatte, Allein- Dies betrifft etwa die Gründung des Gemeinschaftsun- bezugsvereinbarungen). Damit hatten andere Briefdienst- ternehmens „UniBox GmbH“ durch die Unternehmen leister keine Chance mehr, etwa Zweitanbieter bei diesen Hermes, DPD und GLS. Das Gemeinschaftsunternehmen Großkunden zu werden. dient der Entwicklung und Vermarktung eines Paketkas- tens, der nunmehr unter der Bezeichnung „Parcellock“ Da die DPAG das festgestellte Verhalten in Bezug auf die angeboten wird. Dieser Paketkasten wird Besitzern von vier Großkunden eingestellt hatte (die Zielpreis-Vereinba- Wohnimmobilien (Ein- und Mehrfamilienhäusern) an- rungen wurden nach Auslaufen nicht mehr verlängert) und geboten und soll in Konkurrenz zur Paketbox der DPAG auf Nachfrage angab, keine vergleichbaren Verträge mehr treten. Das Bundeskartellamt hat angesichts der starken anzuwenden, konnte sich das Bundeskartellamt darauf Marktstellung der DPAG/DHL keine wettbewerblichen beschränken, die Rechtswidrigkeit des Verhaltens festzu- Bedenken gegen den Zusammenschluss festgestellt. stellen; eine Untersagung war nicht mehr nötig. Allerdings bestand aus Sicht des Bundeskartellamtes ein berechtigtes Auch der Zusammenschluss der DPD GeoPost GmbH Interesse an der nachträglichen Feststellung einer Zuwi- und der DPD Systemlogistik GmbH & Co. KG konnte im derhandlung, da die DPAG sich auf den Standpunkt ge- Vorprüfverfahren freigegeben werden. Die DPD, eine in- stellt hatte, zum Angebot von Briefdienstleistungen unter direkte Tochter der französischen La Poste, ist franchise- den Teilleistungsentgelten berechtigt zu sein (siehe Pres- ähnlich organisiert. Systemzentrale ist die DPD Dynamic semitteilung vom 7. Juli 2015 und Fallbericht vom 30. Parcel Distribution GmbH & Co. KG in Aschaffenburg. September 2015, B9-128/12). Die meisten DPD-Franchisenehmer gehören zur DPD- Gruppe. DPD Systemlogistik betrieb bislang als DPD- Die DPAG hat gegen den Feststellungsbeschluss Anfech- Franchisenehmer mehrere Standorte in Süddeutschland tungsbeschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein- und Sachsen und hielt darüber hinaus eine Minderheits- gelegt. Diese wurde vom Oberlandesgericht Düsseldorf beteiligung an der Systemzentrale. Eigentümer der DPD durch Entscheidung vom 6. April 2016 (Aktenzeichen: VI Systemlogistik war der Wettbewerber GLS, Tochterunter- Kart 9/15 V) vollumfänglich abgewiesen. Die Rechtsbe- nehmen des britischen Konzerns Royal Mail. Durch den schwerde wurde nicht zugelassen. Das Oberlandesgericht angemeldeten Erwerb durch DPD wurde die beschriebe- führte aus, dass die DPAG sowohl auf dem vorgelagerten ne Verflechtung zwischen den in Wettbewerb zueinander Markt für die Teilleistung als auch auf dem Markt für die stehenden Unternehmen DPD und GLS aufgelöst und ist Briefdienstleistung („End-to-End“-Beförderungsmarkt) insofern wettbewerblich positiv zu bewerten. marktbeherrschend sei. Ihre Vorleistungsentgelte seien unter dem Aspekt einer Preis-Kosten-Schere als miss- b) Missbrauchsaufsicht – Großkunden- bräuchlich zu betrachten. Im Zuge der Prüfung griff das Verfahren gegen die DPAG Gericht insofern auf die Rechtsprechung des Europäi- schen Gerichtshofs zum europäischen Missbrauchsverbot Das Großkunden-Verfahren gegen die DPAG wurde im No- zurück. Ebenso seien auch die den großen Mobilfunkan- vember 2013 mit der Versendung von Auskunftsbeschlüs- bietern gewährten Treuerabatte nach der europäischen sen an über 40 Großversender von Briefen eingeleitet. Rechtsprechung als missbräuchlich einzustufen. Anlass für die Einleitung des Verfahrens waren Beschwer- den von Wettbewerbern, in denen der DPAG vorgeworfen 3. Zusammenarbeit mit der wird, den Wettbewerb auf dem Briefdienstleistungsmarkt Bundesnetzagentur zu behindern (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 114 f). Mit Beschluss vom 2. Juni 2015 (B9-128/12) wurde Das Bundeskartellamt hat im Berichtszeitraum entspre- festgestellt, dass die DPAG mit dem Abschluss von sog. chend § 48 PostG zu beabsichtigten Regulierungsentschei- „Zielpreisvereinbarungen“ mit vier Telekommunikations- dungen sowie zu Feststellungen der Bundesnetzagentur Unternehmen (TK-Unternehmen) in zweifacher Weise zur Marktabgrenzung und zur marktbeherrschenden Stel- gegen deutsches und europäisches Kartellrecht verstoßen lung der DPAG Stellung genommen. hatte. Zum einen hatte die DPAG im Hinblick auf die vier Verträge dadurch gegen das Missbrauchsverbot verstoßen, Ein wichtiges Verfahren in diesem Zusammenhang war dass sie mit den TK-Unternehmen Preise vereinbart hat- das Verfahren der Bundesnetzagentur zur Überprüfung te, die unter den Teilleistungsentgelten lagen, die sich bei der Entgelte für den Versand von Geschäftskundenpake- Zugrundelegung des jeweiligen Sendungsmixes und der ten. Die DPAG/DHL verfügt auch in diesem Markt über jeweils geltenden durchschnittlichen Teilleistungsrabatte eine marktbeherrschende Stellung. In der Sache hat die ergeben hätten (Preis-Kosten-Schere). Wettbewerber der Bundesnetzagentur festgestellt, dass zwar keine postrecht- DPAG wurden durch eine solche Preis-Kosten-Schere liche Kostenunterdeckung und damit keine Quersubven- behindert, weil sie für die von ihnen benötigten Teilleis- tionierung der sog. Schalterpakete vorlag, dass aber für tungen der DPAG mehr zahlen mussten, als die Großver- die Zukunft eine Erhöhung der konzerninternen Verrech- sender als Endpreis für die gesamte Briefdienstleistung an nungspreise notwendig ist, um die spezifische Kostensitu- die DPAG zahlten. Zum anderen hatte die DPAG bei drei ation der DPAG sowie deren Kostensteigerungen im Sys- dieser vier Verträge dadurch gegen das Missbrauchsverbot tem der Verrechungspreisbildung abzubilden (siehe auch verstoßen, dass sie die günstigen den TK-Unternehmen Tätigkeitsbericht der Bundesnetzagentur 2014/2015, S. 82 eingeräumten Konditionen davon abhängig gemacht hat- f.). Drucksache 18/12760 – 124 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Auch an dem Verfahren der Bundesnetzagentur „Impuls- nale Anteile. Die Hamburg-Köln-Express GmbH (HKX) post“ war das Bundeskartellamt beteiligt. Das Produkt hatte kurzzeitig sein Streckenangebot auf der Strecke „Impulspost“ ist ein adressierter Werbebrief, mit dem die Hamburg - Köln nach Frankfurt ausgedehnt. Mittlerweile DPAG Werbetreibenden die Möglichkeit geben wollte, wurde diese Zusatzstrecke wieder eingestellt und auch die deren Neukunden zu erheblich niedrigeren Preisen anzu- Zahl der Fahrten zwischen Hamburg und Köln deutlich schreiben als Bestandskunden. Mit 14 Cent bzw. 24 Cent reduziert (nur noch Freitag bis Montag jeweils ein Zug). sollten die Entgelte für Neukundenwerbung zum Teil mehr Der HKX hat zudem die Kooperation im Rahmen eines als die Hälfte unter den Preisen für vergleichbare Werbe- gemeinsamen Tarifs mit anderen Schienenpersonennah- briefe liegen. Die Bundesnetzagentur hat mit Entschei- verkehrsanbietern Mitte 2016 wieder eingestellt (siehe dung vom 28. Juni 2016 festgestellt, dass die DPAG dieses Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 117). Weiterhin gibt es das Produkt kostenunterdeckend und diskriminierend anbie- grenzüberschreitende Angebot des Thalys von Köln bzw. tet. Dabei ging die Bundesnetzagentur im Einvernehmen Düsseldorf nach Lüttich, Brüssel und Paris. Neu ist das mit dem Bundeskartellamt davon aus, dass das Produkt Angebot einer einmal täglichen Verbindung zwischen „Impulspost“ Teil des Marktes für Geschäftskundenbrie- Stuttgart und Berlin ab dem 14. Dezember 2016 durch die fe ist, auf dem die DPAG über eine marktbeherrschende Locomore GmbH & Co KG. Das Unternehmen finanziert Stellung verfügt. Die DPAG hatte dagegen vorgetragen, sich über Crowdfunding und beabsichtigt, im Erfolgs- ihr Angebot sei Teil eines Werbemarktes, der physische fall weitere Strecken anzubieten. Die von der DBAG in und digitale Werbeformen umfasse, und zur Untermaue- 2016 eingestellten Nachtzugverbindungen („City-Night- rung dieser Marktabgrenzung zwei ökonomische Gutach- Line“) werden ab Dezember 2016 teilweise von der ös- ten vorgelegt. Im Rahmen der Herstellung des Einverneh- terreichischen ÖBB übernommen und unter dem Namen mens nach § 48 PostG analysierte das Bundeskartellamt „ÖBB Nightjet“ angeboten. Für die Jahre 2015 und 2016 diese gutachterlichen Stellungnahmen eingehend und kam hat die DBAG im SPFV auf Preiserhöhungen verzichtet dabei zu dem Ergebnis, dass sie nicht geeignet waren, die und im März 2015 eine Qualitäts- und Leistungsoffensive von der DPAG vorgeschlagene weite sachliche Marktab- angekündigt, nämlich Verbesserungen im Metropolnetz grenzung zu stützen. (schnellere und vertaktete Verbindungen), eine Auswei- tung des Angebots in der Fläche (Wiederaufnahme von XIII. Verkehrswirtschaft zuvor stillgelegten Strecken) und Verbesserungen des Kundenservice (darunter kostenloses WLAN, kostenlose 1. Landverkehr Sitzplatzreservierungen). Dies wird allgemein als Reakti- on auf die rasante Entwicklung des Fernbusmarktes gese- a) Allgemeiner Überblick und hen. Gleichzeitig hat die DBAG in 2015 2,2 Prozent mehr wettbewerbliche Situation Reisende befördert als im Vorjahr (siehe Wettbewerbsbe- Im Bereich des schienengebundenen Landverkehrs richt der DBAG, S. 12). (Schienenpersonennahverkehr und -fernverkehr, Schie- Deutlich positiver stellt sich die wettbewerbliche Entwick- nengüterverkehr) hat sich die Marktstellung der Deutsche lung im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) dar. Zwar Bahn AG (DBAG) gegenüber den vorhergehenden Be- bediente die DBAG auch hier weiterhin den Löwenanteil richtszeiträumen nicht wesentlich verändert. Die DBAG der etwa 655 Mio. Zugkilometer in 2015. Allerdings ist ist weiterhin mit deutlichem Abstand zu ihren Wettbewer- der von der DBAG bediente Anteil der Zugkilometer in bern das marktstärkste Unternehmen. den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen und Im Schienengüterverkehr wurde in 2015 mit 116,6 Mrd. lag 2015 bei 70,8 Prozent gegenüber knapp 76 Prozent in Tonnenkilometern erstmals wieder ein höheres Leistungs- 2011 (siehe Wettbewerbsberichte der DBAG 2014, S. 9, niveau als vor der Wirtschaftskrise 2008 erreicht. Dabei und 2016, S. 14). Die bedeutendsten Wettbewerbsbahnen bleibt der Anteil der Schiene am gesamten Güterverkehr im SPNV sind Transdev (Veolia-Gruppe), Netinera (Itali- unverändert bei etwa 17,5 Prozent. Nach eigenen An- enische Staatsbahn) und Abellio (niederländische Staats- gaben ist der Marktanteil der DBAG von 66,8 Prozent bahn), die jeweils bei einem Großteil der Nahverkehrs-Ver- in 2013 auf 60,9 Prozent in 2015 gesunken. Als Gründe gaben Angebote abgeben, sodass die DBAG mittlerweile für den Rückgang ihrer Marktstellung nennt die DBAG fast durchgängig einem potenten Konkurrenten gegen- den GDL-Streik, die unterdurchschnittliche Entwicklung übersteht. Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2015 ist schienenaffiner Branchen wie Stahl und Chemie sowie das Unternehmen National Express GmbH (Tochter der eigene Qualitätsprobleme (siehe Wettbewerbsbericht der National Express Group, Großbritannien) mit Strecken in DBAG 2016, S. 20 f.). Größte Wettbewerber der DBAG Nordrhein-Westfalen hinzugekommen. Von dem zunächst sind weiterhin die italienische TX Logistik (Trenitalia), gewonnenen Vertrag zum Betrieb der S-Bahn in Nürnberg die französische Captrain (SNCF) und die schweizerische ab 2018 ist das Unternehmen zurückgetreten, nachdem SBB Cargo International. das von der DBAG angestrengte Vergabenachprüfverfah- ren andauerte und ein Betriebsstart aus Sicht des Newco- Im Bereich des Schienenpersonenfernverkehrs (SPFV) mers zum Vertragsbeginn nicht mehr darstellbar war. Da- ist die faktische Alleinstellung der DBAG weiterhin un- rüber hinaus gibt es einige weitere Anbieter mit kleineren verändert. Die Wettbewerber erreichen hier nur margi- Marktpositionen (siehe Wettbewerber-Report Eisenbahn 2015/16, S. 12 ff.). Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 125 – Drucksache 18/12760

Eisenbahnregulierungsgesetz Buchungs- und Marketingplattform. Die Linien werden von derzeit rund 150 überwiegend mittelständischen Sub- Am 2. September 2016 trat das „Gesetz zur Stärkung des unternehmern bedient, die neben einem festen Kilometer- Wettbewerbs im Eisenbahnbereich“ in Kraft. Es dient der satz eine an Auslastung und Umsatz der Busse orientierte Umsetzung der Europäischen Richtlinie 2012/34/EU des erfolgsabhängige Vergütung erhalten. Im Ergebnis lagen Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Novem- damit die Umsätze der Fernbusanbieter unter den Auf- ber 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen greifschwellen der Fusionskontrolle. Die Marktstellung, Eisenbahnraums („Recast“ des ersten EU-Eisenbahnpa- die FlixBus durch internes und externes Wachstum mitt- kets aus dem Jahr 2011). Als sein Kernstück enthält es lerweile erreicht hat, führt vermutlich zu einer marktbe- das neue Eisenbahnregulierungsgesetz (ERegG); darüber herrschenden Stellung des Unternehmens. Ein Anlass für hinaus wird insbesondere das bestehende Allgemeine Ei- das Bundeskartellamt, dies im Detail zu überprüfen, hat es senbahngesetz (AEG) modifiziert. bislang aufgrund fehlender Hinweise auf ein missbräuch- Das Gesetz bringt hinsichtlich der Regulierung im Ei- liches Verhalten nicht gegeben (siehe Pressemitteilung senbahnbereich keinen Paradigmenwechsel mit sich, da vom 3. August 2016). die wesentlichen Regelungsinhalte der Richtlinie bereits im deutschen Recht verankert waren. Wesentliche Neue- b) Missbrauchsverfahren gegen die DBAG rungen sind die Ausgestaltung der Entgeltregulierung für Schienenwege und Personenbahnhöfe als ex ante-Regulie- Das Bundeskartellamt hat das im Januar 2014 eingelei- rung, die Einführung einer Anreizregulierung sowie der tete Missbrauchsverfahren Fahrkartenvertrieb gegen die Übergang der Aufsicht über die Entflechtungsvorschriften DBAG (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 116 f.) im vom Eisenbahn-Bundesamt auf die Bundesnetzagentur. Mai 2016 nach Zusagen der DBAG mit einer Verpflich- Der bereits geltende allgemeine Anspruch der Zugangsbe- tungszusagenentscheidung nach § 32b beendet. Das Ver- rechtigten auf die diskriminierungsfreie Nutzung der Ei- fahren betraf die Märkte für die bundesweite Erbringung senbahninfrastruktur wird entsprechend den EU-Vorgaben von Vertriebsdienstleistungen im Zusammenhang mit um eine Regelung hinsichtlich des diskriminierungsfreien dem Verkauf von Fahrkarten im Schienenpersonenver- Zugangs zu Verkaufsflächen für Fahrscheine in Personen- kehr (Nah und Fern), inklusive sämtlicher Vertriebska- bahnhöfen erweitert. näle. Gegenstand der Prüfung waren (1) die Kopplung von Tarif- und Vertriebskooperationen, die die DBAG In Hinblick auf die Zusammenarbeit von Bundeskartell- gegenüber ihren Wettbewerbern im SPNV faktisch in ei- amt und Bundesnetzagentur ist wie bisher eine Befugnis ner sehr weitgehenden Form durchgesetzt hatte, (2) die zum Informationsaustausch sowie ein Stellungnahme- Provisionsgestaltung der DBAG für die Erbringung bzw. recht vorgesehen. die Inanspruchnahme von Vertriebsdienstleistungen beim wechselseitigen Ticketverkauf mit Wettbewerbern im Fernbusse SPNV und (3) die Erschwerung des Zugangs der Wettbe- werber zu Vertriebskanälen für Fahrkarten, insbesondere Das Angebot von Fernbusleistungen hat sich im Berichts- beim Vertrieb von Fernverkehrsfahrkarten der DBAG und zeitraum rasant entwickelt. So sind die Fahrgastzahlen zu geeigneten Räumen für den personenbedienten Fahr- auf den Fernbuslinien seit 2013 kontinuierlich gestiegen. kartenverkauf an den Bahnhöfen der DBAG. Zur Ver- Wurden unmittelbar nach der Marktöffnung im Jahr 2013 fahrensbeendigung hat die DBAG angeboten, erstens die rund acht Mio. Fahrgäste mit Fernbussen befördert, waren praktizierte Kopplung von Tarif- und Vertriebskooperati- es 2014 bereits 14,9 Mio. und 2015 rund 23 Mio. Fahrgäs- onsvertrag künftig nicht mehr anzuwenden und die Ver- te. Dies entspricht rund 7,3 Milliarden Personenkilometer, triebskooperation auf ein erforderliches Mindestmaß zu die 2015 mit Fernbussen zurückgelegt wurden. Zudem reduzieren und zweitens die möglichen Behinderungen ist es zu einer bemerkenswerten Marktkonsolidierung und Diskriminierungen bei der Gestaltung der Provisi- gekommen. Das Unternehmen FlixMobility GmbH, das onssätze zu beseitigen. Drittens erhalten die Wettbewer- Fernbusverkehre unter dem Logo FlixBus betreibt, hat ber im SPNV die Möglichkeit, künftig Fernverkehrsti- 2015 zunächst den Wettbewerber MeinFernbus, sodann ckets für die DBAG an eigenen Fahrkartenautomaten zu im Juli 2016 den Anbieter Megabus und schließlich zum verkaufen. Zudem werden Klauseln aus Mietverträgen November 2016 die Strecken des Postbus, betrieben von für Bahnhofsläden gestrichen, die ein Verkaufsverbot der Deutsche Post Mobility, übernommen. Zudem hat die von Fahrkarten durch Dritte vorsahen. Eine Konsultation Deutsche Bahn AG angekündigt, die Fernbusaktivitäten dieser Zusagen im Rahmen eines Markttestes ergab weit- der BerlinLinienBus GmbH Ende 2016 einzustellen und reichende Zustimmung zu den vorgeschlagenen Lösun- mit dem IC Bus nur noch ausgewählte Strecken zu bedie- gen. Nach Auffassung des Bundeskartellamtes sind die nen. Damit hat sich FlixBus in kürzester Zeit zum einzi- Verpflichtungszusagen geeignet, die vorläufigen kartell- gen großen Fernbuslinienanbieter in Deutschland entwi- rechtlichen Bedenken auszuräumen und zu einer deutli- ckelt, es gibt nur noch wenige Wettbewerber. chen Verbesserung der Situation von Wettbewerbern im Schienenpersonenverkehr in Deutschland beizutragen Dass keine dieser Übernahmen fusionsrechtlich geprüft (siehe Beschluss vom 23. Mai 2016 sowie Pressemittei- werden konnte, liegt vor allem an dem von den meisten lung und Fallbericht vom 24. Mai 2016, B9-136/13). Die Fernbusbetreibern praktizierten Geschäftsmodell. So be- Umsetzung der Zusagen wird erst mit Abschluss der tech- treibt FlixBus keine eigenen Busse, sondern ist eine reine nischen Umsetzung zur Ermöglichung des Verkaufs von Drucksache 18/12760 – 126 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Fernverkehrsfahrkarten der DBAG an Fahrkartenautoma- würde. Nagel und die Zielgesellschaft sind keine engs- ten der Wettbewerber abgeschlossen sein. ten Wettbewerber. Es war auch nicht zu befürchten, dass zusammenschlussbedingt ein besonders wettbewerbsakti- c) Zusammenarbeit mit der ver Anbieter wegfallen würde. Schließlich besteht auf die Bundesnetzagentur beiden marktführenden Anbieter weiterhin Randwettbe- werbsdruck seitens der anderen Anbieter, und zwar auch Das Bundeskartellamt hat im Berichtszeitraum in ver- der kleineren, bundesweit oder regional tätigen Anbieter schiedenen Einzelfällen mit der Bundesnetzagentur zu- und der Unternehmen, die Teilladungsverkehre anbieten. sammengearbeitet. Von besonderer Bedeutung war dabei Für einen Teil der Kunden besteht zudem die Möglichkeit, die enge Kooperation in Zusammenhang mit dem Markt- auf Großhandelslösungen oder auf die Eigenerbringung zutritt des Wettbewerbers Railroad Development Corpo- der Logistikleistungen auszuweichen. Des Weiteren hat ration Deutschland (RDC) mit Autozugverkehren zu den das Bundeskartellamt festgestellt, dass trotz der rechne- Trassen über den Hindenburgdamm von und nach Sylt. risch erfüllten Oligopolvermutung keine Verstärkung ei- RDC hatte zahlreiche Verfahren wegen Zugangsschwie- nes marktbeherrschenden Oligopols zwischen dem fusi- rigkeiten zur Schieneninfrastruktur angestrengt und auch onierten Unternehmen und NORDFROST zu befürchten beim Bundeskartellamt Beschwerden gegen Verhaltens- ist. Zudem haben die Ermittlungen ergeben, dass es nach weisen der DBAG erhoben. Ein eigenes kartellrechtliches der Fusion keine Anreize für eine Kopplung von Leis- Verfahren hat das Bundeskartellamt hier nicht eröffnet, da tungen der Frische- und der Tiefkühllogistik zulasten des die regulierungsrechtlichen Fragestellungen überwogen. Wettbewerbs auf dem Markt der TK-Logistik geben wird, Seit Oktober 2016 bietet RDC jetzt erste Autozugverkehre schon weil viele Kunden nicht beide Leistungen benöti- an. Ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2016 sollen gen. Das fusionierte Unternehmen wird auch nicht in der täglich sechs Verbindungen angeboten werden. Damit gibt Lage sein, auf eine ausreichend große Zahl von Frachtfüh- es auf dieser Strecke für die Sylt-Bewohner und Sylt-Be- rern Druck auszuüben, um so einen bevorzugten Zugang sucher erstmals eine Alternative zur DBAG. zum Frachtraum zu erhalten (siehe Beschluss vom 25. Au- gust 2016 sowie Pressemitteilung vom 26. August 2016 2. Logistik und Fallbericht vom 13. September 2016, B9-50/16). a) Fusionskontrolle b) Kartellverfolgung – Containertransport Auf dem stark mittelständisch geprägten Logistikmarkt Das Bundeskartellamt hat im Berichtszeitraum Bußgelder wurden im Berichtszeitraum zahlreiche Fusionen ange- in Höhe von insgesamt rund 4,56 Mio. Euro gegen sieben meldet. Betroffen war in erster Linie die industrielle Kon- Unternehmen und deren Verantwortliche sowie gegen eine traktlogistik in verschiedenen Bereichen, wie etwa Phar- Unternehmensvereinigung wegen abgestimmter Verhal- mazie, Stahl, Automobile und die Ersatzteilversorgung. tensweisen bei Straßentransporten von Containern im Be- Fast alle Fusionen konnten in der ersten Phase freigegeben reich der deutschen Seehäfen Hamburg, Bremen und Bre- werden. merhaven verhängt. Bei der Unternehmensvereinigung Eine eingehendere Prüfung war angesichts der Hinweise handelt es sich um die Fachgruppe Containerverkehre der von Wettbewerbern und Kunden auf wettbewerbliche Pro- deutschen Seehäfen e.V. (FCDS), die Interessenvertretung bleme lediglich in dem speziellen Bereich der Tiefkühllo- der Containertransport-Unternehmen der deutschen See- gistik („TK Logistik“) erforderlich. Betroffen war der Er- hafenverkehrswirtschaft. Bei den betroffenen Unterneh- werb der Transthermos-Gruppe durch Gesellschafter der men handelt es sich um folgende Mitgliedsunternehmen Nagel Group, den das Bundeskartellamt nach Prüfung in der FCDS: CTD Container-Transport-Dienst GmbH, EKB der zweiten Phase freigegeben hat. Wettbewerbliche Be- Container Logistik GmbH & Co. KG, Eurogate Intermo- denken konnten im Ergebnis auch bei der Abgrenzung ei- dal GmbH, GCD Glomb Container Dienst GmbH, Hein- nes – engen – Marktes für Leistungen des Sammelgutver- rich Langhorst GmbH & Co. KG, Kurt Kluxen Spedition kehrs innerhalb der TK-Logistik ausgeschlossen werden. KG und die Walter Lauk Containerspedition GmbH. Der Sammelgutverkehr umfasst Stückgüter, die zu einer Im Rahmen einzelner FCDS-Mitgliederversammlungen Sammelladung zusammengefasst werden. Typischerweise sowie sonstiger Kontakte zwischen FCDS-Mitgliedern wird der Sammelgutverkehr in mehreren Schritten abge- kam es in einzelnen Jahren zu einer Verständigung über wickelt (Vorlauf, Hauptlauf sowie Nachlauf und Distribu- prozentuale Erhöhungssätze der Frachtraten. Die Unter- tion). Für die Erbringung einer solchen Dienstleistung ist nehmen verständigten sich darüber hinaus in verschie- ein Sammelgut-Netzwerk erforderlich. Das Bundeskar- denen Jahren über die Einführung bzw. die Erhöhung tellamt hat geprüft, ob als Folge des Zusammenschlusses diverser Zuschläge zur Grundfracht, wie einen Diesel- eine Einzelmarktbeherrschung oder der Eintritt sonstiger preiszuschlag oder einen Mautzuschlag, verschiedene Ne- unilateraler Effekte zu erwarten ist, insbesondere ob eine benkosten sowie gegenseitige Verrechnungssätze im Falle Verringerung der Zahl der wesentlichen Anbieter von der Kollegenbeauftragung. Nicht alle Unternehmen waren drei auf zwei zu befürchten ist. Angesichts der starken während des gesamten Verstoßzeitraums und bezüglich al- Marktstellung des Hauptwettbewerbers und Marktführers ler Aspekte des vorge¬worfenen Verhaltens beteiligt. NORDFROST und der hier relativ geringen Marktbedeu- tung des Erwerbers Nagel war aber zu erwarten, dass die Die Ermittlungen des Bundeskartellamtes waren im Zuge Marktstruktur keine wesentlichen Änderungen erfahren der im April 2014 erfolgten gemeinschaftlichen Ankün- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 127 – Drucksache 18/12760 digung über die Einführung eines „Stauzuschlags Ham- Ob weniger Reedereien, neue Kooperationspartner und burg“ eingeleitet worden. Die meisten der beteiligten Un- sinkender Kapazitätszuwachs zu einer Stabilisierung der ternehmen machten die Ankündigung des Stauzuschlags Transportraten beitragen werden, ist nur schwer absehbar. gegenüber ihren Kunden jedoch bereits im selben Monat Ein Anstieg der Frachtraten ist jedenfalls nicht auszu- wieder rückgängig, nachdem darüber verschiedene Medi- schließen. Für die kartellrechtliche Bewertung wird be- en berichtet hatten und erste kartellrechtliche Bedenken deutsam sein, dass es möglichst wenige Querverbindun- laut geworden waren. gen zwischen den Mitgliedern verschiedener Allianzen gibt. Mehrere der Unternehmen haben bei der Aufklärung des Sachverhalts mit dem Bundeskartellamt kooperiert und entsprechend der Bonusregelung des Amtes eine Ermä- b) Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht ßigung der Bußgelder erhalten. Mit allen betroffenen aa) Fusionskontrolle Unternehmen, den verantwortlich Handelnden sowie der FCDS wurde eine einvernehmliche Verfahrensbeendigung Die Schwierigkeiten der Containerschifffahrt haben sich erzielt. Alle insoweit verhängten Geldbußen sind rechts- auch bei den deutschen Vercharterern bemerkbar gemacht. kräftig (siehe Pressemitteilung vom 25. August 2015). In mehreren Fusionsvorhaben war zu prüfen, ob der Ver- kauf von Schiffen deutscher Vercharterer an Finanzinves- 3. Schifffahrt toren oder andere Charterreedereien wettbewerbsrecht- liche Schwierigkeiten aufwarf. Die deutsche Reederei a) Allgemeiner Überblick und Buss hat z.B. ihren gesamten Schiffbestand verwertet und wettbewerbliche Situation verschiedenen Erwerbern überlassen. Wettbewerbsrecht- lich waren diese Fälle nicht problematisch. Die meisten Die schon seit langer Zeit geringen Frachtraten (siehe Tä- sonstigen Fusionsfälle im Bereich der Schifffahrt betrafen tigkeitsbericht 2013/14, S. 117) und hohen Überkapazi- Märkte für Spezialschiffe – oftmals für Offshore-Einrich- täten im Containerverkehr lösten verschiedene Fusionen, tungen – sowie Massengutfrachter. Keines der geplanten Insolvenzen sowie die Bildung und Umstrukturierung von Vorhaben warf größere wettbewerbliche Probleme auf. Allianzen der großen, weltweit operierenden Reederei- en aus. Diese Entwicklung hat sich im Berichtszeitraum Durch den Zusammenschluss von Hapag-Lloyd und nochmals beschleunigt. Im August 2016 musste Hanjin, UASC entsteht die weltweit fünftgrößte Container Li- eine der größten Containerreedereien der Welt, Insolvenz nienreederei mit einer Kapazität von ca. 1,3 Mio. TEU anmelden. CMA-CGM übernahm die Linienreedereien (Twenty-foot Equivalent Unit). Hapag-Lloyd erhält durch Neptun Orient Lines (NOL) und APL, die beiden chine- die Fusion u.a. Zugriff auf die von UASC betriebenen sischen Staatscarrier COSCO Container Lines und China und bestellten großen Containerschiffe mit Kapazitäten Shipping wurden zusammen gelegt, Hapag-Lloyd strebt von mehr als 18.000 TEU. Der Zusammenschluss hätte die Übernahme von United Arab Shipping Company allerdings zu Verbindungen zwischen den verschiedenen (UASC) an und Maersk beabsichtigt die Übernahme von Allianzen geführt, in denen die beiden Containerlinienree- Hamburg Süd. Festzustellen ist ein erheblicher Konzent- dereien Mitglieder sind. Dies hätte den Wettbewerbsdruck rationsprozess, der auch die Zusammenarbeit in den Alli- zwischen den Mitglieder der beiden Allianzen auf einigen anzen beeinflusst. Routen erheblich behindern können. So ist UASC vor dem Zusammenschluss in einer Allianz mit CMA-CGM und Von den ursprünglich weltweit vier Allianzen sind An- Hamburg Südamerikanische Dampfschifffahrts-Gesell- fang 2017 nur noch drei in zum Teil neuer Zusammenset- schaft (Hamburg Süd) verbunden (siehe Tätigkeitsbericht zung übrig. Die OCEAN Alliance (ehemals Ocean Three) 2013/14, S. 117). Die Europäische Kommission hat daher besteht dann aus CMA–CGM (inkl. APL und NOL), den Zusammenschluss von Hapag-Lloyd und UASC nur COSCO Container Lines (inkl. China Shipping), Orient unter der Auflage freigegeben, dass UASC seine Mitglied- Overseas Container Line (OOCL) sowie Evergreen Line. schaft in dieser Allianz aufgibt (Beschluss vom 3. Oktober Hapag-Lloyd (inkl. UASC) sowie K-Line, Mitsui O.S.K. 2016, Aktenzeichen: COMP/M.8120). (MOL), Nippon Yushen Kaisha (NYK) und Yang Ming gehören ab April 2017 zu „THE Alliance“. Ende 2016 Anfang 2016 haben Royal Boskalis Westminster N.V. und haben die drei japanischen Reedereien K-Line, MOL Kotug International B.V., beides Unternehmen aus den Nie- und NYK den Plan veröffentlicht, ihre Containeraktivi- derlanden, beim Bundeskartellamt das Vorhaben angemel- täten zusammenzulegen. Derzeit unverändert ist die Zu- det, ihre europäischen Hafenschleppaktivitäten in einem sammenarbeit von Maersk und Mediterranean Shipping Gemeinschaftsunternehmen zusammenzulegen. Boskalis Company (MSC) im Rahmen der Allianz „M2“. Die Top betreibt seine Hafenschleppaktivitäten unter der Bezeich- fünf Linienreedereien kontrollieren ca. 54 Prozent der nung „SMIT“. Erhebliche Bedeutung hat diese Zusam- weltweiten Containerschiff-Flotte. Gleichzeitig sind die menlegung für die Hafenschleppdienste in Rotterdam, wo Aufträge für Neubauten im Containerschiff-Bereich – sich die Tätigkeiten der beiden Anbieter überschneiden. In ähnlich wie bei anderen Schiffstypen – insbesondere in den deutschen Häfen Hamburg, Wilhelmshaven und Bre- Asien in 2016 rückläufig, sodass der Zufluss von weiteren merhaven ist SMIT mit Hafenschleppdiensten nicht aktiv, Kapazitäten in den nächsten Jahren etwas geringer aus- daher kam es in Deutschland nicht zu Überschneidungen fallen dürfte. mit den Tätigkeiten von Kotug. Das Vorhaben wurde da- her frei gegeben. Drucksache 18/12760 – 128 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode bb) Kartellverfolgung – Hafendienstleister XIV. Touristik und Gastgewerbe Das Bundeskartellamt führt ein Ordnungswidrigkeiten- 1. Allgemeiner Überblick und verfahren gegen verschiedene Hafendienstleister wegen wettbewerbliche Situation des Verdachts wettbewerbswidriger Absprachen (siehe Tätigkeitsbericht 2013/14, S. 118). Betroffen sind sowohl Die positive Entwicklung des Gast- und Beherbergungs- Hafenschleppdienstleistungen wie auch Festmacher und gewerbes hat sich im Berichtszeitraum fortgesetzt. Im Jahr Bergungen. Für den Bereich Hafenschleppdienstleistun- 2016 stieg die Anzahl der Übernachtungen im Vergleich gen arbeitet das Bundeskartellamt in diesem Verfahren zum Vorjahreszeitraum um etwa fünf Prozent. Wachstum- mit der niederländischen Wettbewerbsbehörde zusammen. streiber im Jahr 2015 war der Tourismus aus dem Aus- Die Ermittlungen dauern noch an. land. Während es bei den Touristen aus dem Inland ein Plus von zwei Prozent auf etwa 360 Mio. Übernachtun- gen gab, stieg die Zahl der Übernachtungen von Gästen 4. Luftverkehr – Fusionskontrolle aus dem Ausland um mehr als fünf Prozent auf etwa 80 Lufthansa und Air Berlin zeigten Ende 2016 beim Bun- Mio. Trotz eines weiterhin anhaltenden Zuwachses ver- deskartellamt ihr Vorhaben an, einen „Wetlease“-Vertrag fügbarer Betten konnte sich die Zimmerauslastung der zur Überlassung von 38 Flugzeugen samt Besatzung deutschen Hotels weiter steigern und lag im Jahr 2015 bei (Cockpit und Kabine) an Lufthansa schließen zu wollen. durchschnittlich über 70 Prozent. Die Hotelzimmerpreise Die Europäische Kommission hatte im November 2016 sind im Schnitt leicht gestiegen. Im Jahr 2015 lagen sie festgestellt, nach den Maßgaben der FKVO nicht für das bei 90 Euro. Trotz des zunehmenden Erfolgs alternativer Vorhaben zuständig zu sein. Nach dem Wetlease-Vertrag Übernachtungsangebote, wie dem Angebot von Privatun- wird Air Berlin der Lufthansa 38 Flugzeuge des Typs terkünften über den Internetvertrieb, bleibt das Hotel für A320 und A319 mit Cockpit-Crew und Kabinenpersonal Inländer bei innerdeutschen Urlaubsreisen mit etwa der zu einer festen Blockstundenrate an deutschen und öster- Hälfte der Übernachtungen die mit Abstand wichtigste reichischen Flughäfen zur Verfügung stellen. Allein Luft- Unterkunftsart. Die Buchungen, die Hotels über Online- hansa soll im Rahmen der kommerziellen Vermarktung Vertriebskanäle erhalten, sind zu Lasten des Offline-Ver- der Flüge über die Stationierung der Flugzeuge und die triebs weiter gestiegen und liegen inzwischen bei deutlich beflogenen Routen bestimmen (eigene Flotten- und Stre- über einem Drittel. Hierbei verzeichnen die großen Hotel- ckenplanung). Hingegen soll die operative Verantwortung portale Booking, HRS und Expedia zu Lasten der kleine- für Flugbetrieb, Crewplanung und Wartung bei Air Berlin ren Portale weiterhin steigende Umsätze. Gleichzeitig hat verbleiben. Die Vertragslaufzeit soll sechs Jahre betragen, der eigene Online-Vertrieb, insbesondere der Hotelketten wobei Air Berlin berechtigt sein soll, einen Teil der Flug- und der Hotel-Kooperationen, an Bedeutung gewonnen. zeuge in den Vertragsjahren drei bis fünf gestaffelt zu- rückzunehmen. Zudem wird Lufthansa insgesamt bis zu 2. Schwerpunkte der Wettbewerbsaufsicht 25 Flugzeuge von diesen 38 Flugzeugen selbst überneh- men. Dies soll durch den Abschluss von Drylease-Verträ- a) Fusionskontrolle gen über bis zu zehn Flugzeuge und durch den Kauf von Im Berichtszeitraum war Expedia als das in Deutschland bis zu 15 Flugzeugen erfolgen. In diesen Fällen wird die kleinste der drei großen Hotelportale Booking, HRS und Lufthansa gegenüber der Air Berlin als (Sub-)Drylease- Expedia an zwei vom Bundeskartellamt geprüften Zusam- Geberin auftreten und die entsprechenden Flugzeuge im menschlüssen beteiligt. Durch den Erwerb des Online- Wege des beschriebenen Wetlease-Vertrages zurücklea- Reisevermittlers Orbitz konnte Expedia seine Aktivitäten sen. Im Zusammenhang mit diesem Vorhaben findet keine bei Online-Buchungen von Hotelzimmern, Pauschalreisen Übertragung von Slots oder Beförderungsverträgen auf und Flugtickets und durch den Erwerb von HomeAway bei Lufthansa statt. Lufthansa hat erklärt, mit den 38 Flug- Online-Buchungen von Ferienimmobilien ausbauen und zeugen teils ältere Flugzeuge in ihrer Flotte ersetzen zu damit zu seinen Hauptwettbewerbern stärker aufschlie- wollen („rollover“), aber auch Wachstumspläne der Kon- ßen. Weitere Zusammenschlüsse betrafen ebenfalls – di- zerngesellschaften Eurowings und Austrian Airlines auf rekt und indirekt – die Online-Vermittlung touristischer bereits bedienten, aber auch neuen Strecken umsetzen zu Leistungen, wie etwa der Zusammenschluss zwischen wollen. Die Beteiligten haben dem Bundeskartellamt im ProSieben und Etraveli, zwischen Axel Springer und der Hinblick auf den möglichen Erwerb eines wesentlichen dänischen Land & Leisure und zwischen dem GDS-An- Vermögensteils eine vorsorgliche fusionskontrollrechtli- bieter Sabre und der deutschen Trust (elektronisches Ver- che Anmeldung zukommen lassen. Das Vorhaben wurde triebsmanagement). Da die wettbewerblichen Auswirkun- Anfang 2017 fusionskontrollrechtlich freigegeben. Das gen der Zusammenschlüsse als eher gering einzuschätzen Bundeskartellamt hat sich eine kartellrechtliche Prüfung waren, konnten alle Fusionsvorhaben in der ersten Phase nach § 1 bzw. Artikel 101 AEUV vorbehalten (siehe Pres- freigegeben werden. semitteilung vom 30. Januar 2017). Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 129 – Drucksache 18/12760 b) Wettbewerbsbeschränkende rauf, ob die engen Bestpreisklauseln im Vergleich zu ei- Vereinbarungen – Bestpreisklauseln ner Situation ganz ohne derartige Klauseln eine spürbare der Hotelportale Wettbewerbsbeschränkung darstellen. Dieses ist nach An- sicht des Bundeskartellamtes der Fall. Im Berichtszeitraum stand die Fortführung der kartell- rechtlichen Prüfung von Bestpreisklauseln der in Deutsch- Auch die engen Bestpreisklauseln beschränkten zunächst land großen Hotelportale Booking, HRS und Expedia den Anreiz für die Hotelunternehmen, ihre Zimmerprei- weiterhin im Vordergrund. Der Beschluss des Bundes- se auf den verschiedenen Hotelportalen zu differenzie- kartellamtes vom 20. Dezember 2013 (B9-66/10), durch ren. Zwar erlaubten die engen Bestpreisklauseln – rein den das Bundeskartellamt HRS die Anwendung ihrer formal – eine solche Preisdifferenzierung, verboten aber Bestpreisklauseln untersagt hatte, wurde vom Oberlan- nach wie vor, dass der Zimmerpreis auf den hoteleige- desgericht Düsseldorf am 9. Januar 2015 bestätigt (Ak- nen Online-Vertriebskanälen niedriger sein durfte als auf tenzeichen: VI-Kart. 1/14). HRS hat darauf verzichtet, dem Portal von Booking. Im Ergebnis durfte ein Hotel Rechtsbeschwerde einzulegen (siehe auch Pressemittei- somit eine Zimmerpreissenkung auf einem Hotelportal lung vom 9. Januar 2015 und Tätigkeitsbericht 2013/14, nur dann etwa auf der eigenen Website nachvollziehen, S. 119 f.). wenn dieser Preis auch auf dem Portal von Booking ge- senkt wurde. Wollte ein Hotelunternehmen den Zimmer- Am 22. Dezember 2015 hat das Bundeskartellamt auch preis hingegen gezielt nur auf einem anderen Hotelportal Booking die Durchführung ihrer Bestpreisklauseln un- als demjenigen von Booking senken, so war es nach den tersagt und dem Unternehmen aufgegeben, die Klauseln von Booking verwendeten engen Bestpreisklauseln ge- bis zum 31. Januar 2016 aus ihren Verträgen und ihren zwungen, über die eigenen Online-Vertriebskanäle den AGB zu entfernen, soweit sie Hotels und andere Unter- höheren, bei Booking eingestellten Preis zu verlangen. künfte in Deutschland betrafen. Der Beschluss des Bun- Damit wurde die Attraktivität des hoteleigenen Online- deskartellamtes war sofort vollziehbar; Booking hat die Vertriebs erheblich geschmälert und die Preissetzungs- beanstandeten Klauseln daher im Januar 2016 beseitigt freiheit der Hotelunternehmen spürbar eingeschränkt. (siehe Beschluss vom 22. Dezember 2015, B9-121/13, Solange die Hotelunternehmen deswegen von den durch und Pressemitteilungen vom 2. April 2014 und 23. De- die engen Bestpreisklauseln formal eingeräumten Mög- zember 2015). Gegen den Beschluss hat Booking am lichkeiten zur Preisdifferenzierung in der Praxis keinen 22. Januar 2016 Beschwerde eingelegt. Einen Antrag auf oder nur wenig Gebrauch machten, blieben auch die An- Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde reize für Booking reduziert, ihre Provisionen zu senken hat das Oberlandesgericht Düsseldorf am 4. Mai 2016 ab- oder den Hotelunternehmen sonstige günstigere Konditi- gelehnt (Aktenzeichen: VI-Kart 1/16 V). Auf Grundlage onen einzuräumen. der Vorgaben des Kartellsenats aus der ersten mündlichen Verhandlung in der Hauptsache am 8. Februar 2017 wird Darüber hinaus beschränkten die engen Bestpreisklau- das Bundeskartellamt nun noch ergänzende Ermittlungen seln auch den Wettbewerb auf dem Hotelmarkt. Betroffen vornehmen. war der Preiswettbewerb zwischen den Hotelunterneh- men, weil das durch die engen Bestpreisklauseln gebun- Booking ist vor dem schwerpunktmäßig in Deutschland dene Hotel im eigenen Onlinevertrieb keinen günstigeren tätigen Hotelportal HRS und dem in Europa und darüber Zimmerpreis als auf dem Booking-Portal anbieten darf. hinaus tätigen Portal Expedia das mit Abstand führende Die durch enge Bestpreisklauseln hervorgerufenen Wett- Hotelbuchungsportal in Deutschland und in Europa. Die bewerbsbeschränkungen ließen sich auch nicht dadurch Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Booking „kompensieren“, dass an anderer Stelle von zusätzlichen, in der Fassung vom 1. Juli 2015 enthielten sog. „enge“ früher praktizierten Wettbewerbsbeschränkungen (etwa Bestpreisklauseln. Diese Klauseln erlauben den Hotels offline) abgesehen wurde. Dies stellt keine Kompensa- günstigere Angebote auf konkurrierenden Hotelportalen, tion von Wettbewerbsbeschränkungen im Sinne einer untersagen ihnen aber, Zimmer auf anderen Online-Ver- Neutralisierung, sondern lediglich eine Reduzierung des triebskanälen, insbesondere der eigenen Website preiswer- Umfangs der bewirkten Wettbewerbsbeschränkung dar. ter anzubieten. Diese enge Bestpreisklausel ist zu unter- Allein die Untersagung der Verwendung (enger) Best- scheiden von „weiten“ Bestpreisklauseln, die den Hotels preisklauseln führt dazu, dass die Wettbewerbsbeschrän- generell untersagen, ihre Zimmer auf jeglichen anderen kungen abgestellt und den Hotelunternehmen die ihnen Online-Vertriebskanälen preiswerter anzubieten. zuzugestehenden Preissetzungsspielräume erstmalig er- Nach Auffassung des Bundeskartellamtes verstieß Boo- öffnet werden. king durch die in ihren AGB und in Individualverträgen Betroffen war der deutsche Markt für die Vermittlungs- vorgesehenen Bestpreisklauseln (zuletzt in Form der en- dienstleistungen der Hotelportale (Hotelportalmarkt). gen Bestpreisklauseln) – ebenso wie HRS mit ihren zwi- Angesichts eines Marktanteils von (deutlich) über 30 schenzeitlich untersagten weiten Bestpreisklauseln – ge- Prozent waren die Bestpreisklauseln Bookings nicht gen § 1 und Artikel 101 Abs. 1 AEUV. Für die Erfüllung nach der Vertikal-GVO freigestellt. Die Bestpreisklau- des Verbotstatbestandes kommt es nicht darauf an, ob die seln erfüllten auch nicht die Voraussetzungen für eine engen Bestpreisklauseln etwa weniger wettbewerbsbe- Einzelfreistellung nach § 2 Abs. 1 bzw. Artikel 101 Abs. schränkend sind als die bis zum Juli 2015 geltenden weit 3 AEUV. Durch die Anwendung der Bestpreisklauseln gefassten Bestpreisklauseln Bookings, sondern allein da- hatte Booking die von ihr abhängigen kleinen und mitt- Drucksache 18/12760 – 130 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode leren Hotelunternehmen nach Auffassung des Bundes- der Europäischen Kommission und den anderen europä- kartellamtes zudem unbillig behindert und damit auch ischen Staaten im Rahmen des European Competition gegen § 20 Abs. 1 i.V.m. § 19 Abs. 1, 2 Nr. 1 verstoßen. Network (ECN) zusammengearbeitet und hat sich an der Evaluierung der Maßnahmen der verschiedenen Kartell- Innerhalb der Europäischen Union sind weiterhin eine behörden bzw. der nationalen Gesetzgeber bezüglich der Reihe von Mitgliedstaaten mit Verfahren zur Überprüfung Hotelportalbranche aktiv beteiligt. Der Abschlussbericht von Bestpreisklauseln in Verträgen von Hotelportalen be- der hierzu eingesetzten Arbeitsgruppe ist am 6. April 2017 fasst. Das Bundeskartellamt hat ebenso wie im Fall HRS auf der Homepage der Europäischen Kommission veröf- in dem noch laufenden Verfahren gegen Booking eng mit fentlicht worden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 131 – Drucksache 18/12760

Dritter Abschnitt

Tätigkeitsbericht der Vergabekammern

Teil I: Vergaberechtsentwicklung Vierter Teil des GWB Die Entwicklung des nationalen Vergaberechts im Be- Ausgangspunkt ist dabei nach wie vor der vierte Teil des richtszeitraum wurde maßgeblich geprägt durch das In- GWB als gesetzliches und damit als vorrangig maßgebli- krafttreten einer umfassenden Vergaberechtsreform. Ur- ches Regelwerk. sächlich für diese Reform war ein EU-Richtlinienpaket, das drei Richtlinien jeweils vom 26. Februar 2014 um- Der vierte Teil des GWB unterscheidet sich inhaltlich in- fasst: die Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auf- sofern maßgeblich von der bisherigen Fassung, als nun tragsvergabe, die Richtlinie 2014/25/EU über die Vergabe erstmals auch wesentliche und als besonders wichtig er- von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Was- achtete materielle Vorgaben über den Ablauf des Verga- ser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie die Richtli- beverfahrens auf die gesetzliche Ebene hochgezogen und nie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe. Die beiden im GWB geregelt werden. Dies betrifft beispielsweise die erstgenannten Richtlinien novellieren die bereits vorhan- Leistungsbeschreibung, die Prüfung von Ausschlussgrün- denen Vorgängerrichtlinien, wohingegen die Konzessions- den, die Eignungsprüfung, den Zuschlag bis hin zu den richtlinie die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen Bedingungen für die Ausführung des Auftrags. Das neue nun erstmalig in das europaweite Vergaberechtsregime Gesetz verpflichtet Unternehmen, die öffentliche Aufträ- mit einbezieht und nunmehr einheitlich alle Konzessio- ge ausführen, die geltenden umwelt-, sozial- und arbeits- nen – also auch Baukonzessionen – regelt. Bislang waren rechtlichen Vorgaben einzuhalten, andernfalls kann die Dienstleistungskonzessionen ausdrücklich vom Vergabe- Eignung in nachfolgenden Vergabeverfahren laut § 124 rechtsregime ausgenommen. Die Richtlinien bedurften Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 128 Abs. 1 verneint werden. Dies gilt der Umsetzung im nationalen Recht. Die neuen Vergabe- insbesondere für die Regelungen in für allgemeinverbind- bestimmungen gelten nach § 186 Abs. 2 für europaweite lich erklärten Tarifverträgen und für den gesetzlichen Min- Vergabeverfahren, die ab dem 18. April 2016 begonnen destlohn. Die Möglichkeiten für öffentliche Auftraggeber, wurden. Mit der Vergaberechtsreform hat der nationale strategische Ziele – z.B. umweltbezogene, soziale oder Gesetzgeber in Deutschland das Richtlinienpaket fristge- innovative Aspekte – auf verschiedenen Ebenen im Rah- recht innerhalb der in den EU-Richtlinien vorgesehenen men von Vergabeverfahren vorzugeben, werden gestärkt. Frist bis zum 18. April 2016 umgesetzt. Ein Anliegen der Novelle ist auch, Vorgaben, die sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erge- Ziel der Reform war es, ein übersichtliches und leichter ben, zu kodifizieren, was beispielsweise bei der Regelung handhabbares Regelwerk für die Vergabe von öffentlichen über die wesentliche Änderung bestehender Verträge als Aufträgen und Konzessionen einzuführen. Die Regelun- ausschreibungspflichtige Neuvergabe (§ 132) und bei der gen auf Gesetz- und auf Verordnungsebene werden stär- Normierung der sog. In-house-Rechtsprechung des Eu- ker gegliedert und besser strukturiert. Dadurch soll es für ropäischen Gerichtshofs (§ 108) geschehen ist. Für be- die öffentliche Hand ebenso wie für Unternehmen künftig stimmte, über die CPV-Codes definierte Dienstleistungen, einfacher werden, die jeweils einschlägigen Vorschriften insbesondere solcher sozialer Natur, ist ein vereinfachtes zu ermitteln und sie anzuwenden. Vergabeverfahren vorgesehen (§ 130). Die Reform wurde auch dafür genutzt, eine – der Sache Da der Evaluierungsbericht der Europäischen Kommissi- nach längst überfällige – moderate Strukturreform zu ver- on zu den EU-Rechtsmittelrichtlinien (Richtlinien 89/665/ wirklichen: Der ehemalige zweite Abschnitt von Teil A der EWG und 92/13/EWG in der durch Richtlinie 2007/66/ Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A EG geänderten Fassung vom 11. Dezember 2007) eine EG) sowie die Vergabeordnung für freiberufliche Dienst- Novellierung nicht vorsieht, hat sich in Bezug auf die das leistungen (VOF) wurden in die neue Vergabeverordnung Nachprüfungsverfahren betreffenden Vorschriften des überführt. Die spezifischen Vorschriften zur Vergabe von GWB nur wenig geändert. Die ohnehin zwecks Richtli- Bauaufträgen bleiben dagegen zunächst weiterhin Be- nienumsetzung durchgeführte Reform wurde insoweit standteil der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleis- genutzt, um einige wenige Änderungen vorzunehmen, für tungen (VOB/A EU). Allerdings haben Bundestag und die im Zuge der Rechtsprechungsentwicklung ein Bedarf Bundesrat die Bundesregierung während des Gesetzge- gesehen wurde. bungsverfahrens aufgefordert, eine mögliche Anpassung im Rahmen der Evaluierung der jetzigen Reform zu prü- Dies betrifft einmal die Einführung einer konkreten Rüge- fen und – soweit erforderlich – weitere Änderungen vor- frist von zehn Kalendertagen in § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, zuschlagen. welche den früheren, unbestimmten Begriff der „Unver- züglichkeit“ ersetzt. Des Weiteren ist in der Kostenrege- lung des § 182 eine Rechtsgrundlage für eine Entschei- dung nach billigem Ermessen geschaffen worden, wer die Drucksache 18/12760 – 132 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechts- auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens verzeich- verteidigung notwendigen Aufwendungen anderer Betei- net. ligter zu tragen hat. Die Vorschrift erlaubt es, materielles Unterliegen unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit auch Noch ausgeprägter als in den Vorjahren betraf der über- für den Aufwendungsersatz zu berücksichtigen. wiegende Teil der Nachprüfungsverfahren in den Berichts- jahren 2015 und 2016 die Verordnung für die Vergabe von Lieferungen und Dienstleistungen (VOL). In 2015 waren Ergänzende Verordnungen es mit 100 Fällen 72 Prozent, in 2016 106 Fälle, mithin Der vierte Teil des GWB wird durch mehrere Rechtsver- 73 Prozent. Die Anzahl der Nachprüfungsverfahren hin- ordnungen ergänzt, welche die allgemeinen Regelungen sichtlich der Vergabe von Bauleistungen (VOB) blieb des Gesetzes im Detail ausfüllen. Das GWB und die für auch in den Jahren 2015/2016 mit 13/19 VOB-Verfahren das Beschaffungsvorhaben jeweils einschlägige Verord- annähernd unverändert. Verfahren zur Vergabe freiberuf- nung sind daher parallel heranzuziehen. Im Einzelnen licher Leistungen (VOF) wurden im Jahr 2015 gar nicht handelt es sich um die Vergabeverordnung (VgV), in der und im Jahr 2016 in einem Fall Gegenstand eines Nach- die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche prüfungsverfahrens. Elf Nachprüfungsverfahren befassten Auftraggeber näher ausgestaltet wird (sog. „klassische sich im Jahr 2015 mit Vergaben nach der Vergabeverord- Auftragsvergabe“). Die VgV ersetzt den bisherigen zwei- nung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV). Nach dem ten Abschnitt der VOL/A sowie die VOF. Die Sektoren- Höchststand im Jahr 2014 hat sich der Anteil der VSVgV- verordnung (SektVO) gilt für Vergaben von Aufträgen im Fälle mit rund acht Prozent der Verfahren auf dem Stand Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der des Jahres 2013 manifestiert. Dies spiegelt sich auch im Energieversorgung durch Sektorenauftraggeber. Die neu Jahr 2016 wieder. Denn hier betrafen zehn Verfahren die geschaffene Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) VSVgV, also rund sieben Prozent. Mit Vergaben nach der trifft erstmals umfassende Regelungen für Bau- und Sektorenverordnung (SektVO) befassten sich die Vergabe- Dienstleistungskonzessionen. Mit der Vergabestatistikver- kammern im Jahr 2015 in 14 Nachprüfungsverfahren, in ordnung (VergStatVO) wird erstmals eine Statistik über 2016 in zehn. die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen ein- In den insgesamt 138 Nachprüfungsverfahren des Jahres geführt. 2015 erließen die Vergabekammern des Bundes bis heute 64 Sachentscheidungen. Von diesen Beschlüssen ergin- Teil II: Entscheidungspraxis der gen 38 zugunsten der öffentlichen Auftraggeber und 26 Vergabekammern des Bundes zugunsten der Antragsteller. Gegen 20 Entscheidungen wurde sofortige Beschwerde eingelegt. Im Übrigen gab es A. Entwicklung und Schwerpunkte 43 Rücknahmen und 31 Fälle von sonstiger Erledigung der Tätigkeit der Vergabekammern des Verfahrens, z.B. in Folge von Abhilfemaßnahmen des Die Anzahl der Nachprüfungsverfahren erfuhr im Be- öffentlichen Auftraggebers. richtsjahr 2015 einen Anstieg, der sich im Jahr 2016 fort- Im Berichtsjahr 2016 wurden 82 Sachentscheidungen setzte. Deutscher Bundestag – xy. Wahlperiode – – getroffen, davon 55 zugunstenDrucksache der Vergabestelle XY/… und 27 zugunsten der Antragsteller. Darüber hinaus fanden 39 Waren die Fallzahlen in 2014 auf 124 zurückgegangen, wurden im Jahr 2015 138 und im Jahr 2016 145 Anträge Verfahren ihre Erledigung durch Rücknahme des Nach- prüfungsantrags und 28 Fälle in sonstiger Weise. 31 Ent-

Bei den Vergabekammern des Bundes eingegangene Nachprüfungsanträge 2006 bis 2016

250 238 200 219

179 150 167 163 156 142 138 145 100 127 124

50

0 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Noch ausgeprägter als in den Vorjahren betraf der überwiegende Teil der Nachprüfungsverfahren in den Berichtsjahren 2015 und 2016 die Verordnung für die Vergabe von Lieferungen und Dienstleistungen (VOL). In 2015 waren es mit 100 Fällen 72 Prozent, in 2016 106 Fälle, mithin 73 Prozent. Die Anzahl der Nachprüfungsverfahren hinsichtlich der Vergabe von Bauleistungen (VOB) blieb auch in den Jahren 2015/2016 mit 13/19 VOB-Verfahren annähernd unverändert. Verfahren zur Vergabe freiberuflicher Leistungen (VOF) wurden im Jahr 2015 gar nicht und im Jahr 2016 in einem Fall Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens. Elf Nachprüfungsverfahren befassten sich im Jahr 2015 mit Vergaben nach der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV). Nach dem Höchststand im Jahr 2014 hat sich der Anteil der VSVgV-Fälle mit rund acht Prozent der Verfahren auf dem Stand des Jahres 2013 manifestiert. Dies spiegelt sich auch im Jahr 2016 wieder. Denn hier betrafen zehn Verfahren die VSVgV, also rund sieben Prozent. Mit Vergaben nach der Sektorenverordnung (SektVO) befassten sich die Vergabekammern im Jahr 2015 in 14 Nachprüfungsverfahren, in 2016 in zehn.

In den insgesamt 138 Nachprüfungsverfahren des Jahres 2015 erließen die Vergabekammern des Bundes bis heute 64 Sachentscheidungen. Von diesen Beschlüssen ergingen 38 zugunsten der öffentlichen Auftraggeber und 26 zugunsten der Antragsteller. Gegen 20 Entscheidungen wurde sofortige Beschwerde eingelegt. Im Übrigen gab es 43 Rücknahmen und 31 Fälle von sonstiger Erledigung des Verfahrens, z.B. in Folge von Abhilfemaßnahmen des öffentlichen Auftraggebers.

Im Berichtsjahr 2016 wurden 82 Sachentscheidungen getroffen, davon 55 zugunsten der Vergabestelle und 27 zugunsten der Antragsteller. Darüber hinaus fanden 39 Verfahren ihre Erledigung durch Rücknahme des Nachprüfungsantrags und 28 Fälle in sonstiger Weise. 31 Entscheidungen in 2016 wurden mit sofortiger Beschwerde angegriffen.

Von den Beschwerdeverfahren aus dem Jahr 2015 wurden bis heute 17 erledigt. In sechs dieser Beschwerdeverfahren wurden die Vergabekammern des Bundes vom Beschwerdegericht bestätigt; in drei Fällen erfolgten Rücknahmen der Beschwerde oder des Nachprüfungsantrags, in einem Verfahren schlossen die Beteiligten einen verfahrensbeendenden Vergleich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Von den in 2016 bereits abgeschlossenen 13 Beschwerdeverfahren wurde das Rechtsmittel in fünf Fällen zurückgewiesen, in sieben Fällen hatte der Antragsteller Erfolg. In einem Verfahren wurde die sofortige Beschwerde zurückgenommen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 133 – Drucksache 18/12760 scheidungen in 2016 wurden mit sofortiger Beschwerde mit ihrer Muttergesellschaft zwar gesellschaftsrechtlich angegriffen. verbunden, aber trotzdem von dieser finanziell und per- sonell unabhängig ist. Außerdem wird durch zusätzliche Von den Beschwerdeverfahren aus dem Jahr 2015 wurden Maßnahmen eine regelmäßige operative Kontrolle der bis heute 17 erledigt. In sechs dieser Beschwerdeverfahren Neutralität und Unabhängigkeit durch eine unabhängige wurden die Vergabekammern des Bundes vom Beschwer- Person sichergestellt. Etwaige Verstöße gegen das Gebot degericht bestätigt; in drei Fällen erfolgten Rücknahmen der Neutralität und Unabhängigkeit können u.a. durch die der Beschwerde oder des Nachprüfungsantrags, in einem Rückforderung der Fördergelder und außerordentliche Verfahren schlossen die Beteiligten einen verfahrensbeen- Kündigung sanktioniert werden. Schließlich ist die Be- denden Vergleich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. ratungsgesellschaft auch räumlich sowie von ihrer (IT-) Von den in 2016 bereits abgeschlossenen 13 Beschwerde- Ausstattung her von der Muttergesellschaft getrennt. Der verfahren wurde das Rechtsmittel in fünf Fällen zurück- Beschluss ist bestandskräftig. gewiesen, in sieben Fällen hatte der Antragsteller Erfolg. In einem Verfahren wurde die sofortige Beschwerde zu- rückgenommen. II. Arzneimittelausschreibungen bei nur teilweise patentfreien Wirkstoffen Inhaltlich hatten sich die Vergabekammern des Bundes im Berichtszeitraum mit sehr unterschiedlichen Bereichen Streitgegenstand von drei Nachprüfungsverfahren vor der zu befassen. Die Themen reichten von der Ausschreibung 1. Vergabekammer des Bundes war die Ausschreibungs- von Rabattverträgen durch gesetzliche Krankenkassen zur gestaltung für den Abschluss von Arzneimittelrabattver- Beschaffung von Arzneimitteln und der Versorgung der einbarungen zu einem bestimmten Wirkstoff (Pregabalin). Versicherten mit Hilfsmitteln über Vergaben der Bundes- Dieser zeichnete sich dadurch aus, dass das eigentliche agentur für Arbeit bezüglich Maßnahmen der Berufsein- Wirkstoffpatent abgelaufen und der Wirkstoff mit seinen stiegsbegleitung bis hin zur Vergabe der „Unabhängigen beiden ursprünglichen Indikationen insofern generikafä- Verbraucher-und Patientenberatung“ sowie der Überprü- hig geworden war, während für eine dritte Indikation noch fung von Vergaben aus dem Bereich der Bewachungs-, ein Verwendungspatent („Second-Medical-Use-Patent“) Wartungs- und Reinigungsdienstleistungen. Weitere Ver- bestand. Die ausschreibenden gesetzlichen Krankenkas- fahren betrafen diverse Baumaßnahmen des Bundes und sen hatten sich hier dafür entschieden, ihren Bedarf mit- den Einkauf von IT-Dienstleistungen durch Bundesbe- hilfe von zwei getrennten Ausschreibungen zu decken, hörden. Zudem befassten sich die Vergabekammern des wobei in dem einen Vergabeverfahren nur Arzneimittel Bundes mit zahlreichen VSVgV-Verfahren, die u.a. den angeboten werden durften, die allein für die beiden pa- Einkauf von Schutzkleidung, die Umrüstung von Minen- tentfreien Indikationen zugelassen waren, während im jagdbooten sowie die Wartung und Reparatur von Kriegs- anderen Vergabeverfahren nur Arzneimittel angeboten schiffen betrafen. werden durften, die allein für die patentgeschützte Indi- kation zugelassen waren. Hintergrund war insbesondere die Überlegung der Krankenkassen, dass sich auf diesem B. Rechtsfragen aus der Wege eine sog. „wilde Substitution“ (patentrechtswidrige Nachprüfungstätigkeit der Substitution des Originalpräparats durch ein Generikum Vergabekammern des Bundes im Fall der patentgeschützten Indikation) in der Apothe- I. Einfluss des Sozialrechts bei der ke unterbinden ließe. Der Anbieter des Originalpräparats wandte sich mit Nachprüfungsanträgen (VK1-104/15 und Auswahl des Auftragnehmers VK1-106/15) gegen die beiden Vergabeverfahren, da er Gemäß § 65b SGB V fördert der Spitzenverband Bund der mit seinem Originalpräparat, das für alle drei Indikationen (gesetzlichen) Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) mit zugelassen ist, an keinem der beiden Verfahren teilneh- einem Betrag von ca. neun Mio. Euro pro Jahr die „Un- men konnte. Des Weiteren wandte sich der Anbieter eines abhängige Patientenberatung“ (Information und Beratung Generikums gegen die Ausschreibung zu den patentfreien von Verbrauchern und Patienten u.a. über die Therapie Indikationen; der Anbieter fühlte sich an einer Angebots- von Krankheiten oder die Erstattungsfähigkeit von ärzt- abgabe gehindert, da ein zu hohes Risiko bestehe, wegen lichen Leistungen durch die gesetzlichen Krankenkas- Patentverletzungen in Anspruch genommen zu werden sen). Im Rahmen der öffentlichen Neuausschreibung des (VK1-110 /15). Die 1. Vergabekammer des Bundes wies nächsten Förderzeitraums von sieben Jahren bezweifelte alle drei Nachprüfungsanträge zurück. Das Oberlandesge- der bisherige Dienstleister, dass der neu vorgesehene Ver- richt Düsseldorf bestätigte die Entscheidung der Kammer tragspartner – wie gesetzlich vorgeschrieben – neutral und im Verfahren VK1-110/15 (Urteil vom 11. Mai 2016, Ak- unabhängig sei, weil dieser u.a. für gesetzliche und private tenzeichen: VII-Verg 2/16); insbesondere würden die von Krankenkassen sowie Pharmaunternehmen eine medizini- den Krankenkassen angekündigten Informationsmaßnah- sche Servicehotline betreibe und somit von diesen wirt- men gegenüber den Ärzten und ihren Verbänden die Bieter schaftlich abhängig sei. hinreichend gegen die Inanspruchnahme wegen Patentver- letzungen absichern. Die Ablehnung der Nachprüfungsan- Die 1. Vergabekammer des Bundes teilte diese Auffassung träge des Originalpräparat-Anbieters durch die Kammer nicht (VK1-74/15). Entscheidend war, dass der betreffen- hob das Gericht hingegen auf. Während die Vergabekam- de Bieter für die Beratungsleistungen die Gründung einer mer in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen ist, dass gemeinnützigen GmbH („gGmbH“) vorgesehen hat, die es der Antragstellerin allenfalls subjektiv (basierend auf Drucksache 18/12760 – 134 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode unternehmensinternen Entscheidungen) nicht möglich erst als Bietergemeinschaft eine Sortimentsbreite i.H..v gewesen ist, ein Pregabalin-Präparat anzubieten, das nur maximal ca. 49 Prozent abdecken und so in den Kreis der für die patentgeschützte Indikation zugelassen ist, sieht zu bezuschlagenden drei Bestbieter aufsteigen konnten, das Oberlandesgericht Düsseldorf in dieser Vergabebe- nicht gemäß § 19 EG Abs. 3 Buchst. f VOL/A (a.F., nun- dingung eine objektiv nicht erfüllbare und damit vergabe- mehr § 124 Abs. 1 Nr. 4) aus dem Vergabeverfahren aus- rechtswidrige Bedingung. Zudem verstößt die Bedingung zuschließen waren (VK1-112/15). Das Oberlandesgericht nach Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Urteil Düsseldorf hat diese Entscheidung bestätigt (Urteil vom 8. vom 17. August 2016, Aktenzeichen: VII-Verg 13/16) ge- Juni 2016, Aktenzeichen: VII-Verg 3/16). gen das Diskriminierungsverbot nach § 97 Abs. 2 und das Gebot der produktneutralen Ausschreibung nach § 8 EG Soweit hingegen konzernverbundene Unternehmen eine Abs. 7 Satz 1 VOL/A (a.F., nunmehr § 31 Abs. 6 Satz 1 Bietergemeinschaft bilden, liegt schon tatbestandlich kei- VgV); die Vergabekammer hatte hier hingegen angenom- ne Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. § 1 bzw. Artikel 101 men, dass eine sachliche Rechtfertigung für die Beschrän- Abs. 1 AEUV vor. Ebenso wenig verstößt dies gegen das kung vorliege (VK1-104/15). Folgerichtig nahm das Ge- vergaberechtliche Verbot der wettbewerbsbeschränken- richt bezogen auf die Parallelausschreibung, in der nur den Abrede (etwa bisher nach § 19 EG Abs. 3 Buchst. f Arzneimittel angeboten werden durften, die allein für die VOL/A (a.F., nunmehr § 124 Abs. 1 Nr. 4)). Insbesonde- patentfreien Indikationen zugelassen waren, abweichend re ist der vergaberechtliche Wettbewerbsbegriff insoweit von der Kammerentscheidung (VK1-106/15) ebenfalls ei- nicht weiter zu verstehen als der kartellrechtliche. Zu die- nen Verstoß gegen § 97 Abs. 2 i.V.m. § 8 EG Abs. 7 Satz sem Ergebnis kam die 1. Vergabekammer des Bundes in 1 VOL/A zu Lasten des Antragstellers an (Oberlandesge- einem Nachprüfungsverfahren (VK1-110/14), indem der richt Düsseldorf, Urteil vom 14. September 2016, Akten- Antragsteller geltend machte, dass zwei für den Zuschlag zeichen: VII-Verg 1/16). vorgesehene Bietergemeinschaften vom Vergabeverfah- ren wegen Verstoßes gegen das vergaberechtliche Verbot der wettbewerbsbeschränkenden Abrede bzw. gegen den III. Zulässigkeit von Bietergemeinschaften Wettbewerbsgrundsatz auszuschließen seien. Bei beiden Da die Eingehung einer Bietergemeinschaft zwischen Un- Bietergemeinschaften handelte es sich vorliegend um rein ternehmen, die derselben Branche angehören, regelmäßig konzerninterne Bietergemeinschaften, in denen die jewei- die gegenseitige Abrede einschließt, von eigenen Ange- ligen Mitgliedsunternehmen insbesondere über 100-pro- boten abzusehen und mit anderen Unternehmen nicht zu- zentige Beteiligungsverhältnisse miteinander verbunden sammenzuarbeiten, ist der Tatbestand einer Wettbewerbs- waren und jeweils einen faktischen oder vertraglichen Un- beschränkung i.S.d. § 1 grundsätzlich erfüllt. Dies kann terordnungskonzern bildeten bzw. einem solchen angehör- zum Ausschluss aus dem Vergabeverfahren gemäß § 19 ten. In der Entscheidung, mit der das Oberlandesgericht EG Abs. 3 Buchst. f VOL/A (a.F., nunmehr § 124 Abs. Düsseldorf die sofortige Beschwerde gegen die Kamme- 1 Nr. 4) führen. Bietergemeinschaften zwischen gleichar- rentscheidung zurückwies, bekräftigte das Gericht unter tigen Unternehmen können jedoch wettbewerbsunschäd- Hinweis auf das Gebot der Einheit der Rechtsordnung, lich sein, wenn die beteiligten Unternehmen – ein jedes dass das Verbot wettbewerbsbeschränkender Abreden un- für sich – zu einer Teilnahme an der Ausschreibung mit ter Bietern nicht weiter gehe als das Wettbewerbsprinzip einem eigenständigen Angebot aufgrund ihrer betriebli- des § 97 Abs. 1 und dass der in AEUV, GWB und den Ver- chen oder geschäftlichen Verhältnisse (z.B. mit Blick auf gabeordnungen verwendete Begriff des Wettbewerbs ein- Kapazitäten, technische Einrichtungen und/oder fachliche heitlich zu verstehen sei (Oberlandesgericht Düsseldorf, Kenntnisse) objektiv nicht leistungsfähig sind, und erst der Urteil vom 29. Juli 2015, Aktenzeichen: VII-Verg 5/15). Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft sie in die Lage versetzt, sich mit einem Erfolg versprechenden An- IV. Vergaberechtsfreie Inhouse-Vergabe gebot daran zu beteiligen. Ein öffentlicher Auftraggeber darf einen Auftrag ohne In einem von der 1. Vergabekammer des Bundes entschie- förmliches Vergabeverfahren vergeben, wenn die sog. denen Fall, der die Ausschreibung von Arzneimittelra- Inhouse-Voraussetzungen gegeben sind (Kontrolle durch battverträgen betraf, verfügte ein Rabattangebot gerade den öffentlichen Auftraggeber und wesentliche Umsätze dann über besonders hohe Zuschlagschancen, wenn es mit demselben sowie einer nicht gegebenen privaten Kapi- möglichst viele Arzneimittel eines Wirkstoffs (Packungs- talbeteiligung). Nachdem sie die ersten beiden Vorausset- größen, Wirkstärke, Darreichungsform, etc.) umfasst; zungen bejaht hatte, hat die 1. Vergabekammer des Bundes etwaige Sortimentslücken wirkten sich negativ bei der auch für die letztgenannte Voraussetzung (keine direkte Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote aus. Da die private Kapitalbeteiligung) festgestellt, dass das Unter- Marktverhältnisse vorliegend so waren, dass drei Anbieter nehmen, das an der Inhouse-Einrichtung zu ca. 25 Prozent mit einer Sortimentsabdeckung von 45 bis 58 Prozent als beteiligt ist, zwar im Wettbewerb mit privaten Unterneh- potenzielle Wettbewerber am Ausschreibungswettbewerb men stand, dies aber dennoch nicht „inhouse-schädlich“ teilnehmen konnten, musste aus maßgeblicher ex ante- war, weil dieser Anteilseigner sich zu 100 Prozent im Bun- Sicht eines Bieters ein Erfolg versprechendes Angebot so- deseigentum befindet. Die 1. Vergabekammer des Bundes mit zumindest in die Nähe dieser Sortimentsabdeckungen stützte sich diesbezüglich auf die bisherige Rechtspre- gelangen. Die 1. Vergabekammer des Bundes entschied chung des Europäischen Gerichtshofs und auf die bereits daher, dass mehrere pharmazeutische Unternehmen, die vor deren Inkrafttreten zu berücksichtigende Vorwirkung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 135 – Drucksache 18/12760 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments EG sowie 2014/23/EU). Denn nach Erwägungsgrund 25 und des Rates. Hiernach führt nur die Beteiligung von pri- der Richtlinie 2007/66/EG soll mit einer solchen „Min- vatem Kapital dazu, dass ein Vertragsabschluss dem Ver- dest-Verjährungsfrist“ dem Interesse an Rechtssicherheit gaberecht unterfällt (VK1-18/16). Das Oberlandesgericht in Bezug auf die Wirksamkeit von Verträgen Rechnung Düsseldorf hat diese Entscheidung bestätigt (Urteil vom 2. getragen werden; dies ist nur anhand eines objektiven November 2016, Aktenzeichen: VII-Verg 23/16). Anknüpfungspunktes für den Fristbeginn möglich. Der fragliche Nachprüfungsantrag war daher als unstatthaft V. Open-House-Verträge zurückzuweisen.

Auf Vorlage des Oberlandesgerichts Düsseldorf in einem VII. Bewertungsmatrix „Schulnotensystem“ Fall, der zuvor von der 1. Vergabekammer des Bundes ent- schieden worden war und eine Arzneimittelrabattverein- Bewertungsmatrizen öffentlicher Auftraggeber, anhand barung im sog. Open-House-Modell zum Gegenstand hat- denen Wertungspunkte ohne weitere Erläuterungen für te (VK1-4/14; siehe Tätigkeitsbericht 2013/14. S. 123 f.), die Bieter danach vergeben werden, ob die ausgeschrie- hat der Europäische Gerichtshof mittlerweile entschieden, benen Anforderungen „mit kleinen Schwächen“, „gerin- dass derartige Vereinbarungen, weil es hier seitens des gen“ oder „deutlichen Einschränkungen“ erfüllt sind, sind Auftraggebers an einer Auswahlentscheidung hinsichtlich nach der im Berichtszeitraum maßgeblichen Rechtspre- der Vertragspartner fehle, nicht dem Vergaberecht unter- chung des Oberlandesgerichts Düsseldorf intransparent fallen würden (Urteil vom 2. Juni 2016, Aktenzeichen: und damit laut § 97 Abs. 1 vergaberechtswidrig. Denn für C-410/14). Sog. Open-House-Verträge zeichnen sich ins- die Bieter ist hieraus nicht zu erkennen, worauf der Auf- besondere dadurch aus, dass der Auftraggeber diese als traggeber Wert legt, sodass die Bieter ihr Angebot nicht Rahmenverträge mit einheitlichen Bedingungen für alle anhand dieser Kriterien optimieren können (Oberlan- Vertragspartner konzipiert und mit jedem Unternehmen desgericht Düsseldorf, Urteile vom 16. Dezember 2015, abschließt, das dazu bereit ist, wobei ein Eintreten in die- Aktenzeichen: VII-Verg 24/15; vom 21. Oktober 2015, ses Vertragssystem im Prinzip jederzeit möglich sein muss. Aktenzeichen: VII-Verg 28/14; und vom 19. Juni 2013, Vor dem Hintergrund der genannten Rechtsprechung des Aktenzeichen: VII-Verg 8/13). Europäischen Gerichtshofs hat die 1. Vergabekammer des Bundes zwischenzeitlich zehn Nachprüfungsverträge, die Im Rahmen von funktionalen Ausschreibungen, bei denen in einem Nachprüfungsverfahren verbunden worden wa- ein öffentlicher Auftraggeber den Bietern also lediglich ren, als unstatthaft verworfen (VK1-42/15). Dabei hat sie das mit ihrer Leistung zu erreichende Ziel vorgibt, jedoch auch festgestellt, dass die vorliegenden Open-House-Ver- deren kreative Ideen nutzen will, um durch die Bieter opti- träge auch faktisch nicht zu einer Auswahl führen, etwa male Lösungen für seinen Beschaffungsbedarf entwickeln weil die Vertragsbedingungen aus wirtschaftlichen Grün- zu lassen, gilt dies jedoch nach Auffassung der Vergabe- den nicht für alle interessierten Unternehmen annehmbar kammern des Bundes nur eingeschränkt. So hat die 1. sind. Fallen die fraglichen Open-House-Verträge somit Vergabekammer des Bundes entschieden, dass das Trans- nicht in den Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts parenzgebot bei funktionalen Ausschreibungen nicht dazu nach §§ 97 ff., war auch eine Überprüfung dahingehend, führen kann, dass der öffentliche Auftraggeber wie in ei- ob die streitgegenständlichen Verträge die Grundfreihei- ner Lösungsskizze oder Musterlösung im Einzelnen kon- ten nach AEUV verletzen, der Vergabekammer verwehrt. kret vorgibt, welcher Angebotsinhalt zur Höchstpunktzahl führt. In einem solchen Fall hätte der Auftraggeber über- haupt keine Möglichkeit, eigene kreative Ideen der Bieter VI. Verfristeter Nachprüfungsantrag zur zu generieren, sondern dürfte nur noch „abhaken“, ob und Feststellung der Unwirksamkeit inwieweit die Angebote die von ihm vorgegebenen Anfor- Nach § 135 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 kann die Unwirksam- derungen erfüllen. Der Vergabewettbewerb fände mithin keit eines Vertrags, der unter Verstoß gegen die Pflicht zur nur noch auf der preislichen Ebene statt. Bei einer funk- Vorabinformation nach § 134 oder gegen eine Verpflich- tionalen Ausschreibung ist daher ein Bewertungssystem tung zur vorherigen Bekanntmachung geschlossen wur- vergaberechtskonform, in dem der öffentliche Auftragge- de (vgl. § 135 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 2), längstens bis zum ber zu jedem einzelnen Wertungskriterium detaillierte und Ablauf von sechs Monaten ab Vertragsschluss im Nach- eindeutige Anforderungen nennt, worauf und in welchem prüfungsverfahren festgestellt werden. Für den Beginn Umfang die Bieter in ihrem Angebotskonzept eingehen dieser Ausschlussfrist ist – so die 1. Vergabekammer im müssen, ergänzt durch eine Auflistung der „Erfüllungs- Nachprüfungsverfahren VK1-124/15 – der Zeitpunkt des grade“, aus der sich ergibt, unter welchen Voraussetzun- tatsächlichen Vertragsschlusses maßgeblich, und zwar un- gen für die betreffenden Ausführungen eines Bieters be- abhängig davon, ob andere betroffene Unternehmen, wie stimmte Punktwerte vergeben werden (VK1-48/16). Diese etwa die Antragstellerin, von diesem Zeitpunkt Kenntnis Entscheidung ist noch nicht bestandskräftig (Oberlandes- hatten oder hätten haben können. Diese schon eindeutig gericht Düsseldorf, Aktenzeichen: VII-Verg 29/16). Die dem Wortlaut von § 135 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 zu entneh- Entscheidung der 2. Vergabekammer des Bundes, in der mende Auslegung wird gestützt durch Sinn und Zweck diese dieselbe Auffassung vertritt (VK2-31/16), wurde der zugrundeliegenden europäischen Norm des Artikel 2f vom Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigt (Urteil vom Abs. 1 Buchst. b der Rechtsmittelrichtlinie (hier Richtli- 2. November 2016, Aktenzeichen: VII-Verg 25/16). nie 89/665/EWG in der Fassung der Richtlinien 2007/66/ Drucksache 18/12760 – 136 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

VIII. Verhandlungsverfahren ohne ein Angebotsvordruck eingereicht werden sollte, der alle Teilnahmewettbewerb relevanten Erklärungen des Bieters enthalten musste. Dieser Angebotsvordruck war an einer bestimmten Stelle § 3 EG Abs. 4 Buchst. c VOL/A (a.F., nunmehr § 14 Abs. elektronisch zu signieren. Für die darüber hinaus dem An- 4 Nr. 2 VgV) sieht u.a. vor, dass ein Verhandlungsverfah- gebot beizufügenden Dokumente, wie z.B. das Preisblatt, ren ohne vorherigen Teilnahmewettbewerb u.a. dann zu- war hingegen eine elektronische Signatur nicht vorgege- lässig ist, wenn aufgrund von Ausschließlichkeitsrechten ben worden. Ein Bieter unterließ es, im Angebotsvordruck der Auftrag nur von einem Unternehmen erbracht wer- die geforderte elektronische Signatur anzubringen, fügte den kann. Die Antragsgegnerin führte, gestützt auf diese aber seinem Angebot ein – vom Auftraggeber nicht zwin- Norm, ein Verhandlungsverfahren zur Erweiterung des gend gefordertes – Anschreiben bei, das er elektronisch bestehenden satellitengestützten Mautsystem für LKWs signierte. Zwischen den Verfahrensbeteiligten war streitig, auf Autobahnen auf sämtliche Bundesstraßen ausschließ- ob der Auftraggeber befugt war, einen korrekt signierten lich mit der Toll Collect GmbH durch, welche auf der Ba- Angebotsvordruck gemäß § 19 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A sis eines am 20. September 2002 geschlossenen Vertrages a.F. nachzufordern. Leistungen und Lieferungen im Zusammenhang mit der LKW-Mauterhebung erbringt. Die 2. Vergabekammer des Die 2. Vergabekammer des Bundes bejahte dies (VK2- Bundes hat den gegen diese exklusiven Vertragsverhand- 91/15). Nach Auffassung der Vergabekammer war der lungen gerichteten Nachprüfungsantrag eines ebenfalls Ausschlusstatbestand des § 19 EG Abs. 3 Buchst. a am Auftrag interessierten Unternehmens zurückgewie- VOL/A a.F. einschlägig, wonach Angebote, die nicht die sen (Beschluss vom 18. Februar 2016, VK2-137/15). Die geforderten oder nachgeforderten Erklärungen und Nach- Antragsgegnerin konnte zu Recht auf bestehende Daten- weise enthalten, auszuschließen waren. In Ermangelung bankrechte der Toll Collect i.S.d. § 87a Abs. 1 S. 1 UrhG, einer korrekten Signatur des Angebotsvordrucks seien die auf Nutzungsrechte an der Fahrzeuggerätesoftware sowie im Angebotsvordruck erwähnten Erklärungen und Nach- einzelner individueller Komponenten der zentralen Diens- weise nicht formgerecht abgegeben worden. Die damit er- te des Mautsystems und letztlich auch Eigentumsrechte öffnete Nachforderungsmöglichkeit nach § 19 EG Abs. 2 der Toll Collect an den „On-Board-Units“ in den LKWs Satz 1 VOL/A a.F. sei, so die Vergabekammer, selbst dann zur Rechtfertigung der gewählten Verfahrensart geltend gegeben, wenn zugleich auch der Ausschlusstatbestand machen. Die Antragsgegnerin konnte sich auch auf die- des § 19 EG Abs. 3 Buchst. b VOL/A a.F. einschlägig sein se Ausschließlichkeitsrechte der Toll Collect berufen, sollte, wenn also ein Angebot Fehler bei der Unterschrift obwohl sie selbst es in der Hand gehabt hätte, durch das bzw. der elektronischen Signierung aufwies. Nach Auffas- Ausüben einer Rückfalloption die Rechte am System im sung der Vergabekammer sei in Fällen wie dem Vorliegen- Vorfeld seiner Erweiterung an sich zu ziehen. Die Aus- den eine klare Zuordnung zu einem einzigen der in § 19 übung dieser sog. Call Option hätte zwar zur Folge gehabt, EG Abs. 3 VOL/A a.F. genannten Ausschlusstatbeständen dass die Toll Collect von der Auftraggeberin übernommen nicht möglich bzw. nicht sinnvoll. Dem könne Rechnung und diese somit mittelbar Inhaberin aller Schutzrechte getragen werden, indem offen gelassen werde, welchem geworden wäre, womit sie auch die einem offenen Ver- Ausschlusstatbestand der Fehler letztendlich zuzuordnen gabewettbewerb entgegenstehenden Ausschließlichkeits- sei. rechte der Toll Collect beseitigt hätte. Diese Möglichkeit des Rückfalls an den Bund korrespondierte jedoch nicht Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 13. April mit einer entsprechenden Verpflichtung der Auftragge- 2016, Aktenzeichen: VII-Verg 52/15) war zwar ebenfalls berin, dies auch tun zu müssen. Denn der Rückfall hätte der Meinung, dass das fehlerhaft signierte Angebot nicht u.a. dazu geführt, das System selbst betreiben zu müssen auszuschließen sei, allerdings mit einer abweichenden Be- und hätte darüber hinaus die Haftung der Gesellschafter gründung. Das Gericht meinte, dass eine Nachforderung der Toll Collect für etwaige Mautausfälle beendet. Darauf der fehlenden Signatur nach § 19 EG Abs. 2 VOL/A a.F. musste sich die Auftraggeberin aus Sicht der erkennenden nicht zulässig gewesen sei, weil es sich bei dem Angebots- Kammer nicht einlassen. Aus den gleichen Gründen war vordruck nicht um eine Erklärung oder um einen Nach- sie auch nicht verpflichtet, allein um Wettbewerb zu er- weis gehandelt habe. Fehle die geforderte Form der Signa- öffnen, von vornherein ein komplett neues Mautsystem zu tur, sei das Angebot nach den allgemeinen zivilrechtlichen beschaffen. Regeln (§§ 133, 157 BGB) auszulegen. Erst wenn die Auslegung zu keinem zweifelsfreien Ergebnis führe, sei Letztlich konnte sich die Antragstellerin auch nicht erfolg- das Angebot nach § 19 EG Abs. 3 Buchst. b VOL/A aus- reich auf kartellrechtliche Ansprüche gegen Toll Collect zuschließen. Im zu entscheidenden Fall sei unzweifelhaft, berufen. Denn hierfür sind die Nachprüfungsinstanzen dass der Bieter den gesamten Angebotsinhalt habe für schon nicht zuständig, weil diese nur Ansprüche gegen rechtsverbindlich erklären wollen. den öffentlichen Auftraggeber (§ 104 Abs. 2 a.F., nunmehr § 156) prüfen können, nicht jedoch kartellrechtliche An- X. Nachfragebündelung sprüche der Unternehmen untereinander. Mit der Frage, ob die Vergabekammern berufen sind, eine IX. Fehlerhafte elektronische Signatur Nachfragebündelung gesetzlicher Krankenkassen auf ihre Vereinbarkeit mit § 1 zu prüfen, hatte die 2. Vergabekam- In einem elektronisch durchgeführten Vergabeverfahren mer des Bundes sich in zwei Parallelverfahren auseinan- sahen die Vergabeunterlagen vor, dass mit dem Angebot derzusetzen. In dem einen der angegriffenen Vergabever- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 137 – Drucksache 18/12760 fahren hatten die in zwei Bundesländern sowie in dem mer alleine zu prüfen, ob Rechte aus § 97 Abs. 6 oder Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung eines weiteren sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber beste- Bundeslandes tätigen gesetzlichen Krankenkassen ge- hen, die auf die Vornahme oder das Unterlassen in einem meinsam die Lieferung von Röntgenkontrastmitteln aus- Vergabeverfahren gerichtet sind, § 156 Abs. 2. Die streit- geschrieben (VK2- 63/16). In dem anderen, am gleichen gegenständlichen Entscheidungen der Krankenkassen, Tag bekanntgemachten Vergabeverfahren, hatten ebenfalls die nachgefragten Produkte gemeinsam auszuschreiben, alle in einem anderen Bundesland tätigen gesetzlichen waren jedoch den Vergabeverfahren zeitlich und inhaltlich Krankenkassen die Lieferung von Röntgenkontrastmitteln vorgelagert. Die Entscheidung, gemeinsam auszuschrei- gemeinsam ausgeschrieben (VK2-65/16). Die Vergabe- ben, war keine Handlung im Vergabeverfahren. Die kar- unterlagen beider Ausschreibungen waren weitestgehend tellrechtlichen Abwehransprüche können folglich zulässi- identisch. Auch die mit der Durchführung der Vergabever- gerweise nicht im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens fahren betraute Vergabestelle war identisch. Ein pharma- geltend gemacht werden, sondern sind von den zuständi- zeutisches Unternehmen machte in den hiergegen gerich- gen Kartellbehörden bzw. auf dem Zivilrechtswege zu ver- teten Nachprüfungsverfahren im Wesentlichen geltend, die folgen. Gegen eine Zuständigkeit der Vergabekammer zur Nachfragebündelung sei kartellrechtswidrig, da diese eine Prüfung der kartellrechtlichen Normen spricht im Übrigen Beschränkung des Nachfragewettbewerbs zwischen den auch der Umstand, dass die Vergabekammer innerhalb der beteiligten Krankenkassen bezwecke bzw. bewirke. Bei fünfwöchigen Entscheidungsfrist (§ 167 Abs. 1) regelmä- einer bundesweiten Marktabgrenzung würden, so die An- ßig nicht in der Lage sein wird, komplexe kartellrechtliche tragstellerin, die beteiligten Krankenkassen einen addier- Fragestellungen zu klären, zumal die potenziellen Rechts- ten (Nachfrage-) Marktanteil von rund 24 Prozent auf sich folgen eines festgestellten Verstoßes gegen § 1 erheblich vereinigen. Die Nachfragebündelung verstoße gegen § 1 sind (Nichtigkeit des Vertrages; gegebenenfalls Bußgeld). und sei auch nicht nach § 2 freistellungsfähig. Aufgrund des Verstoßes gegen das Kartellverbot liege zugleich ein Dem Vorbringen der Antragstellerin, die Nachfragebünde- Verstoß gegen das vergaberechtliche Missbrauchsverbot lung verstoße gegen das Missbrauchsverbot des § 21 Abs. des § 21 Abs. 1 Satz 3 VgV vor. 1 Satz 3 VgV, schloss sich die Vergabekammer ebenfalls nicht an. Die Vergabekammer machte deutlich, dass ihre Die Vergabekammer folgte dem Vorbringen der Antrag- Zuständigkeit auch dann nicht eröffnet sei, wenn der Ver- stellerin nicht und wies den Nachprüfungsantrag als un- stoß gegen das Missbrauchsverbot in der – aus Sicht der zulässig bzw. unbegründet zurück. Im vergaberechtlichen Antragstellerin – unzulässigen Nachfragebündelung liege. Nachprüfungsverfahren ist nach Ansicht der Vergabekam- Drucksache 18/12760 – 138 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 139 – Drucksache 18/12760

Vierter Abschnitt

Geschäftsübersicht

A. Tabellen zur Fusionskontrolle I. Beim Bundeskartellamt angemeldete Zusammenschlüsse 1990-2016

Jahr Zusammenschlüsse 1990 1 445 1991 1 541 1992 1 282 1993 1 185 1994 1 254 1995 1 154 1996 1 257 1997 1 387 1998 1 667 1999 1 687 2000 1 735 2001 1 568 2002 1 584 2003 1 366 2004 1 412 2005 1 687 2006 1 829 2007 2 242 2008 1 675 2009 998 2010 987 2011 1 108 2012 1 127 2013 1 091 2014 1 188 2015 1 211 2016 1 229 Gesamt 1990 – 2016 37 896 Drucksache 18/12760 – 140 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

II. Beim Bundeskartellamt angemeldete Zusammenschlüsse und Entscheidungen 2015 und 2016

Anmeldungen 2015 2016 Gesamt: 1211 1229 Entscheidungen 1162 1155 Freigaben 1161 1155 davon: in der 1. Phase 1154 1150 in der 2. Phase ohne Nebenbestimmungen 6 4 in der 2. Phase mit Nebenbestimmungen 1 1 Untersagungen 1 0 Erledigung vor Abschluss des Verfahrens 60 38 Rücknahme 21 11 a) in der 1. Phase 19 7 b) in der 2. Phase 2 4 keine Kontrollpflicht 39 27 Prüfung bereits vollzogener Zusammenschlüsse nach §41 Abs. 3 23 18 (Entflechtungen)

Anmerkung: Die Zahl der Anmeldungen gibt die beim Bundeskartellamt in den Jahren 2015 und 2016 eingegangenen Anmeldungen wieder. Die übrigen Daten der Tabelle beziehen sich auf alle in diesen beiden Jahren ergangenen Entscheidungen oder sonstige Erledigungen von Verfahren, und zwar unabhängig davon, in welchem Jahr die Anmeldung erfolgt ist. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 141 – Drucksache 18/12760

III. Angemeldete Zusammenschlüsse nach Größenklassen 2015 und 2016 1. Gesamtumsatz aller jeweils beteiligten Unternehmen

Zahl der Fälle Gesamtumsatz aller jeweils 2015 2016 beteiligten Unternehmen (in Mio. ) darunter Fälle darunter Fälle € mit mit Presseumsätzen Presseumsätzen ab 500 213 6 212 11 bis unter 1 000 bis unter 6 000 498 15 513 18 und mehr 501 11 504 1 Gesamt 1211 32 1229 30

Anmerkungen: Alle Umsätze (auch in allen folgenden Tabellen) sind „Umsätze i.S.d. GWB“ (§§ 35 ff.) des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres vor dem Zu- sammenschluss. Für Handelsumsätze, Umsätze mit Zeitungen und Zeitschriften, mit Rundfunkprogrammen und Rundfunkwerbezeiten (zusammen „Presseumsätze“) sowie für Banken und Versicherungen gelten die Berechnungsverfahren des § 38 Abs. 2 bis 4. In früheren Tätigkeitsberichten (bis 1989/90) wurden Presseumsätze allerdings – anders als in der jetzigen Auswertung – mit den Originalwerten angesetzt; daher wird die Zahl der Fälle mit Presseumsätzen in den einzelnen Umsatzklassen gesondert aufgeführt.

2. Umsatz des erworbenen Unternehmens

Zahl der Fälle 2015 2016 Umsatz des erworbenen Unternehmens (in Mio. €) darunter Fälle darunter Fälle mit mit Presseumsätzen Presseumsätzen Neugründungen 0 136 3 140 3 bis unter 2 27 3 26 1 bis unter 25 336 11 344 14 bis unter 250 498 8 527 6 bis unter 500 106 1 93 3 bis unter 1000 62 5 48 1 bis unter 6000 34 1 44 2 und mehr 11 0 5 0 Gesamt 1211 32 1229 30

Anmerkungen: Zur Umsatzberechnung siehe Anmerkung zu Tabelle 3.1. Für jeden Zusammenschlussfall wird ein erworbenes Unternehmen gezählt. Daher stimmt die Zahl der Erworbenen automatisch mit der Zahl der Zusammenschlüsse überein. Werden in einem Zusammenschluss (einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang) Anteile oder Vermögenswerte mehrerer Unternehmen erworben, wird nach dem „Schwerpunktprinzip“ verfahren: Umsatz- und Länderzuordnung erfolgt bei dem erworbenen Unternehmen, bei dem der Umsatzschwer- punkt liegt. Drucksache 18/12760 – 142 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

3. Umsatz des erwerbenden Unternehmens („Erwerber“)

Zahl der Unternehmen Umsatz des erwerbenden 2015 2016 Unternehmens (in Mio. €) darunter Fälle darunter Fälle mit mit Presseumsätzen Presseumsätzen bis unter 2 14 0 11 0 bis unter 25 29 1 30 0 bis unter 250 71 7 92 1 bis unter 500 86 5 82 5 bis unter 1000 215 7 233 13 bis unter 6000 476 16 514 14 und mehr 478 7 494 1 Gesamt 1369 43 1456 34

Anmerkungen: Zur Umsatzberechnung siehe Anmerkung zu Tabelle 3.1. Die Zahl der Erwerber ist regelmäßig größer als die Zahl der Zusammenschlüsse, da mehrere Unternehmen gemeinsam Anteile an einem anderen Unternehmen erwerben können (Entstehung von Gemeinschaftsunternehmen). Als Erwerber gezählt werden grundsätzlich die Konzernobergesell- schaften („Konzernspitzen“). Dies gilt für den Umsatz sowie für die Länderzuordnung. Die Länderzuordnung erfolgt nach dem Sitz der Obergesell- schaft. Abweichend von diesem Grundsatz werden bei Erwerbern, die ihrerseits von mehr als einem Unternehmen abhängig sind („gespaltene Konzern- spitze“), nicht die einzelnen Muttergesellschaften, sondern der Erwerber selbst gezählt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 143 – Drucksache 18/12760

IV. Angemeldete Zusammenschlüsse nach Art des Zusammenschlusstatbestandes

2015 2016 I. Vermögenserwerb 212 180 II. Kontrollerwerb 808 867 davon: Anteilserwerb 600 663 durch Vertrag 54 36 Gemeinschaftsunternehmen 154 168 III. Anteilserwerb 118 129 davon: Mehrheitserwerb1 3 12 Minderheitserwerb 34 22 Gemeinschaftsunternehmen 81 95 IV. Veränderung der Kontrolle2 54 45 V. Wettbewerblich erheblicher Einfluss 19 8 Gesamt 1211 1229

Anmerkungen: 1 Anteile erreichen 50 Prozent oder mehr (entspricht dem Tatbestand des § 37 Abs. 1 Nr. 3a GWB). 2 Wechsel von gemeinsamer zu alleiniger Kontrolle oder umgekehrt.

V. Angemeldete Zusammenschlüsse nach Art der Diversifikation

2015 2016 Horizontal 904 882 Vertikal 39 40 Konglomerat 268 307 Gesamt 1211 1229

Anmerkungen: Ein horizontaler Zusammenschluss liegt vor, wenn das erworbene Unternehmen auf den gleichen Märkten tätig ist wie der Erwerber. Ein vertikaler Zusammenschluss liegt vor, wenn das erworbene Unternehmen im Verhältnis zum Erwerber auf vor- oder nachgelagerten Produktstufen tätig ist (Beispiel: Brauerei erwirbt Getränkegroßhandel). Von einem konglomeraten Zusammenschluss wird ausgegangen, wenn zwischen den Zusammenschlussbeteiligten keine horizontalen Überlappungen oder Vertikalverhältnisse in den sachlich relevanten Märkten bestehen. Drucksache 18/12760 – 144 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

VI. Angemeldete Zusammenschlüsse nach geografischer Gliederung 1. Angemeldete Zusammenschlüsse – 2015, 2016 Erworbene Unternehmen in geografischer Gliederung

Land/Region 2015 2016 Land/Region 2015 2016 Australien 1 0 Österreich 20 21 Bahamas 1 1 Polen 3 6 Barbados 1 0 Portugal 2 1 Belgien 15 11 Russland 1 1 Cayman Islands 3 4 Schweden 9 12 China 3 3 Schweiz 23 19 Dänemark 14 18 Serbien 0 1 Deutschland 839 803 Singapur 4 10 Finnland 3 5 Slowakei 2 0 Frankreich 36 31 Slowenien 0 2 Griechenland 1 0 Spanien 6 10 Indien 1 2 St. Vincent und die Grenadinen 0 1 Indonesien 0 1 Taiwan 1 1 Irland 2 0 Thailand 1 0 Israel 0 1 Tschechische Republik 2 5 Italien 15 28 Türkei 1 2 Japan 1 7 Ungarn 2 0 Jersey 0 3 Vereinigte Arabische Emirate 1 0 Kanada 4 5 Vereinigtes Königreich 26 22 Korea, Republik 0 1 Vereinigte Staaten von Amerika 77 90 Kroatien 1 0 Zypern 0 1 Liechtenstein 1 1 Gesamt 1211 1229 Luxemburg 37 31 Malta 0 1

Marshallinseln 2 0 Anmerkungen: Die Bezeichnungen der Länder/Regionen dienen lediglich der geografi- Niederlande 46 59 schen Orientierung und besagen nichts über den staats- oder völkerrecht- Norwegen 3 8 lichen Status einzelner Gebiete. Zur Zählung siehe Anmerkung zu Tabelle 3.2. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 145 – Drucksache 18/12760

2. Angemeldete Zusammenschlüsse – 2015, 2016 Erwerber in geografischer Gliederung

Land/Region 2015 2016 Land/Region 2015 2016 Australien 4 4 Monaco 0 2 Bahamas 0 1 Niederlande 51 66 Bahrain 0 1 Norwegen 5 5 Belgien 15 12 Oman 1 0 Bosnien und Herzegowina 1 1 Österreich 27 37 Brasilien 1 1 Panama 1 0 Britische Jungferninseln 1 0 Polen 2 4 Cayman Islands 2 6 Portugal 1 2 China 39 36 Russland 6 0 Dänemark 16 16 Schweden 13 25 Deutschland 667 651 Schweiz 37 41 Finnland 7 6 Singapur 3 8 Frankreich 74 74 Slowakei 1 0 Gibraltar 1 0 Slowenien 0 2 Guernsey 0 7 Spanien 8 8 Indien 5 4 Südafrika 1 4 Irland 11 7 Taiwan 3 2 Island 2 0 Thailand 1 1 Israel 1 1 Tschechische Republik 1 1 Italien 16 26 Türkei 2 2 Japan 33 31 Ungarn 1 1 Jersey 8 4 Vereinigte Arabische Emirate 5 1 Kanada 11 22 Vereingte Staaten von Amerika 194 224 Katar 0 2 Vereinigtes Königreich 52 56 Korea, Republik 7 7 Zypern 1 2 Libanon 1 0 Gesamt 1369 1456 Liechtenstein 0 1 Luxemburg 25 37

Malaysia 3 1 Anmerkungen: Die Bezeichnungen der Länder/Regionen dienen lediglich der geografi- Malta 1 0 schen Orientierung und besagen nichts über den staats- oder völkerrecht- lichen Status einzelner Gebiete. Mexiko 0 3 Zur Zählung siehe Anmerkung zu Tabelle 3.3. Drucksache 18/12760 – 146 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Abschöpfung des wirtschaft- lichen Vorteils Zusätzlich Anordnung Einstweilliger Maßnahmen Abgabe an eine andere Behörde 7 2 6 8 3 1 2 2 45 30 16 61 Einstellung aus anderen Gründen* Abschluss ohne Verfügung 1 3 19 15 19 Aufgabe des beanstandeten Verhaltens 1 1 Entscheidung nach § 32c (kein Anlass zum Tätigwerden) Abgeschlossene Verfahren Abgeschlossene 2 1 1 1 3 4 Verpflichtungs- zusagen 3 2 4 1 2 6 Abschluss mit Verfügung Untersagungs-, Untersagungs-, Abstellungs-, oder Feststellungsverf ügung 6 1 1 7 1 8 Bußgeld- bescheid 2 3 3 21 23 46 49 Parallele EU-Recht (Art. (Art. EU-Recht 101, 102 AEUV) 101, Anwendung von Neue Verfahren Neue 1 3 4 4 2 1 2 2 17 25 11 36 Recht von nationalem nationalem von Nur Anwendung Art des Verstoßes des Art Hardcore Kartelle Vertikalvereinbarungen Mittelstandskartelle Sonstige horizontale Kooperationen Kartellverbot (Gesamt) Kartellverbot Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis Verbandsdiskriminierung Boykottverbot Kartellfälle allgemein (keiner Unterteilung zugeordnet) Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung Missbrauchsfälle allgemein (keiner Unterteilung zugeordnet) fürSonderregeln Wirtschaftszweige bestimmte Preisbindung bei Zeitungen und Zeitschriften Missbräuche (Gesamt) Missbräuche Diskriminierungsverbot, Verbot der unbilligen Behinderung Verbot der Einräumung von Vorzugskonditionen Sonstiges wettbewerbsbeschränkendes Verhalten Erzeugervereinigungen, Landwirtschaft Energiewirtschaft Wasserversorgungsunternehmen Gesamt Übersichten zu weiteren Verfahren Bußgeldverfahren, Missbrauchsverfahren, Untersagungsverfahren beim Bundeskartellamt im Jahr 2015 Vorschrift I. Bußgeldverfahren, Missbrauchsverfahren, Untersagungsverfahren Untersagungsverfahren Missbrauchsverfahren, Bußgeldverfahren, I. 1. beim Bundeskartellamt im Jahr 2015 * Einstellungen aus anderen Gründen sind: Einstellung gem. § 47 OWIG und gem. § 170 Abs. 2 StPO, kein Anlass zum Tätigwerden (ohne förmliche Verfügung) und alle übrigen Gründe (z.B. Verjährung, Mangel an Beweisen, etc.) § 20 Abs. 5 GWB § 21 Abs. 1 GWB § 20 Abs. 3 GWB §§ 18 ff. GWB 1, 2GWB 2 Nr. 19 Abs. § § 19 Abs. 2 Nr. 5 GWB GWB 21 Abs.2-4 § 28 GWB § 31 ff GWB § § 29 GWB § 30 GWB § § 19 Abs. 1 GWB §§ 1, 2 GWB B. I. 1. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 147 – Drucksache 18/12760 Abschöpfung des wirtschaft- lichen Vorteils Zusätzlich Anordnung Einstweilliger Maßnahmen Abgabe an eine andere Behörde 3 4 3 4 2 9 31 94 27 43 41 Einstellung aus anderen Gründen* Abschluss ohne Verfügung 4 2 5 11 11 Aufgabe des beanstandeten Verhaltens Entscheidung nach § 32c (kein Anlass zum Tätigwerden) 1 2 1 1 1 Abgeschlossene Verfahren Abgeschlossene Verpflichtungs- zusagen 1 1 1 Abschluss mit Verfügung Untersagungs-, Untersagungs-, Abstellungs-, oder Feststellungsverf ügung 2 2 4 4 Bußgeld- bescheid 2 8 1 7 1 18 17 Parallele EU-Recht (Art. (Art. EU-Recht 101, 102 AEUV) 101, Anwendung von Neue Verfahren Neue 1 1 1 2 1 1 1 9 38 21 24 14 Recht von nationalem nationalem von Nur Anwendung Art des Verstoßes des Art Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis Verbandsdiskriminierung Boykottverbot Missbrauchsfälle allgemein (keiner Unterteilung zugeordnet) fürSonderregeln Wirtschaftszweige bestimmte Preisbindung bei Zeitungen und Zeitschriften Diskriminierungsverbot, Verbot der unbilligen Behinderung Verbot der Einräumung von Vorzugskonditionen Sonstiges wettbewerbsbeschränkendes Verhalten Erzeugervereinigungen, Landwirtschaft Energiewirtschaft Wasserversorgungsunternehmen Gesamt Vertikalvereinbarungen Mittelstandskartelle Sonstige horizontale Kooperationen Hardcore Kartelle Kartellverbot (Gesamt) Kartellverbot Kartellfälle allgemein (keiner Unterteilung zugeordnet) Missbräuche (Gesamt) Missbräuche Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung beim Bundeskartellamt im Jahr 2016 Vorschrift beim Bundeskartellamt im Jahr 2016 Jahr im Bundeskartellamt beim * Einstellungen aus anderen Gründen sind: Einstellung gem. § 47 OWIG und gem. § 170 Abs. 2 StPO, kein Anlass zum Tätigwerden (ohne förmliche Verfügung) und alle übrigen Gründe (z.B. Verjährung, Mangel an Beweisen, etc.) § 19 Abs. 2 Nr. 1, 2GWB 2 Nr. 19 Abs. § § 19 Abs. 2 Nr. 5 GWB § 20 Abs. 3 GWB § 20 Abs. 5 GWB § 21 Abs. 1 GWB GWB 21 Abs.2-4 § 28 GWB § 29 GWB § 30 GWB § 31 ff GWB § §§ 18 ff. GWB § 19 Abs. 1 GWB §§ 1, 2 GWB 2. Drucksache 18/12760 – 148 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 0 0 0 0 Abschöpfung des wirtschaft- lichen Vorteils Zusätzlich 0 0 0 0 Anordnung Einstweilliger Maßnahmen 2 1 5 6 3 1 2 11 17 Abgabe an eine andere Behörde 1 4 1 1 2 1 41 24 11 48 14 15 18 10 14 103 Einstellung aus anderen Gründen* Abschluss ohne Verfügung 2 3 4 2 6 1 1 10 14 24 Aufgabe des beanstandeten Verhaltens 0 Entscheidung nach § 32c (kein Anlass zum Tätigwerden) 2 2 3 1 1 Abgeschlossene Verfahren Abgeschlossene Verpflichtungs- zusagen 1 1 1 Abschluss mit Verfügung oder Abstellungs- verfügung Untersagungs- Untersagungs- 6 4 1 6 Bußgeld- bescheid 0 Parallele EU-Recht (Art. (Art. EU-Recht 101, 102 AEUV) 101, Anwendung von Neue Verfahren Neue 1 2 1 9 1 1 4 6 2 64 24 10 50 13 20 13 19 133 Recht von nationalem nationalem von Nur Anwendung Art des Verstoßes des Art Kartellverbot (Gesamt) Kartellverbot Hardcore Kartelle Vertikalvereinbarungen Sonstige horizontale Kooperationen Mittelstandskartelle Missbräuche (Gesamt) Missbräuche Kartellfälle allgemein (keiner Unterteilung zugeordnet) Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung Diskriminierungsverbot, Verbot der unbilligen Behinderung Wasserversorgungsunternehmen Gesamt Erzeugervereinigungen, Landwirtschaft Energiewirtschaft Sonderregeln fürSonderregeln Wirtschaftszweige bestimmte Preisbindung bei Zeitungen und Zeitschriften Verbot der Einräumung von Vorzugskonditionen Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis Verbandsdiskriminierung Boykottverbot Sonstiges wettbewerbsbeschränkendes Verhalten Missbrauchsfälle allgemein (keiner Unterteilung zugeordnet) bei den Landeskartellbehörden im Jahr 2015 Vorschrift 3. bei den Landeskartellbehörden im Jahr 2015 * Einstellungen aus anderen Gründen sind: Einstellung gem. § 47 OWIG und gem. § 170 Abs. 2 StPO, kein Anlass zum Tätigwerden (ohne förmliche Verfügung) und alle übrigen und alle übrigen förmliche Verfügung) (ohne gem. sind: § 47 OWIG Einstellung Tätigwerden kein Gründen Anlass aus zum Einstellungen anderen * 2 StPO, und gem. § 170 Abs. etc.) an Beweisen, Mangel Verjährung, (z.B. Gründe §§ 1, 2 GWB §§ 18 ff. GWB § 19 Abs. 1 GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1, 2GWB 2 Nr. 19 Abs. § § 31 ff GWB § § 28 GWB § 29 GWB § 30 GWB § § 21 Abs. 1 GWB § 19 Abs. 2 Nr. 5 GWB § 20 Abs. 3 GWB § 20 Abs. 5 GWB GWB 21 Abs.2-4 § 3. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 149 – Drucksache 18/12760 0 0 0 0 Abschöpfung des wirtschaft- lichen Vorteils Zusätzlich 0 0 0 0 Anordnung Einstweilliger Maßnahmen 9 3 4 7 4 3 1 1 17 Abgabe an eine andere Behörde 1 3 8 1 3 9 32 10 12 36 16 12 13 81 Einstellung aus anderen Gründen* Abschluss ohne Verfügung 2 7 1 1 1 19 10 29 Aufgabe des beanstandeten Verhaltens 0 1 1 1 Entscheidung nach § 32c (kein Anlass zum Tätigwerden) 3 1 1 1 1 4 1 Abgeschlossene Verfahren Abgeschlossene Verpflichtungs- zusagen 0 Abschluss mit Verfügung oder Abstellungs- verfügung Untersagungs- Untersagungs- 8 6 8 Bußgeld- bescheid 0 Parallele EU-Recht (Art. (Art. EU-Recht 101, 102 AEUV) 101, Anwendung von Neue Verfahren Neue 3 1 2 5 1 2 87 33 13 43 26 12 16 13 146 Recht von nationalem nationalem von Nur Anwendung Art des Verstoßes des Art Kartellverbot (Gesamt) Kartellverbot Hardcore Kartelle Sonstige horizontale Kooperationen Vertikalvereinbarungen Mittelstandskartelle Kartellfälle allgemein (keiner Unterteilung zugeordnet) Missbräuche (Gesamt) Missbräuche Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung Diskriminierungsverbot, Verbot der unbilligen Behinderung Sonderregeln fürSonderregeln Wirtschaftszweige bestimmte Verbot der Einräumung von Vorzugskonditionen Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis Verbandsdiskriminierung Boykottverbot Sonstiges wettbewerbsbeschränkendes Verhalten Missbrauchsfälle allgemein (keiner Unterteilung zugeordnet) Wasserversorgungsunternehmen Erzeugervereinigungen, Landwirtschaft Energiewirtschaft Preisbindung bei Zeitungen und Zeitschriften Gesamt bei den Landeskartellbehörden im Jahr 2016 Vorschrift 4. bei den Landeskartellbehörden im Jahr 2016 * Einstellungen aus anderen Gründen sind: Einstellung gem. § 47 OWIG und gem. § 170 Abs. 2 StPO, kein Anlass zum Tätigwerden (ohne förmliche Verfügung) und alle übrigen und alle übrigen förmliche Verfügung) (ohne gem. sind: § 47 OWIG Einstellung Tätigwerden kein Gründen Anlass aus zum Einstellungen anderen * 2 StPO, und gem. § 170 Abs. etc.) an Beweisen, Mangel Verjährung, (z.B. Gründe §§ 1, 2 GWB §§ 18 ff. GWB § 19 Abs. 1 GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1, 2GWB 2 Nr. 19 Abs. § § 19 Abs. 2 Nr. 5 GWB § 20 Abs. 3 GWB GWB 21 Abs.2-4 § § 21 Abs. 1 GWB § 20 Abs. 5 GWB § 31 ff GWB § § 29 GWB § § 28 GWB § 30 GWB § 4. Drucksache 18/12760 – 150 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

II. Anerkannte Wettbewerbsregeln

Bekanntmachung im Wirtschafts- und Berufsvereinigung Geschäftszeichen Bundesanzeiger Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V. BAnz AT 20.03.2015 B9 B3-42/15 (FSA-Kodex Fachkreise) vom 20.03.2015 Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V. BAnz AT 25.03.2015 B3 B3-43/15 (FSA-Transparenzkodex) vom 25.03.2015 Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V. BAnz AT 13.05.2015 B6 B3-42/15 (FSA-Kodex Fachkreise) vom 13.05.2015 Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V. BAnz AT 15.06.2015 B4 B3-43/15 (FSA-Transparenzkodex) vom 15.06.2015 Pro Generika e.V. BAnz AT 30.06.2015 B6 B3-98/15 (Pro Generika-Verhaltenskodex) vom 30.06.2015 Pro Generika e.V. BAnz AT 09.09.2015 B3 B3-98/15 (Pro Generika-Verhaltenskodex) vom 09.09.2015 Deutscher Zigarettenverband e.V. BAnz AT 29.04.2016 B3 B2-46/16 (DZV Werbekodex) vom 29.04.2016 Pro Generika e.V. BAnz AT 27.06.2016 B5 B3-73/16 (Pro Generika-Verhaltenskodex) vom 27.06.2016 Bundesverband der Rezeptur Herstellbetriebe e.V. BAnz AT 05.08.2016 B5 B3-96/16 (BRH Compliance-Kodex) vom 05.08.2016 Pro Generika e.V. BAnz AT 06.09.2016 B4 B3-73/16 (Pro Generika-Verhaltenskodex) vom 06.09.2016 Ärztliches Qualitätslabor e.V. BAnz AT 07.10.2016 B5 B3-133/16 (Verhaltenskodex) vom 07.10.2016 Ärztliches Qualitätslabor e.V. BAnz AT 21.11.2016 B4 B3-133/16 („Compliance Richtlinie für medizinische Laboratorien“, vom 21.11.2016 früher „ÄQL-Verhaltenskodex“) Bundesverband der Rezeptur Herstellbetriebe e.V. BAnz AT 30.12.2016 B6 B3-96/16 (BRH Compliance-Kodex) vom 30.12.2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 151 – Drucksache 18/12760

Ausländische Besucher im Bundeskartellamt 2015/2016

Besucher Besucher Veranstaltungen Veranstaltungen Länder 2015 2016 2015 2016 Ägypten 14 2 Bosnien und Herzegowina 14 1 China 7 30 1 2 Großbritannien 4 1 Indonesien 23 8 1 1 Japan 7 10 3 1 Kenia 14 1 Korea 8 5 2 1 Marokko 10 1 Myanmar 9 1 Slowakische Republik 13 1 Türkei 11 1 Uganda 11 1 Vietnam 10 1 Total 126 85 15 8 Drucksache 18/12760 – 152 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Abkürzungsverzeichnis von Gesetzestexten Soweit nicht anders vermerkt, handelt es sich bei §§-Nennungen um das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. AEG Allgemeines Eisenbahngesetz AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AMG Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln – Arzneimittelgesetz BGB Bürgerliches Gesetzbuch BVerfGG Gesetz über das Bundesverfassungsgericht – Bundesverfassungsge- richtsgesetz BWaldG Gesetz zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft – Bundeswaldgesetz EEG Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien – Erneuerbare-Energien- Gesetz EnWG Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung – Energiewirtschafts- gesetz ERegG Eisenbahnregulierungsgesetz EUV Vertrag über die Europäische Union Fusionskontrollverordnung (EG) Nr. 139/2004 Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die oder FKVO Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen GG Grundgesetz GMO Einheitliche gemeinsame Marktordnung GVG Gerichtsverfassungsgesetz GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen IFG Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes – Infor- mationsfreiheitsgesetz KAV Verordnung über Konzessionsabgaben für Strom und Gas – Konzessi- onsabgabenverordnung KHEntgG Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistun- gen – Krankenhausentgeltgesetz KHRG Gesetz zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung – Krankenhausfinanzierungsreformgesetz KHSG Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung – Kran- kenhausstrukturgesetz KonzVgV Verordnung über die Vergabe von Konzessionen – Konzessionsvergabe- verordnung KWKG Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz OWiG Gesetz über Ordnungswidrigkeiten – Ordnungswidrigkeitengesetz PEntgV Post-Entgeltregulierungsverordnung PostG Postgesetz Rahmenrichtlinie 2002/21/EG Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 153 – Drucksache 18/12760

Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koor- dinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge REMIT-Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts Richtlinie 92/13/EWG Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 zur Koordinie- rung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftragge- ber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor Richtlinie 2007/66/EG Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates im Hinblick auf die Verbesserung der Wirk- samkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge Richtlinie 2012/34/EU Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Ei- senbahnraums Richtlinie 2014/23/EU Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe Richtlinie 2014/24/EU Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhe- bung der Richtlinie 2004/18/EG Richtlinie 2014/25/EU Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG Schadensersatz-Richtlinie 2014/104/EU Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014 über bestimmte Vorschriften für Schadens- ersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Eu- ropäischen Union. SektVO Verordnung über die Vergabe von Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung – Sektorenver- ordnung SGB V Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch StGB Strafgesetzbuch StPO Strafprozessordnung StrEG Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen StromNEV Verordnung über die Entgelte für den Zugang zu Elektrizitätsversor- gungsnetzen – Stromnetzentgeltverordnung TKG Telekommunikationsgesetz UrhG Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Urheberrechts- gesetz VAG Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen – Ver- sicherungsaufsichtsgesetz Drucksache 18/12760 – 154 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

VergStatVO Verordnung zur Statistik über die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen – Vergabestatistikverordnung VerpackG Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen – Verpackungsgesetz VerpackV Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsab- fällen – Verpackungsverordnung Versicherungs-GVO (EU) Nr. 267/2010 Verordnung (EU) Nr. 267/2010 der Kommission vom 24. März 2010 oder Versicherungs-GVO über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von Vereinbarungen, Beschlüssen und abgestimmten Verhaltensweisen im Versicherungssek- tor Vertikal-GVO (EU) Nr. 330/2010 Verordnung (EU) Nr. 330/2010 der Kommission vom 20. April 2010 oder Vertikal-GVO über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Ver- einbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen (ersetzt die VO (EG) Nr. 2790/99 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwen- dung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen) VgV Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge – Vergabeverord- nung VO (EG) Nr. 1/2003 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln VO (EG) Nr. 330/2010 Verordnung (EU) Nr. 330/2010 der Kommission vom 20. April 2010 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Ver- einbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen VO (EU) 2015/751 Verordnung (EU) 2915/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zah- lungsvorgänge VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen VOF Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen VOL Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen VSVgV Vergabeverordnung für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit zur Umsetzung der Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richt- linien 2004/17/EG und 2004/18/EG – Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit VVG Gesetz über den Versicherungsvertrag – Versicherungsvertragsgesetz WRegG Gesetz zur Einführung eines Wettbewerbsregisters Zahlungsdienste-Richtlinie (EU) 2015/2366 Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Ra- tes vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/ EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 155 – Drucksache 18/12760

Stichwortverzeichnis Stichwort Seite

A Abfälle – Haushalt 37, 88f. – Gewerbe 27f., 88 Abfallwirtschaftsplan 87 Abgasskandal 76 Abgestimmte Verhaltensweise 104, 126 Abhilfemaßnahmen 102, 132 Abonnenten 92ff. Abrufangebote 94 Abschottungseffekt 71 Absprache – Absprachen in Vergabeverfahre 13, 34 – horizontale Absprachen 58 – Kartellabsprache 13, 30, 39, 53, 73, 85 – Kundenschutzabsprache 55, 87 – Preisabsprache 19, 53, 55, 56, 58, 63, 67, 76 – Quotenabsprache 67 – Submissionsabsprache 13, 34, 73 – vertikale Absprachen 14, 33, 58 Abstellungsverfügung 72, 148f. Additive 71 Aggregatoren 98 Agrarhandel 52, 53 Agrarpolitik 51 Agrarrecht 51 Akteneinsicht 20, 24, 35, 40, 55, 80, 114 Akustikhandel 81 Akustisch wirksame Bauteile 76 Alleinerwerbsverbot 95 Allgemeine Geschäftsbedingungen 84, 99, 129 Allianzen – Seefracht 127 amicus curiae 12f., 19, 41, 114 Amtshilfe 42f. Analoghaushalte 104 Analogübertragung 104 Anreizregulierung 125 Anschlussverpflichtung 29, 115 Antennen(träger) 104f. Anzapfverbot 19, 29, 56, 59 Anzeigenmarkt 91ff. Anzeigenvermarktung 92ff. App 19, 35, 83f., 97, 100 Drucksache 18/12760 – 156 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Stichwort Seite Armierunggewebe 60 Aufgreifschwelle 18, 82f., 125 Aufsichtspflichtverletzung 58 Auktion 101, 103, 119 Auskunftsersuchen 88 Ausschließlichkeitsbindung 14, 36, 53 Außer-Haus-Bereich 55 Automatiktüren 73 Automobilhersteller 75f., 106 Autonomes Fahren 75, 106

B Babynahrung 58 Back-Office-Dienstleistungen 82 Bagatellmarkt 27, 75, 81 Bahn(en) 29, 41, 66, 68, 73, 124f. Banken 35, 82ff. Batterien 73 Bauindustrie 32, 65, 67ff. Baumärkte 70, 119 Baustoffe 32, 65f. Beitragserhöhung 78 Bekleidung 36, 60f. Beschaffungsmärkte 52, 58f. Beschlagnahme 39f. Beschränkung – Beschränkung des Internethandels 48, 59ff. – Vertikale Beschränkung 48, 60, 75 Bestpreisklausel 22, 36, 38, 43, 47, 98, 129f. Bestwertabgleich 59 Beteiligung privaten Kapitals (Vergaberecht) 134f. Bezahlverfahren 84f. Bier 32, 56, 58 Bietergemeinschaft (Vergaberecht) 67f., 134 Bilaterale Beziehungen 49 Bildröhren 41 Bitstromzugang 103 Blutprodukte 80f. Blutspende 80f. Bonusantrag 13, 30, 33, 41 Bonusregelung 13, 34f., 41f., 58, 71, 76, 96, 127 Boykottverbot (kartellrechtlich) 98, 146ff. Breitband 100ff. Briefdienstleistung 122f. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 157 – Drucksache 18/12760

Stichwort Seite

Brotgetreidemühlen 55 Brücken- und Tunnelbau 68 Buchhandel 93, 97 Bundesliga 35, 94f. Bußgeld 13, 16f., 19, 29ff., 42, 51, 55, 58, 61ff., 70f., 73, 76, 95, 126f, 137 Bußgeldbescheid 13, 40, 55f., 58, 60, 63, 94, 146ff. Bußgelderlass 58

C Chemische Industrie 71 Chip 72f. Chlorid 65 Containerschiff 127 Containertransport 126

D Daten – Datenanalyse 22f., 24 – Datenerhebung 86, 99, 112 – Datenprodukte 98 – Datenschutz 29, 99, 112 Debitkartensystem 85 Deutsch-Französischer Wettbewerbstag 50 Digitaler Binnenmarkt 100 Digitalfernsehen 101 Digitalisierung 11, 43, 50, 82, 94, 96, 117, 122 Direktbezug 70 Diskriminierungsverbot 54, 90, 134, 146ff. Doppelpreissystem 22, 36, 61 Drogerieartikel 41, 60 Druckereien 71f. Druckfarben 71f. DSL 96, 102, 120 Duale Systeme 14, 86f., 89f. Duopol 71f. Durchsuchung 30, 33, 39, 43, 53, 56, 70, 73, 106 DVB-T 103ff. DVB-T2 35, 104f. Drucksache 18/12760 – 158 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Stichwort Seite E E-Book 97 EC-Karte 85 EEG 108 Eignung (Vergaberecht) 15, 63, 78, 131 Einspeisedienstleistungen 104 Einspeiseentgelte 104 Einstweilige Anordnung 37, 56 Eintrittskarten 90 Einvernehmliche Verfahrensbeendigung 71, 76, 127 Einwegpfand 54 Einzelhandel 22, 48, 50, 62, 76, 90, 93f., 107, 111 Einzelmarktbeherrschung 28, 52, 65, 81, 126 Eisenbahn 124f. electronic cash 35, 85 Elektronisches Lastschriftverfahrens (ELV) 82 Endgeräte 104 Energiewende 107, 111, 115 Energiewirtschaft 107, 110, 113, 115, 121, 146ff. Entflechtungsverfahren 29, 35, 51, 66, 79, 82 Entgeltregulierung 102, 122, 125 Entsorgung 14f., 86ff. Epoxid 71 Erde 64 Erdgas 111f. Erneuerbare Energien 107 Ersatzteile 53, 75, 77, 106 Erythrozytenkonzentrat 80 Erze 64 Exklusivität 95 Exklusivitätsvereinbarung 14, 36, 53, 91 Exportmärkte 51

F Factory Outlet Center (FOC) 36, 69f. Fähre 77 Fahrzeug 32, 74ff., 87, 136 Fahrzeugglas 75 Fairtrade 54 Farben 65, 71 Feinkostsalate 55 Fernbus 124f. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 159 – Drucksache 18/12760

Stichwort Seite

Fernsehbiere 56 Fernsehen 19, 35, 94, 101, 103ff. Fernstraßenbau 65, 67 Fernwärme 29, 109, 115f. Festnetzdurchleitungsmarkt 101 Fischfeinkost 55 Fleisch 37, 52, 56f. Fluggesellschaft 105 Forstwirtschaft 16f., 63f. Freistellungsvoraussetzungen 17, 63f., 68, 108 Frequenz 101, 103, 105 Funktionale Ausschreibung (Vergaberecht) 135 Fusionskontrollverordnung (FKVO) 45f., 68, 105, 128 Fußball 29, 35, 91, 95 Futtermittel 52

G Gas 15, 77, 96, 98, 108f., 111ff., 121 Gastgewerbe 98, 128 Geflügel 52 Geheimwettbewerb 113 Gemeinsame Marktordnung (GMO) 51 Gemeinschaftsunternehmen 35, 62, 65f., 74, 80, 84, 88, 92f., 105, 109, 117f., 123, 127, 143 Generalstaatsanwaltschaft 56, 58, 63 Geschäftsgeheimnis 24, 25, 38, 40, 87 Gesetzliche Krankenkassen 133 Gesetzliche Krankenversicherung 78 Gesundheitswesen 78 Getreide 52 Glas – Glasschadenmarkt 75 Glasfasernetz 100 Glasfaservliesstoff 21, 60 Gleisbauobermaterial 73 Großhandel 15, 32, 37, 64, 70, 75, 81, 107f., 110ff., 113, 126 Grundverständnis 76 Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) 44, 60, 86 Güte- und Auditierungssystem 89 Drucksache 18/12760 – 160 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Stichwort Seite H Hafenschlepper 127f. Halbleiter 72f. Händlerentgelt 35, 85 Hartweizen 27, 54 Hartweizengrieß 54 Haushaltsgeräte 36, 62 Haus- und Sicherheitstechnik 72 HD 103ff. Hebammen 86 Heizstrom 29, 108, 110 Highlightartikel 62 Hilfsmittel 80, 133 Hinweispapier 14, 37, 58f. Hochleistungsoptiken 73 Hochzeitsrabatte 13, 56,59 Holz 16, 63 Holzgewerbe 63 Holzpellets 64 Hörbücher 36, 97 Hörfunk 103f. Hörgeräte 80f. Horizontale Kernbeschränkung 95 Horizontale Kooperationen 35, 146ff. Hotelportal 98, 128ff. Hülsenfrüchte 56 Hybrid 102, 105

I Ilmenit 65 Immobilien 36, 69, 83, 85, 96, 123, 128 Informationsaustausch 42f., 54, 56, 60, 90, 95, 98, 101, 112, 125 Inhouse-Vergabe (Vergaberecht) 134 Initiative Tierwohl 54 Interbankenentgelte 85 Internationale Beratung 49 Internationale Kartellkonferenz 50 Internationale Rechtshilfe 49 Internet – Internetanbieter 94 – Internetbeschränkungen 61 – Internetökonomie 11, 18, 50, 96 – Internetplattform 12, 22, 96 – Internetvertrieb 21f., 36, 61, 128 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 161 – Drucksache 18/12760

Stichwort Seite IPTV 101,104 Irsching-Verträge 109f. IT – IT-Asservate 39 – IT-Applikationen 100 – IT-Dienstleistung 105, 133

K Kabelfernsehen 101, 104f. Kabelnetzbetreiber 100, 104f. Kabelverzweiger (KVz) 103 Kaffee 32, 41, 55, 58 Kalksandstein 65 Kalkulationsfaktoren 70 Kälte- und Klimaanlagen 76 Kaolin 64f. Kapazitätsmärkte 15 Kapitalmarkt 78 Kartoffeln 53 Kaskoversicherung 75 Katalysatoren 71 Keramik 65 Kernbanksystem 83 KFZ 36, 44, 75ff. Koaxialkabel 101 Koffer 60 Kommunale Krankenhausträger 79 Konditionenvereinigung 55 Konglomerater Zusammenschluss 71 Konsortien 68 Konsumgüter 14, 32, 56, 58 Kontoinformationssysteme 82 Kontrahierungszwang 99 Konzertproduktion 90 Konzession 15, 109, 113, 131f. – Konzessionsabgabenverordnung 16, 113, 132 – Konzessionsvergabe 113, 114, 131 Koordinierte Effekte 65, 96f. Körperpflege 58, 60 Kosmetikartikel 59, 61 Kraftstoffpreise 15, 119 Krankenhaus/-häuser 23, 37, 79ff. Krankenkassen 78, 80, 133, 136f. Kreditinstitute 82ff. Kreuzfahrtschiffe 77 Drucksache 18/12760 – 162 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Stichwort Seite

Kronzeugen 13, 18, 41f., 50, 95 Kundenschutzvereinbarung 93 Kunststoff-Tragetaschen 54

L Laborchemikalien 72 Labortechnik 73 Landwirtschaft 51ff., 92, 146ff. Laufschuhe 60f. Layer 2 103 Layer 3 103 Lebensmitteleinzelhandel 13f., 19, 21, 23, 27, 29, 37, 43f., 52, 54ff., 58f. Legalausnahme 67 Leistungsschutzrecht 29, 98f. Leistungstransformatoren 41 Leitungswasser 120 Lesermärkte 91f. Lithographiesysteme 73 Live-Rechte 95 Lizenzperiode 95 LKW 41, 136 Logistik 93, 118, 123f., 126 LTE 102 – LTE-Dienstanbieterverpflichtung 102 – LTE-Mobilfunkkomponente 102 – LTE-Mobilfunknetz 102 Luft- und Raumfahrtforschung 73 Luftverkehr 45, 47, 128

M M2 127 Markenartikel 21, 26, 69 Markt – Marktabschottung 81 – Marktanteilsaddition 69, 77 – Marktbeherrschende Stellung 52, 75, 80, 83, 99, 113, 122ff. – Marktinformationssystem 65, 68, 89 – Marktmacht 11, 18, 20f., 50f., 56, 59, 90f., 95f., 99, 103, 107, 118 – Marktplatzverbot 59, 61 – Marktzutrittsschranken 21, 27, 92, 105 Markttransparenzstelle – für den Großhandel mit Strom und Gas (MTS-Strom/Gas) 15, 112 – für Kraftstoffe (MTS-K) 15, 117ff. Maschinen- und Anlagenbau 72 Matratzen 32, 41, 62 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 163 – Drucksache 18/12760

Stichwort Seite Medien 27, 32, 35, 44, 50, 91ff., 97, 127 Mehl 54f. Meistbegünstigungsklauseln 41 Mengenclearing 89 Mengenverknappung 28, 65 Merger Working Group 45 Metallindustrie 72 Miete 69f., 116f. – Mietpreisniveau 69 – Mietverträge 69f., 125 – Mietwohnung 69 Mietleitungen 102 Milch 14, 29, 36, 44, 51, 53 Militärische Fahrzeuge 74 Mindestmengenregelungen 79 Mineralöl 37, 117ff. Mineralsand 65 Ministererlaubnis 13f., 19f., 24, 56f. Missbrauch – Behinderungsmissbrauch 29, 102 – Konditionenmissbrauch 43, 99 – Preishöhenmissbrauch 44, 110, 119 – Preismissbrauch 29, 115f., 120f. Möbel 32, 36, 62f. Mobile Bitstream Access (MBA) 101f. Mobile Virtual Network Operator (MVNO) 100ff. Mobilfunk 44f., 46, 100ff., 123 – Mobilfunkendkundendienstleistungen 101 – Mobilfunknetzbetreiber 101ff. – Mobilfunk-Telekommunikationsdienste 104 Molkereien 14, 29, 33, 51, 53 Monopol 12, 14, 20, 86, 91, 115, 120, 122 Mörtel 66 Müllverbrennung 87 Multi-Sourcing 65 Munition 74

N Nachforderung (Vergaberecht) 136 Nachfragebündelung (Vergaberecht) 136f. Nachfragemacht 52, 59, 71, 73f. Nachprüfungsantrag (Vergaberecht) 132f., 135ff. Nahverkehr 73, 124 Nationalvertrieb 93 Network-Sharing-Vereinbarungen 102 Drucksache 18/12760 – 164 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Stichwort Seite Netzwerk (Internet) 11ff., 18, 21, 27, 72, 75, 86, 90f., 96f., 99ff. Nichtzulassungsbeschwerde 37, 52, 56f., 59, 70, 72, 94, 114 Notifizierung 49

O OCEAN Alliance 127 Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) 65, 67f. Öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger 89 Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten 104 Öffentlicher Auftrag (Vergaberecht) 108, 132, 134 Ökonomische Gutachten 20, 23f. 124 Oligopol 28, 65, 71, 81, 92, 116, 126 Online 20f., 23, 27, 36, 43, 50, 60f., 71, 84, 91, 96, 98, 100, 104, 128f. – Online-Banking 35, 84f. – Online-Beratung 61 – Online-Handel 21, 36, 48, 61f. – Online-Werbung 97f. Open-House-Modell (Vergaberecht) 135

P P2P-Zahlungen 84 Panzerketten 74 Papier 63, 65, 89 Pay-TV 94f. Payment-System 82 Pflanzenschutzmittel 53 Pharma 44, 46, 78, 81f., 126, 133f., 137 Pipeline 111, 118 PKW 74f. Plattform – Handelsplattform 97 – Hotelplattformen 98, 128ff. – Immobilienplattform 96 – Musikplattform 97 – Online-Dating-Plattform 97 – Vergleichsplattform 96 Polster 32, 62 Polyurethan 71 Post 29, 50, 93, 122ff., 125 Preis – Preis-Kosten-Schere 29, 41, 102, 118, 123 – Preisabsprache 19, 53, 55f., 58, 63, 67, 76 – Preisbindungsverbot 14, 37, 58 – Preisparitätsklausel 21, 22 – Preissuchmaschine 61 Presseerzeugnis 98 Presse-Grosso 94 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 165 – Drucksache 18/12760

Stichwort Seite Printmedien 71 Private Kartellrechtsdurchsetzung 41, 50 Private Krankenversicherung 78 Provision 22, 96, 98, 125, 129

Q Querlieferung 23, 62 Querschnittstechnologien 73

R Rabattsystem 61, 72 Rad- und Kettenfahrzeug 74 Radiusklausel 69 Raffinerie 37, 117f. Räumliche Marktabgrenzung 23, 52, 74, 76 Rechtsnachfolge 115f. Recycling 86, 88 Redispatch 35, 108f. Regulierung 11f., 15, 82, 85, 86, 100, 102f., 109f., 112, 116, 122f., 125f. Reis 56 Reisegepäck/-taschen 60f. Rekommunalisierung 87 REMIT 107, 112 Rettungsdienst 80 RLM-Kunden 108 Röstkaffee 55 Rüge (Vergaberecht) 131 Rundfunkdienstleistungen 100, 103 Rundholz 17, 63f. Rundholzvermarktung 16, 35, 63f. Rüstung 74, 77 Rutil 65

S Saatgut 52f. Sachstandspapier 14, 53 Sägewerke 64 Sanitär-Heizung-Klima (SHK) 70 Schadenmanagement 86 Schadensersatz-Richtlinie 41 Schienen 32, 41, 68, 73, 76, 124ff. Schifffahrt 127 Drucksache 18/12760 – 166 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Stichwort Seite Schiffsbau 77 Schlachthof 52 Schließsysteme 72 Schuhe 36, 60f., 69 Schulnotensystem (Vergaberecht) 135 Schwärzung 40 Schweine 51f. SD 105 Sektoruntersuchung 12f., 19, 24, 37, 47 – Duale Systeme 14, 86, 89 – Haushaltsabfälle 37, 88 – Krankenhäuser/Krankenhauswesen 37, 80 – Lebensmitteleinzelhandel 21 – Milch 14, 53 – Submetering/Ablesedienste von Heiz- und Wasserkosten 37, 116f. – Zement und Transportbeton 37, 65ff. Selektive Vertriebssysteme 36, 59f., 62, 76 Service Provider 100ff. Settlement 58, 62f., 71, 76, 98, 106 Sicherheits- und Verteidigungsindustrie 74 SIEC-Test 20f. Silikontenside 71 SIM-Karte 102 SLP-Kunden 108 Software 44, 98, 105, 106, 116f., 136 Sonderkonditionen 29 Sortimentsbreite (Vergaberecht) 134 Soziale Netzwerke 29, 97, 99 Spanplatten 41 Spielwaren 36, 61 Steine 64, 65 Straßenbau 65, 67f. Strom 15, 29, 35, 49, 96, 98, 107ff., 121 Submissionsabsprache 13, 34, 73 Substitutionswettbewerb 27, 104 Suchmaschine 29, 60, 61, 98, 99 Sulfat 65 Süßwaren 32, 55, 58 Systembetreiber 89f.

T Tageszeitungen 91ff. TAN 84 Tankstellen 15, 117ff. Tapete 63 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 167 – Drucksache 18/12760

Stichwort Seite

Teilnehmeranschlussleitung (TAL) 100, 102f. Telefon 100ff. Telekommunikation 41, 100ff., 123 Textilien 60, 69 Think Tank 11, 96 Ticketing 90 Ticketsystem 29, 90f. Tiefdruck 71f. Tiernahrung 58 Titan 65 Titandioxid-Rohstoffe 23, 65 Touristik 98, 128 Tipping 27, 96f. Transparenzgrundsatz (Vergaberecht) 135, 150 Transportbeton 35, 37, 65ff. Transportkühlgeräte 76 Trinkwasser 16, 29, 33, 37, 120ff., 132 TV 45, 93ff., 101, 103f., 104f.

U UEFA 91 UKW 103ff. Unter Einstandspreis 19, 146ff. Unterhaltungselektronik 62 Unternehmensverflechtung 65f. Unwirksamkeit von Verträgen (Vergaberecht) 135

V Vakuumpumpen 73 Vectoring 100, 103 Verbraucherschutz 12f., 19, 100 Verfahrenseinstellung 13, 26, 39, 56, 58, 61f., 68, 76, 79, 82, 85f., 94, 106, 109, 115f., 123f., 129 Verfassungsbeschwerde 55, 113f. Vergabeunterlagen (Vergaberecht) 136f. Verhandlungsverfahren (Vergaberecht) 136 Verkehrswirtschaft 32, 124, 126 Verlag 19, 71, 91ff., 98f. Vermarktungskooperation 93 Vermutungsschwelle 28, 55, 65, 75, 111 Verpackungsgesetz 15, 86f. Verpackungsrücknahme 44 Versand 93, 112, 123 Drucksache 18/12760 – 168 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Stichwort Seite

Versicherungsmärkte 44, 85 Versorgungsvertrag 80, 115, 116 Versteigerung 101, 103 Vertikale Integration 52, 91 Vertikale Wettbewerbsbeschränkung 59, 61 Vertikal-GVO 60, 76, 91, 129 Vertikalverfahren 59 Vertriebskooperation 125 Vertriebssystem 22, 36, 59ff., 62, 76 Verweisungen 46f. Verwertung 14, 87ff., 98 Verwertungsmärkte 88 Video on Demand 94 Vollzugsverbot (Verstoß gegen das) 29, 37f., 46, 57 Vorwirkung von EU-Richtlinien (Vergaberecht) 134

W Wald 16f., 35, 52, 63f. Walzasphalt 65, 67 Waschmittel 41 Wasser – Wasserbericht 121f. – Wassergebühren 120ff. – Wasserpreis 120ff. – Wasserversorgung 120ff. Webhosting 100 Wegenutzungsrechte 29, 113ff. Weichen 73 Werbewirtschaft 32, 91, 97 Werften 77 Wertpapiergeschäft 82 Wertstoffgesetz 14, 86 Wettbewerbsbeschränkende Abrede (Vergaberecht) 134 Wiederaufnahmeverfahren 85 Windenergie 77 Wurst 13, 52

Z Zahlungsdienst 35, 44, 82f., 97 Zahlungsdienste-Richtlinie (PSD II) 44, 82 Zahlungssysteme 82 Zeitschriften 71, 91ff., 110, 141, 146ff. Zeitungen 71, 91ff., 93f., 141, 146ff. Zeitungsverlage 92f. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 169 – Drucksache 18/12760

Stichwort Seite

Zellstoff 65 Zement 41, 65ff. Zentralvermarktung 35, 94f. Zertifizierungssystem 106 Zivilklage 42, 55 Zucker 41, 44, 55 Zusage 24, 26, 29, 48, 63f., 75, 85, 101ff., 105, 115, 125 Zuschlag (Vergaberecht) 15, 131, 134 Zuständigkeit 17, 34, 40, 42, 106, 118, 137 Zwiebeln 53 Drucksache 18/12760 – 170 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Verzeichnis der Unternehmen, Behörden, Verbände und sonstiger Institutionen Das Bundeskartellamt, die Europäische Kommission und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie werden aufgrund der Vielzahl an Nennungen nicht aufgeführt.

Unternehmen, Behörde, Verband oder sonstige Institution Seite

1&1 100

A A.S. Création Tapeten AG 63 Abellio 124 Abendzeitung 93 ACER 15, 112 AET Raffineriebeteiligungsgesellschaft mbH 118 Agravis Raiffeisen AG 52 Agricultural Markets Task Force 51 Ahlstrom Glassfibre Oy 21, 60 Air Berlin 128 Air Products and Chemicals, Inc. (PMD) 71 ALDI Nord 13, 59 ALDI Süd 13, 59 Allegion Luxembourg Holding & Financing S.à.r.l. 72 Altice 46 Amadeus IT Group 47, 105 Amazon 22, 36, 61, 94, 97 American President Lines (APL) 127 amplifon 81 Andechser Molkerei Scheitz GmbH 29, 51 Apple Computer Inc. 36, 97 Applied Materials Inc. 72f. Aral AG 118 ARD 104 ASICS Deutschland GmbH 22, 36, 60f. ASML Holding N.V. 73 ASSA ABLOY 72 Atlas Copco 73 ATR Landhandel GmbH 52 AUDI AG 105 Audible GmbH 97 AudioNova-Gruppe 81 Austrian Airlines 128 Autobahn Tank & Rast GmbH 118f. autohaus24 GmbH 76 Autoneum Germany GmbH 76 Autorité de la concurrence 11, 50 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 171 – Drucksache 18/12760

Unternehmen, Behörde, Verband oder sonstige Institution Seite Axel Springer SE 52, 93, 96, 128 Axel Springer Vertriebsservice (ASVS) 93

B B-F Sonderabfall GmbH & Co. KG 28, 88 Bäderwelt 70 Bahlsen GmbH & Co. KG 55 Barmenia Krankenversicherung a. G. 78, 171 Bartels-Langness 58ff. BASF SE 64f. Bauer Media Group 93 Bavaria Studios & Production Services GmbH 95f. Bayer AG 53 Bayerischer Rundfunk 104 Bayernoil-Raffinerie 117f. BayWa AG 64 Berliner Kurier 93 BerlinLinienBus GmbH 125 Bertelsmann 92f. Best Pellets Handelsgesellschaft 64 Beteiligungsgesellschaft für Sparkassendienstleistungen Ost mbH & Co. 83 Bitterfelder Fernwärme GmbH 115 Blick 94 Blohm+Voss GmbH 77f. Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes (BSD-BRK) 27, 80f. BMW AG 105f. Bongrain Europe SAS 29, 51 Booking 36, 98, 128ff. Bördner-Gruppe 23, 28, 88f. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 97 Boulevard National 93 BP p.l.c. 118 BRUNATA-METRONA 116 BSH Hausgeräte GmbH (BSH) 22 BSP Buchenbach 65 BT Group (BT) 101 Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) 119 Bundesinnung der Hörgeräteakustiker (BIHA) 80 Bundesmarine 78 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit 14 Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) 67 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) 49 Bundesnetzagentur 15, 49, 100f., 109f., 112f., 122ff., 126 Drucksache 18/12760 – 172 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Unternehmen, Behörde, Verband oder sonstige Institution Seite Bundesrat 14, 131 Bundestag 17, 19, 131, 139 Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI) 55 Bundesverband der Deutschen Transportbetonindustrie e.V. 67 Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. 108 Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken e.V. 84 Bundesverband deutscher Banken e.V. 84 Bundesverband Presse-Grosso 94 Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmer 69 Bundesversicherungsamt 78 Bundeswettbewerbsbehörde 49, 106 Bünting 59 Busch Vakuumpumpen und Systeme 73

C Carcoustics International GmbH 76 CARDIS Reynolds GmbH 106 Carglass GmbH 75 Carl Zeiss SMT Holding GmbH & Co. KG 73 Carlsberg Deutschland GmbH 56 Ceravis AG 52 CFP Brands Süßwarenhandels GmbH & Co. KG 55 Charité – Universitätsmedizin Berlin 27, 80 Check24 96f. ChemChina 53 Chemnitzer Verlag und Druck GmbH & Co. KG 94 China Shipping 127 CMA-CGM 127 Cölner Hofbräu P. Josef Früh KG 56 Competition and Markets Authority 50 ConocoPhillips 118 Coop eG 21, 27, 29, 56ff. Cordes & Graefe KG 70 Cortek-Gruppe 23, 27, 88 COSCO Container Lines Europe GmbH 127 Coty 60f. CTD Container-Transport-Dienst GmbH 126 CTS EVENTIM 23, 29, 90ff. CURA Beratungs- und Beteiligungsgesellschaft 79

D Daimler AG 105 Dalkia GmbH 115 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 173 – Drucksache 18/12760

Unternehmen, Behörde, Verband oder sonstige Institution Seite Danish Argo a.m.b.a. 52 Danish Crown 46 Danpower Energie Service GmbH 116f. DaWo! Dresdner Wochenzeitung 94 Deutsche Annington Immobilien SE (DAI) 69 Deutsche Bahn AG (DBAG) 29, 41, 66, 68f., 124ff. Deutsche Funkturm GmbH 104f. Deutscher Fußball-Bund e.V. (DFB) 29, 91 Deutsche Kreditwirtschaft (DK) 35, 84 Deutsche Medien-Manufaktur GmbH & Co. KG 92 Deutsche Pentosin-Werke GmbH 118 Deutsche Post AG (DPAG) 30, 50, 122f., 124 Deutsche Post Mobility GmbH 125 Deutsche Servicegesellschaft für Finanzdienstleister (DSGF) 20, 23, 83 Deutsche Telekom AG (DTAG) 50, 101, 103f. Deutsche Wohnen AG 69 Deutscher Asphaltverband 67 Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) 89 Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V. 84 Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) 98f. DFL Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL) 35, 95 DHL 122f. Diebold Nixdorf AG 106 Die Hörmeister 81 Diehl Defence (DST Defence Service Tracks GmbH) 74 Dirk Rossmann GmbH 58 DMK Deutsche Milchkontor GmbH 14, 36, 53 Döllinghareico GmbH & Co. KG 52 DORMA Holding GmbH + Co. KGaA 72 DPD 122f. DPD GeoPost GmbH 123 DPD Systemlogistik GmbH & Co. KG 123 DPV Deutsche Pressevertrieb (DPV) 93 Dr. Haas Gruppe (Dr. Haas) 23, 92 Dr. Gies Vermögensverwaltungs-Future Energies GmbH 64 Dresdner Druck & Verlagshaus GmbH & Co. KG 94 Drillisch AG 100ff. Drillisch Telecom GmbH 100 DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg-Hessen gGmbH 27, 80 DRK-Blutspendedienst Nord-Ost gGmbH (BSD Nord-Ost) 80 Duales System Deutschland GmbH 14, 88 Drucksache 18/12760 – 174 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Unternehmen, Behörde, Verband oder sonstige Institution Seite Dutch JV 46 DZ Bank 83

E E.ON 109, 116 eBay 61 Ebert+Jacobi 81 EC Bioenergie 64 EDEKA Handelsgesellschaft Hessenring mbH 13, 19, 21, 23f., 26, 29, 37f., 56ff. EDEKA Handelsgesellschaft Nord mbH 58 EDEKA Zentrale AG & Co. KG 58 Edwards Group Ltd. 73 Eisenbahn-Bundesamt 125 EKB Container Logistik GmbH & Co. KG 126 EKT Energie- und Kommunal-Technologie GmbH 115 Elbe Kliniken Stade-Buxtehude 79 EliteMedianet GmbH 97 EnBW Energie Baden-Württemberg AG 111ff., 121 Energie Calw GmbH 121 Energieversorgung Worms 109 Energie SaarLorLux AG 116 ENTEGA Energie GmbH 29, 110 E-Plus 100, 102f. Eurogate Intermodal GmbH 126 European Banking Authority (EBA) 82 European Competition Authorities (ECA) 42 European Competition Network (ECN) 38, 42f., 44, 49, 130 European Free Trade Association (EFTA) 42, 45 Essen & Trinken 92 Erzquell Brauerei Bielstein Haas & Co. KG 56 Esslinger Zeitung 92 Esso 118 Etraveli 128 Eurowings 128 Evang. Krankenhaus Hamm 79 Evergreen Line 127 Everything Everywhere Limited (EE) 101 Evonik Industries AG (Evonik) 71 EWE AG 111 Expedia 128f. Express 93 ExxonMobil 118 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 175 – Drucksache 18/12760

Unternehmen, Behörde, Verband oder sonstige Institution Seite F Facebook Germany GmbH 29, 99 Facebook Inc., USA 99 Facebook Ireland Ltd. 99 Fachgruppe Containerverkehre der deutschen Seehäfen e.V. (FCDS) 126 Federal Trade Commission 50 Feodora Chocolade GmbH & Co. KG 55 Fiducia & GAD IT AG 84 Fiebig 81 Fiebing Hörtechnik GmbH 81 Finanzinformatik (FI) 83 FireStixx GmbH & Co. KG 64 FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH 90 Fleischzerlegung Ingolstadt GmbH 52 Flint Group 71 FlixBus GmbH 125 FOC Wertheim Village 36, 69f. focus hören 81 Ford 22, 36, 76 FRAPORT 46 Freenet AG (Freenet) 104 Frigoblock Grosskopf GmbH 76 Frigoblock UK Ltd 76 Fuchs Petrolub SE 118 Funke Mediengruppe 27, 92f.

G GAGFAH S.A. (GAGFAH) 69 GARDENA 22 GASAG 114 Gausepohl Fleisch Deutschland GmbH 52 GCD Glomb Container Dienst GmbH 126 GEERS Hörakustik GmbH & Co. KG 81 Gemeinschaftskraftwerk Irsching GmbH 35, 109 Genting Hong Kong Ltd. (Genting) 77 Georg Jos. Kaes GmbH 59 German Pellets GmbH 64 Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) 86 Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) 49 Getreide AG 52 GEW Köln AG 108 Geze GmbH 73 GIAT Industries 74 Drucksache 18/12760 – 176 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Unternehmen, Behörde, Verband oder sonstige Institution Seite GLS 122f. GoodMills Deutschland GmbH 27, 54 Google 29, 50, 61, 98f., 106 Gothaer 78 Greiner Perfoam GmbH 76 Griesson de Beukelaer GmbH & Co. KG 55 Gruner + Jahr GmbH & Co KG 92f. Gunvor Group 117

H HALLESCHE Krankenversicherung auf Gegenseitigkeit 78 Hamburg-Köln-Express GmbH (HKX) 124 Hamburg Südamerikanische Dampfschifffahrts-Gesellschaft KG (Hamburg Süd) 127 Hanjin Shipping Co., Ltd. 127 Hansaton Akustik GmbH 81 HanseWerk Natur GmbH 116 Hapag-Lloyd 127 HASPA 82 Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. 67, 69 HDB Franken GmbH & Co. KG 66 Hedwigsburger Okermühle GmbH 55 HeidelbergCement AG (HC) 66 Heinrich Langhorst GmbH & Co. KG 126 Heinrich Nölke GmbH & Co. KG 52 Heinrich Thylmann GmbH & Co. KG 55 Helios Kliniken GmbH 79 Hennig Fahrzeugteile GmbH 75 HERE 105f. Hermes 122f. Hochwald Foods Meppen GmbH 52 Homann Feinkost GmbH 55 HomeAway 128 HörGut GmbH 81 Hotel Reservation Service – HRS 22, 98, 128ff. Hubert Burda Media 92 HUTCHISON 3G ITALY 102 HUTCHISON 3G UK Limited 46, 102

I Ideal Automotive GmbH 76 Iliad 102 Iluka Resources Limited 23, 28, 65 Imerys SA 64f. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177 – Drucksache 18/12760

Unternehmen, Behörde, Verband oder sonstige Institution Seite

Immobilien Scout24 96 Immonet GmbH 96 Immowelt AG 96 incadea GmbH 106 Ingersoll-Rand Gruppe 76 innogy SE 115f. Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) 79 Institut für klinische Transfusionsmedizin und Zelltherapie am Universitätsklinikum Dresden gGmbH (IKTZ) 80 Institut für Transfusionsmedizin Suhl gGmbH (ITM Suhl) 81 International Automotive Components Group GmbH 76 International Competition Network (ICN) 21, 47, 48 International Skating Union (ISU) 45 Investmentfonds OCPE 97 ista Deutschland GmbH 116

J J. Rettenmaier & Söhne (JRS) 64 Jet 118 Johann Borgers GmbH 76 junited Autoglas Netzwerk 75

K K-Line 127 Kaba Holding AG 72 Kabel Deutschland (KDG) 100f., 104 Kaiser´s Tengelmann 13f., 21, 23f., 26, 29, 37f., 56ff. Kalkwerk & Portland-Cementfabrik Carl Sebald Söhne KG (Sebald) 66 Kammergericht Berlin 114 Katholische Sankt Johannes-Gesellschaft 79 KEMNA BAU Andreae 46 KLA-Tencor 72 Klaas & Kock 59 Klinikum Meiningen 79 Kotug International B.V. 127 Kraftwerk Voerde 110 Krauss‐Maffei Wegmann (KMW) 74 Kreisklinik Bad Neustadt a. d. Saale 23, 79 Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg 82 Kreissparkasse Peine 82 Kreissparkasse Wesermünde-Hadeln 82 Kulm Transportbeton GmbH & Co. KG 66 Kurt Kluxen Spedition KG 126 Drucksache 18/12760 – 178 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Unternehmen, Behörde, Verband oder sonstige Institution Seite L L’Oréal Deutschland GmbH 60 Lam Research 72 Land & Leisure 128 Landesbank Berlin 82 Landesbetrieb Berlin Energie 114 Landesjustizministerkonferenz 33 Landesmedienanstalten 104f. Landhandel GmbH Gransee 52 Landwirtschaftsverlag Münster 92 LEG Immobilien AG 69 LEGO GmbH 22, 56, 61f. Liberty Global 46 Liebherr 36, 62 Lindacher Akustik GmbH 81 Lloyd Werft Bremerhaven AG 77, 127 LM+ - Leistungsmanagement GmbH 78 Locomore GmbH & Co KG 124 Lufthansa 128 Lürssen Gruppe 77f. LVMH Moët Hennessy - Louis Vuitton 60

M Madsack Mediengruppe 92 Maersk 127 Mahler-Gruppe 62 Mannheimer Morgen 92 Marburger Tapetenfabrik J.B. Schaefer GmbH & Co. KG (Marburger) 63 Marien-Hospital Hamm 79 Markant 57 Markenverband e.V. 59f. MasterCard 44, 85 McKesson 46 MDF Mörtel- und Estrich-Dienst Franken GmbH & Co. KG 66 Media Broadcast GmbH (MB) 35, 103ff. Media Impact 27, 92f. Medienhaus Deutschland 93 Medien Union Ludwigshafen (MUL) 92 Mediterranean Shipping Company (MSC) 127 Megabus 125 MeinAuto GmbH 76 MeinFernbus GmbH 125 Melitta Europa GmbH & Co. KG 55 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 179 – Drucksache 18/12760

Unternehmen, Behörde, Verband oder sonstige Institution Seite Merck KGaA 72 Minol 16 MiRO Mineraloelraffinerie Oberrhein GmbH & Co. KG 118 Mitsui O.S.K. Lines 127 MMC Studios Köln GmbH (MMC) 95f. Möbel Inhofer GmbH & Co. KG 62 Möbel Kröger Handels GmbH & Co. KG 62 Möbel Sonneborn 62 Möbel Zimmermann 62 Mobene GmbH & Co. KG 118 mobilcom debitel GmbH 104 Moderner Zeitschriften Vertrieb (MZV) 93 Molkerei Söbbeke GmbH 29, 51 Monopolkommission 13, 18ff., 24, 49 Monsanto 53 MUK Beteiligung GmbH 28 Müller Fleisch 52

N Nagel Group 28, 126 National Express GmbH 124 Navitaire 47, 105 Neptun Orient Lines (NOL) 127 Nestlé Deutschland AG 56 Nestlé Kaffee und Schokoladen GmbH 55 Netflix 94 Netinera 124 Netto Stavenhagen 59 Nexter Systems 74 Nielsen-Ballungsraum-Zeitungen (NBRZ) 93 Nippon Yushen Kaisha 127 Nokia Corporation 106 Nordfish 55 NORDFROST GmbH und Co. KG 126 Nordic Yards Gruppe 77 Nordzucker 55 Norwegian Cruise Line 77 Norma 57 Noweda eG 81 NOZ Mediengruppe 92 NRS Norddeutsche Retail-Service GmbH 82 Drucksache 18/12760 – 180 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Unternehmen, Behörde, Verband oder sonstige Institution Seite O O2 100, 102, 104 Oakley Capital Limited 27 ÖBB 124 Oerlikon Leybold Vacuum 73 Opel 22, 36, 76 Orange S.A. (Orange) 101 Orbitz 128 Organisation for Economic Co-Operation and Development (OECD) 21, 47, 49 Orient Overseas Container Line 127 OsteMed Kliniken und Pflege GmbH 79 Ostermann-Gruppe 62 Owens Corning 21, 60

P Parship Elite Group GmbH 97 Parship GmbH 97 PATRIZIA Immobilien AG 69 Paul Wesjohann & Co. GmbH 52 paydirekt GmbH 84 PCK Raffinerie GmbH 117f. pepcom GmbH (pepcom) 100f. Pfalzmühle Mannheim 27, 54 Pfeifer & Langen 55 Pfeiffer Vacuum 73 Plus 59 PMG Premium Mühlen Gruppe GmbH & Co. KG 54 Postbus 125 Primacom GmbH 100f. Privatbrauerei Bolten GmbH & Co. KG 56 Privatbrauerei Gaffel Becker & Co. OHG 56 ProSiebenSat.1 Media AG 96f., 104f. PSA Peugeot Citroën 22, 26, 76 PT Portugal 46

Q QSC AG (QSC) 101

R R. Thomsen Unternehmensgruppe 52 Radeberger Gruppe KG 56 Raffinerie Ingolstadt 117 Railroad Development Corporation Deutschland (RDC) 126 Real 59 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 181 – Drucksache 18/12760

Unternehmen, Behörde, Verband oder sonstige Institution Seite

Reederei Buss 127 REMONDIS 23, 27f., 88f. Retail Trade Group (RTG) 59 Rethmann-Konzern 88 REWE 13, 21, 26f., 29, 56ff. RheinEnergie AG 108f. Rhön-Klinikum AG (Rhön) 23, 79 Rimowa GmbH 60 Rosneft Oil Company 117f. Royal Boskalis Westminster N.V. 127 RTL 104f. Rügen Feinkost GmbH 55 Ruhr Oel GmbH 117f. RWE Generation SE 110 RWE Plus AG 108 RWE Rhein-Ruhr AG 108

S S-Servicepartner Deutschland GmbH 82 Saalemühle Alsleben GmbH 55 Sabre 128 Sächsischer Bote 94 Samsonite 60 Savencia SAS 29, 51 Schlachthof Gelsenkirchen 52 Schwarz-Gruppe 13, 26, 59 Score Media 92f. Segafredo Zanetti Deutschland GmbH 55 Segmüller 62 sh:z Medien 92 Siegwerk Druckfarben AG 71 Siemens 22, 50 Sierra Rutile Limited 23, 28, 65 SimonsVoss Technologies GmbH 72 Sky 57, 94f. Sonova-Gruppe 81 Sparkasse Bremerhaven 82 Sparkasse Dresden 83 Sparkasse Eichstätt 82 Sparkasse Goslar/Harz 82 Sparkasse Hildesheim 82 Sparkasse Ingolstadt 82 Sparkasse-Marktservice GmbH 20, 23, 83 Drucksache 18/12760 – 182 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Unternehmen, Behörde, Verband oder sonstige Institution Seite

Sparkassenfinanzgruppe 82f. Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) 133 St. Elisabeth-Krankenhaus in Bad Kissingen 79 Stadt Dresden 83 Stadt Heiligenhafen 113 Stadt Titisee-Neustadt 29, 113f. Städtisches Klinikum München GmbH (StKM) 23, 27, 81 Städtische Werke AG Kassel 121 Stadtwerke Düsseldorf AG 108 Stadtwerke Gießen AG 121 Stadtwerke Leipzig GmbH 115 Stadtwerke Mainz 109 Stadtwerke Rostock AG 116 Stahlgruber AG 75 StarFinanz GmbH 84 STEAG GmbH 110 stella distribution 93 Studio Berlin Adlershof (SBA) GmbH 95 Studio Berlin Broadcast GmbH 95 Stuttgarter Zeitung Verlagsgesellschaft 92 Südwestrundfunk 104 Südwestdeutsche Medienholding 92 Südzucker 55 Sun Chemical Group 71 swb AG 121 Syngenta 53

T Taunus Beteiligungs GmbH 104 TB Amberg-Sulzbach GmbH & Co. KG 66 TBG Transportbeton Haidenaab GmbH & Co. KG 26 Techem GmbH 116 Tele Columbus AG (Tele Columbus) 100f. Telefónica 46, 100ff. Telekom Deutschland GmbH (Telekom) 50, 101ff. Tempur Deutschland GmbH 62 TenneT 109 Thalys 124 Thermo King 76 Tican 46 Tokyo Electron Ltd. 72f. Toll Collect GmbH 136 TomTom 106 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 183 – Drucksache 18/12760

Unternehmen, Behörde, Verband oder sonstige Institution Seite

Tönnies Holding GmbH & Co. KG 52 Total S.A. 118 Transdev GmbH 124 Transthermos-Gruppe 28, 126 Trost Auto Service Technik SE (Trost) 23, 27, 75 Trust 128 TUMI 60 Tummel 52

U Uber 43 UDG Healthcare plc 46 UniBox GmbH 123 United Arab Shipping Company (UASC) 127 United Internet AG (United Internet) 100ff. United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) 47f. United Navigation GmbH 36, 106 Unitymedia 100f., 104 Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden AöR 80 Unternehmensgruppe Theo Müller 55

V Varo Energy 117 Vattenfall GmbH 107 Verband der Bahnindustrie in Deutschland e.V. 69 Verband der Deutschen Tapetenindustrie e.V. (VDT) 63 Verband Deutscher BMW Vertragshändler e.V. 106 Verband Rheinisch-Westfälischer Brauereien e.V. (Brauereiverband NRW) 56 Verbundnetz Gas AG (VNG) 111 Verivox GmbH 22, 56, 96ff. Versatel GmbH 100f. VG Media 29, 98f. Vitakustik Hörgeräte 81 VK-Mühlen 54 Vodafone 46, 100ff. Volkswagen Original Teile Logistik 118 Vonovia SE 69 Vossloh Laeis GmbH 73f. VR Franconia GmbH 36, 69f. VU Verlagsunion KG 93 VW 75, 118 VWR International Europe bvba (VWR) 72 Drucksache 18/12760 – 184 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Unternehmen, Behörde, Verband oder sonstige Institution Seite W Walter Lauk Containerspedition GmbH 126 Wärmeversorgung Wolgast GmbH 15 WDR 104 Weser-Elbe Sparkasse 82 Wessels & Müller SE (WM) 23, 27, 75 WESTFLEISCH SCE 52 Wettbewerbskommission (WEKO) 49 WGZ Bank 83 Wichmann 52 Wilhelm Gienger GmbH 70 Wincor Nixdorf AG 106 WM Beteiligungs- und Verwaltungs-GmbH & Co. KG 94 Wohnwelt Pallen 62 WSW Wuppertaler Stadtwerke GmbH 29, 120

X XXXLutz-Gruppe 62

Y Yang Ming 127 Yourfone GmbH 100ff.

Z ZDF 104 Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft (ZAW) 97 Zentrum für Transfusionsmedizin und Zelltherapie Berlin gemeinnützige GmbH (ZTB) 27, 80 ZG Raiffeisen eG 64 Zurbrüggen Wohn-Zentrum GmbH 62 zur Mühlen-Gruppe 13, 52 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 185 – Drucksache 18/12760

Berichte des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit

Jahr Bundestagsdrucksache Datum 1958 3. Wahlperiode - Drucksache 1000 1959 3. Wahlperiode - Drucksache 1795 1960 3. Wahlperiode - Drucksache 2734 1961 IV/378 - 1962 IV/220 - 1963 IV/2370 - 1964 IV/3752 - 1965 V/530 - 1966 V/1950 - 1967 V/2841 - 1968 V/4236 - 1969 VI/950 11. Juni 1970 1970 VI/2380 28. Juni 1971 1971 VI/3570 19. Juni 1972 1972 7/986 5. Sept. 1973 1973 7/2250 14. Juni 1974 1974 7/3791 18. Juni 1975 1975 7/5390 16. Juni 1976 1976 8/704 4. Juli 1977 1977 8/1925 - 1978 8/2980 20. Juni 1979 1979/80 9/565 25. Juni 1981 1981/82 10/243 13. Juli 1983 1983/84 10/3550 26. Juni 1985 1985/86 11/554 25. Juni 1987 1987/88 11/4611 30. Mai 1989 1989/90 12/847 26. Juni 1991 1991/92 12/5200 24. Juni 1993 1993/94 13/1660 14. Juni 1995 1995/96 13/7900 19. Juni 1997 1997/98 14/1139 25. Juni 1999 1999/00 14/6300 22. Juni 2001 2001/02 15/1226 26. Juni 2003 2003/04 15/5790 22. Juni 2005 2005/06 16/5710 15. Juni 2007 2007/08 16/13500 22. Juni 2009 2009/10 17/6640 20. Juli 2011 2011/12 17/13675 29. Mai 2013 2013/14 18/5210 15. Juni 2015

Die Bundestagsdrucksachen können über die Bundesanzeiger-Verlagsgesellschaft mbH, Amsterdamer Str. 192, 50735 Köln, Tel.: (0221) 97 66 80, bezogen werden. Hinweis: Die Berichte sind in der Regel auch in wissenschaftlichen Bibliotheken verfügbar. Im Internet sind die Berichte weitestgehend unter http://dip.bundestag.de/ und http://www.bundeskartellamt.de als pdf-Datei abrufbar. Drucksache 18/12760 – 186 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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B 12 Verfolgung von Ordnungswidrig keiten in Verbin Ver § 1 GWB und Art. 101 AEUV REFERAT

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Personalrat Vorsitzende: Vorsitzende: Personalrat Gleichstellungsbeauftragte: der Vertrauensperson ABTEILUNG Dir. b. b. Dir. BKartA 1 1 1.BESCHLUSS Dr. WAGEMANN

B Gewinnung von Erzen, Steinen und Erden Baustoffe, Bauin ver und dustrie bundene Dienst leistungen Immobilien und verbundene Dienstleistungen Holzgewerbe und Möbe Elektrische Haus haltsgeräte, Unter haltungselektronik