16. Wahlperiode Plenarprotokoll 16/52

HESSISCHER LANDTAG 25. 11. 2004

52. Sitzung

Wiesbaden, den 25. November 2004

Seite Seite Amtliche Mitteilungen ...... 3507 89. Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Entgegengenommen ...... 3507 NEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Sofortvoll- zug für A-380-Halle im Bannwald: Landesregie- Vizepräsident Frank Lortz ...... 3507 rung setzt auf Konfrontation) Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 3556 – Drucks. 16/3216 – ...... 3522 Präsident Norbert Kartmann ...... 3577 Abgehalten ...... 3527 87. Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Ak- Frank-Peter Kaufmann ...... 3522 tuelle Stunde (Toleranz statt Ignoranz – Freiheit Clemens Reif ...... 3523 und ihre Grenzen. Für ein offenes Hessen) Michael Denzin ...... 3524, 3526 – Drucks. 16/3214 – ...... 3507 Jürgen Walter ...... 3525, 3527 Minister Dr. Alois Rhiel ...... 3526 Abgehalten ...... 3516 Vizepräsident Frank Lortz ...... 3527 90. Antrag der Fraktion der CDU betreffend eine Ak- tuelle Stunde (Hessen weist den richtigen Weg: In- tegration durch Vermittlung von Werten und Spra- 52. Antrag der Abg. Fuhrmann, Dr. Spies, Eckhardt, che!) Dr. Pauly-Bender, Schäfer-Gümbel (SPD) und – Drucks. 16/3220 – ...... 3507 Fraktion betreffend eine solidarische Bürgerversi- Abgehalten ...... 3516 cherung für alle – Drucks. 16/3169 – ...... 3527 Jörg-Uwe Hahn ...... 3507 Dr. (Rheingau) ...... 3508 Abgelehnt ...... 3528 Sabine Waschke ...... 3509 Vizepräsident Frank Lortz ...... 3527 Tarek Al-Wazir ...... 3510 Roger Lenhart ...... 3511 Ruth Wagner () ...... 3512 45. Antrag der Fraktion der SPD betreffend Distanzie- Heike Habermann ...... 3513 rung von minderheitenfeindlichen, extremen und Margaretha Hölldobler-Heumüller ...... 3514 beleidigenden Positionen des CDU-Abgeordneten Ministerin Silke Lautenschläger ...... 3515 Hans-Jürgen Irmer Vizepräsident Frank Lortz ...... 3516 – Drucks. 16/2837 – ...... 3528 Abgelehnt ...... 3538 88. Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Ak- Norbert Schmitt ...... 3528, 3533 tuelle Stunde (CDU bei schlechter Gesundheit – Priska Hinz ...... 3529 wo ist Koch?) Frank Gotthardt ...... 3531, 3534, 3537 – Drucks. 16/3215 – ...... 3516 Tarek Al-Wazir ...... 3533 Abgehalten ...... 3522 Ruth Wagner (Darmstadt) ...... 3535 Jürgen Walter ...... 3536 Andrea Ypsilanti ...... 3516 Vizepräsident Lothar Quanz ...... 3537 Anne Oppermann ...... 3518 Reinhard Kahl ...... 3537 Kordula Schulz-Asche ...... 3519 Präsident Norbert Kartmann ...... 3538 Florian Rentsch ...... 3520 Ministerin Silke Lautenschläger ...... 3520 siehe auch Anlage 1 ...... 3597 Vizepräsident Frank Lortz ...... 3522 Abstimmungsliste (Anlage 2) ...... 3599

Ausgegeben am 16. Dezember 2004 Herstellung: Druckerei Chmielorz GmbH, 65205 Wiesbaden · Auslieferung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postf. 3240 · 65022 Wiesbaden II Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Seite Seite 55. Entschließungsantrag der Fraktion der FDP betref- 27. Entschließungsantrag der Fraktion der CDU be- fend Föderalismusreform treffend Landesprogramm „Bürgschaft ohne – Drucks. 16/3173 – ...... 3546 Bank“ erfolgreich angelaufen! In geänderter Fassung angenommen ...... 3556 – Drucks. 16/2730 – ...... 3565 Hierzu: Angenommen ...... 3565 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 3565 FDP – Drucks. 16/3247 – ...... 3556 30. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses Angenommen ...... 3556 für Wirtschaft und Verkehr zu dem Entschließungs- Jörg-Uwe Hahn ...... 3546 antrag der Fraktion der SPD betreffend Zukunft Armin Klein (Wiesbaden) ...... 3549 der Investitionsbank in Hessen Jürgen Walter ...... 3551 – Drucks. 16/2603 zu Drucks. 16/2227 – ...... 3565 Tarek Al-Wazir ...... 3553 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3565 Ministerpräsident Roland Koch ...... 3554 Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 3565 Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 3556

31. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses 10. a) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landes- für Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der regierung für ein Gesetz über die Feststellung Fraktion der FDP betreffend hessische Wirtschafts- des Haushaltsplans des Landes Hessen für das förderung Haushaltsjahr 2005 (Haushaltsgesetz 2005) und – Drucks. 16/2604 zu Drucks. 16/2472 – ...... 3565 zur Änderung der Hessischen Landeshaushalts- Beschlussempfehlung angenommen ...... 3565 ordnung Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 3565 – Drucks. 16/3193 zu Drucks. 16/2703 – . . 3538, 3556 Nach zweiter Lesung dem Haushaltsausschuss zurücküberwiesen ...... 3566 42. Antrag der Fraktion der SPD betreffend geplanter Kellereineubau der Hessischen Staatsweingüter GmbH b) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landes- – Drucks. 16/2827 – ...... 3565 regierung für ein Finanzausgleichsänderungsge- setz 2005 Dem Haushaltsausschuss überwiesen ...... 3565 – Drucks. 16/3194 zu Drucks. 16/2700 – . . 3538, 3556 Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 3565 Hierzu: Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/ 117. Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN DIE GRÜNEN betreffend Kosteneinsparung – Drucks. 16/3221 und 16/3222 – durch ein alternatives Kellereikonzept für die Hes- Nach zweiter Lesung dem Haushaltsausschuss sische Staatsweingüter GmbH zurücküberwiesen ...... 3566 – Drucks. 16/3239 – ...... 3565 Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 3564 Dem Haushaltsausschuss überwiesen ...... 3565 Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 3565 Einzelplan 04 Nicola Beer ...... 3538 Heike Habermann ...... 3538 6. Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregie- Dorothea Henzler ...... 3540 rung für ein Gesetz zu dem Achten Staatsvertrag Priska Hinz ...... 3541 zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge Hans-Jürgen Irmer ...... 3543 (Achter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) und zur Ministerin Karin Wolff ...... 3544 Änderung des Hessischen Privatrundfunkgesetzes Präsident Norbert Kartmann ...... 3546 – Drucks. 16/2866 – ...... 3566 Dem Hauptausschuss überwiesen ...... 3575 Einzelplan 15 Nicola Beer ...... 3556 118. Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betref- Sarah Sorge ...... 3558 fend die Weiterentwicklung des öffentlich-recht- Eva Kühne-Hörmann ...... 3560 lichen Rundfunks in Hessen Michael Siebel ...... 3561 – Drucks. 16/3240 – ...... 3568 Minister Udo Corts ...... 3563 Dem Hauptausschuss überwiesen ...... 3575 Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 3564 Minister Stefan Grüttner ...... 3566 Michael Siebel ...... 3568 58. Antrag der Fraktion der CDU betreffend Video- Priska Hinz ...... 3570 konferenztechnik Jörg-Uwe Hahn ...... 3571 – Drucks. 16/3176 – ...... 3565 Volker Hoff ...... 3574 Angenommen ...... 3565 Präsident Norbert Kartmann ...... 3575 Frank-Peter Kaufmann ...... 3565 Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 3565 7. Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregie- rung für ein Viertes Gesetz zur Änderung des Ge- 25. Antrag der Fraktion der SPD betreffend Ausver- setzes über die Aufnahme ausländischer Flücht- kauf Hessens durch falsches Immobilienmanage- linge ment der Landesregierung – Drucks. 16/3103 – ...... 3575 – Drucks. 16/2725 – ...... 3565 Dem Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen . . . 3576 Dem Haushaltsausschuss überwiesen ...... 3565 Ministerin Silke Lautenschläger ...... 3576 Vizepräsidentin Ruth Wagner ...... 3565 Präsident Norbert Kartmann ...... 3576 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 III

Seite Seite 9. Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesre- 59. Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpoliti- gierung für ein Hessisches Gesetz zur Ausführung schen Ausschusses zu dem Entschließungsantrag des Wohnraumförderungsgesetzes und zur Ände- der Fraktion der CDU betreffend Zwangs-Gesamt- rung des Gesetzes zur Neugliederung des Lahn- schule NEIN – Schulvielfalt und Schulwahlfreiheit Dill-Gebietes und zur Übertragung von weiteren JA Aufgaben auf kreisangehörige Gemeinden mit – Drucks. 16/2841 zu Drucks. 16/2220 – ...... 3593 mehr als 50.000 Einwohnern sowie zur Regelung Beschlussempfehlung angenommen ...... 3593 sonstiger Fragen der Verwaltungsreform – Drucks. 16/2855 zu Drucks. 16/2719 – ...... 3576 Präsident Norbert Kartmann ...... 3593 In zweiter Lesung angenommen: Gesetz beschlossen ...... 3577 60. Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpoliti- schen Ausschusses zu dem Entschließungsantrag Dr. Walter Lübcke ...... 3576 der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betref- Präsident Norbert Kartmann ...... 3577 fend Schüler und Schülerinnen aussortieren NEIN – individuelle Förderung von Kindern und Jugend- lichen JA – Drucks. 16/2842 zu Drucks. 16/2307 – ...... 3593 12. Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesre- gierung für ein Drittes Gesetz zur Änderung des Beschlussempfehlung angenommen ...... 3593 Hessischen Hochschulgesetzes und anderer Ge- Präsident Norbert Kartmann ...... 3593 setze – Drucks. 16/3102 zu Drucks. 16/2718 – ...... 3577 61. Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpoliti- Nach zweiter Lesung dem Ausschuss für Wissen- schen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der schaft und Kunst zurücküberwiesen ...... 3585 SPD betreffend Nein zur Abschaffung der Berufs- Nicola Beer ...... 3577 schulpflicht Sarah Sorge ...... 3579 – Drucks. 16/2843 zu Drucks. 16/2340 – ...... 3593 Eva Kühne-Hörmann ...... 3581 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3593 Michael Siebel ...... 3582 Präsident Norbert Kartmann ...... 3593 Minister Udo Corts ...... 3583 Präsident Norbert Kartmann ...... 3585 62. Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpoliti- schen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD betreffend falsche Weichenstellungen in der Schulpolitik 13. Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesre- – Drucks:16/2844 zu Drucks. 16/2341 – ...... 3593 gierung für ein Hessisches Gesetz zur Gleichstel- lung behinderter Menschen und zur Änderung an- Beschlussempfehlung angenommen ...... 3593 derer Gesetze (Hessisches Behinderten-Gleichstel- Präsident Norbert Kartmann ...... 3593 lungsgesetz – HessBGG) – Drucks. 16/3199 zu Drucks. 16/2607 – ...... 3585 63. Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpoliti- Hierzu: schen Ausschusses zu dem Dringlichen Antrag der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und Fraktion der FDP betreffend Sicherstellung eines der FDP zukunftsfähigen Schulsystems – Drucks. 16/3241 – ...... 3585 – Drucks. 16/2845 zu Drucks. 16/2381 – ...... 3594 Nach zweiter Lesung dem Sozialpolitischen Aus- Beschlussempfehlung angenommen ...... 3594 schuss zurücküberwiesen ...... 3593 Präsident Norbert Kartmann ...... 3594

92. Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion 64. Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpoliti- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Hessisches schen Ausschusses zu dem Dringlichen Antrag der Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen Fraktion der FDP betreffend Sicherstellung einer und zur Änderung anderer Gesetze zukunftsweisenden Lehrerbildung – Drucks. 16/3198 zu Drucks. 16/1746 – ...... 3585 – Drucks. 16/2846 zu Drucks. 16/2382 – ...... 3594 Nach zweiter Lesung dem Sozialpolitischen Aus- Beschlussempfehlung angenommen ...... 3594 schuss zurücküberwiesen ...... 3593 Präsident Norbert Kartmann ...... 3594 119. Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend interdisziplinäre Studien- und 65. Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpoliti- Prüfungsinhalte im Hinblick auf behindertenge- schen Ausschusses zu dem Entschließungsantrag rechtes, energie- und umweltgerechtes Bauen der Fraktion der SPD betreffend Vertrauen miss- – Drucks. 16/3250 – ...... 3585 braucht, Versprechen gebrochen: Das Programm „Demotivation plus“ für Hessens Schulen Hierzu: – Drucks. 16/2847 zu Drucks. 16/2401 – ...... 3594 Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Beschlussempfehlung angenommen ...... 3594 – Drucks. 16/3252 – ...... 3585 Präsident Norbert Kartmann ...... 3594 Dem Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen . . . 3593 Dr. Thomas Spies ...... 3585 66. Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpoliti- schen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion Dr. Andreas Jürgens ...... 3587 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Kultus- Ilona Dörr (Bergstraße) ...... 3588 ministerin in besonderer Notlage Florian Rentsch ...... 3590, 3592 – Drucks. 16/2848 zu Drucks. 16/2435 – ...... 3594 Petra Fuhrmann ...... 3591 Ministerin Silke Lautenschläger ...... 3592 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3594 Präsident Norbert Kartmann ...... 3593 Präsident Norbert Kartmann ...... 3594 IV Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Seite Seite 67. Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpoliti- 77. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses schen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der für Wirtschaft und Verkehr zu dem Dringlichen An- FDP betreffend Personalentwicklungskonzept für trag der Fraktion der SPD betreffend Mittelstand die nicht verbeamteten Lehrerinnen und Lehrer stärken – Ladenschlusszeiten beibehalten – Drucks. 16/2849 zu Drucks. 16/2442 – ...... 3594 – Drucks. 16/2860 zu Drucks. 16/2513 – ...... 3595 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3594 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3595 Präsident Norbert Kartmann ...... 3594 Präsident Norbert Kartmann ...... 3595

68. Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpoliti- 78. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses schen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der für Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der CDU betreffend hervorragende Schulpolitik der Fraktion der CDU betreffend erfolgreiche hessi- Landesregierung: Versprechen gehalten – Ver- sche Initiative macht Energieverbraucher zu Ge- trauen gerechtfertigt winnern – Drucks. 16/2850 zu Drucks. 16/2484 – ...... 3594 – Drucks. 16/2861 zu Drucks. 16/2630 – ...... 3595 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3594 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3595 Präsident Norbert Kartmann ...... 3595 Präsident Norbert Kartmann ...... 3594 79. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses 69. Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpoliti- für Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der schen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend FDP betreffend Stellenbesetzung im Bereich der Netzmonopole dürfen den Einsatz regenerativer Lehrerfortbildung und zukunftsfähiger Energien nicht behindern – Drucks. 16/2851 zu Drucks. 16/2625 – ...... 3594 – Drucks. 16/2862 zu Drucks. 16/2669 – ...... 3595 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3594 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3595 Präsident Norbert Kartmann ...... 3594 Präsident Norbert Kartmann ...... 3595

70. Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpoliti- 80. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses schen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der für Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der FDP betreffend Änderungen im Lehrerzuwei- Fraktion der CDU betreffend rot-grünes Chaos sungsverfahren blockiert Hessens Straßen- und Schienenwege – Drucks. 16/2852 zu Drucks. 16/2626 – ...... 3594 – Drucks. 16/2863 zu Drucks. 16/2631 – ...... 3595 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3594 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3595 Präsident Norbert Kartmann ...... 3594 Präsident Norbert Kartmann ...... 3595

81. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses 73. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu dem Dringlichen An- für Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der trag der Fraktion der SPD betreffend Falschdar- Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend stellungen der CDU im Zusammenhang mit Schie- fehlende Energiepolitik in Hessen – überfälligen nenverkehrsprojekten in Hessen Energiebericht vorlegen – Drucks. 16/2864 zu Drucks. 16/2654 – ...... 3595 – Drucks. 16/2856 zu Drucks. 16/2201 – ...... 3594 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3595 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3594 Präsident Norbert Kartmann ...... 3595 Präsident Norbert Kartmann ...... 3594 83. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses 74. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst zu dem Antrag der für Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend auch bei der Lehrerbildung die Hochschulautono- zukunftsorientierte Energiepolitik in Hessen mie wahren! – Drucks. 16/2857 zu Drucks. 16/2432 – ...... 3594 – Drucks. 16/3096 zu Drucks. 16/2347 – ...... 3595 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3595 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3595 Präsident Norbert Kartmann ...... 3594 Präsident Norbert Kartmann ...... 3595

75. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses 84. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der für Wissenschaft und Kunst zu dem Antrag der Fraktion der FDP betreffend schleunigst weg mit Fraktion der SPD betreffend zukunftsfähige Leh- dem Ladenschluss – für ein hessisches Landesge- rerbildung ermöglichen – Experimentierklausel für setz zur Ladenöffnung Lehrerbildungsgesetz – Drucks. 16/2858 zu Drucks. 16/2415 – ...... 3595 – Drucks. 16/3098 zu Drucks. 16/2621 – ...... 3595 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3595 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3596 Präsident Norbert Kartmann ...... 3595 Präsident Norbert Kartmann ...... 3595 85. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses 76. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst zu dem Dringlicher An- für Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der trag der Fraktion der CDU betreffend Reform der Fraktion der CDU betreffend weitgehende Libera- Lehrerbildung in Hessen – ein Qualitätssprung lisierung des Ladenschlusses überfällig nach vorn – Drucks. 16/2859 zu Drucks. 16/2479 – ...... 3595 – Drucks. 16/3100 zu Drucks. 16/2653 – ...... 3596 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3595 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3596 Präsident Norbert Kartmann ...... 3595 Präsident Norbert Kartmann ...... 3596 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 V

Seite Seite 94. Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus- lizeidienststellen – sicherheitspolitischer Offenba- schusses zu dem Antrag der Abg. Eckhardt, Faeser, rungseid der Landesregierung Habermann, Hartmann, Hofmann, Hofmeyer, Pi- – Drucks. 16/3191 zu Drucks. 16/2732 – ...... 3596 ghetti, Rudolph, Schaub, Siebel, Tesch, Waschke Beschlussempfehlung angenommen ...... 3596 (SPD) und Fraktion betreffend Schaffung einer Härtefallkommission in Hessen Präsident Norbert Kartmann ...... 3596 – Drucks. 16/3190 zu Drucks. 16/2015 – ...... 3596 Beschlussempfehlung angenommen ...... 3596 96. Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus- Präsident Norbert Kartmann ...... 3596 schusses zu dem Dringlichen Antrag der Fraktion der CDU betreffend mehr Polizei auf Hessens Stra- ßen 95. Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus- – Drucks. 16/3192 zu Drucks. 16/2755 – ...... 3596 schusses zu dem Antrag der Abg. Hofmeyer, Ru- dolph, Siebel, Waschke (SPD) und Fraktion betref- Beschlussempfehlung angenommen ...... 3596 fend Teilschließung und Zusammenlegung von Po- Präsident Norbert Kartmann ...... 3596

Im Präsidium: Präsident Norbert Kartmann Vizepräsident Frank Lortz Vizepräsident Lothar Quanz Vizepräsidentin Ruth Wagner

Auf der Regierungsbank: Ministerpräsident Roland Koch Minister und Chef der Staatskanzlei Stefan Grüttner Minister des Innern und für Sport Volker Bouffier Minister der Finanzen Karlheinz Weimar Kultusministerin Karin Wolff Minister für Wissenschaft und Kunst Udo Corts Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung Dr. Alois Rhiel Minister für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz Wilhelm Dietzel Sozialministerin Silke Lautenschläger Staatssekretär Dirk Metz Staatssekretärin Oda Scheibelhuber Staatssekretär Dr. Walter Arnold Staatssekretär Harald Lemke Staatssekretär Herbert Landau Staatssekretär Karl-Joachim Jacobi Staatssekretär Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard Staatssekretär Bernd Abeln Staatssekretär Karl-Winfried Seif Staatssekretär Gerd Krämer

Abwesende Abgeordnete: Evelin Schönhut-Keil Dr. Christean Wagner

Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3507

(Beginn: 9.02 Uhr) mit dem Fremden, mit dem anderen auseinander zu set- zen. Das ist in der Tat eines unserer wesentlichen Pro- bleme in dieser Diskussion. Vizepräsident Frank Lortz: Angst macht eine Gesellschaft schwach. Aus dieser Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Plenarsitzung Schwäche heraus wird allzu häufig und manchmal auch und heiße Sie alle mit einem frohen Glückauf an dem heu- etwas leichtfertig ein starker Staat gefordert. Dieser tut in tigen Plenartag willkommen. Ich freue mich, dass Sie ge- der Tat teilweise Gutes, denn er bekämpft die Feinde der kommen sind, und stelle die Beschlussfähigkeit des Hau- Demokratie – Hassprediger, Islamisten und Neonazis –, ses fest. die offensichtlich gegen diesen Rechtsstaat sind. Das ist in Zur Tagesordnung: Erledigt sind die Tagesordnungs- den Augen der Liberalen richtig und notwendig.Aber nur punkte 1 bis 5, 8, 10 a und 10 b – hier haben wir noch zwei eine starke Gesellschaft ist wirklich in der Lage, ein tole- Einzelpläne zu beraten –, 25 bis 27, 30, 31, 36, 40, 42, 47, 50, rantes Miteinander verschiedener Kulturen dauerhaft zu 57, 58, 71, 72, 86, 97 bis 99 und 117. garantieren. Zum Ablauf der Sitzung: Wir tagen heute bis 19 Uhr. (Beifall bei der FDP) Sollte nach der Abstimmung über den Haushalt etwas Zeit übrig bleiben, schieben wir, wie verabredet, eine Deswegen sagen wir Ihnen: Natürlich brauchen wir einen kleine Mittagspause ein. gut funktionierenden Staat. Vor allem aber brauchen wir eine starke Gesellschaft. Das eigentliche Problem in un- Wir beginnen mit den vier Anträgen betreffend eine Ak- serer Gesellschaft besteht nicht in einem gewaltbereiten tuelle Stunde, wobei wir die Tagesordnungspunkte 87 und Islamismus oder Extremismus. Es geht übrigens auch 90 vereinbarungsgemäß in dieser Reihenfolge aufrufen. nicht um die finanzielle Ausstattung staatlicher Institutio- Den Fraktionen stehen je Aktuelle Stunde je fünf Minu- nen oder um Sprachlabors. ten Redezeit zur Verfügung. Bei den ersten beiden Anträ- gen sind es zweimal fünf Minuten Redezeit. Das eigentliche Problem ist vielmehr das sehr weit ver- breitete Phänomen der Alltagsintoleranz. Ich habe gesagt, Anschließend geht es weiter mit Tagesordnungspunkt 52, Toleranz hat etwas damit zu tun,dass man das Fremde an- Antrag von Abgeordneten der Fraktion der SPD zu dem nimmt und sich mit ihm auseinander setzt. Man kann fest- Thema solidarische Bürgerversicherung für alle. Über stellen, dass diese Fähigkeit in unserem Land ein wenig diesen Tagesordnungspunkt wird ohne Aussprache abge- verloren gegangen ist. Dies hat unserer Meinung nach we- stimmt. Im Anschluss daran wird Tagesordnungspunkt 45 nigstens zwei Gründe. Der erste Grund ist die Angst. Aus behandelt. Anschließend werden wir mit den Beratungen Angst vor dem Fremden wird jede Auseinandersetzung zu den Einzelplänen 04 und 15 die Debatte über das mit ihm von vornherein vermieden. Der zweite Grund Haushaltsgesetz fortführen. Danach wird in zweiter Le- liegt in der naiven Multikulti-Geisteshaltung, jede Form sung über den Haushalt abgestimmt. des Fremden kritiklos zu akzeptieren. Längst hat die To- Gegen 14 Uhr fahren wir mit der Beratung von Tagesord- leranz einer aktiven Ignoranz Platz gemacht, und das müs- nungspunkt 55, Entschließungsantrag der Fraktion der sen wir in unserer Gesellschaft ändern. FDP betreffend Föderalismusreform, Drucks. 16/3173, (Beifall bei der FDP) fort. Hierzu wurde heute Morgen auf Ihren Plätzen ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP, Beides schadet der Integration, denn wir leben nicht mehr Drucks. 16/3247, verteilt. Zum Abschluss des heutigen Sit- miteinander, sondern nur noch nebeneinander her. Des- zungstages werden wir noch einige Gesetzeslesungen halb ist es die Aufgabe der Politik – auch der des Hessi- durchführen. schen Landtags –, wieder für mehr Toleranz in der Gesell- Entschuldigt fehlt heute Herr Staatsminister Dr. Chris- schaft zu werben.Wir stehen in der Pflicht, den Menschen tean Wagner. die Angst vor einer Auseinandersetzung mit dem Frem- den zu nehmen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 87 auf: Wir können dies tun, indem wir deutlich machen, dass un- Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle ser Land – auch unser Bundesland – immer ein Einwan- Stunde (Toleranz statt Ignoranz – Freiheit und ihre Gren- derungsland war und das auch bleiben wird und muss: von zen. Für ein offenes Hessen) – Drucks. 16/3214 – den Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg über die in Verbindung damit Tagesordnungspunkt 90: Boatpeople und die Gastarbeiter bis hin zu den Aussied- lern. Antrag der Fraktion der CDU betreffend eine Aktuelle Stunde (Hessen weist den richtigen Weg: Integration (Beifall bei der FDP) durch Vermittlung von Werten und Sprache!) – Drucks. 16/3220 – Die Einwanderung ist für uns keine Bedrohung, sondern ein stetig fortschreitender Prozess.Angesichts unserer de- Wir haben vereinbart, dass die Fraktionen zweimal fünf mographischen Entwicklung sage ich Ihnen: Die Einwan- Minuten Redezeit haben. Herr Kollege Hahn, der Frak- derung ist geradezu eine Notwendigkeit für unsere Ge- tionsvorsitzende der FDP,beginnt. sellschaft. (Beifall bei der FDP) Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wir können den Menschen die Angst aber nur dann neh- Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- men, wenn wir sie in die Lage versetzen, mit dem Fremden ren! Einfach ausgedrückt bedeutet Toleranz für uns Libe- richtig umzugehen. Deshalb müssen wir von einer be- rale das Auseinandersetzen mit dem anderen, mit dem stimmten Geisteshaltung abkommen. Ich sagte es eben Fremden. Unsere Gesellschaft ist aber zurzeit zu verunsi- schon: Die multikulturellen Gutmenschen in unserer Ge- chert, als dass sie in der Lage wäre, sich wirklich angstfrei sellschaft belegen jede kritische Auseinandersetzung 3508 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

(Beifall bei der FDP – Zurufe von dem BÜNDNIS Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): 90/DIE GRÜNEN: Oh!) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- – Sie hören es schon wieder – mit dem Fremden, mit dem ren! Hessen weist den richtigen Weg – Integration durch Neuen sofort mit einem Tabu. Diese Tabuisierung führt Vermittlung von Werten und Sprache. Nach der Ermor- letztlich zu einem fremdenfeindlichen Verhalten und dung von Theo van Gogh und anderen gewaltsamen Ak- Denken. Die Tabuisierung provoziert das geradezu. Statt- tionen in den Niederlanden und teilweise auch bei uns hat dessen brauchen wir eine offene und ehrliche Ausein- eine intensive Diskussion über die Frage des friedlichen andersetzung und das Ansprechen von Problemen. Zusammenlebens mit unseren Mitbürgerinnen und Mit- bürgern aus der islamischen Welt begonnen. Ich glaube, (Beifall bei der FDP) unser Ziel muss und kann nur lauten: Es ist der richtige Wir brauchen das Ansprechen von Problemen, die die Weg, den die Landesregierung einschlägt, der Weg der In- verschiedenen Kulturen miteinander haben, sowie ein of- tegration durch Vermittlung von Werten und Sprache und fenes und gemeinsames Ausdiskutieren dieser Probleme. gegen die Entwicklung von Parallelgesellschaften. Nur dann hat unsere Gesellschaft eine echte Chance, zu (Beifall bei der CDU) einer wirklichen Integration zu kommen. Meine Damen und Herren, wer hier friedlich mit unseren (Beifall bei der FDP) Mitbürgerinnen und Mitbürgern gern zusammenleben Das hat nichts mit Institutionen zu tun. Der Erfolg wird will, der muss unsere Kultur, die auf christlich-humanisti- vielmehr davon abhängen, ob wir – die Politik – in der schen Werten beruht, und unsere Verfassung anerkennen. Lage sind, die Menschen auf diese Reise mitzunehmen. (Beifall bei der CDU und des Abg. Jörg-Uwe Hahn Die erwähnten Tabus oder die so genannte Political Cor- (FDP) – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE rectness führen eher dazu, dass Staat und Gesellschaft GRÜNEN): Wie Herr Kanther!) ohnmächtig werden. Das würde das Gegenteil von Tole- ranz in unserer Gesellschaft bedeuten. – Herr Al-Wazir, die rot-grüne Politik einer Multikultige- sellschaft ist gescheitert. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der CDU) Toleranz heißt für uns Liberale nicht,dass wir alles und je- des erdulden müssen. Wer hier extremistisches islamisches Gedankengut ver- breitet oder sogar einer islamistischen terroristischen Ver- einigung angehört, hat sein Aufenthaltsrecht in der Bun- Vizepräsident Frank Lortz: desrepublik Deutschland verwirkt. Herr Kollege Hahn, Sie müssen zum Schluss kommen. (Beifall bei der CDU) Die Entwicklung zu Parallelgesellschaften muss verhin- dert werden. Der hessische Weg der Integration durch Jörg-Uwe Hahn (FDP): Vermittlung von Werten und Sprache ist richtig. Zu die- Toleranz hat vielmehr eine klare Grenze. sem Weg gehört die Einrichtung des Integrationsbeirates. Zu diesem Weg gehört unser Konzept zur Integration. Zu (Volker Hoff (CDU): Ja!) diesem Weg gehört der Integrationsbericht bis hin zum Wir müssen nicht die armselige Leitkulturdiskussion füh- Thema Integrationspreis. Dazu gehört auch die Einrich- ren. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der tung von Vorlaufkursen beispielsweise in den Schulen,da- Wertekanon, der Grundlage unserer Gesellschaft ist, sind mit nicht nur die Qualität in den Schulen verbessert, son- die Grundrechte in unserem Grundgesetz. Darüber darf dern auch ein entsprechender Beitrag zur Integration ge- es und kann es keine Diskussion mehr geben. leistet wird. Das Erlernen der deutschen Sprache – die deutsche Sprache ist ein entscheidender Weg zur Integra- (Beifall bei der FDP) tion – gilt für Schülerinnen und Schüler, aber auch für Er- wachsene. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, deshalb müssen wir auch jedem, der in unser Land kommen will, (Beifall bei der CDU und des Abg. Jörg-Uwe Hahn sagen: Das ist unser Wertekanon. Stehst du zu unserem (FDP)) Wertekanon, akzeptierst du diesen Wertekanon, und bist Meine Damen und Herren, zu diesem Weg gehört auch, du bereit, mit uns diesen Wertekanon zu leben? – Dann ist dass wir die Werte unserer Verfassung und Tradition jeder Fremde in unserem Land erwünscht und kann nach durchsetzen, achten und auch wahren. Deshalb haben wir seiner Fasson glücklich werden. hier das Tragen des islamistischen Kopftuches für Beam- (Beifall bei der FDP) tinnen und Beamte verboten, weil es ein Symbol der Un- freiheit und der Unterdrückung der Frau ist und sich klar Wenn er aber – Herr Präsident, das ist mein letzter Satz – gegen unsere Verfassung richtet. nicht bereit ist, diesen Wertekanon zu akzeptieren, muss die Gesellschaft die Entscheidung treffen und sagen: Die- (Beifall bei Abgeordneten der CDU) ser Fremde hat in unserer Gesellschaft nichts zu suchen. – Zu diesem Weg gehört auch, dass wir die Schaffung von is- Vielen Dank. lamistischen Feiertagen statt eines christlichen Feiertages (Beifall bei der FDP) mit Nachdruck ablehnen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU) Vizepräsident Frank Lortz: Wer als Bundesminister so etwas für richtig ansieht, ge- hört aus meiner Sicht sofort entlassen. Das Wort hat Kollege Dr. Jung, Fraktionsvorsitzender der CDU. (Beifall bei der CDU) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3509

Das widerspricht jeder Entwicklung einer vernünftigen Ein Gesetz zum Kopftuchverbot für hessische Beamtin- Integration. Herr Kollege Al-Wazir, die „Offenbach Post“ nen hätten wir nicht gebraucht. Es gibt keine einzige Leh- hat aus meiner Sicht zu Recht geschrieben: rerin in hessischen Schulen, die ein Kopftuch trägt. Aber es ist ein schönes Thema, So wird mehr gespalten anstatt integriert und eine gefährliche Parallelgesellschaft geradezu ermun- (Zurufe von der CDU) tert, statt gegenseitigen Respekt vor der Kultur an- um sich ideologisch auf Kosten der bei uns lebenden Mus- derer Menschen zu vermitteln. lime zu profilieren. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, un- (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des ser Weg ist richtig: für Integration und gegen Parallelge- BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen sellschaften, für Werteorientierung und Sprachvermitt- Irmer (CDU): Was sagt der Bundeskanzler dazu?) lung, für Freiheit und Gleichheit und gegen die Unter- drückung der Frau, für Respekt gegenüber anderen Kul- – Ich habe gemerkt, die CDU ist auf der rechten Seite turen, aber gegen eine Multikultigesellschaft. – Besten wach geworden. Ich habe mir das schon gedacht. – An- Dank. ders, das will ich an dieser Stelle sehr deutlich sagen, war der Flyer der CDU Hessen zum Kopftuchverbot, der be- (Beifall bei der CDU und der FDP) reits vor der letzten Abstimmung in diesem Hause ge- druckt wurde, nicht zu erklären. Last, but not least – das ist der Gipfel: Der CDU-Landtagsabgeordnete Irmer, seines Vizepräsident Frank Lortz: Zeichens bildungspolitischer Sprecher, hat kürzlich öf- Das Wort hat Frau Kollegin Waschke, SPD-Fraktion. fentlich gefordert, (Zurufe von der CDU – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Thema verfehlt!) Sabine Waschke (SPD): das Grundrecht auf Asyl abzuschaffen. Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sprechen heute Morgen über Toleranz und ein offe- (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist falsch, was Sie nes Hessen. Das sind Begriffe, die in Zukunft von großer sagen!) Bedeutung sein werden. Der demographische Wandel – – Ich habe den Artikel gelesen, Herr Irmer. Kollege Hahn hat es angesprochen – wird uns mit allen seinen Konsequenzen in den nächsten Jahrzehnten be- (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Aber nicht richtig!) schäftigen. Nahezu alle Experten, die wir in der Enquete- kommission gehört haben, waren sich in ihrer Einschät- Migrantinnen und Migranten werden so bewusst ausge- zung einig, die zurückgehende Bevölkerungszahl und die grenzt, und in der Aufnahmegesellschaft werden Ängste älter werdende Gesellschaft seien nur durch zwei Fakto- geschürt. ren zu beeinflussen – zum einen durch die Steigerung der (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Tabuisieren!) Geburtenrate, die erst zeitverzögert wirken wird, und zum anderen durch Zuwanderung. Meine Damen und Herren, so werden wir den Wettbe- werb um die besten Köpfe bestimmt nicht gewinnen. Die Zuwanderung wird unsere Probleme nicht lösen. Das ist unbestritten. Aber Zuwanderung wird sie abschwä- (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des chen, wenn sie gut organisiert ist und die Menschen in den BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Arbeitsmarkt integriert werden. Es gibt noch einen anderen Aspekt, und das ist die Hu- (Beifall bei der SPD) manität. In unserem Grundgesetz haben wir die verbriefte Pflicht, Menschen in Not Asyl zu gewähren. Diesen Arti- Wir werden in Zukunft in den Wettbewerb um die besten kel haben die Väter und Mütter des Grundgesetzes unter Köpfe mit anderen europäischen Ländern und auch mit dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges und der Flucht den USA treten. Da ist es von eminent wichtiger Bedeu- vieler Menschen festgeschrieben. Auch heute flüchten tung, welches wir in der Welt abgeben. Wir müssen Menschen vor Krieg und Verfolgung. Wir müssen sie als den Menschen, die zu uns kommen und hier leben und ar- tolerantes und weltoffenes Land in ihrer Not aufnehmen. beiten wollen, das Gefühl geben, uns willkommen zu sein. Die Menschen, die zu uns kommen, brauchen eine Davon sind wir in den letzten Wochen meilenweit ent- Chance, sich zu integrieren. fernt. Zu Dr. Jung möchte ich sagen: Sie haben an dieser Stelle (Beifall bei der SPD) wieder über Islamismus gesprochen. Sie haben wieder dieses Bild gestellt. Der brandenburgische Innenminister Schönbohm, CDU, fordert im „Spiegel“: Ich habe gestern im ZDF eine Sendung von Maybrit Illner gesehen. In dieser Sendung sagte der ehemalige Leiter des In Deutschland lebende Ausländer müssen die Bundeskriminalamtes deutlich: Die Zahl der gewaltberei- deutsche Leitkultur übernehmen. ten Islamisten in Deutschland ist dreistellig. Da ist sie wieder, diese unsägliche Diskussion um die so (Jörg-Uwe Hahn (FDP) und Dr. Franz Josef Jung genannte deutsche Leitkultur, wie sie auch aussehen soll. (Rheingau) (CDU): Auch eine dreistellige Zahl Die von der CDU geführte Debatte über den EU-Eintritt Gewaltbereiter ist zu viel! – Dr. Franz Josef Jung der Türkei schürt aus ideologischen Gründen Ängste bei (Rheingau) (CDU): Das ist abenteuerlich!) den Menschen – unverantwortlich. Ich möchte nun auf die Kommunen zu sprechen kommen. (Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU – Denn hier findet die Integration zuallererst statt. Da brau- Jörg-Uwe Hahn (FDP): Also tabuisieren!) chen wir mehr als solche – – 3510 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Was sagt denn Herr Schily – Ja, die FDP-Fraktion hat dazu auch eine Aktuelle dazu? Ist Genosse Schily noch Ihr Parteifreund?) Stunde beantragt. Herr Kollege Hoff, die beiden Aktuel- len Stunden wurden aber gemeinsam aufgerufen.

Vizepräsident Frank Lortz: Ich glaube, wir sollten zu diesem Thema ernsthaftere Dis- kussionsbeiträge liefern, als es Herr Kollege Jung getan Meine Damen und Herren, ich darf um Aufmerksamkeit hat. bitten. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ist Herr Schily Ihr Partei- und bei Abgeordneten der SPD – Jörg-Uwe Hahn freund?) (FDP): Sie haben die Weisheit mit Löffeln gefres- sen!)

Sabine Waschke (SPD): Herr Kollege Hahn, momentan erleben wir, dass es gera- dezu – so würde ich das sagen – eine Hysterie der Medien Wir brauchen mehr als solche Placebo-Veranstaltungen zum Thema Islam gibt. Wir müssen uns doch fragen, wie wie „Kommune und Land – Hand in Hand“. Die Flyer sol- wir damit umgehen wollen, cher Veranstaltungen verschwinden bei den Kommunen (Jörg-Uwe Hahn (FDP): So wie Herr Trittin und gleich in der Schublade. Herr Ströbele!) (Beifall bei der SPD und des Abg. Tarek Al-Wazir ob wir diese Hysterie verstärken wollen oder ob wir uns (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) um das kümmern wollen, was eigentlich unsere Aufgabe Die Kommunen brauchen handfeste finanzielle Unter- ist. Eigentlich sollten wir auf der einen Seite sagen, wo es stützung, die Landesregierung tut aber genau das Gegen- keine Probleme gibt.Auf der anderen Seite sollten wir sa- teil. Im Rahmen der „Offensive düstere Zukunft“ wurde gen, wie man die Probleme lösen kann, die es gibt. Das ist beispielsweise die finanzielle Unterstützung für die Mi- die ehrenvollste und beste Aufgabe der Politik. grationsberatung gestrichen. (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Dann fangen Sie einmal damit an!) Vizepräsident Frank Lortz: Herr Kollege Hahn, ich glaube, wir sollten in diesem Zu- sammenhang aufpassen und uns einmal anschauen, was Frau Kollegin Waschke, Sie müssen zum Schluss Ihrer für Bilder wir eigentlich stellen. Rede kommen. (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Genau, das ist sehr richtig! (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nein, sie muss zum Thema – Frank Gotthardt (CDU): Da müsst ihr aufpas- kommen!) sen!) Zum Beispiel hat das Wort „Parallelgesellschaften“ etwas Sabine Waschke (SPD): Ausgrenzendes. Viele Beratungsstellen in Hessen mussten deshalb schlie- (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Multikulti!) ßen. Wir brauchen also ein Umdenken in den Köpfen. Es ist unserem Land gegenüber unverantwortlich, dass Das Wort „Parallelgesellschaften“ wurde von einem So- Christdemokraten aus ideologischen Gründen Feindbil- zialwissenschaftler namens Wilhelm Heitmeyer 1996 er- der stellen und Ängste schüren. funden. (Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Herr Schröder (Beifall bei Abgeordneten der SPD) hat den Begriff übernommen!) Meine Damen und Herren, seien Sie sehr vorsichtig: In – Meinetwegen hat Herr Schröder den Begriff übernom- Deutschland haben schon einmal Asylantenwohnheime men. Auch ich spreche jetzt davon. gebrannt. – Deswegen fordere ich Sie auf: Hören Sie da- mit auf. Ich sage aber: Die spannende Frage dabei ist, was für ein Bild wir damit eigentlich nach außen produzieren. In (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des Deutschland bekennen sich 3,2 Millionen Menschen zum BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) muslimischen Glauben. Über 14 % der Bürgerinnen und Bürger Hessens haben keinen deutschen Pass. Da stellt sich doch die Frage: Glauben wir ernsthaft, 14 % der Be- Vizepräsident Frank Lortz: völkerung Hessens oder – ich nehme jetzt einmal nur die Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Al-Wazir, der Muslime – 3,2 Millionen Menschen in Deutschland lebten Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. in Parallelgesellschaften? – Nein, das tun sie nicht. (Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Das hat auch keiner vorgetragen!) Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich finde, das muss in dieser Debatte noch einmal deutlich Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- gesagt werden. ren! Auf die CDU ist Verlass. Man kann sich sicher sein, dass die hessische CDU, sobald eine Debatte beginnt, die (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN irgendetwas mit den Worten „fremd“ – besser ist aber und bei Abgeordneten der SPD) noch „Ausländer“ oder „Muslime“ – zu tun hat, sofort eine Aktuelle Stunde beantragt. Bitte sehr. Natürlich glaube auch ich, dass wir bei der Integration noch viel zu tun haben. Auch darüber besteht kein Streit: (Volker Hoff (CDU): Diese Aktuelle Stunde hat Natürlich ist das Beherrschen der Sprache eine Voraus- doch die FDP-Fraktion beantragt!) setzung für die Integration. Es muss also entsprechende Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3511

Sprachkenntnisse geben. – Machen Sie sich aber doch (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nichts vor: Es gibt Menschen, die können perfekt Deutsch und bei Abgeordneten der SPD – Lachen des Abg. und werden in dieser Gesellschaft trotzdem Schwierigkei- Hans-Jürgen Irmer (CDU)) ten haben. Denn diese Gesellschaft hat es bis heute nicht verstanden – hier war immer von Fremden die Rede –, dass der Islam inzwischen ein Teil dieser Gesellschaft ist. Vizepräsident Frank Lortz: Das wird er auch bleiben. Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Lenhart für die (Beifall des Abg. Gernot Grumbach (SPD)) CDU-Fraktion. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen noch etwas (Clemens Reif (CDU): Herr Präsident, hier wird anderes sagen. Das Titelbild des in dieser Woche erschie- ein neues Feindbild aufgebaut!) nenen „Focus“ zeigt das Problem auf. Da steht: „Unheim- liche Gäste“. Das ist genau das Problem. Diese Gesell- schaft hat nicht verstanden, dass es inzwischen Hundert- Roger Lenhart (CDU): tausende Bürgerinnen und Bürger dieses Landes gibt, die sich auch dazu bekennen, Bürgerinnen und Bürger dieses Es ist schwierig, in den verbleibenden Minuten ein solch Landes zu sein, die muslimischen Glaubens sind. Das sind komplexes Thema wie Integration der Migranten und der keine Gäste mehr. Sie sind Teil dieser Gesellschaft. Deutschen mit Migrationshintergrund zu behandeln. Das ist schon ein komplexes Thema. Aber ich denke einmal, (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diese Aktuelle Stunde gibt die Gelegenheit – – und bei Abgeordneten der SPD) (Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Herr Deswegen sage ich Ihnen: Ja,Terror und Gewalt, egal wer Präsident!) das ausübt, dürfen in dieser Gesellschaft keinen Platz ha- ben. „Herr Präsident, meine Damen und Herren“ war an die- ser Stelle der Rede vorgesehen. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Gernot Grumbach (SPD)) (Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) – Heiter- keit der Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) Ja, das ist völlig unstreitig. Das gilt unabhängig davon, wer (CDU) und Jörg-Uwe Hahn (FDP)) das ausüben will. Ich bin froh darüber, dass es am letzten Wochenende eine Demonstration der Muslime gab. Ich – Ich muss doch ein bisschen die Aufmerksamkeit erhö- hätte es besser gefunden, wenn diese Demonstration ge- hen. – Diese Aktuelle Stunde gibt sicherlich die Gelegen- gen Terror und gegen Gewalt auch Integration und Zu- heit, die in der Vergangenheit nicht offene und sachbezo- sammenleben zum Thema gehabt hätte. Denn ich weiß, gene Behandlung des Themas hier zu besprechen. Gebo- dass es natürlich viele Muslime gibt, die sich fragen: Wa- ten wäre das Gegenteil gewesen. Es ist bedauerlich, dass rum soll ich mich dauernd von irgendetwas distanzieren, erst ein Vorfall, wie er in Holland geschehen ist, uns die was ich gar nicht unterstütze? – Herr Kollege Hahn, wenn Augen öffnet, wie denn in unserem Lande die Situation in Nordirland ein Katholik einen Bombenanschlag be- hinsichtlich der Integration tatsächlich ist und wie sich die geht, fordert auch niemand Bischof Kamphaus auf, sich zu Situation und auch die Chancen auf Integration darstel- distanzieren. len. Das mussten auch wir hier erfahren. (Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Irische Terroris- Was ist die Ausgangslage? Man hat Gastarbeiter, unge- ten sind auch nicht in Deutschland!) lernte Arbeitskräfte, gesucht und in unser Land geholt. Sie – Frau Kollegin Wagner, nein, wir müssen darauf achten wurden vorwiegend in der Schwerindustrie, in der indu- striellen Massenfertigung und in der Automobilindustrie eingesetzt. Vizepräsident Frank Lortz: Jetzt brechen seit geraumer Zeit im industriellen Sektor Herr Kollege Al-Wazir, Sie müssen zum Schluss Ihrer die einfachen Arbeitsplätze weg. Für viele ausländische Rede kommen. Arbeitnehmer bedeutet dies mittel- und langfristig die Abkopplung vom Arbeitsmarkt. In der Konsequenz be- steht das Problem darin, dass die Entwicklung zur Dienst- Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): leistungsgesellschaft Gastarbeiter und ihre Nachkommen nicht mehr aufnehmen kann, weil über die Jahre hinweg – Herr Präsident, ich komme zum Schluss meiner Rede –, die notwendigen Qualifikationen nicht erworben wurden. dass wir hier nicht eine Religion unter Generalverdacht stellen. Soweit man in Hessen bis 1999 überhaupt von Integration sprechen kann, so ist das, was passiert ist, über den Ar- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beitsmarkt erfolgt. Wenn der Arbeitsmarkt künftig und bei Abgeordneten der SPD) weiterhin seinen Beitrag leisten soll, wird kein Weg daran Denn das würde das Gegenteil von dem bewirken, was vorbeiführen, dass in unserem Land für jeden selbstver- wir alle gemeinsam wollen. ständlich sein muss, dass Deutsch die Alltagssprache ist. Für Migrantenkinder wird diese Voraussetzung zusätzlich Herr Präsident, ich komme zu meinen letzten Sätzen. – erschwert, wenn dieser Gedanke von ihren Eltern nicht Ich bin dafür, dass wir den Islam im wahrsten Sinne des gelebt wird, was sich auch im Medienkonsum widerspie- Wortes einbürgern. Die hessische CDU tut seit sechs Jah- gelt. ren aber alles, um zu verhindern, dass es in deutschen Schulen Islam-Unterricht gibt, weil sie sich Herrn Irmer Deswegen ist es das richtige Signal der Hessischen Lan- als bildungspolitischen Sprecher leistet. Meine Damen desregierung, die Deutschförderkurse festzuschreiben und Herren, Sie sollten deswegen hinsichtlich der Inte- und Schulanfänger zurückzustellen, wenn sie nicht über gration schweigen. ausreichende Sprachkenntnisse verfügen. 3512 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Jetzt ist die Kenntnis der deutschen Sprache zwar eine (Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf der Abg. Grundvoraussetzung, aber sie alleine wird nicht genügen, Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) die Integration zu verwirklichen. Auch bei Migranten mit deutschem Pass wird es nicht gelingen, wenn ihr geistiges denn FDP und CDU haben mit unterschiedlichen Ansät- und kulturelles Zentrum nicht in Deutschland ist. Da ha- zen, aber im Ziel einig, immer darauf hingewiesen, dass ben wir das Problem, dass sich leider Parallelgesellschaf- selbstverständlich – dabei sind wir in der Frage der Zu- ten entwickeln, in denen die persönlichen Bedürfnisse – wanderung völlig anderer Meinung – – Arzt, Kaufhaus, Frisör oder Fahrschule – entsprechend (Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS befriedigt werden. Diese Strukturen scheinen sich immer 90/DIE GRÜNEN)) weiter zu verfestigen. – Hören Sie erst einmal zu, bevor Sie schreien. An dieser Stelle muss aber klar sein, dass für dieses ge- sellschaftliche Bild, das nicht wünschenswert ist, die deut- (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): sche Rechtsordnung genauso gilt wie überall außerhalb Das sagt die Richtige! – Weitere Zurufe von dem dieser gesellschaftlichen Entwicklungen und dass diese BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Rechtsordnung nicht mit zweierlei Maß angewendet wird. Meine Damen und Herren, Hessen hat auch heute schon In der Vergangenheit hat sich gezeigt,dass gerade die Ent- pro Jahr 6.000 Einwanderer, die wir ohne große Probleme wicklung in Parallelgesellschaften Fehlentwicklungen be- und ohne Gewalttätigkeiten integriert haben. günstigt wie die Diskriminierung von Frauen durch Zwangsheirat oder durch Benachteiligung in schulischer (Beifall bei der FDP) Ausbildung. In der Parallelgesellschaft fällt die islamisti- sche Propaganda eher auf fruchtbaren Boden als in der in- Das ist auch ein Verdienst aller vier Faktionen z. B. im tegrierten Gesellschaft. Eine Verstärkung des aggressiven Frankfurter Stadtparlament. Wir haben zum Glück keine Verhaltens ist zu erfahren. gewalttätigen Situationen wie in anderen Ländern ge- habt. Verehrter Herr Al-Wazir und Frau Waschke, wenn Wir müssen darauf reagieren, dass der Integrationswille aber plötzlich der deutsche Bundeskanzler davon spricht, bestimmter Teile in unserer Gesellschaft nicht ausrei- dass es ein Verbot für Lehrerinnen geben soll, Kopftücher chend ausgeprägt ist. Der Glaube, Integrationsangebote im Unterricht zu tragen, wenn der EKD-Vorsitzende zu unterbreiten, und die Integration funktioniere dann Wolfgang Huber fordert, dass Imame in deutscher Spra- schon von selbst, ist schlichtweg ein Irrglauben. Es muss che in den Moscheen predigen sollen – das hätte auch die durch deutliche Artikulation hinzukommen, dass eine In- EKD vor Jahren nicht gesagt; ich weiß, wovon ich rede –, tegrationserwartung in unserer Gesellschaft besteht und wenn Herr Trittin in der letzten „Frankfurter Sonntags- dass wir von einer Integrationspflicht ausgehen. Wer auf zeitung“ erklärt, Multikulti sei gescheitert, dann sind das Dauer in diesem Land leben will, muss zunächst einmal doch alles keine FDP- oder CDU-Mitglieder. Frau Beck aus eigener Initiative und eigener Verantwortung wesent- spricht davon – ich erinnere mich an eine Diskussion vor liche Integrationsleistungen erbringen. Der Sozialstaat fünf Jahren –, dass der muttersprachliche Unterricht ge- kann hier zwar unterstützend tätig werden, aber er kann scheitert ist, der in Hessen 600 Lehrerstellen verbraucht nicht die künftigen Herausforderungen und Lasten den hat, die für Deutschunterricht ab dem Kindergarten bes- Betreffenden abnehmen. ser verwendet worden wären. Es gäbe hier sicherlich noch viel zu sagen. Aber ich (Lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU) möchte es erst einmal auf diese Ausführungen beschrän- ken. – Vielen Dank. Wir haben das doch schon vor Jahren eingesehen. Sie er- klären, Sie hätten jetzt etwas gelernt. Meine Damen und (Beifall bei der CDU) Herren, wir sind kein Experimentierfeld für GRÜNE und SPD. Das will ich deutlich sagen. Vizepräsident Frank Lortz: (Lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU) Vielen Dank. – Das Wort hat die Frau Kollegin Ruth Die Anerkennung von Verschiedenheit setzt doch voraus, Wagner, FDP-Fraktion. dass ich Toleranz und Achtung vor einer anderen Religion habe. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Meine Damen und Herren! Wir erleben in den letzten Ta- gen, wie ich finde, einen Wendepunkt in der Integrations- Herr Al-Wazir, deshalb habe ich größten Respekt, politik in der Frage des Miteinanders von Kulturen. Das erleben vor allem SPD und GRÜNE. Es war über Jahr- (Fortgesetzte Zurufe von der SPD und dem zehnte in einem geteilten Deutschland in einer kleinen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) westdeutschen Republik möglich, sozusagen im Wind- wenn die größte nicht christliche Minderheit eine Riesen- schatten der globalen Auseinandersetzung ein gesell- demonstration alleine in Köln am letzten Wochenende schaftliches Experiment der so genannten multikulturel- durchgeführt hat, die bekundet: Wir gehören in diese Ge- len Integration, wenn es denn eine war, oder einer multi- sellschaft. – Es ist nicht zu kritisieren, dass sie das alleine kulturellen Gesellschaft zu machen. getan haben. Das ist ein Beitrag zu ihrem Bekenntnis zum (Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE deutschen Verfassungsstaat. GRÜNEN)) Meine Damen und Herren, darüber sollte man sich freuen Der eine Mord in Holland hat eine Diskussion in und nicht wieder sagen: Multikulti wäre uns lieber, es Deutschland ausgelöst, die wir seit Jahren hätten haben wäre besser, wenn noch ein paar Christen mitgelaufen wä- können; ren. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3513

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU – Vizepräsident Frank Lortz: Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, ich bitte, auch bei den notwendigen Zwischenrufen etwas auf die Wort- Meine Damen und Herren, der Ansatz ist falsch gewesen, wahl zu achten. und SPD und GRÜNE sollten das endlich zugeben. Was Herr Al-Wazir vorgetragen hat, trifft genau das Thema: (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE „Haltet den Dieb“. Das ist falsch. Wir müssen die Ver- GRÜNEN): Aber wenn die FDP mit Liberalität schiedenheit der Religionen und der Kulturen anerken- nichts mehr zu tun hat! – Weitere Zurufe von dem nen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD) Das Wort hat die Frau Kollegin Habermann, SPD-Frak- (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): tion. Ja, genau!) Dann wird es auch allen einleuchten, die daran Interesse haben, sei es der „Focus“, seien das die berühmten Da- Heike Habermann (SPD): men, die uns jeden Sonntag im deutschen Fernsehen er- Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist bedau- klären, wie Politik geht, seien das auch Sprecher der erlich, aber nicht verwunderlich, dass die hessische CDU christlichen Religionen, ich sage das ganz bewusst, und die dumpfen Parolen der bayerischen Welle begierig auf- andere. Am Ende muss man sagen: Die deutsche Verfas- greift und dazu heute eine Aktuelle Stunde zur Integra- sung, die Hessische Verfassung, das ist unsere Leitkultur. tion beantragt hat. Verfassungspatriotismus, das ist es, was wir einfordern. (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Ei, ei, ei!) (Beifall der Abg. Hans-Jürgen Irmer und Clemens Reif (CDU)) Neu ist allerdings, dass die hessische FDP sich auf ähnli- ches Niveau begibt – Frau Wagner, so in Teilen Ihrer Das ist nichts Neues, das sind keine neuen Werte, sondern Rede. die, die wir uns nach der Nazidiktatur in Hessen und auf Bundesebene erkämpft haben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU und der FDP) Meine Damen und Herren, jeder Gewaltbereite, ob er ein Nazi ist oder ein Islamist, ist einer zu viel in Deutschland. Frau Wagner, ich teile mit Ihnen die Einschätzung und die Forderung danach, sich in seiner Gesellschaft unter einem (Lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU – Zu- gemeinsamen Dach von Grundwerten zusammenzufin- rufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE den. Toleranz, Humanität und das Bekenntnis zu einer GRÜNEN) freiheitlich-demokratischen Grundordnung sind solche Werte, auf denen unser Land aufbaut. Ich sage Ihnen als Liberale ganz genau: Wir sind uns der Last der Geschichte sehr wohl bewusst. Ich finde es uner- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE hört, dass nicht nur die NPD in den Sächsischen Landtag GRÜNEN) eingezogen ist, sondern dass auch anders gewählte demo- kratische Abgeordnete diesen Menschen als Ministerprä- Unter diesem Dach muss es aber möglich sein, Verschie- sidentenkandidaten gewählt haben. denheit zum Ausdruck zu bringen. Die Freiheit muss be- stehen, die eigene Kultur in diese Gesellschaft mit einzu- (Zurufe der Abg. Ursula Hammann und Jürgen bringen. Meine Damen und Herren von der CDU,die For- Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) derung nach einer christlichen Leitkultur fördert nicht die Integration, sondern vertieft Gräben und spaltet dieses – Herr Frömmrich, woher wissen Sie eigentlich, wer das Land. war? Ich will Ihnen etwas sagen: Wer immer es war, aus welcher Fraktion auch immer, hat von der Demokratie (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE nichts verstanden. GRÜNEN – Zurufe von der CDU und der FDP) (Beifall bei der FDP und der CDU) Sie sollten endlich akzeptieren, dass das Zusammenleben verschiedener Kulturen unser Land bereichert und keine Bremse für die Entwicklung unserer Gesellschaft ist. Die Vizepräsident Frank Lortz: Bremse ist einzig und allein die Angst vor Fremden, vor Anderssein. Dabei besteht die Gefahr, dass Integration Frau Kollegin Wagner, Sie müssen langsam zum Schluss misslingt. Herr Jung hat vorhin gesagt, die multikulturelle kommen. Gesellschaft sei gescheitert. (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Da hat er Recht! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): hat das Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): auch gesagt!) Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. – Ich Frau Wagner hat sich zu ähnlichen Äußerungen verstie- will es zusammenfassen. Ich finde, es ist an der Zeit, dass gen. Die multikulturelle Gesellschaft existiert jedoch in ehrlich umgegangen wird mit einem Land, das ein Ein- diesem Land, und das seit Jahrhunderten. wanderungsland ist, in dem wir aber auch erwarten, dass die Einwanderer, die hierher kommen, unsere Kultur, un- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE sere Geschichte, unsere Tradition und die Verfassung an- GRÜNEN – Zurufe von der CDU und der FDP) erkennen. Wir haben den Auftrag, diese Gesellschaft positiv zu ent- (Beifall bei der FDP und der CDU) wickeln. 3514 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Herr (Frank Gotthardt (CDU): Die eigene Sprache ist Schily warnt vor der multikulturellen Gesellschaft! Deutsch!) Wissen Sie, was Sie reden?) Auch das ist eine Bereicherung für ein weltoffenes Hes- – Herr Dr. Jung, ich weiß genau, was ich rede. Sie sollten sen: hier viele Menschen zu haben, die in der Lage sind, sich einmal hören. auch viele Sprachen gut zu sprechen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) GRÜNEN – Frank Gotthardt (CDU): Auch Wir brauchen ein klares Bekenntnis dazu, dass Zuwande- Deutsch!) rung keine Last für unser Land ist. (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das habe ich doch ge- Vizepräsident Frank Lortz: sagt!) Herzlichen Dank. – Das Wort hat Frau Kollegin Hölldob- Wir sind seit Jahrhunderten ein Zuwanderungsland. Wir ler-Heumüller, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. haben gemeinsam mit diesen Zuwanderern ein weltoffe- nes Land aufgebaut. (Volker Hoff (CDU): Sie redet jetzt auf Englisch!) (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wolkenkuckucks- heim!) Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE Herr Kollege Hahn, ich habe eben mit den Kolleginnen GRÜNEN): und Kollegen der CDU geredet. Das hätten Sie auch zur Kenntnis nehmen können. Es ist immer schlecht, wenn Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und zwei Aktuelle Stunden sich in dieser Kürze mit zwei ver- Herren! Es gibt in dieser Diskussion zu viele schrille, zu schiedenen Strömungen auseinander setzen sollen. viele falsche und zu viele gefährliche Töne – das hat gestern zur Lage der Nation gesagt. (Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP)) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Lenhart hat gesagt, der Integrationswille sei bei den und der SPD) Zuwanderern oft nicht ausreichend. Frau Wagner, Ihr Beitrag ging genau in diese Richtung. (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Da hat er Recht!) Da fragt man sich, was Sie eigentlich 16 Jahre lang für die Herr Lenhart, ich will Ihnen mit auf den Weg geben: Inte- Integration gemacht haben. gration ist keine Einbahnstraße. Es geht darum, den (Volker Hoff (CDU): Eine ganze Menge!) Willen zur Integration zu fördern, aber nicht nur bei den Zuwanderern, sondern auch bei denen, die hier in diesem Es ist eine fatale Diskussion zum gegenwärtigen Zeit- Land leben. punkt, in einer Lage, in der sich die Deutschen verunsi- (Volker Hoff (CDU): Gehen Sie nach Frankfurt- chert fühlen, in der sie sich wirtschaftlich verunsichert Bornheim, da können Sie was erleben!) fühlen und in der sie von Zukunftsängsten geprägt sind. Das geht nur gemeinsam. Wir können nur gemeinsam ein (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wie kann das bei die- Land entwickeln, in dem verschiedene Kulturen und ver- ser Bundesregierung denn anders sein?) schiedene Wertevorstellungen friedlich zusammenleben In diesem Klima pflegt die Hessen-CDU dieses Thema können. wieder intensiv, das sie mit ihrer Ausländerkampagne auf- Letzter Punkt: die Sprache. Die Sprache ist eine notwen- gebracht hat, dieses Jahr durchgehend, um von eigenem dige Voraussetzung für Integration, aber sie ist keine hin- Versagen und von eigenen Schwächen abzulenken. reichende Voraussetzung. Hier brechen Ihre so genannten Integrationsmaßnahmen ab. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD) (Zuruf des Abg. Frank Gotthardt (CDU)) Wir hatten das Thema im Europawahlkampf, wir hatten Sie verkaufen Sprachkurse und Vorbereitungskurse als das Thema über den Beitritt der Türkei, wir haben heute Weg zu einer gelungenen Integration. Danach kommt die Aktuelle Stunde. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir leben nichts mehr. in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat, und (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Selbst das wollten Sie dieser hat die Möglichkeiten, sich gegen alle Formen – aus nicht!) welcher Richtung sie auch immer kommen – des gewalt- bereiten und Gewalt predigenden Extremismus zu weh- Frau Wagner, ich will Ihnen noch etwas sagen: Die Zer- ren. störung des herkunftssprachlichen Unterrichts in diesem Land, ihm keine Chance zu geben, einen neuen Weg zu ge- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hen, gemeinsam mit anderen Kindern die eigene Sprache und der SPD) zu erhalten und weiterzuentwickeln, war ein falscher Weg Das Gleiche gilt auch für die Rechte von Frauen. Ich finde in diesem Land. es immer lächerlich, wenn sich die CDU als Anwalt der (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE Frauen darstellt, auf der anderen Seite aber die Frauen- GRÜNEN – Zurufe der Abg. Ruth Wagner (Darm- häuser und Beratungsstellen für Migranten schließt, sich stadt) (FDP) und Hans-Jürgen Irmer (CDU)) aber dann hinstellt und sagt, Sie tue etwas für Integration. Die eigene Identität kann man nur dann aufbauen, und (Axel Wintermeyer (CDU): Das können Sie doch man kann sich auch nur dann einbringen, wenn man noch gar nicht vergleichen! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): über seine eigene Sprache verfügt. Das ist in Ihren Augen das gleiche Niveau?) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3515

Herr Lenhart, ich nehme an, dass Sie begeistert das Ge- Silke Lautenschläger, Sozialministerin: setz der rot-grünen Bundesregierung gegen die Zwangs- heirat begrüßt haben. Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte dies für eine außerordentlich wichtige Debatte, wenn wir (Nicola Beer (FDP): Das war eine Initiative aus Ba- betrachten, was Integration eigentlich ist, wie es in diesem den-Württemberg!) Bereich weitergeht und dass Integration natürlich durch Sprachvermittlung, durch Wertevermittlung und auch Ich weiß nicht, ob Sie es überhaupt kennen. Das Gesetz ist durch das Aufzeigen von Grenzen einer der ganz wichti- verabschiedet worden. Da, wo rechtliche Möglichkeiten gen Bereiche in unserer Gesellschaft ist. Hessen ist ein fehlen, werden sie geschaffen. weltoffenes Land, und das will es auch bleiben. Hessen ist das Flächenland mit dem größten Anteil von Ausländern. (Zurufe von der CDU) Dieser beträgt 14 %. Das sind 835.000 Menschen. Da sind Herr Dr. Jung, Sie haben Recht – dabei ist sich im Übrigen noch nicht diejenigen dabei, die einen Migrationshinter- das ganze Haus ausnahmsweise einmal einig –, dass Spra- grund haben. In Wirklichkeit geht es also um deutlich che eine wichtige Voraussetzung für Integration ist. Wir mehr Menschen. wissen aber, dass es nicht die einzige ist. Wenn Sie dann Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, da gibt es auf die Frage der Kultur und der Leitkultur kommen – der natürlich unterschiedliche Voraussetzungen. Ich bin von Ministerpräsident nickt –, kann ich nur sagen: Identität der Debatte, die Sie von Rot-Grün heute hier geführt ha- und Kultur sind tiefe Werte, die ein Mensch verinnerlicht ben, durchaus enttäuscht. Das möchte ich noch einmal hat. Ihm diese Identität zu nehmen ist gefährlich. Daran deutlich machen. Wir sind nämlich ein ganzes Stück wei- zerbrechen Menschen, das wissen Sie auch von vielen ter. Denn wir sind inzwischen in der Lage, Probleme end- Emigrantenschicksalen. lich offen zu benennen. Unser Problem liegt genau darin, Den Menschen, die bei uns leben, die bei uns arbeiten und dass die multikulturelle Gesellschaft gescheitert ist, dass dieses Land auch mittragen und mit aufgebaut haben, wir über Jahre hinweg die Probleme nicht benannt haben sollten wir zugestehen, dass sie ihre eigene Kultur auch und uns nicht öffentlich über eine Verfassungs- und Wer- beibehalten. Selbst wenn Ministerpräsident Koch 30 Jahre tedebatte auseinander gesetzt haben. lang in China als Anwalt arbeiten würde und man ihn (Beifall bei der CDU und der FDP) dann fragte, als was er sich fühle, würde er antworten, als Deutscher, und das wäre vollkommen in Ordnung. Werte Dazu gehört, dass 1999 die Landesregierung klar gesagt verändern sich nicht, weil man in eine andere Kultur zieht. hat: Sprache ist der entscheidende Schlüssel zur Integra- Ein Mensch braucht seine eigene Kultur. tion. – Sie hat alles unternommen, um die Chancen in ge- nau diesem Bereich für Kinder zu erhöhen. Ich möchte Das Gerede von der Leitkultur offenbart eine entsetzli- hier auch noch einmal deutlich machen, Frau Kollegin che Ignoranz und Arroganz, das bedeutet nämlich eine Hölldobler-Heumüller, dass die Sprache gerade für Kin- Voranstellung einer Kultur. Das ist ein tief greifender der der Schlüssel zur Integration und zur Identifikation Fehler, mit dem man anderen Kulturen deutlich macht, mit diesem unserem Land ist. dass man sie ausgrenzt und dass man sie nicht will. Das ist genau das Problem der dritten Generation. Jeder fragt (Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE sich momentan, warum die dritte Generation solche Pro- GRÜNEN)) bleme hat, sich zu integrieren, warum sie solche Probleme Ich muss feststellen, dass in diesem Bereich in den ver- in der deutschen Gesellschaft hat und warum sie sich wie- gangenen Jahrzehnten einiges vernachlässigt wurde und der in eigenen Verbünden organisiert. dass gerade auf die deutsche Sprache kein Wert gelegt wurde, dass es viel zu wenig Kurse gab und dass wir Pro- Ich kann es Ihnen erklären: Sie haben bei ihren Eltern er- gramme zur Sprachförderung von Eltern und Kindern lebt, dass sie sich weder als Deutsche noch z. B. als Türken aufgelegt haben, dass wir die Vorlaufkurse vor der Grund- fühlen und zwischen den Ländern leben. Die Deutschen schule eingeführt haben, um genau das zu verhindern, was sind in vielen Punkten nicht bereit, sie aufzunehmen. Sie wir heute alle beklagen. Das sind nämlich gescheiterte sind hier geboren, sprechen oft die gleiche Sprache, aber Existenzen und gescheiterte Integrationsbemühungen. haben nicht die gleichen Bildungschancen. Schauen Sie Die gibt es, weil die Arbeitslosigkeit bei denjenigen mit sich unser Schulsystem an, das ganz bewusst auch aus- Migrationshintergrund und bei Ausländern doppelt so grenzt. Sie haben schlechtere Chancen auf dem Lehrstel- hoch ist wie bei Deutschen, weil sie eben nicht die Chance lenmarkt. hatten, an unserem Schulsystem gleichberechtigt teilzu- Die einzige Möglichkeit, die ihnen bleibt, um Identität zu nehmen. bilden, ist, sich zurückzuziehen. Es ist unsere Aufgabe, Aber das ist etwas, was man Ihnen, meine Damen und auch für uns Hessen und die Sozialministerin, an dieser Herren von Rot-Grün, ganz klar vorwerfen muss. Sie Stelle zu überlegen, wie wir Integration schaffen können. selbst haben das nicht als den entscheidenden Ansatz- An dieser Stelle hätte ich mir von den Fraktionen dazu punkt gesehen und dort eben gerade nicht gefördert. Wir heute Beiträge gewünscht, anstelle diese Themen wieder machen das inzwischen – vom Kindergarten bis in die aufzurühren und keine Beiträge dazu leistet, wie dieses Schule. Das ist der richtige Weg, sich damit auseinander zu Problem gelöst werden kann. – Vielen Dank. setzen. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall bei der CDU) und der SPD) Ich möchte einen weiteren Punkt nennen. Hier wurde viel von Toleranz gesprochen. Sie haben in den Jahren 1999 Vizepräsident Frank Lortz: und 2000 durchaus noch all diese Sprachkonzepte beklagt und gesagt, das sei nicht der richtige Weg. Frau Kollegin Vielen Dank. – Das Wort hat die Sozialministerin, Frau Habermann, Sie befinden sich heute noch an der gleichen Staatsministerin Lautenschläger. Stelle. Sie treten immer noch auf der gleichen Stelle, wenn 3516 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Sie zuerst über den muttersprachlichen Unterricht spre- zu fördern und damit keine weiteren gescheiterten Exis- chen statt über die deutsche Sprache und darüber, den tenzen wie in der Vergangenheit zu produzieren. Kindern die gleichen Chancen zu geben. Aber es bedarf eines deutlichen Bekenntnisses zu unse- (Beifall bei der CDU) rem Rechtsstaat und zu unseren Werten, und es bedarf ei- nes offenen Umgangs miteinander. Meine Damen und Es ist durchaus interessant, wenn inzwischen Herr Büti- Herren von Rot-Grün, wenn man sich das zum Maßstab kofer sagt, Sprache sei der Schlüssel zur Integration. nimmt, dann ist es schon spannend, sich den Bundeshaus- Bundeskanzler Schröder hat diese Woche bei Beckmann halt anzusehen und festzustellen, dass Herr Schily vom darauf hingewiesen, dass das Kopftuchverbot nicht nur Jahrzehnt der Integration redet, aber in diesem Bereich für Lehrerinnen, sondern für alle im öffentlichen Dienst 28 Millionen c gekürzt werden. Bei uns in Hessen werden Beschäftigten eine Voraussetzung sein soll. Das ist genau wieder 1 Million c zur Sprachförderung draufgelegt. Das das, was wir hier im Hessischen Landtag gemeinsam bera- sind die Unterschiede zwischen Reden und Handeln. Das ten haben. ist Integration. (Zuruf von der CDU: Was sagt denn die SPD (Beifall bei der CDU) dazu?) Das ist Diskussion miteinander. Deswegen sind wir mit Die hessische SPD hat sich zu diesem Thema nach wie vor dem Integrationsbeirat, mit der Sprachförderung, aber nur im Bereich der multikulturellen Gesellschaft geäu- auch mit einem offenen Benennen der Probleme auf dem ßert. Aber ich will Ihnen auch sagen: Ich bin schon über- richtigen Weg. Diesen werden wir hier gemeinsam weiter- rascht, dass Sie, wenn Sie über Grundwerte reden, Frau gehen. Habermann, interessanterweise einen Wert vergessen ha- (Beifall bei der CDU) ben. Das ist die Gleichberechtigung. Das ist auch die An- erkennung unserer Verfassung. Das ist der Bereich, über den wir hier gemeinsam diskutieren müssen. Im Integra- Vizepräsident Frank Lortz: tionsbeirat führen wir durchaus schwierige Diskussionen darüber. Die Diskussionen sind schwierig, wenn es darum Ich bedanke mich, Frau Staatsministerin. – Damit sind die geht, wie sich diejenigen Betroffenen fühlen, die längst in- Aktuellen Stunden, Tagesordnungspunkt 87 und Tages- tegriert sind. Das sind Muslime, die schon lange hier leben ordnungspunkt 90, erledigt. und durchaus klar hinter den Werten unserer Verfassung Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 88 auf: stehen.Aber auf der anderen Seite müssen wir uns mit der Frage auseinander setzen, was Islamismus ist und wo tat- Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle sächlich Extremismus vorhanden ist. Das darf keine Ta- Stunde (CDU bei schlechter Gesundheit – wo ist Koch?) buzone sein, sondern das muss eine Zone sein, in der wir – Drucks. 16/3215 – die Kommunikation auch aufrechterhalten. Wir führen Das Wort hat Frau Kollegin Ypsilanti für die SPD-Frak- diese schwierige Diskussion im Integrationsbeirat, und tion. zwar sehr offen. (Zuruf des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) Es geht uns darum, die Menschen zu integrieren und es zu (CDU)) schaffen, über die Grundwerte unserer Verfassung zu re- den. Und es geht uns darum, dass wir endlich über völlig einfache Dinge wie die Frage reden, was geschieht, wenn Andrea Ypsilanti (SPD): wir die Sprache im Kindergarten fördern, aber die Kinder mittags in einer Parallelgesellschaft leben oder überhaupt Meine Damen und Herren! Wenn es noch eines Beweises keine Möglichkeiten zu Kontakten in deutscher Sprache bedurft hätte, dass der kleinste gemeinsame Nenner bei haben. Dann kann ein Kind das nicht erlernen, weil ihm der Kompromisssuche auch der größte gemeinsame die sprachlichen Vorbilder fehlen. Dann muss das Ganze Murks werden kann – bei dem Gesundheitskompromiss notgedrungen wieder scheitern. von CDU und CSU ist der Beweis erbracht worden. Dort müssen wir ansetzen. Das müssen wir offen benen- (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE nen, und das müssen wir verbessern. Das ist eine Herku- GRÜNEN und der FDP) lesaufgabe. Denn das können Kindergarten und Schule al- Ihr neu erfundenes Kopfpauschalenungetüm vereint lein nicht leisten. Da ist Integration von beiden Seiten ge- wirklich alle Nachteile aller bisherigen Überlegungen. Es fordert. Es ist gefordert, Kontakte miteinander zu haben, ist falsch berechnet, es ist ungerecht, es ist wettbewerbs- sich kennen zu lernen, aber auch zu benennen, dass es feindlich, es ist familienfeindlich, es ist qualitätsvernich- nicht sein kann, dass türkische Mädchen teilweise nach tend, und es ist vor allem ungerecht. wie vor nicht am Sportunterricht teilnehmen dürfen und dass Klassenfahrten oft ein Tabu sind. Das geht nicht. Das (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE hat nichts mit den Grundwerten unserer Verfassung zu GRÜNEN) tun. Wirklich niemand kann dieses epochale Werk tatsächlich (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der verstehen. FDP) (Michael Boddenberg (CDU): Erklären Sie uns einmal die Bürgerversicherung!) Es gibt viele, die das längst anerkannt haben.Aber es gibt auch die Ansicht, dass das noch immer eine Tabuzone ist. Alle Experten einschließlich Ihrer eigenen – Herr Seeho- Diese Tabus endlich miteinander zu diskutieren heißt, fer, die Ärzte, die Wirtschaft, die Industrieverbände, die dann endlich tolerant miteinander umzugehen und Inte- Arbeitgeber, die Krankenkassen, sogar die fünf Wirt- gration voranzubringen. Deswegen ist es der richtige Weg, schaftsweisen – sagen: So geht es nicht. – Und sie haben die Sprache in den Mittelpunkt zu stellen, Schulchancen Recht. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3517

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE haben. Ehrlicherweise hätten Sie dann aber die Ausglie- GRÜNEN – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg derung der Leistungen auch nennen müssen. (CDU)) (Beifall bei der SPD und des Abg. Mathias Wagner Wir werden wahrscheinlich gleich die Erklärung dieses (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zurufe Werks hier angetragen bekommen. Es ist ein bisschen der Abg. Clemens Reif und Gottfried Milde (Gries- Pauschale, ein bisschen prozentuale Belastung, ein biss- heim) (CDU)) chen Steuerfinanzierung, ein bisschen Wettbewerb, ein bisschen Schonraum für Unternehmen und die Abschaf- Meine Damen und Herren, die SPD hat ein konsequent fung des Risikostrukturausgleichs, den Sie übrigens erfun- durchdachtes, im Detail durchgeplantes, funktionsfähiges, den, aber anscheinend doch nie verstanden haben. Beschäftigung sicherndes, Qualität sicherndes und ge- Schlimmer gehts nimmer. rechtes System entwickelt. Wir haben die solidarische Bürgerversicherung vorgelegt. Das ist zukunftsfähig und (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE demographiefest. Es ist beschäftigungsfördernd, es ist ge- GRÜNEN – Jörg Uwe Hahn (FDP): Noch schlim- recht und ordentlich gerechnet. mer ist eure Bürgerversicherung!) (Beifall bei der SPD – Clemens Reif (CDU): Zur – Herr Hahn, ich kann Ihnen das an vier Punkten erklä- Erbschaftsteuer! – Michael Boddenberg (CDU): ren. Hören Sie zu. Das ist hervorragend. Das werde ich Ih- Phrasen!) nen auch gleich noch sagen. Zum Schluss bleibt die Frage:Was sagt Herr Koch eigent- (Jörg-Uwe Hahn (FDP):Träum weiter, würde mein lich zu diesem Monstrum? Sohn sagen!) (Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Besseres Erstens. Kopfpauschalen sind ungerecht – das versteht als Sie!) wirklich jeder –, weil sie Menschen mit geringerem Ein- kommen stärker belasten als Menschen mit höherem Ein- Sie kommentieren doch sonst so gerne die Bundespolitik. kommen. Aber hier haben wir von Ihnen noch nichts gehört. Jetzt wissen wir, dass die hessische CDU auch nicht rechnen (Beifall bei der SPD) kann. Das haben wir gestern bei der Haushaltsdebatte er- Wenn Sie rechnen könnten, wüssten Sie, dass sich die Bei- fahren. träge bei den Rentnern verdoppeln und bei den Gutver- (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des dienern halbieren. BÜNDNISES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Franz Josef (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Clemens Reif Jung (Rheingau) (CDU): Sie hören nicht zu!) (CDU): Sie sollten noch etwas zur Vermögensteuer Aber so gar kein Kommentar: Ein Schelm, der Böses da- sagen!) bei denkt. Zweitens. Die Steuerfinanzierung Ihres Teiles, meine Da- men und Herren, wird Gesundheitspolitik nach Kassen- lage, und zwar auf Kosten der Versicherten. Vizepräsident Frank Lortz: (Beifall bei der SPD) Frau Kollegin Ypsilanti, Sie müssen zum Schluss kommen. Drittens. Ich finde, dass Sie die Kleinverdiener entwürdi- (Demonstrativer Beifall des Abg. Clemens Reif gen. Das ist wirklich unglaublich. Nach Ihrem Konzept (CDU)) lebt die Hälfte aller Menschen in Deutschland in Haus- halten, die einen Zuschuss zur Krankenversicherung be- antragen müssen: 20 Millionen Anträge auf Zuschuss. Andrea Ypsilanti (SPD): Wenn dann der Antrag 16 Seiten lang ist, haben wir eine gigantische Bürokratie. Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Meine Damen und Herren von der CDU, machen Sie nur weiter so. Kein (Beifall der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) Mensch will Ihr Kopfpauschalenmonstrum. Wenn Sie die Viertens. Sie haben den Arbeitgeberanteil gedeckelt. Er Leute draußen fragen: 70 % stehen hinter dem SPD-Mo- sinkt übrigens nicht, Sie haben ihn nur gedeckelt.Aber die dell der solidarischen Bürgerversicherung. Kostenentwicklung wird zukünftig zulasten der Arbeit- (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Weil es 80 % nicht ver- nehmer gehen. Dass Pauschalen Kostentreiber sind, wis- standen haben!) sen wir aus der Schweiz. Das heißt, die zukünftigen Kos- tenerhöhungen werden allein auf Kosten der Arbeitneh- Deshalb werden wir uns bequem zurücklehnen und wer- mer gehen. den die Diskussion verfolgen. Ihnen kann ich nur wün- schen: Machen Sie weiter so, aber bleiben Sie gesund. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des Meine Damen und Herren, die Vorschläge der CDU ver- BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) hindern Wirtschaftlichkeit. Sie verschlechtern die Qua- lität im Gesundheitswesen. Sie werden den Wettbewerb verhindern, der Ihnen immer so am Herzen liegt. Vizepräsident Frank Lortz: (Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Das Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Kollegin Oppermann, Gegenteil ist der Fall!) CDU-Fraktion. Außerdem sind sie zutiefst ungerecht. Dazu kommt: Sie (Unruhe) haben komplett falsch gerechnet. Ihnen fehlen 20 Milliar- den c, die Sie einfach vergessen haben. Ich unterstelle Ih- – Meine Damen und Herren, ich bitte um Aufmerksam- nen, dass Sie die Leistungskürzungen mit eingerechnet keit. 3518 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Anne Oppermann (CDU): (Beifall bei Abgeordneten der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Guten Morgen, Herr Präsident, meine Damen und Her- Murks!) ren! Frau Ypsilanti, wenn Ihre Bürgerversicherung so her- vorragend ist, warum haben Sie sie dann nicht längst ein- Abgesehen davon würden die Bundesländer in hohem geführt? Rot-Grün hat doch die Mehrheit in Berlin.Also, Maße finanziell belastet. Allein für unser Land Hessen so ordentlich, auch mit dem Durchrechnen, kann das auch wären Mehrausgaben von über 20 Millionen c im Jahr zu nicht sein. erwarten. Meine Damen und Herren, wir brauchen ein zu- kunftsfähiges System der gesetzlichen Krankenversiche- (Mathias Wagner (Taunus) und Jürgen Frömmrich rung. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Bundesrat!) (Norbert Schmitt (SPD): Mitleidsprämie! – Mathias Ihre Fragen „CDU bei schlechter Gesundheit?“ und „Wo Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ist Koch?“, sind recht einfach zu beantworten. Die CDU Jetzt Ihr Modell! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ ist bei bester Gesundheit, und Herr Koch sitzt da. DIE GRÜNEN): In hessischer Währung: andert- halb Schlösser!) (Beifall bei der CDU – Michael Siebel (SPD): Das ist aber auch alles, Frau Oppermann!) – Das mit dem Schloss hat Ihnen doch gestern der Minis- terpräsident erklärt. Aber lesen Sie es noch einmal nach. Meine Damen und Herren, kommen wir jetzt zur Sache. Vielleicht kapieren Sie es dann. (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Beifall bei Abgeordneten der CDU – Reinhard Erklären Sie mir einmal das Modell! – Zuruf des Kahl (SPD): Unzureichend!) Abg. Michael Siebel (SPD)) – Wir brauchen ein neues, Ich denke, dass wir uns alle einig sind, dass das Gesund- heitsmodernisierungsgesetz, das am 01.01. dieses Jahres in (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE Kraft getreten ist, nur eine Notoperation war. Ich glaube, GRÜNEN): Ein Schloss im wunderschönen Oden- dass wir uns auch alle noch darüber einig sind, dass wir wald!) langfristig strukturelle Veränderungen brauchen. ein zukunftsfähiges System der gesetzlichen Krankenver- (Michael Denzin (FDP) und Tarek Al-Wazir sicherung. Nur damit können wir Spitzenmedizin für alle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja!) sichern Dabei muss ein grundlegendes Problem behoben werden, (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): mit dem die Gesundheitspolitik schon sehr lange und Jetzt erklären Sie Ihr Modell!) ohne sichtbaren Erfolg kämpft. Die enge Bindung der – nun gedulden Sie sich doch –, neue Arbeitsplätze schaf- GKV-Einnahmen an die Lohnkosten verursacht einen fen und die Wachstumschancen des Gesundheitssektors Teufelskreis, der unbedingt durchbrochen werden muss. ausschöpfen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU – Michael (Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) Denzin (FDP): Auch okay!) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Steigende Beiträge erhöhen die Lohnnebenkosten und Meine Damen und Herren, wir wollen eine Gesundheits- vernichten dadurch Arbeitsplätze. finanzierung, die niemanden überlastet und die solidari- sche Gerechtigkeit für Geringverdiener und sozial Schwa- (Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) che gewährleistet. Es kann doch nur vernünftig sein, wenn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) wir eine prämienfreie Mitversicherung der Kinder haben. Das beschert den Sozialversicherungen Einnahmever- Kinder sind die Voraussetzung für die Fortführung des So- luste und erhöht wiederum den Druck auf die Beitrags- lidarsystems in unserer Gesellschaft. sätze. Meine Damen und Herren, wir stehen vor gewalti- (Beifall des Abg. Peter Beuth (CDU)) gen Herausforderungen. Deshalb ist es doch nur richtig, dass die Kosten für die Fi- (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): nanzierung der Mitversicherung der Kinder auf alle Ge- Stimmt! – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – nerationen umgelegt werden und aus Steuermitteln ge- Wortmeldung des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD)) zahlt werden, wozu alle Bürger nach ihrer Leistungsfähig- keit beitragen. Aber diesen gewaltigen Herausforderungen kann man nicht, wie im Modell der Bürgerversicherung, dadurch be- (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): gegnen, dass man weitere Bevölkerungskreise in ein oh- Jetzt erklären Sie Ihr Modell!) nehin grundlegend reformbedürftiges System zwingt, ohne die eigentlichen strukturellen Probleme anzugehen. – Hören Sie doch zu. Ich bin schon mittendrin. (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist das Modell? – Jürgen Frömmrich (BÜND- Erklären Sie doch einmal Ihr Modell! – Jürgen NIS 90/DIE GRÜNEN): Oh!) Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wa- rum erklären Sie uns die Bürgerversicherung? Wir Wir brauchen mehr Wettbewerb. Mit unserer Reform wollen den Murks von Merkel wissen!) schaffen wir echten Wettbewerb der Krankenkassen um die Versicherten. Die Krankenkassen müssen wesentlich Meine Damen und Herren, denn wer Beiträge einzahlt, stärker als bisher wettbewerbsorientiert arbeiten und den erwirbt auch Leistungsansprüche. Die Einbeziehung von Wünschen der Versicherten entsprechend unterschiedli- Beamten und Selbstständigen, wie bei Ihnen in der Bür- che Tarife anbieten. gerversicherung, in die GKV würde allenfalls zum finan- ziellen Nullsummenspiel werden. (Beifall bei Abgeordneten der CDU) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3519

Im Augenblick ist der Wettbewerb aufseiten der Anbieter (Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wie auch aufseiten der Kostenträger sehr stark einge- der SPD und der FDP) schränkt. Durch mehr Wettbewerb können die Qualität der Versorgung gesteigert und zusätzliche Effizienzpoten- Vielleicht sollte ich den Antrag zur Geschäftsordnung tiale erschlossen werden. Meine Damen und Herren, un- stellen, dass Frau Oppermann noch einmal ans Pult treten ser Gesundheitsprämienmodell und das Modell erklären darf. (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE Wo ist es denn?) GRÜNEN und der SPD) ist solidarisch und gerecht. Herr Ministerpräsident, meine Damen und Herren, lesen Sie es noch einmal nach.Wir haben uns in der ganzen Dis- (Beifall bei Abgeordneten der CDU – Lachen bei kussion um die Frage der Zukunft der gesetzlichen Kran- dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) kenversicherung ausführlich mit allen Modellen und Ihre Bürgerversicherung löst kein Problem. Möglichkeiten befasst. Wir haben auch bei uns Prämien- modelle diskutiert. Das gebe ich zu. (Beifall des Abg. Michael Denzin (FDP)) (Frank Gotthardt (CDU): Wie sehen die im Detail Ihre Bürgerversicherung trägt nicht zur Steigerung der aus?) Eigenverantwortung bei. Wir haben uns am Schluss für eine Bürgerversicherung (Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- entschieden. Man muss wirklich sagen, dass alle Modelle NIS 90/DIE GRÜNEN)) Vor- und Nachteile haben. Deshalb kann sich keiner von Ihre Bürgerversicherung ist eine zweite Einkommen- uns hierhin stellen und sagen, er habe die Wahrheit ge- steuer. pachtet. (Michael Denzin (FDP): Auch richtig!) (Zurufe von der CDU) Ihre Bürgerversicherung ist eine Zwangseinheitsversiche- Alle Modelle haben Vor- und Nachteile. Sie von der CDU rung, die von uns entschieden abgelehnt wird. – Ich danke haben aber die Nachteile beider Systeme miteinander Ihnen. kombiniert. Das muss man erst einmal hinkriegen. (Beifall bei der CDU – Widerspruch bei dem (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) GRÜNEN und der SPD – Lebhafte Zurufe von der CDU) Vizepräsident Frank Lortz: Zu dieser Kombination fällt mir nur noch Folgendes ein: Merkels Murks und Stoibers Stuss. Vielen Dank. – Das Wort hat die Frau Kollegin Schulz- Asche, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU) Herr Präsident, Frau Oppermann hätte ruhig Das Ergebnis, das dabei herausgekommen ist, ist unge- weiterreden können! Ich habe das Modell immer recht, unsolidarisch und unseriös finanziert. Es verhindert noch nicht verstanden! – Gegenruf des Abg. Dr. einen fairen Wettbewerb, ist ein bürokratisches Monster Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Das dauert und senkt die Lohnnebenkosten nicht. bei Ihnen auch länger!) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): CDU) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Opper- Dass Sie die Bevölkerung so lange mit dem Thema be- mann, wir hätten Ihnen gerne noch weitere fünf Minuten schäftigen, um am Ende Ihre Einheit zu demonstrieren, ist Redezeit gegeben, um Sie in der Lage zu versetzen, zu er- eine Unverschämtheit. klären, was eigentlich beschlossen wurde. (Dr. Norbert Herr (CDU): Sie traktieren die Bevöl- (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE kerung mit der Bürgerversicherung!) GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD) Ich möchte mein Rede mit einem Zitat der Fraktionsvor- Meine Damen und Herren, Ministerpräsident Koch hat sitzenden meiner Partei im beenden. Sie hat sich tatsächlich zu diesem Thema geäußert. Er hat gesagt, gesagt, der Streit in der Union über die Gesundheitsre- das sei ein großer Schritt in die richtige Richtung. Nach form erinnere sie an eine Familie, die sich nicht darüber dem Artikel, der heute in der „Welt“ erschienen ist, weiß einigen könne, ob zu Weihnachten Fisch oder Kaninchen man nicht, was Sie mit „richtige Richtung“ meinen. Den auf den Tisch komme. Jetzt suche diese Familie nach ei- so genannten Gesundheitskompromiss können Sie nicht nem Hering mit langen Ohren. – Guten Appetit, meine gemeint haben. Damen und Herren. Fünf Tage, bevor Sie in der „Welt“ zitiert wurden, hat die (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE Frau Sozialministerin gesagt: „Darum lehne ich ein GRÜNEN und der SPD) Mischmodell entschieden ab, in dem Teile der Prämie vom Einkommen abhängig bleiben.“ (Ministerpräsident Roland Koch: Das hat sich auch Vizepräsident Frank Lortz: durchgesetzt!) Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Florian Rentsch, – Sie hat sich durchgesetzt? FDP-Fraktion. 3520 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Florian Rentsch (FDP): sinn ist –: Wo ist der Ministerpräsident? Der Ministerprä- sident sitzt hier. Er hat zu diesem Thema relativ wenig ge- Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! sagt – zu Recht. Denn was sollte man zu diesem Thema Man hatte schon fast Lust auf eine eigene Schwesterpar- auch sagen, außer, dass Ihre Regelung unsinnig ist? Er hat tei, denn marketingtechnisch gesehen war es sensationell, also meines Erachtens völlig richtig reagiert. wie Sie über zehn Wochen – Respekt, meine Damen und Herren – mit einer internen Parteidiskussion die Medien Die Leute in diesem Lande fragen sich natürlich:Wie geht bestimmt haben. es weiter? Was erwartet die Menschen in diesem Land, wenn die FDP und die CDU im Jahre 2006 die Bundesre- (Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der SPD und gierung übernehmen werden? dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE Man hatte wirklich die Hoffnung, dass sich bei den drei GRÜNEN) Oppositionsfraktionen Schwesterparteien einstellen wür- den. Die FDP aber ist so homogen, dass sich in der nächs- Man kann es relativ einfach darstellen: Sie haben gestern ten Zeit keine Schwesterpartei gründen wird. zitiert, der mittlerweile anscheinend der einzig Vernünftige in der Bundes-CDU ist.Friedrich Merz (Heiterkeit und Beifall bei der FDP – Lachen bei hat etwas Richtiges gesagt. Er hat gesagt: Das Ding wird der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) so nicht kommen. Dafür sorgt die FDP.– Deshalb lohnt es Ein zweiter Effekt war, dass es mittlerweile einen neuen sich, bei der Bundestagswahl 2006 die FDP zu wählen. Politikertypus gibt: Die Seehofers dieser Welt haben zu- (Heiterkeit und Beifall bei der FDP – Lachen bei geschlagen. Herr Seehofer hat die Medien auch dadurch der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) beherrscht, dass sich jeder fragt, wie sein persönliches Schicksal in den nächsten Wochen aussehen wird. Mich interessiert das zwar relativ wenig, aber anscheinend Vizepräsident Frank Lortz: interessiert es die Leute in diesem Lande doch sehr stark. Das Wort hat Frau Sozialministerin Lautenschläger. (Beifall bei der FDP) Jedenfalls werden wir alle das Schicksal von Herrn See- hofer begleiten, denn es ist für uns und für diese Republik Silke Lautenschläger, Sozialministerin: sehr wichtig, wie Herr Seehofer seine politische Zukunft Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Mo- gestaltet. dell, das CSU und CDU erarbeitet haben, ist ein Schritt in (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wir begleiten es trau- die richtige Richtung. ernd!) (Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD und Ich hoffe, dass er sein politisches Schicksal nicht in einer dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Regierungskoalition aus CDU und FDP findet. Ich persönlich hätte mir aber ein völlig eindeutiges, lu- Das heutige Thema heißt: das Gesundheitsmodell der penreines System gewünscht. CDU. Das jetzt vorgelegte Modell ist wirklich eine sehr merkwürdige Kombination aus den beiden negativen Tei- len der Diskussion zwischen CDU und CSU. Wir haben Vizepräsident Frank Lortz: mittlerweile folgende Daten: Sie haben einen Arbeit- Frau Ministerin, gestatten Sie Zwischenfragen? nehmeranteil von 109 c und einen Arbeitgeberanteil von 60 c festgelegt, insgesamt also 169 c. Sie haben aber nicht das erreicht, was Sie eigentlich erreichen wollten. Sie er- Silke Lautenschläger, Sozialministerin: zielen keine Entkopplung der Gesundheitskosten vom Arbeitsmarkt. Sie sind auf halber Strecke stehen geblie- Ich möchte erst einmal im Zusammenhang ausführen. Die ben. Das Einfrieren des Arbeitgeberanteils ist nicht das, Opposition möchte doch etwas lernen. was Sie haben wollten. Es wird vor allem keine Belebung (Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD, dem auf dem Arbeitsmarkt bringen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP) Diese Regelung bringt auch kaum eine Entkopplung der Dieses Modell ist ein Schritt in die richtige Richtung, weil Gesundheitskosten vom Steuersystem. Mithilfe eines gro- damit unumkehrbar beschlossen wurde, dass es in Rich- ßen Umverteilungsmechanismus wollen Sie 15 Milliar- tung eines Prämienmodells und einer Abkopplung der den c in das Krankenkassensystem hineinpumpen. Krankenversicherungskosten vom Arbeitslohn geht. Außerdem würde Ihr System zu einer großen Umvertei- lungsaktion unter den Krankenkassen mit einer wahnsin- Das, was Frau Kollegin Ypsilanti gesagt hat, ist nicht rich- nigen Bürokratie führen. Es wird keine Altersrückstel- tig. Es handelt sich nicht um ein bürokratisches Monster. lung geben, wie Sie es eigentlich vorhatten. Aber das Ich will Ihnen dazu gleich zwei Punkte sagen. Für den Ar- größte Problem ist das falsche Preissignal, das Sie geben. beitgeber wird es in Zukunft einfacher, denn er muss den Sie suggerieren den Menschen in diesem Land, dass man Beitrag in Höhe von 6,5 % für seine Arbeitnehmer nur an für 109 c einen vollständigen Krankenversicherungs- eine Stelle überweisen, die Clearingstelle – Stichwort Fi- schutz bekommen kann. Das ist ein völlig verfehltes Sig- nanzamt –, und von dort wird das Geld an die vielen nal. unterschiedlichen Kassen verteilt. Der Arbeitgeber muss (Beifall bei der FDP,der SPD und dem BÜNDNIS nicht mehr schauen, in welcher Kasse seine Arbeitnehmer 90/DIE GRÜNEN) sind, wie hoch die jeweiligen prozentualen Beiträge sind. Das ist ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung. Das Die SPD hat an dieser Stelle zu Recht gefragt – wir kom- Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags ist ein Schritt hin zu men in der nächsten Woche zum Thema Bürgerversiche- einem echten Prämienmodell, hin zu einer vollständigen rung, da werden wir Ihnen offen legen, was das für ein Un- Umstellung des Systems. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3521

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE Vor allem aber verhindern Sie, dass ein mündiger Bürger GRÜNEN) tatsächlich wählen kann und die Möglichkeit hat, auch in Zukunft wirklich Spitzenmedizin in Anspruch zu nehmen. Ich stimme den Kolleginnen und Kollegen der FDP zu: Wir wollen das Modell weiter ausbauen, und mit der vor- (Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD)) geschlagenen Regelung geht es auf ein echtes Prämien- Das halte ich nicht für gerecht und auch nicht für sozial, modell zu. Es ist klar: Der Schutz der Gesundheit muss bei was Sie dort vortragen. allen Versicherten den gleichen Betrag kosten, damit ein Wettbewerb entsteht. (Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD)) Wir werden uns mit Ihrem Modell noch weiter auseinan- Vizepräsident Frank Lortz: der setzen – wenn Sie es denn tatsächlich einmal auf den Frau Staatsministerin, es gibt erneut Wünsche nach Tisch legen –: wo es für wen teurer wird, welche tatsäch- Zwischenfragen. lichen Leistungen am Ende übrig bleiben und welche fal- schen Steuerungselemente Sie schon wieder hereinbrin- gen. Silke Lautenschläger, Sozialministerin: Sie wollen doch, dass jeder bei der Krankenkasse offen le- gen muss, was er verdient, und dort seine Anteile zur Nein. – Ich will mit einer weiteren Mär aufräumen, die von Krankenversicherung abführt. Rot und Grün immer wieder angeführt wird. Sie behaup- ten, bei 20 Millionen Menschen müssten Bedürftigkeits- (Dr. Thomas Spies (SPD): Sie haben das überhaupt prüfungen durchgeführt werden. Genau das ist nicht der nicht gelesen! – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt Fall. Bei einer finanzamtsgestützten Lösung, die es längst (SPD)) gibt, wird nur dann eingegriffen, wenn eine von einer So- zialklausel festgelegte Grenze erreicht ist. Deshalb muss Sie gehen doch von einer zweiten Einkommensteuer aus, eben keine Bedürftigkeitsprüfung durchgeführt werden, die jeder bei einer Kasse offenbaren muss. Das hat nichts wie das z. B. bei Hartz IV der Fall ist. In anderen Ländern mit gerecht und transparent zu tun. Das hat nichts damit ist das längst Usus. Daher sollten wir auch in Deutschland zu tun, dass Spitzenmedizin für alle da ist, sondern Sie eine finanzamtsgestützte Lösung umsetzen, bei der von wollen eine neue Planwirtschaft. Amts wegen ein Zuschuss an die Krankenkassen für die- jenigen gezahlt wird, die nicht die Möglichkeit haben, auf- Vizepräsident Frank Lortz: grund ihres Einkommens den vollen Beitrag zu zahlen. Frau Ministerin, ein freundlicher Hinweis auf die Rede- Wir alle wollen ein sozial gerechtes Gesundheitssystem, in zeit. dem auch in Zukunft der Einsatz von Spitzenmedizin für alle tatsächlich gewährleistet wird. Meine Damen und Herren, darüber würde ich mit Rot Silke Lautenschläger, Sozialministerin: und Grün gerne einmal streiten.Wo ist denn Ihr Konzept? Das will ich nur noch mit einem einzigen Beispiel deutlich Was geschieht, wenn wir das heutige System nicht verän- machen. Sehen Sie sich die Änderungen beim Gesund- dern? Dann müssen Sie sich tatsächlich die Realität anse- heitsmodernisierungsgesetz an. Das hat nicht mit Selbst- hen: welche Leistungen schon heute am Ende des Jahres beteiligung zu tun, sondern wieder steuern Sie in die fal- nicht mehr möglich sind, weil die Budgets erschöpft sind, sche Richtung. Sehen Sie sich doch die Regelungen zu den Packungsgrößen der Arzneimittel an. (Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD)) (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): welches die dirigistischen Lenkungsmaßnahmen sind, die Aber da haben Sie doch zugestimmt!) wir in einem durchaus schmerzlichen Kompromiss zum Gesundheitsmodernisierungsgesetz mitgetragen haben. – Das habe ich doch vorhin gesagt. Herr Al-Wazir, das war ein Kompromiss mit Bauchschmerzen. Er hatte viele Sie haben kein Konzept für eine so genannte Bürgerversi- Krücken, aber an manchen Stellen zeigte er den Weg in cherung, sondern Sie haben nur ein Konzept, bei dem Sie die richtige Richtung. Das muss man manchmal mittra- den Leuten stärker in die Tasche greifen wollen gen, aber das wollen wir für bestimmte Bereiche dort wie- der ändern. (Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD)) Gerade dort gibt es wieder falsche Auswirkungen. Denn und in den unteren Einkommensgruppen alle Einkom- Sie lassen nicht den Einzelnen bestimmen – der verhält men heranziehen werden. Sie äußern sich nicht zur Bei- sich heute wirtschaftlich, wenn er große Packungen kauft, tragsbemessungsgrenze. Sie äußern sich nicht gemeinsam dafür nur einmal zum Arzt geht, sie sich nur einmal ver- darüber, ob die Kapitaleinkünfte oder die Mieteinkünfte schreiben lässt und zum Schluss den Rest wegwirft. Das hinzukommen und wie künftig die heutigen Ungerechtig- hat nichts mit Sparsamkeit im Gesundheitswesen zu tun, keiten im System beseitigt werden sollen. Heute zahlen nichts mit Vernunft und Arbeitsmarkt, sondern Ihr Sys- zwei Personen mit niedrigem Einkommen mehr als der tem besteht darin, den Bürger durch ein System zu ent- freiwillig Versicherte mit hohem Einkommen. Sie wollen mündigen, das nicht mehr und gerechtere Leistungen eben nicht alle beteiligen, machen aber ein Brimborium bringt – und vor allem null oder allenfalls negative Aus- auf, das keinen einzigen neuen Arbeitsplatz schafft, das wirkungen auf den Arbeitsmarkt hat. Das bestätigt Ihnen keine Chance zur Abkopplung und zur Transparenz bie- der Sachverständigenrat nach wie vor. Das ist der falsche tet. Weg. (Zurufe des Abg. Mathias Wagner (Taunus) Das Modell von CDU und CSU ist ein Schritt in die rich- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) tige Richtung, zu Gerechtigkeit, Transparenz und sozialer 3522 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Ausgeglichenheit durch die Umverteilung im Steuersys- (Clemens Reif (CDU): Eben!) tem. Den wollen wir gehen, von meiner Seite aus durchaus mit Bauchschmerzen. Dabei kann ich mir vorstellen, dass Herr Kollege Reif, aber der schlichte Gedanke, dass die man nach einer gewonnenen Bundestagswahl einen noch Großraumflugzeuge, die kommen werden, auch War- besseren Kompromiss bekommen kann. Aber das ist ein tungsmöglichkeiten brauchen und man dafür einen ent- Schritt in die richtige Richtung. sprechenden Platz vorsieht – das hat das Management von Fraport versäumt. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Weil dieser – ich sage sogar: vorsätzliche – Management- Vizepräsident Frank Lortz: fehler besteht, soll jetzt Bannwald geopfert und ein FFH- Vielen Dank, Frau Ministerin. – Es gibt keine weiteren Gebiet beeinträchtigt werden. Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt. Wir wissen, die Regionalversammlung musste die Abwei- Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 89 auf: chung vom Grundsatz her beschließen. Im Dezember letzten Jahres hat sie es schon einmal getan. Dann stellte Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN be- sich heraus, dass der Regionalplan nichtig war und die treffend eine Aktuelle Stunde (Sofortvollzug für A-380- Planung, wie sie von Fraport vorgesehen war, nicht gehal- Halle im Bannwald: Landesregierung setzt auf Konfron- ten werden konnte. Daher musste das Verfahren erneut tation) – Drucks. 16/3216 – begonnen werden. Es beginnt der Kollege Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE Meine Damen und Herren, trotz möglicher Alternativen GRÜNEN. auf dem bestehenden Areal, die deshalb rasch zu verwirk- lichen wären, sollte die Abweichung durchgedrückt wer- den. In diesem Zusammenhang völlig neu war ein von Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Fraport beantragter Sofortvollzug für die Abweichung. Das ist völlig neu, so etwas gab es vorher noch nie. Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Damen und Herren, wir alle wissen, die Regional- (Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU)) versammlung hat in Ihrer Sitzung am 5. November der Zum Schluss unserer Aktuellen Stunde noch ein landes- Abweichung zugestimmt. politisches Thema. (Rudi Haselbach (CDU): Mit großer Mehrheit!) Meine Damen und Herren, eingedenk der Eskalation der – Herr Kollege Haselbach, wir haben es abgelehnt, das Gewalt und der schlimmen Ereignisse im Zusammenhang wissen Sie. Das ist auch kein Geheimnis. mit dem Bau der Startbahn 18 West gab es einen Konsens in der Region und auch hier in diesem Hause. (Rudi Haselbach (CDU): Mit großer Mehrheit zu- gestimmt!) Erstens gibt es keine weitere Flughafenvergrößerung. Deshalb wurde auch unter anderem rund um den Flugha- Nachdem der Regierungspräsident ausdrücklich gesagt fen in allen Waldflächen Bannwald ausgerufen – im Übri- hat, die Regionalversammlung selbst muss über den So- gen, wie Sie wissen, mit Zustimmung aller politischen fortvollzug entscheiden, hat sie sich entschieden – und hat Kräfte, die damals etwas zu sagen hatten. ihn mit Mehrheit abgelehnt. Zweitens war Konsens: Der Zaun bleibt die Grenze des Meine Damen und Herren, das ist der entscheidende Flughafenareals. Punkt, um den es jetzt geht. Man kann das öffentliche In- teresse an dieser Maßnahme füglich infrage stellen. Man Das Dritte und aus meiner Sicht auch Wichtigste: Es war kann gut darüber streiten, ob das Ausbügeln unterneh- Konsens, dass alles getan werden müsse, um neuerliche merischer Fehler in einem börsennotierten Unternehmen Konfrontationen zu vermeiden. wirklich im besonderen öffentlichen Interesse liegen soll. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Aber was solls, die Regionalversammlung hat die Abwei- chung zugelassen. Der Sofortvollzug aber wurde abge- Meine Damen und Herren, wieder geschaffener Expan- lehnt – jetzt kommt der Streitpunkt, und ich sage es klar sionsdruck durch den Flughafen sollte dann durch die und deutlich – mit höchst dubiosen Argumenten und nach Mediation bearbeitet werden. Wir wissen, das ist nicht meiner Meinung ohne Rechtsgrundlage. Denn § 12 Abs. 4 wirklich gelungen. Denn es gab keinen Konsens. des Landesplanungsgesetzes gibt die Möglichkeit zum Er- (Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU)) satz einer Entscheidung für die Frage, ob Versagen oder Zulassen – diese Entscheidung wurde im Sinne von Zu- Es gab auch keine Anerkennung der Ergebnisse. Das lag lassen getroffen –, aber keinerlei Rechtsgrundlage für unter anderem daran, dass viele der notwendigen rele- eine Entscheidung über den Sofortvollzug in dieser Ange- vanten Gruppen nicht daran beteiligt waren. legenheit. Aber heute haben wir die Situation – das ist völlig unstrit- Also auf höchst dubioser Rechtsgrundlage und im Übri- tig –, dass Fraport für die weitere Entwicklung des Flug- gen auch unter Verhöhnung derjenigen,die sich in der Re- hafens eine Wartungshalle für Großraumflugzeuge benö- gion Sorgen machen, wurde ein Sofortvollzug als Ersatz tigt. letztendlich von der Landesregierung durchgedrückt. Ich sage „Verhöhnung“, weil im Schreiben des Regierungs- Meine Damen und Herren, warum aber ist das Problem präsidenten steht: jetzt so virulent? Sie werden sich erinnern, dass Fraport – damals hießen sie noch nicht so – beim Bau des Termi- Im Übrigen bedeutet die Anordnung der sofortigen nals 2 schon immer davon sprach, dass Großraumflug- Vollziehung nicht, wie von der Regionalversamm- zeuge kommen werden. So wurde auch das Terminal kon- lung befürchtet, dass die Betroffenen in ihren Kla- struiert. gemöglichkeiten beschränkt werden. Sie hat ledig- Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3523

lich zur Folge, dass die aufschiebende Wirkung, die neuer Arbeitsplätze im Ansatz zu verhindern. im Regelfall nach § 80 Abs. 1 der Verwaltungsge- (Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS richtsordnung mit einem Rechtsmittel verbunden 90/DIE GRÜNEN): So viel Unsinn am frühen ist, entfällt. Morgen!) Meine Damen und Herren, was heißt denn das? Wenn die Wir erleben, dass die GRÜNEN den Bau der A-380-Werft aufschiebende Wirkung einer Klage entfällt, dann ist de ständig mies machen. Damit schaden Sie dem Ansehen facto natürlich die Wirksamkeit eines Rechtsmittels zu- des Standorts Hessens erheblich. nächst einmal beschränkt. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Erstens. Der Bau des A 380 ist ein Quantensprung, min- Insoweit sollte man, wenn man das so macht, die Men- destens aber eine Evolution in der Geschichte der zivilen schen nicht auch noch verhöhnen. Luftfahrt, ähnlich wie die Fortentwicklung von der Meine Damen und Herren, was bedeutet das jetzt alles? Boeing 707 zum Jumbojet vor 30 Jahren. Mit Zustimmung der Landesregierung – wahrscheinlich auf ihre Veranlassung – wird die Konfrontation mit der (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Region gesucht. Ein Quantensprung ist die kleinstmögliche Bewe- gung!) Zweitens. Der A 380 ist technisch, ökonomisch und in Be- Vizepräsident Frank Lortz: zug auf die Umweltverträglichkeit ein Fortschritt. Herr Kollege Kaufmann, Sie müssen zum Ende kommen. (Beifall bei der CDU) Drittens. Der A 380 und die Werft für den A 380 sind aus Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): standortpolitischer Sicht ein Muss für Hessen, für das Rhein-Main-Gebiet und für den gesamten Airport. Herr Präsident, ich komme zum Ende. – Von einem trans- parenten und fairen Verfahren ist keine Rede mehr. Hier (Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS wird mit Staatsgewalt gegen eine demokratische Mehr- 90/DIE GRÜNEN): Dagegen sagt keiner etwas!) heitsentscheidung opponiert. Deshalb einige Anmerkungen zur Umweltverträglichkeit, (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) um die es bei Ihnen immer geht. Bei Starts und Landun- gen wird der A 380 um mindestens 4 Dezibel unter den Die Landesregierung setzt auf Konfrontation, und sie för- Messwerten der 747-400 bleiben. Die technische Entwick- dert damit eindeutig die Eskalation. lung ist umgebrochen. (Michael Boddenberg (CDU): Heuchler!) (Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wir stellen hier und heute eindeutig fest, dass die Landes- NEN): Darum geht es gar nicht! Es geht um den regierung den Weg in die Konfrontation eingeschlagen Standort!) hat und sie somit auch zu verantworten hat. Nicht die Aus- Für den Flugverkehr insgesamt wird aufgrund laufender baugegner sind für das Eskalieren der Auseinanderset- Forschungsprojekte eine Halbierung der Schallemissio- zung verantwortlich, sondern es ist die Staatsmacht selbst. nen bis zum Jahre 2020 erwartet. In den vergangenen vier (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Jahrzehnten haben wir die Schallemissionen um 90 % ge- senkt.Wir brauchen den A 380 und die Werft in Frankfurt, damit sich die Sicherheit und die Umweltverträglichkeit Vizepräsident Frank Lortz: verbessern. Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann. – Das Wort hat der (Beifall bei der CDU) Kollege Reif, CDU-Fraktion. Ein weiterer Punkt. Es geht Ihnen schließlich immer um (Michael Boddenberg (CDU): Nimm ihn dir zur die Umweltverträglichkeit. Dieses Großraumflugzeug Brust!) soll bis zu 11 % weniger Kerosin verbrauchen. Bei maxi- maler Auslastung fallen pro Passagier auf 100 km Flug 3,3 l Kerosin an. Das ist ein bisher unerreichter Wert. Des- Clemens Reif (CDU): halb brauchen wir dieses Flugzeug. Wir brauchen es in Frankfurt, und dazu benötigen wir die Wartungshalle. Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- ren! Herr Kollege Kaufmann, wenn es um den Ausbau des (Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- Flughafens in Frankfurt und um die Werft für den A 380 NIS 90/DIE GRÜNEN): Dagegen hat keiner et- geht, befinden sich die GRÜNEN immer noch auf ihrer was! – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE ideologischen Traumreise, und sie sind Lichtjahre davon GRÜNEN): Warum muss die Halle im Wald ste- entfernt, in der Realität zu landen. hen?) (Beifall bei der CDU) Die Stickoxidemissionen werden den Grenzwert der in- ternationalen Zivilluftfahrt um 30 % unterschreiten. Bei Schauen wir uns das Umfeld im Rhein-Main-Gebiet an. unverbrannten Kohlenwasserstoffen und Kohlenmonoxi- Die Firma Hoechst ist verschwunden. Bei Opel erleben den wird dieser Wert sogar um über 50 % unterschritten. wir einen dramatischen Abbau von Arbeitsplätzen. Auch an dem Finanzplatz Frankfurt stagniert die Schaffung von Ich nenne Ihnen ein weiteres Argument, warum wir dieses Arbeitsplätzen, und der Bundesverteidigungsminister Großraumflugzeug und somit auch die Wartungshalle in schließt in Hessen Bundeswehrstandorte en masse. In die- Frankfurt brauchen. Es führt kein Weg daran vorbei. Die ser Situation haben Sie nichts Besseres zu tun, als sich als Transportleistung und der Treibstoffverbrauch haben sich Arbeitsplatzvernichter zu profilieren und das Entstehen in den vergangenen Jahren entkoppelt. Die Deutsche 3524 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Lufthansa hat seit 1991 eine Zunahme der Passagierkilo- machen Sie dieses Verfahren jetzt zu einem Ersatzkriegs- meter um 128 % verzeichnet. Der Treibstoffverbrauch ist schauplatz. jedoch nur um 58 % gestiegen. Das Delta beträgt 72 %. (Clemens Reif (CDU): Genau!) (Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Mit diesem Verfahren haben die Versammlung und der NEN): Was reden Sie da eigentlich!) empfehlende Beschluss der Versammlung überhaupt Das sind die Argumente, warum wir dieses Großraum- nichts zu tun. flugzeug und natürlich auch die technischen Vorausset- (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zungen für seine Wartung an dem pulsierenden Standort NEN): Das ist kein empfehlender Beschluss, son- Hessen – insbesondere an dem wichtigen Standort Rhein- dern ein klarer Beschluss!) Main-Gebiet – brauchen. – Der Beschluss ist ein Beschluss, aber er hat keine Wir- (Beifall bei der CDU) kung, weil diese Versammlung zwar in der Sache, aber Ein letztes Argument in dieser Kette. Die Wartungshalle nicht über das Verfahren zu beschließen hat. muss in Frankfurt gebaut werden. Sollte das nicht möglich Ich will Ihnen drei Punkte nennen. Bei dem ersten Punkt sein, wird sie eben in München gebaut. Sie von den GRÜ- geht es darum, wie Sie als GRÜNE, auch über Ihre Pres- NEN wissen das auch. Dort ist kein Planfeststellungsver- semeldungen, mit den Fakten umgehen. Sie betreiben fahren nötig, da auf dem Flughafengelände ausreichend nämlich Stimmungsmache. Der zweite Punkt ist das Ver- Platz vorhanden ist und bereitgehalten wird. Das würde ständnis, das gewählte Repräsentanten in unserem Sys- die Standortsicherungsentscheidung der für tem von den demokratischen und rechtsstaatlichen Ab- Frankfurt infrage stellen. München würde Verkehrs- und läufen haben. Der dritte Punkt ist die Vermessenheit, die Wachstumspotenzial von Frankfurt abziehen. Das wollen dahinter steht. Ich nenne jetzt einen Namen: Landrat wir nicht, und deshalb muss der A 380 in Frankfurt gebaut Siehr. werden. Erster Punkt. Sie erwecken mit Ihrer Pressemitteilung in (Beifall bei der CDU) der Öffentlichkeit den Eindruck, als handele es sich hier- bei um einen willkürlich angeordneten Sofortvollzug, den keiner nachvollziehen kann. Vizepräsident Frank Lortz: (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Herr Kollege Reif, Sie müssen zum Ende kommen. NEN): Genau so ist es!) – Genau so ist es nicht, Herr Kaufmann. – Tatsache ist, Clemens Reif (CDU): dass man für diesen Verfahrensablauf, nämlich für die Be- schlussfassung in der Planungsversammlung, einen sol- Wir setzen nicht auf Konfrontation, sondern auf Koopera- chen Sofortvollzug früher gar nicht benötigt hat; denn die- tion. Die CDU-Landtagsfraktion wird das Projekt A 380 sen Mechanismus, einen Beschluss über ein Gerichtsver- weiterhin positiv begleiten. Unser Ziel ist es, den Men- fahren zu stoppen, gab es noch gar nicht. Das heißt, wir schen in der Region eine berufliche Perspektive zu geben sind hier verfahrensrechtlich in einer neuen Situation. und die Zukunft Hessens, d. h. auch des Rhein-Main-Ge- biets, zu sichern. Zweiter Punkt. Wenn diese Halle benötigt wird, wie Sie selbst sagen, und wenn Sie einsehen, dass es einen gewis- (Beifall bei der CDU) sen zeitlichen Druck gibt, weil jederzeit die Möglichkeit besteht, nach München auszuweichen, ist es nicht nachzu- vollziehen, dass Sie ohne Abschneidung der Rechtsmittel, Vizepräsident Frank Lortz: die es bis dato üblicherweise gab und heute noch gibt, in Vielen Dank, Herr Kollege Reif. – Das Wort hat der Kol- der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken: Hier ist der lege Denzin, FDP-Fraktion. Aasgeier Fraport, dem es nur um seinen Profit geht. Ich zitiere jetzt Landrat Siehr, einen gewählten Landrat in (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- einem Kreis, der von dem Flughafen und dem Flughafen- NEN): Warum gibt es weniger Arbeitsplätze, wenn ausbau wirtschaftlich sehr profitiert: die Halle nicht im Wald steht? Das muss er mir erst einmal erklären!) Er will das nur wegen des Profits, und das geht zu- lasten aller Menschen in der Region.

Michael Denzin (FDP): Über die Belastungswirkung haben wir eben einiges ge- hört. Das ist eine Entlastungswirkung und keine Belas- Meine Damen und Herren! Es ist immerhin ein Fort- tungswirkung. Hier hört es auf. Diese Vermessenheit von schritt, dass der Bau der Halle inzwischen auch bei den Repräsentanten dieses demokratischen Rechtsstaates, GRÜNEN nicht mehr umstritten ist. sich in einem rechtsstaatlichen Verfahren hinzustellen – aus der Verantwortung als gewählter Landrat –, das halte (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ich für ein Unding ersten Ranges, um nicht ausfallender NEN): Das haben wir noch nie bestritten!) zu werden. – Mein lieber Herr Kaufmann, wir haben in den Debatten (Beifall bei der FDP,der CDU und des Abg. Bernd von Ihnen schon ganz andere Äußerungen gehört. Im Zu- Riege (SPD)) sammenhang mit der Debatte um den Ausbau des Flug- hafens insgesamt habe ich sehr viele kritische Bemerkun- Sie machen es nicht anders, weil Sie das Thema Flughafen gen von Ihnen in Erinnerung.Aber Krieg muss wohl sein. schüren, wo immer Sie einen Ansatz sehen, noch draufzu- Im Zusammenhang mit dem Frankfurter Flughafen darf springen. Herr Kaufmann, in der Sache wissen Sie genau nichts leise oder unstreitig über die Bühne gehen. Deshalb Bescheid. Ich habe mich sogar am Anfang gefreut, als Sie Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3525

– für Ihre Auftritte relativ ruhig, wie wir Sie sonst beim „So funktioniert das nicht“, so ist das etwas, was objektiv Thema Flughafen nicht kennen – hier vorne waren. Aber so ist. in der Wirkung machen Sie genau das. Sie wissen das, und das ist das Schlimme. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der Herr Kaufmann, die Grundvoraussetzung, die Sie darstel- CDU) len, ist so nicht. Wir reden nicht über die Alternative A-380-Wartungshalle innerhalb oder A-380-Wartungs- Sie betreiben reine Stimmungsmache.Warum diskutieren halle außerhalb des Zaunes. wir heute Morgen diese Geschichte, die im rechtsstaat- lichen Ablauf überhaupt nicht zu hinterfragen und zu dis- (Michael Denzin (FDP): Richtig!) kutieren ist? Die tatsächliche Alternative in der zeitlichen Enge lautet: (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der A-380-Halle wie beantragt in Frankfurt oder aber in CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/ München. Ich gebe Ihnen die deutliche Antwort: Herr DIE GRÜNEN): Natürlich ist die zu hinterfragen, Kaufmann, dann in Frankfurt. weil es keine Rechtsgrundlage hat!) (Beifall bei der SPD und der FDP) – Nein, diese nicht, die nächsten Schritte vielleicht, aber Sehen Sie, das geht nicht nur um diese A-380-Halle. Herr die schon gar nicht. – Vielen Dank. Klemm hat darauf hingewiesen. Mittlerweile ist bei Luft- hansa ein gleichberechtigtes Hub-Management von Frankfurt und von München direkt auf der Ebene des Vizepräsident Frank Lortz: Vorstandes. Ich glaube nicht, dass die Lufthansa be- Das Wort hat Herr Kollege Walter,Vorsitzender der SPD- sonders regional an Frankfurt gebunden ist.Wenn sich die Fraktion. Münchener durchsetzen, wird natürlich nicht sofort der gesamte Interkontinentalverkehr nach München verla- gert werden. Auch die wichtigen Ostverbindungen wer- Jürgen Walter (SPD): den nicht sofort nach München verlagert werden. Wir ha- ben dann nachts Zulieferflüge nach Frankfurt, weil die Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- großen Maschinen in München gewartet werden, nach ren! Für die SPD-Landtagsfraktion habe ich festzustellen, Frankfurt fliegen und dort in den Drehkreuzen eingesetzt dass wir sehr froh sind, dass die Regionalversammlung am werden. 5. November dieses Jahres den Abänderungsbeschluss ge- fasst hat. Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokra- Aber Stück für Stück wird die Lufthansa versuchen, die ten sind der Auffassung, dass diese Wartungshalle für den Interkontinentalverkehre so zu verlagern, dass diese War- A 380 in Frankfurt jetzt schnell gebaut werden muss, da- tungsflüge nicht mehr notwendig sind. Dies würde bedeu- mit der A 380 in Frankfurt stationiert wird. ten, dass die gesamten Drehkreuze langsam Stück für Stück nach München abwandern werden. Meine Damen (Beifall der Abg. Hildegard Pfaff (SPD)) und Herren, das würde dazu führen, dass wir nicht mehr in Frankfurt den interkontinentalen Hub in unserer Re- Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu der Debatte gion haben, sondern dass er nach München verlagert wird. gehört, dass die Entscheidung, die am 5. November gefällt Dies wollen wir nicht. Ich glaube, das können wir auch worden ist, die zweite Entscheidung in dieser Sache war. nicht wollen. Bereits im Dezember letzten Jahres hat die Regionalver- sammlung einen entsprechenden Beschluss gefasst. Wa- (Beifall bei der SPD und der FDP) rum ist eine zweite Entscheidung überhaupt notwendig geworden und damit die zeitliche Problematik entstan- Herr Kaufmann, das ist manchmal so. Sehen Sie, auch wir den? sind nicht der Auffassung, dass es wunderschön ist, in den Bannwald zu gehen und ihn abzuholzen. Das ist alles an- Die Antwort ist relativ eindeutig. Das war die entspre- dere als eine leichte Entscheidung. Das ist alles andere als chende Antwort auch im Wirtschaftsausschuss. Die zweite etwas, was man begrüßt. Aber manchmal steht man vor Entscheidung und die zweite Befassung in der Regional- solchen Fragen. Dann hat man eine ganz konkrete Abwä- versammlung waren deshalb notwendig, weil das Wirt- gung:Will ich, dass weitere Arbeitsplätze in Frankfurt ent- schaftsministerium – Herr Wirtschaftsminister, da nehme stehen und andere gesichert werden? – Dann muss ich ich Sie außen vor, weil das Ihr Vorgänger war – bei der manchmal Dinge in Kauf nehmen, die ich nicht für so Aufstellung des Regionalplanes 2000 solche gravierenden schön halte. Das ist das übliche Geschäft in der Politik. Fehler begangen hat, dass auf eine Klage hin der Verwal- Dann muss ich in dieser Abwägung eine Antwort geben. tungsgerichtshof diesen Regionalplan für nichtig erklärt Das heißt doch nicht, dass wir Bannwald abholzen wollen, hat. Deshalb musste noch einmal entschieden werden. sondern das ist die Folge von dem, was wir ansonsten wol- len. Herr Ministerpräsident, ich habe Ihnen öfter gesagt: Sie lassen bei der Frage des Flughafens Frankfurt keinen Feh- (Beifall bei der SPD und der FDP) ler im Genehmigungsverfahren aus. – Es gehört schlicht zur Debatte, dass Sie es nicht können, was den Ausbau Abschließend noch einen Satz wegen der Bedeutung des und die Entwicklung des Frankfurter Flughafens angeht. Flughafens. Das war gestern öfter in der Diskussion. Ich will das nicht polemisch machen, von wegen Opel-Ar- (Beifall bei der SPD – Lachen des Abg. Karlheinz beitsplätze fallen weg. Da reden Sie heute über den Weimar (CDU)) Frankfurter Flughafen, wie Sie es tun. Etwas Widerspruch ist immer vorhanden, aber manchmal Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin der ein bisschen zurückhaltend. Der Verwaltungsgerichtshof festen Überzeugung, der Frankfurter Flughafen ist die ist nicht gerade eine sozialdemokratische Einrichtung. einzige Option, wo auch Menschen, die nicht im akademi- Wenn die Ihnen links und rechts eine mitgeben und sagen: schen Bereich, im Beamtenwesen oder im soziologisch- 3526 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 politischen Komplex unterkommen können, in unserer die SPD diesen Schulterschluss zur Landesregierung voll- Region die Chance haben, einen gewerblichen Arbeits- zogen hat. Das war leider nicht immer so der Fall. platz zu finden. (Zurufe von der SPD) (Beifall bei der SPD, der FDP und des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU)) Herr Walter, umso mehr ist es zu begrüßen, dass Sie dies hier so zweifelsfrei gesagt haben. Wir sind der Auffassung, dass auch Menschen mit einfa- chen Ausbildungen eine Chance in unserer Region Rhein- (Zurufe von der SPD) Main brauchen. Deshalb begrüßen wir es, dass die Regio- Wir wünschen Ihnen und den Verantwortlichen, die diese nalversammlung diesen Beschluss gefasst hat. Wir wün- Linie mittragen, dass Sie die Kraft und die Überzeu- schen uns, dass diese Halle in Frankfurt jetzt schnell ge- gungsfähigkeit haben, bei Ihren Parteifreunden im und baut wird. um den Flughafen herum genauso dafür zu werben, dass sie nicht diejenigen sind, die jetzt wieder als Erste den Klageweg gegen dieses Vorhaben beschreiten. Ich wün- Vizepräsident Frank Lortz: sche Ihnen ganz aufrichtig Erfolg bei Ihrer Überzeu- Kollege Walter, der Kollege Denzin möchte Ihnen eine gungsarbeit. abschließende Frage stellen. (Jürgen Walter (SPD): Herr Präsident, ist eine (Jürgen Walter (SPD): Ja, klar!) Frage erlaubt?) Meine sehr verehrten Damen und Herren, was ist unser Thema? – Unser Thema lautet: Wie kann die Rechtsvor- Michael Denzin (FDP): aussetzung für eine Baugenehmigung der A-380-Halle ge- Herr Kollege Walter, halten Sie die Wahrscheinlichkeit, schaffen werden? dass diese Halle in Frankfurt entsteht, für größer oder für geringer, als dass sie nach München verlagert werden muss? Gehen Sie mit mir einig, dass es nichts Schöneres Vizepräsident Frank Lortz: gäbe, als im Jahre 2007 dort den ersten A 380 mit dem Herr Minister, der Kollege Walter möchte Ihnen eine schönen Namen „Rüdesheim“ zu warten? Zwischenfrage stellen. (Heiterkeit)

Dr.Alois Rhiel, Minister für Wirtschaft, Verkehr und Lan- Jürgen Walter (SPD): desentwicklung: Ich beginne mit der Frage eins, Herr Kollege. Vielleicht am Schluss. – Diese A-380-Halle ist in einem Bereich, der sich bisher im gültigen Raumordnungsver- (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Die anderen zwei Stunden fahren innerhalb eines so skizzierten regionalen Grünzu- später!) ges befindet. Ich habe es dargestellt. Wenn nach diesem Beschluss das Bereits im Raumordnungsverfahren, das dem Planfest- Verfahren vonseiten der Fraport und vonseiten der Lan- stellungsverfahren vorausgeht, wurde signalisiert, dass desregierung ordnungsgemäß abgewickelt wird, dann diese Möglichkeit akzeptabel ist. Herr Walter, Sie haben wird diese A-380-Halle in Frankfurt gebaut, weil auch die es gesagt: Die Regionalversammlung musste ein zweites Lufthansa die Vorteile eines bereits bestehenden inter- Mal darüber befinden, ob die Abweichung von dem be- kontinentalen Hub sieht. Wir werden sie in Frankfurt be- stehenden Regionalplan akzeptiert werden kann. – Dies kommen, wenn wir es ordentlich machen. geschah vor fast einem Jahr, nämlich am 12. Dezember Zur zweiten Frage müssen wir überlegen, „Friedberg“ 2003. Damals hat die Regionalversammlung mit breiter vielleicht vorzuziehen. Mehrheit zugestimmt. Es haben also auch große Teile der Mitglieder der SPD-Fraktion zugestimmt. (Heiterkeit des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP)) Es war jetzt notwendig, diese Entscheidung über die Ab- Aber diese Diskussion sollten wir dann in einem Media- weichung zu wiederholen. Denn zwischenzeitlich wurde tionsverfahren führen. die Wirkung dieses Regionalplans ausgesetzt. Er musste (Beifall bei der SPD und der FDP) am 13. September 2004 also erneut in Kraft gesetzt wer- den. Die Raumordnungsverfahren, die wir in diesem Zu- sammenhang durchführen, bleiben aber auf der gleichen Vizepräsident Frank Lortz: Linie. Es bleibt bei der Zielsetzung, dass es gelingt, dass der Bau dieser Werft umgesetzt werden kann, die für den Das Wort hat der Wirtschaftsminister, Herr Staatsminister Standort Flughafen Frankfurt so wichtig ist. Die entspre- Alois Rhiel. chende Entscheidung hat die Regionalversammlung am (Gerhard Bökel (SPD): Zur letzten Frage wollen 5. November 2004 erneut getroffen. Dafür sind wir dank- wir einen Vorschlag haben! – Gegenruf des Abg. bar. Sie hat diese Entscheidung getroffen, nachdem sie ge- Jörg-Uwe Hahn (FDP): „Fulda“! Metz würde prüft hat, welche tragfähigen Vorschläge für Alternativen „Schalke“ sagen!) es gibt. Sie hat erkennen müssen, dass es für diese Maß- nahme keine echte tragfähige Alternative gibt.Von daher konnte die Regionalversammlung die Abweichung von Dr.Alois Rhiel, Minister für Wirtschaft, Verkehr und Lan- dem bestehenden Regionalplan guten Gewissens ermög- desentwicklung: lichen. Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- Dieser Bewertung der Regionalversammlung möchte ich ren! Es ist schon bemerkenswert, dass der Abg.Walter für in vollem Umfang zustimmen. Das zeigt, dass in diesem Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3527

Verfahren, das die Regionalversammlung betraf, aber Planfeststellung wird in kurzer Zeit erfolgen. Dann wer- auch in den anderen Verfahren, die angestanden haben den wir einen weiteren wichtigen Schritt zur Realisierung und noch anstehen, volle Transparenz gesichert war bzw. dieses Ziels gehen. Ich denke, das wird hier in diesem ist. Vor allem erfolgen diese Verfahren auch in vollem Haus breite Zustimmung finden. – Vielen Dank für Ihre Umfang nach rechtsstaatlichen Grundsätzen. Aufmerksamkeit. In der Berichterstattung der Medien, die nach diesem Be- (Beifall bei Abgeordneten der CDU) schluss und nach dem Erlass des Sofortvollzugs erfolgte, wurde immer wieder gesagt, jetzt könne gehandelt wer- den. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal deutlich ma- Vizepräsident Frank Lortz: chen, dass die Entscheidung der Regionalversammlung Herr Minister, Herr Kollege Walter wollte Ihnen noch keine Baugenehmigung darstellt. Vielmehr ist sogar das eine Frage stellen. Gegenteil der Fall. Erst nach Vorliegen des Planfeststel- lungsbeschlusses, an dem wir arbeiten und der in Kürze ergehen wird, wird Baurecht geschaffen werden können. Jürgen Walter (SPD): Das kann also nicht durch den Abweichungsbeschluss oder den Beschluss zum Sofortvollzug geschehen. Herr Herr Minister, vielen Dank. – Ich habe folgende Frage: Kollege Kaufmann, es geht hier also nicht um Konfronta- tion. Erstens. Geben Sie mir Recht, dass es ein Bürgermeister der CDU aus dieser Region war, der gegen den Regional- (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- plan geklagt hat? NEN): Natürlich geht es darum!) Zweitens. Geben Sie mir auch darin Recht, dass das Ge- Dieses Verfahren beinhaltet keine Konfrontation. richt dem Kläger wegen eines Fehlers Recht gegeben hat, der im Wirtschaftsministerium des Landes Hessen ge- (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- macht wurde? NEN): Aber selbstverständlich!) Es stellt auch keine Verhöhnung der Menschen dar, auch wenn Sie das hier wiederholt betont gesagt haben. Dr.Alois Rhiel, Minister für Wirtschaft, Verkehr und Lan- desentwicklung: (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Lesen Sie einmal das Schreiben des Regie- Herr Walter, ich habe eben in meiner Rede gesagt, dass es rungspräsidenten!) diese eine Ausnahme gibt. Die gibt es in der Tat. Ich möchte dabei deutlich machen, dass alle Regionalpläne Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Dieses Verfahren lässt bisher von meinem Haus mit so genannten Nebenbestim- alle Möglichkeiten des Rechtswegs offen. Die Zukunft mungen versehen wurden. Die wurden in der Vergangen- wird zeigen, dass dieses Verfahren rechtsstaatlich ganz heit nie angezweifelt und vom Verwaltungsgerichtshof sauber durchgeführt werden wird. auch immer bestätigt. So war es auch in diesem Fall. Der Verwaltungsgerichtshof Hessen hat diesem Plan zuge- stimmt. Erst das Bundesverwaltungsgericht war anderer Vizepräsident Frank Lortz: Meinung. Erst aufgrund dieser Entscheidung musste die Herr Minister, achten Sie bitte auf die Redezeit. Korrektur erfolgen. Bisher wurde in der genannten Art verfahren. Wir haben das korrigiert. Durch den Beschluss der Regionalver- Dr.Alois Rhiel, Minister für Wirtschaft, Verkehr und Lan- sammlung wurde das im Raumordnungsplan geheilt. Nun desentwicklung: kann also der Planfeststellungsbeschluss erfolgen. Herr Walter, eines möchte ich zum Schluss meiner Rede (Beifall des Abg. Frank Gotthardt (CDU)) noch einmal sagen. Es ist sehr anerkennenswert, dass Sie das Ziel unzweideutig teilen. Ihre Aussage aber, dass Ent- scheidungen, die wir heute und in der Vergangenheit ge- Vizepräsident Frank Lortz: troffen hätten – die also in meinem Ministerium fielen bzw. die die Landesregierung getroffen hat –, nicht akzep- Herr Minister, vielen Dank. – Meine Damen und Herren, tabel seien und dass Fehler gemacht worden seien, läuft damit ist die Aktuelle Stunde unter Tagesordnungspunkt völlig ins Leere. Bis auf den eben genannten Ausnahme- 89 erledigt. fall wurden alle Schritte, die vollzogen wurden, von den Vereinbarungsgemäß rufe ich nun Tagesordnungspunkt Gerichten ausnahmslos bestätigt. Ich bin zuversichtlich, 52 auf: dass dies auch in Zukunft gelten wird. Antrag der Abg. Fuhrmann, Dr. Spies, Eckhardt, Dr. Bis auf Herrn Kaufmann wurde hier von allen Rednern Pauly-Bender, Schäfer-Gümbel (SPD) und Fraktion be- deutlich gemacht, wie wichtig diese Entscheidung im Hin- treffend eine solidarische Bürgerversicherung für alle – blick auf die Umsetzung dieser bedeutenden Infrastruk- Drucks. 16/3169 – turmaßnahme ist. Das ist eine Zukunftsentscheidung für den Frankfurter Flughafen. Er kann dann als Motor, als Hier hatten wir sofortige Abstimmung vereinbart. Wer Jobmotor, für die Region und für das Land wirken. Dem dem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte muss ich nichts hinzufügen. ich um das Handzeichen. – Dafür gestimmt haben die Ab- geordneten der SPD. Gegenstimmen? – Dagegen ge- Ich möchte noch einmal deutlich sagen, dass wir das Ver- stimmt haben die Abgeordneten der CDU und der FDP. fahren voll transparent, verantwortlich und konsequent Enthaltungen? – Die GRÜNEN haben mitgestimmt – weiterführen werden. Wir werden unsere Entscheidungs- gut. grundlage und unsere Entscheidung dann auch gerne von den Gerichten bewerten lassen. Die Entscheidung zur (Frank Gotthardt (CDU): Wo?) 3528 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Damit ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden. Schwachsinn hat in Deutschland jetzt einen Na- men. Er ist weiblich und heißt Brigitte Zypries. Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 45 auf: (Beifall bei Abgeordneten der CDU – Günter Ru- Antrag der Fraktion der SPD betreffend Distanzierung dolph (SPD): Unerträglich! – Tarek Al-Wazir von minderheitenfeindlichen, extremen und beleidigen- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da klatscht er den Positionen des CDU-Abgeordneten Hans-Jürgen Ir- noch!) mer – Drucks. 16/2837 – – Hat Herr Reif gerade dazu geklatscht? Das muss man Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Das Wort für das Protokoll festhalten. Ein Mann wie Herr Reif hat Herr Kollege Norbert Schmitt für die SPD-Fraktion. klatscht dazu. – Zu den Beitrittsverhandlungen des deut- (Zurufe von der CDU: Ui!) schen EU-Kommissars Günter Verheugen mit der Türkei schreibt Herr Irmer: Wer das macht, den müsste man im Grunde wegen Hochverrats in Deutschland anklagen. Norbert Schmitt (SPD): (Günter Rudolph (SPD): Unerträglich! – Tarek Al- Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt Gren- Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unerträg- zen, die nicht überschritten werden dürfen. Der CDU-Ab- licher Hetzer!) geordnete Irmer, er sitzt hier in der ersten Reihe, über- Zum Asylrecht schreibt er – meine Kollegin hat das heute schreitet aber immer wieder nicht nur die Grenzen des gu- schon in der Aktuellen Stunde angesprochen; dazu hat ten Geschmacks. Nein, er überschreitet regelmäßig die Herr Jung gesagt, dass es nicht stimmt – unter der Über- Grenzen des demokratischen Konsenses in Form und In- schrift „Für eine Abschaffung des Individualrechts auf halt. Asyl“ wörtlich: (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE Im Übrigen sei er GRÜNEN) – also Irmer – Wir meinen, die beleidigenden, minderheitenfeindlichen und extremen Äußerungen des Herrn Irmer müssen hier dafür, das Individualrecht auf Asyl komplett abzu- im Landtag nicht nur diskutiert werden. Nein, sie müssen schaffen. auch vom Landtag zurückgewiesen werden. So weit das Zitat aus der Zeitung. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE (Frank Gotthardt (CDU): Lesen Sie einmal die Be- GRÜNEN) gründung vor, Herr Schmitt!) Herr Irmer sitzt in der ersten Reihe der CDU-Fraktion. Zur Homosexualität meint er, dass diese nicht angeboren Er ist nicht irgendein Abgeordneter. sei, und er fordert Homosexuelle auf, ihre Neigungen zu (Clemens Reif (CDU): Das ist gut so!) überwinden. Zugleich kritisiert er die Hessische Sozialmi- nisterin, die ich jetzt leider nicht sehe, Er gehört zur Führungsspitze der CDU-Fraktion. (Zuruf des Abg. Volker Hoff (CDU)) (Clemens Reif (CDU): Auch das ist gut so!) weil diese keine Hilfestellungen anbiete, damit Gleichge- Er ist stellvertretender Vorsitzender der Fraktion. Dazu schlechtliche von ihrer sexuellen Orientierung loskom- ist er auch noch schulpolitischer Sprecher. men. (Clemens Reif (CDU): Sehr gut!) Meine Damen und Herren, ich glaube, dass diese Äuße- rungen schlimme Entgleisungen und Beleidigungen sind. Die CDU-Landtagsfraktion ist deshalb gefordert, eine Sie sind gegen die Verfassung gerichtet, was das Asylrecht Grenze zu den üblen Äußerungen zu ziehen, die Herr Ir- betrifft, und sie zeigen auch ein rechtsextremes Weltbild. mer in seiner Zeitung vorgenommen hat. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Clemens Reif (CDU): Das würde Ih- GRÜNEN) nen so passen!) Hier geht es nicht um die Meinungsfreiheit eines Abge- Ich will das mit dem Programm der Republikaner in Hes- ordneten. Hier geht es darum, ob sich der Hessische Land- sen belegen. Die Republikaner fordern in ihrem Pro- tag und insbesondere die im Hessischen Landtag die gramm: Mehrheit habende Fraktion, die CDU-Fraktion, schwei- gend duldend, distanzlos zu den Äußerungen verhalten, Das Grundrecht auf Asyl ist durch eine gesetzliche zu denen ich jetzt kommen werde. Es ist die Frage, ob Regelung zu ersetzen, die es gestattet, berechtigte dazu geschwiegen werden soll und ob das hingenommen und unberechtigte Antragsteller in einem einfachen werden soll. Darum geht es. und schnellen Verfahren zu unterscheiden. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Genau diese Position ist völlig deckungsgleich mit dem BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Artikel von Herrn Irmer in der Oktoberausgabe des „Wetzlar-Kuriers“. Um was geht es? Herr Irmer ist Herausgeber und auch verantwortlicher Redakteur des „Wetzlar-Kuriers“. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frank Gotthardt (CDU): Lesen Sie (Clemens Reif (CDU): Eine erfolgreiche Zeitung!) doch einmal die Begründung vor!) In der Oktoberausgabe hat er unter der Überschrift – das Meine Damen und Herren, nicht umsonst fragt der NPD- muss man wörtlich vorlesen – „Rot-Grün lädt Terroristen Funktionär Alfred Zutt aus Ehringshausen, ob Irmer und Schwerkriminelle herzlich ein“ geschrieben: „dann nicht auch rechtsradikal“ sei, wenn er solche Dinge Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3529 vertritt. Außerdem wirft die NPD Herrn Irmer vor, „nur und hat gesagt: Wir wollen nichts mit diesen Äußerungen nationale Phrasen“ zu dreschen. – Das ist der Vorwurf zu tun haben. aufseiten der NPD. Ich glaube, das macht vieles deutlich. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE (Zurufe von der CDU) GRÜNEN) Wir wollen wissen, insbesondere von der CDU, ob die Nehmen Sie sich ein Vorbild. Es ist nicht einfach, wenn Aufgabe des Individualrechts auf Asyl von Ihnen unter- Fraktionskollegen betroffen sind. Das gebe ich zu. Das ist stützt wird. Deshalb werden wir die Passage gesondert zur völlig klar, und es war für die FDP auch nicht einfach. Abstimmung stellen. (Zuruf des Abg. Volker Hoff (CDU)) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Aber Sie müssen eine klare Grenze zu diesen Äußerun- gen ziehen. Ich glaube, das erfordert der demokratische Meine Damen und Herren, wir wollen auch wissen, ob die Konsens auch hier im Hause. Hessen-CDU Beleidigungen der Bundesjustizministerin mitträgt. Ich frage Herrn Minister Wagner, wie er in der (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE nächsten Justizministerkonferenz der Kollegin Zypries GRÜNEN) ohne eine eindeutige Distanzierung gegenübertritt. Da Herr Irmer, Sie haben den politischen Anstand in dieser bin ich gespannt. ganzen Affäre verloren. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Volker Hoff (CDU)) GRÜNEN und der FDP – Zurufe von der CDU) Zur Frage der Homosexualität wollen wir ebenfalls eine Sie haben den demokratischen Konsens gebrochen. Des- gesonderte Abstimmung, weil wir wissen wollen, ob die wegen sage ich Ihnen: Der Hessische Landtag ist gefor- Sozialministerin die absurde Auffassung von Herrn Irmer dert, nach diesen wirklich üblen Äußerungen, die aus Ver- mitträgt. Dazu gibt es übrigens einen Leserbrief an den leumdungen bestehen, die aus Diffamierungen bestehen „Wetzlar-Kurier“, den wir allerdings nur im Internet ge- und die aus rechtsextremen Äußerungen bestehen, sich funden haben. Darin schreibt Roland Heintze, Mitglied davon zu distanzieren. Ich bitte Sie: Kommen Sie dem der Hamburger Bürgerschaft und Bundesvorsitzender auch nach. der Lesben und Schwulen in der Union, mit Befremden habe er den Artikel gelesen. Er schreibt außerdem, Ho- (Lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜND- mosexualität sei keine Krankheit, und er wehrt sich im NIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU) Namen der „indirekt diffamierten Menschen“ gegen die- sen Artikel. Vizepräsident Lothar Quanz: Meine Damen und Herren von der CDU, wehren Sie sich auch gegen diese Diffamierung? Das ist doch die Frage. Vielen Dank, Herr Schmitt. – Frau Hinz, ich darf Ihnen das Wort für BÜNDNIS/90 DIE GRÜNEN erteilen. (Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU)) Wir wollen auch wissen, wie die Hessische Sozialministe- rin dazu steht. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion ist gefor- Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben lei- dert, endlich eine klare Grenze zu ziehen. Im Fall Hoh- der schon öfter in diesem Haus über die Entgleisungen mann haben Sie das nur widerwillig getan. Erst auf Druck von Herrn Irmer diskutieren müssen, die er mittels seines von Frau Merkel ist an dieser Stelle reagiert worden.Aber „Wetzlar-Kuriers“ im Lahn-Dill-Kreis verbreitet. Vieles, in dieser Frage müssen Sie handeln. Es ist ein Fraktions- was er in diesem Blatt kundtut, kann man beiseite legen mitglied von Ihnen. Ich muss fragen: Wie kann ein schul- nach dem Motto: persönliche Meinung, Meinungsfreiheit politischer Sprecher solche intoleranten Auffassungen gepaart mit schlechtem Geschmack und gerade noch an vertreten? der Schmerzgrenze. (Lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜND- Allerdings gehen Sie in vielen Artikeln weit über diese NIS 90/DIE GRÜNEN) Schmerzgrenze hinaus. Solche Auffassungen dürfen in Stil und Inhalt von der (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Spitze einer demokratischen Fraktion nicht geduldet wer- und der SPD – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer den. (CDU)) (Zurufe von der CDU: Oh!) Meine Damen und Herren, ein Machwerk, in dem Min- derheiten wie Homosexuelle grundsätzlich diffamiert Meine Damen und Herren, es ist auch deswegen Ihr Pro- werden, ein Machwerk, in dem vor allem Menschen isla- blem, weil der „Wetzlar-Kurier“ auch im Landtag verteilt mischen Glaubens grundsätzlich in die Nähe von Gewalt- wird. Er lag auf dem Infostand vor dem CDU-Fraktions- tätern und Terroristen gerückt werden, ein Machwerk, in sitzungssaal aus, und die beleidigenden Äußerungen ge- dem Ausländer vor allem als Sozialschmarotzer darge- genüber Frau Zypries standen noch um 9.20 Uhr – das war stellt werden, und ein Machwerk, in dem Herr Irmer der letzte Zeitpunkt, zu dem wir hineingeguckt haben – schreibt, dass er für die Abschaffung des individuellen heute Morgen im Internet. Deswegen fordere ich: Ziehen Grundrechts auf Asyl ist, das grast nicht nur am rechten Sie einen Schlussstrich, distanzieren Sie sich von diesen Rand die Wählerstimmen ab, sondern damit betreibt er Äußerungen. Ich glaube, Sie sollten es tun. aktiv rechte – um nicht zu sagen: rechtsextreme – Politik. Die FDP hatte ein Problem mit dem Abg. Kappel. Die (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN FDP hat das anders gehandelt. Sie hat sich klar distanziert und der SPD – Zurufe von der CDU) 3530 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Ich lese Ihnen einige Zitate vor. Es fing im Jahr 2000 scher Name ist. Die Wertigkeit der Menschen wird hier schon an: Der Islam – so Irmer und Hamer – sei aus ihrer wiederum an der Zugehörigkeit zur Religion gemessen. Sicht für Deutschland und Europa die größte Gefahr in Das ist doch der eigentliche Punkt. diesem Jahrhundert. – So hieß es im „Wetzlar-Kurier“. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Hans-Jürgen Irmer (CDU): So ist es? – Gegenruf und der SPD – Clemens Reif (CDU): Heißt er nun des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE Mohammed oder nicht?) GRÜNEN): So ist es! – Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das darf doch Warum soll sich ein deutscher Staatsbürger, ein deutscher nicht wahr sein!) Abgeordneter eines deutschen Parlaments im Jemen er- kundigen, wie es dort mit der Religionsfreiheit zugeht? Weiter heißt es: „Schon heute ist bekannt, dass eine Viel- Herr Irmer, hier überziehen Sie weit und gehen weit über zahl von Verbrechen von Islamisten ihren Ursprungsort in die Meinungsfreiheit und persönliche Schmerzgrenzen hi- Deutschland hatten und haben.“ naus. (Unruhe) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Weiter: „Bei allen islamistischen Anschlägen führen Spu- und der SPD – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/ ren nach Deutschland.“ DIE GRÜNEN): Das zeigt, wes Geistes Kind Sie sind! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/ (Unruhe – Dr. Norbert Herr (CDU): Weil ihr die DIE GRÜNEN): Widerlich! – Zurufe von der Augen zumacht!) CDU) Ein weiteres Zitat: „Es wäre doch interessant zu erfahren, Ich habe für meine Fraktion in zwei Fällen den Presserat wie viele geschleuste Kinder und wie viele getürkte Kin- eingeschaltet, weil wir glauben, dass wir Ihrem Treiben der vom deutschen Steuerzahler unterstützt werden.“ – Einheit gebieten müssen. Das ist die Wortwahl des Herrn Irmer in seiner Zeitung. Das ist nicht nur minderheitenfeindlich, das ist schlicht (Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU)) und einfach Ausländerhetze. Das müssen wir auf allen möglichen Ebenen tun. Danach (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN habe ich etliche Schmähbriefe bekommen, die in der Ten- und der SPD – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist denz so sind wie Ihr Machwerk, was auch nicht verwun- Missbrauch des deutschen Steuerzahlers!) dern muss. So ist die Wirkung Ihres Blattes. Ich bekam aber auch viele Schreiben und Anrufe, die ausdrücklich Auch der Artikel, der sich über Homosexualität auslässt, Zustimmung zu unserem Vorgehen beinhalteten. beinhaltet nicht nur den Hinweis, dass es sich sozusagen um Kranke handele, die ihre Krankheit überwinden Meine Damen und Herren von der CDU,auch Sie können könnten, sich heute distanzieren, und Sie können zustimmen, dass solche Äußerungen nicht im Namen der CDU irgendwo (Zurufe von der CDU) verbreitet werden sollen. es steht auch noch die interessante Information darin, (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dass die CDU-Bildungspolitiker mit diesem ominösen In- und der SPD) stitut – das diese Menschen, diese armen Kranken heilen möchte – ein Gespräch gehabt hätten. Das Machwerk von Herrn Irmer wird nämlich mit einer CDU-Zeitung gleichgesetzt. (Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU)) (Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU)) Es ist aber auch noch ausgesagt: „In diesem Milieu“ – da- mit ist das Homosexuellenmilieu gemeint – „ist es weit Sie haben alle Ihren Anteil daran. Wer lässt sich denn in verbreitet, trotz einer festen Partnerbeziehung, so die dieser Zeitung gerne ablichten? – Das geht von Ministe- Selbsteinschätzung, sich zusätzlich anderweitig zu orien- rinnen über Minister zu sämtlichen Abgeordneten. tieren.“ – Meine Damen und Herren, das ist Stimmungs- mache gegen Minderheiten, nichts anderes. (Günter Rudolph (SPD): Unglaublich!) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sie geben dort Interviews, Sie lassen dort Presseerklärun- und der SPD – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Dum- gen abdrucken, Sie lassen sich einladen und hinterher in mes Zeug!) dieser Zeitung mit Äußerungen zitieren. Meine Damen und Herren, deswegen ist es notwendig, dass Sie heute die Herr Irmer, was haben Sie eigentlich im Kopf, wenn Sie in Verantwortung dafür übernehmen und nicht mehr für ein Ihrem Blatt über meinen Kollegen Tarek Al-Wazir schrei- Machwerk zur Verfügung stehen, das nur minderheiten- ben: und ausländerfeindliche Äußerungen verbreitet. (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Vorsicht!) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Hans-Jürgen Irmer (CDU):Was ha- Er fordert eine Gleichbehandlung der Religionen. ben Sie denn für ein Demokratieverständnis? Das Herr Tarek Mohammed Al-Wazir wäre gut beraten, ist linksradikal! – Clemens Reif (CDU): Heißt er sich einmal im Jemen zu erkundigen, wie es dort mit jetzt Mohammed oder nicht?) der Glaubensfreiheit aussieht. (Zurufe von der CDU) Wenn die CDU für Rechte von Minderheiten ist,wenn die CDU der Meinung ist, dass die Menschenwürde gewahrt Meine Damen und Herren, keiner weiß, dass Tarek Al- werden muss – auch in Veröffentlichungen ihrer Land- Wazir Mohammed zum Zweitnamen hat, es steht nämlich tagsabgeordneten –, wenn sie wirklich Ressentiments ab- noch nicht einmal in seinem Pass. Dieser Passus bedeutet bauen will, wenn sie für Integration ist, wie sie das heute doch nichts anderes als einen Hinweis darauf, dass er mit Morgen gesagt hat, dann muss sie helfen, Ressentiments Vorsicht zu genießen sei, weil Mohammed ein muslimi- abzubauen, anstatt Menschen unter Generalverdacht zu Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3531 stellen, weil sie eine andere Nationalität haben oder weil auf den „Wetzlar-Kurier“ reagiert. Natürlich kann man an sie anderer sexueller Orientierung sind. der einen oder anderen Stelle auch anderer Auffassung sein, sowohl was die Inhalte als auch was die Form angeht. (Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD) (Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Deshalb bleibt für Sie heute nur ein Weg: Stimmen Sie diesem Antrag zu, und distanzieren Sie sich von den Äu- Meine sehr geehrten Damen und Herren, die SPD hat ßerungen Ihres Landtagsabgeordneten und bildungspoli- diesen Punkt heute auf die Tagesordnung gesetzt, nicht tischen Sprechers, der als bildungspolitischer Sprecher ei- weil es ihr um die Inhalte geht, sondern weil sie merkt, gentlich auch eine Vorbildfunktion für Kinder und Ju- dass in Wetzlar eine Zeitung Erfolg hat. Mit der heutigen gendliche in diesem Land hätte. Veranstaltung werben Sie wieder für diese Zeitung, (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Haben wir doch! – Zu- (Petra Fuhrmann (SPD): Wir sind fassungslos!) ruf des Abg. Rudi Haselbach (CDU)) in der Sachen stehen, die Ihnen nicht passen. Ich möchte noch einen Hinweis geben: Herr Hohmann, (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE den Sie inzwischen aus der Partei ausgeschlossen haben, GRÜNEN: Unverschämtheit!) war auch oft in diesem Machwerk zu finden. Herr Irmer hat ihm in regelmäßigen Abständen in seinen Artikeln Sie sind es vielleicht inzwischen aufgrund Ihrer Medien- auch zugestimmt. Bei Herrn Hohmann haben Sie endlich beteiligung gewohnt, dass viele Zeitungen das schreiben eine Trennungslinie gefunden. müssen, was sie denken, aber das gehört nicht zu unserer pluralistischen Gesellschaft. Finden Sie heute bitte auch eine Trennungslinie zu den Positionen und den Äußerungen des Herrn Irmer. Des- (Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- wegen meine Bitte: Stimmen Sie dem Antrag zu. Stehen NIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist unerträglich, was Sie zu dieser Verantwortung. – Danke schön. Sie sagen! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Beifall der Abg. Ruth Insofern wissen insbesondere die Freunde von der SPD – Wagner (Darmstadt) (FDP)) das beunruhigt Sie, glaube ich, am meisten –, dass natür- lich in Ihren Reihen viele Menschen, viele Wähler und viele Mitglieder das denken, was Hans-Jürgen Irmer in Vizepräsident Lothar Quanz: seiner Zeitung schreibt. Vielen Dank, Frau Hinz. – Herr Gotthardt steht schon am (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mikrofon. Sie dürfen das Wort für die CDU-Fraktion er- Sie machen es immer schlimmer!) greifen, bitte schön. Deswegen, lieber Herr Kollege Al-Wazir, lassen wir das einmal mit der Polemik, sondern lassen Sie uns über die Frank Gotthardt (CDU): Inhalte reden, die Sie hier infrage stellen. Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Erster Punkt. In dem Antrag, der von der SPD formuliert Ich finde es schon bezeichnend und insbesondere für den wurde, steht, dass der Kollege Irmer sich gegen das Asyl- Zustand der Opposition bezeichnend, wenn die SPD recht insgesamt ausspricht. Das passt Ihnen nicht. Herr heute den einzigen inhaltlichen Setzpunkt, den sie hat, für Kollege Schmitt, ich hätte es fair von Ihnen gefunden, einen solchen Antrag verwendet. wenn Sie nach dem Zitat, das Sie gebracht haben, auch den nächsten Satz zitiert hätten, in dem der Kollege Irmer (Beifall bei der CDU – Reinhard Kahl (SPD): Das diese Auffassung begründet. Dort sagt er nämlich, dass es ist schon wichtig!) nicht zusammenpasst, dass es ein Individualrecht auf Asyl für Türken gibt, die hierher kommen, aber auf der ande- Die Opposition hat im Vorfeld häufig kritisiert,dass wir in ren Seite die Bundesregierung unterstützt, dass wir in der dieser Woche zu viele Gesetze zu beraten hätten und dass EU darüber verhandeln, dass die Türkei Mitglied der Eu- die inhaltlichen Diskussionen zu kurz kämen. Dass das ropäischen Union wird. dann ein inhaltlicher Setzpunkt der SPD ist, sagt alles über den Zustand dieser SPD. – Es ist natürlich Ihr gutes (Beifall bei der CDU) Recht. Das passt nicht zusammen. Und das wird man in unserer (Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und freien Gesellschaft doch wohl auch noch sagen dürfen. dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der CDU) Zweiter Punkt. Man kann sich über das Thema Homo- Vizepräsident Lothar Quanz: sexualität lange streiten. Darüber gibt es genug Diskus- sionen in unserer Gesellschaft. Es ist auch gut, dass da- Herr Gotthardt, Frau Fuhrmann hat sich zu einer rüber diskutiert wird. Aber auch hier gilt: Den eigent- Zwischenfrage zu Wort gemeldet. lichen Kern des Artikels haben Sie nicht genannt. Der Kollege Irmer greift einen Fall im Lahn-Dill-Kreis auf, wo Frank Gotthardt (CDU): ein Lehrer im Internet seine sexuellen Vorlieben schil- dert, seine Dienste anbietet und nach Kontakten sucht. Ganz sicher nicht. – Vielen Dank. (Zuruf von der SPD: Was? – Zuruf von der CDU: (Zurufe von der SPD) Hört, hört!) Meine sehr geehrte Damen und Herren, ich habe großes Darüber, dass dies in dieser Form für unsere Gesellschaft Verständnis dafür, dass die SPD mit großer Betroffenheit nicht ganz gewöhnlich ist, sollten wir nicht streiten. Das 3532 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 hat mit Toleranz gegenüber gleichgeschlechtlichen Le- Herr Kollege Schmitt, wenn Sie hier eben von Toleranz- bensgemeinschaften und Homosexuellen nichts zu tun. verständnis und von Meinungsfreiheit geredet haben, dann muss ich feststellen, dass Ihr Verhältnis anderen (Beifall bei der CDU) Meinungen gegenüber offensichtlich nicht das ist, was Es kann nicht sein, dass Lehrer – weder homosexuelle nach unserer Verfassung zum Glück gilt. noch heterosexuelle – im Internet nach Kontakten su- (Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und chen, ihre Vorlieben schildern und ihre Dienste anbieten. dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Das kann weder bei Homosexuellen noch bei Hetero- sexuellen der Fall sein. Das darf man in unserer Gesell- Natürlich können Sie, wenn Ihnen etwas nicht gefällt, das schaft auch sagen. auch hier im Landtag diskutieren. Das tun wir ja.Aber Sie müssen respektieren, wenn andere Menschen anderer (Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Priska Hinz Auffassung sind und dies auch nach außen vertreten. Dass (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Ihr Minister Trittin, wenn er der Auffassung ist, dass ein christlicher Feiertag abgeschafft und dafür ein muslimi- Wenn Sie das Institut, das dort zitiert wird, anders beur- scher eingeführt werden soll, mehr auf die Mühlen der fal- teilen, dann können Sie sich mit dem Institut auseinander schen Menschen gegeben hat als ein Hans-Jürgen Irmer setzen. Das ist möglich.Aber das ist kein Grund, hier eine in den vergangenen Jahren, ist die Wahrheit. Grundsatzdebatte über das Thema Homosexualität zu führen. (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP) (Zuruf der Abg. Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE Gerade an die Adresse der SPD sage ich: Gucken Sie doch GRÜNEN): Unerträglich!) einmal, was in Ihren Reihen und bei Ihren Wählern zu sol- chen Themen gedacht wird, und kommen Sie zur Vernunft zurück. Hören Sie mit der Hetze hier im Hessischen Vizepräsident Lothar Quanz: Landtag auf. Herr Gotthardt, gestatten Sie eine Zwischenfrage von (Beifall bei der CDU – Widerspruch bei der SPD Frau Sorge? und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Deswegen komme ich zum Schluss. Man braucht die Re- dezeit bei diesem Punkt überhaupt nicht auszuschöpfen. Frank Gotthardt (CDU): Warum stellt die Opposition solche Anträge? – Es ist Nein. – Dritter Punkt. Wenn ein Abgeordneter des Hessi- nicht das erste Mal, dass wir über die Zeitung und die Per- schen Landtags oder ein Bürger unseres Bundeslandes son des Kollegen Irmer diskutieren. der Auffassung ist, dass unsere Bundesregierung in der (Zuruf von der SPD: Ein Rest von Anstand! – Wei- Frage des Beitritts der Türkei zur EU die deutschen Inte- tere Zurufe von der SPD) ressen nicht ausreichend sichert und wahrt, und der Auf- fassung ist, dass diese Bundesregierung falsch handelt, Es ist der Opposition in den vergangenen zwei Tagen dann darf man auch dies inhaltlich sagen. nicht gelungen, beim Haushalt, beim Schulgesetz oder wo auch immer zu punkten. Der Kollege Walter hat seine (Lebhafte Zurufe von der SPD und dem BÜND- Haushaltsrede gestern versenkt. NIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist unerträglich!) (Lachen bei der SPD) Über Form und Stil kann man sich dann streiten. Frau Ypsilanti findet in ihren eigenen Reihen keine Zu- hörer.Alle reden schon über einen Nachfolger. Herr Wal- (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ter sagt hü, Frau Ypsilanti sagt hott, und Herr Grandke Nein! – Zurufe von der CDU) freut sich im Hintergrund. Herr Bökel ist der neue Kämp- fer für die Schulpolitik. Alles wird besser. In Berlin wird Aber dass so etwas gesagt werden darf, sollte in unserer Nina Hauer in der eigenen Bundestagsfraktion abge- Gesellschaft unstreitig sein. wählt. (Beifall bei der CDU – Zuruf von der SPD: Das (Michael Siebel (SPD): Billige Polemik!) wird immer doller, was Sie hier machen! – Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist un- Wenn Sie glauben, dass Sie die Zerrissenheit in den eige- fassbar!) nen Reihen durch solche polemischen Anträge irgendwie wieder kitten können, dann glaube ich, dass Sie das nicht Deswegen komme ich zu meinem vierten Punkt. schaffen werden. (Michael Siebel (SPD): Nehmen Sie das zurück! Sie (Michael Siebel (SPD): Welche Armut in der haben den „Hochverrat“ gerechtfertigt!) CDU!) Natürlich muss es in einer Demokratie Linien und Gren- Sehen Sie es uns nach: Lösen Sie die Probleme in den ei- zen geben. Diese müssen gezogen werden. Aber, meine genen Reihen. Wir kümmern uns in der Zeit um die Pro- sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition – bleme, die unsere Gesellschaft, der Staat und wir ange- ich vermute, dass die Kollegin Wagner gleich in das glei- sichts dieser Bundesregierung haben. Wir sind die Pro- che Horn stoßen wird –, zu diesen Linien und Grenzen blemlöser, und Sie sind die Problemschaffer. – Herzlichen muss auch gehören, dass man die Linien und Grenzen von Dank. anderen respektiert, soweit sie sich im Rahmen dieser Verfassung bewegen. (Beifall bei der CDU – Zuruf von der SPD: Unver- schämtheit! So etwas ist parlamentarischer Ge- (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE schäftsführer! Witzfigur! – Weitere Zurufe von der GRÜNEN) SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3533

Vizepräsident Lothar Quanz: Zweiter Punkt. Ich bekomme viele Drohbriefe. Und ich merke in letzter Zeit – vielleicht sollten Sie sich darüber Herr Al-Wazir hat sich zu einer Kurzintervention zu Wort auch einmal Gedanken machen –, das können Sie schon gemeldet. Herr Al-Wazir, bitte schön, Sie haben zwei Mi- am Schriftbild sehen, nuten Zeit. (Der Redner hält einen Brief hoch.)

Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): dass die Leute, die mir solche Briefe schreiben, am Ende Kopien vom „Wetzlar-Kurier“ hintendran heften. Sie Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- müssen sich einmal überlegen, warum das so ist. Sie müss- ren! Ich fand das, was der Kollege Gotthardt hier gerade ten sich auch einmal überlegen, warum mir Leute, die an- geboten hat, aus einem bestimmten Grund unglaublich. dere Briefe schreiben, nicht nur den „Wetzlar-Kurier“ mit Es zeigt nämlich, dass die CDU-Fraktion offensichtlich einem Foto von Herrn Irmer, sondern als nächstes Aus- das teilt, was Herr Irmer in seiner Zeitung schreibt. züge aus der „Jungen Freiheit“ und als Drittes Auszüge aus der „Nationalzeitung“ anhängen. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD) Meine Damen und Herren von der Union, Sie müssen sich entscheiden, ob Sie weiterhin in einer Zeitung, die Ich sage Ihnen Folgendes. Wir leben in einer pluralisti- sich in einem solchen Spektrum befindet, erscheinen wol- schen Gesellschaft. Ja, wir wollen weiter in einer pluralis- len und sich mit den Inhalten dieser Zeitung solidarisie- tischen Gesellschaft leben. Die CDU hat die Aufgabe, im ren. Das müssen Sie entscheiden. demokratischen System die rechten Meinungen zu inte- grieren. Das können wir nicht. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (Volker Hoff (CDU): Sie brauchen uns nicht über (CDU)) unsere Aufgaben aufzuklären!) Aber, Herr Kollege Gotthardt – – Vizepräsident Lothar Quanz: (Anhaltende Zurufe des Abg.Volker Hoff (CDU) – siehe auch Anlage 1) Herr Al-Wazir, bitte kommen Sie zum letzten Satz.

Vizepräsident Lothar Quanz: Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Hoff, ich bitte um mehr Ruhe. Es geht um nur zwei Ein letzter Satz. Mein Zweitname steht nicht in meinem Minuten Redezeit. Ich lasse die Uhr länger laufen, wenn Pass, nicht im Handbuch des Landtags, er steht nir- Sie weiter so laut sind. gendwo. Ich benutze ihn nirgendwo. Der Einzige, der ihn benutzt, ist Herr Irmer. (Anhaltende Zurufe des Abg. Volker Hoff (CDU), u. a.: Über Monate hat er uns diskreditiert!) (Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU)) – Herr Hoff, ich ermahne Sie noch einmal. Ich lasse die Ich sage Ihnen, warum er ihn benutzt. Er benutzt ihn, um Zeit weiterlaufen. – Herr Al-Wazir, Sie haben das Wort. Zugehörigkeit und Herkunft deutlich zu machen. (Volker Hoff (CDU):Von Ihnen lasse ich mir keine (Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So Verhaltensmaßregeln geben! – Gegenruf des Abg. ist es!) Michael Siebel (SPD): Was ist denn los? Immerhin Ich finde, die Union müsste sich überlegen, ob sie so etwas ist das der Präsident, Herr Hoff! – Anhaltende leb- in einem Land unterstützt, in dem einmal per Gesetz Bür- hafte Zurufe von der SPD) gerinnen und Bürgern dieses Landes der Zweitname „Is- – Herr Hoff hat nicht mich angesprochen. Dann hätte ich rael“ und „Sarah“ gegeben wurde. Das müssen Sie sich selbstverständlich reagiert. Er hat Herrn Al-Wazir ange- überlegen. sprochen. – Noch einmal, Herr Al-Wazir: Sie haben das (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wort. Die Uhr lasse ich weiterlaufen. und der SPD)

Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vizepräsident Lothar Quanz: Meine Damen und Herren von der Union, der Spaß hört Zu einer weiteren Kurzintervention hat sich Herr Schmitt da auf, wo nicht mehr versucht wird, rechte Meinungen – zu Wort gemeldet. das setze ich in Anführungszeichen – innerhalb des demo- kratischen Spektrums einzubinden, sondern wo rechtsex- treme Positionen vertreten werden. Norbert Schmitt (SPD): (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Gott- und der SPD) hardt, ich habe mich deswegen jetzt noch einmal gemel- det, weil ich glaube, dass Ihre Rede diesem Thema ange- Ich sage Ihnen: Wenn einer Ihrer Kollegen in der Frak- sichts des Sachverhaltes, über den wir hier diskutieren, in tion, der auch noch stellvertretender Fraktionsvorsitzen- einem hohen Maße unangemessen war. der ist, sagt, man müsste einen Kommissar der Europäi- schen Union wegen Hochverrats anklagen, dann kann (Beifall bei der SPD – Volker Hoff (CDU): Was man darüber nicht diskutieren. meinen Sie, wie unangemessen Ihr Beitrag war?) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Gotthardt, es ist klar geworden, dass sich die CDU- und der SPD) Fraktion von dem Vorwurf des Hochverrats gegen den 3534 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

EU-Kommissar Verheugen nicht nur nicht distanziert; Frank Gotthardt (CDU): nein, das Schlimme ist, Herr Gotthardt hat noch versucht, den Vorwurf zu begründen. Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Al-Wazir und Kollege Schmitt, Ihre Ratschläge (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des brauchen wir wahrlich nicht. BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der CDU) Herr Gotthardt, es war wirklich unangemessen. Hochver- rat ist ein Straftatbestand, der von den Rechtsfolgen mit Wenn sich der Kollege Schmitt jetzt am Begriff des Mord gleichgestellt wird, also bis zu lebenslang führen Schwachsinns aufhält: kann. Das ist ein Vorwurf, der angesichts der Debatte so (Günter Rudolph (SPD): Arroganz!) weit aus der Welt ist, dass Sie nicht gut beraten sind, denn diese Debatte wird auch bundesweite Beachtung finden. Wie häufig hat der Kollege Schmitt schon hier am Red- Es ist nicht angemessen, wie Sie an dieser Stelle reagiert nerpult gestanden und von Schwachsinn geredet, meine haben. sehr geehrten Damen und Herren? (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei der CDU – Lebhafter Widerspruch des GRÜNEN) Abg. Norbert Schmitt (SPD)) Sie haben uns nach den beiden Redebeiträgen Hetze vor- Wenn, dann muss man die Sachen auch einheitlich sehen. geworfen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, darüber rege (Zuruf von der CDU: Ja!) ich mich auch so auf. Ich verteidige nicht jeden einzelnen Satz des „Wetzlar-Kuriers“. Das ist auch gar nicht meine – Jetzt kommt auch noch ein „Ja“ aus den Reihen der Aufgabe. Ich verteidige auch nicht jede einzelne Position. CDU. Aber das sage ich Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren – da sind Sie, Herr Schmitt, gefragt –: Sie glauben (Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Was ha- doch nicht, dass wir uns als CDU mit Republikanern und ben Sie gemacht? – Frank Gotthardt (CDU): Was Nazis in irgendeiner Form vergleichen lassen? hat der Herr Siebel vorhin dazwischengerufen?) (Lebhafter Beifall bei der CDU) Noch einmal dazu: Herr Heintze, Hamburger Bürger- schaft, spricht in einem Leserbrief, der nicht im „Wetzlar- Nichts anderes haben Sie heute Morgen getan. Da ist eine Kurier“ veröffentlicht ist, aber im Internet steht, von einer Linie. Da ist Schluss. Das können wir auch in aller Deut- Diffamierung von Homosexuellen. lichkeit sagen. (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Was reden Sie da für (Lebhafte Zurufe der Abg.Volker Hoff (CDU) und einen Stuss?) Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Er spricht aus den eigenen Reihen. Mehr habe ich an die- Wodurch entstehen denn die Probleme? Die Probleme ser Stelle überhaupt nicht gesagt. Dann treten Sie an und entstehen doch dadurch, dass Sie sowohl hier als auch in sprechen davon, dass wir Hetze betreiben. Herr Gott- Berlin die Probleme in unserer Gesellschaft negieren und hardt, das ist ein Ablenkungsmanöver, das Ihnen als Par- machen, was Sie wollen. In dem Moment, in dem Sie je- tei schadet, weil Sie mit dem, was Sie hier vorgetragen ha- manden in die rechte Ecke stellen, nur weil er nicht für ben, diese Position indirekt stützen. den Beitritt der Türkei ist: dann fühlt sich vielleicht dieser auch auf einmal der rechten Ecke zugehörig. Das kann nicht sein, meine sehr geehrten Damen und Herren. Vizepräsident Lothar Quanz: (Beifall bei Abgeordneten der CDU – Lebhafter Herr Schmitt, die zwei Minuten Redezeit sind um. Bitte Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ kommen Sie zum Schluss. DIE GRÜNEN) Herr Kollege Al-Wazir, warum schreiben Ihnen die Men- Norbert Schmitt (SPD): schen denn Briefe? Die Menschen schreiben Ihnen Briefe, weil sie merken, dass in unserer Gesellschaft an Letzter Satz. der einen oder anderen Stelle etwas nicht stimmt. (Zuruf des Abg. Volker Hoff (CDU)) (Lebhafter Widerspruch bei der SPD und dem Sie haben keine Distanzierung von dem Vorwurf des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Schwachsinns vorgenommen, der hier auch noch in der Deswegen können wir über alles diskutieren. Wir können Welt ist. Ich glaube, das macht deutlich, welch Geistes auch über Stilfragen diskutieren.Aber deswegen lasst uns Kind Sie, Herr Gotthardt, und leider auch die CDU-Frak- doch die Probleme lösen. Sie versuchen immer, die Pro- tion sind. Wir werden Ihnen jetzt Gelegenheit geben, zu bleme wegzuwischen. dokumentieren, wie Sie es sehen. Wir werden eine na- mentliche Abstimmung beantragen. (Wortmeldung der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Was passiert, wenn man Probleme wegwischt? Das sehen wir derzeit in Holland. Das wollen wir nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Deswegen muss man bei al- Vizepräsident Lothar Quanz: len Stilfragen das eine oder andere auch einmal deutlich ansprechen dürfen. – Herzlichen Dank. Herr Gotthardt, Sie haben die Möglichkeit zur Antwort, auch möglichst im Rahmen von zwei Minuten. (Beifall bei der CDU – Lebhafte Zurufe) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3535

Vizepräsident Lothar Quanz: müsste darüber reden können, das zu verändern, dann ist das eine selbstverständliche politische Weiterentwick- Ich erlaube mir noch einmal den Hinweis: Bei einer Kurz- lung. Aber wenn Sie das ernsthaft wollen, dann müssen intervention gibt es keine Möglichkeit zu Zwischenfra- Sie sagen, ob Sie diesem Antrag nicht mehr zustimmen gen. Insofern habe ich die Wortmeldung nicht angenom- können. Es ist die Beschlussfassung der CDU in allen men. – Als Nächste hat Frau Kollegin Wagner für die Gremien auf Bundesebene. Dann müssen Sie ihm zustim- FDP-Fraktion das Wort. men können. Meine Damen und Herren, das haben wir eingefordert. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Herr Schmitt hat es gesagt. Das haben wir auch von unse- Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr verehr- rem Kollegen Kappel eingefordert, dessen Ausscheiden ter junger Herr Kollege Gotthardt, ich finde es unglaub- aus der Fraktion und der Partei uns nicht leicht gefallen lich, dass Sie meine Meinungsäußerung, die ich als frei ge- ist, weil er auch sehr viele Verdienste in der Schulpolitik wählte Abgeordnete jetzt hier abgebe, so diffamieren, hatte. Aber es gilt, an bestimmten Stellen – ich weiß das dass Sie sagen, ich würde in das gleiche Horn blasen. Das aus der Auseinandersetzung, die ich auch mit Herrn Koch lasse ich mir von Ihnen nicht gefallen. hatte – dann auch den Mut und die Kraft zu haben, sich von Dingen abzugrenzen, die ins Jenseits gehen. (Beifall bei der FDP,der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der FDP,der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Zweitens. Was Sie hier eben abgeliefert haben, ist der letzte Grund dafür, dass sich die FDP-Fraktion klar von Ich kriege übrigens dieselben Briefe immer dann, wenn einer solchen strategischen politischen Meinung distan- man etwas zu irgendwelchen jüdischen Institutionen initi- ziert, die sicher auch der Landesvorsitzende der CDU iert, heute nicht mehr anonym, sondern mit vollem Na- noch verantworten muss. men und mit all dem, was dort an Dreck sozusagen auf die Schreibtische geschüttet wird. (Beifall bei der FDP,der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Die demokratischen Parteien müssen sich hier eindeutig abgrenzen. Die Vorgänge im Sächsischen Landtag sollten Drittens. Wenn hier durch Zwischenrufe eine Sache, die für uns alle Alarmzeichen sein. gar nicht in dem Antrag vorkommt, nämlich dass der Is- lam grundsätzlich eine Gefahr für Europa wäre, bestätigt (Beifall bei der FDP,der SPD und dem BÜNDNIS wird, dann darf ich Sie auf eine Ausstellung des Bischofs 90/DIE GRÜNEN) von Mainz hinweisen, die in diesem Sommer über die Kreuzzüge im Mittelalter durchgeführt wurde und in der Zu dem zweiten Punkt. Verehrter Herr Gotthardt, Herr als Motto des Bistums stand: Kein Krieg ist heilig. – Da ist Irmer, in dem besagten Artikel über Homosexualität wird dargestellt worden, welchen Kulturbeitrag der Islam in eine allgemeine Feststellung getroffen. Es gibt einen zwei- Andalusien – also einer maurischen Kultur – leistet, wie er ten Artikel über einen Lehrer aus dem Lahn-Dill-Kreis. den abendländischen jüdischen Kreis Europas so beein- Ich denke, unter den vier Fraktionen besteht Einigkeit, flusst, dass wir heute stolz darauf sein können. Wer heute dass das nicht in Ordnung ist. Das eigentlich Schlimme ist also sagt, der Islam sei eine Bedrohung für Europa, der aber, dass Sie sich mit diesen Äußerungen auf eine Stufe hat nichts verstanden. mit dem Kommissar-Kandidaten aus Italien stellen, der gesagt hat, Homosexualität sei eine Sünde. (Beifall bei der FDP,der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen (Beifall bei der FDP,der SPD und dem BÜNDNIS Irmer (CDU)) 90/DIE GRÜNEN – Lebhafte Zurufe von der CDU) – Herr Irmer, wenn Sie etwas sagen wollen, dann gehen Sie hinaus. Ich möchte meine Gedanken jetzt in Ruhe, Meine Damen und Herren, die medizinische Wahrheit ist ohne Zwischenrufe, vortragen können. eine andere. (Beifall des Abg. Lothar Klemm (SPD)) (Volker Hoff (CDU): Das ist eine Unverschämt- heit!) Viertens. Das Spiel mit einem Namen hat Tradition. – Nein, das ist keine Unverschämtheit. Lesen Sie den Text (Zurufe von der SPD: Ja!) genau durch. Da wird gesagt, dass homosexuelle Män- Ich bin am 18. Oktober 1940 geboren. Mein gefallener Va- ner – – ter hat darauf bestanden, dass ich einen jüdischen Namen (Lebhafte Zurufe von der CDU) bekam. Das war 1940 auch bei Nichtjuden lebensgefähr- lich. Ich sage Ihnen: Darauf bin ich stolz. Das hat mich be- – Hören Sie mir doch einmal zu. stimmt.Wer meint, mit dem Namen Mohammed nicht nur spielen zu dürfen, sondern den Namensträger als Mensch (Volker Hoff (CDU): Nein, der Satz ist eine Unver- zu diffamieren, der verhält sich unmenschlich. schämtheit, Frau Wagner! Auch ein Kommissar- Kandidat muss eine persönliche Meinung haben (Beifall bei der FDP,der SPD und dem BÜNDNIS dürfen! Das haben Sie ihm gerade abgesprochen!) 90/DIE GRÜNEN) – Eine persönliche Meinung darf er selbstverständlich ha- Meine Damen und Herren, ich möchte zu dem Antrag der ben.Aber er muss wissenschaftliche Wahrheiten akzeptie- SPD in drei Punkten Folgendes sagen. Der Deutsche ren, und Herr Irmer ist auch dem Pressekodex verpflich- Bundestag und der Bundesrat haben dem Asylverfah- tet. rensrecht und dem Zuwanderungsgesetz zugestimmt. Das ist von der CDU mitgetragen worden. Wenn Herr Irmer (Beifall bei der FDP,der SPD und dem BÜNDNIS und ein Teil der Kollegen aus der Fraktion sagen, man 90/DIE GRÜNEN) 3536 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Meine Damen und Herren, in diesem Artikel steht, im ho- tung fair behandelt zu werden. Wir glauben, dass mosexuellen Milieu sei die Promiskuität weit verbreitet. der Autor des Leitartikels bemüht sein muss, die Das ist eine Diffamierung einer bestimmten Lebensweise. Wahrheit darzustellen,wie er sie sieht, doch frei von Das steht auf derselben Ebene wie das, womit man in den Vorurteilen, Voreingenommenheit und Parteilich- letzten Tagen Frau Schavan zu desavouieren versucht. keit. (Lebhafter Beifall bei der FDP, der SPD und dem Diese Grundsätze gelten nach meiner Überzeugung auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) heute noch für alle Zeitungen. Lassen Sie mich zum dritten Punkt kommen. Verehrter (Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU):Wenn das Herr Irmer, in der Bewertung der Arbeit der Bundesjus- die Praxis wäre!) tizministerin bin ich völlig Ihrer Meinung, aber hinsicht- lich des Stils und Ihrer Haltung ist das, was Sie geschrie- Herr Irmer, das gilt aber ganz besonders für einen Politi- ben haben, völlig unakzeptabel. Ich zitiere: ker, der Verantwortung trägt, und es gilt umso mehr für eine Partei, die sich zu Recht von den Republikanern und Schwachsinn hat in Deutschland jetzt einen Na- der NPD abgrenzt und mit denen nicht verwechselt wer- men. Er ist weiblich und heißt Brigitte Zypries. Es den will. handelt sich dabei um Deutschlands Bundesjustiz- ministerin. Sie haben die Pflicht, zu sagen, ob Sie die drei Punkte des Antrags, die alle zustimmungsfähig sind – deshalb wird die Meine Damen und Herren, vor 100 Jahren ist eine Schrift FDP dem Antrag zustimmen –, mittragen oder nicht. Sie erschienen, verfasst von einem Arzt namens Möbius, der stehen vor der großen Schwierigkeit – ich weiß, wovon ich über den „angeborenen Schwachsinn des Weibes“ ge- rede –, zu entscheiden, ob Sie das teilen, was Herr Irmer schrieben und damit die Ungleichheit von Frauen und und durch Zwischenruf Herr Reif und leider auch Herr Männern gerechtfertigt hat. Wer meint, Schwachsinn sei Hoff hier vertreten haben, und ob Sie mit derartigen Vor- weiblich, der hat immer noch nicht kapiert, dass es in die- urteilen weiterhin arbeiten möchten oder nicht. sem Land viele schlaue Weiber gibt. Das ist unglaublich. Ich warne Sie wegen des Klimas in unserem Land: Wir (Beifall bei der FDP,der SPD und dem BÜNDNIS müssen uns klar gegen Menschen abgrenzen, die in Wahr- 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU) heit eine andere Republik in Deutschland haben wollen. Wenn Sie EU-Kommissar Verheugen des Hochverrats an- (Anhaltender lebhafter Beifall bei der FDP, der klagen wollen – das gehört zu dem dritten Punkt –, dann SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) tun Sie es doch.Wenn Sie gute Gründe haben, zu glauben, der Beitritt eines bestimmten Landes sei ein Grund für eine Verurteilung wegen Hochverrats, dann klagen Sie ihn Vizepräsident Lothar Quanz: doch an. Unterlassen Sie aber die Veröffentlichung von Vermutungen und Beschuldigungen. Das ist für mich die Vielen Dank, Frau Wagner. – Herr Walter, Sie haben das schlimmste Entgleisung, denn Sie schaden damit der poli- Wort zu einer Kurzintervention. tischen Klasse. Das steht jenseits aller positiven Streitkul- tur in einem Parlament oder in einer Zeitung. Jürgen Walter (SPD): (Beifall bei der FDP,der SPD und dem BÜNDNIS Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir ha- 90/DIE GRÜNEN) ben in dieser Debatte viele unverantwortliche Äußerun- Auch der „Wetzlar-Kurier“, der sich im Grunde als eine gen des Kollegen Gotthardt gehört. Eine dieser unverant- Parteizeitung geriert, aber eine öffentliche Zeitung ist, hat wortlichen Äußerungen, die Frau Wagner schon ange- sich an den Kodex des Deutschen Presserats zu halten. Ich sprochen hat, kann hier nicht so stehen bleiben. zitiere aus diesem Kodex zwei Passagen: Wenn ein Abgeordneter des Hessischen Landtags vor- Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der trägt, dass er Drohbriefe bekomme – auch ich bekomme Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrich- gelegentlich derartige freundliche Briefe –, und der parla- tung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der mentarische Geschäftsführer der Union daraufhin damit Presse ... Es widerspricht journalistischem Anstand, beginnt, zu rechtfertigen, warum dieser Abgeordnete unbegründete Behauptungen und Beschuldigun- Drohbriefe bekommt – – gen, insbesondere ehrverletzender Natur, zu veröf- (Frank Gotthardt (CDU): Das ist Unfug!) fentlichen. – Herr Gotthardt, Sie haben gesagt, er bekomme diese Ich finde, dass Sie diese Grenzen überschritten haben, Briefe wegen Berlin und wegen dem, was er hier macht. – Herr Irmer. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies kann der (Beifall bei der FDP,der SPD und dem BÜNDNIS Hessische Landtag nicht akzeptieren. 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE Lassen Sie mich mit einem Zitat aus einem für mich sehr GRÜNEN und der FDP) wichtigen Buch von Karl-Hermann Flach über Macht und Elend der Presse schließen, in dem es um den Presseko- Ich bin der Auffassung, dass jetzt der Landesvorsitzende dex geht, der in unserem Partnerstaat Wisconsin im Jahre dieser Partei und Hessische Ministerpräsident gefordert 1925 formuliert wurde: ist, sich zu diesen Aussagen zu äußern und sich vor die Ab- geordneten des Hessischen Landtags zu stellen. Es wäre Wir glauben, dass Journalismus ein ehrenvoller Be- nicht die erste Aussage des Ministerpräsidenten zu dieser ruf ist, der im Dienste der menschlichen Gesell- Angelegenheit. Ich habe die freundlichen Worte des schaft eine wesentliche Aufgabe zu erfüllen hat.Wir Herrn Ministerpräsidenten zum Jubiläum des „Wetzlar- glauben, dass alle Einzelpersonen und Verbände Kuriers“ vor mir liegen, wo er schreibt, das Blatt habe sich ein Anrecht darauf haben, in den Spalten der Zei- vom Meinungsträger zum Meinungsbildner entwickelt, Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3537 um dessen Zukunft ihm nicht bange sei. Die Macher der Vizepräsident Lothar Quanz: Zeitung könnten mit Recht stolz auf das Erreichte sein, Tatkraft und Engagement Einzelner führten zu ganz Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion hat die Ein- neuen Ergebnissen. – Herr Ministerpräsident, das hat in berufung des Ältestenrates beantragt. der Tat zu ganz neuen Ergebnissen geführt. (Jürgen Walter (SPD): Es sei denn, der Minister- präsident stellt sich vor die Leute hier!) Ich fordere Sie auf, sich vor das Parlament und seine Ab- geordneten zu stellen. Es kann nicht wahr sein, dass Ab- – Das ist beantragt, sofern nicht der Ministerpräsident das geordnete, die Drohbriefe bekommen, an diesem Pult Wort ergreift. – Er tut das nicht. vom parlamentarischen Geschäftsführer Ihrer Partei ge- rechtfertigt bekommen, warum sie diese Drohbriefe er- Also komme ich dem nach. Ich berufe den Ältestenrat halten. ein. Sitzungsunterbrechung. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE (Unterbrechung von 11.51 bis 13.01 Uhr) GRÜNEN) Wenn Sie diese Kraft und Größe nicht haben, dann bean- Präsident Norbert Kartmann: trage ich für die SPD-Fraktion bereits jetzt die Einberu- fung des Ältestenrats. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich stelle fest, dass wir die unterbrochene Sitzung fortsetzen. Mir liegen (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE zu dem Tagesordnungspunkt 45 keine weiteren Wortmel- GRÜNEN) dungen vor. Das heißt, wir können in die Abstimmung eintreten. (Wortmeldung des Abg. Reinhard Kahl (SPD)) Vizepräsident Lothar Quanz: – Jetzt kommt Herr Kollege Kahl zur Geschäftsordnung. Herr Kollege Gotthardt hat Gelegenheit, darauf zu ant- worten. Sie haben zwei Minuten Redezeit. (Widerspruch bei der SPD) Reinhard Kahl (SPD): – Herr Walter, Sie haben Herrn Gotthardt und die CDU- Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- Fraktion angesprochen. Daher lasse ich die Wortmeldung ren! Namens meiner Fraktion möchte ich beantragen, zu. dass wir über diesen Antrag namentlich abstimmen. (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Frank Gotthardt (CDU): Ich möchte das begründen. In ihrem Programm bekennt Lieber Herr Fraktionsvorsitzender! Bei aller Emotiona- sich die CDU dazu, dass Hessen ein tolerantes und welt- lität, die auch ich in diese Debatte mit einbringe – aber offenes Land ist. Bei diesem Punkt geht es darum, wie dass ich diese Drohbriefe gerechtfertigt hätte, das ist nicht ernst Sie dieses Bekenntnis tatsächlich meinen. Deshalb der Fall. war die Debatte notwendig – spätestens seit der Rede des Kollegen Gotthardt hier im Parlament. (Jürgen Walter (SPD): Was denn sonst? – Weitere Zurufe von der SPD) (Beifall bei der SPD) Herr Kollege Walter, gehen Sie doch bitte einmal davon Ich begründe den Antrag auf namentliche Abstimmung. aus, dass nicht nur Ihre Fraktion, Ihre Partei und Sie sol- Sie haben nicht nur ein Problem mit dem stellvertreten- che Briefe bekommen, sondern dass auch wir ausreichend den Fraktionsvorsitzenden und bildungspolitischen Spre- Briefe in dieser Richtung erhalten und dass die uns ge- cher in Ihren Reihen, der gegen dieses Bekenntnis funda- nauso beunruhigen wie Sie. mental verstößt, (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des GRÜNEN) BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Herr Walter, ich habe nur eines gesagt: Ich glaube, dass es sondern Sie haben zusätzlich das Problem, dass die Frak- in unserer Gesellschaft Probleme gibt, die wir lösen müs- tion nicht die Größe hat, sich genau in dieser Frage von sen, und dass wir uns an diese Arbeit heranmachen müs- den Äußerungen des Herrn Irmer zu distanzieren. sen. (Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Zur Ge- (Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) schäftsordnung!) Wir dürfen nicht so tun, als wäre alles in Ordnung. Denn Ich füge hinzu: Herr Kollege Gotthardt, Sie haben nicht dann endet es so wie in Holland – was ich ausdrücklich die Größe, sich hier vor das Parlament zu stellen und Ihre nicht will. Aussage klarzustellen. Ich habe nicht die Drohbriefe gerechtfertigt, aber ich (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des habe deutlich gemacht, wo man eine Linie ziehen muss BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Hoff und wo wir als Abgeordnete auch inhaltlich gefordert (CDU): Bodenlose Frechheit!) sind, damit so etwas gerade nicht passiert. Dann verstehen Sie mich auch bitte nicht willentlich Präsident Norbert Kartmann: falsch. Herr Kollege Kahl, bitte konkreter die Begründung zur (Beifall bei der CDU) namentlichen Abstimmung. 3538 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Reinhard Kahl (SPD): (Beifall bei der SPD – Volker Hoff (CDU): Dann setzen Sie sich doch hin! Beruhigen Sie sich erst ein- Deshalb wäre es eigentlich die Aufgabe des Landesvorsit- mal!) zenden und des Ministerpräsidenten gewesen, dies hier für die CDU Hessen klarzustellen. Aus diesem Grunde, – Sie werden sich meinen Eingangssatz anhören müssen. weil der Ministerpräsident dazu schweigt, soll er zumin- Es wird auch nur ein Satz sein. – Ich glaube, das Unbeha- dest als Abg. Koch sich zu diesem Antrag bekennen kön- gen, das auf der Seite der Opposition nach dieser Debatte nen. Deshalb wollen wir die namentliche Abstimmung. und der Abstimmung entstanden ist, ist auch bei vielen auf der Seite der Regierungsfraktion entstanden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Volker Hoff (CDU)) (Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU) Ich möchte kein Ventil in Form einer Oppositionsrede bieten, um mit diesem Unbehagen fertig zu werden. Ihre Präsident Norbert Kartmann: Reaktion auf meinen Anfangssatz zeigt, dass ich richtig Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es ist na- liege. mentliche Abstimmung beantragt. Dann treten wir in das (Volker Hoff (CDU): Setzen Sie sich doch hin! Es Abstimmungsverfahren ein.Wir verlesen die Namen, und zwingt Sie keiner, zu reden!) Sie rufen „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“. Der Einzelplan 04 für das Jahr 2005 verdeutlicht die per- (Namensaufruf – Abstimmungsliste siehe Anlage 2) sonalpolitische Irrfahrt rund um die Unterrichtsgarantie. Er ist bei den Ansätzen für Vertretungsmittel und im Stel- Meine Damen und Herren, ich darf bekannt geben, dass lenplan ein Eingeständnis, dass die Folgen der „Operation 108 Stimmen abgegeben worden sind. Für den Antrag ha- düstere Zukunft“ von der Kultusministerin ganz offen- ben 53 Abgeordnete, dagegen 55 Abgeordnete gestimmt. sichtlich falsch eingeschätzt wurden. Damit ist der Antrag abgelehnt. Im vergangenen Jahr wollte die Kultusministerin diesem (Beifall bei Abgeordneten der CDU – Jörg-Uwe Parlament und der staunenden Öffentlichkeit erklären, Hahn (FDP): Das Klatschen war überflüssig!) durch die Erhöhung der Pflichtstundenzahl bei den Lehr- – Meine Damen und Herren, das hat der Präsident nicht kräften und durch die Streichung von 945 Lehrerstellen zu beurteilen. stünden den Schulen unter dem Strich noch mehr Unter- richtsstunden zur Verfügung als vorher. Gleichzeitig (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Aber ich darf das!) wurde der Ansatz für Vertretungsmittel um 8,6 Millio- nen c gekürzt. Dann rufe ich jetzt verabredungsgemäß die Fortsetzung der Haushaltsdebatte mit dem Zu Beginn des Schuljahres, im Sommer, hat Frau Wolff den Notfallschirm ausgepackt und ein so genanntes Einzelplan 04 – Hessisches Kultusministerium – Sonderprogramm in Höhe von 10 Millionen c verkündet, auf. – Zur Geschäftsordnung, Frau Beer. um über kurzfristige BAT-Verträge die Lücke in der Per- sonalversorgung notdürftig zu schließen. Diese Verträge wurden in der Regel auf ein halbes Jahr befristet, und das Nicola Beer (FDP): musste folgerichtig dazu führen, dass im Haushaltsansatz 2005 die Ansätze für Vertretungsmittel um rund 14 Mil- Herr Präsident, ich möchte beantragen, dass wir tradi- lionen c erhöht werden mussten, um diese Verträge bis zu tionsgemäß so verfahren, dass unser Setzpunkt zum ge- den Sommerferien weiterführen zu können. setzten Zeitpunkt, also um 14 Uhr, aufgerufen wird. Das heißt, dass wir jetzt nur den Einzelplan 04 beraten und Gleichzeitig werden 290 neue Lehrerstellen im Haushalt den Einzelplan 15 auf die Zeit nach dem Setzpunkt der veranschlagt, wovon allerdings nur 220 der Unterrichts- FDP verschieben. versorgung zusätzlich zugute kommen, da es bei der Be- rechnung des so genannten Produktivitätsgewinns aus der Arbeitszeitverlängerung zu Differenzen zwischen Präsident Norbert Kartmann: Wunsch und Wirklichkeit kam. Frau Ministerin, dieser Ablauf zeigt wahrlich keine vor- Frau Kollegin Beer, ich weise darauf hin, dass in der ausschauende Personalplanung Ihrerseits, und er ist schon Summe der mir angemeldeten Redezeiten – 45 Minuten gar kein Beitrag zur Verwirklichung Ihrer viel beschwore- plus Redezeit der Regierung – über eine Stunde Redezeit nen Unterrichtsgarantie. Er hat dazu geführt, dass viele zu erwarten ist, sodass wir 14 Uhr nicht erreichen werden. Lehrkräfte zu Beginn dieses Schuljahres den Weg in an- (Nicola Beer (FDP): 14.10 Uhr!) dere Bundesländer gesucht haben, weil ihnen ein halbjäh- riger BAT-Vertrag in Hessen keine ausreichende Per- – Okay. Ich frage die anderen Fraktionen, ob sie diesen spektive bot. Das Fehlen von Lehrkräften, gerade in Man- Weg so mitgehen wollen. – Dann ist das so der Fall. gelfächern, ist das Ergebnis. Ein Ergebnis ist auch die Ge- wissheit, dass die ständige Wiederholung, die Unterrichts- Es liegen mir weiterhin keine Wortmeldungen vor. – Ich garantie sei erfüllt, bei den Eltern und in den Schulen nur gehe nun nach den Wortmeldungen vor. Das Wort hat noch ungläubiges Kopfschütteln hervorruft – angesichts Frau Kollegin Habermann. der Realitäten, der vollen Klassen, des ausfallenden Fach- unterrichts und der Differenzierungsstunden, die letztlich nur noch auf dem Papier stehen. Heike Habermann (SPD): (Beifall bei der SPD) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich am Anfang sagen, dass es mir sehr schwer fällt, die Erst streichen, dann Löcher flicken und die dringend not- Debatte an dieser Stelle fortzusetzen. wendige Nachbesserung im Haushalt 2005 jetzt als „Be- Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3539 weis“ für Ihre großartige Schulpolitik ins Feld führen – zwischen Kindertagesstätte und Grundschule sowie die das nimmt Ihnen in der Tat niemand mehr ab, Frau Kul- Ausstattung der Grundschulen so vorangetrieben werden tusministerin. – und sich diese Zahlen auch im Haushalt manifestieren –, dass man hier von einem Fortschritt sprechen kann. (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das, was Sie sagen, nimmt Ihnen niemand ab!) Meine Damen und Herren, wir haben begrüßt, dass im Die zusätzlichen Stellen und Mittel im Haushalt 2005 sind Entwurf des Lehrerbildungsgesetzes die Fortbildung auf- letztlich das Eingeständnis der gravierenden Fehler der gewertet und zukünftig verpflichtend wird. Die kontinu- „Operation düstere Zukunft“, die jetzt notdürftig aufge- ierliche Qualifizierung des pädagogischen Personals an fangen werden sollen. den Schulen ist eine notwendige Voraussetzung, um die Qualität des Unterrichts zu verbessern. Geradezu grotesk mutet in diesem Zusammenhang der Antrag der CDU-Fraktion an, die Vertretungsmittel um Doch weder im Gesetz noch im vorgelegten Haushalts- 550.000 c zu kürzen, um stattdessen 30 Stellen für Ganz- planentwurf wird deutlich, wie die erforderlichen Struktu- tagsangebote zu schaffen. Jede zusätzliche Stelle im Be- ren zum Aufbau eines geeigneten Fortbildungssystems reich der Ganztagsangebote – bei Ihrem Programm kann hergestellt werden sollen und wie der Bedarf an qualifi- man nicht von Ganztagsschulen reden – ist eine richtige zierten Angeboten, Maßnahmen und Anbietern gedeckt und notwendige Stelle. Wir haben dies in unseren Haus- werden soll. Mit einer Erhöhung des Ansatzes für Aus- haltsanträgen deutlich gemacht, denn wir wollen ein ver- und Fortbildung um lediglich 500.000 c und einer weite- lässliches Landesprogramm, das neue Stellen für Ganz- ren halben Million c für die Entschädigung von Lehr- tagsschulen in offener und gebundener Form schafft, die gangsleitern und Referenten ist unserer Ansicht nach eine diesen Namen auch verdienen. solche Neuausrichtung nicht zu gewährleisten. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Dies darf aber nicht zulasten der Abdeckung des Unter- Es genügt eben nicht, Anforderungen an die Qualität der richts gehen. Diese Stellen müssen zusätzlich bereitge- Lehrerbildung zu stellen und die finanziellen Rahmenbe- stellt werden. Sie dagegen wirtschaften von der rechten in dingungen dafür zu vernachlässigen. Deshalb fordern wir die linke Tasche, um noch im letzten Moment zu ver- eine Erhöhung der Ansätze für Lehrerbildung um 1,5 Mil- schleiern, dass für neue Genehmigungen von Ganztagsan- lionen c. Frau Kultusministerin, wir erwarten, dass Sie das geboten im Schuljahr 2005/2006 der personelle Rahmen Dunkel um die Gestaltung eines leistungsfähigen Fortbil- nicht vorhanden ist. dungssystems schnellstmöglich erhellen. (Beifall bei der SPD) Meine Damen und Herren, ich will noch einige Sätze zu Viele Schulen und Schulträger, die mit großen Hoffnun- dem Reizthema sagen, das uns in jeder Haushaltsbera- gen das Bundesprogramm „Zukunft Bildung und Betreu- tung beschäftigt. ung“ begrüßt haben, müssen feststellen, dass das Land weiterhin nicht gewillt ist, dafür auch die entsprechende Personalausstattung bereitzustellen. Gleichzeitig wird die Präsident Norbert Kartmann: Genehmigung der Investitionsvorhaben aus Bundesmit- teln in geradezu unanständiger Weise verzögert und mit Frau Kollegin, vorher darf ich Sie darauf hinweisen, dass bürokratisch verkomplizierten Antragsverfahren belas- die Ihnen zugestandene Redezeit der Fraktion erschöpft tet. ist. Das waren zehn Minuten. Das Ergebnis haben wir in der Woche zur Kenntnis neh- (Zuruf des Abg. Volker Hoff (CDU)) men können: Hessen ist bei den abgerufenen Bundesmit- teln Schlusslicht der Bundesländer. Inzwischen haben le- diglich 60 der 164 Schulen, die eine Maßnahme beantragt Heike Habermann (SPD): haben, einen Bewilligungsbescheid erhalten. Sie, meine Damen und Herren, können wahrlich nicht für sich in An- Gut. – Herr Hoff, was, bitte, haben Sie gesagt? Könnten spruch nehmen, dass Sie die Entwicklung neuer Ganz- Sie das wiederholen? tagsschulen in Hessen zügig vorantreiben. (Volker Hoff (CDU): Ich bin dafür, dass wir jetzt (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Was haben Sie denn auch wirklich hier Schluss machen! – Gegenruf des gemacht? Es ist doch lächerlich, was Sie hier erzäh- Abg. Norbert Schmitt (SPD): Das ist wirklich un- len!) glaublich! – Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) – Volker Hoff (CDU): Sie – Herr Irmer, ich bin heute an einem Punkt angekommen, haben den Anfang Ihrer Redezeit verbambelt, ganz wo ich mich mit Ihnen nicht mehr auseinander setzen einfach!) werde. – Ich mache es kurz. – Der Ansatz für Schloss Hansenberg (Beifall bei der SPD) soll im nächsten Haushaltsjahr 3,1 Millionen c betragen. Viel zügiger wird dagegen die Verkürzung der Gymnasial- Ich bin davon überzeugt, dass die Qualität des schulischen zeit betrieben und im Haushalt entsprechend ausgestat- Bildungsangebots in Hansenberg ausgezeichnet ist. Aber tet: 45 Stellen für die ersten Umsetzungsschritte für G 8 ich wünsche mir, dass die allgemein bildenden Schulen in und 1,5 Millionen c für zusätzliche Lernmittel könnten Hessen diese Möglichkeiten auch bekommen, diese Leh- nach unserer Ansicht an anderer Stelle besser eingesetzt rer-Schüler-Relation, diese Ausstattung mit Sozialpädago- werden. Denn auf den Anfang kommt es an. Das behaup- gen, mit Lern- und Lehrmitteln, um ihren Unterricht tet auch die Kultusministerin immer wieder. interessant zu gestalten. Dann könnten wir an diesen Schulen auch bessere Leistungsergebnisse erreichen. Allerdings finden wir in diesem Haushalt kein Signal da- für, dass die frühkindliche Bildung und die Kooperation (Beifall bei der SPD) 3540 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Wir brauchen keine Sonderförderung von wenigen, son- Spätestens wenn das Schulgesetz in Kraft tritt, werden sie dern mehr Förderung für alle. Dann könnte es uns auch noch zunehmen. gelingen, die Leistungsspitze deutlich zu verbreitern. Die Aufbruchstimmung, die in der vergangenen Legisla- Ich spare mir den Rest turperiode, als wir an der Regierung beteiligt waren, an (Volker Hoff (CDU): Sie haben auch keine Rede- den Schulen herrschte, hat die CDU-Regierung mit ihrer zeit mehr!) verfehlten Schulpolitik sehr schnell beendet. Sparpro- gramme, Schulzeitverkürzungen, Bürokratie – damit ha- und sage, dieser Haushaltsentwurf ist vergleichbar mit ben Sie die Aufbruchstimmung nachhaltig zunichte ge- dem Entwurf des Schulgesetzes, den Sie morgen durch- macht. Das kann man mit leichten Finanzspritzen, wie sie knüppeln wollen. Deswegen werden wir ihn ablehnen. in diesem Haushalt vorgesehen sind, nicht kurieren. (Beifall bei der SPD) Außerdem haben Sie die Mittel für die Vertretungskräfte gekürzt, indem Sie 60 Lehrerstellen den zusätzlichen Präsident Norbert Kartmann: Ganztagsangeboten zuordnen. Der Ausbau der Ganztags- angebote wird den Bedarfen an den Schulen bei weitem Das Wort hat Frau Abg. Henzler für die Fraktion der FDP. nicht gerecht. Der Anstoß, den wir in der letzten Legisla- turperiode gegeben haben, ist sehr schnell aufgegriffen und umgesetzt worden. Ich habe es schon oft gesagt: Mit Dorothea Henzler (FDP): ganz geringen Mitteln hat man an den Schulen sehr viel erreicht. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Haus- haltsentwurf für das Jahr 2005 für den Kultusbereich ist Die Einführung des G-8-Zugs tut jetzt ein Übriges. Sie recht langweilig.Wenn ich mir die Reihen der CDU-Frak- müssen deutlich mehr Nachmittagsangebote organisie- tion und die Regierungsbänke hier anschaue, dann sehe ren, weil diese bei einer Verkürzung der Schulzeit an den ich mich in dieser Aussage deutlichst bestätigt. Für die Re- Gymnasien verpflichtend sind. Ein Zusammenlegen der gierung scheint er völlig uninteressant zu sein. Schulen, das Sie verlangen und das, auf Dauer gesehen, (Beifall bei Abgeordneten der FDP) wahrscheinlich richtig ist, könnte viel besser gelingen, wenn man Ganztagsangebote hätte. Dann würden auch Er führt die Politik der Landesregierung ohne große die Fahrtkosten nur zweimal am Tag, nämlich morgens Schwerpunktsetzungen fort. In einigen Bereichen gibt es und nachmittags, anfallen. moderate Mittelerhöhungen. Die Gesamtausgaben stei- gen um etwa 84 Millionen c auf 3,7 Milliarden c an. Das Sie kommen mit der Bearbeitung der Bauanträge der ein- ist ein schöner Betrag.Als Bildungspolitiker muss man für zelnen Schulen nicht nach. Bis heute hat man mir noch jeden Euro dankbar sein, der in diesen Bereich fließt. nicht erklären können, warum Sie von der Pauschalförde- Der höchste Anteil der Mehrausgaben ist bei den Perso- rung, die in Form der Schulbaupauschale in Hessen seit ei- nalausgaben zu verzeichnen. Es wird versucht, die groben nigen Jahren gang und gäbe ist und die von den Schulträ- Einschnitte des Sparprogramms des vergangenen Jahres gern als sehr einfach umzusetzen empfunden wird, wieder in den einzelnen Ansätzen Schritt für Schritt auszuglei- abgekommen sind und sich stattdessen für die Projektför- chen. Auch der Ansatz für die Lernmittel wird wieder um derung entschieden haben. Ich habe den Staatssekretär einen kleinen Betrag erhöht. im zuständigen Ausschuss gebeten, mir die Textstelle der Bundesverordnung zu nennen, in der belegt wird, dass Netto werden 220 zusätzliche Lehrerplanstellen geschaf- man das über eine Projektförderung machen muss. Die- fen. Die im Rahmen des Sparprogramms um rund 9 Mil- sen Nachweis ist er mir bis heute schuldig geblieben. lionen c gekürzten Vertretungsmittel werden um 18 Mil- lionen c erhöht. Dafür könnte man sicherlich mehr Geld Die Schulträger bemängeln, dass sie Einzelbauanträge, bereitstellen. Das ist eine Forderung der SPD. Wün- z. B. mit Architektenplänen, nachweisen müssen, dass sie schenswert ist vieles. sich im Kultusministerium zur Beratung einfinden müssen und dass aufgrund dieses überbürokratischen Verfahrens Viel schlimmer aber findet die FDP die strikte Ablehnung die Bearbeitung jedes Bauantrags extrem lange dauert. unseres Antrags zur Entwicklung eines Personalkonzep- Außerdem ist nicht nachzuvollziehen, warum es bei der tes für die BAT-Lehrkräfte durch die CDU-Fraktion. Hier Ausstattung der Schulen mit Ganztagsangeboten so ge- hat man rumgeeiert und gesagt, diese Forderung sei ei- naue Vorgaben bei der Mensa und bei der Cafeteria gibt. gentlich richtig, aber in Teilen bereits erfüllt; es sei zu Manche Schulen mussten sogar die Anzahl der Kaffeelöf- teuer. – Abgesehen davon ist jeder Antrag der Opposition fel angeben. in diesem Hause sowieso mit der absoluten CDU-Mehr- heit abgelehnt worden. Der Ausbau muss schneller vorangehen, und die Mittel Der Versuch, die massiven Einsparungen der „Operation müssen an die Schulen, die einen Bedarf haben, in einem sichere Zukunft“, die an den Schulen zu heftigem Unmut breiteren Umfang verteilt werden, damit eine größere geführt haben, mit diesen Erhöhungen auszugleichen, Anzahl von Schulen versorgt werden kann. Wir haben er- wird natürlich von der FDP gutgeheißen. lebt, dass schon die kleinsten Finanzspritzen eine große Wirkung an den Schulen erzielen. Es wird Zeit, dass in die Bildung wieder mehr investiert wird.Allerdings muss man hervorheben, dass es sich nicht Die Kooperationen mit den Vereinen und den Trägern der um Erhöhungen im wahrsten Sinne des Wortes handelt, Jugendhilfe fangen gerade erst an. Wir haben am letzten sondern um ein moderates Rückgängigmachen der Spar- Wochenende an einer Tagung der Jugendverbände teilge- maßnahmen aus dem letzten Jahr. Wir bezweifeln sehr, nommen, die sich zurzeit überlegen, wie sie ihre Jugend- dass diese moderaten Mittelerhöhungen zu einem Stim- arbeit so gestalten können, dass sie mit den Ganztagsan- mungsumschwung an den Schulen führen werden. Der geboten an den Schulen kompatibel ist. Sie überlegen, wie Unmut und die Enttäuschung an den Schulen sind groß. sie auf die Jugendlichen in den Schulen zugehen können. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3541

An einer schnelleren Befriedigung des gegenwärtigen Be- (Beifall bei der FDP) darfs kommen wir nicht vorbei, zumal uns gerade die Er- gebnisse der PISA-Studie bewiesen haben, dass die sozial Lassen Sie mich zum Schluss Folgendes sagen. Es ist be- schwachen Kinder bei uns nicht mitgenommen werden. ruhigend, dass der Einzelplan für das kommende Jahr Gerade durch Nachmittagsangebote kann man den Kin- keine weiteren massiven Einschnitte vorsieht. Allerdings dern, die sonst allein zu Hause vor dem Computer oder handelt es sich um eine statische Haushaltsaufstellung. vor dem Fernseher sitzen, Bildungsinhalte vermitteln. Ebenso wenig wie der Entwurf für ein Schulgesetz wird Man kann ihnen Angebote machen, die sie gemeinsam sie zu einer Qualitätsverbesserung des Schulsystems bei- mit anderen Jugendlichen wahrnehmen. tragen. Sie macht deutlich, dass die Schulpolitik nicht mehr das Schwerpunktthema der Landesregierung ist. Wer die Studie über die Korbacher Grundschüler gelesen Wir bewegen uns nur noch mit Schneckentempo auf das hat, dem muss angst und bange werden. Die Kinder – Ziel zu, das Bildungsland Nummer eins zu werden. Grundschüler im vierten Schuljahr – sitzen jeden Nach- mittag drei Stunden lang alleine vor der Playstation oder (Beifall bei der FDP) vor dem Fernseher. Für diese Kinder wäre es viel besser, wenn sie in der Schule wären und dort mit anderen Kin- dern kommunizieren und spielen sowie Bildungsange- Präsident Norbert Kartmann: bote wahrnehmen könnten. Der Fragebogen, mit dem die Kinder nach ihren Wünschen gefragt wurden, zeigt sehr Das Wort hat Frau Abg. Hinz, Fraktion BÜNDNIS 90/ deutlich, dass sich die Kinder gerne nachmittags in der DIE GRÜNEN. Schule aufhalten, allerdings nicht im regulären Unter- richt, sondern um sich mit ihren Kameraden zu treffen und Sport- und Bildungsangebote wahrzunehmen. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich denke, diesen Bedarf muss man dringend befriedigen. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Einzel- Natürlich kostet das Geld.Trotzdem sollte man in der Zu- plan 04 für das Jahr 2005 ist der gedruckte Nachweis einer kunft versuchen, dort einen Schwerpunkt zu setzen. verfehlten Bildungspolitik in diesem Land. Es ist völlig unverständlich, warum die Mittel für die Öf- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) fentlichkeitsarbeit des Kultusministeriums drastisch er- höht wurden. Es werden jetzt 110.000 c dafür bereitge- Die großen Einsparungen bei dem Personal werden fort- stellt. Dieses Geld sollte man lieber in die Bildung inves- geführt. Die Vertretungsmittel werden zwar aufgestockt, tieren. Dort ist es besser aufgehoben als in der Öffentlich- aber dann wird durch Haushaltsanträge bereits wieder et- keitsarbeit des Kultusministeriums. was abgeknapst. Die individuelle Förderung findet in die- sem Haushalt keinen finanziellen Niederschlag. Die Fi- Wir haben deshalb den Antrag gestellt, diese Mittel der nanzierung des Ausbaus der Ganztagsschulen hält mit Hochbegabtenförderung zugute kommen zu lassen. Wir dem Bedarf in keiner Weise Schritt. haben die Hochbegabtenförderung in Hessen immer be- grüßt. Auch die Einrichtung einer Schule für Hochbe- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gabte auf Schloss Hansenberg haben wir immer begrüßt. Dabei haben wir aber gesagt, dass die Hochbegabtenför- Auffällig ist an diesem Haushalt, dass die Landesregie- derung in Hessen auch in der Breite deutlich verstärkt rung nicht mehr an dem selbst gesteckten Ziel einer werden muss. Das ist in den Jahren 2001 und 2002 auch so Unterrichtsgarantie festhält. Wie ist es sonst zu erklären, geschehen. dass 1.000 Stellen endgültig gestrichen werden, dass man nur 220 davon ersetzt und dass 40 dieser Stellen sogleich (Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP)) für die Schulzeitverkürzung an den Gymnasien, für den G-8-Zug, zur Verfügung gestellt werden? Es bleibt immer Damals hat die FDP diese Anträge gestellt. Damit konn- noch eine Lücke von 820 Stellen. Dabei würden diese ten 31 Projekte an Grundschulen angestoßen werden. Stellen dringend gebraucht, um für die Einhaltung der re- Heute haben 62 Schulen das Gütesiegel. Die Anzahl der gulären Klassengrößen, für den Förderunterricht, für die Schulen, die Fördermaßnahmen anbieten wollen, steigt Behebung des Fachlehrermangels und für die Unter- ständig. Diese Fördermaßnahmen kommen nicht nur den richtsversorgung der steigenden Zahl von Oberstufen- Hochbegabten zugute; denn Schulen, die differenziert för- schülern und der Schüler an beruflichen Schulen zu sor- dern, fördern eben auch Minderbegabte oder Schwachbe- gen. gabte, nicht nur die Hochbegabten. Wir GRÜNEN haben beantragt, diese Lücke wieder zu Deshalb sind wir dafür, dass die 110.000 c umgeschichtet schließen, indem wir in zwei Schritten jeweils 500 Lehrer- werden. Wir wollen 50.000 c in die allgemeine Hochbe- stellen zur Verfügung stellen. Leider ist der Antrag im gabtenförderung investieren. Damit könnten wir es noch Haushaltsausschuss abgelehnt worden. Das zeigt, dass die mehr Schulen ermöglichen, Programme für Hochbegabte Unterrichtsgarantie kein Ziel mehr ist, das Sie erreichen aufzulegen. Ferner wollen wir, dass der Diagnosestelle wollen. Die Forderung nach einer Unterrichtsgarantie ist BRAIN in Marburg 60.000 c zur Verfügung gestellt wer- für Sie nur noch eine Sprechblase. den. Dort müssen die Eltern heute noch viereinhalb Mo- nate lang bis zur Erstberatung warten. Bis sich die Eltern (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) entschieden haben, sich in Marburg beraten zu lassen, ist in der Regel auch schon eine ganze Zeit vergangen.Wenn An den Schulen klemmt es überall. Das gilt auch immer man der Beratungsstelle 60.000 c gäbe, könnte sie die noch für den Vertretungsunterricht. Deshalb ist es richtig, Wartezeit um die Hälfte verkürzen. Die Wartezeit würde dass die Mittel erhöht werden. Von diesem auf das näch- dann nur noch zwei Monate dauern. Ich denke, das wäre ste Jahr werden sie um etwa 8 Millionen c erhöht, wobei auch für die Kinder sehr wichtig. Nach der Beratung dau- Sie die 10 Millionen c, die Sie im Rahmen des Nachtrags- ert es ebenfalls eine Weile, bis die eigentlichen Förder- haushalts zugeschossen haben, schon mit einrechnen müs- maßnahmen einsetzen. sen. 3542 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Falsch ist es aber, von diesem erhöhten Betrag wiederum Wir machen den Vorschlag, Stellen aus den Vorklassen in Geld für die 60 Stellen abzuziehen, die man für den Aus- die flexiblen Eingangsphasen umzuschichten, weil Vor- bau neuer Ganztagsangebote braucht. Interessant ist in klassen nicht mehr notwendig sind, wenn alle Kinder dem Zusammenhang, dass in dem Haushaltsentwurf der grundsätzlich in diese Eingangsphase eingeschult werden, Kultusministerin bislang überhaupt keine Stellen für den sodass es auch nicht mehr Geld kosten würde, aber den Ausbau von Ganztagsangeboten vorgesehen waren. Schulen die schulpädagogische Qualitätsentwicklung ge- ben würde. Der Bund gibt 4 Milliarden c für die Finanzierung des Ausbaus von Ganztagsschulen aus, und die Landesregie- Wir wollen weiterhin ein Programm in den nächsten Jah- rung schafft es bis heute nicht, ein kontinuierlich fördern- ren fortführen, das wir mit 5 Millionen c dotiert haben – des Landesprogramm aufzulegen, bei dem Schulträger ein Programm individueller Förderung. Damit könnten und Schulen sicher sein können: Jedes Jahr kommt eine Schulen unterschiedliches Personal einstellen, um mit bestimmte Anzahl von Stellen hinzu. Wir können uns da- Kleingruppen zu arbeiten und Förderunterricht zu geben. rauf verlassen. Wir können Prioritätenlisten erstellen, da- Dazu müssten Schulen in Schulprogrammen und Zielver- durch Sicherheit gewinnen und die Qualität an den Schu- einbarungen mit dem Land eine entsprechende Vorgabe len steigern. machen, wie sie durch die individuelle Förderung mehr Wir halten es für ganz falsch, dass sinnvolle pädagogische Kinder zu besseren Schulabschlüssen bringen, das Sitzen- Entwicklungen wie Ganztagsangebote auf Kosten des bleiben überflüssig machen und wie sie insgesamt das Ni- Notwendigen, nämlich des Vertretungsunterrichtes finan- veau, die Lernleistungen von Kindern in Schulen erhö- ziert werden sollen. hen. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Meine Damen und Herren, diese 5 Millionen c sollten Ih- und der SPD) nen nicht zu viel sein, um die Individualisierung des Ler- nens in den Schulen einzuführen; denn das ist das Thema, Wir haben dazu einen anderen Vorschlag. Sie haben mor- um das es eigentlich geht. Wir müssen uns nicht perma- gen im Bundesrat noch einmal die Gelegenheit, für diesen nent um Einheitsschule hier und gegliedertes Schulwesen Vorschlag zu stimmen. Wir sind der Meinung, es wäre da streiten. Wichtig ist, dass in unseren Schulen als Erstes sinnvoll, die Eigenheimzulage auslaufen zu lassen. Das jedes Kind mit seinen Talenten und mit seinen Defiziten würde im nächsten Jahr 10 Millionen c für das Land brin- ernst genommen und entsprechend seinem Bildungspo- gen. Mit diesem Geld wäre es möglich, bereits im nächs- tenzial gefördert wird. ten Jahr an Grund- und Förderschulen Ganztagsangebote zu schaffen, wo es Kinder wirklich notwendig haben, näm- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lich Kleinkinder, junge Kinder, die ein festes Fundament und der SPD) des Lernens brauchen. Dann ist es auch möglich, länger gemeinsam zu lernen. Es wäre möglich, im nächsten Jahr 40 solcher Schulen zu Dann wird es auch möglich, in jeder beliebigen Schule ei- finanzieren. Im Haushaltsjahr 2005 können 100 Grund- nen dem Kind gemäßen Abschluss zu machen. Wenn wir und Förderschulen zu Ganztagsschulen werden. 50 Schu- so weit sind, dann haben wir tatsächlich das verinnerlicht, len der weiterführenden Schulen könnten eine pädagogi- was eigentlich der Merksatz jeder Bildungspolitik sein sche Mittagsbetreuung einrichten, und 30 Schulen könn- müsste: Kinder stehen im Mittelpunkt der Schule, und auf ten volle Ganztagsschulen werden. Sukzessive, mit den jedes Kind kommt es dabei an. zufließenden Mitteln aus der Eigenheimzulage, könnten wir es schaffen, dass bis zum Jahr 2008 alle Grund- und (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Förderschulen auf freiwilliger Basis ein Ganztagsangebot und bei Abgeordneten der SPD) einrichten und dass bis zum Jahr 2012 alle weiterführen- den Schulen für ihre Schülerinnen und Schüler dieses An- Die Begabtenförderung gehört auch zur individuellen gebot bereithalten. Förderung. Aus unserer Sicht ist die Begabtenförderung in der Breite besonders wichtig. Wir halten das teure Das würde den Kindern mehr Zeit zum Lernen bieten, Schloss Hansenberg nicht für das Ei des Kolumbus, weil es Lehrerinnen und Lehrern mehr Zeit geben, mit den Kin- nur wenigen Kindern die Möglichkeit gibt, ihre Chancen dern zu lernen und sie tatsächlich zu fördern, und sie hät- zu verwirklichen. Für die meisten Schulen in Hessen gibt ten die Gelegenheit, anderes Personal mit an die Schule es außer einem Gütesiegel nichts, was die Kultusministe- zu holen, damit eine individuelle Förderung möglich ist. rin ihnen bieten kann, um die schulische Situation und die Ich gehe davon aus, dass Ihnen die Schulen immer noch so Unterrichtssituation zu verbessern. am Herzen liegen, dass Sie sich morgen einen Ruck ge- ben. Frau Ministerin, Sie können das dem Ministerpräsi- Deshalb halten wir es für sinnvoller, dass wir das Projekt denten für morgen mitgeben, damit Sie im Bundesrat Schloss Hansenberg auslaufen lassen und die Gelder da- auch die richtige Abstimmung durchführen. für verwenden, tatsächlich allen Kindern, die hoch begabt (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und sehr leistungsstark sind, in ihrer Schule an ihrem je- und der SPD) weiligen Standort die Förderung zukommen zu lassen, die sie brauchen. Denn nicht alle Eltern wollen ihre Kinder Aber die individuelle Förderung geschieht nicht nur im weg von zu Hause in ein Internat geben, und nicht alle Ganztagsangebot. Das ist eine wichtige Voraussetzung, Kinder wollen ihr Elternhaus verlassen, nur damit sie ihr aber nicht die alleinige. Wir halten auch die flexible Ein- Potenzial entwickeln können. gangsphase an Grundschulen für eine wichtige Vorausset- zung individueller Förderung. Im Schulgesetz, das morgen beschlossen werden soll, ist die Möglichkeit enthalten. Präsident Norbert Kartmann: Aber im Haushalt findet sie keinen Niederschlag. Es sind dafür keine Stellen vorgesehen. Also werden das auch Frau Kollegin Hinz, zur Erinnerung: Sie haben zehn Mi- keine Grundschulen einrichten können. nuten. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3543

Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Gelder für die Lehrmittelfreiheit werden um 1,5 Mil- lionen c erhöht. Die Mittel für die Sprachförderung wer- Ich komme zum Schluss. den von 2,3 Millionen c auf 3,3 Millionen c erhöht. Da- Die selbstständigen Schulen sind das Thema, womit die rüber haben wir heute Morgen schon gesprochen. Auch Ziele, die wir inhaltlich wollen, erreicht werden können. das ist ein Beitrag zur Integration und ein Beitrag dazu, Wenn Schulen die Möglichkeit haben, mehr Personal ein- dass junge Menschen die deutsche Sprache erlernen. zustellen, ihr Budget zu verwalten, ihre pädagogische und Denn das ist die Grundvoraussetzung für die Integration organisatorische Verantwortung für die Lernleistung ih- in diese Gesellschaft. rer Kinder zu übernehmen, dann wäre das ein weiterer Meilenstein. Hierzu braucht es aber ein Programm der (Beifall der Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) Weiterbildung und der Beratung. Auch dieses haben Sie und Mark Weinmeister (CDU)) abgelehnt. Von daher können wir Ihrem Haushalt nicht Wir haben die Mittel für die Assistenten in Schulen für zustimmen. Er hat eine Schlagseite. Er trägt nicht zur in- Praktisch Bildbare und in Schulen für Körperbehinderte dividuellen Förderung bei, und er trägt auch nicht zur erhöht. Damit haben wir eine Lücke geschlossen, die der Qualitätsverbesserung an hessischen Schulen bei. Des- Bund gerissen hat. Letzten Endes kann damit etwas an wegen werden wir Ihren Haushalt ablehnen. – Danke den Schulen gemacht werden, die in besonderer Weise schön. Unterstützung benötigen. Diese Schulen müssen sich (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nämlich mit Kindern beschäftigen, die in mehrfacher und bei Abgeordneten der SPD) Form von der Natur benachteiligt wurden. Auch hier kommen wir unserer Verpflichtung, die wir gerade gegen- über diesen Kindern und Jugendlichen haben, in beson- Präsident Norbert Kartmann: derer Weise nach. Das Wort hat Abg. Irmer für die Fraktion der CDU. Was hier geleistet wurde, kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Denn es ist gelungen, eine Priorität festzu- schreiben. Das ist es, was uns im Vergleich zu Rot-Grün Hans-Jürgen Irmer (CDU): auszeichnet. Was haben Sie während der Zeit, als Sie die Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- Regierungsverantwortung trugen, gemacht, wenn es unter ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer rausgeht, muss Rot-Grün nicht funktioniert hat? In den letzten Jahren Ih- auch irgendwann wieder reinkommen.Wer sich der inner- rer Regierungsverantwortung wurden 600 Stellen im Schulbereich gestrichen. Aktuell will der Bund den For- lichen Diskussion verweigern will, möge dies bitte schön c tun. Das interessiert mich – offen gestanden – herzlich we- schungshaushalt für das nächste Jahr um 84 Millionen nig. kürzen.Wenn man sich die Mittel für die Hochschulen an- sieht, kann man feststellen, dass sie auf der Bundesebene Der Haushalt, den wir Ihnen heute vorlegen, steht in der von 1,4 Milliarden c, die es im Jahr 2003 dafür gab, auf Kontinuität der positiven Haushalte der letzten Jahre, 1,1 Milliarden c gekürzt werden sollen, die es im nächsten weil auch in diesem Haushalt wieder Priorität auf Bildung Jahr dafür geben soll. Es geht also um ein Minus von gelegt wird. 300 Millionen c. (Beifall bei Abgeordneten der CDU) Jetzt schauen wir uns einmal Ihre „seriösen“ Gegenvor- Wenn wir bei schwierigsten Rahmenbedingungen erneut schläge an, die die Finanzierung betreffen. Das sind alles sagen: „Wir machen mehr für die Bildung“, dann ist das ungelegte Eier. Herr Bökel spekuliert darüber, ob die eine Leistung der gesamten CDU-Landtagsfraktion, die Mehrwertsteuer erhöht werden kann. Die GRÜNEN for- sich nach Ringen, gemeinsam mit der Ministerin, dafür dern die Abschaffung der Eigenheimzulage, wohl wis- eingesetzt hat, dass wir diese Bildungspolitik in der Kon- send, dass sie darüber überhaupt nicht entscheiden kön- sequenz fortführen können. Ich will an wenigen Beispie- nen, weil der Bundesrat mitzureden hat. Die Sozialdemo- len deutlich machen, was wir alles gemacht haben und was kraten faseln von der Wiedereinführung der Vermögen- in diesem neuen Haushalt vorgesehen ist. steuer. Die GRÜNEN wollen die Grundwasserabgabe wieder einführen, die wir mit Erfolg abgeschafft haben. Es gibt trotz der genannten schwierigen finanziellen Rah- Sie hat die Bürger mit 100 Millionen c belastet. Die menbedingungen 220 zusätzliche Lehrerstellen. Es gibt GRÜNEN schlagen außerdem die Halbierung der Pend- zusätzlich 60 Stellen für den Ganztagsbereich. Das bedeu- lerpauschale vor. Die einen oder anderen aus dieser Ecke tet, dass wir im nächsten Jahr 40 zusätzliche Ganztagsan- fordern eine Erhöhung der Erbschaftsteuer. Weiterhin gebote schaffen können. Frau Kollegin Hinz, natürlich fordern die GRÜNEN, die für den Ausbau des Frankfur- kann man darüber streiten, das wäre zu wenig. Die An- ter Flughafens vorgesehenen Mittel zu kürzen.Außerdem tragslage ist eine andere. Da haben Sie völlig Recht. Wir wollen sie die Mittel für den Straßenbau ebenfalls kürzen. würden uns auch wünschen, wenn wir das eine oder an- dere noch schneller und noch mehr machen könnten. Nur Von den letzten beiden Positionen abgesehen, sind das al- muss man immer wieder den Hintergrund sehen.Wir wis- les Vorschläge, auf deren Realisierung Sie überhaupt kei- sen, wie die Finanzlage in letzter Konsequenz ist. Deshalb nen Einfluss haben. Ich teile deshalb uneingeschränkt das, ist es verantwortungsbewusst und seriös, zu sagen:Wir ge- was Rainer Dinges im „Darmstädter Echo“ am 5. No- hen unseren Weg zielstrebig und konsequent voran, in- vember dieses Jahres im Rahmen eines Kommentares ge- dem wir die Stellen sukzessive ausbauen und die Ganz- schrieben hat: tagsangebote auch. Doch woher das Geld nehmen? Und genau da ma- Allein die Vertretungsmittel wurden von 26 Millionen c chen es sich alle zu einfach. Die Freidemokraten auf 43 Millionen c erhöht. Das bedeutet, dass wir noch setzen den Erlös aus dem Verkauf von Landesver- mehr Flexibilität haben, um vor Ort möglicherweise ent- mögen als Deckung von Mehrausgaben und zur standenen kurzfristigen Unterrichtsausfall abdecken zu Minderung der geplanten Kreditaufnahme ein, bei können. Es handelt sich also um ein Mehr an Flexibilität. Rot-Grün müssen Gesetze herhalten, die es noch 3544 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

nicht gibt. Also auch ungedeckte Wechsel auf die Allein das bedeutet, dass es im Gegenwert von eineinhalb Zukunft. Schuljahren mehr Unterricht gibt. So viel wollte ich zu den Zahlen sagen. (Beifall des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU)) Ich will noch ein Letztes sagen. Das betrifft die Vertre- tungsmittel. Das will ich Ihnen auch nicht vorenthalten. So einfach darf es sich nicht machen, wer vom Fi- Ich habe das an anderer Stelle schon einmal gesagt. Herr nanzminister mehr Seriosität fordert. Kollege Holzapfel hat sich im Jahre 1998 noch damit ge- (Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Da gibt es noch brüstet, dass er 4,4 Millionen c Vertretungsmittel habe. zwei schöne andere Sätze!) Wir werden in dem neuen Haushalt dafür fast 44 Millio- nen c zur Verfügung haben. Das ist das Zehnfache des- – Liebe Frau Kollegin, das waren die letzten Sätze dieses sen, was während der Zeit Ihrer Regierungsverantwor- Kommentars. – Ich finde, Herr Dinges hat mit dem, was er tung dafür vorhanden war. Ich glaube, mit dieser Bilanz in seinem Kommentar schreibt, völlig Recht. kann man sich wirklich gut sehen lassen Schauen wir uns doch einmal an, wie sich das entwickelt Lassen Sie mich abschließend noch etwas zum Thema Eli- hat. Vergleichen wir doch einmal die Situation des Jahres teförderung sagen. Das Gymnasium Schloss Hansenberg 1998 mit der des Jahres 2005. Der Bildungsetat wurde von ist neu. Dessen Einrichtung haben wir gewollt. Sie waren 2,3 Milliarden c auf 2,75 Milliarden c erhöht. Das ist ein dagegen. Plus von fast 20 %. Die Zahl der Ganztagsangebote wurde von 140 auf 290 erhöht. Sie wurden also mehr als Im Schuldorf Bergstraße wird eine Internationale Schule verdoppelt. Im nächsten Jahr werden 40 weitere Ganz- eingerichtet. Das ist ganz aktuell. Die GRÜNEN vor Ort tagsangebote hinzukommen, sodass wir dann 330 Ganz- haben das diffamiert. Sie sagten, dass sei ein Getto für tagsangebote haben werden. Die Zahl der Stellen für Er- Kinder Besserverdienender. Sie haben es diffamiert, in- zieher und Lehrer in den Ganztagsangeboten wurde von dem sie gesagt haben, dort würden nur Kinder reicher El- 430 auf 630 erhöht. Die Mittel zur Finanzierung der Er- tern aufgenommen. Das ist grundfalsch. Meine Damen satzschulen sind von 118 Millionen c auf 162 Millionen c und Herren, da trieft die Ideologie aus Ihren Augen. gestiegen. Das wollte ich nur einmal am Rande erwähnen. Auch Sie fordern die Förderung der Hochbegabten. Es Darüber haben wir noch gar nicht gesprochen. gibt diese Förderung der Hochbegabten. Mittlerweile ste- hen 31 Grundschulen Mittel für die Förderung der Hoch- begabten zur Verfügung. Das gab es während Ihrer Re- Präsident Norbert Kartmann: gierungszeit alles nicht. Herr Kollege Irmer, einen Augenblick bitte. – Ich bitte, die (Beifall des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) Türe zu schließen und nicht zuzulassen, dass von dort aus (CDU)) einfach in den Plenarsaal hineingefilmt wird. Wenn im Plenarsaal gefilmt werden soll, dann muss eine Drehge- Sie sollten froh sein, dass wir eine andere Regierung ha- nehmigung dafür erteilt werden. Ich bitte, sofort die Tür ben. Denn diese Regierung ist in der Lage, das Thema zu schließen. „Eliteförderung“ aufzugreifen und konkret etwas zu tun. Eliteförderung war bei Ihnen über Jahrzehnte hinweg ein (Zuruf von der CDU: Das ist der Hessische Rund- Fremdwort. funk!) Ich will das jetzt abschließen. Insgesamt wurden in den – Es ist mir egal, welcher Sender das ist. Das geht schon letzten fünf Jahren 2.200 zusätzliche Lehrerstellen ge- von Prinzip her nicht. – Danke schön. schaffen. Es gibt 1.600 zusätzliche Referendarstellen. Es Herr Irmer, Sie haben wieder das Wort. gibt 50 Millionen c für die IT-Ausstattung. Das sind 5.000 c pro Grundschule für jeden Schulträger. Es gibt ein entsprechendes Programm in Millionen-Euro-Höhe Hans-Jürgen Irmer (CDU): für die Grundschule mit festen Öffnungszeiten. All das haben wir gemacht. Der Bildungsetat wurde insgesamt Herr Präsident, danke. – Ich komme zu der Zahl der von 2,3 Milliarden c auf fast 2,8 Milliarden c gesteigert. Unterrichtsstunden. Damit komme ich zu dem, was Frau Zu alldem hat Rot-Grün und haben die Sozialdemokra- Kollegin Hinz eben angesprochen hat. Sie hat behauptet, ten Nein gesagt. Deshalb hat es mich nicht gewundert, es gebe einen Personalabbau. Diese Aussage ist aber, ob- dass die SPD des Landkreises Gießen erklärt hat, die jektiv gesehen, falsch. Liebe Frau Hinz, entscheidend ist SPD-Landtagsfraktion sei – so wörtlich – „unfähig“. Das nicht die Zahl der Lehrerstellen. Entscheidend ist die kann man im „Gießener Anzeiger“ vom 13. Oktober 2004 Zahl der gehaltenen Unterrichtsstunden. In Hessen wur- nachlesen. Wo sie Recht haben, haben sie Recht. den noch nie mehr Unterrichtsstunden abgehalten, als es in diesem Schuljahr der Fall ist. Es sind nämlich 1,22 Mil- (Beifall bei Abgeordneten der CDU) lionen Unterrichtsstunden. Im Vergleich dazu: 1,1 Millio- nen Unterrichtsstunden wurden während Ihrer Regie- rungszeit gegeben. Präsident Norbert Kartmann: (Beifall des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) Das Wort hat Frau Staatsministerin Wolff. (CDU)) Das heißt, wir geben den Schülerinnen und Schülern Karin Wolff, Kultusministerin: 120.000 Stunden Unterricht pro Woche mehr, als das in der Zeit der Fall war, in der Sie die Regierungsverantwor- Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Da- tung trugen. men und Herren! Frau Habermann hat vorhin in ihrer ers- ten Rede die Tatsachen mit einem etwas mürrischen Ge- (Beifall des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) sicht vorgetragen. Das Gesicht war mürrisch. Ich glaube, (CDU)) man muss die Tatsachen noch einmal in Gänze vortragen. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3545

Wir befinden uns in Hessen in einer Zeit, in der die Ver- Lande Hessen seien Schlusslicht, dann finde ich diese Be- hältnisse des Haushaltes hochgradig schwierig sind. Zu hauptung wirklich abenteuerlich. Wenn wir sehen, dass Beginn meiner Rede möchte ich Folgendes sagen: Ange- wir in diesem Jahr 70 Millionen c zur Verfügung haben sichts dieser schwierigen Zeiten des Haushaltes und der und dass inzwischen schon 53 Millionen c davon zur Ver- Wirtschaft bedurfte es einer ungeheuren Anstrengung – fügung gestellt worden sind, dann frage ich mich, wo Sie das ist eine große Leistung – der gesamten Regierung und hier einen letzten Platz ausmachen. Im Gegenteil, wir be- der gesamten die Regierung tragenden Fraktion, damit willigen das in aller uns zur Verfügung stehenden Schnel- der Bildung diese Priorität eingeräumt werden konnte. ligkeit. Die Ausgaben für Bildung konnten ihren Anteil am Haus- halt nicht nur beibehalten.Vielmehr ist der Anteil für Bil- Frau Habermann, ich könnte Ihnen jetzt einen langen dung sogar von 12 auf 13 Prozentpunkte gestiegen. Vortrag über manche Anträge halten, die eingereicht wer- den. Frau Kollegin Henzler – sie sitzt hinter mir – hat vor- (Beifall bei Abgeordneten der CDU) hin gesagt, da sei möglicherweise einiges zu langsam. Ich bin sehr daran interessiert, das weiter zu beschleunigen. Das ist der Anteil, den der Einzelplan 04 am gesamten Aber dann müssen die kommunalen Schulträger in der Haushalt hat. Das ist eine außerordentlich beachtliche Antragsform auch mitmachen. Es dürfen nur Projekte Leistung. Ich glaube, wir müssten lange suchen, bevor wir entsprechend dem Bundesprogramm gefördert werden; ein anderes Land finden würden, das eine solche Leistung denn wir werden für alles verantwortlich gemacht, was zu- vollbracht hat und damit eine solche Prioritätensetzung rückgezahlt werden muss, wenn wir keine Ganztagspro- deutlich gemacht hat. jekte bezuschussen. Ich könnte Ihnen auch hier Beispiele Das führt dazu, dass wir selbstverständlich auch nach der vom Schwimmbad bis zum Anbau von Klassenräumen „Operation sichere Zukunft“ die gleiche Zahl Unter- nennen, die wir mitfinanzieren sollen. Diese Schulbaufi- richtsstunden haben. Darauf aufbauend haben wir jetzt nanzierung dürfen wir aber nicht mitfinanzieren, sonst noch 220 Stellen und 60 weitere Stellen dazu bekommen. sind wir dafür verantwortlich, dass die Mittel zurückge- Korrigierend will ich dazu sagen: Diese 60 Stellen werden zahlt werden müssen. nur zur Hälfte durch eine Minderung der Mittel für Ver- Ich werde weiter dafür sorgen, dass der Prozess beschleu- tretungskräfte finanziert. Der Rest kommt aus dem allge- nigt wird. Aber ich sage auch: Das Kinderbarometer, das meinen Haushalt. Ich denke, auch darauf muss man noch in der letzten Woche veröffentlicht werden konnte, zeigt, einmal sehr deutlich hinweisen. dass wir mit dem Konzept der Ganztagsschulen richtig Damit bleibt es Priorität, und damit können wir Pro- liegen, und zwar goldrichtig. Kinder wollen nämlich genau gramme finanzieren. Damit können wir z. B. den Einstieg das nicht: Schule, Lehrerin und Lehrer über den ganzen in den G-8-Zweig an den Gymnasien mitfinanzieren. Da- Tag ausgeweitet. mit können wir die nächste Stufe von Schubklassen mitfi- nanzieren. Ich glaube, das kann keine Fraktion ernsthaft (Beifall der Abg. Brigitte Kölsch (CDU)) verneinen. Sie unterlassen nur gelegentlich, zu erwähnen, Sie sagen zu 60 %, dass sie Sport und Bewegung wollen, dass wir mit den neuen Stellen auch neue Schubklassen wahrscheinlich auch Musik und Ähnliches in dieser Rich- eröffnen können; denn es passt Ihnen nicht in den Kram, tung. Das heißt, sie wollen mit ihren Freunden in kleinen dies zu benennen und zwangsläufig auch loben zu müssen. Gruppen am Nachmittag zusammen sein und auch einmal (Beifall des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU)) ausruhen. – Ich finde das legitim, und das macht deutlich, dass das Konzept eines kooperativen Angebots, das Kon- Es ist wichtig für die Jugendlichen, die sonst keine Chance zept eines Angebots von schulischen Leistungen und haben, ihnen noch eine Auffanglinie zu geben und ihnen außerschulischen freien Trägern genau das Richtige ist. zu helfen, damit sie einen Abschluss machen können. Das Programm des Landes wird ausgesprochen bestätigt. (Beifall der Abg. Brigitte Kölsch (CDU)) Ich will auch darauf hinweisen: Es sind 124 Ganztagsschu- len da gewesen, als wir die Regierung übernommen ha- Dies will das Programm ganz bewusst machen. ben. Wenn man berücksichtigt, dass Verbundsysteme da- Es sind auch einige Stellen für das Programm „Selbstver- bei sind, sind es mittlerweile 294 Ganztagsschulen. Das ist antwortung plus“ dabei. Hier frage ich mich auch schon eine Steigerung um 170 und jetzt um 40 weitere.Wenn wir wieder: Frau Hinz, wenn es so wichtig ist mit der Selbst- es morgen beschließen, ist es gesetzlich möglich, dass verantwortung von Schulen und der Selbstständigkeit von Grundschulen Ganztagsschulen werden. Im Vorgriff sind Schulen, dann müssen wir in diesem Erfahrungsfeld Er- es schon 29 Grundschulen und insgesamt 40 Verbund- folge aufweisen und deutlich machen, wie weit es für diese schulen, die jetzt schon Ganztagsangebote haben – im Schulen gehen kann, wie weit es für die allgemein bilden- Vorgriff auf die gesetzliche Regelung, die unter Ihrer Zeit den Schulen gehen kann, sodass das dann auch schritt- nicht vorhanden war und jetzt da sein wird. weise ausgeweitet werden kann. Ich weiß nicht, was Sie (Beifall bei Abgeordneten der CDU) dagegen haben, dass wir in diesem Bereich verstärken. (Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im Es wird auch jetzt wieder vom Gesetz her möglich sein, Gegenteil, wir wollen viel mehr!) gebundene Ganztagsschulen zu eröffnen. In diesem Be- reich haben wir uns wahrlich nicht vorwerfen zu lassen, Dann gibt es auch eine Verstärkung bei den Ganztags- dass wir hinten stünden. Vielmehr sind wir anerkannter- schulen. Das heißt, es ist deutlich mehr als nur die Rück- maßen – das wird auch vom Ganztagsschulverband aner- gängigmachung der Kürzungen in den vergangenen Jah- kannt – bei den drei Ländern, die nicht nur viel leisten, ren, sondern wir satteln in diesen vier Programmpunkten sondern die auch ein Konzept für Ganztagsangebote und ausdrücklich auf und haben noch einige Stellen zusätzlich Ganztagsschulen haben. Daran will ich durchaus festhal- zur Unterrichtsversorgung zur Verfügung. ten. Zum Ganztagsschulbereich will ich Ihnen schon noch ein Nun setzen Sie sich auch mit Vorliebe mit Deckungsange- paar Takte sagen.Wenn Sie jetzt wieder behaupten, wir im boten auseinander – Herr Kollege Irmer hat schon darauf 3546 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 hingewiesen –, die überhaupt nicht bereitstehen, die auf an Statistik mit dem geringstmöglichen Aufwand zu erfas- der Grundlage von Bundesentscheidungen zu Steuern sen. Ich denke, dass wir es den Schulen schuldig sind, die und Entlastungen überhaupt nicht zur Verfügung stehen. Aufgaben dort zu minimieren, wo sie nicht unmittelbar Oder Sie gehen an Dinge heran, bei denen ich sagen muss, für den Unterricht fruchtbar werden. dass sich die Seriosität etwas in Grenzen hält. Meine Damen und Herren, entgegen dem, was am Anfang Ich will Hansenberg nennen. Meine sehr verehrten Da- gesagt wurde und auch gestern in der Rede von Herrn Al- men und Herren, wer sieht, mit welchem Eifer junge Wazir vorkam:Wir halten in der Tat an der Unterrichtsga- Leute dort zugange sind, wer sieht, mit welchem öffent- rantie fest.Wenn ich mit den Menschen über den Sinn von lichen Erfolg diese jungen Leute jetzt bereits im zweiten Unterrichtsgarantie im ursprünglich definierten Sinn rede Jahrgang an der Schule sind und welches überregionale – es müssen so viele Stunden da sein, dass die Stunden- Renommee diese Schule bereits gewonnen hat, und jetzt pläne abgedeckt werden können –, dann akzeptieren die sagt, wir könnten das Geld einsparen, indem wir die Menschen das auch. Sie akzeptieren auch, wenn man mit Schule auslaufen ließen, der vergibt eine Chance im Be- ihnen spricht, dass die Schwierigkeiten, die aufgrund kurz- reich der Hochbegabtenförderung. Ich weiß nicht, worin fristiger Krankheit entstehen, schrittweise weiter be- die Logik besteht. Will man dann zurückkehren zu der al- herrschbar werden müssen. Darüber kann man mit den ten Politik, wo man nur den Mittelbau gefördert hat, und Menschen sehr gut reden. den auch schlecht, wo man die ganz Schlechten nicht ge- fördert hat und auch die ganz Guten nicht gefördert hat? (Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/ Will man dazu zurückkehren? Ich will bewusst nicht dazu DIE GRÜNEN)) zurückkehren. Aber dass wir bei diesem Versprechen geblieben sind, ich (Beifall bei der CDU) glaube, das bürgt für diese Landesregierung und für die Mehrheit im Parlament. Deshalb gibt es in diesem Haushalt Schubklassen, und es gibt die Hochbegabtenförderung. Von beiden Seiten wird Darauf aufbauend sorgen wir auch in sehr schwierigen gefördert. wirtschaftlichen Situationen dafür, dass Schritt für Schritt weitere pädagogische Programme Wirklichkeit werden Ich will Ihnen bei dieser Gelegenheit auch sagen, dass können und Pädagogik im Alltag umgesetzt werden kann. Hessen nach dem Urteil aller Wissenschaftler im Jahre Das bleibt nicht nur eine Forderung, sondern wird in un- 1998 bei der Hochbegabtenförderung ziemlich bei null seren Schulen in unterschiedlichen Modellen auch Tatsa- angefangen hat. Frau Hinz, Sie waren da, als Herr Prof. che. Auch dafür bürgt diese Landesregierung. – Herz- Rost das Seine dazu gesagt hat. Er wie andere hat gesagt: lichen Dank. Mittlerweile ist das Land Hessen bei der Hochbegabten- förderung an der Spitze der Republik. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei der CDU – Priska Hinz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Er hat aber auch gesagt, dass es Präsident Norbert Kartmann: unter Rot-Grün begonnen hat!) Meine Damen und Herren, damit liegen keine weiteren Es ist kein Zufall, dass es beim vierten Hochbegabten- Wortmeldungen zum Einzelplan 04 vor. kongress in Salzburg die Hessische Kultusministerin war, Vereinbarungsgemäß rufe ich jetzt Tagesordnungspunkt die eingeladen worden ist, um den Eröffnungsvortrag zu 55 auf: halten. Das zeigt etwas über die Gesamtleistung derer, die an den Grundschulen, an den weiterführenden Schulen, in Entschließungsantrag der Fraktion der FDP betreffend Kooperationsangeboten mit Vereinen, Universitäten und Föderalismusreform – Drucks. 16/3173 – Beratungseinrichtungen dafür gesorgt haben, dass wir ein breites Angebot in diesem Feld haben. Die vereinbarte Redezeit beträgt 15 Minuten je Fraktion. Das Wort hat der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Herr Damit wir wenigstens noch einige Zahlen hören, will ich Kollege Hahn. – Herr Kollege Hahn, einen Augenblick deutlich machen: Wir haben in dem neuen Haushaltsent- bitte, wir sind noch mit der Technik beschäftigt. wurf, zu dem ich die Bitte habe, dass der Landtag ihn auch so beschließt, zusätzliche Ausgaben bei der Ersatzschulfi- nanzierung zur Förderung der Privatschulen, die durch Jörg-Uwe Hahn (FDP): das Rechenmodell, das wir gemeinsam entwickelt haben, zusätzlich partizipieren an der Entwicklung der Bildungs- Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- politik insgesamt. ren! Es sind die letzten Wehen dieses Plenarsaals, und of- fenbar versucht das Präsidium, den Abbau schon voran- Wir haben zum Zweiten eine Steigerung um 1,5 Millio- zutreiben. Wir wollen aber im Dezember noch einmal in nen c bei den Lernmitteln. Außerdem haben wir einen aller Ruhe in diesem schönen Gebäude tagen dürfen. Posten von immerhin 4,2 Millionen c, den wir dafür nut- zen wollen, die Schulen bei alledem zu entlasten, was Bü- (Mark Weinmeister (CDU): Schön?) rokratie und Zahlenerfassung betrifft. Denn wir leben Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- auch davon, dass wir, um jederzeit ausreichend viele Leh- ren! Die FDP-Fraktion im Hessischen Landtag hat heute rerinnen und Lehrer vor Ort bringen zu können, präzise sehr bewusst den Antrag eingebracht, und sie hat sehr be- Zahlen erfassen und es den Schulen möglichst einfach wusst darauf bestanden, dass in dieser Plenarsitzung über machen, dies zu tun. Wer weiß – jeder, der sich damit be- das Thema Föderalismusreform in unserem Staat gespro- schäftigt hat, weiß es auch –, dass das Programm LUSD chen und eine Entscheidung getroffen wird. nicht immer Lust gemacht hat, der weiß, dass es notwen- dig ist, es auf eine neue Basis zu stellen. Dazu sehen wir ei- Ich muss gestehen, ich bin überrascht über die Haltung nen Mitteleinsatz vor, der dafür notwendig ist, der es dann der Sozialdemokraten und der GRÜNEN in diesem aber den Schulen möglich machen wird, das Notwendige Hause, die sich nicht so verhalten, wie es die GRÜNEN Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3547 und Sozialdemokraten auf der Landtagsbank in der Fö- despolitische Entscheidung nicht gefallen hat, und das deralismuskommission tun, Kreuzchen an einer anderen Stelle machen; vice versa geht es mit bundespolitischen Themen auf dem Bundes- (Beifall bei der FDP) tagswahlzettel. Es kann doch nicht richtig sein, dass über und die sich nicht so verhalten wie eine Reihe von Frak- 60 % aller Beschlüsse, die der Deutsche Bundestag fasst, tionen der Sozialdemokraten und der GRÜNEN in ande- in den Bundesrat kommen. Das ist ein Durcheinander, ren Landtagen bzw. Bürgerschaften. eine Intransparenz und eine allumfassende Unzuständig- keit. (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wir sind eben Individualisten!) (Beifall bei der FDP) Zwischen den sechs Personen, die die so genannte Land- Es ist wirklich an der Zeit, dass die Föderalismuskommis- tagsbank in der Föderalismuskommission besetzen – wir sion in Berlin zu Potte kommt. Herr Kollege Walter, Herr sind die Vertreter der Länder –, wurde verabredet, dass Kollege Al-Wazir, sie kommt nur dann zu Potte, wenn wir eine Erklärung von der CDU und CSU, den Sozialdemo- alle in den Landtagen klar und deutlich sagen, was wir kraten, den GRÜNEN und den Liberalen gemeinsam er- wollen. arbeitet und verabschiedet wird. Herr Kollege Walter, (Beifall bei der FDP) Herr Kollege Al-Wazir, wir haben den Auftrag ernst ge- nommen. Ihre Sprecher kommen beide aus Baden-Würt- Der kleinste gemeinsame Nenner, den die vier oder fünf temberg. Der Kollege Drexler für die Sozialdemokraten Parteien – wenn man die Union in ihre beiden Schwester- und Ihr Kollege von den GRÜNEN haben mitgearbeitet, parteien aufteilt – verabschiedet haben, ist die Münchner und wir haben eine entsprechende Erklärung, die Münch- Erklärung. Herr Kollege Walter, Herr Kollege Al-Wazir, ner Erklärung genannt wird, verabschiedet. Genau diese ich kann Ihnen ohne Probleme eine Reihe von Forderun- Münchner Erklärung haben wir Liberale hier zur Abstim- gen nennen, die wir Liberale noch zusätzlich haben wol- mung gestellt. len. Ich glaube, ich kann Ihnen sogar die meisten Forde- rungen nennen.Wir sind nämlich davon überzeugt, dass in Ich bin überrascht, dass sich die Sozialdemokraten und den Föderalismus Wettbewerb Einzug halten muss. Ich die GRÜNEN in diesem Haus verweigern, eine derartige weiß, dass die anderen Parteien im Deutschen Bundestag Beschlusslage mitzutragen, die ihre Kollegen auf Bundes- und im Deutschen Bundesrat das so nicht sehen, wie wir ebene und in anderen Landtagen bereits positiv begleitet es als Liberale vortragen. haben. (Beifall des Abg. Michael Denzin (FDP)) (Beifall bei der FDP) Ich appelliere daran, dass wir gemeinsam die Kraft finden, Ich kann nur daran appellieren, dass wir in der Föderalis- eine Erklärung zu verabschieden, die die Kolleginnen und musdiskussion nicht auch noch in das parteipolitische Ge- Kollegen der Föderalismuskommission auffordert, end- hake verfallen. Wir machen da schon genug Fehler. Es lich zu Potte zu kommen, einen Schnitt zu machen, die muss jetzt aber wirklich nicht sein, dass wir dort auch noch Aufgabentrennung wieder einzuführen, damit der Deut- in ein parteipolitisches Gehake verfallen. Wenn sich denn sche Bundesrat nicht mehr bei über 60 % aller Gesetzes- die Sprecher der Konferenz der Fraktionsvorsitzenden beschlüsse des Deutschen Bundestags mitstimmen muss. der GRÜNEN und der Konferenz der Fraktionsvorsit- Ich appelliere an Sie alle, den Entschließungsantrag ge- zenden der Sozialdemokraten mit den Kollegen von der meinsam zu tragen. Union und der FDP zusammentun und eine entspre- chende Erklärung vereinbaren, (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der FDP) hat völlig Recht, die Reform des Föderalismus ist die Mutter aller Reformen.Wir kommen wenn es denn einen vernünftigen Föderalismuskompro- in dieser Gesellschaft und in dieser politischen Arbeit miss gibt, so müssen doch zwei Gewinner feststehen: Die nicht weiter, wenn wir ständig die Blockadesysteme ha- einen sind die Bundestagsabgeordneten, und die anderen ben, die leider in der deutschen Verfassung angelegt sind. sind die Mitglieder der Landtage. Ich streite mich mit keinem in diesem Raume darüber, Das ist auch gut so, weil wir wieder eine Änderung her- wer den Bundesrat als Blockadeinstrument erfunden hat. beiführen wollen hin zum parlamentarischen Födera- Ich kann nur sagen, wir sollten uns alle einmal an der Nase lismus und weg vom Exekutivföderalismus, so wie er in ziehen. Es waren sowohl der CSU-Ministerpräsident den letzten 20 bis 30 Jahren gewachsen ist. Franz Josef Strauß, der das genutzt hat, als auch die sozial- demokratischen Ministerpräsidenten oder Föderalismus bedeutete doch nicht mehr die Entschei- . Meine sehr verehrten Damen und Her- dung der Parlamente, weder im Deutschen Bundestag ren, wir haben alle noch vor Augen, wie Roland Koch vor noch in den Landtagen. Föderalismus war letztlich – ich eineinhalb oder zwei Jahren im Bundesrat aufgetreten ist. will es einmal etwas flapsig formulieren – ein Gescha- Auch Liberale benutzen den Bundesrat als Blockadein- chere im Vermittlungsausschuss zu später Nachtstunde. strument. Wir müssen das wieder trennen. Das müssen wir aus Selbstverständnisinteresse der Parla- mentarier wieder auflösen. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der FDP) Das, was im Bund zu erledigen ist, soll der Bund machen, und das, was die Länder zu erledigen haben, sollen die Wir müssen zu dem Ziel kommen, dass wieder diejenigen Länder machen. entscheiden, die es am besten können und am nächsten am Thema sind.Wir müssen wieder zu dem Ziel kommen, Wer wie wir dieses Thema in den letzten Wochen nicht nur dass die Menschen, die Bürger draußen, verstehen, was in Deutschland, sondern auch in Europa diskutiert hat, eine Entscheidung des Landtags ist und was eine Ent- der weiß, dass viele unserer Partner in der EU auf uns scheidung des Bundestags ist. Dann können die Bürger schauen, ob wir dieses Problem in diesem Jahr noch lösen. am Wahltag auch deutlich machen, dass ihnen eine lan- Die Frage, ob die Föderalismuskommission in diesem Jahr 3548 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 noch zu einem vernünftigen Ergebnis kommt, ist ein Sy- zu übernehmen. Aber nein, die aktive Politik wollte das nonym für unsere Partner in Europa, ob Deutschland Zepter nicht aus der Hand geben. noch reformfähig ist oder nicht, ob wir es wirklich noch schaffen, uns selbst zu organisieren, oder ob wir auch in Die Fehler zwei und drei sind kleiner, aber auch gravie- diesem Punkt wieder in das Kleinklein mit den bekannten rend. Denkverbot – wir durften nicht groß darüber nach- Folgen und Schwächen verfallen, die wir in unserer Ge- denken, den Länderfinanzausgleich neu zu organisieren. sellschaft und in unserem Staat in den letzten Monaten Wir durften auch nicht darüber nachdenken, eine Länder- und Jahren immer mehr erlebt haben. neugliederung vorzunehmen. Ich habe gerade am letzten Freitag mit meinem Kollegen Christoph Hartmann, der Aus diesem Grunde ist es wichtig, dass wir am 17. Dezem- mit stolz geschwellter Brust neuer Fraktionsvorsitzender ber zu einem vernünftigen Ergebnis kommen – nicht nur der wieder in den Saarländischen Landtag eingezogenen wegen der eigenen Organisation in Deutschland, nicht Liberalen geworden ist, gesprochen. Er hat mir gesagt: nur wegen der Trennung der Zuständigkeiten, nicht nur Lieber Jörg-Uwe, das darf aber nicht so laut gesagt wer- wegen der dann wichtiger werdenden Rolle der Parla- den. – Ich weiß um die Probleme, die vorhanden sind. Nur mente in der Föderalismusgestaltung, sondern auch mit müssen wir doch einmal anfangen, die Probleme wenigs- dem Blick nach Europa. tens zu diskutieren und zu überlegen. Das aber durften wir nicht. Deshalb hatten wir von Anbeginn an ein Pro- (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der blem mit dieser Kommission. CDU) Ich will Ihnen gern noch kurz darstellen, dass die FDP Ich sage es noch einmal:Wir kommen zu diesem Ergebnis meint, wir können eine Vielzahl von Dingen nunmehr nicht, wenn jetzt schon in den Landtagen die grundsätzli- konkret lösen und eine Trennung der Aufgaben vorneh- che Zustimmung zur Forderung an die Bundespolitik men. Ich möchte Ihnen einige Punkte nennen, bei denen bröckelt, den Ländern mehr Kompetenzen zu übergeben. wir nicht mehr mit uns handeln lassen. Wir Liberale haben von Anbeginn an gesagt, dass es drei Zum Ersten wollen wir eine umfassende Entflechtung der Fehler in dem System der Föderalismuskommission gibt. Finanzbeziehungen mit Steuerautonomie für die Bundes- Der erste ist ein grundsätzlicher Fehler. Diejenigen, die länder. die Macht neu verteilen sollen, zurzeit aber selbst Macht haben, sind ungeeignet, Macht zu verteilen. Denn das Sein Zum Zweiten wollen wir eine spürbare Reduzierung der prägt nun einmal das Bewusstsein. Andersherum formu- Zustimmungserfordernisse im Bundesrat durch eine Re- liert: Ich habe nicht nur einen ehemaligen Ministerpräsi- form des Art. 84. denten erlebt, der in der Föderalismuskommission all das vergessen hat, was er als Ministerpräsident von diesem Zum Dritten wollen wir eine substanzielle Veränderung Platz aus immer gesagt hat. bei der Zuordnung der Gesetzgebungskompetenzen nach der strikten Maßgabe des Subsidiaritätsprinzips. (Beifall bei der FDP) Zum Vierten wollen wir eine Veränderung des Länder- Er hat alles vergessen. Er hat in einem etwas heftigen Dis- neugliederungsverfahrens nach Art. 29 Grundgesetz. put, den Hans Eichel und ich in einer Sitzung hatten, ge- sagt: Dann geben wir euch die Aufgaben zur Regulierung, (Beifall bei der FDP) aber das Geld ist weiterhin mein Geld. – Welch ein Irrtum, Da geht es noch nicht um die Frage, was verändert wird. dem Hans Eichel in diesem Punkt unterliegt. Aber ich Aber es muss wenigstens einmal geklärt werden, wie man könnte hier genauso einen FDP-Namen, einen CDU-Na- etwas verändern kann, wenn man das will. Das ist nötig, men oder einen GRÜNEN-Namen nennen. Wie groß ist damit nicht wieder so etwas passiert, wie wir es bei dem der Irrtum der Bundespolitiker, die meinen, das Geld, das Thema Zusammenschluss von Berlin und Brandenburg zurzeit im Bundeshaushalt ankommt, sei ihr Geld.Wir alle erlebt haben. verwalten auf den verschiedenen politischen Ebenen das Geld der Bürger. Die fünfte Forderung bezieht sich auf die Abschaffung der Gemeinschaftsaufgaben in der heutigen Form. (Beifall bei der FDP) Der sechste Punkt ist die weitgehende Autonomie der Wir müssen es effizient und effektiv einsetzen. Deshalb Hochschulen. Da sagen wir Liberale: Jawohl, schreiben müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass es falsch war, die wir es doch gemeinsam in das Grundgesetz der Bundesre- Mächtigen dafür einzusetzen, Macht neu zu verteilen.Wir publik Deutschland, dass die Hochschulen autonom sind. Liberale haben von Anbeginn an gesagt, dass ein Konvent Das muss nicht in jeder Länderverfassung einzeln stehen. eingesetzt werden muss. Schauen Sie doch nur nach Eu- Das können wir auch gleich im Bund hineinschreiben, ropa. Was wurde zunächst darüber gegrinst, dass Giscard wenn wir uns darüber einig sind. d’Estaing und andere Elderstatesmen, Elderstateswomen und Elderstatespeople – wie auch immer Sie wollen – sich (Beifall bei der FDP) zusammengesetzt haben. Immerhin haben es Valéry Gis- Siebtens wollen wir die Verankerung der Stabilitätskrite- card d’Estaing und die anderen geschafft, einen Kompro- rien in der Verfassung. Wir hatten gestern die Diskussion miss vorzulegen, der nunmehr – man höre und staune – mit Karlheinz Weimar über die Hessische Verfassung und letztlich in 25 Staaten der Europäischen Union angenom- darüber, dass das hier in Hessen alles ein bisschen hart men wird. Dort hat nämlich keiner gesessen, der seine ei- wäre. Wir möchten diese harten Formulierungen auch im gene Macht aufgeben musste. Dort haben Menschen ge- Grundgesetz verankert wissen. sessen, die wussten, wie solche Systeme in Europa zu or- ganisieren sind. Genau dasselbe ist natürlich auch auf Zum Letzten möchten wir eine Optimierung der Vertre- deutscher Ebene möglich. tung Deutschlands in der EU.Das sind die bekannten Dis- kussionen um Art. 23. Hans-Olaf Henkel und seine Vereinigung, in der auch Frau Limbach und andere Mitglied sind, wären geeignet Ich glaube, das ist auch das Minimalkonzept, mit dem man gewesen – auch Altbundespräsident Herzog –, Derartiges in der Nacht vom 17. auf den 18.12. landen muss. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3549

Deshalb darf ich Sie im Namen der FDP-Fraktion bitten, geben. Das war falsch. Deswegen müssen wir jetzt die dem Antrag in diesem Hause einheitlich zuzustimmen, Kräfte bündeln. Das betrifft alle Parteien in den Landta- damit der Hessische Landtag deutlich macht: Jawohl, wir gen. Wir müssen uns diese Kompetenzen zurückholen. haben verstanden, wir wollen uns in die Diskussion ein- mischen, wir wollen aber auch den Verhandlern und den Die Kompetenzen, die uns die Mütter und Väter des Entscheidern in der Föderalismuskommission sagen, dass Grundgesetzes immer zugebilligt haben, bestehen darin, sie ein Minimum an Konzept vorbringen müssen, ansons- dass, wie ursprünglich gedacht, allenfalls 20 oder 30 % der ten ist die Maus zu klein, die nach anderthalb Jahren ge- Gesetze statt 60 %, wie es heute der Fall ist, zustim- boren worden ist. mungspflichtig sein sollen. Es ist fünf vor zwölf, um eine Reform des Föderalismus Deswegen muss die Verlagerung von Kompetenzen auf noch in dieser Legislaturperiode des Deutschen Bundes- die Länder bei gleichzeitiger Rückgabe der Zustim- tages durchzubringen. Der Hessische Landtag sollte mungspflicht eindeutig und klar geregelt werden. Hof- Manns genug sein – ich bin mir sicher, dass er das sein fentlich kommt es dazu. Die Föderalismusreform wird wird –, einstimmig zu erklären, dass dies tatsächlich drin- auch ihren Teil dazu beitragen, unser Land wieder ein gu- gend notwendig ist. – Vielen Dank. tes Stück handlungsfähiger zu machen. Ein Versagen in dieser Frage würde das Vertrauen der Menschen in das (Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Frank-Peter politische System schwer beschädigen. Die Medien haben Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) sich da schon warmgelaufen. Zu Recht hat der neue Bundesratspräsident Platzeck in seiner Antrittsrede vor der Länderkammer vor einigen Wochen angesichts der Vizepräsidentin Ruth Wagner: vielen unnötigen Streitpunkte bei den Verhandlungen Wir drei Damen sind der Meinung, bei einer Schwanger- über die Föderalismusreform vor einem Scheitern dieser schaft von anderthalb Jahren muss mindestens ein Elefant Reform gewarnt. herauskommen. Das ist die Lebenserfahrung. Herr Minis- Meine Damen und Herren, wo stehen wir denn heute in terpräsident, es wäre schön, wenn es so wäre. – Herr Klein, der Diskussion? Ich werde es nicht im Detail sagen kön- Sie haben für die Union das Wort. nen, denn ich gehöre nicht, wie Herr Hahn für die FDP, der Kommission an. Deswegen führe ich nur allgemein aus. Armin Klein (Wiesbaden) (CDU): Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- Bei der letzten Zusammenkunft der Föderalismuskom- ren! Liebe Kollegen, wir befassen uns nun in diesem mission hat es in den strittigen Finanzfragen offenbar – ich Hause zum dritten Mal mit der Föderalismusreform – nehme an, der Ministerpräsident wird nachher darauf ein- diesmal auf Antrag der FDP. Ich glaube, wer auch immer gehen – wesentliche Annäherungen, aber eben doch kei- dazu aufruft, dies zu diskutieren, tut gut daran. Deswegen nen Durchbruch gegeben. So sollten die Länder nach dem haben wir uns dieser Diskussion nicht nur nicht verwei- bisherigen Verhandlungsstand künftig allein für den gert, sondern wir werden uns auch dem Antrag – das se- Hochschulbau zuständig sein. Herr Hahn, das scheint so hen Sie am Änderungsantrag – nicht verweigern. Ich rufe zu sein. Das scheint so zu kommen. Ich hoffe es jedenfalls. jetzt schon die Fraktionen von Rot und Grün auf, das auch (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ich hoffe es auch!) so zu tun. Ungeklärt ist die Ausgestaltung des nationalen Stabilitäts- Auch die Medien berichten seit Monaten zu diesem paktes, in dem geregelt wird, welchen Anteil Bund und Thema recht ausführlich. Das ist gut so.Trotzdem habe ich Länder zur Einhaltung des europäischen Stabilitätspaktes den Eindruck, dass die Bedeutung dieser Reform in den leisten müssen. Das halte ich für legitim. Hessen steht da Augen der Bevölkerung noch zu abstrakt ist und nicht so wohl auch nicht schlecht, wie wir gestern gehört haben. ganz ernst genommen wird.Auch in der Politik hat sie im- mer noch nicht den hohen Stellenwert, den sie verdient (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Manche sagen so, andere hätte. Hier geht es letztlich darum, ob die politische Klasse sagen so! – Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich in Deutschland die Kraft hat, im Interesse des Gemein- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) wohls verkrustete Strukturen aufzubrechen, um wieder bürgernahe und für den Bürger nachvollziehbare Politik In der Kommission gibt es angeblich gravierende – wer gestalten zu können. Denn nur dann haben Landtage und rechnen kann, weiß es – Unterschiede zwischen den Inte- die Abgeordneten in diesem Hause wieder den Stellen- ressen der größeren, zumeist auch reicheren, und der klei- wert und die Legitimation, die uns nach der Verfassung neren Länder. Bund und Länder, aber auch Geber- und zustehen. Nehmerländer müssen hierbei endlich einmal die Kraft haben, nicht so kleinlich zu denken. Sie handeln hier für Mit dem Föderalismus ist die Bundesrepublik seit ihrem eine weit in die Zukunft reichende Politikfähigkeit. Das Bestehen grundsätzlich gut gefahren. Zur historischen ist keine Frage von Parteipolitik, sondern eine Frage von Entwicklung ist hier viel gesagt worden. Das schenke ich Vernunft im Hinblick auf die Entwicklung der Zukunft mir. Auch Schuldzuweisungen zwischen Bund und Län- der Bundesrepublik Deutschland. Gerade die internatio- dern sind an dieser Stelle zwar grundsätzlich fehl am nale – Herr Hahn hat es eben erwähnt – und die europäi- Platze; aber natürlich haben die Länder – das muss hier sche Entwicklung braucht den Wettbewerb der Regionen. noch einmal gesagt werden – an der Lähmung, die sie Immer mehr zentralistisch organisierte europäische Staa- heute beklagen, kräftig mitgewirkt. ten – ich erinnere an Spanien, das schon sehr früh damit (Beifall bei der CDU, der FDP und bei Abgeordne- angefangen hat, aber auch an Italien und die neuen EU- ten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Länder – entscheiden sich dafür, zentrale Aufgaben auf die Regionen zu delegieren und den Regionen mehr Ei- Die Länder haben im Bundesrat eine solche Entwicklung genständigkeit zu geben.Auch vor diesem Hintergrund ist nicht nur zugelassen, sondern sie haben bewusst aus den es wichtig, dass die deutschen Bundesländer wieder mehr verschiedensten Gründen Kompetenzen aus der Hand ge- Freiheiten haben, um im europäischen Wettbewerb der 3550 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Regionen bestehen zu können und besser zu sein als an- Hessische Landtag auch damit seinen Beitrag zu einem dere Regionen. positiven Ergebnis – indem er es gemeinsam gesehen hat – der Föderalismuskommission leisten. Meine Damen und Herren, wenn nun der Bundestagsprä- sident Thierse wegen einer vermeintlichen Benachteili- Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich gung des Ostens der SPD mit einem Nein zur Reform des jetzt die Debatte nutzen, um noch einige wenige Schwer- Föderalismus droht, wie letzte Woche geschehen, über- punkte herauszugreifen – ich will aber nicht ins Detail ge- höht und gefährdet er den Diskurs über eine Erneuerung hen –, über die man sich auch in der Erklärung der Minis- des Föderalismus. terpräsidenten, der Landesparlamente und der Mitglieder der Bank der Landtage seinerzeit weitgehend einig war. (Beifall des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU) und bei Abgeordneten der FDP) Erstens. Die konfuse Mischfinanzierung in Bund und Ländern muss drastisch zurückgeführt werden. Darüber Ich warne davor. Gerade eine solche Persönlichkeit sollte besteht Einigkeit. Deswegen kann man es hier auch so sa- anders zu dieser Frage stehen. Er verkennt dabei den gen. Sie führt zu mangelnder Transparenz im Umvertei- Geist der Verfassung. Denn die Verfassung spricht bisher lungsprozess und zum Verlust klarer Verantwortlichkeit. nicht von einer Einheitlichkeit, sondern von einer Gleich- Wo alle Verantwortung anmelden, trägt keiner wirklich wertigkeit der Lebensverhältnisse. Diese Unterscheidung die Verantwortung. Das ist eine wesentliche Feststellung hat, wie Sie wissen, das Bundesverfassungsgericht auch in dieser Debatte. Mischfinanzierungen im Bereich Hoch- bekräftigt. In der vorgestrigen Diskussion hat Minister- schule, Wohnungsbau und Gemeindeverkehrsfinanzie- präsident Koch dies in der Fragestunde auf die Fragen der rung müssen abgebaut werden. Wir brauchen klare Zu- SPD klargestellt. Über die Definition sollte auch hier im ständigkeiten. Hause, über die politischen Lager hinweg, endlich Kon- sens bestehen. (Beifall des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU) und bei der FDP) Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Müntefering und der Baye- Zweitens.Wir brauchen klare Strukturen des Bundes und rische Ministerpräsident wollen nun bis Anfang Dezem- der Länder. Dabei soll – um noch einmal auf den Bundes- ber das Konzept vorlegen und am 17. – Herr Hahn sagt: tagspräsidenten einzugehen – ein solidarischer Ausgleich bis in die Nacht; vielleicht auch bis zum 18. oder 19. – den von gesamtstaatlich nicht hinnehmbaren strukturellen Konsens beraten. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die Zahl Unterschieden beispielsweise mit den neuen Bundeslän- der zustimmungspflichtigen Gesetze – ich habe es eben dern, aber nicht nur, gewährleistet bleiben. Dass sich da- gesagt – um etwa die Hälfte zu reduzieren. Wünschen wir bei die Nehmerländer dauerhaft auf Subventionen und ihnen großen Erfolg. Das ist wirklich nachdrücklich zu dem Finanzausgleich ausruhen, kann auch künftig nicht unterstützen. Das wurde auch in der Juli-Erklärung, die hingenommen werden, gerade in einer Zeit wie der heuti- wir gemeinsam abgegeben haben, von allen Fraktionen so gen, in der sich die Geberländer, auch wir Hessen, ab- gesehen. strampeln, um einen verfassungskonformen Haushalt zu- stande zu bekommen. Um das noch einmal zu sagen:Wenn der Vermittlungsaus- schuss in Deutschland zum Ersatzparlament wird, ist das (Jürgen Walter (SPD): Und nicht schafft!) ein falscher Weg. Das wissen wir alle. Wie sich heute schon zeigt, übersteigt das jeden Anspruch (Beifall) auf Solidarität. Auch daraus ergibt sich zwangsläufig eine Abschaffung der Mischzuständigkeiten. Das gilt auch für Dies darf auch in Zukunft allenfalls die Ausnahme sein. die Gemeindeverkehrsfinanzierung. Es ist einfach nicht Ob das nun 20 oder 30 % sind, sei dahingestellt. erforderlich, dass bei kommunalen Verkehrsprojekten die Meine Damen und Herren, aufbauend auf der Münchner Stadt, das Land und der Bund mitreden müssen. Das muss Erklärung – Herr Hahn, auch darauf gehe ich ein – ist die endlich aufgelöst werden. Ich könnte jetzt noch auf die FDP in diesem Hause vor zwei Wochen auf alle Fraktio- Rahmengesetzgebung eingehen, aber ich will Zeit sparen. nen zugekommen, um einen, wie im Juli geschehen, ge- Ich glaube, da stimmen wir auch weitgehend überein. meinsamen Antrag zu formulieren. Bislang bestand – ich Drittens. Ländergesetzgebungskompetenz: Die Anzahl appelliere daran, wie Herr Hahn – zwischen allen Frak- der zustimmungspflichtigen Gesetze muss möglichst um tionen dieses Hauses Einvernehmen darüber, dass das die Hälfte zurückgeführt werden. Auch das haben wir ge- Thema Föderalismus weitgehend im Konsens diskutiert sagt. Die sich seit Jahrzehnten vertiefende Entwicklung wird. Ich meine, das sollten wir auch weiterhin tun. Nur zum verdeckten Zentralstaat, den wir mittlerweile leider dann werden wir Erfolg haben.Wenn sich die Länder aus- Gottes haben und der uns in vielen Bereichen so unmün- einander dividieren lassen und in den Ländern auch noch dig macht, muss gestoppt werden. Das ist auch eine we- die Fraktionen, wo kommen wir dann hin? sentliche Aussage, die wir sicherlich alle teilen. Eine Der Entschließungsantrag der FDP vom 16.11. und der starke Einheitsgesetzgebung widerspricht nicht nur der Änderungsantrag der CDU und der FDP dazu zeigen – bundesdeutschen Tradition, sondern eben auch der Ver- Herr Hahn, das sage ich hier übrigens bewusst; insofern fassung. haben Sie nichts Neues erfunden –, dass dies im Juli in- haltlich auch von allen so verabschiedet worden ist. Es Anknüpfungspunkte für eine Reform ergeben sich beim gibt deshalb auch keinen Grund, warum die anderen jetzt Erlass von Verordnungen des Bundes oder im Rahmen nicht mitmachen. der Finanzverfassung. Da ist vieles zu regeln, allerdings hoffentlich auch vernünftig.Außerdem muss es dem Bund (Beifall bei der FDP) in der Zukunft verwehrt sein, per Gesetz das Verwal- tungsverfahren oder die Einrichtung von Behörden auf Das heißt, sowohl in der Bildungs- und Kulturhoheit als der Ebene der Länder vorzuschreiben. auch in der Personalhoheit im Beamtenbereich sollte hier Konsens bestehen. Wie die Debatte und der fraktions- Ich spreche jetzt noch zum öffentlichen Dienst, weil das übergreifende Antrag im Juli gezeigt haben, wollte der ein wichtiger Punkt ist. Der gesamte Bereich der Gesetz- Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3551 gebung für den öffentlichen Dienst einschließlich der geschafft, auch wenn es von manchen vielleicht nicht ge- Richterschaft sowie des Besoldungs- und Versorgungs- sehen worden ist. rechts muss in Zukunft von der jeweils betroffenen staat- lichen Ebene unabhängig und eigenverantwortlich wahr- genommen werden. Das würde einen enormen Zuwachs Vizepräsidentin Ruth Wagner: an politischem Gestaltungsspielraum, aber auch an Ver- Herr Kollege Klein, Sie müssen zum Ende kommen. antwortung mit sich bringen. Da immerhin rund 90 % des öffentlichen Personals bei Ländern und Kommunen be- schäftigt sind, muss dort auch die Entscheidungskompe- Armin Klein (Wiesbaden) (CDU): tenz angesiedelt sein. Ich hoffe, dass es da – das werden wir hoffentlich auch gleich vom Ministerpräsidenten hö- Ich bin gleich am Ende. Da sieht man, wie schnell die Zeit ren – zu einer Regelung kommt. Das gilt übrigens auch für vergeht. die Öffnung und Modifizierung des Berufsbeamtentums, das zwar grundsätzlich erhalten werden soll, das aber (Heiterkeit) durchaus, auch was die hergebrachten Rechte des Beam- Meine sehr verehrten Damen und Herren, offenbar ist tentums anbelangt, anders definiert werden kann. uns allen an einem starken Föderalismus gelegen. Wir sollten heute – wie künftig auch im Bundestag – zeigen, In Sachen Schulen, Hochschulen und Kompetenz für die dass wir über Parteigrenzen hinweg das Gleiche wollen. Bildungspolitik ist genug gesagt worden. Die Regelungen Deshalb appelliere ich an die Oppositionsfraktionen, die- der Finanzverfassung verkeilen zurzeit Bund und Länder sem Antrag zuzustimmen, auch wenn er von der FDP beim Tragen der Kostenlast. Auch diese Verkeilung muss kommt. endlich gelöst werden. Dagegen gibt es allerdings riesige Widerstände, vor allem von den ärmeren ostdeutschen (Lachen bei der FDP) Ländern. Wir warten ab, wie das wird. Jedenfalls sollen auch die Länder den Umfang ihrer Steuereinnahmen teil- Auch wenn Sie meinen, im Juli Ihre Pflicht getan zu ha- weise in eigener Verantwortung bestimmen können. ben, glaube ich, es wäre ein gutes Signal an die Verhand- lungsführer in Berlin, wenn die Länderparlamente, auch (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der das Parlament Hessens, gemeinsame Grundpositionen in FDP) der Föderalismusdebatte einnähmen. Ich appelliere an Sie, hier mitzumachen und einen einstimmigen Beschluss Ob das funktioniert, ob man den Mut und die Größe hat, herbeizuführen. das so zu regeln, werden wir sehen. Das bedeutet, dass es eine Rückübertragung von Kompetenzen für die ohnehin (Beifall bei der CDU und der FDP) allein dem Land zustehenden Steuerarten geben muss. Der Steueraustausch von Kfz- und Versicherungsteuer ist nach meiner Meinung ein erster wichtiger Schritt, wenn er Vizepräsidentin Ruth Wagner: denn kommt. Mir scheint es allerdings so zu sein, dass man Herr Kollege Klein, ich gehe davon aus, dass Sie nicht sa- sich zu weiter gehenden Regelungen offenbar doch nicht gen wollten, es sei ein minderwertiger Antrag, weil er von durchringen kann. Ich möchte hier aber nicht den Pessi- der FDP stammt. misten geben. Wir hoffen, dass man hier Größe zeigt. (Armin Klein (Wiesbaden) (CDU): Auf gar keinen Bei der Verteilung des Umsatzsteueraufkommens muss es Fall!) zumindest Vereinfachungen geben. Deshalb soll die Ver- teilung künftig nach Köpfen anstatt nach komplizierten Herr Walter, Sie haben das Wort für die SPD-Fraktion. Verteilungsschlüsseln stattfinden.

Was die Menschen in Hessen für das Verhältnis zwischen Jürgen Walter (SPD): Land und Kommunen entschieden haben, muss auch für das Verhältnis zwischen dem Land und dem Bund gelten. Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wer bestellt, bezahlt. Das heißt, das Konnexitätsprinzip Kollege Klein, für einen Redner ist es besser, wenn er eine muss endlich in die Bundesverfassung aufgenommen wer- Viertelstunde lang geredet hat und das Gefühl hat, die den.Alle wehren sich dagegen, aber vielleicht bekommen Zeit sei sehr schnell abgelaufen. Schlechter ist es, wenn die wir das doch hin. Zuhörer nach einer so empfundenen halben Stunde auf die Uhr schauen und erst fünf Minuten einer Rede vorbei Der deutsche Föderalismus ist von gemeinsamer Verant- sind. Es spricht also eher für Sie, dass es andersherum ge- wortung für das Ganze gekennzeichnet, von Solidarität, laufen ist. von Subsidiarität und von Vielfalt. Über den Länderfi- nanzausgleich werden die schwächeren Bundesländer Liebe Kolleginnen und Kollegen, die SPD-Fraktion kann von den stärkeren solidarisch unterstützt. Das gilt in be- im Prinzip all das, was die beiden Vorredner gesagt haben, sonderem Maße für den Osten Deutschlands, Herr unterstreichen und wird trotzdem gegen die vorliegenden Bundestagspräsident, auch wenn Sie es nicht wahrhaben Anträge stimmen. Ich werde das erläutern. wollen. Die Gemeinsamkeiten haben wir bereits in der Debatte Öffnungs- und Experimentierklauseln sind im Bundes- im Juli festgestellt. Wir sind der Auffassung, dass zu dem recht unerlässlich. Zeitpunkt, als die Verfassung verabschiedet wurde, die Verfassungsgeber der Meinung waren, 10 %, allenfalls Meine Damen und Herren, die dritte Ebene, die sich eta- 20 % der im Bundestag verabschiedeten Gesetze sollten bliert hat – beispielsweise die Bund-Länder-Kommissio- im Bundesrat zustimmungspflichtig sein. Es wurde mehr- nen und die länderübergreifenden Gremien –, manifes- fach darauf hingewiesen, dass mittlerweile über 60 % der tiert Regelungen, die wir in der Form nicht mehr haben Gesetze der Zustimmung durch den Bundesrat bedürfen. wollen. Die Kultusministerkonferenz ist da schon ein Dies hat zur Folge, dass das Organ Bundesrat, so ist das Stück weiter gekommen. Sie hat viele dieser Gremien ab- Spiel zwischen den Parteien, als Blockadeinstrument ge- 3552 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 nutzt werden kann und in bestimmten Situationen auch Herr Klein hat über viele wesentliche Punkte einer Föde- genutzt werden muss. ralismusreform nicht gesprochen. Wir wollen aber eine wirkliche Föderalismusreform. Es reicht uns nicht, dass im Für die Bürgerinnen und Bürger hat das den Nachteil, Jagdrecht, im Notarwesen und vielleicht im Bereich der dass sie nicht mehr erkennen können, wer für die Ent- Hochschulen Veränderungen vorgenommen werden. Wir scheidungen, die getroffen werden, tatsächlich verant- wollen eine richtige Föderalismusreform. Wer dabei über wortlich ist. Gesetze passieren den Bundestag, im Bundes- das Thema Geld schweigt, der braucht mit einer solchen rat kommen Änderungen hinzu, man einigt sich nicht, Reform gar nicht erst anzufangen. dann tagt das „Ersatzparlament“, der Vermittlungsaus- schuss, und irgendwann, meistens spät in der Nacht oder Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der jetzigen Situation am frühen Morgen, treten mehr oder weniger erfreute Po- müssen wir auf den Vorschlag von Müntefering und Stoi- litikerinnen und Politiker aller Parteien vor die Kameras ber warten. Jede Vorabbindung in diesem Bereich wäre und sagen: Wir haben uns geeinigt, dies ist der Kompro- zwar möglicherweise nicht schädlich, aber auch nicht hilf- miss. – Die tatsächliche Arbeit findet also nicht mehr reich. Wenn der Vorschlag vorliegt, können wir uns daran transparent in den Parlamenten, sondern hinter den ver- abzuarbeiten. Der Zeitpunkt für eigene Vorschläge und schlossenen Türen des Vermittlungsausschusses statt. Das eigene Grundsatzerklärungen ist vorbei. Das haben wir ist ein Zustand, der geändert werden muss. im Juli gemacht. Im Juli haben wir uns auf die Grundzüge Deshalb unterstreiche ich den Satz, den der Kollege Hahn der Föderalismusreform im Lande Hessen geeinigt. Das zitiert hat, dass die Reform des Föderalismus die Mutter damals Vereinbarte gilt für die SPD nach wie vor. Zum aller weiteren Reformen sei. Wenn eine Partei in diesem jetzigen Zeitpunkt reicht das, was hier vorliegt, aber bei strukturkonservativen Land Reformen anmahnt, dann weitem nicht aus. Herr Klein, im Prinzip gibt mir das, was hat sie nicht die Möglichkeit, die notwendigen Reformen Sie gesagt haben, Recht, weil die zentralen Punkte, die Sie aus eigener Kraft durchzusetzen.Wir sehen dies in der ak- angesprochen haben, in der Münchner Erklärung nicht tuellen Situation sehr deutlich. Ich glaube, die Politik wird enthalten sind. Ich werfe das deren Autoren gar nicht vor, transparenter und glaubwürdiger, wenn eine Mehrheits- denn es war in der Konfrontation zwischen reichen Län- partei tatsächlich die Möglichkeit hat, das, was sie den dern und armen Ländern gar nicht möglich, sich an die- Bürgerinnen und Bürgern im Wahlkampf versprochen sem Punkt zu einigen. hat, mit eigenem Stimmengewicht im Bundestag umzuset- zen. Es reicht, wenn man die Mehrheit der Stimmen der Deshalb ist das Verfahren so, wie es ist, und deshalb ist es Bürgerinnen und Bürgern gewonnen hat. Momentan unnötig und wahrscheinlich sogar eher schädlich, wenn reicht das aber eben nicht. wir uns heute auf einen solchen Minimalkonsens – der im Juli noch machbar war – einigen würdigen. Ich könnte jetzt noch zehn Minuten lang darlegen, warum wir das für wichtig halten und wie schwierig die Situation Herr Kollege Hahn, deswegen haben wir gesagt, es ist ist. Das erspare ich mir. Warum stimmen wir gegen den sinnlos, das jetzt zu machen, in der jetzigen Situation. Das Antrag? Herr Kollege Hahn, Herr Kollege Dr. Jung, wir ist eher kontraproduktiv. Die wichtigen Punkte können stimmen gegen den vorliegenden Antrag, weil dieser An- wir nicht ansprechen, und die sind auch nicht angespro- trag und seine Ergänzung mit der Föderalismusreform chen. nichts zu tun haben. Das wissen auch Sie. (Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP)) Wir haben uns bereits im Juli auf einen Minimalkonsens geeinigt. Inzwischen sind die Verhandlungen weiterge- Uns wäre es lieber gewesen, Sie hätten den Konsens nicht gangen. Die Verhandlungen stecken in einer Situation – verlassen, weil nicht sämtliche Fraktionen mitmachen. der Herr Ministerpräsident kann darüber wohl am ehes- Anfangs war die CDU wohl auch eher der Auffassung, es ten berichten –, in der niemals eine Einigung erreicht wer- wäre besser, abzuwarten, was die beiden Vorsitzenden im den kann. Die beiden Vorsitzenden, Herr Stoiber und Dezember vorschlagen. Sie haben den Konsens ein Stück Herr Müntefering, müssen Anfang Dezember mit einem weit dadurch verlassen, dass Sie gesagt haben: Uns ist das Kompromissvorschlag an die Öffentlichkeit gehen. Das so wichtig, dass wir das einbringen. ist der einzige Weg. Dieser Kompromissvorschlag muss so gut sein, dass all diejenigen, die an verschiedenen Stellen Das ist legitim, das kann man tun. Aus unserer Sicht ist es sagen: „Das kann ich nicht, und das will ich eigentlich aber dann natürlich auch legitim, das abzulehnen, wie ich nicht“, zu dem Schluss kommen: Das ist nach den langen es begründet habe. Dieses Papier reicht nicht aus. Die zen- Debatten die einzige Chance, eine Reform umzusetzen. tralen Punkte sind nicht darin enthalten. Wir sollten den Bürgerinnen und Bürgern auch nicht vorspielen, dass die Mit dem, was hier vorliegt, sprechen wir die tatsächlichen Arbeit der Föderalismuskommission mit den Punkten, Probleme überhaupt nicht an. Der Kollege Klein hat den die hier aufgeführt sind, auch noch annähernd umfasst sei. Steueraustausch angesprochen. Herr Kollege Klein, das ist ein wichtiges Thema. Das steht aber in dem Antrag Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb wird nicht drin. Es steht deshalb nicht drin, weil man sich in der die SPD-Fraktion sich bei der Abstimmung über den Än- Münchner Erklärung in dieser Frage nicht einigen derungsantrag enthalten und in der Gesamtabstimmung konnte. Der Länderfinanzausgleich ist ein weiteres wich- den Antrag ablehnen. tiges Thema. Auch davon steht in der Münchner Erklä- rung nichts. Das ist deshalb der Fall, weil sich die armen (Beifall bei der SPD) und die reichen Länder nicht einigen konnten. Ein weiterer Punkt: Die Verteilung der Umsatzsteuer müsste verändert werden. Davon steht in diesem Antrag Vizepräsidentin Ruth Wagner: natürlich nichts, weil sich die Länder intern nicht einigen konnten. Ich denke, schon diese drei Beispiele erklären, Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr warum wir dem Antrag nicht zustimmen können. Al-Wazir das Wort. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3553

Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): und am Ende niemand mehr weiß, wer eigentlich wofür die Verantwortung hat, dann haben wir ein Riesenpro- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- blem. ren! Als der Ministerpräsident mit einer Wirtschaftsdele- gation und in Begleitung von Vertretern der vier Fraktio- Deswegen ist es so wichtig, dass die Föderalismuskom- nen in der ersten Woche der Herbstferien durch vier der mission zu Ergebnissen kommt. Herr Boddenberg, obers- Beitrittsländer, der neuen Länder der EU gefahren ist – ter Leitsatz dieser Ergebnisse muss sein: Die jeweiligen und zwar in der Reihenfolge Ungarn, Slowakei, Slowe- Ebenen müssen selbst entscheiden können, wie sie sich nien, Tschechien –, haben wir viele Gespräche über Re- verhalten. Das bedeutet, dass man das im Zweifelsfalle formen geführt. Das sind nun wirklich Länder, in denen auch akzeptieren muss. Dafür gibt es Wahlen und Mehr- sich in den letzten 15 Jahren unglaublich viel geändert hat, heiten, und die sollen – in den Grenzen der Verfassung na- weiterhin ändern muss und auch immer noch ändert. türlich – das tun können, was sie jeweils für richtig halten. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Es gibt dort sehr unterschiedliche Konzepte. Es gibt sehr marktradikale Veränderungen in der Slowakei. Es gibt Nun sage ich Ihnen, es ist inzwischen eineinhalb Jahre her, sehr behutsame Veränderungen in Slowenien. Aber die dass wir in Lübeck zusammensaßen – alle Fraktionsvor- für mich spannendste Frage an die Gesprächspartner war sitzenden aller Landtagsfraktionen – und den Föderalis- immer: Gibt es hier eine zweite Kammer? Die Antwort muskonvent abgehalten haben. war immer: Nein. (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Am 30. März 2003!) Ich glaube, das macht das Problem, das wir in Deutschland Das, was danach geschehen ist, war anfangs eher schlep- haben, ein bisschen deutlich. Denn dort kann sich eine pend, wurde danach aber immer schneller. Ich erinnere Regierung auf nationaler Ebene dann mit ihren Vorhaben beispielsweise daran: Das erste Angebot des Bundes auf durchsetzen, wenn sie im Parlament eine Mehrheit hat die Frage, was der Bund bereit sei, an die Länder zur ei- und die Abgeordneten davon überzeugt. genen Regelung abzugeben – im Gegenzug zu weniger (Jörg-Uwe Hahn (FDP):Teilweise gegen einen Prä- Zustimmungsrechten der Länder bzw. zu weniger Zustim- sidenten!) mungspflichten im Bundesrat –, lautete: die Bekämpfung des lokalen Freizeitlärms, und nicht viel mehr. – Ja, teilweise sogar gegen einen Präsidenten; das ist vor Natürlich war uns allen klar, dass man nur mit dem Nota- allem in Tschechien das Problem. riatswesen und dem Freizeitlärm keinen neuen Staatsauf- Andersherum ist es so, dass sich die Bürgerinnen und Bür- bau begründen kann – ich drücke es einmal vorsichtig aus. ger, wenn sie meinen, das sei falsch, was die Mehrheit be- (Jürgen Walter (SPD): Die Notare sehen das an- schlossen hat – und das geschieht in diesen Ländern sehr ders!) regelmäßig –, bei der nächsten Wahl entscheiden können, diese Parlamentsmehrheit abzuwählen. Inzwischen sind wir sehr viel weiter. Denn zu den Themen Sport- und Freizeitlärm sind inzwischen wesentliche Teile Nun unsere Probleme damit. Ich bin ein sehr großer An- des Gewerberechts hinzugekommen. Es gibt einen Kata- hänger des Föderalismus. Ich glaube, Deutschland als ein log von inzwischen 15 Punkten, die in die ausschließliche Land mit mehr als 80 Millionen Einwohnern ist zu groß, Kompetenz der Länder übergehen sollen. um zentralistisch geführt zu werden. Ich glaube auch, dass Aber der Bund möchte natürlich zu Recht wissen, was für sich der deutsche Föderalismus – den es noch nicht ewig ihn dabei herauskommt. Mittlerweile sind wir in der De- gibt – nach dem Zweiten Weltkrieg grundsätzlich bewährt batte so weit gekommen, dass es darum geht, wer was gibt. hat. Da aber gibt es keine Parteien mehr, sondern nur noch Allerdings gibt es dabei große Probleme. Im Laufe der starke und schwache Länder, größere Länder und Stadt- Zeit wurden die Verantwortlichkeiten immer unklarer. staaten, da gibt es Küstenländer – Stichwort: Gemein- Vor allem die Landesregierungen haben immer mehr schaftsaufgabe Küstenschutz. „Macht“ abgegeben – in bestimmten Bereichen an die (Zuruf des Abg. Volker Hoff (CDU)) obere Ebene –, und im Gegenzug haben sie sich Zustim- mungspflichten im Bundesrat geben lassen. Das gilt par- Da gibt es natürlich unterschiedliche Einschätzungen. teiübergreifend. Im Bundesrat haben Ministerpräsiden- Meine Damen und Herren, die Frage lautet:Wie kommen ten versucht, so etwas wie Nebenkanzler zu spielen. Auf wir wirklich weiter, damit am 17. Dezember, am Ende die- der anderen Seite hatten Mehrheiten im Bundestag keine ser Veranstaltung – jedenfalls, was die Aspekte des Möglichkeit mehr, ihre Politik umzusetzen. Auch das gilt Grundgesetzes betrifft –, die Möglichkeit besteht, dass so- völlig unabhängig davon, wer nun gerade wo die Mehrheit wohl im Bundesrat als auch im Bundestag eine Zweidrit- hatte. Am Ende können wir den Bürgerinnen und Bür- telmehrheit zustande kommt? Denn wenn die nicht zu- gern nicht mehr klarmachen, wer eigentlich welche Ent- stande kommt, kommt überhaupt nichts zustande. scheidung trifft. Genau das ist der spannende Punkt. Ich sage dazu – und Da gibt es mehrere Beispiele. Eines ist die Finanzfrage, damit möchte ich jetzt auch unser Abstimmungsverhalten die haben wir vor allem gestern debattiert. Ich mache es begründen –, wir glauben, wir sind nicht mehr in der immer am Thema Dosenpfand fest: Wenn ein Bundesum- Phase, in der man zusehen kann, was man bekommen weltminister nicht mehr entscheiden kann, ob auf eine könnte. Dose Pfand genommen wird, egal, ob Kohlensäure drin ist Herr Hahn, ich sage Ihnen, das Problem Ihres Antrags ist oder nicht, wenn Bund und Länder sich vier Jahre lang an Folgendes. Die Münchner Erklärung – ich mache es an ei- dem Problem der Bepfandung von kohlesäurefreien Ge- nem Beispiel – enthält folgenden Satz: tränken verhaken Die Herstellung vergleichbarer Regelungen von (Zuruf des Abg. Rudi Haselbach (CDU)) Hochschulzugängen und -abschlüssen muss bun- 3554 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

deseinheitlich geregelt werden. Die Qualitätssiche- Wenn das gelingt,wenn man sich am Ende also nicht mehr rung muss Sache der Länder sein. an die eigenen Forderungen klammert, sondern sich fragt: „Was würde ich tun, wenn ich der andere wäre?“, gelingt In Ihrem Antrag fügen Sie schon etwas hinzu. Da heißt es auch die Föderalismusreform. – Vielen Dank. dann nämlich: (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Die Herstellung vergleichbarer Regelungen von Hochschulzugängen und -abschlüssen muss bun- deseinheitlich, Vizepräsidentin Ruth Wagner: – jetzt kommt die Hinzufügung – Für die Landesregierung hat Herr Ministerpräsident nicht notwendig aber bundesgesetzlich geregelt Koch das Wort. werden. Das heißt, Sie sagen, das könnte man auch mit Staatsver- Roland Koch, Ministerpräsident: trägen machen; der Bund soll völlig verzichten. Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das war Absicht!) ren! Es gibt jetzt nur zwei Möglichkeiten: entweder ex- – Natürlich ist das Absicht, aber dann können Sie nicht sa- trem kurz zu reden oder, mit dem Anspruch, umfassend zu gen, Sie stellten hier wörtlich die Münchner Erklärung zur unterrichten, das Ende der Plenarsitzung weiter in die Abstimmung – wenn Sie daran Veränderungen vorneh- Nacht zu verschieben. Ich bitte um Verständnis dafür, dass men. ich mich für die erste Variante entscheide. Das liegt ver- mutlich in unser aller Interesse. Das geschieht auch im Der Änderungsantrag von CDU und FDP streicht jetzt Hinblick darauf, dass ich mich dafür zu bedanken habe, diesen Bereich völlig heraus. dass die Unterrichtung und die Gespräche über das, was in der gemeinsamen Verfassungskommission vor sich Es gibt dazu noch ein zweites Beispiel – Stichwort: Status- geht, durch die Zusammenarbeit mit allen Fraktionen und recht der Beamten. durch die Tatsache, dass einer der Fraktionsvorsitzenden Dazu sagen wir Ihnen: Das ist am Ende nicht mehr die dieses Hauses selbst auf der Länderbank sitzt, hinrei- Münchner Erklärung, sondern ganz bewusst werden be- chend sichergestellt sind. stimmte Teile aus dieser Münchner Erklärung herausge- Ich teile durchaus die Einschätzung des Abg.Al-Wazir be- strichen. Denn die CDU hier in Hessen vertritt die Mei- züglich der Frage, wie man zu einer Einigung kommt. Die nung, man solle auch den Hochschulzugang in Landes- Aufforderung jedoch, jeder möge sich vorstellen, er sei recht geben.Wir sind der Meinung, Qualität – also wie er- der andere, enthält gefährliche Pikanterien, auf die ich reicht man welches Ziel und welche Abschlüsse – muss hier nicht eingehen möchte. Angelegenheit der Länder sein. Auf die Frage, ob es noch an der Zeit ist, neue Positionen Aber es hat einen gewissen Sinn, dass der Hochschulzu- zu formulieren, muss ich für die Landesregierung antwor- gang an der Universität Mainz nicht völlig anders geregelt ten: Das ist schwierig. – Ich bin außerordentlich dankbar ist als an der Fachhochschule Wiesbaden. Das ist eine für das, was die Landtagspräsidenten und die Fraktions- unterschiedliche Position. Deswegen sagen wir, dass wir es vorsitzenden auf dem Weg von Lübeck nach München ge- in der gegenwärtigen Situation für falsch halten, erstens tan haben. Dabei muss man feststellen, dass die Frage, wie an der Münchner Erklärung herumzudoktern und sie die Länder miteinander umgehen sollen, um im Gespräch zweitens dann verändert zu verabschieden. mit dem Bund als eine Einheit aufzutreten, von den Lan- Deswegen werden wir uns folgendermaßen verhalten.Wir desparlamenten grundsätzlicher betrachtet wird als von werden Ihren Änderungsantrag ablehnen. Wir werden den Landesregierungen. Den Landesregierungen stehen uns allerdings bei der Abstimmung über den eigentlichen die Haushaltspläne, die Mittelzuweisungen in den ver- Antrag enthalten, weil wir uns durchaus vorstellen kön- schiedensten Gemeinschaftsaufgaben und die Mischfi- nen, durch eine Stimmenthaltung die grundsätzliche Ei- nanzierungen näher. Sie gehen nicht so prinzipiell an die nigkeit, die wir als Ziel vor Augen haben, auszudrücken. Frage heran, wer zunächst einmal zuständig ist. Wenn wir wirklich zu einer Regelung kommen wollen, ist Die Fraktionen der Landesparlamente haben uns für die der letzte Punkt der allerwichtigste. Wir werden am Ende Gespräche, die wir zurzeit führen, eine Reihe von Korri- nur dann zu vernünftigen Regelungen kommen, wenn wir doren eröffnet, auf die wir Ministerpräsidenten uns im keine eigenen Positionen und Forderungen mehr formu- Gespräch miteinander und dann, wenn wir einen Kom- lieren, sondern wenn alle Mitglieder dieser Kommission, promiss schließen wollen, beziehen können. Diese Korri- nämlich die jeweils 16 Mitglieder, die aus dem Bundesrat dore stünden uns möglicherweise sonst nicht zur Verfü- und dem Bundestag kommen, sowie diejenigen, die die gung. Kommunen, die Landtage und die Bundesregierung ver- treten, eine Meisterleistung schaffen. Ich möchte hier ohnehin in aller Deutlichkeit sagen: Ein Kompromiss in der Föderalismuskommission bedeutet Die Meisterleistung besteht darin, dass sie sich überlegen: am Ende ein Ringen zwischen dem Bund und den Län- Wie würde ich handeln, wenn ich der andere wäre? Die dern.Aber wir Länder müssen uns darüber klar sein, dass Ministerpräsidenten der starken Bundesländer müssten der größte und schwierigste Brocken der Verhandlungen sich überlegen:Wir würde ich handeln, wenn ich Minister- darin besteht, zu definieren, was die Länder wollen. Dass präsident von Mecklenburg-Vorpommern wäre? Diejeni- die Bundesländer in den letzten 20 Jahren Kompetenzen gen, die im Bundestag sitzen, sollten sich überlegen: Wie abgegeben haben, ist mit Zustimmung des Bundesrats ge- würde ich handeln, wenn ich Mitglied einer Landesregie- schehen. Diese Beschlüsse sind zum überwiegenden Teil rung wäre? Diejenigen, die auf der Kommunalbank sit- mit einer Zweidrittelmehrheit des Bundesrats gefasst zen, müssten sich überlegen: Was würde ich tun, wenn ich worden. Nicht der böse, räuberische Bund – den gibt es Bundeskanzler wäre? auch – war daran schuld. Aber er hätte ohne die Zustim- Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3555 mung des Bundesrats nie etwas tun können. Die Länder Ich bin überzeugt, dass eine solche Regelung zu finden ist, haben das nicht immer getan, ohne dabei eigene Interes- wenn alle Beteiligten am Ball bleiben. Die Bundesregie- sen zu verfolgen. Deswegen haben wir dort ein heftiges rung hat uns nicht immer geholfen.Auch das muss man sa- Ringen miteinander. Das macht manche Diskussion gen. Sie hat sehr lange gebraucht, um eine Position zu fin- schwierig. den. Die Bundesregierung hat am Ende sogar feststellen müssen, dass sie, wenn es um die innere Sicherheit geht, (Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Es geht gar keine eigene Position hat. Aufgrund der unterschied- immer ums Geld!) lichen Voten der beiden Regierungsfraktionen befinden Das beschreibt ein Stück weit die Besonderheit der hessi- wir uns gerade wieder in schwierigen Verhandlungen mit schen Position, die meiner Erfahrung nach nicht von der den Bundesländern. Das ist ein schweres Paket. parteipolitischen Prägung der Landesregierung abhängig ist. Ich hoffe, dass es uns in den letzten Monaten gelungen Ich sage zu, dass wir uns in den nächsten Wochen weiter ist – Stefan Grüttner, Jochen Riebel und ich haben in den bemühen werden, die Fraktionen des Hauses zu unter- verschiedenen Gremien daran mitgewirkt –, die Position richten. Bis zum 17. Dezember wollen wir in einen ge- so weit zu klären, dass etwas geht. meinsamen Prozess eintreten. Ich bin entschlossen, diese Punkte, bei denen es sich auch um spezifisch hessische Hier ist vorhin gesagt worden, ohne eine Veränderung der Punkte handelt, z. B. in den Finanzfragen, zu verteidigen. Finanzsysteme sei das alles nicht zu machen. Um mich nicht nachher verteidigen zu müssen, möchte ich darauf Ich werde versuchen, an Rechten so viel wie möglich für hinweisen: Eine der Vorbedingungen, die die beiden Vor- die Landesparlamente herauszuholen, an finanziellen sitzenden Müntefering und Stoiber – den einen kennen Möglichkeiten der zukünftigen Gestaltung von Aufgaben Sie besser, den anderen kenne ich besser – formuliert ha- so viel wie möglich zu sichern, die im Augenblick Bund ben, ist, dass der Länderfinanzausgleich und die grund- und Länder zusammen machen, und zu ermöglichen, dass sätzliche Steuerverteilung nicht zur Disposition stehen. wir uns aus Aufgaben des Bundes zurückziehen, damit der Das mag man bedauern, aber zur Realpolitik gehört, dass Bundestag eine größere Entscheidungskompetenz hat. es ohne diese Bedingung keine Chance auf eine Zweidrit- Ich sage allerdings auch: Dies alles funktioniert nur, wenn telmehrheit in irgendeiner Frage gäbe. Man muss eben an- alle gemeinsam am Ende akzeptieren, dass dieses Kon- erkennen, dass sich andere Bundesländer noch viel mehr ventsprinzip einen Sinn hat, nämlich den Sinn, den Hessen Sorgen über die finanzielle Entwicklung auf der nationa- nicht zu zwingen, an jedem einzelnen Punkt abzustimmen, len Ebene machen als wir. Wie groß unsere Sorge ist, ha- ob das das Optimum hessischer Interessen ist oder nicht. ben wir gestern ausführlich und hinreichend strittig disku- Das würde uns an vielen Punkten zu einem Nein führen, tiert. die für andere entscheidend sind, um zu einem Ja zu kom- men. Ich bin dennoch überzeugt, dass wir inzwischen Instru- mente gefunden haben, die es möglich machen, ein Er- gebnis zu erzielen.Wenn jetzt alle bereit sind, ein Stück zu Deshalb muss es dabei bleiben, dass wir am Ende der jetzt springen, können wir ein Ergebnis erzielen, das das Wort intensiven Beratungen mit den beiden Vorsitzenden die „Reform“ rechtfertigt.Wir haben alle Professoren, die et- Korridore einengen, wo einer sagt: Das ist für uns uner- was dazu zu sagen haben, eingeladen. Auch das sind Mit- träglich. – Jeder hat seine Punkte. Der Bund hat seine glieder. Mit Blick auf die Bücher, die sie in der Vergan- Punkte in den Finanzfragen, die ärmeren Ländern in den genheit geschrieben haben, und in Erwartung der Bücher, Fragen der Aufgabenübertragung, aber auch wir etwa in die sie zukünftig schreiben werden, mache ich mir Sorgen, der Frage der Bildungshoheit im heftigen Kampf mit dem dass die ganz gelassen sagen werden, dies genüge in kei- Bund. Es muss am Ende ein Ergebnis geben, wo ich hier- nem Fall.Wir haben sozusagen eine Hürde aufgebaut, die her kommen und sagen kann: Es gibt viele Punkte, bei de- wir nur sehr schwer überspringen können. nen ich nicht ganz sicher bin, ob die richtig sind, aber bei all dem, was wir im Augenblick noch immer haben – das Es wird eine gemeinsame Aufgabe der Landesregierun- werden wir haben und nicht uneingeschränkt glücklich gen, der Landesparlamente und des Bundes sein, darauf sein –, ist es am Ende dieses Prozesses für unser Land und zu achten, dass wir das, was wir am Ende erreichen, als die Bundesrepublik Deutschland besser, das zu beschlie- eine Chance begreifen. Wahrscheinlich werden das ßen, als jetzt zu sagen, wir verhindern die Föderalismusre- schwierigste Verhandlungen mit einer Menge Gehake form, mit all den Konsequenzen, die das für unsere zu- und Gezackere sein. Aber die Alternative sieht in der Tat künftige Entwicklung haben wird. düster aus. Auf unseren Reisen – wo auch immer – zu er- klären, wir seien nicht fähig, etwas zu verändern, ist wahr- In diesem Sinne werden wir das einschließen, was hier be- scheinlich schlimmer, als über den Grad der Veränderun- schlossen wird, und die weiteren Verhandlungen und Ge- gen in Relation zu den formulierten Wünschen zu reden. spräche führen. Ich hoffe, dass wir dann in der Nacht des 17., vielleicht am frühen Morgen Vor diesem Hintergrund muss man die Frage sehen, wie wir das Problem lösen, wer über seine eigenen Mitarbei- ter bestimmen kann. Das ist das weite Feld des Beamten- (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wir halten die Uhren an!) rechts. Wie können wir für möglichst viel Kinder- und Ju- gendbetreuung sorgen? Das Landesparlament und die – wo immer man die Uhren anhält – des 18. zu einem Er- Landesregierung haben ein Interesse daran, gemeinsam gebnis kommen, wo dieser Zustand erreicht wird und alle darüber zu entscheiden, was im Kindergarten und in der mit einem durchaus halb glücklichen Gesicht hinausge- Grundschule geschieht. Wie kann man das sicherstellen? hen. Dann haben wir ein wichtiges Stück von Verfas- Wir müssen auf der anderen Seite sicherstellen, dass der sungsänderung in Deutschland geschafft. – Vielen herz- Bundestag, auch wenn wir jetzt einige Aufgaben hinzube- lichen Dank. kommen, sagen kann: Auch wir haben mehr Rechte als bisher. – Sonst werden die Kollegen dort dem nicht zu- (Beifall bei der CDU, der FDP und des Abg. Tarek stimmen. Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) 3556 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Vizepräsidentin Ruth Wagner: Vertrauen bei den Hochschulleitungen, Vertrauen aber auch bei den anderen Statusgruppen. Die FDP will dieses Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Vertrauen zurückgewinnen. Die FDP will das Vertrauen Behandlung des Punktes 55. Das ist der Antrag der in die Verlässlichkeit von Politik. Deswegen beantragen FDP-Fraktion betreffend Föderalismusreform, Drucks. wir zum Einzelplan 15 – dem Hochschul- und Kultur- 16/3173, gewesen. etat –, dass die ursprünglich im Hochschulpakt zugesi- Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag zum Ent- cherten Finanzmittel eingestellt und damit auch die Ver- schließungsantrag, der sofort abgestimmt werden soll, ab- einbarung des Hochschulpaktes wieder hergestellt wer- stimmen. Wer diesem gemeinsamen Änderungsantrag den. von CDU und FDP, Drucks. 16/3247, zustimmen will, den (Beifall bei der FDP) bitte ich um sein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent- haltungen? – Dann ist mit den Stimmen von CDU und Deswegen beantragen wir, die Mittel in diesem Bereich FDP gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- um 50,9 Millionen c zu erhöhen. Die Finanzierung dieser NEN bei Enthaltung der SPD dieser Änderungsantrag Maßnahme – da sind wir konsequent, denn jede Erhö- angenommen. hung an der einen Stelle muss an anderer Stelle finanziert werden – nehmen wir zum Teil durch Umschichtung im Nun lasse ich über diesen Entschließungsantrag in der ge- Einzelplan, zum Teil durch Mehreinnahmen bzw. Einspa- änderten Fassung abstimmen. Wer gibt ihm dann seine rungen in anderen Einzelplänen vor. Zustimmung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist dieser Antrag in der geänderten Fassung mit den So wollen wir den Hochschulen nicht nur, wie auch die Stimmen von CDU und FDP bei Gegenstimmen der SPD CDU, die Verwaltungsgebühren in Höhe von 13,8 Millio- und diesmal Enthaltung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nen c belassen, sondern wir wollen auch, dass die Stu- NEN angenommen. diengebühren, nachdem sie nun einmal eingenommen werden, da es dazu ein gültiges Gesetz gibt – Sie wissen Meine Damen und Herren, ich darf nun zunächst einige alle, dass wir dieses Gesetz hart kritisiert und abgelehnt geschäftsleitende Bemerkungen machen. Es liegt mir haben –, nicht, wie von der CDU geplant, zur Stopfung all- noch ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und gemeiner Haushaltslöcher dienen, sondern bei den Hoch- der FDP betreffend interdisziplinäre Studien- und Prü- schulen gelassen werden, fungsinhalte im Hinblick auf behindertengerechtes, ener- gie- und umweltgerechtes Bauen, Drucks. 16/3250, vor. Ist (Beifall bei der FDP) er ausgedruckt und liegt auf Ihren Plätzen? – Dann ist das c in Ordnung, und ich werde ihn mit dem Tagesordnungs- allerdings in der Höhe von 10 Millionen , nämlich einer punkt 13 und dem Tagesordnungspunkt 92, dem Hessi- realistischen Höhe. Liebe Kolleginnen und Kollegen von schen Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen, der CDU, ich halte es schon für sehr unglaubwürdig, dass c aufrufen. Sie in Ihrem Haushaltsentwurf 16 Millionen Studienge- bühren als Einnahmeerwartung einsetzen, wo Sie parallel Meine Damen und Herren, wir kehren jetzt zur Beratung mit dem in dieser Woche eingebrachten Nachtragshaus- des Haushaltsplanes 2005 zurück, und ich rufe den halt gerade die Erwartungen für das Jahr 2004 um 15,5 Millionen c bei den Gebühren reduzieren mussten, Einzelplan 15 – Hessisches Ministerium für Wissenschaft davon 14,5 Millionen c Mindereinnahmen bei den Stu- und Kunst – diengebühren. Das heißt, Ihre Erwartung von 24 Millio- nen c hat sich mit einer realistischen Höhe von nur auf. Ich darf zu den Zeiten sagen, dass alle Fraktionen 9,5 Millionen c ergeben. 16 Millionen c für das kom- zehn Minuten und die FDP 15 Minuten beantragt haben. mende Jahr zu prognostizieren, halte ich für einen reinen Frau Beer hat für die FDP-Fraktion das Wort. 15 Minuten, Taschenspielertrick. Frau Kollegin. (Beifall bei der FDP)

Nicola Beer (FDP): Einen weiteren Anteil möchten wir aus dem Verzicht auf den Ankauf des Schlosses Erbach gerieren. Hier möchte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die FDP ich gleich mit einer Mär aufräumen, die auch der Minis- hält es für unverzichtbar, dass in der Bildungspolitik in terpräsident in der Generaldebatte wieder zum Besten Hessen wieder ein deutlicher Akzent gesetzt wird. Insbe- gegeben hat. Es ist mitnichten so, dass Ruth Wagner in ih- sondere die hessische Hochschulpolitik darf nicht wieder, rer Amtszeit als Wissenschaftsministerin den Ankauf des wie zu rot-grünen Zeiten, zum Steinbruch des Haushaltes Schlosses Erbach geplant hat. Es war vielmehr so, dass werden. über den Ankauf eines Teils der Sammlungen, insbeson- dere des Schöllenbach-Altars und der Antikensammlung, (Beifall bei der FDP) verhandelt wurde. Auch hat sie dies nicht komplett mit Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bildung ist das wich- Landesmitteln geplant, sondern mit Zusagen der Bundes- tigste Kapital, das unser Land Hessen und die Bundesre- kulturstiftung. Leider ist dieser Weg nicht mehr verfolgt publik besitzen. Ausgerechnet an diesem wichtigen Kapi- worden. tal spart die CDU-Alleinregierung in diesem Land. Die FDP-Fraktion hält den Ankauf des kompletten (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Unerhört!) Schlosses mit sämtlichen Sammlungen, also nicht nur Sammlungsteilen, für einen Fehler. Liebe Kolleginnen Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, Sie können si- und Kollegen von der CDU, dieses Geld ist an den Hoch- cherlich nachvollziehen, es ist mir nach wie vor ein Dorn schulen für Zukunftssicherung besser angelegt als beim im Auge, wie im Hochschulbereich aufgrund des Hoch- Grafen für seine Alterssicherung. schulpaktes Vertrauen verloren gegangen ist, (Beifall bei der FDP, dem BÜNDNIS 90/DIE (Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP)) GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3557

Die restliche Summe, die wir den Hochschulen zukom- Viertens. Sehr verehrter Herr Minister, ferner war in dem men lassen wollen, kommt aus dem Einzelplan der Justiz, ursprünglich abgeschlossenen Hochschulpakt eine Steige- wo mit der von der FDP schon lange geforderten Einfüh- rung der Mittel für Sachinvestitionen um jährlich 7,5 Mil- rung der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Wirtschaftskri- lionen c vorgesehen. Diese Steigerung ist wiederum in minalität dem Land mindestens 11 Millionen c netto dem Haushaltsplan für das Jahr 2005 nicht vorgesehen. mehr Einnahmen zur Verfügung stehen würden. Sie war schon im Jahre 2004 nicht vorgenommen worden. Das heißt, den Hochschulen fehlen hier 15 Millionen c. Warum ist es der FDP so wichtig, den Hochschulen diese 50,9 Millionen c zusätzlich zukommen zu lassen? – Es Den Beweis dafür haben Sie uns letzten Endes in der kur- geht hier zum einen um das Rückgewinnen von Ver- sorischen Lesung selbst liefern müssen. Dort bekamen wir trauen, von Verlässlichkeit einmal gemachter Zusagen. Es mitgeteilt, dass das vorgesehene Budget für die Hoch- schulen im Jahre 2005 in Abstimmung mit dem Finanzmi- geht aber auch um die Finanzausstattung unserer Hoch- c schulen und deren Planungssicherheit, ohne die nicht Pro- nisterium auf 1.125.351.258 festgelegt wurde. Dann filbildung und Wettbewerb möglich sind. wurden der Ansatz des Jahres 2004 plus die abzuführen- den Beiträge für die Beihilfe und die Hessische Bezüge- Der Hochschulpakt wurde gebrochen. Die CDU versucht stelle sowie die Veränderung hinsichtlich der Sondertat- bestände herausgerechnet. Daraus errechnete sich eine immer wieder, das mit verbaler Akrobatik zu ummanteln. c Der Hochschulpakt wurde aber sogar mehrfach gebro- Summe von 1.123.643.700 als Mindestbudgetsumme. Demnach verbleibt dann in der Spitze eine freie Summe chen. Zum einen wurden den Hochschulen im letzten c Haushaltsjahr 21 Millionen c vorenthalten. Herr Minis- von 1.707.558 für die Hochschulen nach dem von der CDU vorgesehenen Budget. Sehr geehrte Kolleginnen ter, sicherlich werden Sie von dieser Stelle aus wieder sa- c gen, dass das eine freiwillige Vereinbarung gewesen sei und Kollegen, 1.707.558 sind dafür vorgesehen. Daran und Sie sich kaum hätten retten können, so hätten Ihnen kann man ersehen, dass darin noch nicht einmal die Stei- gerung der Mittel für Sachinvestitionen in Höhe von die Hochschulen das Geld angeboten. Sehr geehrter Herr c Corts, wir alle miteinander wissen, wie die Hochschulen 7,5 Millionen enthalten ist. Dort ist mitnichten die Ta- zur Abgabe der 21 Millionen c gepresst wurden.Vor allen riferhöhung enthalten. Mitnichten ist dort auch die Stei- Dingen muss ich sagen: Sie haben den Sinn des Hoch- gerung der Zahl der Studierenden berücksichtigt. Das schulpaktes nicht verstanden, wenn Sie so argumentieren, heißt für mich: Der Hochschulpakt ist gebrochen. wie Sie argumentieren. Denn gerade vor einem solchen (Beifall bei Abgeordneten der FDP) Anliegen, doch wieder Geld hergeben zu müssen, sollten die Hochschulen durch den Hochschulpakt geschützt Sehr geehrter Herr Minister, das Finanzgebaren der CDU werden. Genau das haben Sie bei der ersten Bewährungs- wird dann aber auch noch völlig obskur. Das erkennt man, probe kaputtgemacht. wenn man sich die klammheimlich erfolgte Neudefinition des so genannten Strukturausgleichs ansieht. Unter der (Beifall der Abg. Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE Wissenschaftsministerin Ruth Wagner war der Struktur- GRÜNEN)) ausgleich ein Solidarbeitrag der starken Hochschulen zu- gunsten der schwächeren. Dies geschah vor dem Hinter- Ferner hätte den Hochschulen nach dem ursprünglich grund, dass man gesagt hat: Bei der Umstellung auf Leis- vereinbarten Hochschulpakt, so wie er von der Landesre- tungsparameter gibt es Hochschulen, die gerade am An- gierung und den Hochschulen unterschrieben wurde, eine fang nicht so mithalten können, wie es die großen Univer- verlässliche Finanzierung ihres Grundbudgets zugestan- sitäten in Darmstadt und Frankfurt können. Das war also den. Sie alle wissen, dass der wichtigste Parameter für das als Solidarbeitrag geplant. Der eine muss auf etwas ver- Grundbudget die Anzahl der Studierenden in der Regel- zichten, was der andere dann bekommt. Nach der neues- zeit ist. Hier war ein so genannter 5-%-Korridor verein- ten Definition der CDU ist dieser Strukturausgleich jetzt bart worden, innerhalb dessen das kostenneutral sein derjenige Betrag, um den die Mittel gekürzt werden, die sollte. Das bedeutet: Wenn 5 % Studierende mehr oder die Hochschulen eigentlich beanspruchen können. Es weniger als vereinbart ausgebildet werden, soll dies nicht sind also die Mittel, die die CDU den Hochschulen vor- zu einer geänderten Zuweisung des Landes führen. So- enthält. Lieber Herr Minister, das konterkariert die zuge- wohl Frau Herrhausen als auch ich haben von diesem Pult sicherte Leistungsorientierung und die Transparenz der aus in der letzten Legislaturperiode stets betont, dass das Mittelzuweisung nun völlig. im Umkehrschluss auch bedeutet, dass, falls die Zahl der (Beifall der Abg. Michael Siebel (SPD) und Sarah Studierenden um mehr als 5 % höher liegt, nachverhan- Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) delt werden muss. Das heißt, es gibt dann für die Hoch- schule einen Zuschlag auf ihr Budget. Herr Minister, mitt- Schließlich kann man das auch nachlesen. Wir haben das lerweile wird im zweiten Jahr diese 5-%-Grenze über- auch in dem Gespräch mit den Hochschulpräsidenten schritten. Die Mittel sind trotzdem auf gleichem Niveau sehr deutlich gehört. Da gibt es insgesamt einen bestimm- geblieben. Unter dem Strich bedeutet dies, dass die den ten Tenor. Das kann man auch an vielen Stellen in Arti- Hochschulen zur Verfügung gestellten Mittel gekürzt keln der Presse nachlesen, die es in der letzten Woche wurden. Das entspricht nicht dem Hochschulpakt. dazu gab. Zum Beispiel steht in der Hochschulzeitung der Universität : Ich komme zum dritten Punkt, an dem der Hochschulpakt gebrochen wurde. Das betrifft die Tarifsteigerungen. Den Studentenzahl und Finanzausstattung der Univer- Hochschulen wurde mit dem Hochschulpakt verspro- sität Kassel streben auffällig auseinander. chen, dass die in Zukunft erfolgenden Tarifsteigerungen Die Universität Frankfurt gibt in ihrer vor kurzem er- mit einem Abschlag von 0,3 % ausfinanziert würden. schienen Hochschulzeitung „Uni intern“ Folgendes an: Auch dazu können wir in Ihren Haushaltsansätzen weder für das Jahr 2004 noch für das Jahr 2005 etwas erkennen. Die Universität ist davon ausgegangen, dass das Von daher muss ich sagen:Auch an dieser Stelle haben Sie Land in den Jahren 2002 bis 2005 ... den Universitä- die Latte gerissen. ten mehr Mittel zur Verfügung stellen würde, ... 3558 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Zuletzt möchte ich auch Herrn Präsidenten Hormuth von Nicola Beer (FDP): der Universität Gießen zitieren. In einem Interview im „Gießener Anzeiger“ vom 13. Oktober 2004 führt Herr Herr Minister, ich finde es sehr schade, dass Sie diese Hormuth aus – ich zitiere –: Hochschule ausgerechnet zu Beginn einer weiter gehen- den Bestrebung nach Autonomie nicht ausfinanzieren. Was mich persönlich am meisten bedrückt, ist, dass Die FDP hat einen Änderungsantrag gestellt, damit die von dem, was ich mir vor 15 Monaten Hochschule ausfinanziert wird und die knapp 3 Millio- c – Herr Minister: 15 Monate – nen erhält, die an dieser Stelle dafür fehlen. für die Entwicklung der Universität erhofft hatte, Ich möchte noch kurz etwas zum Haushalt für Kulturelles kaum etwas übrig geblieben ist. Wir saßen am sagen. Der Kulturhaushalt weist eine Steigerung von 16. Dezember 2003 ... im Präsidium zusammen und 36 Millionen c aus. Auf den ersten Blick erweckt das fast mussten unseren Haushalt um 6,5 Millionen c kür- den Anschein, als wäre hier wirklich Engagement zu ver- zen. zeichnen. Schaut man aber einmal nach, erkennt man, dass die im letzten Jahr vorgenommenen Kürzungen nicht Etwas weiter unten heißt es: rückgängig gemacht wurden. Neben den 13,3 Millio- c Wir hatten eine durchaus positive Entwicklung in nen , die für den Ankauf des Schlosses in Erbach vorge- den letzten Jahren, und nun müssen wir sehen, was sehen sind, können wir als Einziges erkennen, dass es zu davon zu retten ist. Übertragungen aus anderen Einzelplänen des Haushaltes gekommen ist. Dies betrifft z. B. die Filmförderung oder Unsere Hochschulen sind leider wieder chronisch unterfi- die Sanierungsarbeiten der Theater. Dafür gibt es Mittel nanziert. Das wollen wir rückgängig machen. aus dem Kulturinvestitionsprogramm. Außerdem geht es dabei um Neubaumaßnahmen, die mittlerweile im Einzel- (Beifall der Abg. Jörg-Uwe Hahn und Roland von plan 15 veranschlagt werden. Also gibt es auch an dieser Hunnius (FDP)) Stelle leider nichts durch zusätzlichen Einsatz. Deswegen beantragen wir, dass die Hochschulen 50,9 Mil- lionen c zusätzlich erhalten sollen. Wir wollen damit den Meine Damen und Herren, das Fazit zum Einzelplan 15: Hochschulen die früher einmal zugesicherte Planungssi- viel verbale Akrobatik, wenig harte Fakten und vor allem cherheit zurückgeben. wenig Geld für unsere Hochschulen. Das würde bedeuten, dass wir den Hochschulen 21 Mil- (Beifall bei der FDP) lionen c zusätzlich für das Jahr 2004 zukommen lassen würden. Weitere 29,9 Millionen c würden sie aufgrund der nach dem Hochschulpakt beschriebenen Leistungs- Vizepräsidentin Ruth Wagner: steigerung erhalten, die sie sich für das kommende Jahr verdient hatten. Wir wollen, dass das in den Haushalt ein- Die nächste Rednerin ist Frau Sorge für die Fraktion gestellt wird. Diese Summe würde entsprechend den Leis- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie haben noch zehn Mi- tungsanteilen auf die Hochschulen verteilt. Das wären nuten Redezeit. z. B. für die Universität Marburg 10,2 Millionen c. Die Universität Gießen wäre mit 10,7 Millionen c dabei. Die Universität Darmstadt würde 8,7 Millionen c erhalten, Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): die Universität Frankfurt 10,7 Millionen c und die Uni- versität Kassel 2,4 Millionen c. Die Musikhochschule Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Wissen- würde 400.000 c erhalten und die Hochschule für Gestal- schaftsetat sind wir bei der Haushaltsumstellung auf Ziel- tung in Offenbach 112.000 c. Die Fachhochschule Darm- vereinbarungen und leistungsorientierte Mittelvergabe stadt würde 2,5 Millionen c erhalten, die Fachhochschule schon etwas weiter, als es bei den anderen Einzelplänen Frankfurt 1,2 Millionen c. Die Fachhochschule Gießen- der Fall ist. Daher lohnt es sich sicher auch für Sie, bei die- Friedberg erhielte dann 1,6 Millionen c, die Fachhoch- sen Beratungen ein bisschen genauer zuzuhören. c schule Wiesbaden 1,7 Millionen und die Fachhoch- Der Etat für die Hochschulen wird in drei Blöcken nach c schule Fulda 800.000 . bestimmten Kriterien vergeben. Das Grundbudget wird Herr Minister, neben der Absicherung der allgemeinen pro Studierendem in der Regelstudienzeit vergeben, auf- Hochschullandschaft möchten wir aber auch, dass das geteilt nach bestimmten so genannten Fächerclustern, Parlament bei einem anderen Punkt Wort hält, bei dem weil ein Medizinstudium bekanntermaßen teurer ist als Sie drohen, wortbrüchig zu werden. Das betrifft die Um- beispielsweise ein Jurastudium. Im Erfolgsbudget werden setzung des TUD-Gesetzes. Noch in dieser Woche werden bestimmte Ziele und Entwicklungen an den Hochschulen wir den Entwurf des TUD-Gesetzes in diesem Plenum in durch einen vereinbarten Preis honoriert, beispielsweise dritter Lesung einmütig verabschieden. Die Technische die Einwerbung von Drittmitteln oder die Anzahl von Universität Darmstadt wird mit diesem Gesetz verpflich- Professorinnen in den Naturwissenschaften. Im Innova- tet werden, ihre Studierenden in angemessener Zeit zum tionsbudget werden über ein Gutachterverfahren gute Studienerfolg zu führen. Sie wird dann auch die Zustän- Forschungsprojekte und Innovationen honoriert. – So digkeit für die Grundstücke und die Bauangelegenheiten weit, so gut. der ihr zur Nutzung überlassenen Liegenschaften über- Jetzt haben wir das Problem, dass sich die Hochschulen im nehmen. Sehr geehrter Herr Minister, allerdings werden Rahmen dieser Vorgaben so gut entwickelt haben, dass die im jetzt vorliegenden Haushaltsentwurf von der CDU das zur Verfügung stehende Gesamtbudget zur Finanzie- dafür eingestellten Mittel nicht ausreichen. rung der Hochschulen nach diesem System nicht mehr ausreicht. Frau Beer hat es gerade schon erklärt. Dass die- Vizepräsidentin Ruth Wagner: ses System nicht mehr funktioniert, das verschweigt der Wissenschaftsminister aber wohl wissend und versteckt Frau Abgeordnete, Sie haben nur noch wenig Redezeit. die Summen, die den Hochschulen nicht mehr zufließen, Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3559 unter dem unauffällig klingenden Namen Strukturaus- noch von Haushaltstransparenz redet, der macht sich gleich. wirklich unglaubwürdig. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Aus diesen Tatsachen müssen wir mindestens drei und bei Abgeordneten der SPD und der FDP) Schlussfolgerungen ziehen: Schauen wir uns das einmal anhand der einzelnen Hoch- Erstens. Wir müssen dieses Problem vor Augen haben, schulen an. An der TU Darmstadt werden 44,4 Millio- wenn wir generell über die Umstellung des Haushalts auf nen c abgezogen. Bei der Universität Frankfurt sind es die neue Verwaltungssteuerung reden. Denn die Landes- 41,2 Millionen c, bei der Universität Gießen 28,3 Millio- regierung rennt auch in anderen Bereichen sehenden Au- nen c und bei der Universität Marburg 15,3 Millionen c. ges in dieses Dilemma, wenn sie Preise festlegt und diese Ich will jetzt nicht alle Hochschulen aufzählen. In der dann nicht zu halten sind. Das führt dann zur Intranspa- Summe sind es aber 190 Millionen c, die Sie vorgeblich renz, und die politische Vereinbarung über Ziele wird zur an die Hochschulen zahlen, die bei den Hochschulen aber Farce. Das heißt, aus diesen Fehlern und Problemen muss nicht ankommen. für die Entwicklung der NVS gelernt werden. Meine Damen und Herren, einige reden hier vom Bruch Zweitens. Wir brauchen eine Aufklärung über die Krite- des Hochschulpaktes. Das tue ich nicht; denn im Hoch- rien, wie die Kürzungen verteilt sind. Andernfalls kann schulpakt – das muss man ehrlicherweise sagen – ist die keine Entscheidung über den Haushalt herbeigeführt Gesamtsumme der Ausgaben, die an die Hochschulen ge- werden. hen, gedeckelt. Aber die Kriterien, wie das Geld an die Hochschulen verteilt wird, stimmen nicht mehr. Die Lan- Drittens kommen wir zum eigentlichen Problem, das da- desregierung verschließt hier Augen und Ohren und igno- hinter steckt. Die Umstellung auf die neue Hochschul- riert dieses Problem. steuerung soll die Hochschulen zu Reformen und zur Qualitätssteigerung motivieren. Wenn Sie aber diese Ver- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einbarung nicht halten können und darüber auch noch und bei Abgeordneten der SPD) schweigen, das Problem ignorieren, dann zeigt das einmal wieder Ihre mangelnde Verantwortung gegenüber den Das ist unehrlich, und es schadet den Hochschulen. Die Hochschulen. Haushaltsumstellung auf die neue Verwaltungssteuerung soll mehr Transparenz bringen. Aber wenn hier 190 Mil- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lionen c über einen so genannten Strukturausgleich ge- und bei Abgeordneten der SPD und der FDP) strichen werden, dann können Sie nicht einfach schultern- zuckend sagen, wie Frau Kühne-Hörmann es beispiels- Hinzu kommen die Auswirkungen des StuGuG, des Lang- weise bei der Haushaltsanhörung im Ausschuss getan hat, zeitstudiengebührengesetzes. Wir haben es vor ein paar der Hochschulpakt und die leistungsorientierte Mittelzu- Tagen wieder in den Zeitungen lesen können: 18.500 Stu- weisung passten einfach nicht mehr zueinander, und die dierende weniger als zuvor sind eingeschrieben.An dieser Hände in den Schoß legen. Stelle reden wir einmal nicht von den Perspektiven, die Sie diesen ehemaligen Studierenden genommen haben, Zunächst müssen Sie dringend erklären, nach welchen sondern wir sollten an dieser Stelle darüber sprechen, wie Kriterien Sie die Kürzungen im so genannten Struktur- wir den Hochschulen Perspektiven bieten, sich weiterzu- ausgleich auf die Hochschulen verteilt haben. Das haben entwickeln und den Studierenden eine gute Studienbera- Sie bislang nicht getan, obwohl Sie es auf Nachfrage in der tung und die Möglichkeit zu einem Teilzeitstudium bieten kursorischen Lesung nachreichen wollten. Wenn Sie es zu können. nicht vor der Verabschiedung des Haushaltes tun, sehr ge- ehrter Herr Minister, dann ist das die bloße Anscheinser- Auch wenn es langsam zur Floskel verkommt, sollten wir weckung eines Haushalts. Daher kann der Haushalt in der wieder einmal darüber reden, dass es erklärtes Ziel der dargelegten Form auch gar nicht beraten werden. Bundes-, aber auch der Landesregierung ist, mehr junge Leute zu einem Studium und zu einem Studienabschluss Zurzeit ist der Hochschulhaushalt für uns Voodoo. Er zu führen. Auf all das finden wir im Haushalt und auch gaukelt uns die leistungsorientierte Mittelvergabe, also sonst vom Wissenschaftsminister keine Antwort. bestimmte Kriterien, nach denen das Geld vergeben wird, vor, aber dann kommt ein Strukturausgleich, eine niedli- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN che Ummantelung dafür, dass den Hochschulen 190 Mil- und der Abg. Nicola Beer (FDP)) lionen c genommen werden. So weit, so schlecht. Jetzt haben wir noch zusätzlich die Si- In der Haushaltsanhörung der Hochschulpräsidenten ha- tuation, dass im Haushalt durch die Umstellung auf den ben wir erfahren, dass die Hochschulen die Berechnung, Produkthaushalt wichtige Informationen nicht mehr ent- nach der die Kürzungen auf die Hochschulen verteilt wur- halten sind. Ich erkenne an, dass bei einer so großen Um- den, in einer Tabelle schriftlich aufgelistet bekommen ha- stellung auch Fehler entstehen können. Zusatzinformatio- ben. Wir Abgeordneten haben diese Aufstellung immer nen haben wir aber auf Nachfrage zu unseren Haushalts- noch nicht. Allein das ist ein Affront gegenüber dem Par- beratungen sehr spät erhalten.Aber ohne Zusatzinforma- lament. tionen können wir in einigen Bereichen nicht mehr er- kennen, wo genau die eingestellten Summen hingehen. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Das widerspricht dem Ziel der Transparenz und erschwert und bei Abgeordneten der SPD) die demokratische Kontrolle. Wir haben außerdem erfahren, dass es nach diesen Be- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN c rechnungen noch 1,7 Millionen sind, die 2005 leistungs- und bei Abgeordneten der SPD und der FDP) orientiert vergeben werden. Das ist etwa 1 % der Ge- samtmittel für die Hochschulen. Herr Corts, das ist lä- Meine Damen und Herren, alles in allem ist der Wissen- cherlich. Es ist wirklich lächerlich, hier noch weiterhin von schaftshaushalt intransparent und schon allein deshalb leistungsorientierter Mittelvergabe zu sprechen. Wer hier nicht beratungsfähig. Außerdem bietet er den Hochschu- 3560 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 len keinen Anstoß und keine Perspektive zur positiven sagt hätte, der Hochschulpakt sei gebrochen. Insofern gibt Weiterentwicklung. Daher lehnen wir ihn ab. es dafür keine Grundlage. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Zuruf der Abg. Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE und bei Abgeordneten der SPD) GRÜNEN)) Dass die leistungsorientierte Mittelzuweisung, von der Vizepräsidentin Ruth Wagner: hier geredet wird, Für die CDU-Fraktion hat Frau Kühne-Hörmann das (Nicola Beer (FDP): Man kann sich die Sache auch Wort. Zehn Minuten Redezeit. schönrechnen!) (Frank Gotthardt (CDU): Jetzt sage, wie es wirklich den Hochschulen mehr Geld zur Verfügung gestellt hat, war!) ist keine Frage. Deswegen habe ich im Ausschuss gesagt – Frau Sorge hat das richtig zitiert –, dass Hochschulpakt und leistungsorientierte Mittelzuweisung, so wie sie da- Eva Kühne-Hörmann (CDU): mals vorgesehen waren, nicht zueinander passen. Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und (Nicola Beer (FDP): Weil Sie das Budget geplün- Herren! Ich möchte zunächst mit zwei Richtigstellungen dert haben!) beginnen, die Frau Kollegin Beer betreffen. Erste Rich- tigstellung:Wir setzen den Weg zum Bildungsland Hessen Wir haben außerdem gesagt, dass die leistungsorientierte fort, so wie wir ihn mit der FDP angegangen sind. Mittelzuweisung bei einem gedeckelten Haushalt, so wie es vorgesehen war, nicht funktionieren kann. (Beifall bei der CDU) (Nicola Beer (FDP): Nicht gedeckelt!) Frau Kollegin, das hätte man leicht feststellen können, wenn man einmal den Haushaltsplan zur Hand genom- Weder der Minister noch die CDU legen die Hände in den men und sich die Zahlen angeguckt hätte. Dazu werde ich Schoß. Die Präsidenten sind aufgefordert, in Zusammen- gleich kommen. arbeit mit dem Ministerium über ein neues Finanzie- rungskonzept nachzudenken, das genau dieses Problem (Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- auflöst. Frau Kollegin Beer, es gab damals schon Stimmen, NIS 90/DIE GRÜNEN): Wieder arrogant!) als Sie es mitberaten und wir es zusammen beschlossen Zweiter Punkt. Der Hochschulpakt ist nicht gebrochen. haben, dass möglicherweise die leistungsorientierte Mit- Das hat Frau Sorge eben sehr schön dargestellt. Man kann telzuweisung, so wie sie vorgesehen war, mit den Parame- sich über einige Dinge streiten, aber das hat sie zumindest tern nicht zu dem gedeckelten Hochschulpakt passen Frau Beer voraus: verstanden zu haben, wie LOMZ und könnte. Hochschulpakt zusammenstehen. (Nicola Beer (FDP): Gleitende Deckelung!) Ich möchte damit beginnen, dass ich sage: Der Bereich Das hat sich heute als richtig herausgestellt, und wir lei- Wissenschaft und Kunst ist der Schwerpunkt der Landes- den darunter, dass es damals so beschlossen worden ist, politik. Das zeigt sich nicht nur an vielfältigen Projekten, und müssen es jetzt korrigieren. Das ist das Problem. sondern an den nackten Zahlen im Haushaltsplanentwurf 2005. 1999, als wir an die Regierung kamen, betrug der (Nicola Beer (FDP): Wir leiden darunter, dass Sie Anteil des Einzelplans 15, also Wissenschaft und Kunst, den Hochschulen Geld abgenommen haben!) insgesamt 10,8 % des Gesamthaushaltes. Heute bewegen Positiv zu vermerken ist, dass die Einnahmen aus den Ver- wir uns für das Jahr 2005 bei einem Anteil von 12 % des waltungsgebühren, die die Studenten in Höhe von 50 c Gesamthaushaltes. Das heißt, der Anteil der Hochschul- pro Semester an ihre Hochschule entrichten müssen, den politik und der Kulturpolitik ist kontinuierlich erhöht Hochschulen verbleiben. Das ist eine Summe – das ist worden, auch ohne die FDP,Frau Beer. neu – in Höhe von 13,8 Millionen c. (Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP)) (Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ist Von 1999 bis heute ist der Etat von 1,504 Milliarden c auf das mehr oder weniger als der Strukturausgleich?) eine 1,863 Milliarden c gestiegen. Das ist eine beachtliche Leistung. Angesichts der schwierigen Haushaltssituation Als Nächstes komme ich zum Hochschulbau. Beim Hoch- sind wir darauf stolz. Der Hochschulpakt ist – darauf will schulbau – das ist eine riesige Investition, die in Hessen ich jetzt eingehen – auf die Dauer von fünf Jahren festge- geleistet wird – werden in den kommenden Jahren durch die Haushaltsentscheidungen für das Jahr 2005 in den legt worden. Die Zuweisungen an die Hochschulen sind c vom Jahr 2004 auf das Jahr 2005 von 1,087 Milliarden c Hochschulen 231,6 Millionen investiert. Ich fange ein- c mal mit der Universität Frankfurt an: 23 Millionen c für auf 1,125 Milliarden gestiegen und nicht gefallen, Frau c Kollegin Beer. das House of Finance, 60 Millionen für das Institutsge- bäude der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, 31 Mil- (Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP)) lionen c für die Geowissenschaften auf dem Campus Riedberg – 600 Millionen c insgesamt für Bauvorhaben Nichtsdestotrotz haben sich die Hochschulpräsidenten im der Uni Frankfurt. Einvernehmen, auch aufgrund der schwierigen Haus- haltslage, im vergangenen Jahr bereit erklärt, einen Bei- In Mittelhessen wird in den nächsten Jahren eine Investi- trag zur Einsparung zu leisten. tion von 125 Millionen c in den Wissenschaftsstandort ge- (Nicola Beer (FDP): Völlig freiwillig!) tätigt. Dabei sind als große Projekte zu nennen: 25 Millio- nen c für die Grundsanierung der Kinderklinik und Damit ist der Hochschulpakt, der eine Planungssicherheit 5,4 Millionen c für die OP-Säle der Uniklinik Gießen – bis 2005 gab, gehalten. Ich habe keinen Präsidenten ge- das ist ein enormer Impuls zur Stärkung des Hochschul- hört, auch auf meine Fragen im Ausschuss nicht, der ge- standorts Gießen. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3561

(Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das schaft, Deutsche Gesellschaft für Schwerionenforschung, ist das, was Sie gesetzlich machen müssen, damit die die Kerkhoff-Stiftung und die Einrichtungen der Blauen Uniklinik Gießen nicht geschlossen wird!) Liste. Der Hochschulstandort Gießen hat darunter gelitten, dass Hinzu kommen selbstverständlich noch die Forschungs- unter rot-grünen Zeiten ein riesiger Sanierungsstau auf einrichtungen, die allein vom Land gefördert werden. Das dem Uniklinikum Gießen zurückgelassen worden ist, der ist das Institute for Law and Finance, das wir mit die Uni Gießen heute in die Schwierigkeit versetzt, im 350.000 c fördern. Außerdem haben wir im Forschungs- Wettbewerb mitzuhalten. bereich Erhöhungen für das Freie Deutsche Hochstift um 23.500 c auf 509.500 c, für das Institut für Sozialfor- (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Genau so ist es!) schung um 33.000 c auf 294.800 c, für das ISET in Kassel c c 35 Millionen c für die Fachhochschule Gießen-Friedberg, um 250.000 auf 1.569.200 vorgenommen. unterschiedlich verteilt auf die Standorte in Gießen und Friedberg. 65 Millionen c für das biomedizinische For- schungszentrum – ein echter Leuchtturm in der hessi- Vizepräsidentin Ruth Wagner: schen Forschungslandschaft. Durch dieses Forschungs- Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist fast zu Ende. zentrum werden neue Perspektiven für labormedizinische Fächer eröffnet, z. B. zwei Sonderforschungsbereiche so- wie das nationale Projekt des Genomforschungsnetzes. Eva Kühne-Hörmann (CDU): Die TU Darmstadt bekommt in den nächsten Jahren 330,5 Millionen c und zusätzlich 20 Millionen c für Bau- Ja. – Die weiteren Institute werden selbstverständlich unterhaltungen, die sich aus den neuen Zuständigkeiten auch gefördert. Ich will darauf hinweisen, dass der Bun- der Modellhochschule Darmstadt und des dazugehörigen deshaushalt auch in der Forschungsförderung um 84 Mil- Gesetzes ergeben. lionen c gekürzt worden ist, die uns bei der Mischfinan- zierung sehr, sehr wehtun. (Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP)) Leider ist meine Redezeit zu Ende, denn in der Kultur gibt 27,4 Millionen c für die Fachhochschule Darmstadt es noch einige Highlights für Hessen zu berichten. Zum ebenso wie 18,3 Millionen c für den Neubau eines Labor- Schluss: Hochschulpolitik und Kultur haben in Hessen und Institutsgebäudes der Forschungsanstalt Geisenheim. Hochkonjunktur. Das wird mit der CDU auch so bleiben. – Die Investitionen in den Hochschulbau waren noch nie so hoch und sind der Grundstock für Innovationen im wis- (Beifall bei der CDU) senschaftlichen Bereich. An dieser Stelle möchte ich auf den Bundeshaushalt zu Vizepräsidentin Ruth Wagner: sprechen kommen, der uns nämlich im Hochschulbau als diejenigen, die daraus mitfinanziert werden, betrifft. Da- Für die SPD-Fraktion rufe ich Herrn Siebel auf. nach ist es so, dass die Investitionen der Bundesregierung im Hochschulbau innerhalb von zwei Jahren von 1,1 Mil- liarden c auf nun 800 Millionen c heruntergefahren wer- Michael Siebel (SPD): den. Die Kürzung erfolgt durch die Hintertür, weil die Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- Sperre der 63 Millionen c in Zusammenhang mit der Ei- ren! Man hat so ein bisschen den Eindruck, dass neben genheimzulage auf diesen Titel gelegt wurde. den vielen Preisen und Auszeichnungen, die die Landes- regierung in letzter Zeit vermehrt vergibt, ein neuer hin- Meine Damen und Herren, ich kann nur sagen: Das be- zugekommen ist: ein Preis, der nicht die miserable Politik trifft uns in Hessen mit der Finanzierung direkt. Die Bil- verdecken will, sondern ein Preis für das Ressort im Ka- dungsministerin auf Bundesebene, Frau Bulmahn, ist binett, das die schlechteste Ressortpolitik macht. Herr Mi- beim Finanzminister wieder einmal richtig abgeblitzt. nister Corts, ich habe so ein bisschen den Eindruck, dass Herr Eichel ist derjenige, der dafür verantwortlich ist, dass Sie sich dazu anschicken, diesen Preis im nächsten Jahr zu im Hochschulbau weiter gespart wird. erringen. Die vorherige Debatte ging über den Föderalismus. Ich (Zuruf der Abg. Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE kann Ihnen nur sagen:Wir von der CDU wollen die Kom- GRÜNEN)) petenzen für die Hochschulen bei uns in Hessen haben. Wir kürzen im Gegensatz zum Bund nicht. Deswegen Denn wenn man diesen Etat, den Sie, Herr Corts, vorge- wollen wir für die hessischen Hochschulen die Kompeten- legt haben, in einem Satz zusammenfassen möchte, so zen haben, damit nicht Herr Eichel in Berlin ständig im würde der Satz lauten: Mit Corts geht es in der Wissen- Hochschulhaushalt die Kürzungen an uns weitergibt. schaft bergab. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Das ist ungeheuerlich, was Sie hier für ei- Auch die Forschungsförderung kann sich in Hessen sehen nen Vortrag halten! – Anhaltende Zurufe des Abg. lassen. Nach der Umstrukturierung des Kapitels 15 02 gibt Michael Boddenberg (CDU)) es ein neues Kapitel im Haushalt, in dem es um die För- derung von Wissenschaft und Forschung geht. Darin sind Ich möchte das an dem Beispiel LOMZ verdeutlichen. Transfermittel abgebildet, die zur Förderung von Wissen- Frau Kollegin Sorge hat schon vorgetragen, wie der nega- schaft und Forschung an Institutionen außerhalb des Lan- tive Strukturausgleich – eine witzige Formulierung, die deshaushalts überwiesen werden. Da gibt es eine Erhö- Sie offensichtlich in der CDU erfunden haben – auf die hung um 64,7 Millionen c auf 78,8 Millionen c.Es unterschiedlichen Hochschulen wirkt, unter anderem auf handelt sich dabei um die großen bundesweit operieren- die Hochschule in Kassel. Frau Kollegin Kühne-Hör- den Forschungseinrichtungen Max-Planck-Gesellschaft, mann, Sie haben dann in einem Interview in der „HNA“ Fraunhofer-Gesellschaft, Deutsche Forschungsgemein- am 8. November die Tatsache, dass die Universität in Kas- 3562 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 sel 25,2 Millionen c weniger Strukturausgleich bekommt, Nicht einmal darauf will ich mich berufen. Aber bis zum mit der Headline quittiert „Nicht nach Geld schreien“. Ich gestrigen Tag waren nicht einmal diejenigen, die eine ver- darf aus der „HNA“ zitieren: tragliche Bindung haben, darüber informiert, was sich denn hinter den einzelnen Unterpunkten der Empfänger Nein. Denn die Kasseler Universität profitiert auch verbirgt. Sie verbreiten damit eine Unsicherheit bei den noch vom Strukturausgleich. Ohne diesen bekäme Empfängern dieser Mittel, die meiner Ansicht nach unge- Kassel wesentlich weniger Geld. heuerlich ist und so nicht weiter fortgeführt werden kann. Wenn das nicht Häme ist für das, was in dieser Hochschule (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE geleistet wird, dann weiß ich nicht, wie man es anders for- GRÜNEN und der FDP – Zuruf des Abg. Frank mulieren soll. Gotthardt (CDU)) (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des Lassen Sie mich ein Weiteres sagen. Es kommt schon et- BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) was lustig daher – vielleicht können auch Sie, Herr Gott- hardt, sich einmal mit dem Einzelplan 15 befassen –, wenn Zweitens. Auch zu diesem Punkt ist schon gesprochen dort darüber gesprochen wird, wie sich die Kennzahlen worden. Ich glaube, es gibt keine besseren Zeugen als die zusammensetzen. Bei der Kennzahl zur Leistungswirkung FDP mit Frau Staatsministerin a. D. Wagner dafür, dass steht nichts. Kennzahl zur Finanzwirtschaft, durchschnitt- der Hochschulpakt gebrochen ist. Deshalb brauche ich licher Förderbetrag: eigentlich nichts sagend, Kennzahlen dazu nichts mehr zu sagen. Aber ich möchte eine kleine, zu quantitativen und qualitativen Leistungsmerkmalen: vielleicht in der Öffentlichkeit bisher unbemerkte Sache nichts sagend, Kennzahl zur Prozessqualität: da steht hervorheben. Auch hier ist ein Versprechen gebrochen schon überhaupt nichts mehr. worden. Herr Staatsminister, wir waren gemeinsam bei Wenn das ein moderner Haushalt sein soll, dann ist dies in der Veranstaltung anlässlich der Vergabe des Hessischen der Tat nicht umgesetzt. Sie haben in Ihrem Haus dieses Denkmalschutzpreises. Dort haben Sie angekündigt, dass Defizit im Haushalt nicht auflösen können. Es bleibt be- es zu keinen Kürzungen im Bereich des Denkmalschutzes stehen. Dieser Haushalt ist in dieser Form in der Tat nicht kommen werde. Dann kam aber der Änderungsantrag zu durchschauen und nicht beratungsfähig. Drucks. 16/3029 ins Haus geflattert, in dem wir lesen können, dass der Denkmalschutz, Produktblatt 11, um (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE 125.000 c gekürzt wird. Das geschieht sicherlich zu einem GRÜNEN und der FDP) lauteren Zweck. Unsere Gegenvorschläge zu diesem Haushalt sind sehr Ich bleibe einmal bei den gebrochenen Versprechungen breit kommuniziert worden. Im Kern sagen wir, dass die und den falschen Meldungen, die Sie verbreiten. Hier geht SPD-Fraktion 30 Millionen c mehr für Wissenschaft und es um eine weitere Presseinformation aus dem Haus, näm- Kunst zur Verfügung stellen will und zur Verfügung stel- lich Nr. 168 vom 17. November. Dort führen Sie aus, dass len wird. c für das 50-jährige Jubiläum der documenta 250.000 – Aber vor dem Hintergrund, dass schon verschiedentlich ich zitiere aus Ihrer Pressemitteilung – „zusätzlich aufge- darüber gesprochen wurde, dass 190 Millionen c an bracht“ werden. Herr Staatsminister, das ist nicht wahr. Unterfinanzierung vorliegen, müssen wir uns natürlich Sie sind nicht zusätzlich aufgebracht worden. Denn neben c darauf konzentrieren, dass wir eine Gegenfinanzierung, den 125.000 , die Sie im Denkmalschutz kürzen, kürzen die wir nicht aus eigener hessischer Kraft darstellen kön- Sie mit dem Änderungsantrag der CDU, Drucks. 16/3025, nen, auf die Beine stellen müssen. im Produktblatt 3, Filmförderung, 75.000 c, bei der Lite- raturförderung 25.000 c und beim Internationalen Kul- Ich sage deshalb erneut: Wir brauchen eine Bildungs- turaustausch weitere 25.000 c. Herr Staatsminister, wenn steuer auf Vermögen. Dass dies möglich ist, möchte ich in Sie in Ihrer Pressemitteilung von einem „zusätzlichen“ ein paar Sätzen umreißen. Nach Untersuchungen des Betrag sprechen, dann müssen diese Mittel auch zusätz- DIW und des DGB haben wir insgesamt ein besteuerba- lich in den Haushalt und dürfen nicht bei der Filmförde- res Nettovermögen von 5,3 Billionen c in der Bundesre- rung, der Literaturförderung und dem Internationalen publik. Wenn wir das entsprechend herunterbrechen und Kulturaustausch gestrichen werden. beispielsweise von einem Kapitalertrag von 5 % ausge- hen, wenn wir es um Barerträge, Gebrauchsvermögen und (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE Kredite bereinigen, dann erzeugt dies einen Ertrag von GRÜNEN und der FDP) insgesamt 226 Milliarden c. Dies wiederum, bezogen auf nur 1 % Steuer auf Vermögen und einen Freibetrag von Der vorgelegte Einzelplan ist so, wie er als Produkthaus- 250.000 c, würde für Hessen nach diesem Gutachten ei- halt vorgelegt ist, meiner Ansicht nach – Frau Sorge nen Ertrag von 2,014 Milliarden c bedeuten. Dies könn- machte bereits darauf aufmerksam – nicht beratungsfä- ten wir gezielt in Bildung investieren, auch in Hochschul- hig. Ich möchte das schlicht und ergreifend einmal am bildung, für den Bildungsstandort Hessen. Das wäre eine Beispiel des Kapitels 15 50 und des Förderprodukts Mu- sinnvolle Gegenfinanzierung für das, was notwendig ist – sikförderung erläutern. nicht nur im Hochschulbereich, sondern im Bildungsbe- In diesem Haushaltsblatt finden wir unter dem Förder- reich in Hessen insgesamt. produkt 6, Musikförderung, eine Reihe von institutionel- (Beifall bei der SPD) len Förderungen, beispielsweise der Landesmusikakade- mie. Ich möchte jetzt nicht einmal so weit gehen, dass wir Zu den Vorschlägen, die wir unterbreitet haben, nur so als Parlamentarier ein Recht auf Wissen darüber haben, viel: Wir würden vorschlagen, einen Teil dieser 30 Millio- was sich hinter den 3,5 Millionen c verbirgt. nen c zu investieren – gezielt in den Ausbau der Fach- hochschulen und des Technologietransfers, der nach unse- (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rem Verständnis in der Tat noch sehr nachholbedürftig ist. NEN): Hätten wir schon! – Zuruf von der SPD: Ha- Ich glaube, dass wir bei weitem noch nicht das Potenzial, ben wir aber!) das im Transfer von Wissen und Know-how in die Gesell- Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3563 schaft hinein liegt, ausgeschöpft haben. Ich möchte das Trotz alldem sind die Zuweisungen an die Hochschulen noch einmal an einem Beispiel erläutern. Wir haben das von 1,14 Milliarden c im Jahr 2005 wiederum gestiegen. Know-how an unseren Hochschulen, gerade für mittel- Daran kommen Sie nicht vorbei, auch wenn Sie immer ständische und kleine Unternehmen. In diesem Bereich nur auf die freie Summe von 1,7 Millionen c abheben. Beratungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen, die Die Mittel sind auf 1,179 Milliarden c im Jahre 2005 ge- dort von den Hochschulen abgegriffen werden können, stiegen. Das bedeutet – das ist das Besondere, und das wäre zu befürworten.Wir haben aber ein Problem bei der möchte ich Ihnen noch einmal erläutern –: Egal, ob der Zurverfügungstellung von Startkapital, um solche Fort- Hochschulpakt aus Ihrer Sicht nun gebrochen ist oder und Weiterbildungseinrichtungen für kleine und mittel- nicht, Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass diese Lan- ständische Unternehmen tatsächlich umsetzen und reali- desregierung erstmalig eine bestimmte Zahl überschrit- sieren zu können. Deshalb läuft unser Vorschlag sehr de- ten hat. Sie können über das Internet gerne diese Statistik, zidiert darauf hinaus, auch im Zweifelsfall gemeinsam mit diesen Chart, abrufen. dem Wirtschaftsministerium im Bereich Wissens- und Know-how-Transfer 2,8 Millionen c als Startkapital für (Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP)) die Institute an unseren Hochschulen zur Verfügung zu stellen, die dieses Know-how anbieten können. Daraus geht ganz deutlich hervor, dass der Anteil für die Hochschulpolitik seit der Gründung des Landes Hessen Ich möchte einen letzten Punkt ansprechen. Sie wissen, nie so hoch war wie in diesem Jahr. Er hat nämlich einen dass wir es für einen Fehler halten, das historische Erbe Anteil von 7,61 % am Gesamthaushalt. unseres Landes bei einer technokratischen Abteilung der Landesregierung und dem Hessischen Immobilienma- (Nicola Beer (FDP): Reichlich Luftbuchungen!) nagement anzusiedeln. Wir halten es in der Tat für besser und richtig, es so zu machen, wie es Frau Staatsministerin Weil wir dabei sind und Herr Siebel von Bildungssteuer a. D.Wagner in der letzten Legislaturperiode gemacht hat, sprach: Lieber Herr Siebel, das können Sie sicherlich mit und das historische Erbe Hessens dort verwaltet und ge- Ihrem Bundeskanzler diskutieren, aber bitte nicht an die- pflegt zu wissen – ich gebrauche bewusst diesen altmodi- ser Stelle. Da gehört es nicht hin.Wir alle kennen die schö- schen Ausdruck –, weil das nicht irgendetwas ist, womit nen Vorschläge, die von Frau Bulmahn gekommen sind. wir hier in Hessen umzugehen haben. Ich nenne Ihnen nur eine Zahl: In den letzten sechs Jah- ren sind in Hessen zusätzlich 779 Millionen c in den Kreislauf für die Bildung gekommen. Das im Vergleich zu Vizepräsidentin Ruth Wagner: den Vorschlägen von Frau Bulmahn, nur zur Orientie- rung. Herr Kollege, Sie müssen trotzdem zum Ende kommen. Meine Damen und Herren, ich will noch einmal auf einige Punkte ganz deutlich abheben, wo wir im Hochschulpakt Michael Siebel (SPD): Erhöhungen vorgenommen haben. Dies betrifft zum ei- nen die Folgekosten aus dem TUD-Gesetz in Höhe von Es ist vielmehr ein Stück weit unser Wissen über unsere 17,2 Millionen c. Da freue ich mich ganz besonders, dass Geschichte. Deshalb schlagen wir vor, von diesem Schritt sich die Opposition einen Ruck geben konnte und mor- Abschied zu nehmen, aber auch 6 Millionen c für die Sa- gen wahrscheinlich in der dritten Lesung dem TUD-Ge- nierung und die Weiterentwicklung des historischen Er- setzentwurf zustimmen wird. So schlecht kann das Gesetz bes in Hessen in die Hand zu nehmen. Dies besagt unser nicht sein, denn es wird allgemein, ob in der Hochschul- Haushaltsantrag. – Herzlichen Dank. rektorenkonferenz oder wo auch immer, als das mo- (Beifall bei der SPD) dernste Gesetz, als der richtige Weg zur Autonomie ge- lobt. Dass die Opposition das mitträgt, dass Sie mittler- weile auch auf diesem autonomen Weg sind, freut mich Vizepräsidentin Ruth Wagner: ausgesprochen. Frau Beer, Sie hätten vier Jahre Zeit ge- habt, so weit sind Sie bisher noch nicht gegangen. Meine Damen und Herren, im großen Marathon hat als allerletzter Redner Herr Kollege Corts zu seinem Einzel- (Nicola Beer (FDP): Ich würde viel weiter gehen! plan 15 das Wort. Daran hat es gelegen!) Durch die letzte Rate beim Übergang der Stadt- und Uni- Udo Corts, Minister für Wissenschaft und Kunst: versitätsbibliothek in Frankfurt am Main auf das Land gab es eine Erhöhung in Höhe von 1,8 Millionen c. Dann Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- mussten wir in das Personalkostenbudget der Fachhoch- ren! Ich habe das letzte Wort. Aber es ist sicherlich eines schule Darmstadt 1,4 Millionen c zahlen, weil wir die FH der wichtigsten Themen, das wir hier zum Abschluss die- der Telekom übernehmen. Und, auch das ist nicht richtig ses Haushaltes diskutieren. Es gab heute einige Unterbre- dargestellt worden: Die Verwaltungsgebühren in Höhe chungen. von 50 c pro Semester und Studierendem gehen un- Aber, damit sich alle freuen, insbesondere von der Oppo- mittelbar an die Hochschulen – ganz ausdrücklich. sition, möchte ich als Erstes festhalten, dass der Hoch- schulpakt, der für die Dauer von fünf Jahren jedes Jahr (Nicola Beer (FDP): Studiengebühren!) steigende Zuschüsse an die Hochschulen vorsieht, auch Ich will nur einen Punkt herausgreifen, den Sie angespro- im Haushaltsjahr 2005 wieder, wie vereinbart, garantiert c wird und abermals unter ungünstigsten allgemeinen Vor- chen hatten, wie Sie 50 Millionen einsparen könnten: raussetzungen, die die Bundesregierung zu verantworten Thema Erbach. Das ist ein ganz anderer Haushalt. Das hat, eingehalten wird. Ich werde das nachher im Einzel- eine ist ein Verwaltungshaushalt.Das andere ist ein Inves- nen noch erläutern. titionshaushalt. Sie können das eine mit dem anderen nicht decken. – Auf die anderen Sachen will ich aber inso- (Beifall bei der CDU) weit nicht eingehen. 3564 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

(Nicola Beer (FDP): Das steht aber ganz normal in Darmstadt nochmals mit 22 Millionen c, für Kassel noch Ihrem Einzelplan!) einmal 10,5 Millionen c. Für den großen Komplex in Kas- sel, nämlich die Museumslandschaft, werden wir in den Meine Damen und Herren, Frau Kühne-Hörmann hat auf nächsten vier bis fünf Jahren mehr als 100 Millionen c in- die wichtigsten Bauprojekte hingewiesen. Das House of vestieren. Finance ist die größte Baustelle. Dieses Projekt werden wir fortsetzen. Es ist schon unter meiner Vorgängerin zu- Sie haben vollkommen Recht, Herr Siebel – das gestehe sammen mit dem Finanzministerium angeleiert worden. ich Ihnen zu –, dass wir zwangsläufig noch einmal eine (Nicola Beer (FDP): Aha!) Kürzung im Bereich des Denkmalschutzes in Höhe von 125.000 c vornehmen mussten. Der Ausgleich, der insbe- Das ist ein Projekt von 600 Millionen c. Das setzen wir so sondere in anderen Bereichen des Denkmalschutzes statt- fort. Wir haben bald das Preisgericht und die ersten Spa- findet, beispielsweise in Kassel, gleicht das aber bei wei- tenstiche. Sicherlich können wir uns damit sehen lassen. tem aus. Dadurch kann man sicherlich an anderer Stelle Das wird ein Ensemble erster Qualität.Auch dafür stellen einsparen. wir die Mittel zur Verfügung. Verwenden wir die richtige Semantik. Mit „zusätzlich in Wir haben sehr viel Geld in die Hand genommen. Frau den Haushalt“ war selbstverständlich gemeint – ich will es Sorge, Sie haben vorhin in Ihrem Zwischenruf auf die Sa- nur noch einmal sagen –: zusätzlich für die Documenta. nierung des Klinikums in Gießen abgehoben. Dazu kann Dafür müssen wir an anderer Stelle sparen. An dieser ich nur sagen, dass diese Sanierungen auch zu Ihren Zei- Stelle verstehe ich die FDP manchmal nicht, die sagt, man ten schon längst hätten vorgenommen werden müssen. müsse sparen und einen vernünftigen Haushalt aufstellen, Das sind alles Dinge, die wir jetzt nachholen, wo man aber gleichzeitig mehr ausgeben. Das passt irgendwie rechtzeitig hätte Rücklagen bilden können. Wir reparie- nicht zusammen. ren nur, was längst hätte sein müssen.Auch darauf möchte ich noch einmal abheben. (Nicola Beer (FDP): Wir sparen an anderer Stelle, Im Norden, in Kassel planen wir den Neubau eines nicht an der Bildung!) sprach-, erziehungs- und wirtschaftswissenschaftlichen In- Ich glaube, dass das Projekt, das wir uns in Kassel vorge- stituts mit Mitteln in Höhe von 23 Millionen c. All das nommen haben, nicht nur ein wichtiges Kultur- und sind sehr wichtige Projekte. Wenn Sie sagen, es gehe Kunstprojekt für die nächsten Jahre ist, sondern auch ei- bergab: Die Zahlen beweisen das Gegenteil, auch wenn nen Beitrag zu der Bewerbung als Kulturhauptstadt leis- Sie es nicht wahrhaben wollen. ten wird. Wir müssen hier nicht nur nach Südhessen, son- Wenn ich Ihre Presseerklärung gerade lese: Lieber Herr dern auch nach Nordhessen schauen. Kassel kann die Kul- Siebel, man kann es auch anders darstellen, aber dazu sind turhauptstadt werden. Das kann man mit einem solchen Sie die Opposition. Ihnen passt es nicht, dass wir so gut da- Beitrag leisten. Er schafft zumindest die besten Vorraus- stehen. Gesetzesmäßig sind wir dort, wo wir hinwollen. setzungen. Außerdem müssen wir die Region wirtschaft- Wir werden sicherlich heute Nachmittag im Rahmen der lich und touristisch stärken. Das kriegen wir mit einer sol- zweiten Lesung des Hochschulgesetzes noch einmal über chen Maßnahme ohne weiteres hin. das TUD-Gesetz, Langzeitgebühren, all diese Sachen dis- kutieren. Beim Haushalts ist es nachweislich – dieses Ich habe zur Kenntnis genommen, dass es an der einen Chart sagt alles –: 779 Millionen c zusätzlich, kumuliert oder anderen Stelle noch Informationsbedarf Ihrerseits seit dem Zeitpunkt, als Sie die Regierung verlassen ha- gibt. Ich bitte um Verständnis: Sie haben das im Ausschuss ben. Das sollten Sie uns einmal nachmachen. nicht vorgetragen. (Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP)) (Nicola Beer (FDP): Er hat es in der kursorischen Lesung vorgetragen, Herr Minister! – Zuruf der Ich gehe aber davon aus, dass Sie uns das so schnell nicht Abg. Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) nachmachen können, weil Sie nicht in die Verantwortung kommen. – Da war ich nicht dabei, ich bitte um Verständnis. Ich Meine sehr verehrten Damen und Herren, um nicht eini- werde der Sache auf den Grund gehen.Wenn es aber noch ges zu wiederholen, weise ich noch einmal darauf hin, dass Informationsbedarf gibt, werde ich Ihnen gerne noch die wir auch bündnistreu und bundestreu sind, dass wir die Informationen liefern, die Sie glauben zu brauchen. An- Bund-Länder-Beschlüsse im Bereich der Schwerionen- sonsten kann ich nur sagen, dass wir auf dem richtigen forschung, zur Max-Planck-Gesellschaft und zur Deut- Weg sind. schen Forschungsgemeinschaft mittragen. Dort machen (Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/ wir die Erhöhung auf 3 % mit. Das bedeutet in absoluten DIE GRÜNEN)) Zahlen eine Erhöhung von 64 auf 78 Millionen c jährlich. Auf das Institute for Law and Finance habe ich hingewie- Wir haben überall Erhöhungen. Frau Beer, unter sen. Frau Kühne-Hörmann hat auch auf das ISET in Kas- „www.hessen.de“ finden Sie dieses Chart, das ganz deut- sel hingewiesen. Das sind wichtige Punkte. lich Auskunft darüber gibt, welche Steigerungen es in der letzten Zeit gegeben hat. – Herzlichen Dank. Ich komme zum Bereich Kunst und Kultur. Man hat ver- sucht, deutlich zu machen, dass es hier einen Rücklauf (Beifall bei der CDU) gebe. Ich nenne beispielhaft Stichworte von Projekten, die in letzter Zeit zusätzlich durchgeführt wurden: die Bien- nale. Wir haben das Weltballett Forsyth gerettet und fi- Vizepräsidentin Ruth Wagner: nanzieren jetzt – unabhängig von dem, was meine Vor- gängerin mit vorbereitet hatte, dass die Staatstheater sa- Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der niert werden – die nächste Rate für das Staatstheater Lesung der Einzelpläne. Ich bitte Sie, sich zu setzen, damit Wiesbaden mit 8 Millionen c, für das Staatstheater ich die Abstimmung verfolgen kann. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3565

Ich werde jetzt die Einzelpläne und die jeweils dazugehö- Stimmen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- rigen Anträge aufrufen. Danach kommen wir zu den bei- NEN bei Enthaltung der FDP angenommen. den Gesetzentwürfen. Wer möchte der Beschlussempfehlung Drucks. 16/2603 Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 01. zustimmen? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Die Wer ihm seine Zustimmung geben will, den bitte ich um Beschlussempfehlung wurde mit den Stimmen von CDU das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen des Hauses. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen Vielen Dank. der SPD bei Enthaltung der FDP angenommen. Wir kommen zu Einzelplan 02. Wer stimmt ihm zu? – Wer Wer wünscht der Beschlussempfehlung Drucks. 16/2604 ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Einzelplan 02 wurde zuzustimmen? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen der SPD, Beschlussempfehlung wurde mit den Stimmen der CDU der GRÜNEN und der FDP angenommen. gegen die Stimmen der anderen drei Fraktionen dieses Hauses angenommen. Wir kommen zu Einzelplan 03. Wer wünscht ihm zuzu- stimmen? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Ein- Wir stimmen jetzt über Einzelplan 07 ab. Wer stimmt ihm zelplan 03 wurde mit den Stimmen der CDU und der FDP zu? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Einzelplan gegen die Stimmen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ 07 wurde mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen DIE GRÜNEN angenommen. der drei anderen Fraktionen angenommen. Wir kommen zu Einzelplan 04. Wer wünscht ihm zuzu- Wir kommen zu Einzelplan 08. Wer ist für diesen Einzel- stimmen? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Ein- plan? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Einzel- zelplan 04 wurde mit den Stimmen der CDU gegen die plan 08 wurde mit den Stimmen der CDU gegen die Stim- Stimmen der anderen drei Fraktionen angenommen. men der übrigen drei Fraktionen angenommen. Wir kommen zu Einzelplan 05 in Verbindung mit Tages- Wir kommen zu Einzelplan 09 in Verbindung mit Tages- ordnungspunkt 58. – Herr Kaufmann, bitte sehr. ordnungspunkt 42. – Herr Abg. Kahl.

Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Reinhard Kahl (SPD): Frau Präsidentin, ich bitte, bei Drucks. 16/3176 über Frau Präsidentin, wir bitten, dass der Antrag an den Haus- Punkt 1 getrennt von Punkt 2 und 3 abzustimmen. haltsausschuss überwiesen wird.

Vizepräsidentin Ruth Wagner: Vizepräsidentin Ruth Wagner: Wer wünscht, Punkt 1 des Antrags Drucks. 16/3176 zuzu- Gibt es dagegen Widerspruch? – Nein. Dann ist der An- stimmen? – Wer ist dagegen? – Der erste Punkt wurde mit trag an den Haushaltsausschuss überwiesen. den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von In dem Zusammenhang kommen wir zu Tagesordnungs- SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen. punkt 117, dem Dringlichen Antrag Drucks. 16/3239. Wer ist für die Annahme von Punkt 2 und 3 des Antrages? Auch der Dringliche Antrag soll an den Haushaltsaus- – Beide sind einstimmig angenommen. schuss überwiesen werden. Gibt es dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Damit kommen wir zu der Abstimmung über Einzelplan 05. Wer stimmt ihm zu? – Wer ist dagegen? – Enthaltun- Wir stimmen jetzt über Einzelplan 09 ab. Wer ihm zuzu- gen? – Der Einzelplan 05 wurde mit den Stimmen der stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU gegen die Stimmen der drei anderen Fraktionen an- Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Einzelplan 09 genommen. wurde mit dem Stimmen der CDU gegen die Stimmen der drei anderen Fraktionen angenommen. Wir kommen zu Einzelplan 06 in Verbindung mit Tages- ordnungspunkt 25. Wir kommen zu Einzelplan 10. Wer wünscht diesem Ein- zelplan zuzustimmen? – Alle Fraktionen des Hauses ha- (Reinhard Kahl (SPD): Der Antrag soll dem Haus- ben den Einzelplan angenommen. haltsausschuss überwiesen werden!) Wir kommen zu Einzelplan 11. Wer möchte dem Einzel- – Besteht darin Übereinstimmung? – Ich sehe und höre plan zustimmen? – Gegenstimmen? – Alle Fraktionen des keinen Widerspruch. Dann ist der Antrag Drucks. 16/2725 Hauses haben den Einzelplan angenommen. dem Haushaltsausschuss überwiesen. Wir kommen zu Einzelplan 15. Wer stimmt diesem Ein- Wer stimmt in zweiter Lesung dem Einzelplan 06 zu? – zelplan zu? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Einzelplan 06 Der Einzelplan 15 wurde mit den Stimmen der CDU ge- wurde mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen der gen die Stimmen der übrigen drei Fraktionen angenom- drei anderen Fraktionen angenommen. men. Wir kommen zu Einzelplan 07 in Verbindung mit Tages- Wir kommen zu Einzelplan 17. Wer ist für den Einzel- ordnungspunkt 27, Tagesordnungspunkt 30 und Tages- plan? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Einzel- ordnungspunkt 31. Wir stimmen zunächst über den Ent- plan 17 wurde mit den Stimmen der CDU gegen die schließungsantrag und die Beschlussempfehlungen ab. Stimmen der drei anderen Fraktionen angenommen. Wer dem Entschließungsantrag Drucks. 16/2730 zuzu- Wir kommen zu Einzelplan 18. Wer stimmt dafür? – Wer stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – ist dagegen? – Enthaltungen? – Auch der Einzelplan 18 Wer lehnt ihn ab? – Wer enthält sich? – Der Entschlie- wurde mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen der ßungsantrag wurde mit den Stimmen der CDU gegen die übrigen drei Fraktionen angenommen. 3566 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Damit haben wir die Einzelpläne behandelt und kommen Ich möchte eingangs sagen, dass sich dieses medienpoliti- zu den beiden Gesetzen. sche Regelwerk nicht nur in der Neufestsetzung der Rundfunkgebühren erschöpft. Der Staatsvertrag enthält Es ist vorgeschlagen, Tagesordnungspunkt 10 a, Drucks. vielmehr für den öffentlich-rechtlichen und den privaten 16/3193 zu Drucks. 16/2703, zur Vorbereitung der dritten Rundfunk ein ganzes Konvolut von Regelungen, die die Lesung an den Haushaltsausschuss zu überweisen.Wer ist duale Rundfunkordnung fortentwickeln und ihre Rah- für die Überweisung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält menbedingungen neu justieren. Allerdings hat sich die sich? – Damit ist die Überweisung an den Haushaltsaus- Landesregierung darauf verständigt, ausschließlich jene schuss ausgesprochen. Punkte dem Landtag vorzulegen, die in den hessischen Das zweite Gesetz ist das Finanzausgleichsgesetz. Landesgesetzen als Folge des Rundfunkstaatsvertrags zu ändern sind, und nicht eine umfassende Novellierung des (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Gesetzes über den Hessischen Rundfunk oder des Hessi- NEN): Dazu hatten wir dritte Lesung beantragt!) schen Privatrundfunkgesetzes vorzunehmen. Es sind hier – Das liegt mir vor. – Das ist dann in der Tat dem Aus- also nur die zwingend notwendigen Änderungen vorge- schuss zu überweisen. Das ist Drucks. 16/3194 zu Drucks. nommen worden. 16/2700. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben beantragt, dieses Gesetz zur Vorbereitung der dritten Lesung dem Unabhängig davon, dass es ein ganzes Konvolut von Re- Haushaltsausschuss zu überweisen, gelungstatbeständen gibt, haben insbesondere die Rund- funkgebühren längere Zeit im Mittelpunkt der öffent- (Reinhard Kahl (SPD) und Frank-Peter Kaufmann lichen Diskussion gestanden. Deswegen will ich als Erstes (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit den Ände- darauf eingehen. rungsanträgen!) Bereits seit Mitte 2003 ist das Thema Rundfunkgebühren mit allen Änderungsanträgen; da gibt es einige. Ich Gegenstand intensiver öffentlicher Diskussion gewesen. möchte zwei Drucksachen nennen: Drucks. 16/3221 und Dabei reichte die Meinungsbildung von einem völligen Drucks. 16/3222.Weitere liegen mir nicht vor. Gibt es noch Verzicht auf eine Erhöhung der Gebühren auf der einen andere? – Nein. Damit sind Sie einverstanden, dass das Seite bis hin zu einer Gebührenanpassung von etwas überwiesen wird. mehr als 2 c; in dieser Größenordnung war das vorgese- Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der hen. Haushaltsberatungen und erwarten im Dezember die dritte Lesung mit dem Bericht des Haushaltsausschusses. Bekanntlich haben die Ministerpräsidenten der Forde- – Herzlichen Dank. rung, auf eine Anhebung der Rundfunkgebühren vollends zu verzichten, nicht entsprochen. Andererseits sind sie (Beifall bei der CDU) aber auch nicht dem Votum der Kommission zur Ermitt- lung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten – der KEF Meine Damen und Herren, vielleicht ist das hilfreich. Las- – gefolgt. Die hatte eine Anhebung der Rundfunkgebüh- sen Sie mich für alle Kolleginnen und Kollegen sagen: Es ren um 1,09 c vorgeschlagen. Die tatsächliche Gebühren- gibt mittlerweile eine Verständigung der Geschäftsführer anpassung, die deutlich unter der medienspezifischen über die Redezeiten im weiteren Ablauf. Teuerungsrate liegt, wird bei einem Betrag von 88 Cent Wir werden jetzt Tagesordnungspunkt 6 aufrufen. Tages- angesiedelt sein. Damit werden die Rundfunkgebühren – ordnungspunkt 7 wird ohne Aussprache aufgerufen wer- die Zustimmung der Landtage zu diesem Staatsvertrag den. Bei Tagesordnungspunkt 12 haben wir die Redezeit vorausgesetzt – von derzeit 16,15 c auf 17,03 c ansteigen. von 15 auf zehn Minuten je Fraktion reduziert. Tagesord- Dieser Staatsvertrag soll zum 1.April 2005 in Kraft treten, nungspunkt 13, zusammen mit Tagesordnungspunkt 92, nicht zum 1. Januar 2005. wird auch mit zehn Minuten Redezeit je Fraktion behan- delt werden, sodass wir ein bisschen Zeit aufholen kön- Die Gründe, die die Regierungschefs der Länder bewo- nen. gen haben, von dem KEF-Votum abzuweichen, werden in der Begründung zum Rundfunkfinanzierungsstaatsver- Jetzt kommen wir zu Tagesordnungspunkt 6: trag im Einzelnen dargelegt. Mit der Abweichung haben Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung die Regierungschefs nicht nur dem Umstand Rechnung für ein Gesetz zu dem Achten Staatsvertrag zur Änderung tragen wollen, dass der Gebührenvorschlag in das Umfeld rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Achter Rundfunkän- einer deutlich angespannten wirtschaftlichen Lage fällt, derungsstaatsvertrag) und zur Änderung des Hessischen die für alle Teile der Bevölkerung große Herausforderun- Privatrundfunkgesetzes – Drucks. 16/2866 – gen und finanzielle Einschränkungen mit sich bringt. Sie haben auch berücksichtigt, dass die Rundfunkanstalten Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion.Als erster eine Reihe von Selbstverpflichtungserklärungen abgege- Redner hat sich Herr Siebel gemeldet. – Zuerst aber muss ben haben, die weitere Einsparpotenziale bergen und die der Gesetzentwurf eingebracht werden. Herr Staatsminis- im KEF-Vorschlag in dieser Form nicht berücksichtigt ter Grüttner, Sie haben das Wort. Bringen Sie den Ge- werden konnten, dass gleichzeitig aber in dem KEF-Be- setzentwurf zunächst ein. richt zur Ermittlung der Angemessenheit der Gebühren- anhebung deutlich dargelegt worden ist, dass hier noch derartige Einsparpotenziale vorhanden sind. Stefan Grüttner, Minister und Chef der Staatskanzlei: Ich denke, so viel Zeit muss sein. Ich erinnere daran, dass die Anmeldung der Rundfunkan- stalten für diese Gebührenperiode bei mehr als 2 c lag, Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- die KEF mit ihrer Empfehlung bei 1,09 c gelandet ist, ren! Die Landesregierung hat dem Landtag den Entwurf gleichzeitig aber eine Reihe von Einsparvorschlägen in eines Zustimmungsgesetzes zum Achten Rundfunkände- ihrem Bericht noch dargelegt hat. Auch die strukturellen rungsstaatsvertrag zur Beratung und Beschlussfassung Selbstbindungen bzw. Selbstverpflichtungserklärungen vorgelegt. der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind in Zu- Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3567 sammenfassung in den Staatsvertrag aufgenommen wor- das Hotelprivileg und die Gebührenpflicht für Internet- den und können dort im Einzelnen nachgelesen werden. PCs. Ich möchte jetzt auf diese beiden Punkte eingehen.

Als zweiten Schwerpunkt möchte ich gerne das Stichwort Der geltende Rundfunkgebührenstaatsvertrag sieht vor, EU-Kommission und EU-Recht ansprechen. Zwischen dass für Zweitgeräte in Gästezimmern des Beherber- der EU-Kommission einerseits und den Mitgliedstaaten gungsgewerbes eine Rundfunkgebühr von 50 % zu ent- auf der anderen Seite gibt es ein Konfliktfeld, das mit den richten ist. Im Vorfeld der Beratungen zur Novellierung Stichworten „Rundfunkgebühren als EU-rechtswidrige des Staatsvertrags gab es Länder, die, gestützt auf die Sys- Beihilfen?“ und „Befugnis der Mitgliedstaaten zur Defi- tematik des Rundfunkgebührenstaatsvertrags, aber auch nition des nationalen öffentlich-rechtlichen Programm- gestützt auf die erhebliche Gebührenwirksamkeit der auftrags“ umrissen werden kann. derzeitigen Regelung, für eine gänzliche Abschaffung des Hotelprivilegs plädiert haben. Meines Erachtens sind die Mitgliedstaaten gut beraten, Nunmehr ist ein Kompromiss gefunden worden, der auch den Funktionsauftrag ihres jeweiligen nationalen öffent- in den Staatsvertrag eingegangen ist. Demgemäß bleibt es lich-rechtlichen Rundfunks so konkret wie möglich zu de- für Betriebe des Beherbergungsgewerbes mit bis zu finieren. Der Achte Rundfunkänderungsstaatsvertrag 50 Gästezimmern bei der bisherigen Regelung der 50-pro- unternimmt einen weiteren Schritt in diese Richtung. Er zentigen Gebührenbefreiung. Für Betriebe mit mehr als ergänzt die im Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag 50 Gästezimmern sind 75 % der Rundfunkgebühren zu bereits verankerten qualitativen Rahmenvorgaben um entrichten. Die Befreiung beträgt mithin nur noch 25 % solche quantitativer Natur. Diese sind beispielsweise – ein pro Zimmer. ganz entscheidender Punkt –, dass der Staatsvertrag nun- mehr strukturelle Vorgaben für die Begrenzung der Hör- Das Hotelprivileg wird künftig auch auf gewerblich und funk- und Fernsehprogramme des öffentlich-rechtlichen nicht gewerblich vermietete Ferienwohnungen ausge- Rundfunks vorsieht. In § 19 werden nicht nur die Anzahl dehnt. Die Einzelheiten sind dem Rundfunkstaatsvertrag und die Verbreitungsmodalitäten der zulässigen öffent- zu entnehmen. lich-rechtlichen Fernsehprogramme normiert, sondern zugleich wird in § 19 Abs. 6 auch ein Austauschgebot, oder Bei der Gebührenpflicht für Internet-PCs muss man erst besser gesagt: eine Austauschoption, verankert, die es einmal davon ausgehen, dass es bisher ein so genanntes ARD und ZDF ermöglicht, neue Angebote nur noch im Gebührenmoratorium gab, aufgrund dessen neuartige Austausch gegen bisher verbreitete Angebote aufzuneh- Rundfunkempfangsgeräte bis zum 31. Dezember 2006 ge- men. bührenbefreit waren. Dieses Moratorium wird auch nicht angegriffen. Vielmehr wird eine jetzt in den Rundfunk- Diese Regelung zielt zum einen auf eine Deckelung des staatsvertrag eingefügte Regelung ab dem 01.01.2007 gel- öffentlich-rechtlichen Gesamtangebots. Andererseits ten. wahrt sie die Programmautonomie der Öffentlich-Recht- Es ist notwendig, darzustellen, was das bedeutet. Für lichen, auf Neuentwicklungen und Änderungen der Kun- Internet-PCs in einem gewerblichen Betrieb sind hier- dengewohnheiten mit neu konzipierten Programmen rea- nach keine weiteren Rundfunkgebühren zu entrichten, gieren zu können. Allerdings ist dies noch nicht der Ab- solange dort noch herkömmliche Rundfunkgeräte zum schluss einer Diskussion über die Obergrenze der Pro- Empfang bereitgehalten werden. Erst wenn das nicht grammangebote sowohl im Fernsehen als auch im Rund- mehr der Fall ist und ausschließlich Internet-PCs bereit- funk der öffentlich-rechtlichen Anstalten. Hier wird es si- gestellt werden, ist, gleichgültig um wie viele PCs es sich cherlich in den nächsten Jahren und in der nächsten Zeit handelt, eine einzige Rundfunkgebühr zu entrichten. Der noch intensive Diskussionen geben. Vorerst wurde hier Sache nach wird damit, ähnlich wie für die Privaten, die durch diesen Rundfunkstaatsvertrag, den wir Ihnen als Zweitgerätefreiheit eingeführt. Das wird zu einer Entlas- Entwurf vorlegen, eine Deckelung eingezogen. Die Pro- tung führen, und deswegen ist die Aufregung bei diesem grammobergrenze für den Rundfunk ist verbindlich fest- Thema nicht ganz verständlich. gelegt. Sie orientiert sich am Status quo der bisherigen Hörfunkprogramme, setzt aber gleichzeitig auch einen Für den öffentlich-rechtlichen und für den privaten Rund- deutlichen Impuls auf eine weitere Bündelung und auf funk gibt es eine Reihe von weiteren Regelungen. Ich Kooperationen im Hinblick auf die Programmangebote nenne ein paar Stichpunkte:Telefonmehrwertdienste dür- der einzelnen Landesrundfunkanstalten. fen bei den Öffentlich-Rechtlichen nur noch zur Kosten- deckung, nicht aber zur Gewinnerzielung eingesetzt wer- Mit dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag und gleichfalls den. Der Bestand der regionalen Fensterprogramme wird mit dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wer- weiter abgesichert. Die Weiterverbreitung und die Zu- den einige wichtige Änderungen vorgenommen. Das gangsfreiheit werden an das neue Telekommunikations- Recht zur Befreiung von den Rundfunkgebühren, das bis- gesetz des Bundes angepasst. Es gibt die Möglichkeit, die her in den Befreiungsordnungen der Länder geregelt war, analoge terrestrische Versorgung durch die digitale terres- wird in den Rundfunkgebührstaatsvertrag importiert, und trische Versorgung zu ersetzen, um je nach den Entwick- das Befreiungsverfahren wird insgesamt deutlich verein- lungen in den einzelnen Ländern die Chance zu bieten, facht. So ist beispielsweise in der Vergangenheit eine be- von der analogen auf die digitale Terrestrik umzusteigen sondere Berechtigung bei Beziehern von Sozialhilfe vor- und somit sukzessive landesspezifische Bedingungen und genommen worden, indem der eineinhalbfache Sozialhil- Forderungen zu berücksichtigen. fesatz als Befreiungsgrundlage genommen wurde. Hier ist man auf die Anerkennung der örtlichen Sozialhilfeträger Ebenso wird die Selbstverpflichtung als möglicher Teil des zurückgegangen und macht diese zum Maßstab – was zu KEF-Bedarfsermittlungsverfahrens verankert. Folgendes einer entsprechenden Vereinfachung der Verwaltungstä- wird bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten tigkeit führen kann. zur Sparsamkeit führen. Das, was beim Hessischen Rund- funk bereits gilt, nämlich dass keine Kreditaufnahme er- In der besonderen öffentlichen Diskussion waren zwei folgen kann, um sie nachher als gebührenerhöhend aner- Punkte, die damit angesprochen worden sind – nämlich kennen zu lassen, ist nun für alle verankert worden. Es 3568 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 dürfen keine Kredite aufgenommen werden. Auch die funks zu stärken, insbesondere wenn es um Kultur, Infor- Landesmedienanstalten müssen in Zukunft sparen und mationen und Nachrichten geht. In diesen Bereichen ist nehmen nicht mehr automatisch an den Gebührenerhö- der öffentlich-rechtliche Rundfunk meiner Meinung nach hungen teil. den privaten Anbietern immer noch eine Nasenlänge vor- aus. Der dem Landtag vorgelegte Gesetzentwurf enthält auch einige Regelungen zum Hessischen Privatrundfunkge- Insofern glaube ich, dass mit dem vorgelegten Gesetzent- setz. Diese Regelungen sind im Wesentlichen redaktionel- wurf deutlich geworden ist, dass die Landesrundfunkan- ler Natur. Ein Punkt ist allerdings von substanzieller Be- stalten wie jeder andere in diesem Land zu den entspre- deutung. Bei der zunehmenden Digitalisierung des Ka- chenden Sparauflagen und Sparmaßnahmen gezwungen bels ist ein Kartierungs- und Bündelungsverbot vorgese- sind. Sie haben heute der Zeitung entnehmen können, hen. Das heißt, die einspeisenden Kabelbetreiber können dass der Intendant des Hessischen Rundfunks, unseres nicht selbst entscheiden, welche Programmteile – das be- Landesrundfunksenders, sagt: trifft insbesondere die Öffentlich-Rechtlichen – sie anbie- Neben der im Rahmen der Gebührenperiode so- ten und welche nicht. Dies ist entsprechend normiert wor- wieso schon eingeplanten Einsparung von 100 Mil- den. lionen c müssen aufgrund der nun erfolgten Ge- In diesem Zusammenhang sind auch einige Anträge vor- bührenanhebung, wenn es so weit kommt, weitere gelegt worden, unter anderem einer, dessen Beratung im 30 Millionen c eingespart werden. Hauptausschuss vertagt worden ist. Es geht in diesem Gleichzeitig gibt es aufgrund der Selbstverpflichtung eine FDP-Antrag um einen belastbaren Einstieg in die Struk- Reihe von Maßgaben, die meiner Meinung nach für die turreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Lassen Strukturdiskussion innerhalb der Rundfunklandschaft Sie mich an dieser Stelle sagen, dass ich überzeugt davon Deutschlands, sowohl im Hinblick auf die Aufrechterhal- bin, dass in dem vorgelegten Entwurf für den Achten tung und die Stärkung des dualen Systems als auch unter Rundfunkänderungsstaatsvertrag eine Reihe von Punk- Berücksichtigung der wirtschaftlichen Zwänge, denen wir ten, die die FDP in ihrem Antrag formuliert hat, bereits allen ausgesetzt sind, einen richtigen Weg zeigen. Deshalb enthalten ist. Den Wünschen der FDP ist somit bereits bittet die Landesregierung um Zustimmung zu dem vor- Rechnung getragen worden. In Zukunft kommt es auf gelegten Gesetzentwurf. – Danke schön. eine sinnvolle Weiterentwicklung des öffentlich-recht- lichen Rundfunks an. An einzelne Punkte, die dort ange- (Beifall bei der CDU) sprochen sind, sind unterschiedliche Maßstäbe anzulegen, aber zumindest regen sie zum Nachdenken an. Vizepräsidentin Ruth Wagner: Zum Beispiel wird ein völlig werbefreier öffentlich-recht- licher Rundfunk gefordert. Ich bin der festen Überzeu- Vielen Dank, Herr Minister. – Bevor ich Herrn Siebel das gung, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk dadurch Wort erteile, möchte ich Tagesordnungspunkt 118 aufru- sehr schnell an Attraktivität verlieren würde und dass die fen: Akzeptanz der Gebührenerhebung auf Dauer massiv be- einträchtigt wäre. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend die würde sich somit zu einem Nischenprogramm entwickeln, Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wie wir es aus Amerika kennen. Wir müssen also für eine in Hessen – Drucks. 16/3240 – Gleichwertigkeit der Waffen bei den Angeboten der Öf- Dieser Tagesordnungspunkt soll mit aufgerufen werden. fentlich-Rechtlichen und der Privaten sorgen. Ist das richtig? – Herr Siebel, Sie haben das Wort. (Nicola Beer (FDP): Die Attraktivität macht ihr jetzt an der Werbung fest!) Michael Siebel (SPD): Ein Verzicht auf Sponsoring und Werbemaßnahmen Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- würde zu einer massiven Gebührenerhöhung bei glei- ren! Wir beraten heute den Gesetzentwurf für den Achten chem Angebot führen. Ob dies in das wirtschaftliche Um- Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der, wie in jeder Ge- feld passt, wage an ich dieser Stelle zu bezweifeln. bührenperiode, im Vorfeld zu heftigen Debatten führt. Natürlich umfasst dieser Gesetzentwurf mehr, als in der Debatte über die Rundfunkgebühren zum Ausdruck Vizepräsidentin Ruth Wagner: kommt. Aber diese Debatte steht im Zentrum der öffent- Herr Minister, die Redezeit der Fraktionen ist längst lichen Diskussion. Auch wird im Kontext des Rundfunk- überschritten. staatsvertrags immer wieder das Verfahren kritisiert, nämlich dass die Landtage den Staatsvertrag nur noch ra- tifizierten und dass keine Änderungen mehr möglich Stefan Grüttner, Minister und Chef der Staatskanzlei: seien. Genauso muss man an dieser Stelle darlegen, dass wir die- (Dieter Posch (FDP): Das haben wir jedes Mal!) ses Problem nicht nur aus dem Blickwinkel der privaten Es ist richtig, dass es sich um einen ausgehandelten Staats- Anbieter betrachten dürfen, sondern dass wir auch die vertrag handelt und dass es einen Prozess gab, der in diese Werbewirtschaft berücksichtigen müssen, wenn wir wirt- Richtung geführt hat. Es gibt auch einen Prozess danach. schaftliches Handeln befördern wollen. Gerade bei der Ich denke, es ist wichtig, das zu berücksichtigen. Werbewirtschaft würde ein völliger Verzicht auf Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu massiven Beein- Der Rundfunkstaatsvertrag fällt nicht vom Himmel. trächtigungen und Einbußen führen, weil es manche Ziel- Wenn wir dies berücksichtigen, muss auch klar sein, dass gruppen gibt, die ausschließlich Programme öffentlich- wir im Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag die rechtlicher Anbieter einschalten. Wir versuchen immer, Anstalten dazu verpflichtet haben – das ist eine Möglich- die Programminhalte des öffentlich-rechtlichen Rund- keit, wie man sich im Vorfeld mit dieser Materie befassen Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3569 kann –, dem Landtag zeitnah zum KEF-Bericht einen angemessene Reaktion auf eine Strukturveränderung schriftlichen Bericht über die wirtschaftliche und finan- innerhalb des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist, zielle Lage einschließlich der Programmvorhaben und der möchte ich nachhaltig infrage stellen. Tätigkeiten der Tochtergesellschaften zu übersenden,und dass dies im Landtag – wenn man will, auch in Anwesen- Ich möchte unterstreichen, dass durchaus Rahmenverein- heit der Intendanten – beraten werden kann. barungen getroffen worden sind – also Gebührenfreiheit von Zweitgeräten, der Wegfall des Hotelprivilegs, auch Wir haben eine Verpflichtung der Staatskanzlei, den die Einbeziehung von PCs und anderer Rundfunkemp- Landtag jeweils zu den Ständen der Vertragsverhandlun- fänger im Haushalt, die in § 6 des Rundfunkgebühren- gen zu unterrichten. Im Übrigen gibt es Berichte des Lan- staatsvertrages festgelegte Gebührenbefreiung für Emp- desrechnungshofes, über die auch Gelegenheit besteht, im fänger von Arbeitslosengeld I und II, BAföG-Empfänger Hessischen Landtag zu diskutieren. Das heißt, wir haben und Sonderfürsorgeberechtigte –, die im Kern unsere Zu- durchaus die Möglichkeit, im Verfahren zu intervenieren. stimmung finden. Schon jetzt habe ich eine heilsame De- Wenn dort Fehler analysiert werden, dann müssen wir uns batte über den sachgerechten Umgang mit unseren Rund- auch an die eigene Nase greifen. funkgebühren wahrgenommen. Auf diese Diskussion be- zieht sich der dritte Punkt in unserem Antrag.Wir wollen, Ich will eine zweite Vorbemerkung machen. Ich glaube, es dass auch der Hessische Rundfunk den Prozess der Struk- gibt eine durchaus länderübergreifende Einigung über turreform vorantreibt. Auch er muss sein Profil schärfen den Rundfunkänderungsstaatsvertrag, die unterstreicht, und zur Qualitätssicherung beitragen. dass es einen großen medienpolitischen Konsens gibt, dass für alle Medienanbieter günstige Rahmenbedingun- Meine Damen und Herren, ich will eine letzte Bemerkung gen zu schaffen sind. Diese Übereinstimmung hat, wie wir machen. Darauf bezieht sich der vierte Punkt unseres An- unterstreichen können, in der Bundesrepublik und in un- trages. Wir bewerten mit großer Skepsis die in der Selbst- serem Bundesland Hessen zu einer herausragenden Me- bindung niedergelegte Begrenzung des Onlineaufwandes dienlandschaft in Bezug auf Vielfalt und Qualität geführt. bei ARD und ZDF auf 0,75 % der gesamten Aufwendun- Wenn wir momentan in einer wirtschaftlichen Krise sind, gen. Dies mag möglicherweise in der jetzigen Gebühren- dann sind in der Tat bevorzugt die werbefinanzierten Me- periode noch hinlänglich sein.Aber in Bezug auf perspek- dien davon betroffen.Aber ich bin der Überzeugung, dass tivische Diskussionen wird die nach unserem Verständnis die Diskussion, die wir haben, durchaus auch auf den öf- nicht ausreichen. Mich befremdet auch die Diskussion fentlich-rechtlichen Rundfunk einen positiven Effekt ha- über die Beschränkung Öffentlich-Rechtlicher in Bezug ben kann. In diesem Zusammenhang begrüßen wir seitens auf Onlineangebote, weil ich glaube, dass wir damit Ge- der SPD-Fraktion außerordentlich – das haben wir in un- fahr laufen, eine ganze Generation von jüngeren Erwach- serem Begleitantrag auch dargelegt – die Leitliniendis- senen, von Jugendlichen, auch von Kindern mit ihren Re- kussion der öffentlich-rechtlichen Sender, die darauf ge- zeptionsgewohnheiten in Bezug auf den Rundfunk auszu- richtet ist, dass deren Ziele zu präzisieren und Maßnah- schließen. men zur strukturellen Fortentwicklung für eine zielge- Der Konsum klassischen Rundfunks geht zurück. Zuneh- richtete Verwendung von Rundfunkmitteln im Sinne des mend wird das Internet zum alleinigen Informations-, Bil- Grundversorgungsauftrages zu gewährleisten sind. dungs- und Unterhaltungsmedium für diese Zielgruppe. Medienpolitik hat die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu Deshalb macht unserer Auffassung nach das Bemühen, schaffen, die es privaten und öffentlich-rechtlichen Sen- die Beschränkung in den Vordergrund zu stellen, keinen dern gleichermaßen ermöglichen, sich zu fairen Bedin- Sinn. Ich möchte deshalb – jetzt wirklich zum Abschluss gungen an diesem Wettbewerb zu beteiligen. Wir dürfen der Diskussion – einen Vorschlag von Frau Staatsministe- weder zulassen, dass den Privaten die Luft ausgeht, noch rin Christina Weiss aufgreifen, die in einem anderen Kon- dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk zu einem Nischen- text den Vorschlag unterbreitet hat: Warum öffnen wir programm verkommt.Von beidem sind wir aber durchaus nicht die Archive des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weit entfernt. Das ist auch unsere Stärke, die wir hier zu für die Öffentlichkeit? vertreten haben. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD) Meine sehr verehrten Damen und Herren, in den Archi- Ich will zu dem zweiten Punkt in unserem Antrag kom- ven der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist ein men, der sich gezielt auf die Wirkung der KEF und auf das enormer Fundus an Wissen und Geschichte, auch über un- Verfahren bezieht. Im Jahr 1994 ist mit dem Urteil des ser Land, enthalten. Ich denke, dass dies eine große Bundesverfassungsgerichts festgestellt worden, dass das Chance wäre – auch im Sinne der Zurverfügungstellung damalige Verfahren geneigt sein kann, die Rundfunkfrei- von Onlineangeboten –, einen qualitativen Schritt zu ma- heit zu beeinträchtigen. Deshalb möchte ich für uns klar chen, um dort zu einer Auflösung zu kommen. feststellen, dass das staatsvertraglich vereinbarte dreistu- fige Verfahren der Bedarfsanmeldung der Rundfunkan- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- stalten, der Prüfung und Empfehlung durch die KEF und ren, die SPD-Landtagsfraktion wird dem Achten Rund- dann der Festsetzung durch die Länder – jetzt durch die funkänderungsstaatsvertrag zustimmen. Er dient einem Länderparlamente – auf der Grundlage der Empfehlung verfassungsrechtlich angemessenen Verfahren der Siche- den Anforderungen entspricht. Dies ist so. Dass wir daran rung des Auftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. festhalten wollen, beinhaltet der zweite Punkt unseres Es wird auch in Zukunft unsere Aufgabe sein, die Aufgabe Antrages. der Politik, angemessene Rahmenbedingungen zu schaf- fen, wie wir in diesem weltweit einmaligen System der Ich glaube, es ist schon das Notwendige von Herrn Staats- Rundfunklandschaft den Rundfunk weiterentwickeln minister Grüttner zu der Frage möglicher Ideen der Wer- können. Insofern ist Rundfunkpolitik in Deutschland befreiheit gesagt worden. Ich weiß, dass das innerhalb der auch Kulturpolitik. – Herzlichen Dank. FDP diskutiert wird. Sie wissen genauso, dass dies zu einer Gebührenerhöhung von 1,50 c führen würde. Ob das die (Beifall bei der SPD) 3570 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Vizepräsidentin Ruth Wagner: Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass die letzte Gebührenerhöhung am 1. Januar 2001 in Kraft trat. Da- Als nächste Rednerin hat Frau Hinz für die Fraktion mals wurde die Rundfunkgebühr um 1,70 c erhöht. Bis zu BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. der nächsten geplanten Erhöhung werden dann vier Jahre und drei Monate vergangen sein. Die Behauptung, es sei sozial nicht vertretbar, statt 88 Cent 1,09 c mehr zu neh- Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): men, ist, so glaube ich, nicht stichhaltig. Damit kann man Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es gibt das nicht begründen. Wir haben da jedenfalls unsere schon lange eine auch öffentlich geführte Diskussion über Zweifel. den Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und vor al- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) lem über die Frage, wie hoch die Gebühren sein werden. Das ist immer das Spannendste an diesem Rundfunkän- Bei einer Erhöhung um 1,09 c sind bereits Strukturrefor- derungsstaatsvertrag. Natürlich ist es so, dass ein Landtag men bei den einzelnen Sendeanstalten vorgesehen. Nach- letztendlich einem Staatsvertrag mehrheitlich zustimmen dem sie das wussten, mussten sie ihre Planungen schon zu- muss, da er sonst insgesamt in der Bundesrepublik nicht sammenstreichen. Ich möchte daran erinnern, dass sich zum Tragen kommen kann.Wir hatten schon Debatten zu die Anmeldung der Sendeanstalten gegenüber der KEF diesem Thema und konnten durchaus vor Aushandlung auf 2 c belief. des Staatsvertrages mehrfach erstens unsere Meinung (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Was glauben Sie, was die dazu sagen, wie das Verfahren stattfinden soll, und zwei- Minister immer anmelden!) tens über die Frage der Gebührenerhöhung diskutieren. – Das ist mir alles bekannt. Wir hatten im Hessischen Landtag dazu eine Anhörung, nämlich am 10.03. dieses Jahres, in der wir nicht nur die (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Aha!) Vertreter von ARD, ZDF, hr und Deutschlandfunk da Trotzdem wurde bewertet, was tatsächlich notwendig ist. hatten, sondern auch Vertreter der KEF – der Kommis- Ich denke, der öffentlich-rechtliche Rundfunk, die Fern- sion zur Ermittlung des Finanzbedarfs. In dieser Debatte sehanstalten und der Auftrag, den sie für die Information, wird nach wie vor von einigen Parteien und auch von ei- in der Hauptsache auch die Bildung und für die Kultur nigen Politikern bestritten, ob Gebühren überhaupt ange- wahrnehmen – daneben sorgen sie auch für Unterhal- hoben werden sollten. Strittig ist auch die Frage der Wer- tung –, müssten es uns doch wert sein, pro Monat 1,09 c beeinnahmen. Tatsächlich – die FDP ist der Meinung, mehr auszugeben. Man sollte das einmal auf die 30 Tage Werbeeinnahmen sollte es für Öffentlich-Rechtliche nicht umrechnen, die ein Monat hat. Dann bleibt von der Erhö- geben. hung nicht mehr viel übrig. Dafür bestehen aber viele Wir haben einen anderen Vorschlag. Wir sagen: Die Wer- Möglichkeiten, sich zu informieren und gute Sendungen begrenzen – also die Beschränkung der Zeitdauer für die zu sehen oder zu hören, wenn sie denn gesendet werden. Werbung – sollten bleiben.Aber sie sollten über die Zeit- (Beifall des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- grenze von 20 Uhr hinaus geöffnet werden, weil es keinen NIS 90/DIE GRÜNEN)) Sinn macht, wenn die meiste Werbung nach der Uhrzeit stattfindet, zu der Kinder vor dem Fernsehen sitzen. Ich Der Hessische Rundfunk hat inzwischen mitgeteilt, dass denke, hier müssten sich eigentlich die Medienpolitiker bei einer Senkung der Erhöhung von 2 c auf 1,09 c Ein- noch bewegen. sparungen in Höhe von 100 Millionen c vorgenommen werden müssten. Einsparungen in Höhe von 30 Millio- Als Nächstes war die Frage, um wie viel die Gebühr er- nen c kämen hinzu, wenn die Gebühren nur um 88 Cent höht werden sollte. Schon da fängt es an, dass wir Ihrem angehoben würden. Das hätte natürlich auch zur Folge, Antrag – meine Damen und Herren von der SPD – nicht dass die Möglichkeiten sinken, in der Filmwirtschaft zu in- zustimmen können; denn Sie haben in Punkt 2 ausgeführt, vestieren. Das hat also Weiterungen,die, so glaube ich, bis- dass insbesondere das Verhalten der CDU/CSU-geführ- lang noch nicht in die öffentliche Diskussion geraten sind. ten Länder geeignet sei, „die KEF zu gefährden und den Sie sollten aber auch bedacht werden. Denn ich halte es öffentlich-rechtlichen Rundfunk zusätzlichen Risiken schon für notwendig, dass die Filmindustrie und die Film- auszusetzen“. wirtschaft weiterhin die Möglichkeit haben, am Standort Das geht auf die Entscheidung zurück, dem Vorschlag der Deutschland zu arbeiten und hier aufzublühen. c KEF nicht zu folgen, die Gebühren um 1,09 zu erhöhen. (Beifall der Abg. Frank-Peter Kaufmann und Sarah Ich möchte daran erinnern, dass neben Ministerpräsident Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Stoiber vor allem auch Ministerpräsident Steinbrück hef- tig dafür geworben hat, möglichst keine Gebührenanhe- Die geplante Erhebung von Gebühren für PCs, die ans bung vorzunehmen. Er hat sich bis zum Schluss auch bei Internet angeschlossen sind, ist für uns ein besonders denjenigen eingereiht, die gesagt haben: Wenn es schon schwieriger Punkt. Das halten wir überhaupt nicht für ge- eine Gebührenerhöhung geben muss, dann muss sie mög- rechtfertigt. lichst gering ausfallen. – Da jetzt die Verantwortung ganz (Beifall der Abg. Michael Siebel (SPD), Roland von auf die CDU und die CSU abschieben zu wollen, ist nicht Hunnius und Florian Rentsch (FDP)) ganz lauter. Herr Minister Grüttner hat vorgetragen, dass es bislang Wir GRÜNEN stehen auf dem Standpunkt, dass eine Er- ein Gebührenmoratorium gibt. Das wird zum 31. Dezem- höhung der Rundfunkgebühren gerechtfertigt ist. Wir ber 2005 auslaufen. Ab dann sollen alle internetfähigen sind der Meinung, dass auch eine Gebührenerhöhung um PCs gebührenpflichtig werden. 1,09 c gerechtfertigt wäre. Wir halten es für sinnvoll, dass es dieses staatsferne Verfahren gibt. Die KEF wurde nicht Für die privaten Haushalte und Unternehmen, die bereits umsonst eingerichtet. Sie soll staats- und politikfern er- Rundfunkgeräte angemeldet haben, wird sich nichts än- mitteln, welche Notwendigkeiten beim öffentlich-recht- dern. Wer jedoch ausschließlich über einen PC mit Inter- lichen Rundfunk bestehen. netzugang verfügt, wird dann erstmalig zur Zahlung der Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3571

Rundfunkgebühr herangezogen werden. Das trifft insbe- Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): sondere die kleinen Gewerbetreibenden und die Freibe- rufler, die den PC als Arbeitsmittel brauchen, mit ihm Re- Einen letzten Satz möchte ich noch sagen. – Wir können cherchen durchführen und E-Mails versenden. Darum auch aus nachfolgend genanntem Grund nicht für den geht es. Sie sollen künftig tatsächlich Rundfunkgebühren Dringlichen Antrag der SPD-Fraktion stimmen. Wir wer- zahlen. den dazu noch eine eigene Initiative vorlegen. Wir halten es für falsch, dass Sie deutliche Schritte zur Fortsetzung Da kommt noch etwas anderes hinzu: Kleine Unterneh- der Qualitätssicherung und zur Profilschärfung fordern. men und Freiberufler sind von dieser neu eingeführten Wir halten das Programm, das derzeit dargeboten wird, Gebührenpflicht, proportional gesehen, stärker betroffen. eher für eine Verwässerung. Das kann man z. B. erkennen, Denn für jedes Unternehmen und jeden Standort fällt die wenn man sich die Reform des Programms „hr 1“ im Ra- Rundfunkgebühr nur einmal an. Das heißt, große Unter- dio anschaut. nehmen zahlen genauso viel oder wenig – je nach Sicht des Unternehmens –, wie es ein Architekt, ein Ingenieur- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) büro oder ein kleines Journalistenbüro tun muss. Das hal- Das hat leider nicht mehr viel mit dem Informationsradio ten wir nicht für gerechtfertigt. zu tun, das es einmal war. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Es ist auch keines mehr! und bei Abgeordneten der FDP) Dafür gibt es jetzt hr-info!) Ich wundere mich schon, dass die Landesregierung in Ge- Es soll keines mehr sein, es gibt – – stalt des Herrn Grüttner das eben so lapidar mitgeteilt hat. Denn es war die Hessische Landesregierung, die sich (Der Rednerin wird das Mikrofon abgestellt.) immer so vehement für das Moratorium ausgesprochen – Darf ich den Satz beenden? hat. Jetzt auf einmal gilt das nicht mehr. Meine Damen und Herren Kollegen, das gilt übrigens auch für Ihre Wahlkreisbüros. Auch dort werden Sie für Vizepräsidentin Ruth Wagner: Ihre PCs künftig Rundfunkgebühren zahlen müssen, Aber bitte. Das war aber zu lange. Das waren mehrere (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Die machen das schwarz!) Sätze. wenn Sie nicht sowieso dort einen Fernseher stehen ha- ben und bereits Rundfunkgebühren bezahlen. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Volker Hoff (CDU): Oder wenn Sie einen Fernse- Entschuldigung. – Das, was derzeit im Hessen-Fernsehen her zu Hause haben!) und im Hessen-Radio stattfindet, halten wir für eine Ver- wässerung des Sendeprofils. Deswegen werden wir an- Ansonsten müssen Sie künftig in die Tasche greifen und dere Formulierungen wählen und die hier auch vorlegen. Rundfunkgebühren bezahlen. Ich weiß nicht, ob das allen – Danke schön. hier im Raum klar ist. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Wenn du einen Fernseher hast, gilt das für den anderen Be- reich auch! Das versteht ihr falsch!) Vizepräsidentin Ruth Wagner: – Nein, das verstehen wir gar nicht falsch. Herr Dr. Jung, Vielen Dank. – Nächster Redner ist Herr Hahn. Er spricht denn das Wahlkreisbüro befindet sich nicht immer zu für die Fraktion der FDP. Hause im Wohnzimmer. Wenn Sie ein eigenständiges Büro und dort einen internetfähigen PC haben, werden Sie künftig Rundfunkgebühren dafür bezahlen müssen. Jörg-Uwe Hahn (FDP): (Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Nein, das Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und stimmt doch gar nicht!) Kollegen! Ein Gesetzentwurf mit dem Unwort Rund- funkänderungsstaatsvertrag haben wir zum achten Mal Offenbar ist diese Maßnahme ein Zugeständnis durch die im Hessischen Landtag vorliegen. Wie immer beklagen Hintertür. Man weiß, dass die fehlenden 21 Cent doch wir zu Beginn, dass die Landtage dabei eigentlich nur No- irgendwie zu Buche schlagen, und will deshalb den Sen- tare sind. Wir, die Mitglieder der FDP-Fraktion, appellie- deanstalten ein bisschen mehr zukommen lassen. Denn ren an Sie, dass dieses Haus letztlich nicht der Notarfunk- ansonsten müsste diese Maßnahme nicht in den Rund- tion des Vorlesens und Abnickens gerecht wird. Vielmehr funkänderungsstaatsvertrag aufgenommen werden. Ge- wollen wir, dass dieses Haus den Gesetzentwurf zum Ach- nauso gilt das für den Tatbestand,dass die verringerte Ge- ten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ablehnt. Dabei sind bühr für Hotels mit über 50 Gästezimmern angehoben für uns fünf Punkte wichtig. werden soll.Auch das hat etwas damit zu tun, dass die Be- messungsgrundlage verbreitert werden soll. Das zeigt, Der erste Punkt betrifft die Diskussion um die Frage der dass die Sendeanstalten eigentlich doch mehr Gebühren Rundfunkgebührenerhöhung. als das brauchen, was bei der Berechnung des Gebühren- Beim zweiten Punkt geht es um den Adresseneinkauf aufkommens herausgekommen ist. durch die GEZ. Drittens geht es um die Gebührenpflicht für internetfä- Vizepräsidentin Ruth Wagner: hige Rechner. Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende. Viertens geht es um das Hotelprivileg. 3572 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Fünftens geht es um die Befreiungsregelung für Behin- Ich kann das hier sehr entspannt sagen, da ich es auch im- derte, die unabhängig davon gelten soll, ob sie über Ver- mer wieder in den Gremien des Hessischen Rundfunks mögen verfügen oder nicht. sage. Auch wir in unseren Landesrundfunkanstalten müs- sen davon wegkommen, dass wir sieben Hörfunkpro- Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme gramme haben. zum Thema Rundfunkgebühren. Wir haben uns als Libe- rale im Hessischen Landtag, aber auch als Liberale in al- (Beifall bei der FDP) len Landtagen in Deutschland, schon mehrfach zu Wort gemeldet.Wir sind der Auffassung, dass es auch weiterhin Das ist einfach nicht mehr finanzierbar in dieser Zeit, und ein duales System in Deutschland geben muss. Ich sage es ist auch nicht notwendig, um den öffentlich-rechtlichen das ganz deutlich zu Beginn, weil manchmal unsere Wett- Auftrag zu erfüllen.Wir sagen darüber hinaus, es muss ei- bewerber von Rot oder Grün, manchmal auch von den nen mittelfristigen Verzicht auf jegliche Werbung im öf- Schwarzen, dazwischenrufen, dass die FDP gegen den öf- fentlich-rechtlichen Rundfunk geben. fentlich-rechtlichen Rundfunk eingestellt sei oder seine Abschaffung befürworte. Diese Fraktion im Hessischen Zweitens. Verzicht auf Sponsoring im Abendprogramm Landtag ist für ein duales System bei Rundfunk und Fern- des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ab dem 01.01.2009. sehen. Das heißt aber nicht, dass wir alles das kritiklos Drittens. Endlich Beendigung der rechtswidrigen übernehmen, was diese Damen und Herren von uns for- Schleichwerbung. Ich will Ihnen ein Beispiel sagen.Was in dern. der letzten Woche bei der Bambi-Verleihung wieder an (Beifall bei der FDP) Schleichwerbung über den Sender gelaufen ist, über einen öffentlich-rechtlichen Sender, das geht, mit Verlaub ge- Wenn die Kollegin Hinz sagt, die Rundfunkanstalten hät- sagt, auf keine Kuhhaut. Das geht so nicht. ten insgesamt so viel gefordert, dass eine Erhöhung von über 2 c herausgekommen wäre, so darf ich, verehrte Mi- (Beifall bei der FDP) nisterin a. D., darauf hinweisen: Das Ritual kennen wir von überall her. Die Minister in der Landesregierung, Entweder haben wir eine Rechtsprechung, in der egal, welches Parteibuch sie haben, haben auch immer Schleichwerbung verboten ist, oder nicht. Wir haben sie, größere Forderungen. Der Finanzminister stutzt diese es ist verboten, also dürfen die Öffentlich-Rechtlichen Forderungen dann auf ein erforderliches Maß zurecht. dies nicht mehr machen. Stefan Grüttner, ich glaube, in diesem Punkt stimmen wir relativ überein. (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn er es nur täte!) Ich weiß – Franz Josef Jung sitzt an verantwortlicher Stelle im Fernsehrat des ZDF –, dass die Unsitte, dass man Das gilt natürlich auch – diese Debatte haben wir gestern bei „Wetten, dass ...“ das Handy fünfmal hat sehen kön- erst geführt, lieber Tarek Al-Wazir, ich will sie jetzt nicht nen, seit einem halben Jahr Gott sei Dank abgeschafft wiederholen – für die Rundfunkanstalten. Deshalb ist es worden ist. Auch das war rechtswidrige Schleichwerbung, für mich vollkommen uninteressant, ob das nun erfüllt die von einem Sponsor bezahlt worden ist. So geht es nun worden ist oder nicht. Im Gegenteil, hätte die KEF das al- einmal nicht. les erfüllt, hätte sie gezeigt, dass sie vollkommen überflüs- sig ist. In der vergangenen Woche bin ich mit Herrn Schächter und Herrn Suchan zu dieser Frage noch einmal etwas über Zweite Bemerkung. Frau Hinz, Sie haben gesagt, 1,09 c Kreuz gekommen.Aber das Ergebnis war, dass sie erklärt seien nicht schlimm, usw. – Wir müssen die Gesamtsumme haben, dass sie es nicht nur bei Gottschalk abstellen, son- sehen. Damit Sie einmal wissen, worüber wir reden: dern auch noch bei anderen abstellen werden. (Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das weiß ich doch!) Der vierte Punkt betrifft die strikte Begrenzung bei On- lineaktivitäten auf programmbegleitende Inhalte. Lieber Die ARD hat im Jahre 2002 Gebühreneinnahmen von Herr Siebel, eines muss klar sein: Ihre Argumentation 4,869 Milliarden c gehabt. Das ist eine unglaublich hohe führt dazu, dass Sie eine dritte Säule der Informations- Zahl. Das ZDF hat zusätzlich – ich rede nur von den Ge- übermittlung im öffentlich-rechtlichen Bereich haben bühreneinnahmen – 1,506 Milliarden c eingenommen. wollen. Sie haben nicht so argumentiert wie wir, dass es ausschließlich programmbegleitend sein soll, sondern Sie (Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Viel zu haben erklärt, es müsse das Heranführen von Kunden, das wenig gegenüber der ARD!) Heranführen von Zuhörern und Zuschauern der nächsten Dagegen nehmen Sie die gesamte BBC. Die hatte nur Generation sein. 4,2 Milliarden c gehabt. Wenn Sie unsere zusammenzäh- Das ist der Einstieg in den dritten Programmweg: nach len, dann sind es über 6 Milliarden c. In dieser Republik Hörfunk und Fernsehen nun noch das Internet. Aber das ist ein Missverhältnis entstanden. Die Öffentlich-Recht- lehnt die FDP in diesem Hause ab. lichen haben zu hohe Gebühreneinnahmen in den letzten Jahren und Jahrzehnten gehabt. (Beifall bei der FDP – Frank-Peter Kaufmann (Beifall bei der FDP) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Warum?) Deshalb ist es dringend notwendig, dass wir eine ernst- Das Internet ist ausschließlich programmbegleitend ein- hafte Strukturreform anschieben. Das, was nunmehr mit zusetzen. der Selbstverpflichtungserklärung der Intendanten vorge- legt worden ist, ist für die Liberalen ein erster Schritt in Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich habe die richtige Richtung. Es ist aber noch lange nicht das Er- von Herrn Schächter gehört, dass nur 0,5 % oder 0,55 % gebnis der Veranstaltung. des ZDF-Etats für den Interneteinsatz ausgegeben wird. Dann reichen auf alle Fälle die 0,75 %, die im Staatsver- (Beifall bei der FDP) trag stehen. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3573

Den fünften Punkt, die Verringerung der Anzahl der Pro- organisiert sind, diese Kosten zu tragen haben. Wie jetzt gramme der öffentlich-rechtlichen Anstalten, habe ich die große Koalition der Ministerpräsidenten auf die Idee schon erwähnt. kommt, die Wirtschaft und insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmer zusätzlich zu belasten, ist (Volker Hoff (CDU):Wir sind dafür! Sie sind dage- ihr Geheimnis. Wir jedenfalls tragen das nicht mit. gen!) Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir müs- (Beifall bei der FDP) sen deshalb die Diskussion über die Rundfunkgebühren Wir tragen auch den vierten Punkt nicht mit, dass das so ein bisschen entspannter führen, als meine Vorredner von genannte Hotelprivileg – das Wort ist schon eine klassi- Sozialdemokraten und GRÜNEN das eben getan haben. sche Fehldeutung des Sachverhalts – abgeschafft werden (Beifall bei der FDP) soll. Wir wissen ganz genau, dass bei der Größe der Häu- ser – wie die Ministerpräsidenten auf 50 Zimmer kom- Eine letzte Bemerkung zu den Gebührenerhöhungen. men, ist mir ein Rätsel; das hat wohl etwas mit Würfeln zu Herr Siebel, wir sind in vielen Punkten einer Meinung. tun –, die jetzt zusätzlich betroffen sind, die Auslastungs- Aber erzählen Sie bitte nicht sich selber und schon gar quote im Durchschnitt weit unter 50 % liegt, sodass sie nicht den Menschen, dass das KEF-Verfahren ordentlich Fernsehgebühren für etwas bezahlen sollen, was sie über- beachtet worden sei. Das KEF-Verfahren ist überhaupt haupt nicht nutzen können. Das ist wiederum eine Belas- nicht beachtet worden. Es ist gebrochen worden. Damit tung für die Wirtschaft, was wir gerade in der jetzigen Si- wir hier klipp und klar wenigstens vor uns und auch den tuation nicht akzeptieren können. Zuhörern die Wahrheit sagen: Nach dem KEF-Verfahren hätte man 1,09 c nehmen müssen. Eine letzte Bemerkung, Frau Präsidentin, meine sehr ver- ehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FDP) Man hätte irgendetwas anderes nehmen können, aber (Volker Hoff (CDU): Herr Präsident!) nicht die 0,88 c, wie Herr Stoiber und Herr Beck sie vor- getragen haben. Das ist ein Eingriff in das KEF-Verfah- – Herr Präsident? Oh, man hat hinter meinem Rücken ge- ren, wechselt. (Beifall bei der FDP) (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es kommt öfter vor, dass die FDP etwas und das Bundesverfassungsgericht würde das auf alle nicht mitkriegt!) Fälle verurteilen. Aber wir alle wissen, dass weder das ZDF noch die Rundfunkanstalten der Länder nach Karls- Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, ruhe gehen werden, sodass diese Frage letztlich nicht dort wir sind als Liberale nicht dafür, dass die Befreiungstat- beantwortet wird. bestände vom Gebührenzahler zu leisten sind. Wenn die Befreiungstatbestände abgeschafft würden, hätte man ein Ein zweiter Punkt, der gegen eine Zustimmung spricht, ist Äquivalent in Höhe von 1,23 c Gebührenerhöhung. die Möglichkeit der GEZ, nunmehr wie ein Privater Wenn jemand umsonst einen Fernsehanschluss haben Adressen einzukaufen. Ich will Ihnen sagen, was das be- soll, so hat das Sozialamt im Wege des BSHG dies zu be- deutet. Die GEZ kann künftig die Datei über Abonnen- zahlen, wie es alle anderen Sozialleistungen auch bezahlt. ten von „Gong“, „Hörzu“ oder welcher Zeitschrift auch immer kaufen und die Adressen dann gegen ihre eigenen (Beifall bei der FDP) Adressen gegenlaufen lassen, ob die Menschen Rund- funkgebühren zahlen oder nicht. Wenn jemand den Wenn jetzt noch ein behinderter Millionär – ich sage das „Gong“ abonniert, dann unterstellt man offensichtlich, mit Gänsefüßchen, um deutlich zu machen, dass es ein- dass er auch ein Fernseh- oder Rundfunkgerät hat. Die kommensunabhängig ist – keine Gebühren bezahlen soll, Datenschutzbeauftragten von acht Bundesländern, auch so haben wir Liberalen etwas dagegen. Ich weiß, wovon unser Hessischer Datenschutzbeauftragter, haben erklärt, ich in diesem Falle spreche. dass das datenschutzrechtlich schlicht falsch ist und nicht gemacht werden darf. Warum? Weil die öffentlich-recht- Das sind fünf Punkte, die gegen den jetzigen Rundfunk- lichen Daten etwas anders und gezielter erhoben werden änderungsstaatsvertrag sprechen. dürfen als im privaten Bereich. Die GEZ ist im Ausfluss der öffentlich-rechtlichen Diskussion tätig und darf des- Ich unterstelle, dass in zwei, drei Punkten auch die Regie- halb, so auch unser Hessischer Datenschutzbeauftragter, rungsbeteiligungen von GRÜNEN und FDP in den Län- Prof. Ronellenfitsch, nicht derartige Rechte bekommen. dern dafür Sorge tragen, dass das geändert wird. Bei den Gebühren wird offensichtlich nichts mehr geändert, das Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin über- ist ein falsches Signal an die Bürgerschaft und die Lan- rascht, dass gerade die Partei, die den Bundesdaten- desmedienanstalten. Das müssen aber diejenigen verant- schutzbeauftragten stellt, nämlich derzeit die GRÜNEN, worten, die ehemals das SMS-Papier geschrieben haben – das überhaupt noch nicht erkannt hat. Da merkt man, wo Herr Steinbrück, Herr Milbradt und Herr Stoiber – und die Bürgerrechte beachtet werden und wo nicht. die jetzt etwas anderes machen, als sie vorher gesagt ha- (Beifall bei der FDP) ben. Wir Liberale bleiben in diesem Landtag konsequent und sagen: so nicht. – Vielen Dank. Zum dritten Punkt, der Gebührenpflicht für internetfä- hige Rechner, hat bereits die Kollegin Hinz alles gesagt, (Beifall bei der FDP) was zu sagen ist. Der Branchenverband Bitcom geht da- von aus, dass das mindestens 3 Milliarden c zusätzliche Belastung für die deutsche Wirtschaft sind. Der Bundes- Präsident Norbert Kartmann: verband der freien Berufe hat darauf hingewiesen, dass insbesondere die Freiberufler, die in kleinen Einheiten Das Wort hat der Abg. Hoff für die CDU-Fraktion. 3574 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Volker Hoff (CDU): (Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- ren! Es sind jetzt viele Argumente hin und her gewechselt Natürlich gibt es eine Reihe von Punkten – Herr Kollege worden. Ich glaube, man kann vor die Klammer ziehen, Hahn hat welche genannt –, über die man in Einzelheiten dass sich jeder das Argument heraussuchen kann, das er reden kann. Es ist bekannt, dass ich beispielsweise in der gerade braucht. Frage der GEZ dafür eintrete, möglicherweise ganz an- dere Formen des Gebühreneinzugs einzurichten. Die (Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE Frage des Adressenkaufs ist eigentlich nur noch das GRÜNEN)) i-Tüpfelchen obendrauf. Ich finde es viel schlimmer, dass die Einwohnermeldeämter in regelmäßigen Abständen FDP und GRÜNE wollen den Rundfunkänderungs- der GEZ melden, wer neu in irgendeiner Stadt zugezogen staatsvertrag ablehnen. Den einen gehen die 88 Cent nicht ist, und dann die entsprechenden Gebührenbeauftragten weit genug, dem anderen, dem Kollegen Hahn, sind losgeschickt werden, um zu überprüfen, ob Rundfunkge- 88 Cent zu viel. An dieser Stelle wird deutlich, dass man räte angemeldet sind oder nicht. Das halte ich für ein Ver- sich durch entsprechende Rosinenpickerei das Argument fahren, das mit unseren üblichen Riten in Deutschland ei- so hinschnitzen kann, wie man es braucht. gentlich nichts zu tun hat. (Nicola Beer (FDP): Unverschämtheit!) (Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP)) Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zunächst eine Herr Kollege Hahn, das werden Sie mir zugestehen, das ist Vorbemerkung machen, was das Verfahren angeht. Nach- nicht der zentrale Gegenstand dieses Rundfunkände- dem sowohl Herr Kollege Hahn als auch Frau Kollegin rungsstaatsvertrags. Hinz kritisiert haben, dass wir hier nur eine Notarfunktion wahrnehmen würden, möchte ich doch ausdrücklich fest- (Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP)) halten, dass sicherlich bei noch keinem Rundfunkände- Verehrter Herr Kollege Hahn, verehrte Frau Kollegin rungsstaatsvertrag, bei dem es um eine Gebührenerhö- Hinz, an einem Punkt möchte ich Sie schon festnageln. hung ging, im Vorfeld eine so intensive öffentliche Dis- Herr Kollege Hahn, Sie haben in Ihrem Beitrag immer kussion und auch parlamentarische Diskussion geführt nur von ARD und ZDF gesprochen. Aus meiner Sicht ist worden ist wie bei diesem Rundfunkänderungsstaatsver- dies zu kurz gegriffen. Sie wissen sehr genau, wenn wir uns trag. die Rundfunkanstalten im Einzelnen anschauen, dass sie (Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP)) durchaus unterschiedlich zu beurteilen sind. Sie sind schon vom Gebührenaufkommen her unterschiedlich. Ich nehme jetzt einfach einmal den Kollegen Hahn als Der WDR hat noch Speck auf seinen Rippen sitzen, den Kronzeugen. Ich erinnere mich gut, im Januar dieses Jah- der Hessische Rundfunk schon längst abgeschmolzen hat, res gab es im Thierschsaal des Kurhauses den Neujahrs- und zwar zwangsläufig abgeschmolzen hat. empfang der FDP, zu dem der Intendant des Hessischen Rundfunks eingeladen war. Er sollte vor 500 geladenen (Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP)) Gästen begründen, warum er für eine Gebührenerhöhung Herr Kollege Hahn, deswegen ist möglicherweise das, was ist. Das hat er auch sehr eindrucksvoll getan.Auch an die- Sie vorschlagen, die Verweigerung einer Gebührenerhe- sem Abend wurde klar, dass diese Diskussion zu einem bung, für den Hessischen Rundfunk mit ganz anderen sehr frühen Zeitpunkt in Gang gesetzt wurde. Von daher Konsequenzen verbunden als beispielsweise für den möchte ich denjenigen sagen, die heute immer noch an Westdeutschen Rundfunk, den Bayerischen Rundfunk der Verfahrensfrage ihre Kritik aufhängen, dass das unge- oder den NDR. Das hat in Ihrer Rede überhaupt keine rechtfertigt ist, weil wir über einen wirklich sehr langen Rolle gespielt. Sie haben einfach von ARD und ZDF ge- Zeitraum diskutiert haben. sprochen und an der Stelle von der ARD so gesprochen, (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Es ist kein klares Verfah- als handele es sich um einen monolithischen Block. Sie ren!) wissen sehr genau aus Ihrer Tätigkeit im Rundfunkrat, dass es hier sehr unterschiedliche Beurteilungen gibt. Zweiter Punkt. Es wird hier kritisiert, dass die Staatsferne Wenn ich dann das Wort Werbefreiheit höre, kann ich nur nicht gewahrt wäre, weil wir in diesem Staatsvertrag zu ei- sagen: Das ist ein interessantes Thema. Bei der Diskussion nem anderen Ergebnis kommen als der Betrag, den die um die Werbefreiheit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk KEF vorgeschlagen hat. muss man auch wissen – möglicherweise ist es der FDP an Verehrte Frau Kollegin Hinz, solange Landesparlamente der Stelle auch völlig egal –, dass die Werbewirtschaft gro- über eine Gebührenerhöhung zu entscheiden haben und ßen Wert darauf legt, dass es die Werbefreiheit im öffent- diese letztlich auch gegenüber den Wählerinnen und lich-rechtlichen Fernsehen nicht gibt. Dies hat einen ganz Wählern zu verantworten haben, können Sie an dieser einfachen Grund: Es gibt gesellschaftliche Gruppen, die Stelle keine Staatsferne einfordern. An dieser Stelle wird Sie nur noch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk errei- es immer eine gewisse Staatsnähe geben, chen, aber nicht im privaten. Ich bin der Meinung, es wäre falsch, die Werbefreiheit abzuschaffen. Wir haben schon (Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE an vielen Stellen in Deutschland und Europa an der Wer- GRÜNEN)) befreiheit herumgedoktert. Dies wäre ein weiterer Bei- trag dazu, die Freiheit der Werbewirtschaft an einer Stelle weil demokratisch legitimierte Vertreter von Parlamenten einzuschränken, an der es aus meiner Sicht nicht notwen- darüber entscheiden, ob eine Erhöhung stattfindet oder dig ist. Die FDP muss sehr genau überlegen, ob sie an die- nicht. Ihre Kritik, die Sie an dieser Stelle üben, dass sozu- ser Stelle eine Position einnimmt, die der betroffenen sagen die Staatsferne deshalb außer Kraft gesetzt wäre, Werbewirtschaft zu 100 % entgegenläuft. weil sich die Ministerpräsidenten auf einen anderen Be- trag als die von der KEF vorgeschlagenen 1,09 c geeinigt Ich bin dankbar, dass Herr Kollege Siebel hier angekün- haben, geht völlig am Thema vorbei. digt hat, dass die Sozialdemokraten dem Rundfunkände- Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3575 rungsstaatsvertrag zustimmen. Herr Kollege Siebel, wir schieden, dass wir diesen Weg mitgehen und dem Achten werden den Dringlichen Antrag sicherlich auch im Aus- Rundfunkänderungsstaatsvertrag unsere Zustimmung schuss beraten. Ich muss Ihnen allerdings schon sagen, so geben werden. Das werden wir deshalb tun, weil wir der weichgespült, wie Sie das hier vorgetragen haben, lasse ich Auffassung sind, dass wir dies der Bestands- und Entwick- Ihnen das nicht durchgehen. lungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks schul- dig sind und dass wir insbesondere unserem Heimatsen- Wenn Sie z. B. so locker davon sprechen, dass es eine wun- der, dem Hessischen Rundfunk, der auch im kulturellen derbare Vielfalt in der hessischen Medienlandschaft gibt Bereich sehr viel für unser Land tut und eine wichtige und dass es allgemeiner Konsens ist, weise ich Sie darauf Klammerfunktion für die Integrität unseres Landes wahr- hin, dass alle Punkte, die zum Erreichen dieser Vielfalt nimmt, verpflichtet sind. Deshalb tragen wir diese Gebüh- hergestellt wurden, immer dann geschehen sind, wenn renerhöhung mit. CDU und FDP die entsprechenden Voraussetzungen da- für geschaffen haben. Verehrter Herr Kollege Hahn, verehrte Frau Kollegin Hinz, an dieser Stelle möchte ich Sie um eines bitten. Sie (Beifall bei der CDU und des Abg. Jörg-Uwe Hahn haben beide versucht, eine Diskussion nach dem Motto (FDP)) aufzumachen: „Wir würden das gern ein bisschen anders Das gilt für die Einführung von Radio FFH vor elf Jahren, machen, und dann würden wir vielleicht zustimmen.“ Sie das gilt für das Frankfurt Business Radio, das wir einge- wissen genau, dass es keine Möglichkeit gibt, das Ganze führt haben, das gilt für das Rhein-Main-TV.Alles, was wir ein bisschen anders zu machen. Herr Kollege Hahn, es in diesem Bereich an Vielfalt, an Zulassen von privaten gibt keine Möglichkeit, es so zu machen, wie Sie es ange- elektronischen Anbietern ermöglicht haben, geht immer kündigt haben, dass nämlich Länderregierungen, an de- alleine auf das Konto von CDU und FDP. Die Sozialde- nen die FDP beteiligt wird, an der Gebührenfrage etwas mokraten haben sich an dieser Stelle immer verweigert verändern. Sie haben jetzt nach einem Diskussionspro- und ganz dramatisch dagegen gekämpft. zess von einem Jahr, an dem Sie selbst maßgeblich betei- ligt waren, die Möglichkeit, Ja oder Nein zu sagen. Sie (Beifall bei der CDU und der FDP – Michael Siebel können sagen: „Ja, wir stimmen dem Rundfunkände- (SPD): Erzählen Sie doch nicht so ein dummes rungsstaatsvertrag zu“, oder Sie können sagen: „Wir leh- Zeug!) nen ihn ab“. Aber eine andere Möglichkeit besteht nicht. Herr Kollege Siebel, wenn Sie in dem zweiten Absatz Ih- Hören Sie also bitte mit der Rosinenpickerei auf. Sie wer- res Antrags locker davon reden, man könne es quasi so den sich an dieser Stelle erklären müssen. Das haben Sie beschließen, wie es da steht, möchte ich Ihnen nur einmal getan. sagen, Ihr letzter Satz lautet: „Insbesondere das Verhalten Wir bedauern es, dass die FDP an dieser Stelle ausschei- der CDU/CSU-geführten Länder ist geeignet, die KEF zu det. Wir bedauern auch, dass die GRÜNEN an dieser gefährden und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu- Stelle den Weg nicht mitgehen. Ich hätte mir für die CDU- sätzlichen Risiken auszusetzen.“ – Verehrter Herr Kol- Landtagsfraktion gewünscht, dass wir an dieser Stelle zu lege Siebel – Herr Hahn hat das berühmte SMS-Papier einem Konsens kommen, nachdem in den letzten zwölf von Steinbrück, Milbradt und Stoiber genannt –, wenn Sie Monaten viele Diskussionen geführt wurden. Aber wir Herrn Steinbrück auch der CDU zuschreiben wollen, sind natürlich auch bereit, dies mit den Sozialdemokraten dann finde ich das ausgesprochen sympathisch, den wol- gemeinsam zu schultern. Wir werden dem Achten Rund- len wir aber gar nicht haben. Sie sollten hier aber schon funkänderungsstaatsvertrag unsere Zustimmung geben. – zur Kenntnis nehmen, dass sich die Welt so einfach, wie Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Sie sie sich in Ihrem Antrag schnitzen wollen, nicht dar- stellt. (Beifall bei der CDU) Das Stichwort Schleichwerbung hat Herr Kollege Hahn ebenfalls zu Recht kritisiert. Schleichwerbung ist uner- Präsident Norbert Kartmann: träglich. Deswegen ist es auch richtig, dass bei „Wetten, dass ...“ keine Handys mehr gezeigt werden. Um einmal Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist den konkreten Sachverhalt herzustellen: Wenn eine Sen- die erste Lesung des Rundfunkänderungsstaatsvertrags- dung wie „Wetten, dass ...“ von der Firma Haribo gespon- gesetzes erfolgt. sert wird und während der Sendung auf dem Tisch von Thomas Gottschalk die Gummibärchen von Haribo lie- Es wird zur weiteren Beratung und Vorbereitung der gen, dann handelt es sich dabei um eine Verknüpfung, die zweiten Lesung an den Hauptausschuss überwiesen. Wer nicht stattfinden darf. Der Fernsehrat hat erreicht, dass ist dafür? Den bitte ich um das Handzeichen. – Gegen- diese Gummibärchen jetzt dort weggenommen wurden. stimmen? – Enthaltungen? (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Der Rundfunkrat isst die (Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP)) Gummibärchen jetzt selbst!) – Ja, die Frage ist, wenn sich kein Widerspruch erhebt, Das zeigt doch, dass an dieser Stelle die Aufsichtskriterien nicht ganz erlaubt. Das war mein Problem. Deswegen ha- öffentlich-rechtlicher Natur greifen und die notwendigen ben wir es so herum gemacht. Dinge durchgeführt werden. (Jörg-Uwe Hahn (FDP): Okay, weg ist es!) Die CDU-Landtagsfraktion hat sich diese Diskussion nicht einfach gemacht. In einer Zeit, in der wir an vielen Mit dem Gesetzentwurf geht der Tagesordnungspunkt Stellen zurücknehmen und Einschnitte vornehmen müs- 118 an den Ausschuss. – Dem widerspricht auch niemand. sen, ist natürlich auch die Frage gerechtfertigt, ob ein öf- Dann ist das auch so protokollarisch festgehalten. fentlich-rechtliches Gebührenaufkommen weiter erhöht Jetzt rufe ich Tagesordnungspunkt 7 auf: werden muss. Diese Frage ist völlig berechtigt. Sie hat na- türlich auch in unserer Fraktion zu erheblichen Diskus- Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung sionen geführt. Aber wir haben uns am Ende dafür ent- für ein Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über 3576 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 die Aufnahme ausländischer Flüchtlinge – Drucks. Allerdings gehe ich hierbei auch davon aus, dass die 16/3103 – bundesrechtliche Regelung, d. h. die Abschaffung der Pri- vilegierung dieser Ausländergruppe, was die freie Wahl ih- Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. res Wohnortes anbelangt, dazu führen wird, dass die meis- (Allgemeiner Widerspruch – Dr. Franz Josef Jung ten dieser Personen nunmehr einen Asylantrag stellen (Rheingau) (CDU): Ohne!) werden. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass ein großer Teil in andere Bundesländer verteilt werden wird. – Okay, alles klar. – Dann bitte ich zur Einbringung Frau Ministerin Lautenschläger. Mit den übrigen Gesetzesänderungen erfolgen lediglich redaktionelle Anpassungen an das Zuwanderungsgesetz. – Damit habe ich den Gesetzentwurf eingebracht. Ich Silke Lautenschläger, Sozialministerin: denke, wir können ihn dann im Ausschuss weiter diskutie- ren. Herr Präsident! Die Landesregierung legt den Entwurf für ein Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über (Beifall bei der CDU) die Aufnahme ausländischer Flüchtlinge vor. Auslöser für diesen Gesetzentwurf ist das Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli 2004, das mit einer breiten Mehrheit verabschiedet Präsident Norbert Kartmann: wurde und zum 1. Januar 2005 in Kraft tritt. Es hat unter Vielen Dank, Frau Ministerin. – Damit ist das Gesetz ein- anderem zur Folge, dass wir Regelungen im Hessischen gebracht. Vereinbarungsgemäß findet keine Aussprache Gesetz über die Aufnahme ausländischer Flüchtlinge an- statt. passen und ändern müssen. Es wird zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den In Art. 1 dieses Gesetzes tritt das Gesetz über den Auf- Innenausschuss überwiesen. enthalt und die Integration von Ausländern im Bundesge- biet an die Stelle des Ausländergesetzes. Die Einreise und (Zurufe: Sozialpolitisch!) der Aufenthalt von Ausländern werden jetzt ausgehend – An den Sozialpolitischen Ausschuss? – Beides? – Ich von ihrem Zweck statt wie bisher formal nach Aufent- habe gehört, dass das mit Mitberatung sein soll. haltstiteln geregelt, also Ausbildung, Erwerbstätigkeit, hu- manitäre Gründe etc. Die Zahl der Aufenthaltstitel wird (Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- reduziert. In Zukunft wird es nur noch Visum, Aufent- NIS 90/DIE GRÜNEN)) haltserlaubnis und Niederlassungserlaubnis geben. Der – Also kein weiterer Ausschuss, sondern nur Sozialpoliti- Gesetzentwurf der Landesregierung zielt nun darauf ab, scher Ausschuss. – Damit ist das so beschlossen. die Landesregelungen den Bestimmungen des Art. 1 des Zuwanderungsgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes, anzu- Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf: passen. Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung Eine Änderung betrifft die unerlaubt eingereisten Aus- für ein Hessisches Gesetz zur Ausführung des Wohn- länder, die weder um Asyl nachsuchen noch unmittelbar raumförderungsgesetzes und zur Änderung des Gesetzes nach der Feststellung der unerlaubten Einreise in Ab- zur Neugliederung des Lahn-Dill-Gebietes und zur Über- schiebehaft genommen werden und aus der Haft abge- tragung von weiteren Aufgaben auf kreisangehörige Ge- schoben oder zurückgeschoben werden können. Sie meinden mit mehr als 50.000 Einwohnern sowie zur Re- unterliegen künftig ebenso einer bundeseinheitlichen gelung sonstiger Fragen der Verwaltungsreform – Drucks. Verteilung wie die Asylbewerber. 16/2855 zu Drucks. 16/2719 – Das Land Hessen muss daher die Aufnahmeverteilung Auch hier ist keine Aussprache vorgesehen. Berichterstat- und die Kostentragung neu regeln. Des Weiteren normiert tung muss erfolgen. Berichterstatter ist Herr Dr. Lübcke. das Aufenthaltsgesetz erstmals bundeseinheitlich die Ver- teilung jüdischer Zuwanderer und anderer Personengrup- pen, sodass auch hier eine Verteilungsregelung zu treffen Dr. Walter Lübcke, Berichterstatter: ist. Dazu hatten wir in Hessen bereits eine Regelung, wie Herr Präsident, meine Damen und Herren! Verehrter und nach welchen Wünschen verteilt wird.Aber auch dort Fraktionsvorsitzender, die Jahre schreiten voran, und man gilt es nun, eine gesetzliche Regelung aufzunehmen. schleicht zum Mikrofon. Das durch das Zuwanderungsgesetz ebenfalls geänderte Ich darf Ihnen Bericht erstatten zu dieser Beschlussemp- Asylverfahrensgesetz betont in § 14a den Grundsatz der fehlung. Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr emp- Familieneinheit bei der Asylantragstellung. Auch dem fiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung wird im Gesetz Rechnung getragen. anzunehmen. Die unerlaubt eingereisten Ausländer, die weder um Asyl Der Gesetzentwurf war dem Ausschuss für Wirtschaft und nachsuchen noch unmittelbar nach der Feststellung der Verkehr in der 48. Plenarsitzung am 6. Oktober 2004 zur unerlaubten Einreise in Abschiebehaft genommen und Vorbereitung der zweiten Lesung überwiesen worden. aus der Haft abgeschoben werden können, werden als eine neue Personengruppe nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Ge- Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr hat sich in sei- setzes aufgenommen. Auch hier hat dies die Folge, dass ner Sitzung am 11. November 2004 mit dem Gesetzent- eine Kostenregelung im Gesetz in Form einer Übernahme wurf befasst und ist einstimmig zu dem eben vorgetrage- der Aufwendungen für bis zu zwei Jahre getroffen worden nen Votum gelangt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. ist. (Beifall bei der CDU,der FDP und dem BÜNDNIS Mit dieser Regelung werden die bisherigen Anlaufge- 90/DIE GRÜNEN – Frank-Peter Kaufmann meinden entlastet, insbesondere die großen Städte, die er- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir lösen den fahrungsgemäß vorrangiges Ziel dieser Personen waren. Lahn-Dill-Kreis auf!) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3577

Präsident Norbert Kartmann: 49 Stellungnahmen eingegangen, 22 Institutionen wurden mündlich angehört. Vielen Dank, Herr Berichterstatter. – Auf Aussprache wird verzichtet. In seiner Sitzung am 11. November 2004 hat der Aus- schuss einvernehmlich die Beschlussfassung über den Än- Dann lasse ich über diesen Gesetzentwurf abstimmen. derungsantrag Drucks. 16/2771 vertagt und mit den Stim- Wer dem Gesetzentwurf in zweiter Lesung zuzustimmen men der CDU gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS bereit ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Ist jemand 90/DIE GRÜNEN und FDP die bereits genannte Be- dagegen? schlussempfehlung gefasst. (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Lahn-Diller!) Präsident Norbert Kartmann: Enthält sich jemand der Stimme? – Damit stelle ich fest, dass der Gesetzentwurf in zweiter Lesung einstimmig an- Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. Sie können gleich ste- genommen worden ist und damit zum Gesetz erhoben ist. hen bleiben, weil Sie die erste Rednerin sind. Die verein- barte Redezeit beträgt zehn Minuten. Sie haben das Wort. Ich rufe einige Dringliche Anträge auf. Soeben eingegan- gen und an Sie verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Wettbewerb im Schienen-, Nicola Beer (FDP): Straßen- und Luftverkehr, Drucks. 16/3251. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kol- Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 120. Das hatten legen! Die Tatsache, dass uns der Gesetzentwurf der wir auch noch nicht. CDU-Fraktion bislang in unveränderter Form vorliegt und auch im Ausschuss noch keine Änderungsanträge be- (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- handelt wurden, sondern auch der schon vorliegende Än- NEN): Neuer Rekord!) derungsantrag der GRÜNEN vertagt wurde – wie ich das eben vorgetragen habe –, ist Ausfluss einer Vereinbarung – Ja, absolut. Das ist Rekord. – Dieser Tagesordnungs- zwischen den Obleuten. Von daher beraten wir jetzt hier punkt könnte zusammen mit den Tagesordnungspunkten in zweiter Lesung im Grunde genommen zunächst einmal 48 und 116 aufgerufen werden. Gibt es allgemeines Ein- die Auswertung der Anhörung, die wir, wie vorgetragen, verständnis? – Dann werden wir so verfahren. zu dem Gesetzentwurf durchgeführt haben. Des Weiteren eingegangen und an Sie verteilt ist ein Än- Für die FDP-Fraktion steht nach Auswertung dieser An- derungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hörung fest, dass der Gesetzentwurf der CDU zur Novel- NEN, Drucks. 16/3252, zum Tagesordnungspunkt 119, und lierung des Hessischen Hochschulgesetzes ganz erheblich zwar zu dem Dringlichen Antrag der Fraktionen der CDU nachgebessert werden muss. Bei der Anhörung Anfang und der FDP betreffend interdisziplinäre Studien- und November hatte sich sehr eindringlich ergeben, dass die Prüfungsinhalte im Hinblick auf behindertengerechtes, hochschulpolitischen Ideen der CDU in diesem Gesetz- energie- und umweltgerechtes Bauen, Drucks. 16/3250. entwurf von der ganz großen Mehrheit der Experten ab- Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. gelehnt wurden, man könnte auch sagen: Dieser Teil des (Nicola Beer (FDP): Wir haben ihn noch nicht!) Gesetzentwurfes ist durchgefallen. – Ich sage ganz be- wusst: „dieser Teil des Gesetzentwurfes“, denn wie schon – Ihr habt ihn noch nicht, aber er ist Teil von Tagesord- in der ersten Lesung von mir ausgeführt, wird in einem nungspunkt 119. ganz großen Teil des Gesetzentwurfs schlichtweg nichts anderes gemacht, als mittlerweile verabschiedetes Bun- Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 12 auf: desrecht auf Landesebene umzusetzen. Auch hier gibt es Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung in den Details einige Anmerkungen zu machen. Das ist für ein Drittes Gesetz zur Änderung des Hessischen aber nicht der Problempunkt dieser Gesetzesnovelle. Pro- Hochschulgesetzes und anderer Gesetze – Drucks. blempunkte dieser Gesetzesnovelle sind ganz eindeutig 16/3102 zu Drucks. 16/2718 – die von der CDU politisch geprägten Punkte. Zu diesen werde ich vorrangig entsprechend Stellung nehmen. Berichterstatterin ist Frau Kollegin Beer. Wenn man die Anhörung auswertet, stellt man fest, dass dieses Gesetz nach der Auffassung der Angehörten des- Nicola Beer, Berichterstatterin: wegen nicht notwendig ist, weil das bislang gültige Gesetz – das 2000er-Gesetz – sich grundsätzlich bewährt hat. Sie Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident! Der können sich vorstellen, dass es zur Freude der FDP-Frak- Ausschuss für Wissenschaft und Kunst empfiehlt dem Ple- tion ist, dass dies in der Anhörung zum Ausdruck gekom- num, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverändert men ist, ist doch dieses 2000er-Gesetz, das zurzeit Gültig- anzunehmen. keit in diesem Land hat, das Gesetz, das unter der Feder- führung von Wissenschaftsministerin Ruth Wagner in der Der Gesetzentwurf war dem Ausschuss für Wissenschaft letzten Legislaturperiode erarbeitet wurde. und Kunst in der 48. Plenarsitzung am 6. Oktober 2004 nach der ersten Lesung zur Vorbereitung der zweiten Le- (Beifall bei der FDP) sung überwiesen worden. Der Änderungsantrag Drucks. 16/2771 war dem Ausschuss direkt vom Präsidenten über- Die Angehörten waren in ganz, ganz überwiegender An- wiesen worden. zahl der Auffassung, dass dieses 2000er-Gesetz eine Pro- fessionalisierung der Gremien sowie eine klare Zuord- Der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst hat zu dem nung der Verantwortung mit sich gebracht habe und dass Gesetzentwurf und dem Änderungsantrag Drucks. eine Veränderung so, wie sie nun von der CDU angestrebt 16/2771 eine schriftliche und am 8. November 2004 eine werde, nämlich im Hinblick auf eine einseitige Stärkung mündliche Anhörung durchgeführt. Es sind insgesamt des Präsidenten bzw. des Präsidiums zulasten der akade- 3578 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 mischen Gremien, wie des Senats, nicht sinnvoll ist. Es nicht notwendig erachte, auch wenn man die jetzt vorlie- wurde zu meiner Überraschung sehr klar vorgetragen, gende Frage der Änderung des Hochschulrahmengeset- und zwar nicht nur von den Senaten, sondern gerade von zes betrachtet. Herr Prof. Steinberg hat mir, befragt nach der Mehrheit der Präsidien unserer Hochschulen, dass es der abschließenden Wirkung des Hochschulrahmengeset- nicht allein darum gehe, Entscheidungen schneller, da al- zes, mittlerweile mitgeteilt, dass er meinte, dass diese Re- leine, treffen zu können, sondern dass es vielmehr darum gelungen des Hochschulrahmengesetzes nicht abschlie- gehe, die getroffenen Entscheidungen in der Hochschule ßend sind. Also auch das Nichtauffinden der Kategorie auch durchsetzen zu können. Sehr geehrte Kolleginnen der wissenschaftlichen Assistenten im Hochschulrahmen- und Kollegen gerade von der CDU, es ist sehr deutlich ge- gesetz hindert uns nicht daran, diese Figur weiter auf macht worden, dass es dafür die Beteiligungen der Mit- Landesebene zu regeln. gliedsgruppen der Hochschule braucht. Das setzt die Ein- beziehung und die Kommunikation in der Hochschule Herr Minister, doch auch wenn Sie eine andere juristische voraus. Das ist letztendlich auch die Leistung des Präsi- Einschätzung haben, frage ich ganz ehrlich: Ehe ich auf denten bzw. des Präsidiums. Herr Präsident Nienhaus von eine Verbeamtung des Hochschulpersonals setze, wo der Universität Marburg sprach hier von geordneter Par- bleibt Ihre Bundesratsinitiative zur Änderung des Ent- tizipation, die er der einseitigen Stärkung des Präsidiums wurfs des Hochschulrahmengesetzes? Sie wären doch vorziehe. frei, zu sagen: Wir gehen über den Bundesrat, um die feh- lenden personalrechtlichen Alternativen im Hochschul- Es wurde auch sehr deutlich darauf hingewiesen, insbe- rahmengesetz zu verankern. – Eine derartige Initiative sondere von Herrn Prof. Wörner für die Universität habe ich aber Ihrerseits leider noch nicht gesehen. Darmstadt, dass dieser Gesetzentwurf der CDU ganz an- ders als das in diesem Hause noch zur Verabschiedung an- Weiterhin fordern wir als FDP Änderungen bei der Ein- stehende TUD-Gesetz den Präsidenten bzw. das Präsi- führung der W-Besoldung. Ich denke, es ist in der Anhö- dium zulasten des Senats stärke, während das TUD-Ge- rung sehr deutlich zum Ausdruck gekommen, wie sehr die setz eine Stärkung des Präsidenten zulasten der Kompe- Fachhochschulen in Hessen benachteiligt würden, würde tenzen des Ministeriums vorsehe. Diese letztere Version – es bei der derzeitig geplanten Regelung bleiben, dass den Kompetenzen vom Ministerium auf die Hochschulen zu Fachhochschulen das Ausbringen von W-3-Professuren übertragen – findet, glaube ich, Einmütigkeit in diesem ebenso wie die Beförderung von W 2 nach W 3 untersagt Hause. Den Senat weiter zu entmachten, lehnen wir sei- wird. tens der FDP aber ab. Warum würde es diese Benachteiligung geben? Es ist (Beifall bei der FDP) ganz einfach, Herr Minister. In der Anhörung ist deutlich geworden, dass in anderen Bundesländern 25 % der Pro- Herr Minister, wir sind durchaus für eine weitere Feinjus- fessuren auch an Fachhochschulen als W-3-Stellen ausge- tierung im Hinblick auf das operative Geschäft offen. bracht werden können. Das heißt, dass wir letztendlich in Hier mag man die eine oder andere Aufgabe an den Prä- einem Wettbewerb um die Besetzung unserer Stellen mit sidenten bzw. das Präsidium übertragen können. Aller- den besten Köpfen stehen. Wie sollen wir Qualität halten dings sind wir der Meinung, dass die zentrale Zuständig- können, wie sollen wir Wegberufungen nach Baden-Würt- keit des Senats als akademisches Gremium für grundsätz- temberg oder in andere Bundesländer unterbinden kön- liche Entscheidungen an der Hochschule beibehalten nen, wenn wir unseren Professoren im eigenen Land werden muss. keine Personalentwicklungsmöglichkeiten bieten? (Beifall bei der FDP) Sehr geehrter Herr Minister, darüber hinaus bedeutet die Autonomie der Hochschulen für die FDP auch, dass jede Das gilt ganz besonders für die Entwicklungsplanung der Hochschule innerhalb ihres eigenen Budgets frei ent- Hochschulen, und zwar insgesamt, auch mit den For- scheiden kann, wie sie ihre Professorenstellen dotiert. schungsschwerpunkten. Denn welche Frage ist grundsätz- licher, was gehört mehr in das Herz einer Hochschule als Dass auch die geplante Kürzung der Studentenbeiträge die Frage, in welche Richtung sich diese Hochschule posi- bei einer geringen Wahlbeteiligung zu den Studentenpar- tionieren und im Wettbewerb aufstellen will? lamenten auf breiteste Ablehnung gestoßen ist, vor allem auch bei den Ihnen ansonsten eigentlich nahe stehenden Einen weiteren Kritikpunkt sehen wir als FDP in der ge- Organisationen und Verbänden, z. B. den Kammern und planten Abschaffung der wissenschaftlichen Assistenten. Wirtschaftsvereinigungen, sei hier nur noch einmal am Die FDP hat sich immer dafür eingesetzt – liebe Kollegin- Rande erwähnt. Ich glaube, dass das in der Presse einge- nen und Kollegen, Sie wissen das –, dass die Habilitation hend behandelt und verdeutlicht worden ist. neben der Juniorprofessur als alternativer Weg zur Voll- professur aufrechterhalten bleibt.Allerdings halten wir es Wir bleiben daher bei unserer Ablehnung dieser Rege- für einen gravierenden Widerspruch, dass das Gesetz jetzt lung. Wo würde es in unserer Demokratie letztendlich dazu übergeht, die Habilitanden anders als die Juniorpro- hinführen, wenn das Nichtwählen mit geringeren Gebüh- fessoren zu verbeamten. Wir glauben, dass dies nicht nur ren – auf Landtagswahlen bezogen: mit geringeren Steu- eine Benachteiligung der Juniorprofessoren ist, da diese ern – belohnt würde? Ich meine, dass wir einen solchen in der Regel als Angestellte geführt werden, sondern auch Demokratieverlust nicht mitmachen dürfen, Herr Minis- der wissenschaftlichen Assistenten, die bislang den Weg ter, und hoffe sehr, dass Sie über die Mehrheitsfraktion an zur Habilitation durchlaufen und in der Regel Angestellte der Stelle auf Änderungen dringen werden – allerdings in den Hochschulen sind. Herr Minister, wir glauben, dass nicht auf die Änderungen, die angekündigt worden sind. dies dem Zug der Zeit entgegenläuft. Beim TUD-Gesetz regeln Sie selber als Mehrheitsfraktion, dass die Professo- Die Teilung zwischen so genannten Pflichtaufgaben und ren zukünftig möglichst als Angestellte eingestellt werden so genannten freiwilligen Aufgaben ist nicht praktikabel – sollen. Nun wollen Sie die Habilitanden verbeamten. auch das hat die Anhörung ergeben –, und noch weniger praktikabel ist die Entscheidung, welcher Teil des Studen- Ich habe Ihnen bereits in einem Gespräch, aber auch im tenbeitrags auf die Finanzierung der Pflichtaufgaben und Ausschuss deutlich gemacht, dass ich dies für juristisch welcher auf die Finanzierung freiwilliger Aufgaben ent- Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3579 fällt. Ich möchte gerne wissen, mit welcher Kostenträger- entwurfs, was man in den Stellungnahmen der Angehör- rechnung Sie diese Prozentsätze ermitteln wollen. Ich ten genau nachlesen kann. wünsche Ihnen viel Spaß vor den Verwaltungsgerichten, wenn die ersten Klagen der Studierenden kommen, die (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ihre Bescheide aufzuheben begehren. Obwohl die hessischen Hochschulen schon heute ihre Ba- lance gefunden haben, obwohl die Hochschulentwicklung (Beifall bei der FDP) eine insgesamt positive Richtung nimmt, obwohl die Letztendlich sei auch noch mitgeteilt, dass wir die Ver- Hochschulen Eigendynamik und Innovationsbereitschaft schlechterungen, die Sie beim Personalvertretungsgesetz beweisen, planen Sie jetzt den Rückschritt zur Ordina- planen, nicht mittragen können. In der Anhörung ist mei- rienuniversität. Das musste doch nach hinten losgehen, ner Meinung nach deutlich geworden, dass es nicht einen meine Damen und Herren. einzigen Fall gab, der zu Zeitverzögerungen oder zu Pro- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN blemen geführt hat, sodass die Regelungen notwendig wä- und der Abg. Nicola Beer (FDP)) ren, die Sie jetzt anstreben, dass aber eine sehr große Gruppe an unseren Hochschulen der personalrechtlichen Indem Sie den Hochschulangehörigen ihre Stimme rau- Vertretung entzogen würde. ben, treiben Sie sie in die innere Emigration und fördern so Lethargie. Eine moderne zukunftsfähige Hochschule Von daher gesehen kann ich nur sagen:Die FDP-Fraktion wird es nicht geben, wenn man die Wissenschaftlerinnen wird in der nächsten Woche entsprechend detaillierte Än- und Wissenschaftler, die Mitarbeiterinnen und Mitarbei- derungsvorschläge unterbreiten. Ich hoffe sehr, liebe Kol- ter und insbesondere auch die Studierenden auf dem Weg leginnen und Kollegen von der CDU, dass wir es schaffen, zurücklässt. Das sagen nicht nur wir GRÜNEN, sondern eine andere Art der Beratung hinzubekommen als beim das haben auch alle angehörten Expertinnen und Exper- Qualitätssicherungsgesetz. Ich hoffe wirklich sehr, dass ten deutlich gemacht. Es bleibt dabei: Ihr Angriff auf die Sie sich nicht ebenso beratungsresistent erweisen, wie das demokratischen Strukturen gefährdet die Zukunftsfähig- leider im Zusammenhang mit dem Schulgesetz der Fall keit der hessischen Hochschulen und das Ziel der Auto- war. nomie. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Viele dieser Knackpunkte, meine Damen und Herren von Präsident Norbert Kartmann: der CDU, sind Ihnen schon aus der Regierungsanhörung bekannt. Umso mehr verwundert es, dass Sie es nicht ge- Nächste Wortmeldung, Frau Abg. Sorge für die Fraktion schafft haben, die Knackpunkte im vorliegenden Gesetz- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. entwurf zu beheben. Ein Beispiel ist die Regelung zu den Beiträgen der Studierendenschaft, mit der Sie die ASten Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): mundtot machen bzw. abschaffen wollten, ohne es direkt auszusprechen. Sowohl Ihre wissenschaftspolitische Spre- Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Frak- cherin als auch Ihr Minister haben öffentlich eingeräumt, tion sieht sich durch den Verlauf der öffentlichen und der dass diese Regelung verfehlt ist, und Änderungen ange- parlamentarischen Debatte um das Hochschulgesetz be- kündigt. Geändert hat sich an dem Entwurf aber rein gar stätigt. Die Regierungsfraktion hat nicht verstanden – nichts. Das ist peinlich für Sie und für Herrn Corts. Wir oder ist nicht gewillt, zu verstehen –, wie eine moderne alle gehen davon aus, dass Sie diese Regelung bis zur drit- Hochschule funktioniert. ten Lesung fallen lassen. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und der Abg. Nicola Beer (FDP)) Denn alle Angehörten waren sich einig: Die jetzige Rege- Schlimmer noch, sie hat noch nicht einmal ein präzises lung ist demokratietheoretisch höchst bedenklich. Herr Leitbild in Sachen Hochschulentwicklung. Gerade die Wörner hat in der Anhörung das anschauliche Beispiel Anhörung vor dem Wissenschaftsausschuss hat bewiesen, gebracht, das die Unsinnigkeit der geplanten Regelung wie weit der CDU-Gesetzentwurf an den Bedürfnissen verdeutlicht. Zu der Regelung, die vorgibt, mehr Wahlbe- unserer Hochschulen vorbeigeht. Fast einhellig kritisier- teiligung erreichen zu wollen, in Wahrheit aber ein An- ten die Expertinnen und Experten die zentralen Punkte reizsystem schafft, das zu einer niedrigen Wahlbeteiligung dieses Gesetzentwurfs. Die neuen Machtstrukturen mit führen muss, sagte Wörner: „Auch wenn Sie sagen wür- einem allmächtigen Präsidium und kaltgestellten demo- den, wir ermäßigen die Steuern, wenn weniger zur Wahl kratischen Gremien sind bei den Betroffenen genauso gehen, würden Sie vermutlich sehr schnell einen entspre- durchgefallen wie Ihre absurden Vorstellungen zum Pre- chenden“ – und zwar negativen – „Effekt erzielen.“ miumstudium, zur Studierendenschaft und zur Personal- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vertretung. An dieser Stelle hätten Sie sich entscheiden müssen. Ent- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) weder sind Sie ehrlich und schaffen die ASten ab, oder Sie Indem Sie die Argumente der Betroffenen ignorieren, ge- sind für einen Beibehalt der ASten. Dann ist diese Rege- fährden Sie die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der lung aber vollkommen kontraproduktiv. hessischen Hochschulen. Ich frage Sie:Wie soll ein Gesetz (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) funktionieren, von dem die Fachleute schon jetzt sagen, dass es in zentralen Punkten der inneren Organisation un- Ich betone es hier noch einmal:Wir warten auf die von Ih- tauglich ist? nen zu diesem Punkt angekündigten Nachbesserungen. Wie kann sich eine autonome Hochschule entwickeln, Weitere Unstimmigkeiten finden sich z. B. beim Premium- wenn Sie den Kopf komplett vom Körper trennen? Dies studium, beim Tenure Track, bei der Juniorprofessur, bei ist der entscheidende Mangel des vorliegenden Gesetz- der Dekanwahl und beim Senatsvorsitz. Anstatt die 3580 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Hochschulen zu unterstützen, kommt eine reine CDU- Das Land sollte sich darauf beschränken, verbindliche Ideologie zum Tragen.Sie haben keinerlei Anstrengungen Ziele und Standards festzusetzen, die von den Hochschu- unternommen, den Gesetzentwurf den Realitäten anzu- len eigenverantwortlich ausgestaltet werden können. Un- passen. Im Gegenteil, Sie haben den Entwurf nach der ser Entwurf sieht daher die Übertragung zentraler Kom- Regierungsanhörung flickwerkartig verschlimmert, ohne petenzen auf die Hochschulleitung vor, beispielsweise die auf die Stellungnahmen einzugehen. Sie haben z. B. das Hoheit in Bauangelegenheiten, bei der Vermögensver- Quorum für den Beschluss der Grundordnung gegen den waltung und bei der Personalentscheidung. All das ver- ausdrücklichen Willen der Hochschulen von einer Zwei- wirklicht unser Entwurf viel konsequenter, als es sich die drittelmehrheit auf eine einfache Mehrheit gesenkt. CDU je trauen würde. Ein anderer Punkt: Der Senat muss nach Ihren Vorstel- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) lungen die Abwahl des Präsidenten beim Hochschulrat beantragen. Das ist doch einfach absurd, wenn man be- Zweiter Punkt: die Studienreform. In unserem Entwurf denkt, dass die Mitglieder des Hochschulrats vom Präsi- wird die Evaluation Bestandteil der Studienreform, um denten vorgeschlagen werden. Das ist so, als wenn wir die Nutzen aus den Erfahrungen des Studienalltags ziehen zu Abwahl eines Ministerpräsidenten von der Zustimmung können. Außerdem treten wir für eine konsequente Um- eines politischen Beirats der Staatskanzlei abhängig ma- setzung von Modularisierung sowie Bachelor und Master chen würden. ein, da dies zu Qualitätsverbesserungen der Lehre führen wird. (Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das würden die auch noch einführen!) Anders als die CDU halten wir an präzisen Anforderun- gen für eine beständige Verbesserung der Studieninhalte Das alles zeigt uns, dass Sie kein Interesse an einem Ge- und -bedingungen fest, da in diesen Bereichen noch viel setz haben, das den Realitäten und Bedürfnissen einer zu tun ist. modernen Hochschule gerecht wird. Nach Aussage von Frau Kühne-Hörmann wird sich die CDU in den zentra- Meine Damen und Herren von der CDU, in Ihrer Geset- len Punkten des Entwurfs nicht mehr bewegen. Das finde zesbegründung mussten wir zum Thema Studienreform ich nicht nur schade, sondern auch unverantwortlich. lesen, der Aufgabenkatalog sei „abgearbeitet“. Wann ha- ben Sie sich denn zuletzt an den Hochschulen umge- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) schaut? Meine Damen und Herren, bei der Studienreform Derartige Erfahrungen haben wir bereits beim Studien- liegt wirklich noch mehr als genug im Argen. guthabengesetz gemacht. Die Anhörung hat einhellig auf- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gezeigt, wie untauglich dieses Gesetz ist, und Sie haben und des Abg. Reinhard Kahl (SPD)) die Argumente in den Wind geschlagen und das StuGuG einfach durchgewunken. Dritter Punkt: die Nachwuchsförderung. Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist unserer Ansicht Ein knappes Jahr nach dem In-Kraft-Treten des StuGuG nach eine der zentralen Aufgaben der Hochschulentwick- hält selbst Präsident Steinberg, ein ausgemachter Befür- lung. Im Gegensatz zur CDU, die lediglich Anpassungen worter von Studiengebühren, die Gebührenregelungen an höherrangiges Recht plant, setzen wir auf die Präzisie- für Studierende für absolut misslungen. Er hat nachdrück- rung der Rechte und Pflichten des wissenschaftlichen lich an den Gesetzgeber appelliert, diese Regelung fallen Nachwuchses. Darüber hinaus sieht unser Gesetzentwurf zu lassen, da es seiner Meinung nach keinen überzeugen- die Einführung der Juniorprofessur vor, die dem Wettbe- den Grund gebe, eine solche Regelung zu treffen. werb mit anderen Qualifikationswegen ausgesetzt wer- (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den soll. Zusätzlich regeln wir die Möglichkeit des Tenure NEN): Er hat wahrscheinlich Angst vor den Prozes- Track. sen!) Vierter Punkt: demokratische Verfassung. Anders als die Meine Fraktion hat andere Vorstellungen von einer mo- CDU sind wir der Ansicht, dass eine eigenverantwortliche dernen Hochschule. Wir stehen für ein Gesetz, das die Hochschule nur nach demokratischen und somit transpa- Hochschulen unterstützt, ihnen ein Mehr an Autonomie renten Grundsätzen gestaltet werden kann. Für die pro- einräumt und im Gegenzug evaluationsfähige Standards duktive Entwicklung und das Controlling der Entschei- setzt sowie die Demokratie in den Hochschulen stärkt. dungen werden Senate und Fachbereichsräte mit zusätz- lichen und effektiveren Entscheidungs- und Kontroll- Natürlich haben wir unstrittige Punkte – beispielsweise kompetenzen ausgestattet, unter anderem dem Budget- Bachelor und Master oder die Juniorprofessur – aus dem recht. Im Gegensatz zur CDU sind wir der Meinung, dass CDU-Entwurf übernommen. Das kann aber nicht da- Studierende das Recht haben, ihre Hochschule aktiv mit- rüber hinwegtäuschen, dass die Hochschule, wie wir sie zugestalten. wollen, vollkommen anders aussieht (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Dr.Walter Lübcke (CDU): Das glaube ich Ihnen!) und bei Abgeordneten der SPD) als das, was die CDU hier vorschlägt. Daher werden die Aufgaben der Studierendenschaft er- Der von uns eingebrachte Gesetzentwurf zum Hessischen weitert. Die Fachschaften werden gestärkt, und zusätzlich Hochschulgesetz ist als eine Globalalternative zum Ent- halten wir die Schaffung einer Personalvertretung für stu- wurf der Landesregierung zu verstehen. Unsere Prioritä- dentische Hilfskräfte für unabdingbar. tensetzung umfasst fünf Themenkomplexe, mit denen sich die CDU in ihrem Entwurf schwer tut. Diese sind die Fol- Fünfter Punkt: Gender Mainstreaming und Diversity. genden. Meine Damen und Herren, Gleichberechtigung in der Wissenschaft muss an vielen Stellen noch immer geför- Erstens die Stärkung der Autonomie und der öffentlichen dert und gefordert werden. Im Sinne des Gender Main- Rechenschaft.Wir treten für den Rückzug des Landes aus streaming sollen auch Hochschulen sicherstellen, dass bei der bisherigen Detailsteuerung an den Hochschulen ein. allen Entscheidungen die Gleichstellung von Frauen und Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3581

Männern zu berücksichtigen ist. Insbesondere bei der (Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ha- Vereinbarkeit von Familie und Studium bzw. von Familie ben wir heute eine zweite Lesung, oder nicht?) und Beruf sehen wir eine große Herausforderung. Nach unserem Vorschlag wird sie – genau wie auch die Sicher- – Frau Kollegin Hinz, Sie waren doch bei dieser Vereinba- stellung der Kinderbetreuung – Aufgabe der Hochschule. rung gar nicht anwesend, und Sie sind auch so selten im Ausschuss, dass Sie gar nicht wissen, was wir vereinbart Zudem sieht unser Entwurf vor, das Studienguthabenge- haben. setz aufzuheben. Die jüngste Exmatrikulationswelle hat (Widerspruch der Abg. Sarah Sorge und Priska gezeigt, welchen Schaden dieses Gesetz angerichtet hat. Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Priska (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Halten Sie und des Abg. Michael Siebel (SPD)) sich einmal zurück! Das ist die Arroganz der CDU!) Einem möglichen Missbrauch des Studierendenstatus beugt unser Entwurf über die Exmatrikulationsmöglich- Jetzt will ich zu der Auswertung der Anhörung kommen. keit bei überwiegender Berufstätigkeit vor. Meine Damen Diese Anhörung bestand aus einem schriftlichen und ei- und Herren, es muss doch aber möglich sein, neben dem nem mündlichen Teil. Frau Kollegin Sorge und Frau Kol- Studium zu arbeiten oder Kinder zu erziehen. legin Beer haben versucht, darzustellen, es hätte aus- schließlich negative Stellungnahmen zu diesem Gesetz- Meine Damen und Herren von der CDU,wenn aber Ideo- entwurf gegeben. Damit möchte ich einmal aufräumen, logie waltet, ist der Rest Ihrer Partei egal. indem ich wenige einzelne Stellungnahmen in ihren (Dr. Walter Lübcke (CDU): Was? Wie?) Grundzügen zitiere. Zukunftsfähige Hochschulen und berufsbegleitenden Ich beginne mit dem Präsidenten der Universität Frank- Hochschulzugang gibt es – aber offenbar nicht mit der furt, Prof. Dr. Steinberg. Er hat in der schriftlichen Anhö- CDU. In der Summe muss ich feststellen: Die von Ihnen rung vorgetragen: gewollte Hochschule ist nicht unsere Hochschule. Die Novelle zur Änderung des Hessischen Hoch- Das wäre vielleicht noch hinnehmbar. Aber das ist auch schulgesetzes ist danach zu beurteilen, ob und in- nicht die Hochschule, die sich Wissenschaftlerinnen und wieweit es gelingt, die Autonomie und Wettbe- Wissenschaftler, die sich die Studierenden wünschen. werbsfähigkeit der hessischen Universitäten zu Meine Damen und Herren, das aber ist nun wirklich un- stärken. erträglich. Nach diesen Maßstäben ist die Vorlage insgesamt (Anhaltender Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE zu begrüßen. Sie geht den mit dem Hessischen GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der FDP) Hochschulgesetz 2000 begonnenen Weg konse- quent weiter und stellt einen wichtigen Schritt zu mehr Autonomie und größerer Wettbewerbsfähig- Präsident Norbert Kartmann: keit dar. Vielen Dank, Frau Kollegin Sorge. – Das Wort hat Frau Eine positive Stellungnahme. – Ich komme zu einer wei- Abg. Kühne-Hörmann. teren Stellungnahme, der des Deutschen Hochschulver- bandes. Dort wird insbesondere die Umsetzung einer „neuartigen Personalstruktur“ begrüßt, und dass „neben Eva Kühne-Hörmann (CDU): dem Qualifizierungsweg der Juniorprofessur als gleichbe- rechtigte Alternative die akademische Ratsstelle auf Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Damen und Her- Zeit“ geschaffen wird. ren! Frau Kollegin Sorge, mich erstaunt schon, dass die GRÜNEN bei der zweiten Lesung des Hochschulgesetzes Ebenso positiv wird der allgemeine Hochschulzugang für in dieser Debatte zunächst 15 Minuten reden wollten. Meister beurteilt. Die Vereinigung hessischer Unterneh- Frau Kollegin Beer hatte schon darauf hingewiesen, dass merverbände „begrüßt den Gesetzentwurf in seinen zen- sich die Obleute aller Fraktionen auf ein Verfahren ver- tralen Regelungen“. Die hessischen Hochschulen haben ständigt haben, wonach wir Zeit für die Anhörung hat- „eine größere institutionell-organisatorische Eigenver- ten – – antwortlichkeit“ und können selbst Dinge regeln. Be- grüßt wird weiter die deutliche Stärkung der Hochschul- (Abg. Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) leitung und Dekanate, begrüßt werden die Premiumstu- führt ein Gespräch mit einem Kollegen.) diengänge und die Profilschärfung der Studiengänge. – Kollegin Sorge, wenn ich Sie anspreche, wäre es viel- Ebenso wird das von der Hochschule für Bankwirtschaft leicht ganz gut, wenn Sie auch zuhören könnten. Ich habe gesehen, die diesen Gesetzentwurf als „einen wichtigen Ihnen auch zugehört, und Sie legen sonst auch Wert da- Schritt zur Modernisierung der hessischen Hochschul- rauf, dass man zuhört. landschaft“ bezeichnet. Wir haben also vereinbart, dass die Auswertung der Das gilt auch für die Arbeitsgemeinschaft Hessischer In- mündlichen Anhörung in der Ausschusssitzung der nächs- dustrie- und Handelskammern, den Hessischen Hand- ten Woche stattfindet und dann im Dezember eine dritte werkstag und Weitere. Dies sind nur einzelne Beispiele, Lesung abgehalten wird.An dieser Stelle möchte ich ganz um darzustellen, dass nicht alle Stellungnahmen in der offiziell die dritte Lesung des Hochschulgesetzes beantra- Anhörung negativ waren. – So viel zu dem. gen. So war das vereinbart. An dieser Stelle möchte ich aber noch einige Sätze sagen, Das, was Sie hier im Vorhinein vorgetragen haben, greift bevor wir am kommenden Donnerstag zur Auswertung im Grunde der Ausschussberatung am kommenden Don- und Beratung der Änderungsanträge kommen. Zentrale nerstag vor. Dort wollen wir dann mögliche Änderungs- Punkte dieses Gesetzentwurfes liegen darin, dass die Ei- anträge beschließen. genverantwortung der Hochschulen gestärkt wird, dass 3582 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 die Hochschulleitungen gestärkt werden – die nämlich liebe stoßen. Leider werden wir auch mit den Änderungs- auch dafür verantwortlich sind, wie erfolgreich ihre Hoch- anträgen, die sich mit der gesamten Strukturreform befas- schulen im Wettbewerb mithalten können. Ich will auch sen, also mit der Kompetenzverteilung zwischen dem Se- darauf hinweisen, dass wir Neuerungen wie Premiumstu- nat auf der einen Seite, dem Präsidium auf der anderen diengänge für begabte Schüler ermöglichen wollen. Das Seite und dazwischen der Hochschulversammlung, auf gibt es derzeit in keinem anderen Landesgesetz. wenig Gegenliebe stoßen. Das scheint nicht so zu sein. Lassen Sie mich zum Schluss darauf hinweisen, dass wir Auch dazu muss ich sagen: Die Anhörung war doch rela- als CDU-Fraktion vorhaben, in der kommenden Woche in tiv simpel. Alle haben gesagt: Lasst uns jetzt einmal ein der Ausschusssitzung Änderungen vorzuschlagen, die sich wenig durchatmen. – Ich will das einmal umgangssprach- aus der Anhörung ergeben. Dann werden wir darüber be- lich ausdrücken. Ich verstehe nicht, warum jetzt wieder raten und im Dezember-Plenum in dritter Lesung alle und wieder darin herumgerührt wird, selbst wenn man die Änderungsanträge behandeln. – Vielen Dank. eine oder andere Kritik an Ihrem Gesetzentwurf hat. Ich halte es für den falschen Schritt, das Ganze jetzt wieder (Beifall bei der CDU) anzurühren, mit dem Ergebnis, dass wir nach der Auswer- tung der Evaluation sicherlich eine grundlegende Ände- Präsident Norbert Kartmann: rung vornehmen. Dessen bin ich mir sicher. Jetzt noch ein- mal ein Durcheinander zu veranstalten – es ist ein Durch- Das Wort hat der Abg. Siebel, SPD-Fraktion. einander –, halte ich für einen Schritt, der die Hochschu- len verunsichert und insofern negativ in den Prozess ein- greift. Michael Siebel (SPD): (Beifall bei der SPD) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- ren! Frau Kollegin Kühne-Hörmann, natürlich finden sich Ich teile Sarah Sorges Befürchtungen, dass dadurch in al- in den Anhörungsunterlagen und Protokollen, die zusam- len Bereichen Demokratie abgebaut wird. Ich möchte Ih- men etwa 400 Seiten umfassen, auch drei Zitate, die Ihre nen ein vier Punkte umfassendes Angebot vorlegen, dem Position unterstützen. auch Sie, glaube ich, zustimmen können, selbst auf die Ge- fahr hin, dass meine eigene Fraktion mir am Ende sagt: (Beifall bei der SPD) Jetzt warst du wieder einmal zu konsensual mit den Rech- Aber man muss schlicht und ergreifend sagen, dass diese ten. Anhörung in Bezug auf die strittigen Punkte für Sie ein Erster Punkt. Wir haben sehr eindeutig nicht nur von de- einziges Desaster war. Das gilt natürlich nicht für die un- nen, die das jobmäßig zu vertreten haben, nämlich von strittigen Punkte; das haben wir alle festgestellt. Die Um- den Personalvertretungen, sondern auch von den Hoch- setzung von Bundesgesetzen ist natürlich unstrittig. schulleitungen gehört, dass man die Motivation und die (Beifall bei der SPD – Nicola Beer (FDP): Man Entwicklung an den Hochschulen nur unter Beteiligung könnte auch sagen, der Gesetzentwurf ist ge- der Beschäftigten hinbekommt und dass das, was Sie im schlachtet worden!) Zusammenhang mit dem HPVG vorschlagen, genau das Gegenteil bewirkt. All dies wäre durch die einfache Maß- In dem einen oder anderen Punkt kann man anderer Auf- nahme, den Art. 4 in dem Gesetzentwurf zu streichen, zu fassung sein. Frau Kollegin Beer und Frau Kollegin beseitigen. Kühne-Hörmann, eines wundert mich doch ein bisschen: Frau Kollegin Kühne-Hörmann, Sie ziehen über den Ge- (Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP)) setzentwurf her, der in der letzten Legislaturperiode ein- gebracht worden ist, und Sie, Frau Kollegin Beer, ziehen Ich glaube, das ist in der Tat eine Brücke, über die Sie ge- über den jetzt vorgelegten Gesetzentwurf her. Das lässt hen können: Streichung des Art. 4 und Erhaltung der Mit- einige Rückschlüsse darauf zu, wie zerrüttet der Zustand bestimmungsrechte an den Hochschulen, und zwar nicht der Koalition in der letzten Legislaturperiode gewesen aus dem Prinzip der Personalvertretung, sondern um die sein muss. Das finde ich in gewisser Weise erheiternd. Ich Motivation an den Hochschulen zu erhalten. nehme das mit großer Freude wahr, weil dadurch deutlich (Beifall bei der SPD) wird, worin die zentralen Unterschiede bestanden. Zweiter Punkt. Er betrifft § 95, in dem die Höhe der dem Dadurch, dass eine dritte Lesung beantragt wurde, wer- AStA zugewiesenen Mittel an die Wahlbeteiligung der den auch wir von der SPD-Fraktion die Möglichkeit ha- Studierenden geknüpft ist. Die Anhörung hat eindeutig ben, Änderungsanträge einzubringen. Ich denke, dass wir ergeben – das haben gerade die Rechtsgelehrten gesagt –, an zwei Punkten keinen Konsens werden herstellen kön- dass diese Regelung so nicht zu halten ist. Gehen Sie da- nen. Wenn wir die Streichung des Studienguthabengeset- her über diese Brücke, und nehmen Sie die betreffende zes fordern – das ist ein Artikelgesetz; wir können das also Regelung aus dem § 95 heraus. Belassen Sie es dabei, auch als „Omnibusgesetz“ anhängen –, werden wir mit Ihnen unter dem Aspekt, dass eine gute Hochschule die ist, die keine Einigung erzielen. Das Studienguthabengesetz hat ihre Studenten mitnimmt und ihre Motivation erhält. Die – auch unter der Voraussetzung, dass es der Sanierung des Motivation erhalten Sie nur, wenn Sie diese Regelung aus Landeshaushalts hätte dienen sollen – nicht die Zielchar- dem § 95 streichen. gen erreicht, die Sie vorgegeben haben. Jetzt wird die Zahl von 9,5 Millionen c Einnahmen genannt. Dieser Zahl (Beifall bei der SPD) standen im Haushalt 24 Millionen c gegenüber. Jetzt ha- Dritter Punkt. Der Gesetzentwurf enthält die Möglich- ben Sie noch 16 Millionen c. Sie haben also das Ziel, das keit, Meistern den Zugang zum Hochschulstudium zu er- Sie sich selbst gesteckt haben, völlig verfehlt. leichtern. Aber wir sollten hier zu einer klareren Formu- Von daher wäre es nur konsequent, dieses Gesetz jetzt lierung kommen, die sich an die NRW-Formulierung an- wieder abzuschaffen. Wir werden das beantragen. Aber lehnt. Es könnte folgendermaßen heißen: Eine erfolgreich ich glaube, damit werden wir bei Ihnen nicht auf Gegen- abgelegte Meisterprüfung oder andere Prüfungen, die Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3583 vom Fachministerium bestimmt werden, berechtigen zum und die eigene Befähigung, die Verbesserung der Studier- Hochschulzugang. – Warum übernehmen Sie nicht die barkeit des Studiums durch Strukturierung und Modula- einfache Formulierung: „Wer Meister ist, sollte die Mög- risierung, international vergleichbare Abschlüsse, um die lichkeit haben, an einer hessischen Hochschule zu studie- Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch ren“? So hat es z. B. die IHK Kassel in ihrer schriftlichen forschungsintensive Studienangebote und fachgerechte Stellungnahme zu der Anhörung formuliert. Ermöglichen Beschäftigungsmodelle, die Neuordnung der inneren Or- Sie diesen Schritt; es ist nämlich nicht einsehbar, dass je- ganisation der Hochschule und die Professionalisierung mand, der eine Meisterprüfung abgelegt hat, für ein des Hochschulmanagements. Hochschulstudium weniger qualifiziert sein soll als an- dere. An vier Punkten hat sich die meiste Kritik kristallisiert, und zwar an den so genannten Premiumstudiengängen, an Vierter Punkt. Sie werden sich jetzt ein wenig wundern. der Neuordnung der Organisation der Hochschule, an der Aber ich möchte Ihnen anbieten, über das Thema Stu- Finanzierung der Studentenschaft und an der Mitwirkung dienangebote mit besonderem Betreuungsaufwand zu des Personalrates bei den wissenschaftlichen Mitarbeite- sprechen. Der Hintergrund ist, dass einige Hochschulen in rinnen und Mitarbeitern. der Anhörung Beispiele für solche Studiengänge genannt haben, die es in der Tat rechtfertigen, für die zusätzlichen Der Begriff „Premiumstudiengang“, der nicht von uns Aufwendungen, die dort notwendig sind, Gebühren zu er- stammt, lädt zu dem Missverständnis ein, es ginge um ein heben. Zum Beispiel sind die internationalen Studien- Studium in Grundausstattung und ein Studium in Luxus- gänge „Finance and Accounting“ und „Master of Political ausstattung. Meine Damen und Herren, es geht um etwas Theory“ genannt worden. Das sind nur zwei der Beispiele. anderes. Wir können von den Hochschulen nicht immer nur mehr Kundenorientierung fordern. Wir müssen sie Lassen Sie uns über eine Lösung reden, der wir alle zu- auch in die Lage versetzen, ein ausdifferenziertes, auf die stimmen können, zu der sich also ein größerer Konsens unterschiedlichen Interessen der Studienbewerber Rück- herstellen lässt. Aber dieser Konsens kann nicht so ausse- sicht nehmendes Studienangebot bereitzustellen. Zu die- hen, dass dort eine Formulierung stehen bleibt, die den ser stärkeren Ausdifferenzierung gehört auch die Mög- Eindruck erweckt, als würde jemand an deutschen Hoch- lichkeit, Interessenten, die bereits über einen Hochschul- schulen Studiengebühren zahlen müssen, nur weil er aus- abschluss verfügen, ein besonders intensives und betreu- ländischer Herkunft ist. Das geht nicht. Diese Formulie- tes Studienangebot zu machen. Soweit diese Personen aus rung ist misslungen. Sie muss konsequenterweise gestri- dem Beruf kommen, sind solche gebührenpflichtigen An- chen werden. gebote schon nach geltendem Recht möglich. Mit der (Beifall bei der SPD) Neuregelung wird der Kreis der möglichen Bewerberin- nen und Bewerber lediglich erweitert. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Ich hoffe, ich habe ein paar Minuten Redezeit eingespart und somit zur Herr Siebel, ich sage Ihnen zu: Hinsichtlich der Frage Aus- Sanierung des Zeitbudgets des Landtags beigetragen. – länder ist es noch nicht so klar formuliert.Wir werden das Herzlichen Dank. so eindeutig formulieren, dass da keine Unterschiede stattfinden. Das haben wir uns schon vorgenommen. (Beifall bei der SPD) Meine Damen und Herren, mit einer Hochschule, die sich als Gemeinschaft von Forschenden, Lehrenden und Stu- Präsident Norbert Kartmann: dierenden versteht, ist naturgemäß auch eine Vorstellung von in der Regel ehrenamtlicher und kollegialer Selbst- Das Wort hat Herr Staatsminister Corts. verwaltung verbunden. Die Vielzahl der neuen Anforde- rungen an die administrative Kompetenz einer Hoch- Udo Corts, Minister für Wissenschaft und Kunst: schule, die von der Außendarstellung bis zum Fahren des Haushaltes nach SAP R/3 reichen, verlangt aber nach Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her- noch mehr Professionalität auf allen Ebenen und einer ren! Einige von Ihnen, insbesondere meine Freunde von Organisation, die stärker aufeinander bezogen ist, als das der Opposition, haben in der ersten Lesung dem Gesetz- bislang der Fall ist. entwurf Einfallslosigkeit bescheinigt In vielen Stellungnahmen findet sich die sehr fest gefügte (Nicola Beer (FDP): Ja!) Vorstellung, es gebe so etwas wie eine Autonomie des und ihn als „eine matte Anpassungsgesetzgebung an die Fachbereichs, dessen Repräsentanten die erste Pflicht hät- Vorhaben des Bundes“ charakterisiert. Ich glaube, die ten, die Interessen des Fachbereichs gegenüber der zen- Lebhaftigkeit und die Aufregung der Stellungnahmen in tralen Ebene zu wahren. Der Entwurf versucht dem- der Anhörung des Ausschusses für Wissenschaft und gegenüber, dem Gedanken zur Geltung zu verhelfen, dass Kunst und das, was wir heute wieder gehört haben, zeigen, eine Hochschule nur ein Management haben kann. Ein- dass die Einschätzung eine ganz andere ist und wir einiges zelheiten sind selbstverständlich diskutierbar, und wir angeschoben haben. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass wollen auch niemanden dabei überfordern. angesichts der außerordentlichen Regelungsbreite des Meine Damen und Herren, die verfasste Studentenschaft Gesetzentwurfs – sie reicht von der Bewerbung um ein wird nicht abgeschafft. Studium bis zur Berufung in eine Professur – das Maß an Zustimmung zu unserer Grundkonzeption doch außeror- (Nicola Beer (FDP): Das würden Sie aber gerne!) dentlich hoch und ermutigend ist. Ich bekomme mehr zu- Zu beobachten ist allerdings eine Art innere Erosion, sammen, als eben vorgetragen worden ist. wenn die Wahlbeteiligung inzwischen an einigen Hoch- Es geht insgesamt um die Stärkung der Eigenverantwor- schulen nur noch einstellige Prozentzahlen erreicht. Wir tung, um mehr Leistungsorientierung und Wettbewerb, möchten an dem Prinzip festhalten, dass das Wahlverhal- die Öffnung des Hochschulzugangs, eine bessere und frü- ten der Studierenden den finanziellen Spielraum der Stu- here Orientierung über die Anforderungen des Studiums dentenschaft beeinflusst. 3584 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): schen Mitarbeiterin, Frau Gauderer, sehr herzlich zu dem, Dann schaffen Sie die IHKs auch ab! Oder den was sie gemacht hat. Landrat des Main-Taunus-Kreises!) (Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Na ja!) Allerdings hatte ich schon in der ersten Lesung erklärt, Wir werden sicherlich an der einen oder anderen Stelle dass es sich empfiehlt, zwischen den unterschiedlichen auch etwas übernehmen. Aber das, was Sie insgesamt als Aufgaben der Studentenschaft stärker zu differenzieren. das Aufblähen von Kollegialorganen, von Ausschüssen Damit wäre beispielsweise die Finanzierung des Semes- usw. haben wollen, kommt nicht infrage. So stellen wir uns tertickets und einiger sozialer Beratungsdienste auf jeden die Realität von morgen und die Hochschulen von mor- Fall gesichert. gen nicht vor. Dafür bitte ich um Verständnis. Die Mitglieder der Hochschulen, die in einem Beschäfti- Ich will kurz auf das eingehen, was angesprochen worden gungsverhältnis stehen, gehören zum Personal des Landes ist und was ich in der Kürze der Zeit noch einmal erwäh- – sehr richtig. Für das Personal des Landes gelten das Hes- nen möchte. sische Beamtengesetz und die aufgrund dieses Gesetzes ergangenen Bestimmungen in der Regel einheitlich. Es Frau Beer, Sie sprechen die Unterschiede zwischen W 2 gibt aber für den Wissenschaftsbereich Ausnahmen. So und W 3 an. Ganz ausdrücklich machen wir – ich glaube, hat das Personalvertretungsgesetz für die Professoren des meine Vorgängerin im Amt und Ihre Fraktionskollegin Landes noch nie gegolten. Ein Grund dafür war sicherlich sieht das genau so – Unterschiede zwischen Fachhoch- auch, dass bei der Einstellung eines Professors oder einer schule und Universität. Deswegen gibt es auch Unter- Professorin die wissenschaftliche Qualifikation die aus- schiede in der Besoldung zwischen W 2 und W 3.Wenn Sie schlaggebende Rolle spielen muss. Eine Reihe von Län- sich die Besoldungsvorschriften des Bundesbesoldungs- dern hat diesen Aspekt inzwischen auch auf die wissen- gesetzes genauer anschauen, sehen Sie, dass man mit W 2 schaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übertra- genauso viel wie mit W 3 verdienen kann. Darauf kommt gen. es nicht an. Man muss einfach sehen: Das eine ist das eine, und das andere ist das andere. Da gibt es schon einiges, Wir haben im Regierungsentwurf vorgesehen, dass der was sich in der letzten Zeit verwischt hat. Personalrat bei den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht mitbestimmt, sich aber auf Antrag Sie sprechen an, dass wir in der Landesregierung bera- der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für tungsresistent seien. Ich nenne dagegen nur das TUD-Ge- ihre Belange einsetzen darf. Es ist uns also lediglich da- setz, das wir morgen in der dritten Lesung beraten. rum gegangen, den Einstellungsvorgang zu vereinfachen (Nicola Beer (FDP): Ich habe vom Schulgesetz ge- und zu beschleunigen. An den Universitäten gibt es eine sprochen! Sie müssen zuhören, Herr Minister!) hohe Fluktuation. 75 % aller Einstellungsvorgänge be- treffen befristet beschäftigte Mitarbeiterinnen und Mitar- – Allgemein. – Ich glaube, beratungsresistent waren wir beiter. Hier können die Projektleitungen erwarten, dass nicht, sondern wir haben gemeinsam versucht, einen Weg die Personen, die sie für qualifiziert halten, auch unver- zu finden, der allen in der Bundesrepublik deutlich macht, züglich eingestellt werden. Wenn andere Formulierungen dass das Land dahinter steht. als die im Regierungsentwurf vorgeschlagen werden, die denselben Zweck erreichen, kann man gerne darüber dis- Herr Siebel, Sie sprachen von dem großen Durcheinander kutieren. und davon, dass die Universitäten das Gesetz eindeutig ablehnten. Ich kann aus den Erfahrungen, die ich in den (Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Es gibt letzten Wochen gemacht habe, deutlich machen: Die doch an der Stelle überhaupt kein Problem!) KHU spricht zwar, wenn der Sprecher im Ausschuss spricht, allein mit einer Stimme.Wenn Sie aber die einzel- Meine Damen und Herren, es gibt im Hochschulgesetz nen Mitglieder der KHU befragen, die SMS und Telefo- eine Bestimmung über die Studienreform und die Neu- nate bekommen, an welcher Stelle noch etwas nachgebes- ordnung des Hochschulwesens, unter deren Geltung viele sert werden müsse und wo man etwas begrüße, sieht das ihr Studium begonnen haben, später Assistenten gewor- ganz anders aus als in einer öffentlichen Anhörung. Das den sind und nun um eine Professur bangen. Es grenzt si- wissen Sie von bilateralen Gesprächen genau wie ich. Es cher an Herzlosigkeit, solche inzwischen zur Grundaus- gibt eine offizielle Meinung. Die muss öffentlich so darge- stattung der deutschen Hochschulen gehörenden Pro- stellt werden. Es gibt aber andere Meinungen, die deut- grammsätze anzutasten. Aber wir haben es z. B. bei der licher sind. Bestimmung über die Studienreform aus zwei Gründen getan. (Nicola Beer (FDP): Gilt das auch für den Hoch- schulpakt?) Zum einen ist nicht nur im Hochschulbereich mehr Nüch- ternheit bei der Beantwortung der Frage eingekehrt, was Zu dem Punkt mit dem Meister, den Sie angesprochen ha- Gesetze ändern können. Zum anderen ist in der Zwi- ben. Das war übrigens nicht Nordrhein-Westfalen, son- schenzeit eine Reihe von Instrumenten entwickelt wor- dern Niedersachsen. Nordrhein-Westfalen ist noch nicht den, mit deren Hilfe hochschulpolitische Zielsetzungen so fortschrittlich. Die haben es noch gar nicht dabei. Ich umgesetzt werden können. Der Gesetzgeber kann sich in- kenne überhaupt kein SPD-regiertes Land, das bisher den zwischen damit begnügen, die Aufgaben der Hochschulen Hinweis mit dem Meister vorgesehen hat.Wir werden den zu definieren, für die innere Organisation ein Grundge- Meister noch deutlicher herausstellen. Es ist absolut rich- rüst bereitzustellen und das Verhältnis zwischen Hoch- tig – wir werden einige Ausführungsvorschriften in der schule und Staat zu regeln. Verordnung vorsehen. Aber für den Meister wird es in Hessen mit oder ohne Ihre Zustimmung – das ist uns voll- Natürlich kann man einiges ganz anders sehen. Sehr ver- kommen egal, weil Sie das in den anderen Ländern auch ehrte Frau Sorge, ich möchte das handwerkliche Niveau machen – eine Hochschulzugangsberechtigung geben. und die inhaltliche Stringenz des Entwurfs Ihrer Fraktion Das schaffen wir. Wenn Sie mitmachen, machen Sie mit. ausdrücklich anerkennen, und ich gratuliere Ihrer juristi- Aber verweisen Sie nicht auf Nordrhein-Westfalen; die Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3585 sind noch nicht so weit. – Herzlichen Dank, meine Damen mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen und Herren. von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu dem zu- vor genannten Votum gelangt. (Beifall bei der CDU) Ich komme jetzt zu der Beschlussempfehlung und dem Bericht zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung für Präsident Norbert Kartmann: ein Hessisches Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze, Drucks. Vielen Dank. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. 16/2607. Dann haben wir die zweite Lesung durchgeführt. Es wurde beantragt, eine dritte Lesung durchzuführen. Der Sozialpolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum, Dazu überweisen wir den Gesetzentwurf wieder dem den Gesetzentwurf in zweiter Lesung anzunehmen. Ausschuss für Wissenschaft und Kunst. Der Gesetzentwurf war dem Sozialpolitischen Ausschuss (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- in der 45. Plenarsitzung am 15. September 2004 nach der NEN): Mit dem Änderungsantrag zusammen!) ersten Lesung zur Vorbereitung der zweiten Lesung über- wiesen worden. – Wir tun dies mit allen Änderungsanträgen zusammen. Das ist alles mit dabei. – Dem wird nicht widersprochen? Der Sozialpolitische Ausschuss hat zu dem Gesetzentwurf Dann ist das so beschlossen. und dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 16/1746, am 30. September 2004 eine Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf: öffentliche Anhörung betroffener Verbände und Organi- sationen durchgeführt. Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Hessisches Gesetz zur Gleichstellung behinderter Der Sozialpolitische Ausschuss hat den Gesetzentwurf in Menschen und zur Änderung anderer Gesetze (Hessi- seiner Sitzung am 18. November 2004 behandelt und ist sches Behinderten-Gleichstellungsgesetz – HessBGG) – mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen von SPD Drucks. 16/3199 zu Drucks. 16/2607 – und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der FDP zu dem zuvor genannten Votum gelangt. Hierzu liegt der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP, Drucks. 16/3241, vor. Dazu rufe ich Tagesordnungspunkt 92 auf: Präsident Norbert Kartmann: Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜND- Herr Dr. Spies, vielen Dank. – Ich eröffne die Aussprache. NIS 90/DIE GRÜNEN für ein Hessisches Gesetz zur Es ist eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion verein- Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung bart. Das Wort hat Herr Dr. Spies für die Fraktion der anderer Gesetze – Drucks. 16/3198 zu Drucks. 16/1746 – SPD. Hinzu kommt noch Tagesordnungspunkt 119: Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der Dr. Thomas Spies (SPD): FDP betreffend interdisziplinäre Studien- und Prüfungs- Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorange- inhalte im Hinblick auf behindertengerechtes, energie- gangene Bericht ist in Wahrheit unvollständig. und umweltgerechtes Bauen – Drucks. 16/3250 – (Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Warum Hierzu gibt es einen Änderungsantrag der Fraktion tragen Sie ihn unvollständig vor? Ich bin entsetzt!) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 16/3252. Wir sollten einmal näher hinblicken. Bereits während die Diese drei Initiativen sind nun aufgerufen. Die Bericht- Sitzung des Sozialpolitischen Ausschusses stattfand, erstattung für die beiden Gesetzentwürfe hat Herr Kol- wusste die Mehrheitsfraktion, dass dieses Votum nicht so lege Dr. Spies. – Herr Kollege, bitte schön. gemeint ist. Nicht mutig genug, die Aktion zu wiederho- len, die sich im Gesetzgebungsverfahren zur Schulgesetz- novellierung abgespielt hatte, wurde zu Beginn der Be- Dr. Thomas Spies, Berichterstatter: handlung des entsprechenden Tagesordnungspunktes ein Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Sozialpo- neunseitiger Änderungsantrag präsentiert, der dann aller- litische Ausschuss empfiehlt dem Plenum, den Gesetzent- dings formal erst nach der Sitzung eingebracht wurde, da- wurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein mit sich niemand beschweren konnte, dass man ihn auf die Hessisches Gesetz zur Gleichstellung behinderter Men- Schnelle nicht lesen konnte. Die Union war tatsächlich al- schen und zur Änderung anderer Gesetze, Drucks. len Ernstes der Auffassung, das sei ein Akt besonderer 16/1746, in zweiter Lesung abzulehnen. Freundlichkeit. Der Gesetzentwurf war dem Sozialpolitischen Ausschuss Das ist nicht die angemessene Ernsthaftigkeit, die man im in der 26. Plenarsitzung am 27. Januar 2004 nach der ers- Umgang sowohl mit dem Gegenstand des Gesetzentwurfs ten Lesung zur Vorbereitung der zweiten Lesung über- wie auch mit dem Gesetzgeber zeigen sollte. wiesen worden. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Der Sozialpolitische Ausschuss hat zu dem Gesetzentwurf Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- und dem Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucks. NEN)) 16/2607, am 30. September 2004 eine öffentliche Anhö- rung betroffener Verbände und Organisationen durchge- Sie deklassieren die Gesetzesberatung im Ausschuss und führt. im Plenum des Parlaments zu einer Formalie, die eben nur der Form halber zu beachten ist. Offenkundig wollen Sie Der Sozialpolitische Ausschuss hat den Gesetzentwurf in dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Form gar nicht seiner Sitzung am 18. November 2004 behandelt und ist zustimmen. Ihr Änderungsantrag liegt auf dem Tisch.Wie 3586 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Sie demonstriert haben, wussten Sie das schon während Leider ist diese Kritik bei den Mitgliedern der Union und der Ausschusssitzung. Meine Damen und Herren, es wäre der FDP offenkundig nicht angekommen. Alles, was Ih- angemessen gewesen, den Änderungsantrag einzubringen nen dazu einfällt, ist – das können wir aus dem inzwischen und die Behandlung des Gesetzentwurfs zu vertagen, da- vorliegenden Änderungsantrag durchaus erkennen –: Sie mit alle Fraktionen das in angemessenem Umfang und in wollen den Kommunen gestatten, etwas vereinbaren zu Ruhe beraten können. Dann hätte man in der nächsten können. – Das ist wahrlich ein „bedeutender“ Fortschritt. Sitzung des Ausschusses das beraten und zu einer Be- schlussempfehlung kommen können. Appelle für barrierefreies Bauen, Appelle für barriere- freie Formulare,Appelle, Menschen mit Rollstühlen nicht Die einzige einigermaßen nachvollziehbar erscheinende an ein paar Treppenstufen scheitern zu lassen, Appelle, Erklärung für Ihr Verhalten ist, dass Sie offenkundig auf dass auch Blinde und Sehbehinderte ein Formular ausfül- Biegen und Brechen noch in diesem Jahr ein Gleichstel- len können, ohne die Hilfe Dritter zu benötigen, Appelle lungsgesetz beschlossen haben wollen. Das ist Angesichts dieser Art gab es genug. des Vorlaufs mehrerer Jahre, die wir hinter uns gebracht (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des haben, wirklich kaum nachvollziehbar. Aber selbst über BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) einen solchen Wunsch hätte man sich sicherlich in Ruhe verständigen können. Solche Spielchen wären also nicht Wenn wir es mit der Gleichstellung der Menschen mit Be- nötig gewesen. hinderungen ernst meinen, dann ist es mit der Formulie- rung „soll“ nicht getan. Wer, aus welchen Gründen auch Form und Inhalt stehen immer in einem Zusammenhang. immer, bis heute noch nicht gehandelt hat, bedarf ganz of- Gerade bei dem Gegenstand dieser Debatte – es geht fenkundig des Nachdrucks, den eine gesetzliche Ver- nämlich darum, wie das Prinzip der Menschenwürde in pflichtung erzeugt. Deshalb ist es für uns völlig unver- Hessen auch für Menschen mit Behinderungen verwirk- ständlich und auch nicht nachvollziehbar, dass die Kom- licht werden kann – wäre es angemessen gewesen, auch in munen außen vor bleiben sollen. Es sind doch vor allen der Form mit dem gebotenen Ernst, den die Sache erfor- Dingen die Kommunen, mit denen die Bürger in Kontakt dert, vorzugehen. treten. Es sind die Kommunen, vor deren Türen sie stehen Ich komme zum Inhalt. Art. 1 Grundgesetz lautet: und deren Treppenstufen ihrer Gebäude unüberwindliche Hindernisse werden können. Die Formulare der Kommu- Die Würde des Menschen ist unantastbar. nen können oft nur mit Augen gelesen werden. Auch die Der zweite Satz lautet aber nicht: Sie hat ihre Grenze bei Internetangebote der Kommunen sind häufig nur Sehen- der Vermutung der Landesregierung zur Anwendbarkeit den zugänglich. Dieses Gesetz muss also auch für die des Konnexitätsprinzips. kommunale Ebene gelten. (Beifall des Abg. Reinhard Kahl (SPD)) Die Regierung hat da ein „schwerwiegendes“ Argument genannt: Das könnte Geld kosten. – Ja, das könnte Geld Der zweite Satz lautet nicht: Das gilt für die Länder und kosten. Die Würde des Menschen ist nicht umsonst zu ha- den Bund, nicht aber für das Handeln der Kommunen. ben. (Beifall des Abg. Reinhard Kahl (SPD)) Die Vorstellung der Regierung, dass das Land dann für vermehrte Aufwendungen der Kommunen aufkommen Der zweite Satz lautet nicht: Das gilt für Menschen mit müsste, ist allerdings falsch. Außer den Mitgliedern der Behinderungen nur dann, wenn es mit keinen Kosten ver- Regierung glaubt das niemand. Das Gegenteil ist der Fall. bunden ist. – Er lautet auch nicht: Das gilt erst dann, wenn Die Würde des Menschen gilt immer. Denn ein gutes Behinderte eine Verletzung dieses Rechts beweisen kön- Gleichstellungsgesetz ist nicht mehr und nicht weniger als nen. die Konkretisierung dieses ohnehin bestehenden Auf- Nein, der zweite Satz des Art. 1 Grundgesetz lautet: trags. Deshalb ist der Auftrag auch nicht neu. Demnach greift das Konnexitätsprinzip der Hessischen Verfassung Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung al- nicht. ler staatlichen Gewalt. Selbst wenn es denn so wäre, dann sollte uns die Würde In Art. 1 Abs. 3 Grundgesetz heißt es dann: des Menschen das wert sein. Wir geben viel Geld für Dinge aus, die wahrscheinlich weniger wichtig sind. Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzge- bung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als Hinsichtlich der Frage Förderung in Sonderschulen oder unmittelbar geltendes Recht. Aufnahme in Integrationsklassen sind die Zeiten ideolo- gischer Debatten sicherlich vorbei. Den allein selig ma- Manchmal muss man sich das ins Gedächtnis rufen. Denn chenden Weg gibt es nicht. Ich denke aber, es steht außer genau darum geht es hier. Es geht um die Konkretisierung Frage, dass die Entscheidung, welches der richtige Weg für des Prinzips der Menschenwürde und nichts weiter. ein Kind ist, nur individuell getroffen werden kann. Da Die Anhörung des Sozialpolitischen Ausschusses zu den spielen ganz viele Aspekte eine Rolle. Die Entscheidung zwei vorliegenden Gesetzentwürfen hat deutlich ge- sollte bei den Eltern liegen. Die Eltern sollten die Wahl macht, dass insbesondere der Entwurf der Landesregie- haben. Genau das muss im Gesetz verankert werden. rung dringend einer Nachbesserung bedarf. Das betrifft (Beifall bei Abgeordneten der SPD) insbesondere die Wirksamkeit dieses Gesetzes für die Kommunen. Das betrifft vor allen Dingen die Umkehr Meine Damen und Herren, ein dritter Punkt. Recht zu ha- der Beweislast bei der Vermutung, dass eine Benachteili- ben genügt nicht. Man muss es auch bekommen. Gerade gung vorliegt. Das betrifft vor allen Dingen die Wahlfrei- bei Verstößen in dem von diesem Gesetz zu regelnden Be- heit der Eltern hinsichtlich der Frage, ob sie ihr Kind inte- reich ist es für die Betroffenen nicht nur außerordentlich grativ in einer Regelschule beschulen lassen oder ob sie schwierig, sondern oft auch ganz besonders unangenehm, eine Einrichtung auswählen, die eine besondere Ausrich- ihre Rechte geltend zu machen und dafür Beweis führen tung auf Fördermaßnahmen hat. zu müssen. Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3587

Folgerichtig gilt es bei begründeter Annahme einer Be- nicht zu tun, dann sollten Sie konsequenterweise den Titel nachteiligung die Beweislast umzukehren. Das führt – das Ihres Gesetzes ändern in „Gesetz zur Ungleichstellung mögen die Anwälte bedauern – nicht zu einer Steigerung behinderter Menschen“. der Verfahrenszahl. Es führt zu einer Steigerung des En- gagements und des Bemühens, niemanden wegen Behin- (Beifall des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS derung zu benachteiligen. Genau das möchten wir mit die- 90/DIE GRÜNEN)) sem Gesetz erreichen. Deshalb sollten wir an dieser Stelle Wenn die Kommunen beim Prozess der Gleichstellung etwas korrigieren. außen vor bleiben, dann sind behinderte Menschen dort, Meine Damen und Herren, für die beiden Gesetzent- wo es besonders wichtig ist, dort, wo sich das tägliche Le- würfe gilt, dass all die aufgezeigten Mängel des Regie- ben abspielt, eben nicht gleichgestellt. Die hessischen Be- rungsentwurfs vorliegen. Der Entwurf der GRÜNEN hinderten haben dann in den Kommunen eben nicht die geht ein ganzes Stück weiter. Deshalb wird die SPD-Frak- gleichen Rechte wie die behinderten Menschen in ande- tion den Regierungsentwurf ablehnen und dem Entwurf ren Ländern. Sie haben nicht die gleichen Rechte in den der GRÜNEN, wenn auch mit ein paar Bauchschmerzen, Kommunen wie auf anderen Ebenen der öffentlichen die Frau Fuhrmann schon in der Rede zur ersten Lesung Hand. vorgetragen hat, zustimmen. Meine Damen und Herren, ich war am Montag dieser Wo- „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten che bei einer Fachtagung des Behindertenbeauftragten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Ge- der Bundesregierung in Berlin. Es ging um die im Augen- walt“ – auch in Hessen. – Ich danke Ihnen. blick in den Vereinten Nationen diskutierte neue UN- Konvention zu Menschenrechten und Behinderung. Es (Beifall bei der SPD und des Abg. Dr.Andreas Jür- gibt eine Arbeitsgruppe, die von der UN-Vollversamm- gens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) lung eingesetzt worden ist. Innerhalb von zwei Jahren soll diese Konvention bearbeitet werden.

Präsident Norbert Kartmann: Anwesend bei dieser Veranstaltung war übrigens auch die Sonderbotschafterin der UNO für diesen Bereich, eine Das Wort hat Herr Dr. Jürgens für die Fraktion BÜND- Angehörige des Königshauses von Katar. Ich erwähne das NIS 90/DIE GRÜNEN. auch wegen der Debatte zur Aktuellen Stunde heute Morgen. Herr Jung, hören Sie gut zu. Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ihre Königliche Hoheit – das ist der offizielle protokolla- rische Titel – trug ein Kopftuch, und das trug sie ganz Herr Präsident, meine Damen und Herren! Viele von uns selbstverständlich und ganz charmant, weltgewandt. Mit waren am Dienstag beim parlamentarischen Abend des großem Engagement ist sie für eine Gleichstellung behin- VdK Hessen-Thüringen. Zu Recht hat an diesem Abend – derter Menschen eingetreten. Sie hat ganz und gar nicht Sie haben es alle gehört – der Landesvorsitzende in seiner das Bild abgegeben, das Sie hier von Kopftuch tragenden Begrüßung angemahnt, dass die Vorschläge der intermi- Frauen zu zeichnen belieben. nisteriellen Arbeitsgruppe zur Überprüfung des hessi- schen Landesrechts auf Benachteiligung behinderter (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Menschen endlich umgesetzt werden müssten. Frau Lau- und der SPD) tenschläger war auch da. Frau Ministerin, ich weiß nicht, Ich musste in Berlin natürlich daran denken, dass Ihre ob Sie ihm hinterher unter vier Augen gesagt haben, dass Königliche Hoheit, wie sie da ständig genannt wurde, in er lange darauf warten kann. Ich weiß nicht, ob Sie ihm ge- Hessen noch nicht einmal Beamtin oder Lehrerin werden sagt haben, dass die Beteiligung von Behindertenorgani- könnte. Nun würde sie das auch gar nicht wollen.Aber Sie sationen an dieser Arbeitsgruppe reine Beschäftigungs- werden verstehen, dass mir an diesem Beispiel einmal therapie war und Sie gar nicht daran denken, ihre Emp- mehr deutlich geworden ist, mit welch provinzieller Rück- fehlungen umzusetzen. schrittlichkeit Hessen zurzeit regiert wird. Ich will erklären, worum es hier geht. Die Arbeitsgruppe (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatte Änderungsbedarf gesehen beim Statistikgesetz, und der SPD – Zuruf des Abg. Michael Denzin beim Gesetz zur Ausführung der Kinder- und Jugendhilfe, (FDP)) beim Gleichberechtigungsgesetz, bei der Hessischen Ge- meindeordnung, beim Denkmalschutzgesetz, beim Hessi- Genau diese provinzielle Rückschrittlichkeit kommt auch schen Schulgesetz, beim Gesetz über den Hessischen in dem zum Ausdruck, was Sie demnächst zum Gleichstel- Rundfunk, beim ÖPNV-Gesetz, beim Hochschulgesetz, lungsgesetz erheben wollen. Man stelle sich einmal vor, in bei Weiterbildungs- und Prüfungsordnungen, bei Verord- den Vereinten Nationen wird weltweit darüber diskutiert, nungen über verschiedene Ausbildungsgänge und Prüfun- wie behinderte Menschen in einer weltweit geltenden gen etc., etc. Nichts davon aber haben Sie in Ihren Ge- Konvention im Menschenrechtssystem der UNO volle setzentwurf übernommen. Nichts davon wollen Sie über- Rechte bekommen können. Das Grundgesetz gibt dies nehmen. Mit einem solchen gesetzlichen Torso kann nach seit 1994 vor. Der Bund hat mit dem Bundesgesetz seine unserer Überzeugung wirkliche Gleichstellung nicht er- Aufgabe inzwischen auf den Weg gebracht, und die Lan- reicht werden. desregierung will immerhin auf Landesebene – wenn auch (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zaghafte – Schritte in die richtige Richtung übernehmen. und bei Abgeordneten der SPD) Aber die hessischen Kommunen sollen weiterhin von die- ser weltweiten Entwicklung ausgenommen werden. Die Vor allem aber wollen Sie – Kollege Spies hat zu Recht da- hessischen Kommunen sollen sagen: Die sollen in der rauf hingewiesen –, dass die Gleichstellungsregelungen UNO und im Bundesrecht machen, was sie wollen. Mäh Ihres Gesetzes nicht auf der kommunalen Ebene gelten. sin mäh, wie man in Nordhessen sagt. Die hessischen Ich sage noch einmal ausdrücklich, was ich auch im Aus- Kommunen sollen weiter das Tal der Ahnungslosen blei- schuss gesagt habe:Wenn Sie daran festhalten wollen, dies ben. 3588 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Das ist engstirnige Provinzialität zum gesetzlichen Prinzip anderer Stelle noch nicht einmal zu rügen für notwendig erhoben, und das können wir nicht mitmachen. gehalten haben, wie wir es heute Morgen erlebt haben. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD) und der SPD) Das zeigt vor allem eines. Sie haben das Grundprinzip von Sie haben eben nicht verstanden, worum es geht. Sie Gleichstellungsregelungen überhaupt nicht verstanden, schieben auch Ihre Verantwortung weg. Wir haben jetzt egal auf welcher Ebene. Ich erwähne mit Absicht die Be- einen Dringlichen Antrag der Fraktionen der CDU und gründung der Landesregierung, die sie selbst zu diesem der FDP betreffend interdisziplinäre Studien- und Prü- Landesgesetz gegeben hat, damit Sie verstehen, worum es fungsinhalte im Hinblick auf behindertengerechtes, ener- geht. Dann glauben Sie es vielleicht. Sie hat geschrieben – gie- und umweltgerechtes Bauen auf den Tisch bekom- ich zitiere –: Behinderte Menschen men. Mit Verlaub, das Anliegen ist durchaus unterstüt- zenswert. Aber ich darf darauf hinweisen, dass es noch werden mit Verfassungsrang aus der Rolle der nicht so lange her ist, dass Sie solche Anträge zum ener- Empfänger von Fürsorgemaßnahmen herausgeho- gie- und umweltgerechten Bauen, die wir in den Haus- ben und als gleichberechtigte Mitglieder der Ge- haltsberatungen eingebracht haben, abgelehnt haben. sellschaft ausdrücklich anerkannt. (Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/ Genau dazu würde es aber auch gehören, dass ihnen not- DIE GRÜNEN)) falls einklagbare Rechte auf Gleichstellung eingeräumt Sie haben das abgelehnt, und genau das ist Ihre Politik. Sie werden. Sie wollen den behinderten Menschen in den nehmen Ihre Verantwortung nicht wahr, sondern fordern Kommunen weiterhin sagen: Bleib in der Rolle des Bitt- andere auf, etwas zu tun, wozu Sie nicht den Mut oder die stellers. Sie wollen keine Rechte einräumen, keine An- Kraft oder die Erkenntnis haben, es selbst zu tun. Sie for- sprüche auf Gleichstellung. Sie wollen weiterhin nur die dern andere auf und handeln nicht selbst. Rolle des passiven Fürsorgeempfängers. – Das kann mit uns nicht geschehen. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD) Wir beantragen für beide Gesetzentwürfe die dritte Le- sung, damit Sie Gelegenheit haben, noch einmal über Ihre Sie haben einen Änderungsantrag vorgelegt, den wir noch künftige Linie in der Minderheitenpolitik insgesamt und im Ausschuss beraten werden. Danach sollen die Kom- in der Behindertenpolitik im Besonderen nachzudenken. munen nur gebunden sein, wenn sie freiwillige Zielver- einbarungen – ich betone: freiwillige Zielvereinbarungen (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – mit den Behindertenorganisationen abschließen. und bei Abgeordneten der SPD) (Florian Rentsch (FDP): Ganz hervorragend!) Präsident Norbert Kartmann: Mit Verlaub, meine Damen und Herren, die Zielvereinba- rungen sind ein sinnvolles Mittel im privatwirtschaft- Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Dörr für die lichen Bereich. Aber dass eine Kommune nach den CDU-Fraktion das Wort. Grundsätzen der Vertragsfreiheit sozusagen nach Gusto darüber entscheiden kann, ob sie die Gleichstellungsver- pflichtung des Grundgesetzes einlöst oder nicht, das ist Ilona Dörr (Bergstraße) (CDU): geradezu abenteuerlich. Grundrechtsgewährung nach Herr Dr. Jürgens, ich erinnere nur an den Abend mit dem Kassenlage ist ganz und gar nicht das, was behinderte VdK, als ich gesagt habe, wir beide seien auf gleicher Au- Menschen und meine Fraktion unter Gleichstellung ver- genhöhe. Sie haben gesehen, in der Korrektur der Höhe stehen. Das ist das genaue Gegenteil. des Podiums ist das wohl auch so. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): und bei Abgeordneten der SPD) Aber nicht intellektuell! – Gegenrufe von der Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Sie im CDU: Oh!) Grunde Ihres Herzens gar keine Vorstellung davon ha- – Das war die Anmerkung einer weiblichen Kontrahentin, ben, was wirkliche Gleichstellung bedeutet und wo das das sollte man als Frau überhören. – Herr Dr. Jürgens, Sie Problem liegt, dann hat ihn der Justizminister am Montag haben Recht. Wir sind uns tatsächlich einig, wenn es da- geliefert. Er hat in einem Pressebeitrag zum rot-grünen rum geht, die Feststellung zu treffen, dass Menschen mit Vorhaben eines zivilrechtlichen Antidiskriminierungsge- Behinderungen vollwertige Mitglieder in unserer Gesell- setzes, womit ja auch die zivilrechtliche Diskriminierung schaft sind. Die Aufnahme des Benachteiligungsverbots von behinderten Menschen bekämpft werden soll, dies als zugunsten behinderter Menschen in unserem Grundge- Bevormundung des Rechtsverkehrs gegeißelt und ver- setz dient als Grundlage unserer Behindertenpolitik. Be- stieg sich dann zu einem abstrusen Vergleich dieses vor- hindertenpolitik findet nicht erst seit dieser Legislaturpe- gesehenen Antidiskriminierungsgesetzes mit dem – ich zi- riode statt. tiere – „Kommunismus in der ehemaligen DDR und in Osteuropa“. Wir brauchen im Einzelnen gar nicht mehr darzustellen, dass wir uns Schritt für Schritt, und das in einer ungebro- (Boris Rhein (CDU): Er hat leider Recht!) chenen Kontinuität, für das Ziel einsetzen, dass jeder Mensch mit Behinderungen hier in Hessen genau so leben Meine Damen und Herren, die Gleichstellung behinder- kann wie jeder Mensch ohne Behinderungen. ter Menschen mit einem Regime von Stacheldraht und Mauern gleichzusetzen, das kann wirklich nur denjenigen Auch wenn Herr Dr. Spies gemeint hat, es noch einmal im einfallen, die eine Diskriminierung von Minderheiten an Besonderen betonen zu müssen: Wir wollen – damit Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3589 meine ich alle, die hier im Plenarsaal sind –, dass den Be- Ilona Dörr (Bergstraße) (CDU): troffenen die Gleichstellung zuteil wird und eine Teil- nahme am Leben ermöglicht wird. Behinderte sollen ihr Die Redezeit ist doch relativ kurz, das Gebiet ist so um- Leben selbst bestimmt führen können. fassend. Herr Kollege Dr. Spies, ich bitte Sie, dafür Ver- ständnis zu haben, wenn ich in meinen Ausführungen erst Wir sind aber nicht so blauäugig, zu glauben, dass die Le- einmal fortfahre. benswirklichkeit vieler behinderter Menschen dem ent- Sie haben moniert, dass wir Ihnen diesen Änderungsan- spricht, was die Verfassung vorgibt und was eigentlich trag in der Sitzung des Sozialpolitischen Ausschusses vor- zum Selbstverständnis des menschlichen Miteinanders gelegt haben und sozusagen nicht bereit gewesen wären, gehören sollte. Daher haben wir zu unserer seither guten darüber zu sprechen. Wir wollten einem vorbeugen. Herr Behindertenpolitik einen weiteren Schritt getan, nämlich Dr. Spies, es war schon beredt, als Sie gesagt haben, Sie re- einen Schritt in der Kontinuität mit der Einbringung des deten heute zum Schulgesetz. Das war der Eingang Ihrer Gleichstellungsgesetzes der Landesregierung für das Rede: zum Schulgesetz. Ich dachte erst, Sie hätten Ihre Land Hessen, das wir heute in zweiter Lesung beraten. Reden vertauscht. Ich weiß aber, was Sie damit zum Aus- Herr Dr. Jürgens, Sie reklamierten bereits in der Sitzung druck bringen wollten. Sie wollten darauf verweisen, dass des Sozialpolitischen Ausschusses, dass Ihre Fraktion der Kulturpolitische Ausschuss nicht bereit gewesen wäre, ebenfalls ein Gesetz zur Gleichstellung behinderter Men- die Änderungen Ihrer Fraktion oder auch der Opposi- schen eingebracht habe. Das haben wir nicht übersehen, tionsfraktionen zum Schulgesetz zu beraten. Das war ge- wir haben es auch nicht achtlos zur Seite geschoben. Ich danklich auch bei Ihnen haften geblieben. Daher kam kann auch heute Abend zum wiederholten Male feststel- wohl der Versprecher. len: Es handelt sich um einen Gesetzentwurf mit vielen In dem Änderungsantrag, den wir vorgelegt haben, haben unerfüllbaren Wünschen. Herr Dr. Jürgens, Sie wissen wir sowohl im Titel als auch durchgängig im gesamten Ge- auch, dass wir mit dieser Feststellung nicht alleine stehen. setzestext die Worte „behinderte Menschen“ durch die Natürlich sind die Verbände und Organisationen von den Worte „Menschen mit Behinderungen“ ausgetauscht. von ihnen Vertretenen ständig aufgefordert, für ihre Be- Herr Dr. Jürgens, dies entspricht zwar nicht dem Bundes- lange allumfassend einzutreten. Es wäre auch nicht ganz gleichstellungsgesetz. Aber Sie wissen, die Verbände le- zu verstehen, wenn das nicht so wäre. gen alle sehr großen Wert darauf, dass dieser Sprachge- brauch angewandt wird. Warum sollten wir uns dem nicht Die Verbände haben auch einen ausgeprägten realen Be- anpassen? zug zum Machbaren. In vielen Gesprächen mit den Ver- bänden und Organisationen haben wir darauf hingewie- In Art. 1 § 3, Barrierefreiheit, wollen wir dem Anliegen, sen, dass der Gesetzentwurf der Hessischen Landesregie- die kommunale Seite einzubinden, in etwa Rechnung tra- rung einen weiteren Schritt, aber nicht den letzten Schritt gen, ohne mit der Hessischen Verfassung in Konflikt zu in unserer Behindertenpolitik darstellt. In einer Behin- geraten und hier die Frage nach dem Konnexitätsprinzip dertenpolitik – das sage ich nicht ohne einen gewissen aufzuwerfen. Stolz –, die auf Vertrauen fußt und die sich über die letz- ten sechs Jahre mehr als verlässlich dargestellt hat. Die im Bundesgesetz geschaffene Grundlage ermöglicht es, Zielvereinbarungen zwischen Landesverbänden von Nun betrachten wir das Ergebnis der Anhörung zu beiden Menschen mit Behinderungen einerseits und kommuna- Gesetzentwürfen, die wir im Sozialpolitischen Ausschuss len Körperschaften und deren Verbänden und Unterneh- durchgeführt haben. Es wurde schon dargestellt, der Ge- men andererseits zu treffen. Inhalt, Bedingungen und die setzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist der Überwachung sind in § 3 Abs. 2 bis 5 dieses Gesetzes dar- weiter gehende, der Wunschkatalog. Der Gesetzentwurf gestellt. der Landesregierung wurde von allen Beteiligten be- Ich glaube schon, dass dies ein erster weiterer Schritt in grüßt, ebenso die Änderungen von konkreten Gesetzen der Zusammenarbeit mit der kommunalen Seite in der wie der Landes- oder Kommunalwahlordnung. Anwendung von Gesetzen und Verordnungen ist, auch Im Wesentlichen wurde angemahnt – das haben Sie hier ohne eine direkte Anweisung erteilen zu müssen. auch deutlich gesagt –, dass das Gesetz insoweit zu ergän- Wir haben mit der Ergänzung des Gesetzestextes in § 5 zen ist, dass die Kommunen mit in die Verantwortung ge- den Gedanken des Gender Mainstreaming in dieser nommen werden müssen. Es wurde auch die Entschei- Grundform gefestigt. Wir wirken also nicht nur bestehen- dung akzeptiert, Änderungen in weiteren Gesetzen direkt den Ungleichbehandlungen entgegen, sondern führen ak- in die betroffenen Gesetze umzusetzen und dies nicht in tiv eine gesamtgesellschaftliche Integration herbei. einem Artikelgesetz nachzuvollziehen. In § 7, wo wir ursprünglich das Wohnen im Alter absichern Weiter sollte auch das Ergebnis der interministeriellen wollten, haben wir wiederum dem Anliegen der Verbände Arbeitsgruppe, nämlich welche konkreten Gesetzesände- Rechnung getragen, diese Vorschrift für alle Menschen rungen bereits vollzogen und welche geplant sind, be- mit Behinderungen zu öffnen, da allen die Möglichkeit ge- kannt gegeben werden. Ich weiß, dass sich hier schon eini- geben werden soll, so lange wie möglich im gewohnten ges getan hat und in den nächsten Monaten noch tun wird. Wohnumfeld zu verbleiben. Das werden wir dann hier im Plenum zu beraten haben. § 9, Benachteiligungsverbot, erhält eine Ergänzung im Die CDU- und die FDP-Fraktion haben in einem ge- Abs. 1, wo es heißen soll: „In Bereichen bestehender Be- meinsamen Änderungsantrag den berechtigten Anliegen nachteiligungen von Menschen mit Behinderungen ge- aus der Anhörung Rechnung getragen. genüber Menschen ohne Behinderungen sind besondere Maßnahmen zum Abbau und zur Beseitigung dieser Be- nachteiligungen zulässig.“ Die Vorschrift wird dem Wort- Präsident Norbert Kartmann: laut des Bundesgleichstellungsgesetzes angeglichen und erhält damit eine Handlungsermächtigung, z. B. in der be- Frau Kollegin, gestatten Sie Zwischenfragen? hindertengerechten Gestaltung von Arbeitsplätzen. 3590 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Nicht zuletzt soll § 18, der die Funktion des Behinderten- (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der beauftragten darstellt, ergänzt werden, um der Forderung CDU) nachzukommen, dass der Bericht Aussagen über die Wirksamkeit und Umsetzung dieses Gesetzes enthalten Ich hatte eigentlich gar nicht vor, darauf länger einzuge- muss. hen.Aber das ärgert mich wirklich. Denn das, was Sie hier gerade erzählt haben, ist die typische Mär, die wir von der SPD in den letzten Monaten immer wieder im Ausschuss Präsident Norbert Kartmann: bei der Diskussion um das Konnexitätsprinzip gehört ha- ben. Wir haben in der Anhörung zum Gleichstellungsge- Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende. setz natürlich den Wunsch der Verbände vernommen, die verbindliche Regelungen für die Menschen mit Behinde- rungen fordern, sodass auch die Kommunen Regelungen Ilona Dörr (Bergstraße) (CDU): durchsetzen müssen. Das haben wir vernommen. Dafür habe ich auch Verständnis. Ja, ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Wir sind in den weiteren Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, Aber, Herr Dr. Spies, wir gehen davon aus, dass die Kon- dass behindertenrelevante Probleme in die Ausbildungs- nexität ausgelöst wird, wenn das Land eine verbindliche ordnung des Architektenberufes aufgenommen werden Regelung trifft. Jetzt sage ich Ihnen einmal etwas ganz sollten. Hierzu haben wir heute einen gemeinsamen Konkretes. Sie haben im Ausschuss immer wieder er- Dringlichen Antrag vorgelegt. Herr Kollege Rentsch wird wähnt – jetzt kommt Frau Fuhrmann und gibt ihre Wort- diesen noch im Einzelnen vorstellen. meldung ab, das passt mir sehr gut –, das sei kein Problem, und das, was wir machen, sei rechtlich unsinnig. Sie haben Die Hessische Landesregierung ist mit den eingebrachten das Thema „Gutachten“ ins Spiel gebracht. Legen Sie Änderungen der beiden Fraktionen zum Gesetzentwurf doch einmal das Gutachten vor, das diesen gesamten The- einverstanden. Ich darf noch einmal betonen: Mit dem menkomplex beweist. Gleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderungen gehen wir einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Stär- (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der kung von Teilhabe, Gleichstellung und Selbstbestimmung CDU) dieser Menschen. Ich bitte Sie zu dem vorliegenden Ge- Wir warten darauf, dass Sie endlich einmal Fakten zu die- setzentwurf um Folgendes. Wir beantragen ebenfalls die sem Thema bringen und nicht dauernd von etwas erzäh- dritte Lesung, um die eingebrachten Änderungen einar- len, was rechtlich überhaupt nicht zutrifft. Meines Erach- beiten zu können. Eigentlich habe ich einer Vorankündi- tens ist es auch möglich, dass Ärzte eine andere Einschät- gung von Herrn Dr. Jürgens folgend damit gerechnet, zung haben als Juristen. Das mag sein. Aber nach unserer und der Meinung der Landesregierung ist dieses Thema abgefrühstückt.Wir haben da eine ganz klare Rechtsposi- Präsident Norbert Kartmann: tion, die wir umsetzen und an die wir uns halten. Frau Kollegin, Sie müssen jetzt wirklich zum Schluss (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der kommen. CDU) Zweitens. Sie bringen immer wieder das Argument, dass Ilona Dörr (Bergstraße) (CDU): andere Bundesländer hier verbindliche Regelungen ge- troffen hätten. Ich habe Ihnen das Beispiel Bayern schon dass auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Ausschuss genannt. Das Beispiel Bayern ist richtig. Die heute einen Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf der Bayern habe eine verbindliche Regelung im Gesetz ge- Landesregierung vorlegt. Dies ist nicht geschehen. troffen. Sie haben aber einen Vorbehalt für eine Rechts- (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der verordnung, die sie noch nicht erlassen haben. Die Bayern FDP) werden das auch nicht erlassen, weil sie nämlich das glei- che Problem haben wie wir. Sie können sich verbindliche Regelungen nicht leisten. Deshalb ist das, was der Kollege Präsident Norbert Kartmann: Dr. Spies hier vorgetragen hat, wirklich unsinnig. Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Abg. (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der Rentsch für die FDP-Fraktion. CDU) Es war reiner Populismus. Herr Dr. Spies, es ärgert mich, dass Sie diesen Populismus immer wieder nutzen, um Florian Rentsch (FDP): Stimmung im Rahmen des Gleichstellungsgesetzes zu ma- Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, chen. liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Spies, Men- Ich möchte jetzt konkret auf den Antrag eingehen, den schen mit einem durchschnittlichen Frustrationspotenzial die Fraktionen von CDU und FDP gemeinsam vorgelegt haben teilweise wirklich Probleme, das, was Sie hier vor- haben. Ich habe gerade schon erwähnt, dass es für uns getragen haben, zu ertragen. keine einfache Diskussion gewesen ist. Die Frage, ob wir (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der als Politiker verbindliche Regelungen treffen können, die CDU) wünschenswert sind – Herr Dr. Jürgens hat das ausge- führt –, sodass man auch auf kommunaler Ebene Rege- Das ist wirklich wahr.Was Sie hier teilweise für Geschich- lungen hat, die Barrierefreiheit ermöglichen, um Men- ten erzählen – leider ist es den Kolleginnen und Kollegen schen mit Behinderungen einfachere Möglichkeiten zum nicht mehr ganz präsent, weil Ihre Rede die erste Rede Zugang zu den verschiedensten Bereichen zu gewähren, war und etwas Zeit ins Land gegangen ist –, ist wirklich ist keine einfache. Aber wir haben aufgrund der Tatsache, hanebüchen und geht auf keine Kuhhaut. dass wir der Meinung sind, dass Konnexität hier eine Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3591

Rolle spielt, gesagt, dass wir uns das nicht leisten können. Lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas zur weiteren Wir haben zwischen der Frage, was wünschenswert ist, auf Beratung sagen. Ich glaube, das, was die Landesregierung der einen Seite und der Frage, wofür der Staat noch Geld hier vorgelegt hat und was das Parlament mit den Ände- ausgeben kann, auf der anderen Seite abgewogen. Ich rungen voraussichtlich auch verabschieden wird, ist ein möchte nicht die Diskussionen der Haushaltsberatungen Kompromiss, der einen guten Schritt in die richtige Rich- der letzten Tage wieder hervorholen.Aber es ist nun ein- tung darstellt. Er trifft Regelungen, die die Menschen mit mal so, dass wir als Land uns in den Finanzen wirklich Behinderungen in unserem Bundesland weiterbringen. deutlich einschränken müssen. Aber er wird sicherlich nicht das Paradies auf Erden brin- gen. Das wissen wir auch. Wir sind diesen Kompromiss (Beifall bei der FDP) eingegangen, weil das unserer Meinung nach realisierbar Diesen Kompromiss sind wir als FDP gemeinsam mit der ist und weil wir keine Forderungen aufstellen wollen, die CDU eingegangen. Das können Sie kritisieren, wenn Sie dann kein Mensch in diesem Bundesland bezahlen kann. sagen, das gehe Ihnen nicht weit genug. Dafür habe ich Diesen Kompromiss, diesen Realitätsbezug, gehen CDU aus Ihrer Sicht Verständnis. Aber Sie müssen uns dann und FDP hier gemeinsam ein. Ich habe Verständnis für auch einmal erklären, wie Sie das Ganze finanzieren wol- weitere Forderungen. Ich habe Verständnis dafür, dass len. Denn immer nur zu erklären, das Ganze sei gar kein Menschen, die betroffen sind, dass Verbände, die sich für Problem, bringt uns an dieser Stelle auch keine Finanzie- Menschen mit Behinderungen engagieren, weiter ge- rung und hilft uns nicht weiter. hende Forderungen haben. Aber haben Sie bitte auch Wir haben gemeinsam mit der CDU einige Änderungen Verständnis dafür, dass wir nur das machen können, was vorgenommen. Wir haben, wie Frau Kollegin Dörr zu auch realisierbar ist. – Vielen Dank. Recht gesagt hat, den Rahmen der Zielvereinbarung in (Beifall bei der FDP und der CDU) das Gesetz eingeführt. Wir haben ein Zielvereinbarungs- kataster in das Gesetz eingeführt.Wir haben die Berichts- pflichten des Landesbeauftragten der Behinderten er- Präsident Norbert Kartmann: weitert. Wir haben sie auch hier im Landtag konkret er- weitert. Das waren alles Forderungen, die von den Behin- Zu einer Kurzintervention erteile ich Frau Abg. Fuhr- dertenverbänden aufgestellt wurden. Wir haben uns ge- mann das Wort. meinsam entschieden, diese Forderungen zu überneh- men, weil sie sinnvoll sind und zu Recht gestellt werden. Des Weiteren haben wir – Herr Dr. Jürgens hat es gerade Petra Fuhrmann (SPD): erwähnt – einen Antrag eingebracht, mit dem wir errei- Herr Kollege Rentsch, ich muss Ihnen sagen, dass ich die chen wollen, dass an Universitäten das Thema Barriere- Art und Weise, in der Sie hier den Kollegen Dr. Spies dif- freiheit diskutiert und zum Prüfungsinhalt gemacht wird. famiert haben, unpassend fand. Herr Schlitt hat das für den VdK am letzten Montag sehr konkret gefordert.Wir haben das schon vorher diskutiert. (Zurufe von der CDU und der FDP: Ah!) Es war für uns keine neue Forderung. Wir sind auch der Das war unangebracht. Es geht hier um eine inhaltliche Meinung, dass im Rahmen des Bauens zwar viele Rege- Auseinandersetzung. lungen bestehen, beispielsweise in der Hessischen Bau- ordnung, dass es aber bei vielen Architekten nicht im Ge- (Volker Hoff (CDU): Soll ich eine Vase für Ihre dankengut vorhanden ist, dass man Möglichkeiten zur Tränen reichen?) Barrierefreiheit nutzen muss. Wir sind nicht nur der Mei- nung, dass das für Menschen mit Behinderungen notwen- Sie haben gesagt, es sei unerträglich, ihm zuzuhören. dig ist, sondern wir sind auch der Meinung, dass im Rah- Zur Sache. Sie haben wieder verteidigt, was zum Thema men der demographischen Entwicklung dieses Landes Konnexität im Gesetzentwurf der Landesregierung steht diese Barrierefreiheit dringend erforderlich ist. bzw. was deshalb nicht im Gesetzentwurf der Landesre- (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der gierung steht. Dazu möchte ich Ihnen noch einmal erklä- CDU) ren, welche Rechtsposition die SPD-Fraktion vertritt. Ich denke, das ist auch nachvollziehbar. Das Grundgesetz gilt Es ist nun einmal auffällig, dass in vielen Gebäuden Bar- für alle. rierefreiheit, obwohl sie angezeigt ist, nicht realisiert wird. Das halten wir für ein Problem. Deshalb haben wir diesen (Zuruf des Abg. Rudi Haselbach (CDU)) Antrag eingebracht. Sie haben gesagt, das sei für Sie vom Wortlaut her nicht ausreichend. Aber, Herr Dr. Jürgens, In diesem Grundgesetz steht nicht: Kein Mensch darf Sie müssen bei dieser Diskussion natürlich die Hochschul- wegen seiner Behinderung benachteiligt werden, es sei autonomie einbeziehen. Wir können in diesem Rahmen denn, er ist in einer Kommune oder die Konnexität ist be- keine verbindlichen Regelungen treffen. Wir werden das rührt. – Denn wenn die Konnexität berührt wäre, dann gemeinsam mit den Hochschulen machen. Ich bin mir si- wäre sie eben berührt. cher, dass wir mit den Hochschulen dort zu einem Ergeb- (Unruhe) nis kommen werden. Denn die Hochschulen erkennen auch die Problematik, dass das bei Architekten nun ein- Das Grundgesetz ist jedenfalls allumfassend in seinem mal keine prüfungsbezogene Ausbildung ist. Geltungsbereich und gilt für alle Teile der Gesellschaft und für alle Gliederungen dieses Staates. Das ist auch gut Deshalb bin ich dankbar, dass wir uns mit den Kollegin- so. Wenn barrierefreies Bauen zur Erfüllung dieses An- nen und Kollegen der CDU hier einigen konnten. Ich spruchs aus dem Grundgesetz verordnet wird, dann gilt halte diesen Schritt für sehr notwendig, auch wenn es für das allumfassend. Das muss auch nicht unbedingt teurer die Hochschulpolitiker sicher keine einfache Entschei- sein. Wer heute nicht barrierefrei baut, ist selber schuld. dung war. Aber ich denke, wir haben uns da zu einer gu- ten Formulierung durchgerungen. (Zuruf der Abg. Anne Oppermann (CDU)) 3592 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Zweiter Punkt. Wer heute noch – da sind die behinderten Silke Lautenschläger, Sozialministerin: Menschen besonders betroffen – nicht barrierefreie Busse und Bahnen kauft, ist selber schuld. Wenn es dann etwas Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! kostet, kann ich nur sagen: Das ist wie bei dem Kasseler Ich bedauere es durchaus, dass wir es wieder nicht schaf- Großkino, das teuer nachgerüstet werden muss. fen, mit Rot und Grün einen Konsens in der Behinderten- politik zu finden, (Volker Hoff (CDU): Das wollen die doch gar Präsident Norbert Kartmann: nicht!) Ihre Redezeit ist zu Ende. denn ich glaube, dass wir eine sehr konstruktive Diskus- sion auf dem Wege zum Gleichstellungsgesetz geführt ha- ben. Petra Fuhrmann (SPD): Ich will hier noch einmal die Punkte aufführen, die wir in Herr Präsident, vielen Dank. – Letzter Satz. Wir sind der der Anhörung, aber auch im Ausschuss sehr intensiv bera- Auffassung, dass der Gesetzentwurf, der vermutlich mit ten haben, bei denen deutlich wird, dass wir ganz klar auf der Mehrheit verabschiedet werden wird, nicht ausrei- einem richtigen, aber – das gehört auch dazu – auf einem chend ist. Ich kündige für die SPD-Fraktion ebenfalls ei- ganz ehrlichem Weg sind. Wir haben festgeschrieben, was nen Änderungsantrag zur dritten Lesung an. das Land in der Gleichstellungspolitik machen kann, wo es seine Aufgaben hat, um die Gleichstellung nicht nur als (Beifall bei der SPD) Sprechblase im Raum stehen zu lassen, sondern sie auch umzusetzen. Ich kann Ihnen eine ganze Menge Punkte aufzählen, wenn es darum geht, mit der Landesverwaltung Präsident Norbert Kartmann: zusammenzuarbeiten, dort Barrierefreiheit in vielen Be- Herr Kollege Rentsch. reichen einzuführen. Es sind auch Punkte offen geblieben. Das gestehe ich Ih- nen zu. Sie sprechen es immer wieder an: der kommunale Florian Rentsch (FDP): Bereich. – Meine sehr geehrten Damen und Herren von Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! SPD und GRÜNEN, Sie sollten sich vielleicht an der Erstens. Ich glaube nicht, dass ich den Kollegen Dr. Spies Stelle doch noch einmal die Behindertengleichstellungs- mit dieser Äußerung diffamiert habe. Ich glaube, dass das, gesetze der anderen Länder anschauen, wo oftmals der was Herr Dr. Spies hier vorgetragen hat, sachlich falsch Verordnungsweg vorgesehen ist, um die Kommunen ein- war. Deswegen habe ich das so ausgedrückt. Wenn Sie zubinden, um bestimmte Bereiche umzusetzen, der aber nicht der Meinung sind, dann müssen Sie diese nicht tei- nie ausgefüllt worden ist. In vielen Bereichen sind Erwar- len. Aber es ist sicherlich keine Diffamierung gewesen. tungen geweckt worden, die eben nicht direkt in die Tat umgesetzt werden. Frau Kollegin Fuhrmann, auch Ihr Zweitens. Frau Fuhrmann, wir haben das im Ausschuss Hinweis auf das Grundgesetz: Das Grundgesetz gilt na- schon ausgiebig diskutiert. Sie sind an der Stelle immer türlich für alle. Trotzdem haben wir ein Konnexitätsprin- noch nicht schlauer geworden. Im Grundgesetz sind viele zip und müssen uns auf den Bereich beschränken, der uns Gebote formuliert, nicht nur das Gebot der Gleichstel- direkt betrifft. lung, sondern auch andere Gebote. Nichtsdestotrotz, wenn Länder verbindliche Regelungen auf rechtlicher (Petra Fuhrmann (SPD): Eben!) Basis treffen und diese Kosten für die Länder produzieren Das hat uns aber nicht daran gehindert, im Gesetz die – vor allem im Rahmen des sehr strengen hessischen Kon- Kommunen ausdrücklich aufzufordern und mit dem Än- nexitätsprinzips –, dann müssen die Länder diese Kosten derungsantrag von CDU und FDP,der aus der Anhörung tragen. Da reicht die Regelung im Grundgesetz nun mal hervorgegangen ist, noch einmal genau zu bestimmen, nicht aus, um die Konnexität auszuschalten. dass auch in diesem Bereich sinnvollerweise Zielverein- (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) barungen getroffen werden, in welchen Schritten etwas auf kommunaler Ebene umgesetzt werden kann. Sicher Deswegen haben wir gesagt, dass wir diese Regelung nicht ist das kein verbindlicher Rechtsanspruch. Ich glaube, Sie treffen wollen. verstehen an der Stelle Kommunalpolitik falsch, wenn Sie nur mit verbindlichen Rechtsansprüchen arbeiten und Abschließend. Sie haben angekündigt – darauf warten wir nicht auch auf die Kompetenz und die Entscheidungsfrei- sehr gespannt, denn das wäre auch für andere Bereiche heit von gewählten kommunalen Vertretungen setzen. der Politik eine Änderung –, dass Sie uns rechtlich nach- weisen wollen, dass das anders ist.Wir sind sehr gerne be- (Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. reit, darüber zu diskutieren. Denn auch wir können Michael Denzin (FDP)) schlauer werden, wie alle in diesem Haus – gar keine Wir gehen dort einen richtigen Weg. Dieser Weg hat noch Frage. Deshalb warten wir gerne darauf, dass Sie uns das viel mehr Aspekte, die genauso wichtig sind. rechtlich anders darlegen. Bis jetzt haben Sie bis auf Re- deantritte hier vorne keinen anderen Beweis angetreten. Wenn Sie heute mit uns über die Gleichstellungspolitik Das ist weiß Gott zu wenig. – Vielen Dank. diskutieren, dann will ich Ihnen sagen, dass Sie jahrelang in Hessen die Möglichkeit gehabt haben, ein Gesetz um- (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der zusetzen. Wir führen dieses Gesetz jetzt ein. Wir haben CDU) schon gesetzliche Änderungen vorgenommen. (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) Präsident Norbert Kartmann: Ich nenne Ihnen nun nur Punkte, die wir schon festge- Das Wort hat Frau Staatsministerin Lautenschläger. schrieben haben. In der vergangenen Legislaturperiode Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3593 haben wir die Hessische Bauordnung verändert. Sie ist inklusive dem Tagesordnungspunkt 119 und dem dazuge- nun die modernste in Deutschland. Dort ist das eingeflos- hörigen Änderungsantrag an den zuständigen Sozialpoli- sen. tischen Ausschuss zurück. – Dem wird nicht widerspro- chen. Dann ist das so beschlossen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Michael Denzin (FDP)) Die Geschäftsführer haben vereinbart, dass wir jetzt die Tagesordnung bereinigen und die Beschlussempfehlun- Als nächsten Schritt werden wir im ÖPNV-Gesetz den gen aufrufen. Aspekt der Barrierefreiheit berücksichtigen. Das gehört dazu, wenn wir nicht mit Artikelgesetzen arbeiten, wenn Ich rufe Tagesordnungspunkt 59 auf: eine neue gesetzliche Regelung ansteht. Ich will Ihnen auch sagen: Mit diesem Gesetz werden wir einen großen Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpolitischen Meilenstein in der hessischen Behindertenpolitik setzen, Ausschusses zu dem Entschließungsantrag der Fraktion weil es um Gleichstellung geht, um Teilhabe. der CDU betreffend Zwangs-Gesamtschule NEIN – Schulvielfalt und Schulwahlfreiheit JA – Drucks. 16/2841 Ich habe diese Themen mit vielen Verbänden diskutiert. zu Drucks. 16/2220 – Sie können im Landtag versuchen, Scharfmacherreden zu halten, was alles nicht geht. Ich stelle fest: Dort ist eine Berichterstatterin ist Frau Abg.Ypsilanti. – Wir verzichten große Akzeptanz vorhanden, dass die Landesregierung auf die Berichterstattung. einen klaren Weg geht, dass sie alles in den Bereichen Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen will, den macht, in denen sie zuständig ist. Wir haben auch die bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent- Frage des Bauens, des Architekturstudiums aufgenom- haltungen? – Damit ist der Beschlussempfehlung mit den men, weil wir von den Verbänden hören,dass gefragt wird, Stimmen der CDU gegen die Stimmen der Fraktionen der wie das aussehen muss. SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) der Fraktion der FDP zugestimmt worden. Deswegen halte ich auch diese Regelung für einen ganz Ich rufe Tagesordnungspunkt 60 auf: richtigen Schritt. Es muss ins Studium. Wir haben eine Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpolitischen Hochschulautonomie. Auch das muss berücksichtigt wer- Ausschusses zu dem Entschließungsantrag der Fraktion den. Aber ich bin mir auch sicher, dass wir es damit um- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Schüler und setzen können, dass es eine stärkere Berücksichtigung fin- Schülerinnen aussortieren NEIN – individuelle Förde- det und dann Ausfluss auf die Ausbildung hat. rung von Kindern und Jugendlichen JA – Drucks. 16/2842 (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) zu Drucks. 16/2307 – Das sind wichtige Schritte für Behinderte, um Gleichstel- Berichterstatter ist Herr Abg. Weinmeister. – Auf die Be- lung tatsächlich zu erreichen. Diesen Weg gehen wir in richterstattung wird verzichtet. Hessen, sehr geehrte Frau Kollegin Fuhrmann. Wer für die Beschlussempfehlung ist, den bitte ich um das Ich will Ihnen noch einen Punkt nennen: den Kindergar- Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Da- tenbereich. Auch dort ist Integration inzwischen eine mit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen von Selbstverständlichkeit. CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN angenommen worden. (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) Ich rufe Tagesordnungspunkt 61 auf: Wir führen viele, viele verschiedene Projekte durch, um nicht nur die Integration umzusetzen, sondern die Kinder, Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpolitischen die eine Behinderung haben, zu fördern. Dies wollen wir, Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD betref- wie Sie wissen, mit dem Projekt QUINT in jedem Kinder- fend Nein zur Abschaffung der Berufsschulpflicht – garten erreichen. Drucks. 16/2843 zu Drucks. 16/2340 – Sie sehen also: Hier geht es nicht um Sprechblasen, son- Berichterstatter ist Herr Abg. Klein (Freigericht). – Wir dern dieser Gesetzentwurf und die genannten Maßnah- verzichten auf die Berichterstattung. men sind Bausteine, die zeigen, dass die Gleichstellung behinderter Menschen in Hessen ernst genommen wird. Wer stimmt zu? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Da- mit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Ich bedauere es sehr, dass Sie nicht bereit sind, mit uns Fraktionen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der diesen Weg zu gehen. Sie können zwar sagen, Sie wollen Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an vielen Stellen noch mehr haben. Sie haben es aber bis angenommen. 1999 nicht geschafft, irgendetwas von Ihren Vorstellungen umzusetzen.Wir gehen den gesetzlich vorgegebenen Weg. Ich rufe Tagesordnungspunkt 62 auf: Das ist ein Baustein, ein großer Fortschritt in der hessi- Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpolitischen schen Behindertenpolitik. Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD betref- (Anhaltender Beifall bei der CDU – Beifall bei Ab- fend falsche Weichenstellungen in der Schulpolitik – geordneten der FDP) Drucks. 16/2844 zu Drucks. 16/2341 – Berichterstatterin ist Frau Abg. Ravensburg. – Wir ver- zichten auf die Berichterstattung. Präsident Norbert Kartmann: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es liegen Wer stimmt der Beschlussempfehlung zu? – Wer ist dage- keine weiteren Wortmeldungen vor. gen? – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfeh- lung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und der Da eine dritte Lesung beantragt ist, verweisen wir beide FDP gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD und Gesetzentwürfe nach der jetzt erfolgten zweiten Lesung BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen. 3594 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004

Ich rufe Tagesordnungspunkt 63 auf: Wer stimmt zu? – Wer lehnt ab? – Wer enthält sich? – Da- mit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpolitischen Fraktion der CDU gegen die Stimmen der drei anderen Ausschusses zu dem Dringlichen Antrag der Fraktion der Fraktionen angenommen. FDP betreffend Sicherstellung eines zukunftsfähigen Schulsystems – Drucks. 16/2845 zu Drucks. 16/2381 – Ich rufe Tagesordnungspunkt 68 auf: Berichterstatter ist Herr Abg. Dr. Herr. – Auf die Bericht- Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpolitischen erstattung wird verzichtet. Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der CDU be- treffend hervorragende Schulpolitik der Landesregie- Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? rung: Versprechen gehalten – Vertrauen gerechtfertigt – – Damit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen Drucks. 16/2850 zu Drucks. 16/2484 – der Fraktionen der CDU, der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP Berichterstatterin ist Frau Abg. Sorge. – Auf die Bericht- angenommen. erstattung wird verzichtet. Ich rufe Tagesordnungspunkt 64 auf: Wer stimmt zu? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Da- mit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpolitischen Fraktion der CDU gegen die Stimmen der drei anderen Ausschusses zu dem Dringlichen Antrag der Fraktion der Fraktionen angenommen. FDP betreffend Sicherstellung einer zukunftsweisenden Lehrerbildung – Drucks. 16/2846 zu Drucks. 16/2382 – Ich rufe Tagesordnungspunkt 69 auf: Berichterstatterin ist Frau Abg. Dörr (Bergstraße). – Wir Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpolitischen verzichten auf die Berichterstattung. Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der FDP betref- fend Stellenbesetzung im Bereich der Lehrerfortbildung – Wer stimmt der Beschlussempfehlung zu? – Wer ist dage- Drucks. 16/2851 zu Drucks. 16/2625 – gen? – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfeh- lung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU, der SPD Berichterstatterin ist Frau Abg. Sorge. – Wir verzichten und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen auf die Berichterstattung. der Fraktion der FDP angenommen. Wer stimmt zu? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Da- Ich rufe Tagesordnungspunkt 65 auf: mit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpolitischen gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD und der FDP Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD betref- angenommen. fend Vertrauen missbraucht,Versprechen gebrochen: Das Programm „Demotivation plus“ für Hessens Schulen – Ich rufe Tagesordnungspunkt 70 auf: Drucks. 16/2847 zu Drucks. 16/2401 – Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpolitischen Berichterstatter ist Herr Abg. Dr. Lübcke. – Auf die Be- Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der FDP betref- richterstattung wird verzichtet. fend Änderungen im Lehrerzuweisungsverfahren – Drucks. 16/2852 zu Drucks. 16/2626 – Wer der Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer Berichterstatterin ist Frau Abg. Osterburg. – Wir verzich- enthält sich? – Damit ist die Beschlussempfehlung mit ten auf die Berichterstattung. den Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP ge- gen die Stimmen der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Da- 90/DIE GRÜNEN angenommen. mit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Fraktion der CDU gegen die Stimmen der übrigen Frak- Ich rufe Tagesordnungspunkt 66 auf: tionen des Hauses angenommen. Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpolitischen Ich rufe Tagesordnungspunkt 73 auf: Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN betreffend Kultusministerin in besonde- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für rer Notlage – Drucks. 16/2848 zu Drucks. 16/2435 – Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend fehlende Ener- Berichterstatter ist Herr Abg. Beuth. – Wir verzichten auf giepolitik in Hessen – überfälligen Energiebericht vorle- die Berichterstattung. gen – Drucks. 16/2856 zu Drucks. 16/2201 – Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer Berichterstatter ist Herr Abg. Hoff. – Auf die Bericht- ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Beschluss- erstattung wird verzichtet. empfehlung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD Wer stimmt der Beschlussempfehlung zu? – Wer ist dage- und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen. gen? – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfeh- lung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und der Ich rufe Tagesordnungspunkt 67 auf: FDP gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen. Beschlussempfehlung und Bericht des Kulturpolitischen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der FDP betref- Ich rufe Tagesordnungspunkt 74 auf: fend Personalentwicklungskonzept für die nicht verbeam- teten Lehrerinnen und Lehrer – Drucks. 16/2849 zu Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Drucks. 16/2442 – Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend zukunftsorien- Berichterstatter ist Herr Abg. Dr. Herr. – Auf die Bericht- tierte Energiepolitik in Hessen – Drucks. 16/2857 zu erstattung wird verzichtet. Drucks. 16/2432 – Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3595

Berichterstatter ist Herr Abg. Hoff. – Auf die Bericht- Tagesordnungspunkt 79: erstattung wird verzichtet. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wer stimmt zu? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Da- Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der Fraktion mit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Netzmonopole Fraktionen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der dürfen den Einsatz regenerativer und zukunftsfähiger Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Energien nicht behindern – Drucks. 16/2862 zu Drucks. angenommen. 16/2669 – Tagesordnungspunkt 75: Berichterstattung durch Abg. Riege. – Wir verzichten auf Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Berichterstattung. Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der Fraktion der Wer stimmt dieser Beschlussempfehlung zu? – Wer ist da- FDP betreffend schleunigst weg mit dem Ladenschluss – gegen? – Enthaltungen? – Damit ist diese Beschlussemp- für ein hessisches Landesgesetz zur Ladenöffnung – fehlung angenommen bei Zustimmung durch die Fraktio- Drucks. 16/2858 zu Drucks. 16/2415 – nen der CDU und der FDP und Ablehnung durch die Berichterstatterin ist Frau Kollegin Tesch. – Wir verzich- Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. ten auf Berichterstattung. Tagesordnungspunkt 80: Ich frage Sie:Wer stimmt dieser Beschlussempfehlung zu? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist diese Be- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für schlussempfehlung angenommen mit Zustimmung der Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der Fraktion der Fraktionen von CDU und SPD bei Ablehnung durch die CDU betreffend rot-grünes Chaos blockiert Hessens Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Straßen- und Schienenwege – Drucks. 16/2863 zu Drucks. 16/2631 – Tagesordnungspunkt 76: Berichterstattung: Kollege Kaufmann. – Wir verzichten Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für auf Berichterstattung. Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der Fraktion der CDU betreffend weitgehende Liberalisierung des Laden- Wer ist dafür? – Dagegen? – Enthaltungen? – Diese Be- schlusses überfällig – Drucks. 16/2859 zu Drucks. schlussempfehlung ist angenommen bei Zustimmung 16/2479 – durch die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion und Ab- lehnung durch die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS Berichterstatterin ist Frau Kollegin Tesch. – Wir verzich- 90/DIE GRÜNEN. ten auf Berichterstattung. Tagesordnungspunkt 81: Wer stimmt zu? – Wer lehnt ab? – Wer enthält sich? – Das heißt, diese Beschlussempfehlung ist angenommen bei Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Zustimmung durch die Fraktion der CDU, Ablehnung Wirtschaft und Verkehr zu dem Dringlichen Antrag der durch die Fraktion der SPD und Enthaltung der Fraktio- Fraktion der SPD betreffend Falschdarstellungen der nen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP. CDU im Zusammenhang mit Schienenverkehrsprojekten in Hessen – Drucks. 16/2864 zu Drucks. 16/2654 – Tagesordnungspunkt 77: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Berichterstattung: Abg. Kaufmann. – Wir verzichten auf Wirtschaft und Verkehr zu dem Dringlichen Antrag der Berichterstattung. Fraktion der SPD betreffend Mittelstand stärken – La- Wer stimmt der Beschlussempfehlung zu? – Wer ist dage- denschlusszeiten beibehalten – Drucks. 16/2860 zu gen? – Enthaltungen? – Damit ist diese Beschlussempfeh- Drucks. 16/2513 – lung angenommen bei Zustimmung der Fraktionen der Auch hier ist Frau Kollegin Tesch Berichterstatterin.– Wir CDU und der FDP und Ablehnung durch die Fraktionen verzichten auf Berichterstattung und stimmen ab. von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Tagesordnungspunkt 83: Dann ist diese Beschlussempfehlung angenommen mit Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für den Stimmen der Fraktionen der CDU, BÜNDNIS 90/ Wissenschaft und Kunst zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN und der FDP bei Gegenstimmen der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend auch bei der Fraktion der SPD. – Heute haben wir alles auf der Palette. Lehrerbildung die Hochschulautonomie wahren! – Tagesordnungspunkt 78: Drucks. 16/3096 zu Drucks. 16/2347 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Berichterstatterin ist Frau Kollegin Sorge. – Wir verzich- Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der Fraktion der ten auf Berichterstattung, und ich lasse abstimmen. CDU betreffend erfolgreiche hessische Initiative macht Energieverbraucher zu Gewinnern – Drucks. 16/2861 zu Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Drucks. 16/2630 – Keine. Dann habe ich festzustellen, dass diese Beschluss- empfehlung mit Zustimmung von CDU und FDP ange- Berichterstatter ist Kollege Riege. – Wir verzichten auf nommen worden ist, bei Ablehnung durch die Fraktionen Berichterstattung. der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist dage- Tagesordnungspunkt 84: gen? – Enthaltungen? – Damit ist diese Beschlussempfeh- lung angenommen bei Zustimmung durch die Fraktion Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für der CDU und Ablehnung durch die übrigen Fraktionen Wissenschaft und Kunst zu dem Antrag der Fraktion der des Hauses. SPD betreffend zukunftsfähige Lehrerbildung ermög- 3596 Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 lichen – Experimentierklausel für Lehrerbildungsgesetz – Tagesordnungspunkt 95: Drucks. 16/3098 zu Drucks. 16/2621 – Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses Berichterstattung: Frau Kollegin Sorge. – Wir verzichten zu dem Antrag der Abg. Hofmeyer, Rudolph, Siebel, auf Berichterstattung. Waschke (SPD) und Fraktion betreffend Teilschließung und Zusammenlegung von Polizeidienststellen – sicher- Wer stimmt dieser Beschlussempfehlung zu? – Wer lehnt heitspolitischer Offenbarungseid der Landesregierung – sie ab? – Wer enthält sich? – Damit ist diese Beschluss- Drucks. 16/3191 zu Drucks. 16/2732 – empfehlung angenommen bei Zustimmung durch die Fraktionen von CDU und FDP, bei Gegenstimmen der Berichterstatterin ist Frau Kollegin Hartmann. – Wir ver- Fraktion der SPD und Enthaltung durch die Fraktion zichten auf Berichterstattung. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich frage: Wer stimmt dieser Beschlussempfehlung zu? – Tagesordnungspunkt 85: Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist diese Be- schlussempfehlung angenommen bei Zustimmung durch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Fraktionen der CDU und der FDP und Ablehnung Wissenschaft und Kunst zu dem Dringlichen Antrag der durch die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE Fraktion der CDU betreffend Reform der Lehrerbildung GRÜNEN. in Hessen – ein Qualitätssprung nach vorn – Drucks. 16/3100 zu Drucks. 16/2653 – Zum Schluss der Tagesordnungspunkt 96: Berichterstattung: Frau Kollegin Sorge. – Wir verzichten Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses auf Berichterstattung. zu dem Dringlichen Antrag der Fraktion der CDU betref- fend mehr Polizei auf Hessens Straßen – Drucks. 16/3192 Wer stimmt zu? – Wer lehnt ab? – Enthaltungen? – Dann zu Drucks. 16/2755 – ist diese Beschlussempfehlung angenommen bei Zustim- mung durch die Fraktion der CDU und Ablehnung durch Berichterstatter ist Kollege Hahn. – Wir verzichten auf die übrigen Fraktionen des Hauses. Berichterstattung, und ich lasse abstimmen. Tagesordnungspunkt 94: Wer stimmt zu? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Diese Beschlussempfehlung ist angenommen bei Zustim- Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses mung durch die Fraktion der CDU und Ablehnung durch zu dem Antrag der Abg. Eckhardt, Faeser, Habermann, die übrigen Fraktionen des Hauses. Hartmann, Hofmann, Hofmeyer, Pighetti, Rudolph, Schaub, Siebel, Tesch, Waschke (SPD) und Fraktion be- Meine Damen und Herren, damit haben wir die Tages- treffend Schaffung einer Härtefallkommission in Hessen ordnung so weit bereinigt. – Drucks. 16/3190 zu Drucks. 16/2015 – (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Berichterstatter ist Kollege Beuth. – Wir verzichten auf NEN): Es kommt noch etwas!) Berichterstattung. – Um halb acht? Fertig! Ich habe mit Herrn Kahl bespro- Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich chen, dass ich jetzt aufhöre, weil die Kameraden und Ka- um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Stimmenthal- meradinnen noch etwas vorhaben. tungen? – Keine. Die Beschlussempfehlung ist angenom- Ich bedanke mich. Einen schönen Abend, bis morgen men mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP früh. bei Ablehnung durch die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. (Schluss: 19.27 Uhr) Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3597

Anlage 1 (zu Tagesordnungspunkt 45) Nach § 109 Abs. 2 GOHLT zu Punkt 45 der Tages- ordnung, Drucks. 16/2837, zu Protokoll gegebene Erklärung des Abg. Volker Hoff (CDU): Ich bitte, im Protokoll der 52. Plenarsitzung vom 25. No- vember 2004 nach den Worten „Aber, Herr Kollege Gott- hardt – –“ die Passage „(Anhaltende Zurufe des Abg. Vol- ker Hoff (CDU))“ durch folgende Formulierung zu erset- zen: (Volker Hoff (CDU):Von Ihnen lassen wir uns keine Verhaltensmaßregeln machen, denn Sie haben uns über Monate als kriminelle Vereinigung diskredi- tiert!)

Hessischer Landtag · 16. Wahlperiode · 52. Sitzung · 25. November 2004 3599

Anlage 2 zu Tagesordnungspunkt 45)

Abstimmungsliste

über die namentliche Abstimmung zu dem Antrag der Fraktion der SPD betreffend Distanzierung von minder- heitenfeindlichen, extremen und beleidigenden Positionen des CDU-Abgeordneten Hans-Jürgen Irmer – Drucks. 16/2837 –

Name Frak- ja nein ent- gefehlt Name Frak- ja nein ent- gefehlt der/des Abgeordneten tion halten der/des Abgeordneten tion halten Al-Wazir, Tarek GRÜNE x Kölsch, Brigitte CDU x Apel, Elisabeth CDU x Kühne-Hörmann, Eva CDU x Becker (Nidda), Gerhard SPD x Landau, Dirk CDU x Beer, Nicola FDP x Lannert, Judith CDU x Bellino, Holger CDU x Lautenschläger, Silke CDU x Bender, Bernhard SPD x Lenhart, Roger CDU x Beuth, Peter CDU x Lennert, Dr. Peter CDU x Boddenberg, Michael CDU x Lenz, Aloys CDU x Bökel, Gerhard SPD x Lortz, Frank CDU x Bouffier, Volker CDU x Lübcke, Dr. Walter CDU x Caspar, Ulrich CDU x May, Jürgen SPD x Corts, Udo CDU x Milde (Griesheim), Gottfried CDU x Denzin, Michael FDP x Möller, Klaus Peter CDU x Dietz, Klaus CDU x Müller (Gelnhausen), Dr. Rolf CDU x Dietzel, Wilhelm CDU x Oppermann, Anne CDU x Dörr (Bergstraße), Ilona CDU x Osterburg, Gudrun CDU x Eckhardt, Hannelore SPD x Otto, Reinhard CDU x Faeser, Nancy SPD x Pauly-Bender, Dr. Judith SPD x Frankenberger, Uwe SPD x Peuser, Helmut CDU x Frömmrich, Jürgen GRÜNE x Pfaff, Hildegard SPD x Fuhrmann, Petra SPD x Pighetti, Marco SPD x Gerling, Alfons CDU x Posch, Dieter FDP x Gotthardt, Frank CDU x Quanz, Lothar SPD x Grumbach, Gernot SPD x Ravensburg, Claudia CDU x Grüttner, Stefan CDU x Reif, Clemens CDU x Habermann, Heike SPD x Reißer, Rafael CDU x Hahn, Jörg-Uwe FDP x Rentsch, Florian FDP x Hammann, Ursula GRÜNE x Reuter, Dr. Michael SPD x Hartmann, Karin SPD x Rhein, Boris CDU x Haselbach, Rudi CDU x Riege, Bernd SPD x Häusling, Martin GRÜNE x Rudolph, Günter SPD x Heidel, Heinrich FDP x Schäfer-Gümbel, Thorsten SPD x Henzler, Dorothea FDP x Schaub, Manfred SPD x Hermanns, Rüdiger CDU x Schmitt, Norbert SPD x Herr, Dr. Norbert CDU x Scholz, Angelika CDU x Hinz, Priska GRÜNE x Schönhut-Keil, Evelin GRÜNE x Hoff, Volker CDU x Schulz-Asche, Kordula GRÜNE x Hoffmann, Christel SPD x Siebel, Michael SPD x Hofmann, Heike SPD x Sorge, Sarah GRÜNE x Hofmeyer, Brigitte SPD x Spies, Dr. Thomas SPD x Hölldobler-Heumüller, Margaretha GRÜNE x Tesch, Silke SPD x Holler, Christoph René CDU x Wagner (Lahntal), Dr. Christean CDU x Holzapfel, Hartmut SPD x Wagner (Taunus), Mathias GRÜNE x von Hunnius, Roland FDP x Wagner (Darmstadt), Ruth FDP x Irmer, Hans-Jürgen CDU x Walter, Jürgen SPD x Jung (Rheingau), Dr. Franz Josef CDU x Waschke, Sabine SPD x Jürgens, Dr. Andreas GRÜNE x Weimar, Karlheinz CDU x Kahl, Reinhard SPD x Weinmeister, Mark CDU x Kartmann, Norbert CDU x Wiegel, Kurt CDU x Kaufmann, Frank-Peter GRÜNE x Williges, Frank CDU x Klee, Horst CDU x Wintermeyer, Axel CDU x Klein (Wiesbaden), Armin CDU x Wolff, Karin CDU x Klein (Freigericht), Hugo CDU x Ypsilanti, Andrea SPD x Klemm, Lothar SPD x Zeimetz-Lorz, Birgit CDU x Koch, Roland CDU x Ziegler-Raschdorf, Margarethe CDU x