7 Fragen an den Autor Thomas Sigmund zu seinem Buch „Allein unter Feinden? – Was der Staat für unsere Sicherheit tut – und was nicht“

Herr Sigmund, versagt der Staat beim Schutz seiner Bürger?

Der Staat tut viel für die Sicherheit der Bürger. Justiz und Polizei arbeiten rund um die Uhr. Doch das alles reicht nicht.

Woran machen Sie das konkret fest?

Unsere innere Sicherheit ist bedroht wie noch nie seit Ende des Krieges. Einbrüche, U- Bahn-Treter, Cyberangriffe oder der Terror. Schauen Sie sich einfach die Hass- Postings im Internet, den wachsenden Rechtsextremismus oder die zunehmenden Angriffe auf Minderheiten an. Da ist etwas verrutscht in der Gesellschaft.

Gibt es Gewalt nicht schon immer?

Die derzeitige starke Verunsicherung der Bürger ist mehr als ein Gefühl. Eine einschneidende Zäsur waren die Vorkommnisse in der Silvesternacht in Köln 2015 an. Da waren nicht nur Polizei und Justiz weit über ihre Belastungsgrenze angekommen. Vor allem waren die Fehleinschätzungen der Politik und die mangelnde Handlungsfähigkeit des Staates erschreckend. Bis heute gibt es übrigens nur eine Handvoll Urteile gegen die Täter bei insgesamt 1200 Opfern. Doch es geht nicht nur um die Vorkommnisse auf der Kölner Domplatte

Sondern?

Wir haben auch eine steigende Zahl an Einbrüchen von international agierenden Einbrecherbanden aus Osteuropa, gegen die die Polizei machtlos scheint. Das einfache aber große Versprechen des Staates, das Privateigentum zu schützen ist zu oft nichts mehr wert. In den Polizeistatistiken wird zwar die Aufklärungsquote mit rund 15 Prozent beziffert; dazu zählen aber auch Fälle, die dann vor Gericht von vornherein nicht nachgewiesen werden können. So sinkt die tatsächliche Zahl auf nur rund 2,5 Prozent.

Was sind die Gründe für den schwachen Staat?

Polizei und Justiz sind durch die Sparpolitik der letzten Jahre erheblich geschwächt worden. Dabei kommen völlig neue Herausforderungen wie die Internetkriminalität, Täter im Darknet oder Cyberangriffe auf den Staat zu. Doch dafür gibt es weder genug qualifiziertes Personal noch die nötige IT-Ausstattung. Die Behörden sind inzwischen auf die Hilfe privater Unternehmen angewiesen.

Was muss passieren?

Jetzt ist die Chance zu umfassenden Reformen da. Dabei dürfen wir allerdings das zentrale Versprechen unseres Grundgesetzes, die Freiheit, nicht aus den Augen verlieren.

Geht denn das zusammen?

Das geht. In meinem Buch habe ich 15 Reformvorschläge gemacht, die sofort umgesetzt werden können.

Interview geführt vom Programmleiter Politik & Gesellschaft

Verlag Herder GmbH, März 2017

Thomas Sigmund, geboren 1966 im Amberg, arbeitet seit über 20 Jahren als politischer Korrespondent. Sigmund ist Volljurist und Politologe und schrieb für mehrere Tageszeitungen und Magazine. Seit 2013 ist er Ressortleiter Politik und Leiter des Hauptstadtbüros des Handelsblatts. 2015 erhielt er den "Regino-Preis" für herausragende Justizberichterstattung. Der Preis wird von der renommierten Fachzeitschrift NJW vergeben. Sigmund ist verheiratet und hat eine Tochter. Sigmund hat in den vergangenen 15 Jahren Interviews mit den Bundesjustizministern Brigitte Zypries (SPD), Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und (SPD) geführt. Er konnte zudem die Bundesinnenminister (SPD), Wolfgang Schäuble (CDU), Hans-Peter Friedrich (CSU) und Thomas de Maiziere (CDU) zu sicherheits- und innenpolitischen Themen interviewen. Zudem verschaffte er sich in vielen vertraulichen Hintergrundgesprächen mit den Chef von Bundessicherheitsbehörden ein detailliertes über die Sicherheitslage in Deutschland.

Stimmen zum Buch:

„ ‚Allein unter Feinden?‘ ist ein Weckruf zur rechten Zeit und ein starkes Debattenbuch. Es bietet nicht nur zahlreiche Belege für die Sicherheitslücken in Deutschland, sondern schlägt auch Lösungen vor. Die Reformvorschläge sollten in die politischen Programme der Parteien einfließen“.

Jens Gnisa, Vorsitzender des Deutschen Richterbundes

„Faktenreich und unglaublich lesenswert.“

Wolfgang Kubicki, stellv. Bundesvorsitzender der FDP, Innenpolitiker