Dr. Rudolf Friedrichs – Leben Und Wirken
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Dr. Rudolf Friedrichs – Leben und Wirken Schüler – Student – Soldat Rudolf Friedrichs wurde am 9. März 1892 als Sohn einer evangelisch- lutherischen Kaufmannsfamilie im vogtländischen Plauen geboren. Dort besuchte er ab 1899 die Volksschule und das Gymnasium. Als die Familie 1905 nach Dresden übersiedelte, setzte er seinen Bildungsweg auf der Kreuzschule fort, sein Vater machte sich als Händler von Brauereibedarfsartikeln selbständig. Zwei Jahre später wurde er in der Dresdner Lukaskirche konfirmiert. Neben der Schule war Friedrichs sportlich sehr aktiv – so spielte er beispielsweise begeistert Hockey. Im März 1913 erhielt er das Reifezeugnis der 2 Kreuzschule. Vorlieben und Präferenzen lassen sich klar erkennen: Während er in den naturwissenschaftlichen Fächern wie Mathematik und Physik durchweg nur „genügende“ (3) Leistungen attestiert bekam, konnte er in den alten Sprachen (Griechisch und Latein) und in Religion auf „gute“ (2b) Abschlüsse verweisen. Nur im Fach Geschichte erhielt er die Note „vorzüglich“ (1b). Auf dem Reife- zeugnis wurde darüber hinaus seine Absicht vermerkt, nach dem Abgang von der Kreuzschule Jura studieren zu wollen. 1 Tatsächlich nahm Friedrichs im April 1913 das Studium der Rechts- und Staatswissenschaft an der Universität Leipzig auf. Bis Sommer 1914 machte er sich u.a. mit der Deutschen und Römischen Rechts- 4 geschichte, mit den Grundzügen des deutschen Privatrechts, mit dem Deutschen Reichs- und Landesstaatsrecht, aber auch mit der All- gemeinen Volkswirtschaftslehre und dem Geld-, Kredit-, Bank- und Börsenwesen vertraut. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges meldete er sich an die Front und diente bis Ende 1918 in verschiedenen Ein- heiten und Verbänden. Mehrfach verwundet an der Ost- und West- front konnte er im Wintersemester 1918/19 sein Studium an der Uni- versität Leipzig fortsetzen. Im Frühsommer 1920 schloss er seine Studien mit der „gut bestandenen“ ersten juristischen Staatsprüfung 3 und mit der mündlichen Doktorprüfung ab. 6 Seinen juristischen Vorbereitungsdienst absolvierte der junge Mann vom Juli 1920 bis zum März 1923 zuerst beim Amtsgericht Freital und anschließend beim Landgericht Dresden. Als Ziel seines juristi- schen Vorbereitungsdienstes gab er die „Erlangung zur Fähigkeit zum Richteramte” an. Wenige Monate vor dem Abschluss seines Referendariats trat er der SPD bei. Welche Gründe dafür maßgeblich waren, ist nicht mehr ein- deutig festzustellen. Der linken bzw. „revolutionären Studenten- gruppe“ an der Universität Leipzig hatte er offenbar nicht angehört. Demzufolge dürfte sein politischer Orientierungsprozess erst nach 1920 eingesetzt haben. Es ist wahrscheinlich, dass Friedrichs während seines Referendariats in Freital (1920-1922), dem sozialdemokratisch regierten „roten Wien Sachsens“, erste nachhaltige Berührungen mit dem SPD-Milieu hatte. Allerdings könnte sich der angehende Staats- diener mit einem Beitritt zur SPD auch einen nicht unerheblichen Karriereschub versprochen haben. Immerhin regierte die sächsische Sozialdemokratie als stärkste politische Kraft seit 1918/19 in wech- selnden Koalitionen, ohne über ein größeres Reservoir an ausgebil- deten Juristen zu verfügen. Seine Entscheidung für die SPD dürfte demzufolge für eine Anstellung im Staatsdienst zumindest eine 5 förderliche Rolle gespielt haben. 8 1 Rudolf Friedrichs um 1893 (HAIT, Dokumentensammlung, Akte Rudolf Friedrichs) 2 Brauereiartikelhandlung Friedrichs – Auszug aus dem Dresdner Adressbuch 1911 (Adressbuch der Stadt Dresden, Dresden 1911, S. 212) 3 Konfirmationsurkunde von Rudolf Friedrichs 1907 (HAIT, Dokumentensammlung, Akte Rudolf Friedrichs) 4 Die Hockeymannschaft der Dresdner Kreuzschule 1910, Rudolf Friedrichs stehend, Zweiter von links (HAIT, Dokumentensammlung, Akte Rudolf Friedrichs) 5 Reifezeugnis von Rudolf Friedrichs 1913 (HAIT, Dokumentensammlung, Akte Rudolf Friedrichs) 6 Rudolf Friedrichs (Zweiter von links) mit seiner Abschlussklasse an der Kreuzschule 1913 (HAIT, Dokumentensammlung, Akte Rudolf Friedrichs) 7 Rudolf Friedrichs als Soldat in Moszosconka nahe Brest-Litowsk, Mai 1917 (HAIT, Dokumentensammlung, Akte Rudolf Friedrichs) 8 Vorladung Rudolfs Friedrichs zur mündlichen Doktorprüfung in Leipzig, Juni 1920 (HAIT, Dokumenten- 7 sammlung, Akte Rudolf Friedrichs) Dr. Rudolf Friedrichs – Leben und Wirken Der sozialdemokratische Stadtrat Friedrichs hatte Glück: Zwar wurde er nicht Richter, doch gelang ihm nach Ablegung seiner zweiten juristischen Staatsprüfung im Mai 1923 der Sprung in die innere Verwaltung – er erhielt eine Anstellung beim Kriminalamt Chemnitz. Ende September 1923 wechselte er in die zweite Abteilung des sächsischen Innenministeriums, wo er im Auf- 2 trag von Innenminister Hermann Liebmann (SPD) Denkschriften über 1 die Zusammenarbeit von illegalen rechtsgerichteten Organisationen und Reichswehr erstellte. Als die Regierung Zeigner noch im Oktober 1923 der „Reichsexekution“ zum Opfer fiel, wurde auch Friedrichs von Reichswehrsoldaten aus dem Ministerium heraus verhaftet. Ein Verfahren vor dem Reichsgericht verlief jedoch ergebnislos. Nach diesem ersten „Karriereknick“ arbeitete Friedrichs in verschiede- nen sächsischen Amtshauptmannschaften (Landkreisverwaltungen) als Regierungsassessor. Erst im Juli 1926 kam er nach Stationen in Chemnitz, Annaberg und Großenhain nach Dresden zurück – und zwar an die hiesige Amtshauptmannschaft. Hier arbeitete er als Regierungsrat bis 1933. Neben der beruflichen Arbeit engagierte er sich in der Dresdner Zeit vor allem in der Kommunalpolitik. Die SPD-Stadtverordnetenfraktion wählte ihn sowohl im Februar 1927 als auch im Februar 1930 und im Januar 1933 zum ehrenamtlichen Stadtrat. In dieser Eigenschaft gehörte er u.a. zeitweilig dem Aufsichtsrat der Gemeinnützigen Wohnungsbau-Aktiengesellschaft, dem Verwaltungsrat der Dresdner Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerke AG sowie dem geschäftsführen- den Ausschuss und dem Verwaltungsausschuss beim Arbeitsamt 4 Dresden an. Seit 1930 war er außerdem vom Landtag gewählter Beisitzer der Gemeindekammer des Freistaates Sachsen. 3 Als Kommunalpolitiker trat Friedrichs in den folgenden Jahren immer häufiger und profilierter in Erscheinung: Im internen Kreis wie auf öffentlichen Versammlungen plädierte er für eine Stärkung des Ein- flusses der Gemeindeverordneten auf die Selbstverwaltung und die Begrenzung des staatlichen Aufsichtsrechts. In einem Beitrag für die „Sächsische Gemeinde-Zeitung“ bezeichnete er 1927 das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung sogar als grundlegende Einrichtung 5 einer demokratischen Gesellschaft und Ausgangsbasis der Demokrati- 6 sierung der nächst höheren Ebenen. Auf der Grundlage seiner Dresdner Erfahrungen erarbeitete er ent- sprechende Leitlinien für den kommunalpolitischen Landesausschuss der SPD. Darin sprach er sich u.a. für das uneingeschränkte Recht der Gemeinden und Gemeindeverbände auf Selbstverwaltung, für das Beschlussrecht der Gemeindeverordneten in allen Gemeinde- angelegenheiten, für die Durchführung der Einkammersysteme, für die Beschränkung des Aufsichtsrechtes auf Gesetzwidrigkeiten und für die Ausdehnung des Rechtes auf Bürgerabstimmung und Bürger- entscheid in allen Gemeindeangelegenheiten aus. Mit der Erarbeitung, Erläuterung und Popularisierung dieser Positio- nen sowie mit seinem Engagement als Kommunalpolitiker hatte sich Friedrichs schnell den Ruf als einer der profiliertesten kommunal- politischen Köpfe der sächsischen SPD erworben. „Neidlos“, so der SPD-Stadtverordnetenvorsteher von Dresden, Clemens Dölitzsch, „wurde damals bereits anerkannt, dass dieser [...] im Anfang der 7 30er Jahre stehende junge Jurist einer der besten Verwaltungsjuristen des ganzen Landes war“. 8 1 Schreiben zur Beförderung des Regierungsassessors Rudolf Friedrichs zum Regie- rungsrat, Juli 1926 (HAIT, Dokumentensammlung, Akte Rudolf Friedrichs) 2 Pressebericht zur Wahl der ehrenamtlichen Räte der Stadt Dresden, Februar 1927 (Dresdner Volkszeitung, Nr. 41, 18.02.1927, S. 6) 3 Stadtrat Rudolf Friedrichs, Aufnahme um 1930 (HAIT, Dokumentensammlung, Akte Rudolf Friedrichs) 4 Artikel Rudolf Friedrichs zur Änderung der Gemeindeordnung in der Sächsischen Gemeindezeitung, November 1927 (Sächsische Gemeindezeitung, Nr. 22, 15.11.1927, S. 1) 5 Stadt- und Regierungsrat Friedrichs – Auszug aus dem Dresdner Adressbuch 1929 (Adressbuch für Dresden und Vororte, Dresden 1929, S. 182) 6 Sommerurlaub im Badekurort Weggis (Vierwaldstädter See, Schweiz) im Juni 1929, Rudolf Friedrichs und Linda Kunze in der Mitte (HAIT, Dokumentensamm- lung, Akte Rudolf Friedrichs) 7 Urkunde zur Heirat mit Susanne Linda Kunze aus Freital, Juni 1931 (HAIT, Doku- mentensammlung, Akte Rudolf Friedrichs) 8 Stadtrat Rudolf Friedrichs übernimmt kurzzeitig die Vertretung von Oberbürger- meister Blüher und Bürgermeister Bührer, Juli 1928 (HAIT, Dokumentensamm- lung, Akte Rudolf Friedrichs) Dr. Rudolf Friedrichs – Leben und Wirken Der Lebensmittelhändler Als am 10. März 1933 in Sachsen die Nationalsozialisten an die Macht gelangten, hatte dies auch für Friedrichs nachhaltige persön- liche und berufliche Konsequenzen. Sechs Tage später erreichte ihn ein Schreiben mit der Aufforderung, „zufolge Anordnung des Herrn Reichskommissars für das Land Sachsen [...] mit sofortiger Wirkung sich zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung vorläufig jeder Amtsausübung in Ihrer Eigenschaft als ehrenamtliches Ratsmitglied 2 zu enthalten“. Anfang April erklärte er sich schriftlich bereit, sein städtisches Ehrenamt niederzulegen. Als besoldeter Regierungsrat bei der Amtshauptmannschaft Dresden wurde er am 11. August 1933 entlassen.