Inauguraldissertation Zur Erlangung Des Akademischen Doktorgrades (Dr. Phil.) Im Fach Erziehungswissenschaft an Der Fakultät

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Inauguraldissertation Zur Erlangung Des Akademischen Doktorgrades (Dr. Phil.) Im Fach Erziehungswissenschaft an Der Fakultät Inauguraldissertation zur Erlangung des akademischen Doktorgrades (Dr. phil.) im Fach Erziehungswissenschaft an der Fakultät für Verhaltens- und Empirische Kulturwissenschaften der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Titel der Dissertation Paulo Freire und die Kritische Theorie vorgelegt von Merlin Wolf Jahr der Einreichung 2016 Dekanin: Prof. Dr. Birgit Spinath Beraterin: Prof. Dr. Rosemarie Boenicke Merlin Wolf Paulo Freire und die Kritische Theorie Inhaltsverzeichnis Danksagung......................................................................................................................7 I. Einleitung......................................................................................................................9 II. Das Institut für Sozialforschung.............................................................................18 II. 1 Die Frankfurter Schule..........................................................................18 II. 2. Ideengeschichtliche Bezüge der Kritischen Theorie............................33 III. Paulo Freire.............................................................................................................40 III. 1 Biografie..............................................................................................40 III. 2 Ideengeschichtliche Bezüge in Paulo Freires Schriften.......................46 IV. Von der empirischen Sozialforschung....................................................................53 IV. 1. Traditionelle Sozialforschung.............................................................53 IV. 2. Die Kritische Theorie der Gesellschaft...............................................60 IV. 3. Der Positivismusstreit.........................................................................64 IV. 4. Dialektische Sozialforschung..............................................................70 IV. 5. Empirische Forschungen der Kritischen Theorie................................82 IV. 6. Ethnografische Forschung...................................................................94 IV. 7. Freires Aktionsforschung....................................................................99 V. Über theoretische Kategorien.................................................................................108 V. 1. Marxistische Grundlagen: das revolutionäre Subjekt........................108 V. 2. Anthropologie.....................................................................................116 V. 3. Theorie und Praxis..............................................................................126 V. 4. Entfremdung, Verdinglichung und Fetisch.........................................135 V. 5. Halbbildung........................................................................................150 V. 6. Psychologische Annahmen.................................................................156 V. 7. Weiterführende Kategorien in Freires Gesellschaftsanalyse..............163 VI. Zur Notwendigkeit pädagogischer Intervention................................................171 VI. 1. Gibt es eine kritische Pädagogik?.....................................................171 VI. 2. Von der Gestalt der kritischen Pädagogik.........................................179 VI. 3. Interpretationen kritischer Pädagogik...............................................187 VI. 4. Das Bankiers-Konzept......................................................................195 4 VI. 5. Grundlagen von Freires Pädagogik..................................................200 VI. 6. Die Alphabetisierung........................................................................204 VI. 7. Kodierung und Dekodierung............................................................215 VI. 8. Die problemformulierende Methode................................................222 VI. 9. Weiterentwicklung und Auswertung.................................................228 VII. Exkurs: Andere Interpretationsmöglichkeiten Freires....................................232 VIII. Zusammenfassung und Beurteilung.................................................................239 IX. Schluss....................................................................................................................250 Literaturverzeichnis....................................................................................................256 Erklärung gemäß § 8 Abs. (1) c) und d) der Promotionsordnung..........................279 5 Danksagung Das vorliegende Werk ist der Mithilfe verschiedener Personen geschuldet: Meine Doktormutter Prof. Dr. Rosemarie Boenicke machte diese Arbeit erst möglich. Für wichtige Hinweise und die Freiheiten die sie mir ließ, bin ich ihr zu großem Dank verpflichtet. Markus Bitterolf war es, der mir Paulo Freire überhaupt vorstellte. Ihm, als meinem härtesten Kritiker, verdanke ich zahlreiche Anmerkungen. Jasper Metzbaurs Unterstützung gab mir erst die Zuversicht eine solche Arbeit beenden zu können. Prof. Dr. Franz J. Hinkelammert hat sich bei unserem Treffen Ende August 2014 in San José in Costa Rica viel Zeit genommen, um mit mir über die Wirkung der Theologie der Befreiung und der Pädagogik der Befreiung in Lateinamerika zu sprechen. Bei einigen Gedanken wurde ich von einem Seminar zu den Begriffen Entfremdung, Verdinglichung und Fetisch von Robert Fechner inspiriert. Für die gemeinsamen Kolloquien bedanke ich mich bei Lea Heyer, sowie bei Pascal Ludwig. Für zeitnahe letzte Korrekturen gebührt Tabea Ruf die Ehre. Weiterer Dank geht an Ansgar Martins und Manuel Lautenbacher. Besonderer Dank geht an Kira Marie Brennemann. Für alle strittigen Thesen und Fehler trage aber ich allein die Verantwortung. 7 I. Einleitung Dass der neugeborene Mensch wie eine geglättete Schreibtafel (Tabula rasa) auf die Welt kommt und Abdrücke von seinen Erfahrungen erhält, die ihn prägen, ist bedingt von Aischylos und Platon als Modell angenommen worden und wird heute häufig mit John Locke verbunden. So gesehen ist der Mensch, „nichts als was die Erziehung aus ihm macht“1. Ziel aller Erziehung ist es, dass die erziehende Person sich überflüssig macht und die erzogene Person ihre Unmündigkeit ablegt. Das Ideal dieses Ziels in den meisten modernen Erziehungstheorien ist die vollständige Mündigkeit oder die Autonomie. Seit jeher beschäftigte sich die Pädagogik mit der Fragestellung, welche Erziehungsmethode dazu am besten geeignet sei. Die Geschichte der Pädagogik ist eine Geschichte der Gewalt; dass der Gebrauch der Prügelstrafe gesellschaftlich abgelehnt wird, ist eine relativ moderne Erscheinung. Selbst jene, die die gesellschaftlichen Verhältnisse umwerfen wollten, beschränkten ihre Revolution in der Regel auf die Inhalte, nicht aber auf die Methode der Pädagogik. Dass nicht nur Inhalte sondern auch Methode der Kritik bedürfen, verbindet die Kritische Theorie mit Paulo Freire. Auf die beiden letztgenannten Theorien soll in dieser Arbeit genauer eingegangen werden. Während die Kritische Theorie der Gesellschaft eine philosophische Kritik am Aufklärungs- und Fortschrittsbegriff entwickelt hat und als negative Kritik gesellschaftliche Verhältnisse untersucht, ist Freires pädagogisches Programm keine Theorie geblieben, sondern war unter anderem in Brasilien und später in Chile als nationales Bildungsprogramm tatsächliche Praxis. Der Kritischen Theorie gilt eine bessere Welt zwar als möglich und notwendig, die bestehende Welt ist aber in eine inhumane herrschaftsförmige Totalität eingebunden. Scheinbar vernünftige Veränderungen der Gesellschaft drohen sich in ihr Gegenteil umzukehren und damit zur Barbarei auf einer erweiterten Stufe beizutragen. Horkheimer und Adorno ist eine soziale Utopie nur in der Negation der bestehenden Gesellschaft denkbar. Die derzeitige Welt veranschaulicht alle Schrecken die in einer 1 Kant 1983, S. 699 9 vernünftig eingerichteten Welt überwunden wären. Solange der Mensch jedoch vollständig in dieser kapitalistischen Gesellschaft sozialisiert ist, ist es ihm nur schwer möglich, über die Grenzen dieser Welt hinaus zu denken, sind doch alle Begriffe, mit denen er konstruieren kann, von ihrer kapitalistischen Logik affiziert. Daher gilt nach Adorno für den Menschen ein Bildnisverbot für die Vorstellung von Utopien, während hingegen Marcuse die Möglichkeit der Phantasie betont, die nicht völlig dem Realitätsprinzip unterworfen ist. Die Kritische Theorie kritisiert die traditionelle Pädagogik, woraus sich Anforderungen ableiten lassen, die emanzipatorische Pädagogik erfüllen muss. Paulo Freire versucht sich an emanzipatorischer Pädagogik und am marxschen kategorischen Imperativ.2 Dazu soll seine Pädagogik den Menschen, beziehungsweise die Unterdrückten als Zielgruppe befreien. Die Pädagogik der Befreiung gilt ihm als ein emanzipatorisches Mittel. Bekannt wurde er für seine Alphabetisierungsprogramme. Alphabetisierung ist für ihn eine notwendige Bedingung für Beteiligung und Kommunikation. Freire unterscheidet aber zwischen linguistischer Alphabetisierung, die Fähigkeit des Lesens und Schreibens zu lernen, und politischer Alphabetisierung, zu lernen, wie die Zeichen zu verstehen sind, ihren Kontext zu kennen und beides kritisch reflektieren zu können. Bildlich gesprochen geht es Freire um „die Fähigkeit, in der Welt wie in einem Buch zu lesen, die eigene Autorenschaft an dieser Welt zu erkennen und sie gegebenenfalls umzuschreiben.“3 Beide Theorien verbindet eine Kritik an der traditionellen Pädagogik, die als Unterweisung, Tradierung und Vermittlung immer auch Herrschaftselemente reproduziert. Während aber die Kritische Theorie kein
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