Dialektik Der Ökonomischen Rationalisierung
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Dialektik der ökonomischen mie war als richtiger Ausdruck einer falschen Gesellschaft nicht bloß deren Rationalisierung Verdopplung, sondern sprach den utopischen Gehalt der Verhältnisse aus. – Die Kritik der ökonomischen Rationalität gilt hingegen einem neuen poli- Von der Kritischen Theorie zur Kritik tisch-ökonomischen Liberalismus, der sich von der aufklärenden Vernunft der Politischen Ökonomie verabschiedet hat und damit: von einer aufklärenden Erinnerung der Gesell- schaftsgeschichte, von einer aufklärenden Erkenntnis der „Gesellschaft als Ganzer“, von einer „vernunftgegründeten Hoffnung“ (Kant, Bd. XI: 251) Gerhard Stapelfeldt (siehe: Hayek 1960: 21-23, 65-88; 1980: 78). Der Neoliberalismus ist eine Ideologie ohne Utopie. Das, was ist, ist – neoliberal betrachtet – alles. Die Zitation: Stapelfeldt, Gerhard (2013): Dialektik der ökonomischen Rationalisierung. Von der Verhältnisse sind total verdinglicht, der „Fetischcharakter der Ware“ hat den Kritischen Theorie zur Kritik der Politischen Ökonomie, in: Kritiknetz - Zeitschrift für Kritische Theorie der Gesellschaft genetischen Zusammenhang zur liberalen Aufklärung verloren und ist nur © 2013 beim Autor und bei www.kritiknetz.de, Hrsg. Heinz Gess, ISSN 1866-4105 noch: vernunftlose „List“ (vgl. Hegel, Bd. 12: 49). Der liberale Fetischismus hat sich zur Ersatzreligion fixiert. Die neue Dogmatik ist ein „Glaubensbe- „Die Irrationalität der bürgerlichen Gesellschaft in kenntnis“ (Hayek 1960: 2, 85). Nichts scheint aus dem neoliberalen Gehäuse ihrer Spätphase ist widerspenstig dagegen, sich hinauszuführen. Der neoliberale kategorische Imperativ fordert: begreifen zu lassen; das waren noch gute Zeiten, als „freiwilligen Konformismus“ – sonst drohe unmittelbarer „Zwang“ (ebd. eine Kritik der politischen Ökonomie dieser 78f.). So scheint der theoretischen ebenso wie der praktischen Kritik der Gesellschaft geschrieben werden konnte, die sie bei ihrer eigenen ratio nahm. Denn sie hat diese mitt- Boden entzogen. – Die Geschichte vom klassischen zum neuen Liberalismus lerweile zum alten Eisen geworfen und virtuell durch erscheint als Geschichte von Einheit und Bruch. Ein Kontinuum führt vom unmittelbare Verfügung ersetzt.“ (Theodor W. liberalen Warenfetischismus zum neoliberalen irrationalen Allgemeinen, Adorno, GS 11: 284) das einen nur atomistischen Rationalismus duldet. Als ein Gegensatz erscheint der Umschlag der bürgerlichen Revolution in Konformismus, der Die Kritik der ökonomischen Rationalität nimmt die Kritik der Politischen kosmopolitischen Freiheit in Autoritarismus, der Aufklärung in Ökonomie von Karl Marx durch eine Kritik der Politischen Ökonomie des Gegenaufklärung, der theoretischen Einsicht in das, „was die Welt im neoliberalen und des unmittelbar vorangegangenen staatsinterventionisti- Innersten zusammenhält“, in Anti-Theorie. Das kritische Interesse, das aus schen Kapitalismus auf. dem fortbestehenden „Unglück“ hervorgeht, scheint zu einem ohnmächtigen, Diese Fortsetzung einer großen Tradition ist indes nicht umstandslos dogmatischen Anrennen verdammt, das sich vom herrschenden Logos nicht möglich. Marx’ Kritik galt einem liberalen Kapitalismus, der sich aufkläre- substantiell unterscheidet. risch zur vorangegangenen Gewaltgeschichte verhielt und mit utopischen Die neoliberale Negation der liberalen Vernunft-Idee erscheint in der Ansprüchen auf Herrschaft der Vernunft, kosmopolitische Freiheit, Gleich- herrschenden Anti-Theorie: die neoliberale „Gesellschaftstheorie“ ist eine heit aller Menschen, Verwirklichung eines allgemeinen Interesses, Wohl- Theorie, die erklärt, daß ihr Gegenstand – die „Gesellschaft als Ganze“ – stand der Nationen und ewigen Frieden auftrat. Die Kritik der Politischen unerkennbar ist (Hayek 1980: 30, 63, 78, 154, 157). Die gegenwärtig in den Ökonomie konnte die bürgerliche Aufklärung kritisch gegen sich wenden Sozial- und Geisteswissenschaften herrschenden Dogmen sind neoliberal- und zeigen: daß der Liberalismus keineswegs mit der „Geschichte als ... antitheoretisch. Darum kann sich die Kritik der ökonomischen Rationalität Schlachtbank“ (Hegel, Bd. 12: 35) gebrochen hatte, sondern die Gewaltge- unmittelbar auf keine lebendige theoretische Diskussion stützen, um diese schichte in rationalisierter Form reproduzierte, daß jedoch die bürgerlichen immanent zu kritisieren. – Die Volkswirtschaftslehre hatte sich schon Ende Vernunft-Utopien, verwirklicht in der Institution des Warentausches, ein des 19. Jahrhunderts von der liberalen, kosmopolitischen Gesellschaftstheo- transzendierendes Moment enthielten, das über das bestehende „Unglück“ rie der klassischen Politischen Ökonomie verabschiedet und als eine anthro- (Marx, MEW 23: 675f. Anm. 89) hinauswies auf eine „neue Gesellschaft“ pologisch fundierte Fachwissenschaft in antirevolutionärer Absicht konsti- (MEW 26.3: 422). Die liberale Gesellschaftstheorie der Politischen Ökono- tuiert. – Die sozialwissenschaftliche Geschichtsphilosophie, vor allem in der 1 2 Version Max Webers, war auf dem achten Deutschen Soziologentag 1946 im stärker wurde eine solche Kritik durch diese Verhältnisse verstellt. Max We- Interesse der Verdrängung der nationalsozialistischen Verbrechen offiziell bers Bild vom „Gehäuse der Hörigkeit“ drückt das aus. Eine Kritik des dem Vergessen überantwortet worden; sie fristet heute in der Theorie der staatsinterventionistischen und des gegenwärtig herrschenden neoliberalen path dependence ein tristes Dasein. – Die Soziologie, die einst die Politische Kapitalismus hat an das reflektierteste Bewußtsein jener gesellschaftsge- Ökonomie zu ihren Traditionen rechnete, hat sich auf dem 21. Deutschen schichtlichen Destruktivität anzuschließen: die Kritische Theorie der Gesell- Soziologentag 1982 vom Grundbegriff der Arbeit sowie vom Konzept der schaft von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno; weder die Fach- Industriegesellschaft verabschiedet und als Kulturwissenschaft begründet. Soziologie, noch die Volkswirtschaftswirtschaftslehre, noch die Die Verhältnisse zwingen nicht nur die herrschenden Wissenschaften positivistische Geschichtswissenschaft bieten noch ein Aufklärungswissen. unter ihren irrationalen Rationalismus, sondern ebenfalls die theoretische Die unter dem Interesse einer Kritik des neoliberalen Kapitalismus er- und praktische Kritik der bürgerlichen Gesellschaft. Auch hier ist folgende Aufnahme der fortgeschrittensten, aufklärenden Kritik der Verhält- unmittelbar eine lebendige Theorie kaum vorhanden. – Die Krise der nisse durch Marx’ Kritik der politischen Ökonomie des liberalen Kapitalis- Arbeiterbewegung, schon in den zwanziger Jahren offenkundig, mus und durch die Kritik der „Barbarei“, ausgeführt durch die Kritische manifestierte sich mit deren „Niederlage“ (Reich 1933: 5) in der Krise Theorie Horkheimers und Adornos, kann nicht in der Form einer philologi- 1929/33 und der folgenden „Barbarei“. – Mit dieser Krise verbunden war die schen Aneignung der klassischen Texte erfolgen. Eine genaue Kenntnis die- „Krise des Marxismus“ (Korsch): eines Marxismus, der dogmatisch auf dem ser Texte ist notwendig, ersetzt aber nicht den kritischen Gedanken. – Die Zusammenhang von Krise und Kritik beharrte und dem kommenden, Annahme, im Werk von Marx, Horkheimer und Adorno Grundgedanken ei- durchgesetzten Autoritarismus begriffslos gegenüberstand. – Die Kritische ner Kritik des neoliberalen Kapitalismus philologisch entdecken zu können, Theorie der Gesellschaft, die ihren Titel von der Kritik der Politischen setzt zunächst bewußtlos die Annahme voraus, die Struktur der neoliberalen Ökonomie ableitete, reflektierte die Krise des Marxismus und der Politik-Ökonomie bereits zu kennen, um dann bei Marx – oder bei Hork- Arbeiterbewegung, verabschiedete sich aber mit der Dialektik der heimer und Adorno – Passendes identifizieren zu können; träfe dies zu, wäre Aufklärung (1944/47) vom Projekt einer lebendigen Entwicklung der Kritik die Rezeption jenes Werks überflüssig. – Die Annahme setzt weiter voraus, der Politischen Ökonomie und wandte sich zur Aufklärung der Barbarei der daß sich die Verhältnisse nicht substantiell verändert hätten und alte Einsich- Geschichtstheorie Webers, der Psychoanalyse Freuds und der Kulturkritik ten ungebrochene Aktualität beanspruchen könnten: die fraglichen Werke zu. – Das Werk von Marx, das durch den Nationalsozialismus ebenso wie würden in überhistorische Einsichten verwandelt. Dagegen hat Marx sich durch den Stalinismus verschüttet war, konnte erst nach 1950/60 wieder entschieden verwahrt (MEW 19: 111f.). Dagegen hat Horkheimer (1968) angeeignet werden – notwendig zunächst durch eine Marx-Philologie, die sich entschieden verwahrt, als er die Neuausgabe seiner Essays der dreißiger sich alsbald zur Reproduktion einer einst höchst produktiven Theorie Jahre mit dem Untertitel versah: „Eine Dokumentation“. Der theoretischen verselbständigte. und praktischen Kritik der Verhältnisse überhistorische Geltung zu vindizie- Der Verfall einstmals großer Gesellschaftstheorien ist nicht subjektiven ren, unterminiert den Zusammenhang von dialektischer Aufklärung und Re- Defiziten der Theoretiker geschuldet, sondern gesellschaftlich produziert. volution: wird Gleichbleibendes supponiert, wird die Abschaffung des „Un- Die bürgerlich-liberale Gesellschaft der Epoche der Englischen, Amerikani- glücks“ undenkbar. – Methodisch hat die dialektische Kritik des schen und Französischen Revolution, hervorgegangen aus einem praktischen neoliberalen Kapitalismus bei diesem anzusetzen und hinter ihn genetisch und theoretischen Prozeß der Aufklärung mythologisch und metaphysisch zurückzufragen: