Plauen 1945 Bis 1949 – Vom Dritten Reich Zum Sozialismus

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Plauen 1945 Bis 1949 – Vom Dritten Reich Zum Sozialismus Plauen 1945 bis 1949 – vom Dritten Reich zum Sozialismus Entnazifizierung und personell-struktureller Umbau in kommunaler Verwaltung, Wirtschaft und Bildungswesen Promotion zur Erlangung des akademischen Grades Dr. phil. der Philosophischen Fakultät der Technischen Universität Chemnitz eingereicht von Dipl.-Lehrer Andreas Krone geboren am 26. Februar 1957 in Plauen angefertigt an der Technischen Universität Chemnitz-Zwickau Fachbereich Regionalgeschichte Sachsen betreut von: Dr. sc. phil. Reiner Groß Professor für Regionalgeschichte Sachsen Beschluß über die Verleihung des akademischen Grades Doktor eines Wissenschaftszweiges vom 31. Januar 2001 1 Inhaltsverzeichnis Seite 0. Einleitung 4 1. Die Stadt Plauen am Ende des 2. Weltkrieges - eine Bilanz 9 2. Zwischenspiel - die Amerikaner in Plauen (April 1945 - Juni 1945) 16 2.1. Stadtverwaltung und antifaschistischer Blockausschuß 16 2.2. Besatzungspolitik in der Übergangsphase 24 2.3. Anschluß an die amerikanische Zone? 35 2.4. Resümee 36 3. Das erste Nachkriegsjahr unter sowjetischer Besatzung 38 (Juli 1945 - August 1946) 3.1. Entnazifizierung unter der Bevölkerung bis Ende 1945 38 3.2. Stadtverwaltung 53 3.2.1. Personalreform im Stadtrat 53 3.2.2. Strukturelle Veränderungen im Verwaltungsapparat 66 3.2.3. Verwaltung des Mangels 69 a) Ernährungsamt 69 b) Wohnungsamt 72 c) Wohlfahrtsamt 75 3.2.4. Eingesetzte Ausschüsse statt gewähltes Parlament 78 3.2.5. Abhängigkeit der Stadtverwaltung von der Besatzungsmacht 82 3.2.6. Exkurs: Überwachung durch „antifaschistische“ Hauswarte 90 3.3. Wirtschaft 93 3.3.1. Erste personelle Maßnahmen zur Bereinigung der Wirtschaft 93 3.3.2. Kontrolle und Reglementierung der Unternehmen 96 3.3.3. Entnazifizierung in einer neuen Dimension 98 a) Die Befehle Nr. 124 und Nr. 126 der SMAD 98 b) Amt für Betriebsneuordnung 100 2 c) Volksentscheid 102 d) Bodenreform 110 3.3.4. Wiederaufbau 113 a) Rohstoff-, Material- und Arbeitskräftesituation 113 b) Wiederaufnahme der Produktion im Dienste der Besatzungsmacht 120 und Demontagen 3.4. Schulwesen 127 3.4.1. Entnazifizierung 127 3.4.2. Wiederaufnahme des Unterrichts 135 a) Personalsituation vor Beginn des Schuljahres 1945/46 135 b) Erste Schulung der Lehrkräfte 138 c) Neulehrergewinnung und –ausbildung 140 d) Lehrpläne 144 e) Raumnot und fehlende Unterrichtsmittel 146 4. Auf dem Weg in den Sozialismus (September 1946 - Oktober 1949) 149 4.1. Fortsetzung und Abschluß der Entnazifizierung 149 4.1.1. Die Direktiven Nr. 24 und Nr. 38 des Alliierten Kontrollrates 149 4.1.2. Die Entnazifizierungskommissionen in der Stadt Plauen 153 von Januar 1947 bis August 1947 a) Kreis-Entnazifizierungskommission und Kommissionen 153 für den öffentlichen Dienst b) Regionaler Entnazifizierungsausschuß für Industrie und Handel 159 4.1.3. Die Befehle Nr. 201 und Nr. 35 der SMAD - 162 Zentralisierung und Abschluß der Entnazifizierung a) Die zentrale Entnazifizierungskommission für die Stadt Plauen 162 b) Gerichtliche Verurteilungen 168 4.2. Gemeinde - und Landtagswahlen 1946 173 4.2.1. Propagandistische Vorbereitung 173 4.2.2. Wahlausschluß 176 4.2.3. Ergebnisse 178 4.3. Stadtverordnetenversammlung und Stadtverwaltung 179 4.3.1. Die Bildung der Stadtverordnetenversammlung und des Rates der Stadt 179 3 a) Stadtverordnetenversammlung und Ausschüsse 179 b) Rat der Stadt und Oberbürgermeister 183 4.3.2. Machtgrenzen und Taktik der kleinen Schritte - die fortschreitende 188 Instrumentalisierung des kommunalen Verwaltungsapparates durch die SED a) Ungewohnte Opposition - die SED in der Stadtverordnetenversammlung 188 b) Reduzierung der Dezernate 192 c) Direktor statt Aufsichtsratsvorsitzender im Kommunalen Wirtschafts- 194 unternehmen (KWU) – eine weitere Niederlage für die SED d) Die Ideologisierung der Stadtverwaltung 196 4.4. Von der Privat- zur Kollektivwirtschaft 200 4.4.1. Der Feldzug gegen den Mittelstand 200 4.4.2. Der „volkseigene“ Sektor der Wirtschaft 204 a) Arbeitskräftemangel, Materialnot und fehlende Zahlungsmittel 204 b) Trümmer- und Schuttberäumung – ein Zwischenergebnis 211 c) Planwirtschaft, Aktivisten- und Wettbewerbsbewegung 216 4.5. Reformen im Schulwesen 222 4.5.1. Einheitsschule 222 4.5.2. Personalsituation 226 4.5.3. Der „politische“ Lehrer 228 5. Zusammenfassung 232 6. Abkürzungsverzeichnis 236 7. Quellen- und Literaturverzeichnis 238 a) Ungedruckte Quellen 238 b) Gedruckte Quellen und Literatur 245 8. Dokumentenanhang 276 4 0. Einleitung Über die Entnazifizierung und den Aufbau der sogenannten antifaschistisch- demokratischen Ordnung in der sowjetischen Besatzungszone ist schon in den Jahrzehnten der Teilung Deutschlands in West wie in Ost viel geschrieben worden. Die Untersuchungen der bundesdeutschen Geschichtswissenschaft bezogen sich überwiegend auf das Territorium der Sowjetzone insgesamt oder aber auf einzelne Länder und Provinzen; Säuberungsmaßnahmen und gesellschaftliche Reformen auf lokaler Ebene dagegen blieben weiße Flecken. Dies lag nicht etwa im mangelnden Interesse für diesen Forschungsgegenstand begründet, vielmehr blieben viele Quellen in den Stadt-, Kreis- und erst recht Parteiarchiven Verschlußsache. Selbstverständlich existierte auch in der DDR eine regionale Geschichtsforschung, doch wurde diese vollständig von der kommunistischen Ideologie beherrscht. Arbeiten, die die Entwicklung einer Stadt oder eines Landkreises in den Nachkriegsjahren zum Inhalt hatten, entstanden in aller Regel als Auftragswerke der SED-Kreisleitungen und dienten stets dazu, die Politik der Einheitspartei zu legitimieren. Unzensiert wurden solche Projekte nie veröffentlicht. In Plauen erschienen in den achtziger Jahren zur Nachkriegsgeschichte der Stadt und des Kreises ganze zwei Broschüren, die unter den Titeln „Zur Geschichte der Plauener Arbeiterbewegung in den Jahren 1945/1946 nach der dunkelsten Ära deutscher Geschichte“ sowie „Der antifaschistisch-demokratische Neuaufbau in der Stadt und im Kreis Plauen unter Führung der SED nach der Vereinigung bis zur Gründung der DDR (Mai 1946 bis Oktober 1949)“ veröffentlicht wurden. Vor der Druckfreigabe begutachtete der damalige 1. Sekretär der SED- Kreisleitung die Manuskripte persönlich. Dem Geschichtsbild der Partei widersprechende Erscheinungen und Entwicklungen fielen, sofern sie überhaupt Erwähnung fanden, dem Rotstift zum Opfer. Was übrigblieb, war ein Loblied auf die Genossen der ersten Stunde, die, stets geführt vom klugen Rat des großen sowjetischen Klassenbruders in Person der Besatzungsoffiziere, in der schwer zerstörten Stadt allen Schwierigkeiten und Problemen zum Trotz die Fundamente für den ersten deutschen Arbeiter- und Bauernstaat errichteten. Seit nunmehr einem Jahrzehnt besteht die Möglichkeit, die kommunale Entwicklung in der ehemaligen SBZ/DDR frei von weltanschaulichen Zwängen aufzuarbeiten. Der regionalen Geschichtsforschung eröffnet sich damit ein breites Betätigungsfeld. Dies gilt für die Stadt Plauen, eine Wissenschaftsprovinz, an der die Hochschullandschaft des Freistaates Sachsen bis heute nahezu spurlos vorübergegangen ist, in besonderem Maße. Über die Entwicklung Plauens von 1945 bis in die Gegenwart sind nach der Wiedervereinigung noch keine zusammenhängenden Untersuchungen angestellt worden, ebenso wenig gibt es nennenswerte wissenschaftliche Veröffentlichungen über diese Periode. Hier besteht ein großer Nachholebedarf, was für mich neben 5 persönlichem Interesse letztlich der ausschlaggebende Grund war, in Eigeninitiative die vorliegende Arbeit über meine Heimatstadt anzufertigen. Bei der zeitlichen Eingrenzung des Forschungsgegenstandes boten sich Zäsuren 1945 – Ende des Zweiten Weltkrieges – und 1949 – Gründung der DDR – an, thematisch konzentriert sich die Untersuchung auf die gesellschaftlichen Kernbereiche Kommunalverwaltung, Wirtschaft und Bildungswesen. Durch die bewußte Verengung des Themas war es möglich, die Abhandlung detailreich zu gestalten und mit vielen Beispielen zu illustrieren. Auf vergleichende und bewertende Aspekte mit dem Entnazifizierungs- und Demokratisierungsprozeß in den Westzonen wurde weitestgehend verzichtet. Den Anspruch auf einen analytisch-generalisierenden Charakter kann und will die Arbeit aus diesen Gründen nicht erheben, sie ist vielmehr darstellend-narrativ angelegt. Über die Phasen der Entnazifizierung in der sowjetischen Besatzungszone herrschte bereits in der DDR- und der BRD-Geschichtsschreibung weitestgehende Übereinstimmung. Im allgemeinen werden vier Zeitabschnitte unterschieden: 1. Frühjahr bis Sommer 1945: Von der Beendigung der Kampfhandlungen bis zur Einsetzung von Länder- und Provinzialverwaltungen fanden auf unterster Ebene Säuberungsaktionen in Teilbereichen und gegen Einzelpersonen statt. 2. Juli 1945 bis November 1946: In der zweiten Phase übernahmen die Länder- und Provinzialverwaltungen die Entnazifizierung. Im öffentlichen Dienst erreichte die Entnazifizierungswelle in diesem Zeitraum ihren Höhepunkt, in der Industrie und der Landwirtschaft wurden mit den beiden großen Enteignungsaktionen im Rahmen der Bodenreform sowie des Volksentscheides die Weichen für die Verstaatlichung der Wirtschaft gestellt. 3. Dezember 1946 bis August 1947: Auf der Grundlage der alliierten Kontrollratsdirektive Nr. 24 vom 12. Januar 1946 wurden im Dezember 1946 auf Landes- und Kreisebene Entnazifizierungskommissionen für die kommunalen Verwaltungen sowie für Industrie und Handel gebildet. Ziel dieser Ausschüsse war es, die aktiven ehemaligen NSDAP-Mitglieder herauszufiltern. 4. August 1947 bis März 1948: Mit dem Befehl Nr. 201 hob die SMAD sämtliche Bestimmungen auf, die die bürgerlichen Rechte nomineller
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    5 Vorbemerkung Im Kreis der 43 Gauleiter des „Großdeutschen Reiches“ zählte Martin Mutsch- mann zu den mächtigsten: Es gab nur wenige „politische Generale“ (Karl Höffkes), die neben der politischen Führung des Gaus auch die entscheidenden staatlichen Führungspositionen in den Händen hielten und überdies zu Hitlers frühesten Ge- folgsleuten zählten. Seit 1925 war er Gauleiter der sächsischen NSDAP, seit 1933 Reichsstatthalter und seit 1935 Ministerpräsident in Sachsen. 1939 kam der einfluss- reiche Posten eines Reichsverteidigungskommissars hinzu. Noch Anfang 1945, aus Anlass seines 20-jährigen Gauleiter-Jubiliäums, ließ sich Mutschmann von der ei- genen Presse als ein „Vorbild an Treue und Tatkraft“ würdigen. „Damals schon“, von den „Anfängen der NSDAP an“1, so verkündete ein Dresdner Blatt in Super- lativen, sei er einer der „bewährtesten und mutigsten, treuesten und einsatzbereites- ten, tatkräftigsten und fanatischsten Gefolgsmänner des Führers“ gewesen, eben: Hitlers „getreuer Paladin“. Das, was da zu Anfang 1945 etwas unfreiwillig wie ein Nachruf klang, erscheint nicht in allen Punkten übertrieben oder gar erdichtet. Mutschmann war tatsächlich ein „perfekter Nazi-Gauleiter“. Ein Urteil, das der deutsch-britische Historiker Claus-Christian W. Szejnmann so begründete: „Er war Hitler besonders treu ergeben, ein gewalttätiger Antisemit, extrem skrupellos und entschlossen.“2 Gerade weil der sächsische „Gaufürst“ vor 1945 so allgegenwärtig schien, wirkte sein beinahe spurloses Ende seltsam unbefriedigend. Dass er noch im Mai 1945 in sowjetische
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