Regierungspräsidium

Wettbewerb „Unser Dorf“

32. Hessischer Landesentscheid zum Bundeswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ – Unser Dorf hat Zukunft

Regierungspräsidium Kassel Steinweg 6 34117 Kassel Dokumentation 2006 Wettbewerb „Unser Dorf“

Dokumentation Landesentscheid 2006

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 1 IMPRESSUM

Herausgeber Regierungspräsidium Kassel Steinweg 6 34117 Kassel Telefon: 0561 106-0 Internet: www.rp-kassel.de

Bearbeitung Roswitha Rüschendorf, RP Kassel Telefon: 0561 106-3125 E-Mail: [email protected]

Gestaltung e-BILDWERKE, Kassel

Bilder Hiltrud Schwarze, Dagmar Söder, Petra Schöck

Druck Grafische Werkstatt Kassel

2 FEBRUAR 2007 Vorwort

Liebe Leserinnen, liebe Leser, weltweiter Informationsfluss, universeller Datenverkehr und globale Kommunikation rund um die Uhr lassen uns alle mehr und mehr nach emotionalen Ankerplätzen Ausschau halten. Gestern noch belächelt, erlebt so der Heimatbegriff gerade seine Wiedergeburt aus dem Wunsch nach Identität und Überschaubarkeit. Die Herkunft vom Lande oder „aus der Provinz“ wird längst nicht mehr als Makel empfunden. Oft gilt sie schon als Ausweis für größere kreative Reserven, soziale Kompetenz und Unverbrauchtheit. Nicht umsonst geht das Wort Heimat den Menschen aus ländlichen Regio- nen von jeher leichter über die Lippen als den gebürtigen Großstädtern.

Nach dem langen Weg vom Sentimentalen zum Praktischen erleben wir heute einen angenehm entstaubten Heimatbegriff, der seine Entsprechung in den Ergebnissen des Regional-, Landes- und Bundeswettbewerbs „Unser Dorf“ findet. Was die Bewertungskommission bei dem hier dokumen- tierten Landeswettbewerb vorgefunden hat, waren Heimatliebe und Heimatpflege auf der Höhe der Zeit.

Ich kann Ihnen die Lektüre dieser Dokumentation des Landesentscheides 2006 nur dringend ans Herz legen. Sie versammelt eine solche Fülle von Beispielen dörflichen Engagements, dass Sie die Mitglieder der Bewertungskommission nachträglich um die vielen Begegnungen mit Menschen, Ideen und geglückten Projekten beneiden werden. Ich bin mir sicher, dass die vielfältigen Aus- drucksformen dieser Heimatliebe auf der Höhe der Zeit den Funken überspringen lassen.

Ob Teilnehmer am Wettbewerb oder unbeteiligte Gemeinde, ob Mitglied der Bewertungskommission oder interessierte Bürgerinnen und Bürger – für alle wird es sich lohnen, diese Reise durch die Wettbewerbsdörfer nachzuvollziehen. Lassen Sie sich mitnehmen in Ihre und unsere Heimatdörfer!

Lutz Klein Präsident des Regierungspräsidiums Kassel

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 3 Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1 Impressum

2 Vorwort

4 Inhaltsverzeichnis

7 Einführung

10 Reiseroute der Kommission

11 Karte: Teilnehmerorte

12 Erfolgreiche Teilnehmer und Siegerorte der Gruppe A

13 Erfolgreiche Teilnehmer und Siegerorte der Gruppe B

14 Pressemitteilung des Hessisches Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz

16 Landesbewertungskommission

Vorstellung der Teilnehmerorte der Gruppe A Bewertungsprotokolle, Bilder, Presse

19 Alheim-Oberellenbach

25 Babenhausen-Hergershausen

30 Frankenau-Altenlotheim

36 Naumburg-Altenstädt

41 Wabern-Harle

47 -Heldra

52 Wehrheim-Pfaffenwiesbach

4 Inhaltsverzeichnis

Vorstellung der Teilnehmerorte der Gruppe B Bewertungsprotokolle, Bilder, Presse

59 Alsfeld-Altenburg

66 Bad Sooden-Allendorf-Orferode

72 Calden-Ehrsten

77 Frankenberg-Rengershausen

84 Groß-Umstadt-Heubach

89 Lohra-Weipoltshausen

94 Melsungen-Kirchhof

Siegerehrung – Veranstaltung am 1. Oktober 2006 im Kurhaus von Bad Wildungen

102 Pressemitteilung des Hessisches Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz

104 Einladung und Programm zur Preisverleihung

107 Grußwort des Gastgebers Volker Zimmermann

109 Festrede des Staatsministers Wilhelm Dietzel

113 „Kommunale Entwicklung stärken – Ehrenamt unterstützen“, Stephan Würz

117 „Einblicke“, Roswitha Rüschendorf

123 Grußwort, Heiko Backhaus, Frankenau-Altenlotheim

125 Grußwort, Heinz Heilbronn, Alsfeld-Altenburg

Anhang

130 Bewertungsbogen 132 Bildung der Regionen und Teilnehmerzahlen 2005 133 Teilnehmer des Regionalentscheids 2005 138 Hessische Landessieger seit 1959 141 Ihre Ansprechpartner für den Wettbewerb „Unser Dorf“ 141 Informationen, Richtlinien, Links

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 5 6 Einführung

Einführung

Die vorliegende Broschüre dokumentiert die Auslobung des 32. Hessischen Wettbewerbes „Unser Dorf“, ausgetragen auf der Landesebene 2006. Damit spricht sie zunächst die 14 teilnehmenden Gemeinden und Städte der Landesauslobung an. Die Dokumentation richtet sich aber in gleicher Weise an alle 173 Teilnehmer, die dem Aufruf des Hessischen Ministers Wilhelm Dietzel zur Teilnahme am 32. Wettbewerb 2005 gefolgt sind. Ihre Teilnahme ermöglichte letztendlich den Wettstreit auf der Landesebene und die Teilnahme Hessens am Bundeswettbewerb.

Über die protokollarischen Vorstellungen der Stadt- und Ortsteile und die anlässlich der Siegereh- rung gesprochenen Worte möchte das Heft darüber hinaus einen Anstoß geben zum Weitermachen oder Interesse wecken, sich erstmalig am nächsten Wettbewerb 2008 zu beteiligen.

Was beinhaltet die Dokumentation?

Die Broschüre bietet einen Einblick in den Ablauf und die Ergebnisse der Landesauslobung 2006. Über die Protokolle erfahren Sie, mit welchen Themen sich welcher Ort beteiligt hat. Angaben zur Kommission, Bilder und Presseartikel (Auswahl) ergänzen die Informationen. Die Beiträge der in Ausschnitten dokumentierten Siegerehrung greifen zum einen aktuelle Themen der Landespolitik und der Ehrenamtsarbeit auf, zum anderen geben sie Eindrücke der Kommission und der Siegerorte wieder.

In den Anlagen finden Sie die 173 Teilnehmerorte und ihre Zuordnung zu den Wettbewerbsregionen, die Bewertungskriterien sowie Ihre Ansprechpartner. Erstmalig werden auch alle bisherigen Landes- sieger tabellarisch (1959 bis 2006) präsentiert.

Was ging dem Landesentscheid 2006 voraus?

Bis zum Stichtag 1. März 2005 haben 173 Orte ihre Teilnahme an dem 32. Hessischen Wettbewerb bei den jeweiligen Landkreisverwaltungen gemeldet. Ein Blick auf die Teilnehmerliste zeigt, dass die Gruppe B (ohne Unterstützung des Programms der Dorferneuerung) auch in diesem Jahr mit 101 Orten stärker vertreten war. Die Anzahl der Orte aus der Gruppe A (mit Programmunterstützung) beläuft sich auf 72 Orte. Die räumliche Streuung auf 17 Landkreise und die kreisfreie Stadt Wiesba- den ergab eine Bildung von sieben Wettbewerbskulissen bzw. Regionen. Um möglichst gleiche Teilnehmerzahlen pro Region zu erreichen setzte sich eine Wettbewerbsregion aus einem oder meh- reren Landkreisen zusammen. Die jeweiligen regionalen Sieger (insgesamt 14 Orte) aus den beiden Gruppen stellten die Teilnehmer des Landeswettbewerbes im Jahr 2006. Die Gewinner, Frankenau- Altenlotheim (Gruppe A) und Alsfeld-Altenburg (Gruppe B), vertreten Hessen beim Bundeswettbewerb 2007. Ihnen wünsche ich viel Erfolg!

Was sagen die Protokolle aus?

Grundlage eines Protokolls sind einerseits die eingereichten Antragsunterlagen und andererseits die Eindrücke von der örtlichen Präsentation. Die unterschiedliche Informationsdichte der Vermerke begründet sich auch in dem Umfang des zur Verfügung gestellten Materials. Die Gliederung der Protokolle richtet sich nach den fünf Hauptkriterien der Bewertung. Im Vordergrund der Beschreibun-

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 7 Einführung

gen stehen die positiven Eindrücke der vorgestellten Ansätze und Aktivitäten. Fehlende Aussagen zu Unterkriterien können ein Ausdruck für nicht im Ort anzutreffende Ansätze oder fehlende Anga- ben sein. Die Protokolle sind so abgefasst, dass sie einen Eindruck von dem Ort und seinen Bewohner- innen und Bewohnern vermitteln. Sie erheben jedoch nicht den Anspruch, die vielfältigen Aktivitäten und Leistungen in Gänze wiederzuspiegeln – dieses könnte kein noch so langer Vermerk erfüllen.

Welche Rolle spielte die Präsentation für die Bewertung?

Wie stelle ich in eineinhalb oder zwei Stunden den Ort so vor, dass die Kommission einen umfassenden und glaubwürdigen Eindruck erhält? Welche Bedeutung besitzt die Präsentation für die Bewertung? Da diese Fragen immer wieder gestellt werden sei noch ein abschließendes „Wort“ zur Bedeutung der Ortsvorstellung anlässlich der Bereisung gesagt.

Zunächst: Es gibt kein eigenes Bewertungskriterium für die Vorstellung des Ortes, aber sie fließt als Indikator (Hinweis) in mehrere Kriterien ein. Da ist zum einen das Kriterium der „Ausbildung der dörflichen Identität“ zu nennen, also die Frage nach dem sogenannten Wir-Gefühl. Zum anderen fließt die Präsentation in die Bewertung der verschiedenen Aktivitäten um die bauliche, grün- ordnerische, soziale und kulturelle Entwicklung des Ortes ein. Auch ist die „gefühlte“ Wirkung der konkreten Präsentation auf die Kommission nicht zu unterschätzen.

Was heißt das?

Der Wettbewerb geht davon aus, dass die BewohnerInnen gemeinsam an der örtlichen Entwicklung mitwirken möchten. Ob dieser Grundgedanke im Ort verankert ist, lässt sich auch daran beurteilen, ob und wie die BewohnerInnen dieses persönlich einbringen. Das bedeutet u.a., dass die Verant- wortlichen selbst über ihre Aktivitäten berichten, statt sich, z.B. durch den Bürgermeister oder Orts- vorsteher, vertreten zu lassen. Aber auch aus einer breiten Teilnahme an der Begehung schließt die Kommission auf eine gewisse Anteilnahme und ein Interesse am Wettbewerb und seinen Inhalten. Konkret: Die Kommission schaut auch, wer anwesend ist (angemessen zur Tageszeit natürlich), wer berichtet, wie die gewählte Darstellungsform zu dem Inhalt passt (Frage nach der Glaubwürdigkeit des Gesagten).

Auch die Rolle der Kommune ist in der Vorstellung für die Bewertung bedeutsam. Wie Sie wissen, richten sich einige Bewertungsfragen auch an die Kommune. Beispielhaft möchte ich die Fragen nach der Qualität gemeindlicher Planungen und Satzungen oder den Stand der regionalen Zusam- menarbeit erwähnen. Aber auch die Frage, welche Anreize und Unterstützung die Kommunen bei der baulichen und grüngestalterischen Entwicklung im Vorfeld konkreter Maßnahmen anbieten, ist bewertungsrelevant. Diese Fragen richten sich aber nicht nur an die Kommune, sondern auch an die Orte. Denn bewertet wird auch, welchen Stellenwert diese überörtlichen Themen in der Bewohner- schaft haben, wie sie angesprochen werden oder wie ihre „Bearbeitung“ in der Gemeinde nachge- fragt oder eingefordert wird.

Leider wurde in manchen Orten diesen vermeintlich kommunalen Themen nicht die notwendige Aufmerksamkeit gegeben. Meine Empfehlung lautet daher: Auch diese Punkte sollten bei einer zukünftigen Präsentation stärker Berücksichtigung finden. Dabei sollten auch die Probleme ange- sprochen werden.

8 Einführung

Zum Schluss: Die Zeit ist knapp bemessen und immer zu kurz, um alles zur eigenen Zufriedenheit zu präsentieren. Vor diesem Hintergrund sind die nachfolgenden Anregungen zu verstehen. · Auch Neubau- und Gewerbegebiete sowie Ortsränder sollten in der Vorstellung bedacht werden und sei es – aus zeitlichen Gründen – nur als Luftaufnahme. · Tragen sie nicht doppelt vor. Also verzichten Sie auf einen einführenden Vortrag zu allen Haupt- kriterien, wenn Sie sowieso eine örtliche Besichtigung eingeplant haben. Dieses hilft Zeit einzu- sparen. · Ausstellungstafeln ergänzen sehr gut das Gehörte. Ihre Inhalte ergänzen das Gesehene. Um der Kommission ein gezieltes Nachsehen und Überprüfen zu ermöglichen, rege ich an, ihr zum Ab- schluss (nochmals) die Zeit für die nähere Betrachtung der Tafeln zu geben. · Rundgänge im Ort sind nicht wirklich durch Fahrten zu ersetzen. Spaziergänge liefern einerseits optimale Grundlagen für die Bewertung der Kriterien „Bauen und Grün im Dorf“, also für die Kriterien 3 und 4. Andererseits eröffnen sie die Möglichkeit sich mit den Bewohnern zu bespre- chen. Letzteres ist eine weitere wichtige Informationsquelle und ergänzt den Antrag und die Vorträge.

Weitere Anregungen für Ihre Vorbereitung am 33. Wettbewerb finden Sie in der Dokumentation über den Wettbewerb 2003.

Wie geht es weiter?

Noch im Jahr des Bundeswettbewerbes – 2007 – wird der Auftakt zum 33. Hessischen Wettbewerb 2008/2009 durch das Fachministerium erfolgen. Im Herbst werden die Richtlinien und Informationen zum Wettbewerb vorliegen. Der Stichtag für die Anmeldung wird der 1. März 2008 sein. Den inter- essierten Städten und Gemeinden und den Orten stehen die jeweiligen Landkreisverwaltungen für weitergehende Informationen zur Seite.

Mit dem 33. Wettbewerb wird gleichzeitig die 50-jährige Erfolgsgeschichte des Wettbewerbs in Hessen gefeiert. Als erstes Bundesland eröffnete Hessen 1958/1959 den Wettbewerb auf Länder- ebene unter dem Thema „Unser Dorf soll schöner werden“. Fortlaufende Anpassungen der Bewertungskriterien an die strukturellen und gesellschaftlichen Veränderungen in den Dörfern mach- ten den Wettbewerb zu einer der größten, traditionsreichsten und zukunftsorientiertesten Bürgeriniti- ativen in Hessen. Es wäre wünschenswert, wenn anlässlich der „50 Jahre Hessischer Wettbewerb“ dieses durch eine rege Teilnahme erneut dokumentiert würde.

Dank

Danken möchte ich all denjenigen, die auf vielfältige Weise den Wettbewerb ermöglichten und unterstützten. Dieses sind das Hessische Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Verbraucher- schutz, die Gemeinden, die Mitglieder der Kommissionen und der Landkreisverwaltungen. Dank auch an diejenigen, die mir ihre Beiträge anlässlich der Siegerehrung zur Verfügung gestellt haben. Was wäre die Dokumentation ohne die eingefügten Fotos und ohne ein ansprechendes Aussehen? Für die Aufnahmen bedanke ich mich insbesondere bei meiner Kollegin Hiltrud Schwarze und für die Geduld bei der Erstellung der Dokumentation bei Reinhold Weber.

Roswitha Rüschendorf

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 9 Reiseroute der Kommission

32. Wettbewerb „Unser Dorf“ – Landesentscheid 2006

Reiseroute der Kommission

Dienstag, 27.06.2006

1 11.30 – 13.30 Uhr Gruppe B Groß-Umstadt-Heubach 2 14.30 – 16.30 Uhr Gruppe A Babenhausen-Hergershausen

Mittwoch, 28.06.2006

3 09.00 – 11.00 Uhr Gruppe A Wehrheim-Pfaffenwiesbach 4 12.30 – 14.00 Uhr Gruppe B Lohra-Weipoltshausen 5 15.30 – 17.30 Uhr Gruppe B Frankenberg-Rengershausen

Donnerstag, 29.06.2006

6 09.00 – 11.00 Uhr Gruppe A Frankenau-Altenlotheim 7 12.30 – 14.00 Uhr Gruppe A Naumburg-Altenstädt 8 15.00 – 16.30 Uhr Gruppe B Calden-Ehrsten

Dienstag, 04.07.2006

9 10.00 – 12.00 Uhr Gruppe B Alsfeld-Altenburg 10 13.30 – 15.00 Uhr Gruppe A Wabern-Harle 11 16.00 – 17.30 Uhr Gruppe B Melsungen-Kirchhof

Mittwoch, 05.07.2006

12 09.00 – 10.30 Uhr Gruppe A Alheim-Oberellenbach 13 11.30 – 13.00 Uhr Gruppe A Wanfried-Heldra 14 14.00 – 15.30 Uhr Gruppe B Bad Sooden-Allendorf-Orferode

Orte ab 1.300 Einwohner und/oder größer 1000 ha Gemarkung erhalten zwei Stunden Bereisungsdauer.

Gruppe A: Anerkannte Förderschwerpunkte des Dorferneuerungsprogramms ab dem dritten Jahr oder nach Förderabschluss Gruppe B: Alle übrigen Orte

10 Teilnehmerorte Landeswettbewerb „Unser Dorf“ 2006 Teilnehmerorte des Landesentscheides

Orte der Gruppe A Orte der Gruppe B Regierungsbezirk Kreis Gemeinde Gemarkung

Herausgeber: Regierungspräsidium Kassel, Dez.25 Kartographie: Dez. 27.1

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 11 Siegerorte Gruppe A

Die Siegerorte der Gruppe A

1. Sieger Frankenau-Altenlotheim Landkreis Waldeck-Frankenberg

2. Sieger Alheim-Oberellenbach Landkreis-Hersfeld-Rotenburg

3. Sieger Babenhausen-Hergershausen Landkreis Darmstadt-Dieburg

Die erfolgreichen Teilnehmer der Gruppe A*

Naumburg-Altenstädt Landkreis Kassel

Wabern-Harle Landkreis Schwalm-Eder

Wanfried-Heldra Landkreis -Meißner

Wehrheim-Pfaffenwiesbach Landkreis Hochtaunus

12 Siegerorte Gruppe B

Die Siegerorte der Gruppe B

1. Sieger Alsfeld-Altenburg Landkreis Vogelsberg

2. Sieger Lohra-Weipoltshausen Landkreis Marburg-Biedenkopf

3. Sieger Bad Sooden-Allendorf-Orferode Landkreis Werra-Meißner

Die erfolgreichen Teilnehmer der Gruppe B*

Calden-Ehrsten Landkreis Kassel

Frankenberg-Rengershausen Landkreis Waldeck-Frankenberg

Groß-Umstadt-Heubach Landkreis Darmstadt-Dieburg

Melsungen-Kirchhof Landkreis Schwalm-Eder

*in alphabetischer Folge

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 13 Pressemitteilung

Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz

Wiesbaden, 13. Juli 2006

Umweltminister Wilhelm Dietzel: Erste Plätze im Landeswettbewerb „Unser Dorf“ gehen an Frankenau-Altenlotheim und Alsfeld-Altenburg – „Auseinandersetzung mit der Zukunftsperspektive motiviert die Bürger“

„Die Sieger des hessischen Landeswettbewerbes „Unser Dorf“ stehen fest. Die beiden ersten Plätze gehen an Frankenau-Altenlotheim und Alsfeld-Altenburg. Der Erfolg der an dem Wettbewerb teil- nehmenden Dörfer ist Ausdruck eines großen und überdurchschnittlichen Engagements der Bürger. Der ganzheitliche Ansatz des Wettbewerbes fördert auch die Auseinandersetzung mit den Auswir- kungen des demografischen Wandels, denn die Dörfer müssen in Zukunft mit einem verstärkten Wettbewerb um ihre Einwohner rechnen“, sagte Umweltminister Wilhelm Dietzel heute in Wiesbaden.

„Wir sind das Nationalparkdorf!“ Unter diesem Motto präsentierte sich Frankenau-Altenlotheim selbstbewusst gegenüber der Kommission. Mit Blick in die Zukunft baut Altenlotheim seine Position als Dorf der regenerativen Energien und Fremdenverkehrsort konsequent aus. Der starke Gestal- tungswille, der sich in vielen Beispielen niederschlägt und der Bewusstseinswandel führten zu der abschließenden Bewertung als Sieger, heißt es in der Jurybewertung. Alsfeld-Altenburg trat unter der Überschrift an: „Wie nehmen die Dinge selbst in die Hand“. Eine aktive Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des demografischen Wandels und die daraus gezogenen Folgerungen für den Ort, etwa auf die Siedlungsentwicklung, führten zu der guten Be- wertung. Aber auch das hohe soziale, kulturelle und gleichzeitig generationsübergreifende Engage- ment der Bewohner überzeugte die Kommission. Beide Orte verbindet eine überdurchschnittliche Unterstützung durch die Gemeinde oder die Stadt. Der Landeswettbewerb wurde in zwei Stufen innerhalb von drei Jahren durchgeführt. Die 14 Sieger aus den Regionalentscheiden nahmen in diesem Jahr am Landesentscheid teil. Mit landesweit insgesamt 173 Teilnehmerdörfern an den Regionalentscheiden, die im Jahre 2005 in sieben Regio- nen durchgeführt wurden, kann Hessen für den 22. Bundeswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden – Unser Dorf hat Zukunft“ im Jahre 2007 zwei Landessieger anmelden, so der Minister. Sowohl in den Regionalentscheiden als auch im Landesentscheid wurde nach zwei Gruppen diffe- renziert. Dabei sollte den unterschiedlichen Ausgangsbedingungen Rechnung getragen werden. In Gruppe A sind die Orte vertreten, die bereits öffentliche Unterstützung durch das Dorferneuerungs- programm erhalten haben bzw. die noch Förderschwerpunkte sind. In Gruppe B sind die Orte, die bislang nicht an dem Dorferneuerungsprogramm teilnahmen, zusammengefasst.

Im Landesentscheid 2006 der besten Dörfer Hessens wurden folgende Sieger ermittelt: Gruppe A 1. Altenlotheim, Stadt Frankenau, Landkreis Waldeck-Frankenberg 2. Oberellenbach, Gemeinde Alheim, Landkreis Hersfeld-Rotenburg 3. Hergershausen, Stadt Babenhausen, Landkreis Darmstadt-Dieburg

Gruppe B 1. Altenburg, Stadt Alsfeld, Vogelsbergkreis 2. Weipoltshausen, Gemeinde Lohra, Landkreis Marburg-Biedenkopf 3. Orferode, Stadt Bad Sooden-Allendorf, Werra-Meißner-Kreis

14 Pressemitteilung

Als Siegerprämie erhalten die jeweils erstplatzierten Dörfer 4.000 Euro, die zweitplatzierten Dörfer jeweils 2.000 Euro. Für den 3. Platz werden jeweils 1.000 Euro vergeben. Die übrigen Teilnehmer: Naumburg-Altenstädt, Wabern-Harle, Wanfried-Heldra und Wehrheim- Pfaffenwiesbach sowie Calden-Ehrsten, Frankenberg-Rengerhausen, Groß-Umstadt-Heubach und Melsungen-Kirchhof erhalten jeweils eine Urkunde für die erfolgreiche Teilnahme am hessischen Landesentscheid. „Die Teilnehmer des Wettbewerbes haben es vor gemacht, wie beispielhafte Leistungen und indivi- duelle Lösungsansätze für die Zukunft aussehen. Ich wünsche mir, dass möglichst viele weitere Orte zu eigenen Aktivitäten angeregt werden“, so Minister Dietzel abschließend.

Hinweise:

Die Preisverleihung durch Minister Wilhelm Dietzel wird im Rahmen des „Tages der Regionen“ am Sonntag den 1. Oktober 2006 im Kurhaus von Bad Wildungen stattfinden.

Auskunft zu den Ergebnissen des Landesentscheides erteilt die Vorsitzende der Landesbewertungs- kommission, Roswitha Rüschendorf, RP Kassel, Tel.: 0561 106-3125 http://www.rp-kassel.de/static/index1.htm

Hintergrund:

„Unser Dorf“ – der Name des Wettbewerbes steht für eine hohe Qualität dörflichen Lebens. Leitge- danke ist, wie sich der Einzelne, die Gemeinschaft, aber auch die Kommune für das Dorf einsetzen können, um es noch lebenswerter und zukunftsfähiger zu gestalten. Das Spektrum der Möglichkei- ten reicht vom Erscheinungsbild der Siedlung über die vielfältigen Formen des Zusammenlebens bis hin zur Bedeutung des Ortes im regionalen Zusammenhang. Das Lösen von Problemen und das Nutzen von Chancen zur Verbesserung der eigenen Lebensqualität in allen denkbaren Bereichen sind die eigentlichen Leitideen des Wettbewerbes. Damit geht der hessische Dorfwettbewerb weit über seine frühere Ausrichtung unter dem Titel „Unser Dorf soll schöner werden“ hinaus. In Zukunft werden die Auswirkungen des demographischen Wandels eine zusätzliche Herausforde- rung für die Dörfer im ländlichen Raum stellen. Abnehmende Bevölkerungszahlen bei gleichzeitiger Verringerung des Anteils von jungen Menschen und Vergrößerung des Anteils alter Menschen stel- len die Kommunal- und Regionalpolitik vor besondere Aufgaben.

Insgesamt ist mit einem Rückgang der Bevölkerung zu rechnen, der regional jedoch sehr unter- schiedlich verlaufen wird. Deshalb müssen die Dörfer in Zukunft mit einem verstärkten Wettbewerb um ihre Einwohner rechnen. Auch der Dorfwettbewerb soll dazu beitragen, diese Probleme des demographischen Wandels unter der Prämisse „Mehr Dorf für weniger Bürger“ zu bewältigen.

Um den vielfältigen Beiträgen Rechnung zu tragen, findet die Bewertung der Wettbewerbsbeiträge anhand einer ganzheitlichen Betrachtung des Ortes statt. Dabei werden die Aspekte Dorf, Land- schaft und Gemeinschaft gewertet und die bürgerschaftlichen Leistungen, die zu struktureller und gestalterischer Veränderung geführt haben, verglichen. Bei der Bewertung wird die allgemeine Aus- gangslage des Dorfes berücksichtigt, die daraus folgende Gestaltungs- und Entwicklungs- möglichkeiten sowie die durch den Wettbewerb angeregten und erbrachten Leistungen des Dorfes und seiner Bewohner.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 15 Landesbewertungskommission 2006

32. Hessischer Wettbewerb „Unser Dorf“ – Landesentscheid 2006 Landesbewertungskommission 2006

Hermann Brand Bernd Hessischer Städte- Landesarbeitsgemeinschaft der und Gemeindebund e.V. Kulturinitiativen und soziokulturellen Henry-Dumant-Straße 13 Zentren (LAKS) Postfach 1351 c/o Kulturzentrum Schlachthof 63165 Mühlheim 34127 Kassel

Günther Goldacker Norbert Lemb Landesverband für Obstbau, Garten- und Naturschutz-Akademie Hessen Landschaftspflege e.V. Friedenstraße 38 Finkenweg 19 35578 Wetzlar 35606 Burgsolms

16 Landesbewertungskommission 2006

Roswitha Rüschendorf Leitung Regierungspräsidium Kassel Steinweg 6 34121 Kassel

Dagmar Söder Landesamt für Denkmalpflege Hessen Schloß Biebrich 65203 Wiesbaden

Renate Weber Landfrauenverband Hessen e. V. Taunusstraße 151 61381 Friedrichsdorf

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 17 Bewertungsprotokolle

Vorstellung der Teilnehmerorte der Gruppe A Bewertungsprotokolle, Bilder, Presse

Alheim-Oberellenbach

Babenhausen-Hergershausen

Frankenau-Altenlotheim

Naumburg-Altenstädt

Wabern-Harle

Wanfried-Heldra

Wehrheim-Pfaffenwiesbach

18 Alheim-Oberellenbach

Alheim-Oberellenbach

Naturräumlich betrachtet befindet sich Oberellen- bach in der Mittelgebirgslandschaft „Fulda-Werra- Bergland“ auf 220 Meter über Normal Null. Kon- kret liegt der Ort zwischen den östlichen Ausläu- fern des Knüllgebirges und des Stölzinger Gebir- ges im Landkreis Hersfeld-Rotenburg. Teile des Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiets „Kalkmager- rasen zwischen Morschen und Sontra“ reichen in die Gemarkung. Oberellenbach wirbt für sich er- folgreich unter dem Motto „Ein Dorf mit Tradition und Innovation“. Der Ort hat Hessen auf der Expo 2000 und beim Europäischen Dorferneuerungs- wettbewerb vertreten. Unter diesem Logo begrüßt der Ort seine Gäste. Die Dorferneuerung wurde 2003 abgeschlossen. 2006 konnte Oberellenbach auf 860 Jahre Geschichte verweisen. Seit 1978 nimmt das Dorf kontinuierlich am Wettbewerb teil.

Allgemeine Entwicklung des Ortes

Die Gemeinde hat 1996 einen neuen Flächennutzungsplan und 1998 einen Landschaftsplan verab- schiedet. Wenige Bebauungspläne, u.a. für einen Solarpark, regeln die bauliche und Freiflächen- entwicklung. Der Dorfentwicklungsplan ist Leitbild für die weitere innerörtliche Entwicklung. Er soll 2011 auf örtliche Initiative hin fortgeschrieben werden. Dorferneuerung, Jahresfeier und Wettbe- werb stärkten die Zusammenarbeit zwischen der Gemeindeverwaltung, Ortsbeirat und Bewohnern nachhaltig. Mehrere Arbeitsgruppen und projekt- bezogene Initiativen bezeugen das Netzwerk einer guten Zusammenarbeit. Die Einwohnerentwicklung ist gegenüber 1990 um 34 Personen auf 444 Einwoh- ner angestiegen, in den letzten Jahren jedoch stag- nierend. Die Gesamtgemeinde wirbt für sich als Gebiet für den Fremdenverkehr. Mit seinen innerdörflichen in- frastrukturellen Angeboten ist Oberellenbach an die touristische Entwicklung der Gemeinde angebun- den. Aktuell wurden ein Bergbauwanderpfad an- gelegt und textlich ansprechend dokumentiert und Kunstobjekte in die Landschaft gesetzt. Einige Zim- mer werden privat und über eine Gaststätte ange- boten. Initiativ wurde der Ort bei der Erstellung des überregionalen Tourismuskonzeptes „Pro Region- Mittleres Fuldatal“, einem Zusammenschluss von vier Gemeinden. Mit der Selbstvermarktungsgemeinschaft „RegioBunt Lützelstrauch“ ist bereits 1996 der Einstieg in den naturverträglichen Tourismus geschaffen worden. Die öffentliche Infrastruktur wird überwiegend in den anderen Ortsteilen angeboten, so auch Kinder- garten-, Schule und die ärztliche sowie soziale Versorgung. Ein Anrufsammeltaxi ergänzt das Ange-

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 19 Alheim-Oberellenbach

bot des Öffentlichen Nahverkehrs. Oberellenbach ist an ein gut ausgearbeitetes regionales (Themen-) Wander- und Radwegenetz angeschlossen. Im Ort steht ein Freizeit- und Jugendheim für Feste und Vereine zur Verfügung. Der Dorftreff mit dem Dorfladen ist im Rahmen der Dorferneuerung entstan- den. Die evangelische Kirche unterhält ein Gemeindezentrum.

Die Gemeinde verfolgt und unterstützt bereits seit Jahren eine ökologische und nachhaltige Ent- wicklung der Gemeinde. Mit einem Energieleitbild und -konzept hat Alheim sich einen neuen Schwer- punkt gesetzt. So wirbt sie über ihre Homepage beispielsweise für Bürgersolar-Anlagen und vermietet gemeindeeigene Dächer. Unter der Bundessolarliga, Kategorie Kleinstädte, belegt Alheim den 51 Platz. Damit liegt die Gemeinde hessenweit an erster Stelle von insgesamt 58 Teilnehmern. Aufge- nommen sind hierbei die Leistungen der Solar-Wärme-Anlagen (Solarthermie) und der Solarstroman- lagen (Photovoltaik). Oberellenbach ist an dieser Auszeichnung durch 17 private und einige öffent- liche Installationen, aber auch durch die Er- richtung eines Freiflächensolarparks durch einen ortsansässigen Unternehmer stark be- teiligt. Als ein Kompetenzzentrum für Ener- gie bietet das Unternehmen ca. 40 Arbeits- und 10 Ausbildungsplätze. Weitere Photo- voltaikanlagen sind in Planung wie auch der Aufbau eines Nahwärmenetzes über zwei Holzhackschnitzelanlagen. Die Riedmühle erzeugt für zwei Familien Strom.

Die hohe innerörtliche und überörtliche Zu- sammenarbeit und Vernetzung und die gro- ße Anzahl der (Selbsthilfe-)Projekte lassen auf eine hohe Identifikation der Bewohner mit ihrem Ort schließen. Unverkennbar ist, dass das überdurchschnittliche Engagement Einzelner dabei einen erheblichen Einfluss hat.

Bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen

14 Vereine und Gruppen, zum Teil im Verbund mit den Nachbarorten, bieten den Bewohnern vielfäl- tige Möglichkeiten sich sportlich, sozial und kulturell zu betätigen oder auch sich für die bauliche und grünordnerische Entwicklung einzusetzen. Dieses sind u.a. der Heimat-, Sport-, Landfrauen- und mehrere Gesangvereine, die VdK-Ortsgruppe, die Friedhofskommission. Feuerwehr und die Laienspielgruppe sprechen gerade auch den Nachwuchs an. Manche der öffentlichen Einrichtungen wurden und werden über Vereins- und Bürgerspenden erneuert. Der Zusammenschluss aller Vereine, die Vereinsgemeinschaft, organisiert die übergreifenden Aktivitäten und Feste. Neben der Brauchtums- pflege (Chronik, Handwerkermarkt, Bergbau) haben sich auch neuartige kulturelle, umweltpädagogische und soziale Angebote und Veranstaltungen entwickelt: Kleinkunst, Disco, Kunst in der Landschaft, Ausstellungen oder Krabbelgruppe, Frauenkreis und Jugendtreff, Kräuterwanderungen, Pflanzaktionen sind Beispiele hierfür. Sie beruhen auf privaten und kirchlichen Initiativen.

Außergewöhnliche und neue, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Impulse haben im Weiteren die „RegioBunt Lützelstrauch GbR, die „Lebensgemeinschaft Persephone“, die „Kirchhof-Agrar-Ag“, der Dorfladen und das Unternehmen mit zwei Firmen im Geschäftsbereich Fotovoltaik. Auffallend auch hierbei der hohe Grad der Vernetzung, der über die Region reicht und auch Kindergarten und

20 Alheim-Oberellenbach

Schulen einschließt. Die Verknüpfungen sind vielfäl- tig und führen u.a. die Landwirtschaft mit der Ener- gieerzeugung zusammen. In Anlehnung an das heil- pädagogische Konzept sind die Kinder und Jugend- lichen der „Lebensgemeinschaft Persephone“ in den dörflichen Alltag integriert. Therapeutische Verbin- dungen gibt es dabei auch zu den örtlichen Gesell- schaftern von „RegioBunt Lützelstrauch“, der Töpfe- rei und dem ökologisch arbeitenden Landwirt- schaftsbetrieb Kirchhof. Dieser, Anfang der 80-er Jahre gegründete Betrieb, ist heute als einziger noch Vollerwerbsbetrieb in Oberellenbach ein weiterer Motor der dörflichen (und regionalen) Entwicklung. Auf dem Selbstversorgerhof mit Kuh- und Ziegen- haltung, Käserei und Hofladen arbeiten und leben heute 12 Personen. Innovation, sozialtherapeutisches und umweltpädagogisches Engagement zeichnen das Familienunternehmen aus. Eine weitere Beson- derheit ist der nunmehr seit acht Jahren laufende „Dorfladen“ im Zentrum des Ortes. Mehr als 50 BürgerInnnen haben sich finanziell am Ausbau beteiligt. Das Geschäft wird von vier Geschäftsfüh- rern ehrenamtlich organisiert und beschäftigt vier Frauen in Teilzeit. Neben der Versorgung mit Grundnahrungsmitteln werden zahlreiche Dienstleistungen im Geschäft oder im Gebäude, dem „Dorftreff“, angeboten. In Oberellenbach entstanden in den vergangenen 10 Jahren mehr als 50 (Teil-)Arbeitsplätze. Sie ergänzen die Arbeitsplätze mehrerer Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe.

Baugestaltung des Ortes

Der regellose historische Ortskern ist als Gesamtlage nach dem Denkmalschutzgesetz bewertet. Die Begründung für das zu erhaltende Ensemble liegt in der Ortsgeschichte und ihren Zeugnissen, der erhöht liegenden Ev. Kirche (1778, Turm 1522) mit Wehrmauer, dem ehemaligen Gerichtsplatz und Kirchhof sowie dem südlichen Ortskern, der sich am Erlenbach entwickelt hat. Darüber hinaus gibt es ca. 15 private Kulturdenkmäler aus dem 16. bis in das frühe 20. Jahrhundert. Die Siedlungs- entwicklung erfolgte durch eine behutsame Bauerweiterung und durch die Erschließung innerörtlicher Freiflächen.

Das heutige Gesicht des Ortes ist stark durch die Teilnahme an dem Programm der Dorferneuerung geprägt. Um-, An- und Neubauten greifen dabei die vorgefundene Formensprache als auch Farb- gebung angenehm zurückhaltend auf. Dieses trifft für die öffentlichen Gebäude ebenso zu, wie für die privaten Sanierungen. Beispielhaft für den öffentlichen Bereich seien das Freizeitheim, die Friedhofskapelle, die Buswartehalle, das Feuerwehrgerätehaus und der Dorftreff sowie die Kirche genannt. Überzeugend auch die Nutzungen der Gebäude. Auffallend ist die harmonische Gestal- tung der umliegenden Frei- und Verkehrsflächen einschließlich ihrer Möblierung. Ein guter Kompro- miss zwischen verkehrstechnischen Erfordernissen (Bus) einerseits und kommunikativ und ästhetisch Wünschenswertem andererseits, wurde auch bei der Anlage des Dorfplatzes gefunden.

In den vergangenen zehn Jahren konnte für eine große Anzahl von Gebäuden durch Eigentümer- wechsel und Umbau eine neue Nutzung gefunden werden. Zahlreiche neue Wohnungen entstanden, aber auch Räumlichkeiten für kulturelle Veranstaltungen. War noch 2003 für vier Hofanlagen und Grundstücke keine Lösung gefunden, so zeichnet sich nunmehr der Verkauf des letzten Anwesens

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 21 Alheim-Oberellenbach

ab. Überwiegend wurden bei Renovierungen und Erneuerungen von Fenstern und Türen die ur- sprüngliche Maßstäblichkeit und Materialvorgabe berücksichtigt. Allerdings finden sich auch nicht nachahmenswerte Beispiele im Ort. Auffallend die abgestimmte Farbwahl bei den Neurenovierungen. Die rote Dachlandschaft ist (noch) weitgehend erhalten, die Solardächer noch im Hintergrund blei- bend.

Grün im Dorf

Oberellenbach ist in weiten Teilen gut durch- grünt. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Neuanpflanzungen im Straßen- raum vorgenommen, die neben ihrer Funk- tion für Kleinklima und Fauna auch raumbild- end wirken. (Teil-) Entsiegelungsmaßnahmen und die Anlage von Magerrasen tragen zu diesem Eindruck bei. Vorbildhaft ist dabei auch die Neuanlage der Parkplätze am Jugendheim. Auch der Spielplatzausbau, geplant von den Eltern, spricht an. Eine Ver- besserung der Durchgrünung des Friedho- fes erbrachte die Anpflanzung der Hain- buchenhecke; allerdings fällt die Gesamt- begrünung gegenüber den sonstigen öffent- lichen Grünanlagen ab. Zahlreiche Paten- schaften durch Bewohner, Anlieger und Vereine sowie der Einsatz der Landfrauen ermöglichen die Pflege des öffentlichen Grüns. Die Sicherung des alten Hohlweges wird begrüßt. Allerdings wurde die Zweckmäßigkeit der Betonrinne von der Kommission in Frage gestellt. Höfe, Gärten und halb- öffentliche Plätze sind vielfach straßenseitig ausgerichtet. Auch hier finden sich zahlreiche anspre- chende und gute Beispiele: Nutz- und Blumengärten, Gehölze wie Flieder, Hausberankungen, Sockel und Einfriedungen aus Sandstein, Staketenzäune und mehr. Allerdings sind auch zahlreiche Höfe durch Asphalt und Pflasterung versiegelt und lassen so keinen Raum für Tritt- und Ruderalgesell- schaften oder auch Gehölze und Hausbäume.

Das Dorf in der Landschaft

Die Gemarkung ist insbesondere durch ausgedehnte Wiesentäler und landwirtschaftliche Nutzflä- chen mit überwiegendem Grünlandanteil und auch einem geringerem Forstanteil charakterisiert. Aufgrund geologischer Besonderheiten wird in der Region bereits seit dem ausgehenden Mittelal- ter Bergbau betrieben. Zwei aktive Gipsbrüche prägen den westlichen aber auch südlichen Orts- rand. Relikte zurückliegender bergbaulicher Tätigkeiten befinden sich im Umfeld, darunter manche Besonderheit wie der Ellenbacher (Hoch-)See. Insgesamt gibt es je drei flächenhafte und Einzel- naturdenkmäler. Ein 1,5 ha großer Feuchtbiotop wurde mit einer Feldholzinsel vernetzt. Die Ausweisung der Baumarten unterstützt das umweltpädagogische Engagement der Ortsbewohner. In Zusammenarbeit mit dem Vogelschutzbeauftragten haben Jugendliche ca. 150 Nistkästen in der Gemarkung verteilt. Fledermausquartiere wurden im Glockenturm und in zwei Stollenzugängen ermög- licht.

22 Alheim-Oberellenbach

Anregungen und Empfehlungen

Auffallend und nicht selbstverständlich ist, wie sich der Ort in den vergangenen Jahren aktuellen Herausforderungen stellte und neue Aufgaben als Chance der Weiterentwicklung definiert. Dabei kann er sich der Unterstützung der Gemeinde sicher sein. Die hohe Qualität des dörflichen Lebens liegt wohl auch dar- an, dass das hohe Engagement zahlreicher Einzelpersonen auf das Wohl des Dorfes und seiner Gemeinschaft ausgerichtet ist. Sie haben zu den beschriebenen „Leuchtturmprojekten“ und der Verzahnung mit den vielfältigen innerörtlichen Aktivitäten geführt. Das Leitbild „Oberellenbach ein Dorf mit Tradition und Innovation“ ist glaubwürdig und überzeugend. Eine große Iden- tifikation der Bewohner hierzu ist auszumachen. Diesen Weg fortzusetzen ist die Herausforderung für morgen. Dieses kann sicherlich nur unter bleibender und verstärkter Einbindung der nachrückenden Generation gelingen. Hierin liegt die große He- rausforderung für den Ort. Der Aufbau einer Bürgerstiftung wäre ggf. ein Baustein für eine zukunftsfähige Entwicklung. Die beabsichtigte Fortschreibung des Dorfentwicklungsplans wird ausdrücklich begrüßt. Oberellen- bach verfügt über eine Reihe sehr guter Broschüren, die die Veränderungen des Dorfes dokumentie- ren. Zur Unterstützung der Fremdenverkehrsaktivitäten wird angeregt, diese Informationen für die Gäste zu komprimieren und einzusetzen. Die siedlungsgeschichtliche und kulturwirtschaftliche Ent- wicklung der Gemarkung könnten dabei weitere Schwerpunkte bilden, z.B. über die Darstellung alter Wegebeziehungen oder Anbauformen. Das regionale touristische und wirtschaftliche Engage- ment gilt es fortzuführen.

Auch die Kommission konnte sich der Diskussion um die Verträglichkeit von Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energie mit den Zielen der Sicherung des Kulturraums einerseits und der erhaltens- werten Dachlandschaft andererseits, nicht verschließen. Gemeinde und Ort haben sich für eine wirtschaftlich und energetisch nachhaltige Entwicklung entschieden. In der weiteren Entwicklung wird empfohlen die Zielabwägungen (auch weiterhin) öffentlich zu diskutieren und abzustimmen. Im Sinne des Denkmalschutzes sollten Dachflächen „nachrangiger“ und möglichst nicht straßenseitig einsehbarer Gebäude gewählt werden. Wünschenswert ist weiterhin, wenn die Entsiegelungen von Flächen sukzessiv fortgeführt werden. Beispielhaft sei der Hof des alten Pfarrhauses genannt. Manche Konifere könnte ggf. durch einen Laubbaum oder ein Gehölz ausgetauscht werden. Die Empfehlungen des Landschaftsplans enthal- ten zahlreiche Hinweise für die weitere grünordnerische Entwicklung des Ortes und seiner Gemar- kung. Pflasterungen sollten in ihrer Farbe und Form eher zurückhaltend wirken. Dieses gilt auch für kleine bauliche Anlagen wie Infotafeln, Einfriedungen, Vorbauten. Die Ausführungen sollten hand- werklich gut und funktional, aber auch „unverspielt“, also einfach gehalten werden. Im Ort ist zu prüfen, ob jedem Eigentümer die Hilfen zur Orientierung bei baulichen Veränderungen bekannt sind. Auf eine fachliche Beratung im Vorfeld einer baulichen Veränderung ist weiterhin zu achten.

Die Bewertungskommission, August 2007

Ansprechpartner Ortsvorsteher Kurt Ludwig Zum Ried 26 36211 Alheim-Oberellenbach

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 23 Alheim-Oberellenbach

24 Babenhausen-Hergershausen

Noch am Rande des Rhein-Main-Gebietes und des Rodgaus befindet sich im Landkreis Darmstadt-Dieburg Babenhausen-Hergershausen. Es liegt in der flachen Landschaft des Gersprenz-Tales mit günstiger Verkehrsanbindung an die Städte Darmstadt, Offenbach und Frank- furt. Dorthin richtet sich auch die Orientierung des auf Zuwachs ausge- richteten Ortes. Pendlern mit Arbeitsplatz in den umliegenden Städ- ten, bietet Hergershausen eine ruhige Wohnatmosphäre. Dabei setzt der Stadtteil auf eigene Qualitäten: Als junges, musikalisches und grü- nes Dorf, sollen auch weiterhin Neubürger in den Ort angezogen wer- den. So hat sich die Bevölkerung seit 1950 von rund 1130 auf heute rund 2000 Einwohner fast verdoppelt. Ein weiteres Anwachsen um etwa 500 Einwohner wird mit Besiedlung des neuen Wohngebietes erwartet. Der Ort hat erstmalig an dem 32. Wettbewerb teilgenommen. Her- gershausen präsentiert sich unter www.hergershausen.com.

Entwicklung des Ortes

Der Ortskern des auf eine mittelalter- liche Gründung zurückgehenden, befes- tigten Haufendorfes ist in seiner Um- grenzung noch ablesbar und steht zum Großteil als Gesamtanlage unter Denk- malschutz. Neuere Baugebiete siedel- ten sich nach Südosten, zur Bahn hin, an. Hier entsteht auch aktuell das groß- flächige Neubaugebiet mit neuer Ganz- tagesschule, das die in einiger Entfer- nung liegenden Sportstätten mit dem Bürgerhaus sinnvollerweise an den Ort anbinden soll. (In diesem Zusammenhang ist die Antenne am Bürgerhaus kritisch zu überdenken!) Insgesamt sind flächendeckende Plan- werke vorhanden: Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan, Bebauungspläne, Ge- staltungssatzung in Form einer ansprechenden Baufibel. Ergänzung finden diese in der anregenden „Informationsbroschüre“ zu Hergershausen. Positiv ist die Förderung privater Grüngestaltungen gemäß dem Leitbild „grünes Dorf“ durch die Gemeinde.

Die vorhandene öffentliche und private Infrastruktur ist gegenwärtig ausreichend bis gut. Die Erreich- barkeit der Kernstadt wird für Jugendliche zum Teil über vereinseigene Fahrdienste ermöglicht. Hergershausen ist an ein überregionales Radwegenetz angeschlossen. Die Grundversorgung ist mit vielfältigen und differenzierten Angeboten gesichert; es wird eine Erweiterung mit Fertigstellung des Neubaugebietes erwartet. Gewerbliche Betriebe bieten in Hergershausen ca. 200 Personen eine (Teilzeit-) Arbeit. Die bisher schon vorbildliche u.a. private Kinderbetreuung soll auch auf Kinder unter drei Jahren ausgedehnt werden. Hier könnten weitere Teilzeitarbeitsplätze entstehen. Sinnvoll und wünschenswert erscheint die Umnutzung der alten Schule von 1908 zu einem Bürgerzentrum und einer Begegnungsstätte.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 25 Babenhausen-Hergershausen

Die Nutzung regenerativer Energien beschränkt sich im Wesentlichen auf einzelne private Maßnahmen wie Solarenergieanlagen und auch die Wasserkraftnutzung durch die Langsfeldmühle. Mehrere – auch thematische – Chroniken sowie ein Kirchenführer bezeugen das Interesse auch an der ge- schichtlichen Entwicklung des Ortes. Dieses schließt auch die nationalsozialistische Zeit ein. Mit der Dorf- erneuerung entstand eine neue Qualität sowohl des örtlichen Miteinanders als auch hinsichtlich der Teil- habe an kommunalpolitischen Entscheidungen. So sind über Arbeitskreise und Arbeitsgruppen Projekte initiiert und realisiert worden und neuartige Initiativen hervorgegangen, wie Erstellung eines Fotokalenders, eines gemeinsam realisierten Internetauftritts, einer Dorf-Informationsbroschüre und mehr. All dieses führt aktuell zu einer überdurchschnittlichen hohen Identifi- kation mit dem Ort.

Bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen

Die 10 Vereine besitzen mit relativ hohen Mitgliederzahlen eine starke Bindungskraft im Ort. Sie reichen von den traditionellen Vereinen wie Feuerwehr, Sport bis zu den „Kleinen Strolchen e. V. Mehrere Vereine schließen Untersparten ein. Diese umfassen auch vielfältige musikalische Angebo- te und eine Laienschauspielgruppe. Die Vereine koordinieren sich in einem Gremium. Neben der Vereins- und Kirchenjugendarbeit sind Projekte unter Mitwirkung der „Jungen“ entstanden. Beispiel- haft sei ein Filmprojekt oder das Erzählcafé genannt. Ein besonderer Schwerpunkt bürgerschaftlicher Aktivität liegt – deutlich sichtbar – in der Grüngestaltung des Ortes. Sei es bei Grünpatenschaften für öffentliche Flächen, sei es im privaten Bereich, es wird mit viel Engagement und fachlicher Kompetenz gewirkt und auch eine deutliche Außenwirkung erreicht, etwa durch Aktionen wie dem Tag der offenen Hofreiten und der offenen Gartenpforte – gute Beispiele machen hier Schule. Die Unterstützung der örtlichen Gärtnereien durch Gehölz- und Baum- spenden unterstreicht das gemeinsame Interesse einer liebenswerten Ortsdurchgrünung.

Baugestaltung des Ortes

Der in weiten Bereichen wohlerhaltene Ortskern mit einer Vielzahl reizvoller Fachwerkbauten bietet ein attraktives Wohnumfeld, das auch von jüngeren Bewohnern gerne angenommen wird. Die oft mit viel Liebe zum Detail sanierten Hofreiten lassen den Stolz der Eigentümer erkennen und wirken als Vorbilder und Ansporn für die Nachbarschaft. Um die städtebauliche Qualität zu steuern, wurde der Ortskern digital erfasst und mit einem Bebauungsplan belegt. Weiterhin sind 26 bauliche Anla- gen als Kulturdenkmäler ausgewiesen. Die seit 1999 laufende Dorferneuerung wird 2007 abge- schlossen; bisher wurden 41 Maßnahmen durchgeführt. Ein örtliches Bewusstsein für die Gesamtstruktur des Dorfes trägt zu dem insgesamt guten Eindruck bei. Dieses sollte auch über die Dorferneuerung hinaus sensibilisiert werden. Als Ergebnis sollte der Scheunenkranz in seiner Eigenart erhalten, d. h. die außenliegende Gartenzone möglichst von Be- bauung freigehalten werden. Dieses schließt ein, dass die Scheunen bei Umnutzung oder als Neubau- ersatz zu Wohnzwecken als Bautpyus erkennbar, d.h. ablesbar bleiben.

26 Babenhausen-Hergershausen

Ein schönes, für alle offenes Ensemble ist im Umfeld von Kirche und Gemeindehaus entstanden. Auch bei dem noch anstehenden Projekt „Alte Schule“ sollte auf eine architektonisch qualitätvolle Umsetzung unter fachlicher Beratung geachtet werden. Wichtig für das angrenzende Neubaugebiet ist die Einhaltung der definierten Gestaltungsrichtlinien, um hier einem Wildwuchs vorzubeugen. Zahlreiche Freiflächen wurden neu gestaltet, differenzierte Straßen und Wege in die Maßnahmen einbezogen, so etwa die ortstypischen „Gängelchen“. Wichtigstes Projekt war die Erneuerung des „Dalles“, des zentralen Dorfplatzes. Hier bleibt abzuwarten, wie diese relativ großräumige, jetzt aufwendig mit Naturstein (allerdings ortsfremdem Material) gepflasterte Fläche mit Leben erfüllt werden kann, zumal früher hier angesiedelte öffentliche Funktionen (Rat- und Feuerwehrhaus, Gast- haus) nicht mehr vorhanden sind. Auch die räumliche Platzfassung kann punktuell noch verbessert werden. Insgesamt sollte bei zukünftigen öffentlichen und privaten Frei- und Verkehrsflächen- gestaltungsmaßnahmen auf eine möglichst einheitliche, ruhige Wirkung und die Verwendung orts- üblicher Materialien geachtet werden.

Grüngestaltung des Ortes

Traditionelle Grünstrukturen wie der zusammenhän- gende Gartenkranz, Fassadengrün, aber auch kleine unbefestigte Flächen bilden ein wesentliches Element des Ortsbildes. Dieses gilt es auch zukünftig zu si- chern. Grundlagen dafür sind Gestaltungspläne für Grünflächen, die privat umgesetzt werden. Austausch und Anregungen bieten seit 2005 die Gartenstamm- tische mit Exkursionen. Nisthilfen für Mauersegler und Schwalben und andere Arten sind ergänzende umwelt (-pädagogische) Maßnahmen. Zahlreiche Pflanzanre- gungen der Kommission 2005 wurden bereits umge- setzt. Stellenweise erhält das Ortsbild sein ganz eigenes Ge- präge durch persönliche Vorlieben – in Hergershausen sind es Rosen und Clematis, die dem Ort eine indivi- duelle Note verleihen. Einige sehr aktive Bewohner- Innen und die AG Grüngestaltung leisten Vorbildliches und haben manche Höfe in wahre Schmuck- stücke verwandelt. Auf eine ähnlich hochwertige Grüngestaltung sollte bei dem noch zu entsiegeln- den Hof der alten Schule geachtet werden. Zu empfehlen ist eine Erweiterung dieser Aktivitäten und Planungen auch für die neueren Wohnge- biete; auch hier sollte die Grüngestaltung nicht völlig von den örtlichen Traditionen abweichen und einige der schon vorhandenen Leitgedanken aufgreifen. Verbesserungen sind noch im Umfeld des Bürgerhauses möglich.

Dorf in der Landschaft

Das Gebiet um Hergershausen weist eine eher großräumige landwirtschaftliche Struktur auf. Der historische Ortsrand im Nordwesten stellt ein besonderes Potential dar, dessen Wertes man sich hier bewusst ist. Viele Maßnahmen bezogen sich daher auf diesen Bereich. Als großes Entwicklungsziel stand dabei die Renaturierung der landschaftlich interessanten Flussniederung der Gersprenz mit den überregional bedeutsamen, als Naturschutz- und Fauna-Flora-Habit-Gebiet geschützten, Her- gershäuser Wiesen im Vordergrund vielfältiger Maßnahmen. Sie trugen und tragen dazu bei, die

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 27 Babenhausen-Hergershausen

Anforderungen an den Hochwasserschutz und die Auennutzung mit den wünschenswerten Um- weltstandards an Gewässergüte, Landschafts- gliederung und Artenvielfalt in Einklang zu brin- gen. Die Maßnahmen, wie auch die Eingrünung des Ortsrandes, sollten konsequent weiterver- folgt bzw. komplettiert werden. Weitere Projekte liegen im (behindertengerech- ten) Ausbau von (Rund-) Wegen, dem Bau ei- ner Schutzhütte, Anlage von Beobachtungs- plätzen und einer Hochzeitsallee sowie Arten- schutzmaßnahmen und mehr. Für die weitere Landschaftsplanung wird empfohlen, die kultur- und nutzungsgeschichtliche Geschichte der Gemar- kung auch weiterhin einzubeziehen. Dieses kann z. B. durch Kenntlich- und Bewusstmachung alter Wegeverbindungen erfolgen.

Anregungen und Empfehlungen

Hergershausen mit seiner eindeutigen Ausrichtung auf Wachstum unterscheidet sich von der Viel- zahl hessischer Dörfer, die von Abwanderung und Leerstand bedroht sind. Diese Chance gilt es zu nutzen und das attraktive Wohn- und Lebensumfeld weiter auszubauen. Das im Ort vorgefundene Motto: „Tue Gutes, zeige dieses und rede darüber“ hat sich offensichtlich bewährt und sollte daher auch zukünftig bei allen Vorhaben mit bedacht werden. Eine Herausforderung wird in der sozialen Integration der zahlreichen Neubürger bestehen. Anbin- dung und Integration sind auch die planerischen Anforderungen für den neu entstehenden Ortsteil. Es ist zu wünschen, dass die Anforderungen des Bebauungsplans, insbesondere mit seinen land- schaftsplanerischen und bauordnungsrechtlichen Festsetzungen, auch tatsächlich umgesetzt wer- den. Hierzu bedarf es sicherlich einer offensiven Beratung im Vorfeld der Bebauung. Eine Herausfor- derung nicht nur für die Kommune. Unbedingt sollte auf eine gute Einbindung in die umgebende flache Landschaft mit entsprechender Bepflanzung geachtet werden. Insgesamt könnten die Orts- ränder noch stärker durch Anpflanzungen ausgebildet werden. Wünschenswert wäre auch eine (kosten- lose) kommunale Erstberatung im Hinblick auf Energieeinsparung, Energieeffizienz und/oder Nut- zung regenerativer Energien. Ein weiteres Augenmerk fällt auf die Fragen, wie die Kontinuität und Qualität des vielfältigen Enga- gement weiterhin gesichert werden können – und – wie die noch jungen informellen Strukturen auch nachhaltig die Zusammenarbeit mit der Kommunalpolitik und -verwaltung bereichern können. Weitere konkrete Anregungen zu den Bewertungskriterien sind oben aufgeführt.

Die Bewertungskommission, August 2006

Ansprechpartner Ortsvorsteher Horst Grimm Rathausstraße 10 64832 Babenhausen-Hergershausen

Maren Gatzemeier Breite Straße 10 64832 Babenhausen-Hergershausen

28 Babenhausen-Hergershausen

Darmstädter Echo, 29.06.2006

Offenbach Post, 29.06.2006

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 29 Frankenau - Altenlotheim

Frankenau-Altenlotheim

Der zu Frankenau gehörende Stadtteil Altenlotheim liegt am Rande des Nationalparks Kellerwald- Edersee im Landkreis Waldeck-Frankenberg. Ca. 50 % der Gemarkung liegen im Nationalpark. Im Nor- den und Osten schließen sich die Landschafts- schutzgebiete „Waldschutzgebiet Gatter Edersee“ und Kellerwald wie auch die Fauna-Flora-Habitat- Gebiete „Kellerwald“ und „Calluna Heide Alten- lotheim“ an. Umschlossen ist der Ort vom Vogel- schutzgebiet Kellerwald. Die kargen Böden in dem waldreichen Schiefergebirge erlaubten in den ver- gangenen Jahrhunderten nur ein mäßiges Einkom- men aus Land- und Forstwirtschaft. Aus dem ehe- maligen Bauern- und Handwerkerdorf hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte eine ländliche Wohn- gemeinde entwickelt, wobei jedoch die dörfliche Prägung erhalten werden konnte. Mit aktuell 703 Einwohnern bleibt die Einwohnerentwicklung seit 1990 (708 E) nahezu konstant. Die Ausweisung des Nationalparks wird nach anfänglichen Bedenken als Entwicklungschance gesehen und selbstbewusst unter dem Motto: „Wir sind das Nationalpark- dorf“ aufgegriffen. Das Förderprogramm der Dorferneuerung wurde von 1986 –1994 in Anspruch genommen. Altenlotheim beteiligte sich 1969, 1979 (?) und 2002 am Dorfwettbewerb. Der Ort wirbt für sich und den Nationalpark unter www.altenlotheim-edersee.de zu finden.

Allgemeine Entwicklung des Dorfes

Der Nachfrage nach innerörtlichen Bauplätzen wurde in den vergangenen Jahrzehnten und durch Baugebietsausweisungen nördlich und östlich der Landesstraße Rechnung getragen. Die letzte Ausweisung erfolgte 1993 mit 10 Bauplätzen. Der Arbeitskreis Dorferneuerung hat die voraussicht- liche Entwicklung der Bevölkerungsstruktur in Altenlotheim thematisiert. Es wird derzeit ein Gebäude- und Nutzungskataster erstellt. Die Untersuchungen sollen helfen, Konzepte für eine ausgewogene Sozialentwicklung und gegen einen Gebäudeleerstand zu finden.

Die naturräumliche Lage, die Nähe zum Edersee und der Nationalpark als Marke bieten gute Vor- aussetzungen Altenlotheim für den Fremdenverkehr auszubauen. Das Dorf verfügt zurzeit über 45 Gästebetten in Privathäusern und Ferienwohnungen. Für Feriengäste und Einheimische gibt es unter anderem einen Info-Stand vor dem Dorfgemeinschaftshaus, eine Bücherei, ein Computerarbeitsplatz, ausgezeichnete Rad- und Wanderwege, einen Heideerlebnispfad, einen Fahrradverleih und das „Gemeensblaat“. Dieses erscheint alle zwei Monate und informiert über das aktuelle Geschehen im Dorf. Im neu eröffneten BluCaLe (Blumen, Cafe und Lebensmittel) können viele Grundbedürfnisse der Bevölkerung gedeckt werden. Insgesamt verfügt Altenlotheim über eine gute öffentliche Infra- struktur: Bürgerhaus mit Jugendraum, Feuerwehrgeräte- mit Schulungsraum, Friedhof, Gefrieranlage, Sport- und Freizeitanlagen, ein Anrufsammeltaxi. Kindergarten und Schule befinden sich in der Kern- stadt, wobei der Transport für die Jüngsten unentgeltlich ist.

Altenlotheim erfährt in seinen Bemühungen einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Entwicklung eine große Unterstützung durch die Kernstadt Frankenau. Der Bürgerverein und AK Dorferneuerung sind - auch nach Abschluss der Dorferneuerung – ein Bindeglied zwischen Bewohner, Ortsbeirat und

30 Frankenau - Altenlotheim

Stadtverwaltung. Die Altenlotheimer Bürger werden bei allen, den Ortsteil betreffenden, kommuna- len Entscheidungen durch regelmäßige Bürgerversammlungen eingebunden. An Vergangenes anknüpfen und die Gegenwart für die Sicherung der Zukunft nutzen, das haben sich die Altenlotheimer zum Ziel gesetzt: Geschichts- und Traditionsbewusstsein zeigen sich in vie- len Aktivitäten und Festen. Hervorgehoben seien die Planungen um die Erschließung des Boden- denkmals der frühchristlichen Quernstkirche und mit der Errichtung einer neuen Kapelle, die Auf- arbeitung der jüdischen Geschichte im Dorf, die Anbringung der alten Hausnamen, die Grenzgänge, aber auch die Pflege des plattdeutschen Sprachgutes. Neue Wege werden in der innerkommunalen und regionalen Zusammenarbeit gesucht. Die Zusammenarbeit von Vereinen, die gemeinsame Aus- gestaltung von Festen, die Mitwirkung beim Verein „Wir für die Region“ aber auch im Natur- und Landschaftsschutz sowie im Tourismus wurden der Kommission benannt. Ein besonderer themati- scher Schwerpunkt bildet die Nutzung regenerativer Energien. Es wurden bisher 21 Photovoltaik- und 23 Solaranlagen installiert. Altenlotheim belegt für Hessen zum Zeitpunkt der Bereisung den 3. Platz in der Bundessolarliga, Ruprik Ortsteile. Ein Öko- haus steht im Dorf. Die Stadt bietet über einen ört- lichen Unternehmer eine kostenlose Energieberatung an. Aktuell werden Ideen zur Herstellung von Biogas- anlagen diskutiert. Regenwasserzisternen zur Toi- lettenspülung und Gartenbewässerung werden von der Stadt Frankenau gefördert. Das Thema „Ener- gie“ bindet augenfällig viele Bewohner und ist u.a. durch eine öffentliche Messstation im Dorf präsent. Auffällig ist hierbei auch der hohe Grad der Zusam- menarbeit und Verknüpfung zwischen der Stadtver- waltung, (landwirtschaftlichen) Unternehmen und Bür- gern. So sind mehrere dörfliche Holz-, Bau-, Planungs- und Beratungsunternehmen eingebunden. Mit der Ausrichtung der 750 Jahrfeier 2004, der Er- stellung einer Dorfchronik, der Teilnahme am Wett- bewerb 2005 und den damit verbundenen Projekt- umsetzungen erhielt das Zusammengehörigkeitsge- fühl in Altenlotheim nach Abschluss der Dorfer- neuerung einen erneuten Antrieb. Als Ausdruck dieses augenscheinlichen „Wir-Gefühls“ wurde ein eigenes Dorflogo entworfen: „Altenlotheim – das Nationalparkdorf“. Die Dorfgemeinschaft hat viel unternommen um den Ort für alle Bevölkerungsschichten lebens- und liebenswert zu gestalten.

Bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen

15 Vereine und Gruppen prägen das kulturelle und sportliche Leben im Dorf. Nahezu alle Vereine sind im Kinder-, Jugend- und Altenbereich tätig. Aber auch örtliche Unternehmen engagieren sich vielfältig im öffentlichen Raum – sei es bei Neuanlagen, wie dem Spielplatz, den Begrüßungs- schildern mit Dorflogo und Nationalparktoren oder Reparaturen. Pflegearbeiten an öffentlichen Flächen werden von Dorfbewohnern, Anliegern und dem „Senioren Einsatz Kommando“ (SEK) durch- geführt. Der Bürgerverein unterhält eine Theatergruppe, übernimmt gemeinnützige Aufgaben, wie die Pflege des Brauchtums und der Kultur des Dorfes. Auch die Förderung von Umwelt-, Land- schafts- und Denkmalpflege gehören zum Aufgabenbereich des Vereins. Der Jugendclub Altenlotheim – gegründet 1979 – wird bis heute ohne größere Beschwerden der Anwohner betrieben. In einem festgelegten Ordnungsplan sind jeweils 2 Mitglieder eine Woche lang für die Instandhaltung, Reinigung und einen ordnungsgemäßen Ablauf der abendlichen Treffen

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 31 Frankenau - Altenlotheim

verantwortlich. Krabbelgruppe und Jungschar der Kirchengemeinde ergänzen die Kinderbetreuungs- angebote der Stadt. Hervorzuheben sind die naturkundlichen Arbeiten von Kindern und Jugendlichen in Verbindung mit der NABU Gruppe Frankenau. Ein Jugendlicher legte ein Baum- und ein Schwalbenkataster an, in welchen alle Bäume und Schwalbennester des Dorfes verzeichnet sind. Auch die Schüler der Kegel- bergschule (Schule für praktisch Bildbare) werden in diese Naturschutzmaßnahmen eingebunden und somit in die Gemeinschaft integriert. Neubürger werden mit einem Geschenk „Willkommen“ geheißen. Jeder neu zugezogene Haushalt erhält vom Ortsbeirat in Zusammenarbeit mit dem Bürger- verein und den örtlichen Unternehmern eine Geschenktasche. Diese enthält eine Infobroschüre (Dar- stellung der ansässigen Gewerbebetriebe, Vereine und öffentlichen Einrichtungen) sowie Präsente bzw. Gutscheine einzelner Betriebe und Vereine.

Die örtlichen Unternehmen und der Selbstvermarkter ermöglichen, dass die Nachfrage an Dienst- leistungen, Handwerk und täglichen Bedarfsgütern im Ort in weiten Teilen gedeckt wird. In den vergangenen 10 Jahren gab es 11 Betriebsgründungen im Ort. Sie bieten ca. 85 Arbeitsplätze. Allerdings wurden auch einige öffentliche und private Einrichtungen geschlossen, u.a. die zwei Lebensmittelgeschäfte. Beachtenswert ist das nunmehr seit April 2004 geführte BluCaLe. Der Laden ist ein wichtiger Treffpunkt im Dorf und wird mit viel Idealismus von drei Gesellschafterinnen geführt. Auch die Getreidereinigungsanklage von ca. 1920 über der Lorfe ist eine örtliche Besonderheit. Die Landwirte haben sich zu einem überbetrieblichen Maschinenring zusammen geschlossen.

Baugestaltung des Ortes

Altenlotheim besitzt einen weitgehend baulich-räum- lich intakten Ortskern. Die nördlich verlaufende Landesstraße bleibt allerdings auch nach dem an- sprechenden Ausbau ein optischer Einschnitt. Der Ortskern weist zahlreiche, zum Teil sehr gut reno- vierte Fachwerkhäuser vor. Drei verheerende Brän- de (zuletzt 1859) sind für die relativ junge Bebau- ung im Ort verantwortlich. Auf einem dreieckigen Grundstück, begrenzt an Fahrwegen, präsentiert sich die 1861 eingeweihte und mehrfach renovierte Kir- che als Massivputzbau. Auch wenn noch keine denkmaltopografische Erhebung für den Ort vor- liegt, kann von zahlreichen Kulturdenkmälern und einer Gesamtanlage im Umfeld der Kirche ausge- gangen werden. Die zwei alten Schulen und das Forsthaus sind in Privatbesitz und wurden beispiel- haft zu Wohnhäusern umgebaut. In den vergangenen Jahren haben manche Gebäude ihren Eigen- tümer gewechselt, sieben stehen aktuell leer. Die Neubauten lehnen sich hinsichtlich Firsthöhe und Proportionen weitgehend an die traditionelle Bauweise an. Optisch wohltuend sind die (noch?) wenigen farbig glasierten Dacheindeckungen. Das 1975 erbaute Dorfgemeinschaftshaus wurde im Rahmen der Dorferneuerung umgestaltet. Im Keller sind die Bürgerschänke mit Kegelbahn, der Jugendclub und die Feuerwehr untergebracht. Der große Vorplatz (Brunnenplatz) wurde gemeinschaftlich gestaltet. Hierzu zählen auch der Dorf- brunnen mit Wasserzapfstelle und die von der Akkordeonkindergruppe und dem SEK angelegte Kräuterschnecke. Die Gestaltung der Durchgangs- und Nebenstraßen, die Errichtung einiger Mau- ern mit ortstypischen Materialien erzeugen in weiten Teilen ein unauffälliges und angenehmes Ge-

32 Frankenau-Altenlotheim

samtbild. Der Judenfriedhof mit neuen Hinweisschildern wird be- treut. Reizvoll ist auch der offene Bachlauf der Lorfe durch das Dorf mit neu gestalteten vier Brücken und Geländern.

Grüngestaltung des Ortes

Das von der Lorfe durchflossene Dorf fügt sich harmonisch in die Landschaft ein. Die Ortseingänge und die Ortsdurchfahrt wurden alleeartig bepflanzt. In Verbindung mit den gewählten Baumate- rialien wirkt der Ortskern ansprechend. Seine Straßen sind insgesamt gut mit Neuanplanzungen und altem, gepflegtem Baumbestand (Linden usw.) durchgrünt. Der Spielplatz liegt zwischen dem alten und neuen Ort. In Altenlotheim gibt es zahlreiche Artenschutz- maßnahmen: Insektenhotel an einer Streuobstwiese, Nistkästen- pfad, Schwalbenhaus, Eulen- und Fledermauskästen, Krötenschutz. Haus- und Dachbegrünungen stellen ergänzende Maßnahmen dar. Die vielen privaten Gärten prägen das Orts- und Straßenbild. Ne- ben Nutz- und Bauerngärten findet man auch Ziergärten bepflanzt mit Obstbäumen und Stauden. Die großzügige Dachbegrünung eines Betriebes hebt sich positiv ab. Die Aufnahme dorftypischer Elemente, auch in den Neubaugebieten, ist zu begrüßen.

Das Dorf in der Landschaft

Die Bebauungen Am Heckenacker und Köppenweg heben sich aufgrund der Hanglage und linearen Anordnung von der südlich der Landesstraße liegenden Ortskernbebauung ab. Die lockere Bebau- ung und die großen innerörtlichen Freiflächen ermöglichen eine weitgehende Durchgrünung des Ortes, die ihre Fortsetzung in der umliegenden Landschaft findet. Die 1.733 ha große Gemarkung wird von 2 Voll- und einigen Nebenerwerbslandwirten extensiv bewirtschaftet. Weite Teile der Grün- flächen werden durch ein Beweidungsprojekt mit Hinterwälder Rindern und über ein freiwilliges Landschaftspflegekonzept offen gehalten und in ihrer ökologischen Vielfalt gesichert. Eingebunden ist hierbei die Rinderhaltergemeinschaft der Frankenauer NABU-Gruppe, die mit einem eigenen Logo für ihre Produkte werben. Feuchtwiesen werden ehrenamtlich gemäht. Es gibt einige Feldholz- inseln, zum Teil von der Jagdgenossenschaft angelegt, ein Feuchtbiotop im alten Steinbruch, die Streuobstwiese am Lingelborn, Heideschutzgebiete, Wacholderflächen und Magerrasen mit selte- nen Orchideen.

Anregungen und Empfehlungen

Die Kommission hat den Eindruck gewonnen, dass sich Altenlotheim in den vergangenen Jahren eine Perspektive aufgebaut hat und sich daran in der weiteren wirtschaftlichen, sozialen und ökolo- gischen Entwicklung orientiert. Dieser Weg wird von der Kommission als Erfolg versprechend be- wertet. Die im Ort auffallend hohe und breite Sensibilität gegenüber Natur- und Umweltbelangen gilt es dabei zu pflegen und zu generieren. Inwieweit das Thema Nutzung regenerativer Energien in das Nationalparkkonzept stärker integriert werden kann, bedarf der weiteren Prüfung. Zu prüfen ist sicherlich auch wie der örtliche Fremdenverkehr stärker ausgebaut und wirtschaftlich, auch über die Direktvermarktung, genutzt werden könnte. In diesem Zusammenhang wird empfoh-

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 33 Frankenau-Altenlotheim

len, die Voraussetzungen für eine Anerken- nung Altenlotheims als Erholungs- oder Luft- kurort unverbindlich durch das Regierungs- präsidium Kassel prüfen zu lassen. Die vor- aussichtlichen Auswirkungen der Alters- und Bewohnerentwicklung auf den Ort und sei- ne Gebäudenutzungen sollten gemeinsam mit der Stadt erörtert werden; eine Gesamt- strategie wäre wünschenswert. Bauliche Veränderungen sollten auch nach Ab- schluss der Dorferneuerung durch fachliche präventive Beratung begleitet werden. Ge- rade den kleinen Renovierungen, Anbauten, Fenstererneuerungen, Dacheindeckungen etc. sollte eine große Aufmerksamkeit zu- kommen, da sie in ihrer Gesamtheit das Ge- samtbild nachhaltig beeinflussen. So sind beispielhaft die Krempziegeldächer zu erhal- ten und zur Wiederverwendung zu empfehlen. Die weitere (Teil-)Entsiegelung der zum Teil betonier- ten und asphaltierten Hofflächen wäre wünschenswert. Auch im öffentlichen Straßenraum gilt es, Tritt- und Ruderalgesellschaften Raum zu bieten. Grundstücksbezogene Gestaltungsempfehlungen, entwickelt und aufgestellt unter Einbindung der Bewohner, würde den Beratungsaufwand wesentlich minimieren. Vielleicht findet der Gedanke Aufnahme in einem Projekt 2007. Der Übergang vom Neubaugebiet zur freien Landschaft könnte durch eine Ortsrandbegrünung verbessert werden. Die Anpflanzung von weiteren hochstämmigen Laub- und Obstbäumen in der alten und neuen Ortslage, u.a. im Baugebiet Weidbusch, wird angeregt. Durch weitere Anpflanzun- gen und/oder eine Fassadenbegrünung könnte die Friedhofshalle an den ansonsten durchgrünten Friedhof besser angebunden werden. Lernpädagogische Spielmöglichkeiten könnten den Spiel- platz bereichern. Zur Irritation hat die Planung für die neue Kapelle auf dem Quernst geführt. Das geplante Gebäude ist sehr groß. Auch stellten sich die Fragen von Nutzen (im Verhältnis zu den Kosten) und langfristiger Pflege.

Die Bewertungskommission, August 2006

Ansprechpartner Ortsvorsteher Heiko Backhaus Frankenauer Staße 5 35110 Frankenau-Altenlotheim

34 Frankenau-Altenlotheim

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 35 Naumburg-Altenstädt

Naumburg-Altenstädt

Altenstädt liegt in der nordhessischen Berg- landschaft im Landkreis Kassel, 20 Kilome- ter westlich von Kassel. Die kegelförmigen Berge Weidelsberg, Ishtaberg und Wartberg befinden sich in Sichtbeziehung. Territorial- geschichtlich betrachtet liegt Altenstädt an der ehemals hessisch-sächsischen Grenze; sprachgeschichtlich an der Grenze der nie- der- und mitteldeutschen Mundarten. Mit der Ausweisung des ersten Neubaugebietes 1966 und der Aufgabe zahlreicher landwirt- schaftlicher Betriebe verschwand der Charakter des Bauerndorfes. Seit 1987 ist die Bevölkerung um ca. 40% auf ca. 1.200 Personen gestiegen. Die Altersstruktur ist ausgewogen. Zum Zeitpunkt des Besuchs der Bewertungskommission befand sich Altenstädt in den Vorbereitungen für die kurz dar- auf stattfindende 1175-Jahr-Feier. Altenstädt beteiligt sich seit 1999 am Dorfwettbewerb. Umfang- reiche Dorfinformationen können unter www.altenstaedt.de eingesehen werden.

Entwicklung des Ortes

Die naturräumliche Lage im Landschaftsschutzgebiet Habichtswald und die Nähe zum Oberzentrum Kassel und Volkswagenwerk in Baunatal machen Altenstädt zu einem attraktiven Wohnstandort. Die gute kommunale und kirchliche Infrastruktur, u.a. ein Anrufsammeltaxi, wird durch zahlreiche private Betriebe aus Handwerk und Dienstleistung komplementiert. Kommunales und örtli- ches Ziel ist, Altenstädt insbesondere für junge Famili- en weiter zu öffnen. Baulückenschließungen und Ab- rundungen sind in der weiteren Siedlungsentwicklung vorgesehen. Neben mehreren Bebauungsplänen, einem Landschaftsplan von 1994 gibt es auch ein Biotop- konzept. Die Nutzung von Regenwasser wird gefördert.

In Altenstädt werden die „kurzen Dienstwege“ bevor- zugt. Dieses äußert sich vor allem in der umfassenden Arbeit des Ortsbeirats, die pragmatisch und praktisch orientiert ist. Zudem finden Sitzungen des Ortsbeirats prinzipiell unter Einbezug betroffener Bürger, Vereine oder Gewerbetreibender statt; mit Kindergärten oder der Jugendarbeit gibt es eine enge Zusammenarbeit. Aufgrund dieser engen Verzahnung wird auf die Bildung von örtlichen Arbeitsgruppen verzichtet. Zu verschiedenen Themen wie Windenergie werden Bürgerversammlungen abgehalten.

Als Besonderheit muss die Homepage www.altenstaedt.de erwähnt werden. Mehrere Personen un- terschiedlichen Alters erstellen diese Internetseite, die in sehr umfassender Art und Weise und wei- testgehend aktuell vielfältige Aspekte und Aktivitäten aus und für Altenstädt aufbereitet. Sie wird dadurch zu einem offenen und dorfeigenem Medium. Hier finden sich sehr umfassend und ausdif- ferenziert beispielsweise auch Protokolle über die Arbeit des Ortsbeirats. Geplante Vorhaben wer- den zudem mit dem jeweiligen Bearbeitungsstand gekennzeichnet, um eine effektive Kontrolle zu

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gewährleisten. Ebenso liegen vielfältige Verlinkungen zwischen Planung und Umsetzung sowie Be- schreibungen in Wort und Bild vor, so dass eine große Transparenz herrscht. Durch die Homepage soll nicht nur Information verbreitet, sondern auch die Kommunikation untereinander gefördert werden. So ist u.a. auch ein E-Mail-Verzeichnis der Altenstädter Bewohner im Aufbau. Die Finanzierung der Internetseite erfolgt über kleine Beiträge der örtlichen Gewerbetreibenden, die ihrerseits die Möglichkeit zur Selbstdarstellung haben. Eventuelle Überschüsse werden in dörfliche Aktivitäten investiert. Die interaktive und öffentliche Darstellung des dörflichen Alltags, der örtlichen Planungen und Entscheidungen sowie die starke Einbindung der Bürgerinnen und Bürger bei der Umset- zung der Vorhaben stärkt in hohem Maße die Verbundenheit und hohe Identifikation mit dem Ort.

Bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen

Die Altenstädter haben die Möglichkeit, sich in 17 Vereinen zu organisieren und zu betä- tigen. Über die Vereinsarbeit hinaus findet die dörfliche Identitätsbildung vor allem über gemeinsame Festivitäten statt. Alle lokalen Termine finden sich in einem Veranstaltungs- kalender im Internet. Die Kinder- und Jugend- arbeit erfährt u.a. durch die generations- übergreifenden Projekten und dem selbst- verwalteten Jugendraum eine hohe Aufmerk- samkeit. Das Heinrich-Schröder-Heim der Kirchenge- meinde ist für Mehrfachnutzungen ausge- baut worden. So verfügt es neben Gruppen- räumen als Freizeitheim/Übernachtungshaus über 27 Betten. Es beherbergt weiterhin die Privatinitiative „Kinderland Kunterbund“. Diese betreut seit 1993 Kinder ab 2 Jahren und ergänzt damit das Angebot des kommunalen „ökologischen Kindergartens Regenbogenland“ (erbaut 1997). Bürgerschaftliches Engagement zeigt sich u.a. durch 22 Pflegepatenschaften bei Gebäuden und Plätzen von mehr als 30 Personen sowie in der tatkräftigen Unterstützung des „Team 50plus“. Diverse private Spenden unterstützen die Projekte. Auch der Seniorenbeirat ist überdurchschnittlich, hinsichtlich Anzahl der Teilnehmer sowie Häufigkeit der Treffen.

Baugestaltung des Ortes

Die Baugebiete erstrecken sich im Südosten, Westen und Norden ringförmig um den Ortskern. Im Nordosten besteht ein rechtskräftiger Bebauungsplan für ein Gewerbegebiet. Die Dorferneuerung brachte von 1991 bis 2001 mit über 120 allein im Privatbereich umgesetzten Einzelmaßnahmen einen Schub bezüglich der baulichen Entwicklung in der Ortsmitte. Dabei fallen einige gut gelungene Scheunenumnutzungen sowie zahlreiche Sanierungen bzw. Renovierungen von Fachwerkhäusern oder Steinscheunen positiv auf. Wie groß der „Bedarf“ war, mag man daran ermessen, dass noch immer einige Gebäude einer dringenden Sanierung bedürfen. Auch die öffentlichen Gebäude wie Kirche, Heinrich-Schröder-Haus, Kindergarten, Bürgerhaus (Alten Schule), Jugendraum (altes Sprit- zenhaus) sind hinsichtlich der Materialverwendung, handwerklichen Ausführung, Farbgebung gelun- gene Beispiele dörflicher Baukultur.

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Im öffentlichen Bereich wurde der Dorfplatz im Rahmen der Dorferneuerung zu einem Multifunktions- platz und -zentrum weiter entwickelt. Dieser dient als Spiel- und Sportfläche für Kinder und Jugend- liche, als Bushaltestelle, Vorplatz für das neue Backhaus und mehr. Gleichzeitig wurde mit dem Bau der großzügigen Bushaltestelle dem Straßenraum eine neue Raumkante gegeben. Die Gesamtan- lage ist der Versuch, eine (vor langer Zeit) durch Abbruch entstandene Baulücke wieder zu nutzen und den Bereich räumlich neu zu fassen. Bei der insgesamt guten Ausführung des Dorfplatzes steht die praktische Nutzbarkeit im Vordergrund. Die Wirkung wird durch einige neuartige Detailaus- führungen punktuell gemildert, z.B. Betonböschungssteine, rustikaler Treppenhandlauf.

Die zweite große Freiflächenmaßnahme ist der verkehrsberuhigte Ausbau der innerörtlichen Kasse- ler Straße. Auffallend bei den Freiflächenmaßnahmen ist der hohe Gestaltungswunsch der Bewoh- ner. Dieses drückt sich in der Verwendung unterschiedlicher Materialien aber auch in der Formen- sprache, Farbgebung sowohl der Bodenbeläge und ihrer Möblierung als auch der Stützmauern aus. Der Straßenraum tritt dadurch optisch stark in den Vordergrund.

Grüngestaltung des Ortes

Im privaten Bereich gibt es einige sehr schöne Bauerngärten und hochstämmige (Laub-) Bäume u.a. an den Treppenaufgängen der Wohnhäuser. Der Übergang vom privaten in den öffentlichen Straßenraum ist im Ortskern zuweilen fließend oder oftmals durch Holz- und Staketenzäune und Mauerwerk geprägt. Auch die öffentlichen Flächen fallen durch zahlreiche, auch neu gepflanzte Laubbäume auf. Sie markieren die Straßenräume sind aber auch für die Plätze, Ortseinfahrten und das Umfeld öffentlicher Gebäude charakte- ristisch. Hierzu zählt auch die Anlage der so genannten „Jubiläumsallee“ und des „Nasch- gartens“ im Neubaugebiet. Als ein Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt ist u.a. der neue Fledermausturm zu bewerten.

Dorf in der Landschaft

Die Gemarkung ist ackerbaulich geprägt und in weiten Teilen gering bzw. mäßig strukturiert. Eine Verzahnung der Ortslage mit der Gemarkung ist in weiten Teilen jedoch noch vorhanden. Die südliche Ortslage findet eine Begrenzung durch den Interessantenwald „Große Hardt“. Der historische Orts- rand mit Obstwiesen und Grabland ist eingeschränkt noch ablesbar. In den 80-er und 90-er Jahren wurden eine Reihe verschiedenartiger öffentlicher und privater Maß- nahmen zur Verbesserung der Lebensraumqualität durchgeführt. Hierzu zählen die Anlage von Streuobstwiesen, zwei Feuchtbiotope, die Teilrenaturierung des Karbaches, mehrere Feldholzinseln und Baumpflanzungen. Sie tragen dazu bei, dass die Gemarkung stärker gegliedert wurde und die Lebensraumqualität für Fauna und Flora verbessert werden konnte.

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Anregungen und Empfehlungen

Der Landschaftsplan von 1994 hat eine Reihe von Emp- fehlungen aufgenommen. Diese sind in Teilen noch aktuell und sollten weiterverfolgt werden. Bei Neu- pflanzungen von Obstbäumen ist nicht nur die Pflege, sondern gerade auch die Nutzung des Obstes einzu- planen. Eine weitere Eingrünung der neuen Ortsränder aber auch der frei stehenden Gebäude, z.B. entlang der östlichen Ortseingangsstraße (L 3215), wird ange- regt. Begrüßt wird, dass die innerörtlichen Baulücken zunächst geschlossen werden sollen.

Weiterhin wird die Sicherung der alten Schmiede an- geregt. Eine Beratung im Vorfeld neuer Dachein- deckungen könnte das Gestaltungsziel einer einheitli- chen Dachlandschaft unterstützen. Die präventive Be- ratung würde sich auch bei den sonstigen baulichen kleinen Veränderungen wie Anbauten (z.B. Balkon-), Fenster- und Eingangserneuerungen positiv auswirken. Der Ausbau des Heinrich-Schröder-Hauses zu einem öffentlich zugänglichen Freizeitheim ist ein außergewöhnliches und durchaus nachahmenswertes Beispiel für die Reaktivierung von baulichen Anlagen. Da die Auslastung noch nicht zufrieden stellend ist, empfiehlt die Landesbewertungs- kommission das Vermarktungskonzept zu prüfen und anzupassen, ggf. unter Hinzuziehung einer externen Beratung. Hierbei könnte auch eine Einbindung in die touristischen Aktivitäten des Regional- vereins Kassel-Land e.V. geprüft werden, um weitere Gruppen zu erreichen. Es wird empfohlen, Hofbäume an den Treppenaufgängen wo möglich zu ergänzen – stellen diese doch eine örtliche Besonderheit dar. Ggf. können Versiegelungen im Straßenraum punktuell zuguns- ten von Hausberankungen, Spalierobst oder für die Anpflanzung von Bäumen geöffnet werden. Grundsätzlich sind Pflanzungen dem Aufstellen von Blumenkästen der Vorrang zu geben. Bei weite- ren Straßenausbaumaßnahmen sollte auf eine zu große Material- und Formenvielfalt verzichten werden.

Die Kommission konnte kein klares Bild über die informellen Beteiligungs- und Mitwirkungsprozesse an kommunalen und örtlichen Planungen bzw. Entscheidungen gewinnen. Um die vielfältigen Aktivi- täten ggf. auf mehrere „Schultern“ zu verteilen, empfiehlt die Kommission zu prüfen, ob nicht ergänzende informelle Mitwirkungsstrukturen den Beteiligungsprozess effektiv unterstützen können. Das gemeinsame Handeln sollte auf jeden Fall auch nach der Dorferneuerung und der Jahresfeier Ziel bleiben.

Die Landesbewertungskommission, August 2006

Ansprechpartner Ortsvorsteher Bernd Ritter Wolfhager Staße 14 34311 Naumburg-Altenstädt

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 39 Naumburg-Altenstädt

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Wabern-Harle

Wabern-Harle präsentiert sich als Haufendorf im nordhessischen Schwalm-Eder-Kreis am Ost- rand der Wabernschen Ebene. Die Schwalm prägt den Ort im Westen, der Harler Wald im Osten. Wabern-Harle gibt Zeugnis einer beson- deren Besiedlungsgeschichte. Archäologische Funde wie auch eine sprachgeschichtliche Be- trachtung lassen vermuten, dass der Felsen, auf dem heute die Kirche steht, ein germanisches Sonnenheiligtum war. Es wird davon ausgegan- gen, dass mit der Christianisierung des Chatten- landes der einstige religiöse Mittelpunkt durch die Kirchenüberbauung aus dem Bewusstsein verschwand. Harle hat aktuell 842 Einwohner. Diese haben sich 2002 erstmalig am 31. Wettbewerb „Unser Dorf“ beteiligt. Die Unterstützung durch das Programm der Dorferneuerung lief 2001 aus.

Entwicklung des Ortes

Land- und Forstwirtschaft prägten im Wesentlichen die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Ortes bis in die erste Hälfte des vorherigen Jahrhunderts. Dem temporären Zuzug von Vertriebenen nach dem zweiten Weltkrieg wurde zunächst in den 50-er und 60- er Jahren durch erste kleine Aus- weisungen von Neubaugebieten Rechnung getragen. Bis zu 1.100 Menschen lebten zeitweilig in Harle. Weitere Baugebiete folgten. Aktuell ist ein Gebiet mit 22 Bauplätzen ausgewiesen – bei stagnierender Bevölkerung. Für die Gemeinde besteht ein Landschaftsplan von 1999. Eine Anbin- dung an ein regionales Radwegenetz ist vorhanden. Eingebunden ist Harle in das regionale und interkommunale Projekt „Vision 2030 Schwalm-Eder-West“ und in die Masterplanung des Zweck- verbandes. Die Untersuchungsergebnisse mit der Bewertung: Ort mit „schwachem Entwicklungspo- tential“ liegen im Spannungsfeld zu dem Wunsch, sich als familiengerechter Ort zu präsentieren. Welche konkreten Folgerungen Harle aus den Ergebnissen zieht, konnte die Kommission nicht er- kennen.

Harle bietet noch über 100 Personen einen (Teil-) Arbeitsplatz. Darunter befinden sich vergleichs- weise viele landwirtschaftliche (Nebenerwerbs-) Betriebe. Knapp 80 Arbeitsplätze sichern Hand- werk und Dienstleistung. Die Mehrzahl der Erwerbstätigen pendelt jedoch. Planungen und Entwicklung des Ortes werden durch Ortsvorsteher und Ortsbeirat über Bür- gersprechstunden und -versammlungen kom- muniziert und vorangetrieben. Ein gemeindli- ches Mitteilungsblatt und Aushänge ergänzen die Informationen. Durch den gemeindlichen Agenda 21-Prozess wurden verschiedene Pro- jekte initiiert und zum Teil bereits umgesetzt (Basketballplatz, Registrierung und Ausbau von Ruhebänken, Schulung zum Energieberater etc).

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 41 Wabern-Harle

Die Gemeinde unterstützt über eine relativ neue Entwässerungssatzung die Nutzung des Oberflächenwassers sowie die Entsiegelung privater Flächen.

Die Infrastruktur wird mit großer Unterstützung von der Gemeinde und den Kirchen aus dem Ort getragen. Sie umfasst u.a. die Trägerschaft des Dorfgemeinschaftshauses und Feuerwehr- gerätehauses, der Trauerhalle, der Sportanla- gen, des in einen Gewerbebetrieb integrier- ten Kindergartens, eines Jugendraumes so- wie Service-Leistungen z.B. für die Senioren. Dörfliche Initiativen ergänzen die Angebote. Erwähnenswert sind insbesondere der Umbau des Bürgerhauses mit Bürgertreff und das Kin- derbetreuungsangebot. Zwei Landwirte und Imker vermarkten ihre Pro- dukte. In der Harler Mühle wird darüber hin- aus Energie gewonnen. Die Teilnahme am Wettbewerb (2002 und 2005) nach Abschluss der Dorferneuerung ist Ausdruck des Wunsches, die Zukunft des Ortes auch weiterhin gemeinsam zu gestalten. Als eine wichtige Voraussetzung hierfür steht die Identifizierung mit dem Ort. Genährt wird diese insbesondere durch die Vereinsmitgliedschaften und -aktivitäten. Ein Ausdruck dörflicher Identität sind u.a. die Begrüßungsschilder (oder Skulpturen?) an den Orts- eingängen. Diese nehmen Bezug auf lokale Wahrzeichen, wie die Wehrkirche und wurden mit gro- ßem auch finanziellem Engagement gebaut. Die Heimatgeschichte wird auch für Kinder und Ju- gendliche lebendig gehalten, z.B. über das Lied der Harler Glocke oder die vielfältigen Angebote der Landfrauen. Ein weiteres wichtiges Identifikationsprojekt ist der Bürgertreff, der aus dem ehe- maligen Dorfladen entstand.

Bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen

Für einen Ort dieser Größenordnung weist Harle eine beachtliche Anzahl wie Vielfalt an Vereinen und Aktivitäten auf. Das thematische Spektrum der Aktivitäten der über 20 Vereine und Gruppen reicht von der Pflege des Brauchtums bis hin zu neuartigen auch umweltpädagogischen Angeboten. Es umfasst die Landfrauen, die Kirchengemeinden, den Sport- und Gesangsverein, die Freiwillige Feuerwehr und Elternverein bis hin zu Interessengemeinschaften wie den Waldinteressenten oder der Harler Gitarrengruppe. Die Kultur ist weiterhin durch die überregional bekannte Melodic Hard- rock-Formation „Wild Frontier“ oder die Theatergruppe Harle vertreten. Letztere bringt im zweijäh- rigen Rhythmus verschiedene Theaterprojekte auf die Bühne. Zusammengeschlossen haben sich die Vereine in einer Gemeinschaft. Diese organisiert neben der Koordination auch eigene Veranstaltun- gen. Neue Bewohner werden jährlich zu einem Tag der Begegnung eingeladen. Der Umbau des Dorfgemeinschaftshauses war verbunden mit dem Aufbau des heutigen Bürger- treffs. Dieser entstand nach Aufgabe des Dorfladens, der ebenfalls auf Initiative der Bewohner eingerichtet wurde. Der Bürgertreff ist zu einem Ort sozialer Nähe und vielfältiger Angebote gewor- den. Er steht auf vier „Standbeinen“ und bietet unter der Regie des 2004 eigens gegründeten Vereins „Dorfgemeinschaft Harle e. V.“ zahlreiche Angebote: Café, Vermittlung von Hilfen und Fahr- angeboten, Kurse und Computerlehrgänge und ist nebenbei noch das Info-Center. Eine außerge-

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wöhnliche Ergänzung der öffentlichen Infra- struktur! Fast alle öffentlichen Einrichtungen wurden unter großer Mitarbeit der Bewohnerschaft umgebaut. Dieses hat in Harle Tradition und wurde auch während der Dorferneuerungs- phase fortgeführt, z.B. beim Bau der Plätze und Anlagen und der Ortsbegrünung. Die Pflege wird über (Vereins-)Patenschaften oder vom Kultur- und Verschönerungsverein orga- nisiert. Auf der Agenda des Ortsbeirats ste- hen noch zahlreiche Projekte – neben den Vorbereitungen zur 800-Jahrfeier 2009.

Baugestaltung des Ortes

Die Dorferneuerung brachte mit über 50 um- gesetzten Einzelaktivitäten einen Schub bezüglich der baulichen Entwicklung. Die in öffentlicher Trägerschaft liegenden Gebäude dokumentieren durchweg die Zeit ihrer Erbauung und fügen sich gestalterisch, d.h. ohne große Störungen in das städtebauliche Gesamtbild ein. Dieses betrifft auch die An- und Umbauten, z.B. der Vereinshäuser. Bei der Ausführung im Detail wäre zuweilen ein Rückgriff auf die Originalausführungen wünschenswert gewesen. Beispielhaft sei der Neueinbau der Fenster im ehemaligen Schulgebäude genannt. Hervorzuheben ist im öffentlichen Bereich eine Rei- he gut gelungener Sanierungen, wie die Wehrkirche, das alte Pfarrhaus, das Feuerwehrgerätehaus, das Wasserbassin und natürlich das Dorfgemeinschaftshaus. Das umgenutzte Gasthaus bietet funk- tionale und ansprechende Räumlichkeiten. Gemeinsam mit dem Bürgertreff und dem neu gestalte- ten Umfeld ist ein dörflicher Mittelpunkt (wieder-)entstanden. Folgerichtig befindet sich auch hier die neue Bushaltestelle. Im privaten Bereich bezeugen zahlreiche Sanierungen, Renovierungen und Umnutzungen eine hand- werklich gute Ausführung, wobei die Anforderungen der Denkmalpflege Berücksichtigung fanden.

Grüngestaltung des Ortes

Positiv hervorzuheben ist die Pflege von Grün- flächen und Friedhof durch Bürger und Jugend- liche. Die Durchgrünung selbst ist hinsichtlich ihrer Qualität und Vielfalt unterschiedlich aus- gebildet. Nachahmenswert heben sich einige gut erhaltene und gepflegte Bauerngärten wie auch die Baum(neu-)bestände oder auch Ab- pflanzungen von Grundstücken und Einfahrten mit Hainbuchen und Gehölzen hervor. Aller- dings wurden mehrere Baumscheiben als nicht angemessen bewertet. Beeinträchtigungen er- geben sich durch eine noch vergleichsweise starke Versiegelung im öffentlichen und auch privaten Bereich.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 43 Wabern-Harle

Dorf in der Landschaft

Harle fügt sich harmonisch in die Landschaft zwischen Schwalm und Harler Wald ein. Die Gemarkung zeichnet sich durch vielfältige (Feld-)Gehölze, Einzelbäume Baumgruppierungen, teils waldartig vor- kommend, aus. Als Solitär ragt die Reinhardslinde hervor. Auffällig auch die Sommerlinden am Wasserbehälter. Neu hinzugekommen sind die Hochzeitslinden. Die Schwalm ist in weiten Teilen durch fließgewässertypische Gehölze gesäumt. Zu erwähnen ist insbesondere der nordwestliche Bereich des Küllbergs mit hohem faunistischem Wert. Hier erfolgt eine extensive Pflege durch Schaf- beweidung. Projekte zum Schutz der heimischen Tierwelt ergänzen die Maßnahmen zur Sicherung ihrer Lebensräume. Streuobstwiesen bereichern die insgesamt kleinteilige Landschaft. Ihre Pflege wie auch die Obstnutzung durch Versteigerungen sind sicher gestellt. Auf eine Bebauung des historischen Ortsrandes südöstlich des Ortskernes wurde erfreulicherweise verzichtet. Die Neubaugebiete schließen zum Teil im Abstand auf. Die Verzahnung mit dem Ort ist in weiten Teilen ausgebildet; die landwirtschaftliche Nutzfläche noch gut gegliedert. Zum Spaziergang und Erholung laden auch viele Bänke ein. Ihr Aufbau wie auch ihre Pflege erfolgen privat. Eingebunden in den Gehölz- und Baumbestand des Küllberges liegt die Blockhütte, ebenfalls in Eigenleistung erstellt. Sie bietet einen schönen Ausblick über den Ort und das Tal.

Ein wenig abseits der Ortslage, an der Schwalm liegend, sind die Freizeitanlagen gebündelt wor- den. Hier liegen Sport- und Festplatz, Basketball- und Spielplatz und zwei Vereinshäuser.

Anregungen und Empfehlungen

Die 2002 erstellte und zum Landesentscheid „Unser Dorf“ 2006 aktualisierte Broschüre über Harle gibt – in Text und Bild – einen hervorragenden Einblick in histo- rische Entwicklungen, aktuelle Projekte und Planungen. Es wird empfohlen, diese Broschüre auch künftig in angemessenen Abständen zu aktualisieren. Sie doku- mentiert Geleistetes, hält dörfliche Geschichte und Er- fahrungen lebendig und ermöglicht eine öffentliche In- Wert-Setzung des Engagements durch die Präsentati- on nach innen und außen.

Die Landesbewertungskommission empfiehlt auch nach Abschluss der Dorferneuerung nicht auf fachliche Be- ratung zu verzichten. Diese bezieht sich sowohl auf die weitere bauliche Entwicklung, insbesondere im Pri- vaten, aber auch auf die Umfeldgestaltung im privaten (z.B. Hofflächen, Gärten) und halböffentlichen Raum. Die Entsiegelung von Flächen sollte weiter verfolgt werden, um Begleitgrün im Straßenraum, aber auch Ruderalflächen zu schaffen. Hilfreich wäre hierbei eine grundstückbezogene Gestaltungs- und Grünfibel mit Empfehlungscharakter – auch für die neueren Baugebiete. Vielleicht lässt sich diese aus dem Ort heraus erarbeiten. Bei Neugestal- tungen ist Zurückhaltung hinsichtlich der Material-, Farb und Formwahl angesagt. (Nicht jede kleine Fläche muss gestaltet werden.) Dieses gilt auch für ev. Neubauten einschließlich ihrer Dacheinde- ckungen. Bei Umnutzungen von Wirtschaftsgebäuden zu Wohnhäusern ist darauf zu achten, dass die Nutzungsgeschichte des Gebäudes auch nach Abschluss der Maßnahme ablesbar bleibt. Die Kommission möchte den Ort ausdrücklich in seinem Vorhaben bestärken, die Empfehlungen des Landschaftsplans nach und nach umzusetzen. Punktuelle Empfehlungen der Kommission sind,

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das Neubaugebiet in der Hö- henentwicklung zu begrenzen, eine Ortseingrünung insbe- sondere an der Auenseite vor- zunehmen und Gewerbebetrie- be stärker einzugrünen. Auch eine weitere Eingrünung (auch punktuell möglich) der Sport- stätten wird angeregt, um eine stärkere und harmonischere Ein- bindung in die Landschaft zu erzielen. Die stärkere Durchgrü- nung des Friedhofs und Be- pflanzung des Spielplatzes sind weitere Empfehlungen.

Der Anlass des 800-jährigen Dorfjubiläums in 2009 bietet einen geeigneten Anlass, bisherige Aktivitäten auf den Prüfstand zu stellen, gemeinsame Ziele zu entwickeln und das örtliche Engagement zu verbreitern und zu verste- tigen. Dabei sollte auch der Frage weiter nachgegangen werden, wie sich der Ortskern prognos- tisch weiterentwickelt, gerade auch vor dem Hintergrund der aktuellen Altersstruktur mit überpropor- tionalem Anteil von Einwohnern über 60 Jahre.

Auch die Frage, was konkret zeichnet Harle als familiengerechten Ort aus und was hebt ihn von anderen Orten und Gemeinden ab?, bedarf aus Sicht der Kommission weiterer Überlegungen und ggf. Ergänzungen.

Es ist zu wünschen, dass die Angebote des Bürgertreffpunkts auch auf Dauer aufrechterhalten werden können und ggf. auch erweitert werden, z.B. durch Bereitstellung eines Internetanschlusses. Auch hier gilt die grundsätzliche Empfehlung, die Verantwortung auf möglichst viele Schultern zu verteilen. Die weitere bzw. stärkere Einbindung der Jugend in die vereinsübergreifenden Aktivitäten ist sicherlich eine weitere Herausforderung. Vielleicht bietet sich hierfür die „neue“ Burschenschaft an.

Die Landesbewertungskommission, August 2006

Ansprechpartner Ortsvorsteher Otto Wurm Obergasse 41 34590 Wabern Harle

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Wanfried-Heldra

Das alte, seit 874 erwähnte Dorf an der Gren- ze zu Thüringen im Landkreis Werra-Meißner war bis 1990 durch eine isolierte Abseitslage benachteiligt. Heute sieht sich der Ort als Binde- glied zwischen Ost und West und ist bestrebt, diese Situation für die Weiterentwicklung eines sanften Tourismus zu nutzen. „Energiegeladen“ wird der bisher eingeschlagene Weg behutsam, aber stetig weiter beschritten. Mit 534 Bewohnern ist die Einwohnerzahl ge- genüber 2003 fast stabil (573 E), allerdings insgesamt seit 1950 rückläufig. Dieser Trend ist auch nach der Grenzöffnung anhaltend. Die 1990 abgeschlossene Dorferneuerung wirkt in Aktivitäten wie dem Arbeitskreis „Unser Dorf“ weiterhin nach. Die stark ausgeprägte dörfliche Identität schlägt sich in bürgerschaftlichem Engage- ment, einer hohen Bereitschaft zur Eigenleistung, Brauchtumspflege und Geschichtsbewusstsein nieder. Am Dorfwettbewerb hat Heldra sowohl in den 60-er Jahren als auch ab 1999 mehrfach teilgenommen. Der Ort präsentiert sich unter www.heldra.de.

Entwicklung des Ortes

Die Grundversorgung der Bewohner mit Lebensmitteln im Ort ist abgedeckt, ebenso die Kinderbetreuung. Kom- munale Einrichtungen werden in langer Tradition durch erhebliche Eigenleistungen der Bewohner den aktuellen Bedürfnissen angepasst und gesichert. Der AK „Unser Dorf“ (seit 2002) berät und begleitet den Ortsbeirat in allen wichtigen Fragen. Die Möglichkeiten der Mitwirkung bei gemeindlichen Entscheidungen wie bei den Bau- leitplanungen werden genutzt. Um Straßenausbau- und Sicherungsmaßnahmen an der Bundes- und Landesstraße bemüht sich der Ort seit Jahren. Der demografische Wan- del wird von der Gemeinde gemeinsam mit der benach- barten Gemeinde Meinhard als auch auf Landkreisebene thematisiert. Im Vordergrund einer Zukunftsperspektive steht in Heldra die touristische Entwicklung. Dabei ist man sich klar darüber, dass diese Weiterentwicklung nur Schritt für Schritt und unter Aufnahme auch der regionalen Stärken erfolgen kann. Gefördert wird der Rad- und Wandertourismus; es gibt eine Bootsanlegestelle für Kanufahrer auf der Werra, hinzu kommt der Ausbau von Campingmöglichkeiten. Eine Zunahme der Übernachtungsplätze ergab sich aktuell aus der Bereitstellung von sechs neuen Ferienwohnungen und der Wiedereröffnung einer zweiten Gaststätte, der Gemeindeschänke. Weitere Projekte befinden sich in der Vorbereitung.

Das Gemeinschaftsleben und Zusammengehörigkeitsgefühl, wie auch die Verbundenheit mit dem Ort sind überdurchschnittlich ausgeprägt und werden u.a. durch die örtlichen Symbolfiguren herausge- stellt.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 47 Wanfried-Heldra

Bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen

Starke Vereine aber auch mehrere „Clubs“ prägen das Gemeinschaftsleben. Stellvertretend ist die freiwillige Feuerwehr mit großer Jugend- und Kindergruppe zu nennen. Der Heimatverein organi- siert mit großer Beteiligung die Pflege zahlreicher öffentlicher Grünflächen. Als völlig neue Formati- on außerhalb der traditionellen Vereine hat sich der „Verein für Dorfkultur im Werratal und in Europa e.V.“ gebildet, der eigenständige und neue Ansätze entwickelt. Ein Beispiel hierfür ist das Projekt „Brot und Brötchen“ mit dem Anlegen eines „Brotackers“ - konzeptionelle Ideen, die sich gut in die Leitidee der Pflege des kulturellen Erbes und der kulturellen Entwicklung der Region bei gleich- zeitiger Aufwertung eines touristischen Angebotes einfügen. Mehrere Vereine engagieren sich im Kindergarten und in den Schulen der Gemeinde. Die Einbindung der Jugend, der SeniorInnen als auch der Neubürger in das Dorfleben gestaltet sich harmonisch.

Von überörtlicher Bedeutung ist die IG Heldrastein mit insgesamt 480 Mitgliedern, die maßgebend für die grenzüberschreitende touristische Erschließung der Re- gion und des Heldrasteins u.a. durch Wanderwege ver- antwortlich ist. Empfohlen wird, das Geländer des Auf- stieges zum Heldrastein auszubessern. Das schon vor- handene Touristikangebot wird durch Pferdekutsch- fahrten sinnvoll ergänzt. Eine eigene Wertschöpfung wird u. a. erbracht durch ortsansässige landwirtschaftliche Betriebe, Gartenbau und Pferdehaltung. Eine besondere Bereicherung bie- tet die neue Handweberei mit ihren Webkursen. Die breite Bürgerbeteiligung bei der Wiederherstellung des vielfach mit Auszeichnungen bedachten Francke- schen Gutes, jetzt Gasthaus „Kleegarten“, wurde bereits früher ausführlich gewürdigt und soll deshalb hier nur kurz erwähnt werden. Die inzwischen vollstän- dig sanierte Hofanlage ist eine große Bereicherung für den Ort und stellt einen außergewöhnlich attraktiven Aufenthaltsort - sowohl für die Bewohner als auch für die (Tages-) Touristen dar.

Baugestaltung des Ortes

Heldra besitzt einen reizvollen und hochwertigen Baubestand, der dem Dorf eine eigene Charakte- ristik gibt. Die langgezogene, enge Ortsstraße, die in die Aufweitung des weiten Dorfplatzes mit offenem Mühlgraben mündet, ist durchweg gesäumt von wohlerhaltenen Hofreiten. Dorfmuseum, Backhaus, Feuerwehrhaus arrondieren gefällig den Dorfplatz. Waren bei der letzten Präsentation 2003 noch einige baufällige Gebäude zu sehen, konnten aktuell Fortschritte bei der Erhaltung sanierungsbedürftiger Bausubstanz festgestellt werden. Beispielhaft sei auch hier die Weberei ge- nannt, wo eine gelungene Umnutzung und Erhaltung der Bausubstanz gelang oder die Sanierung der „Alten Mühle“. Ebenso vorbildlich wie die schon früher geleisteten Baumaßnahmen am Kleehof stellt sich auch die Wiederherstellung der Scheune dar, wodurch dieses herausragende Ensemble nun komplettiert werden konnte – ein Vorzeigeobjekt und kultureller Anziehungspunkt weit über den Ort hinaus. In Eigenleistung wurden Erneuerungsmaßnahmen u.a. am Feuerwehrgerätehaus, am Sportplatz, an der Friedhofshalle und am Bürgerhaus erbracht. Die Pergola am Bürgerhaus könnte mit diesem bei

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einem in Zukunft fälligen Neuanstrich optisch noch besser verbunden werden; vielleicht gelingt dieses auch mit einer Berankung. Die neue Brunnenanlage am August-Franke-Platz vor dem Friseurladen wirkt gestalterisch nicht völlig überzeugend; es fehlt hier die augen- fällige Ablesbarkeit der Funktion.

Grüngestaltung des Ortes

Das Ortsbild zeigt eine bereichsspezifische Begrünung, die im Einklang mit der Bau- struktur steht: In der alten Ortsstraße ist der teilweise sehr reizvolle Bewuchs der hinter Toren verborgenen Höfe naturgemäß weni- ger im Straßenbild präsent, während Nutz- und Blumengärten das Bild der neueren Bau- gebiete bestimmen. Plätze werden durch eindrucksvolle Solitärbäume betont. Einige traditionell angelegte Bauern- und Kräutergärten im Zentrum stellen eine optische Bereicherung dar. In diesem Zusammenhang wird auch für den neuen Brunnen am August-Franke-Platz eine andere Bepflan- zung, vorgeschlagen, z. B. durch Kräuter oder ortstypische Pflanzen statt Geranien.

Der alte Ortsrand ist noch erkennbar und soll weiterhin erhalten werden. Die zahlreich vorhandenen Obstbaumpflanzungen genießen Wertschätzung und werden stetig ergänzt, das Obst wird verstei- gert. Koniferen im Ortsbild sollen nach und nach durch passendere Pflanzungen ersetzt werden. Anregungen zur besseren Eingrünung des Sportplatzes wurden bereits aufgegriffen und umgesetzt. Der kürzlich angelegte „Brotacker“ bringt einen neuen Aspekt in den Bereich der Landschafts- gestaltung; neben dem didaktischen kann ihm auch ein ästhetischer Wert zugesprochen werden. Vielleicht ist dieses Projekt noch ausbaufähig.

Dorf in der Landschaft

Heldra liegt inmitten der reiz- vollen, abwechslungsreichen Landschaft, die sowohl durch den Flusslauf der Werra als auch die eindrucksvolle Erhe- bung des Heldrasteins geprägt wird. Der Wert dieses hochwer- tigen Naturraumes ist den Be- wohnern bewusst, Naturschutz- gebiete sollen artenreiche Bio- tope für die Zukunft bewahren. Hier führen unspektakuläre, aber kontinuierliche Maßnah- men zu weiteren Verbesserun- gen, z. B. die Wiederherstel- lung einer Allee und weitere

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Baumpflanzungen. Insgesamt stehen die Ausweisung von Naturschutzgebieten und der Ausbau eines Wanderwegeverbundes im Einklang mit der touristischen Leitidee. Emp- fohlen wird eine verbesserte Eingrünung des Ortsrandes an der ehemaligen Strumpffabrik. Der Auenbereich sollte durch die Anlage von Weihnachtsbaumkulturen nicht entwertet wer- den. Die nachhaltige Pflege der alten Obst- gehölze sollte sichergestellt bleiben bzw. werden.

Anregungen und Empfehlungen

Heldra scheint seinen sozial- und natur- verträglichen Weg unbeirrt zu gehen und soll- te ihn weiterverfolgen. Sein Kapital – Landschaft und schönes Ortsbild – brauchen keine große Veränderung, nur nachhaltige Erhaltung und Pflege. Wichtig ist, neben der Attraktivität für Besucher, die Bewahrung eines lebenswerten Umfeldes für die Bewohner selbst – dies kann nur gelingen durch die Einbeziehung der nachfolgenden Generation. Weitere punktuelle Anregungen sind oben aufgenommen.

Die Bewertungskommission, August 2006

Ansprechpartner Ortsvorsteher Bernd Löffler Werrastraße 11 37281 Wanfried-Heldra

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Werra-Rundschau, 06.07.2006

Werra-Rundschau, 07.07.2006

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 51 Wehrheim-Pfaffenwiesbach

Wehrheim-Pfaffenwiesbach

Die ländliche Wohngemeinde Pfaffenwiesbach liegt im Naturpark und Landschaftsschutzgebiet Hochtaunus im gleichnamigen Hochtaunus-Kreis. Auf 1040 Jahre beurkundete Geschichte kann der Ort im Wiesenbachtal 2007 verweisen. Südöst- lich und südlich befinden sich Teile des Fauna- Flora-Habitat-Schutzgebiets „Haubergsgrund“. Teile des Limes, Weltkulturerbe seit 2005, ver- laufen durch die Gemarkung. Für die Rhein-Main- Metropole Frankfurt, ca. 40 km entfernt, ist die Gemarkung ein Naherholungsgebiet. Wie die Gesamt- gemeinde wirbt Pfaffenwiesbach für sich als „Apfeldorf“. Pfaffenwiesbach nimmt seit 1993 am Wettbewerb und als Regionalsieger an der Landesauslobung teil. Das Dorferneuerungsprogramm wurde 1986 bis 1995 umgesetzt. Der Arbeitskreis „Unser Dorf“ gründete sich 1994 unter dem Motto „Zum Wohl des Dorfes, seiner Bewohner und der Erhaltung der Taunuslandschaft“.

Entwicklung des Ortes

Die Nähe zum Rhein-Main-Gebiet begünstigt die posi- tive Infrastruktur- und Einwohnerentwicklung der letzten Jahrzehnte. Es wird weiterhin auf Zuwachs gesetzt, je- doch nicht über 1%. (Allerdings ist die Entwicklung in den letzten Jahren leicht rückläufig bis stagnierend.) Ak- tuell werden 1.645 Einwohnern gezählt. Zur Unterstüt- zung der Eigenentwicklung erfolgt die Vergabe von Bau- plätzen nach dem sogenannten „Wehrheimer Modell“, wonach die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausübt und die (kostengünstige) Vermarktung und Erschließung übernimmt. Es existieren ein Gemeindeentwicklungs- plan und ein Flächennutzungsplan und aus den 80-er Jahren ein Feldgehölz- und Agrarstrukturplan. Für den historischen Ortskern besteht eine Gestaltungssatzung von 1991. Anerkennenswert ist die kostenlose Bera- tung einer Architektin bei der Restaurierung und Erhal- tung von alten Gebäuden. Hierzu werden, wie auch für die Errichtung von Regenwassernutzungs-, Erdwärme-, Holzheizung-, Biomassen- und Solaranlagen sowie Fassadenbegrünung, Zuschüsse be- reitgestellt. Eine gute kommunale und kirchliche Grundausstattung ist vorhanden: Sie umfasst unter anderem einen neuen, mit einer energiesparenden Anlage versehenen Kindergarten, Seniorenwohn- anlage und Sozialstation, Heimatmuseum, Sozialwohnungen, Mehrzweckhalle, Jugendtreff und meh- rere Sport- und Vereinshäuser sowie Freizeitflächen und eine Ortsrufanlage. Die Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde und dem Ortsteil mit seinen Bürgern zeichnet sich durch Nähe und persönliche Ansprache aus. Seit 1994 sind die Arbeitskreise „Unser Dorf“ und „Kinder im Dorf“ zur Unterstützung des Ortsbeirats sehr aktiv. Weiterhin gibt es eine Kommission „Alt-Pfaffenwiesbach“, die dich informell um die nachhaltige Umsetzung der Dorferneuerungsziele kümmert. Auch nach Abschluss des gemeindlichen Agenda 21-Prozesses sind die Arbeitskreise im Ort noch aktiv. Die Zusammenarbeit zwischen der Kommune, dem Ortsbeirat, Bürgern und auch Verbänden, z.B. dem BUND, wird von Seiten der Kommunen kooperativ gefördert.

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Eine örtliche Vernetzung zu kommunalen und regionalen Aktivitäten im Bereich Tourismus und Denk- malschutz ist hervorzuheben. Beispielhaft sei das Engagement um die Sicherung des Limes und des nahegelegenen Kastell „Kapersburg“ genannt, welches zurzeit als Bestandteil des Weltkulturerbes im Bestand gesichert wird. Eine Radwegeanbindung zu den umliegenden Orten ist gegeben, wobei die Radwegekommission über ein eigenes Budget verfügt. Die vielfältigen Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen, die hohe Bindung der Bewohner an ihre Verei- ne und die vernetzten Arbeitsstrukturen bescheinigen Pfaffenwiesbach eine hohe Identifikation der Bewohner mit ihrem Ort.

Bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen

Pfaffenwiesbach hat eine gute Vereinsstruktur und ein breites Angebot. In 14 Vereinen sind ca.1.500 (?) Bürgerinnen und Bürger Mitglied. Vereine und Verbände wie auch die katholische und evangelische Kirchengemeinde bieten ein breites Angebot für Kinder und Jugendliche an. Der Waldkindergarten „Wichtelland“ betreut zurzeit 20 Vorschulkinder. Die Elterninitiative „Trollhaus e.V.“ bietet Betreu- ung für Kinder unter drei Jahren. Der Frühkindergarten existiert seit 1995. Bereits im Vorschulalter wird in der Kindertagesstätte die Sprache Englisch angeboten. Der Jugendtreff fördert die Gemeinschaftsbindung und die Integration ausländischer Jugendlicher. Von den Jugendlichen werden diese Räumlichkeiten seit 1974 selbst verwaltet. Alle Vereine treffen sich 4-5-mal jährlich in einem Vereinsring, um die Aktivitäten zu besprechen und abzustimmen. Die Brauchtumspflege bil- det dabei einen Schwerpunkt. Daneben richtet sich das Augenmerk auf die Neuanlage oder Verbes- serung der öffentlichen Frei-, Grün- und Spielflächen und die gemeinschaftlich genutzten Häuser, die alle in Eigenleistung erstellt wurden.

Unermüdlich sind die Tätigkeiten des Hei- mat- und Verkehrsvereins. Die Aufarbeitung und Präsentation der örtlichen und regiona- len Geschichte ist sein Anliegen. Der Verein ist mit Ausstellungsräumen und auch mit ei- nem kleinen Museum in der alten Schule „be- heimatet“, wie auch der Gemeindesaal der evangelischen Kirche. Die Sicherung der fünf Wegekreuze und des Bildstockes unterstreicht das Selbstverständnis des Bewahrens. Die ökumenisch betriebene Sozialstation und der Eine-Welt-Laden sind Ausdruck des sozia- len und wirtschaftlichen Engagements der katholischen Kirchengemeinde. Die Senioren- begleitung und -unterstützung erfolgt u.a. über den Sportverein und die kirchliche Frau- engruppe. Nachbarschaftshilfe gilt als selbst- verständlich. Die 53 Ausländer mit 23 Natio- nalitäten wie die Neubürger insgesamt werden angesprochen. Viele von ihnen sind in das Vereins- leben integriert.

Die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs und Dienstleistung im Ort ist (wieder) sehr gut. Es gibt projektbezogene Kooperationen zwischen Kindergarten und Handwerk. Auch existiert eine land- wirtschaftliche Pflegegemeinschaft zur Landschaftspflege.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 53 Wehrheim-Pfaffenwiesbach

Baugestaltung des Ortes

Pfaffenwiesbach („Wisenbach“) entstand an einem von Südwesten nach Nordosten verlaufenden Fernweg, der heute als Nauheimer Straße den Ort durchläuft. Siedlungskern war vermutlich ein zur Burg Kransberg gehörendes Hofgut. Geschlossen auf einem unregelmäßigen Grundriss entwickelte sich bis Ende des 19. Jahrhunderts der Ort. Das alte Dorf wird dabei im Südosten von der St. Georg Kirche begrenzt, einem 1859-62 errichteten Neubau im neuromanischen Stil. Als Gesamtanlage weist der Ortskern knapp 20 Gebäude und Hofanlagen als Kulturdenkmäler überwiegend aus dem 18. und 19. Jahrhundert auf. Künstlerische und geschichtliche Gründe führten zu der Bewertung. Um das Gesamtbild auch zukünftig nicht zu verfremden, schließt der räumliche Geltungsbereich der Gestaltungssatzung auch die weitergehenden Bereiche ein. Im Rahmen der Dorferneuerung wurden zahlreiche Gebäude renoviert und auch einer neuen Nutzung zugeführt. Neben der Sanierung der alten Schule sei der Umbau des alten Pfarranwesens als herausragendes öffentliches Beispiel hervorgehoben. Der Anbau am Pfarrzentrum mit der Außenanlage und dem Seniorenwohnheim (alte Pfarrscheune) sind vorbildlich. Die 1995 zum Abschluss der Dorferneuerung erstellte Broschüre gibt einen Einblick über die durchgeführten Sanierungen. Die finanzielle Unter- stützung durch die Gemeinde hat zu weiteren Erhaltungsmaßnahmen geführt. Es ist davon auszu- gehen, dass diese Entwicklung behutsam weitergeführt wird. Die gemeindlichen Sozialwohnungen sollen 2007 renoviert werden.

Die Neugestaltung des „Dalles-Platzes“ mit seinen antiken Straßenleuchten und einiger innerörtlicher Straßen prägen das Bild des heutigen Ortskernes. Die Verwendung von örtlich vorkommenden Natursteinen für Mauerwerke und die den Straßenraum begleitende Begrünung sind besonders hervorzuheben.

Grüngestaltung des Ortes

Der stark durchgrünte Ortskern mit seiner attraktiven Bepflanzung mit Rosen und Blumen wird ergänzt durch Haus-, Dach- und Wand- begrünungen. Zur Verkehrsberuhigung wurden Bäume, Gehölze und Pflanzbeete angelegt. Im innerörtlichen Bereich sind Obstbäume als Gestaltungselemente angepflanzt. Diese wie auch weitere Flächen werden von Bürgern in Patenschaften gepflegt. Daneben gibt es auch Bachpatenschaften. Die Neuanpflanzung des „Anton-Flettner-Platzes“ mit Gehölzen und seinem alten Baumbestand erinnert an einen Pio- nier der Luftfahrttechnik. Im alten Ortskern sind Elemente von Bauern- gärten zu finden.

Zahlreiche innerörtliche Freiflächen wurden im Laufe der vergangenen Jahre neu bepflanzt, u.a. das Umfeld des Friedhofes und der Reithalle. Der neue Kindergarten weist eine Dachbegrünung auf. In den Neubau- gebieten herrscht eher ortsfremder Bewuchs vor. Der Ort beteiligt sich an Umwelt- und Gartenwettbewerben.

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Dorf in der Landschaft

Streuobstwiesen an den Hängen vom Taunus prägen das Landschaftsbild. Der Aussiedlerhof fügt sich harmonisch durch die Eingrünung in das Landschaftsbild ein. Die Streuobstbestände werden ständig durch Neuanpflanzungen ergänzt bzw. erweitert. Entlang der Wirtschaftswege werden fort- laufend alte Apfelsorten gepflanzt und unentgeltliche Baumschnittlehrgänge mit dem BUND abge- halten. Die landwirtschaftliche Pflegegemeinschaft wie auch die Nabu-Gruppe betreuen Biotope, Obstbaumanlagen und Feuchtwiesen. Nördlich des Ortes wurden durch die Neuanlage von Hecken Maßnahmen zum Artenschutz ergriffen. Um die natürliche Entwicklung des Waldes, die Erhaltung seiner Tier- und Pflanzenwelt sicherzustellen, wurden aus der Bewirtschaftung 3,5 ha Wald als Aus- gleichsmaßnahmen herausgenommen. Ein Waldlehrpfad wurde angelegt. Naturparkplätze und Wan- derwege bilden für die Naherholungssuchenden in dem waldreichen Taunus ein entspannendes Erholungsgebiet. Der Gemeindewald wird nach den Zertifizierungssystemen für nachhaltige Wald- bewirtschaftungen PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) und auch FSC (Forest Stewardship Council) bewirtschaftet.

Anregungen und Empfehlungen

Das Leitbild des Ortes, als ländliche Wohn- gemeinde den Natur- und Kulturraum mit land- und forstwirtschaftlicher Nutzung auch für die nächste Generation zu sichern, ist überzeugend. Das Angebot „Wohnen im Grünen“ für junge Familien sollte beibehalten werden.

Um auch den Ortskern nachhaltig in seiner Nut- zung zu sichern empfiehlt, die Kommission alle Möglichkeiten der aktiven Bewerbung zu nut- zen. Dabei sollten die Vorzüge des innerörtlichen Wohnens herausgestellt werden. Hierfür regt die Kommission eine Fortschreibung der Dorfer- neuerungsbroschüre an. Diese könnte neben der Darstellung positiver baulicher und grünordne- rischer Beispiele die Qualitäten und Besonderheiten auch im sozialen und kulturellen Miteinander, z.B. der Nachbarschaft, aufgreifen. Für die Sanierung von Objekten sollten weiterhin gemeindliche finanzielle Angebote gewährt werden. Die bauliche Beratung wie auch die Förderung „alternativer“ Energien sollte beibehalten und unterstützt werden.

Für die Bewertungskommission war nicht abschließend erkennbar, wie sich die verschiedenen Arbeits- gruppen und Kommissionen zusammen setzen und welches ihre tatsächlichen Aufgaben bzw. Aktivi- täten sind. (Beispielhaft sind die Arbeitsgruppen „Kinder im Dorf“ und „Unser Dorf“ oder die Kommission „Alt-Paffenwiesbach“ genannt). Hinweise zur Einbindung der jüngeren Generation bei Fragen zur örtlichen Entwicklung waren nicht nachvollziehbar erkennbar. Dieses gilt auch für das starke geschichtliche Engagement im Ort, welches insbesondere als ein Anliegen der Älteren vorge- stellt wurde. In diesem Zusammenhang wäre es wünschenswert, wenn die geschichtlichen Zeugnisse und die reizvolle Dauerausstellung verstärkt in das touristische Konzept der Gemeinde und Region eingebunden werden könnten. Da die Gemeinde und der Ort für das Thema „Apfel und Römer“ ein Alleinstellungsmerkmal besitzen könnte dieses noch weiter ausgebaut werden. Konkret wird auch empfohlen, die alten Wegekreuze stärker in ihrem historischen Kontext als Andachtsstätte an der

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alten Wegeführung darzustellen. Hierzu zählt auch eine einfache Ausgestaltung des Umfeldes, wie die Pflanzung nur eines Schatten spendenden Baumes und die „Entmöbliierung“ auch von Straßen- schildern. Als vorbildliches Vorhaben wird die Anlage des Lapidariums auf dem Friedhof bewertet.

Die Renaturierung des Bachlaufes sollte weiter verfolgt werden. Empfehlungen und persönliche Ansprache mit dem Ziel der verstärkten Be- und Eingrünung der neuen Baugebiete werden empfoh- len. Dabei ist verstärkt auf eine traditionelle Bepflanzung der Gärten zu achten (heimische Gehölze und Blumen). Bei zukünftigen Freiraumgestaltungsmaßnahmen – auch im Ortskern – gilt es den Grundsatz: „Weniger ist mehr“ zu berücksichtigen. So sollte auf kleinteilige Blumenbeete zugunsten schlicht gehaltener traditioneller Bepflanzungen oder auch nicht gestalteter Flächen verzichtet wer- den. Die Natursteinmauern mit ihrer Minimalbegrünung sollten als ortsbildprägende Elemente weiterhin Beachtung finden. Auf dem Friedhof können Ergänzungspflanzungen vorgenommen wer- den. Der Ansatz, örtliche Patenschaften zu suchen, sollte beibehalten und ggf. unter Einbindung von Jugendlichen auf die Ernte und Pflege der Obstbäume in der Gemarkung ausgeweitet werden.

Die Bewertungskommission, August 2006

Ansprechpartner Ortsvorsteher Rudolf Bauer Buchenweg 15 61273 Wehrheim

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Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 57 Bewertungsprotokolle der Gruppe B

Vorstellung der Teilnehmerorte der Gruppe B Bewertungsprotokolle, Bilder, Presse

Alsfeld-Altenburg

Bad Sooden-Allendorf-Orferode

Calden-Ehrsten

Frankenberg-Rengershausen

Groß-Umstadt-Heubach

Lohra-Weipoltshausen

Melsungen-Kirchhof

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Alsfeld-Altenburg

Altenburg charakterisiert sich selbst als „das Dorf, das Brücken schlägt“. Der Stadtteil im Vogelsbergkreis liegt nördlich des gleichnamigen Mittelgebirges am Fuße und Hang eines Süd-Nord verlaufenden Basaltrückens im Tal der Schwalm. Die Kernstadt ist nur zwei Kilome- ter entfernt. Durch diese Lage und die verkehrlichen Anbindungen an die Autobahn Frankfurt-Kassel und Bahn(Alsfeld) verfügt Altenburg über Standortvorteile gegenüber vielen anderen Orten. In Folge ist die Be- wohnerzahl seit 1990 um ca. 150 Personen auf gegen- wärtig 1.388 gestiegen. Dabei weist die Altersstruktur einen deutlich größeren Anteil der unter Zwanzig- jährigen im Vergleich zu den über 60-jährigen aus. Be- triebs- und Unternehmensansiedlungen bieten im Stadt- teil ca. 450 Arbeitsplätze. Mehrfach hebt sich Alten- burg damit von der in zahlreichen anderen Dörfern pro- gnostizierten Entwicklung der „Ausdünnung“ und Überalterung ab. Als Identifikationssymbol wurde das Schloss gewählt. Altenburg wurde 2006 als Schwerpunkt der Dorferneuerung vom Land Hessen anerkannt. Am Wettbewerb nahm der Ort nach 2002 das zweite Mal teil.

Entwicklung des Ortes

Altenburg verfügt über einen Flächen- nutzungs- und Landschaftsplan sowie fünf Bebauungspläne, die dem großen Sied- lungsdruck Rechnung getragen haben. Letz- tere wurden wie auch das große Gewerbe- gebiet nordöstlich der Landesstraße ange- legt, wodurch eine räumliche und städte- bauliche Trennung entstand. Um einer sozia- len Separierung vorzubeugen, wurde auf die funktionale Anbindung der Wohngebiete großes Gewicht gelegt. Der Topografie an- gepasste Wege- und Straßenführungen und mehrere Fußwege unterstützen den Wunsch des sozialen Miteinanders von Neu- und Altbürgern. Das nordöstliche Baugebiet nimmt auch das kreiszentrale Wohnheim für Behinderte auf. Bemerkenswert ist, dass ein weiteres geplantes, großes Bebauungsgebiet im Nord- westen fast gänzlich reduziert wurde. Es hätte die vorhandene Siedlungsstruktur deutlich verändert. Diese Einsicht und die konsequente Umsetzung sind Ausdruck eines bedachten Umgangs der Alten- burger und ihrer Entscheidungsträger mit ihrem Dorf. Die verbliebenen Neubauflächen werden vor- rangig Bürgern des Dorfes und der Stadt Alsfeld zur Verfügung gestellt.

Auch wenn die „Brücken“ zwischen der Stadt Alsfeld und dem Stadtteil Altenburg vielfältig und gut sind, „nehmen die Bürger ihre Dinge selbst in die Hand“– so der Ortsvorsteher zum Selbstverständ- nis der Altenburger. Die Stadt hat den Wert dieser Haltung erkannt und stellt – unter dem Motto

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„Zurück ins Dorf“ – dem Ortsvorsteher als „materielle Brücke“ jährlich einen Haushaltstitel mit derzeit 9.300 Euro zur Verfügung. Persönliches Engagement und politischer Wille ermöglichen eine intensive fachliche Begleitung und Beratung der baulichen Entwicklung des Ortes durch das städtische Bau- amt, auch und gerade im Vorfeld der konkreten Planung.

Die aktuelle demografische Situation gibt derzeit keinen Anlass für kurzfristige Reaktionen, gleich- wohl beschäftigt man sich vorausschauend mit dem Thema und den Auswirkungen auf die Ortskern- entwicklung. An den Agenda-21 Prozessen der Stadt hat sich der Ort aktiv, u.a. mit einer eigenen Gruppe betei- ligt. Dabei wurden auch mehrere Maßnahmen umgesetzt. Die Arbeit des Ortsbeirats unterstützen auch die zahlreichen Vereine.

Von der Evangelischen Kirche mit Gemeindehaus, über Kindergarten mit Tagesstätte und Dorf- gemeinschaftshaus, zwei Gefrierhäusern, Jugendgästehaus bis zu Vereinsräumen und Freizeitan- lagen reicht die öffentliche und kirchliche Infrastruktur. Trotz der Nähe zu Alsfeld sind auch privat getragene Dienstleistungs- und Versorgungsangebote im Ort breit gestreut. Ein Ladenzentrum, Gaststätten und eine offenbar weitgehend akzeptierte Diskothek seien beispielhaft genannt.

Die Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz ist gut und wird durch einen bedarfsweise eingesetz- ten „Dorfbus“ ergänzt. Rad- und Fußwege erhöhen den Freizeitwert. In den Anfängen steckt die Erarbeitung bzw. Konkretisierung einer touristischen, auch überörtlichen Konzeption. Die vorhandenen Ansätze wirken noch vereinzelt und eher zufällig in der Zusammenarbeit.

Das rege Zusammenwirken zwischen Unternehmen, Vereinen, (halb-)öffentlichen Einrichtungen, Pri- vatpersonen sowie der Stadt hat zu diversen wirtschaftlichen und sozialen sowie kulturellen Vernetzungen im „Dorf“ geführt. Vieles wird auf der Basis persönlicher Zusammenarbeit geregelt. Dieses ist sicherlich ein Grund für die hohe Identifikation der Bewohner mit ihrem Dorf. Ausdruck hierfür ist auch das Verfassen eines Gedichtes über das Dorf.

Bürgerschaftliche Aktivitäten

14 Vereine und Gruppen engagieren sich sozial oder kulturell im Dorf. Sie haben sich 2001 zu dem Förder- verein Altenburg e.V. zusammengeschlossen um die Aktivitäten zu koordinieren und Aktionen und Feste ge- meinsam zu schultern. Ein erfolgreiches Projekt war dabei auch die Errichtung einer Grillhütte, errichtet in 100%-er Eigenleistung, oder die Anlage von Streuobst- wiesen. Neben den Vereinsfesten und den zehn jährli- chen Großveranstaltungen, u.a. das Nachbarschaftsfest am Behindertenwohnheim, gibt es eine Anzahl weiterer Veranstaltungen wie Straßenfeste, Schlossbergfest und mehr.

Freizeitangebote für die Älteren werden im Dorf orga- nisiert. der Fahrdienst durch den „Dorfbus“ über die Burschenschaft angeboten. Aus den örtlichen Agenda- 21-Diskussionen wurde in Eigenorganisation, u.a. über einen zeitlich befristeten Trägerverein, ein Jugendraum

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im Bürgerhaus ermöglicht. Das werbefinanzierte Bürgermobil stellt den sicheren Transport von Ju- gendlichen zu und von Festen in andere Dörfern sicher. Vereine und Kirche widmen sich intensiv der Kinder- und Jugendarbeit. Nachahmenswert sind auch die Aktivitäten der Agenda-21 Gruppe um die Neuanlage von Spiel- bereichen für die Kleinsten im Dorf. Mit einer breit angelegten Aktion unter Einbindung von Kinder- garten, Stadtschule, Eltern, Kindern und Anliegern sowie dem Dorfladen konnte das Projekt erfolg- reich realisiert werden.

Neben dem Behindertenwohnheim und ihrer Werkstatt engagiert sich seit 2005 die Lebensgemein- schaft Melchiorsgrund für die Integration gesellschaftlich entwurzelter Menschen auch mit Sucht- erkrankungen. Unter Anteilsfinanzierung aus der EU-Gemeinschaftsinitiative „EQUAL“ finden auf dem gepachteten Schlossareal verschiedene Qualifizierungsmaßnahmen statt. Diese sind ins- besondere auf die denkmalgerechte Sanierung der Schlossanlagen und ihrer Gärten ausgerichtet. Die Projektarbeiten schaffen einige Arbeitsplätze, wie auch Selbstvermarkter, Reiterhöfe und Reit- schule im Ort zur Sicherung des Einkommens beitragen. Das Schloss ist auch Austragungsort für Konzerte und Weihnachtsmarkt. Die Lebensgemeinschaft wird hierbei eingebunden. Ziel ist die Initiative langfristig abzusichern.

Auch in Notlagen halten die Altenburger zusammen. Ein an Leukämie erkranktes Kind aus Altenburg und dessen Familie wird durch vielfältige Dienst- und Sachleistungen unterstützt und bei Veranstal- tungen Geld gesammelt, um u.a. die Tests für potenzielle Knochenmarkspender zu finanzieren.

Baugestaltung des Ortes

Ausgangspunkt der Ansiedlung und Wahr- zeichen des Ortes ist das auf einem Sporn gelegene (Residenz-)Schloss Altenburg. Im frühen 12. Jahrhundert angelegt, sind die Gebäude heute Zeugnisse von Um- und Neubauten ab dem 14., insbes. aber aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert. Mit der Schlosskirche und den umliegenden Freiflächen einschließlich des alten Friedhofs, bildet dieser Ortsteil den Schwerpunkt der schützenswerten Gesamtanlage. Den nörd- lichen Schwerpunkt bilden Hofanlagen aus dem frühen 19. Jahrhundert. Dazwischen liegt eine kleinmaßstäbliche Wohnbebau- ung, zum Teil noch aus dem 17. Jahrhun- dert. Aus geschichtlichen, städtebaulichen und künstlerischen Gründen sind daneben ca. 30 Anlagen als Einzeldenkmäler ausgewiesen. Diese finden sich in lockerer Streuung beidseitig der Schwalm und der heutigen Landesstraße. Sie „erzäh- len“ von der sozialen und wirtschaftlichen Geschichte des Dorfes. Alte regionale Baumaterialen wie Basalt, rote Tonziegel, Holzschindeln herrschen vor. Grün- und Hofflächen und ein dichtes Wege- netz begleiten die insgesamt heterogene Bebauung.

Auch innerhalb der Neubaugebiete wurden geschwungene Straßenführungen gewählt. Sie assoziieren eine „gewachsene“ Bauentwicklung und prägen maßgeblich das Ortbild. „Natürliche“ Barrieren, durch in den Straßenraum hinein gebaute Pflanzstreifen, unterstreichen die gewünschte Auflockerung.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 61 Alsfeld-Altenburg

Die öffentlichen Gebäude wie Friedhofskapelle, Grillhütte, Kindergarten fügen sich harmonisch in die Umgebung ein. Der Umbau der alten Schule in das Dorfgemeinschaftshaus ist gut gelungen. Die Initiative zur Neunutzung des Backhauses ist vorbildlich, da es sich hier um eine Jugendinitiative mit Unterstützung örtlicher Unternehmen handelt. Einige (Mühlen-)Anwesen sind durch engagierte Be- wohner qualitativ hochwertig renoviert worden. Die Renovierung und Nutzung des Nebengebäudes des Schlosses im Rahmen des EQUAL-Projektes zur Restaurierung des Schlosses und der Parkland- schaft Altenburg sind vorbildlich.

Eine Besonderheit in Altenburg sind die translozierten Fachwerkhäuser. Von anderen Ortschaften- meist aus der Region – sind sie aus Privatinitiative zu einem ansehnlichen Ensemble in der (neuen) Ortsmitte aufgebaut worden. Auch wenn dies nicht als Vorbild für andere ungenutzte Bausubstanz gelten soll, so ist das Ergebnis der Ausführung positiv zu bewerten.

Leider sind mindestens zwei private ortsbildprägende Gebäude nicht mehr nutzbar, ihrem Abriss wurde zugestimmt. Der deutlich erkennbare Renovierungsstau bei einigen alten Fachwerkhäusern wird mit der Aufnahme in das Dorferneuerungsprogramm wahrscheinlich in den nächsten Jahren abgebaut. Die Umnutzung einer ehemaligen Hofreite zu einem modernen Ladenzentrum ist städte- baulich gelungen.

Grüngestaltung des Ortes

Altenburg ist ein grünes Dorf mit großen (Obst-)Gärten, ortsbildprägenden Bäumen, Fassadenbegrünungen und zahlreichen wege- begleitenden Basalt-Bruchsteinmauern mit ihrer spezifischen Flora. Die Gärten im alten Ortsbereich sind von Elementen historischer Bauerngärten bestimmt, oftmals auch von Staketenzäunen umfriedet. Unkräuter, unbe- festigte Randstreifen sind willkommen. Sehr schön in seine Umgebung „geduckt“ stellt sich der letzte öffentliche Brunnen im Dorf, der Eselsborn, dar. In den Neubaugebieten liegen die Gärten oftmals ohne Zäune frei zum Straßenraum – eine auffallend und an- sprechende Entscheidung. Allerdings könn- ten die Bepflanzung und Gestaltung in wei- ten Teilen noch naturnäher und regional- typischer sein.

Der Platz rund um das Kriegerdenkmal verfügt über ein bedeutendes historisches Potenzial, das bisher in der derzeitigen Gestaltung nicht adäquat umgesetzt wird. Durch eine Neugestaltung könn- te der Platz aufgewertet werden, wobei die vorhandenen Ideen und das sich abzeichnende Bürger- engagement hervorgehoben werden. Friedhof und Spielplätze sind durchgrünt und ansprechend gestaltet. Die öffentlichen Grünflächen in Altenburg werden ausnahmslos ehrenamtlich durch Bürger und Ver- eine gepflegt. Notwendige Finanzierungen z.B. für Nachpflanzungen, werden aus den Mitteln „Zu- rück ins Dorf“ finanziert.

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Dorf in der Landschaft

Altenburg ist in weiten Teilen gut in die Vogelsberglandschaft integriert. Lediglich das Gewerbe- gebiet mit den hohen Produktionsgebäuden und Teile der Neubaugebiete sollten noch stärker eingegrünt werden. Die Schwalm bildet mit ihrem weitgehend naturnahen uferbegleitenden Baum- bestand ein grünes Band, das das Dorf mit der umgebenden Landschaft verbindet.

Alte und neue Streuobstbestände sind nicht nur wertvolle Lebensräume, sie schaffen auch harmoni- sche Übergänge zwischen den besiedelten Bereichen und der freien Landschaft. Ein Netz von Klein- biotopen, Hecken, naturnahen Waldrändern und Bachauen umgibt das Dorf. Ein Bewusstsein für den ökologischen Wert ist vorhanden, die Vernetzung sollte in den nächsten Jahren noch enger werden. Die Schlossanlage wird im Rahmen des laufenden EQUAL-Projektes wieder gepflegt. Hier wird ein guter Kompromiss zwischen der Erhaltung traditioneller und historischer Belange und der ökologi- schen Bedeutung z.B. von Ruderalflora gefunden.

Empfehlungen und Anregungen

Altenburg hat sich eine gute Ausgangs- situation für seine weitere Entwicklung geschaffen. Eine fruchtbare Zusammen- arbeit mit der städtischen Verwaltung, sozial und kulturell engagierte sowie öko- logisch aufgeschlossene Bewohner und Unternehmen unterstützen den Orts- beirat bei einer zukunftsfähigen Stadtteil- entwicklung. Über die Dorferneuerung können nunmehr einige der Ansätze, wie die Umnutzung des Frauenhauses, wei- terverfolgt werden.

Der Renovierungs- und Sanierungsbedarf vieler Gebäude lässt zahlreiche bauliche Veränderungen erwarten. Da jede Veränderung auch Auswirkungen auf das Gesamtbild hat, kann die Diskussion über eine wünschenswerte gestalterische Entwicklung nicht hoch genug bewertet werden. Dieser Prozess sollte durch eine gute fachliche und persönliche Beratung begleitet werden. Grundsätzlich gilt, dass sich die Materialverwendung auf wenige und ortstypische Baustoffe be- schränken sollte und die Formensprache zurückhaltend bleibt. Glasierte Ziegeleindeckungen wirken in der Regel störend und sind zu vermeiden.

Die geplante Aufwertung der Quelle „Eselborn“ durch Umgestaltung des Umfeldes und seines Zugangs ist behutsam und naturnah zu verfolgen. Die Erhaltung des alten Friedhofes ist lobens- wert. Eine verbesserte Aufstellung insbesondere der alten und denkmalgeschützten Grabsteine wird unter Hinzuziehung einer Fachperson empfohlen. Auch neue Bänke sind vielleicht über ein örtliches Unternehmen finanzierbar. Einzelne positive Beispiele mit Trockenmauern und Nutzgärten könnten im Rahmen eines Wettbe- werbes oder eines Tages der offenen Gärten eine öffentliche Aufwertung und damit Vorbildfunktion bekommen. Eine stärkere Entsiegelung und Teilbegrünung im Umfeld des Kindergartens wäre wohl-

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tuend. Die verstärkte Eingrünung des Freizeitgeländes mit dem Ziel der räumlichen Verknüpfung der Anlagen würde den Gesamtbereich harmonischer gestalten. Der Standort der Grillhütte bzw. seine Einbindung in die Umgebung wirkte auf die Kommission nicht überzeugend. Auf eine Umfeldauf- wertung des Kriegerdenkmals wurde bereits hingewiesen.

Zu prüfen ist, ob der Stadtteil und hier insbesondere auch das Schloss und Teile des Schlossgartens zukünftig stärker touristisch erschlossen und genutzt werden können. Bei der Sanierung des Gesamt- anwesens wird von einer intensiven fachlichen Begleitung und Beratung durch die Denkmalpflege ausgegangen.

Die Überlegungen zum demografischen Wandel sollten unter allen Umständen fortgesetzt werden. Gerade weil Altenburg bisher nicht unter dem Wandel leidet, sind eine rechtzeitige Auseinanderset- zung mit dem Thema und die Entwicklung weiterer Schritte empfehlenswert. Die Kernstadt wurde in das Programm „Stadtumbau in Hessen“ aufgenommen. Die Kommission empfiehlt daher mögliche Verknüpfungen mit den konzeptionellen Überlegungen der Kernstadt zu prüfen.

Die Bewertungskommission, August 2006

Ansprechpartner Ortsvorsteher Heinz Heilbronn Klingelhof 1 36304 Alsfeld-Altenburg

Ute Koch Stadt Alsfeld – Abt. Bauen und Umwelt Markt 7 36304 Alsfeld

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Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 65 Bad Sooden-Allendorf - Orferode

Bad Sooden-Allendorf-Orferode

Orferode, dass in der Quellmulde des Dohlsbach gelege- ne Dorf im Werra-Meißner-Kreis, liegt inmitten des Land- schaftsgebietes „Naturpark Meißner-Kaufunger Wald“. Nordöstlich und südwestlich erstrecken sich die Fauna-Flora- Habitat-Schutzgebiete „Werra-Wehretal“ und „Meißner und Meißner Vorland“. In der erstmals 1195 urkundlich erwähn- ten Ortschaft leben heute 341 Personen. Seit gut 15 Jahren ist ein Bewohnerrückgang zu verzeichnen. Landwirtschaft und Handel bestimmten die wirtschaftliche und soziale Entwick- lung des Ortes im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhundert. Heute ist Orferode primär eine Wohngemeinde wobei die Landwirtschaft nach wie vor die meisten örtlichen (Teil-)Ar- beitsplätze stellt. Seit 1964 beteiligt sich Orferode erfolg- reich am Wettbewerb.

Allgemeine Entwicklung

Orferode kann auf eine wechselhafte Geschichte zurückblicken. Land- und Forstwirtschaft, Hand- werk und Handel (Salz und Wein) waren wichtige Quellen des Einkommens. Viele Orferöder pendel- ten auch als Arbeiter aus. Die Gründe liegen einerseits in der strategisch günstigen Lage zu der nur wenige Kilometer entfernten Bäderstadt und heutigen Kernstadt Bad Sooden-Allendorf. Die natur- räumliche Lage auf einer offenen Hochfläche mit hohem Ackeranteil und seine landschaftliche Ein- bindung in das Meißnervorland liefern andererseits die Hintergründe für die örtliche Entwicklung. Mit einem ausgedehnte Wander- und Radwandernetz werben der Werra-Meißner-Kreis und Stadt in der Neuzeit für einen Besuch des Meißnervorlandes. Der hochwertige Erlebnisraum des Umfeldes durch einen vielfältigen Natur- und Kulturraum und die sehr guten Fernsichtbeziehungen machen die Teilregion im Grundsatz zu einem attraktiven Fremdenverkehrsgebiet. Orferode ist jedoch nur zag- haft in die touristische Konzeption von Stadt und Region eingebunden. Fehlende Infrastrukturan- gebote im Ort und die Bewohnerstruktur mögen ein Grund hierfür sein. Ein Landschaftsplan wurde Mitte 2005 neu aufgelegt. Der Flächennutzungsplan steht kurz vor der Verabschiedung. Südlich des Ortskernes wurde 1965 ein neues Baugebiet und südwestlich eine Gebäudezeile erschlos- sen. Östlich der Ortslage entstand Anfang der 70-er Jahre das Neubaugebiet „Mar- tinstriesch“ mit 55 Bauplätzen, wovon der- zeit knapp 20 belegt sind. Dieses wurde in dem neuen Landschaftsplan um mehr als 50 % reduziert. Die fehlende Nachfrage und die schwierige Trinkwasserversorgung be- gründen diese Entscheidung. Damit wurde auch eine langjährige Empfehlung der Kom- mission umgesetzt. Die bauliche Eigen- entwicklung im Ortskern steht somit im Vor- dergrund zukünftiger Überlegungen. Die

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Stadt unterstützt die Entwicklung durch Zuwendungen für Fassadenrenovierungen. Der Ausbau der innerörtlichen Straße befindet sich in Vorbereitung wie auch die Grundsanierung der biologischen Kläranlage. Die Zusammenarbeit zwischen dem Ortsbeirat und der Stadtverwaltung ist gut. Kleine Bauprojekte werden über die Materialbereitstellung durch die Stadt in Eigenleistung umgesetzt. Schule und Kindergarten befinden sich in der Kernstadt wie auch eine ambulante Krankenpflege, die von dort aus angeboten wird.

An öffentlichen Einrichtungen stehen neben der Kirche das Dorfgemeinschaftshaus mit Feuerwehr- schulungs- und neuem Jugendraum, Backhaus, Sport- und Spielplatz sowie Freizeitanlagen zur Ver- fügung. Eine aktive Gestaltung ihres Gemeinwesens ist den Bürgerinnen und Bürgern ein wichtiges Anlie- gen. Dieses zeigt sich auch in der nunmehr 17. Wettbewerbsteilnahme. Motivation und Begeisterungs- fähigkeit sind groß und liegen spürbar vor. Beeindruckend ist das „Wir-Gefühl“ in Orferode, das sich insbesondere in der engen Zusammenarbeit der örtlichen Vereine bei der Ausgestaltung der Feste zeigt. Ein weiteres Indiz sind die Patenschaften für die öffentlichen Plätze. Erfreulich ist vor allem, dass sich beim diesmaligen Besuch verstärkt neue und auch junge Bewohner einbrachten.

Bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen

Die Pflege der Ortsgeschichte und des Kulturraumes wird in Orferode mit viel Liebe und Begeisterung be- trieben. Sie bilden auch den Ausgangspunkt für zahl- reiche Aktivitäten. Hierzu zählen das Backhausfest, die Dohlsbachfeier zu Pfingsten am Joggelibrunnen, die Aufführungen der Mundart-Theatergruppe, der Lehr- pfad zum Aussichtsplatz, das Osterfeuer, die Reakti- vierung der alten Weinkeller, die Pflege der Obst- baumwiesen, Naturdenkmäler und der alten Wege- verbindungen und mehr. Hierfür setzen sich insbeson- dere die sieben Vereine ein. Der Anbau von Wein ist das Ziel der Winzervereinigung. Die beeindruckenden Weinkeller bieten hierfür das entsprechende Umfeld. Sie ersetzten bei Bedarf die im Ort fehlende Gaststätte. 2005 fand erstmals ein „Kunst- und Kultur- fest“ durch eine neue private Initiative in einem sanierten Anwesen statt. Dieses Projekt soll fortge- führt werden. Ein Ideenwettbewerb ist für weitere Verbesserungen geplant. Nachbarschaftshilfe und die Organisation von Altennachmittagen und Kinderfesten werden im Dorf organisiert. Neubürger werden persönlich angesprochen. Einige Landwirte, u.a. zwei Biobetriebe vermarkten ihre Produkte direkt. Eine Metzgerei ergänzt die Angebote. Grabland und Gärten ermöglichen eine hohe Eigenversorgung im Ort. Neu ist der Kräuter- anbau eines Ökobetriebes. Ferienwohnungen werden vereinzelt angeboten.

Baugestaltung des Ortes

Geprägt wird das Ortsbild einerseits durch das historische Zentrum mit dem Kirchberg und seiner umliegenden meist kleinteiligen Bebauung. Zum anderen bestimmen große, zweiseitige Hofan- lagen das Unterdorf entlang der heutigen Durchgangsstraße. Mit ihren repräsentativen Wohnhäu- sern und teilweise großen Lagerräumen sind letztere im 18. Jahrhundert Zeugnisse der einstigen

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 67 Bad Sooden-Allendorf-Orferode

Fuhrtätigkeiten der Bewohner. Für das Umfeld der Kirche wurde 1981 ein Bebauungsplan als Sanierungsgebiet beschlossen. Dieser sah Abbrüche zugunsten öffentlicher (Verkehrs-)Flächen vor, wodurch das baulich-räumliche Gefüge nachteilig verändert wurde. Die Straßenräume wurden in den Folgejahren durch Neubebauungen z.B. durch das Backhaus und Abpflanzungen wieder in Teilen räumlich gefasst.

Zwei ausgewiesene Gesamtanlagen und ca. 30 Einzeldenkmäler dokumentieren die hohe Wertigkeit der Ortskernbebauung. Städtebauliche, orts- und sozialgeschichtliche Gründe sprechen dafür. Die meisten der hochwertigen Fachwerkhäuser sind (noch) in ihrer Substanz und viele noch im Baudetail erhalten. In ihrer Häufigkeit ungewöhnlich sind die Fassadengliederungen und -gestaltungen, „Ver- zierungen“, Schnitzereien und Inschriften im Fachwerk und Gefach. Beeindruckend und eine regio- nale Besonderheit auch die noch häufig vorzufindende Eindeckung der Gebäude mit der Großalmeroder Hohlpfanne. Sie unterstreicht das einheitliche Erscheinungsbild des Ortes. Schmiede- eiserne Hoftore und gepflasterte Hofflächen runden das harmonische Bild zahlreicher Anlagen ab. Einige Anwesen haben den Eigentümer gewechselt und wurden vorbildlich renoviert. Über die ge- genwärtige und mittelfristige Nutzung der Gebäude, ins- besondere der Wirtschaftsgebäude, wurden keine Angaben gemacht. Sehr schön auch die klassizistische Sandsteinkirche. Ansprechend, da schlicht gehalten, ist der Platz mit der Frie- denseiche. Bei der anstehenden Erneuerung der Landesstraße ist hierbei ein besonderes Augenmerk zu richten. Auch das Umfeld des Dorfgemeinschaftshauses und der Backhausplatz zeichnen sich durch zurückhaltende Materialverwendung aus.

Grüngestaltung des Ortes

Solitärbäume und eine gute Durchgrünung des Ortes mit Gehölzen, Rabatten, Fassaden- und Mauerberankungen cha- rakterisieren den Ort. Beeindruckend ist die Harmonie zwi- schen Haus und Garten. Die große Zahl von Fliederbäumen, die gut gestalteten Mauern und die Flora, die natürliche Schönheit des Friedhofes sind ein Gewinn für das Ortsbild. Neue und alte Weinberankungen symbolisieren das „Weindorf“. Rabatten mit Heilpflanzen wurden durch Kinder angelegt. Patenschaften durch die Vereine garantieren die Pflege des „öffentlichen Grüns“. Die barocken – leider stark verwitterten – Grabsteine und der Joggelibrunnen mit Brunnen- kammer und Sandsteintrögen sind wichtige Kulturzeugnisse. Die gradlinige Erschließung des Neubaugebietes hebt sich von dem Haufendorf des Ortskernes ab. Ihre Durchgrünung weist nicht immer die qualitativen Merkmale der Ortskerndurchgrünung auf. Die Ortseingänge werden durch Streuobstwiesen begleitet.

Dorf in der Landschaft

Die Gemarkung liegt auf der Hochebene westlich eines steilen Waldbereichs. Obstbäume- und Gehölze umschließen den Ort fast durchgehend. So finden sich ein reich strukturierter Ortsrand mit Kleingärten, Streuobstwiesen, ein Wäldchen am südöstlichen Ortsrand. Das östliche Steillagegebiet weist neben Streuobstwiesen, Felsformationen und verbuschten Wiesen auch Magertrockenrasen- flächen auf. Sehr schön die Lindengruppe auf der nordöstlichen Hangkuppe (alte Kultstätte?). Streu- obstwiesen umrahmen auch den nördlichen und nordwestlichen Ortsrand. Am nordöstlichen Orts-

68 Bad Sooden-Allendorf-Orferode

rand liegt der mit Gehölzen gut durchgrünte Friedhof. Auch der südliche, am Dohlsbach liegende Grillplatz ist durch Bäume gut in den Landschaftsraum angebunden. Insge- samt ist der Ort harmonisch in die Land- schaft eingebunden. Das Kriegerdenkmal befindet sich im Wald.

Die landwirtschaftlichen Flächen der weite- ren Gemarkung sind eher gering strukturiert und vernetzt. Ihre Bewirtschaftung erfolgt durch zehn landwirtschaftliche (Nebener- werbs-) Betriebe. Oder anders gesagt: Mit Ausnahme der Nordwest- und Südost- Hän- ge des Eichenberges sind (standort- gerechte) Gehölze, Baumreihen und Feld- holzinseln wenig vertreten.

Anregungen und Empfehlungen

Bereits bei den letzten Wettbewerbsteilnahmen (2000 und 2003) haben die Kommissionen die Siche- rung des Ortes als Wohn- und Arbeitsstandort als die zentralen Herausforderungen bewertet. Die prognostizierten demografischen Veränderungen bestätigen die Notwendigkeit gemeinsam nach Wegen zu suchen, um die Einwohnerzahlen und die gegenwärtige örtliche Lebensqualität zu halten. Um genauere Einblicke in die konkrete Situation zu erhalten wird dem Ortsbeirat empfohlen, die Sozialstruktur des Ortes und die aktuelle sowie voraussichtliche Auslastung (Nutzung) der Gebäude zu erheben und die Ergebnisse im Dorf unter Einbindung der Stadt zu erörtern. Eine Zukunfts- werkstatt könnte helfen, Handlungsempfehlungen zu erstellen und diese als Orientierung für die Projekte zu nutzen. Methodisch könnte diesen Schritt die Landkreisverwaltung unterstützen.

Ob dem Tagestourismus nicht doch eine größere auch ökonomische Rolle zukommen kann wäre dabei zu prüfen. Die vorhandene Baustruktur bietet neben der reizvollen Landschaft und dem „Keller- Angebot“ gute materielle Voraussetzungen.

Die Sicherung der Bausubstanz und des Ortsbildes ist eine weitere offensichtliche Herausforderung. Die Empfehlungen sind hierzu „einfach“, gilt es doch „nur“ das Vorhandene aufzugreifen und be- hutsam fortzuschreiben. Wie in so vielen Orten stellen die sukzessiven Modernisierungen die größte Gefahr einer negativen Entwicklung dar. Eine mit den Bewohnern diskutierte und abgestimmte Gestaltungssatzung und fachliche Beratung im Vorfeld von Veränderungen ist eine wiederholte Empfehlung der Kommission. Die Broschüre könnte unter Mitwirkung von Ortsbewohnern grundstücks- bezogene Aussagen über Materialen, An- und Umbauten, Fenster- und Türeinbauten liefern und dabei auch Hinweise für die Gestaltung des privaten Umfeldes, also zu Einfriedigungen und Einzäu- nungen, Hoftoren und -flächen sowie Gärten geben. Vielleicht lässt sich auch ein Angebot über die Volkshochschule aufstellen, welches zunächst als Spurensicherungsprojekt beginnt. Um eine (mittel- fristige) finanzielle Unterstützung aufzubauen, empfiehlt die Kommission den Aufbau einer Bürger- stiftung zu prüfen.

Beim bevorstehenden Straßenausbau ist darauf zu achten, dass es auch weiterhin unversiegelte Straßenrandflächen gibt, die Ruderal- und Trittgesellschaften Raum lassen. Weiterhin wird empfoh-

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 69 Bad Sooden-Allendorf-Orferode

len, den Vorplatz des Dorfgemeinschaftshauses und den Backhausplatz noch stärker zu begrünen. Auch ein erlebnis- orientierter Ausbau des Spielplatzes wird angeregt. Die Solaranlagen sollten auf die rückwärtigen Bereiche kon- zentriert werden.

Die kulturgeschichtlichen Zeugnisse wie der „Sängersruh“, „Joggelibrunnen“, Hohlweg und Löschteich sollten wei- terhin gesichert und geachtet werden. Auf „Möblie- rungen“ der Plätze ist auch zukünftig zu verzichten. Er- neut wird die Sicherung der Grabsteine unter Einbindung eines Experten angeregt. Die Idee, einen Arbeitskreis zu gründen, um eine noch breitere Basis zu schaffen, wird ausdrücklich begrüßt. Ein Ideenwettbewerb im Ort könnte neue Impulse hervorbrin- gen. Vielleicht kann auch die junge Generation in das Mundart-Theater eingebunden werden. Das Kultur- und Kunstfest sollte, wo nötig unterstützt werden und ist ggf. mit den Kulturangeboten von der Kern- stadt zu verknüpfen. Die Geschichte der Greger könnte stärker, z.B. über eine Infotafel, herausge- stellt werden. Haustafeln könnten Aufschluss über die reiche Ortsgeschichte liefern.

Die Ortseingänge könnten durch eine weitere Begrünung noch stärker räumlich gefasst werden. Wünschenswert ist durch eine extensive Landbewirtschaftung die Magerrasenflächen auch zukünftig offen zu halten und die Streuobstwiesen durch Pflege und Nutzung auch langfristig zu sichern. Eine stärkere grünordnerische Einbindung der zwei dem Ort vorgelagerten Höfe und des südlichen Neubau- gebietes ist anzustreben.

Die Bewertungskommission, August 2006

Ansprechpartner Ortsvorsteher Klaus Rudeloff Lehmkaute 4 37242 Bad Sooden-Allendorf-Orferode

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Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 71 Calden-Ehrsten

Calden-Ehrsten

Landschaftlich liegt Ehrsten in einem der nördlichsten Ausläufer der Hessischen Sen- ke im flachen Talgrund der Bebelbecke. Die Gemarkung durchziehen mehrere Bachläufe. In der näheren Umgebung erheben sich eini- ge Berge bis zu 600 m. Mit aktuell 740 Ein- wohnern ist die Einwohnerzahl in den ver- gangenen 10 Jahren leicht rückläufig. Das einst bäuerlich geprägte Dorf im Landkreis Kassel erlebte bereits mit dem industriellen Aufschwung in Kassel erste größere soziale und wirtschaftliche Veränderungen. Weitere Struktur- veränderungen folgten, u.a. ausgelöst durch den Bau des Flughafens in Calden 1968 und die Ein- gemeindung zu Calden 1972. In der Befürchtung, die eigene dörfliche Identität zu verlieren, haben sich die Ehrstener zur Aufgabe gesetzt, ihre Lebensqualität durch „eigenes Zutun“ bewusst weiter zu entwickeln. Als „Topthema der Zukunft“ wird die Energie herausgestellt. Der Ort hat erstmalig 2005 am Wettbewerb teilgenommen.

Allgemeine Entwicklung des Dorfes

Calden verfügt über einen aktualisierten Landschafts- plan. Die Siedlungserweiterung soll sukzessiv und ar- rondierend erfolgen. Auch die Reaktivierungen der ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäude zur Kon- zertscheune und zum Schutzhof stehen für eine flächen- sparende Siedlungsentwicklung. Fachliche Unterstützung erwartet der Ort durch die angestrebte Aufnahme in das Dorferneuerungsprogramm. Ausgehend von dem Ar- beitskreis „Dorferneuerung und Geschichte“ haben sich verschiedene Initiativen und Arbeitsgruppen gebildet. Diese unterstützen den Ortsbeirat in seiner Arbeit.

Einen Schwerpunkt bildet aktuell das Thema „Energie“. Der Arbeitskreis strebt nach dem Vorbild des Bioenergie- dorfes „Jühnde“ an, die örtliche Energieversorgung weitgehend auf regionale Biomasse umzustellen. Der damit verbundene Auf- und Ausbau von regionalen Wertschöpfungsketten soll auch die örtlichen (landwirtschaftlichen) Arbeitsplätze sichern. Der Planungsstand wird im Herbst 2006 den Bewohnern vorgestellt.

Die Kommune stellt die Grundinfrastruktureinrichtungen bereit. Ein Brunnenkataster liegt vor. Zahl- reiche Vereinsmitgliedschaften, der aktive Umgang mit der dörflichen Geschichte, die Pflege des plattdeutschen Sprachgutes, der Ausbau der „neuen Mitte“ sowie der „Laden“ tragen neben ande- rem zur Ausbildung der dörflichen Identität bei.

72 Calden-Ehrsten

Bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen

Tradition und Erneuerung prägen das kultu- relle Leben in Ehrsten. Zu den äußerst akti- ven Traditionsvereinen wie Feuerwehr und Landfrauen haben sich in den vergangenen Jahren weitere auch informelle Initiativen ge- bildet. Sie initiieren zahlreiche Projekte z.B. zur Aufarbeitung der dörflichen Kultur-, Bau- und Besiedlungsgeschichte, übernehmen aber auch die Organisation neuartiger Dorf- feste in der „Neuen Mitte“. Die Vereine sind in einem Vereinsring zusammengeschlossen. Die Aufnahme und dörfliche Integration von Spätaussiedlern wie auch ein harmonisches Miteinander der Religionsgemeinschaften prägen weiterhin das soziale Leben im Dorf. Die Jugendlichen werden neben den fünf Vereinen durch ein Jugendorchester und ein selbstverwaltetes Jugendzentrum angesprochen.

Dass gemeinschaftliches Engagement sich auch „rechnen kann, demonstriert das Projekt „Unser Laden“. Seit nunmehr acht Jahren als GbR unter finanzieller Beteiligung von ca. 120 Bewohnern betrieben, sichert der Treffpunkt im Ort acht Teilzeitarbeitsplätze. Neben einem Warengrundsortiment werden zahlreiche Dienstleistungen angeboten. Ein weiterer Serviceausbau ist geplant. In Vorberei- tung weiterer Arbeitsplätze stehen die Aktivi- täten der AG Energie mit dem Kompetenz- team und dem Energiestammtisch. An der Planung einer Bio-Energieanlage sind neben externen Experten auch Landwirte und das landwirtschaftliche Lohnunternehmen beteiligt. Die „Konzertscheune“ mit überregionaler Be- deutung, die direkte Vermarktung landwirt- schaftlicher Produkte u.a. in einem Bauern- hofcafe schaffen bzw. sichern einige örtliche Arbeitsplätze. Diese ergänzen die örtlichen Arbeitsplatzangebote mehrerer (Handwerks-) Betriebe und des Kinderschutzhofs. Welche Bedeutung der Schutzhof für das soziale und kulturelle Leben im Dorf hat, blieb der Jury jedoch verschlossen.

Baugestaltung des Ortes

Der planmäßig angelegte Ortskern steht als Gesamtanlage unter Denkmalschutz. Sein Er- scheinungsbild ist geprägt durch den fränki- schen Haus- und Hoftyp. Als Grenzort sind einige Einflüsse des niederdeutschen Ern-

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 73 Calden-Ehrsten

hauses erkennbar. Die gelungenen Umnutzungen der neuen Schule zum Bürgerhaus und des alten Raiffeisenlagers zum Feuerwehrstützpunkt tragen zur Belebung der Ortsmitte bei. Dieses trifft auch für einige private Um- und Neunutzungen zu. Das Bewusstsein um die geschichtlich wertvollen Gebäude schlägt sich in ersten fachgerechten Sanierungen nieder, wenngleich nicht immer konse- quent im Detail. So heben sich beispielsweise die Möblierung und Pflasterung der neuen Ortsmitte von der historischen Material- und Farbwahl ab, wie auch die Gliederung und Ausführung der Fenster in der „neuen Schule“ die historische Vorgabe verlassen haben.

Grüngestaltung im Dorf

Der Ort ist in weiten Teilen durch Haus- und Straßen- bäume, Nutzgärten, Gehölze durchgrünt. Sehr schön stellen sich die Kirche und Ihr Umfeld mit Linden und Stieleichen wie auch das Umfeld des Bürgerhauses dar. Die privatfinanzierte Sanierung der Friedenseiche wie die Achtung der Beuys-Eiche halten die Bedeu- tung hochstämmiger und großkroniger Bäume im öf- fentlichen Bewusstsein.

Dorf in der Landschaft

Die Übergänge zwischen der Kulturlandschaft und dem Ort sind fließend. Hecken, Gehölze und Bäume prägen die Ortsränder und Einfahrten. Dieser Eindruck wird durch die offene Bauweise verstärkt. In Ortsnähe wurden ein Wasserbiotop und ein Amphibienschutzgebiet sowie eine Feld- holzinsel angelegt.

Empfehlungen und Hinweise

Der Ort vermittelte in der Präsentation eine Auf- und Umbruchstimmung. Die vorgestellten Planun- gen und Projektideen bauen auf eine breite Einbindung der Ortsbewohner. Eine wesentliche Aufga- be wird entsprechend darin bestehen, auch neue Bewohner von der jeweiligen Idee zu begeistern und die Sinnhaftigkeit zu vermitteln. Methodische und fachliche Unterstützung können hierbei bei der Landkreisverwaltung und bei dem Regionalforum „Region Kassel-Land“ gesucht werden. Ggf. ist auch ein Volkshochschulprojekt zu realisieren.

Den eingeschlagenen Weg, orts- und kulturgeschichtlich bedeutsame Anlagen wie Wohnhäuser, Brunnen; Wegebeziehungen etc. durch Tafeln hervorzuheben, wird als nachahmenswert bewertet und sollte weiter fortgesetzt werden.

Die Ausbildung der alten Ortsränder durch Freihaltung der rückwärtigen Gärten sollte ggf. auch planungsrechtlich gesichert werden. Ein Leitfaden für die bauliche und gestalterische Entwicklung (Gestaltungsfibel) würde bei weiteren baulichen Veränderungen wie Renovierungen dem Eigentü- mer Orientierung bieten. Die Gestaltungsfibel könnte durch eine Grünfibel mit grundstückbezogenen Empfehlungen für Hofflächen, Einfriedungen, Abpflanzungen, Hausberankungen etc. ergänzt werden.

74 Calden-Ehrsten

Vorteilhaft wäre, wenn die Empfehlungen unter fachlicher Beratung aus dem Ort heraus erarbeitet würden. Auf die fachgerechte Beratung im Vorfeld baulicher Veränderungen sollte ein großes Au- genmerk gelegt werden. Die Gemeinde Calden kann ggf. ihre Unterstützung und Hilfe bei der aktiven Suche nach Lösungen für die sog. Problemhäuser ausbauen. Positive Beispiele baulicher Veränderungen sollten grundsätzlich hervorgehoben werden.

Nach dem Grundsatz „weniger ist oft mehr“ sollten bei den geplanten Neuanlagen von kleinen, dezentralen Plätzen die Materialen zurückhaltend eingesetzt werden. Dabei ist der Offenhaltung von Flächen ein Vorrang gegenüber einer Pflasterung einzuräumen. Die innerörtlichen Grünzonen sind bei der geplanten Bachsanierung zu sichern.

Vorgeschlagen wird, die am Dorfplatz angrenzende Giebelfassade zu begrünen. Der Einbau von Solarzellen und Fotovoltaikanlagen im Ortskern sollte nach Möglichkeit auf nicht einsehbare Dach- flächen und konzentriert erfolgen und ist mit der Denkmalpflege abzustimmen. Ein Vorschlag ist, einen Plan (in Aufsicht) als Orientierungshilfe zu erstellen. Dieser könnte gebäudebezogene Aussa- gen für einen ev. Einbau aufnehmen. Er könnte vielleicht von der AG Energie unter Einbindung der Denkmalpflege und der Bauverwaltung angelegt werden.

Die Bewertungskommission, August 2006

Ansprechpartner Ortsvorsteher Axel Träger Fürstenwaldstraße 1 34379 Calden

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 75 Calden-Ehrsten

76 Frankenberg-Rengershausen

Frankenberg-Rengershausen

An der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfa- len, 350 m über dem Meer, liegt Rengershau- sen am rechten Ufer der Nuhne. Eingebettet vom Rothaargebirge (Hochsauerland) und Ederbergland gehört die Gemarkung geolo- gisch betrachtet zum Rheinisch-Westfälischen Schiefergebirge. 409 Einwohner zählt das Walddorf im Südwesten des Landkreises Waldeck-Frankenberg, abseits gelegen von der Kernstadt. Die historische Territorialgrenze zwischen Waldeck und Kurhessen verläuft an der östlichen Gemarkung. Der Ort liegt wei- terhin im fränkisch-(nieder)sächsischen Sprach- gebiet. Bereits in 1962/63 hat Rengershausen am Wettbewerb erfolgreich teilgenommen. Der Ort befindet sich in Vorbereitung auf die 900 Jahrfeier im April 2007. Rengershausen wirbt für sich unter: www.rengershausen.de.

Allgemeine Entwicklung

Die Kargheit der Böden und die abgeschiedene Lage haben den Rengershäusern in der Vergangen- heit nur ein bescheidenes Einkommen ermöglicht. Zahlreiche Bewohner pendelten daher zur Arbeit in die benachbarten Orte aus. Die naturräumliche Lage wurde Ende der 50-er Jahre als Chance erkannt um Rengershausen als Ferienort aufzubauen. Nach der Eröffnung der ersten Privatpension 1959 entwickelte sich der Ort zu einem Urlaubsort insbesondere für Niederländer und Erholungs- suchende aus dem Ruhrgebiet. Mit knapp 200 Betten im Ort verzeichnete Rengershausen 1985 über 24.000 Übernachtungen. Durch qualitative Angebotsverbesserungen erhielt Rengershausen erstma- lig das Prädikat eines Luftkurortes, wobei das Bettenangebot und die Übernachtun- gen 2000 einen Rücklauf bestätigten. Der Ausbau zum wichtigsten Fremdenverkehrs- ort für die Stadt Frankenberg führte dazu, dass Rengershausen entgegen dem allge- meinen Trend seine Einwohnerzahlen zum Vergleichsjahr 1990 leicht ausbauen konn- te. Allerdings stehen den aktuellen 409 Ein- wohnern 463 Einwohner im Jahr 1997 ge- genüber. Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Ortes ging einher mit einer regen Bau- tätigkeit in den letzten 25 Jahren – bei der schwierigen topografischen Situation mit bewegtem Relief im Süden und der Nuhne- aue im Norden wurden die letzten Siedlungs- flächen 2000 planungsrechtlich bereitge-

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 77 Frankenberg-Rengershausen

stellt. In Folge entstanden westlich, nördlich und südlich des Ortskernes neue Wohngebiete, wobei die Nachfrage derzeit eher zurückhaltend ist. Unter anderem wurde die Aue der Nuhne nördlich des Ortskernes zur Bebauung freigegeben; im Süden entstand eine Hangbebauung. Aus dem Wochenendhausgebiet wurde ein Splitterwohngebiet. Frankenberg hat 2006 einen Landschaftsplan beschlossen.

Die touristische Erschließung des Ortes führte zu einem Ausbau auch der öffentlichen Infrastruktur- angebote. Neben einem klassifiziertem Rad- und Wanderwegenetz baute die Stadt 1976 östlich vor dem Ort in der Nuhneaue ein beheiztes Schwimmbad, errichtete Sport-, Spiel- und Freizeitflächen, erstellte ein „Haus des Gastes“ und mehr. Aktuell bemühen sich die Stadt und der Ort um die Erhaltung des Freibades. Angestrebt wird, gemeinsam mit den Nachbargemeinden dieses Kleinod der Bevölkerung und den Gästen weiterhin und finanziell tragbar zur Verfügung zu stellen. Der Ausbau der Ortsdurchfahrt (K 126) und einer innerörtlichen Straße im Neubaugebiet sind geplant. Der Bau einer Gruppenkläranlage und die touristische „Vermarktung“ des Ortes stehen für inter- kommunale und regionale – einschließlich Bundesland übergreifende – Projekte. Die Walddörfer wirken vielfältig zusammen, u.a über Altennachmittage und den Posaunenchor. In Vorbereitung der Jahresfeier 2007 stehen eine große Anzahl dörflicher Aktivitäten an. Das neue Dorf-Logo, die Gründung des Kulturvereins 2004, die Herausgabe des „Stietz-Blick“, der Nachbau der Marienkirche, die geplante Beschilderung der Häuser im Ortskern mit den historischen Haus- namen, die Erstellung einer Dorfchronik, innerörtliche Gestaltungsmaßnahmen und mehr stehen für das dörfliche Gemeinschaftsgefühl und zeugen von einer gewissen Aufbruchstimmung. Für eine hohe Verbundenheit der Rengershäuser mit ihrem Ort sprechen auch eine Reihe traditioneller Feste und Bräuche und die Nachbarschaftshilfe, wie auch der Dialekt noch zum Alltag gehört.

Bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen

Die Angebote der sieben Vereine bzw. Clubs werden rege angenommen. So ist jedem Ort statistisch betrachtet Mitglied in 1,23 Vereinen. Hinzukommt die Mitwirkung bei den Aktivi- täten der Kirchengemeinde. Ein Jugendclub findet sich in Grün- dung. Beachtenswert ist die vielfältige Traditionspflege durch die ört- lichen Vereine, die musikalischen, sozialen und umweltpäda- gogischen Angebote der Kirchengemeinde und des Kirchspiels und die rege Arbeit des Verkehrs- und Heimatvereins. Zahlrei- che Bau- und Begrünungsaktivitäten zeugen davon. Die Schützengruppe, Feuerwehr, Kirchengemeinde richten sich ge- zielt an die Jugendlichen. Eine Elterngruppe kümmert sich um die Kleinsten. Insgesamt begleiten diverse Veranstaltungen und Aktionen das (Kirchen-)Jahr. Sie sind in einem Veranstal- tungskalender festgehalten. Sehr zu würdigen ist das Enga- gement der Kirchengemeinde, die Patenschaften für Kinder und Studenten in Indien und Südafrika übernommen hat, um somit eine gesicherte Schul – und Ausbildung dieser Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten. Angesprochen werden alle Bewohner; gezielt wird auf die Neubürger zugegangen. Die alte Dorfschmiede steht den Dorfbewohnern mit Geräten und Inventar zur Verfügung. Auch das Backhaus kann unent-

78 Frankenberg-Rengershausen

geltlich genutzt werden. Handwerk, Dienstleistung und Land- und Forstwirtschaft bieten ca. 50 inner- örtliche Arbeitsplätze. Ein kleiner Lebens- und Gemischtwarenladen versorgt die Einwohner und Gäste.

Baugestaltung des Ortes

Die evangelische Marienkirche ist das dominieren- de Gebäude des Ortes. Der erhöhte Standort, die gedrungene Kubatur und der rote Sandstein der mehrfach umgebauten und restaurierten ehemali- gen Wehrkirche und Wallfahrtsstätte kündigen schon von weitem Rengershausen an. Östlich davon schließt sich der historische Ortskern an. Er wird als Gesamtanlage bewertet und umfasst die baulichen Anlagen der Straße Unterm Berg, Teile der Hom- bergstraße und der Braunshäuser Straße. Daneben gibt es eine Reihe von Einzelkulturdenkmälern, die als erhaltenswert bewertet werden. Hierzu gehören auch die alte Schule von 1898, nunmehr privat ge- nutzt, und die am Ortsrand liegende Mühle. Bau- geschichtlich betrachtet stammen die Anlagen des Ortskernes aus der Zeit nach dem großen Brand 1788 bis in die Gegenwart. Sie umfassen sowohl zwei- und dreiseitige Hofanlagen als auch Einhäuser. Die unterschiedlich großen Gebäude, die scheinbar regellose Bebauung geben dem Ortsbild einen aufgelockerten Gesamteindruck. Dieser wird durch den zurückliegenden Straßenausbau der Kreis- straße mit den einhergehenden Veränderungen im Straßenknick, dem heutigen Dorfplatz, verstärkt. Die gegenwärtige Nutzung des neuen Dorfplatzes hat sich der Kommission nicht erschlossen. Ne- ben dem Fachwerk herrschen Werksteine und der rote Sandstein als regionale und traditionelle Baumaterialen vor. Auch als Sockel oder Stützmauer tauchen sie immer wieder im Ortskern auf. Als Dacheindeckung prägen der Schiefer und die Tonziegel die Ortsmitte – nicht untypisch für Dörfer am Rande des Schiefergebirges. Neben diesen Eindeckungen haben im Ort diverse weitere Ziegel- formen und -farben Eingang gefunden. So haben sich insbesondere bei den Neubauten glasierte farbige Dacheindeckungen mit einer großen Fernwirkung durchgesetzt.

Der zentrale Treffpunkt des Ortes – das Haus des Gastes – beherbergt neben Versammlungsräu- men eine Bibliothek, einen Fitnessraum, eine Kühlzelle und eine Küche. Das Gebäude aus rotem Sichtmauerwerk mit Holzverblendung ist als Zeugnis der Erbauungszeit (1976) schlicht und im Gesamt- bild unauffällig gehalten. Dieses trifft auch für die weiteren öffentlichen Gebäude aus dieser Zeit zu.

Ortsmittelpunkt und Brunnenplatz wurden im Jahr 2006 über die Preisgelder und mit Unterstützung der Stadt in Eigenleistung neu gestaltet. Die Ausführung des Brunnens steht eher im Kontext der Fremdenverkehrsaktivitäten und nimmt wenig Bezug auf das historische Dorf. Das Backhaus von 1903 ist äußerlich und innen fachgerecht renoviert. Ein Gebäudeleerstand ist aktuell nicht zu verzeichnen; alle baulichen Anlagen konnten verkauft und reaktiviert werden. Zu begrüßen und zu unterstützen ist die Sicherung der alten Schmiede und die zeitweise private Fortführung des Schmiedehandwerks. Prägend für den Ort sind Bruchstein- mauerwerke. Gewinnbringend für den Ortskern wurden unter der Einbindung der Denkmalfach- behörde einige Anwesen beispielhaft saniert bzw. wiederhergestellt. Manches Haus weist jedoch

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 79 Frankenberg-Rengershausen

auch auf das Erfordernis notwendiger Instandhaltungen hin. Bei durchgeführten Renovierungen, z. b. Einbau von Fenstern und Türen wurde zuweilen von den historischen Vorgaben Abstand genommen.

Grüngestaltung des Ortes

Die Übergänge der Gärten zur freien Landschaft sind weitestgehend harmonisch. Hervorzuheben ist die kleinräumige und naturbelassene Gestaltung des neuen Friedhofs. Strauch- und Baumpflanzungen des terrassierten Geländes sowie die ebenerdigen Gräber sind beispielhaft. Der alte Friedhof soll als „biblischer Garten“ umgestaltet werden – ein be- merkenswertes lernpädagogisches, auch touristisch nutzbares Vorhaben. Allerdings hatte die Kommis- sion Zweifel, ob der Standort sowohl der topogra- fischen Lage als auch der Geschichte des Kirchen- umfeldes gerecht wird. Die Bepflanzung des Um- feldes des Hauses des Gastes und die Neuan- pflanzungen im Ort wie am Brunnenplatz, an der Bushaltestelle und am Spielplatz wirken sich positiv auf das Gesamtbild aus. Als Maßnahmen des Ar- tenschutzes stehen das neue Schwalbenhaus und das private „fledernmausfreundliche Haus“. Ein Nuhne-Zufluss wurde innerorts verrohrt. An mehreren Gebäuden befinden sich Spalierobst und Rosenstöcke, u.a. am Backhaus und an der Kirche. Der historische Rosenstock vor der Kirche ist dabei eine Besonderheit. Im Ortskernbereich sind Bauerngartenelemente wie auch dorftypische Grünbestände und Blumen zu finden. Positiv sind Fassadenbegrünungen, Hecken und vereinzelte Dachbegrünungen zu erwähnen. Die „Garten- accessoirs“ bestehen zumeist aus natürlichen Materialien. Teile der Neubaugebiete sind unzurei- chend oder mit standortfremden Gehölzen und Bäumen durchgrünt.

Dorf in der Landschaft

Die Landschaft besteht aus einer vom Nuhnetal und verschiedenen Bächen zerschnittenen Schiefer- gebirgs-Hochfläche, der „Breiten Struth“. Der räumliche Wechsel vom Nuhnetal und den Bach- tälern, von Hügeln und Hochebenen, umgeben von zahlreichen Wäldern, prägt die Landschaft. Die Feldflur ist vielfältig strukturiert; Acker- und Grünland wechseln sich ab. Böschungen, wegbegleitende Hecken und Feldgehölze bestimmen das Landschaftsbild. Auffallend viele, sich am Standort her- ausgebildete Gehölze charakterisieren die Landschaft. Fauna und Flora sind entsprechend vielfältig ausgebildet. Die relativ offene Bebauung der neuen Hangbebauung ermöglicht eine weitgehende (optische) Verzahnung der Ortslage mit der Landschaft. In den vergangenen zehn Jahren erfolgte eine Reihe von Anpflanzungen. Auch wurden ein Feuchtbiotop und eine Streuobstwiese angelegt. Eine Heideflächenrenaturierung befindet sich in Planung. Eine extensive Grünlandbewirtschaftung durch alte Haustierrassen wie Gallowayrinder und rotes Höhenvieh, englische Parkrinder, Schafe und Ziegen und die geplante Pflege von Magerrasen sind beispielhaft, da hier Naturschutzbelange (u.a. durch Einbindung von Naturschutzverbänden), landschaftspflegerische Anforderungen und ökonomischer Gewinn (u.a. durch Züchtung) zusam- mengeführt werden. Hierbei sind das überdurchschnittliche Engagement des Pfarrers und der Kir- chengemeinde hervorzuheben.

80 Frankenberg-Rengershausen

Anregungen und Empfehlungen

Rengershausen hat sich als ein lebendi- ges, aktives und selbstbewusstes Dorf dargestellt. Es wird eine besondere Auf- gabe u.a. des Ortsbeirates sein, die derzeitigen vielfältigen Aktivitäten zur Vorbereitung der 900-Jahrfeier über das Fest hinaus und generationsübergreifend zu erhalten. Welches Entwicklungsleit- bild dabei im Vordergrund stehen könn- te, war für die Kommission nicht eindeu- tig erkennbar. Die strukturellen Verände- rungen u.a. im Tourismus, in der Alters- und Bewohnerentwicklung erfordern aus Sicht der Kommission eine Überprüfung der bisherigen Sicherheiten. Die Durch- führung einer Zukunftskonferenz nach Ausklang der Festlichkeiten 2007 könnte den Weg weisen. Die Stadt Frankenberg könnte hierbei eine unterstützende Aufgabe einnehmen. Die Möglichkeiten der weiteren inner- und interkommunalen Zusammenarbeit sind dabei ebenfalls zu prüfen. Es ist zu wünschen, dass die Bemühungen zur Erhaltung des Freibades positiv verlaufen. Die örtlichen Ansätze und Projekte, das natürliche Potential des Ortes und seines Raumes zu sichern und auch wirtschaftlich zu nutzen, sollten auf jeden Fall fortgeführt werden. Die „Grundsatzziele für die Erhaltung der Rengershäuser Kulturlandschaft“, verfasst von Pfarrer Hesse u.a., werden ausdrücklich begrüßt. Hilfestellung für die fachliche Umsetzung bietet hierbei auch der neue Landschaftsplan mit seinen Empfehlungen.

Als geschichtsträchtiges Hufendorf gibt es viel zu entdecken und viel zu erzählen. Die Ansätze der Hausbeschilderung oder die Hinweise auf die Wüstungen im Umfeld sind einige Beispiele hierfür. Weitere Projekte zur Spurensuche könnten folgen. Beispielhaft sei die Entwicklung der Kulturland- schaft (terrassierte Ackernutzungen?) oder des Kirchumfeldes oder die Bebauungsgeschichte ge- nannt. Diese fördern nicht nur die Identifikation der Bewohner mit ihrem Ort sondern wären auch touris- tisch zu nutzen.

Vorrang vor der Belegung neuer Baugebiete sollte die innerörtliche Nutzung vorhandener Gebäude und Baulücken haben. Ein Gebäudekataster mit den pro- gnostizierten mittelfristigen Nutzungen wird daher empfohlen. Bei ausbleibender Nachfrage an Bau- flächen sollte eine Teilaufhebung des B-Plans zu- gunsten der Auensicherung geprüft werden. Eine stärkere Eingrünung des nordwestlichen und Teile des südlichen Ortsrandes wird angeregt. Für die bauliche Weiterentwicklung wäre eine breite Verständigung auf ortsindividuelle Gestaltungs- grundsätze für das Ortsbild vorteilhaft. Diese soll- ten nicht nur Empfehlungen für den Ortskern, son- dern auch für Neubauten aufnehmen. Aussagen zu

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 81 Frankenberg-Rengershausen

Gebäudeproportionen und -gliederungen bei Neu-, An- und Umbauten, Dacheindeckungen und Fassadenöffnungen bis hin zu Materialeinsverwendungen könnten in einer anschaulichen Broschüre Eingang finden. Dabei sollten die positiven Beispiele (auch Baudetails) im Ort herausgehoben wer- den. Eine fachliche Beratung durch die Denkmalpflege oder Stadtverwaltung im Vorfeld von Verän- derungen ist vielleicht innerorts zu organisieren. Die baulichen Details der Kulturdenkmäler wie Inschriften, Profilierungen, Schnitzereien etc. sollten auf jeden Fall gesichert werden. Dieses gilt auch für die Schmiede, die mit ihrer Ausstattung eine regionale Besonderheit darstellt.

Die Erfahrung, dass Beispiele Schule machen und zur Nachahmung anregen, gilt auch für das Thema der innerörtlichen Durchgrünung. Positive Gärten, Begrünungen, Hofflächen, Mauern etc. könnten z.B. regelmäßig im „Stietz-Blick“ oder im Internet vorgestellt werden oder Suchrätsel die Aufmerksamkeit darauf richten. Die jüngsten innerörtlichen Anpflanzungen von Laubbäumen gilt es an ausgewählten Standorten auch zur Ausbildung von Raumkanten fortzusetzen.

Die Bewertungskommission, August 2006

Ansprechpartner Ortsvorsteher Wolfgang Dauber Hombergstraße 17 35066 Frankenberg-Rengershausen

82 Frankenberg-Rengershausen

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 83 Groß-Umstadt-Heubach

Groß-Umstadt-Heubach

Mit viel Selbstbewusstsein präsentierten die 1751 Einwohnern von Heubach ihren Ort beim Landesentscheid als „die schönste Sackgasse Hessens“. Heubach liegt im Pferdsbachtal, einem Seitental des Odenwaldes am nördlichen Rande des Naturparks Bergstraße/Odenwald im Landkreis Darmstadt-Dieburg. Der Ort feierte 2003 seine 700-Jahr-Feier unter dem schönen Motto „Ein Dorf mit Zukunft hat Ge- schichte“. Mit der Entdeckung der Heubacher Steinbrüche 1817 erlebt das „ärmste Dorf des Großherzogs“ einen kurzen sozialen und wirt- schaftlichen Aufstieg. Zahlreiche Gebäude im Dorf geben Zeugnis der zurückliegenden Ge- schichte des Steinhauerdorfes. Für eine kur- ze Zeit konnte die kleingewerbliche Textil- produktion zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu weiterem Wohlstand verhelfen. Mit der Eingemein- dung im Jahre 1977 nach Groß-Umstadt wurde zwar die politische Selbstständigkeit aufgegeben, aber nicht das dörfliche Selbstbewusstsein. Heubach hat sich 2005 erstmalig am Wettbewerb beteiligt. Die Internetadresse lautet: www.heubach-online.de.

Allgemeine Entwicklung

Stadt und Ortsbeirat haben sich zum Ziel gesetzt, die Bürgerinnen und Bürger bei kommunalpolitischen Planungen und Entscheidungen (noch) stärker einzubinden. Mehrere Beteiligungsprojekte zu Bauleitplanungen, Aus- und Umnutzungsmaßnahmen dokumentieren die aktuelle Zusam- menarbeit zwischen der Kommune und dem Ortsbeirat. Dem Bevöl- kerungszuwachs in den vergangenen 15 Jahren um ca. 50 Personen wird durch eine behutsame Bauentwicklung Rechnung getragen. Aktuell be- findet sich der Flächennutzungsplan über eine „außergewöhnliche Bürger- beteiligung“ in der Fortschreibung. Heubach beteiligt sich mit mehreren (Bau-) Projekten auch am (noch aktuellen) Agenda 21-Prozess der Stadt. Die „kurzen Wege“ werden ansonsten bevorzugt. Eine große Transpa- renz der Aktivitäten liefert die örtliche Internetdarstellung. Die Stadt gibt finanzielle Anreize für den Bau von Zisternen und Solar- dächern. Das Angebot des öffentlichen Personen- und Nahverkehrs wird als gut bewertet. Auch ist Heubach an mehrere Rad- und Wanderwegen angeschlossen. Hervorzuheben sind die „themenWege“, zu deren Erkun- dung in unregelmäßigen Abständen eingeladen wird. Regionale Ver- knüpfungen und Kooperationen, z.B. im Bereich des Tourismus, wurden der Kommission nicht vorgestellt.

Die Stadt unterhält einige Einrichtungen wie Kindergarten und Grundschule, altes Rathaus, Spiel- und Freizeitflächen sowie den selbstverwalteten Jugend-Container. Vereine und Initiativen engagie- ren sich, um die ehemals öffentlichen genutzten Einrichtungen durch Neunutzungen auch nachhaltig zu sichern. Dies betrifft z.B. das alte Rathaus und das Wiege- und Backhaus und aktuell das alte

84 Groß-Umstadt-Heubach

Schulhaus, welches sich in Eigentum der alten Kirche befindet. Ungewöhnlich ist die Trägerschaft der Wiesen- talhalle (Bürgerhaus) und Sportanlagen durch jeweils den Sport- bzw. Turnverein. Unternehmen und Dienstleister sichern mit über 100 Arbeitsplätzen eine breite (Gesundheits-) Versorgung. Direktvermarkter mit Obst, Gemüse, Honig und Fleisch- waren ergänzen die Produktpalette des kleinen Einkaufs- ladens. Das größte Unternehmen stellt Heiz- und Kühl- systeme mit einer Spezialisierung auf effiziente Energie- nutzung her. Die zukunftweisende Technik erfordert eine Betriebsverlagerung an den Ortsrand. Das Motto „Wir sind stark in unserem Ort“ weist auf die hohe Identifikation der Bewohner mit ihrem Ort. Die Nachfrage an alter Bausubstanz durch junge Fami- lien ist gegeben. Das vielfältige Engagement der Ver- eine, Initiativen und auch Unternehmen trägt zur nach- haltigen Ausbildung des „Wir-Gefühls“ wesentlich bei.

Bürgerschaftliche Aktivitäten

Der Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft und die Vielfalt der Vereine und Gruppen liegen vielleicht in der relativen abgeschiedenen Lage des Ortes begründet. 26 bzw. 27 Vereine, die Kirchengemeinden und Arbeitsgruppen wirken mit ihren Angeboten in den dörflichen Alltag hinein und prägen die Frei- zeit der Bewohner. Die Angebote reichen von der Auseinandersetzung mit der Geschichte, der Pflege des Brauchtums und umfassen Um- welt- (pädagogische) und Naturschutzprojekte und sportliche Aktivitäten u.v.m. Ihren Zusam- menschluss finden die Vereine in einer Interes- sensgemeinschaft.

Als eine Besonderheit (von mehreren) sei das seit 10 Jahren bestehende Kulturnetz mit seinen viel- fältigen Aktivitäten und der informativen Internetdarstellung hervorgehoben. In Planung befinden sich die Projekte: „Wasserspielplatz am Pferdsbach“ und „Kunst- und Sinnesweg am Ortsrand“. Viele Initiativen wie das „Erzählcafe oder die Rubrik „Kennen Sie Ihren Nachbarn?“ sprechen „Jung und Alt“ gleichermaßen an. Die Jugend und die Kinder erfahren insgesamt eine große Aufmerk- samkeit. An zahlreichen Projekten sind sie beteiligt oder sie richten sich an diese. Hierunter fallen auch die betreute Grundschule, getragen von einem Förderverein, sowie die über einen Verein organisierte Krabbelgruppe. Die Pflege von öffentlichen Grünanlagen, Bauwerken, Spielgeräten etc., die Renovierung öffentlich genutzter Gebäude und Anlagen erfolgt arbeitsteilig; viele Vereine und Bürgergruppen sind daran beteiligt. Die Interessengemeinschaft richtet jährlich den Neujahrsempfang aus, bei dem die Neu- bürger besonders begrüßt werden.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 85 Groß-Umstadt-Heubach

Baugestaltung des Ortes

Neben seiner ansprechenden topografischen Lage weist Heubach eine Anzahl von baulichen und städtebaulichen Besonderheiten auf. So ist der große rechteckige Dorfplatz ein markantes Merkmal des historischen Ortskernes. Der Platz mit Brunnen und umgebender Bebauung und den sechs einmündenden Straßen bilden eine Gesamtanlage nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz. Reizvolle Situationen bieten auch die drei Kirchen in ihrem jeweiligen Umfeld. Als reformiertes, lutherisches und katholisches Gotteshaus wurden sie im 18. bzw. späten 19. Jahrhundert errichtet. Wie zahlreiche Einzelgebäude sind auch sie von ortsgeschichtlichem und städtebaulichem Wert und entsprechend als Kulturdenkmäler geschützt. Als öffentliche Gebäude ragen weiterhin die histori- schen zwei Schulgebäude und das Rathaus heraus, wie auch das reaktivierte Backhaus das Dorfbild positiv prägt. Der vor Ort bzw. in der Region gebrochene rote Sandstein dominiert im Ortsbild. Er findet sich als Sichtmauerwerk bzw. auch als Zierwerk an Häusern und Nebengebäuden, in Sockeln oder auch in Massivbauweise bei einigen öffentlichen Gebäuden und dem Brunnen. Neben der Fachwerkbauweise trägt der Stein damit ganz wesentlich zum Erscheinungsbild des Ortes bei. Bei zahlreichen Restaurierungen wurde auf das ansprechende regionaltypische Material zurückgegrif- fen. Im Zuge von Umnutzungen entstanden aus ehemals landwirtschaftlichen Nebengebäuden neue Wohnungen. Die historischen Hoftore geben dem Ortsbild einen prägenden Ausdruck und sind erhaltenswert. Die Neubauten fügen sich in der Regel maßstäblich, also ohne Störung in die be- nachbarte Bebauung ein. Die in den vergangenen Jahrzehnten entstandenen neuen Wohnhäuser stehen am nördlichen und südlichen Ortsrand in lockerer und der Topografie angepasster Bauweise.

Grüngestaltung des Ortes

Großkronige Bäume – zumeist Linden und Kas- tanien – geben dem Ort einen besonderen Reiz. Als Rahmenbepflanzung prägen sie u.a. das Umfeld der Grundschule, der katholischen Kir- che oder den Bouleplatz. Neben zahlreichen naturnah gestalteten Innenhöfen heben sich die Übergänge von den privaten zu den öffentli- chen Flächen oftmals positiv von den Verkehrs- flächen ab. Mit der Umgestaltung des Markt- platzes erfolgte eine Teilentsiegelung verbun- den mit der Neugestaltung des Gesamtplatzes. Vorbildhaft sind einzelne Gärten hinsichtlich der Gehölz- und Blumenauswahl und ihrer Gestal- tung zu bewerten. Hier fallen insbesondere die kleinen Gärten an der lutherischen Kirche und dem Rathaus und der private Garten des alten Lehrerhauses ins Auge. Auch der Spielplatz fällt angenehm auf. Die innerörtliche Gartenanlage wurde über einen Bebauungsplan gesichert. Auch die Hausbegrünungen und die vereinzelt zu findenden Grasdächer sind nachahmenswerte Beispiele. Die relativ großzügig geschnittenen Grundstü- cke der Neubaugebiete ermöglichen auch hier eine gute Durchgrünung.

86 Groß-Umstadt-Heubach

Landschaftsgestaltung in der Gemarkung

Die Kulturlandschaft rund um den Ort ist von den Ausläufern des Odenwaldes umgeben. Der Wald zeichnet sich durch einen gesunden alten Mischbestand aus. Die Wanderwege führen an den natür- lichen Quellen vorbei. Insgesamt sind in der Gemarkung 30 Quellen zu finden, einige davon ge- fasst. Besonders ist die Heinrich Rausch-Quelle zu erwähnen. Das reine, weiche Wasser wird von vielen Bürgern, auch aus der Umgebung, zum Verzehr, zum Bierbrauen und für die Aquarien geholt.

Das Landschaftsbild mit Ortslage wirkt harmonisch. Hierzu tragen neben der Tal-/Hanglage der kleinstrukturierte Kulturraum mit Wiesen und Feldern bei. Die Altbestände und die Neuanpflanzungen der zahlreichen Obstbäume sind in einem gepflegten Zustand. Die Ernte des heimischen Obstes wird über den Obstbauverein durch ein jährliches Kelterfest mit Kindern und Bewohnern gefeiert. Der Pferdsbach ist in Teilen renaturiert. Aue und „Heubacher Schilf“ ermöglichen vielfältige Naturschutz- maßnahmen, die die Artenvielfalt von Fledermäusen, Singvögeln und Amphibien und Fischbestand unterstützen.

Anregungen und Empfehlungen

Die Kommission gewann den Eindruck, dass die Bewohner ihre Zukunft auf drei Säulen stellen: Der Wertschätzung gegenüber dem Kulturraum, der Beachtung der örtlichen Geschichte und das Vertrauen auf das eigene Handeln. Aus Sicht der Kommis- sion eine ausgezeichnete Basis, die örtliche Entwicklung auch weiterhin aktiv zu begleiten bzw. diese zu gestalten. Aus dieser Vorgabe leiten sich einige Empfehlungen ab: Die Pflege des natürlichen Kapitals Heubachs – sein Landschafts- raum – sollte über die gegenwärtige Eltern-Generation hinaus sichergestellt werden. Das bedeutet z.B., dass die Jugendli- chen und Kinder auch weiterhin an Baumschnitt und Gehölz- pflege herangeführt und ihnen die ökologischen Wirkungen der Landschaftsnutzung vermittelt werden. Es heißt weiterhin, dass die Siedlungsentwicklung behutsam, also unter Beachtung der Höhenlinien weiterverfolgt und der geplante Gewerbeneubau dem Ortseingang angemessen eingegrünt wird. Um aus dem natürlichen „Kapital“ auch vermehrten wirtschaftlichen Gewinn zu erzielen, sind die touristischen Ziele des Ortes und die Mög- lichkeiten ihrer Umsetzung zu prüfen oder neu zu bestimmen (z.B. die Sicherung des Prädikats „Erholungsort“ mit den ent- sprechenden Anforderungen , formuliert 1998). Ein touristisches Konzept kann sicherlich nur unter Einbeziehung der Stadt, der örtlichen Gastronomie und der Vereine erfolgen und bedarf ggf. auch einer fachlichen Begleitung. Die Kommission ermuntert den Ortsbeirat ausdrücklich, die Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin in die örtlichen Projekte und städtischen Entscheidungen durch Transparenz der Informationen und persönliche Ansprache einzubeziehen. In diesem Zusammenhang wird gerade auch die offene Ju- gendarbeit hoch eingeschätzt. Mitsprache und Mitentscheidung kann es auch bei der baulichen Entwicklung des Ortes geben. Hier bietet sich u.a. der Umbau des „Dalles“ an.

Um die ortstypischen Gestaltungsmerkmale auch bei zukünftigen Sanierungen und Umbauten zu sichern bzw. bei Neubauten aufzugreifen, empfiehlt die Kommission die Erstellung einer Bau-

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 87 Groß-Umstadt-Heubach

gestaltungsfibel. Diese könnte aus dem Ort heraus unter fachlicher Be- gleitung erarbeitet werden (z.B. als VHS-Projekt). Ziel wäre, grundstücks- bezogene Aussagen sowohl zu erhaltenswerten Baudetails als auch Emp- fehlungen zu Materialien, Fenstern und Türen, Dacheindecken u.s.w. zu erhalten. Wie im Verkehrsraum gilt auch hier der Grundsatz, auf eine Material- und Formvielfalt zugunsten der historischen Vorgaben zu ver- zichten. Bei einer ev. Innenrenovierung des Rathauses ist das Augen- merk auf die fachgerechte Erhaltung zu legen.

Wünschenswert wäre auch die Erarbeitung einer „Grünfibel“. Sie bietet Orientierung bei der Garten-, Hof- und Freiflächengestaltung und Be- pflanzung. Vorbilder regen zur Nachahmung an. Daher sollten gelunge- ne Hof- und Gartengestaltungen, Sandsteinstützmauern und Einfriedun- gen etc. öffentlich vorgestellt und kommuniziert werden, z.B. über das Gemeindeblatt oder das Internet. Konkret wird angeregt, den Eingangsbereich an der katholischen Kirche durch eine naturnahere Bepflanzung zu optimieren und den Schulhof durch weitere Pflanzungen stärker zu entsiegeln und zu gliedern. Natur- und Artenschutzprojekte sind fortzuführen, z.B. durch Fledermaushilfen. Nicht alle Quellen sollten gefasst werden Die Bemühungen um den Erhalt des alten reformierten Schulhauses durch den neuen Verein werden ausdrücklich begrüßt. Unterstützung bietet hierbei sicherlich die Landkreisverwaltung.

Die Bewertungskommission, August 2006

Ansprechpartner Ortsvorsteher Matthias Weber Erzberger Straße 19 64823 Groß-Umstadt-Heubach

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Lohra-Weipoltshausen

Weipoltshausen im Landkreis Marburg- Biedenkopf ist ein Dorf mit gelebter Ge- meinschaft. Ortsbeirat, Vereine, die „Akti- ven Bürger“ u.a. bilden dabei das „Herz des Dorfes“ und des Zusammenlebens. 600 Einwohner zählt der Ort, was eine Zu- nahme seit 1990 um 80 Bürgerinnen und Bürger bedeutet. Die Bewohner stehen in der Tradition des gemeinsamen Handelns, welche als Grundlage für die örtliche Wei- terentwicklung gesehen wird. Vor diesem Hintergrund steht wohl auch die 15. Teil- nahme am Wettbewerb seit 1967. Wei- poltshausen bemüht sich seit langem um die Anerkennung als Dorferneuerungs- schwerpunkt.

Entwicklung des Ortes

Die Gemeinde Weipoltshausen verfügt über einen Flächennutzungsplan mit integriertem Landschafts- plan, fünf Bebauungspläne und eine Abrundungssatzung sowie ein Wochenendhausgebiet. Bei aktuellen Bebauungsplänen wird auf wasserdurchlässige Befestigungen und die Pflanzung einheimi- scher Gehölze geachtet. Vorhandene Baulücken sollen bevorzugt geschlossen werden. In ehemali- gen landwirtschaftlichen Gebäuden wurden Wohnungen geschaffen. Der soziale und kulturelle Treff- punkt befindet sich in der Ortsmitte. Hier ist neben dem Bürgerhaus mit seinen verschiedenen Nutzungen wie Jugendclub die Heimatstube mit Bücherei und mehr angesiedelt.

Weipoltshausen verfügt über eine Gaststätte und ein bemerkenswertes Angebot an Handwerks- und Dienstleistungsbetrieben, die insgesamt 16 Voll- bzw. Nebenerwerbsarbeitsplätze bieten. Die Ansiedlung eines Dorfladens war nicht erfolgreich. Zwei Direktvermarkter sowie ein Großhandel für Biolebensmittel ermöglichen jedoch eine Teilversorgung vor Ort. Die kommunale Infrastruktur wird durch vielfältige Eigenleistungen und hohes persönliches Engagement abgesichert.

Zukünftig soll der Tourismus eine stärkere Rolle spielen. Die an Weipoltshausen vorbeiführenden Wanderwege, insbesondere der an Bedeutung zunehmende Elisabethenweg, soll Übernachtungs- gäste bringen. So ist in der neu errichteten Schutzhütte eine Heuunterkunft in Eigenorganisation geplant. Die Anbindungen an den Öffentlichen Personennahverkehr nach Marburg oder Gießen sind gut, Schulen und Kindergärten sind in den Nachbarorten. Busse bringen die Kinder dort hin. Die Lebensqualität im Dorf wird insbesondere auch durch das ausgeprägte „Wir-Gefühl“ definiert. Die Gemeinde ist sich bewusst, welche Bedeutung die dörfliche Identifikation und das bürger- schaftliches Engagement für die Entwicklung haben. Deshalb ist nicht nur die Gemeindevertretung bei den monatlichen Sitzungen des Ortsbeirats vertreten, sondern auch die Bürger werden in alle Entscheidungsprozesse eingebunden. Aktuell stehen Überlegungen zur Senkung der Betriebskos- ten des Dorfgemeinschaftshauses, ggf. auch eine örtliche Übernahme an, um die Gebäude auch zukünftig in voller Funktion zu sichern. Die voraussichtliche Bevölkerungsentwicklung mit ihren Wir- kungen auf den Ort wird thematisiert.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 89 Lohra-Weipoltshausen

Bürgerschaftliche Aktivitäten

Die Vielzahl der Vereine, Initiativen und das private Engagement zeigen wie ausgeprägt die dörfli- che Identität ist. Ein Zusammenschluss aller Vereine zu dem Freizeit- und Kulturverein fand kürzlich statt. Jeder Verein engagiert sich auch über sein vereinseigenes Thema hinaus. So wird die neue Schutz- und Freizeithütte vereinsübergreifend finanziert und organisiert, der gemischte Chor hält das Backhaus instand, zukünftig sollen auch die Reinigungsarbeiten für das Dorfgemeinschaftshaus übernommen werden. Die Dorfbewohner halten die örtlichen Grünflächen unter der Regie des Ver- schönerungsvereins in Ordnung. Die „Aktiven Bürger“ kaufen und pflegen die Geräte des Kinderspiel- platzes usw. Weitere Schwerpunkte liegen in der Brauchtumspflege und Heimatforschung und im praktischen Landschafts- und Umweltschutz. Zahlreiche Feste und Feiern beleben über das ganze Jahr das Dorfleben, der Erlös aus diesen Festen dient wiederum der Finanzierung von gemeinschaftlichen Ein- richtungen. Hervorzuheben sind die internationalen Aktivitäten, die länderübergreifende Patenschaften z.B. der Feuerwehr umfassen oder auch die Aktion „Kinder helfen Kin- dern“, bei der Kinder in Sao Paulo unterstützt oder Weihnachtspakete an osteuropäische Kinder verschickt werden.

Auch innerhalb der Gemeinde wird eine Offenheit ge- genüber anderen Kulturen gelebt und anerkannt. Bei- spiele hierfür sind die Hausaufgabenhilfe für die Kin- der von im Dorf lebenden Asylbewerbern oder das konfessionsübergreifende soziale Engagement z.B. bei der Trauerhilfe in der Nachbarschaft. Für die ältere Generation werden vom Seniorenbeirat, u.a. in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule, diverse Angebote unterbreitet. Auch die freie und ehrenamtlich organisierte Kinder- und Jugendarbeit besitzt einen hohen Stellenwert für das dörfliche Miteinander. Sie ergänzt die guten Angebote der Jugendarbeit in den Vereinen.

Baugestaltung des Ortes

Weipoltshausen besitzt einen ausgeprägten dörflichen Charakter mit einem insgesamt harmoni- schen und gut erhaltenen Ortsbild und einem starken innerörtlichen Grünanteil. Auf dem regelosen Grundriss stehen die Gehöfte meist in lockerer Anordnung. Die Kirche von ca. 1200 liegt auf einem noch erkennbaren Niederterassensporn. Durch die gewundene und sich der Topografie harmonisch anpassende Straße wirkt der Ort mit Unter- und Oberdorf malerisch. Mehrere in Naturstein gefasste Brunnen erinnern an die vergangene Bedeutung des Wassers für das dörfliche Leben. Der Ortskern steht als Gesamtanlage unter Denkmalschutz. Darüber hinaus sind mehrere Häuser als Einzelkultur- denkmäler ausgewiesen. Die meisten Gebäude befinden sich in einem weitgehend gut erhaltenen Zustand. Weiterhin sind positive bis herausragende Sanierungsbeispiele zu finden. Sieben Wirtschafts- gebäude wurden zu Wohnzwecken umgenutzt. Hinsichtlich ihrer Proportionen, ihres Standortes und Farbgebung fügen sich die neueren auch öffentlichen Gebäude, wie das Bürgerhaus oder die Heimat- stube, zurückhaltend in das Ortsbild ein. Dieses gilt in der Regel auch für die „neuen“ Stützmauern und Einfriedungen.

90 Lohra-Weipoltshausen

Grüngestaltung des Ortes

Weipoltshausen präsentiert sich als ein grü- ner Ort. Die vorhandenen großkronigen (Hof-) Bäume umrahmen die öffentliche und private Bausubstanz und gestalten die Ortseingänge. Weitgehend sind auch die Ortsränder gut ein- gegrünt. Hainbuchenhecken bilden vielerorts natürliche Einfriedungen. Die ortsbildprä- genden Trockenmauern sind zum Teil saniert und begrünt worden. Vorbildlich ist der Ver- zicht auf Herbizide auf öffentlichen Grünflä- chen und die zahlreichen Artenschutzmaß- nahmen, z.B. für Schleiereule, Schwalben, Bie- nen und Wespen. Die vorhandenen privaten Bauerngärten mit Stauden, Gemüsebeeten, Heil- und Gewürzkräutern unterstreichen die dörfliche Struktur. Im Bewusstsein der Bevölkerung werden die Anforderungen an Natur- und Land- schaftsschutz durch vielfältige Informationsarbeit lebendig gehalten. Inwieweit hiervon auch die Neu- bürger profitieren, konnte die Kommission nicht abschließend bewerten.

Dorf in der Landschaft

Die geringe Bodenzahl ermöglicht fast ausschließlich eine Grünlandnutzung. Die Pflege von Streuobstbeständen, aber auch die Anlage von neuen Sortengärten zur Erhaltung alter Obstsorten ist in Weipoltshausen besonders ausgeprägt. Über 3.000 Neupflanzungen wurden in den letzten Jahren unter fachlicher Begleitung durchgeführt. Neben der Pflege ist eine örtliche Verwertung des Obstes durch Kauf eines Musers, einer Obstpresse und Flaschenfüllanlage vorgesehen. Durch die Erhaltung und Neuanlage von Hecken und Feldrainen ist die Gemeinde bestrebt, ein Verbundsys- tem naturnaher Lebensräume in der Gemarkung zu schaffen. Die kleinräumige Kulturlandschaft setzt die dörflichen Strukturen der Ortslage in der freien Landschaft fort und lässt Weipoltshausen als eine malerische Idylle mit aktiven Menschen, lan- ger Tradition und gelebter Gegenwart erscheinen. Dieses betont auch die angenehme Einfachheit der Pilgerschutzhütte.

Anregungen und Empfehlungen

Der Weg der Bewohnerschaft, sich sowohl offen den strukturellen Veränderungen zu stellen und dabei Tradition und Geschichte ihren Platz zu si- chern, ist überzeugend und sollte weiter verfolgt werden. Ausbaufähig schien der Kommission die Behandlung der konkreten Auswirkungen der Be- völkerungsentwicklung auf den Ort, auch im Kon- text mit den gemeindlichen Zielen. Dieses gilt auch für das touristische Konzept. Empfohlen wird sich

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 91 Lohra-Weipoltshausen

über die realistischen Ziele, die Möglichkeiten und Chancen mit externen Fachpersonen zu be- raten.

Ein besonderes Augenmerk ist auf die Nutzung bzw. den weiteren Verfall einzelner Gebäude zu richten. Dort wo der bauliche Zerfall droht, sollte auch zukünftig unter Einbindung der denkmal- pflegerischen Beratung saniert werden. Wichtig ist hierbei die Erhaltung bzw. Sicherung der noch zahlreich vorhandenen alten Bausubstanz. Der begonnene Weg der Umnutzung von Scheunen für Wohnzwecke ist zu begrüßen und sollte wei- ter fortgeführt werden.

Bei Renovierungen und Sanierungen ist auf die handwerksgerechte Ausführung zu achten, ge- rade auch der Baudetails. Dabei sollten histori- sche Vorbilder von Türen, Toren, Fenster etc. ebenso Beachtung finden wie die Sicherung vorhande- ner Details z.B. der Eckständer, der Rähmprofilierungen oder sonstiger Bauornamente. Grundsätz- lich gilt, die den Ort kennzeichnende harmonische, also zurückhaltende, Formensprache und Farb- wahl zu bewahren. Gute Sanierungs- und Renovierungsbeispiele können als beispielhaft und nachahmenswert darge- stellt werden, z.B. durch Hausschilder, Bilddokumentationen. Auch positive Gartennutzungen soll- ten herausgestellt werden, z.B. durch einen gemeindlichen Wettbewerb. Die Trockenmauern sollten in ihrer Funktionalität und ökologischen Bedeutung erhalten bleiben.

Die malerische Idylle des Ortsbildes von Weipoltshausen wird durch den urban gestalteten Vorplatz des Dorfgemeinschaftshauses und das „moderne“ Gebäude unterbrochen. Hier könnte im Rahmen einer Dorfentwicklung eine den umliegenden Strukturen angepasste Flächengestaltung erfolgen und auch das Gebäude stärker durch Begrünung angepasst werden. Wie bei allen zukünftigen Pflastermaßnahmen sollte auch hierbei Zurückhaltung in der Gestaltung geübt werden. Um eine bessere Einpassung in die Landschaft zu erzielen, sollte eine naturnahere Gestaltung der Wasser- tretanlage geprüft werden.

Die Bewertungskommission, August 2006

Ansprechpartner Ortsvorsteher Helmut Fink Hauptstraße 32 35102 Lohra-Weipoltshausen

92 Lohra-Weipoltshausen

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 93 Melsungen-Kirchhof

Melsungen-Kirchhof

Nordöstlich von Melsungen erstreckt sich das Mel- sunger Bergland mit bis über 400 Höhenmetern. In dem engen Kehrenbachtal liegt Kirchhof, umgeben von Bergwäldern. Zwei mittelalterliche Handelswege führen am Ort vorbei. Die topografische Lage, der Waldreichtum und die Nähe zu Melsungen (4 km) be- stimmten wesentlich die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Ortes. Die kleine Landwirtschaft diente der Eigenversorgung. Als Fuhrmann, Handwerker oder Tagelöhner gingen die Kirchhofer nach Melsungen, ab dem 20. Jahrhunderts auch als Arbeiter in die In- dustrie. Noch heute pendeln die meisten Berufstäti- gen in die Kernstadt. Das Dorf im Schwalm-Eder -Kreis hat sich so zu einem Wohndorf entwickelt. Die Bevöl- kerungsentwicklung ist mit aktuell 563 Einwohnern in den vergangenen 16 Jahren leicht rückläufig. Kirchhof hat 2003 seine 700-jährige Geschichte gefeiert. 2006 wurde der Stadtteil als Schwerpunkt der Dorf- erneuerung anerkannt. Am Wettbewerb beteiligte sich der Ort mehrfach erfolgreich in den 60-er Jahren und - nach langer Pause – 2005 erneut. Die Homepage von Kirchhof befindet sich im Auf- bau: www.melsungen-kirchhof.de.

Entwicklung des Dorfes

Die Zusammenarbeit zwischen dem Ort und der Stadt wird als gut und ausreichend geschildert. Der „kleine Dienstweg“ zwischen dem Ortsbeirat und der Stadtverwaltung findet durch themenbezogene Bürgerversammlungen und öffentliche Ortsbeiratssitzungen eine Ergänzung. Mit zwei Bewohnern ist der Stadtteil im Stadtparlament vertreten. Auch informelle Gruppen sind in die Entscheidungen über die weitere Ortsentwicklung eingebunden. So hat die Dorfgemeinschaft Kirchhof e.V. nach Abschluss der 700-Jahr -Feier ihre Arbeit fortgesetzt. Die AG Dorferneuerung ist in drei Bereichen tätig: Soziales Dorfleben und Kultur; Infra- struktur, Bausubstanz und Grundversor- gung; Freiraumgestaltung. Im Agenda 21 -Prozess befassen sich fünf Bürger Kirch- hofs mit Themen aus der Umwelt, Land- und Forstwirtschaft.

Der Flächennutzungsplan aus den 80-er Jahren erfährt zurzeit seine 52. Überarbei- tung. Aktuelle Aussagen enthält der Land- schaftsplan von 2003/2004. Der geschlos- sene Ortskern wurde 2000 im Südwesten um ein neues Baugebiet mit 1,7 ha erwei- tert, womit der ehemals am Ortsrand lie- gende Friedhof an die bebaute Ortslage angeschlossen wurde. Aufgrund der ge- ringen Nachfrage ist die Bebauung zum Teil sehr vereinzelt. Der Bebauungsplan

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schreibt den Einbau von Regenwasserzisternen mit jeweils 5000 Liter Inhalt vor. Ein Gartengebiet im nordwestlichen Außenbereich wurde 1997 mit einem Bebauungsplan gesichert.

In den 90-er Jahren hat die Stadt für alle Stadtteile einen Dorfentwicklungsplan mit einer Gestaltungs- satzung als Grundlage der weiteren Entwicklung erstellen lassen. Mit der Aufnahme in das Schwer- punktprogramm des Landes Hessen wird dieser derzeit fortgeschrieben.

Melsungen bezuschusst auch die Beratung und den Bau von Solaranlagen. An die Kernstadt ist Kirchhof mit dem ÖPNV und einem Radweg gut angebunden Durch die Nähe zu Melsungen wurde die Schule bereits 1969 geschlossen. An weiteren öffentlichen Einrichtungen finden sich im Ort ein Gemeinschaftshaus und Feuerwehrgerätehaus, Sport- und Spielanlagen, die Grillhütte, das Vereins- heim der Sportgemeinschaft 09, der Friedhof, die evangelische Kirche sowie der Gemeinderaum der Kirchengemeinde.

Im Ort werden 25 (Teil-)Arbeitsplätze in Handwerk und Dienstleistung angeboten, der überwiegende Teil der Erwerbstätigen ist bei der Braun Melsungen AG beschäftigt. Die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs erfolgt durch Verkaufswagen bzw. mobile Bringdienste. Die Traditionsgaststätte im Dorf ist seit 1990 von der Sportgemeinschaft gepachtet.

Ehemals von größerer auch wirtschaftlicher Bedeu- tung besitzt der Fremdenverkehr gegenwärtig keine Bedeutung mehr für den Ort. Noch in den 60-er Jah- ren wurde für „Kirchhof als Oase im Hessischen Ried- forst“ geworben. Der Ort konnte immerhin 1967 über 9.800 Übernachtungen ausweisen. Die emotionale Bindung der Bewohner an ihren Wohnort ist groß. Hierzu tragen insbesondere die Vereinsaktivitäten (und ihre sportlichen Erfolge), aber auch die vielfältigen gemeinschaftlichen Eigenleis- tungen bei. Erwähnt seien hier die Baumaßnahmen an der Friedhofshalle, am Gemeinschaftshaus und an den Vereinshäusern oder das Buswartehaus. Das „Kerchhewer Lied“ und das Dorflogo stehen wei- terhin als Ausdruck der dörflichen Identität.

Bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen

In der „Dorfgemeinschaft Kirchhof e.V.“ arbeiten noch immer 70 Mitglieder an der Erhaltung und Verbesserung der natürlichen Lebensgrundlagen des Dorfes. Die Pflege der Natur und Heimatkun- de, Ausstellungen und die Förderung des Umweltschutzes wie auch der Bau von Schutzhütten, die Aufstellung der Ruhebänke und Ausweisung von Wanderwegen gehören zu deren Aufgaben. Das Mähen kleinerer Rasenflächen und das Anpflanzen und die Pflege von Blumen werden in Paten- schaften von den Anliegern übernommen. Anlässlich des Dorf-Geburtstages erstellten zahlreiche Bewohner eine Ortschronik.

Ein breites Angebot bieten die weiteren fünf Vereine und die Kirchengemeinde. Mehr- fachmitgliedschaften der Einwohner sind hierbei selbstverständlich. Die Sportgemeinschaft 1909

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 95 Melsungen-Kirchhof

(SG 09) Kirchhof e.V. (der größte Verein mit ca. 500 Mitgliedern) wurde durch die Damenhandball- mannschaft bundesweit bekannt, als diese 1977 und 2004 in die höchste Spielklasse, die Bundesli- ga, aufgestiegen sind. Hervorzuheben ist auch die Nachwuchsförderung der SG 09. Kinder ab 4 Jahren werden über Minihandball für die nächsten Jahrgangsstufen ausgebildet. Die Handball- sparte kooperiert dabei eng mit dem Bundesligaverein Melsungen. Der Sportverein, die Feuerwehr und die Ev. Kirchengengemeinde sprechen dabei insbesondere auch die Kinder und Jugendlichen aus dem Ort an.

Die Kirchhofer Rasselbande ist ein Zusammenschluss von derzeit 25 Müttern. Sie richten zweimal jährlich einen Kinderbasar aus. Aus dem Erlös werden verschiedene Projekte im Dorf unterstützt. Alle Vereine beteiligen sich aktiv am Tag der Stadt- und Landschaftspflege. Gute Nachbarschafts- hilfe im Ortskern zeichnet sich durch die Betreuung und den Besuch von älteren und kranken Mit- bürgen aus.

Baugestaltung des Dorfes

Durch die in den vergangenen Jahrzehnten erfolgte Be- bauung entlang der Landestraße und durch die lockere Neubebauung hangaufwärts hat der Gesamteindruck des ehemaligen geschlossenen Haufendorfes in den ver- gangenen zehn Jahren eine Veränderung erfahren. Der Ortskern ist in weiten Teilen in seiner baulich-räumlichen Enge mit den gewundenen Gassen erhalten. Er ist um die ehemalige Wehrkirche mit den Resten des Grüngür- tels im Westen und der kleinteiligen Bebauung am Hang des Krämersberges aus geschichtlichen Gründen als Gesamtanlage bewertet. Eine zweite Gesamtanlage bil- den die Obst- und Gemüsegärten am östlichen Ortsaus- gang. Daneben weist der Ort eine große Anzahl von Einzeldenkmälern aus geschichtlichen, städtebaulichen und nachrangig aus künstlerischen Gründen aus. Die im Dorfmittelpunkt stehende Kirche mit der „neuen“ Kirchen- halle von 1828 aus Sandsteinmauerwerk besitzt ein harmonisch gefasstes Umfeld, eingesäumt von einem Staketenzaun.

In mehreren Straßen wurde das historische Pflaster wieder aufgenommen oder aber durch Neu- pflasterungen ergänzt. So zeigt sich auch der Dorfplatz, der nach dem Ausbau der Landesstraße 1995/96 nach Abbruch eines Gebäudes neu angelegt wurde. Welche funktionale Bedeutung die- sem Platz im Alltag zukommt, hat sich der Kommission jedoch nicht abschließend erschlossen. Wie auf diesem Platz so befinden sich im Ort weitere sehr schöne Sandsteinbrunnen wie z.B. der „Sitz- born“ oder der neue Brunnen von 1987. Sie werden durch Quellen gespeist. Das ortsbilddomi- nierende Baumaterial im Ort ist der rote Sandstein. Er findet sich auch in zahlreichen Stützmauern und Einfriedungen. Im Gegensatz dazu findet er sich nur noch vereinzelt in den privaten Hofflächen.

Die relativ hohe Ausweisung von Einzelkulturdenkmälern kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei zahlreichen Renovierungen und Umbauten die hausgeschichtlichen Besonderheiten und ihre handwerkliche Ausführung im Detail in Vergessenheit gerieten. Neben fachgerecht renovierten Gebäuden finden sich so z.B. „moderne“ Türen und Fenster, wo kleingliedrige Fassadenöffnungen

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dem Haustyp angemessener gewesen wären. Auch wurden vor Jahren manche historische wet- terseitige Fassadenbekleidungen durch neuzeitige Wandbehänge abgelöst. Als reizvolle örtliche Besonderheit sind die diversen kleinen Schuppen mit Lattenverkleidung auszumachen. Anderenorts sind diese oftmals schon verschwunden.

Das ehemalige Lebensmittelgeschäft wird nunmehr als kirchlicher Gemeinderaum genutzt. Die „Krö- nung der Aufbauarbeit von 1970“ (Original Presse), das etwas abseits gelegene Dorfgemeinschafts- haus, ist ein zeitgemäßer funktionaler Bau mit Flachdach, der auch mit den Anbauten für die Feuer- wehr durch die gute Eingrünung nicht störend wirkt. Auch die Friedhofshalle von 1966 mit ihrem neuen Anbau ist hinsichtlich seiner Kubatur und Ausführung ein ansprechendes Gebäude. Dieses trifft auch für das Backhaus zu. Alle Gebäude wurden unter großer Eigenleistung errichtet. Die ehemalige Schule und das Spritzenhaus wurden verkauft und zu Wohnhäusern umgebaut. Eine alte Scheune wurde von den Eigentümern in ihrer Bausubstanz erhalten. Innen präsentiert sie „Fund- und Schaustücke“ vergangenen dörflichen Lebens, insbesondere bäuerliches Arbeitsgerät. Auf Nachfra- ge wird sie für die Besucher geöffnet. Im Dorf befinden sich zwei Spielplätze.

Grüngestaltung des Dorfes

Die offene Bebauung der Ortsränder lassen Kirchhof als einen grünen Ort auch im Ortskernbereich erscheinen. Hierzu tragen einerseits großzügige Anlagen wie das Kirchenumfeld mit seinen Bäumen u.a. der alten Linde oder auch die Eingrünung des Friedhofes mit der Hainbuchenhecke bei. Andererseits prägen die kleinen punktuellen Grünflächen mit ansprechenden Gehölzen und Blumen und die kleinen sog. halböffentlichen Plätze das Gesamtbild. Bauern- und Nutzgärten stärken das positive Erscheinungsbild, allerdings sind diese nicht durchgängig vorhanden. Im Ge- gensatz zum öffentlichen Raum finden sich jedoch relativ wenige großkronige Laubbäu- me auf privaten Raum, wie auch manche Rasenfläche den Garten abgelöst hat.

Das Dorf in der Landschaft

Kirchhof liegt eingebettet in eine hügelige Landschaft mit naturbelassenen Seitentälern und kleinparzellierter extensiver Bewirtschaf- tung. Der östliche/südöstliche Ortsrand weist durch Feldgehölze, auch alte Obst- bäume eine enge Verzahnung zum angren- zenden Wald auf. Mit Einschränkungen sind auch die weiteren Ortsränder stark und viel- fältig strukturiert. Vernässungen der Grün- bereiche, Quellen, Obstwiesen etc. geben der Ortsumgebung ihre ökologische Wertigkeit. Der überwiegende Teil der Gemarkung liegt im Vogelschutzgebiet „Riedforst bei Melsungen“. Das gleichlautende Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiet erstreckt sich nordöstlich der Ortslage. Zu einem der wichtigsten Gelbbauchunken Bestände in Hessen zählt das Feuchtbiotop. Er befindet sich am westlichen Ortsausgang in der Nähe des Bachlaufs, der in weiten Teilen mit einem geschlossenen Gehölzbestand versehenen ist.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 97 Melsungen-Kirchhof

Schutzhütte von 1975 Ansprechend ist der idyllische Waldsportplatz mit Tennisanlage, Duschhalle und einem nach Mög- lichkeit auf Dauer zu sichernden Tribünenhäuschen. Der Hochbehälter unterhalb der Sportanlage steht als Zeugnis der modernen Wasserversorgung des beginnenden 20. Jahrhunderts. Die 1975 errichtete Schutzhütte bietet einen wunderbaren Blick auf das Kehrenbachtal.

Anregungen und Empfehlungen

Mit der neu angelaufenen Dorf- erneuerung besitzt Kirchhof eine gute Möglichkeit, den vorgezei- chneten Weg fortzusetzen. Da- bei stellt sich insbesondere die Herausforderung, die junge Ge- neration und die (erwarteten) Neubürger in die Planungen um die Entwicklung des Ortes ein- zubeziehen.

Die Kommission empfiehlt nach- folgende Ansatzpunkte aufzu- greifen: Die städtebauliche An- bindung des nur zaghaft beleg- ten Neubaugebietes erfordert ggf. eine Änderung des B-Plans in Form einer Rücknahme oder stufen- weisen Bebauung. Die (bestehenden) Neubauten sollten auf jeden Fall durch Eingrünungen an den Ortskern eingebunden werden. Ein städtebaulicher Rahmenplan könnte den Weg für die weitere Orts(kern)entwicklung zeigen. Hierin sind auch Aussagen über die erwarteten Gebäudenutzungen aufzunehmen und entsprechende Aussagen für die Ortskernsicherung zu treffen. Welchen Beitrag Kirchhof für die touristische Entwicklung der Stadt Melsungen und des „Mittleres Fuldatal“ zukünf- tig haben kann, ist weiterhin zu prüfen. Einbringen könnte der Ort auf jeden Fall seine geschichtli- chen und kultur- und naturräumlichen Ressourcen.

Auf die Sicherung der naturräumlichen Besonderheit Kirchhofs sollte daher ein besonderes Augen- merk gelegt werden. Das Ziel, Umwelt-, Natur- und Artenschutz mit der Landschaftspflege zu ver- binden, sollte auch zukünftig Bestand haben. Dabei sind Wege zu diskutieren, wie dieses auch in der nächsten Generation gesichert werden kann. Als fachliche Grundlage wird empfohlen, die Emp- fehlungen des Landschaftsplans heranzuziehen. Diese betreffen nicht nur den Außenbereich, son- dern auch die Ortseingänge und -ortsränder. Zu prüfen wäre auch eine Freilegung des verrohrten Grabens und ergänzende Erlenanpflanzungen zur Beschattung des außerörtlichen Bachlaufes. Für die innerörtliche Durchgrünung wird angeregt, gemeinsam weitere Standorte für Baumpflanzungen zu suchen und mit den Anwohnern abzustimmen. So könnte z.B. der Brunnenplatz im öffentlichen Bereich durch Bäume ergänzt werden. Nicht jeder kleine Platz sollte befestigt werden sondern auch Raum für Ruderal- und Trittgesellschaften lassen. Der Spielplatz im Umfeld des Gemeinschafts- hauses könnte um neue spielpädagogisch erprobte bauliche Anlagen und Geräte bereichert wer- den. Empfohlen wird auch eine weitere Eingrünung des Spielplatzes am Ortsrand. Wünschenswert ist die Erstellung einer Grünfibel, die grundstücksbezogene Aussagen über mögliche Gehölz- und Baumpflanzungen, Hausberankungen etc. enthält.

98 Melsungen-Kirchhof

Mit der Dorferneuerung besteht die Möglichkeit, fachlich gesicherte grünordnerische, aber auch denkmalpflegerische, bauliche Beratungen in Anspruch zu nehmen. Diese Chance gilt es zu nutzen. Neben der Grünfibel empfiehlt die Kommission auch die Aufstellung einer ortsindividuellen aktuali- sierten Baufibel. Diese könnte die Gestaltungsempfehlungen für die bauliche Entwicklung des Ortes anschaulich, grundstücksbezogen und abgestimmt festhalten. Das Dorferneuerungsprogramm bie- tet weiterhin fachliche und ggf. finanzielle Anreize zur Sanierung weiterer Häuser und Entsiegelung der Hofflächen.

Grundsätzlich empfiehlt die Kommission, sich auf die (historischen) Besonderheiten des Ortes zu besinnen und diese öffentlich hervorzuheben und in die weitere bauliche und touristische Entwick- lung einfließen zu lassen. Hierzu zählen die bereits erwähnten Schuppen, die traditionellen Straßen- profile und ihre Befestigung, die regionalen Baumaterialien wie der rote Sandstein, die orts- charakteristischen Höhenversprünge im Straßenraum, die verschiedenen Haustypen die Spiegel der sozialen und wirtschaftlichen Geschichte des Ortes sind (z.B. die Wohnstallhäuser), aber auch die Architektur der 60- er. Aber auch das Gasthaus sollte bei einer ev. Innenraumsanierung im Original erhalten bleiben.

Die Bewertungskommission, August 2006

Ansprechpartner Ortsvorsteher Helmut Hartung Lehmkaute 4 34212 Melsungen-Kirchhof

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 99 Melsungen - Kirchhof

100 Siegerehrung

Siegerehrung

Veranstaltung am 1. Oktober 2006 im Kurhaus von Bad Wildungen

Pressemitteilung des Hessisches Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz

Einladung und Programm zur Preisverleihung

Grußwort des Gastgebers Volker Zimmermann

Festrede des Staatsministers Wilhelm Dietzel

„Kommunale Entwicklung stärken – Ehrenamt unterstützen“, Stephan Würz

„Einblicke“, Roswitha Rüschendorf

Grußwort, Heiko Backhaus, Frankenau-Altenlotheim

Grußwort, Heinz Heilbronn, Alsfeld-Altenburg

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 101 Presseinformation

Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz

Presseinformation

Wiesbaden, 29. September 2006 Nr. 508

Achtung Sperrfrist: 01. Oktober 2006, 10.00 Uhr !!!

Eigeninitiative der Bürger ist eine zentrale Ressource für zukünftige Herausforderungen im länd- lichen Raum – Landessiegerehrung „Unser Dorf“ in Bad Wildungen

„Ich freue mich, die erfolgreichsten hessischen Dörfer des 32. Landesentscheids „Unser Dorf“ hier im Kurhaus in Bad Wildungen nach einem spannenden Wettbewerb auszeichnen zu können“, sagte Umweltminister Wilhelm Dietzel heute am Tag der Regionen in Bad Wildungen.

In der heutigen Zeit, in der sich der Staat mit seinen begrenzten finanziellen Ressourcen in vielen Bereichen nicht mehr so engagieren kann wie früher, sei es umso wichtiger, dass durch Eigeninitia- tive der Bürger Zeichen gesetzt werden. Dabei solle das bürgerschaftliche Engagement eine zentra- le Ressource sein. Der Wert des bürgerschaftlichen Engagements zur Lösung gesellschaftlicher Probleme solle dabei im Rahmen dieses Wettbewerbs besonders hervorgehoben werden, so der Minister weiter.

„Der Name des Wettbewerbes ‚Unser Dorf’ steht für eine hohe Qualität dörflichen Lebens. Leitge- danke ist, wie sich der Einzelne, die Gemeinschaft, aber auch die Kommune für das Dorf einsetzen können, um es noch lebenswerter und zukunftsfähiger zu gestalten“, äußerte sich Minister Dietzel und weiter: „Es soll dabei deutlich werden, dass sich bürgerschaftliches Engagement sowohl für das Gemeinwesen als auch für die jeweiligen Akteure lohnt. Der Wettbewerb kann deshalb für ganz Hessen einen beispielhaften Beitrag zur Neudefinition gesellschaftlicher Verantwortung von Staat, Wirtschaft und bürgerschaftlichem Engagement leisten“.

In Zukunft werden die Auswirkungen des demographischen Wandels die Dörfer im ländlichen Raum vor eine große Herausforderung stellen. Auch der Dorfwettbewerb soll dazu beitragen diese Pro- bleme des demographischen Wandels unter der Prämisse „Mehr Dorf für weniger Bürger“ zu be- wältigen. Daher soll das aktivste, sozialste und zukunftsfähigste Dorf im Rahmen dieses Wettbe- werbs ausgezeichnet werden.

Zum Schluss wünschte Minister Dietzel den beiden Siegerdörfern Frankenau-Altenlotheim und Als- feld-Altenburg für den im nächsten Jahr stattfindenden Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zu- kunft“ viel Erfolg und sprach die Hoffnung aus, dass die heutige Veranstaltung dazu beiträgt, den Wettbewerbsgedanken in noch mehr Dörfer hineinzutragen.

102 Presseinformation

Im Landesentscheid 2006 der besten Dörfer Hessens wurden folgende Sieger ermittelt:

Gruppe A

1. Altenlotheim, Stadt Frankenau, Landkreis Waldeck-Frankenberg 2. Oberellenbach, Gemeinde Alheim, Landkreis Hersfeld-Rotenburg 3. Hergershausen, Stadt Babenhausen, Landkreis Darmstadt-Dieburg

Gruppe B

1. Altenburg, Stadt Alsfeld, Vogelsbergkreis 2. Weipoltshausen, Gemeinde Lohra, Landkreis Marburg-Biedenkopf 3. Orferode, Stadt Bad Sooden-Allendorf, Werra-Meißner-Kreis

Als Siegerprämie erhalten die jeweils erstplazierten Dörfer 4.000 •, die zweitplazierten Dörfer jeweils 2.000 •. Für den 3.Platz werden jeweils 1.000 • vergeben. Die übrigen Teilnehmer: Naumburg- Altenstädt, Wabern-Harle, Wanfried-Heldra und Wehrheim-Pfaffenwiesbach sowie Calden-Ehrsten, Frankenberg-Rengerhausen, Groß-Umstadt-Heubach und Melsungen-Kirchhof erhalten jeweils eine Urkunde für die erfolgreiche Teilnahme am hessischen Landesentscheid.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 103 Einladung zur Siegerehrung

104 Impressionen

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 105 Impressionen

106 Grußwort des Gastgebers

Volker Zimmermann – Bürgermeister von Bad Wildungen Grußwort des Gastgebers

Liebe Teilnehmer des Wettbewerbs „Unser Dorf“, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste unserer Badestadt, ich freue mich, Sie heute zur Siegerehrung in unserer Stadt begrüßen zu können und drücke Ihnen allen meine Hochachtung für die von Ihnen vollbrachten Leis- tungen aus. Für unsere Stadt ist es eine besondere Ehre, dass diese Veranstal- tung hier durchgeführt wird, noch dazu im Bad Wildunger Kurhaus – einem Ort, der wie kaum ein anderer das Selbstverständnis Bad Wildungens ausdrückt.

Die Sicherung und Weiterentwicklung der Lebensgrundlagen in den Dörfern ist ein wesentliches Element der Kommunalpolitik, auch hier in Bad Wildungen. Wir richten unser Augenmerk auf gute Wohnverhältnisse, Erhalt und Neuan- siedlung von Gewerbebetrieben in den Stadtteilen, Erhalt der kulturellen Viel- falt und Sicherung der ökologischen Lebensverhältnisse. Vor allem geht es aber darum, die Bürgerinnen und Bürger selbst dafür zu begeistern, das Leben ihres Dorfes in die eigenen Hände zu nehmen und sie in dieser Begeisterung zu unterstützen. Der Wettbewerb „Unser Dorf“ zeigt diese Begeisterung, und er zeigt die hervorragenden Ergebnisse, die durch Bürger- engagement möglich sind. Machen Sie weiter so in Ihrem Engagement für eine gute Zukunft unse- res schönen Landes.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 107 Impressionen

108 Festrede Wilhelm Dietzel

Wilhelm Dietzel Hessischer Minister für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz

Festrede des Staatsministers

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Bürgermeister Zimmermann, ich freue mich, die erfolgreichsten hessischen Dörfer des 32. Landesentscheids „Unser Dorf“ hier im Kurhaus in Bad Wildungen nach einem spannenden Wett- bewerb auszeichnen zu können.

Wettbewerbe spielen in vielen Bereichen unserer Gesellschaft eine bedeutende Rolle – sei es im beruflichen, sportlichen, kulturellen, ökologischen oder touristi- schen Bereich. Alle verfolgen letztlich das Ziel, Teamarbeit, Eigenverantwortung, Innovation, Kreativität und Leistungsbereitschaft zu fördern, herauszustellen und zu honorieren. Der Dorfwettbewerb lebt vom gemeinsamen Handeln und vom gemeinsamen Erfolg. Schon immer zeichneten sich Dörfer – im Gegensatz zu Städten – durch ihre lebendigen Dorfgemeinschaften, Nachbarschaften und ihre familiäre Zusam- mengehörigkeit aus.

Mit der Auslobung und Durchführung von Wettbewerben möchte die Landesregierung als Impuls- geber direkt die Akteure in den Regionen ansprechen, um die Zukunft des ländlichen Raumes durch Kontinuität und Nachhaltigkeit in gemeinschaftlicher Verantwortung zu sichern. Im übergreifenden Sinn bewertet Nachhaltigkeit gegenwärtiges Denken und Handeln unter dem Gesichtspunkt, die Lebenssituation der heutigen Generationen zu verbessern, ohne die Zukunftsperspektiven der kom- menden Generationen zu verschlechtern. Ziel ist dabei die Sicherstellung und Verbesserung ökolo- gischer, ökonomischer und sozialer Leistungsfähigkeit der ländlichen Regionen.

In der heutigen Zeit, in der sich der Staat mit seinen sehr begrenzten Finanzmitteln aus vielen wich- tigen Bereichen zurückziehen muss, ist es umso wichtiger, dass durch Eigeninitiative der Bürger Zeichen gesetzt werden. Dabei soll das bürgerschaftliche Engagement kein „Ausfallbürge“ für den sich zurückziehenden Staat, sondern eine zentrale Ressource sein. Der Wert des bürgerschaftlichen Engagements zur Lösung gesellschaftlicher Probleme soll dabei im Rahmen dieses Wettbewerbs besonders hervorgehoben werden. Wettbewerbe, die mit einem relativ geringen finanziellen Ein- satz, aber mit einem hohen Einsatz an bürgerschaftlichem Engagement solche positiven Entwicklungs- prozesse anstoßen, werden deshalb auch eine Zukunft haben.

Auch nach beinahe 50 Jahren – dieses Jubiläum steht mit dem nächsten Wettbewerb an - hat der Dorfwettbewerb in Hessen nichts an Attraktivität verloren. Im Gegenteil - es ist wohl einerseits der Anreiz, miteinander in Wettstreit zu treten und andererseits die Herausforderung sich mit aktuellen Themen im Dorf und seiner zukünftigen Entwicklung auseinanderzusetzen. Die Entwicklung vom Blumenkasten-Wettbewerb zum umfassenden Dorfentwicklungswettbewerb, hat sich seit 1959 mit verlagerten Schwerpunkten sowohl in Hessen als auch auf Bundesebene vollzogen.

Erneuerung ohne Aufgabe des Charakters heißt das Ziel sowohl für das Dorf als auch für das einzelne Projekt – wobei die Umsetzung mit unterschiedlichen Mitteln und Vorgehensweisen angestrebt wird.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 109 Festrede Wilhelm Dietzel

Über die Breite der Wettbewerbskriterien und angeregt durch die Konkurrenzsituation unterstützt der Wettbewerb bürgerschaftliches Engagement und örtliche Selbstorganisation. Entsprechend sind seine Ergebnisse oftmals unkonventionell und neuartig und schlagen sich in vielfältigen Ideen und in der Tatkraft für das Gemeinwesen nieder. Daher ist es z.B. für die wirtschaftliche Entwicklung vor Ort nicht entscheidend, eine möglichst große Anzahl von Unternehmen vorweisen zu können. Die örtli- che und regionale Ausgangslage wie Stadtnähe, Verkehrsanschlüsse oder das Angebot an Arbeits- kräften bestimmt den individuellen Umfang und die Ausrichtung wirtschaftlicher Initiativen im Dorf. Entscheidend aber ist die Nutzung örtlicher Chancen und Potentiale.

„Unser Dorf“ – der Name des Wettbewerbes steht für eine hohe Qualität dörflichen Lebens. Leitge- danke ist, wie sich der Einzelne, die Gemeinschaft, aber auch die Kommune für das Dorf einsetzen können, um es noch lebenswerter und zukunftsfähiger zu gestalten. Es soll dabei deutlich werden, dass sich bürgerschaftliches Engagement sowohl für das Gemeinwesen als auch für die jeweiligen Akteure lohnt. Das Spektrum der Möglichkeiten reicht vom Erscheinungsbild der Siedlung über die vielfältigen Formen des Zusammenlebens bis hin zur Bedeutung des Ortes im regionalen Zusam- menhang. Das Lösen von Problemen und das Nutzen von Chancen zur Verbesserung der eigenen Lebensqualität in allen denkbaren Bereichen sind die eigentlichen Leitideen des Wettbewerbes.

Auffallend ist dabei allerdings das eklatante Nord-Süd-Gefälle bei der Bereitschaft zur Wettbewerbs- teilnahme. Im Werra-Meißner-Kreis, im Schwalm-Eder-Kreis und im Landkreis Kassel sind im Verhält- nis zu den südlichen Landkreisen deutlich größere Teilnehmerzahlen zu verzeichnen. Dies hängt entscheidend mit der Motivation in den Dörfern zusammen. Fehlende Wirtschaftskraft, mangelnde Industrialisierung, langsamere Veränderung und größerer Zusammenhalt der Bewohner scheinen dabei eine Rolle zu spielen. Darüber hinaus hat die gemeinschaftliche, positive Selbstdarstellung in diesen Dörfern Tradition. Der Wettbewerb kann dennoch für ganz Hessen einen beispielhaften Beitrag zur Neudefinition gesellschaftlicher Verantwortung von Staat, Wirtschaft und bürgerschaftlichem Engagement leisten.

In der Bewertung des Dorfwettbewerbes ist die Bedeutung von Kontinuität und Nachhaltigkeit ge- wachsen. Dies bedeutet, dass nicht in erster Linie die zu bestimmten Wettbewerbsterminen erbrach- ten Leistungen den Ausschlag geben sollen, sondern dass die über längere Zeiträume zu bewerten- den örtlichen Aktivitäten und das dabei entwickelte Selbstverständnis des Ortes stärker in die Bewer- tung mit eingehen. Daher haben sich viele Dörfer nicht aufgrund neuer, aufwändiger Maßnahmen, sondern wegen der langfristigen Vermeidung von Fehlern und der kontinuierlichen Erhaltung der historischen Bausubstanz so positiv entwickelt. Das überdurchschnittliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger spielt dabei aber immer die ausschlaggebende Rolle.

Der Wettbewerb soll dazu beitragen, das Verständnis der Dorfbevölkerung für zukünftige Heraus- forderungen wie z. B. den Strukturwandel im ländlichen Raum zu stärken und die bürgerschaftliche Mitwirkung zu intensivieren, damit die Bürger ihren Lebensraum bewusst gestalten, pflegen und weiterentwickeln. Er soll beispielhafte Leistungen und Lösungsansätze herausstellen und weitere Orte zu eigenen Aktivitäten anregen.

Beispielhaft für den Strukturwandel sei hier die zunehmend fehlende Infrastruktur genannt. Vielerorts hinterlässt die größte Lücke das nicht mehr existierende Dorfgasthaus – nicht nur für die gastronomi- sche Versorgung, sondern als zwangloser Anlaufpunkt für Gäste und Dorfbewohner außerhalb orga- nisierter Gruppen und Vereine. Weiterhin spielt die Selbstversorgung in Zeiten geschlossener Dorf- läden wieder eine wichtige Rolle. In diesem Zusammenhang muss auch über die konsequente Förde-

110 Festrede Wilhelm Dietzel

rung kleiner Kreisläufe als Ansatz einer ressourcenschonenden Versorgung nachgedacht werden. Das Entwicklungsziel „Innenentwicklung geht vor Außenentwicklung“ muss im Zusammenhang mit dem Strukturwandel angesprochen werden. Wichtig ist dabei, dass die vorhandene Bausubstanz nachhaltig genutzt wird und die alten Höfe erhalten werden. Dies ist aber nicht überall der Fall. In überalterten Dörfern besteht z.B. erst mit dem Generationswechsel diese Chance.

Eine Gesamtstrategie für Investitionen in die Kernbereiche der Kommunen ist das kommunale Flächen- management. Dabei werden planerische, administrative und auch fördertechnische Vorgehensweisen in ein zusammenfassendes Managementsystem zusammengeführt, um wirtschaftliche, soziale, städ- tebauliche wie ökologische Aspekte berücksichtigen zu können. In der Konsequenz lassen sich dadurch sowohl ein weiterer Flächenverbrauch in den Ortsrandlagen als auch weitere Erschließungs- kosten für die Kommune durch Straßenbau sowie Ver- und Entsorgung reduzieren.

Auch völlig neue Ansätze zur Bewältigung des Strukturwandels können zur Lösung zukünftiger Pro- bleme beitragen. Man muss darüber nachdenken, ob man nicht Gemeinschaftssinn, Selbsthilfebe- reitschaft und ehrenamtliche Leistungen auch für private Projekte nutzen kann, die dann allen für bestimmte Zwecke zur Verfügung stehen.

In Zukunft werden die Auswirkungen des demographischen Wandels die Dörfer im ländlichen Raum vor eine große Herausforderung stellen. Abnehmende Bevölkerungszahlen bei gleichzeitiger Verrin- gerung des Anteils von jungen Menschen und Vergrößerung des Anteils alter Menschen stellen die Kommunal- und Regionalpolitik vor besondere Aufgaben. Insgesamt ist mit einem Rückgang der Bevölkerung zu rechnen, der regional jedoch sehr unterschiedlich verlaufen wird. Deshalb müssen die Dörfer in Zukunft mit einem verstärkten Wettbewerb um ihre Einwohner rechnen. Auch der Dorf- wettbewerb soll dazu beitragen diese Probleme des demographischen Wandels unter der Prämisse „Mehr Dorf für weniger Bürger“ zu bewältigen. Daher soll das aktivste, sozialste und zukunfts- fähigste Dorf im Rahmen dieses Wettbewerbs ausgezeichnet werden.

Im Ergebnis geht es also nicht nur um die Platzierung im Rahmen des Dorfwettbewerbs, sondern um eine Stärkung der dörflichen Identität, des gemeinsamen Zusammenlebens und einer nachhaltigen Gestaltung des eigenen Lebensraumes. Dies bedeutet, dass die Menschen auch zukünftig gerne hier leben und eher bereit sind, ihren Lebensraum zu pflegen, sich zu engagieren und damit zum positiven Gesamtbild beizutragen

An dieser Zukunft müssen wir gemeinsam weiter arbeiten – sie bedarf der Initiative von uns allen. In diesem Sinne möchte ich Sie alle dazu animieren, auch weiterhin an dem Erfolg des Wettbewerbs mitzugestalten im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unserer Dörfer. Ich hoffe, dass die heutige Veranstaltung dazu beiträgt, den Wettbewerbsgedanken in noch mehr Dörfer hineinzutragen.

Zum Schluss wünsche ich den beiden Siegerdörfern des hessischen Landesentscheides für den im nächsten Jahr stattfindenden Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ viel Erfolg.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 111 Impressionen

112 Vortrag Stephan Würz

Stephan Würz, Landesehrenamtsagentur Hessen

Kommunale Entwicklung stärken – Ehrenamt unterstützen

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Ehrengäste!

Das ehrenamtliche und bürgerschaftliche Engagement in den Dörfern pulsiert. Sie kommen aus Gemeinden, in denen viele freiwillig für ihr Dorf und in ihrem Dorf anpacken und angepackt haben. Vielleicht haben Sie sich auch mal ge- fragt, warum machen wir das? Warum machen so viele mit? Oder warum ma- chen manche noch nicht mit? Gerade so ein Wettbewerb hat auch viel neues Engagement mobilisiert und Sie überlegen, wie man den positiven Schwung am Ort mitnehmen kann, am Ort selbst und in den Vereinen.

An vielen Stellen werden Sie gemerkt haben, dass ehrenamtliches bürgerschaft- liches Engagement notwendig ist. Gleichzeitig haben Sie aber auch sicherlich festgestellt, dass Ehrenamt viele Dinge besser regeln kann als der Staat. Ehrenamt ist bunt, vielfältig, aber – und dazu will ich insbesondere zu Ihnen heute kurz sprechen – irgendwie auch anders als früher. Ich möchte Ihnen keine langen Zahlen und Ergebnisse aus den zahlreichen in letzter Zeit durchge- führten Untersuchungen vorstellen, sondern Ihnen Menschen vorstellen, die Sie kennen: Figuren, markante Persönlichkeiten, die Sie aus Ihrem ehrenamtlichen Umfeld kennen, aus den Vereinen, aus Ihrem Engagement am Ort oder die Sie vielleicht auch in sich selbst entdecken. Anhand dieser Personen lassen sich interessante Entwicklungen im Ehrenamt deutlich machen.

Der Ego-Taktiker:

Sie haben es sicherlich schon in Ihrem Alltag gemerkt: Keiner will sich lebenslang binden! Das, was allgemein in der Gesellschaft gilt, gilt insbesondere auch für Vereine. Die Menschen überlegen viel öfter, wie, für wen, warum und wie lange man sich engagiert. Dies führt zu deutlich mehr Ein- und Ausstiegen und zu unsteterem Engagement. Man kann durchaus sagen, die Leute lösen die 10er- Karte statt der Dauerkarte. Das Engagement ist hoch, aber seltener lang und stetig in einem Arbeits- bereich. Deshalb möchte ich die erste Figur des ehrenamtlich Tätigen als den Ego-Taktiker bezeich- nen. Wir haben es nicht mit Egoisten zu tun, obwohl dieser Eindruck in einer vermeintlichen Ellbo- gen-Gesellschaft immer wieder einmal gebraucht wird, sondern mit Menschen, die selbstbewusst und selbstverantwortlich entscheiden wollen, wo und wie sie sich einbringen. Deshalb funktionieren auch solche Zugänge wie „der Vater war schon in der Feuerwehr, deshalb kommt auch der Sohn“ nicht mehr so reibungslos wie früher. Vereine werden zu Lebensabschnitts-Vereinen, genauso wie die Gefährten im Leben manchmal zu Lebensabschnitts-Gefährten und –Gefährtinnen werden.

Senior-Boomer:

Wenn Sie die Zeitungen aufschlagen und Berichte über ehrenamtliches Engagement lesen, fallen Ihnen sicherlich oft die vielen Bilder älterer Menschen auf. Das ehrenamtliche Engagement scheint sehr grau zu sein. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: es wird in Zukunft noch deutlich grauer werden!

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 113 Vortrag Stephan Würz

Von allen Altersgruppen ist die Gruppe der Senioren diejenige, in denen das Engagement am stärksten ansteigt. Die Vision, das sich in Zukunft immer mehr Menschen auf Kreuzfahrt-Schiffen tummeln werden, ist möglicherweise richtig, aber auch richtig ist, dass ältere Menschen sich ver- stärkt ehrenamtlich engagieren. Die Prognosen gehen dahin, dass sich dieser Trend auch weiter fortsetzt und wir es regelrecht mit einem Senior-Boom zu tun haben werden.

Dies wäre meine zweite Figur: der Seniorboomer. Derjenige, der sich nach familiärer oder nach- beruflicher Phase aktiv in die Gesellschaft einbringt und einbringen wird. Viele, die auch bis dahin noch nicht dabei waren, werden durchaus in solchen Lebensphasen neu dazu stoßen. Aus diesem Grund ist auch eine Diskussion, die die Senioren als große Last sieht, (denken Sie an die sozialen Sicherungssysteme), eine völlig falsche. Senioren sind mit ihrer Erfahrung und ihren Kompetenzen und ihren zeitlichen Möglichkeiten ein großes Potential. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch in vielen Vereinen die Nachwuchsfrage durchaus neu zu überdenken, denn der Nachwuchs muss nicht nur bei den ganz Jungen gesucht werden, sondern Nachwuchs kann auch der oder die fitte 55- oder 60-Jährige sein.

Der Last-Esel:

In vielen Bereichen, wo Sie tätig sind, gibt es die Zugpferde im bürgerschaftlichen Engagement. Die Menschen, die vieles organisieren, die die Säulen im ehrenamtlichen Engagement bilden. Dabei wird jedoch immer öfter – insbesondere, wenn man dies in der Gesamtheit betrachtet – deutlich, dass häufig mehr Arbeit auf immer weniger Schultern verteilt wird. Ich komme zu meiner dritten Figur, die ich – und da bitte ich um Verzeihung – etwas respektlos als die „Last-Esel“ des bürgerschaftlichen Engagements bezeichnen möchte. Oft sind es Multi-Talente, Menschen mit vie- len Kontakten, Fähigkeiten und großer Energie, die für den Schwung im Ehrenamt sorgen, für den Rahmen, in dem sich viele andere dann engagieren können. Dabei wird oft außer Acht gelassen, dass die Fußstapfen, die sie setzen, sehr, sehr groß werden. Die in vielen Vereinen und Organisati- onen feststellbare schwierige Suche nach Nachwuchs für Führungspositionen hängt eng damit zu- sammen. Nur sehr schwer lassen sich Leute finden, die in diese großen Fußstapfen treten wollen. Deshalb ist für alle wichtig, dass Last-Esel entlastet werden, dass die Arbeit auf viele Schultern verteilt wird und für keinen die Last so erdrückend wird, dass er die Sache hinwerfen möchte.

Der scheue Neubürger:

Wenn man sich das Bild vieler Dörfer anschaut, hat man oft einen alten Ortskern und drum herum kleinere oder größere Neubau-Siedlungen. Menschen ziehen nicht nur aus dem alten Ortskern an den Rand, sondern es ziehen auch neue Menschen in das Dorf hinzu. Wenn es ein kleines Dorf ist, gelingt die Integration der Neubürger noch relativ gut. In größeren Gemeinwesen ist dies doch deutlich schwieriger. Wesentlicher Ort, wo diese Integration stattfindet, sind die Bereiche ehrenamt- lichen Engagements. Da kommen diese Neubürger jedoch oft nicht ganz so einfach hinein.

Deshalb meine nächste Figur im ehrenamtlichen Engagement, der scheue Neubürgerger. Sie stellen sicherlich im Alltag auch fest, dass die Hemmschwelle der neu Zugezogenen, sich in örtlichen Verei- nen zu integrieren bzw. zu betätigen, doch relativ hoch ist. Dabei ist die Engagement-Bereitschaft von Neubürgern – und das belegen mehrere Untersuchungen– sehr hoch. Ihnen fehlen die Brücken ins Engagement und die richtigen Zugänge. Ich will Ihnen dies an zwei Beispielen deutlich machen:

114 Vortrag Stephan Würz

Erstes Beispiel Tag der offenen Tür:

Stellen Sie sich einen Neubürger vor, der zum ersten Mal am Tag der offenen Tür der örtlichen Feuerwehr auftaucht. Alle Blicke wenden sich ihm zu, aber oft findet sich kaum jemand, der richtig dafür verantwortlich ist, ihn willkommen zu heißen und ihn angemessen in das Geschehen einzubin- den. Und dies ist der wichtige Punkt: gehen Sie auf die Leute zu und sprechen Sie sie aktiv an. Viele sind froh darüber, wenn sie angesprochen werden und um Mithilfe gefragt werden. Noch eine gute Idee aus einer Taunus-Gemeinde möchte ich Ihnen vorstellen: Als Maßnahme zur Integration der Neubürger ist man aktiv auf Neubürger zugegangen und hat diese als Wahlhelfer gewonnen. Argument war: „Wenn Du an diesem Tag Wahlhelfer machst, lernst Du endlich mal alle Leute aus Deinem Lebensumfeld kennen. Das ist doch eine gute Gelegenheit.“ Kreativität in der Einbindung ist also gefragt und persönliche Ansprache das A & O.

Turbo-Ehrenamtler

Zu meiner letzen Figur – und da werden sich sicherlich auch hier viele wiederfinden. Rund ein Drittel der Menschen in Hessen über 14 Jahre sind ehrenamtlich tätig. Viele von ihnen mit einem hohen zeitlichen Umfang. Aber – und das ist das Erstaunliche – ein Drittel dieser bereits Tätigen geben zu, dass sie gerne auch noch mehr tun würden. Es darf also auch gerne „noch etwas mehr“ sein. Es gibt ihn also – und ich möchte ihn als den Turbo-Ehrenamtler bezeichnen. Es gibt Menschen, die mit Spaß und Freude dabei sind und denen die ehrenamtliche Tätigkeit so viel Spaß macht, dass sie auch noch das ein oder andere gern mehr tun würden. Potentiale sind also nicht nur bei den Neu- einsteigern und Wiedereinsteigern zu suchen, sondern auch bei denjenigen, die schon etwas leisten.

Und damit möchte ich zum Schluss kommen:

Damit ehrenamtliches Engagement auch weiterhin läuft, das hohe Niveau gehalten werden kann und vielleicht an der einen oder anderen Stelle auch noch ausgebaut werden kann, versucht der Staat, positive Rahmenbedingungen zu schaffen. Nicht immer ist es gut, wenn sich der Staat in Dinge einmischt, aber ich denke, hier wird an einigen Stellen doch Positives getan. Das Land küm- mert sich um Versicherungsschutz, eine Ehrenamts-Card, um Fortbildungen für den ehrenamtlichen Bereich, stellt Informationen bereit, fördert den Aufbau von Anlaufstellen in Städten und Gemein- den, damit jeder, der sich engagiert, auch vor Ort kompetent Hilfe bekommen kann oder es werden spezielle Maßnahmen im Jugendbereich angeregt. Auch die Städte und Gemeinden – und das ist der wichtigste Ort, wo Engagement gefördert werden kann – tun sehr viel. Dies reicht von Geld über Personal bis – und das ist oft das wichtigste – das Dach über dem Kopf, das zur Verfügung gestellt wird. Bei all diesen fördernden Maßnahmen gibt es jedoch für mich ein ganz wesentliches Ziel, und das Ziel ist, den Spaß und die Freude am ehrenamtlichen Engagement zu erhalten. Das heißt, das Feuer des ehrenamtlichen Engagements weiterhin anzufeuern, denn nur wo’s brennt, lassen sich auch andere anstecken!

Vielen Dank !

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 115 Impressionen

116 Eindrücke Roswitha Rüschendorf

Roswitha Rüschendorf, Vorsitzende der Bewertungskommission Einblicke

Sehr geehrter Herr Minister Dietzel, sehr geehrter Herr Klein, liebe Wettbewerbsteilnehmer und Gäste, gerne nutze ich heute die Möglichkeit Ihnen einige Eindrücke aus der Zeit der Bereisung und der Bewertung vorzustellen.

Noch lieber aber wäre ich jedoch mit Ihnen gemeinsam und erneut aufgebrochen zu unserer achttägigen Reise. Aufgebrochen, um Sie mitzunehmen in das Eldorada, das vergoldete Land, das all unsere Sinne angesprochen hat. Gerne hätte ich Ihnen die verschieden Quellwasser aus der der Gemarkung Heu- bachs zur Erfrischung gereicht, Sie begrüßen lassen durch die Ortslautsprecheran- lage von Pfaffenwiesbach und durch die Albhörner von Rengershausen. Gerne hätte ich heute die- sen Saal mit dem tausendfachen Duft der Rosen von Hergershausen angefüllt und Ihr Sprach/ Hörvermögen durch einen in Dialekt gesprochenen Sketch der Ehrstener Landfrauen auf die Probe gestellt. Gerne wäre ich mit Ihnen durch das Dorf Altenburg gegangen, in dem auch die Bürger der Neubaugebiete nicht auf großzügiges Grün im Straßenbereich verzichten müssen. Auch Sie wären erstaunt bei der präsentierten Vielfalt der dörflichen Vereine in Harle – und auch – über Kirchhof, wo eine Scheune zu einem Privatmuseum wird. Sie würden wie wir Oberellenbach Anerkennung zollen, wo leiderfahrene und traumatisierte Jugendliche und Kinder selbstverständlich ihren Platz im Dorf finden. Auch Sie hätte die Geschichte der Juden in Altenlotheim bewegt, wie auch der Schandpfahl in Altenstadt Sie an dunkle, vergangene Zeiten erinnert hätte. Vielleicht wären auch Sie wie ich ein wenig peinlich berührt gewesen wenn in Heldra bei großer Hitze Strohbär und Traditionsfigu- ren schweißtreibend gewickelt und gekleidet auf Ihre verspätete Ankunft gewartet hätten. Zu guter letzt hätte ich Sie gerne mit auf die Suche nach den verborgenen und unerwarteten Schätzen in Orferode genommen und Ihnen – als eventuelle Zwischenstation für Ihren Nachhauseweg – die Schutz- und Übernachtungshütte auf dem Fernwanderweg der Heiligen Elisabeth in Weipoltshausen gezeigt.

Ja nicht verschweigen möchte ich all die musikalischen und kulturellen Verzauberungen und die kulinarischen Köstlichkeiten, die wir genießen durften. Ich glaube Sie erahnen wovon ich spreche.

Ihnen von all diesen Eindrücken und Genüssen etwas mit zu geben und diese zu teilen, wäre mir eine Freude gewesen. Leider ist das aber nicht möglich! Daher möchte ich mich bei Ihnen im Namen aller Kommissionsmitglieder noch einmal herzlich bedanken. Bedanken für die freundliche Aufnahme in Ihren Orten, für die Zeit, die Sie uns gewidmet haben, für die vielen Überraschungen und auch für die Geduld, wenn wir nicht immer gemeinsam Ihren Worten lauschten.

Gleichzeitig möchte ich heute noch einmal um Verständnis bitten, dass Sie nicht alle zu den drei erstplatzierten gehören. Dieses richtet sich sicherlich in besonderer Weise an die erfolgsgewöhnten Teilnehmer unter uns wie Wanfried - Heldra und Wehrheim - Pfaffenwiesbach. Wie ich aus Gesprä- chen weiß, hatte aber auch manch anderer unter Ihnen die Möglichkeit, keinen der vorderen Plätze zu erzielen, gedanklich nicht eingeplant. Ich hoffe es ist ein Trost, wenn ich nochmals daran erinnere, dass Sie alle in der ersten Liga spielen – sind Sie doch 2005 als Sieger unter 173 Orten hervorgegan- gen – und – dass die Punktstreuung in der Bewertung sehr eng lag. Und damit wende ich mich der anderen Seite der Bereisung zu. Schließlich musste das Land Hessen für die Kommission keine Vergnügungssteuer zahlen, sondern diese hatte die Aufgabe, 14 Dörfern

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 117 Eindrücke Roswitha Rüschendorf

zu bewerten und in den Vergleich zu setzen. Ich möchte im Folgenden nicht speziell auf das schwierige Thema der Bewertung und der Vergleichbarkeit eingehen. Dieses habe ich bereits mehrfach getan. Es ist nachzulesen u.a. in der Dokumentation 2003 oder auf der Homepage des Regierungspräsidiums.

Vielmehr möchte ich Ihnen im Folgenden einen Einblick in einige Besonderheiten der diesjährigen Bereisung geben. Welche Besonderheiten waren im Landesentscheid 2006 zu finden? · Bei einer Reihe von Orten stand die Wettbewerbsteilnahme im Kontext von „runden“ Orts-Ge- burtstagen – so in Altenlotheim, Altenstädt, Kirchhof, Rengershausen, Heubach. Der Wettbe- werb wurde den Festveranstaltungen zeitnah vor- oder nachgeschaltet; entsprechend war eine hohe Motivation und ein reges Engagement im Ort auszumachen. Die Kommission hatte den Eindruck, dass der Wettbewerb vom Ortsbeirat als ein geeignetes Mittel angesehen wird, Türen zu öffnen, Brücken zu schlagen, Verbindlichkeiten auszubauen sowie neue Organisationsstrukturen wie Arbeitsgruppen entstehen zu lassen. Allen Unkenrufen zum Trotz binden die Vereine nach wie vor Bewohnerinnen und Bewohner emotional und zeitlich stark an ihren Wohnstandort und ma- chen ihn dadurch zu ihrem Lebensmittelpunkt.

· Doch noch Weiteres trug augenfällig dazu bei, Gemeinschaftsgefühl und Einmaligkeit hervorzu- heben: Die Verwendung von dörflichen Logos und Symbolen z.B. auf örtlichen Begrüßungs- schildern, das Singen von Dorfhymnen oder die Herausgabe eines dörflichen Blättchens oder von Postkarten sowie der Auftritt im Internet. Insbesondere das neue Medium wird vermehrt genutzt – wenngleich mit unterschiedlicher Informationsdichte.

· Es gab erneut eine Vielzahl von Beispielen und Modellen, öffentliches Grün (Rabatten, Sträucher, Gehölze und Obstbäume) anzulegen, zu pflegen und zu nutzen. So wurden Patenschaften durch Anlieger, Nachbarn, Vereine, Senioren vorgestellt, Beispiele, die zum Nachahmen anregen.

· Gut gefallen hat der Jury, wenn gelungene Beispiele für Sanierungen, Um- und Neubauten oder Garten- und Grüngestaltungen öffentlich hervorgehoben werden, z.B. durch einen Tag des offe- nen Gartens oder der offenen Hoftür. Als Beispiel für andere ist dann der Weg zum innerörtlichen Wettbewerb nicht mehr weit. Allerdings kommt der fachlichen Beratung dabei eine Schlüsselrolle zu.

· Auch in diesem Jahr stellten einige Orte ihre Visionen von der weiteren Ortsentwicklung explizit heraus und belegten ihre Vorstellungen auch überzeugend durch Projekte. Beispielhaft sei Wanfried- Heldra genannt, deren Perspektive u.a. in der behutsamen und stetigen touristischen Weiterent- wicklung gesehen wird oder Heubach, die sich als Zuwachs- und Wohngemeinde erklärt.

Auffallend und erstmalig war die Beteiligung von drei Orten, die ein besonderes Augenmerk auf den Versorgungs-, Wirtschafts- und Nachhaltigkeitsfaktor „Energie“ richteten. Die vielfältige und effektive Nutzung nachhaltiger Energien steht sowohl in Oberellenbach als auch in Altenlotheim seit geraumer Zeit auf der Agenda und wird wohl auch in Ehrsten unübersehbar ausgebaut werden. Überzeugend und beeindruckend waren dabei zum einem die Unterstützung und das Engagement der Kommunen und zum anderen der örtlichen Unternehmer, gleich ob diese als Landwirte oder Handwerker ihr Einkommen sichern. Die vorgefundenen Vernetzungen und die Zusammenarbeit sowie die konkreten Pläne für die nahe Zukunft trugen zu dem guten Abschneiden der Orte bei.

· Unter der Überschrift gemeinschaftliche Sicherung der innerörtlichen Versorgung fällt auch eine weitere Besonderheit. Oberellenbach, Altenlotheim, Ehrsten und Harle sind Orte, die zum Teil mit Unterstützung der Kommune, aber getragen von einem gemeinsamen privaten Einsatz, Waren und Dienstleistungen für den täglichen Bedarf im Ort anbieten. Diese Läden umfassen zum einen

118 Eindrücke Roswitha Rüschendorf

ein breites Lebensmittelsortiment als auch Reinigungs-, Post- und Apothekendienste etc. Als Café werden sie darüber hinaus zu einem dörflichen Treffpunkt. Welche Bedeutung dieses insbesondere für weniger mobile Bewohner wie ältere und alte Menschen, junge Mütter, Men- schen mit Behinderung hat, wissen Sie aus der Anschauung besser als ich. Gerade auch an diese Bewohnergruppe richten sich Projekte wie das Anrufsammeltaxi in Altenlotheim. Auch Planungen zur Sicherung des örtlichen Freibades in Rengershausen oder zur Übernahme des Bürgerhauses in Weipoltshausen fallen unter die Überschrift der Infrastruktursicherung. Vor dem Hintergrund der demografischen Veränderungen ist all diesen Initiativen und Angeboten eine weitere gute Entwicklung zu wünschen.

· Damit bin ich bei einem weiteren wichtigen Aspekt: Dem örtlichen Umgang mit den Auswirkun- gen des demografischen Wandels. Natürlich ist der Kommission bewusst, dass ein Orts- oder Stadtteil nur begrenzte Möglichkeiten hat darauf zu reagieren. Hier sind zunächst Kommunal- politik und ihre Verwaltungen gefragt. Gleichwohl stellt sich die spannende Frage: Ist das Thema im Ort angekommen? Wird es thematisiert? Wie wird es behandelt? Gibt es Strategien, die die prognostizierten Veränderungen aufgreifen und positiv zu beeinflussen versuchen?

Manche Orte haben das Thema angesprochen, aber nur wenige überzeugten hinsichtlich der kon- kreten Schritte und weiteren Planungen. Sie präsentierten Entwicklungszahlen und die voraussichtli- chen Auswirkungen auf die Auslastung der öffentlichen und privaten Infrastruktur und die Nutzung der Wohn-, Wirtschaft- und Betriebsgebäude. Nur zwei Orte haben Baugebiete zurückgenommen, wobei auch hier andere Überlegungen hinzukamen. Einschränkend muss ich jedoch diesen Punkt relativieren. Aus Gesprächen weiß ich sehr wohl, dass sich viele Städte und Gemeinden und auch Landkreise mit dieser Frage befassen und dieses nicht nur auf der Ebene der Fortschreibung des Regionalplanes. Dass es kein wirkliches Thema im Wettbe- werb wurde, kann daher mehrere Gründe haben. So kann es sein, dass das Thema in der Tat bislang nur auf der Metaebene diskutiert wird und damit noch nicht auf die kleinste Einheit, den Ortsteil herunter gebrochen wurde. Oder aber es wird als nicht bewertungsrelevant für den Wettbewerb eingestuft oder auch beides. Sollte es ein Kommunikationsdefizit unsererseits sein, so müssen wir dieses ändern! Sollten Sie es nicht als Ihr Thema angenommen haben, dann empfehle ich Ihnen dieses ebenfalls zu ändern. Es spricht nichts dagegen und vieles dafür, dass Sie sich morgen gemeinsam ihren Ort anschauen und beispielsweise auf einem Ortsplan farblich hervorheben, wie viele Personen in welchem Alter in welchem Haus voraussichtlich im Jahr 2015 leben werden und welche Auswirkungen dieses auf die Gebäudenutzung, die derzeitige Infrastruktur mit Kindergarten, Krabbelstube, Lebensmittelgeschäft, Gaststätte und auf die Ausweisung von Bauplätzen haben wird. Ich bin mir sicher, dass Ihre Kommune Sie dabei unterstützen wird.

Zum Schluss möchte ich noch einen Wunsch äußern. Gehen Sie weiter den eingeschlagenen Weg. Binden Sie weiterhin die aktiven Menschen ein und suchen Sie sich auch neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Bleiben Sie lebendig und quirlig und vielleicht auch zuweilen fordernd und nervig.

Vielleicht wurde auch spätestens heute Ihr Interesse geweckt eines der Angebote der Landes- ehrenamtsagentur zu besuchen. Und wenn Sie wieder einen Anlass suchen, alle Aktivitäten zu bün- deln, dann nehmen Sie erneut an dem Hessischen Wettbewerb im Jahr 2008 teil. Ich würde mich freuen Sie alle wieder zu sehen.

Im Namen der Kommission wünsche ich Ihnen persönlich alles Gute und weiterhin ein glückliches Gelingen.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 119 Impressionen

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Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 121 Impressionen

122 Grußwort Heiko Backhaus

Grußwort

Heiko Backhaus – Ortsvorsteher von Frankenau-Altenlotheim

Sehr geehrter Herr Staatsminister Dietzel, Herr Regierungspräsident Klein, sehr geehrte Frau Rüschendorf, verehrte Mitglieder der Landesbewertungs-Kommission, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Auch ich darf Sie im Namen des Ortsbeirates Altenlotheim, hier in Bad Wildungen willkommen heißen. Für diejenigen, die nicht wissen, wo Altenlotheim liegt: Altenlotheim liegt ca. 20 km von den Städten Frankenberg, Korbach und Bad Wildungen entfernt, direkt an der grünen Lunge Hessens, am Natio- nalpark Kellerwald-Edersee. Ein ganz besonderer Dank und großes Lob möchten wir der Landesbewertungskommission unter Leitung von Frau Rüschendorf aussprechen. Es war mit Sicherheit keine leichte Aufgabe die Platzierun- gen zu verteilen. An acht Tagen haben Sie unser schönes Hessenland von Nord nach Süd und von Ost nach West durchreist. Alle mitmachenden Ortsteile waren mit Sicherheit bis zur letzten Haarspitze motiviert und bis auf den letzten Winkel herausgeputzt. Es war eine sehr enge Entscheidung. Im Sport sind es manchmal nur einige 100stel Sekunden und bei uns waren es nur einige 10tel Punkte. Jeder der mitmachenden Orte ist ein Gewinner. Mit Sicherheit sind in allen Ortschaften Ideen umge- setzt worden, die ohne diesen Wettbewerb nicht verwirklicht worden wären. Deshalb gratuliere ich allen Bürgerinnen und Bürger für ihren Einsatz. Was wir für ganz toll und super finden ist, dass Frau Göbel, Vorsitzende der Bewertungskommission auf Kreisebene, auch nach dem Wettbewerb im Regionalentscheid uns mit Rat und Tat zur Verfü- gung stand, nicht nur bei uns, sondern auch in Rengershausen. Auch bei dem Bereisungstermin war die Jury vertreten und hat mit uns in Waldeck-Frankenberg zusammen gefiebert. Natürlich geht auch mein Dank an meinen Heimatort Altenlotheim. An den Ortsbeirat, an den Vor- bereitungsausschuss für den Wettbewerb „Unser Dorf“, dem Bürgerverein, der Stadt Frankenau und alle Altenlotheimer. Ohne euren Einsatz wäre dieses Ergebnis niemals möglich gewesen. Nochmals vielen Dank! Die Teilnahme an dem Wettbewerb hat unser Dorf sehr positiv beeinflusst. Er hat in unserem Dorf- leben den Zusammenhalt stark gefördert. Hieraus schöpfen wir die Kraft beim Bundesentscheid noch „eine Schippe drauf“ zu legen. Es ist für uns ein Ehre die Stadt Frankenau, den Landkreis Waldeck-Frankenberg und unser Bundes- land Hessen im nächsten Jahr beim Bundesentscheid würdevoll zu vertreten. Drücken Sie alle ihre Daumen, dass Altenburg und Altenlotheim eine gute Platzierung erreichen.

Nochmals mein herzliches Dankeschön an alle! Ich hoffe, dass in den nächsten Jahren wieder viele Orte an dem Wettbewerb „Unser Dorf“ teilnehmen. Denn Jeder Teilnehmer ist ein Sieger.

Vielen Dank!!!!

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 123 Impressionen

124 Grußwort Heinz Heilborn

Grußwort Heinz Heilbronn Ortsvorsteher von Alsfeld-Altenburg

Sehr geehrter Herr Staatsminister Dietzel, sehr geehrter Herr Regierungspräsident Klein, sehr verehrte Frau Rüschendorf, sehr verehrte Mitglieder der Bewertungskommissionen, sehr verehrte Damen und Herren, ich grüße Sie als Ortsvorsteher von Alsfeld-Altenburg, aus dem Siegerdorf der Gruppe der Dörfer ohne Dorferneuerung, heute, hier ganz herzlich.

Zunächst danke ich all denen, die uns zu unserem Sieg beglück- wünscht haben. Das war zuerst die Oberhessische Zeitung, gefolgt von Herrn Regierungspräsidenten Klein und vielen, vielen anderen. Es ist wirklich schön, als Sieger- dorf doch zu erfahren, welchen Anteil viele Menschen daran nehmen, dass wir ganz vorne an der Spitze sind. Und ich danke auch denen, die mitgewirkt haben. Das sind in erster Linie die Bürger- innen und Bürger von Alsfeld-Altenburg, die dörfliche Gemeinschaft, allen voran natürlich die örtli- chen Vereine. Und von diesen Vereinen haben sich dieses Mal zwei ganz besonders hervorgeho- ben. Das war einmal das Blasorchester Altenburg, Sie haben es vorhin gehört. Auf dieses Orchester sind wir in Altenburg natürlich auch sehr, sehr stolz. Und ich danke auch den Senioren-Sängerinnen. Sie sind heute zum Teil auch hier, und sie begleiten uns natürlich auch immer bei unseren Tätigkeiten im Dorf und tragen auch wesentlich zur Lebendigkeit unseres Dorfes bei.

Verehrte Damen und Herren, Alsfeld-Altenburg ist das Siegerdorf in der Gruppe der Dörfer ohne Dorferneuerung. Das Logo unseres Dorfes, Sie sehen es hier im Hintergrund, ist auch entworfen und gemalt worden von einem Künstler unseres Dorfes. Es entstand aus der Überlegung, uns zu präsentieren, nicht alleine hier zur Siegerehrung. Als Wandgemälde haben wir es schon seit vielen Jahren in unserem Dorfgemeinschaftshaus. Jeder, der an Altenburg und an Alsfeld vorbeifährt, erblickt dieses Schloss: Sei es von der Autobahn oder von der B 254, von Lauterbach kommend oder von Bad Hersfeld, der B 62, oder auch von B 49, von Romrod her. Von Altenburg sieht man zunächst nicht sehr viel. Das Dorf ist eingebettet im satten Grün unterhalb des Schlosses. Ja, das einmal zur Lage, Sie wissen nun, wo Alsfeld-Altenburg sich befindet.

Ich zitiere nun einmal eine Pressemitteilung: „Alsfeld-Altenburg trat unter der Überschrift an: „Wir nehmen die Dinge selbst in die Hand“. Eine aktive Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des demographischen Wandels und die daraus gezogenen Folgerungen für den Ort, etwa die Siedlungs- entwicklung führten zu der guten Bewertung. Aber auch das hohe soziale, kulturelle und gleichzeitig generationsübergreifende Engagement der Bewohner überzeugte die Kommission sowie eine über- durchschnittliche Unterstützung durch die Stadt.“

Vielen Dank, Herr Bürgermeister Diestelmann! Und natürlich - auch die Abteilung Service- Bauen mit Frau Ute Koch darf ich ganz besonders erwähnen. Die Abteilung Service-Bauen der Stadt Alsfeld führt ihre Bezeichnung zu Recht.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 125 Grußwort Heinz Heilborn

Ja, „Alsfeld-Altenburg, das Dorf, das Brücken schlägt,“ war das Motto unserer Präsentation, die wir ausgearbeitet haben. Es ist tatsächlich so, im Wettstreit „Dolles Dorf“ des Hessen-Fernsehens haben wir eine Brücke gebaut, innerhalb weniger Stunden. Sie ist 8,00 m lang und 1,60 m breit und ist sehr stabil. Aber, es werden auch Brücken geschlagen im übertragenen Sinne. Brücken von Mensch zu Mensch, Brücken von Verein zu Verein, vom Verein zum Handwerk, den örtlichen Betrieben, zur Stadt Alsfeld, zum Vogelsbergkreis, zu den Stadtteilen und auch zu den weiteren Gemeinden um Alsfeld-Altenburg herum. Gemeinsame Zielsetzungen – gemeinsam lösen, meine Damen und Her- ren, dabei kommt viel heraus, das spart oft auch viel Geld.

Sehr gerne würde ich Ihnen nun „Unser Dorf“ vorstellen, Sie würden alle begeistert sein. Aber, Sie wissen wie es wohl überall der Fall ist: Die Zeit ist knapp, und deshalb will ich mich einfach auf zwei Projekte beschränken. Das eine ist das Projekt „Equal“, ein Projekt der Europäischen Union. Verehrte Damen und Herren, es gibt Menschen mit Suchterkrankungen, bei denen oft eine psychia- trische Grunderkrankung vorliegt. Diese Menschen haben in dieser Gesellschaft keine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Mangelnde berufliche Perspektiven auf der einen Seite, und fehlende soziale Integration auf der anderen Seite sorgen dafür, dass Rückfallquoten von 95% Realität sind. Man spricht von einem Drehtüreffekt. Nach durchgeführten Maßnahmen kommt man immer wieder an derselben Stelle an. Und um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, hat die Europäische Union das Projekt „Equal“ gestartet. Es gibt bei uns im Ort mehrere, ich will nur eines davon herausgreifen. Es hat die Zielsetzung, den Schlossgarten und den Schlosspark, die In Altenburg vorhanden sind, aber bisher nicht genutzt werden, wieder zu kultivieren. Wichtig ist, dass damit keine Konkurrenz zu den bestehenden Arbeitsplätzen geschaffen wird, aber gemeinsam mit den heimischen Betrieben die Zielsetzungen umgesetzt werden. Die fachliche Leitung dieses Projektes obliegt dem Altenburger Gartenbauingenieur Martin Räther, er ist auch Mitglied des Ortsbeirates. Mit der Kultivierung von Schlosspark und Schlossgarten wird dort nach einem Plan aus dem Jahre 1801 etwas geschaffen, das anders nicht zu leisten und zu bezahlen wäre. Die einzelnen Menschen, die dort tätig sind, waren bisher nicht in der Lage, lange zusammenhängend zu arbeiten. Aber jetzt lernen sie durch hartes körperliches Arbeiten wieder die Arbeit kennen. Und, verehrte Damen und Herren, sie haben Spaß daran. Es ist bis jetzt schon erreicht worden, dass zwei dort Tätige in ein geregeltes Arbeitsverhältnis übernommen wurden – nach einem Jahr mit diesem Projekt. Das ist eine ganz erstaunliche Leistung, und natürlich auch ein Sinnbild für Integration im Dorf. Denn die Leute des Equal-Projektes sind auch im Dorf bei allen Veranstaltungen dabei und packen mit an, ob das beim Weihnachtsmarkt ist oder bei weiteren, anderen Dorfveranstaltungen.

Ja, ich muss etwas schneller sprechen, die Zeit ist kurz. Das nächste Projekt ist das Programm „Zurück ins Dorf“, gemeinsam mit der Stadt Alsfeld. Sie kennen es ja alle, dass innerhalb des Ortes verschiedene Flächen gepflegt werden müssen. Von der Stadt Alsfeld erhalten wir dazu einen Geld- betrag, der etwa 25% dessen beträgt, der aufgewendet werden müsste, wenn diese Arbeiten kom- merziell durchgeführt würden. Jedoch leisten wir diese Tätigkeiten ehrenamtlich und vollkommen unentgeltlich. Dieses Projekt ist natürlich auch ein ganz besonderes. Wir haben es vor etwa 5 Jahren gestartet, und so haben wir mit dem Geld, das zunächst eingespart wurde, auch schon einiges für das Dorf geleistet. Als erstes wurde die Aussegnungshalle renoviert. Eine Grillhütte haben wir dann gebaut, in 100%iger Eigenleistung, beginnend damit, dass bereits die Planungs- und Vermessungs- arbeiten aus ehrenamtlichem Engagement erbracht wurden. Das Geld, das wir durch die ehrenamt- lichen Pflegearbeiten eingespart haben, wurde dafür genutzt, um Baumaterialien zu kaufen. Wir haben natürlich auch wiederum im ehrenamtlichen Engagement diese Grillhütte gebaut. Des Weite- ren haben wir aus der Böschung eines Bahndammes heraus einen Fußweg erstellt, der etwa 100 m lang ist. Auch eine harte Arbeit. Eine großartige Leistung unserer intakten dörflichen Gemeinschaft. Ebenso haben wir 20 Ruhebänke in dieser Eigenleistung innerhalb unseres Dorfes aufgestellt.

126 Grußwort Heinz Heilborn

Das ganz Besondere daran ist, dass nicht per Beschluss des Ortsbeirats von der Stadt verlangt werden musste, diese Leistungen zu erbringen. Wer von Ihnen einem Ortsbeirat angehört, kennt das ganze Prozedere gut genug. Mit dem Programm „Zurück ins Dorf“ haben wir in Altenburg die Möglichkeit, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Das funktioniert in guter Gemeinsamkeit mit der Stadt Alsfeld, und erspart dort überflüssige Reibung und Verwaltungsaufwand. Auch an dieser Stelle gilt mein Dank Herrn Bürgermeister Diestelmann.

Draußen im Foyer haben Sie gleich die Möglichkeit, Bilder von Altenburg zu betrachten. Wir haben den Versuch unternommen, dort an fünf Schautafeln unser Dorf darzustellen. Und so möchte ich zum Ende kommen. Die Bewertungskriterien, das waren die Entwicklung des Dorfes, bürgerschaftliche Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen, Baugestaltung des Dorfes, die Grün- gestaltung und auch das Dorf in der Landschaft. Dazu will ich heute nichts mehr sagen, ich muss zum Ende kommen.

Aber, verehrte Damen und Herren, im Jahr 2009 sind wir wieder versammelt. Dann werde ich dazu etwas ausführen. Ja, und mit Herrn Minister Dietzel haben wir uns ja schon verabredet, im nächsten Jahr auf der Grünen Woche. Des Weiteren will ich es aber nicht versäumen, Ihnen die Möglichkeit zu geben unser Dorf direkt kennen zu lernen. Wer das möchte, kann es am Besten am nächsten Sams- tag tun. Ich kann Sie dann durch unseren Ort führen. Wenn Sie Interesse haben, rufen Sie mich an, danach können wir unsere kulinarische Spezialität, den Altenburger Käs genießen und vor allen Dingen am Abend in der Alsfelder Stadthalle das Konzert des Altenburger Blasorchesters miter- leben. Ja, wir müssen dazu ausweichen nach Alsfeld, weil der Ansturm der Interessenten so groß ist, für das Altenburger Blasorchester… auf flotte Musik, Filmmelodien und Märsche. Ich kann Ihnen versprechen, einen außerordentlich kurzweiligen Abend dort verleben zu können. Ich hatte hier zwar noch einiges aufgeschrieben, aber . . .

Ich muss nun zu Schluss kommen und wünsche Ihnen noch einen schönenTagesablauf hier in Bad Wildungen.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 127 Impressionen

128 Anhang

Anhang

Bewertungsbogen

Bildung der Regionen und Teilnehmerzahlen 2005

Teilnehmer des Regionalentscheids 2005

Hessische Landessieger seit 1959 „Unser Dorf soll schöner werden“ / „Unser Dorf“

Ansprechpartner für den Wettbewerb „Unser Dorf“

Informationen, Richtlinien, Links

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 129 Bewertungsbogen

130 Bewertungsbogen

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 131 Regionen und Teilnehmerzahl

32. Hessischer Wettbewerb „Unser Dorf“ – Regionalentscheid

Bildung der Regionen und Teilnehmerzahlen 2005

Region Landkreis/Stadt (Anzahl) Federführung

Kassel (27) Kassel (27) Kreisausschuss des Landkreises Kassel

Werra-Meißner (28) Werra-Meißner (28) Kreisausschuss des Werra-Meißner-Kreises

Schwalm-Eder (23) Schwalm-Eder-Kreis (23) Kreisausschuss des Schwalm-Eder-Kreises

Waldeck- Waldeck-Frankenberg (21) Kreisausschuss des Landkreises Frankenberg (21) Waldeck-Frankenberg

Ost-Süd (26) Hersfeld-Rotenburg (7) Kreisausschuss des Fulda (2) Vogelsbergkreises Main-Kinzig (3) Vogelsberg (14)

Süd (24) Bergstraße (1) Kreisausschuss des Landkreises Darmstadt-Dieburg (10) Darmstadt-Dieburg Limburg-Weilburg (5) Odenwald (-) Rheingau-Taunus (7) Wiesbaden (1)

Mittel-Südhessen(24) Gießen (5) Kreisausschuss des Landkreises Hochtaunus (2) Marburg-Biedenkopf Lahn-Dill (7) Marburg-Biedenkopf (9) Wetterau (1)

Stand: 12. 10. 05

132 Teilnehmer des Regionalentscheids

32. Hessischer Wettbewerb „Unser Dorf“ – Teilnehmer des Regionalentscheids 2005

lfd. Gemeinde/Ort Landkreis Region Gruppe* Nr. B A 1 Bad Arolsen-Kohlgrund Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 2 Bad Wildungen-Albertshausen Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 3 Bad Wildungen-Armsfeld Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 4 Bad Wildungen-Odershausen Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 5 Bromskirchen-Neuludwigsdorf Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 6 Burgwald-Birkenbringhausen Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 7 Diemelsee-Ottlar Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 8 Diemelstadt-Helmighausen Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 9 Edertal-Affoldern Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 10 Frankenau-Altenlotheim Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 11 Frankenau-Ellershausen Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 12 Frankenau-Louisendorf Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 13 Frankenberg-Rengershausen Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 14 Frankenberg-Schreufa Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 15 Korbach-Rhena Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 16 Lichtenfels-Goddelsheim Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 17 Rosenthal-Roda Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 18 Twistetal-Mühlhausen Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 19 Vöhl-Schmittlotheim Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 20 Volkmarsen-Lütersheim Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 21 Waldeck-Höringhausen Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg X 22 Alheim-Baumbach Hersfeld-Rotenburg Ost-Süd X 23 Alheim-Erdpenhausen Hersfeld-Rotenburg Ost-Süd X 24 Alheim-Heinebach Hersfeld-Rotenburg Ost-Süd X 25 Alheim-Licherode Hersfeld-Rotenburg Ost-Süd X 26 Alheim-Oberellenbach Hersfeld-Rotenburg Ost-Süd X 27 Rotenburg a.F.-Braach Hersfeld-Rotenburg Ost-Süd X 28 Wildeck-Richelsdorf Hersfeld-Rotenburg Ost-Süd X 29 Eiterfeld-Soisdorf Fulda Ost-Süd X 30 Nüsttal-Mittelaschenbach Fulda Ost-Süd X 31 Hammersbach-Marköbel Main-Kinzig Ost-Süd X 32 Schlüchtern-Kressenbach Main-Kinzig Ost-Süd X

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 133 Teilnehmer des Regionalentscheids

lfd. Gemeinde/Ort Landkreis Region Gruppe* Nr. B A 33 Sinntal-Sannerz Main-Kinzig Ost-Süd X 34 Alsfeld-Altenburg Vogelsberg Ost-Süd X 35 Alsfeld-Hattendorf Vogelsberg Ost-Süd X 36 Freiensteinau-Nie.-Moos Vogelsberg Ost-Süd X 37 Grebenau-Wallersdorf Vogelsberg Ost-Süd X 38 Grebenhain-Crainfeld Vogelsberg Ost-Süd X 39 Homberg-Erbenhausen Vogelsberg Ost-Süd X 40 Romrod-Romrod Vogelsberg Ost-Süd X 41 Schlitz-Fraurombach Vogelsberg Ost-Süd X 42 Schlitz-Hutzdorf Vogelsberg Ost-Süd X 43 Schlitz-Pfordt Vogelsberg Ost-Süd X 44 Schlitz-Rimbach Vogelsberg Ost-Süd X 45 Schlitz-Üllershausen Vogelsberg Ost-Süd X 46 Schlitz-Willofs Vogelsberg Ost-Süd X 47 Schotten-Eschenrod Vogelsberg Ost-Süd X 48 Bad-Emstal-Balhorn Kassel Kassel X 49 Bad-Emstal-Riede Kassel Kassel X 50 Breuna-Breuna Kassel Kassel X 51 Calden-Ehrsten Kassel Kassel X 52 Fuldatal-Simmershausen Kassel Kassel X 53 Grebenstein-Schachten Kassel Kassel X 54 Hofgeismar-Hümme Kassel Kassel X 55 Hofgeismar-Kelze Kassel Kassel X 56 Hofgeismar-Schöneberg Kassel Kassel X 57 Immenhausen-Mariendorf Kassel Kassel X 58 Naumburg-Altenstädt Kassel Kassel X 59 Nieste-Nieste Kassel Kassel X 60 Oberweser-Gottstreu Kassel Kassel X 61 Oberweser-Heisebeck Kassel Kassel X 62 Schauenburg-Martinhagen Kassel Kassel X 63 Trendelburg-Deisel Kassel Kassel X 64 Trendelburg-Eberschütz Kassel Kassel X 65 Trendelburg-Sielen Kassel Kassel X 66 Wolfhagen-Bründersen Kassel Kassel X 67 Wolfhagen-Gasterfeld Kassel Kassel X 68 Wolfhagen-Istha Kassel Kassel X 69 Wolfhagen-Leckringhausen Kassel Kassel X 70 Wolfhagen-Niederelsungen Kassel Kassel X

134 Teilnehmer des Regionalentscheids

lfd. Gemeinde/Ort Landkreis Region Gruppe* Nr. B A 71 Wolfhagen-Nothfelden Kassel Kassel X 72 Wolfhagen Kassel Kassel X - Philippinenburg/thal 73 Wolfhagen-Wenigenhasungen Kassel Kassel X 74 Zierenberg-Burghasungen Kassel Kassel X 75 Borken-Großenenglis Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 76 Borken-Kerstenhausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 77 Felsberg-Neuenbrunslar Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 78 Fritzlar-Rothhelmshausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 79 Homberg-Holzhausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 80 Homberg-Rodemann Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 81 Jesberg-Densberg Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 82 Knüllwald-Berndshausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 83 Knüllwald-Remsfeld Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 84 Melsungen-Günsterode Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 85 Melsungen-Kirchhof Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 86 Morschen-Eubach Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 87 Morschen-Heina Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 88 Neuental-Bischhausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 89 Neuental-Gilsa Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 90 Oberaula-Friedigerode Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 91 Oberaula-Wahlshausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 92 Schrecksbach-Holzburg Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 93 Schwalmstadt-Dittershausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 94 Spangenberg-Mörshausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 95 Wabern-Harle Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 96 Willingshausen-Loshausen Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 97 Willingshausen-Zella Schwalm-Eder Schwalm-Eder X 98 Dornburg-Talheim Limburg-Weilburg Süd X 99 Hünfelden-Kirberg Limburg-Weilburg Süd X 100 Limburg-Dietkirchen Limburg-Weilburg Süd X 101 Limburg-Eschhofen Limburg-Weilburg Süd X 102 Weilmünster-Laubuseschbach Limburg-Weilburg Süd X 103 Lorch-Wollmerschied Rheingau-Taunus Süd X 104 Niedernhausen-Oberjosbach Rheingau-Taunus Süd X 105 Oestrich-Winkel-Hallgarten Rheingau-Taunus Süd X 106 Oestrich-Winkel-Mittelheim Rheingau-Taunus Süd X 107 Rüdesheim-Assmannshausen Rheingau-Taunus Süd X

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 135 Teilnehmer des Regionalentscheids

lfd. Gemeinde/Ort Landkreis Region Gruppe* Nr. B A 108 Taunusstein-Niederlibbach Rheingau-Taunus Süd X 109 Taunusstein-Wingsbach Rheingau-Taunus Süd X 110 Wiesbaden-Kloppenheim LH Wiesbaden Süd X 111 Babenhausen-Hergershausen Darmstadt-Dieburg Süd X 112 Babenhausen-Langstadt Darmstadt-Dieburg Süd X 113 Groß-Bieberau-Rodau Darmstadt-Dieburg Süd X 114 Groß-Umstadt-Heubach Darmstadt-Dieburg Süd X 115 Groß-Umstadt-Kleestadt Darmstadt-Dieburg Süd X 116 Groß-Umstadt-Richen Darmstadt-Dieburg Süd X 117 Groß-Umstadt-Wiebelsbach Darmstadt-Dieburg Süd X 118 Modautal Darmstadt-Dieburg Süd X -Allertshofen/Hoxhohl 119 Modautal-Neunkirchen Darmstadt-Dieburg Süd X 120 Mühltal-Nieder-Beerbach Darmstadt-Dieburg Süd X 121 Zwingenberg-Rodau Bergstraße Süd X 122 Bad Sooden-Allendorf Werra-Meißner Werra-Meißner X -Dudenrode 123 Bad Sooden-Allendorf Werra-Meißner Werra-Meißner X -Kammerbach 124 Bad Sooden-Allendorf Werra-Meißner Werra-Meißner X -Kleinvach 125 Bad Sooden-Allendorf Werra-Meißner Werra-Meißner X -Orferode 126 Berkatal-Frankershausen Werra-Meißner Werra-Meißner X 127 Berkatal-Hitzerode Werra-Meißner Werra-Meißner X 128 Eschwege-Albungen Werra-Meißner Werra-Meißner X 129 Eschwege-Niederhone Werra-Meißner Werra-Meißner X 130 Herleshausen-Archfeld Werra-Meißner Werra-Meißner X 131 Herleshausen-Nesselröden Werra-Meißner Werra-Meißner X 132 Herleshausen-Willershausen Werra-Meißner Werra-Meißner X 133 Hessisch Lichtenau-Hausen Werra-Meißner Werra-Meißner X 134 Hessisch Lichtenau-Retterode Werra-Meißner Werra-Meißner X 135 Meißner-Abterode Werra-Meißner Werra-Meißner X 136 Meißner-Alberode Werra-Meißner Werra-Meißner X 137 Meißner-Germerode Werra-Meißner Werra-Meißner X 138 Meißner-Vockerode Werra-Meißner Werra-Meißner X 139 Meißner-Wolfterode Werra-Meißner Werra-Meißner X 140 Ringgau-Lüderbach Werra-Meißner Werra-Meißner X

136 Teilnehmer des Regionalentscheids

lfd. Gemeinde/Ort Landkreis Region Gruppe* Nr. B A 141 Ringgau-Röhrda Werra-Meißner Werra-Meißner X 142 Sontra-Wichmannshausen Werra-Meißner Werra-Meißner X 143 Waldkappel-Bischhausen Werra-Meißner Werra-Meißner X 144 Waldkappel-Rechtebach Werra-Meißner Werra-Meißner X 145 Wanfried-Heldra Werra-Meißner Werra-Meißner X 146 Weißenborn-Weißenborn Werra-Meißner Werra-Meißner X 147 Witzenhausen-Hübenthal Werra-Meißner Werra-Meißner X (Berlepsch-Ellerode) 148 Witzenhausen-Hundelshausen Werra-Meißner Werra-Meißner X 149 Witzenhausen-Roßbach Werra-Meißner Werra-Meißner X 150 Grünberg-Lumda Gießen Mittel-Südhessen X 151 Grünberg-Reinhardshain Gießen Mittel-Südhessen X 152 Grünberg-Weitershain Gießen Mittel-Südhessen X 153 Hungen-Steinheim Gießen Mittel-Südhessen X 154 Wettenberg-Launsbach Gießen Mittel-Südhessen X 155 Wehrheim-Pfaffenwiesbach Hochtaunus Mittel-Südhessen X 156 Weilrod-Niederlauken Hochtaunus Mittel-Südhessen X 157 Aßlar-Berghausen Lahn-Dill Mittel-Südhessen X 158 Breitscheid-Erdbach Lahn-Dill Mittel-Südhessen X 159 Dillenburg-Nanzenbach Lahn-Dill Mittel-Südhessen X 160 Hüttenberg-Vollnkirchen Lahn-Dill Mittel-Südhessen X 161 Schöffengrund-Laufdorf Lahn-Dill Mittel-Südhessen X 162 Schöffengrund-Oberwetz Lahn-Dill Mittel-Südhessen X 163 Waldsolms-Brandoberndorf Lahn-Dill Mittel-Südhessen X 164 Biedenkopf-Dexbach Marburg-Biedenkopf Mittel-Südhessen X 165 Dautphetal-Friedensdorf Marburg-Biedenkopf Mittel-Südhessen X 166 Kirchhain-Stausebach Marburg-Biedenkopf Mittel-Südhessen X 167 Lohra-Kirchvers Marburg-Biedenkopf Mittel-Südhessen X 168 Lohra-Weipoltshausen Marburg-Biedenkopf Mittel-Südhessen X 169 Marburg-Ginseldorf Marburg-Biedenkopf Mittel-Südhessen X 170 Rauschenberg-Ernsthausen Marburg-Biedenkopf Mittel-Südhessen X 171 Weimar-Niederwalgern Marburg-Biedenkopf Mittel-Südhessen X 172 Weimar-Wenkbach Marburg-Biedenkopf Mittel-Südhessen X 173 Butzbach-Maibach Wetterau Mittel-Südhessen X

Stand: 10. 10. 05

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 137 Hessische Landessieger

Hessische Landessieger „Unser Dorf soll schöner werden“ / „Unser Dorf“

Jahr Ort Landkreis/Region Gruppe Anzahl d. Orte

1959 (Wanfried)-Altenburschla LK Werra-Meißner 68

1960 (Alsfeld)-Eifa Vogelsbergkreis 219

1961 (Butzbach)-Maibach Wetteraukreis 314

1962 (Frielendorf)-Allendorf Schwalm-Eder-Kreis A 292 (Leun)-Biskirchen Lahn-Dill-Kries B 124

1963 (Wetter)-Amönau LK Marburg-Biedenkopf A 138 (Laubach)-Münster LK Gießen B 286

1964 (Melsungen)-Adelshausen Schwalm-Eder-Kreis A 116 (Rimbach)-Albersbach Lk Bergstraße B 302

1965 (Heringen)-Herfa LK Hersfeld-Rotenburg A 155 (Idstein)-Oberauroff Rheingau-Taunus-Kreis B 310

1966 (Taunusstein)-Hambach Rheingau-Taunus-Kreis A 75 (Marburg) - Wehrshausen LK Marburg-Biedenkopf B 275

1967 (Lichtenfels)-Rhadern LK Waldeck-Frankenberg A 71 (Mittenaar) -Offenbach Lahn-Dill-Kreis B 406

1968 (Malsfeld)-Sipperhausen Schwalm-Eder-Kreis A 89 (Idstein)-Dasbach Rheingau-Taunus-Kreis B 458

1969 (Lindenfels)-Schlierbach LK Bergstraße A 78 (Mittenaar)-Offenbach Lahn-Dill-Kreis B 500

1970 (Volkmarsen)-Herbsen LK Waldeck-Frankenberg A1 112 Hüttenberg Lahn-Dill-Kreis A2 32 (Weinbach)-Freienfels LK Limburg-Weilburg B1 148 (Weilburg)-Waldhausen LK Limburg-Weilburg B2 45

1971 (Herborn)-Hirschberg Lahn-Dill-Kreis A1 87 Eichenzell LK Fulda A2 24 (Dautphetal)-Herzhausen LK Marburg-Biedenkopf B1 136 Hüttenberg Lahn-Dill-Kreis B2 33

138 Hessische Landessieger

1972 (Neuenstein)-Obergeis LK Hersfeld-Rotenburg A1 106 Aßlar-Wehrdorf Lahn-Dill-Kreis A2 23 Schwalmstadt-Ascherode Schwalm-Eder-Kreis B1 137 Bebra-Weiterode LK Hersfeld-Rotenburg B2 35

1973 Vöhl-Asel LK Waldeck-Frankenberg A1 125 (Selters)-Münster LK Limburg-Weilburg A2 19 Wanfried-Altenburschla Werra-Meißner-Kreis B1 187 Hilders LK Fulda B2 73

1974 Hünfeld-Großenbach LK Fulda A1 105 (Reinheim)-Georgenhausen LK Darmstadt-Dieburg A2 25 Willingen-Welleringhausen LK Waldeck-Frankenberg B1 233 (Dautphetal)-Holzhausen LK Marburg-Biedenkopf B2 78

1975 Hauneck-Rotensee LK Hersfeld-Rotenburg A1 97 Heringen-Lengers LK Hersfeld-Rotenburg A2 46 Wald-Michelbach -Oberschönmattenwag LK Bergstraße B1 256 Aßlar-Werdorf Lahn-Dill-Kreis B2 78

1976 Diemelstadt-Helmighausen LK Waldeck-Frankenberg A1 92 Lautertal-Gadernheim LK Bergstraße A2 22 Nüsttal-Silges LK Fulda B1 253 Sinn-Fleisbach Lahn-Dill-Kreis B2 78

1977 Bebra-Asmushausen LK Hersfeld-Rotenburg A1 67 Wartenberg-Landenhausen Vogelsbergkreis A2 13 Modautal-Asbach LK Darmstadt-Dieburg B1 240 Burgwald-Bottendorf LK Waldeck-Frankenberg B2 72

1978 Twistetal-Nieder-Waroldern LK Waldeck-Frankenberg A1 55 Kirchhain-Großseelheim LK Marburg-Biedenkopf A2 18 Wanfried-Völkershausen Werra-Meißner-Kreis S1 193 Wartenberg-Landenhausen Vogelsbergkreis S2 57

1979/1980 Idstein-Lenzhahn Rheingau-Taunus-Kreis A1 267 Nentershausen LK Hersfeld-Rotenburg A2 73 Lindenfels-Schlierbach LK Bergstraße S1 21 Wartenberg-Landenhausen Vogelsbergkreis S2 15

1981/1982 Bad Hersfeld-Beiershausen LK Hersfeld-Rotenburg A1 169 Fronhausen LK Marburg-Biedenkopf A2 41 Idstein-Lenzhahn Rheingau-Taunus-Kreis S1 62 Oberweser-Oedelsheim LK Kassel S2 35

1983/1984 Nüsttal-Rimmels LK Fulda A1 121 Selters-Eisenbach LK Limburg-Weilburg A2 39 Oberweser-Arenborn LK Kassel S1 36 Kirchhain-Großseelheim LK Marburg-Biedenkopf S2 17

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 139 Hessische Landessieger

1985/1986 Zwesten-Niederurff Schwalm-Eder-Kreis A1 126 Oberweser-Gieselwerder LK Kassel A2 31 Nüsttal-Rimmels LK Fulda S1 41 Wiesbaden - Frauenstein Stadt Wiesbaden S2 22

1987/1988 Hauneck-Bodes LK Hersfeld-Rotenburg A1 136 Geisenheim-Johannisberg Rheingau-Taunus-Kreis A2 22 Zwesten-Niederurff Schwalm-Eder-Kreis S1 34 Immenhausen-Holzhausen LK Kassel S2 26

1989/1990 Burgwald-Wiesenfeld LK Waldeck-Frankenberg A1 94 Bad Hersfeld-Asbach LK Hersfeld-Rotenburg A2 38 Lindenfels-Seidenbuch LK Bergstraße S1 32 Oberweser-Oedelsheim LK Kassel S2 29

1991/1992 Kirchhain-Burgholz LK Marburg-Biedenkopf A1 78 Witzenhausen-Roßbach Werra-Meißner-Kreis A2 33 Burgwald-Wiesenfeld LK Waldeck-Frankenberg S1 28 Willingshausen-Loshausen Schwalm-Eder-Kreis S2 31

!993/1994 Weißenborn-Rambach Werra-Meißner-Kreis A 58 Oberweser-Arenborn LK Kassel B 111

1995/1996 Willingshausen Schwalm-Eder-Kreis A 40 Kirchhain-Himmelsberg LK Marburg-Biedenkopf B 126

1999/2000 Edertal-Wellen LK Waldeck-Frankenberg A 85 Fulda-Malkes LK Fulda B 220

2002/2003 Wanfried-Heldra LK Werra - Meißner A 72 Münchhausen-Wollmar LK Marburg - Biedenkopf B 156

2005/2006 Frankenau-Altenlotheim LK Waldeck-Frankenberg A 72 Alsfeld-Altenburg LK Vogelsberg B 101

Stand: 13. 07. 2006

140 Ansprechpartner

Ihre Ansprechpartner für den Wettbewerb „Unser Dorf“

Beratung vor Ort und Durchführung des Regionalentscheides: Ihre Landkreisverwaltung, Fachgebiet oder Abteilung Dorf- und Regionalentwicklung

Koordination des Regionalentscheides und Durchführung des Landesentscheides: Regierungspräsidium Kassel, Dezernat 25 Roswitha Rüschendorf Steinweg 6 34117 Kassel

Telefon: 0561 106-3125

Bundeswettbewerb und Grundsatzfragen: Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlicher Raum, Verbraucherschutz, Referat VII 5 Karl-Michael Musseleck Mainzer Straße 80 65189 Wiesbaden

Telefon: 0611 815-1753

Informationen, Richtlinien, Links www.rp-kassel.de oder www.rp-kassel.de/static/aktuelles (voraussichtliche Adressenänderung Frühjahr 2007: www.rp-kassel.hessen.de www.hmulv.hessen.de www.dorfwettbewerb.bund.de www.ibh-hessen.de

Hessisches Ministerium für Umwelt, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (Hg)., 2004: Wettbewerb „Unser Dorf“. Hessischer Landesentscheid zum Bundeswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden – Unser Dorf hat Zukunft“. Richtlinien. Wiesbaden 30.09.2004.

Hessisches Ministerium für Umwelt, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (Hg), 2004: Wettbe- werb „Unser Dorf“. Hessischer Landesentscheid zum Bundeswettbewerb „Unser Dorf soll schö- ner werden - Unser Dorf hat Zukunft“. Hinweise und Empfehlungen. Wiesbaden 30.09.2004.

Weitere Informationen und unterstützende Materialien erhalten Sie bei: Roswitha Rüschendorf, RP Kassel.

Dokumentation: Wettbewerb „Unser Dorf“ 2006 141 Regierungspräsidium Kassel

Wettbewerb „Unser Dorf“

32. Hessischer Landesentscheid zum Bundeswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ – Unser Dorf hat Zukunft

Regierungspräsidium Kassel Steinweg 6 34117 Kassel Dokumentation 2006