Amtsblatt für den Landkreis Dahme-Spreewald

18. Jahrgang Lübben (Spreewald), den 27.06.2011 Nummer 21

Inhaltsverzeichnis Seite

Öffentliche Bekanntmachungen des Landkreises Dahme-Spreewald

 Benachrichtigung über die Eintragung von Denkmalen in die Denkmalliste des Landes im Bereich des Landkreises Dahme-Spreewald; Stand: 02.03.2011 3-36

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Impressum

Herausgeber: Landkreis Dahme-Spreewald Pressestelle verantwortlich: Heidrun Schaaf Reutergasse 12, 15907 Lübben (Spreewald) Telefon: 03546 / 20-1008 Telefax: 03546 / 20-1009

Erscheinungsweise: nach Bedarf

Das Amtsblatt ist am Sitz der Kreisverwaltung in 15907 Lübben (Spreewald), Reutergasse 12, in der Pressestelle erhältlich.

Es liegt ebenfalls zur Einsicht in allen Ämtern und amtsfreien Gemeinden des Landkreises Dahme-Spreewald und in der Verwaltungs- stelle in Königs Wusterhausen und in Lübben, Beethovenweg aus.

Das Amtsblatt kann auch gegen Erstattung der Porto- und Versandkosten einzeln oder im Abonnement vom Landkreis bezogen werden . 3

ÖFFENTLICHE BEKANNTMACHUNGEN DES LANDKREISES DAHME-SPREEWALD

Benachrichtigung über die Eintragung von Denkmalen in die Denkmalliste 1 des Landes Brandenburg im Bereich des Landkreises Dahme-Spreewald; Stand 02.03.2011

Die untere Denkmalschutzbehörde des Landkreises Dahme-Spreewald gibt gemäß § 3 Abs. 1 des Gesetzes über den Schutz und die Pflege der Denkmale im Land Brandenburg (Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz - BbgDSchG 2) bekannt, dass die nachfolgend angeführten Denkmale im Sinne von § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 4 BbgDSchG in die Denkmalliste des Landes Brandenburg ein- getragen wurden, beziehungsweise als bestehende Listenpositionen präzisiert oder um nach § 3 Abs. 3 Satz 2 BbgDSchG erforderliche Angaben ergänzt wurden (bei Denkmalen mit Gebiets- charakter 3 in Verbindung mit § 28 Abs. 2 BbgDSchG). Nach § 3 Abs. 4 BbgDSchG ist die untere Denkmalschutzbehörde verpflichtet, die Verfügungsberechtigten der Denkmale zu ermitteln und über die Denkmaleintragung zu unterrichten. Da im Falle der nachfolgend angeführten Denkmale jeweils über zwanzig Verfügungsberechtigte betroffen sind, erfolgt die Unterrichtung durch Bekannt- machung in diesem Amtsblatt des Landkreises Dahme-Spreewald.

Die Listung eines Objektes in der Denkmalliste bedeutet nicht, dass Veränderungen am Denkmal ausgeschlossen sind. Diese bedürfen jedoch gemäß § 9 Abs. 1 BbgDSchG einer denkmalrecht- lichen Erlaubnis. Die Erlaubnis ist mit allen für die Beurteilung des Vorhabens erforderlichen Unter- lagen beim Landkreis Dahme-Spreewald als zuständige untere Denkmalschutzbehörde zu bean- tragen. Für Baudenkmale bestehen steuerliche Vergünstigungen im Rahmen des Einkommen- steuergesetzes (vgl. §§ 7i, 11b, 10f und 10g EStG) für die Aufwendungen zur Erhaltung von Denkmalen oder zu ihrer sinnvollen Nutzung.

Die Denkmalliste kann an folgenden Stellen eingesehen werden:

- Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum, Abtei- lung Bodendenkmalpflege, Wünsdorfer Platz 4-5, 15806 Zossen / OT Wünsdorf, Tel.: 033702 - 71200. - Landkreis Dahme-Spreewald, Amt für Kreisentwicklung und Denkmalschutz/Agenda 21, Brückenstraße 41, 15711 Königs Wusterhausen, Tel.: 03375 – 262374.

Für weitere Auskünfte stehen die Mitarbeiter der unteren Denkmalschutzbehörde gern zur Verfügung (Sprechzeiten: Dienstag 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr und nach Vereinbarung, Tel.: 03375 - 262374).

gez. Schrager

1 Denkmalliste des Landes Brandenburg sowie deren Aktualisierungen (Amtsblatt für Brandenburg [Gemeinsames Ministerialblatt für das Land Brandenburg] Nr. 3 vom 26. Januar 2005, S. 34 ff., Nr. 7 vom 22. Februar 2006 S. 159 ff., Nr. 7 vom 21. Februar 2007 S. 349 ff., Nr. 7 vom 20. Februar 2008 S. 320 ff., Nr. 5 vom 11. Februar 2009 S. 190 ff., Nr. 6 vom 17. Februar 2010 S. 235 ff. und Nr. 8 vom 2. März 2011 S 341 ff.)

2 Gesetz über den Schutz und die Pflege der Denkmale und Bodendenkmale im Land Brandenburg (Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz - BbgDSchG) vom 24. Mai 2004 (GVBl. Teil I Nr. 9 vom 24. Mai 2004, S. 215 ff.)

3 Eine abschließende Prüfung der einzelnen Gebäude und sonstigen Anlagen auf eigenständigen Denkmalwert ist mit den Nachbegründungen nach § 28 Abs. 2 BbgDSchG in der Regel nicht verbunden. Insofern bleibt nach wie vor auch innerhalb der Grenzen eines Denkmals mit Gebietscharakter die spätere separate Eintragung von Objekten als eigenständig gelistete Denkmale möglich. 4

Inhaltsverzeichnis

Amt/Gemeinde/Ort Bezeichnung Seite

Stadt Königs Wusterhausen

Zernsdorf Alter Dorffriedhof mit ca. 200 historischen Grab- 5 malen sowie Gerätehaus, Friedhofskapelle und Kriegerdenkmal

Stadt Lübben

Lübben (Spreewald) Lübbener Neustadt, Ensemble Breite Straße 11

Lübben (Spreewald) Gründerzeitliches Stadterweiterungsgebiet Lo- 17 genstraße, Jägerstraße, Paul-Gerhardt-Straße

Amt Lieberose/Oberspreewald

Lieberose Ensemble Markt mit Stadtpfarrkirche, 22 Landkirche und Rathaus sowie mit anliegenden Grundstücken und deren historischer Bebauung

Lieberose Schlosspark Lieberose mit einbezogenen land- 27 und forstwirtschaftlichen Flächen einschließlich Neuem Garten und der von Süden auf das Schloss ausgerichteten Kastanienallee mit flankierenden Grünflächen sowie Kapelle und Grabstätten des Erbbegräbnisses, Dietrichstein, integriertem Schlossgärtnereigelände mit Gärtnerhaus (Schloßpark 1) einschließlich Gewächshausanbau und Gartenpavillon mit Einfriedung

Gemeinde Schönefeld

Schönefeld Friedhof Schönefeld: drei Erbbegräbnisreihen, 29 bestehend aus Grabwänden und Grabstelen

Gemeinde Zeuthen

Zeuthen "Landhaus" mit Nebengebäude und Terrasse 33 Goethestraße 19 15738 Zeuthen 5

Königs Wusterhausen OT Zernsdorf, Alter Dorffriedhof

Eintragung eines Denkmals in die Denkmalliste gemäß § 3 Abs. 1 und 2 BbgDSchG

Anmerkung uDB: ohne Maßstab

Das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologische Landesmuseum (BLDAM) hat gemäß § 3 Abs. 1 und 2 BbgDSchG das nachfolgend bezeichnete Objekt am 31.03.2011 in die Denkmalliste des Landes Brandenburg eingetragen.

Bezeichnung Alter Dorffriedhof mit ca. 200 historischen Grabmalen sowie Geräte- des Denkmals: haus, Friedhofskapelle und Kriegerdenkmal

Lage Grundstück: Königs Wusterhausen, Karl-Marx-Straße 17 des Denkmals: Gemarkung: Zernsdorf, Flur: 1, Flurstück: 310, 311; Flur: 2, Flurstück: 699, 865

Die Beschreibung des Denkmals und die Gründe der Eintragung sind im nachfolgenden Auszug aus der Denkmal-Beurteilung des BLDAM dargelegt. Demnach erfüllt das o. g. Objekt als Denkmal die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 BbgDSchG.

Beschreibung des Denkmals und Benennung des Schutzumfangs:

Zernsdorf liegt östlich von Königs Wusterhausen, am nördlichen Ufer des Krüpelsees. Der Alte Dorffriedhof befindet sich an der Nordseite der Karl-Marx-Straße unweit des historischen Ortszentrums. Zernsdorf gehörte von jeher zum Amt sowie zur evangelischen Kirchen- gemeinde Königs Wusterhausen und somit wurden die Verstorbenen des Dorfes lange Zeit auf dem Kirchhof der Kreuzkirche der Stadt beigesetzt. Im März 1817 bat die Gemeinde die Königliche Regierung in um die Genehmigung zur Anlage eines eigenen Begräb- nisplatzes. Zunächst abgelehnt, wurde der Antrag dann drei Monate später, im Juni 1817, genehmigt. Der Dorffriedhof wurde den damaligen Vorschriften entsprechend weit außerhalb 6 des Dorfes auf einem kommunalen Grundstück angelegt und umfasste in dieser Zeit den Bereich zwischen der Straße und dem Kriegerdenkmal. Im Juli 1818 fand die erste Bestattung statt. Anfang der 1930er Jahre wurde der Friedhof auf seiner gesamten Breite nach Norden bis zum heutigen Knorrsweg erweitert. In diesem Zusammenhang wurde eine Friedhofskapelle gebaut.

Der Alte Dorffriedhof besitzt eine rechteckige, weitläufige Fläche mit zum größten Teil wildgewachsenem Baumbestand und dichtem Efeubewuchs. Bis heute sind auf dem Fried- hof weit über 200 historische Grabsteine erhalten. Die Mehrheit der Grabmale, etwa 120, steht im älteren, vorderen Teil des Friedhofes. Die Gräber sind hier in der Regel in der tradi- tionellen Ost-West-Ausrichtung angelegt sowie in einer lockeren Rasterform angeordnet. Der Erweiterungsteil ist eher unregelmäßig belegt worden. Der älteste Grabstein stammt aus dem Jahr 1907. Die größte Anzahl, ca. 125 Grabmale wurde in den 1930/40er Jahren aufgestellt. Aus den 1910er Jahren stammen ca. 30 und aus den 1920er Jahren ca. 35 Grabsteine. Nachdem 1949 der neue "Waldfriedhof" am Stujangsberg angelegt worden war, wurden auf dem Alten Dorffriedhof nur noch vereinzelt Begräbnisse durchgeführt. So finden sich aus den 1950er Jahren nur 9 und aus den 1960er-1990er Jahren lediglich noch 8 Grabsteine. Am 01. 01. 2007 wurde der Alte Dorffriedhof nach fast 190 Jahren für weitere Begräbnisse geschlossen.

Von dem Haupteingang führt ein zentraler Weg direkt zur Friedhofskapelle, der hinter dieser zum Eingang am Knorrsweg in gerader Linie weitergeführt ist. Dieser Hauptweg wird von einer Allee begleitet. Das System der Erschließungswege ist auf Grund des dichten Efeu- bewuchses nicht mehr erlebbar. Die Besonderheit des Friedhofs liegt in seinem bewahrten Erscheinungsbild, das durch die große Vielfalt hinsichtlich Material und Ausführung abwechslungsreich gestalteter Grabmale charakterisiert ist, die entsprechend der Architek- turauffassung ihrer Entstehungszeit insgesamt eine Tendenz zu immer schlichteren Gestaltungen zeigen. Es handelt sich vor allem um Grabsteine in Form von Stelen, Breit- steinen, Einzelsteinen, Kissen- bzw. Liegesteinen, aber auch um Obelisken, Grabkreuze, Urnensteine sowie um Grabplattenträger, deren Form einem Baumstamm nachempfunden ist. Bei der Mehrheit handelt es sich um einteilige Grabmale; nur wenige setzen sich aus mehreren, differenziert gestalteten bzw. proportionierten Elementen zusammen. Zudem fanden die verschiedenartigsten Materialien wie unterschiedliche Werk- und Natursteine Anwendung, die zudem sehr variantenreich bearbeitet sind. Aber auch Grabmale bzw. Details aus Natur- oder Kunststein, Holz, Keramik, Glas, Bronze u. a. sind anzutreffen. Zeit- typisch zieren viele der Grabsteine Trauersymbole wie Kränze (Ewigkeit, Unendlichkeit), Palmenwedel (Frieden), Lilien (Unschuld), Eichenlaub (Beständigkeit). Akanthus (Leben, Unsterblichkeit), Rosenmotive (ewige Liebe) und auch Federn (Seele). Sehr oft ist ein Kreuz in verschiedensten Darstellungen zu finden, das die Verbundenheit des Menschen mit Gott verdeutlicht. Dagegen symbolisiert Efeu, der heute große Flächen des Friedhofes überdeckt und vereinzelt an Grabsteinen zu finden ist, Unsterblichkeit. Einige Grabsteine zeigen zudem markant Dekordetails wie Säulen, Pilaster oder Bossierungen, aber auch Elemente wie Pflanzschalen und Urnen. An fast allen Grabmalen sind die Inschriften noch lesbar. Sie zeigen die unterschiedlichsten Schrifttypen und neben den Lebensdaten wird auch auf die Verwandtschaftsbeziehungen oder den Beruf des Verstorbenen hingewiesen. Zudem sind häufig Trost- und Sinnsprüche bzw. Bibelzitate zu lesen.

Besonders die Grabmale Mewes (1910, vorderer Teil links), Eilers (1916, vorderer Teil links), Buschack (1918, vorderer Teil links), Hahn (1919, vorderer Teil rechts), Böen (1919, vorderer Teil links) Krüger (1919, vorderer Teil links), Zielke (1920, vorderer Teil rechts), Landsberg (1921, vorderer Teil rechts), Heber (1921, vorderer Teil rechts), Marquardsen (1935), Familien Mucha (1939, seitlich der Kapelle links), Buschack (1939, hinter der Kapelle links), Hagen (1942, vorderer Teil rechts), Wolf (1946, hinter der Kapelle rechts) repräsentieren u. a. die Entwicklung und wegen ihrer aufwändigeren Gestaltung die Vielfalt der einfacheren Grabmalkunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

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Das kleine Gerätehaus , das wohl auch zur kurzzeitigen Unterstellung von Särgen diente, steht östlich der Friedhofskapelle, giebelständig zur Straße ausgerichtet. Der schlichte, rechteckige Sichtziegelbau unter Satteldach wurde wohl in der Zeit um 1900 gebaut. Eine genaue Datierung ist auf Grund der schlechten Quellenlage bisher nicht möglich. Die süd- liche Giebelseite nimmt den flachbogig eingeschnittenen Eingang mit einer einflügeligen Brettertür auf. In der Giebelspitze weist ein Lüftungskreuz auf die Nutzung des kleinen Gebäudes wohl auch als Leichenhalle hin. Die Langseiten werden neben dem regelmäßigen Binder-Läufer-Mauerwerk durch schmale Lüftungsschlitze, die unterhalb der Traufe sitzen, strukturiert.

Die Friedhofskapelle steht zentral auf dem Friedhof und wurde um 1930 gebaut. Da Zernsdorf bis 1955 kein eigenes Gemeindehaus und nie eine eigene Kirche hatte, diente sie nicht nur zur Abhaltung der Trauergottesdienste, sondern hier fanden auch Hochzeiten, Konfirmationen, Taufen und Gottesdienste statt. Der leicht gotisierende Putzbau aufgeführt über rechteckigem Grundriss, besitzt einen rechteckigen, chorartigen Nordanbau mit Walm- dach und einen ebenfalls eingezogenen, halbrunden Eingangsvorbau mit Halb-Kegeldach, auf dessen Spitze ein Kreuz sitzt. Die einfach eingeschnittenen Wandöffnungen sind ab- gesehen vom "Chor" spitzbogig ausgebildet. Die zweiflügelige Eingangstür mit gedrungen spitzbogigem Oberlicht und die Fenster wurden mit der letzten Sanierung 2009 erneuert. Neben den spitzbogigen Wandöffnungen sind die kräftigen profilierten Trauf- und Ortgang- gesimse die einzigen Details, die den Bau strukturieren. Im Inneren wird der Feierraum von einer hohen Tonne überwölbt. An seiner Nordseite befindet sich eine kleine Empore, die über eine Treppe im "Chor" erschlossen wird.

Herausragendes Ausstattungsdetail ist der Flügelaltar aus dem Jahr 1958. Das Retabel wurde von dem Maler Erwin Hahs gestaltet. Im Schrein ist der auferstandene Christus über dem geborstenen Felsengrab, eingehüllt in das herabstrahlende Licht des Lebens darge- stellt. Auf dem linken Flügel umfängt eine Dornenkrone das Opferlamm mit Fahne. Auf dem rechten Teil ist der gefüllte Kelch des Abendmahls und die Hostie, die über dem Kelch schwebt, zu sehen. Kelch und Hostie umfängt ein leuchtender Strahlenkranz. Auf den geschlossenen Flügeln steht "Singet und betet"; auf der Rückwand das Signum des Künst- lers und das Entstehungsdatum.

In der Achse des Hauptweges vor der Kapelle steht ein Kriegerdenkmal für die Opfer des Ersten Weltkrieges. Wann es in den 1920er Jahren aufgestellt wurde, ist bisher nicht bekannt. Das Denkmal aus Granit besitzt die Form einer Stele, die sich auf einem drei- stufigen Postament erhebt, wobei die Stufen unterschiedlich breit und hoch ausgebildet sind. Der Übergang von der dritten Postamenstufe zur Stele ist konvex eingeschwungen. An ihrer Südseite trägt die hohe Stele eine hochrechteckige bronzene Tafel mit einem rahmenden Doppelfries. Auf der Tafel ist die Inschrift: "Für das Vaterland starben aus Zernsdorf im Weltkrieg 1914/1918" und in einem Block die 27 Namen und Todesdaten der Gefallenen zu lesen. Am unteren Rand befindet sich eine Halbplastik eines unbekleideten Soldaten mit athletischem Körperbau, der seinen Kopf senkt und in der rechten Hand ein Kurzschwert sowie in der linken Hand einen Stahlhelm hält. Seine Körperhaltung drückt Erschöpfung und Trauer aber auch große Mutlosigkeit aus. Der Soldat sitzt auf einem kaum vorkragenden Vorsprung, der von expressiv-ornamentierten Konsolen gestützt wird. Oberhalb der Tafel bildet ein aus dem Granit gearbeiteter Lorbeerstab den Übergang zu dem abgestumpften, giebelförmigen Aufsatz des Denkmals, auf dem ein Eisernes Kreuz sitzt. Auf der Rückseite der Stele ist zu lesen: "Sie gaben alles, was sie konnten geben, die Seele Gott, dem Vater- land Blut und Leben“.

Der Ehrenfriedhof für die Gefallenen des 2. Weltkrieges befindet sich im Bereich rechts des Kriegerdenkmals. Die Anlage besteht aus 8 Gräbern mit einfachen Holzkreuzen, auf denen die Namen der Toten zu lesen sind. Vor den Kreuzen befinden sich mit Efeu bewachsene Gräber mit Werksteineinfassungen.

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In diesem Teil des Friedhofes sind auch die Anfang der 1970er Jahre aus der zerstörten Gruftkapelle an der Schillingstraße hierher umgebetteten 3 Grabstellen der Familie von Einsiedel zu finden, die dem Zweig Prießnitz des alten meißnischen Adelsgeschlechts Ein- siedel entstammte, das 1299 erstmals urkundlich erwähnt wurde . Ein Grab gehört Hans Curt von Einsiedel (1867-1942), der Abteilungsdirektor der Deutschen Bank in war und mit seiner Familie in einer Villa am Zernsdorfer Lankensee seit den 1930er Jahren seinen Wohnsitz hatte (vermutlich ist das heutige Bürgerhaus in seinem Auftrag gebaut worden). Die beiden anderen Gräber gehören seiner Frau Emmy von Einsiedel, geborene Hemmerling (1874-1938) und seiner Schwiegertochter Franziska von Einsiedel (1906-1946). Die einfache Grabplatte sitzt auf einer wiederverwendeten Baumstumpf-Stele und trägt die Inschrift "Familie von Einsiedel". Berühmtheit erlangte sein Sohn Kurt von Einsiedel, der im Alter von 24 Jahren in Zernsdorf einen Gartenbaubetrieb gründete und über die Region hinaus durch die Zucht von Dahlien und anderer Blumensorten bekannt wurde. Die Glocke aus der Einsiedelschen Gruftkapelle erhielt einen Glockenstuhl aus vernieteten Eisenträgern unterschiedlicher Stärke mit abschließendem Bretter-Satteldach, der zunächst am Gemein- dehaus stand. Er wurde 2009 auf den Friedhof versetzt und steht heute zwischen Kapelle und dem Gerätehaus.

Zudem ist in diesem Teil des Friedhofes auf ein besonders aufwändig ornamentiertes Grabmal zu verweisen, das für die bei einem Bombenangriff am 3. März 1944 ums Leben gekommen Mitglieder der Familien Schmidt und Neumann aufgestellt worden ist. Ein doppeltes Flechtband umzieht den Stein unterbrochen von einem Radkreuz (Sonnenkreuz), dem zusammengesetzten Sinnbild für Licht, Sonne und Erlösung. Oberhalb der Inschrift ziert zudem eine große Rosette den Grabstein.

Begründung der Eintragung:

Der Alte Dorffriedhof Zernsdorf besitzt vor allem ortsgeschichtliche Bedeutung . Das kleine Angerdorf Zernsdorf wurde erstmals 1375 als Czernestorpp (Czernestorff) urkundlich erwähnt und gehörte zum Besitz des Schlosses Wusterhausen. Nach dem Dreißigjährigen Krieg war die Bevölkerung dezimiert. Mit der Wiederbesiedlung erfolgte ein nur langsamer Anstieg der Einwohnerzahlen. Noch 1800 hatte das Dorf nur 96 Einwohner die sich auf 20 Haushalte verteilten, zumeist Kossäten und Büdner. Auch die wachsende Bedeutung der Ziegelherstellung in Zernsdorf führte kaum zu einem Anwachsen der Einwohnerzahlen. Zu einer bedeutenden Aufschwungphase des Ortes Zernsdorf kam es erst mit der Anbindung an die Eisenbahn und die Errichtung der Holzimprägnieranstalt durch die Firma Hülsberg & Cie. im Jahr 1898. Auch gefördert durch die Nähe der prosperierenden Hauptstadt Berlin wuchs der Ort weit über seinen alten Dorfkern hinaus und die Einwohnerzahl stieg von 361 Personen im Jahr 1895 auf 2541 im Jahr 1946. Der Alte Dorfriedhof dokumentiert damit nicht nur die wichtige Etappe der Dorfentwicklung um 1800, sondern mit seinen erhaltenen Grabmalen vor allem auch die bedeutendste Erweiterungsphase von Zernsdorf in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Besonderer Zeugniswert kommt diesbezüglich der Friedhofskapelle als Sachzeugnis dieser Entwicklung zu.

Die bis heute erhaltenen mehr als 200 Grabmale auf dem Alten Dorffriedhof besitzen als Zeugnisse der Sepulkralkultur der Zeit vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis in die 1960er Jahre insbesondere bau- und kulturgeschichtliche Bedeutung und belegen beispielhaft den Entwicklungsgang der Friedhofskultur in dieser Zeit in der Region. Eine vergleichbar hohe Anzahl und in dieser Geschlossenheit erhaltener Grabmale aus dieser Zeit findet sich nach heutigem Kenntnisstand in der Region nicht mehr. Die in ihrem Formenrepertoire zumeist typisierten, aber zum Teil auch von Individualität geprägten Grabdenkmale künden in ihren konzeptionellen Grundideen, in ihrer differenzierten gestalterischen Detailaus- prägung und der Verwendung unterschiedlichster Materialien, als auch in dem sprachlichen Duktus der Inschriften vom Einfluss des damaligen Zeitgeschmacks. Die Grabmale zeichnen sich durch ihre Vielfalt aus, wobei insgesamt neben eher traditionellen, einfachen ländlichen Formen auch Gestaltungen zu finden sind, die Einflüsse des in der ersten Hälfte des 20. 9

Jahrhunderts neu aufkommenden Kunstströmungen von der Reformbewegung bis hin zur Moderne zeigen. Insgesamt spiegeln die Grabmale beispielhaft die Stilentwicklungen die sich in jener Zeitspanne vollzogen. Zudem tragen neben den teilweise anspruchsvollen Materialien, die vielseitigen, dekorativ gestalteten Trauersymbole wesentlich zur Wirkung der Grabmale bei. Der Alte Dorffriedhof veranschaulicht in seiner Gesamtheit damit beispielhaft die Kultur des Totengedenkens auf dem Lande in dieser Zeit, die durch eine bemerkenswerte, wenn auch einfache Gestaltungsvielfalt der Grabmale charakterisiert ist.

Die Alte Friedhof besitzt auch wegen seiner besonderen sozialgeschichtlichen Bedeutung Denkmalwert. Er gibt in seiner Geschlossenheit noch heute Auskunft über die zur Zernsdorfer Gemeinde gehörenden Familien und ihre über Generationen zurückverfolgbare Geschichte. Zudem sind sie ein Zeugnis des sozialen Gefüges des Bauern- und späteren Industriedorfes Zernsdorf in jener Zeit, veranschaulichen beispielhaft den Anspruch der Bewohner, durch aufwändig gestaltete Grabsteine den Zeitgenossen und der Nachwelt ihre soziale Stellung vor Augen zu führen. Häufig weisen Bezeichnungen auf den Grabtafeln auf den sozialen Status der zumeist alteingesessenen Familien im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert hin. Zudem wird bis heute die soziale Differenzierung in dem unterschiedlichen Anspruch an die Gestaltung der Grabsteine eindrucksvoll deutlich.

Auch das Kriegerdenkmal besitzt als Zeugnis der Orts- und Regionalgeschichte Bedeu- tung. Sein exponierter Standort auf dem Hauptweg zur Friedhofskapelle dokumentiert zum einen den ereignisgeschichtlichen Stellenwert für die Gemeinde, zum anderen ist es Aus- druck der öffentlichen Achtung der Opfer, ist gegenständlicher Ausdruck der Erinnerungs- kultur in der Mitte der 1920er Jahre. Das Kriegerdenkmal von Zernsdorf besitzt zudem vor allem bau- und kulturgeschichtliche Bedeutung. Es ist ein schützenwertes Zeugnis innerhalb des umfänglich überlieferten Bestandes an Erinnerungsmalen (Grabdenkmale, Ehrenmale, Gedächtnismale, Kriegerdenkmale) in ihren überaus differenzierten Formen (Stelen, Kreuze, Platten, Obelisken, Säulen, Standbilder etc.) und Materialien (Granit, Mar- mor, Sandstein etc.) sowie vor allem in ihrem stilistischen Wandel innerhalb der Denkmal- kunst im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Im 18. Jahrhundert erinnern die wenigen in dieser Zeit entstandenen Denkmale fast ausschließlich an das Wirken von Persönlichkeiten des Adels und des Herrschaftsstandes. Erst mit der sich durchsetzenden Verbürgerlichung der Gesellschaft bildet sich ein allmählicher Wandel in der Denkmalszene aus. Neben den Herr- schaftsdenkmalen entstanden Monumente für einen immer breiteren Personenkreis, bis schließlich seit den 1870/80er Jahren auch der einfache Soldat (Kriegerdenkmale) denk- malwürdig wurde. Der Aufstellung von Denkmälern kam ein Gesetz von 1890 entgegen, das die Befugnis zur Errichtung von Denkmälern auf die Gemeinden übertrug. Durch die ungleich höhere Zahl an Opfern, die der Erste Weltkrieg im Vergleich mit den vorangegangenen Kriegen gefordert hatte, stand bei diesen Ehrenmälern das Totengedenken im Mittelpunkt. Da nicht nur der Krieg verloren war, sondern auch das Kaiserreich untergegangen und die alte Armee aufgelöst worden war, weisen die Denkmäler üblicherweise keine nationalen Symbole auf, vielmehr zeigen sie Eisernes Kreuz, Eichenlaub, Schwert und Stahlhelm sowie christliche Symbolik. Auch an dem Kriegerdenkmal in Zernsdorf sind die einzelnen Gestaltungselemente zeittypisch von hoher Symbolkraft. So versinnbildlicht das sogenannte vaterländische Baumaterial Granit Bodenständigkeit und Dauerhaftigkeit, das Eiserne Kreuz besondere Tapferkeit und der Lorbeerstab steht als Symbol für Unsterblichkeit und Frieden. Die Inschrift verweist, wie häufig bei den bis 1945 entstandenen Denkmalen auf das Hel- dentum der gefallenen Soldaten. Zudem handelt es sich bei dem Kriegerdenkmal von Zernsdorf um eines der wenigen erhaltenen Beispiele mit einer künstlerisch anspruchsvollen, plastisch ausgebildeten figürlichen Darstellung.

Der Friedhofskapelle kommt in der langen und vielfältigen Tradition des Baues von gottes- dienstlichen oder anderen Bestattungszeremonien dienenden Kapellengebäuden stehend und als spezifisch ausgeformtem Bautyp baugeschichtliche Bedeutung zu . Sie bezeugt im Vergleich mit den zahlreichen erhaltenen Friedhofskapellen analoger Bauzeit in der Region, auf welche vielfältige Art und Weise diese wiederkehrende Bauaufgabe speziell in der Zeit 10 um 1930 gelöst wurde. Mit der deutlichen Aufnahme herkömmlicher sakraler Archi- tekturelemente, stellt sie einen typischen Vertreter der an traditionelle Bauformen an- knüpfenden Architektur der 1930er Jahre dar.

Der Flügelaltar besitzt als Zeugnis der religiösen Kunst aus der Mitte des 20. Jahrhunderts zeit- und ortsgeschichtliche sowie kunst- und kulturwissenschaftliche Bedeutung. Trotz geringer finanzieller und materieller Mittel und einer teilweise kirchenfeindlichen Politik staatlicher Behörden fand in zahlreichen Orten der DDR ein reges Gemeindeleben statt. Der Flügelaltar ist ein anschauliches Zeugnis des religiösen Lebens und der Kirchenaus- stattungskunst der späten 1950er Jahre im Ort und im Land Brandenburg. Die wissenschaftliche Bearbeitung des Gesamtwerkes von Erwin Hahs ist bis heute nicht abgeschlossen. Hahs hinterließ ein sehr komplexes Werk. Fast alle Arbeiten sind erfin- dungsreich in den Motiven, den farblichen wie formalen Variationen, die Hahs bis ins hohe Alter mit Experimentierlust zeichnungs- und maltechnisch umsetzte. Seine Biographie macht deutlich, dass Erwin Hans zu den bemerkenswerten Künstlern seiner Zeit gehört hat, der in maß- und charaktervoller Weise die Kunstlandschaft über Jahrzehnte mitgeprägt hat. Er war Maler, Grafiker, Bühnenbildner und nicht zuletzt Pädagoge. Als Lehrer der Malerei und Gra- fik an der Burg Giebichenstein formte er Generationen Hallenser Malerschüler sowohl nach dem Ersten als auch nach dem Zweiten Weltkrieg. Auch auf seine interessante Arbeit als Bühnenbildner in Halle und Cottbus ist zu verweisen. Ein Werksverzeichnis umfasst mehr als 1200 Arbeiten, von denen ein Teil in 42 Hahs-Ausstellungen und 52 Ausstellungsbetei- ligungen, zu sehen waren. Er ist mit ca. 80 Arbeiten in führenden deutschen Museen (Berlin, Dresden, Leipzig, Halle) vertreten, davon allein 10 Arbeiten in der National- galerie/Kupferstichkabinett Berlin.

Mit dem Flügelaltar verfügt Zernsdorf über eine der aufschlussreichsten Arbeiten dieses wichtigen Künstlers. Es handelt sich wohl um den einzigen erhaltenen Altar aus dem 80- jährigen Künstlerleben von Erwin Hahs. Er ist zum einen ein Zeugnis für sein Wirken für die evangelische Kirche und gehört zum anderen zu den schützenswerten Zeugnissen der bildenden Kunst der DDR um 1960. Der Flügelaltar zeigt, wie viele seiner gemäßigt expressiv-figurativen Arbeiten der Nachkriegszeit, deutlich das Streben nach größerer Ver- einfachung im formalen Ausdruck bei starker Farbigkeit. Vor allem seit den 1940er Jahren waren verstärkt Arbeiten zu christlich-religiösen Themen entstanden. So u. a. eine Holz- schnittfolge zu Motiven der Kreuzigung und ein Glasfensterentwurf mit dem Titel "Dona nobis pacem". Bildtitel wie "Die weiße Kugel", "Meditation", "Endlich-Unendlich" deuten den Weg an, der den Künstler auch zu dem Flügelaltar und später zu dem Wandbild in Zernsdorf geführt hat.

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Lübben, Lübbener Neustadt Ergänzung zur Eintragung in die Denkmalliste gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 BbgDSchG in Verbindung mit § 3 Abs. 3 BbgDSchG

Anmerkung uDB: ohne Maßstab

Präambel der Nachbegründung (Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum, 10.07.2009)

Bei dem mit der Bezeichnung "Boulevard Breite Straße" (Breite Straße, Berliner Straße, Am Haintor) in der Denkmalliste des Landes Brandenburg eingetragenen Denkmal handelt es sich um ein Denkmal mit Gebietscharakter nach dem Gesetz zur Erhaltung der Denkmale in der Deutschen Demokratischen Republik (Denkmalpflegegesetz) 4, das gemäß § 34 des Brandenburgischen Denkmalschutzgesetzes vom 22. Juli 1991 5 in das Denkmalverzeichnis des Kreises Lübben (seit 1993 Landkreis Dahme-Spreewald) übernommen wurde und gemäß § 28 Abs. 2 Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz 6 als nach § 3 in die Denkmal- liste des Landes Brandenburg eingetragen gilt.

Ergänzende Angaben über das Denkmal gemäß § 3 Abs. 3 BbgDSchG

Bezeichnung des Denkmals und Angaben zum Ort (§ 3 Abs. 3 Ziff.1):

Mit dieser Ergänzung der Eintragung in die Denkmalliste wird die Bezeichnung des Denkmals mit Gebietscharakter präzisiert. Sie lautet nun:

4 Gesetz zur Erhaltung der Denkmale in der Deutschen Demokratischen Republik (Denkmalpflegegesetz) vom 19. Juni 1975 (GBI. I Nr. 26, S. 458), geändert durch Gesetz vom 3. Juli 1980 (GBI. I Nr. 20 S.191)

5 Gesetz über den Schutz und die Pflege der Denkmale und Bodendenkmale im Land Brandenburg (Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz – BbgDSchG) vom 22. Juli 1991 (GVB1. S.311)

6 Gesetz über den Schutz und die Pflege der Denkmale im Land Brandenburg (Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz – BbgDSchG) vom 24. Mai 2004 (GVB1. I S. 216) 12

Lübbener Neustadt, Ensemble Breite Straße 15907 Lübben (Spreewald) Landkreis Dahme-Spreewald

Der Listeneintrag in der veröffentlichten Denkmalliste (Amtsblatt für Brandenburg Nr. 6 vom 17.02.2010, S. 240) lautet:

Ort Gemeinde Adresse Bezeichnung Lübben Lübben Breite Straße 1-8, 12-18, 20-24, 24a, Lübbener Neustadt, (Spreewald) (Spreewald) 25, 26, Am Haintor 1, Berliner Straße Ensemble Breite Straße 37, Geschwister-Scholl-Straße 12

Beschreibung des Denkmals und Benennung des Schutzumfangs (§ 3 Abs. 3 Ziff. 2): a) Räumliche Abgrenzung

Der räumliche Geltungsbereich des oben bezeichneten Denkmals mit Gebietscharakter umfasst den Straßenzug Breite Straße, mit den folgenden Straßen und angrenzenden Grundstücken: - Breite Straße 1-8 (Südseite), 12-18 sowie 20-26 (Nordseite) - Am Haintor 1 - Berliner Straße 37 - Geschwister-Scholl-Straße 12

Demzufolge umfasst das Denkmal die auf der Gemarkung Lübben, Flur 3, Flurstücke: 3/2, 4, 7/2, 7/7, 7/9, 7/10, 10/1, 10/2, 11, 12/1, 12/2, 13/2, 14/2, 15/1, 15/4, 37/1, 38/2, 40/3, 214/13, 214/14, 214/15, 214/18, 214/26, 214/28, 214/30, 214/33, 214/34, 214/35, 214/36, 216/121, 216/123, 216/216, 216/326 (teilw.), 277, 546, 547, 548, 549, 565, 581, 582, 583, 647, 649, 656, 657, 658, 659, 660, 661, 662, 690, 692 (teilw.), 699, 720, 796, 858 (teilw.), 884 (teilw.), 943 (teilw.).

Die genauen Grenzen sind dem Übersichtsplan zu entnehmen, der Bestandteil dieser Ergänzung zur Eintragung ist. b) Sachlicher Schutzumfang

Er umfasst:

1. den durch die Bebauung festgelegten historischen Grundriss und die Struktur der Breiten Straße, die geprägt werden durch:

- die angerartig ausgebildete Breite Straße, die westlich der Altstadt das Zentrum der Neustadt bildet und diese diagonal von Nordosten Richtung Südwesten durchquert und mit den Grundstücken des Heilig-Geist-Hospitals und der einstigen Hospitalkirche an ihrem westlichen Ende bis an den Schlangengraben reicht, - die Grundstücke an der Südwestseite der Straße von der Geschwister-Scholl-Straße 12 bis zur Breite Straße/Ecke Am Spreeufer; eingeschlossen die nördlichen Abschnitte der Baumgasse und der Sternstraße, - die Grundstücke an der Nordseite der Straße zwischen Berliner Straße (Nr. 37) und der Straße Am Haintor (Am Haintor 1), - die Bebauungsstruktur der Grundstücke, charakterisiert durch die Maßstäblichkeit, Lage und Ausrichtung der historischen Wohnbebauung; insbesondere durch die fast in 13

geschlossener Reihung stehenden, den nördlichen Straßenraum begrenzenden Wohn- und Geschäftshäusern einschließlich ihrer lang gestreckten Hofgrundstücke mit ihren zumeist unmittelbar an die straßenseitigen Wohnhäuser anschließenden historischen Hofgebäuden und den zum Teil wiederum daran anschließenden langgestreckten Gärten, - die aus 4 gründerzeitlichen Wohn- und Geschäftshäusern bestehende Häusergruppe an der Nordseite der Breiten Straße, - den zumindest die historische Bauflucht aufnehmenden Wohnblock aus der Wieder- aufbauphase in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, - die Straßengestalt der Breiten Straße Richtung Altstadt, - die sich im Südwesten aufweitende Platzfläche der Breiten Straße, mit dem Standort der ehemaligen Hospitalkirche, dem Obelisk und dem nördlich angrenzenden spreewald- typischen Pavillon des traditionsreichen Fotostudios, - die Maßstäblichkeit, Lage und Anordnung des städtebaulich dominierenden Heilig-Geist- Hospitals, einschließlich des bis an den Schlangengraben reichenden Hospitalgrundstücks und des davor liegenden Straßenabschnittes der Geschwister-Scholl-Straße.

2. die das äußere Erscheinungsbild des Ensembles tragende, umfänglich erhaltene historische Bausubstanz , insbesondere die folgenden Wohnhäuser, öffentlichen Gebäude und anderen baulichen Anlagen der verschiedenen Bauzeiten in ihrer variantenreichen Ausprägung der Baukörper, charakterisiert durch Höhe, Anordnung, Proportion und Material der baulichen Anlagen sowie Maßstäblichkeit der Bebauung im Verhältnis von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden und die überlieferten Baufluchtlinien und Anordnungen der Gebäude, die geprägt werden durch:

- die geschlossene Reihe der zwei- bis dreigeschossigen, traufständigen, meist mit Satteldach versehenen Wohn- und Geschäftshäuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert an der Nordseite der Breite Straße, - die durch Baumgasse und Sternstraße in ihrer historischen Anlage durchbrochene aus vier dreigeschossigen Wohn- und Geschäftshäusern aus der Zeit um 1900 bzw. den Häuserblock aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, der zumindest den Standort der ehemaligen Bebauung markiert, bestehende geschlossene Gebäudereihe an der Südseite der Breiten Straße, - das Heilig-Geist-Hospital, dessen Vorgängerbau schon im 14. Jahrhundert auf derselben Stelle stand und den Ausgangspunkt der Besiedlung der Neustadt bildete, - die Hofgebäude (Nebengebäude) der Wohn- und Geschäftshäuser, die zumeist als Massivbauten ausgebildet sind, - das Gebäude Breite Straße Nr. 26, welches mit seinem Krüppelwalmdach das Ende der nördlichen Straßenrandbebauung markiert.

3. die erhaltene ursprüngliche Gestaltung der nach außen sichtbaren Bauteile mit folgenden Schwerpunkten:

- Gliederung, Farbgebung und Material der Gebäudefassaden, - Anordnung, Gliederung, Farbgebung und Material der Fenster, Türen, Tore, Balkone, Loggien, Erker, Risalite etc., - Ausformung, Material und Farbgebung der vielgestaltigen Dekordetails der erhaltenen Gebäudefassaden, - Form, Neigung, Firstrichtung, Material und Öffnungen der vielgestaltigen Dächer sowie Ausformung der unterschiedlichsten Dachaufbauten.

4. die in jüngster Zeit in Anklang an das historische Vorbild erneuerte Gestaltung, Befestigung und Begrünung des Straßenraumes, der Wege und Freiflächen bzw. der im Südwesten liegenden Freifläche (ehemaliges Gelände der Hospitalkirche) mit folgenden Schwerpunkten:

- die historische Straßenführung der Breiten Straße mit ihrer Teilung in Fahr- und Gehwege, 14

- die Proportionen zwischen Straßen- und Gehwegbreite, - die erneuerte differenzierte Natursteinpflasterung auf Straßen und Gehwegen, - den sich an der historischen Anordnung orientierenden, eine Allee ausbildenden erneuerten Baumbestand, der beiderseits auf den Gehsteigen die Fahrbahn säumt, - der Altbaumbestand im Bereich der im Südwesten liegenden Freifläche (ehemaliges Gelände der Hospitalkirche), - die Hofbereiche mit der erhaltenen Bebauung mit Hofgebäuden und der ursprünglichen Anlage der daran anschließenden Hausgärten.

Der Schutz zugehöriger Einzeldenkmale bleibt von dieser Ergänzung zur Eintragung unberührt.

3. Wesentliche Gründe der Eintragung (§ 3 Abs. 3 Ziff. 3):

Das oben bezeichnete Denkmal mit Gebietscharakter stellt eine für die Region nach Struktur, Erscheinungsbild, Umfang und in der überkommenen Substanz besondere bauliche Gesamtanlage mit großer Ensemblewirkung dar, der orts- sowie regionalgeschichtliche, städtebauliche und baugeschichtliche Bedeutung zukommt. Mit dem Ensemble Breite Straße besitzt Lübben ein Denkmal städtischer Siedlungsarchitektur im Land Brandenburg, an dessen Erhaltung öffentliches Interesse besteht.

Lübben liegt in der Niederlausitz und ist die Kreisstadt des Landkreises Dahme-Spreewald. Durch die Stadt Lübben wird die Grenze zwischen oberem und unterem Spreewald markiert. Als historischer Verkehrsknotenpunkt führen von Lübben seit jeher die Wege Richtung Nordosten nach Frankfurt (Oder), Richtung Osten nach Guben, Richtung Südosten nach Lübbenau bzw. Cottbus und Richtung Südwesten nach Luckau. Über Lübben wird Luckau durch die B 87, die von Südwesten nach Nordosten führt, mit Frankfurt (Oder) verbunden. Aufgrund der strategisch günstigen Lage an einem Flussübergang und zwischen mehreren Flussarmen war Lübben stets ein zentraler Umschlagsort auf dem Handelsweg nach Osten. In der Chronik des Bischofs Ditmar von Merseburg von 1007 wird Lübben erstmals als "magna civitas" erwähnt. Bis heute sind die Ursprünge des Ortes in dem slawischen Rundwall bei Steinkirchen, dem einstigen Burglehn erhalten geblieben. Die Ortslage Lübben entwickelte sich aus dem Standort einer landesherrlichen Burg, die etwas nördlich auf dem Areal der Spreeinsel angelegt wurde. Um 1150 wird der Ort in den Quellen als "urbs lubin" bezeichnet und um 1210/1220 erhielt Lübben Stadtrecht. 1494 wurde die Stadt erstmals durch einen Großbrand bis auf wenige Gebäude zerstört. Erst im Laufe der folgenden 30 Jahre konnte der einstige Zustand der Stadt wieder hergestellt werden. Im 16. Jahrhundert hemmten wiederum mehrfach Feuerschäden aber auch Überschwemmungen die Entwicklung von Lübben. In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges sank die Zahl der Lübbener Bevölkerung sehr stark und der bescheidene Wohlstand der Stadt wurde erneut vernichtet. Zudem wurde durch Brandschatzung und Plünderung wiederum viel Bausubstanz zerstört und jahrzehntelang existierten in der Stadt zahlreiche wüst liegende Wohnstellen.

Von der einstigen stadtcharakteristischen Architektur ist in Lübben nicht nur durch die Stadtbrände nicht viel erhalten geblieben. Im April 1945 wurde die Stadt zu siebzig Prozent zerstört und so wird das Ortsbild bis heute durch zahlreiche Bauten aus der Wiederaufbauphase der 50er und 90er Jahre geprägt. Die Breite Straße gehört zu den wenigen Straßen bzw. Straßenabschnitten in der Stadt an denen noch die historische Struktur ablesbar ist und sich noch verhältnismäßig umfänglich die historische Bebauung erhalten hat.

Der annähernd rechteckige Grundriss der planmäßig angelegten Ackerbürgerstadt von Lübben hat seinen Ursprung im 14. Jahrhundert. Lübben zählt somit zu dem Typ der ostdeutschen Kolonialstädte. Aufgrund der Lage auf der Spreeinsel war Lübben neben der im 14. Jahrhundert errichteten Stadtmauer stets durch die natürlichen Spreearme sowie 15 künstliche Kanäle geschützt. Die Altstadt charakterisiert bis heute ein Zweistraßensystem mit zentral angelegtem Markt-, Rathaus- und Kirchplatz. In der Ost-West-Achse verlaufen parallel zueinander zwei Straßen, die ursprünglich an die äußeren Grenzen auf zwei Stadttore stießen, das "Lukkauische Thor" im Westen und das "Spreethor" im Osten. Das Luckauer Tor wurde 1437 errichtet und stand zum Teil an und auf der sogenannten alten Brücke, der heutigen Brückenstraße. Es markierte die westliche Grenze zwischen Altstadt und westlicher Vorstadt, der Luckauer Vorstadt, dem Gebiet, in welchem die Breite Straße (ursprünglich Hospitalstraße) liegt. Das zweite Tor bildete als axialer Gegenpol im Osten der Stadt die Grenze zur östlichen Vorstadt. Diese so genannte Spreevorstadt und spätere Gubener Vorstadt wird im 14. Jahrhundert erstmals erwähnt und hatte sich wie die Luckauer Vorstadt im Anschluss an die Verleihung des Stadtrechts langsam entwickelt. Das Gebiet der Vorstädte war bis weit in das 17. Jahrhundert ländlich geprägt, hier siedelte überwiegend die sorbische (wendische) Bevölkerung, die hauptsächlich von Ackerbau, Viehzucht, Weberei, Bienenzucht und Fischerei lebte.

Das Gebiet vor dem Luckauer Tor hat bis zum Ende des 14. Jahrhunderts zu den Besitzungen der Burg gehört. Später entstanden in dem Viertel Lehngüter. In Folge dessen dienten die Grundstücke vor dem Luckauer Tor nicht mehr allein Verteidigungszwecken. Die einzelnen Wohnhäuser wurden in dieser Zeit als "uswendig der Stadt vor dem Luckischen Thore gelegen" bezeichnet. Im 15. Jahrhundert wird die "Luckauische Vorstadt" dann erstmals als eigenständige Vorstadt erwähnt. Während der Hussitenkriege mussten um 1431 sämtliche Lübbener Vorstädte, so auch die Luckauer Vorstadt Plünderungen und Zerstörungen über sich ergehen lassen. Nachdem 1657 die Niederlausitz auf Herzog Christian I. von Sachsen-Merseburg übergegangen war, wurde auf dessen Initiative die sogenannte Lübbener Neustadt mit dem Ziel begründet, in Lübben auswärtige Handwerker ansässig zu machen, damit die Bevölkerungszahl der Stadt zu erhöhen und die Handelskraft Lübbens wieder zu stärken. In der Neustadt wurden die Luckauer Vorstadt und die angrenzenden, vor der Stadt gelegenen Siedlungen zusammengefasst und unter dem gemeinsamen Namen der Neustadt in die Stadt Lübben eingemeindet. In einem Rescripte vom 19. November 1686 heißt es, "daß die Einwohner der Neuen-Stadt dieselben Privilegien und Freiheiten genießen sollten, wie die der alten, als wenn es ein corpus wäre." Nach und nach siedelten sich Handwerker unterschiedlichster Dienste in der Neustadt an, so dass sie, wie geplant, den gesamten städtischen Bedarf abdecken konnten. Nachdem die Straßen der Neustadt angelegt waren, errichtete man die neue Brücke zur Sternstraße im Süden, um einen zweiten Zugang zur Neustadt zu erhalten. Seither wurde die Luckauer Thorbrücke als Alte Brücke bezeichnet. Es sind die Ursprünge der heutigen Brückenstraße. Erst im Jahre 1809 erfolgte nach französischem Vorbild die Durchnummerierung der Häuser der eingemeindeten Vorstädte. Die heutigen Hausnummern innerhalb der einzelnen Straßen wurden 1903 vergeben.

Die ehemalige Hospitalstraße (heute Breite Straße) existierte bereits lange vor Begründung der Neustadt und bildete den Ursprung der Luckauer Vorstadt. 1846 heißt es: vom Luckauer Tor "führte ein Damm nach Abend hin zu dem Hospitale, welches schon im 14. Jahrhundert auf derselben Stelle stand wie gegenwärtig, und weiter auf die Straße nach Luckau". Nach und nach entstanden in der Folgezeit "auf beiden Seiten nach dem Hospitale zu" Wohnhäuser. Diese Ursprünge der heutigen Breiten Straße säumten den Weg zu dem damals vor den Toren der Stadt gelegenem Hospital. Die historische Struktur der ehemaligen Hospitalstraße wird bis heute durch den wohl einst sehr breit ausgebildeten Damm, auf dem sie angelegt wurde, und die beidseitig des Straßenverlaufs bebauten schmalen Parzellen geprägt. Insbesondere die Nordseite der Straße mit den Wohn- und Geschäftshäusern, rückwärtigen Wirtschaftsgebäuden und dahinter liegenden Gärten ist besonders eindrucksvoll erhalten und dokumentiert bis heute anschaulich die historische Anlage dieses angerartigen Straßenzuges. Auch der südwestliche Abschnitt zeigt noch die kleinteilige Parzellenstruktur. Lediglich im südöstlichen Abschnitt der Südseite der Breiten Straße entstand in Folge der Zerstörungen in der Nachkriegzeit ein zeittypischer Wohnblock, der zumindest noch die Bauflucht der historischen Bebauung aufzeigt. Die gerade 16 verlaufende Fassadenflucht an der Südseite der Breite Straße wird bis heute von zwei Querwegen durchbrochen. Wie in ihrer historischen Anlage vorgesehen treffen hier Baumgasse und Sternstraße auf die Breite Straße. Von diesen einstigen Straßenbezügen zeugen historische Stadtpläne, die in der Zeit entstanden, als die Neustadt angelegt wurde.

Zentraler Blickpunkt der Breite Straße, der einstigen Hospitalstraße Richtung Westen, war die Hospitalkirche. Mit der Gründung der Neustadt wurde in den Jahren 1702 bis 1706 die Kirche aufgrund von Baufälligkeit neu errichtet und diente nun auch als Pfarrkirche für die Bevölkerung der Neustadt. Diese Fachwerkkirche mit eingezogenem Westturm dominierte mit ihrem apsidialen Ostabschluss den Blick von Luckauer Tor Richtung Westen in den Hain. 1945 ebenfalls stark zerstört, wurde sie 1948 abgetragen. Noch heute lässt sich der axiale Bezug von diesem an prägnanter Stelle errichteten Kirchengebäude und dem ehemaligen Standort des Luckauer Tores anhand der Lübbener Postmeilensäule nachvollziehen, die den westlichen Abschluss der Straße bildet. Die so genannte Distanzsäule in Form eines Obelisken gehört zu der Gruppe der Kursächsischen Postmeilensäulen, die Kurfürst Friedrich August von Sachsen nach 1695 im seinem Kurfürstentum aufstellen ließ. Auf diesen Säulen wurde in Form von Stundenangaben amtlich vermerkt, welche Reisedauer eingeplant werden musste, um zu bestimmten Orten zu gelangen. Heute ist uns diese Postmeilensäule als ein Zeuge der überlieferten dreihundertjährigen Post-Geschichte der Stadt Lübben erhalten geblieben.

Als ein historisch gewachsenes Zentrum vor den einstigen Toren der Stadt ist mit der Breiten Straße ein für Lübben stadthistorisch wichtiges sowie städtebaulich prägnantes Ensemble erhalten geblieben, dessen Geschichte mit dem Heilig-Geist-Hospital bis in das 14. Jahrhundert zurückreicht. Der Straßenzug zeugt mit seiner städtebaulichen Anlage und Bebauungsstruktur bis heute eindrucksvoll von der um 1700 unter Herzog Christian I. von Sachsen-Merseburg angelegten Lübbener Neustadt. Bei den heute vorwiegend aus dem 18. bzw. 19. Jahrhundert stammenden Gebäuden handelt es sich bereits um Nachfolgebauten der hier wohl ursprünglich stehenden vorstädtischen Fachwerkbauten, bei denen es sich zeit- und regionaltypisch wohl um einfache eingeschossige Gebäude gehandelt haben wird. Insbesondere auf den Grundstücken der nördlichen Straßenseite dokumentieren die straßenseitigen, traufständigen Gebäude ebenso wie die erhaltenen Wirtschafts- und Hofgebäude nebst der Garten- und Nutzflächen den einstigen Aufbau der Lübbener Neustadt. Ähnlich findet sich noch heute die historische Parzellierung bei Nr. 1 - 4 auf der südlichen Straßenseite. Auf dieser Höhe, am westlichen Ende der Breiten Straße verweist bis heute die nach Süden gekrümmte Straßenführung auf die auf das Heilig-Geist-Hospital und die Hospitalkirche erfolgte Ausrichtung der Straße. Der Blickbezug zwischen dem westlichen Stadttor und dem Hospitalareal wurde mit der Anlage der Breiten Straße realisiert und ist bis heute anhand deren Verlaufs nachvollziehbar.

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Lübben, Gründerzeitliches Stadterweiterungsgebiet

Ergänzung zur Eintragung in die Denkmalliste gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 BbgDSchG in Verbindung mit § 3 Abs. 3 BbgDSchG

Anmerkung uDB: ohne Maßstab

Präambel der Nachbegründung (Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum, 21.12.2006)

Bei dem mit der Bezeichnung „Gründerzeitliches Stadterweiterungsgebiet mit Vorgarten- zäunen und Linden - Logenstraße, Paul-Gerhard-Straße und Jägerstraße“ in der Denkmal- liste des Landes Brandenburg eingetragenen Denkmal handelt es sich um ein Denkmal mit Gebietscharakter nach dem Gesetz zur Erhaltung der Denkmale in der Deutschen Demo- kratischen Republik (Denkmalpflegegesetz) 7, das gemäß § 34 des Brandenburgischen Denkmalschutzgesetzes vom 22. Juli 1991 8 in das Denkmalverzeichnis des Kreises Lübben bzw. Dahme - Spreewald übernommen wurde und gemäß § 28 Abs. 2 Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz 9 als nach § 3 in die Denkmalliste des Landes Brandenburg eingetra- gen gilt.

Ergänzende Angaben über das Denkmal gemäß § 3 Abs. 3 BbgDSchG

1. Bezeichnung des Denkmals und Angaben zum Ort (§ 3 Abs. 3 Ziff. 1):

7 Gesetz zur Erhaltung der Denkmale in der Deutschen Demokratischen Republik (Denkmalpflegegesetz) vom 19. Juni 1975 (GBl. I Nr. 26, S. 458), geändert durch Gesetz vom 3. Juli 1980 (GBl. I Nr. 20 S. 191)

8 Gesetz über den Schutz und die Pflege der Denkmale und Bodendenkmale im Land Brandenburg (Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz – BbgDSchG) vom 22. Juli 1991 (GVBl. S. 311)

9 Gesetz über den Schutz und die Pflege der Denkmale im Land Brandenburg (Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz – BbgDSchG) vom 24. Mai 2004 (GVBl. I S. 216) 18

Mit dieser Ergänzung der Eintragung in die Denkmalliste wird die Bezeichnung des Denk- mals mit Gebietscharakter präzisiert.

Sie lautet nun:

Gründerzeitliches Stadterweiterungsgebiet Logenstraße 1-10 und 14-33, Paul-Ger - hardt-Straße 1-13 und Jägerstraße 1-10 15907 Lübben

Der Listeneintrag in der veröffentlichten Denkmalliste (Amtsblatt für Brandenburg Nr. 7 vom 21.02.2007, S. 351) lautet:

Ort Gemeinde Adresse Bezeichnung Lübben Lübben Logenstraße 1-10, 14-33, Gründerzeitliches (Spreewald) (Spreewald) Jägerstraße 1-10, Paul- Stadterweiterungsgebiet Gerhardt-Straße Logenstraße, Straße 1-13 Jägerstraße, Paul- Gerhardt-Straße

2. Beschreibung des Denkmals und Benennung des Schutzumfangs (§ 3 Abs. 3 Ziff. 2): a ) Räumliche Abgrenzung

Der räumliche Geltungsbereich des oben bezeichneten Denkmals mit Gebietscharakter umfasst das Stadterweiterungsgebiet um die Logenstraße, mit den folgenden Straßen und den angrenzenden Grundstücken: - Logenstraße 1-10 und 14-33 - Paul-Gerhardt-Straße 1-13 - Jägerstraße 1-10

Die genauen Grenzen sind dem Übersichtsplan zu entnehmen, der Bestandteil dieser Ergänzung zur Eintragung ist.

Folgende Flurstücke der Flur 13 der Gemarkung Lübben sind demnach betroffen: 27/6, 31/2, 31/3 (teilw.), 32/6, 34/1, 47, 50, 51, 55, 57, 58, 61, 76/5 (teilw.), 78/1, 78/4 (teilw.), 79, 80, 81, 82, 84/1, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 93/1, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100/1, 100/2, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107/1, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 116, 117/2, 119/1, 119/2, 120, 122, 123, 301 (teilw.), 312, 314, 315, 318 (teilw.), 321, 322, 323, 329, 330. b ) Sachlicher Schutzumfang

Er umfasst:

1. den durch die Bebauung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts festgelegten und fast unverändert erhaltenen historischen Grundriss und die Struktur des genannten Stadtgebie- tes, geprägt durch: die breite Logenstraße und die beiden nach Nordwesten in Richtung Hain abzweigenden Querstraßen, - die Parzellenstruktur aus unterschiedlich breiten Grundstücken beiderseits der Straßen, - die überkommenen Baufluchtlinien, - die Bebauungsstruktur der Grundstücke charakterisiert durch die Maßstäblichkeit, Lage und Ausrichtung der historischen Wohnbebauung, insbesondere durch die zumeist in geschlossener Bauweise errichteten, den Straßenraum begrenzenden Wohnhäuser mit den im Wesentlichen noch erhaltenen, eingefriedeten Vorgärten sowie den Hofbereichen 19

einschließlich der hier nur noch wenigen erhaltenen historischen Nebengebäude und den Gartenräumen der villenartigen, freistehenden Einfamilienwohnhäuser, - die Maßstäblichkeit, Lage und Anordnung der städtebaulich dominierenden öffentlichen Gebäude, wie dem Lazarett Logenstraße 2, dem Kindergarten Logenstraße 4 sowie dem Finanzamt Logenstraße 17, - die Maßstäblichkeit, Lage und Anordnung der ehemaligen Trikotagenfabrik „Sprick“ am Rand der Wohnhausbereiche.

2. die das äußere Erscheinungsbild des Ensembles tragende, umfänglich erhaltene histori- sche Bausubstanz , insbesondere die folgenden Wohnhäuser, öffentlichen Gebäude und anderen baulichen Anlagen der verschiedenen Bauzeiten in ihrer variantenreichen Aus- prägung der Baukörper und mit ihren qualitätvollen Architekturdetails: - das als Ausgangspunkt der Bebauung 1830 gebaute Lazarett für die seit 1824 wieder in Lübben stationierte 3. Jägerabteilung, - das um 1860/70 errichtete villenartige Wohnhaus Logenstraße 3, - das ab 1875 erbaute und mehrfach erweiterte Gebäude der Weberei und Wollspinnerei (später Trikotagenfabrik) der Firma Leonard Sprick Co. mit Sitz in Berlin (Logenstraße 1), - die in der Hauptbebauungsphase zwischen 1889 und 1914 überwiegend als mehrge- schossige Mietwohnhäuser und zum Teil auch als villenartige Einfamilienhäuser errichte- ten Bauten, die sich in ihren verschiedenen Formtypen und Stilausprägungen erhalten haben, - die zeitnah mit den Wohngebäuden entstandenen Nebengebäude, - der in der Zwischenkriegszeit als Neunfamilienhaus an der Ecke Logenstraße/Paul-Ger- hardt-Straße in sachlich moderner Architektur errichtete Wohnblock, - den in den 1950er Jahren in Formen errichteten Kindergarten Logenstraße 4.

3. die erhaltene ursprüngliche Gestaltung der nach außen sichtbaren Bauteile mit folgenden Schwerpunkten: - Gliederung, Farbgebung und Material der Gebäudefassaden, - Anordnung, Gliederung, Farbgebung und Material der Fenster, Türen, Tore, Balkone, Loggien, Erker, Risalite etc., - Ausformung, Material und Farbgebung der vielgestaltigen Dekordetails der erhaltenen Gebäudefassaden, - Form, Neigung, Firstrichtung, Material und Öffnungen der vielgestaltigen Dächer sowie Ausformung der unterschiedlichsten Dachaufbauten.

4. die aus der Zeit um 1875 bzw. 1926 überkommene Gestaltung, Befestigung und Begrü- nung der Straßenräume sowie der Vorgärten mit folgenden Schwerpunkten: - die Proportionen zwischen Straßen- und Gehwegbreite, - die in Etappen erfolgte bzw. erneuerte differenzierte Natursteinpflasterung auf Straßen und Gehwegen u. a. mit Groß-, Klein- und Mosaikpflaster, - die Baumpflanzungen auf den Gehsteigen, - die Vorgärten mit Einfriedungen, in der Regel mit schmiedeeisernen Zäunen, - die Hofbereiche mit der nur noch spärlich erhaltenen Bebauung mit Hofgebäuden (in der Regel kleinere Wirtschaftsgebäude) und der ursprünglichen Anlage von Hausgärten.

Der Schutz zugehöriger Einzeldenkmale bleibt von dieser Ergänzung zur Eintragung unbe- rührt.

Nach 1945 neu aufgeführte Gebäude gehören nicht zum Schutzumfang des Denkmals mit Gebietscharakter.

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3. Wesentliche Gründe der Eintragung (§ 3 Abs. 3 Ziff. 3):

Das bezeichnete Denkmal mit Gebietscharakter stellt ein für die Region nach Struktur, Anlage, Erscheinungsbild, Umfang und in der Vollständigkeit ihrer überkommenen Substanz besondere städtebauliche Situation aus der Zeit um 1900 dar, der orts- sowie regional- geschichtliche, städtebauliche und baugeschichtliche sowie baukünstlerische Bedeutung zukommt. Der Gesamtbereich stellt ein Denkmal städtischer Siedlungsarchitektur im Land Brandenburg dar, an dessen Schutz öffentliches Interesse besteht.

Lübben liegt in der Spreewaldniederung zwischen mehreren Flußarmen im Zuge der Straße Leipzig – Frankfurt (Oder). Bereits im 12. Jahrhundert ist eine deutsche Burg am Südrand einer Spreeinsel nachgewiesen, auf der sich auch der um 1150 als „urbs Lubin“ erwähnte Ort befand. Um 1220 wird Lübben das Magdeburger Stadtrecht verliehen. 1623/35 ging die Stadt mit der Niederlausitz an Kursachsen. Nach der Verwaltungsreform von 1666 wurde Lübben Sitz des Oberamts und der Stände. 1691 erfolgte die Gründung der Neustadt im Westen; später entstanden im Osten die Spreevorstadt sowie die Gubener und Beeskower Vorstadt. Nach den Befreiungskriegen - die Stadt kam 1815 zu Preußen, wurde kurz darauf Kreisstadt und ist seitdem Sitz der Kreisverwaltung - trat Lübben in eine Zeit stetigen Fort- schritts. Vor allem mit der Verlegung weiterer Behörden und Verwaltungen nach Lübben und mit dem Ausbau des Militärstandortes im letzten Drittel des 19. und im frühen 20. Jahr- hundert entwickelte sich die Stadt zum wirtschaftlichen, militärischen und Verwaltungs- zentrum der Region. Der Anteil der städtischen Bevölkerung wuchs rapide von 3325 im Jahr 1817 auf 5760 im Jahr 1880 an. Um 1925 hatte Lübben dann 7607 Einwohner. Hand in Hand mit der wirtschaftlichen, verkehrstechnischen und militärischen Entwicklung setzte um 1880 eine Verstärkung der Bautätigkeit ein, die bis in die 1920/30er Jahre andauerte. Diese Entwicklung machte Stadterweiterungen unumgänglich. Die Hainvorstadt - das Gebiet west- lich und südwestlich des Hains – wurde auf Grund der günstigen Bedingungen, die durch die Nähe zu den Bahnhöfen (Staatsbahnhof, Südbahnhof, Ostbahnhof und der Bahnhof der Lübben - Cottbuser Kreisbahn) und den Verwaltungseinrichtungen der Bahn (wie dem Ver- waltungsgebäude der Lübben - Cottbuser Kreisbahn), zur Jägerkaserne, zum Kreiskran- kenhaus, zur Brandenburgischen Landesanstalt als auch zum Gaswerk gegeben waren, zum Schwerpunkt der Erweiterung des Stadtgebietes. Sie entwickelte sich auch aus der Notwendigkeit heraus, insbesondere für die Militärangehörigen und die Bahnangestellten Wohnmöglichkeiten zu schaffen, zum bevorzugten Bauland.

Die Bebauung des Gebietes des Denkmals mit Gebietscharakter erfolgte eher sporadisch vor allem in den Jahren von 1890 bis 1914. Bereits vor der Anlage dieses Stadterweite- rungsareals existierte die Luckauer Straße, die zunächst die wichtigste Verbindung zwischen der Altstadt und dem Bahnhof bildete. Ab 1877 wurde dann der Treppendorfer Weg nach und nach ausgebaut und wenig später in Logenstraße unbenannt (die Loge hatte im Haus Nr. 514 ihren Sitz). 1902 wird auf der nördlichen Seite der Logenstraße der Bürgersteig mit einer Breite von 1,50 Meter gebaut und erhält einen Mittelstreifen aus Mosaikpflaster, die Seitenränder bleiben unbefestigt und zur Straße werden Linden gepflanzt. 1901 wurden dann die Paul-Gerhardt-Straße und die Jägerstraße angelegt, die 1902 ihren Namen erhielten. (In diesem Jahr wurde in Lübben auch erst die Nummerierung der Häuser nach Straßen eingeführt). Es wurden größtenteils mehrgeschossige, zum Teil repräsentative Mietwohnhäuser, aber auch einige villenartige Bauten errichtet. Das 9-Familienhaus Paul- Gerhardt-Straße 1 aus dem Jahr 1927 bildete den Abschluss der Wohnbebauung des Denkmals mit Gebietscharakter. Einzige Ausnahme ist der Kindergarten aus den 1950er Jahren. Im April 1945 wurde bei den Kampfhandlungen die Innenstadt zu 85 Prozent zer- stört. Auch das Gebiet um die Logenstraße blieb nicht verschont. So wurde die Eckbebau- ung zur Cottbuser Straße zerstört und der ebenfalls ursprünglich sehr markante Eckbau Paul-Gerhardt-Straße 13 sowie das „Pensionat Spreewald Schloß“ (Logenstraße 28) brannten aus. Die letztgenannten wurden vereinfacht wiederaufgebaut. Das Gebiet um die Logenstraße, Paul-Gerhardt-Straße und Jägerstraße ist mit seiner bemerkenswert vollständig erhaltenen Substanz bis heute als Gesamtanlage aus der Zeit um 21

1900 erlebbar geblieben. Anschaulich dokumentiert sich im Grundriss und im Erschei- nungsbild des Ensembles eine der wichtigsten Etappen der Stadtgeschichte. Ihm kommt aus den genannten Gründen damit stadt- und siedlungsgeschichtliche Bedeutung zu. Diese einheitliche und innerhalb eines kurzen Zeitraumes für die vor allem der bürgerlichen Schicht (Angestellte, Offiziere, Ingenieure, Bahnpersonal) angehörenden Einwohnern Lübbens entstandene Bebauung gehört zu den wenigen noch weitgehend geschlossenen Beispielen dieser Art in der Region.

Von baukünstlerischer sowie baugeschichtlicher Bedeutung sind die Bauformen und die erhaltenen Fassadengestaltungen der Gebäude. Fast alle zeitgenössischen Stilrichtungen sind vertreten. Es finden sich Bauten, die den Spätklassizismus, den Historismus in seinen zahlreichen Varianten, den Jugendstil und den so genannten Heimatstil sowie die unterschiedlichsten, eigenwilligen Mischformen der genannten Architekturrichtungen reprä- sentieren. Hinzu kommen reform-orientierte Bauten der Zeit um 1910. Sowohl die gut erhaltenen Wohnhäuser als auch die öffentlichen Gebäude stellen zumeist sehr qualitätvolle, repräsentative Beispiele eher großstädtischen Bauens ihrer Zeit dar. Es wird besonders die Entwicklung des Mietshaus- bzw. Villenbaus nachvollziehbar, die zum Ende des 19. Jahrhunderts durch immer aufwendigere Baukörper und Fassaden sowie durch wachsende Detail- und Formenvielfalt charakterisiert war. Alle Bauten spiegeln den beachtlichen baukünstlerischen Anspruch ihres Bauherrn. Sie zeugen überdies vom souveränen, phanta- sievollen Umgang der Architekten mit dem Formenapparat verschiedener Stilepochen. Bei aller stilistischen Bandbreite der Bebauung des Bereiches ist an einigen Häusern die sorg- same kunsthandwerkliche Durcharbeitung der Details, insbesondere der Fenster, Türen und des Bauschmucks, noch ablesbar. Auch auf die Verbesserung der innerstädtischen Situation durch weitestgehende Bepflan- zung der Straßen mit Bäumen und durch die Anlage von Vorgärten wurde besonderer Wert gelegt. Die anspruchsvolle Gestaltung der Vorgärten u. a. mit kunstvollen schmiedeeisernen Einfriedungen entsprach auch dem Drang der Wilhelminischen Zeit nach selbstbewusster Eigendarstellung. Der gelungene Zusammenklang städtebaulicher, architektonischer und gärtnerischer Gestaltung ist im Ensemble um die Logenstraße in großen Teilen eindrucksvoll überliefert und ablesbar. Die Bebauung des Bereichs ist in ihrer Originalität und in dem überkommenen Umfang ein besonders aussagekräftiges Zeugnis bürgerlicher Wohnhausarchitektur, das die wirtschaft- liche Stärke und das Selbstbewusstsein des Bürgertums um die Jahrhundertwende und das zunehmende Streben der Städter nach Selbstdarstellung belegt. Sie lässt somit Rück- schlüsse auf die zeitübliche Wohnkultur und Lebensweise insbesondere der gehobenen Bürgerschicht in der aufstrebenden Verwaltungsstadt Lübben zu. Der Bereich mit seinen überkommenen baulichen Anlagen hat aus diesen Gründen Bedeutung für die wissen- schaftliche Erforschung der Kultur- und Sozialgeschichte der Stadt und der Region .

Die städtebauliche Bedeutung des Ensembles beruht vor allem auf der Geschlossenheit der gewachsenen Anlage, auf der räumlichen Anordnung, Proportionierung und Stellung der Gebäude zueinander sowie auf der Straßenraum- und gärtnerischen Gestaltung. Die Geschosshöhen, die Trauflinien und die Dachformen fügen sich harmonisch aneinander. Innerhalb der Straßenräume erfolgt die Fassadenabwicklung durch die vielfältigen, auf- wendigen Architekturdetails abwechslungsreich. Insbesondere die besonders repräsentativ gestalteten öffentlichen Bauten, wie die Fabrik Sprick, das Hauptsteueramt (Logenstraße 17), das königliche Katasteramt (Logenstraße 32) und Verwaltungsgebäude der 14. Eisen- bahninspektion (Paul-Gerhardt-Straße 8) prägen das Gebiet in sehr spezifischer Weise. Insgesamt ist hier ein Gebiet mit ausgesprochener Ensemblewirkung und mit hoher Stadt- bildqualität entstanden . Zudem trägt die Breite der Straßen, die Anlage der Vorgärten und die Baumbepflanzung auf den Bürgersteigen zu der eindrucksvollen Raumwirkung, zur lebendigen Atmosphäre des im Wesentlichen in 15 Jahren gewachsenen Bereichs bei.

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Lieberose, Ensemble Markt

Ergänzung zur Eintragung in die Denkmalliste gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 BbgDSchG in Verbindung mit § 3 Abs. 3 BbgDSchG

Anmerkung uDB: ohne Maßstab

Präambel der Nachbegründung (Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum, 10.12.2008)

Bei dem Denkmal Ensemble Markt in Lieberose handelt es sich um ein Denkmal mit Gebietscharakter nach dem Gesetz zur Erhaltung der Denkmale in der Deutschen Demo- kratischen Republik (Denkmalpflegegesetz) 10 , das gemäß § 34 des Brandenburgischen Denkmalschutzgesetzes vom 22. Juli 1991 11 in das Denkmalverzeichnis des Landkreises Beeskow (ab 1993 Landkreis Dahme-Spreewald) übernommen wurde und gemäß § 28 Abs. 2 Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz 12 als nach § 3 in die Denkmalliste des Landes Brandenburg eingetragen gilt. In der Denkmalliste des Landes Brandenburg wird es nun unter Landkreis: Dahme-Spreewald Ort: Lieberose, Gemeinde: Lieberose, mit der Bezeich- nung

„Ensemble Markt mit Stadtpfarrkirche, Landkirche und Rathaus sowie mit anliegenden Grundstücken und deren historischer Bebauung“

(bisheriger Listeneintrag: Ensemble Markt) geführt.

Ergänzende Angaben über das Denkmal gemäß § 3 Abs. 3 BbgDSchG

10 Gesetz zur Erhaltung der Denkmale in der Deutschen Demokratischen Republik (Denkmalpflegegesetz) vom 19. Juni 1975 (GBl. I Nr. 26, S. 458), geändert durch Gesetz vom 3. Juli 1980 (GBl. I Nr. 20 S. 191)

11 Gesetz über den Schutz und die Pflege der Denkmale und Bodendenkmale im Land Brandenburg (Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz – BbgDSchG) vom 22. Juli 1991 (GVBl. S. 311)

12 Gesetz über den Schutz und die Pflege der Denkmale im Land Brandenburg (Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz – BbgDSchG) vom 24. Mai 2004 (GVBl. I S. 216) 23

1. Bezeichnung des Denkmals und Angaben zum Ort (§ 3 Abs. 3 Ziff. 1):

Ensemble Markt mit Stadtpfarrkirche, Landkirche und Rathaus sowie mit anliegenden Grundstücken und deren historischer Bebauung im Einzelnen:

Markt 1-37 Stadtpfarrkirche Landkirche mit Kantor-Schulhaus (Markt 1) Rathaus (Markt 4) 15868 Lieberose Landkreis Dahme-Spreewald

Der Listeneintrag in der veröffentlichten Denkmalliste (Amtsblatt für Brandenburg Nr. 5 vom 11.02.2009, S. 195) lautet:

Ort Gemeinde Adresse Bezeichnung Lieberose Lieberose Markt 1-37 Ensemble Markt mit Stadtpfarrkirche, Landkir- che und Rathaus sowie mit anliegenden Grund- stücken und deren historischer Bebauung

2. Beschreibung des Denkmals und Benennung des Schutzumfangs (§ 3 Abs. 3 Ziff. 2): a) Räumliche Abgrenzung

Das Denkmal besteht aus dem langgestreckten Markt mit den angrenzenden Parzellen ein- schließlich Rathaus und den beiden Kirchen. Es umfasst die auf der Gemarkung Lieberose Flur 10 belegenen Flurstücke: 33, 34/3, 34/4, 39, 40, 44, 45, 46, 47, 48, 53, 55/1, 55/2, 56, 57/14, 85, 102 (teilw.), 103, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 122, 130, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 168 (teilw.), 176 (teilw.), 177 (teilw.), 178 (teilw.), 182, 183, 184, 185 (teilw.).

Die genauen Grenzen sind dem Übersichtsplan zu entnehmen, der Bestandteil dieser Ergänzung zur Eintragung ist. b) Sachlicher Schutzumfang

Er umfasst insbesondere: den Grundriss und die Struktur des Marktquartiers, die seit der Gründung des Ortes kaum verändert worden sind und geprägt werden durch: - den sich von der westlich einmündenden Straße Am Gander zu einem langgezogenen Rechteck ausweitenden Marktplatz, der sich fast über die gesamte Breite des Ortes erstreckt und an seiner Ostseite von der Nord-Süd-Achse Cottbuser Straße/Mühlenstraße tangiert wird (T-förmiges Hauptstraßensystem) sowie - den angrenzenden, überwiegend handtuchartig schmalen langen Grundstücken mit geschlossenen Wohnhausreihen [Ausnahmen: Markt 19 (Pfarrhaus) und Markt 26] und den Bewirtschaftungs- und Gartenflächen dahinter, die im Norden, Westen und Osten (teilw.) von der alten Stadtgrenze (heute Hinterm Graben) eingefasst werden, - die überkommenen Baufluchtlinien und die östlich des Marktes als Verbindungs- und Sichtachse genau auf das Schloss ausgerichtete Schlossgasse; 24 die das historische Erscheinungsbild des Ortes kennzeichnende, umfänglich erhaltene historische Substanz, charakterisiert durch Höhe, Anordnung, Proportion und Material der baulichen Anlagen, die geprägt werden durch: - die traufständigen, überwiegend zwei- und wenigen dreigeschossigen Wohnhäuser mit ihrer Fachwerk- und Massivbauweise bzw. Mischbauweise (Massiv-/Fachwerkbau), ihren regelmäßig gegliederten Sichtfachwerk-, Putz- bzw. Klinkerfassaden und ihren ziegelgedeckten Sattel- bzw. Krüppelwalmdächern mit geschlossenen Dachflächen, - die historisch erhaltenen, kleinteilig gegliederten Holzfenster und Holztüren in den Hauseingängen und Durchfahrten, - die als Fachwerk- bzw. Massivbauten errichteten, historischen ein- und zweigeschossigen Wirtschaftsgebäude in den Höfen sowie die beiden Kirchen mit dem Kantor-Schulhaus und Rathaus in der Marktmitte; die Gestaltung, Befestigung und Bepflanzung der Straßen, Wege und Freiflächen des Ortes, die geprägt werden durch: - die verschiedenen Pflasterarten (Neuverlegung 2004) wie das Mosaikpflaster (im Bereich der Kirchen z. T. Bernburger Kalkstein), teilweise Lesesteinpflaster und Granitkleinpflaster der Gehwege, das Granitgroßpflaster der Straßen und der Marktfläche sowie die Naturstein-Hochborde, - die von der älteren Bepflanzung des Marktes (nördlich Neupflanzung von Rotdorn) stammende Linde am Grundstück westlich des Kantor-Schulhauses und die einst typische, nur noch vereinzelt erhaltene Begrünung der Hausfassaden (Weinrebe und Efeu, Markt 28) sowie die Garten- und Hofgestaltung der Flächen hinter den Wohnhäusern, z. T. mit charakteristischen Holzlattenzäunen.

Der Schutz zugehöriger Einzeldenkmale bleibt von dieser Ergänzung zur Eintragung unbe- rührt.

3. Wesentliche Gründe der Eintragung (§ 3 Abs. 3 Ziff. 3):

Der Ort entstand im Schutz einer wohl in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts angelegten landesherrlichen Wasserburg am Schnittpunkt der mittelalterlichen Handelswege von Frankfurt/Oder über Cottbus in die Oberlausitz und von Leipzig über Guben nach Posen. Zunächst als wendische Siedlung auf einem Talsandhügel in einem feuchten Wiesental am Ostrand eines meist bewaldeten Endmoränenbogens 18 km nördlich des Spreewaldes angelegt, wurde der Ort Luberase 1272 erstmals urkundlich erwähnt und erhielt noch vor 1288 Stadtrecht durch Markgraf Heinrich den Erlauchten (1302 Bestätigung der Rechte). Lieberose stand als Mediatstadt in starker Abhängigkeit von häufig wechselnden Stadt- herren; seit 1368 war die Stadt böhmisch und gehörte von 1638 bis 1850 zu Sachsen. Von 1519 bis 1945 regierten die Herren von der Schulenburg über Stadt und Herrschaft Liebe- rose. Mehrere Großbrände legten die Stadt bis auf wenige Häuser nieder, besonders 1634 und 1657. Im Zuge des Neuaufbaus der Stadt kam es bis 1695 zum Umbau des Renaissanceschlosses zu einem dreiflügeligen Schlossbau, der um 1750 zur dreige- schossigen Vierflügelanlage ausgebaut wurde (1945 der Nordflügel und Teile des West- flügels zerstört). 1859 wurden die Häuser der nördlichen Marktseite bei einem Brand stark zerstört.

Haupterwerbsquellen der Bewohner Lieberoses, von denen die meisten Ackerbürger und auch Handwerker waren, bildeten seit dem Mittelalter Ackerbau und Viehzucht sowie ein regionaler Markt. Noch im 16./17. Jahrhundert gehörte der größte Teil der Bürger zur sorbi- schen Bevölkerung.

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Neben den Handelswegen über Land diente seit der Gründungszeit das Mühlenfließ nördlich der Stadt als Wasserweg für die kleine Schifffahrt. Mit dem Bau der Chaussee von Lübben über Beeskow nach Frankfurt/Oder 1855 wurde der Verkehr von Lieberose abgelenkt. Auch durch die Einrichtung einer Bahnstation 1877 im fünf Kilometer entfernten Jamlitz (stillgelegt) war L. nur indirekt an die Eisenbahnlinie Cottbus-Frankfurt/Oder angebunden. Von 1897/98 bis 1964 bestand ein Anschluss an die Lübben-Cottbuser-„Spreewaldbahn“.

Der annähernd quadratische Grundriss mit dem regelmäßigen Straßenraster kennzeichnet Lieberose als eine im Zuge der Ostexpansion gegründete Stadt, deren Wegenetz bereits im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts umfassend ausgebaut war und im wesentlichen bis heute überkommen ist. Der Zugang in die Stadt erfolgte an der Einmündung der Handelstraßen ursprünglich über die drei Tore im Norden, Süden und Westen. Der Verlauf der ehemaligen mittelalterlichen Stadtgrenze lässt sich noch heute an den rückwärtigen Grund- stücksbereichen am umlaufenden Straßenzug Hinterm Graben ablesen. Prägnanter Mittel- punkt ist der im Verhältnis zur kleinen Stadt großzügig angelegte, langgestreckte Marktplatz mit den zwei Kirchen und dem Rathaus. Östlich des Marktes liegt außerhalb der Kernstadt das bis um 1800 durch einen Wassergraben getrennte und axial auf das Ortszentrum ausgerichtete Schloss.

Das älteste und bedeutendste Bauwerk der Stadt ist die den Marktplatz im Zentrum domi- nierende Stadtpfarrkirche (siehe Beurteilung vom 30.10.2008). Sie befindet sich unmittelbar westlich des Rathauses und wurde 1945 bis auf den Turm, die Umfassungsmauern und die südliche sowie östliche Arkadenreihe zerstört. Als ältester Bauteil gilt der Anfang des 15. Jahrhunderts im Untergeschoss aus Feldsteinen und in den Obergeschossen aus Backstein errichtete Westturm mit typischer Putzblendengliederung, abschließendem Zinnenkranz und gemauertem Spitzhelm. Gleichfalls typisch für das Niederlausitz-Gebiet ist der westliche Staffelblendengiebel der dreijochigen, in Backstein aufgeführten Stufenhalle des 15. Jahr- hunderts. Der Patronatsherr Graf Joachim II. von der Schulenburg († 1594) ließ bis 1593 die Ostteile der Kirche unter Leitung des italienischen Baumeisters Thadäus Paglion (Rathaus, Frankfurt/Oder) zu seinem Grab- und Memorialbau umbauen. Es entstand ein Hallen- umgangschor, dessen erhöhter Umgang als Gruft diente und der durch die Reduzierung auf vier Außenpolygonseiten und zwei Binnenpolygone mit einer Chormittelstütze eine späte, böhmisch beeinflusste Sonderform der brandenburgischen Hallenumgangschoranlagen darstellt, die schon Elemente des reformatorisch geprägten Kirchenraums vorwegnahm.

Der Lieberoser Marktplatz weist durch die Anlage einer zweiten, westlich der Stadtpfarrkirche gelegenen Kirche eine besondere städtebauliche Situation auf. Diese sogenannte wendische Landkirche wurde 1634 erstmals erwähnt. Anlass ihrer Entstehung als ehemals reine Predigtkirche war möglicherweise die Umgestaltung der Stadtkirche im 16. Jahrhundert. Der heutige neugotische Putzbau mit Dachreiter aus Holz stammt von 1826 (vermutlich zwei Vorgängerbauten) und beherbergt heute das aus der Stadtkirche stammende qualitätvolle Renaissanceepitaph des Grafen von der Schulenburg von 1597; seit 1859 war sie selbständige Pfarrkirche der ursprünglich wendischsprachigen ländlichen Kirchengemeinde. Die Landkirche wurde östlich an das ehemalige Kantoren- und Schulhaus angebaut. Der Schulstandort wurde hier 1635 erstmals bezeugt. Dieser älteste Schulbau Lieberoses ist ein über älteren Kellermauern wohl um 1800 errichteter, zweieinhalbgeschossiger, verputzter Fachwerkbau mit massivem Untergeschoss und Krüppelwalmdach und diente bis 1910 als Schule (1934 saniert).

Den östlichen Abschluss der zentral auf dem Markt gelegenen Baugruppe bildet das über rechteckigem Grundriss errichtete Rathaus. Es steht quer auf dem Platz als Pendant zum gegenüberliegenden Schloss, das mit dem Markt über die Sichtachse der Schlossgasse verbunden ist. Der schlichte zweigeschossige Putzbau mit Satteldach aus dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts erfuhr mehrere Umbauten (1970) und wurde 1993/94 nach histori- schem Vorbild umgebaut.

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Charakteristisch für das historische Erscheinungsbild des Marktplatzensembles sind ebenso die eng aneinandergereihten Wohnbauten des 18. und 19. Jahrhunderts, die z. T. über älte- ren Kellermauern errichtet wurden. Die traufständigen Wohnhäuser sind überwiegend zwei- geschossig, teilweise mit Drempelgeschoss und mit einfach verputzten Fassaden sowie geschlossenen Dachflächen versehen. Auffällig für ehemals sächsische Gebiete ist das Vorkommen der Bauweise mit massiv errichtetem Erdgeschoss und Oberschoss aus Fach- werk (z. B. Markt 19, 26). Von der überwiegend niedrigen Marktbebauung weichen die Ende des 19. Jahrhunderts erbauten Wohnhäuser Markt 8 und 12 als dreigeschossige Bauten mit Flachdächern und großen Ladenfenstern ab: sie zeichnen sich durch Putznutungen im Erd- geschoss und rote Klinkerfassaden aus, wobei sich der helle Fassadenschmuck wie die Fensterfaschen und –giebel sowie Friese und Lisenen kontrastreich vom roten Ziegelmate- rial absetzt. Darüber hinaus öffnet sich das mit abgeschrägter Ecke und darüber liegendem Erker aufwendig gestaltete Eckhaus Markt 8 in den Straßenraum und besitzt damit ebenso wie das gegenüberliegende Eckhaus Markt 36 eine wichtige städtebauliche Funktion.

Einen städtebaulich besonders sensiblen Bereich stellt das Eckgrundstück an der Schloss- gasse/ Markt 37/38 dar. Der exponierte Standort zwischen Markt und Schloss weist durch das hier fehlende, einst stattliche Wohnhaus eine empfindliche Lücke auf.

Bemerkenswert sind die aus dem frühen und späten 19. Jahrhundert erhaltenen Haustüren und einige der für Ackerbürgerhäuser typischen, meist doppelflügeligen Durchfahrtstore aus Holz (Markt 36 klassizistisch, Nr. 12, 13, 28, 29) sowie die Außentreppen mit geringer Stu- fenanzahl aus Naturstein.

Hinter den Wohnhäusern zeugen die wenigen noch erhaltenen, massiv oder in Fachwerk errichteten ein- und zweigeschossigen Wirtschaftsgebäude (z. T. verändert) sowie die teil- weise großzügigen und mit Holzlattenzäunen umfriedeten Gartengrundstücke mit Wiesen- flächen und Obstgehölzen insbesondere nördlich des Marktes und im Bereich des heutigen Pfarrhauses ebenso vom Charakter des einstigen Ackerbürgerstädtchens.

Lieberose hat sich als anschauliches Dokument einer regelmäßigen Gründungs- und Ackerbürgerstadt erhalten, die von einer starken Standesherrschaft geprägt und dadurch in ihrer weiteren Ausdehnung gehemmt wurde. Deutlichster Ausdruck dafür ist das klar um- grenzte Marktensemble im Ortskern mit den Ackerbürgerhäusern, der kleinteiligen Hof- bebauung und den Gartenflächen sowie die über die Schlossgasse vermittelte Ausrichtung der axial aufeinander bezogenen Hauptbauten auf das Schloss. Die Stadtpfarrkirche über- ragt dabei mit ihrem Westturm als Stadtdominante die niedrige Wohnbebauung. Sie ist trotz ihres ruinösen Zustandes das bauhistorisch bedeutendste Bauwerk des Ortszentrums und zugleich Mahnung an die Ereignisse im II. Weltkrieg. Als ehemals standesherrlicher Memo- rialbau bildet sie zusammen mit dem Rathaus und der Landkirche ein städtebaulich heraus- ragendes Ensemble, das für die geschichtliche und baugeschichtliche Entwicklung des Ortes von erheblichem Zeugniswert ist. Die Anlage zweier Kirchen auf einem Marktplatz ist eine Besonderheit in Brandenburg und Nordostdeutschland und ein bedeutender Beleg für das wendisch-sorbische Kapitel in der Geschichte der Niederlausitz.

Aus vorgenannten Gründen kommt dem Ensemble Markt in Lieberose orts-, siedlungs- und kulturgeschichtliche, baugeschichtliche und städtebauliche Bedeutung zu.

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Lieberose, Schlosspark Lieberose

Präzisierung einer Listenposition in der Denkmalliste gemäß § 3 Abs. 1 und 2 BbgDSchG mit einhergehender Zusammenführung mit einer weiteren Listenposition

Anmerkung uDB: ohne Maßstab 28

Das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologische Landesmuseum (BLDAM) hat gemäß § 3 Abs. 1 und 2 BbgDSchG die Bezeichnung der Listenposition „Schlosspark“ in der Denkmalliste des Landes Brandenburg am 08.02.2010 präzisiert ein- schließlich Ergänzung der fehlenden Adressenangabe und räumlichen Begrenzung. Demnach erfüllt das präzisierte Denkmal die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 BbgDSchG.

Mit der Präzisierung ging die Zusammenführung der bisherigen Listenpositionen "Schloss- park" und "Teepavillon im alten Schlosspark" (Adresse: Schlosspark 1) einher, da sich der Pavillon im Gelände des Schlossparks befindet.

Die neue Bezeichnung des Denkmals lautet:

Schlosspark Lieberose mit einbezogenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen ein- schließlich Neuem Garten und der von Süden auf das Schloss ausgerichteten Kasta- nienallee mit flankierenden Grünflächen sowie Kapelle und Grabstätten des Erb- begräbnisses, Dietrichstein, integriertem Schlossgärtnereigelände mit Gärtnerhaus (Schloßpark 1) einschließlich Gewächshausanbau und Gartenpavillon mit Einfriedung

Schloßpark (Straßenname des Hauptwegs im Park), Schloßpark 1, Kastanienallee 15868 Lieberose

Der präzisierte Listeneintrag in der veröffentlichten Denkmalliste (Amtsblatt für Brandenburg Nr. 8 vom 02.03.2011, S. 346) lautet:

Ort Gemeinde Adresse Bezeichnung Lieberose Lieberose Schloßpark, Schlosspark Lieberose mit einbezogenen land- Kastanien- und forstwirtschaftlichen Flächen einschließlich allee Neuem Garten und der von Süden auf das Schloss ausgerichteten Kastanienallee mit flan- kierenden Grünflächen sowie Kapelle und Grab- stätten des Erbbegräbnisses, Dietrichstein, inte- griertem Schlossgärtnereigelände mit Gärtner- haus (Schloßpark 1) einschließlich Gewächs- hausanbau und Gartenpavillon mit Einfriedung

Die räumliche Begrenzung des präzisierten Denkmals ist in der Karte vom 05.02.2010 des BLDAM dargestellt.

Folgende Flurstücke der Gemarkung Lieberose sind demnach betroffen:

Flur: 7 Flurstück: 212 (teilw.), 217 (teilw.), 222 (teilw.), 227 (teilw.)

Flur: 8 Flurstück: 68 (teilw.), 69 (teilw.), 70 (teilw.), 75/1 (teilw.), 75/2 (teilw.), 87 (teilw.), 88 (teilw.), 89 (teilw.), 100 (teilw.), 101 (teilw.), 102 (teilw.), 120 (teilw.), 210 (teilw.)

Flur: 9 Flurstück: 13, 14, 16, 17, 18, 19, 20, 21/2, 22/2, 23/2, 24, 25, 30, 31, 46/2 (teilw.), 47 (teilw.), 48 (teilw.), 49, 50 (teilw.), 51, 52, 53, 54, 55, 56, 58, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80 (teilw.), 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 116, 117, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 124, 125/2, 126/7 (teilw.), 127/2 (teilw.), 127/3 (teilw.), 128/1 (teilw.), 128/2 (teilw.), 130/1 (teilw.), 130/2 (teilw.), 131, 132, 133, 134, 135, 136, 29

138, 139, 140, 141, 142, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 149, 150, 151, 152, 153, 154, 155, 156, 157, 158, 159, 160, 161, 163, 164, 165, 166, 167, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 195, 196/2, 197/2, 198 (teilw.), 202 (teilw.), 203 (teilw.), 206, 207, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224, 225, 226, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245, 246, 247, 248, 250, 251, 252, 253, 254, 256, 257, 258, 259/2, 260 (teilw.), 263 (teilw.), 264, 265, 266, 267, 268 (teilw.), 269, 270, 271, 273, 274, 275, 276, 277, 278, 279, 280, 281, 282, 283, 284, 285, 286 (teilw.), 291 (teilw.), 292 (teilw.)

Flur: 11 Flurstück: 29 (teilw.)

Flur: 13 Flurstück: 328 (teilw.), 329 (teilw.)

Flur: 14 Flurstück: 503 (teilw.), 504 (teilw.), 505 (teilw.), 508 (teilw.), 509, 510, 511, 512, 513, 514/1, 514/2, 515, 516, 517, 518, 519, 520, 521, 522, 523, 524, 525 (teilw.), 526 (teilw.), 527 (teilw.), 529 (teilw.), 530 (teilw.), 532 (teilw.)

Die alten Listenpositionen "Schlosspark" und "Teepavillon im alten Schlosspark" gingen somit am 08.02.2010 in der neuen o. g. Listenposition auf.

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Schönefeld, Friedhof Schönefeld

Eintragung eines Denkmals in die Denkmalliste gemäß § 3 Abs. 1 und 2 BbgDSchG

Anmerkung uDB: ohne Maßstab

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Das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologische Landesmuseum (BLDAM) hat gemäß § 3 Abs. 1 und 2 BbgDSchG das nachfolgend bezeichnete Objekt am 12.11.2007 in die Denkmalliste des Landes Brandenburg eingetragen.

Bezeichnung Friedhof Schönefeld: drei Erbbegräbnisreihen, bestehend aus Grab- des Denkmals: wänden und Grabstelen

Lage Grundstück: Schönefeld, Kirchstraße des Denkmals: Gemarkung: Schönefeld, Flur: 3, Flurstück: 10

Die Beschreibung des Denkmals und die Gründe der Eintragung sind im nachfolgenden Auszug aus der Denkmal-Beurteilung des BLDAM dargelegt. Demnach erfüllt das o. g. Objekt als Denkmal die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 BbgDSchG.

Kartenausschnitt (ohne Maßstab) der drei denkmalgeschützten Erbbegräbnisreihen des Friedhofs Schönefeld, bestehend aus Grabwänden und Grabstelen:

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Beschreibung des Denkmals und Benennung des Schutzumfangs:

Der Schönefelder Friedhof befindet sich am südöstlichen Ende des Dorfes. Eine kurze Stichstraße führt von der Dorfstraße zu dem Friedhofsgelände.

Die oben bezeichneten drei Erbbegräbnisreihen bilden an der Nordseite, der Ostseite und der Südseite die Begrenzung des Friedhofs. Der schutzwürdige Teil der nördlichen Erbbegräbnisreihe beginnt mit der Grabstätte Nr. 10-15 (Familie Werner Wüst) und reicht bis zum Grab Nr. 45/46 am östlichen Ende der Reihe. Die entlang der östlichen Friedhofsseite gereihten Grabmale gehören vollständig zum Schutzumfang des Denkmals, d. h. von Grab Nr. 47-49 (Familie Albert Hoffmann) bis zum Grab Nr. 88/89 (Familie A. u. R. Dunkel). An der Südseite beginnt der schutzwürdige Teil bei der Grabstätte Nr. 90/91 (Familie August Dunkel) und endet beim Grab 124/125 (Familie Alfons Simon).

Ursprünglich diente der Kirchhof an der Kirche als Begräbnisstätte des Dorfes. Dieser Friedhof erwies sich nach Mitte des 19. Jahrhunderts als nicht mehr ausreichend für das damals prosperierende Dorf und so legte man im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts den neuen Friedhof an, der im Verlauf der nächsten Jahrzehnte sukzessive belegt wurde. An drei Seiten, die seit den 1930er Jahren vom Gelände der einstigen Henschel Flugzeugwerke eingefasst werden, entstand während dieser Zeit eine annähernd geschlossene Reihung von Erbbegräbnissen in Form von Wandgräbern und Stelen, die zumeist sehr repräsentativ gestaltet sind.

Die drei Erbbegräbnisreihen werden von über 30 Begräbnisstellen gebildet, deren Grab- wände bzw. Grabstelen in dichter Folge, überwiegend ohne Zwischenabstände, aneinander stoßen und dadurch eine Art Friedhofsmauer bilden. Davor befindet sich jeweils das Grab- feld, das in der Regel durch eine niedrige Einfassung bzw. seltener durch einen schmiede- eisernen Zaun begrenzt wird. Die Grabstellen variieren nicht nur in der Breite, sie weisen auch hinsichtlich Material und Gestaltung eine große Vielfalt auf.

So bestehen eine Anzahl von Grabwänden und ihre Hauptgliederungselemente aus röt- lichem bzw. gelblichem Ziegel- bzw. Klinkermauerwerk; hier fanden Schmuckelemente wie Pilaster, Lisenen, Gesimse, Friese, Eck- bzw. Giebelaufsätze (Akroterien, Vasen), Maßwerk oder reich dekorierte Kapitelle aus Formsteinen, die teilweise farblich glasiert sind, Anwen- dung. Daneben gibt es aber auch Grabmale aus verputztem Ziegelmauerwerk und aus Natur- oder Werkstein. Eine Ädikula ist bei den Grabmälern dieses Typs ein häufig zitiertes Architekturmotiv. Markant auch hier Dekordetails wie Säulen, Pilaster, Bossierungen etc. oder Elemente wie Sitzbänke, Pflanzschalen und Urnennischen. Zeittypisch die an den meisten Grabwänden und Stelen vorzufindenden Trauersymbole wie Palmette, Akanthus, Federn, Lorbeer und Kränze. An einigen Erbbegräbnissen sind die ursprünglichen Namens- tafeln, wiederum aus den unterschiedlichsten, an die jeweilige Grabwand bzw. -stele angepassten Materialien gefertigt und mit verschiedenen Inschrifttypen versehen, erhalten. Zudem zieren das Gebälk der ädikulaartigen Grabmäler häufig Inschriften, die auf die hier bestatteten Familien verweisen.

Hinsichtlich ihres Aufbaus lassen sich die Grabwände typologisch unterscheiden in einteilige und mehrteilige Beispiele. Bei den einteiligen Grabwänden weist die gemeinsame Rückwand eine gleichbleibende Höhe auf und die Gedenktafel(n) wird von seitlichen Architekturgliedern gerahmt. Die mehrteiligen Grabwände zeichnen sich durch eine reichere Formensprache und insgesamt größere Dimensionierung aus. Sie sind meist symmetrisch angelegt und bestehen aus einem höheren Mittelteil und niedrigeren Seitenteilen. Der Mittelteil wird oft durch ein risalitartiges Vorziehen und eine Giebelverdachung betont. Unter Grabstelen versteht man im Unterschied zu Grabsteinen relativ breit ausgebildete, in der Regel einzeln stehende Grabsteine. Am häufigsten finden sich an den Grabwänden und -stelen klassizistische und gotische Architekturzitate; es gibt aber auch Verbindungen mit anderen 32

Stilformen. Bei den nach 1910 entstandenen Grabstätten zeigt sich insgesamt eine Tendenz zu schlichteren Gestaltungen.

Zu den herausragenden Ruhestätten zählen wegen ihrer aufwändigeren Formen die mehr- teiligen Grabwände der Grabstätten Brandt (Nordseite), A. Hoffmann sowie A. Thieke (Ost- seite) und Dunkel (Südseite). Sie setzen sich durch ihre in Ziegelarchitektur umgesetzte repräsentative gotische Formensprache ab. Zu den ebenso qualitätvollen monumentalen Ehrengräbern gehören die zumeist als Putz-Klinkerarchitektur bzw. reine Putzarchitektur ausgeführten Säulen-, Portal oder Ädikulagrabwände: Hier ist besonders auf die Grabstätten F. Hoffmann, A. Dunkel und Maiwald (alle Ostseite) sowie W. Wegener und W. Kolberg (beide Südseite) zu verweisen. Ebenfalls mit erhöhtem, zum Teil übergiebelten Mittelteil und mit Klinker verblendete, im Dekor aber schon zurückhaltender gestaltet die Grabstätten Krägermann und Paul (beide Nordseite), Müller, Grunow, Wilke und H. Dunkel (alle Ostseite) oder Antonius (Südseite). Die Vielfalt auch der einfacheren Grabmalkunst der Zeit um 1900 repräsentierend u. a. die Gräber Krägermann, Jahr/Stephan und Biedrich (alle Nordseite), Hübner/Brandt (Ostseite) und Burkhard (Südseite). Grabwände bzw. -stelen wie die der Familien Wüst und Hampel (beide Nordseite) sowie W. Wegener, Wilke, Pospisch und A. Schulze (alle Südseite) weisen mit ihrem Material und ihren im Dekor stark reduzierten, dennoch deutlich von unterschiedlichen Stilen beeinflussten Gestaltungen in die Jahre um 1910 und in die Zwischenkriegszeit. Als Besonderheit zeigt das heutige Grab Simon (Südseite) Einflüsse der vom Expressionismus der 1920er Jahre geprägten Architektur- strömung.

(Bei der Benennung der Grabstätten fanden, wenn es noch möglich war, die aus den Inschriften aus der Entstehungszeit der Grabstätten zu entnehmenden Namen Anwendung. Wenn diese nicht mehr vorhanden waren, wurden die Namen genannt, die auf den später erneuerten Grabtafeln stehen)

Begründung:

Die bis heute aus mehr als 30 Grabstätten bestehenden Erbbegräbnisreihen auf dem Schönefelder Friedhof besitzen als Beispiel der Sepulkralkultur der Zeit vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1940er Jahre insbesondere bau- und kulturgeschichtliche Bedeutung . Sie belegen beispielhaft den Entwicklungsgang der Friedhofskultur in dieser Zeit im Land Brandenburg. Die in ihrem Formenrepertoire kaum typisierten und somit stark von der Individualität eines Steinmetz geprägten Grabdenkmale künden in ihren konzeptio- nellen Grundideen, in ihrer differenzierten gestalterischen Detailausprägung und der Ver- wendung unterschiedlichster Materialien als auch in dem sprachlichen Duktus der Inschrif- ten vom Einfluss des damaligen Zeitgeschmacks. Vergleichbar repräsentative Familien- grabstätten finden sich nach heutigem Kenntnisstand in der Region lediglich noch auf dem Friedhof des unweit liegenden Dorfes Großziethen. Hier werden wohl jeweils Einflüsse der benachbarten Großstadt Berlin deutlich. Eine Seltenheit ist zudem die große Anzahl erhal- tener Grabwände bzw. -stelen sowie die bewahrte ungewöhnliche Geschlossenheit der drei Erbbegräbnisreihen. Auch in ihrer bauhandwerklichen Qualität heben viele der Grabstätten sich aus dem Gesamtbestand hervor.

Auf Grund ihrer zumeist künstlerisch anspruchsvollen und bis ins Detail individuellen Gestaltungen entfalten die dicht gereihten Erbbegräbnisanlagen eine ästhetisch anspre- chende Wirkung und besitzen damit zudem baukünstlerische Bedeutung . Sie zeichnen sich durch eine beeindruckende stilistische Vielfalt aus, wobei insgesamt neben gotischen vor allem klassizistische Formen dominieren, jedoch auch Anleihen aus anderen vergan- genen Kunstepochen sowie aus dem Vokabular der im frühen 20. Jahrhundert neu auf- kommenden Kunstströmungen erfolgten. Insgesamt spiegeln die Erbbegräbnisreihen damit beispielhaft die Stilentwicklung vom Historismus über die Reformarchitektur bis hin zum Expressionismus und zur Neuen Sachlichkeit der 1920er Jahre, wie sie sich parallel auch in der Baukunst jener Zeitspanne vollzog. Neben den teilweise sehr anspruchsvollen Bau- 33 materialien tragen die vielseitigen architektonischen Gestaltungselemente sowie die erhal- tenen schmiedeeisernen Einfriedungen wesentlich zur baukünstlerischen Wirkung der Erb- begräbnisreihen bei.

Die drei Erbbegräbnisreihen besitzen auch wegen ihrer besonderen orts- und sozial- geschichtlichen Bedeutung Denkmalwert. Sie sind in ihrer Geschlossenheit ein wichtiges Dokument der Ortsgeschichte, geben noch heute Auskunft über die ursprünglich zur Schönefelder Gemeinde gehörenden Familien und ihre über Generationen zurückverfolgbare Geschichte. Zudem sind sie ein Zeugnis des sozialen Gefüges des Bauerndorfes Schönefeld in jener Zeit, veranschaulichen beispielhaft den Anspruch der dörflichen Oberschicht, ihren gesellschaftlichen Rang durch aufwändig gestaltete Grabstätten den Zeitgenossen und der Nachwelt vor Augen zu führen. Bezeichnungen auf den Grabtafeln wie Bauerngutsbesitzer, Altsitzer, Restaurateur oder Ziegeleibesitzer weisen auf den hohen sozialen Status der zumeist alteingesessenen Familien im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert hin. Zudem wird bis heute die soziale Differenzierung in dem unterschiedlichen Anspruch an die Gestaltung sowie an der Lage der Grabstätten auf einem Friedhof besonders eindrucksvoll deutlich. In Begräbnisordnungen jener Zeit wurde als Lage der Familiengräber die Friedhofsmauer als privilegierte Zone festgelegt.

Zusammen mit der Kapelle, die auf Grund ihrer markanten architektonischen Ausprägung und zentralen Lage den baulichen Höhepunkt der Friedhofsanlage bildet, prägen die drei Erbbegräbnisreihen den Friedhof des Dorfes erheblich. Ihnen kommt damit zudem städte- bauliche Bedeutung zu.

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Zeuthen, "Landhaus" mit Nebengebäude und Terrasse

Eintragung eines Denkmals in die Denkmalliste gemäß § 3 Abs. 1 und 2 BbgDSchG

Das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologische Landesmuseum (BLDAM) hat gemäß § 3 Abs. 1 und 2 BbgDSchG das nachfolgend bezeichnete Objekt am 22.12.2009 in die Denkmalliste des Landes Brandenburg eingetragen.

Bezeichnung des Denkmals: "Landhaus" mit Nebengebäud e und Terrasse Goethestraße 19 15738 Zeuthen

Lage des Denkmals: Grundstück: Zeuthen, Goethestraße 19 Gemarkung: Zeuthen, Flur: 10, Flurstück: 176

Die Beschreibung des Denkmals und die Gründe der Eintragung sind im nachfolgenden Auszug aus der Denkmal-Beurteilung des BLDAM dargelegt. Demnach erfüllt das o. g. Objekt als Denkmal die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 BbgDSchG.

Beschreibung des Denkmals und Benennung des Schutzumfangs:

Das inmitten eines Gartens freistehende Einfamilienhaus befindet sich an der Nordseite der Goethestraße im Zentrum von Zeuthen und reiht sich ein in die äußerst heterogene Bebau- ung entlang dieser wichtigen Verkehrsachse der Gemeinde. Das Nebengebäude steht nörd- lich, unmittelbar hinter dem Wohnhaus. Errichtet wurde das in der Bauzeichnung als "Land- haus" bezeichnete Einfamilienhaus im Auftrag des Malermeisters Heinrich Jakowski 1926 nach einem Entwurf des Neuköllner Architekten Florin Schmitz. Das Nebengebäude entstand zeitgleich.

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Bei dem "Landhaus" handelt es sich um einen eingeschossigen, verputzten Ziegelbau mit einem hohen, weit überstehenden, mit Bieberschwanzziegeln eingedeckten Satteldach. Der Baukörper wird durch einen kräftigen Strukturputz (sogenannter Münchener- oder Maden- putz) belebt, wobei im wirkungsvollen Kontrast dazu der Sockel mit unregelmäßig behaue- nen Bruchsteinen verkleidet ist. Alle vier Gebäudeseiten sind unterschiedlich gestaltet und vor allem durch die Fenster verschiedenster Formate jeweils differenziert strukturiert. Auch die Dachlandschaft, die durch ineinandergeschobene Satteldächer unterschiedlicher Trauf- und Firsthöhe sowie durch ein Dachhaus (Nordseite) und eine Art Fußwalm (Westseite) charakterisiert ist, gliedert den Bau abwechslungsreich. Neben einem über die Traufe gezo- genen und von einem Satteldach abgeschlossenen breite Eckrisalit mit Eingangslaube (Südfassade), den unterschiedlich hohen Giebelverbretterungen (Süd-, Ost- und Westseite), deren braune Hölzer im reizvollen Kontrast zu den schlichten mit ockerfarbenem Putz ver- sehenen Wandflächen stehen, tragen auch die Fensterläden und die rundbogig abge- schlossenen Hauszugänge zu dem malerischen Gesamteindruck des Wohnhauses bei. Zudem wurde der östlichen Schmalseite ein oktogonaler Verandaanbau unter Walmdach angefügt, dessen Tür direkt auf eine mit Bruchsteinen eingefasste Terrasse führt, ein wei- teres Element, das den Landhauscharakter des Einfamilienhauses unterstreicht. Daneben ist auf eher unscheinbare, dennoch wirkungsvolle Details wie die getreppt angeordneten Treppenhausfenster an der Westseite, die mit Ziegel belegte Fensterverdachung und der gestuft ausgebildete Ortgang an der östlichen Giebelfläche sowie das vollständig verbretterte Dachhaus an der Nordseite hinzuweisen. Neben den Hauseingangstüren sind auch die Fenster fast vollständig einschließlich ihrer kleinteiligen Versprossungen, Armaturen sowie Beschläge aus der Bauzeit erhalten. Auch im Inneren des Einfamilienhauses finden sich neben der im Wesentlichen über- kommenen Raumstruktur noch sehr umfänglich die bauzeitlichen Ausstattungsdetails. Besondere Aufmerksamkeit hat der Bauherr dabei auf die Eingangsdiele gelegt, von der eine gerade, zweifläufige Treppe mit gezogenen Stufen ins Dachgeschoss führt. Das Treppengeländer setzt sich aus aufwändig gedrechselten Stäben und Pfosten mit Akan- thusdekor zusammen. Die Wände der Diele sowie des Treppenaufgangs schützt ein kassettiertes Holzpaneel und auch der Heizkörper besitzt eine hölzerne Verkleidung. Zudem befindet sich in der Diele eine Sitzbank. Als einzige Veränderung der Raumstruktur wurde ein Teil der Wand zwischen dem Büro und der Diele versetzt, wobei das Holzpaneel wieder angebracht wurde. Neben der expressiv kassettierten Hauseingangstür mit zentralem Sichtfenster unter spitzwinkliger Verdachung sind auch die anderen Türen des Hauses - einschließlich der großen Doppelschiebetür zwischen Wohn- und Esszimmer - anlog quali- tätvoll gearbeitet und verweisen wie die gesamte hölzerne Ausstattung des Hauses auf ein hohes handwerkliches Können des Tischlers.

Bei dem Nebengebäude handelt es sich um einen eingeschossigen analog mit Strukturputz verputzten Bau mit steilem, mit Bieberschwanzziegeln eingedecktem Pultdach. Markant auch hier der breite, übergiebelte Eckrisalit mit Giebelverbretterung und Ladeluke. Die Fenster weisen an regionale ländliche Bautraditionen anknüpfend eine mittige Kreuzstockteilung auf und auch die Tür zeigt eine Verbretterungsstruktur.

Begründung der Eintragung:

Siedlungs- und ortsgeschichtliche Bedeutung kommt dem Einfamilienhaus mit dem Wirtschaftsgebäude als Zeugnis für die Entwicklung der Gemeinde Zeuthen in den 1920er Jahren zu. Um 1870/80 entwickelte sich Zeuthen - der in einem landschaftlich reizvollen Gebiet liegende Ort im Südwesten - allmählich zu einem beliebten Ausflugsziel und Aufenthaltsort in den Sommermonaten. Ab 1897 nach dem Bau des neuen Vorortverkehrs- Bahnhofs und verstärkt nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Gemeinde zunehmend auch als Wohnort attraktiv. Es entstanden vor allem entlang der Verkehrsachse der Vorortbahn und in Wassernähe zahlreiche Villen und Einzelwohnhäuser unterschiedlichster Stilausprä- gung. Das "Landhaus" Goethestraße 19 ist in seiner weitgehend bewahrten Ursprünglichkeit als ein bemerkenswertes Zeugnis dieser zügigen Besiedlung zugleich ein wichtiges Zeugnis 35 der Ortsentwicklung. Wurden 1895 erst 505 Bewohner gezählt, waren es 1925 bereits 2023. 1939 lebten in Zeuthen schließlich 4135 Personen.

Das "Landhaus" Goethestraße 19 mit Nebengebäude besitzt zudem baugeschichtliche Bedeutung . Es weist mit seinen verhältnismäßig großzügig angelegten Raumstrukturen, einem Bad und der Veranda mit direktem Zugang in den Garten das Repertoire des moder- nen Einfamilienhauses seiner Zeit auf und gehört zu den wenigen so ursprünglich, bis ins Detail erhaltenen besonders typischen Zeugnissen der Architekturentwicklung der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts in der Region, dokumentiert damit beispielhaft die Bauauf- fassung seiner Zeit. Deutlich geht die Architektur des Wohnhauses auf die in Deutschland um 1900 einsetzende Einzelwohnhaus-Bewegung zurück, deren Initiatoren bestrebt waren, architektonisch anspruchsvolle Einfamilienhäuser zu bauen, die den Bedürfnissen und vor allem den finanziellen Möglichkeiten der bürgerlichen Mittelschicht gerecht wurden. Die wirt- schaftliche Entwicklung im Deutschland des späten 19. Jahrhunderts stand unter dem Zeichen der Großstadt. Hier konzentrierte sich die Industrie, die Verwaltung sowie die Kultur- und Wissenschaft und damit auch die Bevölkerung. Als Wohnraum standen für die überwiegende Mehrheit der Bewohner Etagenhäuser zur Verfügung, in denen man zur Miete wohnte. Verstärkt entwickelte sich nicht nur unter dem Großbürgertum, sondern auch in der Mittelschicht der Wunsch nach eigenen vier Wänden in grüner, gesunder Umgebung. Mit der Entwicklung des Nahverkehrs seit den 1880er Jahren zog es deshalb die Bürger in die Randgebiete der Städte. England, in dem das Einzelwohnhaus bereits zu dieser Zeit fester Bestandteil der Baukunst war, zeigte, dass für ein behagliches und bequemes Haus mit Garten keine größeren Aufwände an architektonischer Detailbildung notwendig waren. Man baute entsprechend den unterschiedlichen Wohnbedürfnissen jeder Gesellschaftsklasse, mit gewissen auf verschiedene Vermögenslagen begründeten Abstufungen. Dieser Typus des Englischen Landhauses wurde auch in Deutschland zum Idealbild des modernen Einzelwohnhauses. Herrmann Muthesius brachte diesen Landhausgedanken nach Deutschland und gehörte zu den herausragenden Vertretern dieser Baukunst. Prägend für die architektonische Gestaltung der Einzelwohnhäuser war der Einfluss des so genannten Heimatschutzstils, eine von verschiedenen kultur- und lebensreformerischen Bewegungen der Zeit um 1900 beeinflusste Architekturströmung, die in Abkehr vom Histo- rismus eine insgesamt schlichtere und sachlich-funktionalere Bauweise propagierte und insbesondere durch eine malerische Grundhaltung bei lebhafter Gliederung unter fast voll- ständigem Verzicht auf Dekor charakterisiert war. Mit einer vielfältigen Gliederung des Bau- körpers durch markant gesetzte, regionaltypische traditionelle Architekturelemente (Risalit, weiter Dachüberstand, Giebelverbretterungen, Fensterläden, Eingangslaube etc.), den kleinteilig versprossten Fenstern unterschiedlichen Formats und den zwar unverzierten, aber stark strukturierten Putzflächen zeigt das "Landhaus" Goethestraße 19 bis heute ein- drucksvoll alle typischen Merkmale dieser Architekturrichtung, die vor allem die Bauform der Einfamilienhäuser bis weit in die 1920er Jahre prägte.

Gleichzeitig ist das Gebäude regionalbaugeschichtlich wie wissenschaftlich von Bedeutung als ein wichtiges Dokument für das Wirken des Architekten Florin Schmitz, der in Neukölln sein Büro unterhielt. Die meisten Bauten in Zeuthen wurden von Berliner Bau- meistern bzw. Architekten erstellt. Florin Schmitz hat in den 1920er Jahren vor allem mit einer Vielzahl besonders qualitätvoller Villen das Ortsbild von Zeuthen entscheidend mit bestimmt (u. a. Seestraße 69, 73 und 78), war aber auch im einfacheren Einfamilienhausbau tätig. Da das Gesamtwerk von Florin Schmitz bisher nicht erforscht wurde, ist das Wohnhaus Goethestraße 19 vor allem als eines seiner Werke der spezifischen Bauaufgabe des eher einfacheren "Einzelwohnhauses" schützenswert. Das oben bezeichnete Gebäude ist damit ein wichtiges Dokument für das Wirken dieses bemerkenswerten Architekten.

Die Bedeutung des "Landhauses" liegt zudem in seiner architektonischen Qualität, in seiner ansprechenden, individuellen Ausführung, die dem relative kleinen Bau eine repräsentative Solidität verleiht und ihn in seiner Originalsubstanz zu einem erhaltenswerten Teil der Zeu- thener Bebauung macht. Charakteristisch dabei ist die differenzierte Gestaltung der Gebäu- 36 deseiten, die betont asymmetrische Komposition der differenziert ausgebildeten, harmonisch in ihrer Materialwahl, ihrer Gestaltung und in ihren Proportionen aufeinander abgestimmten architektonischen Elemente (Eckrisalit, Verandavorbau, Eingangslaube) in Kombination mit in ihren Formen variierenden Fenstern und Türen, bei vollständigem Verzicht auf aufwändige Dekorelemente. Auch das Zusammenwirken von spannungsvoller Grundgliederung mit Farb- und Materialkontrasten (Strukturputz, Bruchsteinsockel, Verbretterungen, Läden) verleiht dem Bau eine ausgesprochene Individualität sowie eine besondere ästhetische Wirkung, die die baukünstlerische Bedeutung des Einfamilienhauses trägt. Besondere Bedeutung erhält das Haus nicht nur durch den nahezu bauzeitlichen Zustand des Äußeren, sondern vor allem auch durch die in bemerkenswertem Umfang bewahrte, gediegene Innenausstattung, die von dem gehobenen bürgerlichen Wohnanspruch ihrer Bewohner zeugt.

Das "Landhaus" ist im Vergleich mit den annähernd zeitgleich entstandenen großbürger- lichen Villen in der Zeuthener Seestraße, ein beispielgebendes Zeugnis für ein typisches Einfamilienhaus eines Vertreters des sogenannten Mittelstandes und belegt die wachsende wirtschaftliche Stärke dieser Bevölkerungsschicht im frühen 20. Jahrhundert. Der Bauherr will mit dieser an traditionelle regionale Bauformen anknüpfenden, eher schlichten Archi- tektur vor allem Beständigkeit und Gediegenheit nach außen demonstrieren. Die verhält- nismäßig großzügig angelegten Raumstrukturen mit Speisezimmer, Wohnzimmer sowie Büro im Erdgeschoss und die handwerklich qualitätvoll gearbeiteten Ausstattungsdetails verweisen dagegen eindrucksvoll auf das Anspruchsdenken des Bauherrn, gestatten Rück- schlüsse auf die zeitübliche Wohnkultur eines mittelständischen Handwerkers. Das in sel- tener Geschlossenheit und Vollständigkeit erhaltene Einfamilienhaus hat demzufolge kultur- und sozialgeschichtliche Bedeutung.

Auf Grund seiner Lage und seines aus der Bauzeit im Wesentlichen überkommenen Erscheinungsbildes bildet das freistehende Einfamilienhaus einen eigenständigen Blickfang im Straßenverlauf und bereichert damit die äußerst heterogene Bebauung entlang dieser wichtigen Verkehrsachse der Gemeinde Zeuthen. Es trägt somit maßgeblich zum histori- schen Charakter dieses Straßenraumes bei. Das "Landhaus" mit dem Nebengebäude ist somit ortsbildprägend und hat städtebauliche Bedeutung.