Zur Geschichte 1878 - 2008

Oswald Burger Margot Hess

Dietram Hoffmann Karl -Heinz König

Zur Geschichte 1878 - 2008

Oswald Burger Margot Hess

Dietram Hoffmann Karl -Heinz König

Wir freuen uns, dass die Überlinger Sozialdemokraten, "130 Jahre Sozialdemokraten in Überlingen“ feiern und wünschen ihnen für die nächsten 130 Jahre alles Gute.

Ute Vogt, Kurt Beck, Landesvorsitzende der SPD Parteivorsitzender der SPD

Oberbürgermeister Volkmar Weber, Peter Friedrich, Überlingen MdB, Konstanz

Landrat Lothar Wölfle, Evelyne Gebhardt, Bodenseekreis MdEP

Martin Gerster, Norbert Zeller, MdL MdB, Biberach

Jochen Jehle, Vorsitzender SPD Bodenseekreis

Inhalt Vorwort I. Von der Arbeiterbewegung bis zur SPD II. Vom Sozialistengesetz bis zum I. Weltkrieg III. Arbeiterbewegung und SPD in Überlingen IV. Die SPD in Überlingen V. Der Anfang VI. Die Weimarer Republik VII. 1933-1945 VIII. Der Neuanfang IX. Die Ära Ebersbach/Kirchmaier X. Von 1994-2008 Anhänge 1. Mandatsträger der Überlinger SPD von 1912-1933 2. Mandatsträger der Überlinger SPD von 1945-2008 3. Die Ortsvereinsvorsitzenden der SPD Überlingen von 1912-2008

7 8 Vorwort Mitglieder des SPD-Ortsvereins Überlingen haben in den letzten Jahren in mühevoller Kleinarbeit in der Vergangenheit der Sozialdemokratie in Überlingen recherchiert und die vorliegenden Daten zur Geschichte der Überlinger Sozialdemokraten während der vergangenen 130 Jahren zusammenge- stellt. Initiatorin und federführend war unser langjähriges Vorstandsmitglied Margot Hess, hatte sie doch im Jahr 2002 vom damaligen Vorstand den Auftrag erbeten und erhalten, in der Vergangenheit der SPD Überlingen zu stöbern. Der Anfang war, im wahrsten Sinne des Wortes, sehr schwer, weil sie durch das Heben und Tragen der schweren Folianten im Stadtarchiv Überlingen physisch übermäßig be- lastet wurde. Beinahe hätte sie aufgegeben … hätten ihr nicht ab Ende 2004 Walter Liehner und Ma- ria Männer, Mitarbeiter des Überlinger Stadtarchivs, das Suchen und Transportieren abgenommen. Durch die Mitarbeit von Karl-Heinz König wurden die Recherchen auch auf das Stadtarchiv Konstanz und das badische Staatsarchiv in Freiburg ausgedehnt. In der Konstanzer Zeitung vom 18. Mai 1878 fanden sie dann die folgende Meldung: „Dieser Tage wurden wir mit der Nachricht überrascht, daß am letzten Sonntag in der Restauration Becke (in Meersburg) 16 Sozialdemokraten von hier, Konstanz und Überlingen eine Vorberatung gehabt hätten, um am nächsten Sonntag eine größere Versammlung abzuhalten, zu der ein Redner aus München erscheinen werde. Natürlich sind es nicht Rebleute, die sich beteiligen, sondern Fabrik- arbeiter von hier, von denen einer ein rühriger Agitator sein soll.“ Das durch Oswald Burger und Dietram Hoffmann verstärkte Chronikteam konnte bislang kein fixiertes Gründungsdatum für den SPD-Ortsverein Überlingen finden. Auch im Zentralarchiv der SPD in der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn gab es keine Hinweise auf die Anfänge eines SPD-Ortvereins in Ü- berlingen. Die Bonner erklärten dies damit, dass die Gründung eines SPD-Ortsvereins vor dem ersten Weltkrieg nicht überall gut dokumentiert war. Gleichgesinnte trafen sich eben zu Gesprächen und Aktionen, die in den Jahren 1878 bis 1888 wegen der Sozialistengesetze im Geheimen stattfinden mussten. Zu einem Verein oder Verband wurde man erst, wenn man sich an Wahlen beteiligte. Unter- lagen aus diesen frühen Tagen wurden zu Beginn der Nazizeit häufig versteckt oder gar vernichtet. Vielleicht ruhen irgendwo in unserer Stadt Dokumente aus den Anfängen der Überlinger SPD und werden irgendwann zufällig entdeckt - dann haben wir eventuell zwei Jubiläumsdaten… Im Laufe der Zeit haben über sechzig Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten der SPD Überlin- gen politische Ämter als kommunale Mandatsträger und im Landtag ausgeübt. Die Sozialdemokratin Luise Matthäeuser war 1919 eines der ersten weiblichen Mitglieder des Bürgerausschusses. In den vergangenen 63 Jahren seit 1945 hat die SPD mehr als 32 Jahre lang den Bürgermeister bzw. Ober- bürgermeister gestellt. Das Chronikteam dankt Eveline Dargel vom Kreisarchiv des Bodenseekreises, Walter Liehner und Maria Männer vom Stadtarchiv Überlingen, Wilhelm Leberer vom Südkurier, der sein Privatarchiv zur Verfügung stellte, dem badischen Staatsarchiv in Freiburg, dem Archiv der Stadt Konstanz, Annema- rie Hofmann, der Tochter von Karl und Marie Löhle. Günter Kritzer, dem Enkel von Johann Häusler, Martin Baur, dem Leiter der Überlinger Redaktion des Südkuriers für seinen Beitrag über Arthur Kirchmaier, den langjährigen Fraktionsvorsitzenden der SPD im Gemeinderat und Stadtbrandmeister Andreas Löhle für die Überlassung des Artikels von Martin Baur über den ehemaligen Oberbürger- meister Reinhard Ebersbach aus dem Buch „’s brennt!“. Der Dank des SPD-Ortsvereins Überlingen und mein persönlicher Dank gilt Oswald Burger, Margot Hess, Dietram Hoffmann und Karl-Heinz König für die Recherchen und die Zusammenstellung von Informationen und Daten.

Angelika Haarbach Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Überlingen

9 10 I. Von der Arbeiterbewegung bis zur SPD Die Anfänge der Sozialdemokratie ergeben sich aus der sozialen Frage, die sich mit der Industrialisie- rung in Europa stellte und zur Entstehung der Arbeiterbewegung führte. Eng damit verknüpft sind die Namen von Marx und Engels, in Deutschland die von Lassalle, Liebknecht und Bebel. Zwischen 1837 und 1875 entstanden verschiedene Organisationen: Der „Bund der Gerechten“ , ein internationaler parteiähnlicher Geheimbund, in dem sich viele füh- rende Mitglieder der „Arbeiterbildungsvereine zusammenschlossen. Sie vertraten teils utopischen Sozialismus, waren teils christlich-humanistisch motiviert. Der „Bund der Kommunisten“ (Marx, Engels) vertrat radikale Forderungen und rief zum Klassen- kampf auf: Manifest der kommunistischen Partei (1847). Nach seiner Selbstauflösung 1852 gründeten Marx und Engels 1864 die Internationale Arbeiterassoziation (IAA) bekannt als „1. Internationale“ mit radikalen Forderungen: Diktatur des Proletariats. Demokratisch und linksliberal motiviert war die „Arbeiterverbrüderung“ , hauptsächlich der Zusam- menschluss von Handwerksgesellen, der schon 1850 wieder zerfiel. Die Arbeiterbildungsvereine entstanden meist nach der Revolution von 1848 als Versuch, dem Pro- letariat ein Mindestmaß an Bildung zukommen zu lassen. Ihr Hintergrund war meist liberal-politisch. Es entstanden lokale Vereine in ganz Europa. Nach dem Erlass des Sozialistengesetzes bildeten sich zwei Richtungen von Arbeiterbildungsvereinen heraus, die eine mit christlich konservativer, die andere mit sozialdemokratischer Färbung. 23.05.1863 Als Geburtstag der Sozialdemokratie wird allgemein der 23. Mai 1863 genannt, als Ferdinand Lassalle in den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein gründete. Als Konkurrenz entstand der VDAV (Verband deutscher Arbeitervereine), Mitglied in der IAA unter der Führung von Wilhelm Liebknecht und August Bebel. Im Gegensatz zu Marx und Engels wollten die Lassallianer die Abschaffung der kapitalistischen Klassengesellschaft auf friedlichem und legalem Wege erreichen. 1869 Gründung der „Sozialdemokratischen Arbeiterpartei“ (SDAP) unter Bebel und Liebknecht in Eisenach als revolutionäre Partei der deutschen Arbeiterbewegung (VDAV und Teile des ADAV) 1875 Vereinigung (Versöhnung) von Sozialdemokratischer Arbeiterpartei und Allgemeinem Deutschen Arbeiterverein (Gothaer Programm) zur SAP (Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands). 1891 Umbenennung der SAP auf dem Parteitag in Erfurt in SPD . Badische Besonderheiten Die Zeit nach der Revolution von 1848/49 ist geprägt durch die Bildung von Arbeiterbildungsvereinen, gegründet oft als Selbsthilfegemeinschaften von Handwerkern und Landarbeitern, die der drohenden Verelendung nach der gescheiterten Revolution entgehen wollten. Kämpften in der Revolution Arbei- ter und Bürgertum noch gemeinsam für Demokratie und Menschenrechte, änderte sich dies nach 1849 grundlegend. Die Bürger wendeten sich enttäuscht von der Politik ab und wirtschaftlicher Betäti- gung zu. Die Herrschenden dankten dies mit staatlichem Schutz der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse. Damit standen die Arbeiter bei der nun einsetzenden Industrialisierung in Handwerk, Industrie und Landwirtschaft allein mit ihren Problemen von Kinderarbeit, elenden Wohnverhältnissen, langer Arbeitszeit und Löhnen unterhalb des Existenzminimums. Dies führte im Proletariat zur Er- kenntnis, dass es nur aus eigener Kraft soziale und gesellschaftliche Verbesserungen erreichen kön- ne. Bei der Gründung des ADAV schlossen sich nur wenige Arbeiterbildungsvereine mit ihm zusam- men, wohl aber Teile der Arbeiterschaft in den Industriegebieten. Wittmer, der Nachfolger Lassalles, fand um 1868 in Heidelberg und Mannheim große Anhängerschaft. Insgesamt blieb Baden wegen der dezentralen Struktur der badischen Industrie und des ländlichen Übergewichts der Arbeiterbevölkerung ein schwieriges Feld für Arbeiteragitation und gewerkschaft- liche Organisation (nach dem Erlass des Sozialistengesetzes wurde die Sozialdemokratie vor allem bei der bäuerlichen Bevölkerung mit Misstrauen bedacht – „vaterlandslose Gesellen“ ). Die SPD - nahen Gewerkschaften waren nach 1890 zahlenmäßig zu schwach für größere Aktivitäten. Gleichzei- tig verstand es die Fabrikinspektion der großherzoglichen Regierung unter Woerishoffer, sehr früh zu einer Kooperation mit den Gewerkschaften zu gelangen. Dies geschah aus einem sozialreformeri- schen Verständnis des hohen Beamten heraus. Durch diese Zusammenarbeit gelang es ihm, intensi- ven Einfluss auf die Verstärkung des gemäßigten Flügels der Sozialdemokratie in Baden zu gewin- nen. Immer wieder vermittelte Woerishoffer zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Dies führte zu einer weitgehenden Integration der badischen Arbeiterschaft in Staat und Gesellschaft vor dem I. Weltkrieg.

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Bei der Trauerfeier nach dem Tode des „Fabrikinspektors“ nahmen Arbeiter aus ganz Baden teil und rühmten sein sozialpolitisches Engagement. Arbeitskämpfe fanden vor dem I. Weltkrieg kaum – und wenn, dann meist lokal nur in den Industrie- räumen , Mannheim, Heidelberg und Pforzheim oder Rheinfelden statt. II. Vom Sozialistengesetz bis zum I. Weltkrieg 21.10.1878 Aus Furcht vor einer Revolution infolge wirtschaftlicher Depression setzte Bismarck am 21.10. 1878 das „ Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ für 2 ½ Jahre durch. Es wurde bis 1890 immer wieder verlängert. Das Gesetz enthielt das Verbot sozialdemokratischer Zusammenschlüsse, der sozialistischen Ge- werkschaften, Zeitungen und Zeitschriften, des ADAV und internationaler Gewerkschaften. Agitatoren konnten ausgewiesen werden. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion blieb bestehen. So ge- nannte Arbeiterwahlvereine übernahmen nun unter schwierigsten Bedingungen (polizeiliche Überwa- chung und Verfolgung) die Arbeit der Partei und die Interessenvertretung der Arbeiter bei Wahlen. Auch nach der Nichtverlängerung des Sozialistengesetzes wurde die SPD in Baden von der Obrigkeit staatsfeindlicher Umtriebe verdächtigt. Dies geht besonders aus einer Anweisung des badischen In- nenministers Eisenlohr von 1890 an die Bezirksämter hervor. Er wies diese zur Überwachung „der gemeingefährlichen Bestrebungen und Ausschreitungen der Sozialdemokratie“ an (s. Überlingen) Der Gegensatz zwischen Nationalliberalen und Zentrum im badischen Landtag führte zu wechseln- den Wahlbündnissen der SPD mit den beiden Parteien. Die positive politische Mitarbeit der badi- schen SPD ab 1905 führte zum Vorwurf des Revisionismus durch die Reichsparteiführung – der letzte badische Staatsminister, von Bodman, würdigte diese Mitarbeit als „staatspolitisch verantwortliches Handeln.“ Die SPD wurde im Laufe der Zeit im Reichstag immer stärker. Dies bedeutete vor dem I. Weltkrieg wegen der überragenden Stellung des Reichskanzlers keinen Machtzuwachs in der Gesetzgebung. Auch in den beiden Kammern des badischen Parlaments erlangte die SPD wenig Bedeutung (1891 2 Abgeordnete). Erst ab 1905 (Wahlgesetznovelle von 1904) konnte die SPD durch Wahlbündnisse bei Stichwahlen mehr Abgeordnete in den Landtag bringen und positiv in der Legislative mitarbeiten. III. Arbeiterbewegung und SPD in Überlingen Arbeiterbewegung in Überlingen Das von der einstmals stolzen Reichsstadt zum badischen Landstädtchen „heruntergekommene“ Ü- berlingen war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Verkehrsschatten geraten, da die nun entstehenden Eisenbahnlinien Überlingen vorerst nicht berührten. Die Stadt büßte dadurch ihre Funk- tion als Jahrhunderte alter Getreideumschlagsplatz ein. Ein wirtschaftlicher Einbruch und eine chroni- sche Krise waren die Folge. Während sich allgemein in Baden die Liberalisierungsbewegung durch- setzte, bestimmte in Überlingen weiterhin das konservativ eingestellte Patriziat die Kommunalpolitik. Dies hatte ein Beharren auf den alten Gesellschafts- und Wirtschaftsstrukturen zur Folge. Somit war jeglicher Fortschritt unterbunden. Man kann sagen, dass bis auf wenige Ausnahmen die industrielle Entwicklung in der Zeit vor dem Eisenbahnanschluss (1895 Stahringen – Überlingen; 1901 Überlingen – Friedrichshafen) fast spurlos an Überlingen vorbeiging. Ein Beispiel anhand von Einwohnerzahlen: Überlingen Friedrichshafen 1859: ca. 3.500 Einw. ca. 2.400 Einw.

1914: ca. 4.500 Einw. ca. 12.000 Einw. Ganz ins Abseits durch die Verkehrslage war Überlingen doch nicht geraten. Noch immer existierte das System der „fahrenden Gesellen“, die auf ihrer Wanderschaft auch in Überlingen für Monate oder auch für längere Zeit Station machten. Wegen der Nähe zur Schweiz und zu Österreich (Brücken nach Italien) brachten sie auch „internationale Erfahrungen“ mit. In Städten wie Arbon oder Chur gab es deutsche Arbeiterfortbildungsvereine. Da die Zahl der Betriebe in Überlingen nicht vergleichbar mit den aufstrebenden Orten wie Konstanz oder Singen war, konnten die Wandergesellen in Überlingen kaum Einfluss im Sinne der Sozialdemokratie erlangen.

12 Arbeiterfortbildungs- und Kolpingverein In Deutschland entstanden schon bald nach den Befreiungskriegen Vereine zur gemeinsamen Fortbil- dung, wurden aber von den Regierungen ungern gesehen. Erst seit 1830 wurden sie zahlreicher. Erst in den 40er Jahren, namentlich seit 1848, entstanden eigentliche Bildungsvereine. (Bürgervereine, Arbeiterbildungsvereine ), denen auch die Turnvereine zuzurechnen sind, insofern sie durch Vorträ- ge, Lesezirkel u. a. die geistige Fortbildung ihrer Mitglieder anstrebten. Während alle diese Vereine eine liberalpolitische Färbung hatten, verfolgten die durch Humboldts Kosmos angeregten Humboldt-Vereine ausschließlich den Zweck, die Bekanntschaft mit den Ergeb- nissen der neuern Naturforschung durch Vorträge, Bibliotheken u. a. zu fördern. Solche Bildungsver- eine entstanden zuerst in , Bremen, Hamburg u. a. Von den Staaten wurden sie in ihrer Arbeit behindert. Der große, 1844 gegründete Handwerkerverein in Berlin wurde 1859 aufgelöst, während die Regierung dagegen die kirchlichen Vereine begünstigte. Seit 1860 nahmen die Arbeiterbildungsvereine einen neuen Aufschwung. Viele traten nach Lassal- les Auftreten der Sozialdemokratie bei. Erst Anfang 1871 wurde in Berlin unter hauptsächlicher Mitwirkung von Schulze-Delitzsch, Franz Duncker u. a. die Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung gegründet, die sich schnell über ganz Deutschland verbreitete und Bedeutung gewann. Für Bayern, Württemberg und Baden bildete sich ein Verband süddeutscher Arbeiterbildungsvereine, der neben dem Bildungszweck auch die praktischen Interessen der Arbeiter durch Arbeitsnachweis, Wanderunterstützungen u. a. berücksichtigte. Nach dem Erlass des Sozialistengesetzes bildeten sich zwei Richtungen von Arbeiterbildungsvereinen heraus, die eine mit christlich-konservativer, die andere mit sozialdemokratischer Färbung. Der AfV Eintracht (Singen), verdächtigt, sozialdemokratische Abspaltung des weiterhin unter altem Namen agierenden AfV zu sein, wurde nicht in den Verband der Arbeiterfortbildungsvereine aufgenommen (1895). Im Jahre 1860 wurde in Überlingen ein Gesellenverein (Kolpingverein) gegründet, der heute noch besteht. Der Arbeiterfortbildungsverein Überlingen gehörte wohl während seines gesamten Bestehens zur christlich-konservativen Richtung und gab sich bewusst unpolitisch. Dennoch saß der langjährige Vor- sitzende Reisig für die Liberalen als Nichtbürger längere Zeit in Gemeinderat oder im Bürgeraus- schuss. Der Verein war bei der Obrigkeit wohlgelitten und hatte mit der sozialdemokratischen Arbei- terbewegung kaum etwas gemein. 16.04.1861 Am 16. 04. 1861 wurde in der „Rose“ der „Arbeiterfortbildungsverein Überlingen“ gegründet. Ihr erster Präsident hieß Loh. Im Mai 1861 wurde die Gründung durch das Bezirksamt (heute Landratsamt) Überlingen genehmigt. Der Verein scheint anfänglich nicht erfolgreich gewesen zu sein, denn im Jahre 1873 erfolgte eine Neugründung in der Krone. 29.11.1874 Schon im Jahre 1874 hatte der Verein unter dem 1. Vorsitzenden Schwarz 30 Mitglie- der. Seit diesem Jahr wurde die Pflege des Gesangs ein regelrechtes „Aushängeschild des Vereins. 1875 kam eine vereinseigene Krankenkasse zur Unterstützung kranker Mitglieder hinzu. Im Juli 1892 wurde eine eigene Sparkasse (Sparverein) gegründet. Der Verein führte regelmäßige Monatsversammlungen durch: 10 Monats- und zwei Generalversamm- lungen. Der Verein beteiligte sich mit Delegierten an Landesverbandstagen und an Verbandstagen des Seegaus. Die Aufgabe zur Fortbildung nahm der Verein so intensiv wahr, dass der Vergleich mit einer heutigen Volkshochschule durchaus angebracht ist. Buchführung, Wechsellehre und kaufmännische Korres- pondenz, Zeichnen, Leih- und Darlehensverträge, Klageschriften, eigentliche Buchführung mit Füh- rung Inventar, Journal, Kassenbuch, Nebenbücher, Buchabschluss, Wechsel gehörten zum regelmä- ßigen Unterricht. Die Bibliothek, von S.K.H. dem Großherzog regelmäßig mit Buchspenden bedacht, umfasste über 400 Bände. Man veranstaltete Tanzkränzchen und Theateraufführungen. Besuche zu- und von benachbarten Arbeiterfortbildungsvereinen gehörten ebenso zum Vereinsleben wie ein großer Ausflug und ein Fami- lienausflug pro Jahr. Samstags traf man sich zum wöchentlichen Gesellschaftsabend. Den winterlichen Höhepunkt bildete die jährliche Christbaumfeier mit Gabenverlosung an Dreikönig (vor dem I. Weltkrieg war Bescherung in der Gegend hauptsächlich an Neujahr). Zum Programm ge-

13 hörten auch Aufführungen der Theatergruppe (1891 Anschaffung einer Bühne) und des Singkreises. Auch die Stadtkapelle wirkte oft mit. Zunehmend wurde hierbei von mit Zuschauern überfüllten Sälen gesprochen. Als 1879 der Restaurateur Reisig zum 1. Vorsitzenden gewählt wurde , begann die Blütezeit des Ver- eins. In unermüdlichem Eifer setzte er sich in allen sozialen Bereichen für die Arbeitnehmer in Über- lingen ein. Für die Liberalen wurde er am 29.01.1883 in den Gemeinderat gewählt . 1889 wurde er zum Waisenrichter und Aushilfsgerichtsvollzieher ernannt. Am 05.02. 1900 wurde er Ehrenvorsitzen- der des Vereins. Bei seinem 25-jährigen Jubiläum als Vereinsvorsitzender erhielt Stadtrat Reisig am 27. 12. 1904 das Verdienstkreuz des Ordens vom Zähringer Löwen. Der 1909 zum Ehrenvorsitzenden des Landesverbandes ernannte Reisig starb am 16.06.1921 im Alter von 74 Jahren. Bereits am 01.01.1888 hatte der Verein 100 Mitglieder, 1905 schon 206 Mitglieder. Nach dem Tode von Reisig und dem Ende der alten Ordnung nach dem I. Weltkrieg arbeitete der Verein wohl noch weiter. Das rege Vereinsleben verlor an Schwung. Die enorme Politisierung des Alltags verlagerte auch die Belange der Arbeitnehmer in die Politik. Mit der Machtübernahme der Na- tionalsozialisten und der „“ verschwand der Traditionsverein der Arbeiter aus dem Leben der Stadt. IV. Die SPD in Überlingen Die kommunale Vertretung der Stadt Überlingen waren der Bürgerausschuss und der Gemein- derat. Der Bürgerausschuss (Stadtverordnete) bildete die eigentliche Vertretung der Bürger in der Stadt bis 1933. Er wählte: - den Gemeinderat und den - Bürgermeister Bei vielen Beschlüssen des Gemeinderats war die Zustimmung des Bürgerausschusses erforderlich. Vor 1919 wurde er gewählt von den Bürgern für 6 Jahre, nach 3 Jahren wurde die Hälfte neu gewählt (je nach Klasse der Ausscheidenden). Er bestand aus 60 Mitgliedern. In dieser Zahl waren je ein, in gesondertem Wahlgang durch die Wahlberechtigten der Teilorte gewählter Vertreter von Gold- bach/Brünnesbach und Aufkirch/Höllwangen enthalten.

Die Gemeindeverordneten wurden nach drei Klassen von den wahlberechtigten Einwohnern gewählt:

Jede Klasse stellte eine eigene Liste auf: 1. Klasse: höchst besteuerte Wähler: Erstes Zwölftel der Wahlberechtigten 2. Klasse: mittel besteuerte Wähler: Zweites und drittes Zwölftel der Wahlberechtigten

3. Klasse: niedrig besteuerte Wähler: Viertes bis zwölftes Zwölftel der Wahlberechtigten

Bedingungen zur Wahlberechtigung zum Gemeindeverordneten:  männlich  volles Bürgerrecht und für Nichtbürger: 25 Jahre alt, selbständige Stellung (eigenes Geschäft oder mindestens 20.- M Staatssteuer im Großherzogtum)  keine Armenunterstützung

 seit mindestens 2 Jahren am Ort wohnhaft Der Gemeinderat (Vorsitzender war der Bürgermeister) vom Bürgerausschuss und noch amtierenden Gemeinderäten gewählt, bildete eine Art Regierung der Stadt ohne definierte Ressorts oder eine Art Ältestenrat. Er umfasste 12 Mitglieder und den Bürgermeister. Als am 25.01.1928 Andelshofen eingemeindet wurde, erhöhte sich die Zahl auf 13. Sitzungen von Gemeinderat und Bürgerausschuss fanden meist gemeinsam (s. Zustimmungspflicht) statt. Der Tagungsort war der historische Ratssaal. Man muss sich den Ratstisch wegdenken, um sich

14 vorstellen zu können wie hier mindestens 74 Personen (Gemeinderat, Bürgerausschuss und Bürger- meister und ein Protokollführer Platz fanden. Da das Kommunalwahlrecht vor 1919 Bürgerwahlrecht nach dem Dreiklassenwahlrecht war, hatte dies für Überlingen zur Folge, dass nur eine Minderheit der Gemeinde wahlberechtigt war. Frauen, Zugezogene (auch Beamte), Arbeiter oder Gesellen waren vom politischen Leben der Stadt weitge- hend ausgeschlossen. 05.12.1879 der Seebote meldet, dass zum ersten Mal der Bürgerausschuss „ 2 umlagepflichtige Nichtbürger “ in den Gemeinderat wählen sollte. Dies war die Vorstufe zum Einwohnerwahlrecht. 1886 wurden 2 Vertreter der umlagepflichtigen nicht bürgerlichen Einwohner in den Gemeinderat ge- wählt: Oberamtsrichter Würth und Restaurateur Reisig Vor 1919 hatte praktisch kein Sozialdemokrat eine Chance auf ein kommunales Mandat: Vor 1878 gab es wegen der späten Industrialisierung sicherlich keine Bürger in Überlingen, die sich der Sozial- demokratie zugewandt hätten. Das Sozialistengesetz mit seiner Gültigkeit bis 1890 verhinderte eben- falls ein Mandat. Da die SPD in der Zeit vor dem I. Weltkrieg immer noch diffamiert wurde, suchen wir in dieser Zeit lange vergeblich nach kommunalen Mandaträgern in Überlingen. Die Zuwahl durch den Bürgerausschuss von jeweils 2 Mitgliedern der umlagepflichtigen Nichtbürger galt faktisch nicht für Sozialdemokraten, da diese als vaterlandslose Gesellen („Gesellen“ ist hier wörtlich zu nehmen) gal- ten. Ein umlagepflichtiger Nichtbürger hätte durch Mitgliedschaft in der SPD vermutlich seine Existenz verloren (s. Anweisung Eisenlohr s. u.). Erst 1912 schafften zwei sozialdemokratische Kandidaten den Einzug in den Bürgerausschuss. Die Revolution von 1918/19 brachte die Aufnahme von 2 Vertretern der Arbeiter- und Volksrates in den Gemeinderat (Wahl durch den Bürgerausschuss auf Vorschlag des Arbeiter- und Volksrates ). Ab 1919: Die badische Verfassung von 1919 mit dem allgemeinen Wahlrecht behielt das „Zweikammerwahl- recht“ bei, änderte die Wahlberechtigung (20 Jahre aktives – 25 Jahre passives Wahlrecht). An die- sem Hintergrund gemessen wird verständlich, dass die ersten Hinweise auf die Sozialdemokratie dürf- tig ausfallen und sich vorerst nicht mit Kommunalpolitik verbanden. Auffällig ist auch, dass die ersten beiden Erwähnungen überhaupt erst kurz vor dem Erlass des Sozialistengesetzes stattgefunden ha- ben. Als Pressequelle ist im folgenden, soweit nicht anders vermerkt, der Seebote verwendet. Der Seebo- te/ Linzgaubote war gleichzeitig auch Amtsblatt für Überlingen. IV. Der Anfang 12.05.1878 Der Tag nach dem misslungenen Attentat des Arbeiters Max Hödl auf Kaiser Wilhelm I. markiert den Beginn der Sozialdemokratie in Überlingen. Das Attentat und ein weiteres Attentat, durchgeführt von Karl Eduard Nobiling am 2. Juni 1878 (der Kaiser wurde verletzt) ermöglichten es dann Bismarck, nach der Auflösung des Reichstags Neuwahlen durchzuführen und das „Sozialisten- gesetz“ zu erlassen. Nach den Erinnerungen Joseph Bellis, der das Schmuggelsystem der Roten Feldpost aus der Schweiz nach Deutschland während der Dauer des Sozialistengesetzes organisierte, leitete dieser am 12.05.1878 eine sozialdemokratische Versammlung in Meersburg:

15 aus Joseph Belli, Die Rote Feldpost unterm Sozialistengesetz, S. 98 18.05.1878 Die Konstanzer Zeitung berichtet von einem überörtlichen Treffen der Sozialdemokra- ten des westlichen Bodenseeraumes in Meersburg: „Dieser Tage wurden wir mit der Nachricht überrascht, daß am letzten Sonntag (12.05.) in der Restau- ration Becke 16 Sozialdemokraten von hier, Konstanz und Überlingen eine Vorberatung gehabt hät- ten, um am nächsten Sonntag eine größere Versammlung abzuhalten, zu der ein Redner aus Mün- chen erscheinen werde. Natürlich sind es nicht Rebleute, die sich beteiligen, sondern Fabrikarbeiter von hier, von denen einer ein rühriger Agitator sein soll.“ („Das neue Konstanz“, von Dr. Zang, S. 71, Kreisarchiv Bodenseekreis). Belli gab die Zahl der Teilnehmer an dem Meersburger Treffen und ihre Wohnorte nicht an. Die Kon- stanzer Zeitung kannte die Daten und auch den „rührigen Agitator“ Belli. Dass drei Polizisten und ein Bezirksrat anwesend waren, zeigt die Bedeutung, die die Obrigkeit dem Treffen zumaß. Unter diesen Umständen erscheint der Mut des Wachtmeisters mit seinen beiden Gendarmen unter den Augen des Bezirksrats und gegen dessen Aufforderungen beachtlich. Möglicherweise hatte er „höheren“ Auftrag, die Veranstaltung störungsfrei ablaufen zu lassen. 30. Juli 1878 Zum ersten Mal erfahren wir über die Sozialdemokratie direkt in Überlingen aus einem Vermerk des Seeboten: „ Bei der Reichstagswahl 1878 wählten 20 Überlinger Liebknecht .“ Diese „Attentatsreichstagswahl“ muss man im Zusammenhang mit der Entstehung des „Sozialisten- gesetzes und den beiden Attentat auf Kaiser Wilhelm I. sehen.

16 18.07.1880 Heinrich Georg Dikreiter beginnt aus „Versehen“ eine Lehre als Lithograph in Über- lingen. Heinrich Georg Dikreiter (1865 – 1947) Vom Waisenkind zum Stadtkämmerer Ein Leben in der Arbeiterbewegung Heinrich Georg Dikreiter entstammt einer seit dem 17. Jahrhundert in Immenstaad am Bodensee nachweisbaren Familie. Heinrich Georgs Vater namens Georg, geboren 1826 lernte in Konstanz den Beruf des Steindruckers und ging auf Wanderschaft. Er soll an Aktionen während der 1848er Revolu- tion beteiligt gewesen sein. In den 60er Jahren „verband er sich in freier Ehe“ in Straßburg mit der Tagelöhnerin Salomé Hirzel. Die beiden bekamen zusammen zwei Kinder, Heinrich Georg am 3. Juli 1865 und Henriette am 3. November 1866. Die Mutter starb bereits am 19. September 1870. In Waisenhäusern Als Heinrich Georg fünf Jahre alt war, brachen zwei Ereignisse über ihn herein, die seine weitere Kindheit und Jugend prägen sollten: der deutsch-französische Krieg 1870/71 und der Tod seiner Mut- ter. „Harry“, wie sein Vater ihn nannte, kam in ein katholisches Waisenhaus in Andlau (39 km süd- westlich von Straßburg, am Ostabhang der Vogesen), von dem ihm später nur noch in Erinnerung blieb, dass er dort viel betete, Angst vor Teufeln, Hölle, Geistern und der Dunkelheit hatte und dem heiligen Aloysius nacheiferte. Als Neunjähriger wurde er in die Hauptanstalt St. Charles in Schiltig- heim, einem im Norden Straßburgs gelegenen Vorort, verlegt, wo etwa 100 bis 120 Buben noch härter behandelt wurden als in Andlau. Im April 1876 holte der Vater den zehnjährigen Jungen aus dem Waisenhaus, weil er hoffte, ihn am Bodensee unterbringen zu können, wo „Tante Burgele“ lebte, seine inzwischen 55jährige Schwester Maria Walburga. Die fromme, aber lieblose, von ihrem Mann verlassene, als Putzfrau arbeitende Tan- te hatte freilich keine Lust und Zeit, sich um ihren Neffen zu kümmern, und so musste dieser ins Städ- tische Waisenhaus in der Paulstraße (heute Hussenstraße) in Konstanz gebracht werden. Hier herrschte in jenen Jahren der gleiche liberale Geist, der in so manchen Städten Badens damals eingezogen war. Hier bekamen die Kinder eine ordentliche Schulausbildung. Sie wurden mit sinnvollen Tätigkeiten im Garten beschäftigt, es gab Spielzeug, eine Bücherei und einige persönliche Besitztümer. Die Arbeiten wurden nicht wie in Straßburg für fremde Unternehmer verrichtet, sondern nur für die eigenen Be- dürfnisse des Hauses. Leider hörte diese schöne Zeit sehr schnell auf, wenn auch die Anregungen, die der Junge in Konstanz bekam, wirksam bleiben und Früchte tragen sollten. Er kam ins Kreiswaisen- haus Hegne, und von dort Ende Oktober 1878 nach Deisendorf bei Überlingen, wo er zum ersten Mal in seinem Leben hier in eine „normale“ Familie kam. Im darauf folgenden Herbst, am 19. November 1879, starb sein Vater in Konstanz, nachdem er seinen Sohn noch einmal besucht hatte, und im Früh- jahr 1880 verließ Heinrich Georg die Schule. Auf eigenen Wunsch und mit Genehmigung der Kreis- verwaltung entschloss er sich, den Beruf des Steindruckers beim Überlinger Lithographen Sulger zu erlernen. Lehrzeit in Überlingen Am 18. Juli 1880 wurde Heinrich Georg Dikreiter als Lithographenlehrling eingestellt. Der Meister interessierte sich kaum für die Ausbildung und wenig für seinen Handwerksbetrieb. In Heinrich Georg wuchs der Widerwille gegen den Beruf, den Meister und seine Lebensbedingungen. Er rang sich dazu durch, die Kündigung des Lehrverhältnisses zu verlangen und entschloss sich, das Angebot einer Schreinerlehre anzunehmen. Am 1. Mai 1882 trat er diese beim Schreinermeister Möhr- le (gegenüber dem Badhotel) in Überlingen an. Er hatte einen schlechten Tausch gemacht; hier war er erbärmlich untergebracht, auch das Essen war karger als beim Meister zuvor. Meister Möhrle ließ seine beiden Lehrlinge so hart arbeiten, dass diese eines Tages beschlossen abzuhauen. Sie fuhren zusammen nach Konstanz und beschwerten sich beim dortigen Oberbürgermeister über die Zustände bei ihrem Lehrmeister. Insbesondere beklagten sie sich darüber, dass der Meister das „Spitalgeld“ (5 Pfennig wöchentlich; eine Art Kranken- und Invalidenversicherung) für sie nicht bezahlen wollte. Erfolg ihrer Intervention beim Kreis, an den sie verwiesen wurden, war nicht nur, dass dieser die Zah- lung des Spitalgeldes übernahm, sondern auch, dass der Meister sie besser behandelte. Dikreiter ver-

17 suchte – gegen den Willen seines Meisters – seinen Bildungsdrang zu befriedigen. Er verkehrte mit Erwachsenen, die Zeitungen abonniert hatten oder Bücher besaßen. Dieses Emporstreben durch Bil- dung und zur Bildung sollte eine seiner Hauptantriebskräfte werden. Couragiert war er auch, hatte Not, Unterdrückung und Ausbeutung erlebt – er war prädestiniert für das Hineinwachsen in die Arbei- terbewegung. Sein erster, noch individueller Schritt in diese Richtung war die Verweigerung der Sonntagsarbeit, sofort nachdem er bei Meister Möhrle Geselle geworden war, was zur Kündigung und zum Entschluss führte, auf Wanderschaft zu gehen, mit drei Mark in der Tasche. Auf Wanderschaft und beim Militär Im Sommer 1885 zog er los, frei und selbstbewusst, völlig auf sich gestellt, zunächst in seine „Vater- stadt“ Straßburg, die er neun Jahre zuvor verlassen hatte. Ständig waren Hunger, Ausbeutung durch Meister und Schikanen von Behörden seine Begleiter. Mehr als einmal verfluchte er sein Schicksal und kehrte nach einem Jahr reumütig nach Überlingen zurück. Für einige Wochen arbeitete er wieder bei Meister Möhrle, wurde aber am 6. November 1886 zum Militärdienst eingezogen. Gegen Ende der drei Jahre in einem Artillerieregiment in Landau in der Pfalz freute er sich einerseits auf das „freie“ Leben draußen, andererseits wusste er, dass er sich dann wieder ganz allein versorgen musste. Der Preis der Freiheit war die Ungewissheit in die er mit der Entlassung aus der Landauer Kaserne im Sep- tember 1889 wieder hinein geriet. Fabrikarbeit Vermutlich wegen seiner späteren Frau, die er während der Militärdienstzeit kennen gelernt hatte, verließ Dikreiter nach seiner Entlassung das Dreieck Mannheim, Karlsruhe, Kaiserslautern nicht, um – wie ursprünglich vorgesehen – in Überlingen wieder bei Meister Möhrle als Geselle zu arbeiten, sondern suchte sich dort Arbeit. Weil ein Schreinergeselle nirgends gebraucht wurde, ließ er sich dazu herab, in Fabriken Arbeit zu suchen, was ihm auf Grund seines gerade erst erworbenen Selbstbewusst- seins als gelernter Handwerker schwer fiel. In Pirmasens machte er nähere Bekanntschaft mit dem Sozialismus, wobei er betonte, dass es vor allem die Abwendung vom niederen Bildungsstand der zusammen gewürfelten Arbeiterschaft war, die ihm die „weltbewegenden Fragen, für die man sich in fortgeschrittenen Arbeiterkreisen interessierte“, näher brachte und ihn beispielsweise die „Mannhei- mer Volksstimme“ lesen ließ. Von einem Sozialdemokraten in Pirmasens lernte er das sozialistische Gedankengut nach und nach kennen. Alle paar Wochen wechselte der junge Proletarier seine Arbeits- stelle, heiratete und zog mit seiner Frau 1891 nach , wo er Arbeit in einer Waggonfabrik fand. Hier lebte das junge Ehepaar in schweren finanziellen Sorgen und hatte ständig Schulden – Dikreiter empfand noch im Alter diese Zeit als die demütigendste in seinem Leben. Gerade war der erste Sohn geboren worden, als Dikreiter zum ersten Mal arbeitslos wurde – noch zwei Mal traf ihn dieses Schicksal. Ab Februar 1895 war Heinrich Georg Dikreiter dann endlich für länger in der Lanz- schen Maschinenfabrik in Mannheim beschäftigt, die Maschinen für die Landwirtschaft produzierte. Bis November 1898 blieb er dort. Was danach kam, drückte er selbst so aus: „Der Aufstieg setzte ein“. „Bestimmung“ Mit dem Begriff „Bestimmung“ überschrieb Dikreiter den neuen Abschnitt seines Lebens, in dem er zum sozialdemokratischen Parteifunktionär wurde. Als Faktoren dafür nannte er selbst seine Abstam- mung von einem Achtzehnachtundvierziger, die misshandelte Kindheit und Jugend, die frühzeitige Lektüre liberaler, demokratischer und freigeistiger Schriften und den täglichen Umgang mit Demokra- ten und Freidenkern. Schon in Meister Möhrles Werkstatt in Überlingen – als Achtzehnjähriger – hatte er den „Bürgerkrieg in Frankreich“ von gelesen, die Broschüre war ihm von einem Gesel- len zugesteckt worden. Immer wieder las er sozialdemokratische Unterhaltungs- und Bildungsblätter, verfolgte aber auch die bürgerliche Presse, wenn er Zugang dazu bekam. Die Verhandlungen des In- ternationalen Sozialistenkongresses in Paris 1889, die zur Gründung der II. Internationale führten, verfolgte er mit großem Interesse. Von Arbeitsbeginn in der Ludwigshafener Waggonfabrik an – im März 1891 – war Dikreiter Mitglied der örtlichen Parteivereinigung, die – noch aus der Zeit des Sozialistenverbots her – „Verein zur Erzie- lung volkstümlicher Wahlen“ hieß und dem zu Folge die Einführung des allgemeinen, gleichen, un- mittelbaren und geheimen Wahlrechts anstrebte. Selbstverständlich bestellte er von da an auch die „Mannheimer Volksstimme“. Schnell wurden die leitenden Genossen auf Dikreiter aufmerksam, und er wurde von einem „Agitationsverein“ und in einer „Bildungsschule zur Heranbildung von Rednern“

18 zum Parteiagitator ausgebildet. Das alles fand während und trotz bitterster Not statt. 1892 wurde Dikreiter bereits zum Delegierten beim Pfälzischen Parteitag in Kaiserslautern gewählt, kurz danach zum Mitglied des Agitationskomitees der Partei, ihrer leitenden Körperschaft. Selbstverständlich war er auch Mitglied seiner Gewerkschaft. In den Jahren 1892 bis 1898 musste Dikreiter seine Vortrags-, Sitzungs-, Organisations- und publizistische Tätigkeit neben einem Neun-Stunden-Arbeitstag ausüben, das bedeutete, er war fast jeden Sonntag und viele Abende unterwegs. Schon seit 1893 schrieb er Arti- kel für die „Mannheimer Volksstimme“, ab 1895 für deren Ableger, die „Pfälzische Post“. Redakteur in Ludwigshafen 1898 begann Dikreiters Karriere als Berufspolitiker, zunächst mit der Wahl zum Redakteur der „Pfäl- zischen Post“. Von da an war er allein verantwortlich für den Inhalt des Ludwigshafener Kopfblattes der „Mannheimer Volksstimme“. Sein Lebensstandard sank zunächst, er verdiente weniger als zuvor in der Lanzschen Maschinenfabrik, erst zum 1. Januar 1899 sollte er als Redakteur dasselbe verdienen wie zuvor als Fabrikarbeiter. Seine Arbeitszeit dauerte dafür länger als vorher; fast jeden Abend be- suchte er Versammlungen und Sitzungen, über die er sofort danach Berichte schreiben musste. Mor- gens um 6 Uhr holte er die Post, fuhr nach Mannheim zur Zentralredaktion, wo um 9 Uhr Redaktions- schluss war für die Zeitung des folgenden Tages, musste um 12 Uhr nach Ludwigshafen zurückfahren, um die Artikel für den folgenden Tag zu schreiben, vorzubereiten oder zu redigieren. Auffallend bei der Durchsicht der Zeitungen, für die Dikreiter verantwortlich war, ist eine große Zahl antiklerikaler Artikel. Wegen seiner antiklerikalen Haltung hatte Dikreiter wiederholt Schwierigkeiten in der Partei, wenn sich die SPD aus irgendwelchen Gründen gerade mit dem Zentrum arrangiert hatte. Sehr schnell geriet Dikreiter in den Grundkonflikt der Arbeiterbewegung seit Anbeginn hinein, in das Dilemma zwischen Revolution oder Evolution, Marxismus oder Revisionismus, Radikalität oder Reformismus, Isolation oder Kooperation, Fundamentalismus oder Realpolitik (wie man heute sagen würde). Dikrei- ter war nur dem Schein nach radikaler Revolutionär, in Wirklichkeit aber von Anfang seiner politi- schen Karriere an Realist. Bereits Anfang 1899 stand die Sozialdemokratie in der Pfalz vor der Frage, ob sie für die im Sommer stattfindenden Landtagswahlen nicht gemeinsam mit dem Zentrum gegen die Nationalliberalen vorgehen sollte. Das bedeutete, dass Dikreiter die Agitation gegen das Zentrum einschränken musste, was er bereitwillig tat. Dieses rot-schwarze Wahlbündnis mit dem Ziel, die Nationalliberalen zu stürzen mündete in eine zehnjährige gegenseitige Wahlhilfe zwischen Sozialdemokratie und politischem Katholizismus in der Pfalz. Obwohl Dikreiter selbst durchaus kritisch gegenüber dem Katholizismus und insbesondere ge- genüber Geistlichen eingestellt war, stellte er seine Auffassung hinter taktisch-tagespolitischen Rück- sichten zurück. Nach schwierigen Eifersüchteleien, kleinlichen Streitigkeiten und ständiger Missstimmung mit dem Vorsitzenden der Pfälzer Arbeiterbewegung meldete sich Dikreiter auf zwei vakante und in der Partei- presse ausgeschriebene Redakteursstellen in Straßburg und Altenburg. In Altenburg wurde er am 12. Oktober 1905 von der dortigen Preßkommission zum Redakteur der „Altenburger Volkszeitung“ ge- wählt, er sollte 2.400 Mark im Jahr und „etwaige Zulagen“ erhalten, die Umzugskosten sollten ihm ersetzt werden. Heinrich Georg Dikreiter traf noch Ende Oktober 1905 in Altenburg ein, das ihm zu- vor nur dem Namen nach bekannt gewesen war. In Altenburg Altenburg, im sächsischen Industriegebiet zwischen Leipzig, und Gera gelegen, war bis 1918 Hauptstadt des Herzogtums Sachsen-Altenburg mit etwa 210.000 Einwohnern, die Stadt selbst hatte damals 39.000 Einwohner und eine vielfältige Industrie (Braunkohletagebau, Nähmaschinen, Hüte, Papierwaren, Buchdruck, Spielkarten usw.), während auf dem Lande sehr intensiv Landwirt- schaft betrieben wurde. Angeregt aus dem benachbarten Leipzig, war früh eine Arbeiterbewegung entstanden, die bereits 1876 ein eigenes Parteiblatt hatte. Die „Altenburger Volkszeitung“ mit etwa 700 Abonnenten war ein Kopfblatt der „Leipziger Volkszeitung“. Das Arbeiterblatt war bei den herrschenden Kreisen des Herzogtums sehr unbeliebt, und der Redak- teur Dikreiter zunächst frech und kritisch. Ihm wurde alsbald verboten, auf der Pressebank im Landtag zu sitzen. Er verfolgte von da an die Sitzungen von der Zuschauergalerie aus – bis er selbst als Abge- ordneter im Parkett des Landtags einzog. Noch in den ersten Wochen seiner Arbeit in Altenburg schrieb Dikreiter eine Broschüre über das – ungleiche – Wahlrecht im Herzogtum, im Zusammenhang

19 mit der Agitation der SPD für die Einführung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahl- rechts. Daneben war ein Hauptagitationsgebiet Dikreiters der Kampf gegen die Klassenjustiz. Die Justiz wehrte sich mit ihren Mitteln, und so stand er oft selbst vor Gericht. Das erste Mal musste er für zwei Monate wegen „Beleidigung“ ins Gefängnis, weil er zwei Lehrer wegen ihrer „Stockpädagogik“ in seinem Blatt gerügt hatte. Geldstrafen waren an der Tagesordnung, oft genug wurde er von den Richtern nur deshalb verurteilt, weil er eines ihrer Urteile gerügt hatte. So saß Dikreiter in Altenburg jedes Jahr mehrere Monate im Gefängnis. Immerhin war das Gefängnis der einzige Ort, wo er ruhigere Arbeiten erledigen konnte: Bücher lesen, längere Artikel auf Vorrat schreiben und schließlich auch seine Jugendgeschichte verfassen. 1908 wurde Dikreiter in das Stadtparlament (den „Bürgervorstand“) von Altenburg gewählt und wurde Sprecher der aus neun Abgeordneten bestehenden SPD-Fraktion. Er selbst beschrieb die Wandlung, die in ihm von da an vorging, so: „Es ging nicht mehr gut an, dass ich die Herren, mit denen ich jetzt häufig persönlich in Berührung kam, weiterhin in dem Maße lächerlich zu machen bemüht war, wie ich das bisher hatte tun können. Ich lungerte nicht mehr auf der Galerie herum, sondern saß mitten im Saale und war Fraktionsredner. Diese Stellung legte mir gewisse Beschränkungen auf, gebot mir Zu- rückhaltung. … Jede Teilnahme an geselligen Veranstaltungen der bürgerlichen Kollegen lehnten wir ab. Wir blieben lieber für uns allein. Außerhalb des Hauses wechselte man kaum ein Wort, es war schon viel, wenn man sich grüßte. … An den repräsentativen Veranstaltungen des Landtagspräsiden- ten und des Staatsministers nahmen die Sozialdemokraten nicht mehr teil.“

Lithographie des Sohnes Heiner Dikreiter Er wurde am 14. April 1910 zum Abgeordneten im Altenburgschen Landtag gewählt. Obwohl damals schon die Mehrheit der Bevölkerung hinter der SPD stand, stellte diese wegen des ungleichen Wahl- rechts nur 7 von 32 Abgeordneten. Die SPD-Fraktion wurde in vielerlei Hinsicht benachteiligt, vor allem durch Geschäftsordnungsmanipulationen. Ihre Gesetzesvorschläge, z.B. zur Einführung des gleichen Wahlrechts, zur Aufhebung der Gesindeordnung, zur Einführung einer progressiven Besteue- rung oder zur Aufhebung der Steuerfreiheit des Herzogs wurden abgelehnt. In Würzburg Obwohl Dikreiter im Februar 1913 als Mitglied des Altenburger Landtags wiedergewählt wurde, ver- ließ er im Juni 1913 Altenburg, um in Würzburg die Redaktion des „Fränkischen Volksfreunds“ zu übernehmen. Er bereute den Wechsel unmittelbar nach seinem Umzug. Die Arbeitsbedingungen in

20 Würzburg waren wesentlich schlechter als in Altenburg. Dikreiter kam auch mit seinen neuen Mitar- beitern nicht zurecht, weder mit dem Geschäftsführer der Zeitung, noch mit dem Parteivorstand. Der Kriegsbeginn war für Heinrich Georg Dikreiter wie für die Partei insgesamt ein wahrlich ent- scheidender Termin: der tief in der Sozialdemokratie sitzende Riss zwischen Revolutionären und Re- formisten, zwischen Marxisten und Revisionisten, zwischen Internationalisten und national Gesinnten, zwischen Fundamentalisten und Realisten brach endgültig auf. Dikreiter stand einstweilen noch auf der „linken“ Seite: „Der Krieg war für mich ein tief erschütterndes Ereignis. Ich war ein tief innerlich überzeugter Pazifist und internationaler Sozialist, der in dem Krieg einen Wahnsinn ohnegleichen ersah, erzeugt durch den Machtwahn der kapitalistischen Ausbeuterklasse, die sich den Weltmarkt streitig machte. Und um dieser Profitinteressen wegen sollten sich nunmehr die ‚Proletarier aller Länder’ gegenseitig morden? Das wollte mir nicht in den Sinn und ich erhoffte von den Sozialisten aller Länder die einmütige Ab- lehnung der Kriegskredite, leidenschaftliche Ablehnung des Krieges. Das Gegenteil ist bekanntlich der Fall gewesen.“ Auch bei Dikreiter selbst war dieses Gegenteil der Fall: er druckte im „Fränkischen Volksfreund“ kritiklos die Parteivorstands- und Fraktionsbeschlüsse der SPD zur erneuten Bewilligung der Kriegs- kredite ab. Die Würzburger Partei, in der zu dem Zeitpunkt die „Linken“ in der Mehrheit waren, legte ihm dies als Billigung der Kriegskreditbewilligung aus. Nach langen Auseinandersetzungen um die richtige politische Linie, aber auch um organisatorische und finanzielle Fragen, wurde Dikreiter Ende 1914 entlassen. Er war psychisch und physisch stark angeschlagen; nach einer Kur lebte er mit seiner Familie von einer kleinen Rente, machte 1917 noch Lazaretthilfsdienste und wurde im Juni 1918 in eine neue Stellung gewählt. In Waldenburg Wie jedes Mal zuvor war er von einem früheren Genossen der dortigen Preßkommission der Partei vorgeschlagen worden, bewarb sich und wurde zum Lokalredakteur der „Schlesischen Bergwacht“ in Waldenburg gewählt. Waldenburg (heute Wałbrzych) in Niederschlesien war ein Städtchen mit 20.000 Einwohnern, hatte Steinkohlenbergbau, Chemie- und Metallindustrie, Porzellanwerke und in der Um- gebung Textil- und pharmazeutische Industrie und war Mittelpunkt des ausgedehnten niederschlesi- schen Industriegebiets. Als sozialdemokratischer Redakteur erlebte Dikreiter die „Revolution“, die in der schlesischen Pro- vinz eher possenhaft ablief. Am 10. November 1918 erschien der Bürgermeister auf der Redaktion der ehemals so verhassten Zeitung und regte an, einen „Volksrat“ zu bilden. Am 11. November wurde denn auch aus allen, die sich dazu bereit fanden, die neue „Waldenburger Revolutionsregierung“ ge- bildet, am 12. November wurde in der „Schlesischen Bergwacht“ die Übernahme der öffentlichen Gewalt durch die Arbeiter und Soldaten mitgeteilt und dies in einer großen Volksversammlung be- grüßt. Dikreiter war sich der Komik und Theatralik der Ereignisse bewusst und er kommentierte sie sarkastisch; ging es doch dem „Arbeiter- und Soldatenrat“ vor allem um die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. Dikreiter selbst leitete den Kommunalen und Sozialpolitischen Ausschuss, der die Gemeindekörperschaften in der Umgebung kontrollieren sollte – über Nacht waren aus den kritischen Oppositionspolitikern und Kommentatoren der SPD Vollstrecker und Kontrolleure geworden. Die Redaktion der „Schlesischen Bergwacht“ war für kurze Zeit das Herz der Exekutive von Waldenburg. Dikreiter fühlte sich, wie er schrieb, „in jungen Tagen stark zu den Unabhängigen hingezogen“ und kritisierte die Politik der Mehrheitssozialdemokraten, die sich seiner Meinung nach zu sehr mit den bisher Herrschenden einließen. Am 1. Januar 1919 übernahm Heinrich Georg Dikreiter die Gesamtleitung der „Schlesischen Berg- wacht“, wurde selbst zum Vorsitzenden des Arbeiter- und Soldatenrates gewählt und – änderte seine Ansichten! Den bisherigen Vorsitzenden hatte er wegen zu großer Versöhnlichkeit kritisiert, führte aber dessen Politik „in gerader Linie fort - … Weil’s leider nicht anders zu machen ging“, mit anderen Worten: „Ich lernte mich den Tatsachen anpassen.“ Dikreiter gab erstaunlich offen zu, wie dieser Ge- sinnungswandel vor sich ging. Mit Übernahme von Gewalt und Verantwortlichkeit hatte er einen Gra- ben übersprungen, der ihn plötzlich alles von der anderen Seite aus betrachten ließ. Beispielsweise präsidierte der vorher so oft von der Justiz und den Gendarmen verfolgte Mann jetzt eine Versamm- lung der Gendarmen des Kreises – und war plötzlich Ansprechpartner für deren Standesprobleme.

21 Heinrich Georg Dikreiter wurden, weil er als einziger Sozialdemokrat in Waldenburg Erfahrung in parlamentarischen Gremien hatte (auf Grund des preußischen Wahlrechts war dies noch keinem Wal- denburger Sozialdemokraten vergönnt gewesen), kurz nacheinander alle wichtigen Posten übertragen, über die eine Kleinstadt verfügte: er wurde zum Stadtverordneten und zum ersten Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung gewählt, kurz danach wurde er besoldeter Stadtrat mit den Ressorts Schulverwaltung und Versorgungswirtschaft und Mitglied im Kreisausschuss. Mit ein wenig Wehmut bemerkte er in seinen Erinnerungen, dass er nach rund 20 Jahren Dienst in der SPD jetzt in den Dienst der Allgemeinheit, das heißt der Stadtgemeinde, übertrat. Während des Kapp-Putsches organisierte Dikreiter mit den alten Genossen den Generalstreik in Wal- denburg, noch einmal lebte der Arbeiterrat als Organisationsform auf, aber diesmal nicht zur Durch- setzung einer neuen Ordnung, sondern zur Erhaltung der bestehenden parlamentarischen Republik. In der Folge wurde Dikreiter selbst bewusst, in welchem Zwiespalt er sich mit sich selbst befand, war er doch sowohl Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung – also der Legislative -, als auch besoldeter Stadtrat als Vertreter der Exekutive; er kontrollierte also in der einen Funktion seine andere. Das Di- lemma sollte sich 1923 lösen, als Dikreiter aus Anlass der Besetzung des Ruhrgebietes durch die Fran- zosen eine flammende nationalistische Rede in der Stadtverordnetenversammlung hielt, in der er zum Hinauswerfen der Franzosen aufforderte. Seine Parteigenossen hörten dies stillschweigend an, einige stimmten bei der Wahl des Vorstehers gegen ihn und für den kommunistischen Kandidaten, in der Fraktion flammte der Streit auf, er endete mit der Niederlegung des Stadtverordnetenmandats und des Vorsitzes in der Preßkommission der „Schlesischen Bergwacht“. Heinrich Georg Dikreiter war damit nicht mehr Vertreter seiner Partei, sondern nur noch städtischer Verwaltungsbeamter. Ruhestand in Überlingen Unmittelbar nach Erreichen der Altersgrenze verließ Dikreiter 1930 mit seiner Familie Waldenburg und zog nach Veitshöchheim bei Würzburg. Aufgrund des nationalsozialistischen „Gesetzes zur Wie- derherstellung des Berufsbeamtentums“ wurde ihm am 20. April 1933 das Ruhegehalt aus seiner Beamtentätigkeit abgesprochen, so dass ihm nur noch seine Altersrente der Reichsversicherungsanstalt in Höhe von 96,50 Mark monatlich verblieb. Ende der dreißiger Jahre zog er mit seiner Frau und Tochter in seine Jugendheimat Überlingen in die Rauensteinstraße um, wo er seine Lebenserinnerun- gen abschloss, das Ende des Nationalsozialismus erleben durfte und 1947 starb. Während der Gültigkeit des Sozialistengesetzes sind Meldungen des Seeboten selten: 1887 Bei der Wahl 1887 entfallen 11 Stimmen auf die Sozis. 22.07.1888 „ Gestern wurden mehrere Kisten mit sozialdemokratischem Schriftgut beschlag- nahmt und beim hiesigen Zollamt in Verwahrung gegeben.“ 28.07.1888 „Am 28.07. wurden auf Grund des obigen Sachverhaltes Lev Michel aus Unter- uhldingen und Robert Ruf aus Überlingen verhaftet .“ Bei dem „sozialdemokratischen Schriftgut“ dürfte es sich sicherlich um die so genannte „Rote Feld- post“ gehandelt haben. Zuständig für unseren Bereich war Joseph Belli, der den Schmuggel des in Zürich redigierten und hergestellten „Sozialdemokraten“ und anderer sozialistischen Schriften ins Deutsche Reich organisierte. Robert Ruf, der erste Überlinger, der im Zusammenhang mit der Sozialdemokratie namentlich er- wähnt wird, ist auch bereits eine Art Märtyrer für die Bewegung. 28.02.1890 Bei einem Wahlaufruf werden die Sozialdemokraten, Ultramontanen und Demokra- ten mit Hass bedacht – 43 Stimmen für die Sozialdemokraten in Überlingen. 21.06.1890 Widerruf durch Veröffentlichung des Originalaufrufs - Seebote (Linzgaubote) hat- te in Ausgabe 123 einen Aufruf der Zentrumspartei Mannheim zur Wahl (Reichstagswahl – Stichwahl) des sozialdemokratischen Kandidaten als „infame Verleumdung“ abgetan. 14.09.1890 „Gestern wurden wir hier mit einem sozialdemokratischen Flugblatt beglückt, (Vorfol- ge der Nichtverlängerung des Sozialistengesetzes am 30.09.1890) welches in Masse in die Häuser verteilt, in hochtönenden Phrasen und wohlfeilen Schlagwörtern sich ergeht und zum Zweck haben soll, für die am 1. Oktober geplante Abhaltung eines allgemeinen sozialdemokratischen Feiertags Stimmung zu machen. Wird viel Erfolg haben, der Zettel, hier, wo an Feiertagen ohnehin kein Mangel ist.“

22 Die folgenden beiden Berichte des Seeboten lassen erkennen, dass in Überlingen vorerst noch keine starke Anhängerschaft der SPD (neuer Name) vorhanden war. Man war noch auf personelle Hilfe aus Konstanz angewiesen. 20.04.1891 Sozialdemokratische Versammlung im „Wilden Mann“: „Gestern Nachmittag 3 Uhr fand im Gasthof zum „Wilden Mann“ eine sozialdemokratische Versammlung statt, welche trotz An- kündigung durch Plakate an allen Straßenecken und Inserate nicht sonderlich stark besucht war. Aus Konstanz waren etwa 40-50 Arbeiter eingetroffen, größtentheils ganz blutjunge Leute, nur wenige Gesinnungsgenossen von hier, wozu noch eine Anzahl Neugierige gekommen. Als Redner traten auf die Herren Schreiber und Krohn. Dieselben besprachen die längst bekannten Beschwerden, Wünsche und Forderungen der Sozialdemokraten, namentlich die angebliche Bedrückung der Arbeiter durch den Kapitalismus, Betheiligung an den Wahlen, damit lauter Sozialisten in die Gemeinde-, Landtags- und Reichsvertretung kommen; der 8stündige Arbeitstag müsse mit aller Energie gefordert werden, damit sich der Lohn steigere und die Arbeiter mehr gesucht seien; über Krieg und Frieden müsse vom Volke entschieden werden; ebenso müsse dem Arbeiter an allen Bildungsanstalten der Eintritt frei sein, damit er den anderen Klassen der Gesellschaft an Bildung ebenbürtig werde. Am ersten Sonn- tag des Mai soll eine allgemeine Maifeier abgehalten werden. Den Eindruck haben bei der Versamm- lung anwesende Nichtsozialdemokraten erhalten, dass es zweckmäßig hätte sein können, wenn sei- tens des rührigen katholischen Männervereins und auch seitens des Nationalliberalen Vereins für geeignete Widerlegungen der vorgebrachten sozialdemokratischen Reden eingetreten worden wäre. Die Begründung der Widerlegung wäre nicht so schwer gewesen.“ 29.04.1892 „Rothe Plakate… Die so friedlichen Bewohner Ueberlingens wurden gestern Morgen durch rothe Plakate überrascht, auf welchen die Sozialdemokraten zu einer am 1. Mai in Kreuzlingen stattfindenden Feier eingeladen werden.“ berichtete das Lindauer Tagblatt am 30.4.1892. 14.11.1892 „Gestern Nachmittag haben die Sozialdemokraten im Wirthshause zu Goldbach eine Versammlung abgehalten. Es waren meist sämmtlich junge Burschen, zum größten Theil aus Kon- stanz, einige auch von hier, welche einzeln anrückten, bis eine regelrechte Versammlung fertig war, in welcher dann in der hinlänglich bekannten sozialdemokratischen Weise das Thema: Recht wenig Arbeit, recht hohen Lohn und viel freie Zeit – erörtert wurde. So hob u. A. ein Redner hervor, dass die Zustände in der Schweiz viel besser seien als in Deutschland, worauf ein alter in der Versammlung zufällig anwesender Goldbacher meinte: dann sollen die sozialdemokratischen Brüder nur dahin aus- wandern, man würde dieselben hier zu Lande gern ziehen sehen.“ 1893 Ein Bericht des Großherzoglich Badischen Bezirksamtes Überlingen vom Jahre 1893 be- zieht sich auf die bereits erwähnte Anweisung des badischen Innenministers Eisenlohr von 1890 an die Bezirksämter, in der er diese zur Überwachung „der gemeingefährlichen Bestrebungen und Aus- schreitungen der Sozialdemokratie“ anwies.: - Verweis auf „Umsichgreifen der sozialdemokratischen Bewegung seit 01.10.1890“ - Etwa 10 ausgesprochene Sozialdemokraten – hauptsächlich Handwerker, besonders Schreiner (Tischlerverband) in Überlingen. (Staatsarchiv Freiburg) Wählerstimmen für die SPD: 1887 11 1890 43 1893 181 04.03.1894 Im Wilden Mann (Zähringer Hof) fand eine sozialdemokratische Versammlung statt. Thema: „Christentum und Sozialdemokratie“ Referent: Herr Schmidt (Student) 21.05.1894 „Im Amtsbezirk war an den Pfingsttagen von sozialdemokratischer Seite versucht worden, Flugschriften und Zeitungen massenhaft zu verbreiten. Hauptgebiet Salemertal und Mim- menhausen. Dieser neue Versuch der Sozialdemokraten dürfte ebenso wenig Erfolg haben, als sei- nerzeit der Umzug der volksbeglückenden Züricher Studenten.“ 30. 09.1894 Noch immer halfen die Sozialdemokraten aus Konstanz ihren Genossen aus dem Amtsbezirk Überlingen. Auffallend ist der Name der Referentin, die sich im Überlinger Hinterland die Ehre gab: Clara Zetkin , die große Revolutionärin, Begründerin und Führerin der proletarischen Frau- enbewegung der II. Sozialistischen Internationale und Begründerin des Internationalen Frauentages am 08. März. Clara Zetkin hatte als „Schülerin von Julius Motteler, dem „Roten Feldpostmeister“ aus ihrer Zeit als zeitweilige Vertreterin von Joseph Belli gute Beziehungen zur Bodenseeregion.

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Von 1894 bis 1903 schweigt der Seebote über die SPD. Waren die Genossen nicht aktiv oder erhiel- ten sie einfach keine Gelegenheit öffentlich zu tagen? 04.04.1903 Meldung : „ Die Sozialdemokraten hätten schon lange hier gerne eine Agitationsver- sammlung abgehalten, wenn sie nur einen Saal bekommen könnten. Für gestern war eine Wahlver- sammlung im Zähringer Hof (früher Wilder Mann) beabsichtigt: aber auch hier wurde ihnen das Lokal verweigert.“ Hintergrund s. Dr. Zang (gesellschaftliche Ächtung der Sozialdemokraten nach den Attentaten noch vor dem Sozialistengesetz seit etwa 1875)

12.05.1903 Für den Reichstag kandidiert ein Herr Krohm für Überlingen und Konstanz.

20.06. 1903 Herr Krohm erhielt in Überlingen 48 Stimmen . 09.07.1905 Im Jahre 1905 beteiligte sich eine sozialdemokratische Abordnung (beteiligte Arbeiter- vereine) - aus Überlingen bei einem großen Treffen der SBI 1 in Konstanz . (Bericht eines Polizeibe- amten - Freiburger Staatsarchiv). Dies dürfte die erste Erwähnung des Ortsvereins Überlingen darstellen. Es ist hier von „beteiligtem Arbeiterverein“ die Rede. 20.08.1905 Auch die nächste Meldung des Seeboten weist mit der Nennung des Antragstellers auf einen Ortsansässigen hin. Sonst wäre der Wohnort erwähnt worden:

„SPD-Versammlung im Adler – beantragt von Herrn Bauer“ In den Jahren vor 1911 sind sozialdemokratische Versammlungen (meist Wahlversammlungen und Aktivitäten erwähnt. Kommunalpolitische Themen fehlen. Ein „Orts“-Verein mit Vertretung in Bürger- ausschuss oder Gemeinderat scheint noch nicht zu existieren.

07.11.1906 „Der sozialdemokratische Abgeordnete Eichhorn aus Mannheim spricht im Adlersaal.“

1 SBI Sozialistische Bodensee- Internationale Die „Sozialistische Bodensee-Internationale“ wurde im Jahr 1902 als grenzübergreifender Regional- verband sozialdemokratischer Partei- und Gewerkschafts- organisationen in den Bodensee- Anrainer- staaten gegründet. Sie vertritt rund 10.000 Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aus 220 lokalen Parteigruppie- rungen von SPD, SPÖ und SPS sowie der Fraktion sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) in Vorarlberg. Die SBI versteht sich seit ihrer Gründung als internationale politische Interessenvertretung der Boden- seeregion und insbesondere der hier lebenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

24 02.01.1907 „Sozialistische Flugblätter wurden während des gestrigen Neujahrstages hierorts in Massen verteilt. Aus den Schriften, die von Phrasen nahezu strotzen, entpuppt sich die Sozialdemo- kratie als Vertreterin der einseitigsten Klasseninteressen.“ (Reichstagswahlbewegung in Baden) 12.09.1909 „Der Führer der Sozialdemokraten im Seekreis, Herr Melber aus Radolfzell, spricht über die neuen Steuern. Die Versammlung war gut besucht.“ 22.10.1909 Herr Melber holt bei den Wahlen im Bezirk Überlingen-Pfullendorf 192 Stimmen, da- von in Überlingen 44 Stimmen.

15.10.1911 Ersatzwahlen: der Sozialdemokrat Großhans bekam in Überlingen 77 Stimmen 28.10.1911 Bei der Reichstagswahl bekommt die SPD 77 Stimmen. Dass es auch schon 1912 „Protestwahlen“ gegeben hat, beweist der folgende Artikel. Zusätzlich er- wähnt die Zeitung ziemlich objektiv die Gründe des hierorts verhältnismäßig schlechten Wahlergeb- nisses. Hauptwahlen im Januar 1912: Januar 1912 „Um auf die Sozialdemokratie zu kommen, so hat dieselbe ihren Besitzstand ge- wahrt.19 Stimmen, die ihr 1907 in Hödingen zugefallen waren, waren von vornherein ein unsicherer Besitz. Sie waren nicht von überzeugten Sozialdemokraten, sondern von Gegnern des damaligen Pfarrers und, um diesen zu ärgern, abgegeben worden. Dass im Gegensatz zum übrigen Reich die Sozialdemokratie hier keine weitere Zunahme erfahren hat, ist auf die geringe Bedeutung der Indust- rie in unserem Wahlbezirk zurückzuführen.“ 11.09.1912 Nun endlich ist es soweit, erstmals wendet sich die SPD Überlingens unter eigenem Namen an die Öffentlichkeit. Der folgende Aufruf zur Wahl des Bürgerausschusses ruft die sozialdemokratischen Wähler zur Stimmabgabe für eine parteiübergreifende Liste der 3. Klasse auf (für 3 und 6 Jahre).

Die Wahlvorschlagslisten weisen nicht auf politische Zugehörigkeit hin. Die beiden Namen Hoch und Reichert scheinen keinen Bezug zur Sozialdemokratie zu haben, da sie später nie im Zusammenhang mit der SPD erwähnt (wohl aber mit anderen Parteien) wurden.

25 13. und 14.09.1912 Bürgerausschusswahlen (BA) 1912: gewählt für die SPD in der Klasse Niedrigversteuernde auf 3 Jahre 1 Bewerber auf 6 Jahre 1 Bewerber (Anton Beurer, SPD) Wahl BA: Einwohner. 4550 Wahlberechtigt.: 758 1. Kl. 126 2. Kl. 252 3. Kl. 380 Gewählt: 6 Jahre 3 Jahre Nationalliberal 15 17 Zentrum 14 12 SPD 1 1 Johann Nist, der 1919 einer der beiden ersten Gemeinderäte wurde, kandidierte in der II. Klasse – Vorschlag Nr. 6 - Mittelversteuernde – auf 3 Jahre als Jean Nist - erfolglos Damit war der Durchbruch geschafft. Zwei Männer vertraten die SPD im Bürgerausschuss. Einer der beiden ersten Mandatsträger war Anton Beurer, Maurerpolier, der aus Klasse A der Liste 1auf Vor- schlag Nr. 2 für 6 Jahre kandidiert hatte und als Sozialdemokrat bekannt ist. Er hat 1914 im Namen des Ortsvereins einen Aufruf unterschrieben. Namenlos blieb sein Kollege auf 3 Jahre, da die Proto- kollliste nur Namen und Beruf der Gewählten, nicht aber die politische Zugehörigkeit ausweist. Anton Beurer ist somit der erste gewählte Stadtverordnete der SPD in Überlingen. Verstorben oder gefallen ist er am 15.06.1918. 14.10.1912 Wahl der Gemeinderäte: 6 Jahre 3 Jahre Nationalliberale 4 4 Zentrum 2 3 SPD 0 0 Die Wahlen zum Gemeinderat waren eigentlich Formsache: Das Ergebnis der Wahl zum Bürgeraus- schuss bestimmte die Zahl der den Listen oder Parteien zustehenden Sitze im Bürgerausschuss. Auf der Liste galt nicht die Stimmenzahl des Bewerbers sondern der Listenplatz. Eine Fraktion im Bürger- ausschuss hatte allerdings das Recht, einen Kandidaten ihrer Wahl ohne Beachtung der Reihenfolge auf der Liste zur Wahl vorzuschlagen. Bildete sich eine so genannte „Vereinigte Liste“, so mussten sich die Parteien auf die Listenplätze einigen. 28.09.1912 Protestversammlung der SPD Überlingen im Koloß. Thema: „Die Lebensmittelverteue- rung.“ Referent Stadtverordneter Schottländer, Konstanz. 07.09.1913 Wählerversammlung der SPD (Landtagswahl) mit Kandidat Gustav Melber im Koloß 09.09.1913 „Die sozialdemokratische Wählerversammlung im Koloß war nur schwach besucht und sprach in derselben Landtagskandidat Melber aus Radolfzell über die kommenden Landtagswah- len. Seine Ausführungen gipfelten natürlich in der Aufforderung, am Wahltag einen SPD-Stimmzettel abzugeben. Als Hauptmoment sei ins Feld geführt, dass es bei dieser Wahl darauf ankomme, eine konservativ-klerikale Mehrheit hinzuhalten .“ 28.09.1913 Wählerversammlung der SPD im Koloß – Referent: Reichtagsabgeordneter Hasen- zahl. 22.10.1913 Landtagswahlergebnisse: Melber, SPD, in Überlingen (1909 44 Stimmen) 64 Stim- men. 27.02. oder 27.03.1914 Dass es noch immer wechselnde Wahlbündnisse mit Zentrum oder Natio- nalliberalen gab, beweist der Wahlaufruf der SPD zur Stichwahl (Landtag) vom Freitag 27.02. oder 27.03. zugunsten des Kandidaten der vereinten liberalen Parteien, Gärtnermeister Schmid, Singen

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24.04.1914 Protestversammlung der SPD im Koloß am 25.04. gegen die geplante Biersteuer. Referent: G. Reinbold, Kreissekretär, aus Singen

Diese Protestveranstaltung ist die erste belegte Veranstaltung mit einem kommunalpolitischen Thema. Für uns mutet es heute etwas befremdlich an, dass ausgerechnet eine geplante Biersteuer die Gemü- ter derart erregen konnte. 27.04.1914 „Uns wird berichtet: Die von der sozialdemokratischen Mitgliedschaft einberufene Protestversammlung (Biersteuer) im Koloß war stark besucht. Der Referent Reinbold aus der Biersteuer-Musterstadt Singen hielt das Referat. Es handelt sich größtenteils um Steuern ... kam eine vom Vorstand ausgearbeitete Resolution zur Verlesung.“ 09.05.1914 Monatsversammlung des sozialdemokratischen Vereins im Koloß. Der I. Weltkrieg unterbricht das kommunalpolitische Wirken der SPD. Verschiedene Berichte über die SPD im Reich erscheinen auch im Seeboten. Ein Bericht vom 03.07.1915 sei hier stellvertretend wie- dergegeben: 03.07.1915 „Die Landesorganisation der SPD Baden und der freien Gewerkschaften haben einen Appell an das Badische Staatsministerium gerichtet, worin zur Bekämpfung der Teuerung folgende

27 Maßnahmen vorgeschlagen werden. Beschlagnahme sämtlicher diesjährigen Ernteerzeugnisse, Fest- setzung von Höchstpreisen aller Lebensmittel. Erhöhung der Brotration für Schwerstarbeiter.“ Mit dem Waffenstillstand 1918 beginnt auch wieder das politische Leben in der Stadt: 06.12.1918 Erstmals berichtet der Seebote sehr ausführlich über eine Veranstaltung der SPD. Die Öffentlichkeit ist gespannt und erwartet von der SPD Antworten. Noch ist die Frage Räterepublik oder Parlamentarische Demokratie nicht endgültig entschieden. Gerade eben (16.-20.12.) tagt in Berlin der Deutsche Rätekongress. Vorweg: Er entscheidet im Sinne der MSPD gegen das Rätesystem und beschließt Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919. – In Berlin brechen bewaffnete Unruhen aus. „Sozialdemokratische Versammlung in der Turnhalle . In der Turnhalle sprach gestern nachmittag in der von Herrn Mattheuser geleiteten, zahlreich besuchten sozialdemokratischen Versammlung Herr Parteisekretär Reinbold von Singen über die Stellung der Sozialdemokratie zu den politischen Tages- fragen. In bemerkenswert sachlicher Weise behandelte der Redner die Kernfrage, welche Grundlage die badische Nationalversammlung der zu schaffenden Republik geben werde, ob eine sozialistische oder eine bürgerlich-kapitalistische. Nach den Ausführungen des Redners decken sich sehr viele Leit- sätze der Sozialdemokratie mit den in der heute zur Veröffentlichung gekommenen Plattform ge- kommenen vereinigten liberalen Parteien. Wenn seitens des Redners der Demokratie in verschiede- nen Punkten der ehrliche Wille zur strengen Durchführung dieser Grundgedanken bestritten wird, so ist das ein entschuldbarer wahltaktischer Schachzug, der uns in dem Glauben um die Ehrlichkeit nicht irre machen kann. Jedenfalls wird die Sozialdemokratie mit uns Schulter an Schulter fechten in der Entscheidung über: Die Erfassung der Kriegsgewinne, die Regelung des sozialen Ausgleichs der ein- zelnen Erwerbsschichten im Volke, die Neuordnung unserer Steuergesetzgebung und Wirtschaftsord- nung. Nicht zustimmen können wir der Verschiebung der nun einmal aufgeworfenen Frage der Tren- nung von Staat und Kirche, da unserer Meinung nach diese Entscheidung in der Verfassungsurkunde niedergelegt werden muß; lediglich die Durchführung ist Sache des zu wählenden Landtages. Ueber die Stellung der Sozialdemokratie in der Frage selbst ist längst Klarheit, sie fordert die Trennung.“ 29.12.1918 Volksversammlung ( SPD Überlingen ) in der Turnhalle. Redner: Dr. med. Seitz (Hö- dingen) und Genosse Riedlinger aus Singen – Unterschrieben: Sozialdemokratische Partei Überlingen Das Jahr 1919 bringt eine enorme Politisierung des Lebens in der Stadt. Die neue Staatsform, der Versailler Vertrag und seine noch nicht absehbaren Folgen beherrschen das politische Leben. Aus heutiger Sicht ist es fast unfassbar, dass es möglich war, die Menschen manchmal mehrmals in einer Woche für Veranstaltungen zu mobilisieren. 02.01.1919 Gut besuchte SPD-Versammlung im Adlersaal. Hauptredner Dr. med. Seitz und Ge- nosse Riedlinger aus Singen. Die Rede wurde vom Seeboten verrissen. 05.01.1919 Alle folgenden Wahlergebnisse sind Prozentangaben und nur aus der Stadt Überlin- gen Wahl zur Bad. Nationalvers. = Zentrum 50,6 1. Landtag DDP 32,2 SPD 17,1 13.01.1919 Sozialdemokratische Wählerversammlung in der Turnhalle. Redner: Herr Schmitz aus Singen. 16.01.1919 Der Arbeiter- und Volksrat Überlingen unterbreitet Vorschläge für den Gemeinderat. Als Vertreter der Arbeiterschaft werden in den Gemeinderat gewählt:  Nist, Johann, Rechtskonsultent (SPD)  Wachter, Paul, Schreiner und am 21.01.1919 verpflichtet. Dies führte zum Protest der Arbeiter, die Johann Nist nicht als Vertre- ter der Arbeiterschaft akzeptieren wollten. VI. Die Weimarer Republik 19.01.1919 Verfassungsgebende Deutsche Zentrum 51,3 60,0 Nationalversammlung DDP 25,6 20,3 SPD 18,6 16,5 DNVP 4,5 3,2

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29.01.1919 Erstmals erfahren wir von einer Wahl innerhalb des Ortsvereins Überlingen. Generalversammlung des Sozialdemokratischen Vereins Wahlen: 1. Vorsitzender : Rechtskonsultent Johann Nist 2 2. Vorsitzender: Zuschneider Wörz 1. Schriftführer: Albert Matthäuser 2. Schriftführer: Ernst Holzapfel Kassierer: Friedrich Vonerden Rechnungsprüfer: Heinrich Hofstadt und Heinrich Riede 11.02.1919 Die Nationalversammlung in Weimar wählt Friedrich Ebert zum Reichspräsidenten 18.02.1919 „Der Sozialdemokratische Verein hat am letzten Samstag eine sehr gut besuchte Mitgliederversammlung im „Engel“ abgehalten. Die reichhaltige Tagesordnung war interessant und lehrreich. In der letzten Woche konnte der Verein 28 neue Mitglieder aufnehmen.“ 26.02.1919 statt Wachter wird Schneider, Karl, Gießer , SPD für den Gemeinderat verpflichtet. 18.03.1919 „Am Samstagabend (15.03.) fand im „Christophkeller“ eine SPD-Versammlung statt, am Sonntag eine solche im Engel.“

Die Spaltung der SPD in Mehrheitssozialdemokraten und USPD hat sich auch in Überlingen vollzo- gen: 07.04.1919 Mitgliederversammlung der USPD im Engel 15.04.1919 Öffentliche Volksversammlung der USPD in der Turnhalle: „Was ist und was will die USPD?“ Mit diesen beiden öffentlichen Auftritten scheint die Geschichte der USPD in Überlingen fast schon beendet zu sein. Im Häuslestreit kam sie am 29.04.1920 nochmals an die Öffentlichkeit mit einem Versuch zur Einmischung in die Wahl eines möglichen Nachfolgers für Häusle. 10.05.1919 Johann Nist war Mitglied des Fürsorgeausschusses, der Wohnungskommission und des Volksrates. Der Arbeiter- und Volksrat existierte zu diesem Zeitpunkt noch. Ohne seine Existenz hätte die SPD nicht schon im Januar 1919 2 Sitze im Gemeinderat bekommen! 11.05.1919 Protestversammlung der SPD gegen den Gewaltfrieden in der Turnhalle. 19.05.1919 Wahlvorschlagsliste der SPD Überlingen – Neuwahl der Gemeindeverordneten: 22 Kandidaten: Nist Johann, Rechtskonsultent, Wörz Mathäus, Zuschneider, Häusle Franz, Beamter a. D. und Land- wirt, Nündel Max, Stadtrentamtsgehilfe, Müller Karl, Gipsermeister, Hengge Benedikt, Schneidermeis- ter, Wagner Adam, Landwirt, Kramer Emil, Schreiner, Schneider Hubert, Postschaffner, Schoy Theo, Kaufmann, Strasser Xaver, Brauer, Matheuser Luise, Ehefrau des Müllers Albert Matheuser, Buser Max, Wirt und Baumzüchter, Stemmer Alois, Heizer, Schuster Fritz, Zimmermann, Geiger August,

2 Rechtsberater

29 Schriftsetzer, Vonerden Angelika, Ehefrau des Steinhauers Fritz Vonerden, Dickmünder Oskar, Ofen- setzer Buser Franz, Taglöhner, Riede Heinrich, Steinhauer, Kuttler Gottlieb, Schriftsetzer, Barth Friedrich, Finanzsekretär 25.05.1919 Wahl Kreisabgeordnete und Bezirksrat: Liste SPD Kreisabgeordnete: 1. Dr. Seitz, prakt. Arzt, Hödingen gewählt Bezirksrat: 1. Dr. Seitz, prakt. Arzt, Hödingen gewählt Dr. Seitz , praktischer Arzt aus Hödingen wird als einziger Vertreter der SPD als Kreisabgeordneter und als Bezirksrat gewählt 3 26.05.1919 Bei der Wahl der Gemeindeverordneten erhielt die SPD 330 Stimmen – drittstärkste Partei. Nach vorläufiger Berechnung erhält die DP 17 Sitze, das Zentrum 32 Sitze, die SPD 11 Sitze. 27.05.1919 Gewählt: Nist Johann, Wörz Mathäus, Häusle Franz, Nündel Max, Müller Karl, Heng- ge Benedikt, Wagner Adam, Kramer Emil, Schneider Hubert, Schoy Theo und Strasser Xaver 10.06.1919 „Von der SPD sind 2 Männer in den Gemeinderat gekommen.“ Nachgerückt in den Bürgerausschuss: Matthaeusser Luise und Buser Max für Schoy Theo (krank), und Nündel Max (abgelehnt) Das Jahr 1919 brachte mit der Einführung des Frauenwahlrechts auch sofort den Erfolg von Frauen in der Politik: für die SPD war Luise Matthaeusser die erste Frau, die ein kommunales Mandat errin- gen konnte – und das im „erzkonservativen“ Überlingen. Nicht genug, auch in den anderen Parteien gab es auch noch einige Frauen, die den Einzug in den Bürgerausschuss schafften. Ähnlich wie in Frankreich scheint die Übernahme von Verantwortung durch die Frauen während der Abwesenheit der Männer an der Front der Gleichberechtigung der Frauen in der Politik entscheidend zum Durch- bruch verholfen haben.. 10.06.1919 Nist, Johann und Häusle, Franz , Beamter a. D. und Landwirt werden für die SPD in den Gemeinderat gewählt (07.06.1919). 28.11.1919 Vonerden Friedrich , Steinhauer, rückt für Nist (verzogen nach Steinen im Wiesental) in den Gemeinderat nach – auch als neuer OV-Vorsitzender 06.02.1920 SPD-Versammlung in der Turnhalle. Der Landtagsabgeordnete Wehner aus Mann- heim spricht: „Revolution und Reaktion“ 02.05.1920 öffentliche Wahlversammlung der SPD in der Turnhalle. Redner: Landtagsabgeord- neter Koenigsberger aus Freiburg 30.05.1920 Volksversammlung der SPD mit Frau Fischer aus Karlsruhe 06.06.1920 1. Reichstag Zentrum 52,3 DDP 20,1 SPD 9,0 DVP 2,1 DNVP 9,3 USPD 7,2 22.09.1920 laut Seeboten ist Fritz Vonerden nicht mehr Vorsitzender des Ortsvereins 16.01.1921 öffentliche SPD-Versammlung in der Turnhalle. Referent: Landtagsabgeordneter Riedmüller. Er spricht über die politische Lage und über die Arbeit im Landtag.

3 Das Großherzogtum Baden war in 4 Landeskommissarbezirke aufgeteilt: Konstanz, Freiburg, Karls- ruhe, Mannheim. Diese waren in Kreise (11) eingeteilt. Der Landeskommissarbezirk Konstanz umfasste die Kreise Konstanz, Villingen und Waldshut. Der Kreis Konstanz umfasste die Amtsbezirke Engen, Konstanz, Meßkirch, Pfullendorf und Überlingen. Ein Kreis war zu vergleichen mit einem kleinen heutigen Regierungsbezirk. Der Amtsbezirk glich ei- nem kleinen heutigen Landkreis. Beispiel Kreis Konstanz heute: ehem. Amtsbezirke Konstanz, Stockach, Engen. Meßkirch ging an Sigmaringen, Überlingen vereinigte sich mit Tettnang, Pfullendorf kam zuerst nach Überlingen, dann nach Sigmaringen. Liptingen fiel an Tuttlingen. Hohentwiel fiel von Tuttlingen an Konstanz.

30 Skandal um Gemeinderat Häusle erschüttert Überlingen 25.01.1921 Mit einer Entschließung des Bezirksrates Überlingen beendete Geheimrat Levinger nach 14-stündiger Sitzung ein Disziplinarverfahren gegen den SPD-Gemeinderat Franz Häusle bean- tragt von Bürgermeister, Gemeinderat und Bürgerausschuss. Was war geschehen? Mit der Wahl vom 18.06.1919 zog Franz Häusle in den Gemeinderat ein. Bald schon begannen Range- leien mit den Kollegen Posch und Weickhardt von der Demokratischen Fraktion. Als am 01.09.1919 Dr. Emrich als Nachfolger von Bürgermeister M. Betz ins Rathaus einzog, war die Bühne bereit für ein Schauspiel, das ganz Südbaden in Aufregung bringen sollte. Der neue Bürgermeister scheint mit seiner Art des Umgangs mit den Gemeinderäten, Gemeindever- ordneten nicht besonders gut angekommen zu sein. Er soll die Gemeinderäte wie „ Schulbuben“ be- handelt haben. Das Tintenfass, das ihm ein Gemeinderat nachweislich an den Kopf warf, war nicht mit „roter“ Tinte sondern mit Tinte anderer Couleur gefüllt. Dass ihm später die Nazis das Leben zur Höl- le machten, hat nichts mit seiner Unbeliebtheit in Überlingen zu tun. Am 26.11.1919 erschien in der Volkswacht Freiburg ein Artikel mit heftigen Angriffen gegen Dr. Emrich. Ihm wurde vorgeworfen, sich selbstherrlich zu verhalten. Er habe den besten Teil eines städti- schen Dienergartens für sich vereinnahmt, verbrauche in seiner Dienstwohnung übermäßig Strom. Auch die Stadtverwaltung und einige Gemeinderäte wurden in diesen Artikel beleidigt und unlauterer Machenschaften bezichtigt. Am 04.12.1919 wurde dann dem Bürgermeister in der Volkswacht die (vermutlich private) Verwen- dung eines Dienstwagens mit Kutscher vorgeworfen. Nun wurde bald auch offenbar, wer hinter den Artikeln in der sozialdemokratische Zeitung steckte: Der Gemeinderat Franz Häusle und anfänglich auch sein Kollege Johann Nist, der am 28.11.1919 dann nach Steinen im Wiesental wegzog, um dort eine kurze Karriere als Bürgermeister zu beginnen. Das Klima im Gemeinderat verschlechterte sich zusehends. Häusle versuchte Verbündete in den ande- ren Fraktionen zu finden. Er benannte Zeugen gegen den Bürgermeister, die heftigst dementierten. Als er schließlich seinen Intimfeind Posch zu umgarnen versuchte, nannte dieser ihn einen charakterlosen Denunzianten. Von nun an erschienen die Angriffe Häusles gegen Dr. Emrich auch in den sozialdemokratischen Blät- tern Volkswillen (Singen) und im Volksblatt (Konstanz). Der Bürgermeister wehrte sich anfänglich heftig, der Vorwurf der Lüge ging herüber und hinüber. Schließlich gab er sich erhaben über die Vorwürfe und lehnte Kommentare ab. Sein Schriftverkehr mit Innenministerium und Staatsanwaltschaft belegt jedoch das Gegenteil. Im Gemeinderat verfasste man am 11.03.1920 eine Resolution gegen die Umtriebe Häusles, der auch Gemeinderäte angriff und der Stadtverwaltung z. B. den Verkauf von erfrorenen Kartoffeln (was stimmte) an die Bürger vorwarf. Die Fraktionen von Zentrum und Demokraten wollten künftig nicht mehr zusammen mit Häusle an Kommissionssitzungen (Ausschusssitzungen) teilnehmen. Die SPD Überlingen beschloss nun, Häusle sei verpflichtet, sich zu entschuldigen. Als der Bürgermeister Häusle fragte ob er sich entschuldige, antwortete der mit „ja“. Bald ging die Streiterei jedoch weiter. Schließlich kam es am 21.08.1920 noch einmal zu einer Resolution des Ge- meinderats gegen Häusle mit Missbilligung seiner Angriffe und Verleumdungen gegen den Bürger- meister und seine Kollegen. Ganz entschieden wurde hier betont: „ Maßnahmen und Verhandlungen sind keineswegs gegen die sozialistische Partei getroffen worden sondern nur gegen die Person des Häusle … Die sozialistische Partei ist im Gemeinderat doppelt vertreten und Gemeinderat Vonerden hat bisher in loyaler Weise mitgearbeitet und nicht, wie Häusle, die Dienstführung erschwert und ver- eitelt“ . Als die Pressangriffe weitergingen, kam es am 16.09.1920 zu einer Sitzung des Gesamtvorstandes des Ortsvereins im „Engel“ deren Ergebnisse später völlig umstritten dargestellt wurde. Der Bürgermeister sollte teilnehmen, durfte dann doch nicht. Laut Dr. Emrich: .. „allseits die schärfste Missbilligung der Artikel von Häusles Behauptungen festgestellt wurde“.

31 Franz Häusle soll dann die Stimmung umgedreht haben. Nun war der Bürgermeister der einmütig festgestellte Lügner. Häusle hatte ein Disziplinarverfahren gegen den Bürgermeister beantragt. Da Fritz Vonerden „das Vorgehen Häusles er nicht billigt(e)“ , warf ihm Häusle Verrätertum vor. Daraufhin legte Vonerden den Vorsitz des Ortsvereins nieder, da er in der Versammlung keine Unterstützung erhielt. Am 17.09.1920 leitete Gemeinderat Zimmermann als Bürgermeisterstellvertreter eine Sitzung des Gemeinderats und stellte fest, dass er (und die übrigen Räte) an keiner Sitzung mehr in Anwesenheit Häusles beiwohnen würden. Als dieser nicht reagierte, verließen alle Gemeinderäte den Saal. Man tagte dann allerdings in einem anderen Raum ohne Häusle weiter. Häusle bekam von da an keine Einladungen mehr für Sitzungen des Bürgerausschusses und Gemein- derats sowie der Ausschüsse. Gleichzeitig beschloss der Gemeinderat einen Antrag auf Disziplinarver- fahren mit dem Ziel der Amtsenthebung Häusles. In der sozialdemokratischen Presse im südbadischen Raum wurde dieser „Boykott aufs schärfste miss- billigt". Das Urteil des Geheimrats Levinger war souverän: Franz Häusle wird auf Antrag der Stadt-Gemeinde Überlingen aus seinem Dienst als Gemeinderat der Stadt entlassen, da die Zerwürfnisse zwischen ihm, dem Bürgermeister und dem Gemeinderat und das gespannte Verhältnis die Dienstführung des Gemeinderats vereiteln. Diese Begründung könnte nach heutiger Diktion lauten: „Wegen Unverträglichkeit der Parteien“. Die Lügen Häusles seien entstanden aus der kritiklosen Wiedergabe von Halbwahrheiten, Gerede und Gerüchten. Häusle habe jedoch im Glauben, zum Wohle der Stadt zu agieren, gehandelt. Vernichtend dann: „Häusle fehlen zum Amt des Gemeinderats die erforderliche Selbstzucht, Objekti- vität und Abgeklärtheit. Persönliche Fehler und Auftreten Häusles verursachten den Streit. Nicht weniger vernichtend äußerte er sich dann zur Rolle des Bürgermeisters. Der Bürgermeister trage Mitschuld durch sein wenig konsequentes Verhalten. Leider hat der Streit um Häusle dem Zusammenhalt im Ortsverein sehr geschadet. Fritz Vonerden sollte noch im Verlauf des Jahres nicht nur das Mandat als Gemeinderat niederlegen, er verließ auch die Partei. Das Verhältnis der SPD zum Bürgermeister war auf längere Zeit gestört. Bis zum Frühjahr 1922 kam die SPD in Bürgerausschuss und Gemeinderat wegen Fernbleibens ihrer Mandatsträger von Sitzungen, Rücktritten und Weigerungen zur Amtsübernahme nicht mehr zur Ruhe. Von Franz Häusle werden wir später nochmals hören. 27.02.1921 Brief von Vonerden an den Gemeinderat: Rücktrittserklärung als Gemeinderat. Max Buser, Emil Kramer und Johannes Schoy ersuchen um Streichung aus der Vorschlagsliste zum Ge- meinderat. 02.03.1921 Seebote: „Wie wir hören, ist Herr Gemeinderat Vonerden zurückgetreten. Dieser Schritt soll auf Veranlassung der sozialdemokratischen Kreisleitung erfolgt sein, wohl als Ergebnis der Feststellungen in der Angelegenheit Häusle = Gemeinderat.“ Anscheinend war man in der SPD im Zuge dieser Affäre der Ansicht, die übrigen Parteien behinderten unzulässig das Vorschlagsrecht der SPD für ihre Vertreter im Gemeinderat. Die SPD verzichte daher bis zu den Neuwahlen auf eine Ver- tretung im Gemeinderat.“ Interessanterweise meldet sich die Redaktion des Seeboten in diesem Artikel selbst zu Wort: „Wir glauben sagen zu dürfen, ohne etwaigen Entschließungen der demokratischen Partei vorzugrei- fen, dass wir diesen Entschluß außerordentlich bedauern, weil er in seinen Folgen eine ungewollte Verschärfung in unsere hiesigen politischen Verhältnisse bringen muß. Aber auch grundsätzlich darf man in der sozialdemokratischen Arbeiterschaft nicht das Gefühl aufkommen lassen, als ob man auch nur den Versuch machte, sie in der Ausübung ihrer politischen Rechte nicht als gleichwertig und gleichberechtigt zu behandeln. Die Schriftl.“

32 11.03.1921 Der Gemeinderat sieht sich unter Bürgermeister Dr. Emerich veranlasst, in der Ange- legenheit „Amtsniederlegung Vonerden“ öffentlich Stellung zu nehmen. Er geht auf ein Schreiben der SPD vom 27.02. ein. In diesem wurde den übrigen Parteien das Recht bestritten, über die Tätigkeit Häusles zu urteilen (Amtsenthebung) und eine weitere Zusammenarbeit der SPD mit dem übrigen Gemeinderatskollegium sei daher unmöglich. Deshalb ziehe die SPD ihren Vertreter Vonerden aus dem Gemeinderat zurück, und ebenso würden die auf der Vorschlagsliste stehenden Herren einer Berufung in den Gemeinderat nicht Folge leisten. 26.04.1921 Da der Gemeinderat diesen Rücktritt nicht akzeptierte und dieser aufrechterhalten wurde, beantragte er, der Bürgerausschuss wolle beschließen, die gesetzlichen Voraussetzungen für den Rücktritt Vonerdens seien nicht ausreichend. Begründet werden solle mit dem Hinweis darauf, das Disziplinarverfahren gegen Häusle und die erfolgte Amtsenthebung seien als Notwehrakt zur Aufrechterhaltung der Führung der Gemeindegeschäfte ausschließlich gegen die Person und das Auftreten Häusles und nicht gegen die Partei geführt worden. Anscheinend hatte man sich insgeheim dann doch anders arrangiert. Der nächste Bericht des Seebo- ten lässt darauf schließen, dass der Rücktritt Vonerdens akzeptiert wurde und beide Nachrücker doch eine Wahl akzeptieren würden: 27.04.1921 Seebote: „ Die neuen Kandidaten der SPD für die in der Freitagssitzung des Bürger- ausschusses statt findenden Nachwahlen sind die Herren Gipsermeister Müller und Zimmermann Forster für den Gemeinderat, die Herren Jaud , Frank und Hofstatt für den Bürgerausschuss.“ 27.04.1921 Brief der SPD Überlingen mit einem Angebot an den Bürgermeister: für August Forster, Zimmermann soll Georg Jaud , Mechaniker als Gemeinderat antreten. Also Karl Müller , Gipsermeister und Georg Ja ud, Mechaniker. Für den Bürgerausschuss: Karl Frank , Taglöhner und Heinrich Hofstatt , Möbeltransporteur, sollen Stadtverordnete werden. 29.04.1921 Karl Frank in den Bürgerausschuss gewählt Karl Frank sollte es beschieden sein, 1933 als letzter Mandatsträger der SPD zusammen mit Johann Häusler die Vorkriegsgeschichte des Ortsvereins Überlingen abzuschließen. Noch 1945 ist Frank wieder Gemeinderat. In der Folge erleben wir ihn als Mitglied des „Antinazi-Comitees“, Gemeinderat und Ortsvereinsvorsitzenden. 20.06.1921 Seebote: Franz Häusle und Friedrich Vonerden sind aus Gemeinderat und SPD ausgeschieden. Die Nachfolger Gipsermeister Karl Müller und Mechaniker Georg Jaud bilden die Fraktion. 20.09.1921 (Seebote, 20.09.1921) Nachhall der Affäre Häusle: Der Seebote hatte berichtet, die SPD habe in einem Schreiben an den Gemeinderat mitgeteilt, „dass ihre Vertreter (Müller + Jaud) im Interesse des Friedens in der Gemeinde nicht mehr an Sitzungen unter dem Vorsitz des Bürgermeis- ters Dr. Emerich teilnehmen.“ Zugrunde müssen Zwistigkeiten der SPD-Gemeinderäte mit Bürgermeister Dr. Emerich liegen. Der Bürgermeister verlangte eine Richtigstellung des Berichts. Der Seebote brachte die Richtigstellung, in der nun nicht die SPD Überlingen geschrieben hatte son- dern die beiden Gemeinderäte. Die Nichtteilnahme war nun eingeschränkt auf „ vorläufig “ und „bis zur Klärung der Sachlage“ Der Verweis auf Dr. Emerich („unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Dr. Eme- rich“ ) fehlte dann in der Richtigstellung. Inzwischen kam die Zeitung in Besitz des fraglichen Briefes. Der Seebote erboste sich darüber, dass „gehauen wie gestochen“ sei ob die beiden Gemeinderäte oder die SPD Überlingen geschrieben ha- be. Die wahre Absicht des Bürgermeisters sei erkenntlich, da er die für ihn unangenehme Passage herausnehmen ließ. Die Zeitung schließt mit den Worten: „ Wir verbitten uns Berichtigungen über Ver- öffentlichen zu senden, wenn die Veröffentlichung, wie in diesem Falle den Tatsachen entspricht“. Ein Lehrstück: die Zeitung verschweigt in ihrem Bericht, dass sie doch nicht wahrheitsgemäß berichtet hatte. Sie hatte das vorläufige Fernbleiben bis zur Klärung der Sachlage unter den Tisch fallen gelas- sen und einfach dann in die Berichtigung gemogelt. Der Bürgermeister scheint nicht einmal gemerkt zu haben, dass die Zeitung sich auf ihn einschoss: „Die öffentlichen Fragen, die sich aus dieser „Be- richtigung“ ergeben, wollen wir (Seebote) zunächst unerörtert lassen.“

33 02.10.1921 Wählerversammlung in der Turnhalle. Redner Reichstagsabgeordneter Schöpflin, Karlsruhe 27.10.1921 Versammlung in der Turnhalle mit Landtagsabgeordnetem Großhans aus Konstanz über politische Lage und Landtagswahlen. Anmerkung des Seeboten: „Oben erwähnter Großhans wurde in der Schweiz wegen Uhrenschmuggel verurteilt“. 30.10.1921 2. badischer Landtag Zentrum 52,5 DDP 20,6 SPD 12,9 DVP 3,6 DNVP 8,7 KPD 1,8

09.02.1922 Luise Matthaeusser kann aus familiären Gründen das Amt als Gemeindeverordnete nicht mehr ausüben 10.03.1922 Geheimrat Levinger fragt nach Dienstfähigkeit von Gemeinderat Jaud 12.03.1922 Jaud wieder am Ratstisch – hatte gestreikt 25.03.1922 Karl Müller aus dem Gemeinderat ausgeschieden 14.04.1922 Seebote Nr. 89/18.04: Xaver Strasser rückt im Gemeinderat nach 19.11.1922 Bürgerausschusswahl Stimmen Sitze Zentrum 951 28 DDP 538 16 SPD 336 9 DNVP 257 7 2 Nachrücker der SPD wegen dieser Wahl: Stöhr Karl , Arbeiter und Lehmann Karl , Arbeiter Gewählt als Gemeindeverordnete von der SPD: Wolber Wilhelm, Strasser Xaver , Wörz Mathias , Frank Karl (stellvertretender Obmann), Auer Karl, Jaud Georg, Reuble Adolf, Stemmer Eugen, Häusler Johann Gewählt für die SPD in den Bezirks- und Kreisrat: Dr. med. Wilhelm Seitz Mit dieser Wahl beginnt auch die politische Karriere von Johann Häusler . Sein ganzes politisches Leben spiegelt die Wirrnisse, der politisch denkende Menschen des 20. Jahrhunderts ausgesetzt wa- ren. Dem Gemeindeverordneten und Ortsvereinsvorsitzenden war es zusammen mit Karl Frank be- schieden, 1933 die „Tür“ des Ortsvereins Überlingen „zu schließen“. Nach Überleben der Nazizeit als „Schaf im Wolfspelz“ stieg Häusler wieder in die Kommunalpolitik ein. Als Gemeinderat, Kreisrat und Ortsvereinsvorsitzender arbeitete Häusler in der Nachkriegszeit als Kommunalpolitiker bis zu seinem Rückzug 1967 weiter 11.12.1922 gewählte Gemeinderäte aus Liste (2) „Vereinigte Parteien“: 1. Hoch Josef , 2. Niederrehe, Robert, Fabrikant 3. Jaud Georg, Mechaniker SPD 4. Dieterich, Fritz, Kaminfegermeister 5. Veit, Wilhelm, Steindrucker 6. Strasser, Xaver, Brauer SPD 7. Lang, Adolf, Architekt 24.02.1923 Öffentliche Versammlung im Christophskeller: Landtagsabgeordneten Blase aus Mannheim 23.10.1923 in Blenheim (USA) verstarb der gebürtige Überlinger Karl Blersch im Alter von 85 Jahren - „tüchtiger Sozialist“ 18.03.1924 Versammlung im Christophskeller

34 03.05.1924 Wählerversammlung in der Turnhalle mit Landtagsabgeordnetem Kullmann über So- zialdemokratie und Reichtagswahlen. 04.05.1924 2. Reichstagswahl Zentrum 52,0 DDP 15,3 SPD 6,9 DVP 6,3 DNVP 10,6 USPD 0,3 KPD 1,9 NSDAP (Völkisch Sozialer Block) 5,8 Rest 1,1 23.08.1924 SPD-Versammlung mit Prof. Dr. Strecker aus im Christophskeller. Thema: „Weltkrieg, Weltfrieden, Völkerbund“ 07.12.1924 Wahlen zum dritten Reichtag 3. Reichstagswahl Zentrum 51,4 DDP 18,4 SPD 10,1 DNVP 8,1 USPD 0,5 KPD 1,9 Rest 2,2 28.02.1925 Der plötzliche Tod von Friedrich Ebert macht eine Neuwahl des Reichspräsidenten am 29.03.1925 notwendig. Dr. Otto Braun , preußischer Ministerpräsident bis Januar 1925, erhält in Überlingen 245 Stimmen. 26.04.1925 Paul von Hindenburg wird zum Nachfolger Friedrich Eberts gewählt. 18.10.1925 SPD-Veranstaltung mit Bürgermeister Dr. Kraus aus Kehl in der Turnhalle. 25.10.1925 3. badischer Landtag Zentrum 49,1 DDP 19,1 SPD 13,3 DVP 7,0 DNVP 5,4 KPD 1,5 NSDAP 0,5 Rest 3,9

35 06.06.1926.1 Volksversammlung im Adler in Lippertsreute zur Volksabstimmung über das Gesetz zur Enteignung des Fürstenvermögens zugunsten sozialer Zwecke.

. (Textauszug aus dem Gesetzesentwurf)

36 08.11.1926 Wahl BA Liste SPD : 1. Frank Karl, Maurer 9. Stöhr Karl, Taglöhner 2. Strasser Xaver, Flaschenbierhändler 10. Schnell Johann, Mechaniker 3. Häusler Johann, Landstraßenwärter 11. Höllerer Karl, Mechaniker 4. Häusle Franz, Privatmann 12. Bohler Johann, Schlosser 5. Beisch Eduard, Kanzleiassistent 13. Riede Heinrich, Steinhauer 6. Auer Karl, Maschinist 14. Lutz Friedrich, Monteur 7. Reuble Adolf, Schneider 15. Dannegger August, Monteur 8. Stemmer Eugen, Lastkraft- 16. Veit Hermann, Stadtarbeiter Wagenführer Die Gewählten sind fett gedruckt. Ein alter Bekannter taucht hier wieder auf: Häusle Franz . Über fünf Jahren nach seinem unrühmli- chen Abgang aus der Kommunalpolitik wurde er wiedergewählt. Die bestimmt nicht erquicklichen straf- und privatrechtlichen Folgen seiner Verfehlungen, die zur Amtsenthebung führten, schienen ihn nicht mehr zu belasten. Sei es, dass er nur testen wollte ob er es noch schaffen könne, sei es dass ihm ein weiterer Boykott im Bürgerausschuss angekündet wurde: er nahm das Amt nicht an. 14.11.1926 Bürgerausschusswahl Stimmen Sitze Zentrum 700 26 DDP 399 14 DVP 162 6 SPD 269 9 DNVP 143 5 06.12.1926 Gemeinderatswahl – Wahlliste „Vereinte Parteien“ – gewählt von der SPD: 1. Frank, Karl (9) 2. Beisch, Eduard (10) 20.5.1928 4. Reichstagswahl Zentrum 42,6 DDP 18,2 SPD 14,9 DVP 6,9 DNVP 9,7 USPD 0,2 KPD 1,7 NSDAP (Völkisch Nationaler Block) 0,6 Rest 5,1 7.10.1929 4. badischer Landtag Zentrum 48,0 DDP 16,4 SPD 14,9 DVP 5,7 DNVP 6,6 KPD 0,5 Rest 8,1 06.09.1930 Wahlversammlung der SPD. Sprecher: Minister Dr. Remmele: "Die Sozialdemokratie im Kampf um die Volksrechte."

37 14.09.1930 5. Reichstagswahl Zentrum 36,3 DDP/DVP 27,0 SPD 11,2 DNVP 5,5 KPD 1,7 NSDAP 8,7 Rest 9,5 16.11.1930 Wahlen für Bürgerausschuss, Bezirk und Kreis Gemeindewahlen – Ergebnisse (Überlingen): SPD: Gemeinde 333 von 2317 gültigen Stimmen Bezirk 334 von 2284 gültigen Stimmen Kreis 326 von 2292 gültigen Stimmen im Bürgerausschuss erhält die SPD 9 Sitze 18.11.1930 Die NSDAP bekam nur 8 Sitze im Bürgerausschuss, da sie nur 8 Bewerber aufgestellt hatte, obwohl sie mehr Stimmen als die SPD gewinnen konnte. Sie hätte 13 Sitze erhalten. Die ande- ren Sitze wurden auf die anderen Listen verteilt lt. § 37, Abs. 1 Bad. Gemeindewahlordnung. Der Ein- spruch der NSDAP war erfolglos. (Bodenseezeitung Nr. 266 vom 18.11.1930) Daher wurden auch im Gemeinderat die Sitze so verteilt, Zentrum 6, Einheitsliste 3, SPD 2, NSDAP 1. so zu verteilen: 19.11.1930 Für Karl Frank und Eduard Beisch (zu Gemeinderäten gewählt werden, s. u.) rücken August Stöhr , Arbeiter und Robert Stadelhofer , Schriftsetzer in den Bürgerausschuss nach. Her- mann Heil rückt nach für A. Schey , der aus Überlingen wegzieht. 25.11.1930 Gemäß dem amtlichen Wahlergebnis für die Bezirksräte und Kreisabgeordnete (lt. Seebote, Nr. 272)erhält die SPD keinen Sitz mehr in beiden Gremien. Die NSDAP ist in beiden Gre- mien mit jeweils einem Mitglied vertreten. 25.12.1930 Karl Frank und Eduard Beisch werden in den Gemeinderat gewählt. 12.03.1932 SPD beantragt eine Versammlung zum Samstag, 12.03.32 mit dem Redner Rechts- anwalt Venedey aus Konstanz. 31.07.1932 6. Reichstagwahl Zentrum 38,2 DDP 8,9 SPD 8,6 DVP 1,6 DNVP 5,6 KPD 3,7 NSDAP 31,1 Rest 2,2 06.11.1932 7. Reichstagswahl Zentrum 42,9 DDP 7,6 SPD 6,2 DVP 3,2 DNVP 5,4 KPD 7,0 NSDAP 25,4 Rest 2,4 28.02.1933 SPD hat für 04.03.33 eine öffentliche politische Versammlung angemeldet. Redner Rechtsanwalt Venedey aus Konstanz.

38 05.03.1933 8. Reichstagswahl Zentrum 35,1 DDP 4,4 SPD 6,9 DVP 1,7 DNVP 6,1 KPD 4,9 NSDAP 40,1 Rest 0,9 Diese Wahl fand nicht mehr unter demokratischen Bedingungen statt. 08.04.1933 Gemeinderatswahl: gemeinsame Liste der NSDAP, DNVP, DVP, Staatspartei und des Evangelischen Volksdienstes 1842 Stimmen, Zentrum 1217 Stimmen, SPD 240 Stimmen Im Gemeinderat erhält die NSDAP 5 Sitze und das Zentrum 3 Sitze. Als Gemeindeverordnete sind 8 Vertreter der NSDAP, 6 Vertreter des Zentrums, ein Vertreter der DNVP und der Sozialdemokrat Maurerpolier Karl Frank gewählt. 08.05.1933 Auflösung des SPD-Ortsvereins - Johann Häusler legt den Vorsitz nieder, Karl Frank legt sein Mandat als Gemeinde-Verordneter nieder. Beide treten aus der Partei aus. VII. 1933-1945 18.05.1933 Der Metzgermeister Karl Löhle wurde zum ersten Mal verhaftet, weil er kritisiert hatte. Die Zeitungen berichteten darüber folgendermaßen: „In Schutzhaft genommen. Überlingen, 18. Mai. Der junge Metzgermeister Löhle, als pazifistischer Fanatiker bekannt, ist wegen üblen Aussagen gegen den Herrn Reichskanzler anlässlich der Übertra- gung der Kanzlerrede, in Schutzhaft genommen worden.“ (Bodensee Rundschau, 19.5.1933) und „Anstößige Bemerkungen während der Kanzlerrede. Überlingen. 18. Mai. (Schutzhaft) Am Mittwoch- abend wurde auf Weisung des Herrn Landrats der hiesige Metzgermeister in Schutzhaft genommen, weil er in einem hiesigen öffentlichen Lokal anlässlich der Rede des Herrn Reichskanzlers am Nach- mittag eine anstößige Bemerkung gemacht hat.“ (Deutsche Bodenseezeitung 19.5.1933) 31.05.1933 Der langjährige Zentrumsbürgermeister Dr. Heinrich Emerich starb, wahrscheinlich wegen der ihm zugefügten Demütigungen. So war er wegen eines Devisenvergehens nach einem Italienurlaub und illegalen Waffenbesitzes angezeigt worden. 02.06.1933 Mit dem Beginn der Säuberungen wurden missliebige Beamte und Angestellte entlas- sen, darunter viele, die dem Zentrum nahe standen, und einige Sozialdemokraten, denen die NSDAP- Kreisleitung folgende Vorwürfe machte: „Bezirksmonteur S. vom Badenwerk in Weildorf: S. ist Sozialdemokrat. Er war ein gehässiger Gegner Adolf Hitlers. Sein Kampf war durchaus unfär (sic!). Er verbreitete Lügen über Adolf Hitler in der übelsten Weise. Er war ferner sozialdemokratischer Versammlungsredner und versuchte jede NS-Versammlung mit seinen Genossen zu sprengen. Die- ser Mann kommt nun in seiner Eigenschaft als Bezirksmonteur mit seiner Anti-National Deutschen Gesinnung und verseucht noch andere Menschen mit seiner klassenkämpferischen Idee. S. muss sofort von seinem Posten verschwinden.“ „A. Hausmeister und Arbeiter des Elektrizitätswerkes: Er ist sozialdemokratischer Gewerkschaftsfunktionär, er ist Pazifist und politisch für das neue Reich gefährlich. Auf ihn finden die Bestimmungen des § 4 volle Anwaendung (sic!) “ (gemeint ist das „Ge- setz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933) „Betriebsleiter B. Ein SPD - Mann aus reinstem Wasser. Die national eingestellten Vertreter der elektrischen Branche wurden seit Jahren bis zum heutigen Tage abgewiesen. Das Elektrizitätswerk war für Ueberlingen aus diesem Grunde die Keimzelle des letzten Haltes. In der Boykottbewegung gegen nationalsozialisti- sche Kämpfer ebenfalls maßgebend beteiligt. Hat bis in die letzten Tage stark gegen Adolf Hitler Stel- lung genommen. Ein Nazihasser bis zur letzten Faser. Der Lehrer U. als Schwiegersohn hat sich e- benbürtig in demselben Masse beteiligt und gezeigt.“ „Wachtmeister O. S.PD.- Mann, der durch seine politische wie private Stellung gegen die Einwohnerschaft sich mehr wie unbeliebt und für die heutige Zeit unhaltbar gemacht hat. Als Polizeibeamter muss er unbedingt straf- bezw. rückversetzt werden.“ (Denunziationsschreiben der Kreisleitung der NSDAP an den Landrat)

39 1934 Johann Häusler , Vorsitzender der Überlinger SPD von 1925 bis Mai 1933 wird Mit- glied des nationalsozialistischen Reichsbund der Deutschen Beamten (RDB) und auch der NS- Volkswohlfahrt (NSV). Da der RDB die am 15.10.1933 gleichgeschaltete Nachfolgeorganisation des Deutschen Beamtenbunds war, und sich die NSV nach dem Verbot der Arbeiterwohlfahrt als Nachfol- gerin der AWO aufspielte, ist zu vermuten, dass Häuslers beiden Organisationen nicht aus Überzeu- gung beigetreten ist. Warum der Straßenwärter Häusler Ende der 30ger Jahre auch Mitglied des der nationalsozialistischen Reichluftschutzbunds wurde, konnte nicht eruiert werden. 01.01.1940 Johann Häusler wird Mitglied der NSDAP Pg. Nr. 7 867 725. Februar 1940 In den zwölf Jahren des Dritten Reiches sahen sich die bekannten Sozialdemokraten so sehr der Beobachtung ausgesetzt, dass größere Widerstandsaktivitäten kaum möglich waren. Akti- onen der Zivilcourage wie die Verweigerung des Hitlergrußes, konspirative Treffs mit den ehemaligen Genossen und Informationen nach draußen hatten regelmäßig Haft, verschärfte Aufsicht oder sogar, wie im Falle des Friedrichshafener SPD-Genossen Fridolin Endraß , die Todesstrafe zur Folge. End- raß hatte illegal Druckschriften aus der Schweiz nach Deutschland und Informationen aus der Friedrichshafener Rüstungsindustrie in die Schweiz geliefert und wurde dafür am 23. Februar 1940 in Plötzensee hingerichtet. Da ss viele ungenannte Genossen aus den Betrieben in Friedrichshafen und Singen und aus anderen Orten am Bodensee eifrig Informationen an die Exil-SPD lieferten, schlug sich in deren „Deutschland- Berichten“ nieder. Vielfach spielte das Bodenseegebiet in der Zeit des Dritten Reiches wieder eine ähnliche Rolle wie unterm Sozialistenverbot: Über den See wurden zahlreiche Flugschriften, Tarnschriften und Informati- onen herüber, aber auch Informationen und Menschen hinübergeschafft. So waren Meersburg, Über- lingen, Konstanz, die Reichenau, der Untersee und die Höri für viele Männer und Frauen aus der Ar- beiterbewegung Zwischenstationen auf der Flucht in die Schweiz, die oft nur eine erste Etappe bedeu- tete, wie zum Beispiel für die Genossen, die auf dem Weg nach Spanien waren, um der von den Fa- schisten bedrohten spanischen Republik zu Hilfe zu kommen. Als Helfer auf diesen Wegen sind frühe- re Genossen, aber auch so „unverdächtige“ Leute wie der Meersburger katholische Pfarrer Wilhelm Restle , der Überlinger evangelische Pfarrer Dr. Emil Schwaab oder der Maler Otto Marquard aus Allensbach erwähnenswert. Da ss auch aus der Seeregion zahlreiche jüdische Menschen ihrer Existenzgrundlage beraubt, vertrie- ben, verschleppt und schließlich ermordet wurden, konnten die wenigen Menschen im Widerstand nicht verhindern. Insbesondere die blühenden jüdischen Gemeinden in Gailingen, Wangen, Randegg und Konstanz hörten zu existieren auf. Fast alle Überlinger Juden verließen die Stadt. Aber es gab auch zwei jüdische Menschen, die in Überlingen überlebten. (Elli Haas und Albert Banschik ) Nach dem 20. Juli 1944 wurden in einer großen Verhaftungswelle noch einmal zahlreiche bekannte Sozialdemokraten und andere Oppositionelle verhaftet und in die KZs verschleppt. So kam auch Jo- hann Häusler mehrere Tage in Untersuchungshaft. Die Kreisleitung der NSDAP hatte in einem Bericht vom 24. Juli 1944 eine Vermutung über die Lokali- sierbarkeit des Widerstands: „Lediglich die intellektuellen Kreise, die ja schon immer unangenehm aufgefallen sind, hätten es of- fensichtlich mit Befriedigung aufgenommen, wenn ein Umsturz gelungen wäre. Diese Menschen kön- nen gar nicht genug im Auge behalten werden und muss ihnen ihr Einfluss und Machtpositionen be- schnitten werden. Es ist meines Erachtens sogar notwendig, diese intellektuellen Vertreter zu einem großen Teil radikal auszumerzen.“ Als auch am Bodensee Fremd- und Zwangsarbeiterlager und KZs errichtet wurden, deren Insassen für die Rüstungsindustrie arbeiten mussten, gab es mutige Genossen, die Kontakte zu den Häftlingen aufnahmen, um ihnen ihr Schicksal zu erleichtern, wie zum Beispiel das Ehepaar Karl und Maria Löh- le und die Ärztin Dr. Lili Walther . VIII. Der Neuanfang 25.04.1945 Französische Truppen nehmen Überlingen ein. Der Nazibürgermeister Dr. Spreng – womit er die Stadt vermutlich vor Leid bewahrt hat - und der Spital- und Stadtverwalter Julius Kitt übergaben die Stadt an die französischen Besatzungstruppen. Kurz vor der Ankunft der Franzosen wurden die Arbeiten im Goldbacher Stollen abgebrochen, die überlebenden Häftlinge in Richtung Da- chau zurücktransportiert und das Lager unterhalb von Aufkirch zerstört. Die – bedingt durch den Krieg – wenigen Überlinger Männer traten den Marsch ins Goldbachlager an, wo eine erste Überprüfung durch die Franzosen auf Kriegsverbrechen stattfand. Zeugen waren die bis dahin Gefangenen des

40 Goldbachlagers. Die Überlinger Männer wurden sofort entlassen, wenn festgestellt worden war, dass nichts gegen sie vorlag. Nur einige wenige wurden nach Rastatt vor ein französisches Kriegsgericht gebracht. Zwei Überlinger Sozialdemokraten

Die Lebensläufe der Überlinger Sozialdemokraten Johann Häusler und Karl Löhle zeigen, wie unter- schiedlich sich zwei später zu Recht hoch geehrte Bürger während der Nazizeit verhielten. Johann Häusler, ein badischer Landesbeamter musste sich bis zur Selbstverleugnung den Nazis anpassen, wohingegen Karl Löhle als selbständig er Metzgermeister seine kritische Haltung zum Regime nie verbarg. Häusler hatte sich schon früh der SPD angeschlossen, war von 1923 -1933 Ortsvorsitzender der SPD und kommunalpolitisch äußerst aktiv. Löhle dagegen erschien erst 1933 als Pazifist im poli- tischen Rampenlicht. Karl Löhle Genau einen Monat nach dem Einmarsch der französischen Armee in Überlingen übernahm am 25. Mai 1945 Karl Löhle freiwillig den Posten eines provisorischen Bürgermeisters. Karl Löhle war Metzgermeister, immer ein Gegner der Nazis und ein echter Überlinger. Die Franzo- sen boten ihm den Posten als „Maire“ an, weil er untadelig war. Weil er seine Heimatstadt liebte, nahm der das „undankbarste Amt, das man sich damals denken konnte“ an, wie die „Badische Boden- seerundschau“ in ihrem Nachruf schrieb, im Südkurier hieß es im Nachruf vom 4. Juni 1957, es sei Karl Löhle gelungen, „manches Schwere von der Gemeinde, aber auch von einzelnen Gemeindebür- gern abzuwenden. ... Wo er konnte, suchte er den Schwächeren zu helfen.“ Karl Löhle war am 28. April 1903 in Überlingen geboren. Er lebte und arbeitete mitten in der Stadt in seinem Elternhaus in der Franziskanerstraße 4. Schon am Beginn des Dritten Reiches äußerte er sich kritisch gegen die Nazis und wurde dafür in Schutzhaft genommen. Am 19. Mai 1933 erschien en in den beiden Überlinger Zeitungen folgende Meldungen: „In Schutzhaft genommen. Überlingen, 18. Mai. Der junge Metzgermeister Löhle, als pazifistischer Fanatiker bekannt, ist wegen üblen Aussagen gegen den Herrn Reichskanzler anläßlich der Übertra- gung der Kanzlerrede, in Schutzhaft genommen worden.“ (nationalsozialistische „Bodensee Rund- schau“ vom 19.5.1933) Das Zentrumsblatt „Deutsche Bodensee-Zeitung“ brachte am gleichen Tag die Meldung: „Überlingen. 18. Mai. (Schutzhaft) Am Mittwochabend wurde auf Weisung des Herrn Landrats ein hiesiger Metzgermeister in Schutzhaft genommen, weil er in einem hiesigen öffentlichen Lokal anläßlich der Rede des Herrn Reichskanzlers am Nachmittag eine anstößige Bemerkung ge- macht hat.“ (Die „Deutsche Bodensee-Zeitung“ war selbst bereits am 18.2.1933 für eine Woche und wieder vom 22.4. bis 30.4.1933 wegen kritischer Äußerungen verboten worden.) Karl Löhle fiel noch öfter auf, er soll in einer Gastwirtschaft das dort aufgehängte Hitlerbild umge- dreht haben, weil er nicht unter diesem Mann sitzen wollte. Seinem Nachbarn, der die örtliche SA anführte, soll er frühmorgens zugerufen haben: „Deutschland erwache! D’Demokrate schaffet scho.“ während in der Metzgerei schon früh gearbeitet wurde, begann Egon Kohler (jun.) seine Arbeit als Juwelier offenbar erst später am Tag. Karl Löhle wurde nicht zur Wehrmacht eingezogen, weil er als „wehrunwürdig“ eingeschätzt wurde. Deshalb war er auch die ganze Zeit des Dritten Reiches in seiner Heimatstadt. Als im Gewann Simmelbrunnen unterhalb von Aufkirch im Herbst 1944 ein Konzentrationslager ein- gerichtet wurde, belieferte die Metzgerei Löhle die Lagerküche mit Schmalz, Speck und Fleisch. Wäh- rend die Häftlinge die Waren auf Leiterwagen verpackten, fragte Karl Löhle sie über Schicksal aus und half ihnen, so viel ihm möglich war. Er steckte Ihnen Wurst oder Medikamente zu und nahm Brie- fe an, die er an die Angehörigen der Häftlinge schickte, ohne dass sie die Lagerzensur in Dachau pas- sieren mussten. Als einer der KZ-Häftlinge, der Österreicher Adam Puntschart, dem aus dem Goldbacher Stollen zu- sammen mit dem Ukrainer Wassili Sklarenko im März 1945 die Flucht in die Schweiz gelungen war, im Juni 1945 nach Überlingen zurückkehrte, landete er selbstverständlich bei Löhles. Er verließ die Schweiz am 11. Juni 1945 bei Rielasingen, sein erstes Ziel war Überlingen. Er berichtete darüber: „Ich wußte eigentlich nicht genau, was ich in Überlingen vorhatte. Irgendwo mußte ich ja hin.

41 Am 14. Juni 1945 fuhr ich also nach Überlingen. Und als ich am Westbahnhof ausgestiegen war, frag- te ich, wer denn jetzt eigentlich der Bürgermeister sei. ‚Das ist der Herr Löhle’, antwortete man mir. ‚Ist das der mit der Metzgerei?’ – ‚Ja, das ist der Metzgermeister.’ Ich dachte mir, da bin ich schon bei der richtigen Adresse, ging in die Stadt und in sein Geschäft und fragte: ‚Entschuldigung, könnt ich den Herrn Bürgermeister ...’ Meine Haare waren gerade erst wieder ein oder zwei Zentimeter lang, so fiel ich den Leuten auf. Sie fragten nichts, aber sie sagten zueinander, das is der, der vom Lager durchgangen is ...

Ich wurde dann hinaufgeschickt zu Herrn Löhle und sagte: ‚Entschuldigung, Herr Bürgermeister, i bin der ... i komm jetzt aus der Schweiz, das ist der einzige Ausweis, den ich hab.’ Er fragte mich: ‚Ja, wo wollen’s denn hin?’ ‚I bin in Österreich zuhaus, in Graz.’ ‚Da wollemer glei luege.’ Er hatte eine Landkarte, auf der genau ausgesteckt war, wie weit die Russen sind, wie weit die Amerikaner, wie weit die Franzosen, und da sah er, daß Graz noch russisch besetzt war. Und er sagte: ‚Jetzt können Sie nicht nach Haus fahren.’ Ich: ‚Und wovon solli leben? I brauch ja was zum Essen und ... Was soll i ...’ ‚Sie bleiben do hane! Do bleibens!’ ‚Arbeit hab i auch keine.’ ‚Jetzt müssen Sie sich doch mal erholen, Herr Puntschart, jetzt müssen Sie sich mal richtig erholen.’ Na und dann hat er mir ein Zimmer angewiesen oben in seinem Haus – er hat eh ein großes Haus ge- habt in der Franziskanerstraße. Und sie legten mir mal ein bißchen Holz hin zum Spalten, dann spülte ich Geschirr, bürstete den Bo- den, das machte ich alles gerne nebenbei. Da war ich bis im August oder September.“ (aus: Adam Puntschart: Die Heimat ist weit ... hrsg. von Oswald Burger, Drumlin Verlag Weingarten 1983, S. 147f) Adam Puntschart war also die ersten Monate nach dem Krieg Gast bei Löhles, er kehrte dann in seine Heimat zurück und arbeitete von 1946 als Portier der Lungenheilstätte Hörgas bei Graz. Er und seine Frau Steffi blieben Freunde der Familie Löhle bis zum Tod von Maria Löhle und waren regelmäßig Gast in Überlingen, zuerst in der Franziskanerstraße, dann in der Friedhofstraße. Adam Puntschart und Löhles haben dafür gesorgt, dass man sich in Überlingen immer an das KZ Aufkirch und den Goldba- cher Stollen erinnerte. In Karl Löhles Zeit als Bürgermeister wurden auch die im Degenhardter Wäldchen in einem Massen- grab verscharrten 97 toten Häftlinge wieder exhumiert, sie waren an den Strapazen der Arbeit, an der mangelhaften Ernährung, an Infektionen und Misshandlungen gestorben. Die Särge wurde am Mon-

42 tag, dem 8. April 1946 auf den Überlinger Landungsplatz überführt, die Nacht über gab es eine To- tenwache, und am Dienstag, dem 9. April 1946 fand eine Trauerfeier und die Überführung der Opfer auf den neu angelegten KZ-Friedhof bei der Birnau statt. Obwohl Karl Löhle viel während der Jahre des Dritten Reiches gelitten hatte, benutzte er sein Amt als Bürgermeister „nicht, um sich an politischen Gegnern zu revanchieren . Er benutzte es, um zu helfen, um Härten wenigstens zu mildern, wenn sie nicht vermieden werden konnten.“ (aus dem Nachruf in der Badischen Bodenseerundschau) Bei der ersten freien Wahl wählten die Überlinger im September 1946 den Bäckermeister Franz-Josef Hug zum Bürgermeister, einen Mann des Zentrums und Mitgründer der CDU in Überlingen, den mit Löhle verband, dass er Gegner und Opfer der Nazis war. Als Löhle am 15. September 1946 aus seinem Amt als Bürgermeister ausschied, wählten ihn die Über- linger auf der sozialdemokratischen Liste in den Gemeinderat. Am 13. Oktober 1946 wurde er auch in den Kreisrat des Kreises Überlingen gewählt. Bei der nächsten Gemeinderatswahl am 14.11.1948 wurde Karl Löhle wieder gewählt und war von da an erster Beigeordneter. Er behielt seine Mandate in der Gemeinde und im Kreis auch nach den Wahlen vom 15. November 1953 und vom 11. November 1956. Von 1947 bis 1952 war Löhle Mitglied des badischen Landtags. Demnach ist er wohl spätestens 1947 in die sozialdemokratische Partei eingetreten. Außer auf der politischen Ebene war Karl Löhle auch in der Metzgerinnung aktiv, war ein Förderer des Kneippwesens und Unterstützer der Überlinger Baugenossenschaft. Ein wesentliches Anliegen war ihm stets der Frieden in der Welt. Dafür reiste er zu einer Weltfrie- denskonferenz nach Moskau. Von da an galt er vielen als „Kommunist“. Überliefert ist ein anonymes Schreiben vom 1. Dezember 1956 an den Landrat und den Bürgermeister, das einen Teil der Vorbe- halte gegen Löhle ausdrückt:

(anonymes Schreiben, aus dem Kreisarchiv) .

43 Karl Löhle starb überraschend am 3. Juni 1957 in Überlingen. An seinem Grab würdigte der damalige Landrat Karl Schieß seine Leistungen und Fähigkeiten, seine Sachkenntnis und Popularität. Auf sei- nem Grab lag aber auch ein Kranz des „Deutschen Friedenskomitees“. Johann Häusler Johann Häusler kam 16. April 1891 in Owingen als Kind der Maria Fischer und des Konstantin Häus- ler, eines Metzgers und Landwirts, zur Welt. Seine Mutter heiratete 1895, drei Jahre nach dem Tod seines Vaters, Max Regenscheit von Hödingen, mit dem sie 1900 das Gut Brachenreute kaufte und später den Neuhof in Bambergen pachtete. In der Schule in Hödingen war Johann so erfolgreich, dass der Pfarrer vorschlug, Johann auf eine weiterführende Schule zu schicken, was beim Stiefvater auf Ablehnung stieß, obwohl der die Mittel dafür hätte aufbringen können. Von 1907 – 1909 war Johann Dienstknecht bei der Familie des Bruders seiner Mutter, Jakob Fischer, einem Maurermeister in O- wingen. 1909 wurde er Dienstknecht des Gasthauses und Weinguts Rebstock in Oberrot- weil/Kaiserstuhl. Von 1915 -1918 war er Infanterieschütze in einem sächsischen Bataillon. Er wurde im Elsass, am Hartmannsweilerkopf und bei Verdun eingesetzt. Als Verwundeter kam er in ein Lazarett in Dresden. Die Eltern kauften 1918 das Haus Kesselbachstraße 3, damals ein Bauernhaus. Max Regenscheit ar- beitete nur noch gelegentlich, sonst lebte er von seinem Vermögen. Nach dem 1. Weltkrieg wurde Johann Häusler Landstraßenwärter beim Amtsbezirk Überlingen. 1920 heiratete er Theresia Hermann aus Owingen. Der Owinger Pfarrer gab Theresia zu verstehen, dass er ihre Heirat mit einem Sozialdemokraten für bedenklich hielt. Vermutlich war es zu diesem Einwand gekommen, weil sich Johann "sozialdemokratisch" äußerte oder verhielt. Mitglied der SPD Südbaden wurde er nämlich erst 1922. In der Familie seiner Frau war man übrigens nicht gegen die Heirat mit einem vermuteten Sozi. Theresia und Johann hatten vier Kinder. 1923 wurde Hildegard geboren, die in der Volksbank arbeite- te und 1988 starb. Gertrud, die ein Jahr später kam, wurde Kindergärtnerin und Religionslehrerin. Dann kamen 1925 noch die Zwillinge Arnim, der als Kleinkind verstarb und Wilhelm. Johann Häusler wurde Landstraßenwärter beim Staat. Sein Magazin war in der Kiesgrube in der Nußdorfer Straße. Er war tagsüber ständig unterwegs, zunächst auf der Straße zwischen Überlingen und Maurach, später war er für die Landstraßen von Überlingen nach Owingen und nach Lippertsreute verantwortlich. Er kaufte das Überlinger Bürgerrecht für 492 RM. Damit war die Möglichkeit der Nutzung von All- mendgrundstücken und des Bürgerabgabeholzes der Stadt verbunden. Johann wurde ein sehr aktiver Überlinger Bürger. Er leitete von 1925 bis 1933 als Vorsitzender den SPD-Ortsverein Überlingen. In dieser Zeit war er auch Mitglied des Bürgerausschusses und des Gemeindeverordnetenvorstands. Sein soziales Engagement bewiese er von 1926 – 1961 als Pfleger der Überlinger „Nachbarschaft zum Wiestor“. Als die Nazis zu plakatieren begannen, ging er mit zwei Genossen mit Fahrrädern los, um die Plakate abzureißen und Plakate mit den drei Pfeilen aufzuhängen. Die drei Pfeile waren das Symbol der "Ei- sernen Front", einer gegen die Gewalt der Rechten gerichteten Abwehrorganisation. Im Zuge der erzwungenen Auflösung des sozialdemokratischen Ortsvereins Überlingen im Mai 1933 legte Johann Häusler den Vorsitz nieder. Er blieb aber weiter politisch. Sonntags traf man sich nach der Kirche zum Frühschoppen im Raben. Dabei wurde man von den Nazis bespitzelt. Er hat mit vielen Nazigegnern Kontakt gehalten, zum Beispiel mit Metzgermeister Karl Löhle oder mit dem evangeli- schen Stadtpfarrer Dr. Emil Schwaab. Demonstrativ ging Johann Häusler zwei Tage nach der Reichs- pogromnacht (November 1938) in das Textilgeschäft von Wilhelm Levin in die Münsterstraße und kaufte sich eine Jacke und eine Hose. Der Beamte Johann Häusler wurde 1934 Mitglied des Reichs- bund der deutschen Beamten (RDB)und auch der NS-Volkswohlfahrt (NSV), beides wahrscheinlich im Zuge der Gleichschaltung. Am 14. September beantragte er die Aufnahme in die NSDAP, wo er dann zum 1. Januar 1940 aufgenommen wurde. Er war auch Blockwart. Seinen Kindern gegenüber machte er nach dem Krieg nur dunkle Andeutungen über seine Verstrickung mit dem NS-Regime. Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 kam er mehrere Tage in Untersuchungshaft. Im No- vember oder Dezember 1944 fuhr Johann Häusler nach Freiburg und führte eine ganze Nacht lang ein Gespräch mit dem Erzbischof Conrad Gröber.

44 Nachdem sein Sohn Willi den Arbeitsdienst in Salzburg und am Golf von Biscaya geleistet hatte, wur- de dieser kurzfristig in eine Regimentsschule nach Colmar einberufen, wo er eine Offiziersausbildung beginnen sollte. Als Johann dies erfuhr, reiste er nach Colmar, wo besprochen wurde, wie Willi diese Ausbildung umgehen konnte. Der bekam ein Furunkel am Hals und es gelang ihm, sich in ein Lazarett einweisen zu lassen. Die Folge war aber, dass er danach als einfacher Soldat an der Front in Ostpreu- ßen zum Einsatz kam. Anfang Oktober 1945 kam die Nachricht, dass Willi an der Front schwer ver- letzt worden war und in einem Lazarett in Tondern in Dänemark gestorben ist. Johann Häusler wurde bewusst, wie sehr die Entscheidung gegen die Offiziersausbildung seinen Sohn in Gefahr brachte. Sein bis dahin dunkles Haar wurde innerhalb eines halben Jahres grau. Am 31. Oktober 1945 suspendierte das Badische Finanz- und Wirtschaftsministerium Johann Häusler wegen seiner Mitgliedschaft in der NSDAP vom Dienst. Trotzdem wählte am 27. November 1945 das Überlinger Antinazi-Comitee Johann Häusler einstimmig zu seinem Geschäftsführer. Und am 3. De- zember 1945 bescheinigte Dr. Karl Bittel, ein Kommunist, der in Hödingen wohnte, dass Häusler „mit Wissen und Einverständnis unserer Widerstandsgruppe in die NSDAP eingetreten ist. H. ist ein alter überzeugter Sozialist und hat in keinerlei Beziehung mit der NSDAP gestanden“. Diese Bescheini- gung befindet sich im Schreiben Häuslers an seinen Arbeitgeber, in dem er um Aufhebung der Sus- pendierung vom Dienst bittet. Am 13. Februar 1946 wurde Johann Häusler wieder voll als Straßen- wärter eingestellt. Daneben war er als Beauftragter der Entnazifizierung tätig. Er nahm diese Tätigkeit sehr ernst. Übrigens wurde er nicht im „Verzeichnis der Säuberungsbescheinigungen“ aufgeführt, was vermuten lässt, dass man es nicht für nötig gehalten hat, ihn zu entnazifizieren. Er wurde 1956 pensioniert. Im selben Jahr wurde er in den Stadtrat gewählt, wo er bis 1965 auch Mit- glied im städtischen Bau- und Fürsorgeausschuss war. Er achtete dort stets darauf, dass nicht zu viel Geld ausgegeben wurde. Seine 1988 gestorbene Tochter Hildegard hat ihrem Sohn Günter Kritzer erzählt, dass sich Johann Häusler zu einem konsequenten Kriegsgegner (ähnlich Karl Löhle) entwi- ckelt habe, weshalb er gegen die Ansiedlung der Perkin-Elmer-Werke gewesen sei, weil er nicht einen Zulieferer der Rüstungsindustrie unterstützen wollte.

Nach 40 Jahren Vorsitzender der SPD in Überlingen, die von 12 Jahren Naziterror unterbrochen waren trat er, der nie an eine Karriere für sich gedacht hatte, 1967 von seinem Amt zurück. Im Gasthaus Ko- loß wurde Arthur Kirchmaier als sein Nachfolger gewählt. Zu Johann Häuslers Abschied dankte ihm seine Partei für seinen unermüdlichen Einsatz: „Kreisvorsitzender Vinzenz Schlotter würdigte als erster die Verdienste des bisherigen SPD- Ortsvorsitzenden und langjährigen Stadtrats. Schon in den zwanziger Jahren, einer Zeit, in der es un- gleich schwieriger als heute gewesen sei, sich für die Sozialdemokratie zu betätigen, habe sich Johann Häusler hervorragend eingesetzt. Schlotter erinnerte daran, da ss man damals froh sein mu sste, über- haupt ein Lokal für SPD-Versammlungen zu bekommen. Nur angesehene und mutige Männer wie Johann Häusler hätten Unmögliches möglich gemacht. Der Sprecher erwähnte in diesem Zusammen- hang auch die Auseinandersetzungen mit den Nationalsozialisten. Das alles habe große Opfer gefor- dert, unter denen oft die eigene Familie gelitten habe. Auch Unterbezirkssekretär Georg Heidack sprach herzliche Dankesworte an den alten SPD-Vorsitzenden, der in dieser Eigenschaft von 1925 bis

45 1933 und von 1946 bis zur Jahreshauptversammlung 1967 tätig war. So selbstlos, wie Johann Häusler gewirkt habe, gebe es nicht viele Sozialdemokraten. Das Gesicht der SPD in Überlingen sei von ihm entscheidend mitgeprägt worden.“ (SÜDKURIER, 14. März 1967). 1968 starb seine Frau Theresia zu Hause an einer Lungenentzündung. Am 16. April 1971 war einer der ersten Gratulanten zum 80. Geburtstag Bürgermeister Reinhard Ebersbach. Johann Häusler starb am 30. Juli 1971 im Städtischen Krankenhaus Überlingen an Leberkrebs. Er hatte sich verbeten, dass an seinem Grab etwas gesprochen wurde. Johann Häuslers Tochter Gertrud Kritzer erinnert sich an ihn als sehr ordentlichen, ja pedantischen Mann. Er lebte immer sparsam und enthaltsam. Eingekauft habe man nur im Konsum. Nichts wurde weggeschmissen, nie wurde zu viel getrunken – immer nur ein Getränk. Nach der Arbeit habe er zu- erst daheim zu Abend gegessen, dann sich rasiert und sei danach zu Sitzungen gegangen. Er war häu- fig fort. Johann Häusler hat immer für alle, die nicht schreibkundig waren, schriftliche Arbeiten erle- digt. Er las viel, vor allem Philosophisches und Politisches. Er hatte eine eigene Lutherbibel. Sein Wahlspruch war: „Keiner lebt für sich. Jeder ist für die anderen mit verantwortlich.“ 22.05.1945 Karl Löhle wird von den Franzosen als kommissarischer Bürgermeister von Überlin- gen eingesetzt. 26.10.1945 Lt. Verfügung vom 3.10. 1945 besteht das Gemeindratskomitee aus Franz Hug, Bä- cker, August Feyel, Drucker, Wilhelm Kinast, Professor, Alois Obser, Landwirt, alle ehemaliges Zent- rum, Fridolin Veit, Buchdrucker, Guido Waldschütz, Hotelier, demokratische Seite, Karl Frank , Polier, Sozialdemokrat, Anton Müller, Vertreter, Kommunist und als Ersatzleute Johann Karrer, Radiotechni- ker, Karl Albrecht, Flaschnermeister. Karl Frank, der schon von 1921-1933 im Bürgerausschuss, bzw. Gemeinderat und dann von 1945 bis 1956 im Gemeinderat war, war mit Häusler und Löhle einer der drei wichtigsten Genossen beim Wie- deraufbau der SPD in der Überlinger Kommunalpolitik. Im Vergleich zu den beiden anderen war er der typischere Sozialdemokrat, nämlich ein richtiger Arbeiter, der sich einerseits vom Taglöhner (1921) zum Polier hochgearbeitet hatte und andrerseits im politischen Leben seiner Stadt sowohl als kom- munaler Mandatsträger (12 Jahre bis 1933 und 11 Jahre nach 1945), als auch als Funktionär der SPD sehr aktiv war. 31.10.1945 Das Badische Finanz- und Wirtschaftsministerium suspendierte Johann Häusler we- gen seiner Mitgliedschaft in der NSDAP vom Dienst. 27.11.1945 Das Überlinger Antinazi- Komitee wählte Johann Häusler einstimmig zu seinem Ge- schäftsführer. 01.12.1945 Gründung des Landes Südbaden mit der Hauptstadt Freiburg durch die französische Besatzungsmacht. Das neue Land bestand aus dem südlichen Teil Badens. Sein Nachbarland, eben- falls unter französischer Besatzung war Württemberg-Hohenzollern mit der Hauptstadt Tübingen, das aus Hohenzollern-Sigmaringen und den südlich der Autobahn Karlsruhe-Stuttgart-Ulm gelegen Teilen von Württemberg bestand. Nördlich der Autobahn lag das Land Württemberg-Baden mit der Haupt- stadt Stuttgart, die von den Amerikanern besetzt war. 02.12.1945 Dr. Karl Bittel (Kommunist, wohnhaft in Hödingen) bescheinigte Häusler, dass er „mit Wissen und Einverständnis unserer Widerstandsgruppe in die NSDAP eingetreten ist. H. ist ein alter überzeugter Sozialist und hat in keinerlei Beziehung mit der NSDAP gestanden“. Diese Bescheinigung befindet sich auf dem Schreiben Häuslers an seinen Arbeitgeber, in dem er um Aufhebung der Suspendierung vom Dienst bittet. 01.01.1946 Antrag auf Gründungszulassung der SPD durch den vorläufigen Vorstand (1. Vor- stand Karl Frank , Bauführer, 2. Vorstand Albin Albrecht, Studienrat, Beisitzer Xaver Strasser, Fla- schenbiergeschäft, Beisitzer Friedrich Lutz, Elektromeister, Karl Albrecht, Flaschnermeister und Eu- gen Rinkenburger, Angestellter. 12.02.1946 Genehmigung zur Gründung eines SPD Ortsverei ns durch den Bataillonschef Lin- denmann des Gouvernement Militaire Détachement Überlingen. 13.02.1946 Johann Häusler wurde wieder voll als Straßenwärter eingestellt. Im selben Jahr schloss er sich wieder der SPD an.

46 08.04.1946 Überführung der 97 im Degenhardter Wäldchen verscharrten toten Häftlinge zum Überlinger Landungsplatz 09.04.1946 Trauerfeier und Beerdigung der toten Häftlinge am Birnauer KZ-Friedhof 13.04.1946 Genehmigung zur Gründung der Sozialdemokratischen Partei in Überlingen erteilt, danach Gründung mit 48 Mitgliedern (darunter nur eine Frau), davon jeweils ein Bonndorfer bzw. Sipplinger. 15.09.1946

Kommunalwahl BCSV 47,3 DV 23,5 SPB 19,7 KP 7,4 Sonstige 2,0 Mit Karl Frank (sozialdemokratischer Gemeinderat bis 1933) und Karl Löhle kamen zwei Sozialisten von der sozialdemokratischen Partei Baden (SPB) zu sechs der BCSV (Badische christliche soziale Volkspartei – Vorgängerin der badischen CDU) und zwei Demokraten in den Gemeinderat von Über- lingen. Karl Löhle scheidet als Bürgermeister aus, Nachfolger wird Franz Hug , der 2. Bürgermeister bis 1933 war. 09.-12.10.1946 Von der SPD werden sechs Wahlversammlungen zur Kreisratswahl abgehalten. 13.10.1946

4 Kreisratswahl BCSV 68,2 DV 13,4 SPB 12,8 KP 5,6

9. -10.11.1946 Karl Löhle nimmt an der Landeskonferenz der Sozialistischen Partei Land Baden teil. 24.11.1946

Landtag swahl BCVS 61,4 SPB 17,1 DP 15,3 KP 6,2 März 1947 Gründung des Jugendbildungswerkes (Vorgänger der Volkshochschule), Mitbegrün- der Ernst Genth . 18.05.1947

Landtag swahl BCSV 61,4 SPB 17,1 DP 15,3 KP 6,2 Karl Löhle zieht für die SPD in den Landtag von Südbaden ein. Leo Wohleb (BCSV) bildet mit der SPB eine Koalitionsregierung. 22.05.1947 Volksabstimmung über die Verfassung des Landes Südbaden 28.06. – 02.07.1947 Karl Löhle ist einer der drei Delegierten vom Bezirk Süd-Baden beim Sozialde- mokratischen Parteitag in Nürnberg, wo unter anderem ein sozialpolitisches Programm der SPD ver- abschiedet wurde. 06.12.1947 Die Überlinger Sozialdemokraten fordern die Beseitigung der Missstände in den Schu- len, z.B. mehr männliche Lehrkräfte "bei höheren Knabenklassen" und erwarten, "dass bei der Reor- ganisation des Lehrkörpers (der Gewerbeschule) nicht persönliche, sondern ausschließlich sachliche Motive bestimmend sind".

4 Im Folgenden sind die Kreistagswahlen nicht mehr aufgeführt. Sie werden wie auch im Land unter den Kom- munalwahlen subsumiert.

47 04.02.1948 Die SPD scheidet aus der badischen Regierung von Leo Wohleb aus und geht als Befürworterin des Zusammenschlusses der drei Länder in die Opposition. 23.10.1948 Nominierung der SPD Kandidaten für die Gemeinderatswahl: Karl Frank, Polier, Karl Löhle, Metzgermeister, Fridolin Veit, Buchdrucker, Josef Löhle, Installateur, Karl Albrecht, Flaschner- meister, Christoph Kolb, Bäcker, Anton Reischmann, Steuersekretär, Karl Stöhr, städtischer Arbeiter, Fritz Mägerle, Blechnermeister, Xaver Strasser, Fuhrunternehmer, Matthäus Wörz, Schneidermeister, Eugen Horn, Wagnermeister. 14.11.1948

Kommunalwahl CDU 45,3 SPD 11,4

DVP(FDP) 10,5 KPD 1,4 Sonstige 31,4

Karl Löhle wird erster Beigeordneter, da die SPD die zweistärkste Fraktion stellt. 14.08.1949

Bundestagwahl CDU 42,1 SPD 24,1 DVP(FDP) 22,9 Sonstige 10,8 05.12.1949 Nach Tod von Franz Hug wird Anton Wilhelm Schelle (CDU) vom Gemeinderat zum Bürgermeister gewählt. 22.04.1950 Der Ortsverein der Überlinger SPD fordert von der Fraktion Unterstützung zur Neueinstellung von Lehrern an der Volksschule und die Prüfung zur Anstellung eines Hilfsschullehrers. 15.05.1950 Wahlversammlung im Gasthaus Krone in Frickingen, es spricht Metzgermeister Karl Löhle , Überlingen zum Thema Volksentscheid und Landtagswahlen. November1950 Auf einem gemeindepolitischen Ausspracheabend im Christophkeller sprechen Stadt- rat Karl Frank über die Lage auf dem Baumarkt und Arbeitsmöglichkeiten, Johann Häusler über Wasserwirtschaft und Wasserzins und der Landtagsabgeordnete und Stadtrat Karl Löhle zur Finanz- lage der Stadt und deren Bauvorhaben, z.B. Schulhausneubau. In der Aussprache wurden "zwei ganz krasse Wohnungsfälle … menschenunwürdige Flüchtlingsunterbringung in Ruschweiler … ein hiesiger Fall … absolut ungesetzlicher Mietpreissteigerung fanden allgemeine Verurteilung". (Das Volk) 09.12.1951 Volksabstimmung über die Bildung des Südweststaats. Im Kreis Überlingen stimmen 65,5 % und in der Stadt 76,5% für den Zusammenschluss. 09.03.1952 Wahl zur verfassungsgebenden Landesversammlung CDU 37,6 des neuen Südweststaates (Baden-Württemberg) FDP 25,3 SPD 22,6 KPD 1,9 BHE 6,1 Sonstige 6,5 Januar 1953 Jahreshauptversammlung der Überlinger SPD unter Vorsitz des Stadtrats Karl Frank , in einem Jahresrückblick wurden die Resolutionen mit Anträgen an Landes- und Bundesvorstand auf- gezählt. Der Ortsverein sah die Umorganisation auf Kreis- und Unterbezirksebene nach Bildung des Südweststaats, als vorteilhaft für die weitere Politik der Partei. Der Beigeordnete Karl Löhle berichtete aus der Stadtratsfraktion, dass die Aktivitäten auf dem Bausektor zugunsten aller Sparten des Hand- werks und des Fremdenverkehrs durchgeführt würden, erfolgreich Industrie angesiedelt worden sei und alle Bauprojekte ohne Erhöhung der Grundsteuer durchgeführt hätten werden können.

48 06.09.1953 Bundestagswahl CDU 66,1 SPD 12,4 FDP 12,7 Sonstige 8,8 15.11.1953 Kommunalwahl CDU 45,9 DP 25,6 SPD 21,2 BHE 7,3 Karl Löhle wird zweiter Beigeordneter. 04.03.1956 Landtagswahl CDU 55,4 SPD 19,2 FDP 19,6 KPD 1,3 GB/BHE 4,5 Sonstige 0 11.11.1956 Kommunalwahl CDU 42,2 SPD 18,6 FDP 29,9 BHE 9,3 November 1956 Karl Löhle reist am 3.11. in die Sowjetunion zusammen mit einer Friedensorganisa- tion, die wahrscheinlich kommunistisch unterwandert ist. Er wird in Abwesenheit sowohl in den Stadt- rat, als auch in den Kreisrat gewählt. Der Bezirksvorstand der südbadischen SPD schließt ihn ein- stimmig aus der SPD aus. Löhle wird als zweiter Beigeordneter (Bürgermeisterstellvertreters) von Wilhelm Weber wegen der Unruhe um die Moskaureise abgelöst. Dezember 1956 Die Überlinger SPD stimmt einstimmig gegen den Parteiausschluss von Karl Löhle und erreicht so Zurücknahme des Parteiausschlusses von Löhle. 23.06.1957 Plötzlicher Tod von Karl Löhle – alle Redner vom CDU-Landrat über den CDU- Exlandrat und dem CDU-Bürgermeister Schelle sind voll des Lobs. Die Moskaureise wird nicht er- wähnt. 18.07. 1957 Anton Reischmann rückt für Karl Löhle im Gemeinderat nach. Marie Löhle

Karl Löhle war mit Maria Löhle, geborene Gundelsweiler, verheiratet, die am 14. Februar 1904 gebo- ren wurde. Fünf Jahre nach dem Tod ihres Mannes wurde Maria Löhle am 4. November 1962 in den Gemeinderat gewählt. Erst am 23. September 1980 schied sie aus. Die große Wertschätzung für Maria Löhle in Überlingen zeigte sich darin, dass am 14. Februar 1979 die Sprecher aller vier damaligen Gemeinderatsfraktionen gemeinsam die Verleihung des Bundesver- dienstkreuzes an Maria Löhle beantragten. Konrad Scheurer für die CDU, Arthur Kirchmaier für die SPD, Dorothee Kuczkay für die FDP und Dr. Hermann Schmid für die „Überlinger Bürgeraktion“ schlugen gemeinsam die Ehrung vor und begründeten dies folgendermaßen: “Frau Löhle ist auf Grund ihrer Verdienste um die Stadt und die Bürgerschaft in Überlingen ein Beg- riff für die Bürger in unserer Stadt. Ihre soziale Einstellung, ihr politisches Engagement sowie ihr Eintreten für das Überlinger Brauchtum sind beispielgebend. Frau Löhle, verheiratet mit einem überaus politisch interessierten und engagierten Mann, der erster Nachkriegsbürgermeister von Überlingen und später auch Gemeinderat sowie Landtagsabgeordneter im Lande Baden war, trat 53-jährig in die Fußstapfen ihres allzu früh verstorbenen Gatten. Frau Löhle, die der SPD angehört, ist nunmehr schon seit 1962 bis heute ununterbrochen Stadträtin. Ferner war sie Kreisrätin bis zur Auflösung des Kreises Überlingen.

49 Frau Löhle ist ferner ein Bollwerk für Überlinger Brauchtum. Überall, wo altüberlingerischem Brauchtum und Stadtbild Gefahr droht, ist Frau Löhle da, um für den Bestand des Brauchtums einzu- treten. Nicht nur, dass sie für den Erhalt des Brauchtums eintritt, sie selbst geht mit gutem Beispiel voran und sorgt selbst dafür, dass traditionelles Brauchtum gepflegt wird. Als eine der vorbildlichsten Tugenden von Frau Löhle kann wohl das Einstehen für den in Not gerate- nen Menschen genannt werden. Bekanntlich war in Überlingen eine Außenstelle des KZ Dachau. Frau Löhle hat damals nachweislich den KZ-Häftlingen aus der eigenen Metzgerei Lebensmittel zukommen lassen. Dies geschah ohne Rücksicht auf die große persönliche Gefahr, in die sie sich begab. Nach dem Krieg hat sie als treibende Kraft dafür gesorgt, dass Kinder, deren Väter entweder gefallen oder sich in Kriegsgefangenschaft befanden, Lebensmittel und Kleidung erhielten. Bis zur Währungsreform führte sie diese Aktionen durch. In Überlingen sind auch Gefangenentransportzüge durchgegangen. Frau Löhle war auch hier die trei- bende Kraft, dass die Kriegsgefangenen versorgt wurden. Bei den Requirierungsmaßnahmen in der Besatzungszeit hat Frau Löhle, um größere Härten zu ver- meiden, sogar Bestände aus ihrem Privatbesitz hergegeben. Nach dem Kriege war Frau Löhle im Fürsorgeausschuß tätig. Dort setzte sie sich dafür ein, dass Men- schen, die besonders in Not geraten waren, vorrangig geholfen wird. Nicht nur in der Kriegszeit, sondern auch heute ist Frau Löhle stets als eine Frau anzusehen, die sich der Probleme der einfachen Menschen und sozial Schwächeren annimmt. Hier ist ihr keine Zeit zu schade, sich für diese Personen einzusetzen. Gerade in der heutigen Zeit, in der die Geschehnisse des Dritten Reiches und die damals herrschende Unmenschlichkeit viel diskutiert werden, ist es wohltuend, festzustellen, dass es damals auch Men- schen gegeben hat, die sich für diese von der Gesellschaft Ausgestoßenen einsetzten und versuchten, ihre Not zu lindern und die unter erheblicher Gefahr für die eigene Person. Abschließend darf ruhigen Gewissens gesagt werden, dass, wenn Bundesverdienstkreuze schon verge- ben werden, Frau Maria Löhle mit Sicherheit diese Auszeichnung verdient hat und sie eine würdige Trägerin des Bundesverdienstkreuzes wäre.“ (Unterzeichnet von Konrad Scheuer, Arthur Kirchmaier, Dorothee Kuczkay und, in Vertretung von Dr. Hermann Schmid, Völkle)

Maria Löhle erhielt am 7. März 1980 das Bundesverdienstkreuz. Überbringer war der damalige Land- rat Dr. Bernd Wiedmann, neben ihm sprachen der Überlinger Bürgermeister Reinhard Ebersbach, sein Vorgänger Anton Wilhelm Schelle, der letzte Landrat des Lan dkreises Überlingen Karl Schieß und Stadtrat Konrad Scheurer für den Gemeinderat. Alle lobten mit herzlichen Worten den Mut und die Hilfsbereitschaft der Geehrten. Am 14. Februar 1984 feierte Maria Löhle ihren achtzigsten Geburtstag, am 23. Oktober 1988 ehrte sie der SPD-Ortsverein für 40 Jahre Mitgliedschaft in der Partei. Einen Monat danach, am 24. November 1988 starb sie. Noch über den Tod hinaus dachte sie an ihre geliebte Stadt, indem sie dieser ihr Haus in der Friedhofstraße vererbte.

50 15.09.1957 Bundestagswahl CDU 69,4 SPD 14,0 FDP 12,2 Sonstige 4,4 08.11.1959 Kommunalwahl CDU 49,9 SPD 27,3 FDP 22,8 15.05.1960 Landtagswahl CDU 43,4 SPD 23,6 FDP 17,8 GP/BHE 3,7 Sonstige 11,4 18.01.1961 Anton Reischmann rückt für Wilhelm Weber, der aus Gesundheitsgründen zum 31.12.1960 zurückgetreten ist, im Gemeinderat nach 17.09.1961 Bundestagswahl CDU 50,8 SPD 21,5 FDP 21,0 Sonstige 6,7 Willy Brandt ist das erste Mal Kanzlerkandidat der SPD. 04.11.1962 Kommunalwahl CDU 45,9 SPD 25,5 FDP 21,1 GP/BHE 7,5 26.04.1964 Landtagswahl CDU 62,6 SPD 23,3 FDP 11.9 Sonstige 2,2 Januar 1965 Jahreshauptversammlung der Überlinger SPD unter Vorsitz des Stadtrats Johann Häusler: 16 männliche und ein weibliches Neumitglied gegenüber drei Todesfällen, der OV wächst. Das Ergebnis der Vorstandsneuwahlen: 1. Vorsitzender Johann Häusler , Stellvertreter Arthur Kirchmaier, Kassierer August Schneider und E. Müller, Beisitzer E. Dölger, G. Röck, Marie Löhle, A. Abberger und J. Scheuermann, Kassenprüfer E. Schwörer und A. Mayer Bericht des Kreisvorsitzenden Vinzenz Schlotter über einen Besuch im NATO-Hauptquartier. Der Süd- kurier berichtet: "Die Sicherung des Friedens könne nicht ausschließlich der Politik der Stärke anver- traut werden…(allerdings habe) die SPD bei einer eventuellen Regierungsübernahme die abge- schlossenen NATO-Verträge zu respektieren". Parteisekretär Heidak erklärte, dass die endgültige Einteilung der SPD-Unterbezirke "noch einige Zeit erfordern dürfte". 19.09.1965 Bundestagswahl CDU 48,0 SPD 26,6 FDP 19,0 Sonstige 6,4

51 07.11.1965 Kommunalwahl CDU 54,3 SPD 22,6 FDP 23,1 März 1967 Während einem politischen Ausspracheabend konstituierte sich der bereits gegründe- te Ortsverein der Arbeiterwohlfahrt (1. Vorsitzende Marie Löhle , Schriftführer Stadtrat Anton Reischmann, Kassiererin Hilde Kast). Arthur Kirchmaier berichtete vom Stand der Abwasserbeseiti- gung und des sich in Gründung befindenden Abwasserverbandes. Außerdem forderte der Ortsverein in einer Resolution von der Bundestagsfraktion, davon abzusehen, den Kriegsopfern mit einem Be- schädigungsgrad bis zu 40% die Grundrente abzusprechen. 12.03.1967 Führungswechsel bei den Sozialdemokraten in Überlingen: Johann Häusler tauschte sein Amt als Vorsitzender mit seinem bisherigen Stellvertreter Arthur Kirchmaier . Wiedergewählt wurden Kassier August Schneider, Schriftführer Harry Krüger, Unterkas- sier Edwin Müller. Zu Beisitzern wurden Albert Strobel, Anton Abberger, Franz Raff und Erwin Dölger, die Kassenprüfer waren Eugen Schwörer und Paul Lutz. Der Kreisvorsitzende Erwin Schlotter und Unterbezirkssekretär Georg Heidak bedankten sich bei Jo- hann Häusler für seine aufopferungsvolle Tätigkeit für die Überlinger SPD, der er von 1925 bis 1933 und 1946 bis 1967 vorgestanden habe. Heidak betonte in einem Referat die Leistungen der SPD in Außen- und Wirtschaftspolitik. Der SPD-Ortsverein Überlingen hat 71 Mitglieder. 28.04.1968 Landtagswahl CDU 48,0 SPD 23,6 FDP 17,0 NPD 8,7 Sonstige 2,6 20.10.1968 Kommunalwahl CDU 46,2 SPD 26,2 FDP 27,6 IX. Die Ära Ebersbach/Kirchmaier Januar 1969 Arthur Kirchmaier wieder Vorsitzender, 2. Vorsitzender Wolfgang Ruf, Kassier Au- gust Schneider, Schriftführer Harry Krüger, Beisitzer Johann Häusler, Karl Waldvogel, Albert Strobel, Stefan Kohlenberger, Franz Raff, Reinhard Ebersbach, Paul Bonchis, Erwin Dölger, Gerhard Simon, Fritz Glöckler, Kassenprüfer Anton Reischmann und Rudi Schilling. Parteisekretär Heidak hob die Verdienste der SPD in der großen Koalition hervor: Beseitigung der Regierungskrise und der dadurch hervorgekommenen Staatsverdrossenheit, Ankurbelung der Wirt- schaft, Erhaltung der dynamischen Rente, Wiederherstellung des Ansehens der Bundesrepublik im Ausland durch die Friedenspolitik. 07.09.1969 Reinhard Ebersbach wird im ersten Wahlgang 1. "echter" SPD-Bürgermeister von Überlingen, mit dem knappen Vorsprung von nur 36 und nach einer weiteren Zählung von 37 Stim- men. Überlingen hat 12837 Einwohner 28.09.1969 Bundestagswahl CDU 53,1 SPD 32,3 FDP 10,1 Sonstige 4,5 01.07.1971 Bambergen kommt zu Überlingen, die Bamberger Kinder gehen ab dem neuen Schul- jahr nicht mehr nach Owingen, sondern nach Überlingen zur Schule 30.07.1971 Johann Häusler stirbt. Alfred Strobel rückt nach.

52 Oktober 1971 Beginn des Baus des großen Abwasserufersammlers, verbunden mit der Verbreite- rung der Uferpromenade Lili Walther Lili Walther wurde am 25. November 1909 im nördlichen Schwarzwald geboren. Ihre Eltern waren der Forstmann Robert Walther und Erna Walther, geborene von Baumbach. Schon als Kind wollte sie Ärztin werden. Sie studierte Medizin in Heidelberg, Wien und in Freiburg. Ihrem Vorsatz „mein Le- ben soll den Frauen gehören, die ärmer sind als ich: geschundener und hilfloser“ folgend, wurde sie Frauenärztin. Ihre Facharztausbildung beendete sie in Pforzheim. 1944 wurde sie nach Überlingen kriegsdienstverpflichtet. Dort erlebte sie, wie gegen Ende des Krieges, im Herbst 1944, ein Konzentra- tionslager auf einer Wiese unterhalb von Aufkirch entstand. Die Erinnerungen an misshandelte Häft- linge ließen sie nie los. Sie gewährte im Krankenhaus sowohl Häftlingen als auch Wachmännern die gleiche sorgfältige Behandlung. 1945 ließ sie sich als Fachärztin für Frauenheilkunde in Überlingen nieder. Sie war Belegärztin im Überlinger Krankenhaus mit dem Recht, Geburten und gynäkologische Operationen dort vornehmen und betreuen zu dürfen. Bis zu ihrem Ausscheiden Ende 1976 aus dem Dienst im Krankenhaus dürfte sie ungefähr 2 000 Kindern geholfen haben, das Licht der Welt zu er- blicken. 1950 wurde ihre Tochter Eva geboren. Lili Walther war ein Vorbild für viele Frauen, die erfolgreich wie sie Mutterschaft und Beruf bewältigen. Im Oktober 1971 trat Lili Walther aus friedenspolitischen und sozialpolitischen Motiven in die SPD in Überlingen ein. Zwei Wahlperioden war sie Gemeinderätin, von 1971 bis 1975 und von 1980 bis 1984. Ihr wichtigstes Anliegen war eine Kinderkrippe, in der die Kinder berufstätiger allein erziehen- der Frauen betreut wurden. Mit ihrem Kinderhort in der Nellenbachstraße schuf sie schon vor Jahr- zehnten eine Einrichtung, wie sie derzeit neu entstehen. Ihr zweites großes Anliegen war der Welt- frieden. Bei den Aktivitäten der Friedensbewegung, den Schweigestunden auf der Hofstatt und bei Demonstrationen gegen Kriege weltweit war die Pazifistin stets dabei. Bewegend waren ihre Auftritte in der Ärzteinitiative gegen den Atomkrieg IPPNW. Ostern 1993 stand sie im Mittelpunkt einer be- sonderen Feier. Ihr ist es zu verdanken, da ss in der Nähe der Stelle, wo sich das KZ Aufkirch befand, ein Denkmal errichtet wurde. Als 1996 der Verein „Dokumentationsstätte Goldbacher Stollen und KZ Aufkirch“ entstand, gehörte Lili Walther zu den Gründungsmitgliedern dieses kleinen Vereins, der sich zum Ziel setzte, an den Goldbacher Stollen, das KZ Aufkirch und an Gewalt, Unrecht und Krieg zu erinnern.

In den letzten Jahren war Lili Walther eins mit sich in ihrer Liebe zur Lyrik, Kunst und Musik. Sie hörte die Musik ihrer Enkel Moritz und Jakob und ließ sich von ihrer Tochter Eva Schlötter schaukeln,

53 streicheln und pflegen. Sie bereitete sich schon lange auf den Tod vor. In der Schublade ihres Schreib- tisches lag das Gedicht von Hans Sahl über das Sterben, das so beginnt: „Ich gehe langsam aus der Welt hinaus.“ Lili Walther sagte auch, wie sie bestattet werden wollte. Das Verbrennen gehe zu schnell, sie wolle sich langsam wieder zur Erde umwandeln. Im Tagebuch schrieb sie: „Ist es nicht tröstlich, da ss wir wieder zu Erde werden? Erde, aus der alles Leben entsteht.“ Sie starb am 23. Januar 2008. 24.10.1971 Kommunalwahl CDU 34,0 SPD 30,9 FDP 16,7 FWV 18,4 01.01.1972 Die Kommunalreform in Baden-Württemberg tritt in Kraft, Ende des Kreises Überlin- gen 01.04.1972 Lippertsreute/Ernatsreute kommt zu Überlingen 23.04.1972 Landtagswahl CDU 54,7 SPD 31,4 FDP 13,5 Sonstige 0,3 19.11.1972 Vorgezogene Bundestagswahl "Willy-Brandt-Wahl", nachdem im April die Opposition vergeblich versucht hatte, Willy Brandt als Bundeskanzler zu stürzen. Dieser hatte dann im Septem- ber die Vertrauensfrage gestellt, bei der sich die Minister verabredungsgemäß der Stimme enthielten. So konnte Bundespräsident Gustav Heinemann den Bundestag auflösen.

Bundestagwahl CDU 53,3 SPD 31,9 FDP 13,8 Sonstige 0,8 01.01.1973 Auflösung des Landkreises Überlingen, Überlingen wird in den neuen Bodenseekreis mit der Kreisstadt Friedrichshafen eingegliedert. 01.04.1974 Deisendorf kommt zu Überlingen 01.07. 1974 Hödingen und Nesselwangen kommen zu Überlingen Juli 1974 Fertigstellung des Ufersammlers 01.01. 1975 Nußdorf komm zu Überlingen, 20.04.1975 Kommunalwahl CDU 44,2 SPD 20,8 FDP 11,7 FWV (BA) 23,3 01.01.1976 Bonndorf, das gegen die Eingemeindung in Überlingen vor dem Staatsgerichtshof geklagt hat, wird nach der negativen (für Bonndorf) Entscheidung des Staatsgerichtshofs in die Ge- meinde Überlingen eingegliedert. 04.04. 1976 Landtagswahl CDU 57,9 SPD 27,9 FDP 12,7 Sonstige 1,5 14.-15.08.1976 Die Einweihung der ersten 3,1 km Seepromenade wird mit einem Promenadenfest - dem ersten von vielen – gefeiert.

54 03.10.1976 Bundestagswahl CDU 56,8 SPD 28,1 FDP 13,5 Sonstige 1,6 11.09.1977 Reinhard Ebersbach wird im Amt des Bürgermeisters bestätigt (Gegenkandidat Dr. Hermann Schmid). 23.04.1978 Bei einem Bürgerbescheid stimmen 37% der Wahlberechtigten gegen eine Autobahn im Raum Überlingen. Juli 1978 Fertigstellung der durchgängigen Promenade vom Osthafen bis zum Westbad – vier Kilometer lange Flaniermeile - und Fertigstellung des Hafens Ost. 10.06.1979 Europawahl CDU 54,5 SPD 26,3 FDP 11,8 Grüne 6,7 Sonstige 0,7 07.03.1980 Marie Löhle wird für ihre Hilfe für die KZ-Gefangenen im Jahr 1945, für die, die nach dem Krieg in Not waren und ihr politisches Engagement für Überlingen das Bundesverdienstkreuz verliehen. 16.03.1980 Landtagswahl CDU 54,2 SPD 25,1 FDP 11,0 Grüne 8,5 Sonstige 0,2 22.06.1980 Heide Meissner rückt für Karl Waldvogel nach. 09.07.1980 Kommunalwahl CDU 49,7 SPD 16,2 FDP 11,0 Grüne 7,6 FWV 15,7 23.09.1980 Marie Löhle wird aus der kommunalpolitischen Arbeit verabschiedet, Nachrücker Rainer Hamp. 05.10.1980 Vorgezogene Bundestagswahl nach dem Helmut Schmidt in einem konstruktiven Misstrauensvotum durch abgewählt worden ist. Bundestagswahl CDU 52,8 SPD 28,4 FDP 16,0 Grüne 2,7 Sonstige 0,1 14.02.1981 Neuer Vorstand: 1. Vorsitzender Wilhelm Buder , Stellvertreter Alfred Porzelt, Kassier Franz Raff, Schriftführer Richard Beurer, Beisitzer Werner Rummel, Heinz Dörr, Dr. Ludwig Auer, Werner Huber, Rudi Heubeck 21.12.1981 Rudi Heubeck rückt für Peter Weber nach.

55 06.03.1983 Bundestag CDU 55,5 SPD 23,7 FDP 13,0 Grüne 7,8 14.04. 1983 Erstmalig eine Frau als Vorsitzende der Überlinger SPD: Steffi Schäfer löst Wilhelm Buder ab. Ihre Stellvertreter sind Werner Rummel und Richard Beurer. Kassier Franz Raff, Schriftführer Reinhild Kopsch, Beisitzer Wilhelm Buder, Siegfried Bernhardt, Xaver Hösle, Ingeborg Hoffmann und Peter Hiller; Kassenprüfer Horst Emrich, Wolfgang Petschel und Hans Wärder. 26.06.1983 Einweihung der neu gestalteten Hofstatt 14.02.1984 80. Geburtstag von Marie Löhle 25.03.1984 Landtagswahl CDU 55,4 SPD 22,9 FDP 11,8 Grüne 9,6 Sonstige 0,3 17.06.1984 Europawahl CDU 54,7 SPD 19,0 FDP 10,7 Grüne 10,0 Sonstige 5,3 28.10.1984 Kommunalwahl CDU 49,7 FWV 15,7 AL/Grüne Liste 7,6 SPD 16,2 FDP 11,0 Sonstige 0,5 15.03.1985 Rainer Hamp löst Steffi Schäfer als Vorsitzender der Überlinger SPD ab. Dessen Stellvertreter werden Werner Rummel, Hans Peter Baur und Ingeborg Hoffmann. Kassier Franz Raff, Schriftführerin Margot Hess, Pressereferentin Dagmar Krämer, Beisitzer Dr. Ludwig Auer, Manfred Fichtenhofer, Joachim Nowak, Elisabeth Fesser und Siegfried Bernhardt. 22.09.1985 Reinhard Ebersbach wird zum dritten Mal zum Bürgermeister gewählt (Gegenkandi- dat Josef Marchl). Reinhard Ebersbach Reinhard Ebersbach, geboren am 11. November 1938 in Hirschberg/Schlesien, war Überlinger Bür- germeister von 1969 bis 1993. Am Ende leitete er die Geschicke der zur „Großen Kreisstadt“ erhobe- nen Kommune als erster „Oberbürgermeister“. Die 24-jährige Ära Ebersbach spiegelt in Überlingen die gesamtdeutsche Entwicklung jener Zeit wi- der. Auf gut Neudeutsch – oder „Denglisch“ – das sich in diesen Jahren immer breiter machte, hieße es wohl „business as usual“. Indes, in dieser auf den ersten Blick an spektakulären Projekten armen Zeit, entwickelte sich die Stadt weg vom Provinzstädtchen, das seiner Reichsstadtherrlichkeit nach- trauerte, hin zu einer modernen Kleinstadt mit neuem Selbstbewusstsein. In Reinhard Ebersbachs Amtszeit wuchs Überlingen von 12.837 Einwohnern (1969) auf 20.761 Einwohner (1993) und wurde damit „Große Kreisstadt“. Zuerst einmal aber hatte Überlingen unter Ebersbach einen Tiefschlag zu verkraften. Der Kreis „ÜB“ wird 1972 im Zuge der Baden-Württembergischen Kommunalreform aufgelöst, die „Ehemals Freie Reichs- und Kreisstadt“, wie ein damals populärer Autoaufkleber wehmütig verkündete, wurde im

56 Bodenseekreis nun vom schwäbischen Friedrichshafen aus regiert. Es war den Überlingern mit Ebers- bach zwei Jahre zuvor nicht gelungen gewesen, ein anderes Modell durchzudrücken: Pfullendorf sollte im „nördlichen Bodenseekreis“ belassen werden und Überlingen Kreissitz bleiben. In den folgenden Jahren entwickelte sich Überlingen leise, aber stetig weiter. Ebersbachs Zeit war die Zeit der Eingemeindungen. 1971 kam Bambergen zur Stadt, 1972 Lippertsreute, 1974 Deisendorf, Hödingen und Nesselwangen, 1975 Nußdorf und Bonndorf. Die Eingemeindungen mussten den einst unabhängigen Kommunen schmackhaft gemacht werden. Dafür nur einige Beispiele: Bambergen be- kam ein Hallenbad und es floss Geld für die Dorfentwicklung. In Lippertsreute wurde die Mehr- zweckhalle gebaut und dort wie in Bondorf entstanden neue Ortsdurchfahrten. Und bald führten auch Radwege in mehrere Stadtteile. Die Lösung der Standortfrage für die Kläranlage und die Gründung des Planungsverbandes Abwasser- beseitigung Überlinger See waren wichtige Aufgaben. Ebenso kostenintensiv war der Bau des großen Ufersammlers, der von 1971 bis 1976 dauerte und die Neugestaltung der Promenade nach sich zog – quasi als oberirdische Erinnerung daran, wie viel Geld in den Untergrund betoniert wurde. 1974 wur- den Ufersammler und Verbandskläranlage fertig gestellt. Sie kosteten zusammen 38,5 Millionen Mark. Als 1978 die Promenade durchgängig vom Osthafen bis zum Westbad führte, waren über vier Kilometer Flaniermeile geschaffen, hatte dies mit insgesamt 5,3 Millionen Mark zu Buche geschlagen.

Reinhard Ebersbach leitet eine Delegiertenkonferenz der SPD Bodenseekreis Die Konsolidierungsphase unter Ebersbach beinhaltete in vielerlei Hinsicht weitere Investitionen in Bereichen, die sich nicht als solitäres Denkmal wie etwa die Bebauung des Burgbergs unter seinem Vorgänger Anton Wilhelm Schelle präsentieren. Überlingen wurde an die Bodenseewasserversorgung angeschlossen. Der Wasserhochbehälter in der Uhlandstraße kostete 900.000 Mark. Die Stadtwerke zogen in ihren Neubau ein, zahlreiche städtische Gebäude wurden saniert, inklusive Kursaal. Ebenso erhielten Hofstatt und Münsterplatz ein neues Gesicht. In den Bau der Grundschule am Burgberg flos- sen sechs Millionen Mark. Wenige Hundert Meter davon entfernt entstand der Kindergarten Langgas- se. Unten in der Stadt wurde die Musikschule ausgebaut. Wie in die Jugend wurde auch für die Alten investiert. Die Chronik verzeichnet mehrere Altenheimerweiterungen. Ebenso kennzeichnen der Bau der Parkhäuser Stadtmitte und Post sowie Gewerbeansiedlungen Ebersbachs Ära. Und dann das Krankenhaus. Die Investitionen dort ziehen sich wie ein roter Faden durch die 24 Jahre, in denen Reinhard Ebersbach Bürgermeister und erster Oberbürgermeister Überlingens war: 1971 wurden die Anästhesieabteilung und die Intensivstation in Betrieb genommen. Gleichzeitig gab es erste Planungen für eine Erweiterung. 1982 erhielt das Krankenhaus eine Apotheke, und in den Folge- jahren wurden in den Ausbau des Funktionstraktes 21 Millionen Mark investiert. 1987 konnte die Stadt den Ärzten einen neuen OP-Trakt übergeben. Alle diese Investitionen, es waren über 40 Millio- nen Mark in rund 15 Jahren, trugen Früchte. 1991 wurde das Krankenhaus Überlingen als „Haus der Regelversorgung“ anerkannt. Auch der Neubau des Feuerwehrgerätehauses fällt mitten in die Ära Ebersbach.

57 Bei Reinhard Ebersbachs Verabschiedung im Dezember 1993 würdigte ihn Regierungspräsident Max Gögler als einen „wachen Geist“. Und genau der mag es gewesen sein, der den Rechtsanwalt veran- lasste, in sein angestammtes Metier zurückzukehren. Denn Anfang der 90er-Jahre war klar, dass die Situation für die Kommunen, vor allem die finanzielle, immer schwieriger werden würde. So konnte er auf der Höhe seiner Arbeit als Schultes abtreten und neben greifbaren Ehrungen so manchen weh- mütigen Satz zu seiner Ära mitnehmen. Neben dem Bundesverdienstkreuz erhielt Ebersbach auch die Ehrenbürgerwürde der französischen Partnerstadt Chantilly; die Jumelage war unter ihm geschlossen worden. Vermisst wurde der Schlesier, der immer gestochenes Hochdeutsch spricht, aber bald auch in der Nar- renbütte. Jahrelang war er einer der Glanzpunkte im „Dorferfrühschoppen“ gewesen, der grobschläch- tigen Männerfasnet. Hier war er der Feinste, der sich mit geschliffenen Reden die Sympathien auch der bodenständigsten Einheimischen sicherte. Artikel aus dem Feuerwehrbuch „’s brennt“ von SÜDKURIER-Redakteur Martin Baur 21.07.1986 Johannes Rau, Ministerpräsident von Nordrheinwestfalen besucht Überlingen. 27.08.1986 Der Überlinger Gemeinderat beschließt eine Städte Partnerschaft mit Chantilly in Frankreich. 25.01.1987 Bundestagswahl CDU 47,4 SPD 20,8 FDP 17,5 Grüne 11,7 Sonstige 2,6 18.03.1987 Siegfried Bernhardt (Deisendorf) zu Nachfolger von Rainer Hamp gewählt. Seine Stellvertreter Hans Peter Baur, Wilhelm Buder, Rainer Hamp, Kassier Manfred Fichtenhofer, Schrift- führerin Margot Hess, Pressereferentin Dagmar Krämer, Beisitzer Werner Rummel, Peter Hiller, Eva Burger-Weiss, Siegfried Berkhan, Brigitte Feige. 21.03.1987 Reinhard Ebersbach kündigt Kandidatur für den Landtag an. 11.05.1987 Heinz Dörr erhält das Bundesverdienstkreuz für sein politisches Engagement und seine Jugendarbeit. 20.03.1988 Landtagswahl CDU 55,4 SPD 22,9 FDP 11,8 Grüne 9,6 Sonstige 0,3 15.06. 1988 Vorstellung des Verkehrskonzepts der SPD (autofreie Altstadt) 13.10.1988 Mitgliederehrung durch die Stadträte Oswald Burger und Arthur Kirchmaier : für 40 Jahre Marie Löhle , Trägerin des Bundesverdienstkreuzes, Paul Lutz , städtischer Bediensteter, Gewerkschafter, Vorstandsmitglied der AOK und der Baugenossenschaft, für 25 Jahre Werner Kreiser und Franz Raub . Der SPD-Ortsverein Überlingen hat 133 Mitglieder. 06.11.1988 In einem Bürgerentscheid werden mit 75,13% die Pläne für einen Neubau des Kur- saals abgelehnt, nachdem mit 4354 Unterschriften der Bürgerentscheid herbeigeführt wurde. 24.11.1988 Tod von Marie Löhle 18.01.1989 Oswald Burger 1. Vorsitzender, Stellvertreter Angelika Haarbach, Werner Rummel, Hans Peter Baur, Kassier Manfred Fichtenhofer, Schriftführerin Margot Hess, Pressereferentin Dag- mar Miedzianowski, Beisitzer Udo Pursche, Brigitte Feige, Christine Schmidt, Werner Huber, Dr. Lud- wig Auer, Rudi Dyk, Xaver Hösle, Rainer Hamp, Dieter Meissner und Herbert Scharl.

58 18.06.1989 Europawahl CDU 41,8 SPD 22,6 FDP 11,0 Grüne 12,0 REP 6,3 Sonstige 2,4 22.10.1989 Kommunalwahl CDU 43,4 FWV 19,2 LBU/Grüne 16,7 SPD 13,7 FDP 7,1 09.11.1989 Die Mauer in Berlin "fällt“. Der Wiedervereinigungsprozess beginnt. 06.07.1990 Städtepartnerschaft Überlingens mit Bad Schandau in Sachsen 13.07.1990 Die SPD-Fraktion beantragt erfolglos, die Stadtverwaltung solle zusammen mit der Firma Raff ein Konzept zur gewichtsmäßigen Erfassung des Hausmülls erarbeiten, um einen finan- ziellen Anreiz zu schaffen, durch gewichtsabhängige Gebühren Müll zu verringern. 02.12. 1990 Bundestagswahl CDU 47,4 SPD 23,5 FDP 16,2 Grüne 6,8 Sonstige 6,1 17.01.1991 Der Gemeinderat beschließt die Beibehaltung der unechten Teilortswahl. 05.04.1992 Landtagswahl CDU 43,4 SPD 23,1 FDP 9,5 Grüne 12,0 REP 6,5 Sonstige 4,3 14.09.1992 Die SPD-Gemeinderatsfraktion fordert drei bis vier Veranstaltungen für die Jugend pro Jahr. 01.01.1993 Überlingen wird Große Kreisstadt. 21.01.1993 Oswald Burger 1. Vorsitzender, Stellvertreter Angelika Haarbach, Werner Rummel, Wolfgang Dieterle, Kassiererin Angelika Koll, Schriftführer Peter Spannehl, Pressereferent Ekkehart Günther, Beisitzer Tina Szanto, Rainer Hamp, Dagmar Miedzianowski, Olaf Wilbrand, Xaver Hösle, Peter Hiller, Werner Huber, Udo Pursche, Kassenprüfer Peter Feige und Manfred Fichtenhofer Der SPD-Ortsverein Überlingen hat 120 Mitglieder März 1993 Reinhard Ebersbach kandidiert (hoch geehrt mit dem Bundesverdienstkreuz, der Ehrenbürgerwürde von Chantilly, der Partnerstadt in Frankreich) nicht ein viertes Mal als Oberbürger- meister und wird Rechtsanwalt. Die "Große Kreisstadt" Überlingen hat 20761 Einwohner. 26.03.1993 Angelika Haarbach rückt für Wilhelm Buder nach. 10.10.1993 Klaus Patzel (SPD) aus Stuttgart wird nach einer Stichwahl Oberbürgermeister. 28.01.1994 Arthur Kirchmaier gibt bekannt, dass er nicht mehr auf der Liste der Überlinger SPD als Kandidat zur Verfügung stehen werde, da " Welten zwischen mir und dem SPD-Ortsverein liegen".

59 Arthur Kirchmaier, sich selbst immer treu Er gehört zu jenen wenigen Menschen, ohne die Überlingen nicht das wäre was es heute ist. Arthur Kirchmaier gestaltete die Stadt über Jahrzehnte hinweg maßgeblich mit. Unerwartet, aber friedlich, entschlief der Kommunalpolitiker und langjährige Chef des Postamtes am Montag im Alter von 82 Jahren. Wenn der Begriff des politischen Urgesteins auf jemanden zutrifft, dann auf den Sozialdemokraten Arthur Kirchmaier. In Würdigungen nannten ihn die Genossen "prägend für die Partei" in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Volle 32 Jahre, von 1962 bis 1994, erklang seine Stimme laut und ver- nehmlich im Ratssaal. Parallel vertrat er die SPD 29 Jahre im Kreistag. Von 1967 an leitete er 16 Jahre lang den SPD-Ortsverein. Der damalige Bürgermeister Reinhard Ebersbach würdigte Kirchmaier anlässlich dessen 25-jährigen Stadtratsjubiläums 1987 als einen "sehr engagierten, kämpferischen, manchmal schwierigen, aber immer fairen und berechenbaren Menschen." In der Tat war Arthur Kirchmaier ein Mann, der seinen Überzeugungen ein Leben lang treu blieb. So überraschte er seine Genossen 1994 mit einem Schritt, der konsequenter nicht sein konnte. Ihn und den Ortsverband "trennen Welten", erklärte der damalige Fraktionssprecher. Er kandidierte nicht mehr auf der SPD-Liste, deren populäre Galionsfigur er bis zu diesem Zeitpunkt gewesen war, und kehrte dem Ortsverein den Rücken, weil er die "wirklichen Inte- ressen der Bürger" aus dem Auge verloren habe. "Ehrlich sich selbst und anderen gegenüber" sei er, charakterisierte Ebersbach zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Kirchmaier 1992. Auch die Landkreismedaille würdigte die Verdienste des Vollblutkommunalpolitikers, der für seine uneigennüt- zige Hilfsbereitschaft bekannt war.

Arthur Kirchmaier wurde am 11. Februar 1926 in Sentenhart bei Stockach geboren. Seine berufliche Laufbahn bei der Post begann er 1947 in Pfullendorf. Der Beruf brachte ihn 1952 nach Überlingen. Zehn Jahre später wurde er Stellvertreter des Amtsvorstehers, wie ein Postchef damals hieß, 1975 übernah er die Leitung des Postamtes Überlingen. In diesem Jahr legte der Postamtmann sogleich sein Meisterstück ab. Es gelang ihm innerhalb der damaligen Ämterneuorganisation, Überlingen als selbstständiges Postamt zu erhalten. Mehr noch er- reichte er den Anschluss der Meßkircher Amtes. Als Kirchmaier 1991 in den Ruhestand ging, war er für rund 400 Mitarbeiter in 55 Poststellen der 18 Gemeinden zwischen Meßkirch und Bodensee ver- antwortlich. Abschluss und Krönung seines beruflichen Lebens war der Neu- und Erweiterungsbau der Post Ende der 80-er Jahre. Als Kooperation mit der Kommune damals ein einmaliges Projekt, dem die städtische

60 "Tiefgarage Post" zu verdanken ist. Arthur Kirchmaier hinterlässt Ehefrau, einen verheirateten Sohn mit Enkel und weitere Angehörige. Die Beerdigung fand am gestrigen Donnerstag auf dem Überlinger Friedhof statt. Nachruf auf Arthur Kirchmaier von Martin Baur im SÜDKURIER vom 7. März 2008 X. Von 1994-2008 12.06.1994 Kommunalwahl CDU 40,1 FWV 19,0 LBU/Grüne 17,8 SPD 15,1 FDP 5,8 Sonstige 2,3 12.06.1994 Europawahl CDU 44,3 SPD 20,1 FDP 7,7 Grüne 16,7 PDS 0,4 Sonstige 5,9 Juli 1994 Die Forderung der SPD-Fraktion, ein Konzept und eine baureife Planung zur Errich- tung von Wohngebäuden im sozialen Mietwohnungsbau zu erstellen, resultiert in der Freigabe mehre- re Grundstücke in Erbpacht und Abgabe von städtischen Grundstücken zu besseren Konditionen. 16.10.1994 Bundestagswahl CDU 45,5 SPD 24,0 FDP 13,7 Grüne 11,8 Sonstige 5,1

25.01.1995 Wolfgang Dieterle löst Oswald Burger als 1. Vorsitzenden ab, Stellvertreter Jens Béchu, Dagmar Miedzianowski, Brigitte Mergenthaler-Walter, Kassiererin Angelika Koll, Schriftführer Peter Hiller, Pressereferent Peter Ludwig, Beisitzer Ekkehart Günther, Angelika Haarbach, Xaver Hös- le, Werner Huber, Gisela Kemper, Werner Rummel, Wolfgang Schaub, Silvia Stärk, Dr. Michael Un- ger. 11.10.1995 Manfred Wilkesmann rückt für Rainer Hamp nach. 24.03.1996 Landtagswahl CDU 42,1 SPD 17,8 FDP 15,0 Grüne 17,8 REP 5,1 Sonstige 2,2 04.03.1997 Wolfgang Dieterle 1. Vorsitzender, Stellvertreter Jens Béchu, Dagmar Miedzia- nowski, Michael Wilkendorf, Kassiererin Angelika Koll, Schriftführer Patrik Maag, Pressereferentin Gabriele Distler-Ulbricht, Beisitzer Helmut Frei, Angelika Haarbach, Gerhard Pflugfelder, Udo Pur- sche, Wolfgang Schaub, Dr. Michael Unger, Ingrid Mönkemeyer, Sigurt Köppen, Felix Hamp. 14.09.1997 Die SPD-Fraktion setzt erfolgreich die Erhaltung der Tempo-30-Zone auf dem Burg- berg durch. 30.09.1997 Nußdorf erhält eine eigene Ortsverwaltung. 26.11.1997 Obwohl sich ein städtischer Angestellter sich zwar bereit erklärt hatte, als Familienbe- auftragter der Stadt nach einem Antrag der SPD-Fraktion zu firmieren, wurde der aber nie bestellt, da sich die CDU dagegen gestellt hatte.

61 14.01.1998 Der Gemeinderat beschließt: Die Münsterstraße wird ab dem 16.03. zur Fußgänger- zone. 22.04.1998 Der Gemeinderat beschließt den Neubau des Hallenbades (später die Therme). 27.09.1998 Bundestagswahl CDU 47,2 SPD 31,1 FDP 7,0 Grüne 10,9 Sonstige 3,8 21.10.1998 Der Gemeinderat entscheidet, die unechte Teilortswahl aufzuheben. 19.03.1999 Dagmar Miedzianowski 1. Vorsitzend e, stellvertretende Vorsitzende Ingrid Mönke- meyer, Wolfgang Dieterle, Eugen Biselli, Kassiererin Angelika Koll, Schriftführerin Marianne König, Pressereferent Karl-Heinz König, Beisitzer Jens Bechu, Gabriele Distler-Ulbricht, Helmut Frei, Andrea Greszki, Angelika Haarbach, Patric Maag, Udo Pursche, Michael Wilkendorf und Ekkehart Günther. 18.05.1999 Rudolf Bindig , langjähriges MdB für den Bodenseekreis und Spezilist für Menschen- rechtsfragen, spricht im Gasthof Waldhorn zum Kosovo Konflikt. Rudolf Bindig nahm Anfang April an Sitzungen des Europarates zur Kosovo-Frage in Rom teil. Anschließend informierte er sich in Maze- donien in mehreren Lagern an der Grenze zum Kosovo über das Ausmaß der Flüchtlingskatastrophe und den Stand der Hilfsmaßnahmen. 13.06.1999 Europawahl CDU 50,6 SPD 22,1 FDP 6,7 Grüne 13,6 PDS 1,0 Sonstige 3,4

13.07.1999 Mitgliederversammlung der SPD aus den Gemeinden Owingen, Sipplingen und Über- lingen im Haldenhof, Sipplingen zur Wahl der Kandidaten für die Kreistagswahl der Verwaltungsge- meinschaft Owingen, Sipplingen, Überlingen. Gewählt wurden: Reinhard Ebersbach, Michael Wilken- dorf, Johannes Sommerfeldt, Susi Erdenberger, Angelika Haarbach, Udo Pursche, Jens Béchu, Si- gurd Koppen, Patric Maag, Margot Hess, Nachrücker: Marianne König, Peter Ludwig. 21.09.1999 Wahlkampfauftakt der Überlinger SPD im Gasthaus Waldhorn zur Kommunalwahl mit Vorstellung der Kandidaten und des Wahlprogramms. 29.09.1999 Volkmar Weber wird 1. Beigeordneter

Heinz Dörr Von den heutigen Überlinger Sozialdemokraten ist Heinz Dörr am längsten für die Partei aktiv. Geboren wurde er am 30. September 1927 in Karlsruhe-Rüppurr, sein Vater war von Beruf Buchdru- cker. Nach dem Besuch der Volksschule und der Oberrealschule in Karlsruhe wurde er 1943 mit der Schulklasse geschlossen zur Flak eingezogen, 1944 folgte der Arbeitsdienst, 1945 der Militärdienst und französische Kriegsgefangenschaft. Nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft 1946 konnte Heinz Dörr 1947 sein machen. Er wurde von 1947 bis 1949 am damaligen „Pädagogischen Institut“ in Karlsruhe zum Lehrer ausgebildet. Nach der ersten Dienstprüfung war er ein Jahr arbeits- los, fand dann kurzfristige Anstellungen an verschiedenen Orten und unterrichtete schließlich ab 1956 in Philippsburg. Aus familiären Gründen zog er mit seiner Frau Anne 1966 nach Überlingen an den Bodensee und unterrichtete an der Wiestorschule. Aus der Lehrerausbildung, der Pfadfinderarbeit und der evangelischen Jugendarbeit erwuchs Heinz Dörrs Interesse für Jugendliteratur-Vermittlung, für die er während seines gesamten Berufslebens tätig war. 1977 wurde Heinz Dörr Schulleiter der Wiestorschule in Überlingen, der erste evangelische und der erste sozialdemokratische Schulleiter in Überlingen.

62 Neben seiner beruflichen Tätigkeiten engagierte sich Heinz Dörr in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), in deren Arbeitsgemeinschaft für Jugendliteratur und Medien, in der Jugendpo- litik der evangelischen Jugend, in Landesringen und Jugendwohlfahrtsausschüssen , in den Bezirkssy- noden Karlsruhe-Land und Überlingen-Stockach der evangelischen Landeskirche, in der er auch von 1954 bis 2007 als Prädikant tätig war, im Rundfunkrat des Südwestfunks und in der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. In den ersten Nachkriegsjahren engagierte sich Heinz Dörr politisch bei der Gesamtdeutschen Volks- partei gegen Wiederaufrüstung und für die Wiedervereinigung. Dann kämpfte er für die Wiederher- stellung des Landes Baden im Heimatbund Badenerland und in der Badischen Volkspartei. Wie viele andere Mitglieder der Gesamtdeutschen Volkspartei, zum Beispiel Gustav Heinemann oder Erhard Eppler, landetet auch Heinz Dörr eines Tages in der SPD. Die Legende sagt, dass der damalige Ortsvereinsvorsitzende Arthur Kirchmaier den Gewerkschafter Heinz Dörr auf einer Maifeier zum Eintritt in die SPD bewegen konnte. Verbürgt ist in den Parteiakten sein Eintritt am 1. Mai 1969.

Er ließ sich von da an als Kandidat bei Kommunalwahlen aufstellen und wurde am 9. Juli 1980 zum ersten Mal in den Überlinger Gemeinderat gewählt, auch bei den Wahlen vom 28. Oktober 1984, 22. Oktober 1989 und 12. Juni 1994 war er erfolgreich, insgesamt war Heinz Dörr bis 1999 vier Wahlpe- rioden lang als Gemeinderat aktiv. Er kämpfte für die Unterprivilegierten, vertrat die Interessen der Kinder und Jugendlichen, übernahm auch undankbare Pflichten, wurde allseits wegen seiner Korrektheit und Prinzipienfestigkeit geschätzt. Daneben war Heinz Dörr auch im Vorstand des Ortsvereins der SPD tätig, seit 2003 ist er dessen Kas- sier. Ein besonderes Anliegen Heinz Dörrs ist der Öffentliche Personenverkehr. Er besitzt kein Auto, hat nicht einmal einen Führerschein, und war in vielen Verkehrsdebatten der einzige Sachkundige, weil er die Busse oder Züge auch benutzte, über die debattiert wurde. Zu seinem 60. Geburtstag erhielt Heinz Dörr 1987 im historischen Rathaussaal der Stadt Überlingen das Bundesverdienstkreuz für seine Tätigkeit in der Jugendarbeit und im Bereich der Jugendliteratur.

63 24.10.1999 Kommunalwahl CDU 31,0 FWV 14,0 LBU/Grüne 13,8 SPD 13,3 FDP 6,7 ÜFA 21,2 29.11.1999 Oswald Burger für die Gemeinderatfraktion und Dagmar Miedzianowski für den Ortsverein bedankten sich für die Leistungen der ausscheidenden Gemeinderäte Heinz Dörr (Stadtrat seit 1980), dem von Oswald Burger die persönlichen "Grüße und Segenswünsche" des Bundespräsi- denten Johannes Rau zum Abschluss der kommunalpolitischen Tätigkeit vermittelt wurden. Manfred Wilkesmann (Stadtrat seit 1995) war Vertreter des Handwerks in der SPD-Fraktion, Mitglied im Um- welt- und Landwirtschaftsausschuss und in der Abwasserverbandsversammlung. Angelika Haarbach (Stadträtin seit 1993), die von Martin Baur im Südkurier "die badische Regine Hildebrand" genannt wurde, war Spezialistin für Technik, Energie und Verkehr. Sie war stellvertretende Vorsitzende im Aufsichtsrat der Stadtwerke GmbH, Mitglied der Ausschüsse für Technik und Verkehr, Umwelt und Landwirtschaft und Mitglied des Abwasserzweckverbands. Mit Michael Wilkendorf verliert Überlingen laut MdL Norbert Zeller den besten Kreisrat. Er würde drin- gend gebraucht mit seinen Erfahrungen im Baubereich, in Verkehrsfragen. "Er wird wiederkommen". 01.12.1999 Volkmar Weber wird Baubürgermeister. 12.01.2000 Anträge der SPD-Fraktion: 1. zum Haushaltsplan in den Ortsteilen: • Dorfplatzgestaltung und Lärmschutz zu L200a in Andelshofen • Verwendung des Hallenbades in Bambergen nach Fertigstellung der Therme • Sicherung des Kindergartens Storchennest • Alternative Routenführung der RAB-Seelinie durch das Nesselwanger Tal zur Verbesserung des ÖPNV • Zurückübertragung des Nußdorfer Dorfgemeinschaftshauses an die Stadt und so Gleichbe- handlung mit den anderen Dorfgemeinschaftshäusern 2. Lärmschutz am Burgberg zur B31alt 3. 50.000 DM für das Jugendreferat zur für drei Großveranstaltungen im Jahr 4. Erhöhung des Investitionsprogramms regenerative Energien 08.02.2000 Auf der Jahreshauptversammlung wird Jens Béchu für 25-jährige Mitgliedschaft ge- ehrt. Cataldo Tarantino wird vom Vorstand zur Nachwahl eines Beisitzers vorgeschlagen und in ge- heimer Wahl einstimmig gewählt.

09.03.2000 Eintrag von "Bürgersinn e.V." in das Vereinsregister 24.03.2000 Norbert Zeller , MdL referiert im Engel zum Thema "Wohin führt der Weg Baden- Württembergs?" 11.04.2000 Nach Inbetriebnahme des Parkhauses West werden nächste Schritte in der Planung zur Verkehrsberuhigung in der Innenstadt erforderlich. Die SPD-Gemeinderäte führen zusammen mit Baubürgermeister Weber ein Gespräch zu diesem Thema und diskutieren mit den Mitbürgern. Klaus Patzel Oberbürgermeister 1993 – 2000 Die Amtszeit des Oberbürgermeisters Reinhard Ebersbach lief am 4. Dezember 1993 ab. Der Gemein- derat setzte den 26. September 1993 als Termin für die Neuwahl fest, ein etwaiger zweiter Wahlgang wurde auf den 10. Oktober 1993 terminiert. Als Ende der Bewerbungsfrist wurde der 30. September 1993 festgesetzt, die offizielle Kandidatenvorstellung sollte am 10. September 1993 stattfinden. Nachdem Reinhard Ebersbach frühzeitig bekannt gegeben hatte, da ss er nicht mehr kandidieren wür- de, setzten sich der Ortsvereinsvorstand und die Fraktion der SPD mit der Situation ausein ander. Man fand sachkundige Berater in der SGK, der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik, insbesondere im damaligen Landesgeschäftsführer Albrecht Bregenzer und der Beraterin Monika Löschner.

64 Im Frühling 1993 wurden viele Kontakte geknüpft, und ein gutes Dutzend sozialdemokratischer Poli- tiker, die später andernorts Karriere machten, erwogen eine Kandidatur in Überlingen. Einige sahen einen Sieg im konservativen Überlingen als chancenlos an, zumal nach 24 Jahren sozialdemokrati- schem Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister Reinhard Ebersbach. Einige pa ss ten einfach nicht nach Überlingen. Im Juli 1993 bekundete die Fraktion der LBU im Gemeinderat Interesse daran, mit der SPD einen gemeinsamen Kandidaten zu präsentieren, weil ihr ein dezidierter Grüner oder ein Sozialdemokrat als chancenlos erschien. Der Ortsvereinsvorstand der SPD zögerte eine Antwort auf diese Anfrage hinaus und verärgerte damit dauerhaft die LBU, weil inzwischen Klaus Patzel Interesse an einer Kandidatur angemeldet hatte. Klaus Patzel war am 20. Januar 1943 in Teplitz-Schönau in Schlesien geboren, verbrachte seine Schulzeit in Hessen, studierte Jura in Marburg, Verwaltungswissenschaften in Speyer und Europäi- sches Recht in Saarbrücken. Seine ersten beruflichen Erfahrungen machte er in einer Rechtsanwalts- kanzlei in Saarbrücken. 1972 trat er als Jurist in die Dienste der Universität Tübingen, leitete das Rechtsamt, war Personalreferent und Haushaltsreferent im Uniklinikum Tübingen. 1976/77 studierte er an der berühmten Verwaltungshochschule Ecole Nationale d’Administration (ENA) in Paris. Von 1978 an arbeitete er als Jurist im baden-württembergischen Wissenschaftsministerium. Und seit 1988 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter der SPD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag mit dem Titel „Parlamentsrat“; er beriet die SPD-Fraktion in den Bereichen Wissenschaft, Soziales, Schu- le, Jugend, Sport und Kunst. Klaus Patzel war seit 1973 Mitglied der SPD, er war seit 25 Jahren mit seiner Frau Jutta Patzel verheiratet und hatte den 22jährigen Sohn Nikola. Das erste Telefongespräch mit Klaus Patzel fand am 30. Juni 1993 statt, sein erster Besuch in Überlin- gen war am 3. Juli 1993, die Entscheidung zu kandidieren fiel zunächst am 8. August 1993 nach aus- führlichen Beratungen, am 13. August 1993 teilte Klaus Patzel mit, dass er die Erfolgsaussichten als zu gering einschätze, Hauptrisikofaktor sei der Umstand, dass nach 24 Jahren mit einem sozialdemo- kratischen Stadtoberhaupt die Chancen für einen neuerlichen Sieg gering seien. Danach fanden noch einmal Findungsgespräche mit einem halben Dutzend möglicher Kandidaten statt, und einige wichtige Überlinger Sozialdemokraten bewogen Klaus Patzel schließlich, seine Entscheidung zu revidieren und endgültig seine Kandidatur anzustreben, die Entscheidung dürfte am 19. oder 20. August 1993 gefal- len sein. Zu dem Zeitpunkt war der Kandidat der CDU, der Mainzer Ministerialrat Michael Becker, längst in der Stadt unterwegs. Und das erste Flugblatt des Kandidaten Helmut Hornstein von der LBU lag schon am 21. August in allen Überlinger Briefkästen. Nach Michael Becker, Helmut Hornstein und Herbert Eppler (FDP) und fünf Außenseitern war Klaus Patzel der vorletzte Bewerber, der seine Unterlagen am Montag, den 23. August 1993 abgab. Am selben Tag stellte er sich in der Südkurier- Lokalredaktion vor. Der damalige Redaktionsleiter Georg Exner schrieb schon am Tag drauf: „Ernst zu nehmen. Auf diesen Klaus Patzel wird man achten müssen“ (Titel und Anfang des Kommentars von Georg Exner am 24. August 1993 im Südkurier). Obwohl Klaus Patzel eingeschriebener Sozial- demokrat war und zugab, Kontakt zum Ortsvorsitzenden Oswald Burger gehabt zu haben, betonte er, nicht der „Kandidat der örtlichen SPD“ zu sein. Die erste öffentliche Vorstellung fand im Rahmen einer öffentlichen Versammlung der SPD im „Grünen Baum“ statt, wo sich auch Michael Becker, Herbert Eppler und Helmut Hornstein vorstellten. In dem noch verbleibenden Monat bis zur Wahl überholte Klaus Patzel die schon vorher aktiven Kon- kurrenten mit einer beispielhaft erfolgreichen Methode. Er absolvierte Tausende von Haus- und Woh- nungsbesuchen, verteilte einige tausend Rosen und stellte systematisch Kontakte mit vielen Wählern her. Dabei führte er nicht Hintergrundsgespräche mit Meinungsführern oder wichtigen Persönlichkei- ten, sondern stellte sich bei deren Sekretärinnen vor oder schenkte ihren Frauen eine Rose. Die örtlichen Sozialdemokraten halfen vor allem bei logistischen Problemen im Hintergrund. Im Vordergrund standen die Person des Kandidaten, seine Qualifikationen und Erfahrungen und seine Absichtserklärungen für die Zukunft der Stadt. Klaus Patzel trat stets allein und persönlich auf. Bei der öffentlichen Kandidatenvorstellung im Kursaal am 10. September 1993 stellten sich sieben der neun Bewerber vor 1 500 Zuhörern vor. Während Michael Becker und Helmut Hornstein tief in die kom- munalpolitischen Details einstiegen, trat Klaus Patzel „fast bedächtig und ganz ruhig ans Rednerpult“, wie der Berichterstatter Wilhelm Leberer im Südkurier vermerkte (Südkurier vom 11. September

65 1993) – er sprach von „politischer Kultur“ und von „fairem Konsens“, die er anstrebe, und davon, d ass der Umgang der Menschen untereinander von einem Oberbürgermeister geprägt werden könne. Er sei ein Mensch des Ausgleichs. Auf dem Foto, das Hanspeter Walter von den sieben Kandidaten auf- nahm, wirkt nur Klaus Patzel selbstsicher, den anderen Kandidaten ist die Anspannung in Gesicht und Körperhaltung anzusehen. Obwohl Klaus Patzel keine rhetorisch ausgefeilte oder thematisch in die Einzelheiten gehende Rede hielt, wurden seine menschlichen Bekenntnisse und persönlichen Aussa- gen als glaubwürdig empfunden. Der Werbeprospekt von Klaus Patzel war schlichter als die umfang- reichen Materialien von Helmut Hornstein oder der Hochglanzprospekt von Helmut Becker – er war ein einmal gefaltetes DinA4-Blatt mit sieben sehr persönlichen und sympathischen Fotos des Kandida- ten und seiner Familie und ausschließlich positiven Aussagen über seine Laufbahn und seine Vorha- ben. Der spröde Charme Klaus Patzels wirkte innerhalb kürzester Zeit auf viele Bürgerinnen und Bür- ger, die sich in einer spontanen Bürgerinitiative für seine Wahl aussprachen (in Zeitungsanzeigen vom 24.9., 25.9), unter ihnen nicht die sattsam bekannten SPD-Genossen der Stadt.

Das Ergebnis des ersten Wahlgangs (am 26. September 1993) enttäuschte die beiden Kandidaten, die sich als Favoriten gesehen hatten, und sie gaben das auch zu, und Klaus Patzel dankte für die vielen Gespräche und Erfahrungen in Überlingen und zeigte sich nachdenklich und besonnen. Der CDU- Kandidat Michael Becker erhielt 3624 Stimmen (36,37%), Klaus Patzel 3610 Stimmen (36,23%) und Helmut Hornstein 2182 Stimmen (21,9%). Helmut Hornstein verzichtete auf eine Kandidatur für den zweiten Wahlgang, Michael Becker wurde sichtbar nervös und versuchte Klaus Patzels Methode nachzuahmen. Dieser blieb dabei, möglichst viele Kontakte mit Menschen zu knüpfen, ließ einen per- sönlichen Brief an alle Haushalte verteilen. Noch einmal sprachen sich unabhängige Bürger für die Wahl Klaus Patzels aus. Beim zweiten Wahlgang am 10. Oktober 1993 erhielten Klaus Patzel 5517 Stimmen (57,84%) und Michael Becker 3853 Stimmen (40,40%). Obwohl Becker öffentlich die Hornstein-Wähler umwarb und Helmut Hornstein keine Empfehlung abgab (was als Absage an den SPD-Mann Klaus Patzel ver- standen wurde), konnte er nicht einmal das breite Potential der CDU-Anhänger voll ausschöpfen. Klaus Patzel war von einer deutlichen Mehrheit aller Bürger gewählt worden. „Er hat es verstanden, breite Schichten, die vorher politisch nicht aktiv waren, zu motivieren“ – das war die erste Reaktion des SPD-Vorsitzenden Oswald Burger (Südkurier vom 12. Oktober 1993). Er dankte in einer Mitglie- derversammlung den Überlinger Sozialdemokraten für ihre Zurückhaltung und für tatkräftige Unter- stützung: die gedankliche Mithilfe, die unsichtbare Handarbeit und die Präsenz im Hintergrund. Auch wenn Klaus Patzel persönlich den größten Teil der Kosten des Wahlkampfs trug, hatte ein „Förder- kreis OB-Wahl“ auf einem dafür eingerichteten Konto Spenden in Höhe von 13 557,12 DM aus der Bürgerschaft mit der Zweckbestimmung „Wahlkampf Klaus Patzel“ verbucht (Rechenschaftsbericht von Oswald Burger nach Auflösung des Kontos am 25. Januar 1994). Am 3. Dezember 1993 wurde Oberbürgermeister Reinhard Ebersbach aus seinem Amt verabschiedet und Klaus Patzel in das Amt des Oberbürgermeisters eingeführt. Im Überlinger Rathaus regierte weiterhin ein Sozialdemokrat. Die Sprecher aller kommunalpolitischen Gruppierungen äußerten die Hoffnung auf Fairness, Kooperati-

66 onswillen, Respekt und Toleranz des neuen Oberbürgermeisters. Die CDU und die LBU mussten noch eine Weile an der bitteren Niederlage schlucken. Ein Trost war es den beiden Gruppierungen, dass sich Klaus Patzel durchaus nicht als parteilicher oder linksideologischer Oberbürgermeister aufführte. Er beriet sich stets mit Vertretern alle Gruppierungen. Freilich spielten seine guten Kontakte zu sozi- aldemokratischen Politikern auf den höheren Ebenen, in Stuttgart, Bonn und dann in Berlin immer wieder eine positive Rolle für Überlingen. In den sechseinhalb Jahren, die er an der Spitze des Stadt Überlingen stand, konnte er erreichen, dass sich das Salem College in Überlingen ansiedelte, er sorgte für die Sanierung des Städtischen Kranken- hauses und der Alten- und Pflegeheime, er kümmerte sich um die Erschließung neuer Wohngebiete, die Wirtschaftsförderung und die Entwicklung der Stadtteile und er brachte das Projekt Bodensee- therme in Überlingen auf den Weg. In ganz besonderer Weise war er der Bildenden Kunst, der Musik und der Literatur verbunden, ohne ihn hätte es die baden-württembergischen Landesliteraturtage 1997 und das Festival WortMenue seit 1999 nicht gegeben. Und er sorgte erstmals dafür, da ss die städtische Galerie zum Faulen Pelz mit hochkarätigen Ausstellungen überregional zur Kenntnis genommen wur- de. Leider war es Klaus Patzel nicht einmal vergönnt, seine ganze Amtszeit zu Ende zu führen, am Frei- tag, den 16. Juni 2000 verstarb er an einer heimtückischen Erkrankung. 16.06.2000 Tod von Oberbürgermeister Klaus Patzel 10.07.2000 Das Liniensystem des Stadtbusses und der RAB wird auf Grund eines Antrags der SPD-Fraktion teilweise verbessert. 20.- 23.07.2000 Urwahl des Landesvorsitzenden der SPD in Baden-Württemberg (Ute Vogt oder Siegmar Mosdorf) im Ortsverein Überlingen: 20.07. Urnenwahl von 18.00 Uhr bis 19.00 Uhr im Gasthaus Waldhorn 23.07. Mobile Wahllokale (Hausbesuche) - nach telefonischer Anforderung von 14.00 Uhr bis 17.30 Uhr 23.07. Urnenwahl von 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr im Gasthaus Engel: 23.07.2000 Bürgerentscheid gegen Hallenbadneubau (Therme) scheitert am Quorum von 30%. 09.09.2000 Die Kandidaten für den OB von Überlingen, Sabine Reiser und Volkmar Weber führen als Gäste des SPD-Ortsvereins ein kommunalpolitisches Streitgespräch und diskutieren mit den An- wesenden bei Kaffee und Kuchen ihre Wahlziele. 24.09.2000 Volkmar Weber gewinnt die Wahl zum Oberbürgermeister mit 51,4%. 31.10.2000 Rudolf Bindig , MdB zieht unter "Zwei Jahre und zwei Tage Regierung Schröder" im Gasthaus Waldhorn eine Halbzeitbilanz sozialdemokratisch geführter Regierung. 22.01.2001 Veranstaltung mit Ute Vogt und Norbert Zeller zuerst mit dem Ortsverein im Gast- haus Raben, dann öffentlich in der Constantin-Vanotti-Schule. 30.01.2001 Dr. Joachim F. Jung im Gespräch mit Oswald Burger: Die Sozialdemokraten in Überlingen nehmen den Jahrestag der Machtübernahme der Nazis zum Anlass, mit einem in mehrfa- cher Hinsicht Betroffenen sich zu erinnern und nachzudenken. 13.02.2001 Jahreshauptversammlung: Dagmar Miedzianowski 1. Vorsitzende, drei Stellvertreter Eugen Biselli, Wilhelm Buder, Wolfgang Dieterle, Kassiererin Angelika Koll, Schriftführerin Marianne König, Medienreferent Karl-Heinz König, Beisitzer/innen Helmut Frei, Ekkehart Günther, Angelika Haarbach, Patric Maag, Udo Pursche, Cataldo Tarantino, Michael Wilkendorf, Kerstin Riedmüller, Heidi Einbrodt, Johannes Unger, Heinz Dörr 28.02.2001 Die SPD-Fraktion beantragt, das Jugendreferat solle rechtzeitig vor der nächsten Fas- net geeignete Jugendveranstaltungen planen und in 2002 auch durchführen 01.03.2001 Die SPD-Fraktion fordert OB Weber auf, in die USA zu fliegen und sich dort persönlich für die Erhaltung des Standorts Überlingen von Perkins-Elmer einzusetzen. Da die Entscheidung be- reits im Vorfeld gefallen war, reiste der OB nicht in die USA. 02.03.2001 Bundestagspräsident Thierse besucht Überlingen.

67 25.03.2001 Landtagswahl CDU 44,4 SPD 26,5 FDP 14,2 Grüne 10,5 REP 1,9 Sonstige 2,5 01.04.2001 Nach 165 Jahren Eigenständigkeit schließt sich die Sparkasse Überlingen mit der Sparkasse Friedrichshafen zur Sparkasse Bodensee zusammen. 02.07.2001 Podiumsdiskussion in der Sparkasse Bodensee (Überlingen) über Wohnortnahe Grundversorgung der Bevölkerung in Überlingen mit Oberbürgermeister Volkmar Weber, Iris Geber, Geschäftsführerin der WfG westlicher Bodensee, Utz Geiselhart, Geschäftsführer des Einzelhandels- verbandes Südbaden/Konstanz, Joachim Meyer, Vorsitzender des WVÜ, Heinz Dörr, Moderation Reinhard Ebersbach mit reger Beteiligung des Publikums. 10.07.2001 Eröffnung des neuen Bahnhofs Stadtmitte 02.08.2001 Ulrich Lutz wird vom Gemeinderat zum 1. Beigeordneten gewählt. 29.11.2001 Die SPD-Fraktion fordert von der Verwaltung in den Jahren 2002, 2003 und 2004 mindestens 150.000 € pro Jahr an Personalkosten einzusparen. So wurden nicht nur Kosten einge- spart, sondern auch eine Flexibilisierung der Personalplanung eingeführt. 02.12.2001 Der Eisenbahnhaltepunkt Nußdorf wird eröffnet. 06.12.2001 Vorstellung des Frauenförderplanes durch den Kreisvorsitzenden Holger Maas und Marianne König . Der Bodenseekreisverband der SPD ist der erste Kreisverband in der Bundesrepu- blik, der einen Frauenförderplan erstellt hat. 01.01.2002 Fusion der Sparkasse Bodenseekreis mit der Sparkasse Konstanz 26.02.2002 Auf der Jahreshauptversammlung berichtet Bürgermeister Ulrich Lutz über seine ersten Monate als Erster Beigeordneter der Stadt Überlingen. 18.06.2002 33 Jahre bei 33 Grad Mit diesen Worten begann der Kreisvorsitzende Holger Maas die Ehrungen in der Mitgliederversammlung des Ortsvereins Überlingen der SPD am 18.06.02 bei brütender Hitze für Werner Rummel, Paul Wiggenhauser, Heinz Dörr, Wilhelm Buder, Karl-Heinz Kö- nig, Ernst Genth, Peter Brotz, Reinhold Altmeyer, Ludwig Auer, Herta Brotz, Adolf Dobler, Horst Em- rich, Marianne Genth, Hans Schulz und Michael Wilkendorf, die der SPD jeweils über dreißig Jahre die Treue gehalten haben. 18.06.2002 Rahmenvertrag mit dem Stadttheater Konstanz für das Sommertheater 30.06.2002 Auf einer Veranstaltung des Ortsvereins Überlingen und des Kreisverbandes Boden- seekreis spricht Professor Kruse, Direktor des Institutes für Gerontologie der Universität Heidelberg und Vorsitzender der Kommission zur Erstellung des "Weltaltenplanes der UNO" in Überlingen- Nussdorf, Dorfgemeinschaftshaus zum Thema "Lebensgestaltung im Alter". Mit auf dem Podium sind Ulrich Gresch (Leiter Gustav-Werner-Stift in Friedrichshafen), Tina Arens (Privater Pflegedienst in Überlingen), Annelie Müller-Franken (Kreisvolkshochschule Landratsamt Friedrichshafen) und Karl Obermüller (Geschäftsführer a. D. AOK Bodenseekreis). 01.07.2002 Zwei Flugzeuge stoßen über Überlingen zusammen, es sterben 71 Menschen, darun- ter viele Kinder 09.09.2002 Rudolf Bindig - MDB – diskutiert im Galgenhölzle auf dem Roten Stuhl mit Jugend- lichen 16.09.2002 Rudolf Bindig - MdB - spricht im Augustinum zum Thema "Erneuerung und Gerech- tigkeit – Deutschland auf dem richtigen Weg.” 22.09.2002 Bundestagswahl CDU 47,3 SPD 30,9 FDP 6,9 Grüne 13,2 Sonstige 1,1

68 12.11.2002 Der Vorstand des SPD-Ortsvereins Überlingen und die SPD-Fraktionen Überlingens in Gemeinderat und Kreistag besichtigen zusammen mit Mitbürgern und Matthias Honer, Mitarbeiter des Jugendreferats das renovierte Jugendbegegnungszentrum Rampe im Nußdorfer Bahnhof. 27.11.2002 Der Gemeinderat beschließt den Umbau der ehemaligen Kapuzinerkirche zu einem Kulturzentrum und Bau für das Sommertheater Januar 2003 Nach den Neuwahlen bei der Kreisdelegiertenkonferenz für den Kreisvorstand der SPD ist der Ortsverein Überlingen mit 6 Mitgliedern bei 14 Kreisvorstandsmitgliedern vertreten: Ange- lika Haarbach (stellvertretende Kreisvorsitzende), Christian Gospodarek (Schriftführer), Karl-Heinz König (Medienreferent), Marianne König, Michael Wilkendorf und Dagmar Miedzianowski (Beisitzer). 10.01.2003 Musikkabarett Volksdampf im Dorfgemeinschaftshaus in Überlingen/Nußdorf mit dem Programm "Unter Geiern". 14.01.2003 Jahreshauptversammlung: Angelika Haarbach 1. Vorsitzenden. Ihre Stellvertreter Wolfgang Dieterle, Heidi Einbrodt und Christian Gospodarek, Heinz Dörr Kassier, Peter Hiller Schrift- führer, Karl-Heinz König Medienreferent, Beisitzer Margot Hess, Marianne König, Dagmar Miedzia- nowski, Alexander Kruse, Udo Pursche, Kerstin Riedmüller, Barbara Schmidt-Boch, Cataldo Tarantino und Michael Wilkendorf, Revisoren Eva Burger-Weiß und Dietram Hoffmann 07.02.2003 In einem offenen Brief an Oberbürgermeister Weber, an den Vorstand und an den Verwaltungsrat der Sparkasse Bodensee protestiert der Ortsverein Überlingen der SPD entschieden gegen eine Schließung der Filialen Burgberg und Nussdorf. 15.03.2003 "Eine gemeinsame Basis zu schaffen, Perspektiven zu erkennen und erfolgreiche Zusammenarbeit zu fördern". Unter diesem Motto waren der neu gewählte Vorstand des Ortsvereins und Mandatsträger aus Gemeinderat und Kreistag der SPD Überlingen am im "Wirtshaus zum Fel- sen" zu einer Klausursitzung zusammengetroffen. In mehrstündiger Gruppenarbeit erstellte die Ver- sammlung ein Arbeitspapier zur Bildung von Initiativgruppen. In einer Folgesitzung werden die Ergeb- nisse und konkretisiert. Als wichtige Themen für die nächste Zeit schälten sich heraus Planung und Durchführung von Veranstaltungen, Treffen und Aktionen, die Aufgabenverteilung zur Bearbeitung von Themen und die kommenden Kommunalwahlen 2004. 06.05.2003 Vorstandssitzung in Deisendorf mit Vorstellung und Besichtigung der dortigen Solar- anlage auf dem Dach der Grundschule. Anschließend fand ein Gespräch mit Isolde Idda , der Orts- vorsteherin und Mitgliedern des Ortschaftsrats im Gasthaus Löwen statt. 23.05.2003 Nach einem Antrag der Fraktionen der SPD, der FWV, der LBU und der FDP wird in der Wiestorschule – zunächst in den Grundschulklassen – eine, allerdings nur teilgebundene Ganzta- gesschule eingerichtet. 17.06.2003 Veranstaltung mit Hilde Mattheis zur Gesundheitsreform im Krankenhaus Überlingen mit Vertretern der Krankenkassen, Ärzteschaft, Krankenhausmanagement und DGB. 21.10. 2003 Im Mittelpunkt der Mitgliederversammlung des SPD-Ortsvereins Überlingen standen am Montagabend Siegfried Bernhardt und Christian Bried. Beide konnten auf 25 Jahre Mitgliedschaft bei den Sozialdemokraten zurückblicken und erhielten vom Überlinger Ex -Oberbürgermeister Rein- hard Ebersbach und der SPD-Ortsvorsitzenden Angelika Haarbach Urkunde, Ehrennadel, Blumen und Wein. Im Anschluss an die Ehrungen präsentierte Dietram Hoffmann als Webmaster des Ortsvereins den im Aufbau befindlichen Internetauftritt (www.spd-ueberlingen.de). Ergänzend geben von an nun Karl- Heinz König und Willi Bernhard alle acht Wochen den "Roten Seehas", die digitale Zeitung der Bo- densee-SPD heraus. 30.10.2003 Offizielle Eröffnung der Bodenseetherme durch Ministerpräsident Erwin Teufel 25.11. 2003 Auf einer Podiumsdiskussion der SPD zur Ganztagesschule mit Schulleiter Waldemar Scheyhing, Bürgermeister Uli Lutz, Angelika Haarbach, Felicitas Utermark, Elternbeiratsvorsitzende der Bonhoeffer-Kindertagesstätte und Oswald Burger auf dem Podium herrschte eine gewisse Einmü- tigkeit, dass die Einführung der Ganztagesschule für die Überlinger Schulen Sinn machen würde. Eine nicht repräsentative Umfrage hatte ergeben, dass sich 20 % für die verpflichtende und 40 % für die teilweise verpflichtende Ganztagesschule ausgesprochen hatten. 13.01.2004 Die Jahreshauptversammlung im Ochsen stand ganz unter dem Zeichen der Kommu- nalwahl. So sei die Kasse mit 3000 € so gefüllt, dass sich der Wahlkampf damit finanzieren ließe, berichtete Kassier Heinz Dörr. Als Ziel für die Wahl setzte Angelika Haarbach fünf Sitze im Gemeinde- rat und zwei für die Veraltungsgemeinschaft Owingen, Sipplingen, Überlingen im Kreistag.

69 Dietram Hoffmann aus Nußdorf wurde in einer Nachwahl zum Pressereferenten gewählt. Da er da- durch Mitglied des Vorstands wurde, musste er seine bisherige Aufgabe als Kassenrevisor abgeben. In diese Funktion wählte der Ortsverein einstimmig Altoberbürgermeister Reinhard Ebersbach. 31.01.2004 Ein Schneespaziergang rundum die Überlinger Stadtbefestigungen, erster politischer Spaziergang mit der SPD:

Oswald Burger und seine "Gefolgschaft“ unter dem Gallertturm Etwa hundert Bürgerinnen und Bürger nahmen die Einladung der Überlinger SPD an und trafen sich am Bürgerhaus zu einem Spaziergang unter der sachkundigen Führung von Oswald Burger rundum die Stadtbefestigungen bis zum Hotel Ochsen. 28.02.2004 Zweiter politischer Spaziergang mit der SPD: Auf dem Spaziergang mit Stadtrat Udo Pursche und Harald Werner, Leiter des Tiefbauamts der Stadt Überlingen diskutierten gut 30 Bürgerinnen und Bürger, trotz Minusgraden heiß über Verkehrsberuhi- gung im Dorf, Schulwegsicherung für die Schüler der Wiestorschule, mögliche künftige Verkehrsflüsse auf der Aufkircher Straße, Verlängerung der Zahnstraße und Beruhigung der Verkehrs in der Altstadt. 13.03.2004 Dritter politischer Spaziergang der SPD Überlingen: Der Föhn rettete den dritten politischen Spaziergang der Überlinger SPD vor den vorhergesagten Regenschauern. So trafen sich also gut vierzig Bürgerinnen und Bürger, unter ihnen Rudolf Beck, der Ortsvorsteher von Nußdorf und die SPD Stadträte Oswald Burger und Werner Rummel hinter dem Nußdorfer Dorfgemeinschaftshaus. Mit Dietram Hoffmann, dem Medienreferenten der Überlinger SPD und Waldemar Scheyhing, dem Vorsitzenden der Bürgerinitiative Nußdorf (BIN) ging es vom Dorfge- meinschaftshaus zum Saibling, den Döbel entlang in das Nußbachtal bis zur Mauchenhardtwiese, dann nach Osten bis hinter den Oberhof zur Birnau und zurück über die Konstantinhalde. 17.03.2004 Vierter politischer Spaziergang der SPD Überlingen in Nesselwangen unter der Füh- rung von Christian Gospodarek, stellvertretender Vorsitzender der SPD Überlingen und Hubert Gut dem Ortsvorsteher von Nesselwangen, die das kurz davor vom Gemeinderat verabschiedete örtliche Entwicklungskonzept (ÖEK) Nesselwangen vorstellten. 17.04.2004 Fünfter politischer Spaziergang der SPD Überlingen: Stadtentwicklung, Geschichte, Kultur und Natur wurden von Günter Haarbach auf dem fünften Spa- ziergang der Überlinger SPD angeboten. Er wurde fachmännisch von Thomas Vogler, dem Leiter des Grünflächenamts, das für die Umwelt, Forsten und Grünflächen in Überlingen zuständig ist, und Rolf

70

Der Anfang einer langen Wanderung Geiger, einem der drei Revierleiter der Überlinger Forsten, begleitet. Am Anfang ging es entlang der Bahnhofstraße Richtung Westen zum Grafschen Gelände, westlich von Bahnhof Therme gelegen. Hier sind aber auch noch heute die Monumente der Nazibarbarei zu finden, ein Stollensystem von 14 km Länge zur Verlagerung der Friedrichshafer Rüstungsindustrie in die Molassefelsen. Dann ging es entlang den Molassefelsen weiter in Richtung Goldbach und von dort den Goldbach entlang zum Spetzgarttobel. Von Schloss Spetzgart führte Haarbach die Spaziergänger über das Salem College und den Härlen zum Rehgehege über dem Stadtgarten und zum frisch renovierten Pavillon neben dem Hexenhäusel. 11.05.2004 Dass es seit 126 Jahre Sozialdemokraten in Überlingen gibt, haben Oswald Burger, Margot Hess und Karl-Heinz König bei ihren Forschungen zur Geschichte der SPD in Überlingen he- rausgefunden. Karl-Heinz König berichtete über die Zeit von 1878 bis 1933. Oswald Burger berichtete

Die Gemeinderatskandidaten der Überlinger SPD von den Versuchen der ehemaligen Sozialdemokraten, die Nazizeit einigermaßen anständig zu über- stehen und Margot Hess über die Zeit nach dem Krieg und die wichtigen 31 Jahre von 1969 bis 2000

71 unter den sozialdemokratischen Bürgermeistern Reinhard Ebersbach und Klaus Patzel, die das Bild von Überlingen heute entscheidend geprägt hatten. Dann ehrte Angelika Haarbach Joachim Senft für 55 Jahre, Wilhelm Buder und Heinz Dörr für 35 Jahre, Käthe-Eva Jäschok und Dr. Michael Unger für 10 Jahre Mitgliedschaft in der SPD. 22.05.2004 Sechster politischer Spaziergang der SPD Überlingen: Stadtrat Werner Rummel, Thomas Götz, (GF Kur & Touristik) und Thomas Nöken (Leiter des Stadt- planungsamtes) führten von der Greth zum Sportplatz beim Bodenseeyachtclub als möglichem Hotel- standort, über die Bodenseetherme zum Graf'schen Gelände, einer großen städtebaulichen Zukunfts- aufgabe von Überlingen. 05.06.2004 Siebter politischer Spaziergang der SPD Überlingen: Bei strömenden Regen wurden unter der Führung von Reinhard Ebersbach, Angelika Haarbach und

Vor der Post suchen Christian Gospodarek, Reinhard Ebersbach, Oswald Burger, Ulrich Lutz und Dietram Hoffmann Schutz vor dem Regen. Uli Lutz die zu erwartenden Auswirkungen durch die Änderungen der Teufelschen Verwaltungsreform am Straßenbauamt und Forstamt gezeigt. Außerdem wurden Einrichtungen des Kreises in der Stadt (Recyclinghof, Berufsschulen, Kreismedienstelle und Schloss Rauenstein) besucht. 13.06.2004 Kommunalwahl CDU 28,5 FWV 14,8 LBU/Grüne 19,2 SPD 13,5 FDP 9,6 ÜFA 14,4

Europawahl CDU 50,6 SPD 22,1 FDP 6,7 Grüne 13,6 Sonstige 1,3

15.09.2004 Überlingen wird das dritte deutsche Mitglied der "citta-slow" Bewegung. 18.11.2004 Auf einer Informationsveranstaltung der SPD Bodenseekreis in Nußdorf zu Hartz IV erklärte Rudolf Bindig (MdB) die Hartz - Programme: Hartz I hauptsächlich mit organisatorischen Regelungen; Hartz II der Schritt zur Flexibilisierung des Arbeitsmarkts; Hartz III Umorganisation der Bundesanstalt für Arbeit zur Bundesagentur; Hartz IV, für 3 Millionen erwerbslose Menschen, die sich in ca. 900000 erwerbsfähige Sozialhilfeemp- fänger und 2,1 Millionen Empfänger von Arbeitslosenhilfe aufteilen. 11.01.2005 Der neue Vorstand bleibt (fast) der alte Vorstand, auf der Jahreshauptversammlung wurden in den Vorstand gewählt: 1. Vorsitzende - Angelika Haarbach ; Stellvertreter - Wolfgang Die- terle, Christian Gospodarek; Kassier -. Heinz Dörr; Schriftführer - Peter Hiller; Medienreferent - Diet- ram Hoffmann; Beisitzer – Ekkehart Günther, Dagmar Miedzianowski, Udo Pursche, Kerstin Riedmül- ler, Klaus Röben, Jürgen Schacht; Kassenrevisoren - Eva Burger-Weiß, Reinhard Ebersbach.

72 22.01.2005 Vier Überlinger im Vorstand der SPD Bodenseekreis: Angelika Haarbach (stellvertretende Kreisvorsitzende), Christian Gospodarek (Schriftführer), Dietram Hoffmann (Medienreferent) und Dagmar Miedzianowski (Beisitzerin) 09.04.2005 Verlegung von Stolpersteinen für den ehemaligen Landrat Hermann Levinger und seine Tochter Barbara Levinger, genannt Lee vor dem Bauamt (ehemaliges Landratsamt) 10.04.2005 Mit der Entwicklung der Stadt Überlingen und insbesondere mit der Situation des Ein- zelhandels und des Verkehrs befassten sich der Vorstand des SPD-Ortsvereins, die SPD- Gemeinderatsfraktion, der Stadtplaner Thomas Nöken, der in einem Impulsreferat die Hauptergebnis- se des Einzelhandelsgutachtens zusammenfasste. 15.04.2005 Vorstellung von Norbert Zeller als Landtagskandidaten und Angelika Haarbach als Zweikandidatin der SPD im Bodenseekreis 19.07.2005 In der Mitgliederversammlung der Überlinger SPD im Seegarten stellte sich Harald Georgii der Bundestagskandidat der SPD für den Wahlkreis Bodensee-Ravensburg den Überlinger Sozialdemokraten vor. Oswald Burger berichtete über das Leben des Genossen Johann Häusler, der die Stadt Überlingen und die Überlinger SPD in den dreißiger und nach 45 bis in die sechziger Jahre prägte. 05.08.2005 Harald Georgii , der Bundestagskandidat der SPD für den Bodenseekreis und Ra- vensburg, und Karin Roth, MdB, besuchen die puren GmbH in Überlingen und diskutieren dort Prob- leme und Leistungen mittelständischer Firmen. 11.08.2005 Der Gemeinderat hat bereits in den Haushaltsberatungen und nun auch in konkreten Umsetzungsbeschlüssen zugestimmt, dass in der Wiestorschule 725 000 €, in der Realschule 648 000 € und im Gymnasium 214 000 € für die Aufnahme, bzw. Verbesserung des Ganztagsbetriebs aus dem Bundesinvestitionsförderprogramm "Zukunft Bildung und Betreuung" (IZBB) investiert wer- den. Das heißt, dass Mittagessensmöglichkeiten, Freizeitstätten und zusätzliche Räume in allen drei Schulen entstehen werden. 18.09.2005 Bundestagswahl CDU 48,0 SPD 27,4 FDP 6,4 Grüne 14,2 Die Linke 2,5 Sonstige 1,5 21.09.2005 Der SPD-Vorstand unterstützt die Forderung des Ortschaftsrates von Nußdorf auf der B31 eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 60 km/h für Lkws und 80 km/h für Pkws vom Ende des Waldes hinter der Birnau im Osten bis zum Parkplatz nach dem Nußbachviadukt im Westen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen einzuführen. 14.01.2006 Politisch er Altstadtspaziergang, Vorstellung der Chancen aber auch der Probleme eines möglichen Gesamtanlagenschutzes der Überlinger Altstadt 18.01.2006 Politische Busfahrt der SPD durch die Nadelöhre und Engstellen von Überlingen 16.02.2006 Ute Vogt zu Besuch in Überlingen

73 02.03.2006 Wolfgang Thierse in Überlingern im Saal von St. Franziskus über Demographischer Wandel und Soziale Gerechtigkeit 21.03.2006 Informationsveranstaltung der SPD über den Stand der B31-Planungen mit einem Lokaltermin in der Nähe des provisorischen Knotens an der Altbirnau 26.03.2006 Landtagswahl CDU 38,0 SPD 17,7 FDP 16,5 Grüne 22,7 Sonstige 5,1 09.06.2006 Öffentliche Versammlung der SPD zusammen mit Thomas Nöken , dem Leiter des Stadtentwicklungsamts Überlingen um Verkehr in der Innenstadt mit großem überparteilichem Echo. 26.11.2006 Beschluss des SPD-Ortsvereins Überlingen, die Bürgerinnen, Bürger und auch Besu-

Udo Pursche erläutert die T-Lösung cher Überlingens zu befragen, ob diese einen Probelauf für die T-Lösung zur Verkehrsberuhigung in der Altstadt wünschen. Start der Aktion noch im Dezember, Abbruch im März 2007 wegen Desinte- resse 28.11.2006 Mitgliederehrung im Grünen Baum: Adolf Huebener für 50 Jahre, Wolfgang Tessmer für 40 Jahre, Reinhold Altmeyer für 35 Jahre, Marianne Handgrad, Gabriele Linnenweber, Bodo Maet- zig, Wilhelm Josef Rubel, Harald Werner für jeweils 30 Jahre, Martha Buder für 20 Jahre, Friedrich Hofmann, Marianne König und Patric Maag für jeweils zehn Jahre 13.12.2006 Beschluss des Gemeinderats zum Verkauf von 94,1% der Gesellschafteranteile am Krankenhaus an die Helios-Klinken GmbH 09.01.2007 Angelika Haarbach als 1. Vorsitzenden wiedergewählt. Ihre Stellvertreter Wolfgang Dieterle und Christian Gospodarek, Heinz Dörr Kassier, Ekkehart Günter Schriftführer, Dietram Hoff- mann, Medienreferent, Beisitzer Rüdiger Ahlers, Margot Hess, Dagmar Miedzianowski, Alexander Posch, Udo Pursche, Klaus Röben und Michael Wilkendorf, Revisoren Eva Burger-Weiß und Rein- hard Ebersbach 01.03. 2007 Albrecht Müller , Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit bei der SPD, verantwortlich für den Bundestagswahlkampf 1972 (die Willy-Brandt-Wahl), Leiter der Planungsabteilung im Bundes- kanzleramt bei Willy Brandt und Helmut Schmidt , spricht zu "Soziale Vernunft verlangt politische Gestaltung" im Dorfgemeinschaftshaus Nußdorf mit anschließender lebhafter Diskussion. 18.04.2007 Werner Rummel verlässt nach 18 Jahren den Gemeinderat. Michael Wilkendorf rückt nach. 26.06.2007 SPD OV verabschiedet drei Resolutionen zum Hamburger Programmparteitag: - eine deutlich kürzer und lesbarer formulierte Fassung des Bremer Entwurfs

74 - den Begriff "Soziale Demokratie" nicht durch den Begriff "demokratischer Sozialismus" zu ersetzen - eine Deckelung der exorbitant angewachsenen Gehälter des Management der Konzerne als Selbst- verpflichtung der Wirtschaft im Sinne von "Corporate Governance" 14.07.2007 Südkurier: " Verkehrsberuhigung an Samstagen und Sonntagen in der Innenstadt sind - neben der bereits bestehenden Fußgängerzone in der Münsterstraße - die Sperrung der Franziska- ner-, Christoph- und Marktstraße. Beginn der probeweisen Straßensperrungen bis Ende September ist der 21. Juli. Danach sollen dann die Erfahrungen ausgewertet werden, um neu zu entscheiden, ob weitere Straßen verkehrsfrei gehalten werden können, ob die probeweise Regelung auf weitere Wo- chentage ausgeweitet oder ob alles wie bisher belassen werden soll. Ganz andere Lösungen sind auch nicht ausgeschlossen." 07.10.2007 Rüdiger Ahlers (Beisitzer im Ortsvereins- und Kreisvorstand) setzt sich im ersten Anlauf bei der Bürgermeisterwahl gegen den seit 16 Jahren amtierenden CDU-Bürgermeister der Gemeinde Münstertal durch. 01.12.2007 Ehrung von Genossinnen und Genossen für langjährige Parteimitgliedschaft: Für 60 Jahre Ingeborg Senf, für 45 Jahre, Dr. Erika Frank, für 40 Jahre Dietram Hoffmann, für 35 Jah- re Jutta Patzel, Dr. Ludwig Auer, Eric Wagner van der Horst, Dr. Wolfgang Berkhahn, Karl-Heinz Kö- nig, Ernst Genth, Werner Rummel, Michael Wilkendorf, Oswald Burger, für 30 Jahre Eva Burger- Weiss , für 25 Jahre Margot Hess, für 20 Jahre Karl-Heinz Rauschke, Angelika Haarbach (hier sprach der stellvertretende Vorsitzende Wolfgang Dieterle die ehrenden Worte), und für 10 Jahre Sebastian Schulz.

Michael Wilkendorf, Rüdiger Ahlers, Karl Heinz König, Ernst Genth, Werner Rummel, Oswald Burger, Margot Hess, Jo- chen Jehle, Norbert Zeller, Frieder Birzele, Angelika Haarbach, Heinz Dörr, Dietram Hoffmann Frieder Birzele , ehemaliger Innenminister und Landtagsvizepräsident gab einen Überblick über die Geschichte des Ländles seit dem 2. Weltkrieg. 03.12.2007 Gut besuchte öffentliche Fachveranstaltung zum Handlungsfeld Schule am Montag, 03.12.2007, 19:30 in der Wiestorschule mit Rudolf Bosch (Schulleiter Kuppelnauschule HWRS, Ra- vensburg), Evelyn Lussmann (Vorstandsmitglied Landeselternbeirat Baden-Württemberg, Stockach), Ulrich Lutz (Bürgermeister, Überlingen), Prof. Dr. B. Reinhoffer (PH Weingarten, Sachunterricht / Grundschulzentrum, Amt für schulpraktische Studien) und Norbert Zeller MdL (Vorsitzender des Aus- schusses für Schule, Jugend und Sport im Landtag von Baden-Württemberg). 19.12.2007 Als einen Schritt zu dem traditionellen sozialdemokratischen Ziel der Chancengleich- heit in der Bildung wurden zwei Anträge der SPD-Fraktion im Zusammenhang mit der Haushaltspla- nung zur Kinderbetreuung (Aufhebung des Regelgruppenbeitrags im letzten Kindergartenjahr und Entwicklung eines Kindergartenbedarfsplans für 2008) gestellt. 13.02.2008 Oberbürgermeister Volkmar Weber gibt im Gemeinderat bekannt, nicht mehr als OB- Kandidat im Herbst 2008 antreten zu wollen. Er überrascht damit alle Stadträte. Die SPD-Fraktion bedauert diesen Schritt. Bürgermeister und 1. Beigeordneter Ulrich Lutz erklärt, dass er nie gegen Weber kandidiert hätte, natürlich aber auf Grund der veränderten Situation sich eine Kandidatur über- legen könne, dies aber erst nach reiflicher Überlegung zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben werde, auch weil er nicht sieben Monate Wahlkampf führen wolle. 23.05.2008 Der Bürgermeister und 1. Beigeordnete Ulrich Lutz gibt in einem Pressegespräch seine Kandidatur für den OB von Überlingen bekannt.

75 05.06.2008 Politischer Brunch in der Constantin-Vanotti-Schule unter der Ägide der Politik-AG zum Thema "Parteienverdrossenheit“. Mitglieder der CDU, FDP, Grünen und SPD diskutierten mit Schülern über die politischen Parteien und deren aktueller geringer Akzeptanz von 11:00 bis 14:00. 12.07.2008 Der Ortsverein feiert in der Wiestoria (Kantine der Wiestorschule) "130 Jahre Sozial- demokraten in Überlungen“. Grußworte kommen von OB Volkmar Weber, Norbert Zeller MdL, Jochen Jehle, Vorsitzender der SPD Bodenseekreis und Fredi Alder SBI-Vizepräsident aus der Schweiz. Die Festansprache zur Lage der SPD hielt Peter Friedrich, MdB aus Konstanz. Er nannte als eine der wichtigsten Aufgabe der Sozialdemokraten, in den Zeiten der globalisierten Wirtschaft die Handlungs- fähigkeit des Staates zu sichern. Dies gelte vor allem in den folgenden Bereichen: 1. Flächendeckende Energiewende, auch vor Ort, 2. Bildungswende und Aufstiegschancen für alle Heranwachsenden, 3. die Generationengerechtigkeit und den Sozialstaat sichern und 4. die Vertrauenskrise gegenüber unserem politischen System überwinden. Unter der hemdsärmelig-scherzhaften Moderation von Martin Baur, dem Redaktionsleiter beim Südku- rier Überlingen, nahmen dann einige Gäste und politische Gegner aus den anderen Gemeinderats- fraktionen zusammen mit Christian Gospodarek (SPD) Stellung zu den Fragen des Zeitungsredak- teurs wie: Wo steht die SPD heute? Ist sie linker geworden, ist sie bürgerlicher geworden? Wie soll sie sich gegenüber der Partei „Die Linke“ verhalten? Was wünschen Sie der SPD für die kommenden Jahre? Zum Schluss ehrte Angelika Haarbach noch zwei Genossen, wegen derer Verdienste durchaus eine eigene Laudatio angemessen gewesen wäre: Gemeinderat Udo Pursche für 25 Jahre Mitgliedschaft in der SPD und Alt-Oberbürgermeister Rein- hard Ebersbach für 40 Jahre Mitgliedschaft.

76 Anhang 1 Mandatsträger der Überlinger SPD von 1912-1933 Zeitraum Amt Name Bemerkungen 1912 - 1918 BA Anton Beurer 1918 verstorben/gefallen 1912 - 1915 BA N. N. Auf 3 Jahre - Kein Verzeichnis der SPD - 1919 - 1919 BA Johann Nist 1919 - 1919 GR Johann Nist verzogen 1919 - 1919 GR Paul Wachter 1919 - 1919 GR Karl Schneider 1919 - 1922 BA Matthäus Wörz 1919 - 1919 BA Franz Häusle 1919 - 1919 BA Max Nündel 1919 - 1921 BA Karl Müller 1919 - 1922 BA Benedikt Hengge 1919 - 1922 BA Adam Wagner 1919 - 1922 BA Emil Kramer 1919 - 1922 BA Hubert Schneider 1919 - 1919 BA Theo Schoy 1919 - 1922 BA Xaver Stra sser 1919 - 1922 BA Luise Matthäeuser 1919 - 1922 BA Max Buser 1919 - 1921 GR Franz Häusle entlassen 1919 - 1921 GR Friedrich Vonerden ausgetr eten 1921 - 1926 BA Karl Frank 1921 - 1922 GR Karl Müller 1922 - 1926 GR Georg Jaud 1922 - 1926 GR Xaver Strasser 1922 - 1926 BA Wilhelm Wolber 1922 - 1922 BA Xaver Strasser 1922 - 1930 BA Karl Auer 1922 - 1922 BA Georg Jaud 1922 - 1933 BA Adolf Reuble 1922 - 1933 BA Eugen Stemmer 1922 - 1933 BA Johann Häu sler 1922 - 1930 BA Karl Stöhr 1922 - 1926 BA Karl Lehmann 1926 - 1933 BA Xaver Strasser 1926 - 1926 BA Eduard Beisch 1926 - 1926 BA Häusle Franz ausgeschieden 19 26 - 1933 GR Karl Frank 1926 - 1933 GR Eduard Beisch 1930 - 1933 BA Josef Beck 1930 - 1930 BA Alfred Schey 1930 - 1933 BA Robert Stadelhofer 1930 - 1933 BA August Stöhr 1930 - 1933 BA Hermann Heil 1930 - 1933 BA Karl Regenscheit 1933 - 1933 BA Karl Frank Wahl am 08.04.1933: einziger Vertreter d er SPD

Zeichenerklärung: BA = Mitglied des Bürgerausschusses = Gemeinde/Stadtverordneter GR = Mitglied des Gemeinderats

77 Anhang 2 Mandatsträger der Überlinger SPD von 1945-2008 Zeitraum Amt 1947 - 1952 Mitglied des badischen Landtags Karl Löhle 1945 - 1946 Bürgermeister Karl Löhle 1969 - 1992 Reinhard Ebersbach 1993 Oberbürgermeister Reinhard Ebersbach 1993 - 2000 Klaus Patzel 1946 - 1953 Mitglied der Kreisversammlung 5 Friedrich Baiker 1946 - 1948 Karl Löhle 1948 - 1950 Fridolin Veit 1946 - 1948 Mitglied des Kreisausschusses 6 Karl Löhle 1948 - 1950 Fridolin Veit 1953 - 1959 Mitglied des Kreistags Josef Löhle 1953 - 1957 Karl Löhle 1957 - 1959 Johann Häusler 1959 - 1971 Maria Löhle 1965 - 1973 Arthur Kirchmaier 1976 - 1994 1971 - 2004 Reinhard Ebersbach 1993 - 1999 Michael Wilkendorf seit 2004 Ulrich Lutz 1954 - 1957 Mitglied des Kreisrats 7 Karl Löhle 1965 Maria Löhle 1966 - 1971 1946 - 1957 Stadtrat Karl Löhle 1946 - 1956 Karl Frank 1948 - 1950 Fridolin Veit 1950 - 1953 Josef Löhle 1965 - 1968 1956 - 1960 Wilhelm Weber 1956 - 1965 Johann Häusler 1968 - 1971 1957 - 1959 Anton Reischmann 1961 - 1968 1962 - 1994 Artur Kirchmaier 1962 - 1980 Marie Löhle 1968 - 1975 Harry Krüger 1971 Alfred Strobel 1971 - 1975 Dr. Lilli Walther 1980 - 1984 1975 - 1984 Karl Waldvogel 1980 - 1981 Otto-Peter Weber 1980 - 1999 Heinz Dörr 1980 - 1984 Heide Meissner 1980 - 1993 Wilhelm Buder 1980 - 1984 Rainer Hamp 1994 - 1995 1981 - 1984 Roland Heubeck 1984 - 1989 Oswald Burger seit 1999

5 Die badische Kreisversammlung entspricht dem heutigen Kreistag. Alle Mandate im Kreis galten bis 1.1.1972 für den Landkreis Überlingen, ab dann für den Bodenseekreis. 6 Der Kreissausschuss war die Vorgängerorganisation des Kreisrats, s. u. 7 Der Kreistag war ein aus dem Kreistag gewähltes Verwaltungs- und Vertretungsorgan, dem mindestens ein Bürgermeister, ein Gewerbetreibender, ein Landwirt und ein Arbeitnehmer angehören mussten. Zum 24.07.1971 wurde der Kreisrat durch die Ausschüsse des Kreistags ersetzt.

78 Zeitraum Amt seit 1984 Stadtrat Udo Pursche 1989 - 2007 Werner Rummel 1993 - 1999 Angelika Haarbach 1992 - 1997 Ortsvorsteher in Bambergen Joachim Nowak 1984 - 1989 Ortschaftsrat in Bonndorf Günther Schöne 1984 - 1989 Ortschaftsrat in Lippertsreute Werner Huber 1984 - 1989 Ortschaftsrat in Nesselwangen Manfred Fichtenhofer seit 2004 Ortschaftsrat in Nußdorf Dietram Hoffmann

Anhang 3 Die Ortsvereinsvorsitzenden der SPD Überlingen von 1912-2008 Eine genauere Datierung der Gründung des Ortsvereins Überlingen ist anhand der bisher vorliegen- den Quellen nicht möglich. Vorhandene Akten des Ortsvereins wurden bei der Auflösung des Ortsve- reins möglicherweise vernichtet oder lagern vielleicht bis heute unbeachtet auf einem Dachboden. Erstmals hören wir aus dem Bericht vom 09.07.1905 (anlässlich des SBI-Treffens in Konstanz) aus dem Bericht eines Polizeibeamten von einem teilnehmenden „Arbeiterverein“ aus Überlingen. Am 20.08.1905 beantragte ein „Herr Bauer“ eine SPD-Versammlung im Adler. Der Wahlaufruf vom 19.10.1912 wird schon konkreter: Sozialdemokratische Partei Überlingen“. Am 27.02. oder 27.03.1914 („27. d. Monats“ - beide Termine fallen auf einen Freitag) zeichnet Anton Beurer als „Vertrauensmann“ einen Aufruf. Anton Beurer saß damals schon als Sozialdemokrat seit 1912 im Bürgerausschuss. Eine Protestversammlung der SPD im Koloß am 25.04.1914 gegen die geplante Biersteuer findet unter „Sozialdemokratische Partei – Mitgliedschaft Überlingen“ statt.

Zeitraum Name Bemerkungen

1914 Anton Beurer ? 1918 Albert Matthäusser ? 1919 - 1919 Johann Nist 1919 - 1920 Friedrich Vonerden 1920 - 1925 N.N. Keine Namen bekannt 1925 - 1933 Johann Häusler 1946 - ? Karl Frank 1965 - 1967 Johann Häusler 1967 - 1977 Arthur Kirchmaier 1977 Horst Emrich 1977 - 1981 Arthur Kirchmaier 1981 - 1983 Wilhelm Buder 1983 - 1985 Steffi Schäfer 1985 - 1987 Rainer Hamp 1987 - 1989 Siegfried Bernhardt 1989 - 1995 Oswald Burger 1995 - 1999 Wolfgang Dieterle 1999 - 2003 Dagmar Miedzianowski 2003 - heute Angelika Haarbach

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