Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel der Stadt

Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel der Stadt Braunschweig

Autor: Maria Riedl (3018392)

Betreuer: Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Dickhaut Dipl.-Ing. Michael Stephan

Bachelor-Thesis | BA Stadtplanung | 05.12.2012 Danksagung Danksagung

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei allen Personen bedanken, die durch hilfreiche Anmerkun- gen, konstruktive Kritik und Bereitstellung von Hintergrundinformationen zur Entstehung dieser Arbeit beigetragen haben.

Besonderer Dank gilt meinem Erstbetreuer Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Dickhaut, der mir jederzeit die Ge- legenheit gab, mit ihm Rücksprache zu halten, mir wichtige Informationen zur Verfügung stellte und durch kritische und hilfreiche Anmerkungen den Entstehungsprozess dieser Arbeit unterstützt hat.

Auch bedanke ich mich herzlich bei der Unteren Wasserbehörde der Stadt Braunschweig, mit deren Zusammenarbeit diese Thesis entstanden ist. Insbesondere bedanke ich mich bei Dipl.-Ing. Michael Stephan, meinem Zweitbetreuer, der sich viel Zeit für mich genommen, mir umfangreiche Informatio- nen zusammengestellt und sich zu einem Interview bereitgestellt hat. Ebenso bedanke ich mich bei Herrn Dirk Steigüber, der mich zum Schreiben dieser Arbeit angeregt, bei der inhaltlichen Struktur un- terstützt und immer wieder motiviert hat.

Mein weiterer Dank geht an Dr. Sylvia und Günther Riedl, die durch ihr Korrekturlesen zur formalen und sprachlichen Richtigkeit dieser Arbeit beigetragen haben.

Auch bedanke ich mich herzlich bei Herrn Alexander Penz, welcher mich sehr bei der Durchführung der Umfrage unterstützt hat.

Ebenso bedanke ich mich bei der HafenCity Universität Hamburg, im Rahmen derer diese Arbeit ent- standen ist, und bei den Teilnehmern der Umfrage für ihre Zeit. Abbildungsverzeichnis Kartenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Akteurskonstellation der Stadtplanung S. 13

Abbildung 2: Überlaufen von Gullys führt zu überfluteten Straßen S. 18

Abbildung 3: Hochwasserrisikomanagement-Zyklus S. 22

Abbildung 4: Mitwirkende Stellen und Akteure bei der Aufstellung von HWRM-Plänen S. 23

Abbildung 5: Aufstellungsprozess eines Hochwasserrisikomanagementplans S. 24

Abbildung 6: Potentielle Fläche für das Hochwasserrückhaltebecken S. 52 Kartenverzeichnis

Kartenverzeichnis

Karte 1: Überschwemmungsgebiet der / im Bereich Riddagshausen S. 38

Karte 2: Überschwemmungsgebiet der Wabe/Mittelriede im Bereich Berliner Straße S. 39

Karte 3: Überschwemmungsgebiet der Wabe/Mittelriede im Bereich

Berliner Straße HQ100 S. 40

Karte 4: Überschwemmungsgebiet der Wabe/Mittelriede im Bereich

Berliner Straße HQ200 S. 41

Karte 5: Maßnahmenverortung im Untersuchungsgebiet S. 49 Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

BauGB Baugesetzbuch

BVerwG Bundesverwaltungsgericht

HMWB Heavily Modified Water Body – Erheblich veränderter Wasserkörper

HWRM-Plan Hochwasserrisikomanagementplan

HWRM-RL Richtlinie 2007/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 (Hochwasserrisikomanagementrichtlinie)

HQ höchste Abflussmenge innerhalb eines Beobachtungszeitraums

LAWA Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser

NDG Niedersächsisches Deichgesetz

NLWK Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz

NWG Gesetz zur Neuregelung des Niedersächsischen Wasserrechts (Niedersächsisches Wassergesetz)

SE|BS Stadtentwässerung Braunschweig GmbH

WHG Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz)

WRRL Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie)

Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Inhaltsververzeichnis der Stadt Braunschweig

Inhaltsverzeichnis

Danksagung Abbildungsverzeichnis Kartenverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung S. 12 1.1. Thematische Einführung S. 12 1.2. Bezug zur Stadtplanung S. 12 1.3. Angewendete Methoden S. 13 1.4. Inhaltlicher Aufbau der Arbeit S. 14

2. Relevanz des Themas „Hochwasser“ S. 16 2.1. Ursachen und Folgen von Hochwasserereignissen S. 16 2.1.1. Definition und Ursachen S. 16 2.1.2. Folgen S. 17 2.2. Rechtliche Rahmenbedingungen S. 18 2.2.1. EU-Recht S. 18 2.2.2. Bundesrecht S. 20 2.2.3. Landesrecht Niedersachsen S. 20 2.2.4. Empfehlungen zur Aufstellung von Hochwasserrisikomanagementplänen S. 21 2.3. Historie der Hochwasserereignisse in Braunschweig S. 25 2.3.1. Hochwasserereignisse in Braunschweig im 20. Jahrhundert S. 25 2.3.2. Das Hochwasser 2002 S. 26

3. Bestandsaufnahme der Gewässer Wabe/Mittelriede S. 30 3.1. Erläuterung zur Auswahl der Gewässer Wabe/Mittelriede S. 30 3.2. Örtliche Gegebenheiten S. 30 3.2.1. Lage und Flussverlauf S. 30 3.2.2. Topographie, Naturraum und Flächennutzungen S. 31 3.2.3. Hydromorphologie S. 32 3.3. Gewässerentwicklungsplan Wabe/Mittelriede S. 33 3.4. Hochwassergefahr und Ermittlung von Risikogebieten S. 35 3.4.1. Das Hochwasserabflussgeschehen der Mittelriede S. 35 3.4.2. Das Hochwasserabflussgeschehen der Wabe S. 36 Inhaltsververzeichnis

3.4.3. Überschwemmungs- und Risikogebiete S. 37

4. Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede S. 42 4.1. Definition der Maßnahmen des vorbeugenden Hochwasserschutzes S. 42 4.2. Rechtliche Regelungen zum Hochwasserschutz in der Bauleitplanung S. 43 4.2.1. Rechtliche Regelungen im Baugesetzbuch S. 43 4.2.2. Rechtliche Regelungen im Wasserhaushaltsgesetz S. 45 4.3. Konzeptionelle Lösungsansätze S. 46 4.3.1. Einleitung S. 46 4.3.2. Flächenvorsorge S. 48 4.3.3. Natürlicher Wasserrückhalt S. 48 4.3.4. Technischer Hochwasserschutz S. 51 4.3.5. Bauvorsorge S. 52 4.3.6. Risiko- und Verhaltensvorsorge S. 53 4.4. Ausblick S. 54

5. Fazit S. 58 5.1. Kritische Reflektion S. 58 5.2. Gesamtfazit S. 59

6. Quellenverzeichnis S. 62 6.1. Literatur S. 62 6.2. Internet S. 63 6.3. Interview S. 66 6.4. Abbildungen S. 66 6.5. Karten S. 67 6.5. Titelbilder S. 67

7. Anhang S. 68 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Einleitung der Stadt Braunschweig

1. Einleitung 1.2 Bezug zur Stadtplanung

1.1 Thematische Einführung Da in dieser Arbeit Hochwasser und Hochwasser- schutz als Herausforderung an die Stadtplanung Im Jahr 2002 kam es durch starke Niederschlä- untersucht werden soll, wird zunächst einmal ge in vielen Städten Niedernachsens zu schweren der thematische Bezug zur Stadtplanung erläu- Hochwasserereignissen. Auch in der Stadt Braun- tert. Hierbei handelt es sich nur um einen kurzen schweig gab es viele Überschwemmungen, be- Überblick, inwiefern die Stadtplanung in Bezug sonders an den kleineren Flüssen, wie der Wabe auf den Hochwasserschutz agieren kann. Welche oder der Mittelriede, wodurch Sachschäden in Rolle die Stadtplanung konkret in der Stadt Braun- Millionenhöhe verursacht wurden. Wissenschaftli- schweig bei dem Thema Hochwasserschutz ein- che Prognosen gehen davon aus, dass Naturer- nehmen kann, wir im weiteren Verlauf dieser Arbeit eignisse wie Hochwasser durch Starkregen in der erläutert. Zukunft aufgrund des Klimawandels noch zuneh- men werden. Der Klimawandel wird hauptsächlich Als Orte, in denen sich soziale, politische und wirt- durch die globale Erwärmung verursacht. Mehr schaftliche Aktivitäten verdichten, weisen Stadtre- Wärme bedeutet, dass mehr Energie freigesetzt gionen durch ihre räumliche Agglomeration ein er- wird, was wiederum zu einem höheren Feuchtig- höhtes Gefährdungspotenzial auf (BMVBS 2010b, keitsumsatz führt (BMVBS 2010a, S. 6-7). Dabei S. 3). Beispielsweise können Infrastruktureinrich- wird davon ausgegangen, dass sich die Nieder- tungen durch Starkregenereignisse wesentlich schläge im jahreszeitlichen Verlauf verschieben beeinflusst oder sogar beschädigt werden, was werden (ebenda). Dies hat zur Folge, dass es im zu Problemen im städtischen Alltag führt (ARL Winter weniger Schnee und dafür mehr Nieder- 2009a). Daher ist es besonders wichtig, Städte schläge und im Sommer weniger Niederschläge und ihre Bevölkerung vor Naturkatastrophen wie und dafür mehr Starkregenereignisse geben wird. Hochwasser zu schützen. Hierbei darf es sich Durch die gefrorenen Böden im Winter und die aber nicht nur um baulichen Hochwasserschutz von der geringeren Nieder-schlagshäufigkeit im handeln, sondern es muss auch Aufklärungsar- Sommer verursachten trockenen Böden werden beit betrieben werden, da die Auswirkungen von wiederrum Hochwas-serereignisse begünstigt. Naturkatastrophen oftmals unterschätzt werden (Streich 2011, S. 564). Dies ist ein wichtiger Punkt, Um die Auswirkungen eines erneuten Hochwas- bei dem die Stadtplanung ansetzen kann, indem sers zu mindern, sollen in dieser Bachelorthesis sie zur Schaffung einer Bewusstseinsbildung für beispielhaft für die Wabe/Mittelriede konzeptionel- mögliche zukünftige Entwicklungen beiträgt. Hier- le Lösungsansätze für einen vorbeugenden Hoch- bei sollte der Fokus sowohl auf der Politik als auch wasserschutz entwickelt werden. Dabei soll auch auf der Bevölkerung liegen (ebenda). Der Stadt- die Rolle der Stadtplanung in Bezug auf den Hoch- planung kommt dabei eine besonders zentrale wasserschutz herausgestellt werden. Die zentrale Rolle als Schnittstelle zwischen den verschiede- Fragestellung lautet hierbei: „Welche Maßnahmen nen Akteuren aus dem Staat bzw. der Kommune, sind notwendig, um an der Wabe/Mittelriede einen der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft zu (siehe adäquaten Hochwasserschutz zu gewährleisten Abbildung 1). Es liegt in der Verantwortung der und wie kann die Stadtplanung dem erhöhten Be- Stadtplanung, die unterschiedlichen Interessen- darf an Hochwassermanagement begegnen?“ gruppen an einem Tisch zu versammeln, zwi- schen ihnen zu vermitteln, ihre Interessen zu ko- ordinieren und diese anschließend abzuwägen, 12 Einleitung

nissen durch den Klimawandel beeinflusst. Um dadurch entstehende Hochwasserereignisse zu Staat/ 1 Wirtschaft reduzieren, ist es wichtig, Klimaanpassung zu Kommune betreiben. Auch hier kann die Stadtplanung Ein- fluss nehmen, zum Beispiel durch die Festsetzung Stadt- von bestimmten Regelungen in städtebaulichen planung Verträgen, in denen eine Pflicht zur Klimaanpas- sung gut integriert werden kann. Weiterhin können Stadtplaner Pilotprojekte starten, die auf den Um- Zivil- gang mit Hochwasserereignissen ausgelegt sind, gesellschaft oder sie können bestimmte Auslobungskriterien in Wettbewerben festsetzen, die auf eine Klimaan- passung ausgerichtet sind (DST 2011, S. 2). Abbildung 1: Akteurskonstellation der Stadtplanung um daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten 1.3 Angewendete Methoden (Selle 2005, S. 313-314). Um den Entstehungsprozess dieser Arbeit nach- Die Stadtplanung hat aber auch noch ganz an- vollziehbar zu machen, soll im Folgenden kurz dere Möglichkeiten, um die durch Hochwasser auf die Methoden eingegangen werden, die zur entstehenden Schäden zu minimieren. So können Beschaffung und Auswertung der in dieser Arbeit Stadtplaner beispielsweise Festsetzungen in Flä- zusammengestellten Informationen angewendet chennutzungs- und Bebauungsplänen erlassen, worden sind. Wichtig ist hierbei zu erwähnen, dass um hochwassergefährdete Gebiete von Bebau- diese Arbeit in Zusammenarbeit mit dem Universi- ung und Versiegelung freizuhalten (DST 2011, S. tätsprofessor Dr.-Ing. Dickhaut und mit der Unte- 2). Auch die Ausweisung von Gebieten, in denen ren Wasserbehörde der Stadt Braunschweig ent- ein Bauen oberhalb bestimmter Hochwasserstän- standen ist. de notwendig ist, um die Gebäude vor Hochwas- ser zu schützen, und die Ausweisung von Vor- Bei den angewendeten Methoden handelt es sich behaltsflächen für Regenwasserbewirtschaftung zum einen um eine umfassende Literaturrecher- wären sinnvoll. Eine adäquate Regenwasserbe- che, welche in den Datenbanken der Fachbib- wirtschaftung kann zum Beispiel durch die Schaf- liotheken von der Stadt Hamburg durchgeführt fung von Retentionsflächen erreicht werden, diese worden ist. Zum anderen wurde auch eine weit- tragen gleichzeitig zur Minimierung des Ausmaßes reichende Internetrecherche betrieben, bei der an Sachschäden bei Hochwasser bei. Dabei ist zu vorrangig Webseiten von Fachinstitutionen und bedenken, dass das Auffangen und Sammeln von -instituten sowie Datenmaterial in digitaler Form Wasser nur eine temporäre Nutzung sein sollte. gesichtet worden sind. Weiterhin wurde Literatur Um flächeneffizient zu handeln, sollte eine Kombi- hinzugezogen, welche von Prof. Dr.-Ing. W. Dick- nation mit einer anderen Nutzung gefunden wer- haut zur Verfügung gestellt wurde. den, wie zum Beispiel einem Naturschutz- oder Naherholungsgebiet. 1 Anpassung an die Folgen des Klimawandels durch Initia- Wie in Kapitel 1.1 kurz beschrieben, werden die tiven und Maßnahmen, welche die Empfindlichkeit natürli- Stärke und die Häufigkeit von Starkregenereig- cher und menschlicher Systeme gegenüber Auswirkungen des Klimawandels verringern (ARL 2009b). 13 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Einleitung der Stadt Braunschweig

Um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen, einen geht es dabei allgemein um die Ursachen wurden zu Beginn der Arbeit Ortsbegehungen mit und die Folgen von Hochwasser, um ein Grund- fachkundigen Ingenieuren der Unteren Wasser- verständnis für das Thema zu schaffen. Zum an- behörde der Stadt Braunschweig durchgeführt deren soll aber auch die Darlegung der Relevanz und diese fotographisch dokumentiert. Hierdurch in der Rechtsprechung eine Rolle spielen, um die konnten erste Erkenntnisse über die örtlichen Ge- nationale und auch internationale Bedeutung des gebenheiten gewonnen werden, welche sich im Themas aufzuzeigen. Zuletzt soll die Situation vor Verlauf der Arbeit als hilfreich herausstellten. Ort, also in der Stadt Braunschweig, in Augen- schein genommen werden, um zu verdeutlichen, Durch die intensive Zusammenarbeit mit der Un- wie wichtig das Thema für das Untersuchungsge- teren Wasserbehörde der Stadt Braunschweig biet ist. wurde die fachliche Richtigkeit der ortsbezogenen Informationen gewährleistet, zudem stellte die Un- Das nächste Kapitel soll sich der Bestandsauf- tere Wasserbehörde alle benötigten Informationen nahme der Gegebenheiten vor Ort widmen. Zu- in Form von digitalen Unterlagen und gedruckten erst soll erläutert werden, warum sich diese Arbeit Berichten bereit und stand des Weiteren zur Er- lediglich mit den Gewässern Wabe und Mittelriede stellung von digitalen Karten zur Verfügung. beschäftigt. Dann sollen die örtlichen Gegeben- heiten der beiden Flussläufe untersucht werden, Als weitere Methode wurde mit Dipl.-Ing. M. um einen Überblick über das Untersuchungsge- Stephan in seiner Funktion als Mitarbeiter der Un- biet zu gewinnen. Hierbei wird auf die Lage und teren Wasserbehörde und zuständigem Ingenieur den Flussverlauf, die Topographie, den Naturraum für die Belange der Wabe/Mittelriede ein Experten- und die Flächennutzungen sowie auf die Hydro- interview geführt, welches digitalisiert im Anhang morphologie der Gewässer Wabe und Mittelriede eingesehen werden kann. eingegangen. Zudem werden kurz die Inhalte des Zudem wurde mit mehreren Bürgern der Stadt Gewässerentwicklungsplanes Wabe/Mittelriede Braunschweig eine postalische Umfrage durch- vorgestellt. In einem nächsten Schritt sollen durch geführt. die Untersuchung der Hochwassergefahr Risiko- gebiete ermittelt werden, aus denen ein konkre- Unentbehrlich war auch die stetige Rücksprache tes Untersuchungsgebiet abgeleitet wird. Dieses mit Prof. Dr.-Ing. W. Dickhaut und den Mitarbeitern dient dann als Grundlage, um konzeptionelle Lö- Dipl.-Ing. M. Stephan und D. Steigüber der Unte- sungsansätze zu erarbeiten. ren Wasserbehörde der Stadt Braunschweig. Mit der Entwicklung der eben genannten konzep- tionellen Lösungsansätze wird sich das darauffol- 1.4 Inhaltlicher Aufbau der Arbeit gende Kapitel 4 befassen. Dabei werden zuerst die verschiedenen Aspekte des vorbeugenden Um einen guten Überblick über die Inhalte dieser Hochwasserschutzes genauer erläutert, um aus Arbeit zu geben und den inhaltlichen Aufbau ver- diesen einen Maßnahmenkatalog ableiten zu kön- ständlich zu machen, soll dieser im folgenden Un- nen. Auch wird ein Blick auf die rechtlichen Vor- terkapitel kurz skizziert werden. gaben in der Bauleitplanung geworfen, um zu Im ersten Teil der Arbeit geht es darum, die Rele- prüfen, welche Auflagen bzw. welche Vorschriften vanz des Themas „Hochwasser“ in Bezug auf ver- bei der Entwicklung des Maßnahmenkonzeptes schiedene Aspekte herauszustellen, um die Wich- beachtet werden müssen. Auf dieser Grundlage tigkeit dieses Themas zu unterstreichen. Zum aufbauend werden dann verschiedene konzep- 14 Einleitung

tionelle Lösungsansätze erarbeitet. Zudem wird ein Ausblick darüber gegeben, wie sich durch die Umsetzung der Maßnahmen die Situation vor Ort verändern könnte.

Das letzte Kapitel beinhaltet das Fazit, in dem die in Kapitel 4 entwickelten Lösungsansätze kritisch reflektiert werden. Zudem wird ein Rückbezug zur Stadtplanung vollzogen und die Ergebnisse der Arbeit werden zusammenfassend dargestellt.

15 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Relevanz des Themas „Hochwasser“ der Stadt Braunschweig

2. Relevanz des Themas tungszeitraumes. HQhfg bezeichnet ein Hochwas- „Hochwasser“ serereignis, dass statistisch gesehen sehr häufig auftritt. Hier kann auch zwischen HQ , HQ , etc. 2.1 Ursachen und Folgen von Hochwassere- 1 10 unterschieden werden, wobei die tiefgestellte Zahl reignissen angibt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass 2.1.1 Definition und Ursachen es innerhalb der angegeben Jahre erneut zu ei- nem Hochwasser mit diesen Ausmaßen kommt. Definition HQ100 steht für ein Jahrhunderthochwasser bzw.

Um sich der Problematik des Themas „Hochwas- eine Jahrhundertflut. Ein HQ100 zeichnet sich durch ser“ zu nähern, werden im folgenden Abschnitt die Abflussmenge eines Gewässers aus, welche die Ursachen und Folgen von Hochwasserereig- einmal alle 100 Jahre erreicht oder überschrit- nissen erklärt. Dies soll dazu dienen, die allge- ten wird. In Niedersachsen wird das HQ100 als meine Problematik des Themas verständlich zu Grundlage für die Ausweisung von Überschwem- machen. Um eine gemeinsame Wissensbasis zu mungsgebieten herangezogen (mündliche Aus- schaffen, wird zuerst eine Definition des Begriffes kunft der Stadt Braunschweig 2012). Zudem gibt „Hochwasser“ gegeben: es noch Extremhochwasserereignisse, die mit HQ bezeichnet werden. Ein Beispiel hier- „Hochwasser ist die zeitlich begrenzte Über- extr für ist das HQ200, welches als Grundlage schwemmung von normalerweise nicht mit Was- für die Hochwasserrisikomanagementricht- ser bedecktem Land durch oberirdische Gewäs- linie dient. Diese treten im statischen Mit- ser oder durch in Küstengebiete eindringendes tel viel seltener auf als ein HQ (ebenda). Meerwasser.“ (§ 72 WHG) 100 Wie bereits erwähnt, können die Ursachen eines Hochwasser an sich sind generell Teil des natür- Hochwassers sehr vielfältig sein. Dabei wird die lichen Wasserkreislaufes, die Ursachen ihrer Ent- Entstehung von Hochwasser nicht nur durch na- stehung sind sehr vielfältig. So können sie durch türliche, sondern auch durch anthropogene Pro- Sturmfluten, Starkregenereignisse oder langan- zesse unterstützt. Diese sollen im Folgenden kurz dauernde Regenperioden, Schnee- und Glet- erläutert werden. scherschmelzen oder durch Seebeben entstehen. Natürliche Ursachen Um das Ausmaß und die Höhe eines Hochwas- Wenn es regnet, versickert das Regenwasser ent- sers zu berechnen, werden von Fachleuten vor- weder im Boden oder wird durch die Sonne ver- wiegend vier Prozesse analysiert. Dabei handelt dunstet. Der Anteil des Niederschlages, der nicht es sich um die Menge des Niederschlages, die versickern oder verdunsten kann, fließt sowohl in einer bestimmten Zeit auf ein bestimmtes Ge- ober- als auch unterirdisch ab und gelangt so in biet fällt, den Anteil des Niederschlages, der ober- Gewässer wie Bäche, Flüsse und Seen. Dieser flächlich abfließt, die zeitliche Spanne, die der Ab- Regenwasserabfluss kann bei einem starken Nie- lauf benötigt, um in die betroffenen Gewässer zu derschlag so groß sein, dass es in den betroffenen gelangen und um die betroffenen Gewässer bzw. Gewässern zu Hochwasser kommt. Dies passiert Gebiete, in die das Wasser abfließt (LFU Bayern hauptsächlich durch kurzzeitigen Starkregen oder 2012a). Es gibt drei grundlegende Kategorien, durch tagelangen, großflächigen Dauerregen, in die ein Hochwasser eingeteilt werden kann: da durch die großen Regenmengen die Kapazi- HQ , HQ und HQ . HQ steht dabei für die hfg 100 extr x tät des Bodens überlastet ist. Dies führt zu einem größte Abflussmenge innerhalb eines Beobach- überproportional hohen Abfluss von Oberflächen- 16 Relevanz des Themas „Hochwasser“

wasser, welcher sich innerhalb kürzester Zeit zu Hochwasserwellen; auch fehlt die Dämpfung des einer Sturzflut entwickelt (LFU Bayern 2012a). Abflusses durch Retention (mündliche Auskunft der Stadt Braunschweig 2012). Als letzter Punkt In Küstengebieten entstehen Hochwasser und wird der durch den Menschen verursachte Kli- Überschwemmungen zumeist durch meeresbe- mawandel heftig diskutiert. Durch die globale Er- einflusst hohe Wasserpegel oder durch Stürme wärmung kommt es zu immer mehr und immer wie Orkane, Hurrikans, Taifune und Zyklone, die intensiveren Starkregenereignissen, welche zu zu Sturmfluten führen können. Besonders verhee- Überschwemmungen führen können, und durch rend aber sind Seebeben. Diese können Tsuna- das Abschmelzen der Pole zu einer Erhöhung des mis verursachen, welche ganze Küstenregionen Meeresspiegels (LFU Bayern 2012a). zerstören.

In Gebirgen kommt es vorwiegend durch Schnee- und Gletscherschmelzen zu Hochwasser. Durch 2.1.2 Folgen das Schmelzen fließt das vorher gebundene Was- Durch das Zusammenwirken von natürlichen und ser in Flüsse und Seen ab und erhöht dort die anthropogenen Ursachen kann es zu starkem Pegelstände. Die Belastung der Gewässer steigt Hochwasser und Überschwemmungen kommen, proportional zu der Menge des Schmelzwassers. welche schwere Schäden anrichten können. Diese Je schneller und je großräumiger Schnee also ab- reichen von Sachschäden bis hin zum Verlust von taut, desto mehr werden die Gewässer belastet Menschenleben. Es kann zum Beispiel auch zur und desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines der Verbreitung von ansteckenden Krankheiten Hochwasserereignisses (LFU Bayern 2012b). kommen oder zu der Entstehung von Schlamm- Anthropogene Ursachen lawinen.

Obwohl Hochwasser ein natürliches Phänomen In Siedlungsgebieten, in denen wenig Nieder- und Teil des Wasserkreislaufes ist, kann auch der schlag versickern kann und das Wasser folglich in Mensch Einfluss auf die Entstehung von Hochwas- die Kanalisation abfließt, kann es bei Extremrege- ser nehmen. Durch Eingriffe in den Naturhaushalt nereignissen zu einer Überlastung der Kanalsys- verursacht der Mensch mannigfaltige Schäden, teme kommen. Die Kanalisation ist häufig nicht in die sich beispielsweise durch Hochwasser und der Lage, derart große Wassermengen aufzuneh- Überschwemmungen äußern können (LFU Bay- men und abzuleiten, da sie nicht auf überdurch- ern 2012a). schnittlich große Abflussmengen ausgelegt ist (Buckley et al. 2009, S. 140-142). Dies führt zum Als anthropogene Ursachen werden vor allem drei Überfließen der Gullys, deren Folge überflutete Aspekte diskutiert. Hierbei geht es zum einen um Straßen und Gebäude sind (siehe Abbildung 2). die Veränderung der Landnutzung. Bei diesem As- Da allerdings über die Hälfte der Kanalisationen pekt ist insbesondere die Flächenversiegelung zu in Deutschland Mischkanalisationen sind, tritt beachten, die das Versickern von Niederschlags- nicht bloß das Regenwasser, sondern auch das wasser in das Grundwasser verhindert. Zum an- Abwasser aus den Kanälen aus und steht auf der deren stellen der Flussausbau und besonders Straße. Hierdurch kann es zu der Verbreitung von die Flussbegradigung einen weiteren großen Ein- Krankheiten kommen. Auch kann zur Entlastung griff in den Naturhaushalt mit möglichen negati- der Kanalsysteme ein Teil des Wassers in die Vor- ven Folgen dar (LFU Bayern 2012a). Hierdurch flut abgeleitet werden, wobei dieses Wasser häu- kommt es beispielsweise zu schnellen und hohen fig noch nicht behandelt ist. Handelt es sich also 17 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Relevanz des Themas „Hochwasser“ der Stadt Braunschweig

dem lebt die Wirtschaft solcher Küstengebiete häufig vom Tourismus, der nach einem solchen Ereignis stark zurückgeht. Somit spitzt sich auch immer die wirtschaftliche Situation des betroffe- nen Landes zu (Zingel 2005, S. 3).

Um diesen Folgen weitestgehend entgegen- zuwirken, sollte sowohl vorbeugender Hoch- wasserschutz als auch weitergehende Hoch- Abbildung 2: Überlaufen von Gullys führt zu überfluteten Straßen wassernachsorge betrieben werden. Um die Verantwortlichkeiten hierfür zu bestimmen und die um eine Mischkanalisation, wird auch Abwasser Belange des Hochwasserschutzes rechtlich zu re- ohne Reinigung in die Flüsse geleitet, was zu Um- geln, gibt es verschiedene Gesetze, Vorschriften weltverschmutzung führt. und Richtlinien. Diese sind auf unterschiedlichen Oftmals werden bei einem Hochwasserereignis Ebenen verankert. Der Hochwasserschutz in Nie- Gebäude geflutet. Dabei können nicht nur durch dersachsen wird zum einen auf der EU-Ebene, übertretendes Oberflächenwasser Schäden ent- zum anderen auf der Bundesebene und zuletzt auf stehen, sondern auch durch steigendes Grund- der Landesebene geregelt (Niedersächsisches wasser, welches von unten in ein Gebäude ge- Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz drückt werden kann. Besonders gefährdet sind 2012a). Um einen Einblick in die Relevanz des auch jene Gebäude, die in Hang- und Muldenla- Themas „Hochwasser“ in den rechtlichen Grund- gen liegen. Diese werden zusätzlich zu möglichen sätzen und ein tieferes Verständnis für die Zustän- Überschwemmungen und Grundwasserschäden digkeiten zu erlangen, soll in dem folgenden Un- von Schlammlawinen bedroht, welche durch die terkapitel kurz auf die einzelnen Gesetze und ihre Abtragung von Erde durch Starkregen entstehen Entstehung eingegangen werden. Genauer soll (Buckley et al. 2009, S. 140-142). dabei die Hochwasserrisikomanagementrichtli- nie (HWRM-RL) der EU betrachtet werden, da in Zusätzlich zu vielen privaten Sach- und Perso- dieser die grundlegenden und wichtigsten Maß- nenschäden kann es außerdem zu Schäden an nahmen zum Hochwasserschutz geregelt sind. städtischen Infrastrukturen kommen, sodass ein Um die Inhalte und die Umsetzung der HWRM-RL reibungsloser Ablauf des städtischen Alltags nicht zu verdeutlichen, wird es eine Zusammenfassung mehr gewährleistet ist und hohe Reparaturkosten der 2010 veröffentlichten „Empfehlungen zur Auf- entstehen (ebenda). stellung von Hochwasserrisikomanagementplä- In küstennahen Gebieten kann es bei Naturkata- nen“ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Was- strophen, wie durch Seebeben ausgelöste Tsuna- ser (LAWA) geben. mis, zu der Zerstörung ganzer Küstenregionen kommen. Als Beispiel hierfür sei die Katastrophe in Japan im Jahr 2011 genannt. Ein solches Ereig- 2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen nis fordert meist viele Todesopfer, aber auch die 2.2.1 EU-Recht Lebensumstände der Überlebenden ändern sich drastisch, da durch die Sturmflut ihre Häuser bzw. Auf der EU-Ebene gibt es einerseits die Wasser- ihre Arbeitsplätze zerstört werden und die städti- rahmenrichtlinie (WRRL), welche alle Belange der schen Infrastrukturen zusammenbrechen. Außer- europäischen Gewässer aufgreift und „zur Schaf- 18 Relevanz des Themas „Hochwasser“

fung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen wesentliche Ziele. Neben dem Schutz und der der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik“ Verbesserung der aquatischen Ökosysteme, einer (WRRL, S. 1) dient. Andererseits gibt es die Hoch- langfristig nachhaltigen Wassernutzung, der Stär- wasserrisikomanagementrichtlinie (HWRM-RL), kung des Gewässerschutzes durch spezifische die innerhalb der Europäischen Union zur Bewer- Maßnahmen, die zur Reduzierung oder Beendi- tung und zum Management von Hochwasserrisi- gung von Einleitungen, Emissionen und Verlusten ken dient und den EU-Mitgliedsstaaten bestimm- von prioritären gefährlichen Stoffen führen und der te Auflagen macht. Die HWRM-RL wurde aus der Reduzierung bzw. Vermeidung der Grundwasser- WRRL entwickelt, auch ist eine Koordination der ver¬schmutzung, sollen auch die Auswirkungen HWRM-RL mit der WRRL vorgesehen (BMU 2009). von Überschwemmungen und Dürren gemindert werden (BMU 2011). Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) Da die WRRL nicht zu allen Themen allgemeine Die WRRL wurde im Jahr 2000 vom Europäischen Festsetzungen beinhaltet, wurden aus der WRRL Parlament verabschiedet und trat am 22. Dezem- weitere Richtlinien entwickelt, um den einzelnen ber 2000 in Kraft, nachdem die Europäische Kom- Zielen Rechnung zu tragen. Die Richtlinie, die die mission Mitte der 90er Jahre feststellte, dass die Belange des Hochwasserschutzes aufgreift, ist Wassernachfrage in der EU in Bezug auf Qualität die Hochwasserrisikomanagementrichtlinie. und Quantität immer weiter ansteigt (BMU 2011). Aus dieser Erkenntnis empfahlen sich ein beson- Die Hochwasserrisikomanagementrichtlinie derer und schonender Umgang mit der wertvol- (HWRM-RL) len Ressource und eine EU-weite Regelung. Die Die HWRM-RL wurde im Jahr 2007 vom Euro- WRRL gilt verpflichtend für alle EU-Mitgliedsstaa- päischen Parlament und dem Europäischen Rat ten und ist ein integrativer Konzeptansatz zur verabschiedet und trat am 26. Juli 2007 in Kraft. nachhaltigen Bewirtschaftung von Gewässern, Anlass für die HWRM-RL waren die im letzten der zu einem „guten Zustand“ oder wenigstens Jahrzehnt vermehrt auftretenden Hochwassere- zum Erreichung eines „guten Potentials“ reignisse in Europa, die zu Sachschäden in Mil- Oberflächengewässer bis 2015 führen soll. Bis liardenhöhe und zum Verlust vieler Menschenle- Ende des Jahres 2003 musste diese Richtlinie in ben führten (BMU 2009). Die Notwendigkeit einer den nationalen Gesetzen aller Mitgliedsländer im- übergeordneten Richtlinie ergab sich aus der Tat- plementiert werden (Niedersächsisches Ministeri- sache, dass fast alle europäischen Flüsse mehre- um für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012b). re Staaten durchfließen. Durch die übergeordnete Zudem sind auch Nicht-EU Länder an der WRRL Regelung soll eine Verbesserung der präventiven beteiligt, da der Gewässerschutz eine länderüber- Ma߬nahmen für den Hochwasserschutz herbei- greifende Angelegenheit ist, diese sind jedoch geführt werden, um so die Hochwasserschäden nicht zur Einhaltung und Umsetzung der Richtlinie minimieren zu können, außerdem soll ein nach- verpflichtet. In Deutschland wurde die WRRL im haltiges und übergreifendes Risikomanagement Deutschen Wasserhaushaltsgesetz (WHG) imple- in Europa gewährleistet werden. Die HWRM-RL ist mentiert, dieses wurde der WRRL entsprechend für die EU-Mitgliedsländer bestimmt, in Deutsch- abgeändert und ist im Jahr 2002 als Neufassung land wurden die Inhalte der Richtlinie im Jahr 2009 in Kraft getreten (BMU 2011). in das WHG integriert. Die Richtlinie dient als Ordnungsrahmen für den Ziel der HWRM-RL ist nicht eine generelle Verhin- Gewässerschutz in Europa und beinhaltet fünf derung von Hochwasser, denn dieses kann für 19 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Relevanz des Themas „Hochwasser“ der Stadt Braunschweig den Naturhaushalt an Flüssen sehr wichtig sein. Grundwasser und von Oberflächengewässern Das Ziel ist stattdessen, die hochwasserbeding- festgesetzt, es wird vorgeschrieben, wie diese ten Risiken für verschiedene Schutzgüter zu ver- zu nutzen und auch zu schützen sind. Des Wei- ringern (FGG 2012). Besonders wird hierbei teren gibt es Bestimmungen über die wasserwirt- auf die Schutzgüter „Menschliche Gesundheit“, schaftliche Planung, den Gewässerausbau und „Umwelt“, „Kulturerbe“ und „wirtschaftliche Tä- den Hochwasserschutz. Vor der Föderalismusre- tigkeiten“ eingegangen (Niedersächsisches Mi- form 2006 war das WHG ein Rahmengesetz des nisterium für Umwelt, Energie und Klimaschutz Bundes und wurde von den Wassergesetzen der 2012c). Um dieses Ziel erreichen zu können, ist Länder ausgefüllt. Mit dem neuen WHG wurden die Richtlinie in drei Handlungsstufen unterteilt erstmals auf Bundesebene einheitliche Vorgaben und zeitlich festgesetzt. Bis Dezember 2011 sollte über die oben genannten Belange gemacht (BMU eine vorläufige Bewertung der Hochwasserrisiken 2010). in den Flussgebietseinheiten Europas erstellt wor- In Kapitel 3 des WHGs sind „besondere was- den sein, bis Dezember 2013 sollen Gefahren- serwirtschaftliche Bestimmungen“ festgelegt, und Risikokarten für die Hochwasserrisikogebiete zu denen auch der Hochwasserschutz zählt. In entwickelt werden und bis Dezember 2015 sollen Abschnitt 6 „Hochwasserschutz“ werden recht- Hochwassermanagementpläne für die Risikoge- liche Definitionen und Vorschriften zu den The- biete aufgestellt werden (BMU 2009). Dadurch men „Hochwasser“, „Bewertung von Hoch- sollen in Hochwasserrisikogebieten neue Risiken wasserrisiken, Risikogebiete“, „Gefahrenkarten vermieden und bestehende Risiken reduziert so- und Risikokarten“, „Risikomanagementpläne“, wie die Folgen von Hochwasserereignissen wäh- „Überschwemmungsgebiete an oberirdischen rend und nach einem Hochwasser gemindert wer- Gewässern“, „Rückhalteflächen“, „Besondere den (LAWA 2010, S.10). Schutzvorschriften für festgesetzte Überschwem- mungsgebiete“, „Information und aktive Beteili- gung“, „Koordinierung“ und „Vermittlung durch die 2.2.2 Bundesrecht Bundesregierung“ getroffen. Die in der HWRM-RL Um auf der Bundesebene die Belange von Ge- festgesetzten Arbeitsschritte und deren zeitliche wässern und auch die Belange des Hochwasser- Fristen wurden in die §73 - §75 WHG („Bewertung schutzes zu regeln, wurde das deutsche Was- von Hochwasserrisiken, Risikogebiete“, „Gefah- serhaushaltsgesetz (WHG) entwickelt. Es ist der renkarten und Risikokarten“ und „Risikomanage- Hauptbestandteil des deutschen Wasserrechtes mentpläne“) implementiert (§ 72 - § 81 WHG). und gilt als Vorschrift für alle Bundesländer.

Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) 2.2.3 Landesrecht Niedersachsen Das WHG ist das Gesetz zur Ordnung des Was- Das bundesweite WHG wird auf der Landesebene serhaushaltes und hat als Bundesgesetz für die von den Landeswassergesetzen ergänzt und kon- gesamte Bundesrepublik Deutschland Geltung. kretisiert. In Niedersachsen gilt das Niedersäch- Die erste Fassung des WHGs trat 1957 in Kraft, sische Wassergesetz (NWG), welches das WHG die neuste Fassung ist vom 31. Juli 2009 und trat um Vorschriften zum Verfahren und den Zustän- überwiegend am 01. März 2010 in Kraft. Die Letz- digkeiten der Behörden vervollständigt. Des Wei- te Änderung im WHG fand im Februar 2012 statt teren gibt es auf der niedersächsischen Landese- (WHG, S. 1). Im WHG ist die Bewirtschaftung von bene das Niedersächsische Deichgesetz (NDG), 20 Relevanz des Themas „Hochwasser“

welches die Rechtsverhältnisse von Deichen und dersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie Sperrwerken regelt (Niedersächsisches Ministeri- und Klimaschutz 2011) Es trat erstmals im April um für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012a). 1963 in Kraft, die neuste Fassung ist vom 23. Fe- bruar 2004 und die letzte Änderung innerhalb des Das Niedersächsische Wassergesetz (NWG) Gesetzes fand im Oktober 2011 statt. Im NDG Zeitgleich mit der Erneuerung des WHG wurde im werden Vorschriften über Hauptdeiche, Hoch- Februar 2010 das Gesetz zur Neuregelung des wasserdeiche, Sperrwerke, Schutzdeiche und Niedersächsischen Wasserrechts erlassen (NWG, Schutzdünen, Deichvorland und Sicherungsstrei- S. 1). Das NWG dient der Festsetzung von Vor- fen, Eigentum, Deichverteidigung, Notdeiche und schriften für die Bewirtschaftung von Gewässern. zweite Deichlinie, Behörden, Deichaufsicht und Außerdem dient es der Umsetzung des WHGs und Bußgeldbestimmungen sowie Übergangs- und verschiedener Richtlinien über Umweltverträglich- Schlussbestimmungen getroffen. Die Umsetzung keitsprüfungen bei bestimmten öffentlichen und des Gesetzes erfolgt zum einen durch die oberste privaten Projekten, über integrierte Vermeidung Deichbehörde, die das Fachministerium darstellt, und Verminderung der Umweltverschmutzung, und zum anderen durch die unteren Deichbehör- über die Schaffung eines Ordnungsrahmens für den, deren Aufgaben von den Landkreisen, den Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der kreisfreien Städten und den großen selbständigen Wasserpolitik und über Dienstleistungen im Bin- Städten wahrgenommen werden (§ 30 NDG). nenmarkt. Es gilt in ganz Niedersachsen und wird von der obersten Wasserbehörde als Fachminis- terium und von der unteren Wasserbehörde in den 2.2.4 Empfehlungen zur Aufstellung von Hoch- Landkreisen, kreisfreien Städten und großen selb- wasserrisikomanagementplänen ständigen Städten umgesetzt (§ 127 NWG). Wie bereits erwähnt, hat die HWRM-RL interna- Im NWG werden im fünften Abschnitt Regelun- tional eine große Bedeutung für den Hochwas- gen zu „Gewässerausbau, Deich-, Damm- und serschutz. Um die Umsetzung der innerhalb der Küstenschutzbauten“ und im sechsten Abschnitt HWRM-RL gemachten Richtlinien zu unterstützen, zum „Hochwasserschutz“ getroffen. In den § 107 - veröffentlichte die Bund/Länder-Arbeitsgemein- § 116 NWG werden Grundsätze, Erfordernisse der schaft Wasser (LAWA) im März 2010 Empfehlun- Planfeststellung und Plangenehmigung, anwend- gen zur Umsetzung der HWRM-RL. In dieser Emp- bare Vorschriften und Verfahren, Verpflichtungen fehlung werden sowohl die Inhalte der HWRM-RL zum Ausbau, Auflagen, Entschädigungen und zusammengefasst als auch Vorgaben für die Auf- Widersprüche, die Benutzung von Grundstücken, stellung von Hochwasserrisikomanagementplä- Vorteilsausgleiche, Überschwemmungsgebie- nen (HWRM-Pläne) gegeben. Im Folgenden soll te an oberirdischen Gewässern und besondere es eine Zusammenfassung der Inhalte dieses Be- Schutzvorschriften für festgesetzte Überschwem- schlusses geben. mungsgebiete festgelegt (§ 107 - § 116 NWG). Im ersten Kapitel des Beschlusses werden Ziele, Das Niedersächsische Deichgesetz (NDG) Aufgaben und Zeitplan der HWRM-RL erläutert. Da auf die wesentlichen Dinge schon in Kapitel „Das Niedersächsische Deichgesetz (NDG) regelt 2.2.1 eingegangen wurde, sollen hier nur zusätz- u.a. die Bestimmung, das Eigentum, die Widmung, liche Informationen gegeben werden. Wie oben die Abmessungen und Bestandteile […] [von Dei- erwähnt, sieht die HWRM-RL einen dreistufigen chen] sowie die Träger der Deicherhaltung.“ (Nie- Zeitplan vor, dessen Ergebnisse mit den Anfor- 21 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Relevanz des Themas „Hochwasser“ der Stadt Braunschweig derungen der WRRL abgestimmt und koordiniert die nach der vorläufigen Bewertung ein poten- werden müssen. Die HWRM-RL soll zur Unterstüt- ziell signifikantes Hochwasserrisiko […] [aufwei- zung der „schon in den Hochwasserschutzstrate- sen].“ (LAWA 2010, S. 8-9) Ist eine Flussgebiet- gien der Bundesländer festgelegten Ziele“ dienen, seinheit grenzüberschreitend, soll, wenn möglich, daher soll auch die Umsetzung der Hochwasser- ein gemeinsamer HWRM-Plan erstellt werden. schutzkonzepte bzw. -pläne der Länder ohne Ver- Die HWRM-Pläne bauen auf der vorläufigen Be- zögerung fortgeführt werden (LAWA 2010, S. 8). wertung des Hochwasserrisikos und den zuvor Zu der Festsetzung angemessener Ziele und der erstellten Gefahren- und Risikokarten auf und Umsetzung von Maßnahmen sollen alle Betrof- beinhalten Zielsetzungen für das Hochwasserrisi- fenen und Verantwortlichen im Geltungsbereich komanagement sowie zur Umsetzung von dazu eines HWRM-Plans beitragen. Außerdem wurde dienlichen Maßnahmen in Rangreihenfolge. eine Erneuerung der Pläne nach jeweils sechs Das dritte Kapitel des Beschlusses widmet sich Jahren festgesetzt. dem Hochwasserrisikomanagement. Genau- Das zweite Kapitel behandelt die Anforderungen er wird hierbei auf Definition und Ziele sowie die der HWRM-RL an Hochwasserrisikomanage- Schutzgüter gemäß EG-Richtlinie eingegangen mentpläne. „HWRM-Pläne sollen alle Aspekte des und es wird eine „Einordnung in bisherige Stra- Hochwasserrisikomanagements berücksichtigen tegien der LAWA und der LAWA-Handlungsbe- […] [und] werden auf der Ebene der Flussge- reiche“ vorgenommen (LAWA 2010, S. 11). Bei bietseinheiten für […] [jene] Gebiete aufgestellt, der Definition bzw. den Zielen heißt es, dass „ein

Bau- Risiko- Technischer vorsorge vorsorge Vorbereitung Hochwasserschutz Gefahrenabwehr und Katastrophenschutz Natürlicher Wasserrückhalt Verhaltensvorsorge

Flächenvorsorge VORSORGE Informationsvorsorge

Auswertung HOCHWASSEREREIGNIS

BEWÄLTIGUNG REGENERATION Wiederaufbau Abwehr

Aufbauhilfe Hilfe für die Betroffenen Auswertung

Abbildung 3: Hochwasserrisikomanagement-Zyklus 22 Relevanz des Themas „Hochwasser“

nachhaltiges Hochwasserrisikomanagement im Das vierte Kapitel handelt von der Zusammenar- Sinne der Richtlinie […] den gesamten Vorsorge-, beit zwischen den beteiligten Stellen und Akteu- Gefahrenabwehr- und Nachsorgezyklus [umfasst] ren, die bei der Aufstellung eines HWRM-Plans und […] somit alle Phasen vor, während und nach mitwirken. Diese sind in Abbildung 4 dargestellt einem Hochwasser“ einbezieht (LAWA 2010, S. und werden von der Wasserwirtschaftsverwaltung 9). Wie in Abbildung 3 zu erkennen ist, bestehen koordiniert. Alle diese Akteure sind frühzeitig zu diese Phasen aus Vorsorge, Bewältigung und Re- beteiligen; gibt es eine Überschneidung der Zu- generation und umfassen jeweils mehrere einzel- ständigkeiten verschiedener Akteure, müssen so- ne Aspekte. wohl Ziele als auch Maßnahmen im gegenseitigen Einverständnis festgelegt werden (LAWA 2010, S. Bei den Schutzgütern handelt es sich, wie be- 15-17). reits in Kapitel 2.2.1 erwähnt, um die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe und die wirtschaftliche Tätigkeit. Bei der Einordnung der Vorgaben der HWRM-RL für HWRM-Pläne wird Kommunale Planung eine vorwiegende Übereinstimmung mit den LA- Gefahren- WA-Leitlinien von 1995 und darauf aufbauenden Raum- abwehr/ ordnung Katastrophen- Veröffentlichungen der LAWA festgestellt. Laut schutz der „Strategie zur Umsetzung der Hochwasser- risikomanagement-Richtlinie“, welche die LAWA Wasser- 2008 veröffentlicht hat, gibt es verschiedene As- wirtschaft Naturschutz pekte, die bei der Planung von Maßnahmen in Betroffene HWRM-Plänen angewendet werden sollen (LAWA 2010, S. 7). Diese unterteilen sich in vier Kate- gorien und beinhalten jeweils mehrere Aspekte. Land-/Forst- Versicherungs- wirtschaft Die erste Kategorie dient der Vermeidung neu- wirtschaft er Risiken in einem Hochwasserrisikogebiet und umfasst sowohl die Flächenvorsorge als auch Abbildung 4: Mitwirkende Stellen und Akteure bei der Auf- den natürlichen Wasserrückhalt. In der zweiten stellung von HWRM-Plänen Kategorie geht es darum, bestehende Risiken in einem Hochwasserrisikogebiet zu reduzieren. Dies soll durch technischen Hochwasserschutz, Bauvorsorge, Risikovorsorge, Verhaltensvorsor- ge, Informationsvorsorge sowie die Vorbereitung von Gefahrenabwehr und Katastrophenschutz geschehen. Ein weiterer Handlungsbereich ist die Bewältigung des Hochwasserereignisses, welcher der Kategorie der Reduktion von nachtei- ligen Folgen während eines Hochwassers ange- hört. Die letzte Kategorie umfasst die Reduktion von nachteiligen Folgen nach einem Hochwasser, welche die Nachsorge, also die Aufbauhilfe und den Wiederaufbau, beinhaltet (ebenda, S. 11-12). 23 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Relevanz des Themas „Hochwasser“ der Stadt Braunschweig

Das fünfte Kapitel widmet sich der Aufstellung von Umsetzung eine Unterteilung in Teileinzugsgebie- HWRM-Plänen. In Abbildung 5 sind die grundle- te vorgenommen werden. Weiterhin müssen die genden Schritte zur Aufstellung eines HWRM- in Abbildung 4 dargestellten Akteure und andere Plans dargestellt. Zudem werden einzelne As- interessierte Stellen während der Aufstellung der pekte der Umsetzung in Unterkapiteln vertieft. Pläne beteiligt werden. Sowohl die erste Bewer- Dabei geht es zum einen um den räumlichen Gel- tung des Hochwasserrisikos als auch die Gefah- tungsbereich eines HWRM-Plans, der auch gren- ren- und Risikokarten und der HWRM-Plan müssen züberschreitend sein kann. Auch wenn Ziele und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Maßnahmen mitgliedsstaatenübergreifend koor- Bei der Festlegung von angemessenen Zielen für diniert werden müssen, kann für die praktische das Hochwasserrisikomanagement sind die be-

Abgrenzung von Gebieten mit Schlussfolgerung potenziell signifikantem aus der vorläufigen Bewertung und Hochwasserrisiko den Gefahren- und Risikokarten (Art. 4 und 5 HWRM-RL)

Formulierung angemessener Ziele

Erstellung von Gefahrenkarten für Hochwasser mit geringer, mittlerer und hoher Wahrscheinlichkeit (Art. 6 Abs. 1 bis 4 HWRM-RL) Ist-Ziel-Vergleich

Identifizierung möglicher Erstellung von Risikokarten mit Maßnahmen Einwohnern, wirtschaftlichen Tätigkeiten, IVU-Anlagen, Schutzgebieten (Art. 6 Abs. 5 HWRM-RL) Maßnahmenplanung (Rangfolge, Umsetzungszeiträume, Verantwortlichkeiten)

Erstellung des Managementplans Dokumentation im (Art. 7 HWRM-RL) Hochwasserrisikomanagementplan

Abbildung 5: Aufstellungsprozess eines Hochwasserrisikomanagementplans

24 Relevanz des Themas „Hochwasser“

teiligten Stellen bzw. Akteure, die für die jeweilige Nach der Verdeutlichung der Wichtigkeit und Prä- Umsetzung der Ziele zuständig sind, mit einzube- senz des Themas „Hochwasser“ im Allgemeinen, ziehen. Um daraufhin mögliche Maßnahmen zu soll im nächsten Kapitel darauf eingegangen wer- entwickeln, ist ein Ist-Ziel-Vergleich anzustellen, den, warum und wie dieses Thema in der Stadt also eine Zustandsbewertung. Im nächsten Unter- Braunschweig eine Rolle spielt. kapitel des Beschlusses der LAWA wird auf die Identifizierung möglicher Maßnahmen eingegan- gen. Hierfür wurde ein Katalog erstellt, der die in 2.3 Historie der Hochwasserereignisse in Abbildung 5 dargestellten Handlungsbereiche in Braunschweig Teilbereiche untergliedert. Außerdem werden „die 2.3.1 Hochwasserereignisse in Braunschweig im Rechtsgrundlagen, die zuständigen Akteure, […] 20. Jahrhundert [der] Umfang einer durchzuführenden Bestand- serhebung, Beispiele für angemessene Maßnah- In Braunschweig gab es während des letzten men zur Erreichung der angemessenen Ziele und Jahrhunderts immer wieder Hochwasserereignis- Kriterien für die Festlegung der zeitlichen Rangfol- se, die die Relevanz des Themas „Hochwasser- ge der Umsetzung“ benannt (LAWA 2010, S. 21). schutz“ verdeutlichen. Auch ist aus historischen Nach der Entwicklung der Maßnahmen müssen Aufzeichnungen bekannt, dass in Braunschweig diese in eine Rangreihenfolge gebracht werden, etwa alle 100 Jahre ein schweres Hochwasserer- außerdem muss die Zuständigkeit geklärt und ein eignis stattfindet. Die frühesten bisher bekannten Zeitrahmen gesetzt werden. Wie bereits oben er- Aufzeichnungen gehen dabei bis in das Jahr 1342 wähnt, müssen die Ergebnisse des HWRM-Plans zurück (Stadt Braunschweig Tiefbauamt 1976, S. mit den Inhalten der WRRL und anderen Richtli- 7). Auch im 20. Jahrhundert fanden hier in den nien abgeglichen werden. Auch muss die Über- Jahren 1946, 1994 und 1998 drei nennenswerte wachung der Umsetzung des Plans geregelt sein. Hochwasser statt. Die Aufzeichnungen über die- Die LAWA macht in ihrer Empfehlung auch einen se Ereignisse sind relativ spärlich und beziehen Vorschlag für die Gliederung eines HWRM-Plans, sich zumeist nur auf den Fluss , der in Braun- der zusammengefasst wie folgt aussieht: schweig das größte „Überschwemmungspotenti- al“ aufweist. Um aber die Aktualität des Themas 1. Einführung „Hochwasser“ in Braunschweig zu verdeutlichen, 2. Bewertung des Hochwasserrisikos soll im Folgenden kurz auf diese Ereignisse ein- 3. Beschreibung der Hochwassergefahr und gegangen werden. Weitere Hochwasser fanden in des Hochwasserrisikos den Jahren 1918, 1926, 1932 und 1947 statt (Höl- 4. Beschreibung der festgelegten scher 2008, S. 98). Da hierüber aber kaum Auf- angemessenen Ziele zeichnungen bestehen, soll auf diese Ereignisse 5. Zusammenfassung der Maßnahmen und nicht weiter eingegangen werden. Anschließend deren Rangfolge soll das größte Hochwasserereignis in der Stadt 6. Einbeziehung der interessierten Stellen Braunschweig im 21. Jahrhundert aus dem Jahr und Information der Öffentlichkeit 2002 genauer betrachtet werden. Auf das Hoch- Im sechsten Kapitel wird noch darauf aufmerksam wasserereignis, das sich im Jahr 2003 ereignete, gemacht, dass für die HWRM-Pläne eine Strategi- soll nicht weiter eingegangen werden. sche Umweltprüfung durchzuführen ist. Das letzte Kapitel unterstreicht noch einmal die Bedeutung der Information der Öffentlichkeit. 25 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Relevanz des Themas „Hochwasser“ der Stadt Braunschweig

Das Hochwasser 1946 schwemmt (Stadt Braunschweig o.J.a).

Im Februar 1946 kam es durch starke Nieder- Das Hochwasser 1998 schlagsereignisse in fast ganz Nordwestdeutsch- Im Oktober und November 1998 kam es im Ein- land zu großen Überschwemmungen. Im Binnen- zugsgebiet von Weser, Aller und Leine zu Hoch- land fiel innerhalb von sieben Tagen die zwei- bis wasser und daraus resultierenden Überschwem- dreifache Monatsmenge an Niederschlag; da- mungen. Auch die Stadt Braunschweig war von durch erreichte die Oker den höchsten bis dahin diesem Hochwasserereignis betroffen. Da der Ok- gemessenen Abflusswert, welcher ca. 140 m³/s tober als ein Monat galt, in dem so gut wie keine betrug (BS|ENERGY 2012). Als Vergleichswert ist Hochwasserereignisse auftreten, kam das Hoch- anzugeben, dass der Abfluss normalerweise bei wasser überraschend. Ausgelöst wurde es durch ca. 7 m³/s liegt. Da der Boden durch den Win- die für diese Jahreszeit ungewöhnlich hohen Nie- ter gefroren war, konnte das Wasser kaum ver- derschlagsmengen. In Niedersachen und auch in sickern, die natürlichen Retentionsflächen waren der Stadt Braunschweig fiel im Oktober die drei- bald aufgefüllt und es kam zu einem plötzlichen bis vierfache Monatsmenge an Niederschlag. „Regenhochwasser“. Dazu kam, dass sich im Weitere Gründe für die Überschwemmungen Gewässer und auch zum Teil unter den Brücken waren die in der Vergangenheit vorgenommenen Kriegstrümmer befanden, die das Wasser weiter anthropogenen Veränderungen im Einzugsgebiet aufstauten (mündliche Auskunft der Stadt Braun- der Oker. Hierzu zählen zum Beispiel Flussbegra- schweig 2012). In Braunschweig In Braunschweig digungen und Flächenversiegelungen sowie ge- standen große Teile der Innenstadt unter Wasser, änderte landwirtschaftliche Nutzungen und Kies- die ersten Überflutungen wurden am 08. Febru- abbau. Außerdem kam es zu einer zunehmenden ar beobachtet; am 10. und 11. Februar sank das Bebauung in den Überschwemmungsgebieten, Wasser in der Innenstadt wieder ab (Stadt Braun- sodass diese bei dem Hochwasser nicht als Re- schweig Tiefbauamt 1976, S. 10). tentionsflächen genutzt werden konnten. Durch Das Hochwasser 1994 das Hochwasser kam es unter anderem durch hochwasserbedingte Ernteausfälle zu erheblichen Mitte April des Jahres 1994 kam es in Braun- Schäden in der Landwirtschaft (NLWKN 2012). schweig zum stärksten Hochwasser seit 1946 (Stadt Braunschweig o.J.a). Der Abfluss der Oker erreichte einen Wert von ca. 150 m³/s (Jonscher 2.3.2 Das Hochwasser 2002 2010), was sogar den Abflusswert des Hochwas- serereignisses aus dem Jahr 1946 übertraf. Die Im Zeitraum des 16.-24. Juli 2002 kam es erneut zu hohen Abflusswerte wurden dadurch erreicht, einem Jahrhunderthochwasser in Braunschweig. dass zusätzlich zu den vorhandenen hohen Vor- Ursachen hierfür waren Starkregenereignisse im landabflüssen aus dem Vorharzgebiet die Oker- Harz und auch in Braunschweig selber, die vom talsperre im Harz ausgelastet war und kein Was- 16. bis 18. Juli 2002 stattfanden. Das Hochwas- ser mehr aufnehmen konnte. Durch die hohen serereignis fiel in eine vegetationsstarke Zeit, was Abflussmengen trat das Wasser über die Ufer, bedeutet, dass die Vorfluter durch den Bewuchs die ganze Okeraue kam einer Seenplatte gleich. in und am Gewässer, durch bewachsene Störbau- Bei dem Hochwasserereignis wurden unter an- werke und durch Treibgut weniger leistungsfähig derem die Mühle Rüningen und die Gießerei des waren und so die Pegelstände durch verzöger- Braunschweiger Hüttenwerks in Melverode über- ten Abfluss in den Gewässern aufgehöht wurden. 26 Relevanz des Themas „Hochwasser“

Der Abfluss der Oker erreichte einen Wert von ca. reichen musste auch die Stromversorgung abge- 90 m³/s (Jonscher 2010), in dem Fluss schaltet werden. Auch pumpte die Feuerwehr aus lag der Wert bei etwa 40 m³/s, was rund 12.000 überlasteten Kanälen Regenwasser ab. Am 18. Badewannenfüllungen pro Minute entspricht und Juli wurden zwischenzeitlich vier Abschlagswehre der höchste je gemessene Wert der Schunter ist geöffnet, um das Hochwasser so weit wie mög- (BS|ENERGY 2012). In Braunschweig wurde an lich zu regulieren. Auch als das Hochwasser zu- der Messstation im Bürgerpark im Zeitraum von rückging, waren noch viele Hilfskräfte im Einsatz, 48 Stunden eine Niederschlagshöhe von 172 mm um Keller auszupumpen, Kanalverstopfungen zu gemessen, zeitweise fielen sogar 80 mm inner- beseitigen, Gebäude und Straßen von Schlamm halb von acht Stunden (Stadt Braunschweig o. zu befreien, Sandsäcke und Sperrmüll abzuholen J.b, S. 4). Die Wasserschäden, die im gesamten und Teile der Wabe zu entschlammen. Außerdem Stadtgebiet auftraten, hatten ein Ausmaß wie seit wurden „zur Hochwasserüberwachung […] in der vielen Jahrzehnten nicht mehr. „Schwerpunkte der Wabe und der Mittelriede zusätzliche Pegel instal- Wasserschäden waren zunächst die Innenstadt, liert.“ (Stadt Braunschweig o.J.b, S. 20) die Bereiche nahe der Oker, im weiteren Verlauf Zusammenfassend kann also gesagt werden, das westliche Ringgebiet, der Bereich um den dass das Thema Hochwasser eine hohe Rele- Schölkegraben, Stöckheim, Rüningen, Leiferde, vanz in Bezug auf verschiedene Aspekte aufweist. Timmerlah, die Weststadt und in den folgenden Wie die Erweiterungen in den rechtlichen Rah- Tagen die Bereiche Kälberwiese, Wenden, Eber- menbedingungen zeigen, ist die Bedeutung von tallee, Querum, Schuntersiedlung und Rühme. Hochwasser auch in der jüngsten Vergangenheit Insgesamt mussten durch die Integrierte Leitstelle gestiegen, sowohl national als auch international. der Feuerwehr 2.218 Einsätze zur Gefahrenabwehr Die Tatsache, dass es in Zukunft vermehrt zu Star- durch Hochwasser und eindringenden Starkregen kregenereignissen und damit einhergehenden abgewickelt werden.“ (Stadt Braunschweig o.J.b, Überschwemmungen kommen wird, verdeutlicht S. 9) Zu Personenschäden kam es nicht. die wachsende Relevanz zusätzlich. Da städti- Auch im Bereich der Wabe und Mittelriede kam sche Gebiete durch ihre räumliche Agglomeration es zu vielen Überschwemmungen. An den beiden und durch fehlende Retentionsflächen besonders Gewässern befinden sich insgesamt 6 Pumpwer- gefährdet sind, ist es wichtig, dass das Thema ke, die während des Hochwassers fast alle mehr- Hochwasser auch in der Stadtplanung an Bedeu- mals Hochwassermeldungen absetzten. „Am 19. tung gewinnt. Auch in der Stadt Braunschweig Juli 2002 gegen 19:00 Uhr erreichten die Wabe muss die Bauleitplanung in Bezug auf das Thema und die Mittelriede den höchsten Pegelstand.“ „Hochwasser“ angepasst werden. Dabei hat die (Stadt Braunschweig o.J.b, S. 19) Die Feuerwehr Stadtplanung aber nicht nur die Aufgabe, plane- musste zahlreiche Keller entlang der Wabe/Mit- rische Grundlagen zu verändern, sondern auch, telriede auspumpen, einige Grundstücke wurden zwischen Vertretern der Politik, der Wirtschaft und mit Schlamm von den angrenzenden Feldern der Bevölkerung zu vermitteln. Sie muss den Be- überschwemmt, Vieh musste von überschwemm- teiligten die Problematik vor Augen führen und ten Wiesen in höher gelegene Gebiete gebracht einen gemeinsamen Lösungsprozess anregen. werden, viele an die Wabe/Mittelriede angrenzen- Dabei sollten auch integrierte und kombinierte Lö- de Straßen wurden mit Sandsäcken gesichert, es sungsansätze gefunden werden, um gleichzeitig wurden Stege aufgebaut, damit die Anwohner zu mit dem Hochwasserschutz auch andere Belange ihren Häusern gelangen konnten, und in Teilbe- zu berücksichtigen, wie beispielsweise den öko- 27 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Relevanz des Themas „Hochwasser“ der Stadt Braunschweig logischen Zustand der Gewässer. Hierfür ist es wichtig, dass die verschiedenen Institutionen und Behörden der Stadt Braunschweig zusammenar- beiten, wie zum Beispiel die Abteilung Stadtpla- nung und die Abteilung Umweltschutz. Wie das nächste Kapitel zeigen wird, müssen dabei unter- schiedliche Aspekte beachtet werden.

28 Relevanz des Themas „Hochwasser“

29 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Bestandsaufnahme der Gewässer Wabe/Mittelriede der Stadt Braunschweig

3. Bestandsaufnahme der Gewässer WRRL ist und deshalb nicht außer Acht gelassen Wabe/Mittelriede werden sollte.

3.1 Erläuterung zur Auswahl der Gewässer Wabe/Mittelriede 3.2 Örtliche Gegebenheiten Da es den Rahmen dieser Arbeit sprengen wür- 3.2.1 Lage und Flussverlauf de, Untersuchungen in Bezug auf alle Flüsse der Stadt Braunschweig anzustellen, soll dies im wei- Im folgenden Abschnitt sollen Informationen zur teren Verlauf der Arbeit beispielhaft an den Ge- geographischen Lage, zum Flussverlauf sowie zu wässern Wabe/Mittelride vorgenommen werden. Quelle und Mündung der Wabe/Mittelriede gege- Wieso gerade die Wabe/Mittelriede als Beispiel ben werden, um ein tieferes Verständnis für die herangezogen wurde, soll im Folgenden kurz er- Gewässer und ihre Belange zu schaffen. läutert werden. Die Wabe hat ihren Ursprung im Reitlingstal/ In der Stadt Braunschweig sind lediglich für vier und mündet in ihrem späteren Verlauf in die Schun- Gewässer gesetzlich festgesetzte Überschwem- ter. Damit durchfließt sie sowohl den Landkreis mungsgebiete ausgewiesen worden: für die Oker, Wolfenbüttel als auch die Stadt Braunschweig die Schunter, die Wabe und die Mittelriede. Da die und gilt als Nebengewässer der Schunter. Sie Mittelriede aus der Wabe entspringt, beide Fluss- entwässert über die Oker und Aller zur Weser hin läufe parallel zueinander verlaufen und sich somit und ist laut Organisationseinheit nach WRRL dem auch gegenseitig beeinflussen, macht es wenig Flussgebiet Weser zugeordnet. „Nach der Orga- Sinn, diese beiden Gewässer getrennt vonein- nisationsstruktur zur Umsetzung der Wasserrah- ander zu betrachten. Wegen dieser Gegebenheit menrichtlinie in Niedersachsen gehört die Wabe und der Tatsache, dass die Wabe und die Mittel- zu dem Bearbeitungsgebiet Aller-Oker (Nr. 15).“ riede im Vergleich zu der Oker und der Schunter (aquaplaner Ingenieurgesellschaft 2006/2008, relativ kleine Gewässer sind, wurde sich für die S. 6) Wabe/Mittelriede als Untersuchungsgegenstand Vom Reitlingstal/Elm im Landkreis Wolfenbüttel entschieden. Es wurde als besonders interes- fließt die Wabe in Richtung Osten durch die Orte sant erachtet zu sehen, wie es auch in kleineren Erkerode, Lucklum, Neuerkerode und Sickte, Gewässern zu Hochwasser kommen kann und schwenkt auf Höhe der Zuckerfabrik Salzdahlum herauszufinden, wie hier am besten mit der Situ- nach Norden in Richtung Schunter ein und verlässt ation umgegangen werden kann. Zudem weisen den Landkreis Wolfenbüttel zwischen Rautheim die Gebiete, die sich entlang der Wabe/Mittelriede und Hötzum. In Braunschweig verzweigt sich die erstrecken, sehr differenzierte Flächennutzungen Wabe nördlich der B1 am süd-östlichen Stadtrand auf. Hieraus ergeben sich vielfältige Potentiale für in zwei Läufe, welche anschließend parallel zuei- die Realisierung von Hochwasserschutzmaßnah- nander verlaufen. Dabei heißt der westliche Lauf men. Mittelriede und der östliche weiterhin Wabe. In Um sich ein Bild von der Wabe/Mittelriede machen diesem Gebiet wird der Hauptabfluss von der zu- zu können, sollen in den folgenden Unterkapiteln meist im Taltiefpunkt verlaufenden Mittelriede ab- die örtlichen Gegebenheiten der Gewässer darge- geführt. Im Nordosten von Braunschweig münden stellt werden. Hierbei wird auch auf den ökologi- die beiden Gewässer in die Schunter. Die Wabe schen Zustand der Wabe eingegangen, da dieser, hat eine Gesamtlänge von 26,5 km, wovon 16,8 wie in Kapitel 2.2.1 beschrieben, Bestandteil der km im Landkreis Wolfenbüttel und 9,7 km in der 30 Bestandsaufnahme der Gewässer Wabe/Mittelriede

Stadt Braunschweig liegen. Hierbei überwindet ze Braunschweig hin, zusammen mit dem Feu- sie einen Gesamthöhenunterschied von ca. 180 ergraben und dem Salzdahlumer Graben, eine Meter, wobei ca. 170 Meter allein im Landkreis breite Niederung, die nahezu kein sichtbares Re- Wolfenbüttel überwunden werden. Das mittlere lief aufweist.“ (aquaplaner Ingenieurgesellschaft Gefälle liegt bei 0,68%, im Stadtgebiet allerdings 2006/2008, S. 7) Anschließend wird die abgrenz- nur bei 0,1% (ebenda, S. 6-7). Die Einzugsge- bare Talaue zum Stadtgebiet Braunschweig hin bietsgröße der Wabe beträgt 104,71 km². 52,73 wieder etwas schmaler. Nördlich der Bundesstra- km² fallen dabei auf den Landkreis Wolfenbüttel, ße, wo sich der Fluss in zwei Läufe teilt, liegt die 51,98 km² auf die Stadt Braunschweig (ebenda, Wabe deutlich über dem Taltiefpunkt. Die Mittel- S. 6). Wichtige Nebengewässer sind im Bereich riede hingegen, die für aquatische Wanderungen Wolfenbüttel die Ohe, der Wiesengraben und der Fauna weitestgehend durchgängig ist, ver- die Breite Beeke bzw. der Salzdahlumer Graben läuft vorrangig im Taltiefpunkt. Allerdings liegen und im Bereich Braunschweig der Feuergraben, auch hier einige Bereiche, vor allem im Unterlauf, der Reitlingsgraben und der Weddeler Graben. deutlich höher. Dabei verläuft die Wabe am rech- In Wolfenbüttel gibt es zwei Pegel, einen in Erk- ten und die Mittelriede am linken Talrand. erode und einen in Niedersickte, welche von dem Die anstehenden Böden der Wabe sind größ- Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirt- tenteils den Gleyböden zuzuordnen. Sie werden schaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) betrie- vorrangig aus Schluff2 bzw. Lehm mit kiesigen ben werden. In Braunschweig gibt es nur einen und sandigen Anteilen gebildet. Der Oberlauf der Pegel in Rautheim, welcher von der Stadtentwäs- Wabe im Elm ist durch Auenlehm (bodenartlicher serung Braunschweig GmbH (SE|BS) betrieben Profiltyp: lehmiger Sand) geprägt, die Bereiche wird (mündliche Auskunft der Stadt Braunschweig zwischen Erkerode und Sickte durch Löß3 (boden- 2012). artlicher Profiltyp: toniger Schluff, z.T. mit Kies). In diesen Bereichen ist eine Aue nicht deutlich ab- grenzbar. Im Unterlauf der Wabe in Wolfenbüttel 3.2.2 Topographie, Naturraum und Flächennut- bildet sich eine weite Talaue aus Auenlehm aus zungen (bodenartlicher Profiltyp: toniger Schluff, Kies). Das nächste Unterkapitel geht kurz auf die natür- In Sickte ist diese nur etwa 150 bis 200 m breit, liche sowie auf die urbane Umgebung der Wabe/ im restlichen Unterlauf erstreckt sie sich teilweise Mittelriede ein. Die Topographie des Gebietes, über eine Breite von einem Kilometer. „Im [Land- welches von der Wabe durchflossen wird, gestal- kreis Wolfenbüttel] […] ist die Wabe weitgehend tet sich dabei sehr vielfältig. Ebenso differenziert der naturräumlichen Region „stärker kontinental sind auch die Flächennutzungen der angrenzen- geprägter Teil der Börden“ zuzuordnen […]. Tei- den Flächen an der Wabe, wie bereits in Kapitel le des Stadtgebiets Braunschweig und somit der 3.1 angedeutet. Unterlauf der Wabe ist dem „stärker kontinental

Wie in Kapitel 3.2.1 erwähnt hat die Wabe ihren Ursprung in der Elm, welche mittelgebirgisch ge- 2 Staubfeiner, lehmiger Sand, welcher aus den zerkleinerten prägt ist. Von dort aus fließt sie in Erkerode, Luck- Materialien anderer Gesteine stammt, auch Silt genannt lum und Neuerkerode durch leicht hügeliges Ge- (Bibliographisches Institut GmbH 2012a; Bibliographisches Institut GmbH 2012b). biet und mündet ab Sickte in flacher Landschaft 3 Stark kalkhaltiges, poröses, vom Wind transportiertes und mit einer zunehmend breiter werdenden Talaue. abgelagertes Sediment (Bibliographisches Institut GmbH „[Die Wabe] […] bildet im Bereich zur Stadtgren- 2012c). 31 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Bestandsaufnahme der Gewässer Wabe/Mittelriede der Stadt Braunschweig geprägter Teil des Weser-Aller-Flachlandes“ zu- Gewässer in Braunschweig durchgeführt. Hierfür zuordnen.“ (aquaplaner Ingenieurgesellschaft wurden an mehreren Stellen der Gewässer und zu 2006/2008, S. 8) verschiedenen Zeitpunkten Untersuchungen an- gestellt, um zu einem aussagekräftigen Ergebnis Die Wabe fließt sowohl durch Siedlungsgebiete zu kommen. Die Wabe wurde an drei Stellen in als auch durch landwirtschaftlich genutzte und der jedem Quartal für einige Tage überprüft. An der Naherholung dienenden Flächen. Aus den ver- besten Stelle tendiert die Entwicklung schon zur schiedenen Nutzungsansprüchen ergeben sich Güteklasse I-II, an der schlechtesten Stelle weist auch unterschiedlichste Herausforderungen an sie kontinuierlich eine Güteklasse von II-III auf. Die- den Hochwasserschutz. Zum Stadtgebiet Braun- se Probeentnahmestelle lag im Staubereich des schweig hin, wo die abgrenzbare Talaue wieder Wehrs in Gliesmarode. Für die Mittelriede wurden schmaler wird, sind die Flächen zunehmend von Forschungen an drei Stellen vorgenommen, wo- urbanen Einflüssen geprägt. Zwischen der B1 und bei eine Probeentnahmestelle nach dem ersten dem Kloster Riddagshausen und im Bereich Quer- Quartal gewechselt wurde. Die Untersuchungen um, wo die Wabe zwischen den Riddagshäuser gingen jeweils einen Tag oder eine Woche lang. Teichen und dem Prinzenpark hindurch und nörd- An jedem Entnahmetag und jeder Entnahmestel- lich von Gliesmarode auf der Höhe von Querum in le wies die Mittelriede eine Strukturgüte von II auf die Schunter fließt, befinden sich landwirtschaft- (TU Braunschweig 2011, S. 74-75). lich gennutzte Flächen. In den dazwischen liegen- den Bereichen wird die Talaue deutlich von den Untersuchungen aus den Jahren 2006 und 2008 angrenzenden Siedlungsgebieten beeinflusst. Sie sind dagegen sehr viel negativer ausgefallen. Laut wird von mehreren massiven Querbauwerken ge- dem Gewässerentwicklungsplan Wabe/Mittelrie- kreuzt, wie der mehrspurigen Berliner Straße und de wies die Mittelriede in den aggregierten Pa- mehreren Bahntrassen. Im Stadtgebiet wird die rametern „Umfeld“, „Ufer“ und „Sohle“ hinsicht- Wabeniederung auch streckenweise zu Naher- lich der Strukturgüte große Defizite auf. „So[…] holungszwecken genutzt. So gibt es besonders [waren] jeweils für die Parameterklassen „Sohle“ zwischen dem Kloster Riddagshausen und der und […] „Umfeld“ für über 50% der Fließstrecke Berliner Straße viele Kleingartenanlagen. Auch Strukturgüteklassen ≥ 5 zu verzeichnen. Für das werden einige Bereiche der Aue parkähnlich ge- Ufer […] [lag] der Wert bei über 90%.“ (aquapla- nutzt, wie beispielsweise in Riddagshausen, oder ner Ingenieurgesellschaft 2006/2008, S. 28) Die- durch Fuß- und Radwege erschlossen (aquapla- ser Zustand wurde durch den starken Ausbau, der ner Ingenieurgesellschaft 2006/2008, S. 7). den hohen Anforderungen des Hochwasserschut- zes geschuldet ist, und den Druck, der durch die teilweise sehr nah an das Gewässer reichende 3.2.3 Hydromorphologie städtische Nutzung entsteht, verursacht. Ähnlich negative Werte ergaben sich damals bei Untersu- Im folgenden Abschnitt soll die Hydromorpholo- chungen der Wabe. Wie die Forschungen der TU gie der Wabe/Mittelriede ermittelt werden. Dabei Braunschweig aus dem Jahr 2011 zeigen, kam es wird zwischen der Gewässerstrukturgüte und der in der Zwischenzeit zu erheblichen Verbesserun- Durchgängigkeit unterschieden. gen in Bezug auf die Strukturgüte. Im Jahr 2011 hat die Technische Universität Braun- Die chemisch-physikalischen Zustände und die schweig im Auftrag der Stadt Braunschweig um- makrozoobenthologische Besiedlung der Wabe/ fassende Untersuchungen zu der Strukturgüte der Mittelriede weisen beide Defizite auf. Die chemi- 32 Bestandsaufnahme der Gewässer Wabe/Mittelriede

sche Gewässergüte der Wabe/Mittelriede wird lässe wegen ihrer Länge und der Unterbrechung mit einer Gewässergüte von II-III ausgewiesen. der Sohle und des Ufers eine beeinträchtigende Insgesamt erfüllen die chemisch-physikalischen Wirkung haben (aquaplaner Ingenieurgesellschaft Zustände nicht die Zielvorgaben nach WRRL. Die 2006/2008, S. 30). Im Verlauf der Wabe/Mittelrie- Biozönose4 in der Wabe/Mittelriede ist geprägt von de befinden sich insgesamt zwei Wehre und eine einer großen, untypischen Artenarmut. Die mak- Mühle. rozoobenthologische Besiedlung der Wabe/Mit- telriede kann über die gesamte Gewässerstrecke als „nicht ökologisch guter Zustand“ bezeichnet 3.3 Gewässerentwicklungsplan Wabe/Mittel- werden, somit ist der geforderte „gute Zustand“ riede bzw. das „gute Potential“ nicht gegeben. Eben- Um den in Kapitel 3.2.3 dargestellten Defiziten so weist die Fischfauna ein erhebliches Artende- zukünftig entgegenzuwirken, hat die aquaplaner fizit auf und auch hier wird der geforderte „gute Ingenieurgesellschaft Hannover im Auftrag der Zustand“ bzw. das „gute Potential“ nicht erreicht Stadt Braunschweig in den Jahren 2006 und 2008 (aquaplaner Ingenieurgesellschaft 2006/2008, S. einen Gewässerentwicklungsplan für die Wabe/ 33, S. 38, S. 40). Mittelriede aufgestellt. In diesem wurden die ört- Die longitudinale5 Durchgängigkeit ist in einigen lichen Gegebenheiten sowie das Hochwasserab- Bereichen der Wabe/Mittelriede nicht gegeben. flussgeschehen der Wabe/Mittelriede untersucht So ist beispielsweise die Wabe im Stadtgebiet von und aufgeführt. Anschließend wurden Maßnah- Braunschweig als undurchgängig zu bezeichnen. menkonzepte entwickelt, um den Zustand der Die Mittelriede ist von kurz unterhalb der B1 bis zu Wabe/Mittelriede zu verbessern. Diese sollen in ihrer Mündung in die Schunter durchgängig. Par- den nächsten Abschnitten ansatzweise darge- allel zu diesem Bereich weist der Lauf der Wabe stellt werden. mehrere Querbauwerke auf. Der Mühle ist hierbei Im Gewässerentwicklungsplan wird die Wabe/ besondere Beachtung zu schenken, da sie eine Mittelriede als erheblich veränderter Wasserkör- Absturzhöhe von einem Meter aufweist (aqua- per (HMWB) identifiziert. Somit muss nach WRRL planer Ingenieurgesellschaft 2006/2008, S. 30). bis 2015 nicht der „gute ökologische Zustand“, Der oberhalb befindliche Abschnitt zwischen der sondern das „gute ökologische Potential“ erreicht B1 und der Stadtgrenze von Braunschweig weist werden. Die nachfolgend angeführten Maßnah- an der Stadtgrenze ein Stauwehr auf, für welches men zielen also auf das Erreichen desselben ab. aber bereits ein Umgehungsgerinne in Planung ist. Das an der Ausleitung der Mittelriede aus dem Auf Grund ihrer örtlichen Gegebenheiten ergeben Wabeverlauf unterhalb der B1 errichtete Wehr ist sich für die Wabe und die Mittelriede unterschied- inzwischen durch die Neuanlage eines Umflu- liche Funktionen im Gewässersystem und daher ters durchgängig (mündliche Auskunft der Stadt auch differenzierte Maßnahmen. So kann die Wabe Braunschweig 2012). Insgesamt gesehen ist al- aufgrund der teilweise nicht vorhandenen Durch- lerdings zu beachten, dass auch einige Durch- gängigkeit und ihrer Lage, die sich deutlich über dem Taltiefpunkt befindet, nicht dieselben Funkti- onen übernehmen wie die Mittelriede, die vorran- 4 Lebensgemeinschaft von Fauna und Flora in einem Bio- gig im Taltiefpunkt verläuft. Daher übernimmt ab top (Bibliographisches Institut GmbH d, 2012). der Ausmündung der Mittelriede aus der Wabe 5 n Längsrichtung verlaufend (Bibliographisches Institut GmbH e, 2012). nördlich der B1 vorwiegend die Mittelriede die 33 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Bestandsaufnahme der Gewässer Wabe/Mittelriede der Stadt Braunschweig

ökologische Funktion. „Der Wabelauf hingegen zu fördern und ein natürliches Abflussregime zu ist ab der B1 unter anderen Gesichtspunkten zu ermöglichen. Außerdem sollten die Unterhal- entwickeln. Es treten hier Aspekte der Wabe als tungsmaßnahmen teilweise reduziert bzw. an eine anthropogen überprägtes Gewässer, der Hydrau- naturnahe Entwicklung des Gewässers ange- lik im Sinne von Hochwasserschutz und der Ent- passt werden und, wie bereits oben erwähnt, soll- wicklung als urbanes, durch den Menschen direkt ten am gesamten Gewässersystem durchgängig erlebbares Gewässer in den Vordergrund.“ (aqua- Randstreifen etabliert werden. Weiterhin sollten planer Ingenieurgesellschaft 2006/2008, S. 107) eine abschnittsweise Beschattung und besonde- Lediglich im Mündungsbereich und im Bereich re Laufstrukturen geschaffen werden. Auch ist es nördlich der B1 könnte die ökologische Funktion wichtig, naturnahe Querprofile zu entwickeln und auf die Wabe übertragen werden, da diese in die- die Nutzungen der Gewässer sowie der Gewässe- sen Abschnitten ein wesentliches ökologisches rauen anzupassen. Des Weiteren sind Retentions- Entwicklungspotenzial aufweist. räume für einen verbesserten Hochwasserschutz zu schaffen. Zudem kann es zu einer Aufwertung Zur Erreichung der Ziele nach WRRL sollte es des Gewässers als Bestandteil der urbanen Land- laut Gewässerentwicklungsplan Wabe/Mittelriede schaft kommen, um eine Naherholungsfunktion Maßnahmen an drei Schwerpunkten geben. Zum zu schaffen. Sollten diese Maßnahmen alle umge- einen muss es darum gehen, die Durchgängigkeit setzt werden, ist eine Erreichung des „guten öko- wiederherzustellen und ein natürlicheres Abfluss- logischen Zustandes“ nach WRRL möglich. regime zu schaffen. Hierdurch soll es zu einer un- beeinträchtigten Wanderung der Flussfauna kom- Insgesamt kann gesagt werden, dass sich die ört- men, was wiederrum zu einem strukturellen und lichen Gegebenheiten der Wabe/Mittelriede in Be- biologischen Reichtum des Gewässersystems zug auf die Topographie, den Naturraum und die führt. Zum anderen sollte der zweite Schwerpunkt Flächennutzungen stark ausdifferenzieren. Wie auf die Entwicklung des Gewässerlängs- und die letzten Unterkapitel gezeigt haben, sind der -querprofils gelegt werden. Ziel dieser Maßnah- ökologische Zustand sowie die Artenvielfalt der me ist die Strukturierung des Gewässersystems, Gewässer bedenklich beeinträchtigt. Auch wenn damit dieses wieder als Lebensraum für die Ge- Untersuchungen zeigen, dass sich beispielsweise wässerfauna dienen kann. Der dritte Schwerpunkt die Strukturgüte der Wabe/Mittelriede in den letz- sollte auf einer Anpassung der Umlandnutzung ten Jahren schon verbessert hat, sollten weiterhin liegen. So wäre es sinnvoll, die bisherigen Nutzun- Maßnahmen zur Verbesserung des ökologischen gen soweit wie möglich zurückzunehmen und Ge- Zustands umgesetzt werden. Hiervon ist auch die wässerrandstreifen zu schaffen, um die eigendy- Stadtplanung betroffen, da sie durch das Voran- namische Entwicklung der Gewässer zu fördern treiben der urbanen Entwicklung eine Verantwor- und einen wirkungsvollen Schutz vor diffusen Ein- tung gegenüber der Natur hat. Zwar gibt es nur trägen zu bieten. wenig direkte Berührungspunkte zwischen den Flussläufen und Siedlungsgebieten, doch werden Konkret bedeutet dies, Querbauwerke zurück- die Gewässer an vielen Stellen durch andere ur- oder umzubauen, um sowohl die biologische bane Entwicklungen gekreuzt, wie Straßen, Brü- Durchgängigkeit als auch eine Biotopvernetzung6 cken und Eisenbahnschienen. Diese wirken sich ebenfalls negativ auf die ökologische Entwicklung 6 Untereinander vernetzte, naturnahe Lebensräume, welche und das Hochwasserabflussgeschehen aus, da zur Verhinderung der Verinselung von Tierpopulationen und Pflanzenvorkommen dienen (Stadt Viernheim o.J.). sie die Durchgängigkeit der Gewässer beeinflus- 34 Bestandsaufnahme der Gewässer Wabe/Mittelriede

sen. aus der Wabe.

Nachdem in den vorangegangen Kapiteln nun In der oberen Hälfte des ersten Abschnittes fließt Grundlagen zum Verständnis der örtlichen Gege- das Hochwasser in der Regel im Gerinne ab, in benheiten und der Belange der Wabe/Mittelriede der unteren Strecke werden Teile des linken Vor- geschaffen wurden, soll sich das folgende Unter- landes und große Teile des rechten Vorlandes kapitel der Hochwassergefahr an der Wabe/Mit- überflutet (2 m) (aquaplaner Ingenieurgesellschaft telriede widmen. Hierfür wird das Hochwasserab- 2006/2008, S. 58). Im ersten Abschnitt liegt die flussgeschehen sowohl für die Wabe als auch für Mittelriede teilweise im Überschwemmungsgebiet die Mittelriede abschnittsweise erörtert. Außerdem der Schunter. werden die gesetzlich ermittelten Überschwem- Im zweiten Abschnitt fließt ein Teil des Abflus- mungsgebiete genauer betrachtet und anschlie- ses der Mittelriede bei Hochwasser direkt ober- ßend Risikogebiete ermittelt. Auch wenn in Kapi- halb der Brücke Ottenroder Straße und jeweils in tel 3.2 außerdem auf den Landkreis Wolfenbüttel den Bereichen der sich dort befindenden beiden eingegangen wurde, geht es im Folgenden nur Bahnbrücken in die Wabe über. Oberhalb der bei- noch um die Wabe/Mittelriede auf dem Stadtge- den Bahnbrücken kommt es zu einem Rückstau biet Braunschweig. und der gesamte Bereich zwischen Wabe und Mittelriede ist bei Hochwasser überflutet (z.T. > 1 m) (aquaplaner Ingenieurgesellschaft 2006/2008, 3.4 Hochwassergefahr und Ermittlung von S. 60). Risikogebieten Im dritten Abschnitt ist oberhalb der Brücke der 3.4.1 Das Hochwasserabflussgeschehen der Straße Mittelriede ein Rückstau zu beobachten. Mittelriede Das linke Vorland zwischen der Wabe und der Im ersten Teil soll es um das Hochwasserabfluss- Mittelriede ist meistens überflutet und oberhalb geschehen der Mittelriede gehen. Hierfür wurde der Straße Mittelriede kommt es zu einem Übertritt die Mittelriede in acht Abschnitte untergliedert. des Abflusses aus der Mittelriede zur Wabe hin. Der erste Abschnitt beginnt an der Mündung der Ebenso wie das linke ist auch das rechte Vorland Schunter und endet an der Brücke Ottenroder weitestgehend überflutet. Dabei kann die Überflu- Straße. Der zweite Abschnitt reicht von der Brü- tung bis zu mehrere hundert Meter in die bebau- cke Ottenroder Straße bis kurz oberhalb der Brü- ten Bereiche hineinreichen. cke der Straße Mittelriede. Von dort an geht der Im vierten Abschnitt sind sowohl das linke als dritte Abschnitt bis oberhalb der Brücke Berliner auch das rechte Vorland ins Abflussgeschehen Straße. Der vierte Abschnitt reicht bis zum Sport- eingebunden. Durch die Brücke Berliner Stra- platz am Gänsekamp, von wo der fünfte Abschnitt ße wird ein Rückstau verursacht, außerdem ufert anfängt und oberhalb der Brücke Ebertallee en- die Mittelriede hier bis zur Bahnlinie im Westen det. Der sechste Abschnitt geht von oberhalb der aus. „Rechtsseitig reicht hier das Überschwem- Brücke Ebertallee bis oberhalb der Brücke Rid- mungsgebiet bis an den Wabelauf – wobei hier dagshauser Weg/Klostergang. Von dort reicht der kein erheblicher Austausch mit der Wabe erfolgt, siebte Abschnitt bis unterhalb der Bahnbrücke […] [außerdem sind] im oberen Bereich des Ab- der Hauptstrecke Braunschweig-Hauptbahnhof schnitts […] die überfluteten Vorländer links und in Richtung Osten. Der letzte Abschnitt endet un- rechts der Mittelriede in etwa gleich breit (~130 terhalb der Brücke B1, also bei der Ausmündung m), wobei die Überflutung im rechten Vorland bis 35 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Bestandsaufnahme der Gewässer Wabe/Mittelriede der Stadt Braunschweig zum Wabelauf reicht.“ (aquaplaner Ingenieurge- weiteren Brücke, an der sich ein Durchlass befin- sellschaft 2006/2008, S. 65) det, ein Rückstau, was eine rechtsseitige Ausufe- rung zur Folge hat. „Nach Westen hin nimmt die Die Ausuferung des rechten Vorlandes reicht auch Ausuferung zur B1 hin ab, wobei auch hier Teile im fünften Abschnitt teilweise bis an den Wabe- des Vorlandes mit Fließgeschwindigkeiten von bis lauf, ein Wasseraustausch findet aber nicht statt. zu 0,2 m/s abflusswirksam […] [sind].“ (aquapla- Auf der linken Seite der Mittelriede ist das Vor- ner Ingenieurgesellschaft 2006/2008, S. 75). land relativ gleichmäßig auf einer Breite von 150 m überflutet (aquaplaner Ingenieurgesellschaft 2006/2008, S. 67). 3.4.2 Das Hochwasserabflussgeschehen der Im sechsten Abschnitt umfasst die Ausuferung auf Wabe der rechten Seite „den Bereich bis über die alte Ebenso wie die Mittelriede wurde auch die Wabe Mittelriede hinaus, wobei dieser überflutete Be- zur genaueren Untersuchung des Hochwasserab- reich auch in den Abfluss einbezogen ist; linkssei- flussgeschehens in mehrere Abschnitte eingeteilt. tig beginnt die größenflächige Ausdehnung erst Insgesamt handelt es sich dabei um elf Abschnit- ab der Straße ‚Am Lünischteich‘.“ (aquaplaner te. Dabei stellt die Strecke zwischen der Mündung Ingenieurgesellschaft 2006/2008, S. 69-70). Wie aus der Schunter bis zur Brücke Pepperstieg den auch rechts der Mittelriede sind vor der Brücke ersten und die Strecke zwischen der Brücke Pep- Ebertallee bebaute Flächen betroffen, da die Aus- perstieg bis zur Brücke in der Verlängerung der uferung hier über 200 m ins Vorland hinein reicht Straße Mittelriede den zweiten Abschnitt dar. Der (ebenda, S. 70). dritte Abschnitt führt bis oberhalb der Brücke Ber- Auf der rechten Seite im siebten Abschnitt reicht liner Straße und der vierte von dort bis zum Sport- die Ausuferung bis zur alten Mittelriede, auf der platz am Gänsekamp. Von dort beginnt der fünf- linken Seite sind vorrangig die in der oberen Hälf- te Abschnitt, der oberhalb der Brücke Ebertallee te des Abschnitts liegenden Vorländer betroffen. endet. Der sechste Abschnitt reicht von oberhalb Nördlich der Bahnstrecke, an der Überleitung von der Brücke Elbertallee bis oberhalb der Brücke Wabe zur Mittelriede, kommt es zu einem Abfluss Riddagshauser Weg/Klostergang; der siebte von zur Mittelriede. Dabei wird das so überfließende oberhalb der Brücke Riddagshauser Weg/Klos- Wasser teilweise über das links liegende Vorland tergang bis unterhalb der Bahnbrücke der Haupt- der Mittelriede und über die alte Mittelriede abge- strecke Braunschweig-Hauptbahnhof in Richtung führt. Osten. Der achte Abschnitt geht von dort bis un- terhalb der Brücke B1. Die Strecke unterhalb der Im letzten Abschnitt erfolgt zwischen den sich Brücke B1 bis oberhalb der Brücke Mühlentrift dort befindenden Bahnstrecken wegen eines stellt den neunten, die Strecke von dort bis zur Rückstaus der Mittelriede durch einen Durch- Feldwegbrücke zwischen Lagholz und Maschero- lass unter der nördlichen Bahnstrecke beidseitig de den zehnten Abschnitt dar. Der letzte Abschnitt eine breite Ausuferung. Außerdem kommt es an reicht von der Feldwegbrücke bis zur Stadtgrenze, der südlichen Bahnstrecke zu einem weiteren also der Einmündung des Salzdahlumer Grabens. Rückstau, wodurch die oberhalb liegenden Vor- länder beidseitig überflutet werden. Das betrof- Bei dem ersten Abschnitt liegt der untere Wabe- fene Gebiet reicht hierbei in Richtung Osten bis lauf im Überschwemmungsgebiet der Schunter an den Wabelauf, wobei teilweise ein Wasseraus- und ist bis zu 2,30 m großflächig überflutet (aqua- tausch stattfindet. Zusätzlich bildet sich an einer planer Ingenieurgesellschaft, 2006/2008 S. 78). 36 Bestandsaufnahme der Gewässer Wabe/Mittelriede

Das linksseitige Vorland ist im oberen Teil des ers- Mittelride über. Im rechtsseitigen Vorland kommt ten Abschnitts bis an den sich dort befindenden es ab dem Kauleteichgraben Richtung Süden zu Bahnkörper heran überflutet, das Vorland auf der deutlich zunehmenden Ausuferungen, dabei sind rechten Seite ist kaum überflutet. Durch die Bahn- auch große Bereiche östlich der L625 betroffen. brücke kommt es zu einem Rückstau. Direkt nördlich der B1 trägt auch der einmünden- de Reitlingsgraben dazu bei. Im gesamten zweiten Abschnitt ist bei Hoch- wasser das Gebiet zwischen der Wabe und der In den letzten drei Abschnitten, also im neunten, Mittelriede nahezu vollständig überschwemmt zehnten und elften, sind sowohl das linke als auch (z.T. bis 2 m) (aquaplaner Ingenieurgesellschaft das rechte Vorland von großflächigen Ausuferun- 2006/2008, S. 79). In diesem Abschnitt gibt es gen betroffen. drei Wabe-Durchlässe, diese befinden sich an der Um das Hochwasserabflussgeschehen der Ottenroder Straße und den beiden Bahnbrücken. Wabe/Mittelriede zu verdeutlichen, wird im nächs- Hier fließt bei Hochwasser ein Teil des Abflusses ten Unterkapitel das gesetzlich festgesetzte Über- der Mittelriede in die Wabe über. An den beiden schwemmungsgebiet der Wabe/Mittelriede be- Bahnbrücken ist außerdem ein Rückstau zu be- trachtet. Dies ist wichtig, da die konzeptionellen obachten. Lösungsansätze für die Hochwasserproblematik Im dritten Abschnitt ist der Bereich zwischen Wabe an der Wabe/Mittelriede beispielhaft an einem und Mittelriede südlich der Straße Mittelriede fast konkreten Risikogebiet entwickelt werden sollen. vollständig bis zu 1,80 m überschwemmt, wobei Wasser aus der Mittelriede in die Wabe überfließt (aquaplaner Ingenieurgesellschaft 2006/2008, S. 3.4.3 Überschwemmungs- und Risikogebiete 82). Im gesamten Bereich findet durch die Mühle Zunächst wird das gesetzlich festgesetzte Über- am Karl-Hintze-Weg und eine Brücke ein Rückstau schwemmungsgebiet der Wabe/Mittelriede be- statt. „Im Bereich direkt oberhalb und unterhalb trachtet. Es wurde mit der Verordnung vom der Mühle fließt das Hochwasser im Gerinne ab; 19.08.2011 neu festgesetzt, welche nach der der Durchlass der Wabe unter der Berliner Straße Veröffentlichung im Amtsblatt für die Stadt Braun- bewirkt auch einen kleineren Rückstau.“ (aqua- schweig am 30.09.2011 in Kraft getreten ist (Stadt planer Ingenieurgesellschaft 2006/2008, S. 82). Braunschweig o.J.c). Außerdem sollen aus den Sowohl im vierten als auch im fünften und sechs- schon gegebenen Informationen und einer Ana- ten Abschnitt findet der Hochwasserabfluss voll- lyse des Überschwemmungsgebietes Bereiche ständig im Gerinne statt. mit einem erhöhten Risiko ermittelt werden. Ein erhöhtes Risiko bedeutet in diesem Zusammen- Im siebten Abschnitt findet der Hochwasserab- hang, dass jene Gebiete ermittelt werden sollen, fluss ausnahmslos im Gerinne der Wabe statt. Da- in denen im Falle eines Hochwassers Siedlungs- bei wird nördlich der sich hier befindenden Bahn- bereiche betroffen sind. Grund hierfür ist, dass strecke über die Hochwasserentlastung Wasser diese Arbeit das Thema Hochwasser als Heraus- aus der Mittelriede in die Wabe abgeleitet. forderung an die Stadtplanung bearbeitet und in Zwischen den sich im achten Abschnitt befinden- diesem Fall der größte Berührungspunkt mit der den Bahnbrücken fließt das Hochwasser im Ge- Stadtplanung gegeben ist. wässerbett ab, ein Teil des Abflusses geht dabei Bei Betrachtung der Überschwemmungskar- südlich der Bahnbrücken vereinzelt nach links zur ten auf der Internetseite der Stadt Braunschweig 37 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Bestandsaufnahme der Gewässer Wabe/Mittelriede der Stadt Braunschweig

(http://www.braunschweig.de/leben/umwelt_na- im Überschwemmungsgebiet eines HQ100 liegen. turschutz/wasser/wabe_mittelriede/wabe_ueber- Daher sollen die betroffenen Gebiete auf den fol- schwemmungsgebiet.html) fällt auf, dass entlang genden Karten genauer dargestellt werden. der Wabe/Mittelriede nur wenig bebaute Bereiche

Karte 1: Überschwemmungsgebiet der Wabe/Mittelriede im Bereich Riddagshausen

38 Bestandsaufnahme der Gewässer Wabe/Mittelriede

Karte 2: Überschwemmungsgebiet der Wabe/Mittelriede im Bereich Berliner Straße

Aufgrund der in Karte 2 dargestellten betroffenen tracht gezogen. Dieser Schritt ist notwendig, um Gebiete, die die in Karte 1 dargestellten betrof- bei der Maßnahmenplanung ins Detail gehen zu fenen Gebiete flächenmäßig übersteigen, sowie können, ohne den Umfang dieser Arbeit zu spren- aufgrund der in Kapitel 3.4.1 angeführten Infor- gen. In Karte 3 wird das Risikogebiet noch einmal mationen, dass in diesem Gebiet sowohl das lin- im Detail dargestellt. ke als auch das rechte Vorland bei Hochwasser weitestgehend überflutet und die Überflutung bis zu mehrere hundert Meter in die bebauten Berei- che hineinreichen kann, werden im Folgenden nur noch die in Karte 2 dargestellten Bereiche in Be-

39 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Bestandsaufnahme der Gewässer Wabe/Mittelriede der Stadt Braunschweig

Karte 3: Überschwemmungsgebiet der Wabe/Mittelriede im Bereich Berliner Straße HQ100

Um ein wirkungsvolles Hochwasserschutzkon- biet noch keine Maßnahmen ergriffen worden zept aufstellen zu können, welches auch über sind (Stephan 2012). Das nächste Kapitel soll ver- ein HQ100 hinaus schützen kann, werden in Karte schiedene Lösungsansätze aufzeigen. Zum einen

4 die Auswirkungen eines HQ200 für das in Karte soll es generell um vorbeugende Maßnahmen des 3 aufgezeigte Gebiet dargestellt. Auch wenn ein Hochwasserschutzes gehen, zum anderen wird

„HQ200 im Sinne der Hochwasserrisikomanage- auch spezifisch auf die Bedeutung des Hochwas- ment-Richtline eher als Hochwasser mit mittlerer serschutzes in der Bauleitplanung eingegangen. Auftretenswahrscheinlichkeit einzustufen wäre,“ Hieraus sollen konzeptionelle Lösungsansätze (HCU 2012, S. 16) werden die Untersuchungen entwickelt und erläutert werden, wie die Stadtpla- dieser Arbeit auf die Auswirkungen eines solchen nung zur Realisierung dieser Ansätze beitragen Hochwassers beschränkt und nicht auf die Aus- kann. wirkungen von Hochwasserereignissen mit niedri- ger Wahrscheinlichkeit ausgeweitet, da für solche Ereignisse keine Daten vorliegen.

Wie die letzten Unterkapitel zeigen, ist das The- ma Hochwasser für die Wabe/Mittelriede ein re- levantes Thema. Auch wenn nur wenig direkte Berührungspunkte mit den Siedlungsgebieten bestehen, ist es gerade hier wichtig, Hochwas- serschutz zu betreiben, besonders, da bis zum heutigen Zeitpunkt in dem ermittelten Risikoge- 40 Bestandsaufnahme der Gewässer Wabe/Mittelriede

Karte 4: Überschwemmungsgebiet der Wabe/Mittelriede im Bereich Berliner Straße HQ200

41 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede der Stadt Braunschweig

4. Hochwasserschutzkonzept für die dere dann kommen, wenn ein Hochwasserereig- Gewässer Wabe/Mittelriede nis den Bemessungsfall überschreitet. Konkret handelt es sich um Infrastrukturen wie Deiche, 4.1 Definition der Maßnahmen des vorbeu- Talsperren, Polder und Rückhaltebecken. Diese genden Hochwasserschutzes gewährleisten während eines Hochwassers ver- Das folgende Kapitel widmet sich der Erarbei- besserte Nutzungsmöglichkeiten. Für einen effi- tung eines Hochwasserschutzkonzeptes der in zienten Hochwasserschutz müssen die Anlagen Kapitel x ermittelten Risikofläche. Wie in Kapitel ständig unterhalten werden (MLU o.J.). 2.2.4 zu sehen ist, gibt es verschiedene Ansätze, Die Bauvorsorge umfasst das hochwassersichere die miteinander kombiniert werden müssen, um Bauen sowie vor Hochwasser schützende bau- einen effizienten Hochwasserschutz zu schaffen. liche Maßnahmen, wie den Objektschutz. Auch Im Folgenden sollen diese Aspekte kurz erläutert zählt die hochwasserangepasste Gebäudenut- werden, um eine gemeinsame Wissensbasis zu zung und -ausstattung zur Bauvorsorge (StEB schaffen. Köln 2012). Es können drei verschiedene Strategi- Die Flächenvorsorge gilt als die „wirksamste Maß- en verfolgt werden. Dem Hochwasser kann durch nahme zur Begrenzung von Hochwasserschä- ein erhöhtes Bauen oder durch eine Abschirmung den“ (StEB Köln 2012). Bei dieser Maßnahme ausgewichen werden, es kann ihm durch Ab- handelt es sich um die Steuerung der Art und des dichtung und Verstärkung des Gebäudes wider- Maßes der baulichen Nutzung in Überschwem- standen werden oder es kann ihm durch die an- mungsgebieten, wie beispielsweise die bewusste gepasste Nutzung von hochwassergefährdeten Freihaltung von Überschwemmungsgebieten zur Bereichen nachgegeben werden. All diese Stra- Schaffung von Retentionsräumen (ebenda). Dies tegien beabsichtigen eine Schadensminimierung dient vor allem der Wahrung und Verbesserung (MELUR o.J.a). des Infiltrations- und des Wasserspeichervermö- Ein weiteres wichtiges Feld der Hochwasservor- gens von Flussauen und anderen angrenzenden sorge ist die Risikovorsorge. Diese beinhaltet die Flächen (EGLV o.J.) öffentliche Vorsorge, die Eigenvorsorge und die Der natürliche Wasserrückhalt ist eine Maßnah- Versicherungsvorsorge. Bei der öffentlichen Vor- me, um das bei Hochwasser anfallende Wasser sorge handelt es sich um Katastrophenfonds, möglichst lange am Abfließen zu hindern und es bei der Eigenvorsorge um Rücklagen und bei der in der Fläche zu halten (MLU o.J.). Dies kann bei- Versicherungsvorsorge um einen Versicherungs- spielsweise durch Aufforstung und bebauungs- schutz in Hochwasserfällen, welcher besonders freie Flussauen ermöglicht werden (Schumann wichtig ist, wenn öffentliche und Eigenvorsorge 2004, S. 44). „Jeder Kubikmeter Wasser, der nicht nicht ausreichend sind (Land Salzburg 2003). sofort zum Abfluss kommt, ist ein Gewinn für den Zum Schutz von Grundstücken und Besitzeigen- Wasserhaushalt und eine Entlastung bei Hoch- tümern gegen Hochwasserschäden kann eine wasser.“ (MLU o.J.) Elementarschadensversicherung abgeschlos- sen werden. Allerdings kann nicht jeder Haushalt Beim technischen Hochwasserschutz handelt es diese Versicherung abschließen, denn wenn ein sich um infrastrukturelle Errichtungen. . Dabei wird Gebäude in einem besonders hochwassergefähr- von einem bestimmten Bemessungsfall ausge- deten Gebiet liegt, kann der Versicherungsschutz gangen, doch bieten sie keinesfalls eine absolute auch verweigert werden (MDR 2012). Bei Grund- Sicherheit. Zu Gefährdungen kann es insbeson- wasserschäden, die während eines Hochwassers 42 Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede

durch steigendes Grundwasser entstehen kön- zu entwickeln, soll erst noch ein kurzer Blick auf nen, kommt die Elementarschadensversicherung die rechtlichen Vorgaben geworfen werden. Da allerdings nicht auf. es sich bei den in Kapitel 2.2 dargestellten recht- lichen Rahmenbedingungen um grundlegende Weiterhin ist die Vorbereitung der Gefahrenabwehr Gesetzte handelt und lediglich auf die Gesetzes- und des Katastrophenschutzes eine bedeuten- lage im Wasserrecht eingegangen wird, widmet de Maßnahme der Hochwasservorsorge. Diese sich das folgende Unterkapitel den Bestimmun- beinhaltet alle Aspekte, um die Einsatzkräfte auf gen zum Hochwasserschutz im Planungs- und Hochwasserereignisse vorzubereiten und ihr Ver- Baurecht sowie den die Bauleitplanung betreffen- halten zu schulen. Konkret geht es dabei um „die den Gesetze des WHG. Da in dieser Arbeit das Alarm- und Einsatzplanung, die Organisation von Thema Hochwasser als Herausforderung an die Ressourcen, die Durchführung von Übungen, die Stadtplanung bearbeitet wird, wird es als wichtig Ausbildung von Rettungskräften und die zivil-mili- erachtet, auch der planerischen Gesetzesgrund- tärische Zusammenarbeit“ (MULEWF o.J.a). lage Beachtung zu schenken. Die Verhaltensvorsorge ist eine Maßnahme zur Aufklärung der Betroffenen über Risiken und Schutzmöglichkeiten und ist eng verbunden mit 4.2 Rechtliche Regelungen zum Hochwas- der Informationsvorsorge (Schumann 2004, S. serschutz in der Bauleitplanung 44). Es geht zum einen darum, die Bevölkerung 4.2.1 Rechtliche Regelungen im Baugesetzbuch zu sensibilisieren und im Vorhinein über mögliche Schutzmaßnahmen zu informieren. Es geht zum Allgemeine Regelungen anderen aber auch darum, frühzeitig vor Hoch- Im Baugesetzbuch (BauGB) sind in Bezug auf wasser zu warnen und durch Hochwassermelde- den Hochwasserschutz verschiedene Regelun- dienste für ein rechtzeitiges und planvolles Han- gen zu beachten. Konkret wird in § 1 Abs. 6 Nr. deln der Betroffenen zu sorgen (MELUR o.J.b). 12 BauGB auf die Belange des Hochwasser- Dabei ist eine Hochwasserfrühwarnung von gro- schutzes eingegangen. Dort heißt es: „Bei der ßer Bedeutung, um bis zum Eintreffen des Hoch- Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere wassers genügend Zeit zu haben, möglichst viele zu berücksichtigen: […] die Belange des Hoch- Maßnahmen zur Schadensminimierung treffen zu wasserschutzes“ (§ 1 Abs. 6 BauGB). Diese Re- können (MLU o.J.). Hierfür ist es auch wichtig, die gelung wurde allerdings erst im Zuge des 2005 Hochwasser-Marken regelmäßig zu aktualisieren erlassenen „Gesetzes zur Verbesserung des vor- und deren Netz zu verdichten (MELUR o.J.b). beugenden Hochwasserschutzes“ eingeführt (Mi- Bei der Informationsvorsorge geht es darum, In- nisterium für Wirtschaft, Bau und Tourismus 2010, formationswege zu schaffen und zu sichern, durch S. 12). „Mit der Aufnahme der Belange des Hoch- die im Falle eines eintreffenden Hochwassers die wasserschutzes […] hat der Gesetzgeber […] auf Betroffenen alarmiert werden können (Schumann die Flutkatastrophen der jüngeren Vergangenheit 2004, S. 44). Hierfür eignen sich besonders Hoch- reagiert, um sicherzustellen, dass entsprechen- wassermeldedienste und Hochwasserfrühwar- de Überflutungsflächen bereitgestellt werden und nungen (MULEWF o.J.b). gleichzeitig bei der Planung Schutzmaßnahmen gegen auftretendes Hochwasser ergriffen werden Um aus den oben definierten Hochwasservorsor- können.“ (Brenner 2009, S. 99) gemaßnahmen einen konkreten Maßnahmenkata- log für das in Kapitel 3.4.3 ermittelte Risikogebiet Zudem wurde das Vorkaufsrecht „durch das 43 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede der Stadt Braunschweig

Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Weiterhin wird in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. g BauGB Hochwasserschutzes vom 03.05.2005 […] in dem darauf hingewiesen, dass bei der Aufstellung von Sinn erweitert, dass der Gemeinde nunmehr auch Bauleitplänen „die Darstellungen […] von sons- in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden tigen Plänen, insbesondere des Wasserrechts“, Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten zu berücksichtigen sind. „Dies sind insbesondere sind, insbesondere in Überschwemmungsgebie- Gefahrkarten und Risikokarten (§ 74 WHG), Risi- ten, ein Vorkaufsrecht zusteht (§ 24 Abs. 1 Satz komanagementpläne (§ 75 WHG), Maßnahmen- 1 Nr. 7 BauGB).“ (Ministerium für Wirtschaft, Bau programme (§ 82 WHG) sowie Bewirtschaftungs- und Tourismus 2010, S. 22) pläne (§ 83 WHG).“ (Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus 2010, S. 13) Auch an anderen Stellen des BauGB werden indi- rekt Regelungen zum Hochwasserschutz getrof- Auch die Bodenschutzklausel des § 1a Abs. 2 fen. So steht in § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB, dass bei BauGB kann als Regelung für den Hochwasser- der Aufstellung der Bauleitpläne „die allgemeinen schutz gesehen werden. „Mit Grund und Boden Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeits- soll sparsam und schonend umgegangen wer- verhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und den; dabei sind […] Bodenversiegelungen auf Arbeitsbevölkerung“ insbesondere zu berück- das notwendige Maß zu begrenzen.“ (§ 1a Abs. sichtigen sind. Dies bedeutet, dass „die Sicher- 2 BauGB) Durch die Freihaltung von Flächen heit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung […] durch werden Retentionsräume geschaffen, in denen Überschwemmungen im Ergebnis nicht gefährdet das Hochwasser versickern kann. So kann eine werden […] [darf].“ (Hoffmann o.J., S. 4) Hieraus flächensparsame Bauleitplanung zusätzlich zum kann gefolgert werden, dass es gilt, „Maßnahmen Hochwasserschutz beitragen. zu erkunden […], wie die […] [mit einer Über- Regelungen zum Flächennutzungsplan schwemmung] verbundenen Gefahren in einem Umfang eingedämmt werden können, damit die In § 5 Abs. 2 Nr. 7 BauGB wird wieder konkret auf Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeits- die Belange des Hochwasserschutzes eingegan- verhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und gen. „Im Flächennutzungsplan können insbeson- Arbeitsbevölkerung gewahrt bleiben.“ (Hoffmann dere dargestellt werden: […] die Flächen, die im o.J., S. 6) Interesse des Hochwasserschutzes und der Re- gelung des Wasserabflusses freizuhalten sind“ (§ Ein weiteres Gebot, welches auch auf den Hoch- 5 Abs. 2 BauGB). Auch in § 5 Abs. 3 Nr. 1 BauGB wasserschutz bezogen werden kann, ist in § 1 heißt es: „Im Flächennutzungsplan sollen gekenn- Abs. 5 BauGB verankert. Hier steht, dass die Bau- zeichnet werden: Flächen, bei deren Bebauung leitpläne eine nachhaltige städtebauliche Entwick- besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere lung gewährleisten und dazu beitragen sollen, Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten er- die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen forderlich sind“. Um, wie es in § 5 Abs. 1 BauGB und zu entwickeln. Dies kann in hochwasserge- heißt, die „voraussehbaren […] [Bedürfnisse] fährdeten Gebieten nur gewährleistet werden, der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen“, indem bei der Aufstellung von Bauleitplänen der muss im Flächennutzungsplan also schon die Vor- vorbeugende Hochwasserschutz eine besondere entscheidung fallen, welche Flächen für die Siche- Rolle spielt (Ministerium für Wirtschaft, Bau und rung von hochwassergefährdeten Gebieten vor- Tourismus 2010, S. 12). behalten und genutzt werden sollen. Eine weitere 44 Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede

Regelung zum Aufstellen von Flächennutzungs- 4.2.1 Rechtliche Regelungen im Wasserhaus- plänen, die die Belange des Hochwasserschutzes haltsgesetz betrifft, findet sich in § 5 Abs. 4a BauGB: „Festge- Auch im WHG gibt es einige Gesetze, die die Bau- setzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des leitplanung in Bezug auf die Belange des Hoch- § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgeset- wassers betreffen. In diesem Zusammenhang zes sollen nachrichtlich übernommen werden. sind besonders § 76 - § 78 WHG zu beachten. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungs- „Die Bestimmungen des § 78 Abs. 1 Satz 1 so- gebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Was- wie Abs. 2 und 6 WHG mit den Regelungen zur serhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete Bauleitplanung in festgesetzten und vorläufig ge- im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasser- sicherten Überschwemmungsgebieten sowie des haushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen § 77 WHG mit dem Gebot der Erhaltung und Wie- im Flächennutzungsplan vermerkt werden.“ Die- derherstellung von Überschwemmungsgebieten selbe Klausel findet sich auch in § 9 Abs. 6a in ihrer Funktion als Rückhalteflächen haben er- BauGB wieder, mit dem Unterschied, dass sie hebliche Auswirkungen auf die gemeindliche Bau- hier die Aufstellung von Bebauungsplänen betrifft. leitplanung.“ (Ministerium für Wirtschaft, Bau und Regelungen zum Bebauungsplan Tourismus 2010, S. 4-5)

Im BauGB sind auch weitere die Aufstellung von In § 76 Abs. 1 WHG wird eine Definition der Über- Bebauungsplänen betreffende Regelungen zum schwemmungsgebiete gegeben. In den folgen- Hochwasserschutz aufgeführt. So steht in § 9 den Paragraphen wird erläutert, wie sich die Aus- Abs. 1 Nr. 14 BauGB und § 1 Abs. 1 Nr. 16 BauGB, weisung von Überschwemmungsgebieten auf die dass im Bebauungsplan Flächen für die Rückhal- Bauleitplanung auswirkt. So schreibt § 77 WHG tung und Versickerung von Niederschlagswasser vor, dass „Überschwemmungsgebiete im Sinne sowie Flächen für Hochwasserschutzanlagen und des § 76 […] in ihrer Funktion als Rückhalteflä- für die Regelung des Wasserabflusses festgesetzt chen zu erhalten [sind].“ Konkret wird dann im werden können. Weiterhin besagt § 9 Abs. 5 Nr. 1 § 78 Abs. 1 Nr. 1-3 WHG auf die Bauleitplanung BauGB, dass im Bebauungsplan „Flächen, bei de- eingegangen. Dort heißt es, dass es in festge- ren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen setzten Überschwemmungsgebieten untersagt gegen äußere Einwirkungen oder bei denen be- ist, neue Baugebiete in Bauleitplänen und sons- sondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen tigen Satzungen nach dem BauGB auszuweisen, Naturgewalten erforderlich sind“, gekennzeichnet bauliche Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 werden können. Die Festlegung von freizuhal- des BauGB zu errichten oder zu erweitern sowie tenden Überschwemmungsgebieten wird auch Mauern, Wälle oder ähnlichen Anlagen quer zur durch die Regelungen des BauGB unterstützt. Fließrichtung des Wassers bei Überschwemmun- So können laut § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB Flächen, gen zu errichten. Nach § 78 Abs. 2 WHG können die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre aber unter bestimmten Umständen auch Ausnah- Nutzung festgesetzt werden. Indirekt kann auch men genehmigt werden. Wichtig für den weiteren Hochwasserschutz betrieben werden, indem der Verlauf der Arbeit ist außerdem, dass die in § 78 Bebauungsplan nach § 9 Abs. 3 BauGB die Hö- Abs. 1 WHG genannten Verbote sich nicht auf henlage vorschreibt. „Maßnahmen des Gewässerausbaus, des Baus von Deichen und Dämmen, der Gewässer- und Deichunterhaltung [und] des Hochwasserschut- zes […]“ beziehen (§ 78 WHG). 45 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede der Stadt Braunschweig

Diese Regelung wirkt sich aber nicht nur auf die 4.3 Konzeptionelle Lösungsansätze Bauleitplanung, sondern teilweise auch auf Grund- 4.3.1 Einleitung stückseigentümer aus. So hat das Bundesverwal- tungsgericht (BVerwG) im Juli 2004 entschieden, Aus der Analyse geht hervor, dass die Wabe/Mit- „dass auch nach Baurecht bebaubare Grundstü- telriede ökologisch keinen guten Zustand aufweist cke als Überschwemmungsgebiete festgesetzt und an mehreren Stellen nicht passierbar ist. Da werden können mit der weiteren Folge, dass die das Erreichen eines guten ökologischen Zustan- Errichtung oder Änderung entsprechender bauli- des Teil der Vorgaben der WRRL ist, ist es sinnvoll, cher Anlagen in der Regel nicht mehr zulässig ist.“ sogenannte synergetische Maßnahmen der Ge- (DSTGB o.J.) Das BVerwG legte dem zugrunde, wässerbewirtschaftung zu realisieren. „Als syner- dass der Hochwasserschutz eine Gemeinwohl- getische Maßnahmen der Gewässerbewirtschaf- aufgabe von hohem Rang ist und daher auch tung […] [können jeden Maßnahmen bezeichnet ein grundsätzliches Bauverbot in Überschwem- werden], die Hochwasserrisiken verringern und mungsgebieten gerechtfertigt sei (ebenda). Somit dazu beitragen, den guten ökologischen Zustand hat der Hochwasserschutz Vorrang gegenüber zu erreichen.“ (HCU 2012, S. 38) Da diese Arbeit den Bauwünschen von Eigentümern. aber vor allem Hochwasser als Herausforderung an die Stadtplanung bearbeitet, sollen auch bau- Zusammenfassend kann gesagt werden, dass liche sowie kommunikative Maßnahmen erarbei- bei der Aufstellung eines Hochwasserschutzkon- tet werden. Wie bereits mehrfach erwähnt, ist es zeptes verschiedene Aspekte berücksichtigt wer- wichtig, die verschiedenen Maßnahmen des vor- den müssen. So gibt es eine Vielzahl von vorbeu- beugenden Hochwasserschutzes miteinander zu genden Maßnahmen, die nur durch Kombination kombinieren, um einen adäquaten Hochwasser- zu einem umfassenden Hochwasserschutz führen schutz gewährleisten zu können. Hierfür müssen können. Aufgabe der Stadtplanung ist es, ins- alle Beteiligten miteinander kooperieren, da der besondere die Flächenvorsoge voranzutreiben. Hochwasserschutz nicht allein Aufgabe der Stadt- Hierfür gibt es in den gesetzlichen Rahmenbe- planung ist. dingungen einige Instrumente. Allerdings wird es auch als Aufgabe der Stadtplanung angesehen, Um auch auf die Belange der betroffenen Anwoh- Aufklärung zu betreiben und die Einhaltung der ner eingehen zu können, wurde mit diesen posta- in diesem Unterkapitel erläuterten Gesetzte und lisch eine Umfrage durchgeführt. Die Ergebnisse Vorgaben zu überprüfen. Um den Belangen des werden im Folgenden kurz zusammengefasst. Die Hochwasserschutzes zu begegnen, sollen im Fol- konkreten Fragen können im Anhang eingesehen genden verschiedene Lösungsansätze entwickelt werden. Aus logistischen Gründen wurde die Um- werden. Da es im Rahmen dieser Arbeit nicht frage zusammen mit einem Anschreiben, einer möglich war, genaue Berechnungen anzustellen, schriftlichen Bestätigung der Stadt Braunschweig, soll es sich bei den Maßnahmen um konzeptionel- dass diese Arbeit in Zusammenarbeit mit der Un- le Ansätze und nicht um konkrete Konzepte han- teren Wasserbehörde erstellt wird, sowie einem deln, die eins zu eins umgesetzt werden können. adressierten und frankierten Rücksendeumschlag an 25 Haushalte verschickt. Auch wenn eine Um- frage mit einer so geringen Teilnehmerzahl nicht repräsentativ ist, ist sie doch zweckdienlich, um eine erste Einschätzung darüber zu bekommen, wie die Bevölkerung mit dem Thema Hochwasser 46 Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede

umgeht. Insgesamt haben 14 Personen den Um- sodass nur noch ein Zugang von innen besteht. fragebogen ausgefüllt zurückgeschickt, was einer Alle Anwohner, die bis jetzt noch keine Hochwas- Quote von 56% entspricht. serschutzmaßnahmen realisiert haben, wurden Um sich ein erstes Bild davon zu machen, inwie- gefragt, ob sie generell dazu bereit wären, eine weit sich die Bewohner des in dieser Arbeit behan- derartige auf ihrem Grundstück zu verwirklichen. delten Risikogebietes mit ihrer Situation auseinan- Sechs der neun Angesprochenen bejahten diese dergesetzt haben, wurden die Anwohner gefragt, Frage, wobei ein Haushalt anführte, dass dies in ob Ihnen bewusst sei, dass sie in einem gesetzlich seinem Fall aus finanziellen Gründen nicht mög- festgesetzten Überschwemmungsgebiet leben. lich sei und dass außerdem auch das Grundwas- Diese Frage beantworteten elf Anwohner mit ja, ser von unten durch den Beton ins Haus drücken wobei zwei dieser Teilnehmer nicht wussten, dass würde. Zwei weitere Haushalte enthielten sich, das Überschwemmungsgebiet gesetzlich fest- wobei einer Bedenken wegen der Kosten äußerte. gesetzt worden ist. Obwohl drei Anwohner nicht Lediglich einer der Angesprochenen lehnte es ab, wussten, dass sie in einem Überschwemmungs- eine Hochwasserschutzmaßnahme auf seinem gebiet leben, gaben 100% der Befragten an, dass Grundstück durchzuführen. ihr Anwesen schon einmal von einem Hochwas- Weiterhin wurden die Anwohner gefragt, ob sie eine ser betroffen war. Elementarschadensversicherung abgeschlossen Weiterhin wurden die Betroffenen gefragt, ob sie ir- haben, die bei Hochwasserschäden aufkommt. gendwelche Objektschutzmaßnahem realisiert ha- Jene, die eine solche Versicherung noch nicht ab- ben, um ihren Besitz vor Hochwasser zu schützen geschlossen haben, wurden gebeten, den Grund und wenn ja, welche Maßnahmen sie umgesetzt hierfür anzugeben. 50% der Befragten gaben an, haben. Hierbei stellte sich heraus, dass lediglich eine solche Versicherung bereits abgeschlossen fünf Personen bereits etwas für den Schutz ihres zu haben. Eine Person enthielt sich wiederum und Besitzes unternommen haben. Ein Haushalt gab gab als Grund an, dass er bzw. sie nur zur Miete an, dass Wassersammelbecken und Pumpen ins- wohne. Unter den restlichen 6 Personen, die noch talliert worden sind. Ein weiterer Haushalt schrieb, keine Versicherung abgeschlossen haben, waren dass im Keller des Hauses ein Pumpensumpf auch jene beiden, die nicht wussten, dass sie in mit selbstanlaufender Pumpe und im Kellergang einem Überschwemmungsgebiet leben und sich Schwellen angelegt wurden. Im dritten Haushalt daher noch nicht über eine solche Versicherung wurden im Kellerboden Schächte eingelassen, in informiert hatten. Zwei weitere Personen gaben denen sich Tauchpumpen mit Schwimmern befin- ebenfalls als Grund an, dass sie nur Mieter seien. den, die bei steigendem Grundwasser das Was- Als weiterer Grund wurde von einer Person ange- ser automatisch aus dem Fenster pumpen. Ein geben, dass Grundwasserschäden nicht von der weiterer Haushalt teilte mit, dass das Haus ein- Elementarschadensversicherung übernommen gedeicht wurde und dass ein absperrbares Drai- werden. Allerdings handelte es sich hier nicht um nagesystem mit mehreren Pumpenschächten an- die gleiche Person, die bei der Frage davor an- gelegt worden ist. Der letzte Haushalt, der bereits gab, dass sich das Grundwasser ins Haus drü- Hochwasserschutzmaßnahmen realisiert hat, gab cken würde. Die letzte Person schrieb, dass sie an, dass das Grundstücksniveau in der Nähe des gerade dabei sei, sich über eine solche Versiche- Hauses um ca. 30 cm erhöht, die Kellerwand von rung zu informieren. außen mit einer Dickschicht neu abgedichtet und Zuletzt wurden die Betroffenen gefragt, ob sie In- die Außentreppe zum Keller entfernt worden ist, 47 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede der Stadt Braunschweig teresse an einem Hochwasseraktionstag hätten, tentionsräume zu schaffen. Dies gilt besonders bei dem sie sich über die Gefahren eines Hoch- für die Fläche zwischen der Wabe und der Mittel- wassers sowie über mögliche Schutzmaßnahmen riede. Auch wenn, wie in Kapitel 4.2.1 dargestellt, informieren könnten. Dies beantworteten alle Teil- das Ausweisen von Bebauungsplänen in einem nehmer bis auf zwei, also etwa 86%, mit ja. gesetzlich festgesetzten Überschwemmungsge- biet sowie das Errichten von baulichen Anlagen Aus der Umfrage geht hervor, dass sich die meis- gesetzlich untersagt sind, muss die Stadtplanung ten Bürger ihrer Situation sehr wohl bewusst sind hier besonders wachsam sein. Es muss auf jeden und sich größtenteils auch schon mit ihr auseinan- Fall unterbunden werden, dass Eigentümer auf dergesetzt haben. Über die Hälfte der Befragten ihren Grundstücken, sofern diese in einem ge- versucht, sich durch Hochwasserschutzmaßnah- setzlich festgesetzten Überschwemmungsgebiet men oder Versicherungen gegenüber Schäden liegen, weitere bauliche Anlagen errichten. Das abzusichern. Auch die Bereitschaft, in Zukunft sollte allerdings nicht nur in dem in Kapitel 3.4.3 noch mehr für den Hochwasserschutz zu tun, ist ermittelten Risikogebiet geschehen, sondern in sehr hoch, was auch bei der Entwicklung der kon- dem gesamten Überschwemmungsgebiet der zeptionellen Ansätze eine Rolle spielt. Wabe/Mittelriede. Dies ist nicht nur wichtig, um In den nächsten Unterkapiteln sollen verschiedene Retentionsräume zu schaffen, sondern auch, um Lösungsansätze für das Untersuchungsgebiet in die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung Bezug auf den vorbeugenden Hochwasserschutz zu gewährleisten, da die Fläche zwischen der aufgezeigt werden. Besonderes Augenmerk wird Wabe und der Mittelriede bei Hochwasser fast auf die Flächenvorsorge, den natürlichen Wasser- vollständig überflutet wird. rückhalt, den technischen Hochwasserschutz, die Bauvorsorge und die Verhaltensvorsorge gelegt, wobei auch auf die Risikovorsorge eingegangen 4.3.3 Natürlicher Wasserrückhalt wird. Lediglich der Informationsvorsorge und der Um den natürlichen Wasserrückhalt zu erhöhen, Vorbereitung der Gefahrenabwehr und des Kata- gibt es unterschiedliche Maßnahmen. In dieser strophenschutzes wird nicht Rechnung getragen, Arbeit soll dies durch synergetische Maßnahmen da es sich bei den im Folgenden vorgestellten und insbesondere durch dezentrale Regenwas- Maßnahmen um kleinräumige Ansätze handelt. serbewirtschaftung ermöglicht werden. Als Maß- Besonders herauszustellen ist aber die Kombina- nahmen für die Verbesserung des natürlichen tion dieser Maßnahmen, da nur so ein umfassen- Wasserrückhaltes boten sich bei genauerer Be- der Hochwasserschutz geschaffen werden kann. trachtung des in Kapitel 3.4.3 ermittelten Risi- kogebietes zum einen die aktive Anlegung eine Flussaue in dem Bereich zwischen der Wabe und 4.3.2 Flächenvorsorge der Mittelriede sowie das Einsetzen von Versicke- Wie bereits in Kapitel 4.1 beschrieben, kommt rungsanlagen an. Als weitere Maßnahme, mit aber der Flächenvorsorge eine besonders große Rol- eher geringem Wirkungsgrad, wird die Begrünung le beim Hochwasserschutz zu. Dies ist auch ein von Dächern vorgeschlagen. Wichtig ist, dass bei Feld, welches die Stadtplanung aktiv mitgestalten der Anlegung der Flussaue die Abteilung Stadt- kann. Im Untersuchungsgebiet ist es daher be- planung und die Abteilung Umweltschutz zusam- sonders wichtig, die noch freien Flächen auch in menarbeiten, um die Realisierung der Maßnahme Zukunft frei von Bebauung zu halten, um so Re- sicherzustellen. 48 Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede

Karte 5: Maßnahmenverortung im Untersuchungsgebiet

Anlegung einer Flussaue die in dem Gewässerentwicklungsplan Wabe/ Mittelriede vorgeschlagene Anpassung der Um- Um das Wasser möglichst lange in der Fläche zu landnutzung aufgegriffen. Zu diesem Zweck soll halten, ist es sinnvoll, flussnahe Gebiete aufzu- die besagte Fläche in eine Flussaue umgewan- forsten und in einen natürlichen Zustand zurück- delt werden. Dies fördert zum einen die Gewäs- zuführen (Schumann 2004, S. 44). In dem dieser serökologie und zum anderen dient es dem Hoch- Arbeit vorliegenden Fall soll dies durch das An- wasserschutz durch Gewässerretention. „Beim legen einer Flussaue erreicht werden. Zurzeit ist Durchfließen eines Gewässerabschnittes werden die Fläche zwischen der Wabe und der Mittelriede Hochwasserwellen durch die Reibungskräfte, die in besagtem Gebiet von Wohn- und Weideflächen an der […] Aue wirken, verzögert und abgeflacht.“ sowie von Feldern geprägt. Die Wohnflächen (HCU 2012, S.66) Dabei ist wichtig herauszustel- sollen natürlich beibehalten und durch bauliche len, dass diese Maßnahme nicht in der direkten Maßnahmen vor Überschwemmungen geschützt Umgebung flächenwirksam wird. Um also einen werden (siehe Kapitel 4.3.5), allerdings sollen in verbesserten Hochwasserschutz für das Untersu- diesem Gebiet keine weiteren Bauvorhaben zu- chungsgebiet zu erreichen, muss die Aue ober- gelassen werden, wie bereits in Kapitel 4.3.2 er- halb dieses Gebietes angelegt werden. Trotzdem läutert. Die für die Viehhaltung und Landwirtschaft wird es ebenfalls als sinnvoll erachtet, auch in dem genutzten Flächen sollen in einen naturnahen Zu- Untersuchungsgebiet eine Aue anzulegen, um die stand zurückgeführt werden. Hiermit wird auch unterhalb liegenden Flächen vor Hochwasser zu 49 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede der Stadt Braunschweig schützen und vor allem, um den ökologischen Umnutzung der zurzeit landwirtschaftlich genutz- Zustand der Wabe/Mittelriede zu verbessern. Die ten Flächen würde zudem auch durch die Mini- Fläche, auf der im Untersuchungsgebiet selbst mierung von Schadstoffeinträgen, welche durch eine Aue angelegt werden sollte, ist in Karte 5 dar- Pflanzendünger und Pestizide verursacht werden, gestellt. zu einer verbesserten Gewässerökologie beitra- gen. Bei der aktiven Anlegung einer Aue müssen ei- nige Aspekte beachtet werden, damit die Aue Somit wirkt sich eine Flächenumnutzung des Be- zum Hochwasserschutz beiträgt, sich gleichzei- reiches zwischen der Wabe und der Mittelriede tig aber auch naturnah entwickeln kann. „Um die sowohl auf die Gewässerökologie als auch auf Gewässerökologie nicht zu beeinträchtigen, ist den Hochwasserschutz aus und ist daher ein zen- beim Anlegen von Ersatzauen zu beachten, dass traler Bestandteil des konzeptionellen Ansatzes die Geländeoberfläche nur bis etwa oberhalb der dieser Arbeit. Höhe der schützenswerten und entwicklungsbe- Versickerungsanlagen dürftigen Mittel- und Niedrigwasserstrukturen ab- getragen wird. Während eine Verbreiterung des Als Maßnahme der dezentralen Regenwasser- durchgehend durchflossenen Gewässerbettes bewirtschaftung könnten Versickerungsanlagen unbedingt zu vermeiden ist, sollte das Gewässer realisiert werden. Ebenso wie bei der Anlegung bei Hochwasser jedoch rasch ausufern können.“ der Flussaue ist es notwendig, dass die Versicke- (HCU 2012, S. 68) Genaue Berechnungen, wie rungsanlagen nicht nur im Untersuchungsgebiet, viel in dem vorliegenden Fall der Geländeoberflä- sondern vor allem im oberhalb liegenden Gebiet che höchstens abgetragen werden darf, konnten errichtet werden, um im Untersuchungsgebiet im Rahmen dieser Arbeit nicht erbracht werden. flächenwirksam zu sein. Oberhalb des Untersu- Da bei einem Hochwasser jedoch die Fläche zwi- chungsgebietes bieten sich für die Errichtung von schen der Wabe und der Mittelriede regelmäßig Versickerungsanlagen die linksseitig der Mittelrie- überflutet ist, kann davon ausgegangen werden, de liegenden Flächen zwischen dem Kleingarten- dass das Gewässer auch bei der momentanen verein und dem Tafelmakerweg sowie die Flächen Geländeoberfläche schnell ausufern kann. in der Umgebung des Badezentrums Gliesmaro- de an. Hier müssen zuerst die Eigentumsverhält- Wichtig ist zudem, dass innerhalb der Flussaue nisse geklärt werden, um die Zuständigkeit für die Initialpflanzungen vorgenommen werden. Hierfür Umsetzung der Maßnahme zu ermitteln. Im Unter- eignen sich besonders Erlen, Weidegehölze, Röh- suchungsgebiet kommen für solche Maßnahmen richt- und Großstaudenfluren, da sie die natürliche nur Privatgrundstücke linksseitig der Mittelriede in Vegetation von Auen darstellen (HCU 2012, S. Frage, daher liegt die Umsetzung hier in der Ver- 68). Durch die Initialpflanzungen soll eine eigen- antwortung der Eigentümer. Potentiellen Flächen dynamische Entwicklung der Aue unterstützt wer- für die Errichtung von Versickerungsanlagen im den. Dies ist wichtig, „da auf diese Weise sowohl Untersuchungsgebiet sind in Karte 5 dargestellt. typische […] Lebensraumstrukturen entstehen als auch die Gewässerretention durch die Rauheit der Versickerungsanlagen können sowohl ober- als Vegetation verstärkt wird.“ (HCU 2012, S. 68) In auch unterirdisch errichtet werden. Um ein ad- Bezug auf die Gewässerökologie würde das Anle- äquates System auswählen zu können, müssen gen einer Flussaue aber nicht nur die Entwicklung vorerst verschiedene Komponenten berücksich- von adäquaten Lebensraumstrukturen unterstüt- tigt werden. Zum einen ist der Grundwasser-Flu- zen und somit eine positive Wirkung erzielen. Eine rabstand von Bedeutung, da sich durch die ver- 50 Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede

stärkte Versickerung die Grundwasserneubildung Gründächer erhöht. Deswegen muss untersucht werden, ob Eine kleinräumige Maßnahme der dezentralen auf Grundstücken mit kleinen Grundwasser-Flur- Regenwasserbewirtschaftung ist beispielsweise ständen das Risiko der Vernässung von Gebäu- die Verdunstung des Niederschlagwassers über den steigen würde (HCU 2012, S. 52). Außerdem Gründächer (HCU 2012, S. 46). In dem in dieser „muss mindestens ein Meter Sickerlänge bis zum Arbeit behandelten Gebiet sind zwar vorrangig mittleren höchsten Grundwasserstand (Mittelwert Spitzdächer vorhanden, doch sind vor allem die der Jahreshöchstwerte mehrerer Jahre) gegeben gewerblich genutzten Gebäude mit großen Flach- sein.“ (Landesagentur für Umwelt Autonome Pro- dächern ausgestattet. Bei diesen Dächern würde vinz Bozen 2012). Weiterhin muss die Durchläs- sich eine Begrünung daher durchaus anbieten. sigkeit der vorhandenen Böden geprüft werden, Dabei werden „je nach Aufbau des Gründachs um ein passendes System aussuchen zu können. […] zwischen 30% und 90% der Niederschläge Zudem muss untersucht werden, welche stoff- zurückgehalten.“ (Landesagentur für Umwelt Au- lichen Belastungen das Niederschlagswasser tonome Provinz Bozen 2012) Gründächer wirken aufweist (HCU 2012, S. 52). Da Systeme mit ei- sich zudem auch auf andere Bereiche, wie bei- ner oberflächlichen Versickerung zu einer guten spielsweise auf den Wärme- und Kälteschutz oder Reinigung des Regenwassers führen, sind diese das Kleinklima, positiv aus. Die Umsetzung dieser Systeme in der Regel bevorzugt anzuwenden. Maßnahme liegt allerdings in der Verantwortung Bei geringer Flächenverfügbarkeit ist dem entge- der Eigentümer. Ebenso wie die anderen Maß- gen eine unterirdische Versickerung von Vorteil, nahmen, die zu der Verbesserung des natürlichen da diese einen kleineren Flächenbedarf aufweist. Wasserrückhalts dienen, sollte auch die Dachbe- „Weiter können auch kombinierte Versickerungs- grünung nicht nur in dem Untersuchungsgebiet, systeme eingesetzt werden, wo Systeme zur sondern auch in den anderen Siedlungsgebieten, oberflächlichen Versickerung und Systeme zur die innerhalb des gesetzlich festgesetzten Über- unterirdischen Versickerung gekoppelt werden.“ schwemmungsgebietes der Wabe/Mittelriede (Landesagentur für Umwelt Autonome Provinz liegen, durchgeführt werden. Potentielle Gründä- Bozen 2012). cher im Untersuchungsgebiet werden in Karte 5 In den oben genannten Bereichen würden sich aufgezeigt. besonders Mulden- bzw. Beckenversickerungen anbieten. Wie oben beschrieben, müssten hier- für erst die örtlichen Gegebenheiten genau un- 4.3.4 Technischer Hochwasserschutz tersucht und die Eigentumsverhältnisse ermittelt Für den technischen Hochwasserschutz bot sich werden. Sicher ist, dass einige der vorgeschlage- der Hochwasserrückhalt in der Fläche durch das nen Flächen auf jeden Fall auf Privatgrundstücken Anlegen eines Hochwasserrückhaltebeckens liegen. Da aus der Umfrage aber hervorgeht, dass rechtsseitig der Wabe an. Es wurden auch weitere viele Anwohner dazu bereit wären, eine Hochwas- Maßnahmen des technischen Hochwasserschut- serschutzmaßnahme auf ihrem Grundstück zu zes in Betracht gezogen, nach genauerer Betrach- verwirklichen, besteht eine hohe Wahrscheinlich- tung des Untersuchungsgebietes wurden diese keit, dass sich die Anwohner von der Realisierung allerdings ausgeschlossen. Es wurde beispiels- dieser Maßnahme überzeugen lassen. weise die Errichtung einer mobilen Hochwasser- schutzwand in Erwägung gezogen. Da eine sol- che Schutzwand aber eine Länge von über 600 51 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede der Stadt Braunschweig

Metern aufweisen und lediglich zum Schutz von weniger als 50 Gebäuden beitragen würde, wurde diese Maßnahme als unwirtschaftlich angesehen. Auch wäre es fraglich, wer im Falle eines Hoch- wassers die Schutzmauer montieren würde und ob sie rechtzeitig aufgebaut werden könnte. Da- her wird zum Schutz der Gebäude das Errichten von Maßnahmen der Bauvorsorge vorgeschlagen (siehe Kapitel 4.3.5).

Hochwasserrückhaltebecken

Als großräumige Maßnahme des technischen Hochwasserschutzes soll also ein Hochwasser- rückhaltebecken angelegt werden. Wie bei den in Kapitel 4.3.3 beschriebenen Maßnahmen, wird auch das Hochwasserrückhaltebecken nicht in Abbildung 6: Potentielle Fläche für das Hochwasserrück- der direkten Umgebung flächenwirksam. Daher haltebecken wurde oberhalb des Untersuchungsgebietes nach einer geeigneten Fläche gesucht, wo sich rechts- übertretenden Oberflächenwasser zu schützen, eitig der Wabe eine große Fläche anbot (siehe wird das Errichten von Objektschutzmaßnahmen Abbildung 6). Hier könnte ein Hochwasserrück- empfohlen. Da Objektschutzmaßnahmen aber haltebecken mit einer Fläche von ca. neun Hektar nicht vor steigendem Grundwasser und überlau- entstehen. Es handelt sich dabei um ein Hoch- fenden Kanalisationen schützen können, soll im wasserrückhaltebecken im Nebenanschluss. Folgenden auch auf das Vorbeugen von hierdurch entstehenden Schäden eingegangen werden. Bei Um ein ökologisch sinnvolles Hochwasserrück- diesen Maßnahmen handelt es sich aber um pri- haltebecken zu schaffen, soll dieses naturnah vate Vorhaben, die jeder Eigentümer selber veran- gestaltet werden. Zum Füllen und Entleeren des lassen muss. Hochwasserrückhaltebeckens wird es ein Einlass- bauwerk und ein Auslassbauwerk geben (LUBW Objektschutzmaßnahmen 2008, S. 16). Da das Becken nur temporär zur Gebäude können auf unterschiedliche Weise ge- Entlastung von Hochwasser genutzt wird, könn- gen das Eindringen von Oberflächenwasser ge- te eine kombinierte Nutzung überlegt werden, um schützt werden: zum einen durch Schutzanlagen das Becken auch in hochwasserarmen Zeiten nut- im Außenbereich, die verhindern, dass das Was- zen zu können. Als weitere Nutzung wären zum ser zum Gebäude hinströmt, zum anderen durch Beispiel ein Naturschutz- oder ein Naherholungs- Abdichtungs- und Schutzmaßnahmen, die unmit- gebiet denkbar. telbar am Gebäude installiert werden, um das Ein- dringen von Wasser ins Gebäude zu verhindern (BMVBS 2010a, S. 13). 4.3.5 Bauvorsorge Bei den Hochwasserschutzanlagen können so- Wie bereits in Kapitel 4.3.4 erwähnt, wird zum wohl stationäre als auch mobile bzw. teilmobile Schutz der Gebäude der Einsatz von Maßnahmen Schutzanlagen errichtet werden. Als stationäre der Bauvorsorge vorgeschlagen. Um vor dem 52 Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede

Schutzanlagen können beispielsweise Erddäm- den. Zudem sollten wertvolle Haustechnik, wie me, Mauern oder Spundwände eingesetzt wer- beispielsweise die Heizungsanlage, geschützt den. Allerdings führen diese zur Beeinträchtigung und Öltanks vor Auftrieb gesichert werden (Lan- der Grundstücksnutzung und können auch ein deshauptstadt Dresden 2011, S. 1). verkehrstechnisches Hindernis darstellen. Als Um Schäden durch Grundwasser von vornherein mobile bzw. teilmobile Schutzanlagen bieten sich weitestgehend zu verhindern, können Bestands- zum Beispiel mobile Hochwasserschutzwände gebäude nachträglich abgedichtet werden. Um an. Wird ein mobiler Hochwasserschutz mittels gefährdete Gebäude bautechnisch zu sanieren, Dammbalken gewählt, können diese auch zur ist es technisch sogar möglich, den gesamten Absicherung von Tür- und Toröffnungen genutzt Gebäudekörper anzuheben (ebenda, S. 1). Aller- werden. Allerdings sind Aufwand und Kosten für dings ist dies in der Regel mit großem Aufwand Hochwasserschutzanlagen relativ hoch (BMVBS und damit einhergehenden hohen Kosten verbun- 2010a, S. 13-14). den. Auch muss hierbei darauf geachtet werden, Bei den Abdichtungs- und Schutzmaßnahmen dass „der Druck des Grundwassers von unten gibt es verschiedene Barrieresysteme, „um Tü- […] zum Auftrieb des Gebäudes und zu Schäden ren, Tore, Öffnungen und ganze Gebäude gegen am Baukörper führen [kann]“ und daher solche Eindringen von Hoch- und Oberflächenwasser Maßnahmen nur durch Fachpersonal durchge- zu schützen“ (IBS GmbH o.J.). Bei nur geringen führt werden sollten (Landeshauptstadt Dresden Wasserständen können schon Sandsäcke einen 2011, S. 1). ausreichenden Schutz herstellen. Bei höheren Als weitere Maßnahme ist der Einbau von Wasserständen bieten, wie bereits oben erwähnt, Rückstauklappen im Abwassersystem sinnvoll, Dammbalkensysteme einen guten Schutz. Die- um zu vermeiden, dass im Falle einer überlaufen- se werden unmittelbar vor den Eingangsberei- den Kanalisation das Abwasser ins Haus über- chen installiert. Des Weiteren können auch an- läuft. Auch sollte jeder Haushalt, der in einem dere Abdichtungssysteme, wie beispielsweise gefährdeten Gebiet lebt, Zugriff auf eine Pumpe „passgenau zugeschnittene Einsatzelemente für haben. Allerdings muss auch hier beachtet wer- Eingangs- oder Fensteröffnungen […] mit Profil- den, dass das Leerpumpen von Kellern und ande- dichtungen“, auch Schotts genannt, zum Einsatz ren überfluteten Räumen die Statik des Gebäudes kommen (BMVBS 2010a, S.14). ernsthaft gefährden kann (ebenda, S. 2). Vorbeugen von Grundwasserschäden Wie bereits gesagt, handelt es sich bei diesen Um die Gebäudeschäden durch ansteigendes Maßnahmen um Vorhaben, die jeder Anwohner Grundwasser möglichst gering zu halten, gibt es selber veranlassen muss. Um jedoch einen guten bei Bestandsgebäuden mehrere Möglichkeiten. Hochwasserschutz zu erreichen, ist es ratsam, Die einfachste ist, in den betroffenen Räumen kein sich auch gegen steigendes Grundwasser und wertvolles Inventar oder andere wichtige Gegen- überlaufende Kanalisationen abzusichern. stände aufzubewahren. Somit werden zwar ge- ringe Schäden in Kauf genommen, doch können wertvolle Anschaffungen vor Grundwasserschä- 4.3.6 Risiko- und Verhaltensvorsorge den bewahrt werden. Auch sollte bei steigendem Um das Verständnis der betroffenen Bürger zu Grundwasser der Strom in den überflutungsge- stärken und sie zu sensibilisieren, soll des Wei- fährdeten Räumen rechtzeitig abgeschaltet wer- teren auch Verhaltensvorsorge betrieben werden. 53 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede der Stadt Braunschweig

Hierfür soll ein Hochwasseraktionstag durchge- Thema Wasser organisiert werden. führt werden, welcher auch den Prozess der Bau- Eine Möglichkeit, den Anwohnern anschaulich die vorsorge sowie der Risikovorsorge unterstützt. Gefahren von Hochwasser darzustellen, wäre ein Zudem kann durch einen solchen Tag auch eine visuelles Modell des Gebietes. An diesem könnte hohe Akzeptanz der bisher beschriebenen Maß- gezeigt werden, wie hoch das Wasser bei einem nahmen in der Bevölkerung erreicht werden. Die- 100-jährigen oder einem 200-jährigen Hochwas- ser sollte von der Stadt in Zusammenarbeit der ser steigen würde. Auch kann an dem Modell Abteilung Stadtplanung und der Abteilung Um- gleich verdeutlicht werden, wie sich das Errichten weltschutz organisiert werden. von Objektschutzmaßnahmen auswirken würde. Hochwasseraktionstag Zudem könnten Bilder des Gebietes zur Zeit einer Überschwemmung, beispielsweise aus dem Jahr Aus der Auswertung der Umfrage mit den Anwoh- 2002, gezeigt werden. Auch wenn alle an der Be- nern des behandelten Gebietes geht hervor, dass fragung beteiligten Anwohner angegeben haben, die Mehrheit Interesse an einem Hochwasserak- dass ihr Anwesen schon einmal von einem Hoch- tionstag hätte, bei dem die Möglichkeit besteht, wasser betroffen war, könnten solche Bilder Erin- sich über die Gefahren eines Hochwassers sowie nerungen wachrufen und somit die Bereitschaft, über mögliche Schutzmaßnahmen zu informie- selbst etwas für den Hochwasserschutz zu unter- ren. Um einen hohen Zulauf zu erhalten, sollte nehmen, erhöhen. ein solcher Hochwasseraktionstag direkt vor Ort und an einem freien Nachmittag, wie freitags oder Darauf aufbauend wäre es wichtig, die Bürger samstags, abgehalten werden. Da in der näheren über ihre Schutzmöglichkeiten zu informieren. Umgebung des Gebietes vorrangig Wohnhäuser Die Anwohner sollten über die drei Hochwasser- und Gewerbebetriebe angesiedelt sind, wäre es schutzstrategien des Ausweichens, Widerstehens sinnvoll, den Tag im Freien zu organisieren. Hier und Zulassens aufgeklärt werden (siehe Kapitel sollen die Anwohner verschiedene Möglichkeiten 4.1). Auch könnten sie über die verschiedenen erhalten, sich über das Thema Hochwasser zu Möglichkeiten der Bauvorsorge, die in Kapitel informieren. Zu einem solchen Aktionstag sollten 4.3.5 beschrieben wurden, wie Objektschutzmaß- Vertreter der Stadt Braunschweig, insbesondere nahmen und Schutzmaßnahmen gegen Grund- der Unteren Wasserbehörde, des NLWKN, der wasserschäden, sowie über deren Anschaffung, SE|BS, der Feuerwehr und der örtlichen Versiche- Anwendung, Wirkung und Kosten informiert wer- rungen eingeladen werden. Außerdem sollte der den. Hochwasseraktionstag auf jeden Fall vor der Um- Zusätzlich zu den Informationen über den bauli- setzung der innerhalb von Kapitel 4.3.2 bis Kapitel chen Hochwasserschutz sollten die Bürger dar- 4.3.5 beschriebenen Maßnahmen stattfinden, um über aufgeklärt werden, wie sie sich im Falle ei- von vornerein eine hohe Akzeptanz für die Umset- nes Hochwassers am besten zu verhalten haben. zung der konzeptionellen Ansätze zu erhalten. Um Hierfür könnten Einsatzkräfte, wie zum Beispiel alle Bürger zu Beginn über die derzeitige Situation Feuerwehrmänner, von ihren eigenen Erfahrungen zu informieren, sollte es eine kurze Einführungs- berichten und den Bürgern mögliche Handlungs- veranstaltung geben. Zudem könnten verschie- optionen und Verhaltensregeln während einer dene Stände aufgebaut werden, an denen sich Überschwemmung darlegen. die Bürger über konkrete Themen informieren können. Um auch die Kinder der Anwohner mit Auch wenn aus der Umfrage hervorgeht, dass einzubeziehen, könnten verschiedene Spiele zum bereits die Hälfte der an der Befragung teilge- 54 Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede

nommenen Anwohner eine Elementarschadens- müssen zuerst alle notwendigen Vorarbeiten, wie versicherung abgeschlossen hat, könnten zu der die Klärung der Eigentumsverhältnisse und diver- Veranstaltung auch Versicherungsberater eingela- se Untersuchungen der momentanen Gegeben- den werden. Diese könnten an einem Stand jene heiten, abgeschlossen werden. Zudem muss die Bewohner beraten, die sich noch nicht mit der Finanzierung aufgebracht werden. Auch die Pla- Elementarschadensversicherung befasst haben. nung braucht ihre Zeit, so sollten beispielsweise So könnten sich die Anwohner direkt vor Ort kom- auch die Bürger frühzeitig mit einbezogen wer- petent beraten lassen und ungeklärte Fragen und den. Zu Beginn sollte also ein Zeitplan aufgestellt Sorgen klären. werden, der die notwendigen Schritte bis zum Abschluss der Umsetzung aufzeigt. Die einzelnen Wie bereits oben erwähnt, sollte den Bewohnern Schritte müssen in eine sinnvolle Reihenfolge ge- auch das in diesem Kapitel entwickelte Hochwas- bracht werden, sodass ein Schritt nach dem an- serschutzkonzept für ihr Gebiet nahegebracht deren abgearbeitet werden kann. Da während der werden. So können die Anwohner gleich über den Umsetzung der konzeptionellen Lösungsansätze Nutzen der verschiedenen Maßnahmen informiert gewiss unvorhersehbare Probleme auftauchen werden und Fragen stellen oder Anregungen ge- werden, muss auch hierfür Zeit eingeplant wer- ben. Dies wird die Akzeptanz einer Umsetzung den. Besonders wichtig ist auch, dass die unter- des Konzeptes erhöhen, da sich die Bürger früh- schiedlichen Behörden der Stadt Braunschweig zeitig beteiligt fühlen und sie schon vorab ihre miteinander kooperieren, um eine reibungslose Meinung und ihre Sorgen äußern können. Umsetzung der konzeptionellen Lösungsansätze Durch diese Maßnahme werden die Bürger gut zu gewährleisten. Eine Maßnahmenplanung, wie mit in das Geschehen integriert und für die Ge- sie in Kapitel 2.2.4 in Abbildung 5 aufgezeigt wird, fahren eines Hochwassers sensibilisiert. Zudem ist unbedingt erforderlich. werden sie auch dazu ermutigt, selbst Vorsorge Nach der Realisierung des Konzeptes wird sich für den Fall einer Überschwemmung zu treffen. die Situation des Untersuchungsgebietes in Be- Somit dient diese Maßnahme nicht nur der Verhal- zug auf die Überschwemmungsgefahr mit Sicher- tensvorsorge, sie unterstützt gleichzeitig auch die heit stark entschärfen. Das Konzept wurde sehr Risiko- und Bauvorsorge. umfassend gestaltet, indem die meisten Ansätze Insgesamt handelt es sich bei den konzeptionel- des vorbeugenden Hochwasserschutzes mit ein- len Ansätzen also um eine umfassende Hochwas- bezogen wurden. Durch diese Kombination kann serschutzstrategie. Das nächste Kapitel soll einen eine hohe Sicherheit gewährleistet werden, auch kurzen Ausblick geben, wie die konzeptionellen wenn eine 100%ige Sicherheit natürlich nie gege- Lösungsansätze die Situation an der Wabe/Mittel- ben ist. Da sich die Gegebenheiten vor Ort aber riede verändern könnten. auch ändern können, kann nur die Zukunft zeigen, ob sich das Konzept bewährt.

Die Situation wird sich aber auch dahingehend 4.4 Ausblick verändern, dass sich das Sicherheitsgefühl der Als erstes ist darauf hinzuweisen, dass die Umset- Anwohner verbessern wird. Zum einen werden zung solcher Maßnahmen einige Zeit in Anspruch sie sich ihrer Situation bewusster werden und wis- nimmt und nicht innerhalb von einem Jahr reali- sen, wie sie sich im Falle eines Hochwassers zu siert werden kann. Bevor mit der konkreten Um- verhalten haben. Zum anderen werden sich aber setzung einer Maßnahme begonnen werden kann, durch die umgesetzten Maßnahmen sicherer füh- 55 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede der Stadt Braunschweig len. Vielleicht kann sich auch durch die Tatsache, dass sich alle Anwohner in der gleichen Situation befinden und sie gemeinsam versuchen, die Pro- bleme des Hochwasserschutzes anzugehen, der Zusammenhalt in der Nachbarschaft stärken.

Wenn sich das Konzept bewährt, kann es gegebe- nenfalls auch auf andere Gewässer bzw. Risiko- gebiete übertragen werden. Allerdings muss die Auswahl der Maßnahmen an die jeweilige Situati- on und die Gegebenheiten vor Ort angepasst wer- den; die Maßnahmen sind sicher nicht 1:1 über- tragbar. Aber der Grundgedanke des Konzeptes, einen umfassenden Hochwasserschutz durch die Umsetzung von Maßnahmen aller Aspekte des vorbeugenden Hochwasserschutzes zu schaffen, sollte auf jeden Fall beibehalten werden.

Wie bereits erwähnt, können bei der Umsetzung der konzeptionellen Lösungsansätze unvorher- sehbare Probleme auftauchen. Allerdings gibt es auch Aspekte, bei denen von vorneherein bekannt ist, dass sie zu Schwierigkeiten führen können. Da diese Aspekte bisher weitestgehend unbeachtet geblieben sind, sollen diese im letzten Kapitel auf- gezeigt werden. Zudem werden die Ergebnisse dieser Arbeit zusammenfassend dargestellt und es wird ein Rückbezug zur Stadtplanung vorge- nommen.

56 Hochwasserschutzkonzept für die Gewässer Wabe/Mittelriede

57 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Fazit der Stadt Braunschweig

5. Fazit der Flächen bewegt werden. Ein weiteres Problem ergibt sich dadurch, dass innerhalb der vorgese- 5.1 Kritische Reflektion hen Fläche streckenweise der Karl-Hintze-Weg In dem nächsten Unterkapitel werden die in Ka- linksseitig der Wabe entlangführt. Um eine wirk- pitel 4.3 erarbeiteten Lösungsvorschläge kritisch lich naturnahe und eigendynamische Entwicklung reflektiert. Dabei soll untersucht werden, was für der Flussaue zu fördern wäre es daher sinnvoll, Probleme bei der Umsetzung der Maßnahmen die Straße auf die andere Seite der Wabe zu verle- auftreten könnten bzw. woran die Umsetzung der gen, was wiederrum mit hohen Kosten verbunden Maßnahmen scheitern könnte. Es handelt sich wäre. Als letztes sollte auch die Beschaffenheit hierbei um weitergehende Probleme bzw. Fra- des Bodens auf der besagten Fläche untersucht gestellungen, die nicht mehr im Rahmen dieser werden, um festzustellen, ob der Boden den An- Arbeit behandelt werden, die aber vor der Umset- sprüchen einer Flussaue genügt. zung der konzeptionellen Lösungsansätze unbe- Wie bei dem Anlegen der Flussaue müssen auch dingt beachtet werden müssen. vor dem Bau des Hochwasserrückhaltebeckens Bei der Flächenvorsorge kann es zu Problemen die Eigentumsverhältnisse geklärt werden. Da mit Bürgern kommen, die in einem gesetzlich es sich bei der vorgesehenen Fläche um Felder festgesetzten Überschwemmungsgebiet leben, handelt, kann davon ausgegangen werden, dass aber trotzdem auf ihrem Grundstück bauliche Er- die Fläche ebenfalls nicht der Stadt gehört. Somit weiterungen durchführen wollen. Auch wenn dies kommt es zu den gleichen Hindernissen, wie bei laut § 78 WHG verboten ist, gibt es Bürger, die dem Anlegen der Ersatzaue. Die Eigentümer der sich nicht an diese Vorschriften halten bzw. dage- Fläche müssen vom Verkauf überzeugt werden gen klagen. Wie bereits in Kapitel 4.2.1 erwähnt, und die Stadt muss die finanziellen Mittel aufbrin- hat das BVerwG im Juli 2004 entschieden, dass gen, was wiederum zum Scheitern der Umsetzung der Hochwasserschutz Vorrang gegenüber den führen könnte. Des Weiteren muss vor der Reali- Bauwünschen von Eigentümern hat. Hier ist es sierung eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt Aufgabe der Stadtplanung, die Einhaltung dieser werden, um die Rentabilität zu überprüfen. Auch Vorschriften zu überprüfen und gegebenenfalls muss analysiert werden, an welcher Stelle die Verstöße zu melden. Maßnahme flächenwirksam wird, also inwieweit das Hochwasserrückhaltebecken das Siedlungs- Bei dem Anlegen der Flussaue gibt es einige gebiet vor Hochwasser schützen würde. Wie be- Aspekte, die vor einer Realisierung überprüft reits in Kapitel 4.3.4 beschrieben, wird die Fläche werden müssen. Als erstes müssen hier die Ei- nur temporär als Hochwasserrückhaltebecken gentumsverhältnisse geklärt werden. Da sich auf genutzt. Daher sollte eine mit dieser Funktion ver- der vorgesehenen Fläche zurzeit abgesehen von trägliche weitere Nutzung gefunden werden. den relativ kleinen Siedlungsgebieten vorrangig Weideflächen sowie landwirtschaftlich genutzte Die Maßnahme zur Verhaltens- und Risikovorsor- Flächen befinden, kann davon ausgegangen wer- ge ist mit Sicherheit die kostengünstigste. Auch den, dass die Flächen nicht Eigentum der Stadt kann sie ohne viel Aufwand umgesetzt werden. sind. Um diese von den Landwirten zu erwerben Was bei dem Hochwasseraktionstag aber zu ei- und die Flussaue anzulegen, ergeben sich sehr nem Scheitern führen könnte, wäre eine geringe hohe Kosten, weswegen es fraglich ist, ob die Besucherzahl. Daher sollten die Bürger frühzeitig Stadt eine solche Maßnahme umsetzten würde. und explizit auf diese Veranstaltung aufmerksam Auch müssten die Landwirte zuerst zum Verkauf gemacht werden. 58 Fazit

Bei den restlichen Maßnahmen, also bei der Dach- serschutz, große Defizite aufweist. Um diesen begrünung, dem Objektschutz, dem Vorbeugen entgegenzuwirken, ist es dringend notwendig, von Grundwasserschäden und dem Einsatz von an verschiedenen Stellen mit der Umsetzung von Versickerungsanlagen, müssen die Anwohner Maßnahmen anzusetzen. Nur durch ein umfas- erst von dem Nutzen der jeweiligen Maßnahmen sendes Maßnahmenkonzept kann eine Verbesse- überzeugt werden, um hierfür finanzielle Mittel ein- rung der örtlichen Gegebenheiten erreicht werden. zusetzen, da es sich um kleinteilige und private Hochwasser ist insofern eine Herausforderung an Maßnahmen handelt. Aus der Umfrage geht zwar die Stadtplanung, da durch Überschwemmungen hervor, dass die meisten Anwohner zu der Umset- vor allem Siedlungsgebiete und städtische Infra- zung einer Hochwasserschutzmaßnahme bereit strukturen gefährdet werden. Es ist Aufgabe der wären, doch äußerten einige der Befragten auch Stadtplanung, dem entgegenzuwirken und zu ei- Bedenken wegen der Kosten. Dies ist der Haupt- ner Schadensminimierung beizutragen. punkt, an dem die Umsetzung dieser Maßnahmen Durch die klassischen Instrumente der Stadtpla- scheitern könnte, zudem es keine Möglichkeit nung kann viel zur Verbesserung des Hochwas- gibt, als Privatperson finanzielle Unterstützung für serschutzes beigetragen werden. Indirekt kann die Hochwasserschutzmaßnahmen zu bekommen Stadtplanung durch regulative und kommunikative (Stephan 2012). Eine weitere Schwierigkeit ergibt Instrumente sowie durch finanzielle Steuerungs- sich noch bei den Versickerungsanlagen, da es formen wirken (Selle 2005, S. 310). Die regulativen an der Wabe/Mittelriede zumeist zu Winter- bzw. Instrumente werden dabei durch Bestimmungen Frühjahrshochwasser kommt (ebenda). Daher im Bau-, Planungs-, Naturschutz- und Umwelt- muss die Funktionstüchtigkeit dieser Maßnahme recht in der Flächenvorsorge angewendet. Auch in Frage gestellt werden, da bei gefrorenem Bo- ist es Aufgabe der Stadtplanung, die Einhaltung den das Niederschlagswasser nur schwer bzw. der rechtlichen Bestimmungen zum Hochwasser- gar nicht versickern kann. Trotzdem sollte dies schutz zu überprüfen und Verstöße gegebenen- nicht zum Scheitern der Errichtung von Versicke- falls zu sanktionieren. Durch die Möglichkeit der rungsanlagen führen, da, wie in Kapitel 1.1 er- finanziellen Steuerung kann durch öffentliche För- wähnt, in der Zukunft auch für den Sommer immer derung zur Umsetzung des Hochwasserschutzes mehr Starkregenereignisse prognostiziert werden. beigetragen werden. Hier spielen aber auch die Wichtig ist noch zu erwähnen, dass die konzep- kommunikativen Instrumente eine Rolle. Um die tionellen Ansätze lediglich dem vorbeugenden Finanzierung aufzubringen, muss die Verwaltung Hochwasserschutz dienen. Die Gefahrenabwehr Haushaltsmittel zur Verfügung stellen. Daher ist und die Nachsorge werden nicht berücksichtigt, wichtig, das Thema „Hochwasser“ auch auf poli- da dies nicht Bestandteil dieser Arbeit ist. Für ei- tischer Ebene anzusprechen (Stephan 2012). Wie nen nachhaltigen Hochwasserschutz ist es aber die Umfrage gezeigt hat, ist auch den Bürgern notwendig, auch diesen Aspekten Beachtung zu die Dringlichkeit des Problems bewusst. Daher schenken. sollte die Stadtplanung die Bürger und die Politik zusammenbringen und zu einem Interessensaus-

tausch anregen, um so zu der Umsetzung der 5.2 Gesamtfazit Maßnahmen beitragen.

Insgesamt gesehen kann gesagt werden, dass Direkt kann die Stadtplanung durch Marktteilhabe die Wabe/Mittelriede, sowohl was ihren ökologi- und in geringer Weise auch durch die Entwicklung schen Zustand angeht als auch beim Hochwas- von Standorten den Hochwasserschutz vorantrei- 59 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Fazit der Stadt Braunschweig ben. So kann die Stadtplanung in Überschwem- mungsgebieten wichtige Flächen erwerben, um auf diesen Hochwasserschutzmaßnahmen zu re- alisieren oder Pilotprojekte starten und somit bei- spielhaft vorangehen.

Zuletzt kann die Stadtplanung auch durch Pro- zessmanagement, Organisations- und Projektent- wicklung strukturierend auf Prozesse einwirken, indem sie die „Förderung von Meinungsbildung und Koordination unter verschiedenen Akteurs- gruppen“ unterstützt (Selle 2005, S. 311).

Der Stadtplanung steht also eine Vielzahl von Instrumenten und von kommunikativen, rechtli- chen und baulichen Maßnahmen zur Verfügung, um dem erhöhten Bedarf an Hochwasserma- nagement zu begegnen. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Wabe/Mittelriede ist es wichtig, an verschiedenen Stellen gleichzeitig anzusetzen, um so einen umfassenden Hoch- wasserschutz zu schaffen. Dies kann gewähr- leistet werden, indem verschiedene Aspekte des vorbeugenden Hochwasserschutzes miteinander kombiniert werden und die Stadtplanung mit an- deren Behörden, den Politikern und den betroffe- nen Bürgern eng zusammenarbeitet.

60 Fazit

61 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Quellenverzeichnis der Stadt Braunschweig

6. Quellenverzeichnis

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64 Quellenverzeichnis

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Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (2011): Niedersächsisches Deichgesetz; , aufgerufen am 02.09.2012.

Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz a (2012): Rechtsvorschrif- ten; , aufgerufen am 02.09.2012.

65 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Quellenverzeichnis der Stadt Braunschweig

Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz b (2012): Die EG-Wasser- rahmenrichtlinie (EG-WRRL); , aufgerufen am 02.09.2012.

Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz c (2012): Hochwasserrisikoma- nagement-Richtlinie; < http://www.umwelt.niedersachsen.de/hochwasser_kuestenschutz/risikoma- nagement/9012.html>, aufgerufen am 02.09.2012.

Stadt Braunschweig a (o.J.): Stadtchronik Braunschweig; , aufgerufen am 15.09.2012.

Stadt Braunschweig c (o.J.): Wabe/Mittelriede: Überschwemmungsgebiet; , aufgerufen am 24.09.2012.

Stadt Viernheim (o.J.): Biotopvernetzung; , aufgerufen am 04.12.2012.

Stadtentwässerungsbetriebe Köln (2012): Bau- und Flächenvorsorge; , aufgerufen am 01.11.2012.

6.3 Interview

Dipl.-Ing. Michael Stephan

Untere Wasserbehörde der Stadt Braunschweig, zuständig für Gewässer / Wasser: technische Fra- gen, Gewässerrenaturierungen: Wasserwirtschaftliche Belange, Klärwerk, Wasserrahmenrichtlinie, Braunschweig, den 26.11.2012

6.4 Abbildungen

Abbildung 1: Akteurskonstellation der Stadtplanung. Eigene Darstellung (2012).

Abbildung 2: Überlaufen von Gullys führt zu überfluteten Straßen. wetter.com AG (2012): Starkregen am Wochenende: Wasserpumpen im Akkord; , aufgerufen am 04.12.2012.

Abbildung 3: Hochwasserrisikomanagement-Zyklus. Eigene Darstellung nach: Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (2010): Empfehlungen zur Aufstellung von Hochwasserrisikoma nagementplänen. Dresden: Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft. S. 10.

66 Quellenverzeichnis

Abbildung 4: Mitwirkende Stellen und Akteure bei der Aufstellung von HWRM-Plänen. Eigene Darstellung nach: Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (2010): Empfehlungen zur Aufstellung von Hochwasserrisikomanagementplänen. Dresden: Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft. S. 15.

Abbildung 5: Aufstellungsprozess eines Hochwasserrisikomanagementplans. Eigene Darstellung nach: Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (2010): Empfehlungen zur Aufstellung von Hochwasserrisikomanagementplänen. Dresden: Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft. S. 17.

Abbildung 6: Potentielle Fläche für das Hochwasserrückhaltebecken. Stadt Braunschweig (o.J.)

6.5 Karten

Karte 1: Überschwemmungsgebiet der Wabe/Mittelriede im Bereich Riddagshausen. Stadt Braunschweig (2011): Festgesetztes Überschwemmungsgebiet der Wabe/Mittelride; , aufgerufen am 05.12.2012.

Karte 2: Überschwemmungsgebiet der Wabe/Mittelriede im Bereich Berliner Straße. Stadt Braunschweig (2011): Festgesetztes Überschwemmungsgebiet der Wabe/Mittelride; , aufgerufen am 05.12.2012.

Karte 3: Überschwemmungsgebiet der Wabe/Mittelriede im Bereich Berliner Straße HQ100. Stadt Braunschweig (o.J.).

Karte 4: Überschwemmungsgebiet der Wabe/Mittelriede im Bereich Berliner Straße HQ200. Stadt Braunschweig (o.J.).

Karte 5: Maßnahmenverortung im Untersuchungsgebiet. Eigene Darstellung (2012).

6.6 Titelbilder

Bild 1: Häuser in der Mittelriede. Eigene Aufnahme (2012).

Bild 2: Die Wabe. Stadt Braunschweig (o.J.)

67 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Anhang der Stadt Braunschweig

Experteninterview mit Dipl.-Ing. M. Stephan von der Unteren Wasserbehörde der Stadt Braunschweig

Maria Riedl:

Herr Stephan, bekannter Weise entstehen Hochwasser im Binnenland vor allem durch kurze Starkre- genereignisse oder lang andauernde Regenperioden. Können Sie mir sagen, wodurch konkret in der Wabe/Mittelriede Hochwasser entsteht? Sind für das Einzugsgebiet der Wabe/Mittelriede eher Som- mer- oder Winterhochwasser charakteristisch? Gibt es Faktoren, die das Auftreten von Überschwem- mungen an der Wabe/Mittelriede noch begünstigen?

Dipl.-Ing. Michael Stephan:

In der Vergangenheit im Einzugsgebiet Wabe/Mittelriede beobachtete Hochwässer waren klassische Frühjahrs- bzw. Winterhochwässer, begünstigt durch Schneeschmelze und Niederschlag auf gefrore- nen oder gesättigten Boden. Eine Ausnahme stellte das Sommerhochwasser 2002 dar. Hier wurden, auf Grund des vorhandenen Bewuchse in und an den Gewässern, bei Abflüssen unter HQ100 Wasser- stände erreicht, die einem HQ100 entsprochen hätten.

Ein wesentlicher Faktor ist die Bewirtschaftung des überwiegend landwirtschaftlich geprägten Ein-zugs- gebietes. Bewuchs und Bodenbearbeitung beeinflussen insbes. kleinere Hochwasserereignisse. Auf Grund der eher geringen Gewässerbreiten ist der Einfluss des Böschungsbewuchses ebenfalls relativ hoch.

Maria Riedl:

Auf der Internetseite der Stadt Braunschweig sind mehrere Karten veröffentlicht, die das gesetzlich festgesetzte Überschwemmungsgebiet der Wabe/Mittelride darstellen. Aus diesen Karten geht hervor, dass Bereiche der Berliner Straße, der Kurzekampstraße sowie der Mittelriede innerhalb des Über- schwemmungsgebietes liegen. Wurden die betroffenen Bewohner dieser Straßen explizit darüber in- formiert, dass sie in einem gesetzlich festgesetzten Überschwemmungsgebiet leben?

Dipl.-Ing. Michael Stephan:

Die Information erfolgte bisher im Rahmen eines Informationstermines im Rahmen einer Stadtbe-zirks- ratssitzung und im Rahmen der offiziellen Bekanntmachung über Zeitung und Internet im Vorfeld der Überschwemmungsgebiets-Neuausweisung. Eine direkte Information der Betroffenen hat es bisher nicht gegeben.

Maria Riedl:

Werden die Anwohner der gefährdeten Bereiche bei einem Hochwasser extra gewarnt? Gibt es in Braunschweig einen Hochwassermeldedienst oder ein Frühwarnsystem?

Dipl.-Ing. Michael Stephan:

In Braunschweig existiert ein Meldedienst u.a. auch für die Wabe/ Mittelriede. Nach Eingang einer Alarmmeldung durch den Hochwasserdienst des NLWKN und bei Erreichen bestimmter Pegelwerte wird entsprechend einem festgelegten Meldeschema verfahren. Dazu gehört ggfls auch die Informati- 68 Anhang

on der Anwohner durch die Feuerwehr und die Stadtentwässerung.

Maria Riedl:

Wurden bereits Maßnahmen ergriffen, um die Grundstücke und Gebäude der oben genannten be- troffenen Gebiete vor Hochwasser zu schützen? Wenn ja, welche Maßnahmen waren das und wann wurden sie umgesetzt?

Dipl.-Ing. Michael Stephan:

Im Bereich Wabe / Mittelriede wurden bisher keine Hochwasserschutzmaßnahmen umgesetzt. Es sind derzeit auch keine Maßnahmen geplant. Notwendig hierfür wäre ein politischer Auftrag an die Verwal- tung, verbunden mit der Bereitstellung von Haushaltsmitteln. Über die betroffenen Bereiche und mög- liche Maßnahmen liegen Erkenntnisse bei der UWB vor.

Bereichsweise wurden Brückenbauwerke geräumt bzw. abgebrochen, mit positiven Auswirkungen auf den Hochwasserabfluss.

Maria Riedl:

Wie wird in Braunschweig generell der Hochwasserschutz finanziert?

Dipl.-Ing. Michael Stephan:

Privat, bei Schutz einzelner Gebäude.

Durch die Kommune, ggf. mit Zuschussmitteln der EU, bei übergeordneten Hochwasserschutz- maß-nahmen (Siedlungsbereiche).

Maria Riedl:

Gibt es noch andere Möglichkeiten oder Stellen, an die man sich wenden kann, um die Finanzierung von Hochwasserschutzmaßnahmen aufzustellen?

Dipl.-Ing. Michael Stephan:

Auch Landesmittel stehen im Einzelfall zur Verfügung, wenn die Maßnahme in die entsprechenden Förderrichtlinien passt und noch Mittel im Landeshaushalt zur Verfügung stehen. Beantragt wird über den NLWKN.

Maria Riedl:

Kann man auch als Privatperson finanzielle Unterstützung für Hochwasserschutzmaßnahmen be-kom- men?

Dipl.-Ing. Michael Stephan:

Nein

Vielen Dank für das Interview, Herr Stephan!

69 Hochwasser und Hochwasserschutz als Herausforderung an die Stadtplanung am Beispiel Anhang der Stadt Braunschweig

Fragebogen für die Anwohner des gesetzlich festgesetzten Überschwemmungsgebietes der Wabe/Mittelriede

Frage 1) Ist Ihnen bewusst, dass sich Ihr Anwesen in einem gesetzlich festgesetzten Überschwemmungsgebiet liegt?

Ja Nein

Frage 2) War Ihr Anwesen schon einmal von einem Hochwasser betroffen?

Ja Nein

Frage 3) Haben Sie irgendwelche Objektschutzmaßnahmen realisiert, um Ihren Besitz vor Hochwasser zu schützen?

Ja Nein

Frage 4) Wenn Sie Frage 3 mit ja beantwortet haben, was für eine Maßnahme haben Sie realisiert?

Frage 5) Wenn Sie Frage 3 mit nein beantwortet haben, wären Sie bereit, auf Ihrem Grundstück eine Hochwasserschutzmaßnahme zu verwirklichen?

Ja Nein

Frage 6) Haben Sie eine Elementarschadensversicherung abgeschlossen, die bei Hochwasserschäden aufkommt?

Ja Nein

70 Anhang

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