Deutscher Bundestag Drucksache 17/8246

17. Wahlperiode 14. 12. 2011

Unterrichtung durch die Bundesregierung

Tätigkeitsbericht 2010/2011 der Bundesnetzagentur – Telekommunikation mit

Sondergutachten der Monopolkommission – Telekommunikation 2011: Investitionsanreize stärken, Wettbewerb sichern

Inhaltsverzeichnis Seite

Tätigkeitsbericht 2010/2011 ...... 12

Vorwort ...... 12

Teil I Wettbewerbsentwicklung ...... 14

Abschnitt A Grundzüge der Marktentwicklung ...... 14

1. Telekommunikationsdienste insgesamt ...... 15 1.1 Wettbewerber im Festnetzbereich ...... 15 1.2 Außenumsatzerlöse ...... 15 1.3 Sachinvestitionen ...... 17 1.4 Beschäftigung ...... 17

2. Telekommunikationsdienste auf Basis von Festnetzanschlüssen . . . 19 2.1 Zugänge zur Sprachkommunikation ...... 19 2.2 Breitbandanschlüsse ...... 22 2.2.1 DSL-Anschlüsse ...... 22 2.2.2 Kabelinternet ...... 25 2.2.3 Powerline ...... 25 2.2.4 Satellit ...... 26 2.3 Internetverkehr ...... 26 2.4 Gesprächsminuten in Festnetzen ...... 27 2.5 Anschlussvorleistungen ...... 30 2.6 Wertschöpfung der Festnetz-Wettbewerber ...... 30

Zugeleitet mit Schreiben der Bundesnetzagentur für Elektizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen vom 13. Dezember 2011 (Tätigkeitsbericht) gemäß § 121 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes und mit Schreiben der Monopolkommission (Sondergutachten) vom Dezember 2011 gemäß § 121 Absatz 2 des Telekommunikationsgesetzes. Drucksache 17/8246 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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3. Mobilfunk ...... 31 3.1 Teilnehmer ...... 31 3.2 Mobilfunk-Verbindungsminuten ...... 33 3.3 Kurznachrichten ...... 34 3.4 Sonstiger Datenverkehr/Mobiles Breitband ...... 34

4. Internet ...... 36

Abschnitt B Analyse und Perspektiven des Wettbewerbs ...... 36 1. Telefondienste und Bündelangebote in Festnetzen und Mobilfunk 36 2. Breitbandmärkte ...... 43 2.1 Marktentwicklungen Breitbandanschlüsse ...... 43 2.2 Breitbanddienste ...... 47 2.3 Vorleistungsmärkte im Breitbandbereich ...... 48 2.4 Weitere Entwicklungen ...... 50

Abschnitt C Universaldienst ...... 50

Teil II Tätigkeiten ...... 54

Abschnitt A Grundsatzfragen der Marktregulierung ...... 54

1. Analytisches Kostenmodell für das Breitbandnetz 2010 ...... 54

2. Analytisches Kostenmodell Mobilfunk ...... 55

3. Netzneutralität ...... 55

4. NGA-Forum ...... 57 4.1 Breitbandausbau im ländlichen Raum ...... 57 4.2 Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen ...... 58 4.3 Open Access und Interoperabilität ...... 59

5. Überarbeitung des EU-Rechtsrahmens ...... 61

6. Projekt Infrastrukturatlas ...... 62

7. BEREC-Projektteam Next Generation Networks ...... 63 7.1 Open Access ...... 63 7.2 Bericht „Next Generation Access – Implementation Issues and Wholesale Products“ ...... 65 7.3 Stellungnahme zum NGA-Empfehlungsentwurf ...... 66 7.4 Bericht „Next Generation Access – Collection of Factual Information and New Issues of NGA Roll-Out” ...... 66 7.5 Common Statement Charging Mechanisms ...... 67

8. International Roaming ...... 68 8.1 Roaming-Verordnung ...... 68 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8246

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8.2 BEREC International Roaming – Stellungnahmen und Analysen . . 69 8.3 Überarbeitung der Roaming-Verordnung ...... 69

9. Gemeinsame BEREC/RSPG-Arbeitsgruppe ...... 71

10. Zukunft des Universaldienstes ...... 71

11. Sonstige BEREC-Veröffentlichungen ...... 72

Abschnitt B Entscheidungen im Rahmen der Marktregulierung . . . . . 72

1. Entlassung von Märkten aus der sektorspezifischen Regulierung 72

2. Zugang von Privat- und Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten (Markt Nr. 1) ...... 73 2.1 Marktdefinition und Marktanalyse ...... 73 2.2 Erlass einer Regulierungsverfügung ...... 73

3. Verbindungsaufbau im Festnetz und im Bereich der Anruf- zustellung in einzelne Festnetze (Märkte Nr. 2 und Nr. 3 der Empfehlung 2007) ...... 74 3.1 Marktdefinition und Marktanalyse ...... 74 3.2 Maßnahmen im Bereich der Entgeltregulierung ...... 74

4. Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (Markt Nr. 4) ...... 74 4.1 Marktdefinition und Marktanalyse ...... 74 4.2 Regulierungsverfügung ...... 75 4.3 Anordnungsverfahren ...... 76 4.4 Standardangebot ...... 76 4.5 Maßnahmen im Bereich der Entgeltregulierung ...... 77

5. Breitbandzugang für Großkunden (Markt 5) und Breitbandzuführung ...... 78 5.1 Marktdefinition und Marktanalyse ...... 78 5.2 Regulierungsverfügung ...... 79 5.3 Maßnahmen im Bereich der Entgeltregulierung ...... 79

6. Mietleitungen im Abschluss-Segment (Markt Nr. 6 der Empfehlung 2007) ...... 79 6.1 Marktdefinition und Marktanalyse ...... 79 6.2 Zugangsregulierung Mietleitungen ...... 80

7. Anrufzustellung in einzelne Mobilfunknetze (Markt Nr. 7 der Empfehlung 2007) ...... 81 7.1 Marktdefinition und Marktanalyse ...... 81 7.2 Maßnahmen im Bereich der Entgeltregulierung ...... 81

8. Weitere Regulierungsmaßnahmen im Bereich der Markt- regulierung (Sonstige Märkte) ...... 82 8.1 Analyse im Bereich der Endkundenmietleitungen (Markt Nr. 7 der Empfehlung 2003) ...... 82 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 4 – Drucksache 17/8246

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8.2 Analyse im Bereich des Marktes für Rundfunkübertragungs- dienste (Markt Nr. 18 der Empfehlung 2003) ...... 82 8.3 Nachträgliche Regulierung von Entgelten ...... 83

9. Streitschlichtungsverfahren (§ 133 TKG) ...... 83

Abschnitt C Gerichtliche Verfahren ...... 83

1. Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union, des Bundesverwaltungsgerichts sowie des Bundes- verfassungsgerichts 83 1.1 Weitergabe von Carrierdaten ...... 83 1.2 Abschaltung der Auskunftsrufnummer 11861 ...... 84 1.3 Zugang zum Kabelverzweiger, zu Kabelkanälen und zu unbeschalteter Glasfaser 84 1.4 Anwendbarkeit von Vergleichsmarktuntersuchungen ...... 84 1.5 Mietleitungen ...... 84 1.6 Mobilfunkterminierungsentgelte bei Homezone-Produkten ...... 85 1.7 Anrufzustellung im Festnetz ...... 85

2. Weitere Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Köln sowie des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen 85 2.1 Untersagung der Rechnungslegung und Inkassierung ...... 85 2.2 Schaltverteiler-Verfahren ...... 86 2.3 Zugang zur TAL mittels Schaltverteiler ohne Beachtung von Preisobergrenzen ...... 86 2.4 Kalkulationsschema für Mobilfunkterminierungsentgelte ...... 86 2.5 Ergänzende Regulierungsverpflichtungen für den IP-Bitstrom-Zugang ...... 86 2.6 Betreiber(vor)auswahl-Verpflichtung bei All-IP-Anschlüssen . . . . 86 2.7 Zugang zu Multifunktionsgehäusen ...... 87 2.8 Nachbildbarkeit von Bündelprodukten ...... 87 2.9 Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung ...... 87 2.10 TAL-Einmalentgelte ...... 88

3. Entscheidungen betreffend Frequenzregulierung ...... 88 3.1 Widerruf von UMTS-Mobilfunklizenz und Frequenzzuteilungs- bescheid ...... 88 3.2 Frequenzverlagerungen ...... 89 3.3 Angleichung der GSM-Lizenz-/Frequenzzuteilungslaufzeiten . . . . 89 3.4 Frequenzvergabe für den drahtlosen Netzzugang ...... 90 3.4.1 Noch in erster Instanz anhängige Verfahren ...... 90 3.4.2 Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ...... 90 3.4.3 Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Köln ...... 92

Abschnitt D Nummerierung ...... 93

1. Überblick über die Tätigkeiten ...... 93 1.1 Allgemeines ...... 93 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/8246

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1.2 Nummerierungskonzept ...... 94

2. Entwicklung in den einzelnen Nummernbereichen ...... 95 2.1 Ortsnetzrufnummern und Nationale Teilnehmerrufnummern . . . . . 95 2.2 Rufnummern der Bereiche 0700, 0800, 0180, 0900 und 0137 . . . . . 96 2.3 Nummern für Nutzergruppen, Internationale Virtuelle Private Netze und Neuartige Dienste ...... 97 2.4 Rufnummern für Auskunfts- und Vermittlungsdienste ...... 97 2.5 Betreiberkennzahlen und Rufnummern für Online-Dienste ...... 98 2.6 Rufnummern für Mobile Dienste ...... 99 2.7 Nummern für öffentliche Bündelfunknetze ...... 99 2.8 Kurzwahlnummern im Mobilfunk ...... 99 2.9 Rufnummern für harmonisierte Dienste von sozialem Wert ...... 100 2.10 Einheitlicher Behördenruf 115 ...... 101 2.11 Technische Nummern ...... 101

Abschnitt E Frequenzregulierung ...... 102

1. Internationale Grundlagen der Frequenzregulierung ...... 102 1.1 Vorbereitung Weltfunkkonferenz und europäische Harmonisierung ...... 102 1.2 Europäisches Frequenzinformationssystem (EFIS) ...... 103

2. Frequenzbereichszuweisung ...... 103

3. Frequenznutzungsplan ...... 103

4. Einzelne Funkanwendungen ...... 103 4.1 Allgemeinzuteilungen von Frequenzen ...... 104 4.2 Drahtloser Netzzugang zum Angebot von Telekommunikations- diensten ...... 104 4.2.1 Verfahren zur Vergabe der Frequenzen aus den Bereichen 800 MHz, 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz ...... 104 4.2.2 Umsetzung der Flexibilisierungsentscheidung ...... 106 4.2.3 Frequenzverteilungsuntersuchung ...... 106 4.2.4 Bedarfsermittlungsverfahren in den Frequenzbereichen 900 MHz und 1800 MHz ...... 107 4.3 Bündelfunk ...... 108 4.4 Satellitenfunk ...... 108 4.4.1 Zuteilung von Frequenznutzungen für Erdfunkstellen ...... 108 4.4.2 Zuteilungen für Satellitenfunknetze ...... 108 4.4.3 Internationale Anmeldung und Koordinierung von Satellitensystemen ...... 108 4.4.4 Weltraumfunkdienste ...... 109 4.5 Frequenzen für öffentliche Bedarfsträger ...... 109 4.6 Kurzzeitzuteilungen ...... 109 4.7 Fester Funkdienst unterhalb 30 MHz ...... 109 4.8 Nichtöffentlicher Mobilfunk ...... 110 4.9 Amateurfunkdienst ...... 110 Drucksache 17/8246 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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4.10 Punkt-zu-Punkt-Richtfunk ...... 110 4.11 Punkt-zu-Mehrpunkt-Richtfunk (Frequenzen für Broadband Wireless Access) 111

5. Prüf- und Messdienst ...... 111 5.1 Automatische Messungen im Bereich 1,6 bis 27 MHz ...... 111 5.2 Schutz des Amateurfunks gegen Störer aus dem Ausland ...... 111 5.3 Forschungsprojekt FARAMIR ...... 111 5.4 Messungen im Bereich 863 bis 870 MHz ...... 111 5.5 Besondere Beobachtung des Bereichs 6,2 bis 6,6 MHz ...... 111 5.6 Manuelle Frequenzbeobachtungen im Kurzwellenbereich ...... 111 5.7 Bundesweite Überprüfungen von Kabelfernsehanlagen zum Schutz der Sicherheitsfunkdienste ...... 112 5.8 Messungen vor der Errichtung einer Erdfunkstelle ...... 112 5.9 Prüfung von Frequenznutzungen ...... 112 5.10 Erarbeitung einer Messvorschrift für die Messung von Frequenzhub und Multiplexleistung von UKW-Ton- Rundfunksendern ...... 112

Abschnitt F Technische Regulierung ...... 112 1. Funkverträglichkeit ...... 112 2. Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) ...... 114 2.1 SchuTSEV ...... 114 2.2 Powerline Telecommunication Systems (PLT) ...... 114 2.3 EMV von Kabelfernsehnetzen und Rundfunkempfängern im Zusammenhang mit Mobilfunk-Frequenzen oberhalb von 790 MHz ...... 115

3. Marktüberwachung zur elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV-RL) und zur effizienten Nutzung von Funkfrequenzen (R&TTE-RL) 116

4. Mitteilung des Inverkehrbringens von Funkanlagen auf nicht gemeinschaftsweit harmonisierten Frequenzen ...... 116

5. Elektromagnetische Verträglichkeit zur Umwelt (EMVU/EMF) . . . 116

6. Drittstaatenabkommen (MRAs) ...... 118

7. Anerkennung von benannten Stellen nach dem FTEG ...... 118

8. Anerkennung von benannten Stellen nach dem EMVG ...... 118

9. Mitarbeit im Telecommunications Conformity Assessment and Market Surveillance Committee und Rechtsfragen der Marktüberwachung 119

10. Behandlung gewerblicher Schutzrechte in Standardisierungs- organisationen ...... 119

11. Überarbeitung der ITR ...... 119 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/8246

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12. Bereitstellung und Prüfung technischer Vorschriften sowie Schnittstellenbeschreibungen ...... 120

13. Internationale Standardisierungsaktivitäten im See- und Flugfunk ...... 120

14. Interoperabilität im Bereich der Rundfunkübertragung ...... 121 14.1 Ergebnisse aus dem Ausschuss technische Regulierung in der Telekommunikation ...... 121 14.2 „Aktionsbündnis verbraucherfreundliche Endgeräte für horizontale Märkte – Austauschbare CA und DRM Systeme“ ...... 121 15. Standardisierungsarbeit im Bereich neuer Technologien und rekonfigurierbarer Funksysteme ...... 122 16. Standardisierung Mobilfunk ...... 122 17. Standardisierung von Breitbandfunkanwendungen im 2,4 GHz und 5 GHz Band (WLANs) ...... 122 18. Verkehrstelematik – Intelligent Transport Systems (ITS) ...... 123 19. Technische Richtlinie Notrufverbindungen ...... 123 20. Abrechnungsgenauigkeit bei volumenabhängigen Tarifen ...... 124 21. Internet der Dinge ...... 124 22. Öffentliche Sicherheit ...... 124 22.1 Automatisiertes Auskunftsverfahren nach § 112 TKG ...... 124 22.2 Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen nach § 110 TKG ...... 124 22.3 Sicherstellung der Post und der Telekommunikation ...... 125

Abschnitt G Kundenschutz, Verbraucherschutz ...... 125

1. Verbraucherservice ...... 125 1.1 Überblick über die Tätigkeit des Verbraucherservices ...... 125 1.2 Schwerpunkte in der Beratung und der Bearbeitung von Anliegen der Verbraucher ...... 126 1.3 Maßnahmen nach § 126 TKG ...... 127 1.4 Vermittlungsdienst ...... 127

2. Schlichtung in der Telekommunikation ...... 128 2.1 Verfahrensweise und Ergebnisse der Schlichtungsstelle Telekommunikation ...... 128 2.2 Internationaler Austausch ...... 130

3. Bekämpfung des Rufnummernmissbrauchs und der unerlaubten Telefonwerbung ...... 130 3.1 Überblick ...... 130 3.2 Preisangabe/Preisansage ...... 131 3.3 Bekämpfung von Rufnummern-Spam ...... 131 3.4 Bekämpfung von unerlaubter Telefonwerbung ...... 132 3.5 Beobachtung von Missbrauchstendenzen ...... 133 Drucksache 17/8246 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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3.6 Ordnungswidrigkeitsverfahren und Abgaben nach § 67 Absatz 4 TKG ...... 133 3.7 Internationale Zusammenarbeit ...... 133

4. Aktivitäten des Prüf- und Messdienstes ...... 133 4.1 Störungsbearbeitung ...... 133 4.2 Marktüberwachung ...... 134 4.3 Elektromagnetische Umweltverträglichkeit (EMVU) ...... 134

5. Marktüberwachung nach EMVG und FTEG ...... 134

6. Green-IT ...... 136

Abschnitt H Fernmeldegeheimnis und Datenschutz ...... 136

Abschnitt I Qualifizierte Elektronische Signatur ...... 137

1. Qualifizierte Elektronische Signatur ...... 137

2. Marktaspekte ...... 138

3. Akkreditierung von Zertifizierungsdiensteanbietern ...... 138

4. Betrieb der Wurzelinstanz durch die Bundesnetzagentur ...... 139

5. Publikationen ...... 139

6. Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften ...... 139

7. Gremientätigkeit ...... 139

Teil III Rolle und Organisation der Bundesnetzagentur ...... 140

Abschnitt A Aufgaben und Struktur ...... 140

Abschnitt B Personalmanagement ...... 141

Abschnitt C Haushalt ...... 142

Abschnitt D Beirat ...... 143

Abschnitt E Wissenschaftliche Beratung/WAR ...... 143

1. Wissenschaftlicher Arbeitskreis für Regulierungsfragen ...... 143

2. Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste ...... 144

Abschnitt F Aufgaben auf den Gebieten anderer Netzsektoren ...... 144

1. Energie ...... 145

2. Post ...... 145

3. Eisenbahnen ...... 146 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/8246

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Anhang ...... 148 Anhang 1 Grundzüge des nationalen, europäischen und inter- nationalen Rechts im Bereich Telekommunikation ...... 148 Anhang 2 Ergänzende Daten zur Marktentwicklung ...... 152 Anhang 3 Mitglieder des Wissenschaftlichen Arbeitskreises für Regulierungsfragen bei der Bundesnetzagentur ...... 157 Anhang 4 Der Nummernraum für das öffentliche Telefonnetz/ISDN in Deutschland – Zusammenfassende tabellarische Darstellung ...... 158 Anhang 5 Adressen und Rufnummern der Bundesnetzagentur ...... 162 Anhang 6 Verzeichnis der Abkürzungen und Kurzschreibweisen . . . . 163

Sondergutachten der Monopolkommission – Telekommunikation 2011: Investitionsreize stärken, Wettbewerb sichern ...... 169 Drucksache 17/8246 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Abbildungsverzeichnis Seite Seite Abbildung 1: Kennzahlen und Wettbewerberanteile im deutschen Telekommunikationsmarkt ...... 14 Abbildung 2: Außenumsatzerlöse auf dem Telekommunikationsmarkt . . 15 Abbildung 3: Außenumsatzerlösanteil der alternativen Anbieter und der Deutschen Telekom AG ...... 16 Abbildung 4: Außenumsatzerlöse nach Segmenten ...... 16 Abbildung 5: Investitionen in Sachanlagen auf dem Telekommuni- kationsmarkt ...... 17 Abbildung 6: Investitionen in Sachanlagen im Festnetz einschl. Kabelfernseh-Infrastruktur und im Mobilfunk ...... 18 Abbildung 7: Summe der Investitionen in Sachanlagen auf dem Telekommunikationsmarkt 1998 bis 2010 ...... 18 Abbildung 8: Beschäftigte auf dem Telekommunikationsmarkt ...... 19 Abbildung 9: Zugänge zur Sprachkommunikation ...... 20 Abbildung 10: Telefonanschlüsse/-zugänge und Wettbewerber- anteile in Festnetzen ...... 20 Abbildung 11: Telefonanschlüsse/-zugänge der alternativen Teil- nehmernetzbetreiber ...... 21 Abbildung 12: Verteilung der Telefonanschlüsse/-zugänge der alternativen Teilnehmernetzbetreiber nach Technologien ...... 21 Abbildung 13: Breitbandanschlüsse in Festnetzen ...... 22 Abbildung 14: Anteile an den Breitbandanschlüssen in Festnetzen ...... 23 Abbildung 15: Verteilung der vermarkteten Bandbreiten bei Breitbandanschlüssen ...... 23 Abbildung 16: DSL-Anschlüsse ...... 24 Abbildung 17: Anteile an den DSL-Anschlüssen ...... 24 Abbildung 18: Internetzugänge der Kabelnetzbetreiber ...... 25 Abbildung 19: Zuwächse der Breitbandanschlüsse – DSL/Glasf. und Kabel/Glasf ...... 26 Abbildung 20: Verkehrsvolumen Breitband ...... 27 Abbildung 21: Abgehende Gesprächsminuten in Festnetzen ...... 28 Abbildung 22: Anteile der Vermittlungstechnologien am Gesprächs- volumen in Festnetzen ...... 28 Abbildung 23: Über alternative Anbieter abgehende Gesprächs- minuten in Festnetzen ...... 29 Abbildung 24: Anteile der alternativen Anbieter am Gesprächs- volumen nach Verbindungssegmenten ...... 29 Abbildung 25: TAL-Anmietungen ...... 30 Abbildung 26: Wertschöpfung alternativer Anbieter in Festnetzen ...... 31 Abbildung 27: Teilnehmer und Penetration in deutschen Mobilfunknetzen ...... 32 Abbildung 28: Teilnehmer-Marktanteile der Netzbetreiber ...... 32 Abbildung 29: Teilnehmer-Marktanteile nach Kundenbetreuung ...... 33 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 11 – Drucksache 17/8246

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Abbildung 30: Abgehender und ankommender Sprachverkehr im Mobilfunk ...... 34 Abbildung 31: Versendete Kurznachrichten per SMS ...... 35 Abbildung 32: Datenvolumen im Mobilfunk in Deutschland...... 35 Abbildung 33: Herfindahl-Hirschman-Index bei Telefondienst- leistungen im europäischen Vergleich ...... 39 Abbildung 34: Penetrationsrate von Bündelangeboten ...... 39 Abbildung 35: Kundenverweildauer im ersten Quartal 2011 ...... 40 Abbildung 36: Marktanteilsverteilung im Mobilfunk (europäischer Vergleich) ...... 42 Abbildung 37: NGA-Versorgung und Nachfrage nach FTTH-, FTTB-, TV-Kabel- und FTTC-Anschlüssen in Europa ...... 45 Abbildung 38: Penetrationsrate und Fortschritt bei der Breit- bandversorgung ...... 46 Abbildung 39: ISA-Anträge nach Bundesländern ...... 62 Abbildung 40: Beauskunftete Gebiete ...... 64 Abbildung 41: Übersicht über die ersteigerten Frequenzblöcke ...... 105 Abbildung 42: Spektrumsverteilung nach der Auktion ...... 105 Abbildung 43: Schnittstellenbeschreibungen nach Funkdiensten ...... 120 Abbildung 44: Entwicklung des Auskunftsersuchens von Sicherheits- behörden und Abfragen bei den TK-Diensteanbietern . . . . 125 Abbildung 45: Themenschwerpunkte der Anfragen und Beschwerden im TK-Bereich (Stand: 31. Oktober 2011) ...... 126 Abbildung 46: Ergebnisse der abgeschlossenen Verfahren ...... 129 Abbildung 47: Erfolgsquote der zulässigen Verfahren ...... 129 Abbildung 48: Anzahl der Messpunkte pro Bundesland in 2010 ...... 135 Abbildung 49: Anteile am Wholesalegeschäft 2010 ...... 152 Abbildung 50: Entwicklung der IP-basierten Gesprächsminuten in Festnetzen ...... 153 Abbildung 51: Außenumsatzerlöse der Netzbetreiber und Service- Provider im Mobilfunk ...... 154 Abbildung 52: Teilnehmer-Marktanteile nach Kundenbetreuung durch Netzbetreiber und unabhängige Service Provider ...... 155 Abbildung 53: Entwicklung der Preselection-Einstellungen ...... 155 Abbildung 54: Infrastrukturelle Anbindung von TV-Haushalten zur Jahresmitte 2011 ...... 156 Drucksache 17/8246 – 12 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Tätigkeitsbericht 2010/2011 der Bundesnetzagentur – Telekommunikation Vorwort Im Abstand von zwei Jahren legt die Bundesnetzagentur nach dem Telekommunika- tionsgesetz einen Bericht über ihre Tätigkeit sowie über Lage und Entwicklung auf dem Gebiet der Telekommunikation vor. In diesem Rahmen wird auch der Frage nachgegangen, inwieweit es gelungen ist, die gesetzlich normierten Zielsetzungen zu realisieren. Dabei zeigt sich, dass mit Blick auf die Wahrung der Verbraucherinteres- sen, die Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs und die Förderung effizienter Infrastrukturinvestitionen auch in den letzten beiden Jahren wiederum bemerkens- werte Erfolge erzielt worden sind. In der Öffentlichkeit fand sicherlich die im Jahr 2010 durchgeführte Versteigerung von Frequenzen für den drahtlosen Netzzugang in den Frequenzbereichen 800 MHz, 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz besondere Beachtung. So sind von ihr wichtige Im- pulse für den Wettbewerb auf dem Mobilfunkmarkt und für die Verbraucher ausge- gangen. Mit der Versteigerung der Frequenzen hat die Bundesnetzagentur einen be- deutenden Beitrag dazu geleistet, dass zunächst die bislang unterversorgten Gebiete so rasch wie möglich mit leistungsfähigen mobilen Breitbandanschlüssen versorgt werden. Vorrangiges Ziel bei der Ausgestaltung und der Durchführung der Versteige- rung war es daher, günstige regulatorische Rahmenbedingungen für eine schnelle und effiziente Versorgung der Bevölkerung mit mobilen breitbandigen Anwendun- gen zu schaffen und den Bietern die Möglichkeit einzuräumen, ausreichend hohe Übertragungskapazitäten zu ersteigern. Mit einer speziellen Versorgungsverpflich- tung wurde die Voraussetzung für die Schließung von Versorgungslücken bei der breitbandigen Internetversorgung geschaffen. Am Ende der Frequenzauktion konnten die Wettbewerber im deutschen Mobilfunk- markt ihr vorhandenes Spektrum mehr als verdoppeln und verfügen damit über zahl- reiche neue Entwicklungsperspektiven. Die unmittelbar im Anschluss an die Auk- tion erfolgten umfangreichen Netzausbauaktivitäten sowie die Markteinführung von neuen Technologien – wie LTE – zeigen, dass die Netzbetreiber den Breitbandaus- bau in Deutschland forcieren. Eine Vielzahl von bislang unversorgten Haushalten profitiert bereits von dem nachhaltigen Netzausbau der Unternehmen. Bereits im Jahr 2011 wurde in sechs Bundesländern die geforderte Versorgung erreicht und da- mit den Verbrauchern mehr Qualität, zusätzliche Kapazität und bessere Geschwin- digkeiten bei der mobilen Datennutzung bereitgestellt. Es ist festzustellen, dass mit Blick auf die Regulierungsziele, insbesondere für die Wahrung der Verbraucherinteressen, die Sicherstellung eines chancengleichen Wett- bewerbs und die Förderung effizienter Infrastrukturinvestitionen bemerkenswerte Erfolge beim mobilen Breitbandausbau zu verzeichnen sind. Diese Entwicklung zeigt schon jetzt, dass es zukunftsweisend und lohnend war in Deutschland, als erstes Land in Europa, Spektrum in einem derartigen Umfang zu versteigern. Weitere Impulse zur Förderung der technologischen Entwicklung in Deutschland, insbesondere für den Ausbau von Glasfasernetzen, konnte die Bundesnetzagentur durch das NGA-Forum geben. Das Beratungsgremium wurde im Mai 2010 bei der Bundesnetzagentur zur Förderung des Dialogs zwischen der Behörde, den Netzbe- treibern, Herstellern, Ländern und Kommunen zum Thema NGA-Roll-Out einge- richtet. Ein Schwerpunkt war der Breitbandausbau im ländlichen Raum bzw. die Be- seitigung der sogenannten weißen Flecken. Hierbei konnte festgestellt werden, dass eine flächendeckende leistungsfähige Grundversorgung mit Breitbandanschlüssen bereits in Kürze erreicht werden kann. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem LTE-Ausbau und den finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten des Staates zu. Ein weiterer Schwerpunkt des NGA-Forums beschäftigte sich mit dem Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen. Auch hier kann der notwendige Ausbau in angemes- sener Zeit mit einem Mix an Strategien und Technologien (VDSL, FTTB, FTTH, TV-Kabel und drahtlose Technologien) im Wettbewerb realisiert werden. Die Inter- operabilität, im Sinne von Abstimmung über technische Schnittstellen und operative Prozesse, stellt dabei ein zentrales Element für den Erfolg des Ausbaus der zukünfti- gen Breitband-Infrastruktur dar. Mit der Verabschiedung zweier Dokumente wurde hier ein entscheidender Durchbruch für Planungssicherheit und zusätzliche Investi- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13 – Drucksache 17/8246

tionen erreicht. Damit hat das NGA-Forum einen wesentlichen Beitrag zur Umset- zung der Breitbandstrategie der Bundesregierung geleistet. Die positive Wettbewerbsentwicklung der vergangenen Jahre auf dem Markt für Te- lefonanschlüsse in den Festnetzen verstetigt sich. Der Anteil der alternativen Netzbe- treiber hat sich innerhalb der vergangenen vier Jahre auf ca. 40 Prozent verdoppelt. Dies entspricht einer Gesamtzahl von mehr als 14 Millionen Telefonanschlüssen bei Wettbewerbern der Deutschen Telekom AG. Auf dieser Basis verzeichneten die Wettbewerber insbesondere bei den sogenannten Komplettanschlüssen, d. h. bei sol- chen DSL-Anschlüssen, über die auch sämtlicher Telefonverkehr abgewickelt wird und die insofern als vollständiges Substitut für die herkömmlichen Schmalbandan- schlüsse fungieren, hohe Wachstumsraten. Eine Grundlage für diese Erfolge der Wettbewerber waren die bewährten Maßnahmen der Bundesnetzagentur zur Regu- lierung des Festnetzes der Deutschen Telekom AG, bei denen jedoch immer wieder neue Aspekte des sich wandelnden Marktes berücksichtigt werden müssen. So konnte in den vergangenen zwei Jahren weiterhin der Zugang zu relevanten techni- schen Einrichtungen bzw. Vorleistungsprodukten in unterschiedlichen Netzsegmen- ten gewährleistet werden. Auf diese Weise wurde den Wettbewerbern ermöglicht, entsprechend ihrer Ausrichtung und ihren finanziellen Fähigkeiten, zu entscheiden, wie weitgehend sie in eigene Netze investieren bzw. welche Vorleistungen der Deut- schen Telekom AG sie in Anspruch nehmen wollten. Denn mit Vorleistungsproduk- ten wie der Teilnehmeranschlussleitung, dem Bitstrom oder dem Resale standen ih- nen wieder unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung. Letztlich haben auch die TV-Kabelnetzbetreiber zu diesem Wachstum beigetragen. Ihre steigenden An- schlusszahlen, die sich in den vergangenen zwei Jahren um über 50 Prozent auf mehr als 3,5 Millionen Anschlüsse erhöht haben, waren ein wichtiger Teil des gesamten Wachstums. Letztlich haben die Maßnahmen der Bundesnetzagentur auch in den vergangenen Jahren erfolgreich zu einem ausgeprägten Wettbewerb in vielen Bereichen der Tele- kommunikationsbranche beigetragen. Die Wettbewerbsentwicklungen belegen zu- dem, dass sich im Gegensatz zur Regulierung von Vorleistungsentgelten die schritt- weise Rückführung der Regulierung von einer Ex-ante-Genehmigungspflicht hin zu einer nachträglichen Entgeltkontrolle bei Endkundenleistungen bewährt hat. Gleich- zeitig verfügt die Bundesnetzagentur aber nach wie vor über die Möglichkeit, all jene Angebote, die den Telefonanschluss umfassen, auf etwaige Missbräuchlichkeit hin zu überprüfen und somit sicherzustellen, dass insbesondere keine sachlich unge- rechtfertigten Bündelungen im Sinne wettbewerbswidriger Verdrängungsstrategien zur Anwendung kommen können. Generell gilt, dass sich die wettbewerblichen Strukturen – trotz der nach wie vor in weiten Teilen bestehenden Regulierungsbe- dingtheit – weiter gefestigt haben. Hierfür spricht schließlich auch die Tatsache, dass der Anteil eigener Wertschöpfung auf Seiten der Festnetz-Wettbewerber von 40 Prozent im Jahr 2000 über 60 Prozent im Jahr 2005 auf nunmehr etwa 70 Prozent angestiegen ist. Einen wesentlichen Beitrag zu dieser Entwicklung haben in den ver- gangenen Jahren die TV-Kabelnetzbetreiber geleistet. Auch dies belegt, dass die Li- beralisierung nicht lediglich zu einem intensiven Preiswettbewerb geführt hat, son- dern vielmehr in zunehmendem Maße auch zu konkurrierenden Infrastrukturen. Diese wettbewerbliche Konstellation gilt es auch im Kontext des Ausbaus von NGA- Netzen zu sichern. Resümierend lässt sich festhalten, dass die wettbewerblichen Entwicklungen auf den Telekommunikationsmärkten von großer technologischer Dynamik und Vielfalt ge- prägt sind. Somit war es auch in den vergangenen zwei Jahren die Herausforderung, sich diesem Wandel zu stellen und den neuen Gegebenheiten in geeigneter Weise zu begegnen. Diese Tatsache, verbunden mit der Bedeutung von Kommunikation in ei- ner Informationsgesellschaft, wird die Telekommunikation in der Bundesnetzagentur auch in Zukunft zu einem ihrer zentralen Aufgabenbereiche machen. Über diese vielschichtige und erfolgreiche Arbeit wird der nachfolgende Bericht einmal mehr einen umfassenden Überblick geben.

Matthias Kurth Präsident der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen Drucksache 17/8246 – 14 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Teil I Wettbewerbsentwicklung ren werden Dienstleistungssegmente mit Bestands-, Ver- kehrs- und Umsatzzahlen beschrieben.1 Abschnitt A Grundzüge der Marktentwicklung Ergänzende Darstellungen befinden sich im Anhang 2. Die Lage und die Entwicklung auf dem Gebiet der Tele- Ausgewählte Kennzahlen und Wettbewerberanteile zeigt die folgende Übersicht. kommunikation werden im Folgenden anhand ausge- wählter Marktstrukturdaten beschrieben. Dazu wird zu- nächst auf die Unternehmen, ihre Umsatzerlöse, 1 Summenangaben in Tabellen und Grafiken können rundungsbedingt Investitionen und Arbeitsplätze eingegangen. Des Weite- von der Aufsummierung der Einzelwerte abweichen.

Abbildung 1

Kennzahlen und Wettbewerberanteile im deutschen Telekommunikationsmarkt

Kennzahlen 2009 2010 2011e

Umsatzerlöse (Mrd. €) 60,4 59,2 c 58,5

Investitionen (Mrd. €) 6,1 c 5,9 −

Beschäftigte 184.200 c 176.900 c 175.200 a

Telefonanschlüsse/-zugänge (Mio.) 38,5 c 38,2 c 38,0

− PSTN/ISDN (inkl. öTel) 32,3 c 30,4 c 28,7

− Sprachzugänge über Kabel-TV-Netze 2,3 2,9 3,6 − Sprachzugänge über entbündelte 3,9 c 4,9 c 5,7 DSL-Anschlüsse (VoIP) Breitbandanschlüsse insgesamt (Mio.) 25,0 26,2 26,7 b

Penetrationsrate Breitband (bezogen auf Haushalte) 62,2% 65,3% 66,3% b

− DSL 22,4 23,0 23,2 b

> Deutsche Telekom AG (DT AG) 11,5 11,9 12,1 b

> Wettbewerber 10,9 11,1 11,1 b davon ∗ TAL, Vorleistungen alternativer Carrier, 8,7 9,1 9,2 b Eigenrealisierung ∗ Bitstrom (DT AG) 0,8 0,8 0,8 b

∗ Resale (DT AG) 1,4 1,2 1,1 b

− Kabelnetzbetreiber (Wettbewerber) 2,3 2,9 3,2 b

TAL-Vermietung der DT AG (Mio.) 9,1 9,5 9,6 b

Mobilfunkteilnehmer (Mio. Vertragsverhältnisse) 108,3 108,9 109,9 b

Penetrationsrate Mobilfunk (bezogen auf Einwohner) 132,3% 133,1% 134,5% b

Wettbewerberanteile 2009 2010 2011e

Umsatzerlöse 54% 54% 55%

Investitionen 52% 53% −

Telefonanschlüsse/-zugänge 31% c 35% 38%

Breitbandanschlüsse 54% 54% 54% b

DSL (inkl. Resale/Bitstrom) 49% 48% 48% b

a Stand 31.03.2011. b Stand 30.06.2011. c Aktualisierte Werte. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 15 – Drucksache 17/8246

1. Telekommunikationsdienste insgesamt bei der Deutschen Telekom AG stärker ausfällt als bei den alternativen Anbietern. 1.1 Wettbewerber im Festnetzbereich Rund drei Viertel der Außenumsatzerlöse im Festnetz Sprachtelefondienste werden in Deutschland Ende 2011 entfielen auf Endkundenleistungen. Hierzu gehören Au- von ca. 240 Netzbetreibern angeboten. Etwa 150 davon ßenumsatzerlöse, die mit Leistungen für private, gewerb- betreiben Telefonanschlüsse. Darüber hinaus bestehen liche und öffentliche Endverbraucher erzielt werden. Angebote von Wiederverkäufern und anderen Anbietern Über 20 Prozent entfielen auf Wholesaleleistungen. Diese von Sprachdiensten im Bereich Voice over IP (VoIP). umfassen Außenumsatzerlöse, die mit Vorleistungen für konzernexterne Festnetz-, Kabel- und Mobilfunkanbieter 1.2 Außenumsatzerlöse sowie Service-Provider erzielt werden. Hierunter fallen Vorleistungsprodukte für Sprachverkehr/Telefonie, Breit- Die Außenumsatzerlöse auf dem Telekommunikations- band/Internet sowie Infrastrukturleistungen. markt erreichten im Jahr 2010 59,2 Mrd. Euro. Die Wachstumsrate war damit zwar erneut negativ, das Absin- Im Mobilfunk wurden rund 70 Prozent der Außenum- ken hat sich aber deutlich verlangsamt. Im Jahr 2009 be- satzerlöse mit Endkundenleistungen erzielt. In dieser trug der Rückgang 3 Prozent, im Jahr 2010 2 Prozent und Größe sind im Gegensatz zum Festnetz und zur Kabel- im Jahr 2011 werden die Außenumsatzerlöse um gut fernsehinfrastruktur keine Außenumsatzerlöse mit End- 1 Prozent auf voraussichtlich 58,5 Mrd. Euro sinken. geräten berücksichtigt. Der Umsatzanteil mit Endgeräten Nachdem die alternativen Anbieter im Jahr 2010 den im Mobilfunk weist steigende Wachstumsraten auf. Rückgang ihrer Außenumsatzerlöse halbieren konnten Grund hierfür ist die erfolgreiche Smartphone-Vermark- (1,5 Prozent gegenüber 3 Prozent in 2009), werden sie im tung der Mobilfunk-Netzbetreiber. Der Anteil der Außen- Jahr 2011 voraussichtlich steigende Außenumsatzerlöse umsatzerlöse mit Wholesaleleistungen sank von 18 Pro- erzielen. Zu der zunehmend positiven Entwicklung tragen zent im Jahr 2009 auf 17 Prozent im Jahr 2010. Zu dieser in erster Linie die Mobilfunkunternehmen und die Kabel- Entwicklung haben sowohl rückläufige Wholesaleum- netzbetreiber bei. sätze mit unabhängigen Service-Providern als auch mit Festnetz- und Mobilfunkbetreibern beigetragen. Während der Außenumsatzerlösanteil der alternativen Anbieter 2008 bis 2010 trotz rückläufiger Außenum- Bei den Außenumsatzerlösen auf Basis der Kabelfernseh- satzerlöse bei 54 Prozent stabil blieb, werden sie ihren infrastruktur entfiel mit 94 Prozent der weitaus überwie- Anteil im Jahr 2011 auf 55 Prozent ausbauen können. gende Anteil auf Endkundenleistungen. Die restlichen Hintergrund dieser Entwicklung ist, dass bei insgesamt 6 Prozent waren Außenumsatzerlöse mit Wholesaleleis- fallender Tendenz der absoluten Umsätze der Rückgang tungen.

Abbildung 2

Außenumsatzerlöse auf dem Telekommunikationsmarkt

Mrd. € 70 66,8 67,3 66,3 63,9 63,9 62,0 62,3 60,5 60,4 59,2 58,5 60 56,2

48,1 50 44,2

40 35,1 35,3 34,4 34,7 33,2 34,2 33,8 33,2 33,4 32,8 31,4 32,4 31,9 32,0

30 32,1 33,1 32,5 30,7 29,5 28,9 28,0 27,3 25,4 26,7 26,5 20 23,0

16,7 10 11,4

0 1998 1999 2000 2001 20022003 2004 2005 200620072008 2009 2010 2011e

Gesamt DT AG Wettbewerber Drucksache 17/8246 – 16 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Abbildung 3

Außenumsatzerlösanteil der alternativen Anbieter und der Deutschen Telekom AG

%

80 74

70 65

59 58 60 57 54 54 54 54 55 52 51 51 52 50

48 49 49 48 46 46 46 46 45 40 43 41 42

30 35

26 20

10

0 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011e

DT AG Wettbewerber

Abbildung 4

Außenumsatzerlöse nach Segmenten

in Mrd. € 2009 2010 Q1/2011

Außenumsatzerlöse auf dem TK-Markt 60,4 Anteil 59,2 Anteil 14,5 Anteil

Außenumsatzerlöse im Festnetz 27,8 100% 26,3 100% 6,3 100%

mit Endkundenleistungen 21,2 76% 19,8 75% 4,8 76%

mit erbrachten Wholesaleleistungen 5,8 21% 5,8 22% 1,3 21%

sonstige Außenumsatzerlöse 0,8 3% 0,7 3% 0,2 3% Außenumsatzerlöse auf Basis der 3,6 100% 3,8 100% 1,0 100% Kabelfernsehinfrastruktur mit Endkundenleistungen 3,3 94% 3,6 94% 0,9 94%

mit erbrachten Wholesaleleistungen 0,2 6% 0,2 6% 0,1 6%

sonstige Außenumsatzerlöse 0,0 0% 0,0 0% 0,0 0%

Außenumsatzerlöse im Mobilfunk 25,4 100% 25,8 100% 6,3 100%

mit Endkundenleistungen (ohne Endgeräte) 17,7 70% 17,9 69% 4,4 70%

mit erbrachten Wholesaleleistungen 4,5 18% 4,4 17% 0,9 14%

mit Endgeräten 1,7 7% 2,4 9% 0,7 12%

sonstige Außenumsatzerlöse 1,5 6% 1,2 5% 0,2 4%

Sonstige Außenumsatzerlöse 3,7 3,2 0,8

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 17 – Drucksache 17/8246

1.3 Sachinvestitionen schlüsse wurden sowohl von klassischen Festnetzbetrei- bern wie auch von Kabelnetzbetreibern bezogen. Darüber Die Investitionen in Sachanlagen auf dem Telekommuni- hinaus sind die Verbindungen über Richtfunk weiter aus- kationsmarkt erreichten nach dem nahezu abgeschlosse- gebaut worden. Die Mitte 2011 vorhandenen über nen VDSL-Ausbau sowie der bereits weitgehenden Rück- 107 000 Richtfunksysteme überbrückten eine Gesamt- kanalfähigkeit der Kabel-TV-Netze und ihrer Aufrüstung länge von knapp 839 000 km. auf DOCSIS 3.0 im Jahr 2010 noch einen Umfang von 5,9 Mrd. Euro nach 6,1 Mrd. Euro im Jahr 2009. 2010 in- Von 1998 bis 2010 beliefen sich die Investitionen in der vestierten die alternativen Anbieter 3,1 Mrd. Euro und die Summe auf 93,3 Mrd. Euro. Davon entfielen 48,5 Mrd. Deutsche Telekom AG 2,8 Mrd. Euro. Euro (52 Prozent) auf die alternativen Anbieter und Die Investitionen entfielen 2009 und 2010 etwa zu zwei 44,8 Mrd. Euro auf die Deutsche Telekom AG. Dritteln auf den Festnetzbereich inkl. Kabelfernsehinfra- struktur und zu einem Drittel auf den Mobilfunkbereich. 1.4 Beschäftigung Nach einem Hoch im Jahr 2008 mit 0,88 Mrd. Euro blie- Die Beschäftigung auf dem Telekommunikationsmarkt ben die Investitionen in die TV-Kabelinfrastruktur erreichte zum Ende des ersten Quartals 2011 einen Stand 2009 und 2010 stabil bei jeweils 0,72 Mrd. Euro (ca. von 175 200. Sie lag damit knapp 1 Prozent unter dem 18 Prozent der Festnetzinvestitionen und 12 Prozent der Wert für das Jahr 2010. Im Jahr 2010 waren 176 900 Per- Gesamtinvestitionen). sonen bei den Unternehmen auf dem Telekommunika- Die Investitionen der Netzbetreiber flossen u. a. in den tionsmarkt in Deutschland beschäftigt. Der Rückgang ge- Ausbau der Glasfaserstrecken. Ende 2010 verfügten die genüber dem Vorjahr betrug 4 Prozent. Bei den Telekommunikationsunternehmen in Deutschland über alternativen Anbietern führten vor allem Konsolidie- 429 000 Glasfaserstreckenkilometer. Davon entfielen auf rungs- und Outsourcingeffekte zu einem Abbau der Mit- die Deutsche Telekom AG rund 271 000 km. Zur Jahres- arbeiterzahl. Bei der Deutschen Telekom AG ist der fort- mitte 2011 nutzten im Anschlussbereich 138 000 Kunden gesetzte Personalum- und -abbau verantwortlich für eine FTTB/H-Infrastruktur als Internetzugang. Diese An- sinkende Mitarbeiterzahlen.

Abbildung 5

Investitionen in Sachanlagen auf dem Telekommunikationsmarkt

Mrd. € 12 11,5

9,9 10

7,8 8 7,2 7,1 7,1 7,2 6,3 6,5 6,1 5,7 5,8 5,9 6 5,5 5,7

4,2 4,0 5,2 3,9 3,6 3,8 3,8 4 3,4 3,2 4,2 2,9 3,1 3,1 3,8 3,5 3,3 3,3 3,0 2,9 2 2,7 2,8 2,62,6 2,4

0 1998 1999 2000 2001 20022003 2004 2005 200620072008 2009 2010

Gesamt DT AG Wettbewerber (einschließlich Kabelnetzbetreiber) Drucksache 17/8246 – 18 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Abbildung 6

Investitionen in Sachanlagen im Festnetz einschl. Kabelfernseh-Infrastruktur und im Mobilfunk

Mrd. €

9 8,4

6,4

6 5,4 5,1 5,1 5,0 4,7 4,0 3,8 3,9 3,5 3,3 3,1 3,0 3,1 2,7 3 2,4 1,8 2,7 2,5 2,6 2,5 2,2 2,0 2,1 2,0

0 1998 1999 2000 2001 20022003 2004 2005 200620072008 2009 2010

Festnetz (einschließl. Kabelfernsehinfrastruktur) Mobilfunk

Abbildung 7

Summe der Investitionen in Sachanlagen auf dem Telekommunikationsmarkt 1998 bis 2010

Gesamt 93,3 Mrd. €

Wettbewerber 48,5 Mrd. €

Deutsche Telekom AG 44,8 Mrd. € Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 19 – Drucksache 17/8246

Abbildung 8

Beschäftigte auf dem Telekommunikationsmarkt

Gesamt DT AG (einschließlich Vivento) Wettbewerber 250.000 240.700 240.700 231.500 230.600 221.800 221.900 225.300 224.100 214.700 204.600

200.000 188.100 184.200 176.900 175.200

150.000 179.200 178.300 173.300 177.800 171.000 168.000 172.700 160.000 179.100 148.900 131.700 127.500 123.200 123.300 100.000

50.000

61.500 62.400 53.700 57.300 54.300 56.100 54.700 55.700 56.400 56.700 53.700 51.900 42.700 49.200

0 1998 1999 2000 2001 20022003 2004 2005 200620072008 2009 2010 31.03.2011

wenn nicht anders gekennzeichnet: Stand 31.12.

2. Telekommunikationsdienste auf Basis (Komplettanschlüsse) sowie die Telefonie über Kabel- von Festnetzanschlüssen TV-Netze realisieren dagegen Zuwächse. Im Jahr 2011 steigen der Gesamtbestand an VoIP über entbündelte DSL 2.1 Zugänge zur Sprachkommunikation auf schätzungsweise 5,7 Millionen (plus 17 Prozent) so- Die Festnetzkommunikation über klassische Telefonan- wie die Zahl der für Telefongespräche genutzten Kabel- schlüsse (PSTN/ISDN) einerseits sowie über entbündelte fernsehanschlüsse auf rund 3,6 Millionen (plus 24 Pro- DSL-Anschlüsse2 (VoIP) und Kabel-TV-Netze anderer- zent). Entsprechend werden Anschlüsse des klassischen seits hat sich in den vergangenen Jahren gegensätzlich Festnetzes durch die alternativen Technologien ersetzt. entwickelt. Der klassische Telefonanschluss wird selte- Der Gesamtzahl der öffentlichen Telefonstellen liegt ner, während die Telefonie über DSL und TV-Kabel zu- Ende 2011 voraussichtlich bei rund 66 000 Münz- und nimmt. In den kommenden Jahren wird darüber hinaus Kartentelefonen. die Telefonie über Glasfaserzugänge an Bedeutung ge- In den Festnetzen der Wettbewerber der Deutschen Tele- winnen. Insgesamt verringert sich die Nachfrage nach kom AG ist Ende 2011 ein Bestand von schätzungsweise Zugängen zur Sprachkommunikation in den Festnetzen 14,4 Millionen Telefonanschlüssen/-zugängen zu ver- leicht. zeichnen. Dementsprechend steigt ihre Zahl im Jahr 2011 Die häufigsten Anschlüsse in den Festnetzen sind nach um rund 1,0 Millionen und somit schwächer als in den wie vor Analoganschlüsse. Ihre Zahl geht 2011 um ca. Vorjahren. Die Zahl der Analog- und ISDN-PMx-An- 6 Prozent auf schätzungsweise 17,5 Millionen zurück. schlüsse der alternativen Teilnehmernetzbetreiber nimmt Gleichzeitig reduziert sich der Bestand an ISDN- kaum noch zu, die der ISDN-Basisanschlüsse geht zu- Basisanschlüssen auf etwa 11,0 Millionen in diesem Jahr. rück. Dagegen sind VoIP über entbündelte DSL-An- Die Gesamtzahl der ISDN-Primärmultiplexanschlüsse schlüsse und die Kabel-TV-Telefonie bei den alternativen (ISDN-PMx)3 vermindert sich ebenfalls. Sprachzugänge Teilnehmernetzbetreibern insbesondere von 2008 auf über entbündelte und für VoIP genutzte DSL-Anschlüsse 2009 dynamisch gewachsen (um gut 50 Prozent). Die Steigerungsraten haben sich 2010 wieder abgeflacht. Die Zuwächse beider Technologien beliefen sich gleicherma- 2 Bei entbündelten DSL-Anschlüssen ist die Bereitstellung und der Be- ßen auf etwa 26 Prozent. Ende 2011 liegt die Steigerungs- trieb des DSL-Anschlusses nicht an einen herkömmlichen Analog- rate für die VoIP-Zugänge mit voraussichtlich knapp oder ISDN-Telefonanschluss gebunden. 3 Die Angaben zu den ISDN-PMx-Anschlüssen beruhen infolge einer 14 Prozent deutlich unter jener der Sprachzugänge über unsicheren Datenbasis auf Seiten der Wettbewerber der Deutschen die Kabel-TV-Infrastruktur. Hier ist ein Wachstum von Telekom AG auf Schätzungen. schätzungsweise 24 Prozent zu verzeichnen. Drucksache 17/8246 – 20 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Abbildung 9

Zugänge zur Sprachkommunikation

Telefonanschlüsse/-zugänge 45 in Mio.

40 38,8 38,6 38,4 38,5 38,2 38,0

38,4 35 37,0

34,4

30 32,3 30,4 28,7 25 Summe Festnetz (PSTN/ISDN) 20 VoIP über entbündelte DSL Kabel-TV-Netz 15

10

5,7 4,9 3,9 5 2,5 0,8 1,5 0,3 0,1 0,8 3,6 2,3 2,9 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011e

Abbildung 10

Telefonanschlüsse/-zugänge und Wettbewerberanteile in Festnetzen

2009 2010 2011e Gesamt- Gesamt- Gesamt- Wettbewerberanteil Wettbewerberanteil Wettbewerberanteil bestand bestand bestand Mio. Mio. % Mio. Mio. % Mio. Mio. % Analoganschlüsse 20,01 1,71 8,5 18,67 1,72 9,2 17,53 1,739,9

ISDN-Basisanschlüsse 12,15 4,2034,6 11,63 3,94 33,9 11,00 3,58 32,5

ISDN-PMx-Anschlüsse 0,106 0,0294 27,7 0,103 0,029628,7 0,099 0,0298 30,1

öffentliche Telefonstellen 0,084 0,00172,0 0,070 0,0015 2,1 0,066 0,0014 2,1

Sprachzugänge über Kabel-TV-Netze 2,30 2,30 100,0 2,90 2,90 100,0 3,603,60 100,0 Sprachzugänge über entbündelte und 3,85 3,80 98,7 4,86 4,77 98,1 5,685,4596,0 für VoIP genutzte DSL-Anschlüsse Summe Anschlüsse/Zugänge 38,50 12,04 31,3 38,23 13,36 34,9 37,98 14,39 37,9

Angaben inkl. Eigenbedarf

In den Festnetzen der Wettbewerber der Deutschen Etwa 150 alternative Teilnehmernetzbetreiber bieten der- Telekom AG übertrifft im Jahr 2011 VoIP über entbün- zeit Telefonanschlüsse/-zugänge an. Dabei haben Ver- delte DSL mit einem Anteil an den Telefonanschlüssen/ braucher die Wahl zwischen analogen Anschlüssen, -zugängen von ca. 38 Prozent erstmals den Anteil der ISDN-Anschlüssen, Sprachzugängen über entbündelte klassischen Analog- und ISDN-Telefonanschlüsse mit und für VoIP genutzte DSL-Anschlüsse oder Sprachzu- rund 37 Prozent. Gleichzeitig liegt der Anteil von VoIP gängen über Kabelfernseh- und Glasfasernetze. Die An- über entbündelte DSL noch deutlich über dem Anteil schlüsse/Zugänge der alternativen Anbieter werden auf der über Kabel-TV-Netze realisierten Sprachzugänge, der Grundlage der Verträge über den Zugang zur TAL der die aber eine höhere Wachstumsrate zu verzeichnen Deutschen Telekom AG, auf Basis der Vorleistungspro- haben. Gegenüber diesen Technologien hat das klas- dukte „stand alone ATM/IP-Bitstrom“ und „stand alone sische Festnetz für die alternativen Teilnehmernetz- resale“ der Deutschen Telekom AG, basierend auf eigener betreiber innerhalb weniger Jahre an Bedeutung verlo- TAL oder auf Vorleistungsprodukten alternativer Carrier ren. (Bitstrom oder Resale) betrieben. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21 – Drucksache 17/8246

Abbildung 11

Telefonanschlüsse/-zugänge der alternativen Teilnehmernetzbetreiber4

Mio. 16

14,4 Summe 14 VoIP über entbündelte DSL 13,4 ISDN-Basis- und ISDN-PMx-Anschlüsse Sprachzugänge über Kabel-TV-Netze 12,0 12 Analoganschlüsse (inkl. öTel)

9,8 10

8 7,2

6 5,5 5,1 4,8 4,1 4,2 4,0 4,0 4 3,6 3,6 3,8 2,5 3,6 2,9 2 1,6 1,7 2,3 1,1 0,8 1,7 1,7 1,7 1,5 0,1 0,3 0,8 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011e

Abbildung 12

Verteilung der Telefonanschlüsse/-zugänge der alternativen Teilnehmernetzbetreiber nach Technologien5

% 100 2 11

26 32 36 80 38

60

92 78

59 49 42 37 40

20

25 19 22 15 11 6 0 200620072008 2009 2010 2011e

VoIP über entbündelte DSL Telefonanschlüsse im klassischen Festnetz (PSTN/ISDN) Sprachzugänge über Kabel-TV-Netze

4 Neue Erkenntnisse haben Korrekturen bei Analog- und ISDN-Basisanschlüssen für die Jahre 2008 und 2009 erforderlich gemacht. 5 Neue Erkenntnisse haben Korrekturen bei Analog- und ISDN-Basisanschlüssen für die Jahre 2008 und 2009 erforderlich gemacht. Drucksache 17/8246 – 22 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2.2 Breitbandanschlüsse mend Geschwindigkeiten von mindestens 50 Mbit/s oder gar über 100 Mbit/s von den Telekommunikationsunter- Der Großteil der Breitbandanschlüsse in Festnetzen wird nehmen vermarktet werden, fragten bisher nur wenige in Deutschland über DSL und die Kabelfernsehinfrastruk- Breitbandnutzer solche hochbitratigen Anschlüsse nach. tur (HFC) realisiert. Daneben zählen Festverbindungen, Etwa zwei Drittel der Breitbandkunden verfügt weiterhin Glasfaser, Satellit, Stromleitungen sowie funkbasierte In- über eine Bandbreite von maximal 10 Mbit/s. Somit ist frastrukturen zu den weiteren verwendeten Anschluss- nach wie vor eine große Diskrepanz zwischen dem Ange- technologien. bot an hohen Bitraten und der tatsächlich nachgefragten Zum Stichtag 1. Juli 2011 waren in Deutschland Bandbreite festzustellen. Nur etwa ein Drittel der Breit- ca. 26,9 Millionen Breitbandanschlüsse in Betrieb. Mit bandanschlüsse verfügt über eine vermarktete Bandbreite insgesamt 23,2 Millionen Anschlüssen und einem Anteil von über 10 Mbit/s. von 86 Prozent ist DSL weiterhin die dominierende An- Nach einer Studie von Cullen International6 ist die Dis- schlusstechnologie. Demgegenüber entfielen auf sämtli- krepanz zwischen dem Angebot und der Nachfrage nach che alternativen Technologien etwa 3,5 Millionen An- sehr hohen Bitraten derzeit in fast allen europäischen schlüsse. Der Großteil dieser Anschlüsse wurde von Ländern zu beobachten. Kabelnetzbetreibern realisiert. Bis zum Ende des ersten Halbjahres 2011 konnten die 2.2.1 DSL-Anschlüsse Wettbewerber der Deutschen Telekom AG einen Ver- marktungsanteil von rund 54 Prozent an der Gesamtzahl Zum Ende des ersten Halbjahres 2011 waren insgesamt der Breitbandanschlüsse erreichen. 23,2 Millionen DSL-Anschlüsse in Betrieb. Davon ent- fielen rund 12,1 Millionen Anschlüsse direkt auf die In Deutschland wiesen zum Ende des zweiten Deutsche Telekom AG. Demgegenüber wurden ca. Quartals 2011 etwa 27 Prozent der Breitbandanschlüsse 11,1 Millionen von Wettbewerbern vermarktet. (26,7 Millionen) eine gegenüber Endkunden vermarktete Bandbreite (Downstream) von mindestens 10 Mbit/s und maximal 30 Mbit/s auf. Obwohl darüber hinaus zuneh- 6 Cullen International, August 2011.

Abbildung 13

Breitbandanschlüsse in Festnetzen

30 Mio.

26,7 26,2 25,0 25 3,2 3,5 22,7 2,6

1,8 19,7 20 1,2

15,0 15 0,6

10,8 22,4 23,0 23,2 10 0,3 20,9 18,5 7,0 14,4 0,2 4,5 5 10,5 3,2 0,1 6,8 1,9 0,08 4,4 0,03 3,2 1,9 0 2001 20022003 2004 2005 200620072008 2009 2010 Q2/2011

BWA, Festverbindungen, FTTB/FTTH, HFC-Kabelnetze, Powerline, Satellit

DSL Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 23 – Drucksache 17/8246

Abbildung 14

Anteile an den Breitbandanschlüssen in Festnetzen

100 %

90 91,9 88,5 80 80,3 70

60 54,3 54,4 52,4 53,9 53,1 53,8 59,4 50 40,6 47,6 46,1 46,9 46,2 40 45,7 45,6

30 19,7 20 11,5 8,1 10

0 2001 20022003 2004 2005 200620072008 2009 2010 Q2/2011

DT AG (direkte Endkunden) Wettbewerber (inkl. Bitstrom/Resale)

Abbildung 15

Verteilung der vermarkteten Bandbreiten bei Breitbandanschlüssen

0,3%

6,0% 12,5%

größer 144 kbit/s bis unter 2 Mbit/s (12,5%) 12,3% 27,2% genau 2 Mbit/s (12,3%) über 2 Mbit/s bis unter 10 Mbit/s (41,7%)

10 Mbit/s bis unter 30 Mbit/s (27,2%)

30 Mbit/s bis unter 100 Mbit/s (6,0%)

100 Mbit/s und mehr (0,3%) 41,7% Drucksache 17/8246 – 24 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

In Bezug auf die Vermarktung gegenüber Endkunden Während der Wiederverkauf von DSL-Anschlüssen der konnten sowohl die Deutsche Telekom AG als auch deren Deutschen Telekom AG durch alternative Anbieter (Re- Wettbewerber seit dem Jahr 2006 ihre Anteile nahezu sale Deutsche Telekom AG) weiter an Bedeutung verliert, konstant halten. kommen zudem infrastrukturintensivere Vorleistungspro-

Abbildung 16

DSL-Anschlüsse

25 Mio. 23,0 23,2 22,4 20,9

20 18,5 8,7 9,1 9,2 7,8 14,4 6,0 15 0,8 0,8 0,8 0,8 1,1 4,1 1,4 1,2 10,5 1,7 3,5 10 2,5 6,8 3,2 0,9 1,6 4,4 0,3 5 3,2 0,4 1,9 0,2 0,1 1,83,04,05,66,47,19,010,611,5 11,9 12,1 0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Q2/2011

Wettbewerber (TAL, Vorleistungen alternativer Carrier, Eigenrealisierung) Bitstrom DT AG Resale DT AG DT AG (direkte Endkunden)

Abbildung 17

Anteile an den DSL-Anschlüssen

100 %

90 92,0 91,0

80 83,0

70

60 52,0 61,0 51,0 51,0 51,0 51,0 52,0 50 49,0 49,0 39,0 49,0 49,0 48,0 48,0 40

30

20 17,0

8,0 9,0 10

0 2001 20022003 2004 2005 200620072008 2009 2010 Q2/2011

DT AG (direkte Endkunden) Wettbewerber inkl. Bitstrom/Resale Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 25 – Drucksache 17/8246 dukte zur Anwendung, die im Gegensatz zu Resale nicht nologie entschieden. Über 80 Prozent davon nutzen einen nur die bloße Überlassung des DSL-Anschlusses umfas- Internetzugang ab 10 Mbit/s. Preislich konkurrenzfähig sen, sondern auch die Zuführung des Datenverkehrs und und immer häufiger mit dem Übertragungsstandard ggf. die Herstellung der Internetkonnektivität (z. B. Bit- DOCSIS 3.0 aufgerüstet, bieten sie oftmals höhere maxi- strom). Neben der Deutschen Telekom AG bieten derar- mal mögliche Übertragungsgeschwindigkeiten als die In- tige Vorleistungsprodukte auch alternative Carrier an. ternetzugänge der DSL-Anbieter. Die Kabelnetzbetreiber Auf den Bitstromangeboten der Deutschen Telekom AG planen, Ende 2012 ca. 24 Millionen Haushalten einen Zu- basierten Mitte 2011 rund 0,8 Millionen der von Wettbe- gang mit bis zu 100 Mbit/s über ihre modernisierten, aus werbern gegenüber Endkunden vermarkteten DSL-An- Glasfaser und Koaxialleitungen bestehenden, Netze schlüsse. (HFC-Netze) bereitzustellen. Noch höhere Bandbreiten sind über diese Infrastruktur zukünftig flexibel realisier- Auf Basis des Zugangs zur entbündelten Teilnehmer- bar, da die Glasfaser stufenweise und abhängig von der anschlussleitung der Deutschen Telekom AG stellen al- Nachfrage immer näher an die Häuser herangeführt wer- ternative Netzbetreiber zunehmend anderen Wett- den kann. Noch einen Schritt weiter gehen einige Kabel- bewerbsunternehmen spezielle Vorleistungsprodukte zur netzbetreiber, die heute schon ihren Kunden Glasfaseran- V erfügung. Dieses Geschäftsfeld hat in den letzten Jahren schlüsse bis ins Haus zur Verfügung stellen. stark an Bedeutung gewonnen. Vor allem sog. Komplett- anschlüsse werden über derartige Geschäftsmodelle ge- Bei den Zuwächsen der Breitbandschlüsse erreichten die genüber Endkunden angeboten. Bei diesen Anschlüssen Anschlüsse der TV-Kabelanbieter im Jahr 2010 einen An- wird neben dem Zugang zum Internet auch die Telefonie teil von über 50 Prozent. In absoluten Zahlen ist der Ge- ausschließlich IP-basiert (VoIP) über DSL abgewickelt, samtzuwachs des Breitbandmarktes aber deutlich gerin- wodurch ein klassischer Telefonanschluss nicht mehr er- ger als in den Vorjahren. forderlich ist. Zum Ende des ersten Quartals 2011 gab es nach Angaben der DSL-Anbieter bereits etwa 4,9 Millio- 2.2.3 Powerline nen Komplettanschlüsse. Internetzugänge können auch durch Powerline realisiert 2.2.2 Kabelinternet werden. Hierbei werden die stromführenden Leitungen der Energieversorger zum Datentransport genutzt. Diese Die Internetanschlüsse der Kabelnetzbetreiber sind eine nur an wenigen Standorten lokal verfügbare Zugangs- Alternative zum klassischen Festnetz. Mitte 2011 haben möglichkeit wurde zur Jahresmitte 2011 von weiterhin sich rund 3,2 Millionen Kunden für diese Anschlusstech- weniger als 10 000 Kunden genutzt.

Abbildung 18

Internetzugänge der Kabelnetzbetreiber

Mio. 4

3,2

3 2,9

2,3

2 1,6

1,0 1

0,49

0,24 0,15 0,03 0,05 0,07 0 2001 20022003 2004 2005 200620072008 2009 2010 Q2/2011 Drucksache 17/8246 – 26 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Abbildung 19

Zuwächse der Breitbandanschlüsse – DSL/Glasf. und Kabel/Glasf 7

Mio. 97% 5 96% 97% 97% 100% 93% 88%

4,18 80% 3,89 4 3,75 71%

3 50% 2,33 2,37 50% 48% 2 1,57 1,29 1,24 29% 20% 1 0,5 0,7 0,3 11% 0,6 0,59 0,62 0,1 0,1 0,03 6,0% 0,02 3% 2,5% 1,1% 2% 0 0% 20022003 2004 2005 200620072008 2009 2010 Festnetzanbieter: DSL/FTTB/FTTH-Zuwächse abs. TV-Kabelanbieter: Kupferkoaxialkabel/HFC/FTTB/FTTH-Zuwächse abs. Anteil der TV-Kabelanbieterzuwächse über Koax/HFC/FTTB/FTTH an den Gesamtzuwächsen der Breitbandanschlüsse Anteil der Festnetzanbieterzuwächse über DSL/FTTB/FTTH an den Gesamtzuwächsen der Breitbandanschlüsse

2.2.4 Satellit quenzen mehrfach auszunutzen, sind jetzt Bandbreiten von bis zu 10 Mbit/s im Download und 4 Mbit/s im Up- Mitte 2011 nutzten 41 000 Kunden bei rund zehn Anbie- load pro Kunde erreichbar. In einer weiteren, demnächst tern bidirektionale Zugangsmöglichkeiten ins Internet verfügbaren Ausbaustufe sind für professionelle Anwen- über die beiden Satellitensysteme von Astra und Eutelsat. dungen sogar bis zu 50 Mbit/s im Download und Diese nahezu ortsunabhängige Anschlussmöglichkeit 20 Mbit/s im Upload vorgesehen. kann einen relativ kleinen, aber wichtigen Beitrag bei der lückenlosen Breitband-Internetversorgung Deutschlands leisten8. Zwar sind die Anschaffungskosten wie auch die 2.3 Internetverkehr monatlichen Tarife solcher Dienste in den letzten Jahren immer mehr gesunken, doch stellt sich der Zugang über Trotz zunehmender Sättigung des Breitbandanschluss- DSL oder Kabelfernsehnetze als der immer noch preis- marktes steigt die über Breitbandanschlüsse abgewickelte günstigere Weg ins Internet dar. Eine Attraktivitätssteige- Verkehrsmenge (inkl. IPTV und VoIP) weiterhin stetig an. rung in Form höherer Bandbreiten gelang durch die Inbe- Bis Ende 2011 wurden schätzungsweise insgesamt rund triebnahme des „KA-SAT“ von Eutelsat im Jahr 2011. 3,7 Mrd. GB über Breitbandanschlüsse in Festnetzen ge- Die hierbei angewandte Multibeam-Technik bietet den neriert. Dies entspricht einem durchschnittlich genutzten Vorteil, mit nur einem Satelliten Signale in mehreren so Datenvolumen von knapp 12 GB pro Monat und Breit- genannten Spotbeams regional gezielt zur Erde senden zu bandanschluss. können. Durch die damit verbundene Möglichkeit, Fre- Neben der Zunahme der IP-basierten Telefondienste (VoIP) führen vor allem datenintensive Anwendungen 7 Nettozuwächse als Differenz von Zugängen und Abgängen. Darge- wie Fernsehen (IPTV) oder Videoabrufe zur Steigerung stellt sind die Zugänge der Anschlüsse der Festnetzanbieter über der Verkehrsmengen. DSL und Glasfaser im Vergleich mit den Breitbandanschlüssen von TV-Kabelanbietern. In den Anschlüssen der TV-Kabelanbieter sind Hingegen verliert die Nutzung des Internets auf Basis von u. a. Anschlüsse über Glasfaser (FTTB/FTTH) berücksichtigt. Die Schmalbandanschlüssen (analog/ISDN) weiter erheblich Prozentsätze beziehen sich auf den Gesamtbestand aller Breitbandan- schlüsse. an Bedeutung. So entfielen im Jahr 2010 nur noch rund 8 Nach Aussage der Satellitenbetreiber hätten Ende 2010 gleichzeitig 3 Milliarden Minuten auf Einwahlverbindungen in das 250 000 Kunden Internet via Satellit nutzen können. Internet. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 27 – Drucksache 17/8246

Abbildung 20

Verkehrsvolumen Breitband

3,7 Mrd. GB

3,2 Mrd. GB

2,7 Mrd. GB

2,2 Mrd. GB

1,8 Mrd. GB

1,1 Mrd. GB

0,7 Mrd. GB 10,2 11,6 8,5 8,8 9,4 7,2 GB GB 6,4 GB GB GB GB GB

2005 200620072008 2009 2010 2011e

Gesamtvolumen Durchschnittliches Datenvolumen pro Anschluss und Monat

2.4 Gesprächsminuten in Festnetzen In Festnetzen werden Telefongespräche zunehmend über DSL- oder Kabelfernsehnetze abgewickelt. Insbesondere Das Gesamtvolumen der abgehenden Gesprächsminuten9 über klassische Telefonnetze sowie IP-basierte Netze ist beim Neukundengeschäft der Wettbewerber verlieren in den letzten Jahren rückläufig und belief sich im klassische Analog- oder ISDN-Anschlüsse an Bedeutung. Jahr 2010 auf rund 195 Milliarden Minuten. Davon ent- Es erfolgt eine Verschiebung der Verkehrsmengen vom fielen etwa 94 Milliarden Minuten auf die Wettbewerber klassischen Telefonnetz zu IP-basierten Netzen. Im der Deutschen Telekom AG. Nach vorläufigen Berech- Jahr 2010 wurden bereits 40 Milliarden Gesprächsminu- nungen der Bundesnetzagentur hält dieser Trend an und ten der Festnetz-Wettbewerber über IP-basierte Netze ab- das Gesamtvolumen verringert sich bis Ende 2011 auf ca. gewickelt. 191 Milliarden Minuten. Am Gesamtvolumen der Gesprächsminuten in Festnetzen Der Grund für die rückläufige Tendenz bei den Ge- erreichte das IP-basierte Volumen im Jahr 2010 einen An- sprächsminuten ist eine Verlagerung der Verkehrsmengen teil von 21 Prozent. In den nächsten Jahren ist mit starken von den Festnetzen zu den Mobilfunknetzen sowie ggf. Zuwächsen der IP-basierten Minuten zu rechnen, da ne- eine verstärkte Nutzung von Diensten wie beispielsweise ben den alternativen Anbietern auch die Deutsche Tele- Skype10. Die Substitutionseffekte durch den Mobilfunk sind im internationalen Vergleich noch relativ gering, da kom AG im Neukundengeschäft verstärkt IP-basierte Te- im Festnetz Pauschaltarife (Flatrate) für Gesprächsminu- lefonanschlüsse vermarktet. ten im Rahmen von Bündelprodukten intensiv genutzt Das über Wettbewerber der Deutschen Telekom AG im werden. Mittlerweile verfügen bereits mehr als die Hälfte Rahmen von Call-by-Call oder Preselection indirekt ge- der Festnetzkunden über Bündelprodukte, die neben dem führte Gesprächsvolumen ist weiterhin stark rückläufig. Telefon- bzw. Breitbandanschluss typischerweise jeweils eine Flatrate für die Internetnutzung und Telefonie be- Während im Jahr 2005 noch rund 62 Milliarden Minuten inhalten. auf Basis von Call-by-Call bzw. Preselection abgewickelt wurden, reduzierte sich diese Zahl im Jahresverlauf 2010 um über drei Viertel auf ca. 14 Milliarden Minuten. Mit 9 In- und Auslandsverbindungen sowie Verbindungen in nationale Mo- einem Anteil von etwa 60 Prozent an den indirekt geführ- bilfunknetze. ten Gesprächsminuten übersteigt die Verkehrsmenge über 10 Da diese Verkehre nicht von der Datenerhebung der Bundesnetz- agentur erfasst werden können, lässt sich dieser Effekt nicht exakt Preselection seit mehreren Jahren das über Call-by-Call quantifizieren. geführte Sprachvolumen. Drucksache 17/8246 – 28 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Abbildung 21

Abgehende Gesprächsminuten in Festnetzen

220 Mrd. 199,0 197,9 198,0 197,9 198,4 195,1 200 191,2

180

160

140 112 120 104 101 102 103 101 96 97 96 99 100 94 94 92 86 80

60

40

20

0 2005 200620072008 2009 2010 2011e

DT AG Wettbewerber (inkl. Kabelnetzbetreiber) Gesamtvolumen

Abbildung 22

Anteile der Vermittlungstechnologien am Gesprächsvolumen in Festnetzen

% 100

80

77 60 82 79 90 86 99 95

40

20

23 18 21 10 14 5 0 1 2005 200620072008 2009 2010 2011e

paketvermittelt (IP-basierte Netze) leitungsvermittelt (klassisches Telefonnetz) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 29 – Drucksache 17/8246

In den Segmenten Inlandsverbindungen sowie Verbindun- den, dass bestimmte Verkehre nicht in der Datenbasis ent- gen vom Festnetz in nationale Mobilfunknetze konnten halten sind. Hierzu zählen Verkehre, die auf Basis einer die alternativen Anbieter ihre Anteile am Verkehrsauf- zumeist kostenlosen VoIP-Software abgewickelt werden. kommen behaupten. Knapp die Hälfte der abgewickelten Auf solche Angebote11 dürfte eine nicht unerhebliche Gesprächsminuten in diesen beiden Segmenten entfällt Verkehrsmenge im Segment der Auslandsverbindungen auf Wettbewerber der Deutschen Telekom AG. entfallen. Im Hinblick auf Verbindungen in ausländische Fest- und Mobilfunknetze ist festzustellen, dass es der Deutschen 11 Hierzu zählt beispielsweise der Anbieter Skype. Da diese Verkehre Telekom AG hier gelang, Anteile zurückzugewinnen. Bei nicht von der Datenerhebung der Bundesnetzagentur erfasst werden einer Interpretation der Zahlen muss berücksichtigt wer- können, lässt sich dieser Effekt nicht exakt quantifizieren.

Abbildung 23 Über alternative Anbieter abgehende Gesprächsminuten in Festnetzen

120 Mrd.

100 96 97 96 94 94 92 86 18 14 10 25 80 36

51 37 60 40 62 42 44

40 41

33 45 20 40 36 22 28 19 9 0 2 2005 200620072008 2009 2010 2011e

VoIP Klassische Telefonanschlüsse (Analog/ISDN) Call-by-Call/Preselection

Abbildung 24 Anteile der alternativen Anbieter am Gesprächsvolumen nach Verbindungssegmenten

100 %

80 75 74

66 59 60 57 57

48 48 46 47 47 48

48 46 40 46 45 45 46

20

0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011e

Orts-, Nah- und Fernverbindungen Verbindungen in ausländische Fest- und Mobilfunknetze Verbindungen in nationale Mobilfunknetze Drucksache 17/8246 – 30 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2.5 Anschlussvorleistungen schlussmarktes und der damit verbundenen Reduzierung der zusätzlichen Nachfrage nach hochbitratigen An- Für die Realisierung von Telefon- und Breitbandan- schlussleitungen. schlüssen nutzen die Wettbewerber der Deutschen Telekom AG neben selbst verlegten Anschlussleitungen oder funkbasierten Lösungen überwiegend bereits ver- 2.6 Wertschöpfung der Festnetz- legte Teilnehmeranschlussleitungen (TAL) der Deutschen Wettbewerber Telekom AG. Diese in der Regel aus Kupfer bestehenden Bei der Erbringung von Anschluss- und Verbindungsleis- Leitungen können von alternativen Anbietern im Rahmen tungen gegenüber Endkunden sind alternative Festnetzan- von vertraglichen Vereinbarungen als Vorleistungspro- bieter, Internet-Service Provider sowie Kabelnetzbetrei- dukt von der Deutschen Telekom AG bezogen werden. ber12 oftmals auf unterschiedliche Vorleistungen der Das Vorleistungsangebot der Deutschen Telekom AG um- Deutschen Telekom AG angewiesen. Hierunter fallen ne- fasst eine Vielzahl unterschiedlicher Produktvarianten der ben der Teilnehmeranschlussleitung als bedeutendste TAL. Der Großteil der Anmietungen entfällt auf die ent- Vorleistung und anderen spezifischen Leistungen für bündelte hochbitratige Kupferdoppelader. Diese nutzen DSL-Anschlüsse insbesondere Transport- und Terminie- alternative Anbieter insbesondere für die Bereitstellung rungsleistungen von Telefonverbindungen (inkl. Termi- von DSL-Anschlüssen gegenüber Endkunden. Zudem ba- nierungen im Mobilfunknetz der Deutschen Telekom sieren vermehrt eigene Vorleistungsangebote alternativer AG). Darüber hinaus werden häufig Leitungen von der Carrier, wie beispielsweise Bitstrom, auf der TAL. Deutschen Telekom AG angemietet, um Verbindungen zwischen den Schaltstellen der alternativen Anbieter zu Seit dem Jahr 2009 ist eine deutliche Verlangsamung des realisieren. Ferner sind für feste Voreinstellungen einer Nachfragewachstums festzustellen. Die Abflachung des alternativen Verbindungsnetzbetreiberkennzahl (Preselec- Wachstums ist u. a. darin begründet, dass Gebiete mit tion) im Netz der Deutschen Telekom AG oder die Über- günstigen Skalenerträgen bereits von Wettbewerben der nahme der Rechnungsstellung im offenen Call-by-Call- Deutschen Telekom AG erschlossen sind. Es spricht vie- Verfahren einmalige oder monatliche Entgelte zu leisten. les dafür, dass eine weitere Erschließung der Fläche dann aus Sicht der Unternehmen wenig bzw. überhaupt nicht profitabel ist. Im Frühjahr 2011 waren bereits rund 12 Im Gegensatz zu den Darstellungen in zurückliegenden Tätigkeitsbe- 3 900 Hauptverteiler der Deutschen Telekom AG durch richten der Bundesnetzagentur sind in der aktuellen Darstellung auch Kabelnetzbetreiber berücksichtigt. Es ist darauf hinzuweisen, dass Wettbewerber erschlossen. die dargestellten Prozentsätze für die Gesamtheit der Markteilnehmer zutreffen und nicht auf die Wettbewerber im Einzelnen, da diese in Ein weiterer Grund für die Abschwächung des Wachs- unterschiedlichem Maße Vorleistungen der Deutschen Telekom AG tums ist die zunehmende Sättigung des Breitbandan- nachfragen.

Abbildung 25

TAL-Anmietungen

10 Mio. 9,5 9,6 9,1 9 8,4

8

7 6,4

6

5 4,7

4

3,3 3

2,0 2,0 2 1,3 1,7 1,3 1,4 0,9 1 0,6 0,7 0,7 0,3 0,4 0,4 0,1 0,03 0,3 0,1 0 1998 1999 2000 2001 20022003 2004 2005 200620072008 2009 2010 Q2/2011

Wachstum absolut TAL-Anmietungen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 31 – Drucksache 17/8246

Abbildung 26 Wertschöpfung alternativer Anbieter in Festnetzen

100 %

29 80 40

60

60

40 71 60

20 40

0 2000 2005 2010

Kumulierte Wertschöpfung der Festnetz-Wettbewerber (inkl. Kabelnetzbetreiber) Vorleistungsanteil DT AG

Die kumulierten Auszahlungen der alternativen Festnetz- einem Wachstum von knapp 28 Millionen SIM-Karten anbieter und Kabelnetzbetreiber an die Deutsche Tele- zwischen 2005 und 2008. Hierbei traten unterschiedliche kom AG für in Anspruch genommene Vorleistungen be- Effekte auf. Zum einen wird deutlich, dass der Teil der trugen im Jahr 2010 etwa 3,1 Mrd. Euro. Demgegenüber Bevölkerung, der an der Nutzung des Mobilfunks interes- waren die mit Endkunden erzielten Umsatzerlöse sämtli- siert ist, inzwischen mit mindestens einem Mobiltelefon cher alternativer Anbieter im Jahr 2010 gegenüber dem versorgt ist13. In den letzten Monaten führte zudem u. a. Vorjahr rückläufig. Dies führt im Ergebnis dazu, dass im die Telekom Deutschland eine konsequente Zählweise Jahr 2010 ca. 71 Prozent der kumulierten Umsatzerlöse der der Prepaidteilnehmer ein und buchte inaktive Prepaid- alternativen Anbieter auf eigener Wertschöpfung basierten. kunden aus. Zum anderen sorgte die zunehmende Ver- Somit konnten die Wettbewerber der Deutschen Tele- breitung von Zweitgeräten, wie Surf-Sticks und Tablet- kom AG ihre Wertschöpfung trotz zuletzt rückläufiger PCs, für eine weiterhin steigende Teilnehmerzahl. Endkundenumsätze weiter steigern. Ausschlaggebend Auch die steigende Anzahl von SIM-Karten zur automati- hierfür ist unter anderem, dass die Netze der alternativen sierten Datenkommunikation zwischen Geräten (Ma- Anbieter zunehmend untereinander zusammengeschaltet chine-to-Machine oder M2M) bietet Potenzial für weite- werden. Darüber hinaus stellen alternative Netzbetreiber res Wachstum. Noch ist die Anzahl dieser M2M-Karten vermehrt anderen Wettbewerbern der Deutschen Tele- kom AG spezielle Vorleistungsprodukte zur Verfügung. relativ gering. Sie betrug 1,4 Millionen Ende 2009 und Vor allem dieses Geschäftsfeld hat inzwischen größere erhöhte sich um 16 Prozent auf knapp 1,6 Millionen Bedeutung erlangt. Ende 2010. In den letzten Jahren trugen zudem die Kabelnetzbetrei- Der Anteil der Prepaid-Karten blieb in den vergangenen ber maßgeblich zur positiven Entwicklung der Wert- zwei Jahren relativ konstant. Er betrug 56 Prozent Ende schöpfung von alternativen Anbietern bei. Die Kabelnetz- 2009, 55 Prozent Ende 2010 und wieder 56 Prozent zum betreiber verfügen über eine eigene Infrastruktur und sind Ende des dritten Quartals 2011. daher in der Lage, ihre Produkte weitgehend unabhängig von Vorleistungen der Deutschen Telekom AG gegenüber Die Teilnehmer-Marktanteile der E-Netzbetreiber erhö- Endkunden anbieten zu können. hen sich weiterhin stetig. E-Plus und Telefónica konnten somit mehr neue Kunden gewinnen als die D-Netzbetrei- ber Telekom Deutschland und Vodafone D2. Auch der 3. Mobilfunk leichte Rückgang der Anteile der klassischen Service- 3.1 Teilnehmer Provider, deren Kunden größtenteils die D-Netze nutzen, kommt den E-Netzbetreibern zugute. In den vergangenen Jahren ist die Teilnehmerzahl deut- lich langsamer gestiegen als in den Jahren zuvor. Der Zu- wachs betrug vom dritten Quartal 2008 bis zum dritten 13 Laut BITKOM besitzen 83 Prozent der Deutschen ein Mobiltelefon Quartal 2011 gut 6 Millionen SIM-Karten, verglichen mit (Presseinformation vom 2. August 2011). Drucksache 17/8246 – 32 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Abbildung 27 Teilnehmer und Penetration in deutschen Mobilfunknetzen14

Mio. Pe 137,0 % 120 133,1 % 130,8 % 132,3 %

118,1 % 100 103,9 % 96,1 %

80 86,4 % 78,6 % 71,6 % 68,1 % 60 112,03 107,25 108,26 108,85 97,15 85,65 40 79,27 71,32 64,84 56,13 59,13

20

0 2001 20022003 2004 2005 200620072008 2009 2010 Q3/2011 Teilnehmerzahl* Penetration * Vertragsverhältnisse. Ein Nutzer kann dabei mehrere Vertragsverhältnisse unterhalten.

Abbildung 28 Teilnehmer-Marktanteile der Netzbetreiber15

% 100 6,5 7,7 8,6 10,4 12,3 12,8 12,8 13,2 14,3 15,7 16,2 90 13,3 12,4 12,7 13,3 80 13,6 14,8 15,2 16,6 17,5 18,8 19,8 70

60 39,1 38,3 38,1 37,8 36,8 35,7 34,9 33,7 32,0 50 33,7 32,9

40

30

20 41,1 41,6 40,6 38,5 37,3 36,7 37,0 36,5 36,2 31,9 31,2 10

2001 20022003 2004 2005 200620072008 2009 2010 Q3/2011

Telekom Deutschland Vodafone D2 E-Plus Telefónica Germany

14 Quelle: Veröffentlichungen der Netzbetreiber, Statistisches Bundesamt. 15 Quelle: Veröffentlichungen der Netzbetreiber. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33 – Drucksache 17/8246

Durch die erfolgreiche Etablierung von Zweitmarken und Insgesamt hat ca. jeder zweite Kunde der beiden die Integration von HanseNet in Telefónica im eine No-Frills/Discounter-Marke gewählt. Februar 2010 konnten die Netzbetreiber den unabhängi- gen Service-Providern Marktanteile abnehmen. Doch Seit September 2011 bieten alle Netzbetreiber die Mög- auch die Hauptmarken der vier Netzbetreiber verloren lichkeit an, im Mobilfunk über eine Festnetznummer er- Teilnehmer, sodass zum Ende des Jahres 2010 nur noch reichbar zu sein. Zuvor war die Anzahl der Teilnehmer, 57,5 Prozent aller Teilnehmer eine dieser Marken nutz- die von einer Festnetznummer Gebrauch machen, rück- ten. läufig. Während Ende 2009 noch 7,5 Millionen Mobil- funkteilnehmer eine Festnetznummer nutzten, waren es Zu den Zweitmarken der Netzbetreiber zählen u. a. Ser- Ende 2010 noch 6,9 Millionen und zum Ende des ersten vice-Provider, an deren Gesellschaft ein Netzbetreiber zu- Quartals 2011 6,5 Millionen Teilnehmer. mindest einen Mehrheitsanteil hält, Marken, die über Ka- näle wie Lebensmitteldiscounter vertrieben werden (die Verträge werden üblicherweise aber direkt mit den Netz- 3.2 Mobilfunk-Verbindungsminuten betreibern geschlossen), sowie andere Tochterunterneh- men der Netzbetreiber, die auch Mobilfunk anbieten. Während der Telefonverkehr im Festnetz zurückgeht, nimmt er im Mobilfunk weiter zu. Im Jahr 2009 betrug Die Gruppe der unabhängigen Service-Provider stellt sol- das abgehende Sprachverkehrsvolumen ca. 94 Milliarden che Anbieter dar, die konzernrechtlich nicht von einem Minuten. Es erhöhte sich im Jahr 2010 um gut 9 Prozent der vier Netzbetreiber beherrscht werden. Die wichtigsten auf 102 Milliarden Minuten. Insofern ist im Telefoniever- Unternehmen sind hier die freenet AG (u. a. mit der halten eine Substitution des Festnetzes durch den Mobil- Marke mobilcom-debitel) und die Drillisch AG. Einige funk zu beobachten, wenn auch in geringem Maße16. Festnetzanbieter haben Mobilfunk in ihr Angebot aufge- nommen, um als integrierte Anbieter mehr Kunden zu er- Das im Mobilfunk ankommende Sprachverkehrsvolumen reichen. Diese werden hier ebenfalls zur Gruppe der un- erhöhte sich im Jahr 2010 um knapp 8 Prozent auf abhängigen Service-Provider gezählt, auch wenn sie 82 Milliarden Minuten. Die Diskrepanz zwischen abge- meist nur das Netz eines Mobilfunkbetreibers nutzen. hendem und ankommendem Verkehr hat sich somit wei- Auch virtuelle Netzbetreiber, die teilweise eigene Infra- ter erhöht. struktur verwenden, fallen in diese Gruppe. Der weitaus größte Teil der Kunden der No-Frills/ 16 Allerdings besitzen nur 12 Prozent der Haushalte in Deutschland Discounter-Marken ist in der Gruppe der Netzbetreiber- ausschließlich einen Mobilfunkanschluss, 16 Prozent hingegen besit- Zweitmarken enthalten. Nur wenige Kunden der unab- zen ausschließlich einen Festnetzanschluss (Eurobarometer Spezial hängigen Service-Provider nutzen eine solche Marke. 362/ E-Communications Haushaltsumfrage 2011).

Abbildung 29

Teilnehmer-Marktanteile nach Kundenbetreuung

% 70

60

50

40

30 59,8 57,5

20

21,9 22,2 20,6 10 17,9

0 Erstmarken Netzbetreiber Zweitmarken Netzbetreiber Unabhängige Service-Provider, (T-Mobile, Vodafone, E-Plus, o2) (inkl. BASE), inkl. City-Carrier inkl. abhängige Service-Provider

2009 2010 Drucksache 17/8246 – 34 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Abbildung 30

Abgehender und ankommender Sprachverkehr im Mobilfunk17

2005 2006 2007 2008 2009 2010 Aus Mobilfunknetzen abgehender Verkehr (Mrd. Minuten) 43,00 57,11 70,03 86,14 93,61 102,32 in nationale Festnetze 13,28 18,46 24,60 29,65 31,43 32,95 netzintern (on-net) 15,08 22,66 32,30 40,76 45,06 49,45 in fremde nationale Mobilfunknetze 9,40 10,46 10,29 12,16 13,48 16,03 in ausländische Netze 2,05 2,06 1,44 1,97 1,94 2,19 sonstiger Verkehr (Dienstenummern) 3,14 3,47 1,39 1,61 1,70 1,70 In Mobilfunknetzen ankommender Verkehr (Mrd. Minuten) 43,12 52,76 61,16 71,37 76,23 82,07 aus nationalen Festnetzen 16,19 15,95 17,70 17,73 16,68 15,63 aus dem eigenen Netz (on-net) 15,08 22,66 32,30 40,76 45,06 49,45 aus fremden nationalen Mobilfunknetzen 8,40 9,35 9,57 11,34 13,12 15,48 aus ausländischen Netzen 1,74 1,93 1,59 1,54 1,37 1,50

Zusätzlich zu den deutschen SIM-Karten verursachten dem Versenden von Kurznachrichten auch die mo- ausländische SIM-Karten ein abgehendes Minutenvolu- bile Nutzung des Internets wesentlich vereinfacht. Die men von 0,82 Milliarden Minuten im Jahr 2009 und E-Mail-Nutzung könnte mittelfristig Kurznachrichten 0,87 Milliarden Minuten im Jahr 2010 in deutschen Mo- teilweise ersetzen. Dennoch ist der Versand von SMS bilfunknetzen. Dies entspricht weniger als 1 Prozent des nach wie vor sehr beliebt. Im Jahr 2010 wurden mit gesamten abgehenden Verkehrsvolumens. Leicht höher 41,5 Milliarden noch einmal 20 Prozent mehr SMS ver- liegt das abgehende Minutenvolumen, das deutsche SIM- sandt als im Jahr 2009. Darin enthalten sind SMS, die Karten im Ausland durch International Roaming generiert über ausländische SIM-Karten verschickt wurden haben. Es betrug im Jahr 2009 ca. 1,1 Milliarden Minuten (0,5 Milliarden im Jahr 2009 und 0,7 Milliarden im und im Jahr 2010 ca. 1,2 Milliarden Minuten. Jahr 2010). Bei der Verteilung der Gesprächsziele ist keine signifi- Im Jahr 2009 wurden 66 Prozent der SMS innerhalb des kante Veränderung festzustellen. Gespräche werden eigenen Netzes verschickt. Im Jahr 2010 erhöhte sich der hauptsächlich innerhalb des eigenen Mobilfunknetzes Anteil auf 70 Prozent. Ein Grund hierfür dürfte sein, dass (on-net) oder in das deutsche Festnetz geführt. Der Anteil netzinterne SMS teilweise deutlich günstiger sind. Mehr der Gespräche in fremde deutsche Mobilfunknetze hat als jede zweite SMS wurde in den vergangenen beiden sich im Jahr 2010 um 8,8 Prozent erhöht. Jahren pauschal abgerechnet. Schätzungsweise zwei Drittel aller abgehenden Gesprä- SMS bilden den weitaus größten Anteil der in Deutsch- che wurden in den Jahren 2009 und 2010 pauschal, z. B. land versendeten Kurznachrichten. MMS stellten mit per Flatrate oder Inklusivkontingent, abgerechnet. 184 Millionen nur 0,4 Prozent der Kurznachrichten im Jahr 2010 (170 Millionen bzw. 0,5 Prozent im Jahr 2009) Ein abgehendes Handy-Telefonat dauerte in den letzten dar. Ähnlich gering ist der Anteil der Premium-SMS, die beiden Jahren im Durchschnitt knapp 2,5 Minuten. Da zur Teilnahme an Gewinnspielen oder dem Download das Gesprächsvolumen gestiegen ist, telefonieren die von bezahlpflichtigen Inhalten dienen. Ihre Anzahl betrug Teilnehmer somit häufiger. 201 Millionen im Jahr 2009 und 154 Millionen im Jahr 2010. 3.3 Kurznachrichten

18 3.4 Sonstiger Datenverkehr/Mobiles Jedes dritte verkaufte Mobiltelefon ist laut BITKOM in- Breitband zwischen ein Smartphone, das neben Telefonieren und Der Datenverkehr nimmt weiter rasant zu. Im Jahr 2010 hat er sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt und er- 17 Abweichende Angaben bei dem in fremde nationale Mobilfunknetze reichte 65 Millionen GB. Davon verursachten ausländi- abgehenden und aus fremden nationalen Mobilfunknetzen ankom- menden Verkehr resultieren u. a. aus der unterschiedlichen Fakturie- sche SIM-Karten lediglich 0,086 Millionen GB rung der Verbindungsminuten durch die Netzbetreiber. (0,13 Prozent). Im aktuellen Jahr könnte erstmals die 18 Presseinformation vom 15. August 2011. Schwelle von 100 Millionen GB überschritten werden. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 35 – Drucksache 17/8246

Abbildung 31

Versendete Kurznachrichten per SMS

2000 11,4

2001 17,1

2002 18,4

2003 19,0

2004 19,7

2005 20,3

2006 20,1

2007 23,1

2008 27,8

2009 34,1

2010 41,5

05101520 25303540 Mrd.

Abbildung 32

Datenvolumen im Mobilfunk in Deutschland

Mio. GB 100

90

80

70 65,41 60

50

40

33,29 30

20 11,47 10 3,54 0,22 0,84 0 2005 200620072008 2009 2010 2011e Drucksache 17/8246 – 36 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Während Ende des Jahres 2009 noch 27,5 Millionen bildnutzung registriert, und zwar parallel zum „üblichen“ SIM-Karten für Datendienste genutzt wurden, waren es Fernsehen. Rund 20 Millionen Onlinenutzer sahen sich 33,1 Millionen Karten Ende 2010. Davon wurden Anfang 2011 wöchentlich Bewegtbilder im Internet an, 21,2 Millionen Ende 2010 in UMTS-fähigen Geräten ver- drei Millionen mehr als im Vorjahr. Beachtlich ist auch wendet. die Nutzung des Internets für Radiosendungen. 14 Millionen Menschen hören gelegentlich, 2,5 Millionen Da sich die Anzahl der Nutzer und das erzeugte Datenvo- täglich Radio live im Internet. lumen stetig erhöhen, muss die Infrastruktur entspre- chend aufgerüstet werden. Gab es Ende des Jahres 2009 Ein zunehmender Teil der Internetnutzung läuft mittler- noch knapp 107 000 Funk-Basisstationen, waren es zum weile über den Mobilfunk. Im Jahr 2011 wurde das Inter- Ende des ersten Quartals 2011 knapp 126 000. Der Anteil net laut der ARD-ZDF-Onlinestudie durch 10,3 Millio- der Basisstationen, die UMTS-fähig sind, blieb in diesem nen Personen im Alter von 14 bis 69 Jahre über Zeitraum mit ca. 38 Prozent relativ konstant. Die UMTS- Mobilfunk genutzt, davon 8,3 Millionen mittels Handy, Netzabdeckung bezogen auf die Bevölkerung wurde da- Smartphone und Organizer sowie eine Million mittels Ta- durch bei allen Netzbetreibern erhöht. Während sie im blet-PC. Vergleichsweise berichtet auch die ACTA 2011 Jahr 2009 zwischen 62 Prozent und 82 Prozent betrug, (Allensbacher Computer- und Technik-Analyse) über stieg sie zum Ende des ersten Quartals auf 70 Prozent bis 10 Millionen Menschen, die mobil über ein Handheldge- 84 Prozent. Die geografische UMTS-Netzabdeckung be- rät (Handy, Smartphone, Tablet-PC) ins Internet gehen. trug im Jahr 2009 zwischen 19 Prozent und 49 Prozent und erhöhte sich auf 23 Prozent bis 53 Prozent im ersten Abschnitt B Quartal 2011. Zuletzt zeigte ein Netztest der Stiftung Wa- Analyse und Perspektiven des Wettbewerbs rentest19, dass zwischen den einzelnen Netzen noch eine große Diskrepanz bei Datenraten und Ladezeiten, beson- Ziel der Regulierung ist nach § 2 Absatz 2 Num- ders im ländlichen Raum, besteht. mer 2 TKG die Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs und die Förderung nachhaltig wettbewerbs- Im Mai 2010 wurden u. a. die Frequenzen der sogenann- orientierter Märkte der Telekommunikation. Dabei ist un- ten digitalen Dividende versteigert. Diese und andere Fre- ter einem nachhaltig wettbewerbsorientierten Markt ein quenzbereiche werden von den Netzbetreibern genutzt, Markt zu verstehen, auf dem der Wettbewerb so abgesi- um die vierte Mobilfunkgeneration, LTE, in Städten und chert ist, dass er auch nach Rückführung der sektorspezi- auf dem Land anzubieten. Inzwischen sind die Versor- fischen Regulierung fortbesteht. gungsverpflichtungen in sechs Bundesländern erfüllt, so- dass LTE dort auch in Städten angeboten werden darf20. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die folgenden Ausfüh- Zum Ende des ersten Quartals 2011 waren immerhin be- rungen hinsichtlich Systematik und Vorgehensweise nicht reits mehr als 1.400 Basisstationen für den LTE-Betrieb in unmittelbarer Beziehung zu den nach Telekommunika- geeignet. Inzwischen dürfte die Anzahl deutlich höher tionsrecht durchzuführenden Marktanalyseverfahren ste- liegen. hen. Die hier vorgelegten Perspektiven und Analysen beziehen sich vielmehr auf grundlegende Wettbewerbs- entwicklungen auf dem Telekommunikationsmarkt und 4. Internet stellen insofern kein Präjudiz für Untersuchungen einzel- Rund 55,8 Millionen Personen ab zehn Jahren hatten ner im Rahmen des Marktanalyseverfahrens zu definie- nach einer Befragung des Statistischen Bundesamts vom render Märkte dar. Frühjahr 2010 das Internet innerhalb der letzten drei Mo- nate zu Hause, am Arbeitsplatz oder anderswo genutzt. 1. Telefondienste und Bündelangebote in Erhebungsergebnisse des Statistischen Bundesamtes zum Festnetzen und Mobilfunk Frühjahr 2011 liegen voraussichtlich Anfang 2012 vor. Wettbewerb auf dem Markt für Telefonanschlüsse Inzwischen kam die ARD-ZDF-Onlinestudie 2011 bei entwickelt sich weiter positiv der Bevölkerungsgruppe ab 14 Jahren nach einer Befra- Der Wettbewerb auf dem Markt für Telefonanschlüsse hat gung im Frühjahr 2011 auf 51,7 Millionen zumindest ge- sich in den vergangenen Jahren positiv entwickelt. So legentliche Internet-Nutzer. Eine ebensolche Befragung hatte sich der Marktanteil der Wettbewerber in den ersten des (N)Onliner Atlas 2011 wies 52,7 Millionen Nutzer zehn Jahren seit der Marktöffnung, d. h. bis Ende 2007, aus. Laut ARD-ZDF wurden 2,7 Millionen mehr Nutzer nach und nach auf knapp 19 Prozent gesteigert. Seither gegenüber dem Vorjahr verzeichnet, wobei der Zuwachs hat sich die Dynamik auf diesem Markt deutlich gestei- nahezu ausschließlich aus dem Alterssegment ab 40 Jahre gert und der Anteil der Wettbewerber bis Ende dieses Jah- resultierte. Die Nutzungsdauer des Internets beträgt nach res auf etwa 38 Prozent erhöht. Dies entspricht einer Ge- dieser Untersuchung durchschnittlich täglich 137 Minu- samtzahl von mehr als 14 Millionen Telefonanschlüssen ten. Sie ist gegenüber den beiden Vorjahren in etwa kon- bei Wettbewerbern der Deutschen Telekom AG. Für die- stant geblieben. Weiterhin wurde ein Anstieg der Bewegt- ses Wachstum waren zum einen die steigenden An- schlusszahlen der TV-Kabelnetzbetreiber verantwortlich, 19 Test 8/2011. die sich in den vergangenen zwei Jahren um mehr als 20 Siehe Pressemitteilung der Bundesnetzagentur vom 28. September 50 Prozent von 2,3 Millionen auf etwa 3,6 Millionen An- 2011. schlüsse erhöht haben. Zum anderen verzeichnen die Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37 – Drucksache 17/8246

Wettbewerber insbesondere bei den Komplettanschlüs- werbswidriger Verdrängungsstrategien zur Anwendung sen, d. h. bei solchen DSL-Anschlüssen, über die auch kommen können. sämtlicher Telefonverkehr abgewickelt wird (VoIP) und Diese Kontrollmöglichkeit erscheint auch deshalb weiter- die insofern als vollständiges Substitut für die herkömm- hin erforderlich, weil die Wettbewerber ihre Angebote lichen Schmalbandanschlüsse fungieren, hohe Wachs- nach wie vor nicht flächendeckend auf Basis eigener In- tumsraten. frastruktur bis auf die Ebene der Hauptverteiler offerie- Diese deutliche Wettbewerbsbelebung bei Telefonan- ren. Zwar haben inzwischen etwa drei Viertel der Haus- halte die Möglichkeit, zwischen alternativen Angeboten schlüssen ist wesentlich geprägt von der weiterhin zu be- für herkömmliche schmalbandige Telefonanschlüsse zu obachtenden Dynamik im Breitbandbereich und der zu- wählen. Die übrigen Kunden aber erhalten von alternati- nehmenden Präferenz der Nachfrager für umfassende ven Netzbetreibern auf Basis von DSL-Anschlüssen Tele- Bündelangebote „aus einer Hand“. Denn hierdurch haben fonie-Angebote typischerweise nur in Kombination mit die Möglichkeiten der alternativen Anbieter, Kunden zu weiteren Breitbanddiensten (All-IP). Der Umstand, dass einem kompletten Anschlusswechsel zu motivieren, er- isolierte Telefonie-Angebote insoweit nur von der Deut- heblich zugenommen. Diese Tendenz schlägt sich zum ei- schen Telekom AG flächendeckend angeboten werden, nen in einer deutlich gestiegenen Anzahl von Telefonan- könnte dazu beitragen, dass die Stellung des ehemaligen schlüssen nieder, die die Wettbewerber zu großen Teilen Monopolunternehmens bei Telefonanschlüssen ggf. auch gemeinsam mit breitbandigen Diensten vermarkten. Zum mittelfristig nur partiell geschwächt wird. anderen aber spiegelt sich dieser Trend in den letzten fünf Jahren in ganz besonderer Weise in den All-IP-An- Im Übrigen ist nicht auszuschließen, dass die Deutsche schlusszahlen und den Sprachzugängen über Kabel-TV- Telekom AG mit besonders günstigen Angeboten versu- Netze wider. Auch bei Letzteren wird heute in aller Regel chen wird, Kunden zu halten bzw. von ihren Wettbewer- bern zurückzugewinnen. Dies ist selbstverständlich so- der Telefonanschluss gebündelt mit Internetzugangsleis- lange legitim, wie hierzu keine missbräuchlichen tungen angeboten. Darüber hinaus nutzen die Kunden bei Verhaltensweisen – z. B. durch Preis-Kosten-Scheren – den Kabel-TV-Anbietern typischerweise auch TV-Ange- zum Einsatz kommen, birgt aber prinzipiell nach wie vor bote. In diesem Fall kann man prinzipiell von sog. Triple ein Gefährungspotenzial für den Wettbewerb. Um eben Play-Angeboten sprechen, wenngleich die Bündelbe- diesem zu begegnen, spricht trotz der festzustellenden standteile regelmäßig auch separiert in Anspruch zu neh- Wettbewerbsdynamik einiges dafür, das Instrumentarium men und die Preise dementsprechend modular aufgebaut der sektorspezifischen Regulierung weiterhin als noch er- sind. forderlich zu erachten, um ggf. auftretende wettbewerbs- schädigende Praktiken effektiv eindämmen zu können. Ungeachtet des starken Wachstums der Kabel-TV-Anbie- ter bei Telefonieangeboten ist darauf hinzuweisen, dass mit etwa 9,5 Millionen Anschlüssen noch immer etwa Gefestigter Wettbewerb bei Festnetz-Verbindungen zwei Drittel der Wettbewerber-Anschlüsse auf Basis der ins In- und Ausland angemieteten Teilnehmeranschlussleitung realisiert wer- Bei In- und Auslandsverbindungen war bereits unmittel- den. Dieser Anteil dürfte zukünftig allerdings weiter bar nach der vollständigen Marktöffnung eine hohe Wett- rückläufig sein, was u. a. auch damit zusammenhängen bewerbsdynamik zu beobachten. Während anfangs insbe- könnte, dass etwa Vodafone angekündigt hat, Teile ihrer sondere Call-by-Call- und Preselection-Angebote einen Festnetzkunden sukzessive auf eine Anbindung via LTE massiven Preisdruck ausgeübt hatten, haben sich in den umzustellen, um auf diese Weise unabhängiger von Vor- vergangenen Jahren Teilnehmernetzbetreiber mit ihren leistungszahlungen an das ehemalige Monopolunterneh- Komplettangeboten aus Anschluss- und Verbindungsleis- men zu werden. tungen weitgehend am Markt durchgesetzt. Dies spiegelt sich zum einen darin wider, dass die Anzahl der Preselec- tion-Einstellungen zwischen 2005 und heute von 6,3 Mil- Schrittweise Rückführung der Regulierung bei lionen auf etwa 1,7 Millionen, d. h. um mehr als 70 Pro- Telefonanschlüssen hat sich bewährt – weiterhin zent zurückgegangen ist. Zum anderen hat sich der Anteil effektiver Schutz vor Verdrängungsstrategien des sog. Direktverkehrs21 (einschl. Kabel und VoIP) an al- len von Wettbewerbern in Rechnung gestellten Verbin- Die gegenwärtig zu beobachtenden Entwicklungen auf dungsminuten22 von 28 Prozent im Jahr 2005 auf nahezu dem Markt für Telefonanschlüsse belegen, dass sich die 90 Prozent zum Ende dieses Jahres erhöht. schrittweise Rückführung der Regulierung von einer Ex-ante-Genehmigungspflicht zu einer nachträglichen In der Summe über die verschiedenen Geschäftsmodelle Entgeltkontrolle (zunächst mit, dann ohne Anzeige- hat sich der Wettbewerber-Anteil an den Festnetz- pflicht) bewährt hat. Sie hat dazu geführt, dass auch das Inlandsverbindungen zunächst im Zeitablauf kontinuier- marktbeherrschende Unternehmen über weitreichende lich erhöht – von 23 Prozent im Jahr 2002 über 39 Pro- Freiheiten bei der Preisgestaltung verfügt, die Bundes- netzagentur aber gleichzeitig nach wie vor die Möglich- keit besitzt, Angebote, die den Telefonanschluss umfas- 21 Unter Direktverkehr werden jene Verbindungen verstanden, die über eigene Teilnehmeranschlussnetze abgewickelt werden; in Abgren- sen, auf etwaige Missbräuchlichkeit hin zu überprüfen zung hierzu werden im Wege der Betreiber(vor)auswahl abgewickel- und somit sicherzustellen, dass insbesondere keine sach- te Verkehre als indirect access bezeichnet. lich ungerechtfertigten Bündelungen im Sinne wettbe- 22 Ohne Verbindungen zu Auskunfts- und Mehrwertdiensten. Drucksache 17/8246 – 38 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode zent im Jahr 2004 auf 46 Prozent im Jahr 2006. Seither ist ist umso bemerkenswerter, als bei der Ermittlung des HHI er nur noch geringfügig auf zuletzt konstante 48 Prozent hierzulande nur diejenigen Wettbewerberverkehre be- angestiegen. Aufgrund dieser dynamischen Wettbewerbs- rücksichtigt werden konnten, die über alternative Teilneh- entwicklung konnten die Inlandsverbindungen bereits mernetzbetreiber (in der Diktion der EU via direct access) Anfang 2009 aus der Regulierung entlassen werden, weil abgewickelt wurden. Unberücksichtigt geblieben sind das Missbrauchspotenzial des ehemaligen Monopolunter- hingegen call minutes via indirect access. Da jedoch das nehmens auf diesem Markt wegen der wettbewerblichen Segment der Betreiber(vor)auswahl nach wie vor fast Kontrolle als gering einzuschätzen war. Diese Einschät- zehn Prozent des Gesamtverkehrs ausmacht, würde die zung hat sich im Berichtszeitraum bestätigt, was auch da- Gruppe der Call-by-Call- und Preselection-Wettbewerber mit zusammenhängen dürfte, dass der Wettbewerb im bei ihrer Einbeziehung sogar zu noch niedrigeren HHI- Zeitablauf zunehmend unabhängiger von der Infrastruk- Werten führen. tur des ehemaligen Monopolunternehmens geworden ist und nicht zuletzt auch deshalb durch eine stetig wach- Erstmals mehr VoIP als PSTN/ISDN bei sende Robustheit gekennzeichnet ist. Hinzu kommt, dass Wettbewerbern auch der kontinuierlich steigende Anteil mobiler Kom- munikation, auf die inzwischen etwa ein Drittel der ge- Der Technologiewechsel von PSTN/ISDN zu VoIP ge- samten Gesprächsminuten entfällt, mittelbar wettbe- winnt durch die Wettbewerber der Deutschen Telekom werbsbelebende Wirkungen entfalten kann. AG an Dynamik. So liegt der Anteil der VoIP-Technolo- gie über entbündelte DSL-Anschlüsse bei den Wettbe- Im Bereich der Auslandsverbindungen ist auch nach werbern erstmals vor dem klassischen Festnetz. Er er- Rückführung der Regulierung eine unverändert hohe höhte sich seit 2009 um rund 6 Prozentpunkte (Vgl. Wettbewerbsintensität festzustellen. Zwar hat sich der im Abbildung 12). Rahmen der Datenabfrage ermittelte Marktanteil der alternativen Anbieter in den zurückliegenden Jahren von Die TV-Kabelnetzbetreiber haben ebenfalls in die VoIP- 75 Prozent im Jahr 2006 auf 57 Prozent in den Jahren Technologie investiert und sind dadurch, ähnlich wie die 2010/2011 verringert. Dieser Effekt dürfte aber im We- Telekom Deutschland GmbH mit dem traditionellen Fest- sentlichen zum einen darauf zurückzuführen sein, dass netz, zu vollintegrierten Anbietern (Telefon, Internet und Angebote zur Sprachkommunikation genutzt werden, de- TV) geworden. Auch aus diesem Grund steigt der VoIP- ren Verbindungen entweder nicht als Sprachverbindungs- Anteil weiter. minuten erhoben werden. Hierbei kann es sich um reine Onnetverbindungen handeln (z. B. Onnet Skype). Zum Mit Blick auf den Gesamtmarkt hat das klassische Fest- anderen handelt es sich um Verbindungen, die nicht als netz weiterhin den größten Anteil an den Verbindungsmi- Auslandsverbindungen erfasst werden, weil sie teilweise nuten (Vgl. hierzu Abbildung 22). Dies ist nicht zuletzt über das Internet geführt werden. Nur der abgehende Ver- durch die bestehenden Netzstrukturen der Deutschen Te- kehr bis zum nächsten IP-Knoten wird als Sprachdienst er- lekom AG zu erklären.24 fasst und gilt damit als Inlandsverkehr (z. B. Skype out). Denn insbesondere für die Gruppe der Intensivnutzer ha- Im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung von VoIP ge- ben Anbieter wie z. B. Skype eine enorme Bedeutung er- winnt die Frage der Bereitstellung gesicherter Transport- langt, sodass davon auszugehen ist, dass diese einen be- klassen bei steigender Netzauslastung an Bedeutung, um trächtlichen Teil des Auslandsverkehrs abwickeln. auch zukünftig eine stabile Sprachqualität zu gewährleis- Insofern lässt der Rückgang der ermittelten Wettbewerber- ten. In diesem Zusammenhang werden die Anforderun- anteile nicht den Schluss zu, dass sich eine signifikante gen von Echtzeitdiensten diskutiert (siehe auch Beitrag Abschwächung der Wettbewerbsintensität ergeben hat. zum NGA-Forum/Festlegung von Transportklassen in Vielmehr ist er als Folge einer zunehmenden Vielfalt der Layer 2). Wettbewerbsunternehmen anzusehen. Insofern deutet ei- niges darauf hin, dass sich auf dem Gebiet der Auslands- verbindungen ein nachhaltiger, strukturell abgesicherter Weiter zunehmender Anteil von Bündelangeboten Wettbewerb etabliert hat. Voraussetzung hierfür ist ein Wie in den vergangenen Jahren stellten Bündelangebote funktionierender Wettbewerb auf den Märkten für Breit- aus Telefon- und Internetanschluss einen weiterhin zu- bandanschlüsse und Internetzugänge und die Möglichkeit, nehmenden Teil der abgeschlossenen Verträge im Tele- dass Kunden Diensteanbieter im Internet frei wählen können. kommunikationsmarkt dar. Entsprechende Bündelange- Dieser Befund einer relativ hohen Wettbewerbsintensität bote sind hierzulande so weit verbreitet, dass sich bei Festnetzverbindungen wird auch durch die Markt- Deutschland im europäischen Vergleich an der Spitze die- struktur gestützt. Denn bei Festnetzverbindungen liegt ser Entwicklung befindet. Das nachfolgende Diagramm der Wert des Herfindahl-Hirschman-Index (HHI)23 in verdeutlicht dies eindrucksvoll. Deutschland im EU27-Vergleich am drittniedrigsten. Dies

24 Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass ein Teil des VoIP-Verkehrs 23 Der HHI ist ein häufig verwandtes Konzentrationsmaß. Er beschreibt von der Bundesnetzagentur nicht zu erfassen ist, weil es sich um An- die Summe der quadrierten Marktanteile der Unternehmen im rele- bieter wie z. B. Skype handelt, die über das Internet Telefoniedienste vanten Markt. Der HH-Index ist am geringsten im Fall symmetri- anbieten und deren Verbindungsvolumina von den hiesigen Darstel- scher Marktanteile und steigt mit abnehmender Anzahl an Unterneh- lungen ausgeblendet werden – mit der Folge gewisser Unschärfen et- men. Bei zehn Wettbewerbern mit Marktanteilen von jeweils wa der Anteile paketvermittelter Verbindungsminuten am Gesamt- 10 Prozent erreicht der HH-Index genau den Wert 1 000. verkehr. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 39 – Drucksache 17/8246

Abbildung 33

Herfindahl-Hirschman-Index bei Telefondienstleistungen im europäischen Vergleich

Quelle: EU-Kommission, Digital Agenda Scoreboard 2011, „Electronic Communications Market Indicators”, Seite 1925

Abbildung 34

Penetrationsrate von Bündelangeboten

Quelle: EU-Kommission, Digital Agenda Scoreboard 2011, „Electronic Communications Market Indicators”, Seite 63

25 http://ec.europa.eu/information_society/digital-agenda/scoreboard/library/index_en.htm Drucksache 17/8246 – 40 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Als weitgehend neue Entwicklung ist festzustellen, dass destvertragsdauern an den Markt gegangen sind. immer mehr Elemente in die Bündelangebote integriert Gleichwohl besteht ein Unterschied insoweit, als die werden. Neben TV-Angeboten kommen zunehmend Mo- Deutsche Telekom AG dieses Instrument der Kundenbin- bilfunk- und Cloud-Dienste (z. B. Onlinespeicherplatz) dung auf eine deutlich höhere Zahl von Bestandskunden hinzu. Eine Vereinfachung der Geschäftsbeziehung für anwenden und es insofern dazu einsetzen kann, ihre den Kunden einerseits sowie die Möglichkeit zu einer hö- Marktstellung zu verteidigen bzw. diese auf benachbarte heren Kundenbindung für die Unternehmen andererseits Märkte – wie z. B. den Endkundenmarkt für Breitbandan- können möglicherweise für beide Seiten einen Teil der schlüsse – zu übertragen. Da allerdings der weit überwie- Attraktivität dieser Angebote gegenüber den traditionel- gende Anteil der Deutsche Telekom AG-Kunden bereits len Einzelangeboten ausmachen. Zudem werden mit der seit vielen Jahren bei diesem Unternehmen ist, ist davon Bündelung unterschiedlicher Angebote weitere Dienst- auszugehen, dass deren Wechselaffinität prinzipiell rela- leistungsbereiche einem vitalisierenden Wettbewerb tiv gering zu sein scheint und der zusätzliche Effekt län- ausgesetzt (z. B. TV-Signaltransport durch IP-TV). gerer Mindestvertragsdauern bei der Deutschen Tele- Gleichzeitig stellt jedoch die zunehmende Integration kom AG insofern vergleichsweise gering ausfallen dürfte. verschiedener Technologien und Dienstleistungen immer neue Herausforderungen an den Markt. Eine mögliche Eine Analyse der durchschnittlichen Kundenverweildau- Folge können Änderungen in den Voraussetzungen für ern zeigt, dass der weit überwiegende Teil der Kunden den Markteintritt neuer Wettbewerber sein. seinen Betreiber innerhalb der vergangenen vier Jahre nicht gewechselt hat. So hatten im ersten Quartal 2011 etwa 70 Prozent der Kunden seit 48 Monaten oder länger Wettbewerb konzentriert sich im Wesentlichen auf einen Vertrag mit ihrem derzeitigen Anbieter. Dement- Wechsler und Neukunden sprechend entfallen auf die jüngsten vier Jahresintervalle (Kundenbeziehung < 12 Monate, 12 bis 24 Monate, etc.) Der anhaltende Trend hin zu Bündelangeboten hat auf der jeweils weniger als 10 Prozent der Kunden. Allerdings einen Seite einen belebenden Effekt im Hinblick auf die zeigt die Analyse auch, dass bei den Wettbewerbern der Wettbewerbsentwicklung gehabt; auf der anderen Seite Deutschen Telekom AG zum Erhebungszeitpunkt nur gut ist er einher gegangen mit einer Verlängerung der Min- jeder dritte Wettbewerberkunde bereits seit mehr als vier destvertragslaufzeiten, die wiederum tendenziell eine Jahren bei seinem heutigen Anbieter war. Verringerung der Wettbewerbsintensität mit sich bringt. Denn bezogen auf ein bestimmtes Zeitfenster ist jeweils Immerhin deutet die Entwicklung der abgefragten Werte nur ein relativ kleiner Anteil der Kunden für Wettbe- im Zeitablauf auf eine deutliche Festigung der Kundenbe- werbsunternehmen adressierbar. Zwar ist darauf hinzu- ziehung auch auf Seiten der Wettbewerber hin. So hat weisen, dass die Wettbewerber zuerst mit längeren Min- sich nämlich der Anteil ihrer Kunden mit einer mindes-

Abbildung 35

Kundenverweildauer im ersten Quartal 2011

% 80

70

60

50

40

69,8

30

20

10 14,3 8,1 7,9 0 bis 12 Monate über 12 Monate bis 24 Monate über 24 Monate bis 48 Monate über 48 Monate Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41 – Drucksache 17/8246 tens vierjährigen Vertragsbindung zwischen Ende 2009 schen 0,6 und 0,8 Millionen betrug.26 Dementsprechend und dem ersten Quartal 2011 um etwa 10 Prozentpunkte hat sich in diesen Jahren offenbar knapp die Hälfte der erhöht. Anbieterwechsler für einen der alternativen DSL-Netzbe- treiber entschieden. Da deren Netto-Kundenzuwachs zu- Längere Vertragslaufzeiten sind zwar auch in anderen letzt deutlich rückläufig war, kann hieraus geschlossen Branchen üblich. Aber es ist davon auszugehen, dass dies werden, dass es eine nicht zu vernachlässigende Gruppe eher unkritisch zu beurteilen ist, solange ein Markt durch von Kunden gibt, die zwischen verschiedenen DSL-Netz- wirksamen Wettbewerb gekennzeichnet ist. Wenn hinge- betreibern gewechselt ist. Dies wiederum dürfte nicht zu- gen – wie im vorliegenden Fall – nach wie vor eine letzt auch auf die Preispolitik der Anbieter zurückzufüh- marktbeherrschende Stellung bei Telefonanschlüssen be- ren sein, die diese Kunden – wie dargestellt – mit steht, können solche Praktiken tendenziell die Gefahr ei- ausgeprägten Preisnachlässen zu werben versuchen. ner Perpetuierung der bestehenden Marktverhältnisse ber- gen. Jedenfalls spricht einiges dafür, dass vertraglich länger gebundene Kunden schwieriger abzuwerben sein Verbindungsminuten deuten auf zunehmenden dürften als solche Kunden, die in ihrer Anbieterwahl auf- intermodalen Wettbewerb hin grund fehlender Vertragsbindung größere Freiheiten bzw. In den vergangenen Jahren wurden große Fortschritte im eine höhere Flexibilität besitzen. Bereich der Datenübertragungstechnik gemacht. Dies spiegelt sich auch im Kommunikationsverhalten der Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass Kunden sowohl Menschen wider. So erhält das klassische Festnetz (auf im Allgemeinen als auch speziell in der Telekommunika- Basis von Kupferdoppeladern) seit einiger Zeit zuneh- tion fast vierzehn Jahre nach der Marktöffnung mit den mend Konkurrenz durch andere Technologien. Während Usancen der Wettbewerbsunternehmen und insbesondere die Verbindungsminuten hier von ca. 198 Milliarden Mi- dem Mittel der Vertragsbindung vertraut sein dürften. Zu- nuten im Jahr 2005 auf ca. 188 Milliarden Minuten im dem ist zu konzedieren, dass es auch dem Marktführer Jahr 2010 zurückgegangen sind, haben die Verbindungs- nicht generell verwehrt sein kann, die üblichen Verhal- minuten im Mobilfunk und in den TV-Kabelnetzen zuge- tensweisen im Markt zu adaptieren. nommen. Der Anteil der TV-Kabelnetze an den Verbin- Ungeachtet dessen ist festzustellen, dass sich die Preisef- dungsminuten ist analog zu deren Wachstum im fekte des Wettbewerbs in Anbetracht des rückläufigen Breitbandanschlussgeschäft ebenfalls steigend und seit Marktwachstums in zunehmendem Maße auf die Klientel 2005 von unter 1 Milliarden auf ca. 10 Milliarden Minu- der den Anbieter wechselnden Kunden fokussieren. Wäh- ten (2010) gestiegen. rend nämlich kaum mehr Senkungen des allgemeinen Im gleichen Zeitraum haben sich die Minuten im Mobil- Preisniveaus festzustellen sind, werden gleichzeitig im- funk von ca. 43 Milliarden auf ca. 100 Milliarden Minu- mer höhere Rabatte bzw. Prämien für Neukunden und ten erhöht. Das entspricht einer Zunahme von rund Wechsler gewährt, die mitunter bis zu 225 Euro betragen. 140 Prozent und kann als Indiz für zunehmenden inter- Dies wird auch durch Erhebungen der Bundesnetzagentur modalen Wettbewerb angesehen werden. Hierbei dürfte belegt, wonach Indizien dafür vorliegen, dass die durch- die zusätzliche Mobilität einen Anreiz für die Konsumen- schnittlichen, mit Double-Flatrates erzielten Erlöse bei ten darstellen und diese Zuwächse teilweise erklären. den Wettbewerbern teilweise sogar leicht angestiegen Ferner förderten auch die im Laufe der Zeit veränderten sind, während die Preisnachlässe zur Kundenakquisition Tarifstrukturen der Anbieter typischerweise diesen Trend. bei schrumpfendem Neukundengeschäft offenkundig Entsprechend ist neben einer ausgeprägten Komplemen- weiter ausgedehnt werden. Dementsprechend können tarität – bezogen auf die Verbindungsminuten und die An- Kunden nur bei relativ häufigem Anbieterwechsel (oder schlusszahlen – auch eine Substitutionsbeziehung gegen- entsprechenden Ankündigungen gegenüber dem aktuel- über den Festnetzen feststellbar. Allerdings ist dies bei len Netzbetreiber) von diesen Vergünstigungen profitie- den Anschlüssen in weit geringerem Maße der Fall. So ren, so dass nicht auszuschließen ist, dass Verbraucher ih- verfügen in Deutschland nur 12 Prozent der Haushalte ren Anbieter infolge dessen öfter wechseln als eigentlich ausschließlich über einen Mobilfunk-, nicht aber über ei- von ihnen intendiert, um optimal an den wettbewerblich nen Festnetzanschluss. 27 induzierten Preisvorteilen zu partizipieren. Im Hinblick auf beide Aspekte zeigt sich, dass die Substi- Die der Bundesnetzagentur vorliegenden Daten deuten tutionsbeziehungen zwischen Festnetz und Mobilfunk darauf hin, dass in den vergangenen vier Jahren offenbar hierzulande, wie schon in den vergangenen Jahren, im eu- eine relativ konstante Anzahl von gut 3 Millionen Kun- ropäischen Vergleich noch deutlich schwächer ausgeprägt den pro Jahr einen anderen Anbieter gewählt hat. Dies be- zieht sich zunächst einmal auf die Telefonanschlüsse. 26 Bei diesen Werten handelt es sich jeweils um sog. Netto-Kundenzu- Wird ausschließlich dieses Segment der (Telefonanbieter-) wächse, die jedoch im Falle der TV-Kabelnetzbetreiber in der Ver- Wechsler betrachtet, zeigt sich, dass hiervon in den ver- gangenheit noch weitgehend mit den Werten für die Neukunden und gangenen vier Jahren etwa 30 Prozent auf die Deutsche Wechsler (= Bruttokundenzuwachs) identisch sein dürften, weil auf- Telekom entfallen sind. Demgegenüber hat sich in diesem grund des noch relativ geringen Kundenbestandes die Anzahl derje- nigen Kunden, die bereits wieder von den Kabelnetzbetreibern weg- Zeitraum etwa jeder vierte dieser Kunden für einen der wechseln, vergleichsweise gering sein dürfte. TV-Kabelnetzbetreiber entschieden, deren Zuwachs an 27 Quelle: Eurobarometer Spezial 362/E-Communications Haushalts- Telefonkunden in den vergangenen Jahren jeweils zwi- umfrage 2011 Drucksache 17/8246 – 42 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode sind. Zum einen bleibt Deutschland mit einem mobilen Während der HHI Ende des Jahres 2002 noch bei 3 400 Anteil am gesamten Gesprächsvolumen von etwa einem lag, betrug er Ende 2006 noch 3 000 und Ende 2009 be- Drittel deutlich hinter dem EU27-Durchschnitt (2009: reits nur noch 2 843. Diese Entwicklung indiziert eine 52 Prozent) zurück; zum anderen gibt es im EU27-Durch- steigende Wettbewerbsintensität im Mobilfunk, was schnitt mit 27 Prozent mehr als doppelt so viele „Mobile durch kontinuierlich sinkende Preise gestützt wird. Aller- only“-Haushalte wie hierzulande. dings ist zu betonen, dass sich der Wettbewerb keines- wegs auf bloße Preissenkungen reduzieren lässt. Viel- mehr spielen in der Wahrnehmung der Kunden auch Geringe Marktkonzentration bei andere Faktoren wie etwa zielgruppenspezifische Tarif- Mobilfunknetzbetreibern optionen sowie Qualität des Netzes eine entscheidende Für die Frage nach den wettbewerblichen Auswirkungen Rolle. Hinzu kommt, dass künftig auch der Leistungsfä- einer enger werdenden Substitutionsbeziehung zwischen higkeit der mobilen Datenkommunikation eine entschei- mobiler und festnetzbasierter Telefonie ist auch die Wett- dende Bedeutung zukommen wird, weshalb zurzeit auch bewerbsintensität auf dem Mobilfunkendkundenmarkt bei der Investitionstätigkeit – z. B. im Hinblick auf den ein relevanter Parameter. Als ein wesentlicher Indikator LTE-Ausbau – ein intensiver Wettbewerb zu beobachten hierfür kann die Marktstruktur gelten, die hierzulande ist. wesentlich dadurch geprägt ist, dass vier Netzbetreiber, von denen keiner – bezogen auf die Kundenzahl – einen Eigene Wertschöpfung der Wettbewerber im Marktanteil von über 33 Prozent besitzt, in intensiver Zeitablauf deutlich ansteigend Konkurrenz zueinander stehen. Dieser Wert liegt im EU27-Vergleich am zweitniedrigsten. Und auch der Kun- Für den Befund, dass sich die wettbewerblichen Struktu- denanteil der beiden größten Netzbetreiber liegt hierzu- ren auf den Telekommunikationsmärkten tendenziell fes- lande mit 66 Prozent relativ niedrig und fällt nur in zwei tigen, spricht schließlich auch die Tatsache, dass der An- europäischen Ländern noch geringer aus. teil eigener Wertschöpfung auf Seiten der Festnetz- Wettbewerber von 40 Prozent im Jahr 2000 über 60 Pro- Dazu wiederum passt der Befund, dass der Herfindahl- zent im Jahr 2005 auf nunmehr über 70 Prozent angestie- Hirschman-Index (HHI) seit Jahren stetig sinkt. Zum gen ist. Einen wesentlichen Beitrag zu dieser Entwick- Ende des zweiten Quartals 2011 betrug der HHI bezogen lung haben in den vergangenen Jahren insbesondere auch auf die Teilnehmer-Marktanteile der Netzbetreiber 2709. die TV-Kabelnetzbetreiber geleistet, die – abgesehen von Er liegt damit nicht weit vom Minimum (bei vier Akteu- Mietleitungen und Terminierungsleistungen – in hohem ren) von 2500 und stellt den bisher niedrigsten Wert dar. Maße unabhängig von Vorleistungen des ehemaligen Mo-

Abbildung 36

Marktanteilsverteilung im Mobilfunk (europäischer Vergleich)

Quelle: EU-Kommission, Digital Agenda Scoreboard 2011, „Electronic Communications Market Indicators”, Seite 10 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 43 – Drucksache 17/8246 nopolunternehmens sind. In diesem Sinne erweist sich 50 Prozent (+ ca. 0,3 Millionen). Weniger als 3 Prozent insbesondere der intermodale Wettbewerb als wesentliche entfielen auf sonstige Breitbandanschlussangebote. Aller- Triebfeder für die schrittweise steigende strukturelle Ab- dings ist mit Blick auf die Interpretation der genannten sicherung der Wettbewerbsverhältnisse auf den Telekom- Anteilswerte zu berücksichtigen, dass der relative und ab- munikationsmärkten. solute Kundenzuwachs zuletzt geringer ausgefallen ist als in den Jahren zwischen 2004 und 2009. 2. Breitbandmärkte Die leichten Marktanteilsgewinne der Wettbewerber 2.1 Marktentwicklungen Breitband- (Stand im 1. Halbjahr 2011 ca. 54,4 Prozent gegenüber anschlüsse 53,8 Prozent Ende 2009) sind daher in erster Linie auf das Wachstum bei den realisierten breitbandigen Anschluss- Breitbandanschlüsse ermöglichen die Nutzung unter- angeboten der Kabelanschlussanbieter zurückzuführen. schiedlicher Anwendungen, wie z. B. das Surfen im Inter- Es ist davon auszugehen, dass diese Zuwächse der Kabel- net, Telefonie oder Fernsehen. Daher stellt die Entwick- anschlussanbieter vor allem zu Lasten der Kundenge- lung der Breitbandanschlüsse einen wesentlichen winne der alternativen DSL-Anbieter gingen. In einem Indikator für die Analyse der wirtschaftlichen Entwick- geringeren Maße wirkte sich dies auf die Kundenakquisi- lung im gesamten Breitbandbereich dar. tion der Deutschen Telekom AG aus. Die Entwicklung im Bereich der Breitbandanschlüsse ist Trotz der besonderen Wachstumsdynamik bei den TV- nach wie vor durch einen Wachstumstrend gekennzeich- Kabelanschlüssen stellen DSL-Anschlüsse nach wie vor net, wenngleich sich der Anstieg in 2011 weiter abge- die führende Technologie zur Realisierung breitbandiger schwächt hat. Zur Jahresmitte 2011 wurden in Deutsch- Internetzugänge dar. Während des Berichtszeitraums lag land ca. 26,7 Millionen Breitbandanschlüsse genutzt. der Anteil der DSL-Technologie an allen Breitbandan- Dies entspricht einem Zuwachs von knapp 7 Prozent seit schlüssen bei ca. 87 Prozent. Absolut stieg die Zahl der Ende 2009. Wuchs die Anzahl der vermarkteten Breit- DSL-Anschlüsse Ende 2009 bis Mitte 2011 noch um rd. bandanschlüsse bis 2008 pro Jahr noch zweistellig (2008 0,8 Millionen auf 23,3 Millionen. Weitere Zuwächse ka- plus 15 Prozent), so verringerte sich dieser Wert zwei men darüber hinaus insbesondere von den TV-Kabelan- Jahre später auf knapp 5 Prozent. Die Wachstumsrate für schlussanbietern wohingegen sonstige Technologien wie das erste Halbjahr 2011 lag bei knapp 2 Prozent. Ins- z. B. Satellitentechnologie, drahtlose Anschlusstechnolo- gesamt führte das zu verzeichnende Wachstum zu einer gien oder Powerline eine unverändert marginale Rolle Penetrationsrate mit Breitbandanschlüssen von knapp spielen. Seit 2010 nehmen Investitionen in Glasfaseran- 67 Prozent (bezogen auf alle Haushalte). schlusstechnologien (FTTH und FTTB) zu. Ende des zweiten Quartals 2011 waren 138 000 Glasfaseran- Die weiter abflachende Wachstumsrate bestätigt die im schlüsse für die Nutzung von Internet und/oder Telefonie letzten Tätigkeitsbericht geäußerte Einschätzung, dass vermarktet. sich Breitbandanschlussmärkte auf eine Sättigungsgrenze zubewegen. Trotz zusätzlicher Wachstumsimpulse, die sich aus der Umsetzung der Breitbandstrategie der Bun- DSL-Anschlüsse desregierung ergeben, welche neben der Schließung der Im Ergebnis konnte die Deutsche Telekom AG ihren An- sog. weißen Flecken im ländlichen Raum auch auf die teil bei den DSL-Anschlüssen von 52 Prozent bis zur Ausbauförderung besonders hochleistungsfähiger Netze Jahresmitte 2011 behaupten. Der Anteil der alternativen abzielt (s. u.), liegt die Vermutung nahe, dass sich die Zu- DSL-Anschluss-Anbieter lag dementsprechend bei wachsraten (prozentual wie absolut) weiter verringern 48 Prozent. Die Festigung der Marktanteile der Deut- werden. schen Telekom AG dürfte vor allem auf deutliche Zu- Insgesamt hat die Deutsche Telekom AG im Jahr 2010 wächse bei VDSL-Produkten zurückzuführen sein. und im ersten Halbjahr 2011 leicht an Marktanteilen bei Die alternativen DSL-Anbieter, die noch in beträchtli- den Breitbandanschlüssen eingebüßt. Mitte 2011 hielt sie chem Umfange von den Vorleistungen der Deutschen einen Anteil am Breitbandanschlussmarkt von ca. 46 Pro- Telekom AG abhängen, konnten ihre Marktposition ge- zent. genüber der Deutschen Telekom AG auch im Berichts- Betrachtet man die Anteile der verschiedenen Marktteil- zeitraum nicht ausbauen. Diese Gruppe zeichnete sich nehmer an den Zuwächsen bei den Breitbandanschluss- bisher durch besonders attraktive und innovative ADSL- kunden, so lag der entsprechende Anteil der Deutschen Angebote aus. Mitte 2011 ist der Kundenanteil, der Telekom AG an den zusätzlich gewonnenen Kunden im besonders hochbitratige ADSL-Produkte nachfragt ersten Halbjahrjahr 2011 bei ca. 43 Prozent (dies ent- (10 MBit/s) mit etwa 30 Prozent deutlich höher als jener spricht etwa 0,2 Millionen zusätzlichen Kunden). Demge- der Deutschen Telekom AG, die nur gut 23 Prozent ihrer genüber konnten die alternativen DSL-Anbieter bis Kunden in diesem Segment bedient. Jedoch sind alterna- Mitte 2011 lediglich 8 Prozent der zusätzlichen Kunden tive DSL-Anbieter bei den leistungsfähigeren VDSL-An- akquirieren (+ ca. 0,04 Millionen). schlüssen deutlich schlechter repräsentiert als die Deut- sche Telekom AG, die hier mit ihrem eigenen VDSL- Ein Großteil des Kundenzuwachses im Breitbandan- Produkt erfolgreicher ist. Insgesamt sind Anschlüsse mit schlussmarkt entfiel auf die TV-Kabelanschlussanbieter. einer Kapazität von > 30 Mbit/s derzeit noch schwer zu Ihr Anteil am Kundenzuwachs betrug Mitte 2011 über vermarkten (siehe auch Abbildung 37). Drucksache 17/8246 – 44 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Die eher verhaltene Entwicklung bei alternativen DSL- kommunikations GmbH oder wilhelm.tel GmbH genannt, Anbietern ist darüber hinaus zum einen auch darauf zu- die ihre Endkunden zum Teil oder sogar vollständig an rückzuführen, dass es ihnen schwer fällt, gegen die preis- FTTH bzw. FTTB-Netze angebunden haben. Nicht zu- lich und qualitativ sehr wettbewerbsfähigen Produkte der letzt angestoßen durch die Ziele der Breitbandstrategie TV-Kabelnetzanbieter zu konkurrieren. Mit dem von den finden sich Investoren, die auch im eher ländlichen Raum DSL-Anbietern bisher präferierten TAL-basierten Ge- – derzeit meist noch sehr punktuell – Glasfaseranschluss- schäftsmodell ist es nicht möglich, gleiche hochleistungs- netze ausbauen. Bei diesen investierenden Unternehmen fähige Breitbandanschlüsse (> 30 Mbit/s) bereitzustellen handelt es sich sowohl um Telekommunikationsanbieter wie durch die TV-Kabelbranche. Vorleistungsprodukte, als auch um Kommunen, Stadtwerke oder sonstige Ener- die beispielsweise die Bereitstellung von VDSL-An- gieversorger. Die im Bundesverband Glasfaserausbau e. V. schlüssen erlauben, werden kaum nachgefragt. (BUGLAS) organisierten Telekommunikationsunterneh- men werden nach Angaben des Verbandes bis Ende 2011 Zum anderen war im Berichtszeitraum ein gewisser Kon- etwa 870 000 Glasfaseranschlüsse (FTTH und FTTB) in- solidierungsprozess zu beobachten (HanseNet, freenet), stalliert haben. der nicht ohne Einfluss auf die Marktdynamik gewesen sein dürfte. Letztlich gab es Änderungen in der strategi- Die Deutsche Telekom AG ist mittlerweile von ihren schen Ausrichtung einzelner Anbieter, die sich zu Lasten 2010 publizierten ambitionierten Glasfaserausbauzielen von DSL mehr auf die Vermarktung mobiler Breitbandzu- wieder abgerückt, nach denen 10 Prozent der Anschlüsse gänge fokussieren. mit Glasfaserleitungen bis 2012 ausgestattet sein sollten. Bis 2011 will sie nun ihren revidierten Ausbauplänen zu- Kabelanschlüsse folge insgesamt 160 000 Haushalte in zehn deutschen Städten mit Glasfaseranschlusstechnologie erschließen. Ca. 60 Prozent der Haushalte können über sehr schnelle Internetdienste mittels einer rückkanalfähigen TV-Kabel- Ende 2011 dürften nach den Planungen der verschiedenen netzinfrastruktur verfügen. Seit Ende der letzten Berichts- Anbieter etwa 1 Millionen Haushalte mit Glasfaseran- periode hat sich die Zahl der vermarkteten Breitband- schlüssen ausgestattet sein, damit können etwa 2,5 Pro- anschlüsse via TV-Kabel auf über 3 Millionen zur zent der Haushalte über diese hochleistungsfähige An- Jahresmitte 2011 verdoppelt. Bei diesen Anbietern lag die schlusstechnologie verfügen. Nach Erhebungen der Wachstumsrate allein im ersten Halbjahr 2011 bei rund Bundesnetzagentur wurde diese Anschlusstechnologie 10 Prozent und damit deutlich höher als im gesamten Mitte 2011 von 138 000 Haushalten tatsächlich für Inter- Breitbandanschlussmarkt, der in den ersten 6 Monaten net und/oder Telefon genutzt. des Jahres 2011 lediglich ein Wachstum von knapp 2 Pro- Nicht nur bei Glasfaseranschlüssen, auch bei den anderen zent realisieren konnte. Die Betreiber von rückkanalfähi- hochleistungsfähigen Anschlusstechnologien wie VDSL gen TV-Kabelnetzinfrastrukturen haben ihren Marktanteil oder bei den TV-Kabelanschlüssen zeigt sich ein deutli- nunmehr auf knapp 12 Prozent erhöhen können. cher Abstand zwischen Versorgung und tatsächlicher Durch Umrüstung der TV-Kabelnetze auf den neuen Nachfrage. Vor allem dank der weit ausgebauten hoch- Übertragungsstandard für IP über TV-Kabelnetze leistungsfähigen TV-Kabelanschlussnetze können knapp (DOCSIS 3.0)28 können über diese Netze sehr leistungs- 40 Prozent der Haushalte Breitbandanschlüsse mit fähige Breitbandanschlüsse bereitgestellt werden. So sind 50 Mbit/s und mehr erhalten. Sehr hochbitratige An- bereits heute 16 Millionen Haushalte (40 Prozent) mit schlüsse von 50 MBit/s und mehr werden hingegen nur diesen leistungsfähigen Breitbandanschlüssen versorgt, die von knapp 2 Prozent der Haushalte genutzt. Dies ist auch Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 120 Mbit/s29 darauf zurückzuführen, dass Anwendungen, die hochbit- bei vergleichsweise niedrigem Investitionsaufwand zulas- ratige Anschlüsse zwingend erforderlich machen, derzeit sen. Konkurrenzfähige Tarife, hohe Leistungsfähigkeit noch als entscheidender Treiber der Nachfrage fehlen. In der Anschlüsse und eine immer größere Verfügbarkeit vielen anderen europäischen Ländern ist ein ähnliches führten dazu, dass im ersten Halbjahr 2011 die Hälfte des Verbraucherverhalten zu beobachten. Kundenzuwachses auf diese Anschlusstechnologie ent- Die aktuell verhaltene Nachfrage wirkt sich eher dämp- fiel. fend auf zukünftige Investitionsentscheidungen aus. Ins- gesamt setzt in Deutschland der flächendeckende Glasfa- Glasfaseranschlüsse serausbau ein sehr hohes Investitionsvolumen im oberen Seit 2006 haben vor allem regional tätige Unternehmen zweistelligen Milliardenbereich voraus, das keiner der damit begonnen, zunächst in den Zentren größerer Städte auf dem Breitbandmarkt tätigen Unternehmen alleine zu Glasfaser-Anschlussnetze auszurollen. So seien hier bei- tragen in der Lage ist (vgl. Beitrag zum NGA-Forum). spielhaft die Investitionen der Unternehmen NetCologne Der weitere Ausbau dieser Technologie hängt neben Pa- Gesellschaft für Telekommunikation mbH, M-net Tele- rametern wie Dichtefaktoren ganz entscheidend – dies zeigen entsprechende Untersuchungen – von dem erziel- baren ARPU und der Penetrationsrate ab. Die Erzielung 28 Data Over Cable Service Interface Specification 29 Da es sich hier um eine „Shared-Medium“-Technologie handelt, kön- einer hohen Penetrationsrate und eines höheren ARPU ist nen die tatsächlich verfügbaren Bandbreiten der Nutzer variieren jedoch mit hohen Unsicherheiten behaftet. Die Durchset- bzw. darunter liegen. zung eines höheren ARPU wird in einem Endkunden- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 45 – Drucksache 17/8246

Abbildung 37

NGA-Versorgung und Nachfrage nach FTTH-, FTTB-, TV-Kabel- und FTTC-Anschlüssen in Europa

Quelle: Cullen International, Cross Country Analysis, August 2011 markt mit hochkompetitiven Preisen und noch zurückhal- Kommission anhand der Beihilfeleitlinien von 2009 über- tender Nachfrage nach sehr hochbitratigen Anschlüssen prüft, die gegenwärtig fortgeschrieben werden. sicherlich schwer realisierbar. In Anbetracht der Bedeu- tung der Penetration für die Wirtschaftlichkeit der Inves- Weitere Zunahme der Breitbandpenetration titionen ist ein Szenario mit einer raschen Migration (von Kupfer- auf Glasfaserleitungen) wünschenswert und öko- Die oben beschriebenen Entwicklungen bei den verschie- nomisch sinnvoll. denen Breitbandanschlussinfrastrukturen haben insge- samt zu einem weiteren Wachstum bei der Versorgung Der Breitbandausbau im ländlichen Raum wird zudem mit Breitbandanschlüssen geführt. Die nach wie vor zu unterstützt durch verschiedene Beihilfeprogramme des erkennende, wenn auch sich langsam abschwächende Bundes und der Länder, die aus einer Kombination von Wachstumsdynamik schlägt sich auch darin nieder, dass Bundes-, Landes- oder auch EU-Mitteln aufgebracht wer- Deutschland seine Position im Hinblick auf die Breit- den. Eine Förderung kann erfolgen im Rahmen der Ge- bandversorgung der Bevölkerung im europäischen meinschaftsaufgabe von Bund und Ländern „Verbesse- Vergleich weiter gefestigt hat.30 Dies verdeutlicht die rung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK)“ folgende Abbildung, die die Penetrationsrate mit Breit- im ländlichen Raum sowie im Rahmen der Gemein- bandanschlüssen als Prozentsatz der Bevölkerung im Ja- schaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschafts- nuar 2011 darstellt. struktur (GRW)“ in strukturschwächeren Regionen. Wei- tere Investitionsanreize sollen die Bundesrahmenregelung Danach zeigt sich, dass Deutschland mit einer Penetra- Leerrohre, das Zukunftsinvestitionsgesetz (ZuInvG) so- tionsrate von über 32 Prozent (bezogen auf die Zahl der Einwohner) deutlich über dem EU-Durchschnitt von wie der „Europäische Fonds für regionale Entwicklung 26,6 Prozent lag und nur von vier Ländern (Dänemark, (EFRE)“ und der „Europäische Landwirtschaftsfonds für Niederlande, Luxemburg und Frankreich) übertroffen die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)“ setzen. wurde. In zwei dieser Länder (Dänemark, Niederlande) Bei der Anwendung der Förderprogramme gilt es darauf spielen Breitbandanschlüsse über TV-Kabel eine große zu achten, dass sie keine wettbewerbsverzerrende Wir- Rolle. Deutschland konnte aufgrund seiner relativ hohen kung entfalten, die geförderten Netze wettbewerbsoffen Wachstumsrate im Vergleich zum letzten Tätigkeitsbe- und zukunftssicher sind und dass die staatliche Förderung nicht zu einem Abwandern privater Investoren führt. Die Einhaltung dieser Grundsätze wird von der Europäischen 30 COCOM: Digital Agenda Scoreboard 2011 Drucksache 17/8246 – 46 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Abbildung 38

Penetrationsrate und Fortschritt bei der Breitbandversorgung

Quelle: EU-Kommission, Digital Agenda Scoreboard 2011, „Electronic Communications Market Indicators”, Seite 42 richt (Juli 2009) vom sechsten Platz auf den fünften Platz hochbitratig (30 Mbit/s) sind, überproportional hoch. Von der Rangskala aufrücken und hat Schweden und Finnland den gut 1,7 Millionen vermarkteten Anschlüssen werden in der Penetrationsrate überholt, während gleichzeitig 88 Prozent von Wettbewerbern bereitgestellt. Dies ist ins- Frankreich auf den vierten Platz aufrücken konnte. besondere auf die sehr wettbewerbsfähigen TV-Kabelan- schlüsse zurückzuführen. Die Nachfrage nach IP-TV oder Verkehrsmengenentwicklung Videoprodukten, welche hohe Bandbreiten voraussetzen, ist einer der Gründe, für das Interesse an besonders leis- Auch im Verlauf dieser Berichtsperiode hat sich die Ent- tungsfähigen Breitbandanschlüssen. Vor allem aber dürfte wicklung eines steigenden Datenverkehrs weiter fortge- die Strategie der Anbieter, die nächste, schnellere An- setzt. Die Verkehrsmengen wachsen dabei deutlich stär- schlussgeneration zum „alten“ Preis anzubieten, viele ker als die Anzahl der Breitbandanschlüsse. Im ersten Kunden zum Umstieg auf schnellere Anschlüsse bewe- Halbjahr 2011 sind die Verkehrsmengen um 12,5 Prozent gen, insbesondere, wenn eine Vertragserneuerung ansteht. gestiegen, während die Zahl der Breitbandanschlüsse im gleichen Zeitraum nur um knapp 2 Prozent gestiegen ist. Bündelprodukte und Komplettanschlüsse Gleichwohl wird das Verkehrsmengenwachstum auch noch von der wachsenden Zahl der Breitbandanschluss- In Deutschland werden bei Neuverträgen DSL-Anschluss kunden getrieben. Die Entwicklung des durchschnittlichen und Dienst mittlerweile ausschließlich gemeinsam ver- Datenvolumens je Anschluss ist entsprechend geringer als marktet. Die Entwicklung in Richtung gemeinsamer Ver- das Gesamtmengenwachstum. Die Bundesnetzagentur marktung zeichnet sich bereits seit mehreren Jahren ab. geht davon aus, dass sich im ersten Halbjahr 2011 das Diese Entwicklung wurde zunächst von alternativen An- durchschnittliche Datenvolumen je Anschuss auf unge- bietern vorangetrieben. fähr 11,3 GByte erhöht hat. Ende 2010 lag dieser Wert Es ist davon auszugehen, dass mittlerweile nur noch ein etwa bei 10,2 GByte. geringer Bestand an Verträgen existiert, bei denen der Breitbandanschluss separat vom Breitbanddienst ver- Anschlusskapazitäten marktet wird. Der Trend, höhere Anschlussbandbreiten bei häufig stabi- Komplettanschlüsse, bei denen der Kunde auf einen her- len Endkundenpreisen anzubieten, hat sich auch seit 2008 kömmlichen schmalbandigen Telefonanschluss verzich- fortgesetzt. Fast 34 Prozent der Endkunden im Breitband- ten kann und bei denen die Sprachdienste statt dessen anschlussmarkt nutzt inzwischen Breitbandanschlüsse über breitbandige Netze realisiert werden, sind geeignet, mit einer Bandbreite von 10 Mbit/s und mehr. Gut PSTN-Anschlüsse zu ersetzen. Solche Komplettan- 40 Prozent der Kunden verfügen über Anschlüsse zwi- schlüsse werden nach wie vor überwiegend von alternati- schen 2 und 10 Mbit/s. Bei den alternativen Anbietern ist ven Telekommunikationsanbietern vermarktet. Hierfür der Anteil der Kunden, deren Anschlüsse besonders stehen Vorleistungen wie der entbündelte Zugang zur Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 47 – Drucksache 17/8246

Teilnehmeranschlussleitung, Bitstromzugangsprodukte oder Fernsehsendungen oder Ausschnitte, Videopodcasts etc.), Resale-Produkte zur Verfügung. erhöht sich auch der Bandbreitenbedarf in den Netzen und erklärt die Zunahme beim genutzten Datenvolumen Sprachzugänge über entbündelte DSL-Anschlüsse, bei je Anschluss. Bei den Bewegtbildinhalten ist vor allem denen über VoIP telefoniert wird, haben im Berichtszeit- die Nachfrage nach Fernsehinhalten besonders hoch. Die raum sehr starke Zuwächse zu verzeichnen gehabt. Ende Nutzung von Mediatheken stieg z. B. von 14 Prozent 2011 werden schätzungsweise fast 5,7 Millionen solcher (2008) auf 29 Prozent (2011) an. Ein verändertes Verhal- Zugänge existieren. Daran wird die zunehmende Akzep- ten bei der Dienstnutzung, attraktivere bzw. hochwerti- tanz von Komplettanschlüssen und damit implizit von gere Dienste sowie schnellere Breitbandanschlüsse tragen VoIP deutlich. auch dazu bei, dass die durchschnittliche Internetnutzung Weiter fortgesetzt hat sich im Berichtszeitraum der Trend, in Deutschland bei 2 Stunden 17 Minuten in 2011 liegt. breitbandige Anschlüsse mit mehreren Diensten gebün- delt und zu einem Pauschaltarif anzubieten. Bei diesen Voice over IP Bündelprodukten besteht ein starker Preiswettbewerb. Allerdings hat sich auch die im letzten Berichtszeitraum Akzeptanz und Nutzung von VoIP-Diensten sind in den bereits erkennbare Stabilisierung teilweise fortgesetzt. vergangenen zwei Jahren weiter gestiegen. Dies schlägt sich sowohl in den Verbindungsmärkten als auch in 2.2 Breitbanddienste Markt 1 (Zugang von Privat- und Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten) nieder. Da- Ein wichtiger Trend der vergangenen Jahre ist die Migra- bei kommt zum Tragen, dass die Anzahl der Komplettan- tion der Telekommunikationsstrukturen hin zu All-IP- schlüsse, bei denen auch die Telefonverbindungen über Lösungen. Diese vereinheitlichte und all umfassende den Breitbandanschluss realisiert werden und die insofern Kommunikationsgrundlage hat neue Formen der Kom- Schmalbandanschlüsse potentiell ersetzen können, deut- munikation, Kooperation und menschlichen Interaktion lich zunimmt. herausgebildet wie sie durch die sehr rasch aufgekomme- nen Formen des Social Networking und die Anwen- Weiterhin sehr dynamisch entwickelt sich das VoIP-Ge- dungen des WEB 2.0 bereits heute gelebt werden. sprächsvolumen31, welches bis Ende 2011 voraussichtlich Anwendungen wie Cloud Computing, E-Health oder ca. 45 Milliarden Minuten erreichen wird. Dies entspricht E-Government dürften in der Zukunft an Bedeutung ge- einem Anteil von gut 23 Prozent am gesamten Telefon- winnen. verkehr. Demgegenüber lag dieses Gesprächsvolumen 2009 noch bei 36 Milliarden Minuten, was zum damali- Der breitbandige, schnelle Zugang zum Internet stellt gen Zeitpunkt ca. 18 Prozent des gesamten Telefonver- nach wie vor den bedeutendsten auf einem Breitbandan- kehrs ausmachte. Es ist zu erwarten, dass sich die Wachs- schluss aufsetzenden Breitbanddienst dar. Gleichzeitig tumsentwicklung bei VoIP auch in der Zukunft fortsetzt. stellt dieser Dienst eine Zugangsvoraussetzung zu ande- Damit entwickeln sich VoIP Dienste entgegen dem Trend ren Diensten wie z. B. VoIP, Video on demand usw. dar. bei den Festnetzgesprächsminuten, die seit 2009 leicht Ca. 73,3 Prozent der Deutschen nutzen derzeit das Inter- rückläufig sind. net, was einer Verdoppelung der Onliner in den letzten zehn Jahren entspricht (ARD/ZDF-Onlinestudie 2011). Nach wie vor spielen VoIP und entbündelte Anschlüsse bei den alternativen Anschlussanbietern eine viel größere Neben Festnetzzugängen gewinnen mobile Zugänge in Rolle als beim Incumbent, was insbesondere darauf zu- Internet immer mehr an Bedeutung. So ist die mobile In- rückzuführen ist, dass Erstere viel früher mit entsprechen- ternetnutzung deutlich angestiegen. 2010 gingen noch den Angeboten an den Markt getreten sind. Etwa 13 Prozent der Onliner unterwegs ins Netz. Aktuell sind 96 Prozent der Sprachzugänge über entbündelte DSL-An- es 20 Prozent, wobei 17 Prozent Apps auf Smartphones schlüsse mit VoIP-Telefonie werden von den Wettbewer- und Tablet-PCs nutzen. bern bereitgestellt. Bezogen auf die festnetzbasierten Bei allen Zugangsarten erfreuen sich soziale Web-An- Wettbewerber entfallen inzwischen mehr als ein Drittel wendungen weiterhin steigender Popularität. Der ARD/ der Anschlüsse auf diese Variante, während sie bei der ZDF-Onlinestudie 2011 zufolge haben bereits 43 Prozent Deutschen Telekom AG bislang fast keine Rolle spielen der deutschen Internetnutzer ein eigenes Profil in einer (unter 1 Prozent). Social Community angelegt (2010 waren es 39 Prozent). Auch Peer-to-Peer-Anwendungen, die ein entscheidender IPTV Treiber für den Bandbreitenbedarf sind, treffen auf eine IP-TV Dienste stellen im Vergleich zu sonstigen Diensten signifikante Nachfrage; dies ist u. a. auf die Zunahme le- eine sehr bandbreitenintensive Anwendung dar. Pro über- galer Peer-to-Peer-Downloadangebote zurückzuführen. tragenem Kanal sind – abhängig vom verwendeten Stan- Insbesondere bei jüngeren Nutzergruppen dürften u. a. dard – zwischen 1,5 und 15 Mbit/s Bandbreite erforder- Gaming-Angebote sowie Audio-Downloads stark zuge- lich. Mit der zunehmenden Verbreitung von besonders nommen haben, nicht zuletzt auch deshalb, weil steigende hochbitratigen Anschlüssen (ADSL2+, VDSL, Glasfaser- Qualitäten wiederum die Attraktivität dieser Dienste er- höhen. In dem Maße, wie die Nutzer verstärkt bandbrei- tenintensive Anwendungen nutzen (Videos, komplette 31 Ohne Verbindungen zu Auskunfts- und Mehrwertdiensten. Drucksache 17/8246 – 48 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode anschlüsse) verbesserten sich die Voraussetzungen für die leitung eigene DSL-Anschlüsse erzeugen. Diese werden Nutzung von IP-TV Diensten erheblich. von ihnen schon seit jeher gebündelt mit dem Internetzu- gang, zunehmend aber auch mit anderen breitbandigen Insgesamt hat die Verbreitung von IP-TV im Vergleich Diensten, vermarktet. zum vorangegangenen Berichtszeitraum zugenommen. Dennoch ist die Bedeutung dieser infrastrukturellen TV- Nach wie vor stellt der entbündelte Zugang zur Teilneh- Anbindung nach wie vor gering. Von allen TV-Haus- meranschlussleitung die für die Realisierung eigener halten in Deutschland waren Mitte 2011 nur 2,7 Prozent DSL-Anschlüsse bedeutendste Vorleistung dar. Über der Haushalte über IP-TV angebunden (ASTRA aktuell, 9,2 Millionen DSL-Anschlüsse basierten zur Jahresmitte Nr. 72). 2011 auf dem entbündelten Zugang zur TAL. Über 80 Prozent der von Wettbewerbern direkt vermarkteten 2.3 Vorleistungsmärkte im Breitbandbereich DSL-Anschlüsse basierten auf diesem Vorleistungspro- dukt. Gegenüber der Vorberichtsperiode bedeutete dies Es existieren inzwischen verschiedene Vorleistungspro- nochmals einen Anstieg von fast 900 000 DSL-Anschlüs- dukte, die es den Wettbewerbern ermöglichen, breitban- sen, wobei die Zuwachsraten bei der Nachfrage nach die- dige Anschlüsse anzubieten. Diese Vorleistungsprodukte basieren fast ausschließlich, jedoch in unterschiedlichem sem Vorleistungsprodukt, das im europäischen Vergleich Umfang, auf der Infrastruktur der Deutschen Tele- allerdings ein sehr hohes absolutes Niveau aufweist, stark kom AG. So erfordert der entbündelte Zugang zur Teil- rückläufig sind. Im ersten Halbjahr 2011 wurden nur noch nehmeranschlussleitung mehr eigene Infrastruktur eines 100 000 zusätzliche Teilnehmeranschlüsse für die Bereit- Wettbewerbers als z. B. ein Bitstromzugangsprodukt, da stellung von DSL-Anschlüssen nachgefragt. bei diesem auch die Zuführungsleistung durch die Deut- Diese Wachstumsabflachung dürfte vor allem auf zwei sche Telekom AG erbracht wird. Resale-Produkte erfor- Entwicklungen zurückzuführen sein: Erstens haben die dern sogar keine eigene Infrastruktur eines Wettbewer- Wettbewerber diejenigen Gebiete, die günstige Skalener- bers. Je nach Art des Vorleistungsproduktes variiert träge aufweisen, bereits weitgehend erschlossen, während dementsprechend auch der Anteil der Wertschöpfung, der durch die Deutsche Telekom AG erbracht wird. Nach wie die weitere Erschließung der Fläche weniger oder sogar vor besteht bei den alternativen Anschlussanbietern eine überhaupt nicht profitabel ist. Dies zeigt sich auch daran, signifikante Abhängigkeit von Vorleistungsprodukten der dass seit 2009 offensichtlich nur noch wenige Hauptver- Deutschen Telekom AG. Aus diesem Grunde kommen teiler neu erschlossen wurden (+2,8 Prozent). Die sehr immer noch knapp 28 Prozent der Wertschöpfung aller al- wettbewerblichen Preise für Breitbandanschlüsse erschei- ternativen Anbieter in Festnetzen (also auch inkl. der TV- nen die Profitabilität der Flächenerschließung zu er- Kabelanbieter) über die Zahlung von Vorleistungsentgel- schweren. ten der Deutschen Telekom AG zu Gute. Im reinen DSL- Zweitens wird das Nachfragewachstum nach Breitband- Geschäft dürfte die Bedeutung des Vorleistungsanteils der anschlüssen vor allem durch die Nachfrage nach beson- Deutschen Telekom AG an der Wertschöpfung der alter- nativen DSL-Anbieter deutlich höher ausfallen. Die Tat- ders hochbitratigen Anschlüssen getrieben. Dies wirkt sache, dass mindestens 95 Prozent aller DSL-Anschlüsse sich dämpfend auf die „klassische“ Nachfrage nach Teil- auf Vorleistungsprodukten der Deutschen Telekom AG nehmeranschlüssen mit Zugang am Hauptverteiler aus. beruhen, belegt die hohe Abhängigkeit insbesondere im DSL-Anschlüsse, die auf dieser Infrastruktur aufsetzen, DSL-Bereich. haben durch die Längenrestriktionen der kupferbasierten Anschlusstechnologie hinsichtlich der Übertragungskapa- Die von Wettbewerbern angebotenen Vorleistungspro- zität eine beschränkte Leistungsfähigkeit. dukte können diese Abhängigkeiten von den Vorleis- tungsprodukten allenfalls partiell abmildern. So bieten ei- Die Bundesnetzagentur hat auf diese Entwicklungen rea- nige Wettbewerber auf Grundlage des entbündelten giert, indem sie mit diversen regulatorischen Entschei- Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung ebenfalls Bit- dungen die Zugangsanordnungen zur Teilnehmeran- stromzugangsprodukte und Simple-Resale-Produkte an. schlussleitung so angepasst hat, dass alternative Anbieter Nicht zuletzt fehlende Größenvorteile verhindern jedoch mit einem TAL-basierten Geschäftsmodell weiterhin ein flächendeckendes Vorleistungsangebot durch die nachfragegerecht anbieten und ihre Netze in Richtung Wettbewerber. Die Migration der Breitbandnetze in Rich- NGA weiterentwickeln können. tung Next Generation Access (NGA) bzw. Next Genera- tion Networks stellen überdies neue Herausforderungen 1. Bereits im Juni 2007 hatte die Bundesnetzagentur an geeignete Zugangsprodukte. Die Bundesnetzagentur Annexleistungen für den Zugang zum Kabelverzwei- hat hier in der abgelaufenen Berichtsperiode wichtige ger angeordnet (Zugang zu Kabelkanälen und Dark Entscheidungen getroffen (vgl. hierzu die Entscheidun- Fibre). Dies erleichtert es Wettbewerbern, eigene gen im Rahmen der Regulierungsverfügungen in Ab- VDSL-Infrastruktur zu errichten. schnitt B). 2. Neben dem Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung auf Basis von Kupfer hat die Bundesnetzagentur Entbündelter Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung Anfang 2011 auch den Zugang zur Glasfaser basier- Netzbetreiber, die mittels eigener Breitbandinfrastruktur ten Teilnehmeranschlussleitung angeordnet. Anders Hauptverteilerstandorte erschließen, können auf Grund- als bei der „Kupfer-TAL“ soll zukünftig bei neuen lage des entbündelten Zugangs zur Teilnehmeranschluss- Glasfaser-Teilnehmeranschlussleitungen (Glasfaser- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 49 – Drucksache 17/8246

TAL) der Telekom Deutschland GmbH lediglich eine seit 2009 auf konstant niedrigem Niveau. Insofern haben Ex-post-Kontrolle vorgenommen werden. Bitstromzugangsprodukte im Hinblick auf die Flächende- ckung einen komplementären Charakter zur entbündelten 3. Die Bundesnetzagentur hat mit der Anordnung des Teilnehmeranschlussleitung. Ihre Bedeutung wird im Zugangs zum Schaltverteiler und der entsprechenden Hinblick auf den NGA-Ausbau noch steigen. Dies gilt Entgeltentscheidung einen wichtigen Impuls gesetzt, insbesondere für ein Layer-2-Bitstromzugangsprodukt bisher mit Breitband nicht oder nur schlecht erschlos- (vor allem Ethernet-Bitstromzugang), das in besonderer sene Orte effizienter an das Breitbandnetz anschlie- Weise geeignet ist, den Datenverkehr qualitätssensitiver ßen zu können. Mit der Zugangsmöglichkeit zur TAL Dienste zuzuführen. So hat die Arbeitsgruppe Interopera- an einem Schaltverteiler verkürzt sich die Länge der bilität des NGA-Forums auf der Basis der erarbeiteten Leitungen zwischen der aktiven Technik des Anbie- Rahmenspezifikation eine Leistungsbeschreibung eines ters und dem Endkunden, wodurch eine Internetver- Ethernet-Bitstromzugangsproduktes erstellt. Dies kann sorgung mit hoher Bandbreite erst möglich wird. Da- die Akzeptanz und Bedeutung dieses Vorleistungspro- rüber hinaus wird durch die Bündelung der dukts im Markt deutlich erhöhen. erforderlichen DSL-Technik an nur einem zentralen Punkt die Erschließung ländlicher Gebiete einfacher. Insbesondere entfallen die ansonsten notwendige An- Breitband-Zuführungsprodukte bindung jedes einzelnen Kabelverzweigers und die Die verschiedenen Breitband-Zuführungsleistungen dafür erforderlichen aufwendigen Tiefbauarbeiten. (z. B. ZISP, ISP-GATE), bei denen die Wettbewerber über die DSL-Anschlüsse des Incumbent oder dessen Resale- Bitstromzugang Anschlüsse hergestellten Breitbandverkehr zu bestimm- Das Bitstromzugangsprodukt stellt ein Vorleistungspro- ten Netzknotenpunkten zugeführt bekommen, waren dukt dar, welches die Überlassung des breitbandigen An- lange Zeit bedeutsame Vorleistungsprodukte für die schlusses sowie den breitbandigen Datentransport enthält Breitbandmärkte. Technische Entwicklungen, veränderte und dem Nachfrager insbesondere die Möglichkeit der Vermarktungsstrategien und verändertes Nachfragever- Qualitätsdifferenzierung bietet. Damit wird im Spektrum halten haben diese Produkte bedeutungslos werden las- der Vorleistungsprodukte zwischen dem Zugang zur ent- sen. Die Bundesnetzagentur hat auf diese Entwicklung bündelten Teilnehmeranschlussleitung einerseits und reagiert und schlägt in ihrer am 20. Oktober 2011 festge- Resale-Produkten andererseits eine Lücke auf der legten Marktdefinition und Marktanalyse vor, Breitband- Wertschöpfungskette für breitbandige Dienstleistungen zuführungsmärkte aus der Regulierung zu entlassen. geschlossen. Durch die Verfügbarkeit von Bitstromzugangsprodukten Resale ist seit 2008 neben der entbündelten TAL eine weitere re- Resale-basierte DSL-Anschlüsse liefern zu einem großen gulierte Vorleistung verfügbar, mittels derer die Wettbe- Anteil einen Wertschöpfungsbeitrag für die Deutsche werber auch unabhängig vom Telefonanschluss des In- Telekom AG. Berücksichtigt man die zur Jahrsmitte 2011 cumbents eigene Anschlussangebote offerieren können. noch existierenden rund 1,1 Millionen auf Basis von Re- Hieraus können wichtige Impulse für den Wettbewerb re- sale bereitgestellten Anschlüsse beim DSL-Marktanteil sultieren. Das gilt insbesondere dann, wenn es um solche der Deutschen Telekom AG, so läge dieser um ca. Endkunden geht, die sich mittels entbündelten Zugangs 4,5 Prozentpunkte höher und würde fast 57 Prozent betra- zur Teilnehmeranschlussleitung nicht wirtschaftlich er- gen. schließen lassen. In der Vergangenheit hatten Resaleprodukte, insbeson- Auf dem Markt für Layer-3-Bitstromzugang bietet die dere DSL-Anschlussresaleprodukte, neben dem TAL-Zu- Deutsche Telekom AG seit Mitte 2008 eine entgeltre- gang eine hohe Bedeutung für die Erzeugung von DSL- gulierte Bitstromzugangsleistung mit IP-Übergabe an Anschlüssen durch alternative Breitbanddiensteanbieter. 73 Breitband-PoP an. Ende 2007 setzte jedoch eine Entwicklung ein, die dazu Mit der letzten 2010 erlassenen Regulierungsverfügung geführt hat, dass die Nachfrage nach Resaleanschlüssen zu den Bitstromzugangsmärkten hat die Bundesnetzagen- der Deutschen Telekom AG für die Realisierung von tur ebenfalls mit geeigneten Zugangsentscheidungen si- DSL-Anschlüssen und/oder von Anschlüssen und Dienst chergestellt, dass über dieses Vorleistungsprodukt auch durch Wettbewerber deutlich zurückging. Basierten Ende NGA-Netze erschlossen werden können. Die Zugangsan- 2007 noch rund 37 Prozent der DSL-Anschlüsse der ordnung umfasst glasfaser- und kupferbasierte Anschlus- Wettbewerber auf dieser Vorleistung, hat sich dieser Wert sinfrastrukturen der Telekom Deutschland GmbH, so dass bis zur Jahresmitte 2009 mehr als halbiert und zwei Jahre alternative Anbieter auch Zugang zu allen Festnetzinfra- später nochmals auf Anteil von 10 Prozent verringert. strukturen des regulierten Unternehmens haben. Aktuell Hierfür dürfte neben der verringerten Wettbewerbsfähig- bietet die Telekom Deutschland GmbH VDSL- sowie ge- keit des Resale-basierten Geschäftsmodells infolge des bündelte und entbündelte ADSL-Bitstromzugangspro- deutlich verringerten Endkundenpreisniveaus auch die dukte an. Einführung des regulierten Bitstromzugangsproduktes Die Nachfrage konzentriert sich derzeit auf Layer-3-Bit- eine Rolle spielen. Dieses Vorleistungsprodukt ermög- stromzugangsprodukte (IP-Bitstromzugang) und verharrt es Telekommunikations-Diensteanbietern mit eige- Drucksache 17/8246 – 50 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode nem Backbone, für das Angebot von DSL-Anschlüssen lung zu nehmen, ob sich eine Änderung der Festlegung, und darauf aufsetzenden Diensten auf ein Vorleistungs- welche Telekommunikationsdienste als Universaldienst- produkt zurückzugreifen, welches im Vergleich zu Resale leistungen im Sinne des § 78 TKG gelten, empfiehlt. höhere eigene Wertschöpfung erlaubt. Aber auch der Universaldienstleistungen sind gemäß § 78 Absatz 1 Marktaustritt einzelner Resalenachfrager wird zu dieser TKG ein Mindestangebot an Diensten für die Öffentlich- Entwicklung beigetragen haben. keit, für die eine bestimmte Qualität festgelegt ist und zu denen alle Endnutzer unabhängig von ihrem Wohn- oder 2.4 Weitere Entwicklungen Geschäftsort zu einem erschwinglichen Preis Zugang ha- Die Erwartungen hinsichtlich eines weiter stark anstei- ben müssen und deren Erbringung für die Öffentlichkeit genden Bandbreitenbedarfs begleitet von zunehmenden als Grundversorgung unabdingbar geworden ist. Ansprüchen an die qualitative Leistungsfähigkeit der Der Gesetzgeber hat in § 78 Absatz 2 TKG insgesamt Netze wird den technologischen Fortschritt treiben. Die fünf Telekommunikationsdienste als Universaldienstleis- Breitbandstrategie der Bundesregierung hat im Hinblick tungen festgelegt. Hierzu gehört der Anschluss an ein öf- auf Flächendeckung und Leistungsfähigkeit der Breit- fentliches Telefonnetz, die Verfügbarkeit mindestens ei- bandnetze bestimmte Maßstäbe vorgegeben. nes gedruckten öffentlichen Teilnehmerverzeichnisses, Der Einsatz von Glasfaser in seinen unterschiedlichen Va- die Verfügbarkeit eines umfassenden, öffentlichen Aus- rianten (Fibre to the Home, Fibre to the Building, Fibre to kunftsdienstes, die flächendeckende Bereitstellung öf- the Cabinet) ermöglicht den Aufbau von Next Generation fentlicher Münz- und Kartentelefone und die Möglich- Access (NGA)-Netzen und damit Anschlüsse mit immer keit, von diesen öffentlichen Telefonen Notrufe höheren Bandbreiten. Neben der Weiterentwicklung be- durchzuführen. Die Vorgaben der §§ 78ff. TKG dienen stehender Netze, wie z. B. dem VDSL-Ausbau der Deut- der Umsetzung von Artikel 3ff der Universaldienst-Richt- schen Telekom AG oder dem Ausbau der Kabelnetze, linie vom 7. März 2002. entstehen derzeit im Anschlussbereich erstmals auch neue In Fortführung der gesetzlichen Vorgaben aus dem Infrastrukturen auf der Basis von Glasfaser. Auch wenn TKG 1996 hat der Gesetzgeber auch im TKG 2004 eine diese Glasfasernetze bislang lediglich auf lokaler Ebene Anzeigepflicht der Deutschen Telekom AG vorgesehen. und nur sehr punktuell errichtet werden, können diese In- Beabsichtigt die Deutsche Telekom AG, die in § 78 frastrukturen den Wettbewerb ggf. langfristig beleben und Absatz 2 genannten Universaldienstleistungen nicht in darüber hinaus die Versorgung der Bevölkerung mit vollem Umfang oder zu schlechteren als im TKG genann- Breitbandanschlüssen weiter vorantreiben. ten Bedingungen anzubieten, hat sie dieses der Bundes- netzagentur ein Jahr vor Wirksamwerden anzuzeigen Der Ausbau der TV-Kabelnetze auf DOCSIS 3.0 und die (vgl. § 150 Absatz 9 TKG). Da grundsätzlich davon aus- damit verbundene deutliche Leistungssteigerung dieser gegangen wird, dass die Universaldienstleistungen in der Netze, das zusätzliche Glasfaseranschluss-Angebot alter- Regel auf dem Markt vom Wettbewerb erbracht werden, nativer DSL-Anbieter und der Markteintritt neuer Anbie- ist ein Eingriff der Bundesnetzagentur lediglich in dem ter, die regional oder lokal Glasfaseranschlussnetze aus- Fall notwendig, wenn durch den Markt eine Universal- rollen, stärken den intermodalen Wettbewerb. Anders als dienstleistung nicht ausreichend und angemessen erbracht bei der klassischen Telekommunikationsinfrastruktur sind wird oder zu besorgen ist, dass eine solche Versorgung alle Infrastrukturen, die besonders hochleistungsfähige nicht gewährleistet sein wird. Anschlüsse erlauben (TV-Kabelnetze, Glasfaseran- schlussnetze aber auch VDSL-Netze), nicht flächende- Zu den nach § 78 Absatz 2 TKG geltenden Universal- ckend verfügbar. Dies wirkt sich naturgemäß dämpfend dienstleistungen ist im Einzelnen für den Berichtszeit- auf den intermodalen Wettbewerb aus. raum 2010 bis 2011 Folgendes festzustellen: Der intermodale Wettbewerb wird sich darüber hinaus Der Anschluss an ein öffentliches Telefonnetz und der durch den Ausbau der Mobilfunknetze der vierten Gene- Zugang zu öffentlichen Telefondiensten stellten auch im ration weiter intensivieren (LTE). Dies wird auch dazu Berichtszeitraum Schwerpunkte im Bereich Universal- beitragen, ein Angebot von Anschlüssen mit niedrigeren dienst dar. Hierzu haben 2 741 (Stand: 31. Oktober 2011) Kapazitäten in Kürze flächendeckend zu erreichen. Verbraucher Anfragen und Beschwerden an die Bundes- netzagentur gerichtet, die in der Regel einvernehmlich Mit einem Mix an Strategien und Technologien (VDSL, gelöst werden konnten. In der jüngsten Vergangenheit FTTB, FTTH, TV-Kabel und drahtlose Technologien) ist musste jedoch festgestellt werden, dass es vermehrt zu das Ziel der Breitbandstrategie im Wettbewerb zu errei- zeitlichen Verzögerungen bei der Ausführung von Neuan- chen. Danach sollen bis 2014 bereits 75 Prozent der schlüssen bzw. dem Umbau von Anschlüssen gekommen Haushalte mit Anschlüssen versorgt werden, die Übertra- ist. Die Anhörung der Deutschen Telekom AG hierzu war gungsraten von mindestens 50 Mbit/s aufweisen. zum Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen.

Abschnitt C Im Jahr 2009 wurde durch eine Änderung der Universal- Universaldienst dienst-Richtlinie (Universaldienst-RL/URL) vorgesehen, dass die Verpflichtung der Gewährung des „Anschlusses“ Die Bundesnetzagentur hat gemäß § 121 Absatz 1 Satz 2 von der Verpflichtung der Gewährung des „Zugangs zu TKG in ihrem Tätigkeitsbericht auch zu der Frage Stel- Telefondiensten“ getrennt werden soll (Artikel 4 Absatz 1 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 51 – Drucksache 17/8246 und Absatz 3 Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen lich entnehmen, dass es sich um Dienste handelt, „deren Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Erbringung für die Öffentlichkeit als Grundversorgung Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen unabdingbar geworden ist.“ Zur Konkretisierung kann Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienst- darüber hinaus – ebenso wie es von der Europäischen RL) (Amtsblatt L 108 vom 24. April 2002, S. 51), zuletzt Kommission praktiziert wird – auf die in diesem Punkt geändert durch die Richtlinie 2009/136/EG (Amtsblatt unveränderte Universaldienst-RL zurückgegriffen wer- L 337 vom 18. Dezember 2009, S. 11). Mit der TKG-No- den. Gemäß Artikel 15 Absatz 2 Universaldienst-RL wird velle, die zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses noch die Überprüfung des Umfangs des Universaldienstes Gegenstand des parlamentarischen Verfahrens ist und durch die Europäische Kommission anhand der sozialen, u. a. der Umsetzung der Universaldienst-RL dient, soll diese wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen vorge- Trennung ebenfalls nachvollzogen werden (vgl. 2./3. Le- nommen, unter anderem unter Berücksichtigung von Mo- sung zur TKG-Novelle, Bundestagsdrucksache 17/7521 bilität und Übertragungsraten im Zusammenhang mit den vom 26. Oktober 2011). von der Mehrzahl der Teilnehmer vorherrschend verwen- deten Technologien. Nach Anhang V Universaldienst-RL Wie schon im Tätigkeitsbericht 2004/2005 (Bundestags- berücksichtigt die Kommission bei der Frage, ob der Um- drucksache 16/300, S. 59), im Tätigkeitsbericht 2006/ fang der Universaldienstverpflichtungen geändert oder 2007 (Bundestagsdrucksache 16/7700, S. 39) und im Tätig- neu festgelegt werden sollte, folgende Aspekte: keitsbericht 2008/2009 (Bundestagsdrucksache 17/285, S. 49 ff.) stellt sich im Rahmen des Prüfungsauftrages – ob bestimmte Dienste der Mehrheit der Verbraucher nach § 121 Absatz 1 Satz 2 TKG insbesondere die Frage, zur Verfügung stehen und von ihr genutzt werden und inwieweit eine Aufnahme von Breitbandanschlüssen in ob die Nichtverfügbarkeit oder Nichtnutzung durch den Universaldienst zu empfehlen ist. die Minderheit der Verbraucher zu einer gesellschaftli- chen Ausgrenzung führt und Der Telefonanschluss an das öffentliche Telefonnetz um- fasst bereits nach geltender Rechtslage einen Anspruch – ob die Verfügbarkeit und Nutzung bestimmter Dienste auf einen funktionalen Internetzugang (vgl. § 78 Absatz 2 allen Verbrauchern einen allgemeinen Gesamtnutzen Nummer 1 i. V. m. § 3 Nummer 16 TKG). Unter einem stiftet, so dass ein öffentliches Eingreifen unter Um- funktionalen Internetzugang wurde – mit Verweis auf die ständen angezeigt ist, unter denen bestimmte Dienste bislang geltenden europarechtlichen Rahmenbedingun- bei normalen wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht für gen – ein schmalbandiger Internetzugang verstanden (vgl. die Öffentlichkeit erbracht werden. Artikel 4 Absatz 2 und Erwägungsgrund 8 Universal- Diese von der Kommission zu berücksichtigenden As- dient-RL i. d. F. v. 7. März 2002). pekte stellen auch für die Bundesnetzagentur Anhalts- Die europarechtlichen Rahmenbedingungen sind mit dar, welche Kriterien in ihre Beurteilung einzube- Änderung der Universaldienst-RL im Jahr 2009 flexibili- ziehen sind. Feste Vorgaben, anhand derer eine siert worden. Nach dem nunmehr geltenden Erwägungs- Entscheidung über eine Änderung der Universaldienst- grund 5 der URL-2009 haben die Mitgliedstaaten im leistungen getroffen werden kann, fehlen jedoch. Für die Bereich des Universaldienstes einen größeren Ausgestal- Bundesnetzagentur folgt daraus ein Ermessens- und Be- tungsspielraum erhalten. Sie können gegebenenfalls urteilungsspielraum für ihre Stellungnahme und Empfeh- Maßnahmen ergreifen, die gewährleisten, dass die An- lung. Für die Beurteilung, ob die Erbringung einzelner schlüsse zufrieden stellende Übertragungsraten unterstüt- Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit als zen können, die nach Definition der Mitgliedstaaten für Grundversorgung unabdingbar geworden ist oder ob ge- einen funktionalen Internetzugang ausreichen. Dabei sind gebenenfalls im umgekehrten Fall die Unabdingbarkeit die besonderen Bedingungen in den Mitgliedstaaten, wie nicht mehr vorliegt, nimmt die Bundesnetzagentur daher die von der Mehrheit der Nutzer im jeweiligen Mitglied- eine Gesamtschau anhand der sozialen, wirtschaftlichen staat verwendete Bandbreite und die technische Durch- und technischen Entwicklungen des Berichtszeitraums führbarkeit, zu berücksichtigen. Ziel sollte es dabei sein, vor (vgl. ebenso bereits Tätigkeitsbericht 2008/2009, Marktverzerrungen zu minimieren. Bundestagsdrucksache 17/285, S. 49, 51). Aus Sicht der Bundesnetzagentur empfiehlt es sich wei- Die Bundesnetzagentur kam im Rahmen der letzten Un- terhin nicht, Breitbandanschlüsse in den Universaldienst tersuchung im Tätigkeitsbericht 2008/2009 anhand der aufzunehmen. Kriterien der Universaldienst-RL und der von ihr vorge- nommenen Gesamtschau zu dem Ergebnis, dass eine Ein- Da es auf Ebene des TKG und auf europarechtlicher beziehung des Breitbandanschlusses in den Universal- Ebene im Hinblick auf die Beurteilungskriterien, unter dienst Ende 2009 nicht angezeigt war (vgl. im Detail welchen Voraussetzungen die Aufnahme eines Dienstes Bundestagsdrucksache 17/285, S. 49, 51 ff.). Dabei hat in den Universaldienst zu empfehlen ist, zu keinen Ände- die Bundesnetzagentur neben der zu verzeichnenden wirt- rungen gekommen ist, kann bezüglich dieser Kriterien schaftlichen Dynamik beim Ausbau von Breitbandan- auf die Vorgehensweise in den vergangenen Tätigkeitsbe- schlüssen auch die Anfang 2009 beschlossenen Maßnah- richten zurückgegriffen werden (vgl. insbes. Tätigkeitsbe- men der Breitbandstrategie der Bundesregierung in die richt 2008/2009, Bundestagsdrucksache 17/285, S. 49 ff.). Betrachtung mit einbezogen. Es war zu befürchten, dass Danach lässt sich auf Ebene des TKG aus der Definition eine Universaldiensterweiterung den Erfolg dieser Maß- der Universaldienstleistung in § 78 Absatz 1 TKG ledig- nahmen behindert hätte. Außerdem bestanden mit dem Drucksache 17/8246 – 52 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode noch nicht endgültig verabschiedeten europäischen gen eine Internetnutzung (vgl. (N)ONLINER Atlas 2011, Rechtsrahmen rechtliche Unsicherheiten. S. 10 und 11; abrufbar unter http://www.nonliner-atlas.de/). Vor diesem Hintergrund ist es weiterhin fraglich, inwie- Für den Berichtszeitraum 2010/2011 beurteilt sich die weit durch die Nichtverfügbarkeit eines Breitbandan- Ausgangslage wie folgt. schlusses gleichzeitig eine soziale Ausgrenzung zu be- Breitbandanschlüsse stehen einer Mehrheit der Haushalte fürchten ist. in Deutschland zur Verfügung. Dieses ergibt sich bereits aus den im Rahmen des Breitbandatlas erhobenen Daten, Eine Gesamtschau der sozialen, wirtschaftlichen und die sich im Einzelnen wie folgt darstellen: 32 technischen Entwicklungen spricht dagegen, eine Erwei- terung des Universaldienstumfangs um den Breitbandan- schluss zu empfehlen. Download- Verfügbarkeit geschwindigkeit (Haushalte) In diesem Zusammenhang ist vor allem – wie schon im 1 Mbit/s 98,3 % Tätigkeitsbericht 2008/2009 – auf die Umsetzung der Breitbandstrategie der Bundesregierung hinzuweisen. Die 2 Mbit/s 93,3 % Strategie fördert eine verbesserte Breitbandversorgung und zwar im Wesentlichen durch die Hebung von Syner- 6 Mbit/s 81,7 % gien im Breitbandausbau sowie durch die Verbesserung 16 Mbit/s 67,9 % von Information und Transparenz (vgl. Infrastrukturatlas der Bundesnetzagentur und Breitbandatlas des Bundes- 50 Mbit/s 39.5 % wirtschaftsministeriums). Eine wichtige Rolle nimmt zu- dem eine investitionsorientierte Regulierung ein, wie sie Breitbandanschlüsse werden auch von einer Mehrheit der im Rahmen der TKG-Novelle und in Regulierungsverfü- Verbraucher genutzt. Bei bundesweit 40,3 Millionen gungen zum TAL- und Schaltverteiler umgesetzt wurde. Haushalten im Jahr 2010 ist zum 2. Quartal 2011 von ins- Weitere wichtige Akzente für den Breitbandausbau setzte gesamt 26,7 Millionen Breitbandanschlüssen auszugehen. das NGA-Forum der Bundesnetzagentur. Mit der Be- Zu einem Großteil, d. h. in 41,7 Prozent der Fälle, wird schreibung von Spezifikationen für mögliche Vorleis- dabei im Festnetz eine Bandbreite von über 2 bis unter tungsprodukte liegt ein zentraler Baustein für den Erfolg 10 Mbit/s vermarktet. Die Verteilung der vermarkteten von Open-Access-Bemühungen vor, der die Koordination Bandbreite stellt sich dabei im Detail wie folgt dar: zahlreicher Akteure erfordert. Hinzu kommen ferner ver- besserte Möglichkeiten der Finanzierung durch Bereit- Prozentuale Verteilung stellung von Mitteln auf Gemeinschafts-, Bundes-, Län- Download- der vermarkteten der- und Kommunalebene. Für Regionen, in denen sich geschwindigkeit Bandbreite ein Ausbau der Breitbandnetze unter „normalen wirt- schaftlichen Bedingungen“ nicht profitabel darstellen > 144 kbit/s < 2 Mbit/s 12,5 % lässt, existiert eine Vielzahl verschiedener Förderpro- gramme. 2 Mbit/s 12,3 % Schließlich ist insbesondere auf die Säule der unterstüt- > 2 Mbit/s < 10 Mbit/s 41,7 % zenden Frequenzpolitik hinzuweisen: 10 Mbit/s < 30 Mbit/s 27,2 % Im Mai 2010 wurden die Frequenzen der sog. Digitalen 30 Mbit/s < 100 Mbit/s 6,0 % Dividende erfolgreich versteigert, um gerade die Breit- bandgrundversorgung der ländlichen Regionen zu verbes- > 100 Mbit/s 0,3 % sern. Dazu ist die Zuteilung der 800-MHz-Frequenzen jeweils mit einer stufenweisen Aus- und Aufbauver- Wie schon im Tätigkeitsbericht 2008/2009 festgestellt, pflichtung verbunden worden. Die Bundesländer haben stiftet die Verfügbarkeit und Nutzung von Breitbandan- hierfür im Vorfeld der Versteigerung die mit Breitband- schlüssen allen Verbrauchern einen allgemeinen Gesamt- technologien unversorgten bzw. unterversorgten Städte nutzen. Hierzu gehört neben den Bereichen eWork, eGo- und Gemeinden benannt, die entsprechend ihrer Einwoh- vernment, eHealth und eLearning die Sicherung von nerzahl in vier Prioritätsstufen unterteilt wurden. Die Arbeitsplätzen sowie die Steigerung der Ertragskraft und Netzbetreiber sind verpflichtet, in den Bundesländern bei Attraktivität der jeweiligen Regionen. der Nutzung der 800-MHz-Frequenzen stufenweise die Seit 2009 hat sich die Internetnutzungsrate um ca. 6 Pro- Städte und Gemeinden der einzelnen Prioritätsstufen mit zentpunkte auf 74,7 Prozent der Bevölkerung erhöht, was Breitbandanschlüssen zu versorgen. Vorrangig sollen auf eine weiterhin steigende Bedeutung dieses Mediums Städte und Gemeinden mit weniger als 5 000 Einwohnern schließen lässt. Gleichzeitig entscheiden sich jedoch ge- (Prioritätsstufe 1) mit mobilem Breitband versorgt wer- genwärtig noch mehr als 20 Prozent der Bevölkerung ge- den. In den folgenden Stufen werden dann auch größere Städte erschlossen. Die Zuteilungsinhaber der 800-MHz- Frequenzen müssen zunächst mindestens 90 Prozent der 32 Vgl. Bericht zum Breitbandatlas, Stand: Ende 2010, S. 8 (insb. Ab- Bevölkerung der benannten Städte und Gemeinden in ei- bildung 6); abrufbar unter http://www.zukunft-breitband.de. ner vorangegangenen Prioritätsstufe versorgen. Erst da- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 53 – Drucksache 17/8246 nach können sie mit dem Ausbau in der darauf folgenden bindlich verabschiedet (s. o. bereits im Detail). Hierzu hat Stufe beginnen. die Europäischen Kommission noch Auslegungshilfen zur Implementierung der internetbezogenen Aspekte des Die Versorgungsverpflichtung ist für die Bundesländer Artikel 4 URL veröffentlicht (vgl. COCOM10-31 FINAL Nordrhein-Westfalen, Saarland, Baden-Württemberg, vom 10. Januar (veröffentlicht 7. Februar)).33 Allerdings Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz mittlerweile erfüllt erwägt die Europäische Kommission, aufbauend auch (vgl. Bundesnetzagentur, Pressemitteilung vom 14. und eine Empfehlung zum Universaldienst zu veröffentlichen, 28. September 2011). die – soweit diese Empfehlung auf Artikel 19 Rahmen- Bei der funkbasierten Versorgung mit Breitbandanschlüs- RL gestützt wird – von den nationalen Regulierungsbe- sen handelt es sich um eine kostengünstige Maßnahme, hörden weitestgehend zu berücksichtigen wäre. Ob und in um die flächendeckende Grundversorgung möglichst bald welchem Umfang die – rechtlich unverbindlichen – Aus- zu erreichen. Demzufolge sollten bereits aus diesem Ge- legungshilfen oder eine etwaige Empfehlung der Europäi- sichtspunkt heraus erst nach Erreichen der Prioritätsstu- schen Kommission die Diskussion auf nationaler Ebene fe 1 in allen Bundesländern der Aus- und Aufbauver- beeinflussen können, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht ab- pflichtung die reale Versorgungssituation und etwaige sehbar. An dieser Stelle ist aber ergänzend darauf hinzu- verbleibenden Versorgungslücken neu beurteilt werden. weisen, dass die Europäische Kommission in ihrem „Be- richt über die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation Insgesamt hat sich die Breitbandversorgung durch die und die dritte regelmäßige Überprüfung des Universal- Breitbandstrategie der Bundesregierung innerhalb der dienstumfangs entsprechend Artikel 15 der Richtlinie vergangenen zweieinhalb Jahre deutlich verbessert. Wa- 2002/22/EG“ vom 23. November 2011 für die EU-Ebene ren Breitbandanschlüsse mit einer Downloadgeschwin- keine Notwendigkeit sieht, das Grundkonzept und die digkeit von 1 Mbit/s Mitte 2009 nur für 96,5 Prozent aller Grundsätze des Universaldienstes zu ändern. Eine Erwei- Haushalte verfügbar, ist die Verfügbarkeit auf nun knapp terung des Universaldienstes um den Breitbandzugang 99 Prozent gestiegen. Die Verfügbarkeit von Anschlüssen mit einer bestimmten Übertragungsrate erachtet sie zum mit mehr als 2 Mbit/s hat sich im gleichen Zeitraum sogar gegenwärtigen Zeitpunkt als nicht angemessen. um mehr als 20 Prozentpunkte von 70 Prozent auf 93,3 Prozent erhöht. Im Ergebnis ist demzufolge zusammenfassend festzuhal- ten, dass die Bundesnetzagentur weiterhin nicht emp- Schließlich sind im Rahmen der Beratung der TKG-No- fiehlt, Breitbandanschlüsse in den Universaldienst aufzu- velle im Bundestag noch weitere Instrumente vorgesehen nehmen, zumal sich ihre Erwartung aus dem letzten worden, die den Breitbandausbau auch und insbesondere Tätigkeitsbericht bestätigt hat, dass der wettbewerblich in den bislang unterversorgten Gebieten befördern könn- getriebene Ausbau der Breitbandnetze voranschreitet. ten. Hierzu gehört zum einen die zwingende Öffnung der Infrastruktur des Bundes (Bundesfernstraßen, Bundes- Weitere Bestandteile der Universaldienstleistung stellen wasserstraßen und der Eisenbahninfrastruktur), die eine ein öffentliches Teilnehmerverzeichnis und ein öffentli- Mitnutzung dieser Infrastruktur zum Aus- und Aufbau cher Telefonauskunftsdienst (vgl. § 78 Absatz 2 Num- von Netzen der nächsten Generation ermöglichen soll mer 2 und Nummer 3 TKG) dar. In diesem Bereich liegt (vgl. §§ 77c bis e TKG-E, 2./3. Lesung zur TKG-Novelle, bezüglich der Verfügbarkeit des Universaldienstes keine Bundestagsdrucksache 17/7521 vom 26. Oktober 2011). nennenswerte Anzahl an Anfragen oder Beschwerden sei- Ergänzt wird dieser Anspruch darüber hinaus durch die tens der Endnutzer vor, so dass aus Sicht der Bundesnetz- Möglichkeit, auch gegenüber Unternehmen und juristi- agentur Änderungen des nationalen Rechtsrahmens im schen Personen des öffentlichen Rechts die Mitnutzung Hinblick auf den Universaldienst zurzeit nicht zu empfeh- verlangen zu können (§ 77b TKG-E). Schließlich sollen len sind. mit der Vorgabe, dass das sog. Micro- oder Minitren- Die flächendeckenden Bereitstellung von öffentlichen ching, also die Verlegung von Glasfaserinfrastruktur mit Münz- und Kartentelefonen ist ebenfalls Bestandteil des einer geringeren Verlegetiefe, in Abweichung von den Universaldienstes (vgl. § 78 Absatz 2 Nummer 4 TKG). Allgemeinen Technischen Bestimmungen für die Benut- Ende 2011 lag der Bestand an Münz- und Kartentelefo- zung von Straßen durch Leitungen und Telekommunika- nen bei schätzungsweise 66 000 Geräten. Gleichzeitig hat tionslinien erlaubt werden kann, die Grabungskosten wei- sich mit über 112 Millionen SIM-Karten eine weitrei- ter reduziert werden (§ 68 Absatz 2 TKG-E). Soweit chende Verbreitung von Mobilfunkanschlüssen weiter diese geplanten Maßnahmen das vollständige parlamenta- fortgesetzt. Die Marktentwicklung im Bereich der Mobil- rische Verfahren passieren, sollte zunächst abgewartet funktelefonie sowie die im ganzen Land erreichte Voll- werden, ob sich die davon erwarteten positiven Auswir- versorgung mit Telefonanschlüssen des Festnetzes hat kungen auf die Fortentwicklung des Breitbandausbaus re- – wie schon im Tätigkeitsbericht 2008/2009 festgestellt – alisieren. weiterhin zu einem völlig veränderten Telekommunika- tionsverhalten bei den Nutzern mit extrem verringerter Neben der faktischen Ausgangslage im Bereich des Uni- Nachfrage nach öffentlichen Telefonstellen geführt. Trotz versaldienstes bestehen auch in rechtlicher Hinsicht noch der in der Vergangenheit ergriffenen Maßnahmen, wie Unsicherheiten. Im Gegensatz zum Tätigkeitsbericht 2008/2009 ist der europarechtliche Rechtsrahmen zwar nunmehr mit der Änderung der Universaldienst-RL ins- 33 http://circa.europa.eu/Public/irc/infso/cocom1/library?l=/public_ besondere in Artikel 4 und Erwägungsgrund 5 rechtsver- documents_2011 Drucksache 17/8246 – 54 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode bspw. die Anerkennung des sog. Basistelefons als öffent- Teil II liches Münz- und Kartentelefon, musste die Deutsche Tätigkeiten Telekom AG bereits in den Jahren 2009 und 2010 von den ca. 60 000 Pflichtleistungsstandorten (2008) weitere Abschnitt A 11 000 abbauen. Der Abbau geschah in Abstimmung mit Grundsatzfragen der Marktregulierung den Kommunalen Spitzenverbänden und der Bundesnetz- 1. Analytisches Kostenmodell für das agentur. Wie bereits im Tätigkeitsbericht 2008/2009 be- Breitbandnetz 2010 richtet, hat die Deutsche Telekom AG in diesem Zusam- menhang gegenüber der Bundesnetzagentur eine Anzeige Das Telekommunikationsgesetz (TKG) sieht in gemäß § 150 Absatz 9 TKG abgegeben, da es sich beim § 35 Absatz 1 zum Verfahren der Entgeltgenehmigung angestrebten Abbau um eine Erbringung des Universal- vor, dass zur Ermittlung der Kosten der effizienten Leis- dienstes nach „schlechteren Bedingungen“ handelt. tungsbereitstellung auch eine von der Kostenberechnung Von den verbliebenen knapp 50 000 Standorten sind nun- des Unternehmens unabhängige Kostenrechnung ange- mehr weitere 55 Prozent unwirtschaftlich, die die stellt werden kann und hierfür Kostenmodelle herangezo- Deutsche Telekom AG in jedem Falle abbauen möchte. gen werden können. Es wird prognostiziert, dass bis zum Jahr 2013 ca. 10 500 Die mit der Next-Generation-Network-Migration einher- zusätzliche unwirtschaftliche Standorte hinzukommen. gehenden Änderungen bei Netzstrukturen und -techniken Die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände halten haben Auswirkungen auf die Modellierung der Netzkos- den weiteren Abbau ebenfalls für unvermeidbar. ten vom Anschluss- über das Konzentrator- bis hin zum Nach vorheriger intensiver Diskussion zwischen Bundes- Kernnetz. Vor dem Hintergrund der Entwicklung neuer netzagentur, der Deutschen Telekom AG und den Vertre- Netze und Netztransporttechniken stellen Kostenmodelle tern der Kommunalen Spitzenverbände hat die Bundes- eine besonders geeignete Analysemethodik dar, mit deren netzagentur die Deutsche Telekom AG aufgefordert, ihre Hilfe Erkenntnisse über effiziente Kosten neuer Techno- abgegebene Selbstverpflichtung zur Grundversorgung logien und Netzstrukturen gewonnen werden können. mit öffentlichen Münz- und Kartentelefonen zu erneuern. Kostenmodelle liefern Transparenz über die Art und Der weitere Abbau von öffentlichen Münz- und Kartente- lefonen kann zukünftig ohne Begrenzung durch weitere Weise des Zustandekommens der berechneten Kostengrö- Abbaukontingente fortgesetzt werden. Wie bislang ist je- ßen. Auf der Basis einer dokumentierten und nachvoll- doch vorgesehen, dass der Abbau von Standorten nur ziehbaren Berechnungslogik ermöglichen sie eine Kos- nach Zustimmung der lokalen Entscheidungsträger vor tenbestimmung unabhängig von den Kostendaten des zu Ort erfolgen darf. Liegt diese Zustimmung nicht vor, ist regulierenden Unternehmens und einen sachgerechten die Deutsche Telekom AG berechtigt, ein sog. Basistele- Diskurs über zentrale, kostenbestimmende Parameter und fon zu installieren. Widerrufen die kommunalen Ent- deren Auswirkungen auf die Kosten. scheidungsträger zu einem späteren Zeitpunkt die Zu- Für zukünftig anstehende Entscheidungen zu Vorleis- , ist die Deutsche Telekom AG weiterhin zur tungsentgelten sind auch Kosten des Transportes in Breit- Grundversorgung verpflichtet, ist in diesem Rahmen je- bandnetzen der nächsten Generation zu ermitteln. Hierfür doch zur Installation eines sog. Basistelefons berechtigt. soll auf ein geeignetes Kostenmodell zurückgegriffen Die Deutsche Telekom AG hat diese Vorgehensweise be- werden, um über ein Analyseinstrument zu verfügen, das stätigt. Die Kommunalen Spitzenverbände wurden ent- sprechend darüber informiert. Die Kommunalen Spitzen- umfassend Transparenz über die Kosten von Breitband- verbände und die Deutsche Telekom AG werden zum netzen liefert. Dies soll die Ermittlung der Kosten der ef- Verlauf des Abbauprozesses halbjährlich angehört. fizienten Leistungsbereitstellung für die über ein moder- nes Breitbandnetz erbrachten Dienste ermöglichen. Im Ergebnis sollte die beschriebene Entwicklung zu- nächst weiter beobachtet werden. Eine Änderung des Das von der Bundesnetzagentur ausgeschriebene Kosten- Universaldienstumfangs im Hinblick auf öffentliche modell für das Breitbandnetz 2010 wurde von WIK-Con- Münz- und Kartentelefone (§ 78 Absatz 2 Nummer 4 sult GmbH als Fortschreibung des „Analytischen Kosten- TKG) ist daher zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu modells für das Breitbandnetz 2005“ auf Basis einer empfehlen. nachfragegetriebenen Bottom-Up-Dimensionierung des Netzes modelliert. Das Kostenmodell umfasst zwei Mo- Als Universaldienstleistung ist ferner die Möglichkeit dule: ein Modul für ein Ethernet basiertes Konzentra- festgelegt, von allen öffentlichen Münz- und Kartentele- tionsnetz und ein weiteres Modul für ein IP-basiertes fonen Notrufe absetzen zu können (vgl. § 78 Absatz 2 Kernnetz. Neben der Spezifikation des logischen Netzes Nummer 5 TKG). Diese Notrufmöglichkeit besteht so- umfasst es das physikalische Netz und berücksichtigt die wohl von den herkömmlichen öffentlichen Münz- und Weiterentwicklungen in den optischen Übertragungsver- Kartentelefonen als auch von den Geräten, die im Rah- fahren. men des o. g. Pilotprojektes „Basistelefon“ genutzt wer- den. Auch vor dem Hintergrund der o. g. Entwicklung im Die Modellierung eines Next Generation Access Net- Bereich der öffentlichen Münz- und Kartentelefone wird works (NGA) ist nicht Gegenstand der Modellspezifika- zurzeit diese Universaldienstleistung weiterhin erbracht. tion. Allerdings sind NGAs insofern für die Modellierung Eine Änderung ist zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls noch von Konzentrations- und IP-Kernnetz relevant, als sie die nicht anzuraten. Verkehrsvolumina beeinflussen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55 – Drucksache 17/8246

Der Metropolitan Point of Presence (MPoP) bildet für ren Untergebiete. In dem Modell steht für jede der einge- dieses Kostenmodell die Grenze zwischen Konzentra- setzten Technologien ein Algorithmus zur Verfügung, der tionsnetz und Next Generation Access Net und markiert in der Lage ist, anhand der Charakteristika der gegebenen den Punkt, ab dem Dedizierung bestehen kann. Gebiete, der darin bestehenden Nachfrage und der techni- schen Parameter Größe und Anzahl der Zellen zu bestim- Für die Modellierung kommt ein elementorientierter An- men. satz zur Anwendung (Total Element), weshalb die Kosten differenziert nach Wertschöpfungsstufen betrachtet wer- Anschließend werden Controllerstandorte ermittelt, die den können. Entsprechend erfolgt die Dimensionierung mit den Zellen verbunden werden. Es werden die Stand- der Netzelemente durch die gemeinsam in Anspruch ge- orte der Kernnetzeinrichtungen bestimmt und den Con- nommenen Dienste und der sich daraus ergebenden Ver- trollern zugeordnet. Hierzu werden jeweils Optimie- kehre. Der sogenannte „scorched node“-Ansatz ermög- rungsalgorithmen angewendet. licht die Berücksichtigung bestehender Netzstandorte, gibt aber auch die Möglichkeit, durch exogene Informa- Der Input dieses Netzplanungstools in Form einer Liste tionen eine abweichende Auswahl von Standorten zu tref- der eingesetzten Systeme und Anlagen ist Ausgangspunkt fen. Durch die Einstellung zahlreicher Modellparameter der Kostenberechnung. Diese werden mit den entspre- weist das Modell eine hohe Flexibilität auf. chenden Preisen bewertet. Auf der Basis dieser Investi- tionswerte der einzelnen Systeme und Anlagen sind jähr- Das Referenzdokument des Analytischen Kostenmodells liche Beträge zu ihrer Amortisation zu bestimmen. für das Breitbandnetz 2010 wurde am 19. Mai 2010 ver- öffentlicht und zur Kommentierung freigegeben. Am Am 19. Oktober 2011 wurde das Referenzdokument zum 10. Juni 2010 wurde eine Informationsveranstaltung Analytischen Kostenmodell Mobilfunk auf der Internet- 34 durchgeführt, in der das Referenzdokument vorgestellt seite der Bundesnetzagentur veröffentlicht und zur und Grundzüge des Modells erläutert wurden. Es sind Kommentierung aufgerufen. Auf einer Informationsver- 11 Stellungnahmen aus dem Markt eingegangen, die zu- anstaltung am 4. November 2011 wurde das Modell in sammen mit einer Auswertung der Stellungnahmen Ende seinen Grundzügen präsentiert und mit der interessierten Oktober 2011 auf der Internetseite der Bundesnetzagentur Öffentlichkeit diskutiert. Die anschließend eingegange- veröffentlicht wurden. Aufgrund der eingegangenen nen Stellungnahmen wurden ebenfalls veröffentlicht und Kommentare wurden einzelne Modellmodifizierungen werden ausgewertet. vorgenommen. 3. Netzneutralität 2. Analytisches Kostenmodell Mobilfunk Wurde die Netzneutralitätsdiskussion lange Zeit vor al- Die EU-Kommission empfiehlt den Mitgliedstaaten in ih- lem in den USA geführt, so wird das Thema seit etwa rer „Empfehlung über die Regulierung der Festnetz- und 2010 auch in Europa und Deutschland auf verschiedenen Mobilfunk-Zustellungsentgelte“ vom 7. Mai 2009 (2009/ Ebenen verstärkt diskutiert. Bislang werden Daten im In- 396/ EG) ein Bottom-Up-Modell zu verwenden und bis ternet prinzipiell gleich behandelt, d. h. unabhängig von zum 31. Dezember 2012 zu implementieren. Vor diesem Herkunft, Ziel, Inhalt, Anwendung oder Dienst, und der Hintergrund lässt die Bundesnetzagentur in einem - Datentransport erfolgt neutral ohne Garantie einer be- parenten Verfahren ein analytisches Kostenmodell Mobil- stimmten Qualität (Best-Effort-Prinzip). funk entwickeln. Aufgrund der wachsenden Bedeutung dieses Themas hat Ausgangspunkt der Modellentwicklung ist die Nachfrage sich die Bundesnetzagentur mit verschiedenen Veröffent- nach Mobilfunkdienstleistungen. Dazu wird die regionale lichungen und Beiträgen auf Veranstaltungen an der Dis- Verteilung der Bevölkerung in der Bundesrepublik kussion beteiligt. Auch die Enquête-Kommission „Inter- Deutschland erfasst und mit einem durchschnittlichen net und digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages Nutzungsprofil gewichtet. Basierend auf dieser Nach- hat den Präsidenten der Bundesnetzagentur zu der Frage frage wird das Netz eines Betreibers berechnet, das ent- der Netzneutralität angehört.35 sprechend seines Marktanteils die Nachfrage befriedigen Auf europäischer Ebene hat die Bundesnetzagentur an der kann. Arbeit eines Projektteams zur Netzneutralität von Die Modellierung des Radiozugangsnetzes ist der zen- BEREC mitgewirkt. BEREC hat eine Stellungnahme zur trale Schritt in der Planung eines Mobilfunknetzes. Sie „Public Consultation on the Open Internet and Net Neu- basiert auf der geografischen Verteilung der Nachfrage, trality in Europe“ veröffentlicht.36 Ergebnis war, dass in den verschiedenen vom Betreiber implementierten Diens- vielen Ländern das Thema Netzneutralität noch nicht in- ten, den eingesetzten Technologien und dem zur Verfü- tensiv diskutiert wird und dass in der Praxis bislang nur gung stehenden Frequenzspektrum. Die Planung der Zel- wenige Vorfälle zu registrieren sind, etwa Verlangsamung len, aus denen das Radiozugangsnetz besteht, beinhaltet oder Blockierung von Filesharing-Verkehr oder von Vi- die Bestimmung der Anzahl der Zellen und damit der An- zahl der Basisstationen mit ihren spezifischen Einrichtun- 34 www.bundesnetzagentur.de gen, die in der Lage sind, die Nachfrage für die vom Be- 35 Das Protokoll dieser Anhörung ist abrufbar unter: http://www.bun treiber angebotenen Dienste zu befriedigen, sowie deren destag.de/internetenquete/service/sitemap/index.html Verteilung über die vorher bestimmten Distrikte und de- 36 BoR (10) 42, www.erg.eu.int Drucksache 17/8246 – 56 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode deo-Streaming. In einigen Ländern, darunter Deutsch- möglichkeiten für Endkunden geschaffen werden. We- land, wurde Voice over IP-Verkehr in Mobilfunknetzen sentlich ist jedoch, dass die Nutzer nicht nur entscheiden blockiert. Diese Fälle wurden zumeist öffentlich disku- können, welche Dienste und Anwendungen sie nutzen tiert und es kam häufig zu freiwilligen Lösungen zwi- wollen, sondern auch in welcher Qualität. Andererseits schen den Anbietern, sobald die Fälle in der Presse publik gilt es, wettbewerbsbehindernde Diskriminierungen von wurden oder die Regulierer informell intervenierten. Die potentiell wohlfahrtssteigernden Differenzierungen zu geringe Anzahl von Fällen zum Thema Netzneutralität unterscheiden. Es darf zu keinen Diskriminierungen kom- kann als Indiz für einen funktionierenden Wettbewerb men, d. h. Nutzer einer bestimmten Transportklasse müs- gelten. sen gleich behandelt werden. Im Kern bedeutet dies: Dif- ferenzierung zwischen, aber nicht innerhalb von Dies bedeutet natürlich nicht, dass auch zukünftig keine Transportklassen. oder nur wenige Probleme auftauchen werden. Es ist da- von auszugehen, dass der Datenverkehr weiter ansteigen Sollten die Netzbetreiber derartige Transportklassen ein- wird. In Deutschland liegt das Verkehrsvolumen im Breit- führen, darf dies aber nicht zu Lasten des Best-Effort-In- bandbereich zum Jahresende 2010 bei rund 3,2 Milliar- ternets gehen. Dies muss ebenso in der Zukunft sowohl den Gigabyte (GB) gegenüber 2,7 Milliarden GB Ende im Hinblick auf die voraussichtlich weiter steigende Zahl 2009 und etwa 0,7 Milliarden GB 2005. Der Anstieg des der Breitbandanschlüsse als insbesondere auch auf die Verkehrsvolumens im Festnetz über die Jahre ist nach wie Zunahme des pro Anschluss genutzten Datenvolumens vor auf Kundenwachstum zurückzuführen. Dabei fragen dynamisch weiterentwickelt werden, wie dies in der Ver- die Kunden zunehmend bandbreitenintensivere Anwen- gangenheit der Fall war. dungen wie z. B. Video on Demand, Streaming-Dienste (z. B. Youtube) oder hochauflösendes Fernsehen (IPTV) Auch relevant im Zusammenhang mit Netzneutralität ist nach. Es ist festzustellen, dass die prozentuale Wachs- die Innovationsfähigkeit des Internets. In den bisherigen tumsrate gegenüber früheren Jahren tendenziell sinkt: Netzen wird eine neutrale Transportleistung unabhängig 2010 betrug das Wachstum knapp 19 Prozent, ein Jahr zu- von Inhalt, Herkunft, Ziel, Dienst oder Anwendung auf vor knapp 23 Prozent, während 2007 der Anstieg noch Basis des Best-Effort-Prinzips erbracht. Diese Trennung bei rund 64 Prozent lag (jeweils gegenüber dem Vorjahr). von Dienst und Transport hat die Voraussetzungen für das Entstehen von Innovationen an den Netzrändern durch Im Mobilfunk lässt die Nutzung und Verbreitung von unabhängige Diensteanbieter oder Endkunden geschaf- Smartphones den Verkehr ausgehend von einem niedri- fen. Aufgrund niedriger Marktzutrittschranken hat sich gen Niveau steigen. So hat sich das Datenvolumen zum das Internet zu einem Innovationsmotor entwickeln kön- Jahresende von 2009 auf 2010 fast verdoppelt, aber auch nen. Ein großer Inhalte- oder Diensteanbieter könnte ggf. hier lag die Wachstumsrate ein Jahr vorher noch bei rd. Zahlungen für den Datentransport in Kauf nehmen, um 190 Prozent. Trotz der höheren Wachstumsraten im Mo- sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber kleineren An- bilfunk darf nicht übersehen werden, dass das absolute bietern zu verschaffen. Auch ein vertikal integrierter An- Datenvolumen mit 65 Millionen GB Ende 2010 fast um bieter, der Netze betreibt und selbst auch Dienste/Inhalte den Faktor 50 niedriger ist als im Bereich des Festnetzes. anbietet, könnte dies versuchen. Solche Differenzierun- gen in Abhängigkeit von der Zahlungsbereitschaft von In- Insgesamt hat das Internet den Verkehrsanstieg bislang halte- und Diensteanbietern sind im Hinblick auf das Ent- gut bewältigt. Dazu tragen auch technologische Fort- stehen von Innovationen kritisch zu sehen. Innovationen schritte bei, die dazu führten, dass die Kosten des Daten- werden häufig von solchen Anbietern realisiert, für die transports pro GB im Zeitablauf signifikant gesunken sich derartige Zahlungen an die Netzbetreiber als Markt- sind. Generell gilt: Solange die Kapazitätsgrenzen nicht eintrittsbarriere erweisen könnten. erreicht werden, kann das auf dem Prinzip des Best-Effort basierende Internet den zusätzlichen Verkehr mit ge- Darüber hinaus ist eine Blockierung von bestimmten wohnter Qualität abwickeln. Diensten, Anwendungen oder Inhalten eindeutig als wett- bewerbs- und verbraucherschädlich einzustufen. Einen Mit der heutigen umfassenden Nutzung der IP-Netze ähnlichen Effekt können auch Verlangsamungen haben, nicht nur für Internet, sondern auch für weitere Dienste, wenn sie zur Folge haben, dass Dienste nicht mehr effek- die z. T. hohe Anforderungen an die Qualität des Netz- tiv nutzbar sind. transportes haben, ist es ggf. erforderlich, dass sie mit ei- ner definierten Qualität übertragen werden. Die Netzbe- Diese möglichen Netzneutralitätsprobleme können vor al- treiber sehen die Einführung solcher Transportklassen lem aus einer missbräuchlichen Ausnutzung marktbeherr- darüber hinaus als ein Mittel, um von ihnen vermutete schender Stellungen resultieren. Für diese Probleme lie- Kapazitätsengpässe zu vermeiden. Ergänzend wird von fert bereits der aktuelle Rechtsrahmen des TKG ein ihnen z. T. gefordert, dass die Inhalteanbieter einen finan- wirksames Instrumentarium. ziellen Beitrag leisten sollen, um die Kosten des anste- henden Netzausbaus finanzieren zu können. Diese Ent- Aus Sicht der Bundesnetzagentur stellt ausreichender wicklungen haben zu einer verstärkten Diskussion um die Wettbewerb auf der Netzebene den besten Garanten für Netzneutralität geführt. die Gewährleistung von Netzneutralität dar. Wettbewerb muss flankiert werden durch klare Prinzipien der Nicht- Grundsätzlich kann die Einführung von Transportklassen Diskriminierung und Transparenz sowie das Vorhan- durchaus wohlfahrtssteigernd sein, wenn hierdurch Wahl- densein effizienter Wechselprozesse. Hier bietet der EU- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57 – Drucksache 17/8246

Rechtsrahmen mit den erweiterten Transparenzverpflich- voranzutreiben, und dabei zwei wesentliche Ziele formu- tungen und der Möglichkeit der Einführung einer Min- liert: destqualität ein breitgefächertes Instrumentarium an. Die erweiterten Transparenzverpflichtungen liefern einen – Eine flächendeckende leistungsfähige Grundversor- wichtigen Beitrag zur Sicherung der Netzneutralität unab- gung mit Breitbandanschlüssen soll bis Ende 2010 hängig vom Vorliegen einer marktbeherrschenden Stel- verfügbar sein. lung. – Im Hinblick auf den Ausbau von hochleistungsfähigen Diese Transparenzverpflichtungen beziehen sich unter Anschlussnetzen der nächsten Generation (NGA) sol- anderem auf etwaige Einschränkungen beim Zugang bzw. len bis 2014 75 Prozent der Haushalte über der Nutzung von Diensten und Anwendungen oder auf Anschlüsse mit Übertragungsraten von mindestens Mess- und Kontrollverfahren, die von Unternehmen ein- 50 Megabit pro Sekunde verfügen. gesetzt werden, um Überlastsituationen in Netzen zu ver- meiden. Ebenfalls transparent sein müssen dabei die Aus- Diese Ziele beziehen sich auf die beiden zentralen The- wirkungen dieser Verfahren auf die Dienstequalität. men der politischen Diskussion zum Thema Breit- bandausbau, nämlich den Breitbandausbau im ländlichen Transparenz kann nur dann wirksam sein, wenn folgende Raum sowie den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnet- Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens, die Informationen zen. Diese beiden Themen bildeten auch den Schwer- müssen für den Kunden verständlich sein. Zweitens müs- punkt der Arbeit im NGA-Forum, eines im Mai 2010 bei sen Kunden auch die Möglichkeit haben, den Anbieter zu der Bundesnetzagentur gegründeten Beratungsgremiums wechseln. Dies setzt Wettbewerb voraus. Und drittens zur Förderung des Dialogs zwischen der Bundesnetz- muss der Betreiberwechsel problemlos und effizient ver- agentur, den Netzbetreibern, Herstellern, Ländern und laufen. Sind diese Bedingungen erfüllt, können Kunden Kommunen zum Thema NGA-Roll-Out. den Anbieter wechseln und so bestimmte Verhaltenswei- sen von Netzbetreibern wirksam sanktionieren. Daher hat 4.1 Breitbandausbau im ländlichen Raum sich die Bundesnetzagentur bei der anstehenden Novellie- rung des TKG mit Nachdruck dafür eingesetzt, dass diese Ein Schwerpunktthema des NGA-Forums war der Breit- Vorschriften verbraucherfreundlich umgestaltet werden. bandausbau im ländlichen Raum bzw. die Beseitigung der Neben der Transparenz sieht der neue EU-Rechtsrahmen sogenannten weißen Flecken. noch die Möglichkeit der Einführung einer Mindestquali- Neben den generell relevanten Faktoren wie der Zah- tät vor. Ziel ist es, eine Verschlechterung der Dienste und lungsbereitschaft auf der Nachfrageseite sind für den eine Behinderung oder Verlangsamung in den Netzen zu Ausbau in dünner besiedelten Gebieten der Ausbau von verhindern. Qualitätsdifferenzierungen wären dann pro- funkgestützten stationären Breitbandanschlüssen (z. B. blematisch, wenn die Qualität des Best-Effort-Internetzu- LTE), Synergieeffekte beim Infrastrukturausbau durch gangs bewusst verschlechtert würde, um eine Zahlungs- Telekommunikations-, Energieversorgungs- und Kabel- bereitschaft für Premium-Angebote zu wecken. Mit der unternehmen sowie das nachhaltige Engagement der öf- Möglichkeit der Mindestqualität erhält der Regulierer ein fentlichen Hand, insbesondere der Kommunen, für den Instrument, das – falls erforderlich – zum Einsatz kom- Breitbandausbau von besonderer Bedeutung. men kann, wenn der Markt nicht von sich aus ein be- stimmtes Mindestmaß an Qualität generiert. Dabei ist das Mitte 2011 hatten knapp 99 Prozent der Haushalte Zu- Niveau der Mindestqualität nicht als statisch zu sehen, gang zu einem Breitbandanschluss mit mindestens sondern abhängig vom technischen Fortschritt. 1 MBit/s Bandbreite. Als kurzfristiges Ziel des Ausbaus funkgestützter stationärer Breitbandanschlüsse ist die Die Bundesnetzagentur leistet einen Beitrag zur Erhal- Schließung der „weißen Flecken“ anzusehen. Die Zutei- tung der Netzneutralität, indem sie Wettbewerb ermög- lungen der 800-MHz-Frequenzen sind daher mit einer licht, Investitionsanreize setzt und sicherstellt, dass die stufenweisen Aus- und Aufbauverpflichtung verbunden Innovationskraft des Internet nicht durch schädliche Ver- worden.37 Die Versorgungsauflagen haben die Mobil- haltensweisen beschränkt wird. Dazu gehört auch, dass funkunternehmen in Bayern, Baden-Württemberg, Hes- die Qualität von breitbandigen Netzzugangsdiensten sen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saar- transparent ist und dem Endnutzer effektive Wechselpro- land bereits jetzt erfüllt.38 Damit können die Frequenzen zesse zur Verfügung stehen, sodass er entsprechend sei- nun zur weiteren Verbesserung der Breitbandversorgung nen Bedürfnissen Dienste und Inhalte nutzen (oder selbst genutzt werden. Verzögerungen können dabei allerdings bereitstellen) sowie Ziele (z. B. Webseiten) erreichen durch Baugenehmigungen auftauchen. Mittelfristig soll kann. Der Zusammenhang zwischen Netzneutralität und zusammen mit LTE im 1800- und 2600-MHz-Bereich ein Qualitätstransparenz wird von der Bundesnetzagentur ge- flächendeckendes Breitbandmobilfunkangebot (mit heuti- genwärtig in einer nationalen Studie zur Dienstequalität gen DSL-vergleichbaren Datengeschwindigkeiten) be- von Breitbandzugängen adressiert. reitgestellt werden. Seit Juli 2011 ist das LTE-Angebot 4. NGA-Forum 37 Vgl. Entscheidung der BNetzA vom 21. Oktober 2009 (BK1a-09/ Im Februar 2009 hat die Bundesregierung ihre Breitband- 002). strategie veröffentlicht, um den Breitbandausbau massiv 38 Vgl. Pressemitteilung der BNetzA vom 28. September 2011 Drucksache 17/8246 – 58 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode auch in den Breitbandatlas der Bundesregierung inte- tur und eingesetzter Technologie Investitionen in Höhe griert. von 70 bis 80 Mrd. Euro erforderlich. Von diesem Betrag entfallen mehr als 80 Prozent auf das sogenannte passive Bei der Diskussion finanzieller Unterstützungsmöglich- Netz, d. h. das Verlegen der Glasfaser, und weniger als keiten des Staates und damit der partiellen Übernahme 20 Prozent auf die aktiven elektronischen Netzkompo- des Ausbaurisikos durch den Staat erscheint die Einbin- nenten. Dabei sind die Unterschiede im Investitionsvolu- dung aller Entscheidungsträger erforderlich. Kooperatio- men zwischen den Architekturen und Technologien mit nen mit der öffentlichen Hand im ländlichen Raum kön- (höchstens) bis zu 10 Prozent eher gering. nen in unterschiedlichen Formen mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen erfolgen. Dabei geht es neben der Die erforderlichen Investitionen hängen sehr stark von Nutzung von Synergien bei öffentlichen Infrastrukturaus- der Bevölkerungs- oder Anschlussdichte ab. Während in bauvorhaben, um Bürgschaftsprogramme und (zinsgüns- den kostengünstigsten Gebieten nur Investitionen von tige) Darlehensprogramme sowie Förderprogramme und wenig mehr als 1 000 Euro pro Anschluss erforderlich Public Private Partnerships (PPP). Letztlich bleibt noch sind, betragen die Investitionen in den schwach besiedel- der eigene Infrastrukturaufbau durch die öffentliche ten Landesteilen mehr als 4 000 Euro pro Anschluss. Hand. Baut man nur für 80 Prozent der Teilnehmer aus, dann Hinsichtlich der Synergien beim Infrastrukturausbau etwa sinkt das Investitionsvolumen gegenüber dem Vollausbau durch Energieversorger ist deutlich geworden, dass diese um rund 30 Prozent. Wird existierende Infrastruktur mit- einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau eines Breitband- genutzt, so können entsprechende Einsparungen realisiert netzes im ländlichen Raum leisten können. In vielen Fäl- werden. Wegen des hohen Anteils der Verlegekosten des len wird die Breitbandversorgung dort – insbesondere Glasfaserkabels kommt auch Mitverlegungsaktivitäten auch von mittelständischen Unternehmen – nachhaltig eine hohe Bedeutung zu. unterstützt. Mehr noch als im städtischen Bereich sind die ländlichen Gebiete nur durch eine Vielzahl von Initiativen Die Profitabilität des Netzausbaus ist entscheidend vom und deren Bündelung erschließbar. Als Erfolgsfaktoren ARPU (Average Revenue Per User) und von der Penetra- für die Wirtschaftlichkeit stellen sich hier die gemein- tionsrate abhängig, denn wenn in einem Ausbaugebiet same Nutzung von Infrastruktur, Mitverlegungsaktivitä- weniger Teilnehmer erreicht werden, steigen die Gesam- ten oder Fördermittel sowie hohe Marktanteile durch re- tinvestitionen pro Kunde entsprechend deutlich an. Un- gionale Vermarktung heraus. Insofern kommt hier auch günstige Kostenparameter (z. B. im Hinblick auf den dem Infrastrukturatlas und seiner Weiterentwicklung eine Hausanschluss, ein bestimmtes Endgerät und den Anteil besondere Bedeutung zu. der Luftverkabelung) erhöhen das Investitionsvolumen Bei Nutzung aller vorhandenen Möglichkeiten kann im und verringern die Profitabilität in vergleichsweise über- Ergebnis bereits in Kürze eine flächendeckende leistungs- schaubarem Umfang. fähige Grundversorgung mit Breitbandanschlüssen er- Unter günstigen Annahmen über Erlöse (heutige Endkun- reicht werden. denpreise sowie begrenzte zusätzliche Zahlungsbereit- schaft für Glasfaseranschlüsse; konkret wird hier ein 4.2 Ausbau von Hochgeschwindigkeits- ARPU von 38 Euro unterstellt) sowie über Kosten ist ein netzen profitabler FTTB/H-Ausbau je nach Architektur für Um längerfristig überall in Deutschland eine hochbitra- 25 bis 45 Prozent der deutschen Anschlüsse denkbar. tige Versorgung sicherzustellen, sind erhebliche Investi- Als Anhaltspunkt für die Zahlungsbereitschaft der Kun- tionen notwendig. Investitionen in einem solchen Um- den ergab eine Marktforschungsuntersuchung von 1&1, fang sind nicht durch ein einzelnes Unternehmen zu dass Kunden bereit sind, etwa 5 Euro für eine höhere bewältigen, sondern nur durch Anstrengungen einer Viel- Bandbreite auszugeben. zahl von – zum Teil auch mittelständischen – Unterneh- men sowie einen Mix an Strategien und Technologien Generell gilt: Die genannten Ausbaugrenzen lägen höher, (VDSL, FTTB, FTTH, TV-Kabel und drahtlose Techno- wenn für Netzbetreiber eine höhere Netzauslastung/Pene- logien). tration erzielbar wäre oder die Endkunden höhere Preise Das NGA-Forum hat sich mit den erforderlichen Investi- für glasfasernetzbasierte Dienste zu zahlen bereit wären. tionen für den Aufbau von Glasfasernetzen befasst. Dazu In begrenztem Ausmaß lassen sich die genannten Aus- hat das WIK in einer Studie („Implikationen eines flä- baugrenzen weiter ausdehnen, wenn es gelingt, die erfor- chendeckenden Glasfaserausbaus und sein Subventions- derlichen Investitionen zu reduzieren; hier kommt der bedarf“) mit Hilfe von Szenariorechnungen auf der Basis Mitnutzung vorhandener Infrastruktur und Mitverle- eines Modells die nötigen Investitionen, Endnutzerpreise gungsaktivitäten eine besondere Bedeutung zu. und ggf. auch Finanzierungsbedarfe für einen (profita- Um eine profitable Flächendeckung zu erreichen, gibt es blen) flächendeckenden NGA-Ausbau bis ins Haus be- verschiedene denkbare Möglichkeiten, wie erstens einen stimmt. höheren monatlichen Preis für Kunden in defizitären Aus- Für ein flächendeckendes Glasfasernetz mit potentiell ca. baugebieten, zweitens einen einheitlichen Preis, der alle 40 Millionen Anschlüssen wären nach den durchgeführ- Ausbaugebiete profitabel macht oder drittens einen Inves- ten Modellrechnungen in Deutschland je nach Architek- titionszuschuss in defizitären Gebieten. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 59 – Drucksache 17/8246

Im Übrigen kann die Übernahme der Kosten von Haus- Diese Vielfalt der Geschäftsmodelle und die Vielzahl der verkabelung und Gebäudeanschluss durch die Nutzer zu Akteure führen zu einer größeren Zahl an potentiellen einem flächendeckenderen Ausbau, der gleichzeitig für Anbietern bzw. Nachfragern auf der Vorleistungsebene. die Netzbetreiber auch profitabel ist, beitragen. Dabei ist Dies bietet zugleich die Gewähr für einen zügigen Auf- zu berücksichtigen, dass die Investitionen für die In- bau neuer Netzgenerationen und eine schnelle Penetra- house-Verkabelung ca. 5 Mrd. Euro und für die Verkabe- tionsentwicklung und damit Effizienzgewinne. Die wech- lungen auf den Grundstücken ca. 11 Mrd. Euro betragen. selseitige Nachfrage wird zunehmen, um mehr Kunden auch jenseits der eigenen Infrastruktur zu erreichen. Auch Operative und prozedurale Aspekte des Ausbaus (z. B. die Deutsche Telekom AG wird ggf. in diesem Kontext langwierige Prozesse der Eigentümerdatengewinnung als Nachfrager von Vorleistungen auftreten. Ein Anreiz, und Einholung von Eigentümergenehmigungen; Planung freiwillig Zugang zu gewähren, könnte entstehen, wenn der knappen Tiefbauressourcen; jeweils nur sehr begrenz- Zugang reziprok notwendig wird (eher bei national agie- tes Zeitfenster für die Aushandlung neuer i. d. R. sehr renden als bei lokalen Anbietern). Ebenso dürfte er beste- langfristiger Versorgungsverträge mit der Wohnungswirt- hen, wenn der Anbieter von Vorleistungen auf höheren schaft; sehr komplexe, zeitaufwändige Verhandlungen Wertschöpfungsebenen nicht selber aktiv ist, sondern eine etc.) sind jedoch in den Modellen nicht bzw. unzurei- vertikale Trennung verschiedener Wertschöpfungsstufen chend abgebildet. vorliegt. Schließlich ist für die Profitabilität von Glasfa- Zusammenfassend sind folgende Erfolgsfaktoren kritisch serausbauprojekten eine hohe Auslastung in relativ kurzer im Hinblick auf den Glasfaserausbau: Entscheidend für Zeit erforderlich, was ebenfalls den Anreiz erhöht, frei- signifikante Fortschritte sind die Entwicklung der Nach- willig Zugang zu gewähren. frage (Penetration) sowie die Zahlungsbereitschaft der Kunden (ARPU); profitable Netzausbaumöglichkeiten Zwar blieben unterschiedliche Sichtweisen der Teilneh- hängen wesentlich vom erwarteten ARPU (Bedeutung at- mer im Detail (etwa bei den Themen minimale Menge an traktiver Dienste) und der erreichbaren Penetrationsrate Zugangsprodukten oder Preissetzung), die sich aus den ab. grundsätzlichen Interessengegensätzen der verschiedenen Marktakteure erklären, bestehen. Im Rahmen des Zwi- Darüber hinaus kann eine ggf. vorhandene Bereitschaft schenberichtes erklärten aber alle Unternehmen, dass sie der Nutzer, einen eigenen Beitrag zu leisten (z. B. durch freiwillig den Zugang zu ihren FTTB/FTTH-Netzen ge- die Übernahme bestimmter Kosten), Ausgangspunkt für währen wollen. Auch Diskriminierungsfreiheit und einen flächendeckenderen Glasfaserausbau sein. Im Hin- Transparenz werden grundsätzlich als erforderliche Be- blick auf die Bedeutung der Penetrationsrate wird es da- standteile eines Open-Access-Konzeptes anerkannt. Es rüber hinaus darauf ankommen, bei einem erfolgten Aus- bestand vor allem Konsens, dass eine Standardisierung bau mit Glasfaser (ggf. auch erst einmal nur auf von Schnittstellen und Prozessen erforderlich ist. Teilstücken) einen schnellen Umstieg auf diese neue In- frastruktur für alle Marktteilnehmer zu ermöglichen und Um das Thema Nicht-Diskriminierung zu vertiefen, ha- so die Migrationsphase abzukürzen. Migrationskosten ben Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur Prinzipien und -risiken sind im Modell nicht abgebildet. der Nicht-Diskriminierung im Hinblick auf kartellrechtli- che und regulierungsrechtliche Aspekte des Diskriminie- Die Modellrechnungen zeigen, dass die Anstrengungen rungsverbots aufgestellt. Bei den kartellrechtlichen As- aller erforderlich sind, um die notwendigen Investitionen pekten ist sowohl das Vertikalverhältnis sowie das zu realisieren und den Endkunden attraktive Dienstleis- Horizontalverhältnis bei Kooperationen, bei dem Zugang tungen anzubieten. Der Aufbau von Glasfasernetzen er- für Dritte eine Rolle spielt, relevant. Einigung auf Preise fordert selbst dort, wo dies grundsätzlich profitabel ist, und Konditionen ist als verbotenes Kartell einzustufen. eine sehr hohe Penetrationsrate. Dies unterstreicht die Vereinbarungen über rein technische Bedingungen, etwa Notwendigkeit, unmittelbar mit dem Aufbau der neuen zur Interoperabilität von Netzen und Diensten oder zu den Netze angemessene Zugangsprodukte zu entwickeln und Prozessabläufen beim Anbieterwechsel von Endkunden bereitzustellen, die das wettbewerbliche Engagement al- sind hingegen nicht vom Kartellverbot erfasst. In vertika- ler Marktpartner zur notwendigen Auslastung von Glasfa- ler Hinsicht unterliegen kooperierende Unternehmen sernetzen ermöglichen. Es zeigt sich aber auch, dass der – neben marktbeherrschenden/marktstarken Unterneh- bislang erreichte Ausbaustand mit Glasfaseranschlüssen men – dem Diskriminierungs- und Behinderungsverbot noch unter dem Potenzial liegt, das selbst bei ungünstigen des § 20 GWB. Annahmen realisiert werden kann. Im Rahmen des TKG erfolgt die Auferlegung von Ver- 4.3 Open Access und Interoperabilität pflichtungen für ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht (wie z. B. die Deutsche Telekom AG) durch Der NGA-Roll-Out wird in Deutschland nicht nur durch „Regulierungsverfügung“. Dabei wird ein Diskriminie- ein einzelnes Unternehmen vorangetrieben, das flächen- rungsverbot stets auferlegt. Auch getrennte Rechnungsle- deckend in einer Technologie ausbaut. Lokale Glasfaser- gung sowie die Vorlage eines Standardangebots zur Ver- netze von Gemeinden und anderen Gebietskörperschaften meidung diskriminierenden Verhaltens wurde auferlegt. sowie Energieversorger, deren Business Case anderen Die Beurteilung von Gleichbehandlung bzw. Ungleichbe- Randbedingungen unterliegt, werden einen wichtigen handlung kann nur im Einzelfall erfolgen. In keinem Fall Beitrag leisten. darf es zu einem Auseinanderfallen von kartellrechtlicher Drucksache 17/8246 – 60 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode und regulierungsrechtlicher Bewertung kommen. Unter- ner konkreten Beschreibung für ein L2-BSA-Vorleis- nehmen ohne beträchtliche Marktmacht kann nur in den tungsprodukt verwendet. Sie definiert im Detail die tech- engen Grenzen des § 18 TKG ein Diskriminierungsverbot nischen und operationellen Schnittstellen, die zur auferlegt werden. Freiwillige Selbstverpflichtungen zu ei- Interoperation erforderlichen wesentlichen Geschäftspro- ner nichtdiskriminierenden Zugangsgewährung, z. B. im zesse sowie die Anforderungen an die hierfür notwendi- Rahmen freiwilliger Open-Access-Modelle, sind zu be- gen technischen Schnittstellen. Die Beschreibung kann grüßen. als Empfehlung für Ebene-2-Interoperationen gesehen werden. Da der Aufbau hochleistungsfähiger Breitbandnetze (Next Generation Access – NGA) die Koordination zahl- Die Spezifikation der technischen Schnittstellen ist neu- reicher Akteure der Telekommunikationsbranche ver- tral in Bezug auf Zugangsnetzarchitekturen und -techno- langt, stellt Interoperabilität einen zentralen Baustein für logien. Sie legt die grundsätzlichen Strukturen, Modelle, den Erfolg von Open Access Bemühungen dar. Damit die Protokolle, Parameter usw. für die Interoperation fest. Bei neuen NGA-Netze netzübergreifende Dienste realisieren der konkreten Umsetzung sind zwischen den Vertrags- können, ist eine multilaterale Abstimmung über techni- partnern die Werte der Leistungsparameter festzulegen. sche Schnittstellen und operative Prozesse erforderlich. Diese sind zum einen abhängig von der Leistungsfähig- Die Komplexität des NGA-Umfelds – bedingt durch die keit der jeweils gewählten Technologie und Architektur Vielzahl der Ausbaustrategien und der eingesetzten Tech- des Zugangsnetzes sowie zum anderen von den Anforde- nologien – verlangt einen von Sachlichkeit und Kompro- rungen der Dienste des Diensteanbieters. missbereitschaft geprägten Konsens. Interoperabilität, also das Zusammenspiel der Netze, ist ein Kernelement Die Beschreibung der Geschäftsprozesse zielt darauf ab, für den Erfolg des Ausbaus der zukünftigen Breitband- NGA-Betreibern und den Endkundenanbietern von NGA- netz-Infrastruktur. Insbesondere um Transaktionskosten Produkten Beschreibungen für eine einheitliche und mög- zu begrenzen, besteht die Notwendigkeit, national ein- lichst einfache Ausgestaltung der innerhalb einer Vorleis- heitlich anwendbare Spezifikationen von Vorleistungs- tungskooperation notwendigen Prozesse zu ermöglichen. produkten zu entwickeln. Die Beschreibung enthält neben den Grundlagen für die Order der Netzschnittstelle zwischen NGA-Betreiber und In einem im Mai 2011 veröffentlichten Grundsatzdoku- Endkunden-Vertragspartner eine detaillierte Darstellung ment („Technische und operationelle Aspekte des Zu- gangs zu Glasfasernetzen und anderen NGA-Netzen“) der wesentlichen Geschäftsvorfälle im Endkundenver- werden in der Art eines Kompendiums, neben den grund- hältnis (Bereitstellung, Kündigung, Entstörung) in gra- sätzlichen Zusammenhängen von Netzsegmenten, mögli- phischer und textlicher Form. chen Netzzugängen und Vorleistungsprodukten, die tech- Besonderes Augenmerk liegt auf einem einheitlichen Mo- nischen Möglichkeiten des Ausbaus von NGA-Strukturen dell für den Anbieterwechsel, um das Ziel eines mög- beschrieben. lichst unterbrechungsfreien Wechsels für den Endkunden Architekturen und Technologien werden neutral darge- durch verlässliche Koordination aller Beteiligten zu errei- stellt und verglichen, absehbare mittelfristige Entwick- chen. Vereinbarungen zur Realisierung der Rechnungs- lungen werden ebenfalls betrachtet. Die Bandbreite mög- stellung sowie eine Übersicht der notwendigen Service licher Vorleistungsprodukte, an die unterschiedliche Level Agreements runden die Darstellung ab. Weiter wer- Forderungen gestellt werden können, ist groß. Mit der den die web-basierten Schnittstellen zur Abwicklung der Darstellung der Möglichkeiten ist jedoch nicht die Erwar- Order- und Entstörungsvorgänge sowie für Betriebs- bzw. tung verknüpft, dass alle Vorleistungsprodukte von jedem Diagnosevorgänge definiert und ihre technische Realisie- Netzbetreiber angeboten werden müssen. Im Hinblick auf rung beschrieben. zeitnah umsetzbare Interoperation wurden zunächst die Idealerweise kann die o. g. Leistungsbeschreibung als passive Infrastruktur (Leerrohre und Dark Fibre) sowie einfache Grundlage (in der Art eines Mustervertrags) für ein Ebene-2-Bitstromprodukt (Ethernet-BSA) als Vorleis- bilaterale Kooperationsvereinbarungen herangezogen und tungsprodukte ausführlich beschrieben. auf spezifische Bedürfnisse angepasst werden. Die Diskussion der Geschäftsprozesse konzentriert sich auf eine Erarbeitung standardisierter Prozessabläufe am Beim Thema Interoperabilität wurde ein entscheidender Beispiel eines aktiven Ebene-2-Produkts. Das Grundsatz- Durchbruch für Planungssicherheit und zusätzliche Inves- dokument spannt den Bogen über die zur Standardisie- titionen in neue Breitbandnetze erreicht. Mit der Verab- rung empfohlenen Prozessthemen und zeigt am Beispiel schiedung der beiden Dokumente „Technische und opera- der zentralen Prozesse Form und Tiefe einer möglichen tionelle Aspekte des Zugangs zu Glasfasernetzen und Absprache auf. Die hier erzielten Ergebnisse gehen un- anderen NGA-Netzen“ sowie „Leistungsbeschreibung ei- mittelbar in den zweiten Ergebnisteil, die Leistungsbe- nes Ebene-2-Bitstromzugangsprodukts“ hat das NGA-Fo- schreibung eines Ebene-2-Zugangsprodukts, ein. rum wesentliche Beiträge zur Umsetzung der Breitband- strategie der Bundesregierung geleistet. Das Ergebnis In einer im Oktober 2011 veröffentlichten Leistungsbe- wurde durch einen intensiven sowie von Sachlichkeit und schreibung eines Ebene-2-Bitstromzugangsprodukts wer- Kompromissbereitschaft geprägten Konsens zahlreicher den die Rahmenspezifikation und die Prozessdefinitionen Akteure der Telekommunikationsbranche erarbeitet. Zum des Grundsatzdokuments aufgegriffen und als Vorlage ei- ersten Mal besteht daher die Hoffnung, dass dieser für Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 61 – Drucksache 17/8246

Deutschland wichtige Zukunftsmarkt der Breitbandkom- pen, in denen die Experten der NRB die Dokumente erar- munikation durch freiwillige Kooperationsprinzipien ge- beiten und die Entscheidungen des Regulierungsrats staltet werden kann. vorbereiten. Das bereits seit einigen Jahren bestehende Sekretariat der IRG in Brüssel fungiert als Veranstal- Die Bundesnetzagentur begrüßt den Konsens zahlreicher tungsort für die Präsenzsitzungen der verschiedenen Ar- Marktakteure zu diesen Dokumenten. Sie legen eine Ba- beitsgruppen. Hinsichtlich der Nähe zu den relevanten sis, auf der eine Vielzahl von Akteuren, gerade auch in lo- EU-Institutionen, aber auch aus Gründen der Erreichbar- kalen und regionalen Breitbandnetzen, ihre Dienste netz- keit für die Experten aus ganz Europa ist dieser Standort übergreifend im Wettbewerb realisieren können. Es bleibt optimal. abzuwarten, ob die Marktteilnehmer sich in ihren Ent- scheidungen und Vertragsabschlüssen an den verabschie- Aufgabe des neuen Gremiums BEREC ist es, die Zusam- deten Prinzipien orientieren und damit Open Access zum menarbeit der NRB untereinander sowie zwischen den Erfolg führen. NRB und der EU-Kommission zu fördern, um die Bin- nenmarktentwicklung weiter voranzutreiben. Außerdem Das NGA-Forum hat am 8. November 2011 einen Bericht berät BEREC die EU-Kommission sowie auf Antrag oder verabschiedet, der auf der Website der Bundesnetzagentur Eigeninitiative das Europäische Parlament und den Rat. unter www.bundesnetzagentur.de/ngaforum veröffent- Zur Erfüllung dieser Aufgabe soll BEREC bewährte Re- licht wurde. Eine Fortsetzung der Arbeit des NGA-Fo- gulierungspraktiken wie gemeinsame Herangehenswei- rums ist geplant, insbesondere auch um die effiziente Ar- sen, Methodologien oder Leitlinien entwickeln und ver- beit der AG Interoperabilität fortzusetzen. breiten. Des Weiteren soll BEREC Stellungnahmen zu Entwürfen von Entscheidungen, Empfehlungen und Leit- 5. Überarbeitung des EU-Rechtsrahmens linien der EU-Kommission abgeben und auf deren Antrag oder von sich aus Berichte erstellen. Alle BEREC-Doku- Schon seit vielen Jahren ist die Tätigkeit der Bundesnetz- mente werden auf der Website http://berec.europa.eu ver- agentur im internationalen Bereich auf allen regulierten öffentlicht. Sektoren von einer intensiven Beteiligung in den europäi- schen Regulierergruppen geprägt. Im Telekommunika- Besondere Bedeutung erhält BEREC im Rahmen des tionsbereich findet diese enge Zusammenarbeit insbeson- überarbeiteten Notifizierungsverfahrens nach Artikel 7/ dere im Rahmen der Independent Regulators Group 7a der Rahmenrichtlinie.40 Dabei werden Entscheidungs- (IRG) statt, die bereits seit zwölf Jahren die Regulierung- entwürfe der NRB auf den relevanten Märkten,41 also spraxis in den europäischen Staaten koordiniert. Die von Marktdefinitionen, Marktanalysen sowie Abhilfemaßnah- der EU-Kommission 2002 gegründete European Regula- men („Remedies“) vor deren Verabschiedung der EU- tors Group (ERG) dagegen wurde im Jahr 2009 im Zuge Kommission, den anderen NRB sowie nun auch BEREC der Überarbeitung des EU-Rechtsrahmens im Bereich der zur Stellungnahme vorgelegt. Die dazu eingehenden elektronischen Kommunikation durch das Body of Kommentare soll die NRB bei ihrer endgültigen Ent- European Regulators for Electronic Communications scheidung weitestgehend berücksichtigen. (BEREC) ersetzt.39 Ferner kann die EU-Kommission „ernsthafte Zweifel“ an Der EU-Gesetzgeber verständigte sich – primär als Ant- einer geplanten Entscheidung (nach dem neuen Rechts- wort auf eine von der EU-Kommission vorgeschlagene rahmen nun auch bei Remedies; die entsprechende Rege- große EU-Agentur – auf das sog. 2-Strang-Modell, das lung wird seit dem 26. Mai 2011 angewendet) geltend sich aus dem Beratungsgremium BEREC (Regulierungs- machen. In einem solchen Fall kann BEREC eine Stel- rat) und einem administrativ unterstützenden Sekretariat lungnahme („Opinion“) dazu abgeben, ob es die ernsthaf- (Office) zusammensetzt. Letzteres wird hauptsächlich aus ten Zweifel der Kommission teilt oder nicht. Im Laufe Gemeinschaftsmitteln finanziert; freiwillige Beiträge der des Verfahrens hat die betroffene NRB jederzeit die Mög- Mitgliedstaaten oder der Nationalen Regulierungsbehör- lichkeit, ihren Entscheidungsentwurf zurückzuziehen den (NRB) sind möglich. Es unterliegt der Kontrolle ei- oder zu ändern, wobei die Zweifel der EU-Kommission nes Verwaltungsausschusses. Dieser besteht aus Vertre- und die Stellungnahme von BEREC weitestgehend zu be- tern der NRB und einem Delegierten der EU- rücksichtigen sind. Daraufhin muss für den geänderten Kommission. Der für die fachliche Arbeit zuständige Re- Entscheidungsentwurf eine erneute nationale Konsulta- gulierungsrat setzt sich ebenfalls aus Vertretern der NRB tion sowie eine Notifizierung durchgeführt werden. Au- zusammen – in der Regel handelt es sich hierbei um die ßerdem steht es der NRB auch offen, ihren Entschei- Behördenleiter, im Falle der Bundesnetzagentur um den dungsentwurf unverändert beizubehalten. In jedem Fall Präsidenten Matthias Kurth – doch im Gegensatz zum kann im Anschluss an dieses innerhalb eines 3-Monats- Verwaltungsausschuss ist hier die EU-Kommission nur Zeitraums stattfindende Verfahren die EU-Kommission als nicht stimmberechtigter Beobachter involviert. Jedes ihre Zweifel zurückziehen (wenn die NRB ihren Ent- Mitglied hat eine Stimme. Als Unterbau für die inhaltli- scheidungsentwurf entsprechend geändert hat) oder eine che Arbeit dienen – wie bisher in der ERG-Arbeitsgrup- Empfehlung aussprechen, wonach die Entscheidung der

39 Vgl. Verordnung (EG) Nr. 1211/2011, ferner Richtlinien 2009/140/ 40 Vgl. Richtlinie 2002/21/EG, geändert durch Richtlinie 2009/140/EG. EG und 2009/136/EG. 41 Vgl. Empfehlung Nr. 879/2007. Drucksache 17/8246 – 62 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

NRB geändert oder zurückgezogen werden sollte. Da- NRB zusammen, um Änderungsvorschläge gemeinsam raufhin hat die NRB nochmals die Möglichkeit, ihren zu erarbeiten. Entscheidungsentwurf zurückzuziehen oder eine endgül- tige Entscheidung zu treffen. Sie muss dabei allerdings 6. Projekt Infrastrukturatlas eine begründete Rechtfertigung an die EU-Kommission dazu verfassen, weshalb sie der Empfehlung der EU- Der Infrastrukturatlas setzt eine Maßnahme der Breit- Kommission nicht gefolgt ist. Ein Vetorecht wie bei der bandstrategie der Bundesregierung um und richtet sich an Marktabgrenzung und der Feststellung beträchtlicher alle am Breitbandausbau Beteiligten, also Unternehmen, Marktmacht hat die EU-Kommission jedoch nicht, das Gebietskörperschaften und Planungsbüros. Die Bundes- Letztentscheidungsrecht für die Auferlegung regulatori- netzagentur hat einen bundesweiten Infrastrukturatlas scher Verpflichtungen bleibt bei der NRB. erstellt, der seit dem 8. Dezember 2009 genutzt werden Eine besondere Mitwirkung aller NRB an diesem Verfah- kann. Der Infrastrukturatlas enthält Daten über in ren besteht, abgesehen von der Gelegenheit zur Stellung- Deutschland vorhandene Infrastruktur, die beim Aufbau nahme zu einem Entscheidungsentwurf während der ers- von Breitbandnetzen grundsätzlich mitgenutzt werden ten Phase des Notifizierungsverfahrens, bei der könnte. Erstellung der BEREC-Opinion. Diese wird von den sog. Artikel-7/7a-Expertengruppen erarbeitet, die fallweise Die Daten geben insbesondere Auskunft über vorhandene aus Fachleuten verschiedener NRB gebildet werden. Ab- Glasfaserleitungen, Leerrohre, Hauptverteiler, Kabelver- hängig davon, um welchen relevanten Markt es sich han- zweiger, Sendemasten, Antennenstandorte sowie andere delt, setzt sich eine solche Expertengruppe unterschied- geeignete Infrastruktur. Sie stammten in der Phase 1 von lich zusammen. Da für die Erstellung der BEREC- etwa 130 Unternehmen, die sich freiwillig am Aufbau des Opinion lediglich sechs Wochen zur Verfügung stehen, Infrastrukturatlas beteiligt haben. erfordert dies ein hohes Maß an Flexibilität und Erfah- rung seitens der NRB und der Fachleute. Schließlich Der Infrastrukturatlas wird in einem mehrstufigen Verfah- müssen sich die nationalen Experten in den Entschei- ren eingeführt: In der ersten Phase konnten Vertreter der dungsentwurf eines anderen Landes einarbeiten, diesen Länder, der (Land-)Kreise sowie der kreisfreien Städte als auf seine Konformität mit dem EU-Rechtsrahmen sowie Abfrageberechtigte einen Antrag auf Nutzung des Infra- die Argumente der EU-Kommission in ihrem „Ernst- strukturatlas bei der Bundesnetzagentur stellen. Kreisan- hafte-Zweifel-Schreiben“ prüfen und mögliche Auswir- gehörige Kommunen, Telekommunikationsunternehmen kungen auf das Funktionieren des EU-Binnenmarktes be- sowie Planungsbüro sind Nutzungsberechtigte des Infra- rücksichtigen. Die Bundesnetzagentur hat gegenüber dem strukturatlas. Sie können sich über den regional zuständi- BEREC-Sekretariat zwölf Experten benannt. Dieses gen Abfrageberechtigten ebenfalls an die Bundesnetz- Expertenteam setzt sich ggf. auch mit der betroffenen agentur wenden.

Abbildung 39

ISA-Anträge nach Bundesländern

Baye rn 14%

Übrige 39% Sachsen 18%

Baden-Württemberg Nordrhein-Westfalen 16% 13% Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 63 – Drucksache 17/8246

Im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September Bereits in den ersten Wochen der Phase 2 wurden 2011 wurden 380 Anträge auf Nutzung des Infrastruktur- 20 Anträge auf Nutzung des Infrastrukturatlas gestellt. atlas gestellt; mehr als die Hälfte davon stammen aus den Dies sowie die gute Beteiligung der Infrastrukturinhaber Ländern Sachsen, Baden-Württemberg, Bayern und Nord- deuten darauf hin, dass der Infrastrukturatlas als wichti- rhein-Westfalen. Als Antragsteller traten in erster Linie ges Instrument zum Breitbandaus- und -aufbau angesehen Planungsbüros und Kommunen auf, wobei Planungsbü- und entsprechend genutzt wird. ros Anträge stets im Auftrag von Gebietskörperschaften Mittelfristig soll der Infrastrukturatlas dem berechtigten stellten. Daraus folgt, dass der Infrastrukturatlas bislang Nutzerkreis als Web-GIS-Lösung im Internet zur Verfü- ganz überwiegend von Gebietskörperschaften im Rahmen gung gestellt werden. ihrer Breitbandausbauvorhaben genutzt wird. Im Rahmen der Antragsbearbeitung erstellte die Bundes- 7. BEREC-Projektteam Next Generation netzagentur in Phase 1 Übersichten über die in der jewei- Networks ligen Region gemeldete Infrastruktur und stellte diese 7.1 Open Access dem Antragsteller zur Verfügung. Der Antragsteller be- kam darin durchschnittlich mehr als sechs Unternehmen Das Thema Open Access war Gegenstand eines Berichts, genannt, die Daten für den Infrastrukturatlas gemeldet den BEREC im Februar 2011 veröffentlicht hat.42 Der hatten. Die Bundesnetzagentur trat hier somit in erster Li- Bericht befasst sich vor allem mit Open Access Verpflich- nie als Kontaktvermittler auf. Inwieweit hieraus Mitnut- tungen, die aus den Beihilfeleitlinien der Europäischen zungsvereinbarungen möglich wurden, hing dann von Kommission resultieren. Verpflichtungen auf dieser Basis den Verhandlungen mit den Infrastrukturinhabern ab. Die werden andere Formen der Zugangsgewährung gegen- Bundesnetzagentur hat Anfang 2011 einen Feedback-Me- über gestellt. Dazu zählen: chanismus etabliert, aus dem sich im Laufe des – „klassischer“ regulierter Zugang auf Basis des Euro- Jahres 2011 erste Erkenntnisse ergeben haben. Nach den päischen Regulierungsrahmens, ersten Antworten wird der Infrastrukturatlas als wichtiges Instrument im Planungsprozess gesehen. Die beabsich- – nationale Gesetze, die den Zugang zur passiven Infra- tigte Weiterentwicklung sei jedoch von entscheidender struktur unabhängig vom Bestehen einer marktbeherr- schenden Stellung auferlegen (symmetrische Regulie- Bedeutung, um eine noch höhere Wirkung zu erzielen. rung) sowie Die bislang bearbeiteten Anträge repräsentieren eine – Open Access als kartellrechtliche Auflage. beauskunftete Fläche von mehr als 90 000 km² (etwa 25 Prozent der Fläche der Bundesrepublik Deutschland), Für den Begriff Open Access existiert keine abschlie- auf der mehr als 15 000 000 Einwohner leben (vgl. hierzu ßende Definition; dies gilt auch für den Europäischen Abbildung 40). In Anbetracht der Tatsache, dass die Rechtsrahmen. Verwendet wird dieser Begriff jedoch in meisten Anträge aus eher ländlich geprägten Gebieten den „Leitlinien der Gemeinschaft für die Anwendung der stammen, ist somit festzustellen, dass der Infrastrukturat- Vorschriften über staatliche Beihilfen im Zusammenhang las gut angenommen wird. mit dem schnellen Breitbandausbau“ der Europäischen Kommission vom 17. September 2009. In diesem Kon- In der zweiten Phase, die am 4. Oktober 2011 begonnen text bezieht sich Open Access auf die Anordnung eines hat, können nun auch Informationen über die geographi- transparenten nicht-diskriminierenden Zugangs als Ge- sche Lage der Infrastrukturen weitergegeben werden. genleistung für die Gewährung staatlicher Beihilfe. Für Hierzu erstellt die Bundesnetzagentur topographische Next-Generation-Access-Networks (NGA) – Netzarchi- Karten im PDF-Format, auf denen die relevante Infra- tekturen gelten weitergehendere Anforderungen des Zu- struktur verzeichnet ist. gangs als für Breitbandnetze der Grundversorgung. Mit dem Beginn der Phase 2 ist ein erheblicher Anstieg In den meisten Mitgliedstaaten entscheiden die jeweiligen Behörden, die die Beihilfe gewähren, auch über die im der teilnehmenden Unternehmen zu verzeichnen, die Da- Einzelfall aufzuerlegenden Zugangsverpflichtungen. Die ten für den Infrastrukturatlas bereitstellen. Bis Anfang Beihilfeleitlinien sehen vor, dass im Falle von NGA-Net- November diesen Jahres haben etwa 200 Unternehmen zen die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Bedingun- ihre Teilnahme am Infrastrukturatlas der Phase 2 bestä- gen für den Netzzugang auf der Vorleistungsebene die tigt. Dabei handelt es sich nicht nur um Telekommunika- nationale Regulierungsbehörde konsultieren sollen. Al- tionsnetzbetreiber, sondern um Unternehmen aus allen re- lerdings existiert in vielen Ländern keine Rechtsgrund- levanten Sektoren. Erfreulicherweise konnten auch einige lage, die es den Regulierungsbehörden erlaubt, diesbe- große Unternehmen neu hinzugewonnen werden, gleich- züglich die Zugangsbedingungen festzulegen. Daher zeitig hat sich allerdings die Deutsche Telekom AG, die bestehen zwischen den Mitgliedstaaten Unterschiede da- sich an Phase 1 beteiligt hatte, aus dem Projekt zurückge- hingehend, ob bzw. in welchem Ausmaß die nationalen zogen. Dennoch steht der Infrastrukturatlas wird somit in Regulierungsbehörden bei Fragen staatlicher Beihilfe in- Phase 2 insgesamt auf einer deutlich breiteren und ausge- volviert sind. Der Bericht präsentiert Fallstudien zu wogeneren Datenbasis als zu Beginn und verkörpert den Ansatz der branchenübergreifenden Zusammenarbeit im- mer stärker. 42 BoR (11) 05. Drucksache 17/8246 – 64 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Abbildung 40

Beauskunftete Gebiete Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 65 – Drucksache 17/8246

Frankreich und Spanien hinsichtlich der Rolle der Regu- Das Konzept der Investitionsleiter bildet den Ausgangs- lierungsbehörden im Kontext staatlicher Beihilfen. punkt für die Analyse. Grundsätzlich gilt, dass für ver- schiedene Netzausbauszenarien – Fibre to the Home Verpflichtungen, die sich aus der Gewährung von Bei- (FTTH), Fibre to the Building (FTTB), Fibre to the Cabi- hilfe ergeben, existieren unabhängig von Verpflichtun- net (FTTC) – unterschiedliche Zugangspunkte im Netz gen, die aufgrund beträchtlicher Marktmacht auferlegt (z. B. Entbündelung am Hauptverteiler) sowie unter- werden. Wenn als Gegenleistung für die Gewährung schiedliche Vorleistungsprodukte zur Erreichung dieser staatlicher Beihilfe ein offener Zugang angeordnet wird, Zugangspunkte (z. B. Kabelkanalzugang) relevant sind. führt dies nicht dazu, dass die Befugnisse der nationalen Regulierungsbehörden zur Auferlegung von Zugangsver- Der Bericht untersucht Aspekte der praktischen Umset- pflichtungen auf Basis des Europäischen Rechtsrahmens zung für all diese Vorleistungsprodukte, so z. B. die Frage eingeschränkt werden. nach möglichen Bestandteilen eines Standardangebotes In mehreren Mitgliedstaaten existieren nationale Gesetze, oder der Ausgestaltung von Transparenzverpflichtungen. mit denen der Zugang zur passiven Infrastruktur unab- Darüber hinaus wird das Verhältnis von Regulierung auf hängig vom Bestehen einer marktbeherrschenden Stel- Basis von beträchtlicher Marktmacht sowie symmetri- lung (symmetrische Regulierung) auferlegt wird (Spa- scher Regulierung analysiert. Schließlich werden auch nien, Frankreich, Portugal, Litauen). Ferner gibt es mit Fragen der Migration beleuchtet, etwa wenn ein Anbieter Frankreich und Schweden auch Beispiele, wonach es plant, bisherige Standorte von Hauptverteilern aufzuge- durch nationale Gesetze für lokale Behörden ermöglicht ben. Dies kann dazu führen, dass andere Anbieter ihre ge- wurde, selbst Netze aufzubauen und auch Endkunden- tätigten Investitionen nicht mehr wie ursprünglich geplant dienste anzubieten. Der Bericht enthält Fallstudien für amortisieren können. Vor diesem Hintergrund werden in solche Beispiele nationaler Gesetze. einigen Mitgliedstaaten Kompensationszahlungen in Er- wägung gezogen. Um Fehlanreize zu vermeiden, dürfen Eine Anordnung von Open Access könnte auch eine kar- solche Zahlungen jedoch nicht allgemeine Geschäftsrisi- tellrechtliche Auflage darstellen. Kooperationsvereinba- ken kompensieren. Um zu verhindern, dass im NGA- rungen zwischen Unternehmen fallen in die Zuständigkeit Kontext ein „Flickenteppich“ unterschiedlicher Techno- der Wettbewerbsbehörden, der Europäischen Kommis- logien entsteht, kann Standardisierung einen Beitrag leis- sion oder ggf. der Gerichte. Gleichwohl gibt es Berüh- ten. Grundsätzlich sollte eine solche Standardisierung pri- rungspunkte zu den Regulierungsbehörden, wenn Unter- mär durch Marktprozesse realisiert werden. nehmen mit beträchtlicher Markmacht involviert sind. Ergänzt wird der Bericht durch einen Anhang, in dem Der Bericht untersucht solche Vereinbarungen auch vor eine Reihe von Ländern, in denen der NGA-Ausbau zum dem Hintergrund des Kartellverbots im europäischen damaligen Zeitpunkt bereits ein relevantes Stadium er- Recht.43 Die Vorschriften des sektorspezifischen Rechts reicht hatte, ihre konkreten Erfahrungen mit bestimmten basierend auf beträchtlicher Marktmacht bleiben unbe- Vorleistungsprodukten darstellen. Präsentiert werden rührt von der Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts. auch Länderbeispiele, wo Vorleistungsprodukte auf Basis Letzteres findet auch für regulierte Sektoren Anwendung. nationaler Gesetze (symmetrische Regulierung) erfolgen. Bei freiwilligen Formen des offenen Zugangs sind unter- Zwar ist es – angesichts des frühen Stadiums der regula- schiedliche Konstellationen möglich, je nachdem, ob das torischen Entscheidungspraxis zu NGA-Vorleistungspro- den Zugang gewährende Unternehmen beträchtliche dukten – zu früh für detaillierte Best-Practice-Prinzipien Marktmacht besitzt, ob es vertikal integriert ist oder nicht. zu NGA-Vorleistungsprodukten; dennoch lassen sich zum Auch die Anreize zum freiwilligen Angebot eines offenen gegenwärtigen Zeitpunkt einige allgemeine Schlussfolge- Zugangs werden durch diese Faktoren beeinflusst. rungen ziehen. So sind die 2007 identifizierten Best- Practice-Prinzipien nach wie vor gültig.46 7.2 Bericht „Next Generation Access – Implementation Issues and Wholesale Ferner kommt Transparenzanforderungen im Zusammen- Products“ hang mit NGA eine große Bedeutung zu. Artikel 12 (4) der Rahmenrichtlinie stattet die Regulierungsbehörden Fragen der Implementierung relevanter Vorleistungspro- mit erweiterten Befugnissen zur Auferlegung von Trans- dukte im Kontext von NGA waren Gegenstand des im parenzanforderungen aus. BEREC stellt fest, dass Vor- März 2010 veröffentlichten Berichtes „Next Generation leistungskunden zusätzlich zu einem Standardangebot Access – Implementation Issues and Wholesale Pro- alle relevanten Informationen bzgl. des Ausbaus neuer In- 44 ducts“. Dieser Bericht, der im Rahmen des von der Bun- frastrukturen bzw. Technologien für das jeweilige geogra- desnetzagentur geleiteten NGN-Projektteams erstellt 45 phische Gebiet haben sollten. Dabei kann ein angemesse- wurde, knüpft inhaltlich an frühere ERG-Papiere zum nes Zeitfenster für die Ankündigung solcher Pläne dazu Thema NGA an. beitragen, dass chancengleicher Wettbewerb auf der End- kundenebene entsteht. Ergänzend sollten auch Informa- 43 Vgl. Artikel 101 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen tionen zum Auslaufen bisheriger Vorleistungsprodukte Union. 44 Vgl. BoR (10) 08. 45 Vgl. ERG (09) 17 sowie ERG (07) 16 rev2. 46 Vgl. ERG (07) 53. Drucksache 17/8246 – 66 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode ausreichend früh bekanntgegeben werden, um Diskrimi- fern wird begrüßt, dass der BEREC-Vorschlag, dabei ver- nierungen zu vermeiden. schiedene Unsicherheitsfaktoren (etwa bzgl. der Nach- frage oder der Netzaufbaukosten) zu berücksichtigen, in 7.3 Stellungnahme zum NGA- den Empfehlungsentwurf mit eingegangen ist. Empfehlungsentwurf Die Entwurfsfassung sah die Möglichkeit von langfristi- Am 20. September 2010 hatte die EU-Kommission ihre gen Zugangspreisen sowie Mengenrabatten vor, um In- „Empfehlungen der Kommission über den regulierten Zu- vestitionsrisiken zwischen Investor und Zugangsnachfra- gang zu Zugangsnetzen der nächsten Generation (NGA)“ ger zu verteilen. Diese Mechanismen finden sich auch in veröffentlicht. Bei der Auferlegung von Verpflichtungen der endgültigen Empfehlung. BEREC hatte darauf hinge- müssen die nationalen Regulierungsbehörden diese Emp- wiesen, dass Mengenrabatte weniger ein Instrument zur fehlungen weitestgehend berücksichtigen („take into ut- Risikoreduzierung, als vielmehr ein Mittel zur Penetrati- most account“). Aufgrund dieser Bedeutung hat BEREC onssteigerung und Kostensenkung sind. Beide Preisbil- zu mehreren Empfehlungsentwürfen Stellung genommen. dungsmechanismen, so BEREC, können diskriminierend Zuletzt hatte BEREC am 28. Mai 2010 eine Opinion zum und damit wettbewerbsschädlich sein. Das wäre etwa der Empfehlungsentwurf vom 28. April 2010 veröffentlicht.47 Fall, wenn der Endkundenzweig des marktmächtigen An- bieters sich aufgrund seiner Größe einen höheren Rabatt BEREC unterstützt die Zielsetzung, die Entwicklung des als die Wettbewerber sichern könnte. Nach Ansicht von Binnenmarktes beim Übergang zu NGA durch erhöhte BEREC wäre die Anwendung von Mengenrabatten weni- Rechtssicherheit und die Förderung von Investitionen, ger problematisch, wenn sich die Rabatthöhe nach dem Wettbewerb und Innovationen zu intensivieren. Regulato- gesamten Marktvolumen – und nicht nach dem jeweiligen rische Sicherheit und Konsistenz sind wesentlich, um ei- Volumen eines Anbieters – bemessen würde, da dann nen wettbewerblichen Rahmen für langfristige NGA-In- kleinere Anbieter ebenfalls von Mengenrabatten profitie- vestitionen zu schaffen. Insofern kommt die NGA- ren würden. Preisbildungsmechanismen sind nach An- Empfehlung aus Sicht von BEREC rechtzeitig, um die sicht von BEREC nicht-diskriminierend auszugestalten Herausforderungen beim NGA-Ausbau zu bewältigen. und müssen auch einer Prüfung auf Preis-Kosten-Scheren Gleichzeitig reflektiert der Empfehlungsentwurf, dass standhalten. sich die Mitgliedstaaten bzgl. des NGA-Ausbaustandes unterscheiden. 7.4 Bericht „Next Generation Access – Collection of Factual Information Insgesamt begrüßt BEREC, dass eine Reihe früherer and New Issues of NGA Roll-Out“ BEREC-Vorschläge in den Empfehlungsentwurf Eingang gefunden haben. So enthielten frühere Entwurfsfassungen Der im Februar 2011 vorgelegte Bericht „Next Genera- noch mechanistische Kriterien zur Festlegung der Bedin- tion Access – Collection of Factual Information and New gungen, wann Kostenorientierung anzuwenden sei sowie Issues of NGA Roll-Out”48 stellt eine Aktualisierung der zur Festlegung beträchtlicher Marktmacht. Länderfallstudien aus dem Jahr 200949 dar. Die Antwor- ten von Regulierungsbehörden aus 27 Ländern zu einem BEREC betont, dass die Auferlegung von Abhilfemaß- umfangreichen Fragebogen bildeten die Grundlagen für nahmen in jedem Falle eine gründliche Marktanalyse so- den neuen Bericht. Ziel des Fragebogens war es u. a., ak- wie die Feststellung beträchtlicher Marktmacht auf dem tuelle Entwicklungen zum Ausbau von NGA-Netzen von betreffenden Markt durch die NRB voraussetzt. Die auf- Incumbents (also den ehemaligen Monopolisten) und erlegten Verpflichtungen müssen zudem dem aufgetrete- Wettbewerbern zu identifizieren (tatsächlicher sowie ge- nen Problem entsprechen, angemessen und gerechtfertigt planter Netzausbau) und den Status des Breitband-Aus- sein, so wie dies im EU-Regulierungsrahmen gefordert baus vor dem Hintergrund der Digitalen Agenda der EU- wird. Daher benötigen die Regulierer hinreichende - Kommission zu beleuchten. Die Fragen zu den Vorleis- räume bei ihren Entscheidungen, um nationale Gegeben- tungsprodukten orientierten sich am Konzept der Investi- heiten berücksichtigen zu können. Andernfalls besteht die tionsleiter. Die regulatorischen Fragen zielten dabei auf Gefahr, dass keine Konsistenz zwischen dem EU-Regu- eine erste Einschätzung, in welchem Maße die NGA- lierungsrahmen und der NGA-Empfehlung gegeben ist. Empfehlung der EU-Kommission bereits jetzt in regula- Auch solle das Prinzip der Investitionsleiter stärker in der torischen Entscheidungen Berücksichtigung gefunden Empfehlung verankert werden. Diese Forderungen von hat. Es hat sich auch gezeigt, dass inzwischen viele Län- BEREC sind in die endgültige NGA-Empfehlung einge- der einen Migrationspfad in Richtung NGA vorsehen. flossen. Die meisten Länder haben nationale Initiativen und Maß- Im Detail weist BEREC in seiner Stellungnahme darauf nahmen zur Förderung von Breitband der nächsten Gene- hin, dass das Investitionsrisiko durch einen in die Kapital- ration ergriffen. Typischerweise enthalten diese Initiati- kosten eingerechneten Risikoaufschlag abgebildet wer- ven und Maßnahmen Zielsetzungen, beispielsweise für den solle. Bei der Bestimmung des Risikoaufschlags sei Deutschland einen Versorgungsgrad von 75 Prozent der keine a-priori-Klassifizierung von Risiken angebracht; Bevölkerung mit einer Bandbreite von mindestens vielmehr sei eine Einzelfallbetrachtung notwendig. Inso-

48 Vgl. BoR (11) 06. 47 Vgl. BoR (10) 25 rev1_final. 49 Vgl. ERG (09) 17b. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67 – Drucksache 17/8246

50 Mbit/s bis zum Jahr 2014. In der Mehrzahl der Mit- Long Term Termination Issues” veröffentlicht.50 Das gliedstaaten liegt die Zielbandbreite zwischen 50 und Common Statement hatte die Identifizierung eines lang- 100 Mbit/s. Die „Digitale Agenda für Europa“, eine von fristig geeigneten Abrechnungssystems für Terminie- sieben Leitinitiativen des Programms „Europa 2020“ der rungsleistungen in Next Generation Networks zum Ziel. EU-Kommission, sieht ein Ziel von 30 Mbit/s für die ge- In das Papier flossen auch die Ergebnisse einer umfang- samte Bevölkerung bis 2020 vor. reichen Konsultation von BEREC ein, zu der 30 Unter- nehmen und Institutionen Beiträge lieferten.51 Im Rah- In vielen Ländern liegt der Zielzeitraum für die Realisie- men der Untersuchung wurden sowohl statische und auch rung von Hochgeschwindigkeitsinternet in den Jahren dynamische Wohlfahrtseffekte analysiert als auch das zwischen 2015 und 2020. Der Fokus liegt in der Regel Ziel der Vereinfachung von Regulierung berücksichtigt. auf der Versorgung von ländlichen bzw. unterversorgten Gebieten. Die nationalen Breitbandstrategien sehen übli- Bislang existieren zwei unterschiedliche Abrechnungs- cherweise eine Versorgung von (fast) 100 Prozent der Be- systeme parallel. Calling Party’s Network Pays (CPNP) völkerung mit Basis-Internet vor, wobei dieses Ziel oft- für die Sprachterminierung bei der Zusammenschaltung mals bereits bis Ende 2010 anvisiert war. Diese Vorhaben im klassischen leitungsvermittelten Telefonnetz (PSTN) zielen auf die Verringerung der digitalen Spaltung ab. Öf- und Mobilfunknetzen bzw. Bill and Keep für IP-Netze. fentliche Gelder zur Erschließung insbesondere ländli- Der Übergang zu Multi-Service-Netzen der nächsten Ge- cher Gebiete stehen in vielen Ländern zur Verfügung. neration (NGN) auf Basis des IP-Protokolls bietet die Darüber hinaus gibt es einige Mitgliedstaaten, die Exper- Chance, ein einheitliches Abrechnungssystem einzufüh- tengruppen errichtet haben, um die Entwicklung von ren und damit auch mögliche Arbitrageprobleme (Aus- NGA-Netzen voranzutreiben und praktische Herausfor- nutzung von Preisunterschieden) zwischen regulierten derungen (z. B. zur Migration) zu bewältigen. Hierzu und unregulierten Diensten zu vermeiden. zählt auch Deutschland. In einigen Ländern haben die Re- gulierungsbehörden bzw. Regierungen die Rolle über- Die Migration zu NGN sowie das Wachstum bei den Da- nommen, Koordinationsprobleme beim Infrastrukturaus- tendiensten bewirken, dass die Kosten für die Sprach- bau zu überwinden oder vorhandene Nachfrage zu übertragung pro Minute sinken. Damit verringern sich bündeln. Exemplarisch sei hier auf den Infrastrukturatlas nicht nur die Kostenunterschiede zwischen Fest- und Mo- in Deutschland hingewiesen. bilfunknetzen. Gleichzeitig reduziert sich der Unterschied Die Unterschiede zwischen den Ländern beim Stand des zwischen den beiden Systemen CPNP und Bill and Keep. NGA-Ausbaus sind auf Unterschiede bei Faktoren wie Dies würde eine Migration zu Bill and Keep erleichtern. etwa dem Ausmaß des Infrastrukturwettbewerbs, Kosten (Bevölkerungsdichte, Topologie) oder Ausbaustrategien Ein Vorteil von Bill and Keep besteht in der Vermeidung der Anbieter zurückzuführen. Im Vergleich zu den Län- der Ausnutzung des Terminierungsengpasses. Ferner ver- derfallstudien aus dem Jahr 2009 sind Fortschritte beim größern sich die Anreize zur Kostenminimierung, wenn Breitbandausbau festzustellen. In einigen Ländern hat Kosten über wettbewerbliche Endkundenmärkte statt sich der Fokus von VDSL in Richtung FTTH/FTTB ver- über regulierte Vorleistungsmärkte abzudecken sind. Bill lagert (z. B. in Deutschland, Italien, Niederlande). Für and Keep trägt auch zur Verringerung regulatorischer eine abschließende Beurteilung in Bezug auf die Umset- Kosten bei und reduziert Unsicherheiten. Davon profitie- zung der nationalen Breitbandziele ist es jedoch noch zu ren alle Marktteilnehmer. früh, da die nationalen Breitbandpläne zumeist erst 2009 bzw. 2010 ins Leben gerufen wurden und die NGA-Ziele Es wird erwartet, dass Bill and Keep zu einer höheren mittelfristiger Natur sind. Pro-Kopf-Nutzung und zu niedrigeren Durchschnittsprei- sen pro Minuten führt. Zwar ist es theoretisch denkbar, Während sich die Länder einerseits ehrgeizige Ausbau- dass Bill and Keep zu einer geringfügig niedrigeren Mo- und Bandbreitenziele gesetzt haben, ist zu beobachten, bilfunkpenetration führt, jedoch gibt es hierfür keine ein- dass in fast allen Ländern die tatsächliche Nachfrage nach deutigen empirischen Belege. Wichtiger erscheint viel- Hochgeschwindigkeits-Breitbanddiensten deutlich hinter mehr, dass Bill and Keep tendenziell zu einer höheren der bereits erreichten Erschließung mit NGA-Netzen zu- Nutzung und zu niedrigeren Preisen führt. Dafür sprechen rückbleibt. Dies dürfte u. a. darauf zurückzuführen sein, theoretische und empirische Gründe. Wie sich Bill and dass die Bereitschaft der Kunden begrenzt ist, für einen Keep für unterschiedliche Anbietertypen auswirkt, lässt Hochgeschwindigkeitsanschluss mehr zu bezahlen. Das sich nicht verallgemeinernd sagen, sondern hängt vor al- gilt insbesondere dann, wenn die Kunden bereits mit ih- lem vom individuellen Verhältnis des eingehenden zum ren derzeitigen Breitbandanschlüssen Dienste und An- ausgehenden Verkehr eines Betreibers ab. Zu erwarten ist wendungen in hinreichender Qualität nutzen können. aber, dass die Wettbewerbsbalance zwischen Festnetz- Hinzu kommt, dass es bislang kaum Anwendungen gibt, und Mobilfunknetzbetreibern sich verändern würde. die Bandbreiten von 50 oder sogar 100 Mbit/s voraussetzen.

50 Vgl. BoR (10) 24. Inhaltlich knüpft das Common Statement an frühe- 7.5 Common Statement Charging re ERG-Veröffentlichungen zur IP-Zusammenschaltung an: „ERG Mechanisms Common Statement on Regulatory Principles of IP-IC/NGN Core. A Program Towards a Common Position” (ERG (08) 26) sowie “Report Im Mai 2010 hat BEREC das „Common Statement on on IP-Interconnection” (ERG (07) 09). Next Generation Networks Future Charging Mechanisms/ 51 Vgl. Anhang BoR (10) 24 b. Drucksache 17/8246 – 68 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

BEREC geht davon aus, dass Bill and Keep neutral in Be- auf die vereinbarte Obergrenze beschränkt. Seit Juli 2010 zug auf die Investitionsanreize wäre. Ebenso wenig wird gilt dieses Limit automatisch für alle Kunden, die sich erwartet, dass es zu einer Qualitätsverschlechterung bei nicht für eine andere oder generell gegen eine Obergrenze Sprachdiensten käme, da ein terminierender Netzbetrei- entschieden haben. Weiterhin schreibt die Verordnung ber einen Anreiz hat, eine gute Sprachqualität für seine vor, dass die Einrichtung, Änderung oder Löschung einer eigenen Kunden zu gewährleisten, bei denen das Ge- Obergrenze für die mobile Datennutzung jederzeit und spräch ankommt. Aus praktischer Sicht könnte eine Ein- entgeltfrei möglich sein und seit dem 1. November 2010 führung von Bill and Keep zwar zu einer Subventionie- vom jeweiligen Anbieter innerhalb eines Werktags umge- rung derjenigen Länder führen, in denen weiterhin CPNP setzt werden muss. bestünde. Allerdings wäre dieser Effekt umso niedriger, je geringer die Unterschiede in den Terminierungsentgel- Das Telefonieren für Endkunden im sog. Eurotarif ist im ten zwischen zwei Ländern sind. Vergleich zu den Vorjahren erneut günstiger geworden: Im Juli 2010 wurden die maximal zulässigen Preise für Insgesamt betrachtet BEREC auf lange Sicht Bill and Endkunden im Eurotarif weiter abgesenkt; so kosteten ab- Keep im Vergleich zu CPNP als das vielversprechendere gehende Gespräche höchstens 0,39 Euro pro Minute (je- System für die (Sprach-)Terminierung. Eine strikte An- weils zzgl. Mehrwertsteuer), eingehende Gespräche wendung der Kostenorientierung in kurz-/mittelfristiger höchstens 0,15 Euro pro Minute. Für Roaming-SMS dür- Sicht im derzeitigen CPNP-System wird als wesentlicher fen seitdem nicht mehr als 0,11 Euro berechnet werden. Schritt in Richtung Bill and Keep gesehen. Ebenso wurden die Vorleistungsentgelte für das Daten- Während die ökonomische Analyse Bill and Keep lang- Roaming von 1,00 Euro pro MB auf 0,80 Euro pro MB fristig als vielversprechender ansieht, hängt die abschlie- gesenkt. Im Juli 2011 erfolgte die nächste Preisanpas- ßende Beurteilung durch eine Regulierungsbehörde von sung: Abgehende Gespräche der Endkunden dürfen seit- den länderspezifischen Umständen und der jeweiligen dem nicht mehr als 0,35 Euro pro Minute und eingehende Einschätzung der spezifischen Effekte von Bill and Keep Gespräche nicht mehr als 0,11 Euro pro Minute kosten. ab. Insofern können verschiedene Länder zu unterschied- Die Vorleistungsentgelte für Daten-Roaming sind auf lichen Bewertungen kommen. Jede Systemveränderung 0,50 Euro pro MB gesenkt worden. Mit der letzten Maß- induziert gewisse Unsicherheiten. Allerdings sind im nahme sollte erreicht werden, dass die Anbieter die nied- Zuge des Konvergenzprozesses in Richtung von Multi- rigeren Einkaufspreise an die Verbraucher weitergeben, Service IP-Netzen ohnehin alle Elemente eines Zusam- um somit das Preisniveau auch für die Endkunden indi- menschaltungsregimes einschließlich des zukünftigen rekt abzusenken. Insbesondere für kleinere Anbieter ver- Abrechnungsregimes anzupassen. Der Übergangsprozess größert sich außerdem der Spielraum für attraktive Tarife wäre von den Regulierungsbehörden unter Berücksichti- beim Daten-Roaming. gung der jeweiligen nationalen Umstände und rechtlicher Aspekte sorgfältig auszugestalten. Laut der Roaming-Verordnung ist es Aufgabe der jeweili- gen NRB, die Einhaltung der Vorschriften aus der Ver- 8. International Roaming ordnung zu überwachen und ggf. einzuschreiten. Dies- bezüglich gingen bei der Bundesnetzagentur im 8.1 Roaming-Verordnung Berichtszeitraum nur sehr sporadisch Beschwerden sei- tens der Endkunden ein, wobei ein Teil davon sich auch Die seit dem Jahr 2007 geltende und 2009 erweiterte eher auf Verständnisprobleme beschränkte. Allerdings Roaming-Verordnung52 brachte für die Jahre 2010 zeigte sich, dass insbesondere die Einrichtung der Ober- und 2011 einige Neuerungen für den Mobilfunkmarkt mit grenze beim Daten-Roaming eine Herausforderung für sich. Seit März 2010 müssen Mobilfunkbetreiber ihren die Mobilfunkanbieter darstellte. So können seit Einfüh- Kunden anbieten, Datenverbindungen im EU-Ausland ab rung dieser Obergrenze einige Prepaid-Kunden im EU- einem bestimmten Betrag unterbrechen zu lassen, um die Endkunden vor zu hohen Rechnungen zu schützen. Dabei Ausland nur noch dann mobil ins Internet gehen, wenn sind verschiedene Obergrenzen möglich, wobei auf jeden sie auf die regulierte Obergrenze und somit die Schutz- Fall eine Obergrenze in Höhe von 50 Euro (zzgl. Mehr- maßnahmen verzichten (wobei die Roaming-Verordnung wertsteuer) verfügbar sein muss. Sobald der Kunde die Möglichkeit, dass ein Endkunde explizit auf die 80 Prozent der vereinbarten Grenze erreicht, muss er eine Schutzmaßnahmen verzichten kann, auch ausdrücklich Information darüber auf das Gerät erhalten, das er zum vorsieht), da deren Einrichtung im Verhältnis zu den er- mobilen Surfen nutzt, z. B. sein Handy oder sein Note- zielten Umsätzen unverhältnismäßig teuer sei. Allerdings book. Ist die Obergrenze zu 100 Prozent erreicht, erhält ist dabei zu bedenken, dass für Prepaid-Kunden per se der Kunde eine weitere Nachricht, die darüber hinaus schon immer ein Schutzmechanismus vorhanden war. Da Einzelheiten enthält, wie er ggf. die Datennutzung fortset- lediglich der aktiv im Vorfeld aufgeladene Guthabenbe- zen kann. Die Datenverbindung wird unterbrochen, wenn trag verbraucht werden kann, besteht, im Gegensatz zu der Kunde nicht aktiv auf diese Mitteilung reagiert, also Postpaid-Kunden, keine Gefahr von unerwartet hohen nicht anzeigt, dass er weitersurfen möchte. Dadurch wird Rechnungen. Nicht zuletzt auch aufgrund der engen Zu- sein monatlicher Rechnungsbetrag für die Datennutzung sammenarbeit der Bundesnetzagentur mit der EU-Kom- mission zu dieser Problematik wurde bei der Überarbei- tung der Roaming-Verordnung (s. u.) ein Passus in den 52 Vgl. Verordnung (EG) Nr. 544/2009. Verordnungsentwurf aufgenommen, wonach für Prepaid- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 69 – Drucksache 17/8246

Kunden keine regulierten Obergrenzen beim Daten-Roa- schiede in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu sehen ming mehr vorgeschrieben sind.53 waren. Im Oktober 2011 erschien der achte Roaming-Report57 8.2 BEREC International Roaming – und analysierte die Daten des ersten Halbjahres 2011. Es Stellungnahmen und Analysen zeigten sich hinsichtlich der vorhergehenden Berichte Wie in den Vorjahren überwachte BEREC auch 2010 und kaum Veränderungen. Beim Eurotarif für Sprach- und 2011 die Einhaltung der Roaming-Verordnung durch die SMS-Dienste verharrten die Durchschnittspreise weiter- Mobilfunknetzbetreiber und sonstige Anbieter von Roa- hin genau auf oder nur leicht unterhalb der regulierten ming-Dienstleistungen. Hierzu hat BEREC umfangreiche Preisobergrenzen. Lediglich bei den Daten-Roaming- Datenerhebungen durchgeführt und im Jahr 2010 sowie Diensten war nun im Hinblick auf die Einführung einer 2011 jeweils fünf Berichte zur Roaming-Entwicklung Preisobergrenze für derartige Angebote im Jahr 2012 ein vorgelegt. sich fortsetzender Abwärtstrend im Vergleich zu den Vor- jahren zu erkennen. Halbjährlich werden im Roaming Report die Entwicklung der Roamingpreise sowie Minuten- und Datenvolumen Die Mobilfunkbetreiber haben nach der Roaming-Verord- auf Vorleistungs- sowie Endkundenebene erfasst. Der nung auch weiterhin die Möglichkeit, alternative – d. h. fünfte Roaming-Report wurde im April 2010 veröffent- unregulierte – Endkundentarife für Sprache, SMS und licht54 und erstreckte sich über den Zeitraum vom April Daten anzubieten. Diese wurden im Alternative Tariffs bis Dezember 2009. Der Bericht deckt zum ersten Mal, Report58 abgefragt, der das erste Mal im März 2010 er- seitdem die neue Roaming-Verordnung zum 1. Juli 2009 schienen ist. Insgesamt zeigte sich, dass den Endkunden in Kraft getreten ist, eine vollständige Sommerreisesaison in der EU eine Vielzahl von Tarifen zur Verfügung steht. ab. Insbesondere beinhaltet der Bericht erstmalig einen Der Bericht verzeichnete über 330 Tarife von mehr als Vergleich der Preise für Roaming-SMS und -Daten- 70 Betreibern in insgesamt 24 Mitgliedstaaten. Eine er- dienste sowie den Umfang des von Roaming-Kunden neute Erhebung der alternativen Roaming-Tarife59 wurde „verbrauchten“ Datenvolumens. im Februar 2011 veröffentlicht und erstreckte sich über den Zeitraum von Juli bis September 2010. Der Bericht Der sechste Roaming-Report55 vom Oktober 2010 unter- kam zu dem Schluss, dass im Vergleich zum letzten Erhe- suchte die Entwicklung der Roaming-Preise der ersten bungszeitraum die Anzahl der alternativen Tarife um Jahreshälfte 2010. Der durchschnittliche Eurotarif be- mehr als 144 Prozent von 330 auf 806 bei gleicher Anbie- wegte sich in diesem Zeitraum in den meisten Mitglied- teranzahl gestiegen war. Der größte Anstieg wurde dabei staaten genau auf oder knapp unter der festgelegten Ober- bei den Datentarifen und unregulierten Sprachtarifen fest- grenze. Die Preise für Euro-SMS befanden sich nahe der gestellt. regulierten Obergrenze mit einem leichten Abwärtstrend. Die Vorleistungsentgelte für Sprach- und Daten-Roaming 8.3 Überarbeitung der Roaming-Verordnung sind ebenso gesunken und befanden sich jeweils unter den regulierten Preisobergrenzen. Die gesunkenen Vor- Ein weiterer Schwerpunkt der BEREC-Tätigkeit lag ne- leistungsentgelte für das Daten-Roaming haben sich aller- ben der Überwachung der Einhaltung der Verordnung dings nicht auf die Endkundenpreise ausgewirkt. Dabei (vgl. etwa den Compliance Report60 vom März 2010) auf stieg im zweiten Quartal 2010 das Datenvolumen im Ver- der Evaluierung der Ergebnisse mit Blick auf die anste- gleich zum Vorjahresquartal erheblich um 50 Prozent an. hende Reform der Roaming-Verordnung. BEREC veröf- fentlichte hierzu am 8. Dezember 2010 einen Bericht über Der siebte Roaming-Report56 erschien im Mai 2011 und die zukünftige Ausgestaltung des Roamingmarkts sowie erstreckt sich über den Zeitraum von Juli bis Vorschläge über alternative Maßnahmen unter Berück- Dezember 2010. Der durchschnittliche Eurotarif auf End- sichtigung der gegenwärtigen Verhältnisse auf den Roa- kundenebene bewegte sich auch in der zweiten Jahres- mingmärkten und technologischen Entwicklungen.61 Die hälfte auf oder knapp unter den festgelegten Preisober- Berichtsempfehlungen beschränkten sich auf den Zeit- grenzen. Der durchschnittliche Preis für abgehende sowie raum von Juli 2010 bis Juni 2015, verbunden mit dem ankommende Gespräche bei den alternativen Tarifen da- Vorschlag einer Neubewertung zum Juni 2014. gegen stieg im Vergleich zu den Durchschnittspreisen der zweiten Jahreshälfte 2009. Zum ersten Mal waren die BEREC sprach sich für eine Beibehaltung der Price-Cap- Durchschnittspreise für unregulierte Tarife höher als für Regulierung mit der bisherigen Gleitpfadregelung aus. regulierte Tarife; diese Veränderungen können an Ände- Danach sollten der Roamingmarkt und alternative Maß- rungen innerhalb der Tarifstrukturen liegen. Für mobile nahmen erneut untersucht werden. Als mögliche Alterna- Datendienste im EU-Ausland konnte ein leichter Abwärts- tiven zum Sprachroaming auf der Endkundenebene wur- trend bei den durchschnittlichen Endkundenpreisen be- den verschiedene Tarifmodelle analysiert, die sich auf die obachtet werden, auch wenn noch erhebliche Unter- Auswahl günstigerer Anbieter bzw. Tarife im Ausland

53 Vgl. Artikel 15 Absatz 1 des Vorschlags der EU-Kommission (COM 57 Vgl. BoR (11) 51. (2011) 402). 58 Vgl. BoR (10) 13. 54 Vgl. BoR (10) 20. 59 Vgl. BoR (11) 08. 55 Vgl. BoR (10) 50. 60 Vgl. BoR (10) 12. 56 Vgl. BoR (11) 21. 61 Vgl. BoR (10) 58. Drucksache 17/8246 – 70 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode stützen („Carrier Select“, „Roam like at Home“, „Roam Ferner soll der bisherige Ansatz eines Gleitpfads von re- like a Local“). Ferner sollte die Einführung einer Endkun- gulierten Preisobergrenzen beibehalten werden. Auf Vor- denpreisregulierung beim Daten-Roaming weiter unter- leistungsebene würden somit die Preisobergrenzen für sucht werden. Sprache, SMS sowie Daten und auf Endkundenebene für Sprache und SMS weitergeführt. Auf der Endkunden- Zeitgleich mit der Veröffentlichung des BEREC-Berichts ebene würde zudem ein Safeguard-Cap für Datendienste leitete die EU-Kommission die EU-weite Konsultation eingeführt. Der Safeguard-Cap stellt eine Preisobergrenze zum Funktionieren der EU-Roamingvorschriften ein, die da, die den Kunden vor zu hohen Rechnungen schützen das Fundament für die Überprüfung der geltenden Roa- soll, gleichzeitig aber den Mobilfunkunternehmen genug ming-Verordnung bilden sollte, die die Kommission bis Raum für die eigene Produkt- und Tarifgestaltung lässt. Ende Juni 2011 abschließen musste. BEREC hat auf der Basis des Berichts vom 8. Dezember 2010 im Febru- Die Gleitpfadregulierung soll laut dem Vorschlag auf der ar 2011 eine Stellungnahme zu dieser Konsultation abge- Endkundenebene bis 2014 und auf der Vorleistungsebene geben, um konstruktiv die Weiterentwicklung der Roa- bis 2022 fortgesetzt werden. Auf Endkundenebene sollen mingvorschriften voranzubringen. die Preisobergrenzen zwischen 2014 und 2016 „eingefro- ren“ werden und ab 2016 bzw. 2022 automatisch entfal- Am 6. Juli 2011 veröffentlichte die EU-Kommission dann len. Es bestünde allerdings die Möglichkeit, die Preis- ihren Vorschlag62 für eine geänderte Roaming-Verord- obergrenzen bereits zu einem früheren Zeitpunkt nung. Diese soll zum 1. Juli 2012 in Kraft treten und mit abzuschaffen. Dazu müsste aber die Voraussetzung erfüllt einer Geltungsdauer bis zum 30. Juni 2022 langfristig an- sein, dass die Durchschnittspreise weniger als 75 Prozent gelegt sein. Daher beinhaltete der Entwurf der EU-Kom- der Preisobergrenzen betragen. Auf Endkundenebene mission als neue Kernpunkte zwei strukturelle Lösungs- wäre dies ab Inkrafttreten der Verordnung, auf Vorleis- ansätze. Zum einen schlug die EU-Kommission die tungsebene frühestens ab 2018 möglich. Einführung einer allgemeinen Zugangsverpflichtung auf Im August 2011 hatte BEREC eine Stellungnahme zu den Vorleistungsebene für virtuelle Mobilfunknetzbetreiber Vorschlägen der EU-Kommission zur Überarbeitung der (Mobile Virtual Network Operators, MVNOs) und Resel- Roaming-Verordnung abgegeben. BEREC äußerte sich ler vor, zum anderen entwickelte sie das Konzept einer darin insbesondere im Hinblick auf die neuen strukturel- Trennung des Angebotes von Roamingleistungen und an- len Lösungsansätze. So befürwortete BEREC die Einfüh- deren Leistungen (das sogenannte Decoupling). Die EU- rung einer allgemeinen Zugangsverpflichtung. Bereits bei Kommission bekräftigte im Konsultationsdokument der Analyse der verschiedenen Möglichkeiten im Dezem- nochmals ihr Ziel aus der Digitalen Agenda vom ber-Report wurde die Zugangsverpflichtung für MVNOs 63 Mai 2010 , bis zum Jahr 2015 die Differenz zwischen als mögliche Alternative eingestuft. Allerdings konzent- nationalen und Roaming-Entgelten gegen Null sinken zu rierte sich diese Möglichkeit auf die sog. Full-MVNOs, lassen. Eine Überprüfung der Verordnung durch die EU- die einen größeren Anteil eigener Netzelemente besitzen Kommission ist bis spätestens 30. Juni 2015 vorgesehen. als MVNOs. BEREC fordert daher, bei der Preisgestal- Mit der allgemeinen Zugangsverpflichtung auf der Vor- tung zwischen Full-MVNOs, MVNOs und Resellern ohne eigenes Netz zu differenzieren, um der unterschied- leistungsebene sollen die Mobilfunknetzbetreiber dazu lichen Kostenstruktur Rechnung zu tragen und somit verpflichtet werden, allen MVNOs und Resellern Zugang Wettbewerbsverzerrungen vermeiden zu können. zu Roamingvorleistungen zu gewähren. Für das Zugangs- entgelt wird die jeweilige Preisobergrenze auf Vorleis- In seinem Bericht vom Dezember 201064 hatte BEREC tungsebene zugrunde gelegt. Die entsprechenden Access verschiedene Carrier-Preselect-Lösungen ausführlich un- Guidelines sind von BEREC zu erstellen. tersucht und war zu dem Ergebnis gekommen, dass der- zeit keine Lösung ohne weitreichende Investitionen ein- Das Decoupling soll dem Kunden darüber hinaus die geführt werden könnte. Die technischen Probleme sowie Möglichkeit bieten, für Roaming-Dienste einen anderen der finanzielle Aufwand für die Implementierung würden Anbieter als seinen Heimatanbieter auswählen zu können. den dadurch erzielbaren Nutzen für die Nutzer nicht Dabei soll der Kunde seine Rufnummer behalten und die rechtfertigen, weswegen BEREC keine technischen Ab- SIM-Karte nicht wechseln müssen. Angedacht ist eine hilfemaßnahmen als strukturelle Lösung empfohlen hatte. „Zwei-Profil-Lösung“ (sog. Dual-IMSI-Lösung), bei dem die SIM-Karte zusätzlich mit einem „EU-Roaming-Pro- Im Rahmen der Stellungnahme zu den Vorschlägen der fil“ ausgestattet ist. BEREC soll die technischen Guide- EU-Kommission vom 6. Juli 2011 analysierte BEREC lines in Zusammenarbeit mit der EU-Kommission und außerdem nochmals speziell die Dual-IMSI-Lösung und den verschiedenen Interessengruppen (vor allem den Mo- kam dabei zum selben Ergebnis wie im Dezember 2010. bilfunknetzbetreibern) erarbeiten. Die Implementierung Demzufolge überwiegen die technischen Schwierigkeiten dieser technisch anspruchsvollen Lösung soll bis spätes- bei Weitem den Kundennutzen. In der Konsequenz aus tens 1. Juli 2014 erfolgt sein. dieser Erkenntnis empfahl BEREC, dass keine spezielle technische Vorgehensweise dem Markt vorgegeben wer- den sollte. Vielmehr müsste den Marktteilnehmern und 62 Vgl. Vorschlag der EU-Kommission (COM (2011) 402). 63 Vgl. Mitteilung der EU-Kommission „A Digital Agenda for Europe“ (COM (2010) 245). 64 Vgl. BoR (10) 58. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 71 – Drucksache 17/8246 somit hauptsächlich den Mobilfunkunternehmen die den, die sowohl aus markt- als auch aus frequenzregulato- Möglichkeit gegeben werden, von sich aus eine techni- rischer Sicht analysierenswert sind. Mit den sche Lösung zu erarbeiten. verabschiedeten Berichten „Joint RSPG-BEREC Activity on Competition Issues – Transitional Issues in the Mobile Bereits im o. a. Bericht vom Dezember 2010 hatte Sector in Europe“ (Juni 2010)67 und „Joint RSPG- BEREC die Weiterführung der Preisobergrenzen vorge- BEREC Activity on Competition Issues – Third Report schlagen; auch die EU-Kommission hatte eine Fortset- on the Impact of Technological and Market Evolution on zung dieser Herangehensweise nun in ihren Empfeh- Market Definitions: The Case of Spectrum“ (Februar lungsentwurf aufgenommen. In der neuen Stellungnahme 2011)68 schloss die Gruppe diese Analyse erfolgreich ab. hatte BEREC bei einigen Diensten allerdings noch niedri- gere Preisobergrenzen empfohlen, da der von der EU- Im Juni 2011 legte die Gruppe ihren Bericht zur gemein- Kommission vorgesehene Abstand zwischen Vorleis- schaftlichen Nutzung von Infrastruktur und Frequenzen tungspreisobergrenzen und Endkundenpreisobergrenzen im mobilen Sektor („Infrastructure and Spectrum Sharing unverhältnismäßig hoch (4- bis 5-facher Wert) erscheint. in Mobile/Wireless Networks“69) vor. Alle Berichte sind Zudem sollte aus der Sicht von BEREC der relevante sowohl auf der BEREC-70 als auch der RSPG-Website71 Wert, ab dem die Preisobergrenzen entfallen könnten, bei veröffentlicht. etwa 50 Prozent der regulierten Höchstpreise angesetzt werden. Die Erarbeitung eines Berichtes über den ökonomischen und sozialen Wert von Spektrum („Economic & Social Die Einführung eines Safeguard-Caps für Daten-Roa- ming auf der Endkundenebene wurde von BEREC mehr- Value of Spectrum”) bildete im Jahr 2011 den Schwer- heitlich befürwortet. Freilich gab es Ende 2010 in einigen punkt der Tätigkeit der Arbeitsgruppe. Ziel dieses Berich- Ländern – beispielsweise in Deutschland – zunehmend tes war es, Erfahrungen darüber auszutauschen, wie der Bewegung im Markt für Daten-Roaming-Dienste, und ökonomische und soziale Wert von Frequenzen unter Be- neue Tarife wurden von den Mobilfunkunternehmen ein- achtung der Frequenzzuteilungen in den einzelnen Mit- geführt, doch wurde diese Entwicklung in anderen Mit- gliedstaaten ermittelt werden kann. Der Bericht wird vo- gliedstaaten nicht oder nur in geringerem Maße beobach- raussichtlich im Frühjahr 2012 abgeschlossen werden. tet, so dass im Schnitt auf Gemeinschaftsebene die Preise für mobile Daten-Roaming-Dienste immer noch sehr 10. Zukunft des Universaldienstes hoch lagen. Der Safeguard-Cap wurde daher auch von BEREC als geeignetes Mittel betrachtet, um sowohl das Zur Zukunft des Universaldienstes verabschiedete Schutzbedürfnis der Endkunden als auch die unternehme- BEREC im Jahr 2010 eine Stellungnahme und brachte rische Freiheit der Mobilfunkunternehmen, eigene inno- sich damit in die EU-weite Konsultation der EU-Kom- vative Produkte zu entwickeln, miteinander zu vereinba- mission zu diesem Thema ein. In dem BEREC-Bericht ren. Die Stellungnahme von BEREC wurde der KOM am zum Universaldienst72 wurde zudem ein Überblick über 29. August 2011 übermittelt und ist auch auf der BEREC- die jeweiligen Universaldienstsysteme in den BEREC- Website veröffentlicht. Ländern gegeben und die verschiedenen nationalen Pläne zur Breitbandförderung sowie ihr Verhältnis zum Univer- Zu Redaktionsschluss befand sich der Verordnungsent- saldienst wurden beleuchtet. wurf in der ersten Lesung im Europäischen Parlament, das, ebenso wie die EU-Mitgliedstaaten, für ein Inkraft- Im Jahr 2011 schließlich hat die EU-Kommission einen treten zustimmen muss. 65 ersten Entwurf für eine Empfehlung zum Universaldienst erarbeitet, die u. a. Kriterien für die mögliche Einbezie- 9. Gemeinsame BEREC/RSPG- hung des Breitbandanschlusses aufstellt. Hierbei hätten Arbeitsgruppe die Mitgliedstaaten insbesondere die Gesamtanzahl der Haushalte mit Breitbandnutzung (min. 50 Prozent) zu be- Die Joint BEREC/RSPG WG ist eine gemeinsame Ar- rücksichtigen sowie den prozentualen Anteil der Nutzer, beitsgruppe von BEREC und der Radio Spectrum Policy die die gewählte Bandbreite oder eine höhere Bandbreite 66 Group , die sich mit den wettbewerblichen Aspekten der nutzen (min. 80 Prozent). Der Entwurf enthielt zudem Liberalisierung der Frequenznutzung innerhalb der EU Vorgaben für die Vergabeverfahren (z. B. kein a priori- beschäftigt. Ziel der Arbeit dieser Gruppe ist die Identifi- Ausschluss einzelner Unternehmen) oder zur Bestim- kation der so genannten „Best Practices“ in den EU-Mit- mung der Nettokosten. Zudem wurden Änderungen bei gliedstaaten. den Finanzierungsvorgaben vorgeschlagen; so war etwa Die Zusammenarbeit zwischen BEREC und RSPG be- keine Verpflichtung für Unternehmen mit weniger als gann im Jahr 2008, als Themenbereiche identifiziert wur- fünf Millionen Euro Jahresumsatz vorgesehen oder eine Deckelung der Höhe der Universaldienstabgabe bei maxi-

65 Vgl. BoR (11) 46. 66 Die RSPG ist ein Beratungsgremium, das die EU-Kommission in Be- 67 Vgl. RSPG10-351 Final. zug auf die europäische Frequenzpolitik unterstützt. Sie wurde im 68 Vgl. RSPG10-335 Final. Jahr 2002 durch die Kommissionsentscheidung 622/2002 gegründet 69 Vgl. RSPG10-374 Final. und kann seit der Änderung der Entscheidung im Jahr 2009 auch auf 70 Vgl. http://berec.europa.eu/documents/index_en.htm. Anfrage des Europäischen Parlaments oder des Rats beratend tätig 71 Vgl. http://rspg.groups.eu.int/rspg_opinions/index_en.htm. werden. 72 Vgl. BoR (10) 33. Drucksache 17/8246 – 72 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode mal 0,40 bis 0,65 Prozent des Umsatzes eines Einzelun- terminierungsentgelte (Mobile Termination Rates – ternehmens. „MTR“) der Mitgliedstaaten des Gremiums erfasst. Im ersten Bericht aus dem Jahr 2010 befand sich Deutsch- Die EU-Kommission hatte entsprechend dem allgemei- land mit ungefähr 6,4 Cent pro Minute im Mittelfeld und nen Beratungsverfahren zu dem Entwurf eine Diskussion bewegte sich – aufgrund zwischenzeitlich gesenkter MTR im Kommunikationsausschuss (COCOM) eingeleitet und in anderen Staaten – im zweiten Halbjahr 2010 im hinte- die Mitgliedstaaten zu einer Sitzung eingeladen. Parallel ren Viertel. Nach der letzten MTR-Entscheidung der dazu wurde BEREC von der EU-Kommission um eine Bundesnetzagentur, zunächst im Rahmen einer vorläufi- kurzfristige Stellungnahme zum Entwurf gebeten. gen Entgeltgenehmigung Ende November 2010 und ab- BEREC hat am 8. Juli 2011 mit einem Schreiben an die schließend mit einer endgültigen Genehmigung im EU-Kommission (veröffentlicht auf der BEREC-Website) Februar 2011, konnte Deutschland seine Position im Ver- geantwortet, dass es den Entwurf noch nicht für kommen- gleich zu den anderen Ländern deutlich verbessern und tierungsreif halte und zu einem späteren Zeitpunkt von findet sich mit nun durchschnittlich 3,4 Cent pro Minute seinem Stellungnahmerecht Gebrauch machen werde. im vorderen Fünftel wieder.

11. Sonstige BEREC-Veröffentlichungen Einmal jährlich veröffentlicht BEREC auch den Bericht zur Anwendung regulatorischer Kostenrechnungsmetho- BEREC veröffentlichte am 30. September 2010 eine Stel- den durch die NRB.78 lungnahme zur „Public Consultation on the Open Internet and Net Neutrality in Europe“ der EU-Kommission.73 Im Abschnitt B Rahmen einer Plenarsitzung von BEREC wurde am Entscheidungen im Rahmen der 29. September 2010 ein Workshop zum Thema Netzneu- Marktregulierung tralität durchgeführt. Dabei hat auch der Vorsitzende der amerikanischen Federal Communications Commission 1. Entlassung von Märkten aus der (FCC), Julius Genachowski, die aktuelle Diskussion zur sektorspezifischen Regulierung Netzneutralität in den USA sowie die in diesem Zusam- menhang seitens seiner Behörde ergriffenen Maßnahmen Bereits in den vergangenen Jahren hat die Bundesnetz- dargestellt. Die anschließende Diskussion befasste sich agentur schrittweise Märkte aus der Regulierung entlas- u. a. mit einem Vergleich der Situation in den USA und sen, sofern die Rahmenbedingungen gezeigt haben, dass Europa. auf den jeweiligen Märkten wettbewerbliche Strukturen entstanden sind und sich – ggf. auf Basis der Regulierung In Bezug auf die Neuregelungen des überarbeiteten von Vorleistungsmärkten – ausreichend gefestigt haben. Rechtsrahmens im Bereich der elektronischen Kommuni- Diese Entwicklung hat in Deutschland nicht erst mit der kation entwickelte BEREC einen Leitfaden zum neuen Ende 2007 in Kraft getretenen neuen Märkte-Empfehlung 74 Regulierungsinstrument der funktionellen Trennung , der Kommission begonnen, die eine Reduzierung der ur- der die neuen Gemeinschaftsvorgaben beleuchtet und sprünglich 18 festgelegten Märkte auf nur 7 Märkte vor- praktische Erfahrungen einzelner BEREC-Länder mit gesehen hat. Bereits vorher war es der Bundesnetzagentur diesem Instrument darstellt. Mit Blick auf die neuen Vor- möglich, einige Märkte aus der Regulierung zu entlassen. gaben widmete sich BEREC zudem einer Reihe von ver- braucherschutzrechtlichen Themen wie den Bedingungen Anfangs betraf die Deregulierung vor allem die Endkun- und Praktiken beim Anbieterwechsel75, Maßnahmen zur denmärkte, auf denen durch die erfolgreiche Vorleis- Förderung des Zugangs von behinderten Endnutzern76 tungsregulierung der Wettbewerb ausreichend abgesi- oder grenzüberschreitenden Aspekten des Zugangs zu chert wurde und dadurch auch die Interessen der Rufnummern und Diensten nach Artikel 28 der Univer- Verbraucher sichergestellt werden konnten. Nachdem be- saldienstrichtlinie.77 reits in anderen Bereichen eine Entlassung aus der Regu- lierung erfolgt war, unterliegt nunmehr auch der Markt Die EU-Kommission beabsichtigt ferner mit dem Ziel ei- für Mietleitungen für Endkunden bis einschließlich ner harmonisierten Rechtsanwendung auch in den Berei- 2 Mbit/s gemäß der Festlegung vom 26. Januar 2010 chen Nicht-Diskriminierung und regulatorische Kosten- nicht mehr der Regulierung. In diesem Markt waren im rechnung (Kostenmethoden für vier zentrale Rahmen der Prüfung des Drei-Kriterien-Tests weder das Zugangsprodukte) Empfehlungen nach Artikel 19 Rah- erste Kriterium (Vorliegen von beträchtlichen und anhal- menrichtlinie herauszugeben. Diese Arbeiten dauern an. tenden Marktzutrittsschranken) noch das dritte Kriterium BEREC wird sich in geeigneter Weise mit fachlichen (Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts nicht Kommentaren einbringen. ausreichend) erfüllt. Halbjährlich veröffentlicht BEREC den „MTR Bench- Von den Endkundenmärkten ist lediglich der für An- mark Snapshot“, der die durchschnittlichen Mobilfunk- schlüsse weiter regulierungsbedürftig, da er wegen der Zugangsmöglichkeit der Verbraucher zu Telekommunika- tionsdienstleistungen insgesamt eine besondere Bedeu- 73 Vgl. BoR (10) 42. 74 Vgl. BoR (10) 44. tung hat. Durch die Verpflichtung der Deutschen Telekom 75 Vgl. BoR (10) 34 rev1. 76 Vgl. BoR (10) 47. 77 Vgl. BoR (10) 62. 78 Vgl. BoR (10) 48. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 73 – Drucksache 17/8246

AG zur Betreiber(vor)auswahl ist es aber z. B. möglich den Unternehmen eingeholt wurden. Die Datenabfrage geworden, dass sich trotz einer (anfänglich noch überra- fand im Wesentlichen im 2. Halbjahr 2011 statt und bezog genden) beträchtlichen Marktmacht des Unternehmens sich auf den Zeitraum von 2008 bis 2010. Im Fokus stan- auf dem Anschlussmarkt wirksamer Wettbewerb auf den den dabei insbesondere die technischen und vertraglichen Verbindungsmärkten entwickeln konnte, weil die Ver- Neuerungen, die den Markt seit der letzten Festlegung der braucher mit einem Anschluss der Deutschen Tele- Präsidentenkammer im April 2009 beeinflusst haben. kom AG durch die entsprechende Vorwahl so auch Ver- Auf der technischen Seite sind dabei insbesondere solche bindungsleistungen dritter Anbieter auswählen konnten. Anschlüsse zu prüfen, die mit neueren Übertragungstech- Die Bundesnetzagentur konnte durch diese Abkoppelung nologien realisiert werden. So werden verstärkt An- wirksamen Wettbewerb auf den Verbindungsmärkten schlüsse auf Basis von Glasfaserleitungen eingesetzt, um schaffen bzw. absichern. hohe Übertragungsraten realisieren zu können. Auch Ka- Aber auch auf der Vorleistungsebene gibt es Bereiche, in belnetze, die ursprünglich für die Bereitstellung von denen eine weitere Regulierung nicht mehr erforderlich Fernsehdiensten eingerichtet worden sind, werden zuneh- ist. So unterliegt der Markt für Rundfunk-Übertragungs- mend auch für das Angebot von Telefonanschlüssen und dienste zur Bereitstellung von Sendeinhalten für Endnut- Internetdiensten verwendet. Insbesondere in ländlichen zer gemäß der Festlegung vom 7. Oktober 2010 nur noch Gegenden ist darüber hinaus das Angebot von stationären in dem Segment der Bereitstellung von terrestrischen Funklösungen in die Überlegungen miteinzubeziehen, Sendeanlagen für die Übertragung analoger UKW-Hör- mit deren Hilfe auch dort breitbandige Anschlüsse ange- funksignale der Regulierung. Während bereits in der ers- boten werden können, wo ein Ausbau der klassischen ten Runde der Marktuntersuchung alle sonstigen terrestri- Netzstrukturen bisher nicht erfolgt oder wirtschaftlich schen Übertragungsdienste aus der sektorspezifischen nicht attraktiv ist. Marktregulierung entlassen wurden, erfolgte dies nun für Als wichtigste Änderung bzw. Erweiterung im Bereich die Einspeisung von analogen und digitalen Rundfunk- der Vertragsgestaltung ist zu berücksichtigen, dass Tele- signalen in die einzelnen Breitbandkabelnetze (Einspeise- fonanschlüsse verstärkt in Paketen, also zusammen mit märkte) sowie für die Belieferung von Netzebene 4-Clus- einem Bündel anderer Dienstleistungen und Produkte an- tern mit Rundfunksignalen durch Kabelnetzbetreiber geboten werden. Hierbei kann es sich um Freiminuten einer vorgelagerten Ebene unabhängig von der Cluster- oder Flatrate-Tarife für Verbindungen handeln, aber auch größe (Signallieferungsmärkte). In diesen Bereichen er- um Internet- oder Fernsehdienste, die zusammen mit dem gab die Marktanalyse der Bundesnetzagentur, dass das klassischen Telefonanschluss vertrieben werden. dritte Kriterium des Drei-Kriterien-Tests nicht mehr er- füllt war, da eine zukünftige sektorspezifische Regulie- rung im Wesentlichen dem Maßnahmenkatalog des allge- 2.2 Erlass einer Regulierungsverfügung meinen Wettbewerbsrechts entsprechen würde. Mit der Regulierungsverfügung BK2c 09/002-R vom 25. Januar 2010 wurden die Deutsche Telekom AG und Nachfolgend werden die zwischenzeitlich, d. h. seit der alle mit ihr verbundenen Unternehmen dazu verpflichtet, Veröffentlichung des Tätigkeitsberichtes für die Jahre 2008/2009, erfolgten Entwicklungen auf den einzelnen Call-by-Call und Preselection unverzüglich auch bei IP- Märkten noch einmal eingehender dargestellt. Die Über- basierten Anschlüssen (sog. All-IP-Anschlüssen) zu er- möglichen. An der mit der Regulierungsverfügung sicht erfolgt differenziert nach den Märkten der neuen BK2a 06/001-R auferlegten Vorlagepflicht für AGB-Pro- Märkte-Empfehlung 2007 (Ziffer 2 bis 7) und den Märk- dukte und der Kenntnisgabepflicht für Individualverträge ten, die noch auf der Grundlage der Märkte-Empfehlung wurde nicht festgehalten, da die Ex-post-Kontrollmög- 2003 als regulierungsbedürftig erkannt worden sind, aber lichkeiten nach dem TKG insofern für ausreichend erach- nach dem neuen Votum der Kommission nicht mehr für tet wurden. Die lange diskutierte Resale-Verpflichtung eine Vorabregulierung in Betracht zu ziehen sind für Anschlüsse musste regulatorisch nicht auferlegt wer- (Ziffer 8). den, da die Deutsche Telekom AG sich vorab zu einem Angebot eigens für Diensteanbieter verpflichtet hatte. 2. Zugang von Privat- und Geschäftskunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Die Deutsche Telekom AG ging gegen die Verpflichtung, Standorten (Markt Nr. 1) Betreiber(vor)auswahl auch an sog. All-IP-Anschlüssen zu ermöglichen, vor und stellte am 22. März 2010 einen 2.1 Marktdefinition und Marktanalyse Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 80 Im Jahr 2011 haben die Vorbereitungen für ein neues Absatz 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bis Marktanalyseverfahren für den Bereich des Zugangs zum 31. Dezember 2010 bei der Bundesnetzagentur. Der An- öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten begonnen. trag wurde am 5. Mai 2010 durch die Bundesnetzagentur Dieser Markt entspricht dem Markt Nr. 1 im Anhang zur abgelehnt. Daraufhin stellte die Deutsche Telekom AG Märkte-Empfehlung der Kommission der Europäischen am 4. Juni 2010 einen Antrag auf Anordnung der auf- Gemeinschaft. schiebenden Wirkung nach § 80 Absatz 5 VwGO beim Verwaltungsgericht Köln. Das Gericht ordnete daraufhin Als Grundlage für die Markdefinition und -analyse die- mit Beschluss 21 L 799/10 vom 20. September 2010 die nen die Daten, die im Rahmen eines Auskunftsersuchens aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 des Te- von insgesamt 69 auf dem entsprechenden Markt agieren- nors der Regulierungsverfügung vom 25. Januar 2010 bis Drucksache 17/8246 – 74 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode zum 31. Dezember 2010 an. Seit dem 1. Januar 2011 ist Verbindungen aus dem Netz der Telekom zu den Netzen Betreiber(vor)auswahl an von der Deutsche Telekom AG der Wettbewerber genehmigungspflichtig. Falls solche selber vertriebenen All-IP-Anschlüssen möglich. Verbindungen auf einer höheren Netzebene übergeben und daher auch mehr Netzelemente der Telekom genutzt 3. Verbindungsaufbau im Festnetz und im werden (Tarifzone II), betragen die Entgelte im Haupt- Bereich der Anrufzustellung in einzelne und Nebentarif 0,69 ct/min bzw. 0,46 ct/min betragen. Festnetze (Märkte Nr. 2 und Nr. 3 der Bei einer Durchleitung auf der höchsten Netzebene Empfehlung 2007) (Tarifzone III) dürfen von der Telekom in Zukunft 1,04 ct/min im Haupttarif und 0,69 ct/min im Nebentarif 3.1 Marktdefinition und Marktanalyse berechnet werden. Die Märkte für Zuführungs- und Terminierungsleistungen Neben diesen Basisentgelten für die Terminierungs- und im öffentlichen Festtelefonnetz werden derzeit erneut die Zuführungsleistung sind in der Entscheidung auch die überprüft. daraus abgeleiteten Entgelte für „optionale und zusätzli- che Leistungen“ genehmigt worden. Diese umfassen u. a. Mit dem Verfahren soll untersucht werden, ob die Ergeb- Zuführungen zu Mehrwertdiensten, den Transit zwischen nisse der derzeit geltenden Festlegung, deren wesentliche verschiedenen Netzen oder die Zuführung von schmal- Ergebnisse bereits im Tätigkeitsbericht der Bundesnetz- bandigem Internetverkehr. agentur für die Jahre 2008/2009 dargelegt worden sind, weiterhin Bestand haben. 4. Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung Insgesamt sind im Rahmen des Auskunftsersuchens (Markt Nr. 4) 61 Unternehmen, die als Anbieter tätig sind, angeschrie- ben worden. Die Datenabfrage fand im Wesentlichen im 4.1 Marktdefinition und Marktanalyse 2. Halbjahr 2010 und im 1. Halbjahr 2011 statt und bezog Am 25. Oktober 2010 beschloss die Präsidentenkammer sich auf den Zeitraum von 2008 bis zum 1. Quartal 2010. der Bundesnetzagentur eine Festlegung für eine neue Im Fokus standen neben der erforderlichen Aktualisie- Marktdefinition und -analyse des Vorleistungsmarkts für rung von Marktdaten insbesondere die technischen Neue- den (physischen) Zugang zu Netzinfrastrukturen (ein- rungen der Zusammenschaltung im Zusammenhang mit schließlich des gemeinsamen oder vollständig entbündel- der Migration zu IP-basierten Netzen. ten Zugangs) an festen Standorten. Der Markt entspricht dem Markt Nr. 4 im Anhang zur aktuellen Märkte-Emp- Auf der technischen Seite sind insbesondere neue Formen fehlung der Kommission. Die Festlegung der dritten der Zusammenschaltung auf Ebene des Internet-Proto- Runde bestätigt weitgehend die Erkenntnisse, die in den kolls speziell für die Bereitstellung von Sprachverbindun- ersten beiden Durchgängen der Marktregulierung gewon- gen zu prüfen. Hinzu kommen Neuerungen im Zusam- nen wurden. menhang mit der Abfrage des Intelligenten Netzes bei Mehrwertdiensten sowie weitergehende Ermittlungen zu So wurden wie auch in der vorigen Festlegungen sowohl möglichen neueren Entwicklungen bei der Ausgestaltung der Zugang zu Teilnehmeranschlussleitung in Form der der Wettbewerbsverhältnisse insbesondere auch im Be- Kupferdoppelader als auch auf Basis von OPAL/ISIS je- reich der Zustellung von Anrufen in einzelne Netze. weils am Hauptverteiler oder einem anderen näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt einbezogen. 3.2 Maßnahmen im Bereich der Damit sind die Zugangsvarianten am Kabelverzweiger Entgeltregulierung (FTTC), Endverzweiger (FTTB) und Schaltverteiler er- fasst. Als weitere Variante wurde wie bisher das Line Die Bundesnetzagentur hat am 20. September 2011 der Sharing auf Basis von Kupferdoppeladern einbezogen. Telekom Deutschland GmbH (Telekom) neue Zusam- menschaltungsentgelte (sog. Durchleitungsentgelte) rück- Eine Änderung ergab sich jedoch hinsichtlich der Glasfa- wirkend ab dem 1. Juli 2011 genehmigt. Für die Ent- ser-Teilnehmeranschlussleitungen (FTTH), wobei hier geltbestimmung wurde auf eine europäische unterschieden wurde zwischen massenmarktfähige Vergleichsmarktbetrachtung zurückgegriffen. FTTH-Architekturen und Teilnehmeranschlussleitungen im Premium-Bereich, die punktuell und bedarfsorientiert Danach darf die Telekom für die bei der „Zuführung“ und nach Abschluss eines Vertrags für große gewerbliche „Terminierung“ von Verbindungen erforderliche Durch- Kunden verlegt werden. leitung durch ihr Netz von ihren Wettbewerbern in der wichtigsten Tarifzone I (Verbindungsübergabe auf der un- In die Marktabgrenzung miteinbezogen wurden letztlich tersten Netzebene) an Werktagen von 9 Uhr bis 18 Uhr massenmarktfähige FTTH-Architekturen, die für eine an- (Haupttarif) 0,45 ct/min verlangen. In der übrigen Zeit onyme Menge von Endkunden aufgebaut werden und ge- von 18 Uhr bis 9 Uhr, an Samstagen, Sonntagen und bun- wisse Investitionen erfordern. Diese haben den gleichen deseinheitlichen Feiertagen (Nebentarif) darf das Unter- Verwendungszweck wie die herkömmlichen Teilnehmer- nehmen 0,32 ct/min erheben. anschlussleitungen, waren aber bislang so vereinzelt, dass ein Wettbewerber faktisch kaum eine Möglichkeit hatte, In den Tarifzonen II und III sind nur noch die Durchlei- auf solche Leitungen umzusteigen. Allerdings ging die tungsentgelte für die insbesondere bei Call-by-Call- und Bundesnetzagentur – u. a. aufgrund von Ankündigungen Preselection-Gesprächen erforderliche Zuführung von der Deutschen Telekom AG – davon aus, dass die Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 75 – Drucksache 17/8246

Telekom Deutschland GmbH innerhalb des Prognosezeit- Der Markt für den Zugang zur Teilnehmeranschlusslei- raums der Marktanalyse in signifikanter Weise FTTH- tung wurde als regulierungsbedürftig angesehen und die Anschlüsse ausgebaut haben wird. Vor diesem Hinter- Telekom Deutschland GmbH u. a. aufgrund der überra- grund wäre sowohl auf Vorleistungsebene als auch auf genden Marktanteile sowie der Verfügung über eine ein- Endkundenebene aufgrund der Austauschbarkeit davon zigartige Infrastruktur als Unternehmen mit beträchtlicher auszugehen, dass massenmarktfähige FTTH-Infrastruktu- Marktmacht angesehen. ren zusammen mit den übrigen Teilnehmeranschlusslei- tungen einen gemeinsamen Markt bilden. 4.2 Regulierungsverfügung Hinsichtlich der bereits kommunizierten Ausbaupläne der Mit Beschluss vom 21. März 2011 hat die Bundesnetz- Telekom Deutschland GmbH ist noch darauf hinzuwei- agentur die aufgrund der neuen Marktdefinition und sen, dass es auch zu umfangreicheren Änderungen kom- Marktanalyse erneuerte Regulierungsverfügung für den men kann, da alle beteiligten Unternehmen, sowohl auf Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL), der sog. Anbieter- als auch auf Nachfragerseite, ihre Möglichkei- „letzten Meile“, der Telekom Deutschland GmbH be- ten und potenziellen Geschäftsmodelle erst entwickeln kannt gegeben. Danach bleibt das Unternehmen zur Zu- und erproben müssen. In Gesprächen mit verschiedenen gangsgewährung zu ihrer klassischen Kupfer-TAL, zur Marktteilnehmern zeigte sich jedoch, dass eine zuneh- Kollokation, zur Zugangsgewährung zu ihren Multifunk- mende Nachfrage nach Glasfaseranbindungen entsteht, tionsgehäusen und Kabelleerrohren, zur Nichtdiskrimi- die innerhalb der Geltungsdauer der Marktanalyse mit nierung und zur Vorlage der abgeschlossenen TAL-Ver- hoher Wahrscheinlichkeit durch ein entsprechendes An- träge bei der Bundesnetzagentur verpflichtet. Die gebot zumindest teilweise gedeckt werden wird. Die Entgelte für die Zugangsgewährung zur Kupfer-TAL frühzeitige Analyse und Einbeziehung der massenmarkt- muss sie sich auch künftig von der Bundesnetzagentur fähigen Glasfaser-Teilnehmeranschlussleitung hat daher nach dem Maßstab der Kosten der effizienten Leistungs- zur Planungssicherheit sowohl für Anbieter als auch für bereitstellung (KeL) genehmigen lassen. Nachfrager beigetragen. Zudem wird die Einbeziehung der FTTH-Architekturen in Markt Nr. 4 durch die Ent- Darüber hinaus wurde der Telekom Deutschland GmbH wicklungen auf europäischer Ebene gestützt. Zum Zeit- auferlegt, ihren Konkurrenten auch einen diskriminie- punkt der Analyse der Bundesnetzagentur hatten sich be- rungsfreien Zugang zu ihrer neu verlegten reinen Glasfa- reits zwölf nationale Regulierungsbehörden für eine ser-TAL zu gewähren. Die Entgelte hierfür unterliegen Einbeziehung von FTTH-Infrastrukturen entschieden. nach der neuen Regulierungsverfügung allerdings zu- Gemäß der Europäischen Kommission wäre eine Nicht- nächst der Ex-post-Kontrolle nach dem Missbrauchsmaß- einbeziehung von Glasfaser-Teilnehmeranschlussleitun- stab des § 28 TKG. Die Ex-post-Entgeltkontrolle der rei- gen nur dann akzeptabel, wenn in einem Mitgliedsland nen Glasfaser-TAL ist ausreichend. Überschreitungen der überhaupt keine FTTH-Infrastrukturen vorhanden seien. Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung werden nach Einschätzung der Beschlusskammer dadurch ver- Anders hingegen stellte sich die Situation bei der Glasfa- mieden, dass sich die Telekom Deutschland GmbH be- ser-Teilnehmeranschlussleitung für große gewerbliche reits im Rahmen des § 38 i. V. m. § 28 TKG einer strikten Kunden dar, die wie bisher nicht dem vorliegenden sach- Kosten-Kosten- und Preis-Kosten-Scheren-Prüfung ge- lich relevanten Markt zugerechnet wurde. Die Untersu- genüber sehen wird. Anders als auf anderen Märkten ist chung des Marktes zeigte, dass sich die Verhältnisse in eine solche Prüfung hier in der Lage, spürbare KeL-Über- der Bundesrepublik Deutschland in diesem Punkt nicht schreitungen zu verhindern. Denn so, wie die Glasfaser- geändert hatten und auch die Ausweitung der Märkte- TAL auf der Investitionsleiter zum Zugang zur Kupfer- Empfehlung 2007 auf jegliche physische Infrastruktur bei TAL und Bitstrom-Produkten positioniert ist, müssen sich den Teilnehmeranschlussnetzen keine Neubewertung auch die Bereitstellungs- und Überlassungsentgelte der nahe legte. Weder aus Nachfrager- noch aus Anbietersicht Glasfaser-TAL in die Kette der jeweils verlangten Vor- konnte eine Austauschbarkeit des Zugangs zur Teilneh- leistungs- und Endkundenentgelte einpassen. Die Spiel- meranschlussleitung in Form der reinen Glasfaser für räume, die für die Festsetzung der Entgelte bestehen, sind große gewerbliche Kunden mit dem sonstigen Zugang zur in Anbetracht der Vorgaben des § 28 TKG zur Vermei- Teilnehmeranschlussleitung (kupferbasiert, hybrid oder dung von Kosten-Kosten- sowie Preis-Kosten-Scheren massenmarktfähig FTTH-basiert) bejaht werden. Anders begrenzt. Aufgrund regulatorischer Festlegungen bzw. als bei derzeitigen Investitionen in massenmarkttaugli- marktlicher Prozesse sind nämlich die anderen (Vorleis- ches FTTH gibt es für große gewerbliche Kunden auch tungs- und Endkunden-) Entgelte auf der Wertschöp- kein Investitionsrisiko, da diese Glasfaser-Teilnehmeran- fungskette eng an einem effizienten Kostenniveau ausge- schlussleitungen nur kundenindividuell nach Vertragsab- richtet. So stehen der Beschlusskammer, mit den KeL- schluss mit dem jeweiligen Endkunden errichtet würden. regulierten Kupfer-TAL-Entgelten einerseits und den Ent- Die Amortisation der Investitionen sei somit in jedem gelten für Bitstrom-Produkte und Endkundenentgelten für Fall sichergestellt, so dass Größenvorteile, Marktanteile die auf der Glasfaser-TAL aufsetzenden Anschlüsse ande- etc. für die Refinanzierung der Investition keine Rolle rerseits, geeignete Anknüpfungspunkte zur Verfügung. spielen würden und die Wettbewerber der Telekom Von diesen können tiefgreifende Prüfungen sowohl auf Deutschland GmbH ihre großen gewerblichen Kunden Kosten-Kosten-Scheren als auch auf Preis-Kosten-Sche- vielfach mit eigenen, selbsterstellten Glasfaser-Teilneh- ren ausgehend. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, meranschlussleitungen anschließen könnten. dass aus Endkundensicht Glasfaser- und Kupferan- Drucksache 17/8246 – 76 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode schlüsse für den betrachteten Zeitraum austauschbar sind, Die zuständige Beschlusskammer der Bundesnetzagentur also Anschlüsse, die auf Kupferbasis bereitgestellt wer- hat die Telekom Deutschland GmbH weiterhin verpflich- den, eine disziplinierende Wirkung auf die Bepreisung tet, Zugang zur TAL an einem Schaltverteiler zu gewäh- der Glasfaseranschlüsse haben (vgl. Festlegung der Präsi- ren. In weiteren Entscheidungen hat sie die Entgelte für dentenkammer, Punkt H.I.4.b. (1)). Deshalb kann durch diese Zugangsleistung festgelegt. die Prüfung von Preis-Kosten- und Kosten-Kosten-Sche- ren erreicht werden, dass keine Vorleistungsentgelte ver- Nach diesen Entscheidungen muss die Telekom Deutsch- langt werden, die den Aufbau alternativer FTTH-Netze land GmbH einen Schaltverteiler in einem bisher breit- unmöglich machen. Die nachträgliche Entgeltregulie- bandig nicht oder nur schlecht erschlossenen Ort („weißer rung erlaubt es der Telekom Deutschland GmbH aller- Fleck“) in der Regel am Ortseingang aufbauen. Mit der dings auch, in diesem engen Rahmen einen Preis zu be- Zugangsmöglichkeit zur TAL an einem Schaltverteiler stimmen und durchzusetzen, der ihr Investitionsrisiko verkürzt sich die Länge der Leitungen zwischen der akti- angemessen widerspiegelt. Weil im Rahmen der Prüfung ven Technik des Anbieters und dem Endkunden, wodurch von Preis-Kosten-Scheren immer auch die jeweils erziel- eine Internetversorgung mit hoher Bandbreite erst mög- baren Endkundenentgelte zu berücksichtigen sind, kann lich wird. Darüber hinaus wird durch die Bündelung der flexibel auf das Aufkommen FTTH-spezifischer Anwen- erforderlichen DSL-Technik an nur einem zentralen dungen und die dadurch möglicherweise erzielbaren hö- Punkt die Erschließung ländlicher Gebiete einfacher. Ins- heren Endkundenentgelte reagiert werden, die auch hö- besondere entfallen die ansonsten notwendige Anbindung here Vorleistungspreise rechtfertigen können. Eine KeL- jedes einzelnen Kabelverzweigers und die dafür erforder- Regulierung hätte zudem den Nachteil, dass wahrschein- lichen aufwändigen Tiefbauarbeiten. Hierdurch lassen lich die für die Berechnung der KeL erforderliche Ermitt- sich „weiße Flecken“ kostengünstiger erschließen, was lung der Kosten eines erst noch zu errichtenden Netzes die Investitionsbereitschaft in solche Ausbauprojekte för- als auch die zu erwartenden Absatzahlen der Glasfaser- dert. TAL zum großen Teil auf unsicheren Annahmen beruhen würden. Die nachträgliche Entgeltregulierung der Glasfa- 4.4 Standardangebot ser-TAL steht auch im Einklang mit der NGA-Empfeh- lung. Die in Ziffer 20 und 25 empfohlene Auferlegung Die Bundesnetzagentur hat der Telekom Deutschland kostenorientierter Zugangsentgelte wird unter den gege- GmbH mit einer Entscheidung von Mai 2011 einen Mus- benen Umständen auch durch eine nachträgliche Entgelt- tervertrag (sog. Standardangebot) für den Zugang zur regulierung entsprochen, weil sich deren Ergebnisse wie Teilnehmeranschlussleitung an einem Schaltverteiler vor- oben dargestellt nahe an den KeL bewegen und dem In- gegeben. Das Standardangebot legt die konkreten Bedin- vestitionsrisiko der Betroffenen Rechnung tragen werden. gungen und wechselseitigen Pflichten fest, zu denen die Wettbewerber künftig den Zugang zu einem neu auf dem 4.3 Anordnungsverfahren Hauptkabel der Telekom Deutschland GmbH zu errich- tenden Schaltverteiler erhalten können. Es versetzt Die Bundesnetzagentur hat im Berichtszeitraum in meh- Wettbewerber in die Lage, konkrete Schaltverteiler-Zu- reren Zugangsanordnungen und Entgeltentscheidungen gangsverträge mit der Telekom Deutschland GmbH die konkreten Bedingungen und Entgelte festgelegt, zu abschließen zu können, ohne hierfür zunächst zeitauf- denen die Telekom Deutschland GmbH anderen Netz- wendig verhandeln oder im Streitfall sogar die Bundes- betreibern Zugang zu ihrer Anschlussinfrastruktur ge- netzagentur anrufen zu müssen. Das Standardangebot währen muss. Wettbewerber erhalten aufgrund dieser vereinfacht daher die Erschließung bisher breitbandig Entscheidungen die Zugangsmöglichkeit zu sog. Multi- nicht oder nur unterversorgter Regionen. funktionsgehäusen. Bei diesen grauen Kästen handelt es sich um spezielle Kabelverzweiger, die die Telekom Das Standardangebot enthält insbesondere klare Regelun- Deutschland GmbH im Rahmen ihres Breitbandausbaus gen, unter welchen Voraussetzungen die Telekom an öffentlichen Straßen und Wegen aufgestellt hat. Ferner Deutschland GmbH einen Schaltverteiler für einen Wett- erhalten die Netzbetreiber Zugang zu Kabelkanalanlagen bewerber neu aufbauen muss. In diesem Zusammenhang der Telekom Deutschland GmbH. Damit können die sind auch die technischen oder sonstigen Gründe für die Wettbewerber ebenfalls ohne die ansonsten dafür erfor- Ablehnung der Errichtung von Schaltverteilern genauer derlichen zeit- und kostenintensiven Aufbau- und Gra- definiert worden. Gerade hierüber war es in der Vergan- bungsarbeiten glasfaserbasierte Infrastrukturen für beson- genheit immer wieder zu Differenzen zwischen der ders breitbandige Nutzungen verlegen, wie die Telekom Telekom Deutschland GmbH und Nachfragern gekom- Deutschland GmbH dies auch im Rahmen ihres VDSL- men. Zudem wurden die Informations- und Bereitstel- Ausbaus bereits realisiert hat, und die dafür erforderli- lungsfristen gestrafft sowie Vertragsstrafen beispiels- chen Investitionen tätigen. Die Entgelte für den Zugang weise für den Fall der Nichteinhaltung von Fristen in den zu den Kabelleerrohren, den Multifunktionsgehäusen und Mustervertrag aufgenommen. zur unbeschalteten Glasfaser der Telekom Deutschland GmbH wurden zuletzt mit einer Entscheidung vom Die Telekom Deutschland GmbH darf das von der Bun- 2. November 2011 rückwirkend ab dem 1. Juli 2011 für desnetzagentur vorgegebene Standardangebot bis Ende einen Zwei-Jahreszeitraum bis Ende Juni 2013 festgelegt. Mai 2013 nicht von sich aus ändern. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 77 – Drucksache 17/8246

4.5 Maßnahmen im Bereich der tur und einen Rückgang der Beschaltung der kupferba- Entgeltregulierung sierten Anschlussnetze erklärte. Der Zunahme des Inves- titionswerts standen allerdings effizienzorientierte Die Bundesnetzagentur hat im Berichtszeitraum mehrere Kostensenkungen anderer Kalkulationsbestandteile, wie Entgeltentscheidungen für den TAL-Zugang bekannt ge- etwa bei den Miet- und Betriebskosten sowie den Entstör- geben. kosten, gegenüber. Diese insgesamt gegenläufigen Ef- Zum 1. Juli 2010 wurden zunächst die Entgelte neu ge- fekte kompensierten sich weitgehend, so dass im Ergeb- nehmigt, die die Wettbewerber im Fall der Anmietung der nis nur eine leichte Entgeltabsenkung gerechtfertigt war. TAL, der sog. letzten Meile, für deren Schaltung bzw. Rückgabe jeweils einmalig an die Telekom Deutschland Für die Ermittlung der maßgeblichen Kosten der effizien- GmbH entrichten müssen. Für die Übernahme der TAL ten Leistungsbereitstellung hatte die zuständige Be- ohne Arbeiten beim Endkunden kann die Telekom schlusskammer neben Kostennachweisen der Telekom Deutschland GmbH demnach ein Entgelt von 30,83 Euro Deutschland GmbH, wie in den vergangenen Genehmi- verlangen. Für die häufigste Variante, die Neuschaltung gungsrunden, auf das Kostenmodell des Wissenschaftli- der Kupferdoppelader Zweidraht hochbitratig ohne Ar- chen Instituts für Infrastruktur und Kommunikations- beiten am Kabelverzweiger und mit Arbeiten beim End- dienste (WIK), Bad Honnef, sowie auf aktuelle kunden, beläuft sich der Tarif auf 53,35 Euro. Wiederbeschaffungswerte für die Errichtung eines effi- zienten Anschlussnetzes zurückgegriffen. Ebenfalls zum 1. Juli 2010 genehmigt wurden die Bereit- stellungs- und Kündigungsentgelte sowie darüber hinaus Dabei wurde an dem bereits seit über zehn Jahren prakti- die monatlichen Entgelte für den gemeinsamen Zugang zierten und bewährten Ansatz festgehalten, die Entgelte zur TAL, das sog. Line Sharing. Beim „Line Sharing“ auf der Basis aktueller Wiederbeschaffungskosten zu er- wird die TAL nach Frequenzbändern in einen niederen mitteln, weil hierdurch am besten Anreize für Investitio- und einen höheren Frequenzbereich aufgeteilt. Damit nen in moderne Netze gesetzt werden. Demgegenüber kann der untere Frequenzbereich von der Telekom würde ein zu niedriger Preis bereits getätigte Investitio- Deutschland GmbH weiter für die Sprachübertragung und nen entwerten sowie neue beeinträchtigen und damit den der obere Frequenzbereich von einem Wettbewerber für Regulierungszielen zuwider laufen. Die beschlossenen Datenübertragung (typischerweise für schnelle Internet- Entgelte bieten daher Gewähr für stabile und berechen- zugänge auf Basis der DSL-Technologie) genutzt werden. bare Rahmenbedingungen im deutschen Telekommunika- Für die Gewährung des Zugangs zum hochbitratigen Teil tionsmarkt. Erstmals konnten die TAL-Entgelte nicht so- der TAL ist ein monatlicher Überlassungspreis von fort verbindlich in Kraft treten, weil zunächst ein 1,84 Euro genehmigt worden. Das Entgelt für die häu- nationales Konsultations- und ein EU-weites Konsolidie- figste Bereitstellungsvariante, die Neuschaltung ohne Ar- rungsverfahren zu den Entscheidungsentwürfen durchge- beiten am Kabelverzweiger und ohne Arbeiten beim End- führt werden musste. Da bei dieser Verfahrensweise Frist- kunden, beträgt 51,22 Euro. vorgaben einzuhalten waren und eine endgültige Entscheidung erst Ende des zweiten Quartals 2011 erge- Bei beiden Entscheidungen sind die Entgelte bis Ende hen konnte, waren die vorgeschlagenen Entgelte zunächst Juni 2012 genehmigt. nur vorläufig ab dem 1. April 2011 genehmigt worden. Für die Anmietung der Teilnehmeranschlussleitung Damit sollten eine Genehmigungslücke bis zum Ab- (TAL) hat die Bundesnetzagentur am 17. Juni 2011 neue schluss des Konsultations- und Konsolidierungsverfah- Entgelte veröffentlicht. Danach ist die Telekom Deutsch- rens und daraus resultierende mögliche negative Auswir- land GmbH verpflichtet, ihren Wettbewerbern die TAL kungen und Risiken zu Lasten der Telekom rückwirkend ab dem 1. April 2011 für monatlich Deutschland GmbH und der TAL-Nachfrager vermieden 10,08 Euro zu überlassen. Davor durfte die Telekom werden. Die Genehmigung der neuen Entgelte ist befris- Deutschland GmbH ihren Wettbewerbern 10,20 Euro im tet bis zu 30. Juni 2013. Monat für die Anmietung der „letzten Meile“ berechnen. Darüber hinaus wurden zum 1. April 2011 neue Entgelte Sie selbst hatte Mitte Januar eine Erhöhung auf für den Zugang zur TAL an einem sog. Schaltverteiler be- 12,90 Euro bei der Bundesnetzagentur beantragt. Für den kannt gegeben. Zugang zur TAL an einem Kabelverzweiger darf die Te- lekom Deutschland GmbH nach dieser Entscheidung nun In der Entscheidung wurde zum einen das monatliche 7,17 Euro statt bisher 7,21 Euro verlangen. Überlassungsentgelt für den TAL-Zugang an einem Schaltverteiler festgelegt, das 8,01 Euro beträgt. Zum an- Die Entgeltentscheidung ist das Ergebnis sehr intensiver deren bestimmt die Entscheidung Pauschalentgelte der Prüfungen und eines transparenten Beschlusskammer- wesentlichen Komponenten und Montageleistungen bei Verfahrens. Dabei hatte sich gezeigt, dass die aktuellen der Errichtung eines Schaltverteilers. Werte der meisten Kalkulationsbestandteile für die Teil- nehmeranschlussleitung von den Ansätzen der letzten Ge- Im Rahmen der Entgeltprüfung konnten zusätzliche Er- nehmigungsrunde vor zwei Jahren – teilweise deutlich – kenntnisse aus der erfreulichen Zunahme von Schaltver- abwichen. So war insbesondere eine Erhöhung des Inves- teilerbereitstellungen seit der letzten Entgeltentscheidung titionswertes zu verzeichnen, der sich durch mehrere ge- gewonnen werden. Dies wurde bei der Festlegung der stiegene Preispositionen (u. a. Tiefbaupreise), reduzierte Entgelte berücksichtigt. Die Entgelte machen den Zugang Verbundvorteile bei der Mitverlegung anderer Infrastruk- zu TAL an Schaltverteilern für Wettbewerber der Tele- Drucksache 17/8246 – 78 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode kom und damit auch die Erschließung weißer Flecken für Entgeltentscheidung entsprechend einer Forderung der Breitband noch attraktiver. EU-Kommission zunächst noch national konsultiert und anschließend ihr gegenüber notifiziert werden musste, Einen Schaltverteiler muss die Telekom Deutschland konnte die endgültige Entscheidung aufgrund der bei die- GmbH in einem bisher mit Breitband nicht oder nur ser Verfahrensweise zu beachtenden Fristen nicht früher schlecht erschlossenen Ort in der Regel am Ortseingang ergehen. aufbauen. Mit der Zugangsmöglichkeit zur TAL an einem Schaltverteiler verkürzt sich die Länge der Leitungen zwischen der aktiven Technik des Anbieters und dem 5. Breitbandzugang für Großkunden Endkunden, wodurch eine Internetversorgung mit hoher (Markt 5) und Breitbandzuführung Bandbreite erst möglich wird. Darüber hinaus wird durch die Bündelung der erforderlichen DSL-Technik an nur ei- 5.1 Marktdefinition und Marktanalyse nem zentralen Punkt die Erschließung ländlicher Gebiete Die Bundesnetzagentur hat am 16. September 2010 die einfacher. Insbesondere entfallen die ansonsten notwen- Marktdefinition und Marktanalyse des Marktes Nr. 5, dige Anbindung jedes einzelnen Kabelverzweigers und Breitbandzugang für Großkunden (Bitstromzugang), vor- die dafür erforderlichen aufwendigen Tiefbauarbeiten. gelegt. Sie hat zwei Teilmärkte definiert (Layer-2-Bit- Am 2. November 2011 wurde die Entgeltentscheidung für stromzugang und Layer-3-Bitstromzugang). Danach wird den Zugang im Multifunktionsgehäuse (MFG), zu Kabel- die Telekom Deutschland GmbH als marktbeherrschend kanälen (KKA) und zu unbeschalteten Glasfasern der Te- eingestuft und verpflichtet, Wettbewerbern auf deren lekom Deutschland GmbH erlassen. Nachfrage Bitstromzugang an verschiedenen Ebenen der Netzhierarchie zu gewähren. Danach beträgt das monatliche Überlassungsentgelt für einen Einbauplatz im MFG, den speziellen Kabelverzwei- Bitstromzugang ermöglicht Wettbewerbern den Zugang gern, die in grauen Kästen an öffentlichen Straßen und zum Transport- und Konzentratornetz der Telekom Wegen untergebracht sind, nun 132,42 Euro. Dieser Preis Deutschland GmbH und erlaubt ihnen die Vermarktung bildet die Ausgangsgröße für die Aufteilung unter sämtli- der von der Telekom Deutschland GmbH erzeugten DSL- chen Nutzern eines MFG einschließlich der Telekom Anschlüsse im eigenen Namen. Bitstromnachfrager wer- selbst, so dass ein Wettbewerber alleine maximal die den so in die Lage versetzt, ihren Endkunden auf Basis Hälfte des Betrags zu entrichten hat; bei der Nutzung ei- variabler Qualitäten Breitbandanschlüsse (xDSL-An- nes MFG durch drei Unternehmen muss dann lediglich schlüsse u. Glasfaseranschlüsse) und Breitbanddienste, ein Drittel usw. bezahlt werden. Der monatliche Tarif je wie z. B. den Internetzzugang, bereitzustellen. Über Bit- Meter für die Nutzung eines Kabelleerrohrs der Telekom stromzugang kann auch im Hinblick auf den zukünftigen durch Wettbewerber wurde auf 0,09 Euro festgesetzt. Für Netzumbau sichergestellt werden, dass Verbraucher über die Überlassung der unbeschalteten Glasfaser müssen eine möglichst große Auswahl an qualitativ hochwertigen Wettbewerber 69,22 Euro monatlich an die Telekom ent- Breitbanddiensten verfügen können. Bitstromzugang hat richten. im Spektrum der Vorleistungsprodukte zwischen dem Zu- gang zur entbündelten Teilnehmeranschlussleitung einer- Neben den monatlichen Überlassungsentgelten für die seits und den Resale-Produkten andererseits die Lücke Mitnutzung der MFG und der KKA sowie für die Nut- auf der Wertschöpfungskette für breitbandige Dienstleis- zung der unbeschalteten Glasfaser der Telekom sind in tungen geschlossen. der Entscheidung insbesondere auch die Einmalentgelte für die Bereitstellung und die Kündigung dieser Zugangs- Die von der Bundesnetzagentur abgegrenzten Märkte um- leitungen festgelegt worden. fassen sämtliche DSL-Infrastrukturen einschließlich Bereits Anfang Dezember 2009 hatte die Bundesnetz- VDSL- sowie Glasfaserinfrastrukturen, da Zugangspro- agentur in einer ersten Entscheidung die technischen und dukte auf Basis herkömmlicher xDSL-Infrastrukturen betrieblichen Modalitäten geregelt, zu denen die Telekom und reine Glasfaseranschlussinfrastrukturen als miteinan- Zugang zu ihrer Anschlussinfrastruktur gewähren muss. der austauschbar anzusehen sind. Die im Markt enthalte- Danach können alternative Netzbetreiber ihre eigene ak- nen Bitstromzugangsprodukte umfassen sowohl den Da- tive Übertragungstechnik für die Realisierung von Breit- ten-Transport im Konzentratornetz als auch im IP- bandanschlüssen, die sog. DSLAMs, in die MFG der Te- Kernnetz. lekom einbauen. Ferner muss die Telekom den Im Rahmen der Marktanalyse setzt sich die Bundesnetz- Wettbewerbern ermöglichen, selbst Glasfaserleitungen in die KKA einzuziehen und hierzu diese Anlagen zu betre- agentur auch eingehend mit der Frage der Regionalisie- ten. Aufgrund der TAL-Regulierungsverfügung vom rung, d. h. mit einer räumlichen Differenzierung der 21. März 2011 ist die Telekom neben der Zugangsgewäh- Märkte, auseinander. Diese Thematik ist bereits seit ge- rung zu ihren MFG und KKA auch verpflichtet, Zugang raumer Zeit Gegenstand umfassender Diskussionen. zur unbeschalteten Glasfaser zum Zwecke der TAL-An- Nach Abwägung aller Gesichtspunkte kommt die Bun- bindung am MFG/KVz zu gewähren. desnetzagentur zum Ergebnis, dass die hier relevanten Märkte national abzugrenzen sind, das sie auf der Basis Die neuen Entgelte gelten rückwirkend ab dem ihrer Bewertung die Voraussetzungen für regionale 1. Juli 2011 bis zum 30. Juni 2013. Da der Entwurf der Märkte derzeit nicht als gegeben ansieht. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 79 – Drucksache 17/8246

5.2 Regulierungsverfügung Anders als auf anderen Märkten ist eine solche Prüfung hier in der Lage, spürbare KeL-Überschreitungen zu ver- Auf der Grundlage der aktualisierten Marktdefinition und hindern. Denn so, wie das Bitstrom-Produkt auf der In- Marktanalyse für den Markt 5 hat die zuständige Be- vestitionsleiter eine Zwischensprosse zwischen dem schlusskammer am 17. September 2010 eine Regulie- TAL-Zugang und dem Resale-Produkt darstellt, muss rungsverfügung für den Bitstrom-Zugang bekannt gege- sich auch das Bitstrom-Entgelt in die Kette der jeweils ben. verlangten Vorleistungs- (und Endkunden-)entgelte ein- Darin ist die Telekom Deutschland GmbH verpflichtet passen. Die Spielräume, die für die Festsetzung des Bit- worden, auf der Basis der von ihr betriebenen breitbandi- strom-Entgelts bestehen, sind in Anbetracht der Vorgaben gen Anschluss-, Konzentrator- und ggf. IP-Kernnetze an- des § 28 TKG zur Vermeidung von Kosten-Kosten- sowie deren Unternehmen auf Nachfrage Bitstrom-Zugang zu Preis-Kosten-Scheren äußerst begrenzt. Aufgrund regula- gewähren. Den nachfragenden Unternehmen hat sie im torischer Festlegungen bzw. marktlicher Prozesse sind Rahmen eines einheitlichen Produktes breitbandige An- nämlich die anderen (Vorleistungs- und Endkunden-)Ent- schlüsse zu überlassen und den zugehörigen Paketstrom gelte auf der Wertschöpfungskette eng an einem effizien- auf Layer 2 an geeigneten Übergabepunkten der Konzen- ten Kostenniveau ausgerichtet. So stehen der Beschluss- tratornetze und auf Layer 3 an geeigneten Übergabepunk- kammer mit dem KeL-regulierten TAL-Entgelt einerseits ten der Kernnetze zu übergeben. und den Endkundenentgelten andererseits geeignete An- kerpunkte zur Verfügung, von denen ausgehend tiefgrei- Die Erstreckung der Zugangsgewährungspflicht auf alle fende Prüfungen sowohl von Kosten-Kosten-Scheren als geeigneten Übergabepunkte der Netzhierarchie nimmt auch von Preis-Kosten-Scheren erfolgen können. Rücksicht auf regulatorische Erfahrungen einerseits und auf Erwartungen hinsichtlich einer Grenzverschiebung 5.3 Maßnahmen im Bereich der zwischen Anschluss- und Konzentratornetzen anderer- Entgeltregulierung seits. Die Einbeziehung von Ethernet-Bitstrom in die Zu- gangsverpflichtung trägt dagegen dem Grundsatz der Mit Schreiben vom 29. April 2011 hatte die Telekom Technologieneutralität Rechnung. Deutschland GmbH der Beschlusskammer angezeigt, dass sie die Einführung neuer Entgelte ab dem 1. Juli Die Telekom Deutschland GmbH ist in dieser Regulie- 2011 für die Gewährung des Bitstrom-Zugangs plant. rungsverfügung ferner zur Kollokationsgewährung, zur Nach Prüfung durch die zuständige Beschlusskammer Nichtdiskriminierung, zur Vorlage der mit ihren Wettbe- hatten sich keine Anhaltspunkte für eine offenkundige werbern abgeschlossenen Bitstrom-Verträge sowie zur Missbräuchlichkeit der Entgelte ergeben. Die Beschluss- getrennten Rechungsführung verpflichtet worden. Letz- kammer hatte zudem die Telekom Deutschland GmbH im tere Verpflichtung umfasst, dass die Telekom Deutsch- Vorfeld der Entgeltanzeige aufgefordert, die geplanten land GmbH ihre Preise für die auf den Bitstrom-Märkten Maßnahmen relevanten Nachfragern vorab anzukündi- und auf den nachgelagerten Resale- und Endkundenmärk- gen. Im Rahmen der 2-Wochen-Frist sind der Beschluss- ten extern angebotenen Leistungen sowie ihre internen kammer keinerlei Beschwerden und Hinweise von Wett- Verrechnungspreise für die entsprechenden intern genutz- bewerbern zu den beabsichtigten Entgeltmaßnahmen ten Leistungen in der Weise transparent zu gestalten, dass zugetragen worden. die Bundesnetzagentur die Entgelte für den Bitstrom-Zu- gang mit Blick auf Verstöße gegen die in § 28 TKG ent- Die Beschlusskammer hat der Telekom Deutschland haltenen Diskriminierungsverbote und Verbote unzulässi- GmbH das Ergebnis der Offenkundigkeitsprüfung am ger Quersubventionen überprüfen kann. 13. Mai 2011 mitgeteilt. Die Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung steht Mit einer weiteren Entgeltanzeige vom 31. August 2011 damit in engem Zusammenhang zu der in der Regulie- teilte die Telekom Deutschland GmbH der Beschluss- rungsverfügung verfügten Unterwerfung der Bitstrom- kammer mit, dass sie die Einführung einer neuen VDSL- Entgelte unter eine nachträgliche Entgeltkontrolle. An- Bitstrom Variante „IP-BSA-VDSL16“ zum 1. November ders als zuvor muss sich die Telekom Deutschland GmbH 2011 und damit neuer Entgelte ab dem 1. November 2011 die Bitstrom-Entgelte daher nicht mehr vorab nach dem für die Gewährung dieses Bitstrom-Zugangs beabsich- Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstel- tige. lung genehmigen lassen, sondern der Bundesnetzagentur nunmehr zwei Monate vor dem geplanten Inkrafttreten Im Rahmen der durchgeführten Offenkundigkeitsprüfung anzeigen. Die zuständige Beschlusskammer prüft sodann ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine Missbräuch- innerhalb von zwei Wochen, ob die angezeigten Entgelte lichkeit der angezeigten Entgelte. offenkundig gegen die Maßstäbe des § 28 TKG versto- ßen. 6. Mietleitungen im Abschluss-Segment Überschreitungen der Kosten der effizienten Leistungsbe- (Markt Nr. 6 der Empfehlung 2007) reitstellung werden nach Einschätzung der Beschluss- 6.1 Marktdefinition und Marktanalyse kammer dadurch vermieden, dass sich die Telekom Deutschland GmbH, was die Bitstrom-Entgelte anbetrifft, Der Markt für das Angebot von Mietleitungen im Ab- auch im Rahmen der Ex-post-Entgeltkontrolle einer strik- schluss-Segment wird derzeit erneut überprüft. Mit dem ten Kosten-Kosten- und Preis-Kosten-Scheren-Prüfung Verfahren soll untersucht werden, ob die derzeit geltende gegenüber sieht. Rechtslage weiterhin Bestand hat. Drucksache 17/8246 – 80 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Nach der derzeit geltenden Rechtslage unterliegen neben das zweite und das dritte Kriterium nach § 10 Absatz 2 den Abschluss-Segmenten mit einer Bandbreite von Satz 3 TKG als nicht mehr erfüllt anzusehen sind. 2 Mbit/s auch die klassischen Mietleitungen mit einer Bandbreite über 2 Mbit/s bis einschließlich 622 Mbit/s Der Markt für Abschluss-Segmente von Mietleitungen einer Zugangs- und der Entgeltgenehmigungspflicht. mit Bandbreiten von 2 Mbit/s bis 10 Mbit/s erfüllt dem- Grundlage für die Genehmigungspflicht für die Entgelte gegenüber alle drei Kriterien und wäre daher als relevan- für die klassischen Abschluss-Segmente mit einer Band- ter Markt im Sinne der Märkte-Empfehlung der Europäi- breite von 2 Mbit/s bildet die Regulierungsverfügung schen Kommission zu betrachten. Entsprechendes gilt für BK3b-07/007. Diese Regulierungsverfügung ist vom Ver- den Markt für Abschluss-Segmente von Mietleitungen waltungsgericht Köln mit rechtskräftigem Urteil aufgeho- mit Bandbreiten von über 10 Mbit/s bis 155 Mbit/s. Auch ben worden, soweit Abschluss-Segmente mit klassischen dieser Markt wird in dem Konsultationsentwurf als regu- Schnittstellen und einer Bandbreite von mehr als 2 Mbit/s lierungsbedürftig identifiziert. betroffen sind. Für diesen Bereich, d. h. für den hochbit- ratigen Bereich, stützt sich die derzeitige Genehmigungs- Der Markt für Abschluss-Segmente von Mietleitungen pflicht auf die vorläufige Regulierungsverfügung BK 2b- mit einer Bandbreite über 155 Mbit/s ist nicht als relevan- 04/027. ter Markt zu klassifizieren. Zumindest das erste und das dritte Kriterium der drei Kriterien des § 10 Absatz 2 TKG Ausgenommen von der Genehmigungspflicht sind Ent- sind nicht erfüllt. gelte, für die bereits nach der alten Rechtslage keine Ge- nehmigungspflicht bestand und die erst im Rahmen der Auf beiden für potenziell regulierungsbedürftig erkannten Regulierungsverfügung BK 3b-07/007 in die sektorspezi- Märkten werden nach dem Entwurf die Telekom fische Regulierung überführt werden sollten. Dazu zählen Deutschland GmbH und die mit ihr verbundenen Unter- Abschluss-Segmente von Mietleitungen mit einer Band- nehmen als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht breite über 622 Mbit/s sowie Abschluss-Segmente mit identifiziert. ethernetbasierten Schnittstellen. Nach dem am 31. August 2011 veröffentlichten Konsul- 6.2 Zugangsregulierung Mietleitungen tationsentwurf werden insgesamt vier relevante Märkte identifiziert: Die Regulierungsverfügung BK 3b-07/007 vom 31. Ok- tober 2007, nach der die Entgelte der Deutsche Telekom – Nationaler Markt für Abschluss-Segmente von analo- AG für den Zugang zu Abschlusssegmenten von Mietlei- gen Mietleitungen und Mietleitungen mit einer Band- tungen auf der Vorleistungsebene der Genehmigung nach breite unter 2 Mbit/s, Maßgabe des § 31 TKG unterliegen, wurde durch Ent- scheidung des Verwaltungsgerichts Köln vom 26. März – Nationaler Markt für Abschluss-Segmente von Miet- 2009 (1 K 5114/07) bzw. des Bundesverwaltungsgerichts leitungen mit einer Bandbreite von 2 Mbit/s bis vom 1. September 2010 (6 C 13.09) weitgehend aufgeho- 10 Mbit/s, ben. Insoweit kann die Regulierungsverfügung BK3b-07/ – Nationaler Markt für Abschluss-Segmente von Miet- 007 vom 31. Oktober 2007 nur noch Grundlage für eine leitungen mit einer Bandbreite von über 10 Mbit/s bis Genehmigungspflicht der Entgelte für CFV 2 Mbit/s sein. 155 Mbit/s, Allerdings ergibt sich die Genehmigungspflicht für CFV der Bandbreiten größer 2 Mbit/s bis maximal 622 Mbit/s – Nationaler Markt für Abschluss-Segmente von Miet- aus dem seinerzeit bestandskräftig gewordenen Teil der leitungen mit einer Bandbreite über 155 Mbit/s. vorläufigen Regulierungsverfügung BK2b 04/027 vom Wie auch bislang umfasst das Abschluss-Segment alle 30. November 2004. Für CFV mit Bandbreiten größer Verbindungen, die nicht dem Fernübertragungs-Segment 622 Mbit/s kann auf diese vorläufige Regulierungsverfü- zuzurechnen sind. Die gegenständlichen Vorleistungs- gung nicht zurückgegriffen werden, d. h. sie unterliegen märkte beinhalten Mietleitungen mit klassischen Schnitt- insoweit keiner Genehmigungspflicht. Auch die sog. stellen und mit ethernetbasierten Schnittstellen sowie Ab- Ethernet-Mietleitungen unterliegen derzeit angesichts der schluss-Segmente, die im Rahmen von Systemlösungen o. g. Rechtsprechung unabhängig von Bandbreite und erbracht werden. Nicht Bestandteil der genannten Märkte Durchsatzvermögen nicht mehr der Genehmigungs- ist der Zugang zur unbeschalteten Glasfaser. pflicht. Der Markt für Abschluss-Segmente von analogen Miet- Auf dieser Grundlage hat die Beschlusskammer einen leitungen und Mietleitungen mit einer Bandbreite unter Entgeltantrag der Deutsche Telekom AG für CFV-Ab- 2 Mbit/s wird nach dem Entwurf nicht als Markt klassifi- schlusssegmente, begrenzt auf die Bandbreiten von ziert, der einer sektorspezifischen Regulierung bedarf. 2 Mbit/s bis einschließlich 622 Mbit/s, genehmigt. Die Die allgemeine Migration zu Mietleitungen mit höheren auf die CFV-Abschlusssegmente der Bandbreiten Bandbreiten, die niedrige Zahl der Betreiber, die in die- 2,5 Gbit/s und 10 Gbit/s gerichteten Entgeltanträge waren sem Segment überhaupt noch tätig sind, und schließlich dementsprechend zurückzuweisen. Ferner war ein weite- der Rückzug insbesondere des Unternehmens mit einer rer Antrag der Deutsche Telekom AG auf Genehmigung flächendeckenden Netzabdeckung aus diesem Markt- von Entgelten für ethernetbasierte Carrier-Festverbindun- segment führen dazu, dass auf dem betreffenden Markt gen zurückzuweisen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81 – Drucksache 17/8246

7. Anrufzustellung in einzelne Mobilfunk- vorliegenden Prognosezeitraums Sprachverkehr in ent- netze (Markt Nr. 7 der Empfehlung 2007) sprechender Weise wie die GSM- und UMTS-Netze er- möglicht, wird dies von dem sachlichen Markt umfasst. 7.1 Marktdefinition und Marktanalyse Am 22. Juni 2011 veröffentlichte die Präsidentenkammer In den sachlichen Markt der Mobilfunkterminierung wird einen Konsultationsentwurf für die dritte Runde der nunmehr auch das Geschäftsmodell der Anrufsammel- Marktdefinition und -analyse im Bereich der Anrufzustel- dienste (ASD) einbezogen. Dieses Geschäftsmodell er- lung in einzelnen Mobilfunknetzen, der dem Markt Nr. 7 möglicht es dem Endnutzer, unter der Verwendung einer im Anhang zur geltenden Märkte-Empfehlung der Kom- Mobilfunkrufnummer Telekommunikationsverkehr über mission entspricht. eine Plattform des ASD-Anbieters in andere Formate um- zuwandeln (z. B. simultane Weiterleitung des Telefonge- Der Entwurf entspricht weitestgehend den Ergebnissen sprächs an einen Festnetz-, Mobilfunk- oder IP-An- der bisherigen Festlegung und behandelt darüber hinaus schluss). Auch wenn die finale Anrufzustellung durch erstmals die Frage nach der Regulierungsbedürftigkeit den ASD-Anbieter nicht zwingend in ein Mobilfunknetz der VoIP-Telefonie und der Anrufsammeldienste. Der we- erfolgt, so muss anfangs noch eine Terminierung in das sentliche Inhalt kann wie folgt wiedergegeben werden: Mobilfunknetz des Kooperationspartners vorgeschaltet Wie schon in den ersten beiden Untersuchungen des vor- sein, damit letztlich die Verbindung zum ASD-Endkun- liegend relevanten Marktes gibt es auch aktuell keine na- den aufgebaut werden kann. tionalen Besonderheiten, die ein Abweichen von dem In räumlicher Hinsicht werden die Märkte als bundesweit Grundsatz „Ein Netz – ein Markt“ im Hinblick auf Markt qualifiziert. Die Märkte werden gemäß dem Drei-Krite- Nr. 7 erforderlich machen würde. Dieser Grundsatz be- rien-Test als regulierungsbedürftig angesehen. Weiterhin sagt, dass die Netzbetreiber über einen 100prozentigen werden die Mobilfunksparte der Deutschen Telekom AG, Marktanteil hinsichtlich ihres eigenen Netzes verfügen Vodafone, E-Plus und Telefónica O2 und die mit ihnen und somit stets eine für die Telekommunikationsregulie- verbunden Unternehmen gemäß § 3 Nummer 29 TKG rung erforderliche beträchtliche Marktmacht vorhanden (derzeit namentlich OnePhone i. V. m. E-Plus) in ihren je- ist. Insbesondere gibt es weder eine direkte noch eine weiligen Netzen als Unternehmen mit beträchtlicher vom Endkundenmarkt abgeleitete Nachfragesubstitution, Marktmacht angesehen. Wettbewerbliche Verhältnisse mit der das so genannte „Calling-Party-Pays-Prinzip“ wären auf diesen Märkten, an denen die Unternehmen je- (d. h. immer der Anrufer zahlt das vollständige Entgelt) weils einen Marktanteil von 100 Prozent haben, nur dann durchbrochen werden könnte, noch eine Angebotssubsti- möglich, wenn es eine direkte entgegen gerichtete Nach- tution. fragemacht der Betreiber, in deren Netze der Anruf gene- Da sich seit Einführung des Homezone-Geschäftsmodells riert wird oder eine vom Endkundenmarkt abgeleitete ent- keine (technischen) Änderungen ergeben haben, wird gegen gerichtete Nachfragemacht dieser Netzbetreiber auch gegenwärtig – wie schon zuvor – kein eigenständi- gäbe. Dies ist aber nicht der Fall. Analog zu den vier Mo- ger Markt für die Homezone-Produkte angenommen. bilfunknetzbetreibern werden auch die bisher regulierten MVNOs Vistream und ring weiterhin als Unternehmen Wie schon in der letzten Marktuntersuchung werden in mit beträchtlicher Marktmacht angesehen. den sachlich relevanten Markt so genannte Mobile Virtual Network Operator (MVNO) einbezogen. Darunter wird in der Praxis ein (Fest-)Netzbetreiber verstanden, der 7.2 Maßnahmen im Bereich der über sämtliche für die Erbringung von Mobilfunkdiensten Entgeltregulierung erforderlichen Netzwerkelemente mit Ausnahme des Am 24. Februar 2011 hat die Bundesnetzagentur ihre Ent- Funknetzes, d. h. der Frequenzrechte, der mobilen Basis- geltgenehmigungen für die Anrufzustellung in die Mobil- stationen sowie der mobilen Übergabeschnittstelle ver- funknetze der vier deutschen Mobilfunknetzbetreiber, die fügt. Diese fehlenden Komponenten werden auf Grund- sog. Mobilfunkterminierung, bekannt gegeben. Danach lage einer Netznutzungsvereinbarung mit einem gelten rückwirkend ab dem 1. Dezember 2010 folgende Mobilfunknetzbetreiber (so genannter Gastnetzbetreiber, Mobilfunkterminierungsentgelte: Host Operator) realisiert. Der sachlich relevante Markt umfasst nur die Terminie- Telekom Deutschland GmbH 3,38 ct/min rung von Sprache und nicht die Terminierung von SMS/ MMS-Diensten bzw. von Datendiensten ohne Sprach- Vodafone D2 GmbH 3,36 ct/min zweck. Die Abwicklung von Sprachverkehr auf dem Telefónica O2 Germany GmbH & 3,39 ct/min „klassischen“ Weg, d. h. als leitungsvermittelnde An- Co OHG rufzustellung in die Mobilfunknetze ist weiterhin Be- standteil des Marktes Nr. 7. E-Plus Mobilfunk GmbH & Co KG 3,36 ct/min Einbezogen werden nach wie vor technologieneutral so- wohl die GSM- als auch die UMTS-Terminierungen. Die Mobilfunkterminierungsentgelte waren Ende No- Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werden über LTE-Netze vember 2010 zunächst nur vorläufig genehmigt worden, keine Terminierungen von Sprache über mobile Endkun- weil erstmals vor einer endgültigen Entscheidung zu- dengeräte angeboten. Sofern das LTE-Netz während des nächst noch ein nationales Konsultationsverfahren durch- Drucksache 17/8246 – 82 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode geführt und anschließend eine Stellungnahme der EU- es blieb bei einem einheitlichen Markt für Mietleitungen Kommission abgewartet werden musste. mit einer Übertragungsrate bis einschließlich 2 Mbit/s für Endkunden, der auch analoge Mietleitungen umfasst. Im Die deutliche Reduzierung gegenüber dem bis Ende No- Ergebnis wurde keine Regulierungsbedürftigkeit mehr vember geltenden Entgeltniveau (6,59 ct/min für die bei- festgestellt, da das erste und dritte Kriterium des Drei- den D-Netze und 7,14 ct/min für die beiden E-Netze) be- Kriterien Test nicht mehr erfüllt waren. Die Vorleistungs- ruhte im Wesentlichen auf der deutlichen Zunahme der regulierung führte dazu, dass die Wettbewerber auf erfor- Verkehrsmengen in den Mobilfunknetzen. Grund hierfür derliche Leistungen für das Angebot an Mietleitungen für war wiederum ein sehr deutlicher Anstieg der Datenmen- Endkunden zurückgreifen konnten, so dass keine hohen gen, u. a. getrieben durch die sehr erfolgreiche Smart- Marktzutrittsschranken mehr bestanden. Zwar verfügte phone-Vermarktung der Mobilfunk-Netzbetreiber. Dem die Deutsche Telekom AG über einen vergleichsweise Anstieg der Gesamtverkehrsmenge stand allerdings eine hohen Marktanteil. Die Entscheidung darüber, ob inner- stabile Kostensituation im Mobilfunkbereich gegenüber, halb des Beurteilungszeitraums eine Tendenz zu wirksa- d. h. die Kosten stiegen nicht proportional zur Nutzung. mem Wettbewerb gegeben sei oder nicht, konnte jedoch Beide Effekte führten zu deutlich geringeren Minutenent- dahingestellt bleiben, da bereits das erste Kriterium nicht gelten. mehr erfüllt war. Zudem reichte das Wettbewerbsrecht al- Bei der Anrufzustellung in ein Netz handelt es sich um leine aus, insbesondere weil es sich zum einen um einen ein natürliches Monopol, deshalb werden die Mobilfunk- relativ stark schrumpfenden Bereich (analoge Mietleitun- terminierungsentgelte reguliert. Die abgesenkten Mobil- gen und 64 kbit/s-Mietleitungen) handelte. Zum anderen funkterminierungsentgelte beeinträchtigen auch nicht den gab es – wie von der Kommission gemeinschaftsweit an- mobilen Breitbandausbau, da es hier keinen kausalen Zu- genommen – auch in Deutschland keine Hinweise auf ein sammenhang gibt. wesentliches Marktversagen für den Bereich der Mietlei- tungen mit einer Übertragungsrate von 2 Mbit/s und klei- Die jetzt endgültig festgesetzten Entgelte gelten ab dem ner. 1. Dezember 2010 und sind bis zum 30. November 2012 befristet. 8.2 Analyse im Bereich des Marktes für Rundfunkübertragungsdienste 8. Weitere Regulierungsmaßnahmen im (Markt Nr. 18 der Empfehlung 2003) Bereich der Marktregulierung (Sonstige Märkte) Am 7. Oktober 2010 hat die Präsidentenkammer der Bun- Ausgenommen von einer weitergehenden Überprüfung desnetzagentur eine umfangreiche Deregulierung der sind Märkte, die nicht (mehr) in der aktuellen Fassung der Rundfunkübertragungsdienste zur Bereitstellung von Märkte-Empfehlung der Kommission als Märkte aufge- Sendeinhalten für Endnutzer (Markt Nr. 18 der Märkte- listet sind und die bereits aufgrund des Fehlens der not- Empfehlung 2003) beschlossen. Demnach wurde die feh- wendigen Voraussetzungen nach den §§ 9 ff. TKG nicht lende Regulierungsbedürftigkeit des Kabeleinspeise- mehr reguliert wurden. Auch der Markt für Auslandsroa- marktes (Kabel-Netzebene 3) und des Signallieferungs- ming (Markt Nr. 17 der Märkte-Empfehlung 2003) ist marktes unabhängig von der Clustergröße (Kabel- nicht mehr zu analysieren, da die Regulierung seit dem Netzebene 4) festgestellt. Der Markt für die analoge 30. Juni 2007 gemeinschaftsweit auf der Grundlage der terrestrische Hörfunkübertragung wurde wie bisher als EU-Roaming-Verordnung erfolgt. regulierungsbedürftig angesehen und die MEDIA BROADCAST GmbH als Unternehmen mit beträchtli- Auf Märkten, die in der neuen Empfehlung 2007 zwar cher Marktmacht identifiziert. nicht (mehr) enthalten sind, die im Rahmen der ersten Runde aufgrund eines Analyseverfahren allerdings regu- Die Abgrenzung der genannten Märkte stand im Wesent- liert wurden, ist eine erneute Untersuchung erforderlich lichen im Einklang mit der vorangegangenen Festlegung gewesen. Hierzu zählen die nachfolgenden Märkte. und der ständigen Marktabgrenzungspraxis durch das Bundeskartellamt, allesamt bereits durch die nationale Rechtsprechung bestätigt. Wesentlicher Grundsatz der 8.1 Analyse im Bereich der Marktabgrenzung war, dass jede Rundfunkübertragungs- Endkundenmietleitungen (Markt Nr. 7 der plattform (Kabel, Satellit, Terrestrik, IPTV) einen eigenen Empfehlung 2003) Markt darstellt. Am 26. Januar 2010 hat die Präsidentenkammer der Bun- Für den Kabeleinspeisemarkt war die Sichtweise der In- desnetzagentur eine Festlegung für die zweite Runde des halteanbieter (Free-TV und Pay-TV Anstalten) maßgeb- Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens im Be- lich, die auf eine möglichst 100-prozentige Reichweite reich des Angebots von Mietleitungen mit einer Übertra- ihrer Programme angewiesen sind, so dass die einzelnen gungsrate bis einschließlich 2 Mbit/s für Endkunden Übertragungsplattformen keine Substitute, sondern ledig- (Markt Nr. 7 der Märkte-Empfehlung 2003) beschlossen. lich Komplementäre darstellten. Für den Signalliefe- Gemäß der Festlegung ist dieser Markt nicht mehr regu- rungsmarkt waren aus Sicht der nachfragenden Netz- lierungsbedürftig. ebene 4-Betreiber die Signallieferungen aus vorge- Hinsichtlich der Marktabgrenzung ergaben sich im Er- lagerten Kabelnetzebenen grundsätzlich untereinander gebnis keine Änderungen zur vorherigen Festlegung, d. h. austauschbar, soweit sich diese Netze überlappten und so Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 83 – Drucksache 17/8246 eine tatsächliche Versorgung möglich war. Wie bereits in 9. Streitschlichtungsverfahren (§ 133 TKG) der letzten Festlegung festgestellt, war auch weiterhin ein Im Bereich der Streitbeilegung nach § 133 TKG hatte eigener netzübergreifender Markt für die Übertragung sich ein Wettbewerber mit dem Antrag an die Bundes- analoger Hörfunkprogramme abzugrenzen. netzagentur gewandt, die Telefonica Germany GmbH & Sowohl für den Kabeleinspeisemarkt als auch für den Si- Co. OHG zu verpflichten, den in dem Netz der Antrag- gnallieferungsmarkt wurde eine potenzielle Regulie- stellerin zu terminierenden Verkehr künftig mit der richti- rungsbedürftigkeit gemäß § 10 Absatz 2 Satz 1 TKG gen CLI (Calling Line Identification bzw. der Rufnum- nicht mehr festgestellt. Zwar wurde auf beiden Märkten mer) und ohne Störung oder Verfälschung der DTMF- von anhaltenden Marktzutrittschranken und fehlender Wahltöne (Dual-tone multi-frequency bzw. „Doppelton- Tendenz zu Wettbewerb ausgegangen, allerdings ließen mehrfrequenz“) zu übergeben sowie die Anrufe nicht zu u. a. folgende Überlegungen die allgemeine Missbrauchs- sperren oder zu drosseln. Der Antrag war unzulässig, weil aufsicht gemäß GWB (als gegenüber dem TKG „mildere“ das Verfahren nach § 133 TKG kein objektives Beanstan- Eingriffsvariante) ausreichend erscheinen: dungsverfahren ist und der Antragsteller sich nicht auf eine drittschützende Norm berufen konnte. – Bei dem Kabeleinspeisemarkt entsprach die bisherige sektorspezifische Regulierung (keine Zugangsver- Abschnitt C pflichtung, keine Ex-ante-Entgeltgenehmigungs- Gerichtliche Verfahren pflicht) im Wesentlichen dem Maßnahmenkatalog des allgemeinen Wettbewerbsrechts. Dies korrespondierte 1. Entscheidungen des Gerichtshofs der mit der Ansicht der Kommission, die für den Rund- Europäischen Union, des Bundes- funkmarkt keine Regulierungsbedürftigkeit mehr verwaltungsgerichts sowie des sieht. Bundesverfassungsgerichts – Eine zukünftige sektorspezifische Regulierung des Si- 1.1 Weitergabe von Carrierdaten gnallieferungsmarktes hätte im Wesentlichen dem In seinem Urteil vom 5. Mai 2011 (Az.: C-543/09) – be- Maßnahmenkatalog des allgemeinen Wettbewerbs- treffend ein Vorabentscheidungsersuchen des Bundesver- rechts entsprochen. Das Erfordernis bereits auferlegter waltungsgerichts (BVerwG) – hat der Europäische Ge- Zugangsverpflichtungen sei inzwischen entfallen, da richtshof (EuGH) insbesondere die Frage behandelt, ob auf dem Signallieferungsmarkt die Nachfrage gegen- der Regelung in § 47 TKG Regelungen des Unionsrechts über den Kabelnetzbetreibern rückläufig war. Die entgegenstehen. Auf der Grundlage von § 47 TKG hatte Kosten für die Realisierung von SMATV-Anlagen und die Bundesnetzagentur die Deutsche Telekom AG ver- SAT-ZF-Anlagen sanken beständig, so dass sich zu- pflichtet, an einen Anbieter von Teilnehmerverzeichnis- nehmend die Schwelle für die Eigenrealisierung loh- sen die Daten ihrer eigenen Teilnehmer sowie Daten, die nen würde. Die Zahl der weiterhin auf eine Signallie- ihr von Teilnehmern dritter Telefondiensteanbieter vor- ferung abhängigen Netzebene-4 Restinseln verringerte liegen (so genannte Carrierdaten) weiterzugeben. Im sich sich beständig. anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren Für den Hörfunkmarkt gilt, dass Wettbewerber nur ver- machte die Deutsche Telekom AG insbesondere geltend, einzelt und regional vorhanden sind. Die Machtposition die auf Carrierdaten erstreckte Weitergabepflicht verstoße des einzig relevanten Plattformbetreibers MEDIA gegen Bestimmungen der Universaldienstrichtlinie BROADCAST besteht unverändert fort, so dass die An- (URL). wendung des Drei-Kriterien-Tests zu dem Ergebnis Der EuGH hat in seinem Urteil festgestellt, dass Artikel 25 führte, den Markt für die analoge Hörfunkübertragung Absatz 2 URL keine Vollharmonisierung der Verpflich- weiterhin sektorspezifisch zu regulieren. tung zur Datenweitergabe enthält. Somit sind die Mit- gliedstaaten berechtigt, eine über die in dieser Regelung 8.3 Nachträgliche Regulierung von Entgelten enthaltenen Vorgaben hinausgehende Pflicht zur Weiter- gabe von Fremddaten einzuführen. Zudem greift die Am 19. Juli 2010 hatte die Beschusskammer zur Über- Regelung in § 47 TKG nicht richtlinienwidrig in die in prüfung der Entgelte für die Überlassung von Teilnehm- Artikel 16 Rahmenrichtlinie und Artikel 17 URL vorge- erdaten gemäß § 47 Absatz 1 u. 2 TKG ein Verfahren der sehenen Befugnisse der Bundesnetzagentur ein. Nach nachträglichen Regulierung gemäß § 47 Absatz 4 Satz 1, diesen Regelungen ist die nationale Regulierungsbehörde und § 38 Absatz 2 bis 4 TKG i. V. m. § 28 TKG eingelei- befugt, eine Analyse der verschiedenen Märkte durchzu- tet. Die Verfahrenseinleitung erfolgte nach Abschluss führen und Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht vorgelagerter Streitbeilegungsverfahren. Mit Beschluss auf Märkten ohne wirksamen Wettbewerb regulatorische BK 2a 10/023 vom 20. September 2010 wurde die Miss- Verpflichtungen aufzuerlegen. Nach Auffassung des Ge- bräuchlichkeit der geforderten Entgelte festgestellt. Der richtshofes kann aus dem Umstand, dass aufgrund der Deutsche Telekom AG wurde aufgegeben, künftige Ent- Beachtung einer mitgliedstaatlichen Regelung – hier: gelte auf der Basis des berücksichtigungsfähigen Kosten- § 47 TKG – durch ein marktmächtiges Unternehmen eine volumens für das Überlassen von Basis- zzgl. Fremd- und besondere regulatorische Maßnahme, etwa die Verpflich- Zusatzdaten so zu gestalten, dass die jeweiligen jährli- tung zur Weitergabe von Carrierdaten an dritte Unterneh- chen Gesamtumsätze 1 652 151,28 Euro (netto) nicht men, nicht mehr erfolgt, nicht geschlossen werden, dass überschreiten. durch die mitgliedstaatliche Regelung unmittelbar in die Drucksache 17/8246 – 84 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Befugnisse der Regulierungsbehörde eingegriffen wird. 27. Juni 2007) betreffend den Markt für den Zugang zur In diesem Punkt hat sich der EuGH dem Votum der Gene- Teilnehmeranschlussleitung (TAL) teilweise stattge- ralanwältin nicht angeschlossen. Im Ergebnis stehen nach geben und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union VG Köln im Verfahren Az.: 21 K 2701/07 vom 23. April Rechtsakte des Unionsrechts der Regelung in § 47 TKG 2008 insoweit korrigiert. Streitgegenständlich waren die nicht entgegen. (erstmals) der Klägerin auferlegten Verpflichtungen, zum Zwecke des Zugangs zum Teilnehmeranschluss am Ka- 1.2 Abschaltung der Auskunftsruf- belverzweiger, Zugang zu den Kabelkanälen zwischen nummer 11861 den Kabelverzweigern und den Hauptverteilern und – falls dies aus technischen oder aus Kapazitätsgründen Das VG Köln hat im Eilverfahren mit Beschluss vom nicht möglich sein sollte – hilfsweise den Zugang zur un- 11. Februar 2011 (Az.: 1 L 1908/10) die Rechtmäßigkeit beschalteten Glasfaser zu gewähren. In Bezug auf den der Abschaltung der Auskunftsrufnummer 11861 bestä- Zugang zu den Kabelverzweigern und den Kabelkanälen tigt. Diese Rufnummer wurde früher als Bahnauskunft zwischen Kabelverzweigern und Hauptverteilern bestä- betrieben. Nach der Rückgabe wurde sie einem anderen tigte das BVerwG die Entscheidung der Bundesnetzagen- Unternehmen zugeteilt. Der Entscheidung lagen Verstöße tur. Dass den Wettbewerbern unter bestimmten Vorausset- des neuen Zuteilungsnehmers gegen die Verpflichtung zungen der Zugriff auf die zwischen den Hauptverteilern zur Preisansage nach § 66b Absatz 3 TKG – teils durch und den Kabelverzweigern verlegten Glasfaserleitungen das gänzliche Fehlen, teils durch die unverhältnismäßige eröffnet ist, sah es hingegen nicht als gerechtfertigt an Länge der Preisansage – zugrunde. Aufgrund der fortge- und hob diese Verpflichtung daher auf. setzten rechtswidrigen Nutzung der Auskunftsrufnummer hatte die Bundesnetzagentur die befristete Abschaltung 1.4 Anwendbarkeit von Vergleichsmarkt- der Rufnummer angeordnet. Zugleich war die Betroffene untersuchungen verpflichtet worden, Verbrauchern, die sich auf den Weg- fall des Entgeltanspruchs nach § 66g TKG berufen, die Mit Urteil vom 23. Juni 2010 (Az.: 6 C 36.08) hat das gezahlten Entgelte zurückzuzahlen sowie gegenüber sol- BVerwG entschieden, dass die Frage einer missbräuchli- chen Verbrauchern noch nicht gezahlte Entgelte nicht ein- chen Überhöhung von Entgelten, die ein marktbeherr- zuziehen. Allein die Rückzahlung von Entgelten an Ver- schendes Unternehmen (hier: alternativer Teilnehmer- braucher sah das Gericht hierbei als nicht von § 67 netzbetreiber) auf einem Telekommunikationsmarkt Absatz 1 TKG gedeckt an. Das OVG NRW hat die Ent- erhebt, nicht anhand konkreter Kostenunterlagen, sondern scheidung des VG Köln gestützt, indem es die dagegen in erster Linie nach dem Vergleichsmarktprinzip zu be- gerichtete Beschwerde der Betroffenen mit Beschluss antworten ist. Nach Auffassung des BVerwG schließt 13 B 236/11 vom 18. Mai 2011 ebenfalls zurückgewiesen selbst die monopolistische Struktur der regulierten Termi- hat. Auch die gegen die streitgegenständliche Entschei- nierungsmärkte eine Vergleichsmarktbetrachtung nicht dung der Bundesnetzagentur sowie gegen die zwei den aus. Auf regulierten Märkten übernimmt die Regulierung Bescheid stützende Beschlüsse des VG Köln und des die sonst dem Wettbewerb zukommende ökonomische OVG Münster gerichtete Verfassungsbeschwerde hatte Funktion, die Spielräume der jeweiligen Anbieter von keinen Erfolg. Mit Beschluss vom 24. August 2011 Leistungen zu kontrollieren und zu begrenzen. Die auf re- (Az.: 1 BvR 1611/11) hat das Bundesverfassungsgericht gulierten Märkten gebildeten Preise sind daher prinzipiell die Beschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Es ebenso wie Wettbewerbspreise geeignet, eine miss- konnte jedenfalls im Hinblick auf den Beschluss des bräuchliche Überhöhung von Entgelten aufzudecken. OVG Münster nicht feststellen, dass Artikel 12 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 3 GG verletzt wird. Es stellte darauf ab, dass das OVG NRW im Rahmen der 1.5 Mietleitungen Interessenabwägung über die Aufrechterhaltung der so- Das BVerwG hat mit Urteil vom 1. September 2010 fortigen Vollziehbarkeit der Maßnahme der Bundesnetz- (Az.: 6 C 13.09) die Revision der Bundesnetzagentur ge- agentur (§ 67 Absatz 1 Satz 5 i. V. m. § 137 TKG) eine mögliche Existenzgefährdung der Betroffenen hinrei- gen das Urteil des VG Köln, mit dem die Regulierungs- chend gewürdigt und dem vom Gesetzgeber verfolgten verfügung für die Vorleistungsmärkte für Mietleitungen Verbraucherschutz zu Recht den Vorrang eingeräumt hat. aufgehoben wurde, soweit andere Mietleitungen als klas- Durch die nicht zu beanstandenden Äußerungen des OVG sische Mietleitungen mit Bandbreiten bis 2 Mbit/s betrof- wird nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts die fen waren, zurückgewiesen. Es hat damit im Ergebnis die Entscheidung des VG Köln geheilt, welche den verfas- Entscheidung des VG Köln bestätigt, obwohl dieses Ur- sungsrechtlichen Anforderungen mangels hinreichender teil nach seiner Auffassung nicht frei von Rechtsfehlern Interessenabwägung nicht gerecht wird. Die Entschei- ist. Aufgehoben ist insoweit als zwingende Folgeent- dung ist unanfechtbar. scheidung auch die Verpflichtung zur Abgabe eines Stan- dardangebots. Der Senat hat in dieser Entscheidung noch- mals das Bestehen eines Beurteilungsspielraums der 1.3 Zugang zum Kabelverzweiger, zu Kabel- Regulierungsbehörde bei der Marktabgrenzung bestätigt kanälen und zu unbeschalteter Glasfaser und sich eingehend mit den Grenzen des Beurteilungs- Mit Urteil vom 27. Januar 2010 hat das BVerwG in dem spielraums bzw. seiner rechtlichen Überprüfbarkeit be- Verfahren 6 C 22.08 der Klage eines Unternehmens ge- schäftigt. Im konkreten Fall sah er die Grenzen des Beur- gen die Regulierungsverfügung (BK 4a-07-002 vom teilungsspielraums als überschritten an, soweit von einem Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 85 – Drucksache 17/8246 unzutreffenden Verständnis des anzuwendenden Geset- lichen Interessen des regulierten Unternehmens erstre- zesbegriffs ausgegangen und demzufolge der erhebliche cken und beschränken sich demgegenüber darauf, dass Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt worden ist. die ihm auferlegten Verpflichtungen ihrerseits die Grenze der Verhältnismäßigkeit nicht überschreiten. 1.6 Mobilfunkterminierungsentgelte bei Homezone-Produkten 2. Weitere Entscheidungen des Verwal- tungsgerichts Köln sowie des Ober- Mit Urteilen vom 20. Oktober 2010 (Az.: 6 C 18.09 und verwaltungsgerichts für das Land 6 C 19.09) hat das BVerwG zwei Entscheidungen des Nordrhein-Westfalen VG Köln aufgehoben, mit denen Klagen zweier Festnetz- betreiber gegen Entgeltgenehmigungen im Bereich der 2.1 Untersagung der Rechnungslegung und Mobilfunkterminierung betreffend sog. Homezone-Pro- Inkassierung dukte abgewiesen worden waren. Ferner hat das BVerwG Die zwei Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht für auch die Entgeltgenehmigungen aufgehoben, soweit das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) hatten die diese eine Unterschreitung der genehmigten Mobilfunk- Frage zum Gegenstand, wie weit die Befugnisse der Bun- terminierungsentgelte für den Fall genehmigen, dass ein desnetzagentur nach § 67 Absatz 1 Satz 1 TKG reichen. an eine geographische Rufnummer gerichteter Anruf ter- Nach dieser Vorschrift kann die Bundesnetzagentur im miniert wird. Nach Auffassung des Gerichts wird durch Rahmen der Rufnummernverwaltung Anordnungen und die Gestattung einer nach unten offenen Preisspanne die andere geeignete Maßnahmen treffen, um die Einhaltung Möglichkeit missbräuchlicher Gestaltungen eröffnet. gesetzlicher Vorschriften und der von ihr erteilten Bedin- gungen über die Zuteilung von Nummern sicherzustellen. 1.7 Anrufzustellung im Festnetz Im Dezember 2010 und Januar 2011 hatte die Bundes- Mit inhaltlich identischen Beschlüssen am 8. Mai 2011 netzagentur Rechnungslegungs- und Inkassierungsver- (Az.: BVerwG 6 B 48.10 bis 54.10 und 60.10) hat das bote für die Artikel-/Leistungsnummern 61404 und BVerwG die Nichtzulassungsbeschwerden alternativer 83917 bzw. die Produkt-IDs 11004 und 12000 ausgespro- Wettbewerber zurückgewiesen. Streitgegenständlich wa- chen. Unter diesen Nummern hatte die telomax GmbH als ren erstinstanzlich die jeweiligen Regulierungsverfügun- Verbindungsnetzbetreiberin auf Telefonrechnungen Be- gen BK3d-08-055 u. a. vom 7. September 2009 zu Markt träge von verschiedenen Drittfirmen für Gewinnspielein- Nr. 3 (Anrufzustellung im Festnetz) der Märkteempfeh- tragsdienste geltend gemacht. Die Dienste waren zuvor lung 2007/879/EG, auf dem die Kläger und Beschwerde- durch unerlaubte Werbeanrufe mit unterdrückter Ruf- führer über beträchtliche Marktmacht verfügen. Die Un- nummer beworben worden, in denen den Betroffenen zu- ternehmen hatten sich selbst gegenüber, die Auferlegung nächst ein Kosmetikgutschein in Höhe von 100 Euro als einer Zugangsverpflichtung nach § 21 Absatz 3 TKG be- Gewinn versprochen wurde. Während des Gesprächs gehrt. Das VG Köln lehnte die Verpflichtungsklagen ab schlossen die Verbraucher dann angeblich einen Vertrag und ließ die Revision nicht zu. über die Teilnahme an einem Gewinnspieleintragsdienst, z. B. „win-finder.com“ oder „glücksfinder.net“. Gegen diese Entscheidungen des VG Köln gingen die Unternehmen mit Beschwerden gegen die Nichtzulassung Die die Maßnahmen der Bundesnetzagentur angreifenden der Revision vor. Sie wollten vor dem BVerwG die Frage Antragstellerinnen machten insbesondere geltend, die geklärt wissen: „Entfaltet § 21 Absatz 3 TKG auch ge- Bundesnetzagentur habe mit den ausgesprochenen Faktu- genüber dem Betreiber eines öffentlichen Telefonnetzes, rierungs- und Inkassierungsverboten nicht im Rahmen der über beträchtliche Marktmacht verfügt, subjektiv- der Nummernverwaltung gehandelt. rechtliche Schutzwirkung? Ist daher die Auferlegung ei- ner Verpflichtung zur Zusammenschaltung einschließlich Dagegen hat das OVG NRW entschieden, dass dieses der Verpflichtung zur Erbringung von Zusammenschal- Tatbestandsmerkmal nicht nur im gesamten technischen tungsleistungen sowie Kollokation nach § 21 Absatz 3 und rechtsgeschäftlichen Umgang mit der Rufnummer Nummer 2 und Nummer 4 TKG ein zugleich belastender – wie etwa der Weitergabe von Rufnummern – gegeben und begünstigender Verwaltungsakt, der einen Anspruch sei, sondern auch bei der Werbung für einen Dienst im auf Auferlegung dieser Zugangsverpflichtungen für alle Zusammenhang mit der Rufnummer erfüllt werde. § 67 beteiligten Parteien der Zusammenschaltung gewähren Absatz 1 Satz 1 TKG sei Ausdruck des gesetzgeberischen kann?“ Willens, jegliche Verstöße bei der Nummernutzung, ins- besondere mit Blick auf Verbraucher- und Kundenschutz- Das BVerwG stellte im Wesentlichen fest, dass sich we- belange zu verfolgen. Demnach habe die Bundesnetz- der dem Wortlaut noch dem Zweck des § 21 TKG ein An- agentur bei Erlass des Untersagungsbescheides im spruch eines marktmächtigen Unternehmens darauf ent- Rahmen der Nummernverwaltung gehandelt. Die getätig- nehmen lässt, dass ihm selbst eine Zugangsverpflichtung, ten Telefonanrufe bezweckten, Werbung für das Ge- insbesondere eine Pflicht zur Zusammenschaltung und schäftsmodell der Diensteanbieterin zu machen. Zudem zur Gewährung von Kollokation, auferlegt wird. Nach gelte die Eingriffsbefugnis der Bundesnetzagentur auch Auffassung des Senats sind Wettbewerbsunternehmen bezüglich solcher Anrufe, die – wie im vorliegenden Fall – und Endverbraucher schutzbedürftig, nicht aber das über Voice over IP (VoIP) realisiert würden und bei denen marktmächtige Unternehmen selbst. Die rechtlich erheb- es an einer klassischen Rufnummer als Anknüpfungs- Drucksache 17/8246 – 86 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode punkt für Maßnahmen nach § 67 Absatz 1 TKG fehle. 032 und BK 3a-10/031) gewandt. Darin wurden die Mo- Dies geböte eine funktionale Betrachtung, nach der auch bilfunknetzbetreiber seitens der Bundesnetzagentur auf- bei VoIP Nummern im Sinne von § 3 Nummer 13 TKG gefordert, ihre Kostenrechnung für die Terminierungsent- genutzt werden würden; der Begriff beziehe Internet- gelte nach Maßgabe eines von der Bundesnetzagentur adressen (IP-Adressen) ein. vorgegebenen Kalkulationsschemas auszugestalten. Zweck dieser Maßnahme war es, der Bundesnetzagentur 2.2 Schaltverteiler-Verfahren die Möglichkeit einer betriebsübergreifenden Effizienz- prüfung im Rahmen des anstehenden Entgeltgenehmi- Nachdem bereits die 21. Kammer des Verwaltungsge- gungsverfahrens zu eröffnen. Das Gericht räumte in sei- richts Köln (VG Köln) im (ersten) sog. „Schaltverteiler- ner Entscheidung einem transparenten und effektiven Verfahren“ (Eilverfahren Az.: 21 L 941/09 und Entgeltregulierungsverfahren den Vorrang vor dem von 21 L 1304/09) zu Gunsten der Bundesnetzagentur ent- dem Unternehmen zu betreibenden Aufwand ein. schieden hat, hat nun auch die 1. Kammer des VG Köln im Parallelverfahren mit Beschluss vom 21. Januar 2010 (Az.: 1 L 1435/09) die Eilanträge eines Telekommunika- 2.5 Ergänzende Regulierungsverpflichtungen tionsunternehmens gegen den Beschluss der Bundesnetz- für den IP-Bitstrom-Zugang agentur vom 3. Juli 2009 (BK 3e-09/035) abgelehnt. Im Mit Urteil vom 25. August 2010 (Az.: 21 K 3702/09) hat Gegensatz zur 21. Kammer ließ die 1. Kammer die strei- das VG Köln die Klage eines Unternehmens abgewiesen, tige Frage, ob der angeordnete Zugang zur TAL mittels mit der dieses sich gegen die rückwirkende Auferlegung eines Schaltverteilers auf dem Hauptkabel von der durch von ergänzenden Regulierungsverpflichtungen auf dem die TAL-Regulierungsverfügung vom 27. Juni 2007 Markt für IP-Bitstrom-Zugang (Markt Nr. 12 der Märkte- (BK 4a-07-002/R) auferlegten Zugangsverpflichtung um- empfehlung 2003) gewendet hatte. Die Bundesnetzagen- fasst ist, nicht offen. Vielmehr stellte die 1. Kammer fest, tur hatte eine wegen Rechtswidrigkeit teilweise aufgeho- dass der Zugang zur TAL auch an anderen Punkten (als bene Regelung der Regulierungsverfügung rückwirkend am Kabel- bzw. Endverzweiger/APL), etwa mittels eines mit der streitgegenständlichen Regelung ergänzt. Das Ge- neu zu errichtenden Schaltverteilers auf dem Hauptkabel richt hat festgestellt, dass der maßgebliche Zeitpunkt für zwischen einem Hauptverteiler oder einem Kabelver- die Beurteilung der Rechtmäßigkeit derartiger Ergänzun- zweiger gewährt werden muss. gen der Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen, zu er- gänzenden Regulierungsverfügung ist. Ausgehend davon 2.3 Zugang zur TAL mittels Schaltverteiler ist der streitige Bescheid der Bundesnetzagentur in recht- ohne Beachtung von Preisobergrenzen mäßiger Weise ergangen. Entsprechend hat das Gericht Das VG Köln hat den Eilantrag eines Telekommunika- begründet, dass sowohl die mit streitgegenständlicher tionsunternehmens, die vorläufige Zahlung von Entgelten Verfügung auferlegte Entgeltgenehmigungspflicht als für den Zugang zum Schaltverteiler ohne Beachtung von auch die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines ein- Preisobergrenzen anzuordnen, mit Beschluss vom heitlichen Standardangebots frei von Rechtsfehlern ist. 11. Januar 2010 (Az.: 21 L 1304/09) abgelehnt. Wesent- lich dafür war die Feststellung, dass die prozessuale 2.6 Betreiber(vor)auswahl-Verpflichtung bei Norm des § 35 Absatz 5 S. 2 Hs. 2 TKG nicht einschlägig All-IP-Anschlüssen ist, weil deren Anwendungsbereich mangels vertraglicher Vereinbarung des streitgegenständlichen Entgelts nicht Mit Beschluss vom 20. September 2010 (Az.: 21 L 799/10) eröffnet ist. Weiter gilt der durch die Anordnungsent- hat das VG Köln den Eilantrag eines Telekommunika- scheidung der Bundesnetzagentur zwischen den Parteien tionsunternehmens auf Anordnung der aufschiebenden zur Entstehung gelangte privatrechtliche Vertrag nach Wirkung der Klage Az.: 21 K 1025/10 gegen die in der Auffassung der Kammer nicht als vertragliche Vereinba- Regulierungsverfügung (BK2c-09-002/R vom 25. Januar rung im Sinne des § 35 Absatz 5 Satz 1 TKG, weil diese 2010) zu Markt Nr. 1 der Märkteempfehlung auferlegte Vorschrift zwischen der hoheitlichen Entgeltregelung und Betreiber(vor)auswahl-Verpflichtung abgelehnt. Aller- dem privatrechtlichen Vertrag unterscheidet. Wird die dings hat das Gericht die (hilfsweise) beantragte aufschie- Entgeltregelung nicht freiwillig getroffen, sondern ho- bende Wirkung der Klage bis zum 31. Dezember 2010 heitlich angeordnet, fehlt es an einem Vertrauenstatbe- angeordnet. Nach Ansicht des VG Köln ist zunächst für stand, wie ihn § 35 Absatz 5 Satz 1 TKG als schützens- die Rechtmäßigkeit der auferlegten Call-by-Call- und wert anerkennt. Preselection-Verpflichtung am All-IP-Anschluss maßge- bend, dass die relevante Ermächtigungsgrundlage § 40 Absatz 1 TKG kein Regulierungsermessen eröffnet, so 2.4 Kalkulationsschema für dass eine gebundene Entscheidung der Bundesnetzagen- Mobilfunkterminierungsentgelte tur bei Bestehen von beträchtlicher Marktmacht vorliegt. Das VG Köln hat mit den Beschlüssen vom 13. Juli 2010 Weiter stellte die Kammer fest, dass § 40 Absatz 1 TKG (Az.: 21 L 797/10) und 27. August 2010 (Az.: 21 L 1129/10) nicht auf schmalbandige Anschlüsse begrenzt ist. den Anträgen zweier Mobilfunknetzbetreiber, die auf- Schließlich obliegt die Ermöglichung von Call-by-Call schiebende Wirkung des eingelegten Hauptsacherechts- und Preselection am All-IP-Anschluss der Klägerin durch behelfs anzuordnen, abgelehnt. Die Unternehmen hatten Implementierung der notwendigen Funktionalitäten im sich gegen die Bescheide vom 30. April 2010 (BK 3a-10/ Netz. Offen gelassen hat das Gericht jedoch die Frage, ob Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 87 – Drucksache 17/8246 die angegriffene Regulierungsverfügung insoweit rechts- Wettbewerber nicht in der Lage seien, die Bündelpro- widrig ist, als sie der Klägerin keine Frist zur Umsetzung dukte zu vergleichbaren Konditionen nachzubilden. Hin- der Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl einräumt. sichtlich der von dem Unternehmen daraufhin vorgeleg- Die danach losgelöst von den Erfolgsaussichten der ten neuen Entgelte war mit Bescheid vom 20. Februar Klage 21 K 1025/10 vorgenommene Interessenabwägung 2008 (BK2b 08/004) festgestellt worden, dass diese die führte nach Auffassung des Gerichts zu einem Überwie- festgestellten Verstöße gegen § 28 TKG abstellten. gen des Interesses der Klägerin, von der Vollziehung vo- Das Gericht führte zur Begründung seiner Entscheidun- rübergehend – bis zum 31. Dezember 2010 – verschont gen aus, dass die Bundesnetzagentur bei der Prüfung der zu bleiben. Im Hauptsacheverfahren hat die Klägerin die Nachbildbarkeit des beanstandeten Bündelproduktes im Klage 21 K 1025/10 zurückgenommen, mit der Folge, Sinne des § 28 Absatz 2 Nummer 3 TKG weder ausrei- dass das VG Köln das Verfahren eingestellt hat (Be- chend dem Umstand Rechnung getragen hat, dass Wett- schluss vom 27. Oktober 2011). bewerber der Klägerin imstande sind, Leistungsbestand- teile des Bündelangebots selbst zu erstellen, noch hat sie 2.7 Zugang zu Multifunktionsgehäusen die mit der Bündelung in der Regel erzielbaren Kosten- Ein Unternehmen hatte sich mit einem Eilantrag gegen einsparungen hinreichend berücksichtigt. Nach Ansicht die von der Bundesnetzagentur angeordnete Verpflich- des Gerichts sind für die selbst realisierten Bestandteile tung gewandt, gegenüber einem Wettbewerber Zugang im des Bündelangebotes Gemeinkostenzuschläge nicht in Multifunktionsgehäuse (MFG) auch für die vor Erlass der Ansatz zu bringen; insoweit ist es sachgerecht, den Maß- TAL-Regulierungsverfügung vom 27. Juni 2007 (TAL- stab des § 28 Absatz 2 Nummer 1 TKG anzuwenden. Da- Regulierungsverfügung 2007) bereits erbauten MFG ge- bei muss die für effiziente Wettbewerber in Ansatz zu währen zu müssen. Weiter wurde die Zugangsgewährung bringende angemessene Verzinsung des eingesetzten Ka- nach dem zeitlichen Prioritätsprinzip angegriffen, die pitals nicht mit derjenigen identisch sein, die gegenüber Verpflichtung zu platzschaffenden Maßnahmen im MFG dem marktbeherrschenden Unternehmen im Rahmen der und die Verpflichtung zur virtuellen Kollokation. Das VG Genehmigung von (Vorleistungs-)Entgelten Berücksichti- Köln hat mit Beschluss vom 18. Oktober 2010 (Az.: gung gefunden hat. Soweit effiziente Wettbewerber für 1 L 1289/10) den Antrag der Antragstellerin, die auf- die Realisierung des Angebots des Produktbündels auf ei- schiebende Wirkung der Klage (Az.: 1 K 2521/10) gegen nen vollständigen oder teilweisen Bezug von Vorleistun- die Zugangsanordnung der Bundesnetzagentur anzuord- gen angewiesen sind, ist nach Auffassung des Gerichts im nen, abgelehnt. Es stellte fest, dass die von der Antrag- Rahmen der Nachbildbarkeitsprüfung des § 28 Absatz 2 stellerin zu gewährende, streitige Kollokation im MFG Nummer 3 TKG ferner zu berücksichtigen, dass der Vor- einschließlich der virtuellen Kollokation auch für solche leistungsbezug nicht allein vom marktbeherrschenden MFG gilt, die vor Erlass der TAL-Regulierungsverfügung Unternehmen möglich ist, sondern auch von anderen 2007 errichtet worden sind. Die angeordneten Verpflich- Wettbewerbern zu Preisen erfolgen kann, die möglicher- tungen zu platzschaffenden Maßnahmen im MFG und zur weise günstiger sind als diejenigen des marktmächtigen virtuellen Kollokation halten sich rechtmäßig im Rahmen Unternehmens. Wie das Gericht ferner dargelegt hat, der durch die TAL-Regulierungsverfügung 2007 begrün- muss bei der Prüfung des § 28 Absatz 2 Nummer 3 TKG deten Verpflichtungen zur Zugangsgewährung. Dass die berücksichtigt werden, dass die Bündelung von Produk- Antragstellerin – und nicht ihre Wettbewerber – im Falle ten auf Seiten des Anbieters regelmäßig zu Synergie- der virtuellen Kollokation das zusätzliche MFG zu errich- effekten bzw. Verbundvorteilen bei Erstellung, Vertrieb ten haben, ist nicht unangemessen, da sie als marktmäch- und Kundenbetreuung führt. Den bei der Prüfung des tige Betreiberin über größere Möglichkeiten verfügt, die § 28 Absatz 2 Nummer 3 TKG bestehenden Ungewiss- virtuelle Kollokation effizient und schnell zu realisieren. heiten und Unwägbarkeiten ist durch einen pauschalen Zu- oder Abschlag zu begegnen. Vorliegend hält das Ge- richt einen Sicherheitsabschlag zu Gunsten der Klägerin 2.8 Nachbildbarkeit von Bündelprodukten von 10 Prozent auf die ermittelten Kosten der effizienten Mit Urteilen vom 4. April 2011 (Az.: 21 K 568/08 und Wettbewerber für angemessen. Dieser Sicherheitsab- 21 K 1408/08) hat das VG Köln den Klagen eines Unter- schlag führt dazu, dass die in den Bescheiden festgestellte nehmens gegen die Bescheide BK2c-07/004 vom Kostenunterdeckung nicht mehr besteht. Die Entschei- 21. Januar 2008 und BK2b-08/004 vom 20. Februar 2008 dungen sind rechtskräftig. stattgegeben. Inhaltlich ging es in den Klageverfahren insbesondere um die Auslegung des § 28 Absatz 2 TKG, 2.9 Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung die Frage der Nachbildbarkeit eines Bündelproduktes und des dabei anzulegenden Prüfungsmaßstabes sowie um Das VG Köln hat in mehreren Urteilen vom den Begriff des effizienten Wettbewerbers im Sinne des 13. April 2011 (Az.: 21 K 3061/07 u. a.) Klagen von § 28 Absatz 2 Nummer 3 TKG. Wettbewerbern gegen die der Deutschen Telekom AG auferlegten TAL-Regulierungsverfügung vom 27. Juni Die Bundesnetzagentur hatte gegenüber einem Unterneh- 2007 abgewiesen, soweit die Klagen nicht bereits unzu- men festgestellt, dass die auf Grundlage eines Rahmen- lässig und/oder in der mündlichen Verhandlung zurückge- vertrages vereinbarten Entgelte für die mit dem Vertrag nommen worden waren. Die Kläger begehrten im Rah- angebotenen Bündelprodukte im Sinne des § 28 Absatz 2 men der o. g. Regulierungsverfügung die Auferlegung Nummer 3 TKG missbräuchlich sind, weil effiziente weiterer Verpflichtungen des marktmächtigen Unterneh- Drucksache 17/8246 – 88 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode mens, u. a. die Gewährung des Zugangs zur Teilnehmer- und einer Ausstattung von zwei Frequenzblöcken zum anschlussleitung, auch wenn dafür ein Kapazitätsausbau Preis von ca. 8,4 Milliarden Euro erhalten. Gemäß den erforderlich sein sollte oder vorhandene Kupferkabelver- der Lizenzurkunde beigefügten Frequenznutzungsbedin- bindungen durch Glasfaserverbindungen ersetzt werden gungen war die Klägerin verpflichtet, einen Versorgungs- sollen, zur getrennten Rechnungsführung der Deutschen grad der Bevölkerung von mindestens 25 Prozent bis zum Telekom AG für ihre Tätigkeiten im Zusammenhang mit 31. Dezember 2003 und von mindestens 50 Prozent bis der Bereitstellung des TAL-Zugangs und zur Veröffentli- zum 31. Dezember 2005 herzustellen. In der Lizenz war chung eines Standardangebotes für den Zugang zur unbe- ein Widerruf für den Fall der Nichterfüllung der Ver- schalteten Glasfaser. pflichtungen vorgesehen. In der Folgezeit stellte die Klä- gerin ihre Tätigkeit als Anbieterin von Mobilfunkdienst- Das Gericht hat in seiner Entscheidung unter Fortführung leistungen ein und entließ den größten Teil ihrer der bisherigen Rechtsprechung betont, dass der Bundes- Belegschaft. Bei Messungen der Bundesnetzagentur im netzagentur ein umfassender Auswahl- und Ausgestal- Jahr 2004 konnten keine Sendeaktivitäten in dem Fre- tungsspielraum hinsichtlich der Frage zusteht, welche Re- quenzspektrum, das dem Unternehmen zugeteilt worden gulierungsverpflichtungen in welcher Kombination dem war, festgestellt werden. Daraufhin wurden die Lizenz- marktmächtigen Unternehmen auferlegt werden. Die ge- rechte des Unternehmens und der ihm erteilte Frequenz- richtliche Kontrolle der getroffenen regulatorischen Ent- zuteilungsbescheid widerrufen. Eine Rückzahlung des scheidung ist auf die Überprüfung von Abwägungsfeh- Versteigerungserlöses erfolgte nicht. lern beschränkt, für die das Verwaltungsgericht aber keine Anhaltspunkte zu erkennen vermochte. Die Revi- Das Bundesverwaltungsgericht hat die Rechtmäßigkeit sion ist in keinem der Verfahren zugelassen worden. Die des Widerrufs der Lizenz und der Frequenzzuteilung we- Entscheidungen sind rechtskräftig. gen Nichterfüllung der daraus resultierenden Verpflich- tungen bestätigt. In der Lizenzurkunde wird dem Lizenz- 2.10 TAL-Einmalentgelte nehmer in Übereinstimmung mit dem TKG auferlegt, die Frequenzen für den UMTS-Mobilfunk effizient zu nutzen Mit Urteilen vom 25. Mai 2011 (Az.: 21 K 4637/03, und die Voraussetzungen für die Aufnahme von Mobil- 21 K 4996/03, 21 K 4997/03, 21 K 4999/03, 21 K 5000/ funkdiensten baldmöglichst zu schaffen. 03, 21 K 5001/03, 21 K 5002/03) hat das VG Köln den gegenüber den jeweiligen Klägern ergangenen Entgeltge- Grundrechtlich geschützte Rechtspositionen stehen dem nehmigungsbescheid vom 30. Juni 2003 zu den TAL-Ein- Widerruf nicht entgegen. Der Widerruf greift zwar in das malentgelten (BK 4a-03-023/E 30.04.03 vom 30. Juni durch Artikel 14 Absatz 1 GG geschützte Eigentumsrecht 2003) aufgehoben. Das VG Köln hat die Rechtswidrig- ein. Die auf der UMTS-Lizenz beruhenden Frequenznut- keit des Bescheides damit begründet, dass die Bundes- zungsrechte stellen eine durch Eigenleistung, nämlich netzagentur von einem nicht zutreffend festgestellten den im Wege des Höchstgebotes ermittelten Zuschlags- Sachverhalt hinsichtlich der Stundensätze und Gemein- preis, für die Frequenzlaufzeit erworbene, insoweit kostenzuschläge ausgegangen ist. Das VG Köln hat in al- schutzwürdige Rechtsposition dar. Diese war jedoch mit len Urteilen die Zulassung der Revision jeweils mit dem der wirksamen und in Bestandskraft erwachsenen Versor- Argument abgelehnt, dass die Rechtssache ausgelaufenes gungsverpflichtung belastet, die den Eigentumsschutz Recht betrifft und dies ihrer grundsätzlichen Bedeutung von vorneherein wesentlich begrenzte. Von diesem Ei- entgegensteht. Die Entscheidungen sind rechtskräftig. gentum darf nur nach Maßgabe der im Gemeinwohlinte- resse auferlegten Versorgungspflicht Gebrauch gemacht 3. Entscheidungen betreffend werden. Die mit der Versorgungspflicht verbundene Be- Frequenzregulierung lastung realisiert sich zum Nachteil des Unternehmens durch die in seinen Verantwortungsbereich fallende Ent- 3.1 Widerruf von UMTS-Mobilfunklizenz und scheidung, ein UMTS-Netz nicht aufzubauen. Es besteht Frequenzzuteilungsbescheid ein erhebliches öffentliches Interesse daran, ungenutztes Mit Urteil vom 17. August 2011 (Az.: 6 C 9.10) hat das bzw. nicht zweckentsprechend genutztes Frequenzspek- Bundesverwaltungsgericht eine Klage gegen den Wider- trum für eine Neuvergabe und damit für eine effiziente ruf einer im Jahr 2000 ersteigerten UMTS-Mobilfunkli- Nachfolgenutzung des brachliegenden Frequenzspek- zenz und eines Frequenzzuteilungsbescheides sowie auf trums zurückzuerlangen, um es dem Markt erneut für eine Rückzahlung des entrichteten Versteigerungserlöses zu- effiziente Nutzung zur Verfügung zu stellen. rückgewiesen und die Urteile der Vorinstanzen (Verwal- tungsgericht Köln (Urteil vom 25. April 2007; Az.: 21 K Ein Anspruch auf Rückzahlung des entrichteten Zu- 3675/05) und Oberverwaltungsgericht Münster (Urteil schlagspreises besteht nicht. Mit dem Zuschlagspreis vom 30. Juni 2009; Az.: 13 A 2069/07)) bestätigt. wird nicht der während der gesamten Lizenzlaufzeit kon- kret fortbestehende Nutzungsvorteil abgegolten, sondern Die Klägerin hatte im Jahr 2000 an einem Versteigerungs- vielmehr die durch die Zuteilung abstrakt eröffnete, d. h. verfahren von Lizenzen für UMTS/IMT-2000 (Universal bei pflichtgemäßem Verhalten erzielbare, Nutzungsmög- Mobile Telecommunications System/International Mo- lichkeit. Verantwortet der Lizenznehmer durch sein eige- bile Telecommunications 2000) teilgenommen und den nes Verhalten den vorzeitigen Entzug der Lizenz, führt Zuschlag für die Erteilung einer bundesweiten Mobil- dieser Verlust als solcher nicht zu einer Störung der Äqui- funklizenz mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2020 valenzbeziehung. Er bewirkt nicht die Erledigung des Zu- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 89 – Drucksache 17/8246 schlags- und Zahlungsfestsetzungsbescheides und besei- betreiberin auf Feststellung der Unwirksamkeit eines öf- tigt nicht den Rechtsgrund für den gezahlten fentlich-rechtlichen Änderungsvertrages, in dem das Zuschlagspreis. Mit dem Zweck der Frequenzversteige- gewährte Recht zur Nutzung von GSM-Frequenzen einer rung, den am besten geeigneten, effizientesten Nutzer zu D-Netzbetreiberin bis zum 31. Dezember 2016 verlängert ermitteln, ist es nicht vereinbar, wenn der erfolgreiche wurde, abgewiesen. Bieter durch eigenes pflichtwidriges Verhalten nachträg- lich die Rechtsgrundlage des Zuschlagspreises beseitigen Wegen unterschiedlicher Marktzutrittszeitpunkte enden könnte. Ein derartiges Verhalten würde eine am Effi- bzw. endeten die erteilten Mobilfunklizenzen unter- zienzprinzip orientierte Preisbildung erschweren oder gar schiedlich. Die Lizenzen der D-Netzbetreiber waren bis verhindern, weil sie dazu verleiten würde, mit Spekula- zum 31. Dezember 2009 und die der E-Netzbetreiber bis tionsabsicht an der Auktion teilzunehmen. zum 31. Dezember 2012 bzw. 31. Dezember 2016 befris- tet. In Umsetzung des Komplexes II des GSM-Konzepts 3.2 Frequenzverlagerungen schloss die Bundesnetzagentur im Mai und Juni 2007 Verträge mit den D-Netzbetreibern und einer der E-Netz- Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom betreiberinnen ab, in welchen sich die Bundesnetzagentur 26. Januar 2011 (Az.: 6 C 2.10) eine Drittanfechtungs- verpflichtete, den D-Netzbetreibern bzw. der E-Netzbe- klage auf Aufhebung ergangener Frequenzverlagerungs- treiberin das Recht zur Nutzung der bereits zugeteilten bescheide vom 3. Februar 2006, mit denen den E-Netzbe- GSM-Frequenzen bis zum 31. Dezember 2016 gegen treibern gemäß Komplex I des GSM-Konzepts Zahlung einer Gebühr zuzuteilen. Frequenzen im 900 MHz-Bereich gegen Verzicht auf die bestehende Nutzung bestimmter Funkfrequenzen im Die Klage gegen den öffentlich-rechtlichen Vertrag Spektrum von 1 800 MHz ohne vorhergehendes Vergabe- wurde als unbegründet abgewiesen. Das Gericht lässt of- verfahren zugeteilt wurden, abgewiesen und damit im Er- fen, ob der geschlossene Vertrag wegen eines Eingriffs in gebnis die vorausgegangenen Entscheidungen des Ober- Rechte der Klägerin überhaupt ihrer Zustimmung bedurft verwaltungsgerichts Münster vom 26. Mai 2009 (Az.: hätte. Wenn dies der Fall wäre, hätte die Klägerin ihre Zu- 13 A 424/08) und des Verwaltungsgerichts Köln vom stimmung zu Unrecht versagt, weil die der streitgegen- 30. November 2007 (Az.: 11 K 5392/06) bestätigt. ständlichen Vereinbarung zugrunde liegende Entschei- dung (Verlängerung der Frequenzen bis 2016) rechtmäßig Eine Vergabe eines Frequenzspektrums im Wege der Fre- war. In den Fällen der Frequenzknappheit hat die Bundes- quenzverlagerung und ohne Durchführung eines vorher- netzagentur grundsätzlich eine Entscheidung nach § 55 gehenden Vergabeverfahrens ist als Ausfluss des in § 55 Absatz 9 TKG zu treffen. Nach dieser Vorschrift kann an- Absatz 9 Satz 1 TKG eingeräumten Ermessens zulässig. geordnet werden, dass der Zuteilung ein Vergabeverfah- Diese bedarf aber einer vorherigen Beschlusskammerent- ren voranzugehen hat, wenn Frequenzknappheit besteht. scheidung nach § 132 Absatz 1 TKG, die hier nicht er- Die Entscheidung steht im Ermessen der Behörde. Dieses folgt war. Entschließungsermessen ist zwar bei bestehender Fre- Die Aufhebung einer im Wege der Frequenzverlagerung quenzknappheit i. S. e. Entscheidung für das Vergabever- erfolgten Frequenzzuteilung im Wege der Drittanfech- fahren vorgezeichnet, weil im Wesentlichen dieselben Er- tungsklage kann nur verlangt werden, wenn die Zuteilung wägungen – nämlich das Nichtvorhandensein von an den Drittanfechtenden jedenfalls möglich erscheint. Frequenzen in ausreichendem Umfang – sowohl auf der Dieses ist nur dann der Fall, wenn der Drittanfechtende Tatbestands- als auch auf der Rechtsfolgenseite maßgeb- im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt (letzte Verwal- lich sind. Die Entscheidung der Bundesnetzagentur, in tungsentscheidung) die Zuteilungsvoraussetzungen in sei- der Situation der Frequenzknappheit ausnahmsweise, ner Person erfüllt. Hierfür ist er darlegungs- und beweis- trotz Vorprägung der Ermessensausübung, kein Vergabe- pflichtig. Im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt lag verfahren durchzuführen, ist jedoch nicht ermessensfeh- lediglich eine Absichtserklärung der Klägerin vor, dass lerhaft. Im Rahmen der Abwägung ist es insbesondere sie bei Durchführung eines Vergabeverfahrens eine Be- nicht ermessensfehlerhaft, dass die Behörde das ihr zuste- werbung für diese Frequenzen anstrebe. Es fehlte indes- hende Ermessen maßgeblich an ihrer Absicht ausgerichtet sen an einem nachvollziehbaren Konzept für die Nutzung hat, das von ihr im November 2005 beschlossene GSM- der hier streitgegenständlichen Frequenzen, so dass die Konzept, dessen Umsetzung zum Zeitpunkt des streitge- Klägerin entgegen § 55 Absatz 5 TKG keine effiziente genständlichen Vertragsschlusses hinsichtlich des Kom- und störungsfreie Frequenznutzung sicherstellte. plexes I (Frequenzverlagerung bei den E-Netzbetreibern) bereits abgeschlossen war – wobei der Abschluss des Die Klägerin hat mittlerweile eine Verfassungsbe- Komplexes III unmittelbar bevorstand – auch in Kom- schwerde anhängig gemacht, die beim Bundesverfas- plex II zu erfüllen. sungsgericht unter dem Aktenzeichen 1 BVR 1100/11 ge- führt wird. Mit dem GSM-Konzept wird ein integrativer planerischer Ansatz im Hinblick auf die weitere technische und fre- 3.3 Angleichung der GSM-Lizenz-/ quenzregulatorische Entwicklung der Mobilfunkmärkte Frequenzzuteilungslaufzeiten verfolgt. Das GSM-Konzept ist dabei selbst nur ein Teil- konzept einer übergreifenden frequenzregulatorischen Mit Urteil vom 17. November 2010 (Az.: 21 K 5862/09) Gesamtkonzeption auf Grundlage der „Strategischen hat das Verwaltungsgericht Köln die Klage einer E-Netz- Aspekte der Frequenzregulierung“. Die beiden Umset- Drucksache 17/8246 – 90 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode zungsstränge („Verlagerung und Verlängerung“) werden In diesen Verfahren ist der Termin zur mündlichen Ver- dabei zwar operativ unterschieden, stehen jedoch erkenn- handlung auf den 7. Dezember 2011 bestimmt. bar in einem untrennbaren Sachzusammenhang zueinan- Weitere Gerichtsverfahren betreffen weitere Entscheidun- der und bedingen sich gegenseitig. Die beiden Teile sind aufeinander abgestimmt und dergestalt aufeinander auf- gen der Bundesnetzagentur im Zusammenhang mit dem bauend, dass der eine Teil („Verlagerung“) ohne den an- Vergabeverfahren. Ein Unternehmen wollte seine Teil- deren Teil („Verlängerung“) nicht isoliert in entsprechen- nahme am Versteigerungsverfahren durchsetzen. Die der Ausgestaltung erlassen worden wäre. Nur in seiner nach Ablehnung des Teilnahmeantrages erhobene Haupt- Gesamtheit stellt das GSM-Konzept den beabsichtigten sacheklage ist derzeit noch in erster Instanz anhängig ausgewogenen Ausgleich sämtlicher beteiligten Interes- (Az.: 21 K 1601/10). Zwei Unternehmen, die an der Ver- sen dar, die miteinander in Einklang gebracht wurden. steigerung teilgenommen hatten, haben überdies gegen Dieses ausgewogene Gefüge gerät – ebenso wie die über- die nach Abschluss der Versteigerung ergangenen Zah- geordnete Gesamtplanung – ins Ungleichgewicht, wenn lungsfestsetzungs- (Az.: 21 K 3807/10; 21 K 3811/10), Zu- nicht, wie bei Konzeption des Maßnahmenpakets unter- schlags- (Az.: 21 K 3808/10; 21 K 3811/10; 21 K 2445/ stellt, sämtliche Bestandteile umgesetzt werden. Die Un- 11; 21 K 2447/11; 21 K 2449/11) und Zuordnungsbe- trennbarkeit des Maßnahmenpakets sowie die Bedeutung scheide (21 K 6040/10; 1 K 2443/11; 1 K 2448/11; des gesamtheitlichen Ansatzes („Paketlösung“) wurden 1 K 2446/11) fristwahrende Klagen erhoben. von der Bundesnetzagentur stets nach außen gegenüber dem Markt und insbesondere auch gegenüber der Kläge- 3.4.2 Entscheidungen des Bundes- rin vertreten. Die Marktteilnehmer haben hierauf vertrau- verwaltungsgerichts end ihre Investitionen und Marktstrategien ausgerichtet. Würden aus diesem Gesamtkonzept nachträglich Einzel- Die Präsidentenkammerentscheidung vom 12. Oktober frequenzen herausgelöst und diese ohne Berücksichti- 2009 war auch Gegenstand zahlreicher Entscheidungen gung des Konzepts aufgrund von Einzelanträgen oder nach des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2011. Zum Teil Durchführung eines Vergabeverfahrens zugeteilt, wäre die konnte es noch keine abschließende Entscheidung treffen, Umsetzung der ausgewogenen Gesamtlösung im Sinne ei- da es an erforderlichen Feststellungen durch die Aus- ner effizienten und störungsfreien Nutzung gefährdet. gangsinstanz (VG Köln) fehlte, und zum Teil hat es be- reits die Rechtmäßigkeit der Präsidentenkammerentschei- Das GSM-Konzept, so führt das Gericht zur Forderung dung bestätigt. eines E-Netzbetreibers nach einer Umverteilung des GSM-Spektrums zu seinen Gunsten weiter aus, ist kein Mit Urteil vom 23. März 2011 (Az.: 6 C 6.10) hob das Konzept zur Herbeiführung einer identischen Frequenz- Bundesverwaltungsgericht auf die Revision einer Mobil- ausstattung aller Mobilfunkanbieter. Vielmehr lässt sich funknetzbetreiberin eine erstinstanzliche Entscheidung dem Konzept entnehmen, dass die grundsätzliche Fre- des Verwaltungsgerichts Köln vom 17. März 2010 (Az.: quenzausstattung der D- gegenüber den E-Netzbetreibern 21 K 7769/09) auf und verwies die Sache zur anderweiti- erhalten bleiben soll. gen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungs- gericht Köln zurück. Die Klägerin hat gegen diese Entscheidung Berufung ein- gelegt. Diese ist vor dem Oberverwaltungsgericht Müns- Das Bundesverwaltungsgericht bejahte die Zulässigkeit ter unter dem Aktenzeichen 13 A 159/11 anhängig. Das der erhobenen Anfechtungsklage gegen die Allgemein- Oberverwaltungsgericht wird darüber am 9. Februar 2012 verfügung vom 12. September 2010. Sie ist insgesamt mündlich verhandeln. Ein weiteres Verfahren gegen die eine neue Sachentscheidung und nicht lediglich eine die Frequenzverlängerungen ist noch erstinstanzlich vor dem Allgemeinverfügung vom 7. April 2008 wiederholende Verwaltungsgericht Köln unter dem Aktenzeichen Verfügung. Durch die Verbindung des seinerzeit bereits 1 K 6029/10 anhängig. eingeleiteten Vergabeverfahrens für Frequenzen der Be- reiche 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz mit der Vergabe der 3.4 Frequenzvergabe für den drahtlosen neu hinzugetretenen Frequenzen der Bereiche 800 MHz Netzzugang und 1,8 GHz sollte der Frequenzzugang flexibilisiert wer- den und die Entstehung künstlicher Frequenzknappheiten Mit der Präsidentenkammerentscheidung vom vermieden werden. Hierdurch ist insgesamt ein neuer 12. Oktober 2009 wurde das Verfahren zur Vergabe von Verfahrensgegenstand entstanden, so dass auch wort- Frequenzen in den Bereichen 800 MHz (digitale Divi- gleich übernommene Bestimmungen einen neuen Rege- dende), 1,8 GHz, 2,0 GHz und 2,6 GHz eingeleitet. Gegen die Entscheidung sind mehrere Unternehmen erstinstanz- lungsgehalt aufweisen. lich sowohl im Eil- als auch im Hauptsacheverfahren bis- Ob die Voraussetzungen gegeben sind, die das Gesetz an lang erfolglos gerichtlich vorgegangen. 2011 hat das Bun- den Erlass einer Vergabeanordnung knüpft, vermag das desverwaltungsgericht über die ersten Revisionen hierzu Bundesverwaltungsgericht auf der Grundlage der vom entschieden. Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen nicht ab- schließend zu beurteilen. 3.4.1 Noch in erster Instanz anhängige Dieses gilt zum einen für die Frage, ob die erforderliche Verfahren Frequenzknappheit vorliegt. Diese kann sich entweder Noch in erster Instanz anhängig sind zurzeit die Klagen aus der bereits feststehenden Tatsache eines Antragsüber- zweier Kabelnetzbetreiber (21 K 8194/09 und 21 K 8195/09). hangs (§ 55 Absatz 9 Satz 1 Alt. 2 TKG) oder aus der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91 – Drucksache 17/8246

Prognose einer mangelnden Verfügbarkeit von Frequen- nahmsweise ungeeignet ist. Dieses ist der Fall, wenn ent- zen (§ 55 Absatz 9 Satz 1 Alt. 1) ergeben. Die Prognose weder auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt, bezieht sich darauf, dass im Zuteilungszeitpunkt eine das für den die Funkfrequenzen unter Beachtung des Fre- verfügbare Frequenzspektrum übersteigende Anzahl von quenznutzungsplans verwendet werden dürfen, bereits Zuteilungsanträgen gestellt sein wird. Grundlage dieser Frequenzen ohne vorherige Durchführung eines Verstei- Prognose ist die Feststellung eines überschießenden Fre- gerungsverfahrens zugeteilt wurden oder ein Antragstel- quenzbedarfs. Bei dieser Feststellung als solcher steht der ler für die zuzuteilenden Frequenzen eine gesetzlich be- Bundesnetzagentur kein Beurteilungsspielraum zu. Die gründete Präferenz geltend machen kann. Die gesetzliche Bedarfsfeststellung als solche zählt zu der entscheidungs- Regelung beinhaltet einen qualifizierten Prüfauftrag für erheblichen Tatsachengrundlage, die wirklich gegeben die Behörde. Für die Beurteilung, ob auf dem sachlich und nicht nur vertretbar angenommen worden sein muss. und räumlich relevanten Markt bereits Frequenzen ohne Hier, wo die Behörde auf eine Mischung von Erkenntnis- vorherige Durchführung eines Versteigerungsverfahrens sen aus teilweise lange zurückliegenden Bedarfsabfragen zugeteilt worden sind, ist eine sachliche Marktabgren- bezüglich einzelner Frequenzspektren, neuen Bedarfs- zung nach dem sog. Bedarfsmarktkonzept und eine räum- meldungen und eigenen Bedarfsschätzungen zurückge- liche Marktabgrenzung vorzunehmen. Die Gleichsetzung griffen hat, muss das Gericht sich eine eigene Überzeu- des Widmungsbereichs der Frequenzen auf der Grund- gung darüber bilden, ob ein Bedarfsüberhang auf dieser lage des Frequenznutzungsplans mit dem sachlich rele- Grundlage nachgewiesen ist. Ein Ermittlungsdefizit vanten Markt, ohne das Nachfrager- und Anbieterverhal- wurde insbesondere darin gesehen, dass die Prämisse, die ten empirisch zu ermitteln genügt für die sachliche bis in das Jahr 2005 zurückreichenden Bedarfsmeldungen Marktabgrenzung nicht. seien nach wie vor stabil, nicht überprüft wurde und dass nicht untersucht wurde, inwieweit das neu hinzugekom- Sofern sich die Beurteilungen nach erneuten Ermittlun- mene Spektrum unterhalb von 1 GHz (digitale Divi- gen durch das Verwaltungsgericht im Ergebnis als zutref- dende) Auswirkungen auf den angenommenen Bedarfs- fend erweisen, bestehen keine rechtlichen Bedenken ge- überhang hinsichtlich der Frequenzen oberhalb von gen die Versteigerungsregeln. Das Gesetz räumt der 1 GHz hat. Behörde bei der Anordnung der Versteigerungsregeln ei- nen Gestaltungsspielraum ein. Im Rahmen dieses Ausge- Bei der nun erforderlichen Nachholung der Feststellun- staltungsspielraums ist die Anordnung einer Bietrechtsbe- gen und Bewertung darf das Verwaltungsgericht auch auf schränkung möglich. Sie kann bei ungleicher spätere Erkenntnisse, etwa über den tatsächlichen Verlauf Marktmachtverteilung erforderlich sein, um das Regulie- und die Ergebnisse des Versteigerungsverfahrens zurück- rungsziel der Sicherstellung chancengleichen Wettbe- gegriffen werden darf, soweit diese Hilfstatsachen den werbs zu erreichen. Die Nichtanordnung weitergehender Rückschluss auf einen bereits im Zeitpunkt des Erlasses Bietrechtsbeschränkungen (Spektrumskappen) ist recht- der Vergabeanordnung bestehenden Bedarfsüberhangs mäßig. Die Bewertungen der Behörde lassen ein schlüssi- zulassen. ges Handlungskonzept erkennen, das der effizienten Fre- quenznutzung den Vorrang gegenüber kollidierenden Wenn die Knappheitsprognose nach nochmaliger Über- anderen Belangen einräumt. prüfung eine ausreichende tatsächliche Grundlage hat, sind nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts Das Verfahren ist derzeit zur weiteren Aufklärung wieder keine Ermessensfehler beim Erlass der Vergabeanord- beim Verwaltungsgericht Köln unter dem Aktenzeichen nung erkennbar. Bei bestehender Frequenzknappheit ist 21 K 3150/11 anhängig. die Ermessensentscheidung i. S. d. Erlasses einer Verga- beanordnung vorgeprägt; nur in Ausnahmefällen kann In vier weiteren Entscheidungen vom 22. Juni 2011 (Az.: trotz Frequenzknappheit vom Erlass der Vergabeanord- 6 C 3.10; 6 C 5.10; 6 C 40.10 und 6 C 41.10) hat das nung abgesehen werden. In diesen Fällen bedarf es aus- Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung aus drücklicher Ermessenserwägungen. Das GSM-Konzept dem vorgenannten Urteil vom 23. März 2011 (s. o.) be- begründet keinen derartigen Ausnahmefall. Es hat nicht stätigt und weiter vertieft. die Qualität einer die Bundesnetzagentur für eine unbe- stimmte Vielzahl von Vergabefällen generell bindenden Die Klägerin in diesen Verfahren besaß bis 2007 Fre- Ermessensrichtlinie. quenzzuteilungen und ist derzeit auf der Grundlage eines Vergleichs mit der Bundesnetzagentur berechtigt, die vor- Auch die Frage, ob das Versteigerungsverfahren zur Er- mals zugeteilten 2,6-GHz-Frequenzen bis zur Nutzungs- reichung der Regulierungsziele geeignet ist, ist auf Basis aufnahme durch neue Zuteilungsinhaber zu nutzen. Die der Feststellungen des Verwaltungsgerichts Köln noch Klägerin nutzt die Frequenzen nach wie vor nur in weni- nicht abschließend beurteilbar. Bei dieser Frage besteht gen Regionen. auf der Tatbestandsseite eine Einschätzungsprärogative der Behörde. Sie hat in eine komplexe Abwägung der Re- Über die Entscheidung vom 23. März 2011 hinausgehend gulierungsziele einzutreten, was die Gewichtung und den führt das Gericht aus, dass eine Aufhebung der Präsiden- Ausgleich öffentlicher und privater Belange einschließt. tenkammerentscheidung ausschließlich für einen Fre- Dieser Beurteilungsspielraum ist nach § 61 Absatz 2 quenzbereich (hier: 2,6 GHz) oder gar für die der Kläge- Satz 2 TKG, eingeschränkt, wenn das Versteigerungsver- rin aus diesem Frequenzbereich seinerzeit zugeteilten fahren zur Sicherstellung der Regulierungsziele aus- Einzelfrequenzen ebenso wenig in Betracht kommt, wie Drucksache 17/8246 – 92 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode eine isolierte Aufhebung des betreffenden Teils einer Ver- 862 MHz für den Mobilfunk – insbesondere durch den gabeanordnung. Einsatz der für die schnelle Funkanbindung an das Inter- net vorgesehenen LTE-Technologie zu Störungen des di- Der Anordnung eines Vergabeverfahrens muss kein förm- gitalen Fernsehrundfunkempfangs kommt, sowohl durch liches Bedarfsermittlungsverfahren, mit öffentlicher Auf- die Nutzung der Endgeräte, als auch der Basisstationen. forderung innerhalb einer angemessenen Frist Bedarfs- Vor diesem Hintergrund verlangen sie, dass die Bundes- meldungen in Bezug auf die fraglichen Frequenzen netzagentur bereits vor dem Verfahren zur Vergabe von einzureichen vorausgehen. Dieses sieht das Gesetz nicht Frequenzen für Mobilfunkdienste das gegebene Störpo- vor. tential sorgfältig ermittelt und durch eine entsprechende Eine Nichtbeteiligte am Beschlusskammerverfahren kann Ausgestaltung der Frequenznutzungsbestimmungen im sich nicht auf die Nichtdurchführung einer mündlichen Vergabeverfahren die zu erwartenden Folgekonflikte löst Verhandlung vor Erlass einer Vergabeanordnung berufen. und verbindliche Vorgaben für die Bewältigung der auf- Ob dem Erlass einer Vergabeanordnung eine mündliche tretenden Interferenzproblematiken macht. Verhandlung nach § 135 Absatz 3 TKG vorausgehen Das Gericht führt aus, dass die angefochtenen Teile der muss, lässt das Gericht offen. Dagegen könnte aus Sicht Allgemeinverfügung die Klägerinnen als Nichtadressatin- des Gerichts die Vorschrift des § 55 Absatz 9 TKG spre- nen und Nichtteilnehmerinnen an dem Vergabeverfahren chen. jedenfalls nicht oder nicht unmittelbar in ihren Rechten Die durch die Vergabeanordnung bewirkte Umwandlung verletzen. Dies gelte auch für die Frequenznutzungsbe- des Anspruchs auf Einzelzuteilung in einen Anspruch auf stimmungen für den 800 MHz-Bereich. chancengleiche Teilnahme am Vergabeverfahren ist nicht dadurch auflösend bedingt, dass es die Bundesnetzagen- Die von den Klägerinnen befürchteten Störungen des tur versäumt, über einen Zuteilungsantrag (Verlänge- Rundfunkempfangs treten – wenn überhaupt – noch nicht rungsantrag) rechtzeitig zu entscheiden. Der Zuteilungs- mit der im Rahmen von § 61 Absatz 4 Nummer 4 TKG anspruch ist bei Vorliegen einer Frequenzknappheit erfolgenden Festlegung der Frequenznutzungsbestim- gehemmt. Auch unter den Voraussetzungen des § 55 mungen auf, sondern erst nach Durchführung des Verga- Absatz 8 TKG wandelt sich der Anspruch auf Zuteilung beverfahrens mit der Zuteilung der Frequenzen und mit gemäß § 55 Absatz 9 Satz 1 TKG zunächst in einen An- ihrer Nutzung. spruch auf Teilnahme an einem diskriminierungsfreien Die Frequenznutzungsbestimmungen haben auch nicht Vergabeverfahren um und erst mit der erfolgreichen rechtlich die Wirkung einer unter dem Vorbehalt des Zu- Durchsetzung gegen die Mitbewerber wandelt sich der schlags stehenden Zusicherung der späteren Frequenzzu- Anspruch in einen Anspruch auf Zuteilung zurück. teilung unter eben diesen Bedingungen, da diese Bestim- Die Verfahren gegen die Anordnung der Verfahrensver- mungen ausdrücklich nur vorläufige Bestimmungen für bindung und Anordnung des Vergabeverfahrens den 800 MHz-Frequenzbereich sind und insofern der (6 C 3.10) und gegen die Anordnung des Versteigerungs- Bindungswille der Behörde fehlt. Zudem ist in der Allge- verfahrens (6 C 5.10) wurden zur weiteren Aufklärung an meinverfügung der Vorbehalt der nachträglichen Ände- die Ausgangsinstanz zur weiteren Aufklärung zurückver- rung der Frequenznutzungsbestimmungen enthalten. wiesen. Sie sind dort unter den Aktenzeichen 21 K 4413/11 Die Klägerinnen werden auch nicht in einem auch sie und 21 K 4414/11 anhängig. schützenden subjektiven Recht auf fehlerfreie Abwägung Die Klagen gegen die Vergabebedingungen (6 C 40.10) ihrer Belange in einem Planungsprozess verletzt. Ein pla- und gegen die Versteigerungsregeln (6 C 41.10) wurden nungsrechtlich fundiertes Recht auf gerechte Abwägung abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht erkannte der gibt es i. R. d. § 61 Absatz 4 TKG nicht. Die in der Allge- Bundesnetzagentur sowohl bei der Festlegung der Verga- meinverfügung getroffenen Entscheidungen werden nicht bebedingungen als auch bei der Festlegung der Versteige- in einem förmlichen Planfeststellungsverfahren getroffen. rungsregeln einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüf- Sie sind keine eigenständigen planerischen Entscheidun- baren Beurteilungsspielraum zu, den sie rechtmäßig gen hinsichtlich des Schutzes konfligierender Frequenz- ausgeübt hat. nutzungen, in deren Rahmen Drittbetroffenen ein subjek- tives Recht auf gerechte Abwägung ihrer Belange zukommt. 3.4.3 Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Köln Die Klägerinnen können sich nicht auf eine unmittelbare Mit Urteilen vom 9. Februar 2011 (Az.: 21 K 8146/09, Verletzung in ihrer Rundfunkfreiheit berufen. Die be- 21 K 8147/09 und 21 K 8148/09) hat das Verwaltungsge- fürchteten Beeinträchtigungen sind auf Grund ihrer Qua- richt Köln die Klagen von Rundfunkanstalten gegen die lität oder ihres Umfangs nicht geeignet, die freie indivi- Modalitäten der Vergabe von Funkfrequenzen im Bereich duelle und öffentliche Meinungsbildung, der die von 790 bis 862 MHz (sog. 800 MHz-Band) an Mobil- Rundfunkfreiheit dient, zu gefährden. Auf Grund konfli- funkunternehmen in der Präsidentenkammerentscheidung gierender Frequenznutzungen kann es zwar zu vorüberge- vom 12. Oktober 2009 abgewiesen. henden Empfangsstörungen kommen, diese können aber zum gegebenen Zeitpunkt durch entsprechende techni- Die Klägerinnen befürchten, dass es durch die vorgese- sche Maßnahmen vermieden oder zumindest deutlich ge- hene Nutzung der Frequenzen in dem Bereich 790 bis lindert werden. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93 – Drucksache 17/8246

Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit gibt weder einen störungsfreie Frequenznutzung sicherzustellen, beinhaltet Anspruch für eine Nutzung von Frequenzen auf Dauer, eine Zielvorgabe, innerhalb derer die Effizienz und die noch vermittelt es einen Schutzanspruch vor vorüberge- Störungsfreiheit konfligierende Belange sind, die nicht henden Empfangsstörungen auf einem bestimmten Über- im Sinne eines Maximierungsgebots des einen auf Kosten tragungsweg, wenn sich diese Störungen im laufenden des anderen zu verstehen sind, sondern im Wege werten- Betrieb durch entsprechende technische Maßnahmen be- der Abwägung bedarfsgerecht zum Ausgleich zu bringen seitigen oder zumindest auf ein erträgliches Maß verrin- sind. Die Störungen sind auf ein akzeptables Maß im gern lassen und daneben noch weitere ungestörte Übertra- Sinne einer Herstellung größtmöglicher Störungsfreiheit gungswege zur Verfügung stehen, auf die die Nutzer (nicht maximaler Störungsfreiheit) bei größtmöglicher notfalls ausweichen können. Effizienz der Frequenznutzung zu reduzieren. Dieses lei- tet das Gericht aus dem Begriff der Verträglichkeit der Die Klägerinnen verfolgen ihr Klagebegehren weiter mit Frequenznutzung in § 55 Absatz 5 Nummer 3 TKG ab, der Revision gegen das Urteil in dem Verfahren der nicht mit dem der Störungsfreiheit gleichzusetzen ist. 21 K 8146/09. Die Revision wird beim Bundesverwal- tungsgericht unter dem Aktenzeichen 6 C 13.11 geführt. Die Entscheidung der Bundesnetzagentur, die Frequenzen im 800 MHz-Bereich schon vor einer in jeder Beziehung Das Verwaltungsgericht Köln hat zudem mit Urteil vom abschließenden Klärung der Störszenarien unter der Fest- 14. September 2011 (Az.: 21 K 8149/09) eine Klage einer legung nur vorläufiger Frequenznutzungsbestimmungen Rundfunksendernetzbetreiberin abgewiesen. zur Vergabe zu stellen, ist ermessensfehlerfrei. In der Si- Diese wehrt sich ebenfalls gegen die Vergabe der Fre- tuation einer zwar grundsätzlich gegebenen Verträglich- quenzen aus dem Bereich 790 bis 862 MHz, weil sie zum keit der unterschiedlichen Frequenznutzungen, aber einen in diesem Bereich noch über Frequenzzuteilungen gleichwohl bestehenden Möglichkeit des Auftretens von verfügt und zum anderen Störungen des Rundfunksender- störenden Interferenzen bei der späteren Nutzung, steht es betriebs durch die zukünftige Nutzung befürchtet. im Ermessen der Behörde, die Vergabe der in Rede ste- henden Frequenzen unter dem Vorbehalt einer nachträgli- Bezüglich des primären Streitgegenstands, der Gewähr- chen Änderung der Nutzungsbestimmungen durchzufüh- leistung der Störungsfreiheit durch die Präsidentenkam- ren oder die Vergabe zunächst zurückzustellen, um die merentscheidung, bleibt das Gericht bei seiner bisherigen möglichen Interferenzsituationen weiter zu untersuchen Linie aus seinen Entscheidungen vom 9. Februar 2011 und die nach § 61 Absatz 4 Nummer 4 TKG vor der (s. o.), wonach es jedenfalls an einer unmittelbaren Durchführung des Vergabeverfahrens zu erlassenden Fre- Rechtsverletzung fehlt und auch kein Anspruch auf pla- quenznutzungsbestimmungen abschließend und vorbe- nerische Abwägung besteht. haltlos zu erlassen. Die Entscheidung der Bundesnetz- Weiter stellt das Verwaltungsgericht fest, dass die Bun- agentur, die Frequenzen im 800 MHz-Bereich schon vor desnetzagentur das 800-MHz-Band in das Vergabeverfah- einer in jeder Beziehung abschließenden Klärung der ren einbeziehen durfte. Die bis 2025 befristeten Fre- Störszenarien unter der Festlegung nur vorläufiger Fre- quenznutzungsrechte der Klägerin in diesem Bereich quenznutzungsbestimmungen zur Vergabe zu stellen, ist standen dem nicht entgegen. In die im Rahmen des § 55 ermessensfehlerfrei. Die Entscheidung birgt zwar in hö- Absatz 9 TKG zu treffende Prognoseentscheidung und in herem Maße die Gefahr in sich, dass sich möglicherweise die anschließende Vergabe darf die Behörde nicht nur die Störszenarien realisieren, auf die erst im Nachhinein im Prognosezeitpunkt tatsächlich für eine Zuteilung zur durch behördliche Maßnahmen reagiert werden kann Verfügung stehenden Frequenzen einbeziehen. Sie muss (bspw. von LTE-Endgeräten ausgehende Interferenzen). auch solche Frequenzen berücksichtigen, die absehbar für Da solche Störungen jedoch in den meisten Fällen durch die spätere Zuteilung zur Verfügung stehen werden, auch nutzerabhängiges Verhalten beeinflussbar sind, können wenn sie zum Zeitpunkt der Anordnung des Vergabever- die damit ggf. verbundenen vorübergehenden Beeinträch- fahrens noch mit Frequenznutzungsrechten belegt sind. tigungen hinter dem Interesse an einer zügigen Vergabe Das gilt nicht nur für Frequenzen, die aufgrund auslau- der Frequenzen im 800 MHz-Bereich zurückstehen, zu- fender Befristungen der Nutzungsrechte wieder verfügbar mal die Möglichkeiten präventiver Maßnahmen der Bun- sein werden, sondern auch für solche, die mit hoher desnetzagentur in diesem Bereich der Natur der Sache Wahrscheinlichkeit auf Grund anderer Umstände, etwa zu nach ohnehin begrenzt sind. erwartender Rückgaben oder beabsichtigter Widerrufe für Gegen die Entscheidung hat die Klägerin Revision einge- eine Neuvergabe zur Verfügung stehen werden. legt. Diese ist beim Bundesverwaltungsgericht unter dem Ein Anspruch auf Gewährleistung einer in jeder Hinsicht Aktenzeichen 6 C 36.11 anhängig. von Störungen freien Frequenznutzung (Schutz vor Stö- rungen um jeden Preis) gegenüber später hinzutretenden Abschnitt D Frequenznutzungen besteht nach Auffassung des Gerichts Nummerierung nicht, sondern lediglich ein im Wege der Abwägung zum Ausgleich gebrachter Anspruch auf Abwehr unzumutba- 1. Überblick über die Tätigkeiten rerer Beeinträchtigungen, ohne dass es darauf ankäme, 1.1 Allgemeines welche der in Rede stehenden Frequenznutzungen die frühere war und welche zu einem späteren Zeitpunkt hin- Nummern sind Zeichenfolgen, die in Telekommunika- zugetreten ist. Das gesetzliche Gebot, eine effiziente und tionsnetzen Zwecken der Adressierung dienen (§ 3 Drucksache 17/8246 – 94 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Nummer 13 TKG). Die Bundesnetzagentur nimmt auf – Entwicklungen im Bereich der Telekommunika- der Grundlage der §§ 66, 67 TKG die Aufgaben der tionstechnik (z. B. Vermittlungsprinzipien, Vermitt- Nummerierung wahr. Ihr obliegt dabei die Strukturierung lungstechnik, Übertragungsverfahren), und Ausgestaltung des Nummernraums mit dem Ziel, den – Änderungen im Bereich der Abrechnungsmethoden Anforderungen von Endnutzern, Betreibern von Tele- (z. B. Fakturierungs- und Inkassomöglichkeiten), kommunikationsnetzen und Anbietern von Telekommu- nikationsdiensten zu genügen. Die sachgerechte Wahr- – Missbrauch von Telekommunikationsdiensten sowie nehmung der Aufgaben der Nummerierung ist für den – Entstehung einer Nummernknappheit aufgrund hoher deutschen Telekommunikationsmarkt von hoher Bedeu- Nachfrage. tung, da jeder Netzbetreiber und jeder Diensteanbieter für seine Geschäftstätigkeit zwingend geeignete und ausrei- Gemäß der am 15. Februar 2008 in Kraft getretenen Tele- chend verfügbare Nummernressourcen benötigt. kommunikations-Nummerierungsverordnung (TNV, BGBl. I Nummer 5 vom 14. Februar 2008, S. 141 ff.) soll die Das TKG reguliert zwar nicht den Aufbau und die Leis- Bundesnetzagentur für jeden Nummernraum einen Num- tungsmerkmale von Netzen und Diensten, indirekt wer- mernplan veröffentlichen, in dem insbesondere das For- den hierzu aber durch die Strukturierung und Ausgestal- mat der Nummern, der Nutzungszweck, die Zuteilungs- tung von Nummernräumen in erheblichem Maße voraussetzungen und die Nutzungsbedingungen Vorgaben gemacht. Ein funktionierendes, diskriminie- festgelegt sind. Seither stellt die Bundesnetzagentur Zug rungsfreies Zusammenspiel aller Telekommunikations- um Zug alle Regelungen zu bestehenden Nummernres- netze und -dienste in Deutschland und die Wahrung der sourcen auf Nummernpläne gemäß der TNV um. Zusätz- Verbraucherinteressen sind nur möglich, wenn für alle lich wird zu jeder Nummernressource veröffentlicht, wie Nummernräume und -bereiche ein gemeinsames Ver- das Antragsverfahren im Einzelnen geregelt ist. ständnis über die Struktur, den Verwendungszweck und die Nutzungsbedingungen von Nummern besteht. Inso- Auf der Grundlage dieser Veröffentlichungen erfolgt die Nummernverwaltung im engeren Sinne, das heißt die Zu- fern ist der Erlass gewisser Vorgaben erforderlich. Außer- teilung der Nummern an Betreiber von Telekommunika- dem ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Nummern um tionsnetzen, Anbieter von Telekommunikationsdiensten begrenzte Ressourcen handelt, die wirtschaftlich zu ver- und Endnutzer. Die Bundesnetzagentur kann dabei nach walten sind. Dies bedeutet für die Bundesnetzagentur ins- § 6 Nummer 1 TNV einen Antrag auf Zuteilung einer besondere, dafür Sorge zu tragen, dass in jedem Num- Nummer ablehnen, wenn Tatsachen die Annahme recht- mernbereich Nummern stets in ausreichender Zahl fertigen, dass der Antragsteller nicht die Gewähr für eine verfügbar sind, damit auch neue Anbieter am Wettbewerb ordnungsgemäße Nummernnutzung bietet. Dies ermög- jederzeit teilnehmen können. licht vor allem, Zuteilungsnehmern Rufnummern zu ver- Die Aufgaben der Nummerierung erstrecken sich auf sagen, die in der Vergangenheit bereits durch rechtswidri- viele Nummernräume, von denen einige nur innerhalb be- ges Verhalten auffällig geworden sind. stimmter Zeichengabeprotokolle Bedeutung haben und In Bezug auf erfolgte Zuteilungen überwacht die Bundes- oft nur den jeweiligen Experten bekannt sind. Der be- netzagentur im Rahmen der Nummernverwaltung, ob die kannteste und wohl auch bedeutendste Nummernraum ist Nutzungsbedingungen eingehalten werden. Ist dies nicht der in der Empfehlung E 164 der Internationalen Fern- der Fall, ergreift sie geeignete Maßnahmen, die bis zum meldeunion (ITU) definierte Nummernraum für das öf- Widerruf der Zuteilung gehen können. fentliche Telefonnetz. Innerhalb dieses Nummernraums Außerdem müssen im Rahmen der Nummernverwaltung wurden für verschiedene Nummernarten Nummernberei- die Datenbanken über erfolgte Zuteilungen aktuell gehal- che bereitgestellt. Der Anhang 4 enthält hierzu eine zu- ten werden. Dies erfordert, dass sich die Zuteilungsneh- sammenfassende Darstellung. mer an ihre Auflage halten, Änderungen ihres Namens Die Bundesnetzagentur hat die Aufgabe der Strukturie- oder ihrer Anschrift unaufgefordert mitzuteilen bzw. im rung und Ausgestaltung des Nummernraumes in der Ver- Falle einer Rechtsnachfolge die Bestätigung und Berichti- gangenheit in der Form wahrgenommen, dass sie für jede gung der Zuteilung zu beantragen. Da die Mitteilungen Nummernart nach öffentlicher Anhörung im Amtsblatt bzw. Anträge häufig unterbleiben, sind regelmäßig eine Verfügung erlassen hat, die den betreffenden Num- schwierige Recherchen notwendig, wenn ein Zuteilungs- mernraum bzw. -bereich regelt. nehmer aus irgendeinem Grund anzuschreiben ist. Dazu kommt es zum Beispiel, wenn eine Nummer entgegen be- Diese Regeln wurden bei gegebenem Anlass immer wie- stehender Regelungen genutzt wird oder wenn der Bun- der hinterfragt. Insbesondere folgende Entwicklungen desnetzagentur Erkenntnisse vorliegen, dass Nummern haben die Bundesnetzagentur in der Vergangenheit veran- nicht mehr genutzt werden, die dann vorgeschriebene lasst, nach einer öffentlichen Anhörung neue Rückgabe aber nicht erfolgt ist. Nummernressourcen bereitzustellen oder bestehende Re- gelungen zu ändern: 1.2 Nummerierungskonzept – Bildung neuer Geschäfts- und Vermarktungsmodelle, Nach § 2 TNV veröffentlicht die Bundesnetzagentur nach öffentlicher Anhörung jährlich ein Nummerierungskon- – Aufkommen von Diensten, für die alle bisher bereitge- zept über die Entwicklungen auf dem Telekommunika- stellten Nummernressourcen ungeeignet erscheinen, tionsmarkt und deren Auswirkungen auf den Nummern- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 95 – Drucksache 17/8246 plan. Das Nummerierungskonzept soll insbesondere die Zuteilungen wie folgt entwickelt (siehe Tabelle un- darstellen, zu welchem Grad die einzelnen Nummernbe- ten). reiche genutzt sind, ob Knappheiten vorliegen oder zu er- warten sind, welche Nummernbereiche noch frei sind und Die Nutzung einer Ortsnetzrufnummer setzt voraus, dass inwieweit Änderungen bestehender Regelungen vorgese- ein Netzzugang im jeweiligen Ortsnetzbereich besteht hen sind. Mit dem Nummerierungskonzept wird vor al- oder dass ein Wohn- oder Betriebssitz nachgewiesen lem das Ziel verfolgt, die Planungen zur Bereitstellung werden kann. Im Berichtszeitraum war festzustellen, dass neuer Ressourcen bzw. zur Änderung bestehender Rege- der sogenannte Ortsnetzbezug von Ortsnetzrufnummern lungen turnusmäßig in einem Gesamtzusammenhang zu weiterhin in vielen Fällen missachtet wurde. Wie schon betrachten und so für alle Marktbeteiligen mehr Pla- in der Vergangenheit war u. a. das Vortäuschen der Orts- nungssicherheit zu schaffen. netzpräsenz durch einzelne Unternehmen in bestimmten Am 4. November 2009 wurde das erste Nummerierungs- Branchen zu beobachten. Gegen diese Unternehmen wur- konzept herausgegeben. Vor dem Hintergrund der Novel- den Einzelmaßnahmen auf der Grundlage des § 67 TKG lierung des TKG, von der auch etliche Regelungen mit ergriffen, um den damit verbundenen Wettbewerbsver- Bezug zur Nummerierung betroffen sind, wurde entschie- stoß auch nummerierungsrechtlich konsequent zu ahnden den, das zweite Nummerierungskonzept in einem etwas und der Umgehung des Ortsnetzbezugs Einhalt zu gebie- längeren als dem eigentlich vorgesehenen Jahresturnus ten. herauszugeben. Nachdem die im Rahmen der TKG-No- velle diskutierten Regelungen zur Nummerierung wei- Darüber hinaus sind verstärkt Geschäftsmodelle in Er- testgehend stabil erschienen, wurde am 20. Juli 2011 der scheinung getreten, die mit der Überlassung von Orts- Entwurf des Nummerierungskonzeptes 2011 veröffent- netzrufnummern an Dritte arbeiten. Dabei handelt es sich licht. Stellungnahmen konnten bis zum 5. September 2011 um Unternehmen, die ihren Kunden u. a. Bürodienste eingereicht werden. Nach Auswertung der Stellungnah- und/oder weitere vergleichbare Servicefunktionalitäten men wurde das Nummerierungskonzept 2011 am 21. No- anbieten, bei denen die Kunden Ortsnetzrufnummern, die vember 2011 veröffentlicht. den Unternehmen zugeteilt wurden, nutzen können, ohne dass die Kunden ihrerseits den jeweiligen Ortsnetzbezug 2. Entwicklung in den einzelnen erfüllen würden. Nummernbereichen Die Nutzungsrechte an Ortsnetzrufnummern werden im 2.1 Ortsnetzrufnummern und Nationale Rahmen eines zweistufigen Zuteilungsverfahrens seitens Teilnehmerrufnummern der Bundesnetzagentur an Netzbetreiber zur Vergabe an Im Bereich der Ortsnetzrufnummern und Nationalen Teil- Endkunden übertragen (originäre Zuteilung). Gemäß den nehmerrufnummern (Nummernbereich 032) haben sich entsprechenden Zuteilungsbedingungen erhalten Endkun-

Zugeteilte Blöcke Summe zugeteilte Blöcke Zuteilungsnehmer (je 1 000 Rufnummern) 1997/1998 3.088 3.088 53 1999 3.662 6.750 72 2000 44.111 50.861 89 2001 8.511 59.372 86 2002 4.281 63.653 81 2003 5.190 68.843 76 2004 11.440 80.283 74 2005 14.000 94.283 85 2006 31.571 125.854 94 2007 22.349 148.203 96 2008 11.995 160.198 99 2009 15 445 175 643 103 2010 27 195 202 838 110 1. Januar bis 23 992 226 830 117 31. Juli 2011 Drucksache 17/8246 – 96 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode den (Teilnehmer) Ortsnetzrufnummern als abgeleitete Zu- Zuteilungen Zuteilungen teilung von ihrem Anbieter des Zugangs zum öffentlichen gesamt 01.01.2010 – Telekommunikationsnetz. Dabei ist die Weitergabe des (Stand 31.07.2011 Nutzungsrechts des abgeleiteten Zuteilungsnehmers an 31.07.2011) einen Dritten grundsätzlich unzulässig. 0700 (Einzel- 2 030 101 547 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz erscheint aber in- zuteilung) soweit zulässig, als der abgeleitete Zuteilungsnehmer im 0800 (Einzel- 18 508 190 185 Rahmen eines Dienstes seinen Kunden die Verwendung zuteilung) der ihm zugeteilten Rufnummern ermöglicht, wenn er da- 0180 (Einzel- 21 276 146 151 bei sicherstellt, dass die Kunden diese Rufnummern nicht zuteilung) abgeleitet zugeteilt bekommen und keine Identifikation der Kunden mit den ihnen zur Verfügung gestellten Ruf- Durch das „Erste Gesetz zur Änderung des Telekommu- nummern erfolgen kann. Da dies durch die Verwendung nikationsgesetzes und des Gesetzes über die elektromag- einer Rufnummer regelmäßig eintreten kann, dürfen die netische Verträglichkeit von Betriebsmitteln“ vom Kunden daher lediglich die Möglichkeit erhalten, Ruf- 29. Juli 2009 ist der Begriff der im Rufnummernbereich nummern des abgeleiteten Zuteilungsnehmers tatsächlich 0180 erbrachten Dienste mit Wirkung zum 1. März 2010 zu nutzen. Dazu muss der abgeleitete Zuteilungsnehmer von „Geteilte-Kosten-Dienste“ in „Service-Dienste“ auch gewährleisten, dass seine Kunden in ihrer Außen- (§ 3 Nummer 8b TKG) geändert worden. Es wurde ein darstellung deutlich machen, dass es sich bei den von den Anhörungsverfahren zum Entwurf eines Nummernplans Kunden genutzten Rufnummern nicht um die eigenen, und eines Antragsverfahrens für Service-Dienste durch- sondern um Rufnummern des abgeleiteten Zuteilungs- geführt. Die Entwürfe sehen u. a. eine Erhöhung von nehmers handelt. Im Ergebnis muss dafür Sorge getragen Nachweispflichten des Antragstellers zu Identifizierungs- werden, dass den Kunden des abgeleiteten Zuteilungs- und Zustellungszwecken, eine Änderung des Modells nehmers keine ansonsten im Rahmen einer abgeleiteten „Nutzung einer Rufnummer durch den Zuteilungsnehmer Zuteilung eingeräumten Rechte, insbesondere das zutei- für Kunden im Rahmen einer Dienstleistung“ und eine lungsrechtliche Nutzungsrecht und der Anspruch auf Öffnung des Teilbereichs (0)180-0 für die Abrechnung im Übertragung der Rufnummer zu einem anderen Anbieter Offline-Billing vor. Eine Anhörung zur Öffnung weiterer (§ 46 TKG), eingeräumt werden und dass an keiner Stelle Teilbereiche ist für die Zeit nach Veröffentlichung des ge- der Eindruck erweckt wird, es sei zu einer Nummernzu- änderten Nummerplans (0)180 für Service-Dienste-Ruf- teilung gekommen. Der abgeleitete Zuteilungsnehmer nummern geplant. bleibt dabei stets für die rechtskonforme Nutzung der In § 66g des Gesetzentwurfs zur Änderung telekommuni- Rufnummern verantwortlich. Die betroffenen Anbieter kationsrechtlicher Regelungen ist eine Regelung zu War- wurden demgemäß aufgefordert, die ggf. erforderlichen teschleifen vorgesehen, die u. a. für sprachgestützte Ser- Korrekturen in der Gestaltung ihrer Diensteangebote vor- vice-Dienste gelten soll. Für die technische Umsetzung zunehmen. der Regelung wurden in den vergangenen Monaten ver- schiedene Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Eine davon Im Berichtszeitraum fiel erneut auf, dass es bei einigen erfordert die Öffnung des Teilbereichs (0)180-0 für eine Unternehmen zu Problemen im Hinblick auf die Stellig- Abrechnung im Offline-Billing. Bei der Auswertung der keit der vergebenen Rufnummern im Ortsnetzbereich im Rahmen des Anhörungsverfahrens zum Nummernplan- gab. Dabei gab es Unternehmen, die ihren Kunden noch entwurf eingegangenen Stellungnahmen werden die zehnstellige Rufnummern abgeleitet zugeteilt hatten, ob- Überlegungen zur Warteschleifen-Thematik Berücksich- wohl für das betreffende Ortsnetz bereits die elfstellige tigung finden. Das Aufrechterhalten der derzeit geplanten Vergabe von Ortsnetzrufnummern angeordnet worden Bereitstellung des Teilbereichs (0)180-0 für das Offline- war. Für diese Fälle ordnete die Bundesnetzagentur an, Billing soll davon abhängig gemacht werden, wie die dass die ordnungsgemäße Stelligkeit bei der Zuteilung endgültige TKG-Regelung zu Warteschleifen aussehen einzuhalten ist und dementsprechend den betroffenen wird und welche Art der technischen Umsetzung von den Kunden neue, ordnungsgemäße Rufnummern zuzuteilen Marktbeteiligten geplant ist. sind. Begründet wird dies vor allem mit den Knappheits- Im Bereich der Premium-Dienste (Nummernbereich überlegungen, da die Elfstelligkeit in den Ortsnetzen in 0900) und der Massenverkehrs-Dienste (Nummernbe- der Vergangenheit nur angeordnet wurde, wenn eine reich 0137) besteht folgende Zuteilungssituation: Knappheit zu befürchten stand. Zuteilungen Zuteilungen gesamt 2.2 Rufnummern der Bereiche 0700, 0800, 01.01.2010 – (Stand 0180, 0900 und 0137 31.07.2011 31.07.2011) Die Zuteilungen der Persönlichen Rufnummern (Num- 0900 (Einzel- 6 127 87 333 mernbereich 0700), der Rufnummern für entgeltfreie Te- zuteilung) lefondienste (Nummernbereich 0800) und der Rufnum- mern für Service-Dienste (Nummernbereich 0180) haben 0137 (Block- 5 156 sich wie folgt entwickelt: zuteilung) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97 – Drucksache 17/8246

Auch für den Bereich der Premium-Dienste ist im Rah- konzeptionell vorbereitet hatte. Der Nummernbereich men der Erarbeitung eines Nummernplanentwurfs eine sollte die Möglichkeit bieten, innovative Dienste auszu- Erhöhung von Nachweispflichten des Antragstellers zu probieren, für die alle übrigen bereitgestellten Nummern Identifizierungs- und Zustellungszwecken geplant. In die- ungeeignet waren. Seit ihrer Definition im TKG werden sem Zusammenhang soll das Modell „Nutzung einer Ruf- die Dienste als „Neuartige Dienste“ bezeichnet. Die Zu- nummer durch den Zuteilungsnehmer für Kunden im teilung erfolgte in einem zweistufigen Verfahren als origi- Rahmen einer Dienstleistung“ unter Einräumung eines näre und abgeleitete Zuteilung befristet für fünf Jahre. Übergangszeitraums gestrichen werden. Am Ende der Laufzeit müssen die Endkunden, wenn der Dienst noch erbracht werden soll, aber dann nicht mehr Im Berichtszeitraum hat die Bundesnetzagentur im Be- innovativ bzw. neuartig ist, eine andere Rufnummer er- reich Massenverkehrs-Dienste das Auswertungsergebnis halten. zu der Anhörung zur Fragestellung „Verlagerung in den Rufnummernbereich (0)500 oder Verbleib im Bereich Seit Inkraftsetzung der Regeln wurden Rufnummern für (0)137“ veröffentlicht (Mitteilung Nr. 440/2010; Amts- Neuartige Dienste an sieben Unternehmen zugeteilt, wo- blatt Nr. 14 vom 28. Juli 2010). Aufgrund des nahezu ein- bei die letzte Zuteilung im Februar 2011 ausgelaufen ist. helligen Meinungsbildes des Marktes hat die Bundesnetz- In den letzten Jahren erfolgten keine Zuteilungen mehr, agentur entschieden, dass die Massenverkehrs-Dienste da Interessenten für (0)12er-Rufnummern aufgrund ihrer – unter Vornahme der notwendigen Regulierungsmaßnah- Geschäftsmodelle Rufnummern für Premium-Dienste men – im Bereich (0)137 verbleiben. Auf der Grundlage oder Nationale Teilnehmerrufnummern nutzen konnten. dieses Auswertungsergebnisses ist der Entwurf eines Nummernplans und eines Antragsverfahrens für Massen- 2.4 Rufnummern für Auskunfts- und verkehrsrufnummern im Rufnummernbereich (0)137 er- Vermittlungsdienste arbeitet worden (Mitteilung Nr. 441/2010; Amtsblatt Nr. 14/2010 vom 28. Juli 2010). Der Nummernplanent- Auskunftsdienste sind bundesweit jederzeit telefonisch wurf enthält auch eine Regelung zum Altbestand im vorwahlfrei erreichbare Informationsdienste, die aus- Rufnummernbereich (0)138. Die Regelungen werden schließlich der Weitergabe von Rufnummer, Name, An- nach Auswertung der Stellungnahmen und eventuell er- schrift sowie zusätzlichen Angaben von Telekommunika- forderlichen Anpassungen in Kraft gesetzt. tionsnutzern dienen. Die Weitervermittlung zu einer erfragten Rufnummer kann Bestandteil des Auskunfts- 2.3 Nummern für Nutzergruppen, Internationale dienstes sein. Virtuelle Private Netze und Neuartige Seit dem Jahr 2005 sind grundsätzlich alle verfügbaren Dienste 90 Auskunftsrufnummern zugeteilt. Gelegentlich werden Im Bereich der Nummern für Nutzergruppen (Nummern- durch verschiedene Umstände Nummern frei. Diese wer- bereich 0182 – 0189) und für Internationale Virtuelle Pri- den zunächst für eine gewisse Frist freigehalten und erst vate Netze (Nummernbereich 0181) sind folgende Zutei- dann neu zugeteilt. Wenn eine Nummer zur Neuzuteilung lungen zu verzeichnen: ausgeschrieben wird, gehen regelmäßig mehrere zuläs- sige Anträge ein, so dass es zu einer Verlosung kommt. Bei der letzten Zuteilung am 21. Juni 2011 erfolgte die Zuteilungen Zuteilungen Verlosung nach vorheriger Ablehnung aller unzureichen- gesamt 01.01.2010 – den Bewerbungen unter drei zugelassenen Bewerbern. (Stand 31.07.2011 31.07.2011) Die Beauskunftung von Teilnehmerdaten durch Aus- kunftsdienste verliert immer mehr an Bedeutung. Teil- 0182 – 0189 65 258 nehmer, die die Telefonnummer eines anderen Teilneh- (Blockzutei- mers benötigen, verwenden immer öfter im Internet lung) einfach und kostenlos verfügbare Informationsmöglich- 0181 (Block- 3 78 keiten. Diese Entwicklung wird sich noch verstärken, zuteilung) weil mit der Verbreitung von internetfähigen Mobiltelefo- nen („Smartphones“) zusehends auch diese Teilnehmer- gruppe klassische Auskunftsdienste weniger in Anspruch Die Regeln für die Zuteilung von Rufnummern für Neu- nehmen wird. artige Dienste wurden nach einer entsprechenden Ankün- digung im Nummerierungskonzept 2009 mit Amtsblatt- Dass die Nachfrage nach Auskunftsdienste-Rufnummern Verfügung 25/2011 vom 23. März 2011 aufgehoben. Der trotzdem nachhaltig sehr hoch ist, liegt im Wesentlichen bis dahin für Neuartige Dienste bereitgestellte Nummern- daran, dass Auskunftsrufnummern gerne für die Vermark- bereich (0)12 wurde der Liste der freien Dienstekennzah- tung von zusätzlichen Premium-Diensten verwendet wer- len zugeführt. den. Dies hat vor allem folgende Gründe: Das Konzept der „Innovativen Dienste“ im Nummernbe- – Auskunftsrufnummern sind die einzigen kurzstelligen reich (0)12 wurde 1995 von einem Expertengremium ent- und damit grundsätzlich besser merkfähigen Telefon- wickelt, das die Öffnung des Telekommunikationsmark- nummern, die für die Vermarktung von Premium- tes zum 1. Januar 1998 hinsichtlich der Nummerierung Diensten verwendet werden können. Drucksache 17/8246 – 98 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

– Auskunftsrufnummern haben ein besseres Image als Zuteilungen Zuteilungen 0900er Rufnummern. gesamt 01.01.2010 – (Stand – Im Gegensatz zu 0900er Rufnummern muss bei Aus- 31.07.2011 kunftsrufnummern am Anfang der Verbindung keine 31.07.2011) kostenlose Preisansage erfolgen. 010 (Einzel- 15 120 zuteilung) – Im Gegensatz zu 0900er Rufnummern sind Aus- kunftsrufnummern bei privat wie geschäftlich genutz- 0191 – 0194 – 547 ten Anschlüssen in der Regel nicht gesperrt. (Einzel- zuteilung) – Einige Anrufer möchten nicht, dass im Einzelverbin- dungsnachweis eine 0900er Rufnummer abgedruckt ist, durch die der Anschlussinhaber die Art des Pre- Durch die fortschreitende Verbreitung von Flatrate-Ange- mium-Dienstes ermitteln kann. boten nimmt die Bedeutung der Betreiberauswahl ab. Vor diesem Hintergrund gab es gerade bei den Anbietern von Nach den bisher für die Nutzung von Auskunftsrufnum- Call-by-Call- und Preselection-Diensten einige Markt- mern geltenden Vorgaben darf die Bewerbung einer 118- konsolidierungen. Gemäß Abschnitt 4 des Nummern- Rufnummer nicht vornehmlich auf die Erbringung von plans erfolgt die Zuteilung von Betreiberkennzahlen in Mehrwertdiensten ausgerichtet sein. In der Bewerbung Form von direkten Zuteilungen im Sinne von § 4 des Auskunftsdienstes muss vielmehr klar erkennbar ge- Absatz 2 Nummer 1 TNV. Nach § 4 Absatz 2 Nummer 1 macht werden, dass zunächst ein Auskunftsdienst für Te- TNV ist die direkte Zuteilung eine solche „zur eigenen lefonrufnummern angerufen wird, der dann zu einer er- Verwendung“. Durch die Marktkonsolidierungen kam es fragten Rufnummer, z. B. zu der Nummer eines aber vermehrt zu Geschäftsmodellen, bei denen nicht der Zuteilungsnehmer, sondern ein anderes Unternehmen die Premium-Dienstes, weitervermittelt. Im Rahmen der ak- Betreiberkennzahlen vermarktet und das Vertragsverhält- tuellen Novellierung des TKG ist u. a. eine Änderung bei nis zum Kunden hat. Dies ist vom Begriff der „eigenen den Auskunftsrufnummern dahingehend vorgesehen, als Verwendung“ grundsätzlich nicht gedeckt. Um der Be- nunmehr auch Bewerbungen, die einen deutlicheren Fo- sonderheit des Nummernbereichs Betreiberkennzahlen kus auf einen weitervermittelten Mehrwertdienst legen, Rechnung zu tragen und die genannten Geschäftsmodelle zulässig sein sollen. Voraussichtlich wird nach dieser Än- zu ermöglichen, wurde der Nummernplan Betreiberkenn- derung der gesetzlichen Vorgaben eine entsprechende zahlen mit Verfügung 28/2011 (Amtsblatt Nr. 06/2011 Anpassung der Nutzungsbedingungen im Nummernplan vom 23. März 2011) inhaltlich so neu gefasst, dass die durchzuführen sein. Nutzung einer Betreiberkennzahl im Rahmen eines Ver- trages zwischen dem Zuteilungsnehmer und einem Drit- Im Jahr 2009 wurde der Nutzungszweck der Auskunfts- ten, oder im Rahmen von Verträgen zwischen dem Zutei- rufnummern dahingehend erweitert, dass unter Aus- lungsnehmer und mehreren Dritten, durch den der Dritte kunftsrufnummern neben dem Betrieb eines Auskunfts- bzw. die Dritten gegenüber dem Endkunden einen dem dienstes im Sinne von § 3 Nummer 2a TKG zusätzlich Zweck der Nummer entsprechenden Dienst anbieten kann auch der Betrieb eines Vermittlungsdienstes auf der bzw. können, zulässig ist. Der Zuteilungsnehmer bleibt Grundlage von § 95 Absatz 2 Satz 1 TKG zulässig ist. hierbei aber Nutzer der Betreiberkennzahl und ist damit Eine Erweiterung war nötig, denn bei einem derartigen gegenüber der Bundesnetzagentur für die rechtskonforme Vermittlungsdienst handelt es sich gerade nicht um einen Nutzung der Rufnummer verantwortlich. Vertragliche Auskunftsdienst, weil keine Auskünfte über Rufnummern Gestaltungen, die auf eine rechtsgeschäftliche Weitergabe erteilt werden müssen bzw. dürfen. Die Rufnummern des Nutzungsrechts durch den Zuteilungsnehmer an den 118000 bis 118009 wurden für Unternehmen bereitge- Dritten hinauslaufen, sind unzulässig (vergleiche § 4 stellt, die unter einer Rufnummer ausschließlich einen Absatz 5 TNV). Die Nutzung einer Betreiberkennzahl im Vermittlungsdienst und keinen Auskunftsdienst betreiben Rahmen eines Vertrages zwischen dem Zuteilungsnehmer wollen. Von diesen Rufnummern für Vermittlungsdienste und einem Dritten schließt aus, dass der Dritte die Betrei- wurden bislang drei zugeteilt, eine im Jahr 2009 und zwei berkennzahl seinerseits für einen Vertragspartner nutzt im Jahr 2010. (Verbot der „Kettenweitergabe“). Rufnummern für Online-Dienste verlieren im Telekom- 2.5 Betreiberkennzahlen und Rufnummern munikationsmarkt an Bedeutung, weil immer mehr Kun- für Online-Dienste den über einen breitbandigen Internetzugang verfügen (z. B. DSL) und sich nicht mehr über eine Telefonleitung Im Bereich der für die sogenannten Call-by-Call- und in das Internet einwählen. Vor diesem Hintergrund hat es Preselection-Dienste relevanten Betreiberkennzahlen im Berichtszeitraum keine Neuzuteilungen von Rufnum- (Nummernbereich 010) und der für einen schmalbandi- mern für Online-Dienste mehr gegeben. Die Bundesnetz- gen Internetzugang erforderlichen Rufnummern für Onli- agentur ist in diesem Nummernraum damit befasst, Rück- nedienste (Nummernbereich 0191-0194) sieht die Zutei- gaben nicht mehr benötigter Rufnummern, Adress- lungssituation wie folgt aus: änderungen sowie Rechtsnachfolgen zu verbuchen und Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 99 – Drucksache 17/8246

Unternehmen anzuhalten, ihren diesbezüglichen Ver- 2.7 Nummern für öffentliche Bündelfunknetze pflichtungen nachzukommen. Dies ist erforderlich, damit die Bundesnetzagentur z. B. im Falle einer rechtswidri- Gemäß der „Regeln für die Zuteilung von Rufnummern gen Nutzung oder bei Rechnungsstreitigkeiten beaus- für öffentliche Bündelfunknetze“ (Verfügung 22/2000; kunften kann, wem eine bestimmte Nummer zugeteilt ist. Amtsblatt Nr. 5/2000 vom 8. März 2000) verfügten Bün- delfunknetze u. a. über die Leistungsmerkmale Prioritäts- ruf, Einzelruf, Gruppenruf, Gesprächssteuerung durch 2.6 Rufnummern für Mobile Dienste eine Leitstelle und dynamische Gruppenbildung. Sie Im Bereich der Rufnummern für Mobile Dienste sieht die ermöglichten Nutzern den Zugang zum öffentlichen Tele- Zuteilungssituation wie folgt aus: fonnetz/ISDN. Mit der Verfügung hatte die Bundesnetz- agentur für öffentliche Bündelfunknetze den Rufnum- mernbereich (0)167 bereitgestellt. Zuteilungen Zuteilungen gesamt Nach Veröffentlichung der Verfügung wurde nur einem 01.01.2010 – (Stand Unternehmen eine Blockkennung zugeteilt. Diese fiel im 31.07.2011 31.07.2011) Jahre 2008 an die Bundesnetzagentur zurück, nachdem das betreffende Unternehmen den Netzbetrieb einstellte. Rufnummer für 4 32 Weitere Blockkennungen wurden nicht zugeteilt. Mobile Dienste (Blockzutei- Da nicht erkennbar war, dass Unternehmen Nummern aus lung) dem Bereich (0)167 nutzen wollen, wurde mit Mitteilung 62/2011 (Amtsblatt Nr. 04/2011 vom 23. Februar 2011) Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme zu der Frage Mit Verfügung 11/2011 (Amtsblatt Nr. 04/2011 vom 23. Fe- gegeben, ob im Markt eine Nutzung von Rufnummern für bruar 2011) wurde der „Nummernplan Rufnummern für öffentliche Bündelfunknetze geplant ist. Es ging keine Mobile Dienste“ verfügt, welcher die Verfügung 84/2000 Stellungnahme ein. Daraufhin wurden die Zuteilungsre- „Regeln für die Zuteilung von Rufnummern für öffentli- geln mit der Verfügung 44/2011 vom 6. Juli 2011 zurück- che zellulare Mobilfunkdienste“ vom 6. Dezember 2000 gezogen und der Rufnummernbereich (0)167 zu den (Amtsblatt Reg TP Nr. 23/2000) ablöst. Gemäß dem freien Rufnummern genommen. Nummernplan Mobile Dienste ermöglicht ein Dienst, der unter einer Rufnummer für Mobile Dienste erbracht wird, den Teilnehmern Verbindungen zu öffentlichen Telefon- 2.8 Kurzwahlnummern im Mobilfunk netzen über ein öffentliches zellulares Mobilfunknetz. Die Mobilfunkanbieter haben im eigenen Ermessen eine Inhaltlich wurde durch die Verfügung des Nummernplans Vielzahl kurzstelliger Rufnummern mit vier bis sechs Zif- insbesondere folgendes geändert: fern geschaffen. Sie nutzen die kurzstelligen Rufnum- mern teilweise für eigene Dienste, teilweise schließen sie a) Erweiterung des Verwendungszwecks von Mobil- Verträge mit Dritten über die Nutzung der Nummern. funknummern Diese nutzen die Nummern selbst oder schließen ihrer- Für den Verbindungsaufbau muss nicht mehr zwin- seits Verträge mit Dritten. Die Nutzer der Nummern gend ein Funknetz genutzt werden. spreizen diese teilweise auf, indem sie Verträge mit Drit- ten über die Nutzung einer Nummer in Verbindung mit b) Erweiterung des Kreises der Antragsberechtigten einem Kennwort schließen. Auch Telekommunikationsanbieter, die nicht Mobil- funknetzbetreiber sind, können unter bestimmten Vo- Trotz der – abgesehen vom Fall des Roamings – nur inter- raussetzungen originäre Zuteilungsnehmer der Ruf- nen technischen Vermittlung sind die angebotenen nummern werden. Dienste regelmäßig für die Kunden aller Mobilfunkanbie- ter unter derselben kurzstelligen Rufnummer erreichbar. c) Verringerung der Blockgröße Um diese übergreifende Erreichbarkeit einfach zu reali- Bei der originären Zuteilung beträgt die Blockgröße sieren, bestehen für einen Teil der Nummern Absprachen 1 000 000 Rufnummern (bisher: 10 000 000). zwischen den Mobilfunknetzbetreibern. Im Nummernplan ist hierbei eine 2-Stufen-Regelung vor- Im Falle von Datendiensten (SMS-Dienste) benötigt ein gesehen: Inhalteanbieter Verträge mit den vier Mobilfunknetzbe- – Die Erweiterung zum Nutzungszweck tritt sofort in treibern und den Mobilfunkdiensteanbietern, die eigene Kraft. SMS-Center betreiben, damit der Dienst von allen Mobil- funkkunden erreicht werden kann. – Die Erweiterung des Kreises der Antragsberechtigten und die Verringerung der Blockgröße wurden bereits Im Falle von Sprachdiensten (Voice-Dienste) reichen Ver- im Nummernplan angelegt, werden aber erst zu einem träge mit den vier Mobilfunknetzbetreibern aus, weil die späteren Zeitpunkt in Kraft gesetzt, so dass eine aus- Dienste dann auch von den Kunden der Diensteanbieter reichende Umsetzungsfrist vorgesehen werden kann. im jeweiligen Netz erreichbar sind. Bislang werden für Voice-Dienste vornehmlich Nummern verwendet, die mit Zur Umsetzungsfrist wurde eine öffentliche Anhörung der Ziffernfolge 22 beginnen. Weitere Nummernbereiche durchgeführt, die gegenwärtig ausgewertet wird. sollen demnächst hinzukommen. Trotz der Absprachen Drucksache 17/8246 – 100 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode zwischen den Anbietern gibt es aus historischen Gründen der Vorstellung, dass die Verwaltung der Kurzwahlnum- Nummern, die bei unterschiedlichen Mobilfunkanbietern mern auch in Zukunft durch die Mobilfunkanbieter selbst für unterschiedliche Dienste genutzt werden. erfolgen soll und die Bundesnetzagentur lediglich die not- wendigen Rahmenbedingungen vorschreiben will. Insge- Grundsätzlich ist es möglich, dass eine kurzstellige Ruf- samt ist u. a. geplant, dass eine Strukturierung des Num- nummer von einem Unternehmen für einen SMS-Dienst mernraums nur nach den unterschiedlichen Stelligkeiten und von einem anderen Unternehmen für einen Voice- der Kurzwahlnummern, nicht aber nach Inhalt der Dienst genutzt wird – auch wenn dies in der Praxis wei- Dienste oder nach Tarifhöhe vorgenommen wird. Außer- testgehend vermieden wird. dem ist ein zweistufiges Zuteilungsverfahren vorgesehen, Bislang wurde seitens der Bundesnetzagentur von einem wonach den Mobilfunknetzbetreibern die Ressource ori- zuteilungsrechtlichen Eingriff in dieses System weitge- ginär (in Form von einzelnen Zuteilungen an die Mobil- hend abgesehen. funkanbieter mit entsprechender Technik oder in Form ei- ner Allgemeinzuteilung) zugeteilt wird und diese Einige Marktteilnehmer haben informell Benachteilungen wiederum die einzelnen Nummern unter Berücksichti- und Diskriminierungen durch das System vorgetragen. gung des § 8 Absatz 1 TNV abgeleitet an Inhalteanbieter Die Vertragsausgestaltungen seien extrem begünstigend zuteilen. Die Eckpunkte sehen außerdem vor, dass Kurz- für die Mobilfunkanbieter: Schwerpunkt der Beschwer- wahlnummern, die mit der Ziffernfolge „11“ beginnen, den war, dass eine Vielzahl von Verträgen abzuschließen nicht originär zugeteilt werden und dass es nur eine abge- sei, damit eine Nummer aus allen Netzen erreichbar ist leitete Zuteilung geben darf. Basierend auf diesen Eck- und dass daraus ein Verhandlungsvorteil für die Mobil- punkten soll nun ein Nummernplan entwickelt werden, zu funkanbieter resultiere. Vertragsvoraussetzung sei ein dem es dann eine öffentliche Anhörung geben wird. Mindestumsatz, der kleinere Unternehmen ausschließe. Weiterhin könne faktisch ohne Angabe von Gründen je- 2.9 Rufnummern für harmonisierte Dienste derzeit gekündigt werden. Kunden von zwischengeschal- von sozialem Wert teten Dritten sei es entgegen § 46 TKG nicht möglich, die Rufnummer bei einem Anbieterwechsel beizubehalten. Gemäß der Verfügung „Strukturierung und Ausgestaltung von Nummernbereichen für harmonisierte Dienste von Seit dem 18. Februar 2007 ist in § 3 Nummer 11b TKG sozialem Wert“ (HDSW) entspricht ein HDSW einer ge- definiert, dass ‚‚Kurzwahldienste“ Dienste darstellen, die meinsamen Beschreibung auf Ebene der Europäischen die Merkmale eines Premium-Dienstes haben, jedoch Union. Er ist jederzeit bundesweit telefonisch vorwahl- eine spezielle Nummernart mit kurzen Nummern nutzen. und entgeltfrei aus den Fest- und Mobilfunknetzen er- Damit ist vom Gesetzgeber ausdrücklich bestätigt wor- reichbar. Der Dienst verfolgt das Ziel, zum Wohlbefinden den, dass es sich bei den im Mobilfunk verwendeten oder zur Sicherheit der Bürger/bestimmter Bevölkerungs- Kurzwahlrufnummern um Nummern im Sinne des TKG gruppen beizutragen oder Bürgern, die sich in Schwierig- handelt. Nach § 66a ff. TKG gelten für Kurzwahldienste keiten befinden, zu helfen. HDSW bietet Hilfestellungen diverse verbraucherschützende Regelungen. Im Rahmen unabhängig von Konfession, Alter, Geschlecht oder Her- eines Urteils über die Rechtmäßigkeit einer Abschal- kunft des Anrufers. tungsanordnung der Bundesnetzagentur zu einer Kurz- wahlnummer hat das VG Köln am 14. Februar 2008 be- Für HDSW werden die Teilnehmerrufnummern 116xyz stätigt, dass Kurzwahlrufnummern unter den Begriff der (in den 5 200 Ortsnetzbereichen), der Rufnummernbe- Nummer nach § 3 Nummer 13 TKG fallen und der Über- reich 0116 (zur Realisierung der Auslandserreichbarkeit) wachung durch die Bundesnetzagentur im Rahmen der und die Kurzwahlnummern 116xyz in Mobilfunknetzen Nummernverwaltung unterliegen (Az.: 11 L 1783/07). bereitgestellt. Seit dem 15. Februar 2008 gilt § 1 der TNV, nach dem die Die Nummern dürfen ausschließlich für Dienste genutzt Bundesnetzagentur in einem Nummernplan für jeden werden, für die durch eine Entscheidung der EU-Kom- Nummernraum festlegt, wie dieser strukturiert und ausge- mission in der „Liste der für harmonisierte Dienste von staltet ist. sozialem Wert reservierten Rufnummern“ eine Einzel- nummer reserviert ist. Wurde eine Rufnummer für einen Mithin erfolgten in letzter Zeit umfassende Analysen und bestimmten Dienst in die Liste aufgenommen, kann die Überlegungen, die in konkreten Planungen für einen Zuteilung dieser Nummer auf nationaler Ebene bei den Nummernplan für Mobilfunk-Kurzwahlnummern ein- jeweiligen Regulierungsbehörden beantragt werden. Die münden. Zuteilung erfolgt dann gemäß dem „Zuteilungsverfahren für Nummern für Dienste von sozialem Wert“ Die Bundesnetzagentur hat sowohl die vier Mobilfunkan- (Mitteilung 618/2007; Amtsblatt 17/2007 vom 29. Au- bieter hinsichtlich Belegungsgrad und Nachfrageentwick- gust 2007). lung der Kurzwahlnummern abgefragt als auch die Mit- gliedstaaten der CEPT befragt, wie kurzstellige In Deutschland sind mittlerweile fünf Nummern auf Basis Mobilfunkrufnummern in ihrem Land geregelt sind. An- des beschriebenen Verfahrens zugeteilt und davon vier hand der Ergebnisse und Stellungnahmen sind Eckpunkte Nummern in Betrieb genommen worden: Die 116111 ist für einen Nummernplan für Mobilfunk-Kurzwahlnum- als „Hotline für hilfesuchende Kinder“ seit dem mern erstellt und im Nummerierungskonzept 2009 erst- 5. Dezember 2008 in Betrieb. Seit dem 4. März 2009 ist malig veröffentlicht worden. Die Eckpunkte basieren auf die 116123 als „Hotline zur Lebenshilfe“ und seit dem Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 101 – Drucksache 17/8246

10. September 2010 die 116006 als „Beratungsdienst für Nr. 15/2010 vom 11. August 2010). Das Ziel war, die bis- Opfer von Verbrechen“ erreichbar. Über diesen Dienst er- herigen Regelungen mehr an die Regelungen für Orts- halten Opfer von Verbrechen emotionale Unterstützung, netzrufnummern anzugleichen. Zum einen soll nicht wie sie werden über ihre Rechte und den Rechtsweg infor- bisher die Teilnehmerrufnummer 115 nur im jeweiligen miert sowie an einschlägige Organisationen weiterver- Nummernteilbereich bzw. Nummernbereich erreichbar wiesen. Insbesondere erhalten sie Angaben zur nächsten sein, sondern auch eine Anwahl aus einem anderen Num- Polizeidienststelle und Informationen zu den Strafverfol- mernteilbereich bzw. Nummernbereich durch Voranstel- gungsverfahren sowie zu Fragen des Schadenersatzes und len einer Ortsnetzkennzahl möglich sein. Zum anderen der Versicherung. Der Dienst bietet auch Unterstützung soll nach der Angleichung auch der Endkundenpreis für bei der Suche nach anderen Hilfequellen, die für Opfer einen Anruf bei der Teilnehmerrufnummer 115 zukünftig von Verbrechen relevant sind. Unter der Rufnummer dem Preis für einen Anruf bei einer anderen Teilnehmer- 116000 wird seit dem 17. August 2011 eine „Hotline für rufnummer desselben Ortsnetzbereichs entsprechen. vermisste Kinder“ betrieben. Betroffene erhalten von der Hotline Unterstützungen bei der Suche nach vermissten Mit der Verfügung Nr. 38/2010; Amtsblatt 21/2010 vom Kindern, zudem werden Meldungen über vermisste Kin- 10. November 2010 wurde der „Nummernplan Einheitli- der entgegengenommen und an die Polizei weitergeleitet. che Behördenrufnummer 115“ veröffentlicht. Da erst die Die Nummer 116117 für einen „Bereitschaftsdienst für technischen Voraussetzungen für die geplante Umstellung ärztliche Hilfe in nicht lebensbedrohlichen Situationen“ implementiert werden mussten, wurde die Inkraftsetzung wird voraussichtlich in den nächsten Monaten in den Be- des Nummernplans zunächst zurückgestellt. Mit der Ver- trieb gehen. fügung Nr. 70/2011 (Amtsblatt 21/2011 vom 2. Novem- ber 2011) wurde geregelt, dass der neue Nummernplan ab Daneben wird in Deutschland die Rufnummer 116116 dem 1. Januar 2012 angewendet werden darf und spätes- vom Sperr e. V. für die Sperrung elektronischer Berechti- tens ab dem 1. März 2012 angewendet werden muss. Da- gungen, insbesondere von Bankkarten, genutzt. Die Bun- durch haben die Telekommunikationsunternehmen zwei desnetzagentur unterstützt das Anliegen des Sperr e. V., Monate Zeit, alle erforderlichen Änderungen vorzuneh- dass die EU-Kommission den Dienst ebenfalls in die men. Liste der für harmonisierte Dienste von sozialem Wert re- servierten Rufnummern aufnimmt. 2.11 Technische Nummern Im Zeitraum 1. Januar 2010 bis 31. Juli 2011 erfolgten 2.10 Einheitlicher Behördenruf 115 bei den insbesondere für Zwecke der Netzsteuerung rele- Am 6. Dezember 2008 wurde dem Bundesministerium vanten Technischen Nummern folgende Zuteilungen: des Innern die Rufnummer 115 auf Basis der Verfügung – National Signalling Point Codes: 103 Zuteilungen „Strukturierung und Ausgestaltung von Nummern für ei- nen Einheitlichen Behördenruf“ (Verfügung 73; Amts- – Individuelle TETRA Teilnehmerkennungen: 26 Zutei- blatt Nr. 24/2007 vom 19. Dezember 2007) zugeteilt. lungen Über diese behördeneinheitliche Rufnummer können – Tarifierungsreferenzzweige: 17 Zuteilungen Bürger, Unternehmen und Institutionen die gesamte Ver- waltung in Deutschland erreichen („Einheitliche Behör- – International Signalling Point Codes: 23 Zuteilungen denrufnummer“). Viele einfache, wiederkehrend auftre- – Internationale Kennungen für Mobile Teilnehmer: tende Anliegen sollen sofort im Erstkontakt erledigt 2 Zuteilungen. werden, komplexere Fragen sollen in einem Verbund aus Service-Centern der verschiedenen Verwaltungsebenen Portierungskennungen werden verwendet, um Rufnum- an die zuständigen Stellen elektronisch oder per Telefon mern oder Rufnummernblöcke Betreibern von Telekom- zur Beantwortung weitergeleitet werden. Der Endkunden- munikationsnetzen oder Anbietern von Telekommunika- preis für eine Verbindung zur Nummer 115 wird durch tionsdiensten zuzuordnen. Sie werden dazu einer den Anbieter des Anrufers festgelegt. Rufnummer bzw. den kennzeichnenden Ziffern eines Rufnummernblocks vorangestellt und haben den Charak- Der Umstand, dass vom Anrufer nicht ein Service-Center ter eines Präfixes. Im Berichtszeitraum wurden 42 Portie- in einem bestimmten Ortsnetz angewählt werden kann rungskennungen zugeteilt. und mehr noch, die von den Anbietern verlangten Preise, haben im Rahmen des vom BMI durchgeführten Pilotbe- Mit der Verfügung 41/2009; Amtsblatt 16/2009 vom triebs zu Verbraucherbeschwerden geführt und die Ak- 26. August 2009 wurde der Nummernplan Portierungs- zeptanz der Nummer erheblich beeinträchtigt. So kostet kennungen veröffentlicht. Unternehmen können nunmehr ein Anruf aus den Festnetzen ab 7 Cent bis maximal mehrere Portierungskennungen zugeteilt werden, wenn 14 Cent pro Minute, die Tarife aus den Mobilfunknetzen deren Telekommunikationsnetze auf unterschiedlichen liegen überwiegend zwischen 17 und 29 Cent pro Minute. Netztechnologien basieren (Leitungsvermittelnde Tele- Aufgrund dieser durch das BMI vorgetragenen Problema- kommunikationsnetze (z. B. Public Switched Telephone tik erfolgte eine schriftliche Anhörung zum Entwurf eines Networks, PSTN) und Paketvermittelnde Telekommuni- Nummernplans „Einheitliche Behördenrufnummer 115“ kationsnetze (z. B. Internet-Protokoll (IP)-basierte verbunden mit einer öffentlichen mündlichen Anhörung Netze)). Aufgrund unterschiedlicher Netztechnologien am 10. September 2010 (Mitteilung 456/2010; Amtsblatt können somit bis zu zwei Portierungskennungen pro Un- Drucksache 17/8246 – 102 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode ternehmen zugeteilt werden. Anbieter ohne eigene Tele- Übertragungseinrichtungen geschaltet werden. Eine Zu- fonnetzinfrastruktur, die ihnen originär zugeteilte Ruf- sammenschaltung mit nicht-deutschen Zeichengabenet- nummern bzw. zu ihnen portierte Rufnummern in Netzen zen ist nicht gestattet. Die Regelungen zu NSPC sollen an unterschiedlicher Netzbetreiber schalten lassen, können diese Verwaltungspraxis angepasst werden. darüber hinaus je Netzbetreiber, in dessen Netz Rufnum- mern oder Rufnummernblöcke des Anbieters geschaltet Abschnitt E sind, eine Portierungskennung zugeteilt bekommen. We- Frequenzregulierung gen der begrenzten Verfügbarkeit von Portierungsken- nungen werden einem Anbieter ohne eigene Telefon- 1. Internationale Grundlagen der netzinfrastruktur insgesamt aber nicht mehr als drei Frequenzregulierung Portierungskennungen zugeteilt. Mit Inkrafttreten der Die ansteigende Nachfrage nach Funkanwendungen auf- Version 15.0.0 der im Industriearbeitskreis AKNN ausge- grund der zunehmenden Mobilität der Kommunikations- arbeiteten Spezifikation zum Portierungsdatenaustausch gesellschaft und der ständige Fortschritt der Technik er- am 13. November 2011 können Ziele im PSTN und in IP- fordert eine Frequenzregulierung, die unter dem Aspekt basierten Netzen mittels Portierungskennung an Netz- einer effizienten und störungsfreien Frequenznutzung grenzen auf unterschiedliche Zusammenschaltungspunkte ausreichend Frequenzspektrum zur Verfügung stellen geroutet werden. soll. Dabei soll die Frequenzregulierung für die Sicher- In den folgenden Bereichen werden zurzeit Nummern- stellung eines chancengleichen Wettbewerbs und für die pläne erarbeitet: Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte sorgen und die Interessen der professionellen, wissen- Administration Management Domain (ADMD) – Namen schaftlichen, militärischen und sicherheitsrelevanten sind Nummern gemäß § 3 Nummer 13 TKG. Sie dienen Funkdienste sicherstellen. Die praktische Umsetzung der der Verwaltung eines weltweiten Message-Transferdiens- Aufgaben der Frequenzregulierung erfolgt mit der Mit- tes. Eine ADMD ist ein mit anderen ADMD zusammen- wirkung in den nationalen und internationalen Gremien geschalteter öffentlicher Versorgungsbereich, zu dessen durch die Bundesnetzagentur. Identifizierung ein eindeutiger und national einmaliger ADMD-Name verwendet wird. Die Bundesnetzagentur 1.1 Vorbereitung Weltfunkkonferenz und führt auf Grundlage von Regelungen der Internationalen europäische Harmonisierung Fernmeldeunion (ITU) die Prüfung von Notifizierungsan- trägen von ADMD-Namen im nationalen Bereich „de“ Aufgabenschwerpunkt der internationalen Frequenzregu- durch und teilt ADMD-Namen in Form von direkten Zu- lierung ist die europäische und weltweite Harmonisierung teilungen im Sinne von § 4 Absatz 2 Nummer 1 TNV auf der Frequenznutzung. Zur Förderung der europäischen Antrag zu. Anschließend leitet die Bundesnetzagentur die und internationalen Harmonisierungsziele arbeitet die Notifizierungsanträge zur Notifizierung an die ITU wei- Bundesnetzagentur aktiv in den Gremien der Europäi- ter, die in ihrem internationalen Operational Bulletin die schen Konferenz der Verwaltungen für Post und Tele- notifizierten ADMD-Namen veröffentlicht. kommunikation (CEPT) und den frequenzrelevanten Gre- mien der Europäischen Union mit. See- und Schiffsfunkstellen benötigen individuelle Ruf- zeichen, Maritime Mobile Service Identities (MMSI) Der Ausschuss für Elektronische Kommunikation (ECC) – bzw. Automatic Transmitter Identification System der CEPT ist u. a. für Funk- und Frequenzfragen inner- (ATIS) – Nummern. Hierbei handelt es sich um Num- halb Europas zuständig. Die Leitung und das Sekretariat mern im Sinne des TKG, für die Zuteilungsvoraussetzun- des ECC werden von der Bundesnetzagentur wahrgenom- gen und die Nutzungsbedingungen in Nummernplänen men. festgelegt werden sollen. Weltweit ist die Ausgestaltung des internationalen Regu- National Colour Codes (NCC) werden von Mobilfunk- lierungsrahmens für Frequenzen auf Ebene der Internatio- netzbetreibern zur Unterscheidung von Mobilfunknetzen nalen Fernmeldeunion (ITU) hervorzuheben. Die aktive bei Nutzung gleicher Frequenzen verwendet und dienen Mitarbeit in den ITU-Studienkommissionen ist hierzu ein an Landesgrenzen zur Unterscheidung von sich überlap- wesentlicher Bestandteil für die weltweite Zusammenar- penden GSM-Netzen. Die Regulierung der NCC soll der- beit der Frequenzverwaltungen. Darüber hinaus wird die gestalt geändert werden, dass alle Mobilfunknetzbetreiber Weltfunkkonferenz 2012 (WRC-12) als einziges zustän- alle NCC im Landesinneren unter Beachtung der Feld- diges Gremium über relevante Änderungen der Vollzugs- stärkegrenzwerte zum benachbarten Ausland nutzen kön- ordnung für den Funkdienst entscheiden, um den interna- nen. tionalen Regulierungsrahmen auf dem Stand der technischen Entwicklung zu halten. Im Berichtsjahr National Signalling Point Codes (NSPC) wurden nach 2010/11 stellte der Abschluss der vorbereitenden Studien den geltenden Regelungen NSPC bis zum Jahr 2010 nur für die WRC-12 einen besonderen Schwerpunkt dar. für Zeichengabepunkte in Deutschland zugeteilt. Vo- raussetzung für die Nutzung ist, dass die zugeteilten Die Bundesnetzagentur unterstützt aktiv die Abstimmung deutschen NSPC ausschließlich für die nationale Zusam- gemeinsamer Positionen innerhalb der CEPT Konferenz- menschaltung mit anderen deutschen Vermittlungsein- vorbereitungsgruppe (CPG) mit den Partnerverwaltungen richtungen verwendet werden und direkt zu deutschen und wirkt an der Vereinbarung von gemeinsamen Zielen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 103 – Drucksache 17/8246 der Europäischen Union zur WRC-12 mit. Hierzu wurden plans begonnen. Der komplett überarbeitete und aktuell u. a. die Koordination von sechs Tagesordnungspunkten gültige Frequenznutzungsplan wurde im August 2011 und Leitungsfunktionen in den CEPT Gremien (Projekt- veröffentlicht. gruppe und CPG) übernommen. In der Europäischen Union arbeitet die Bundesnetzagen- 3. Frequenznutzungsplan tur in der Hohen Gruppe für Frequenzpolitik (RSPG) und Beim Frequenznutzungsplan handelt es sich um eine um- dem Funkfrequenzausschuss (RSC) aktiv mit. In der fangreiche Übersicht über alle Frequenznutzungen im RSPG konnte im Jahre 2011 u. a. die Stellungnahme zum Frequenzbereich von 9 kHz bis 275 GHz in der Bundes- frequenzpolitischen Programm der Europäischen Union republik Deutschland. angenommen werden. Hier werden wesentliche Elemente und Schwerpunkte einer gemeinsamen europäischen Fre- Gemäß § 54 TKG ist die Bundesnetzagentur mit der Auf- quenzpolitik für die nächsten fünf Jahre vorgeschlagen, stellung des Frequenznutzungsplans betraut. Im Berichts- die von der Europäischen Kommission in den Beratungs- jahr 2010/2011 wurde die Aktualisierung des Frequenz- prozess zwischen europäischen Rat und Parlament einge- nutzungsplans (Stand: April 2008) zur Umsetzung der bracht wurden. Neben dieser Stellungnahme wurden poli- Ergebnisse und Beschlüsse der ITU-Weltfunkkonferenz tische Kernthemen, wie die Weltfunkkonferenz 2012 und 2007 (WRC-07), der Änderung der Frequenzbereichszu- der Einfluss sozial-ökonomischer Faktoren auf die Fre- weisungsplanverordnung, zur Umsetzung von CEPT/ quenzregulierung thematisiert. Abschließende Stellung- ECC-Entscheidungen, zur Anpassung an EU-Vorgaben nahmen zu diesen Themen werden noch für das Jahr 2011 aufgrund nationalen Planungsbedarfs sowie zur Berück- erwartet. sichtigung von Anregungen Dritter weitergeführt. Im Rahmen des Funkfrequenzausschusses konnten Er- Im August 2011 erfolgte die Veröffentlichung des aktuali- gebnisse des Ausschusses für elektronische Kommunika- sierten und fertig gestellten Frequenznutzungsplans. Der tion (ECC) in rechtsverbindliche Maßnahmen für die Eu- aktuelle Frequenznutzungsplan besteht aus insgesamt ropäische Union umgesetzt werden. So wurden 486 Frequenznutzungsteilplänen und ist in folgende Ab- insbesondere die harmonisierten technischen Bedingun- schnitte aufgeteilt: gen für die Nutzung der Digitalen Dividende (790 bis – Allgemeiner Teil 862 MHz) durch den drahtlosen Netzzugang, die harmo- nisierten Frequenznutzungsbedingungen für den Betrieb – Frequenzbereich von 9 kHz bis 27 500 kHz (Fre- von Mobilfunkdiensten an Bord von Schiffen und die Er- quenznutzungsteilpläne 1 bis 164) weiterung und Flexibilisierung der Nutzungsmöglichkei- – Frequenzbereich von 27,5 MHz bis 10 000 MHz (Fre- ten für Geräte mit geringer Reichweite (SRD) erfolgreich quenznutzungsteilpläne 165 bis 335A) unter wesentlicher Mitwirkung der Bundesnetzagentur verabschiedet. – Frequenzbereich von 10 GHz bis 275 GHz (Frequenz- nutzungsteilpläne 336 bis 486) 1.2 Europäisches Frequenzinformations- – Sonstige Funkanwendungen und andere Anwendun- system (EFIS) gen elektromagnetischer Wellen Auch im Berichtsjahr 2010/2011 wurde das europäische – Zitierte Nutzungsbestimmungen Frequenzinformationssystem (EFIS) weiterentwickelt. Mit dem Zugang zum EFIS besteht die Möglichkeit, die – Abkürzungsverzeichnis Frequenznutzungen europaweit zu vergleichen. Außer- Der Frequenznutzungsplan kann auf den Internet-Seiten dem können Dokumente über CEPT Aktivitäten und na- der Bundesnetzagentur eingesehen, kostenlos herunterge- tionale und internationale Regelungen eingesehen wer- laden und ausgedruckt werden79. den. 4. Einzelne Funkanwendungen 2. Frequenzbereichszuweisung Im Berichtsjahr 2010/11 hat sich die Bundesnetzagentur Mit der dritten Verordnung zur Änderung der im Rahmen der nationalen und internationalen Frequenz- Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung (FreqB- regulierung mit folgenden zentralen Themen befasst: ZPV) v. 22. April 2010 wurden die Anlagen Teil A und B – Zukünftiger Frequenzbedarf mobiler Breitbandanwen- und der Frequenzbereichszuweisungsplan mit den Nut- dungen zungsbestimmungen geändert. Die Nutzungsbestim- mung 37 im Frequenzbereich 2 500 bis 2 690 MHz, lfd. – Funksysteme für unbemannte Luftfahrzeuge Nr. 282 bis 285, ermöglicht innerhalb der Zuweisung an den Mobilfunkdienst sowohl mobile, nomadische als – Harmonisierung der Frequenzen für drahtlose Produk- auch feste Anwendungen. Frequenznutzungen zwischen tionsmittel ortsfesten Funkstellen an beliebigen, unbestimmten Punkten sind damit zugelassen. Mit der Änderung des 79 www.bundesnetzagentur.de Ö Sachgebiete Ö Telekommunikation Frequenzbereichszuweisungsplans wurde im Jahr 2010 Ö Regulierung Telekommunikation Ö Frequenzordnung Ö Fre- mit der Gesamtplanaktualisierung des Frequenznutzungs- quenznutzungsplan Drucksache 17/8246 – 104 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

– Neue Frequenzen für Mobile Satellite Services (MSS) Mit der Versteigerung dieser Frequenzen verfolgt die Bundesnetzagentur in Umsetzung der Breitbandstrategie – Neue Frequenzen für SRD (Short Range Devices) der Bundesregierung u. a. das Ziel, insbesondere die Ver- – Neue Funkanwendungen zur Klimabeobachtung sorgung der Bevölkerung in dünn besiedelten Gebieten mit breitbandigen Internetanschlüssen und innovativen – Frequenzen für Public Protection Desaster Relief Mobilfunkanwendungen voranzutreiben. (PPDR) Der Versteigerung ging ein Zulassungsverfahren voran, in – Harmonisierung der Frequenznutzungen im L-Band dem interessierte Unternehmen einen Antrag auf Zulas- (1 452 bis 1 492 MHz) sung zur Versteigerung stellen konnten. Von den sechs in- teressierten Unternehmen konnten vier Unternehmen zu- – Weltweite Harmonisierung des KFZ-Kurzstreckenra- gelassen werden. Es handelte sich hierbei um die dar (Short Range Radar) Unternehmen: – Verbesserte Systeme zur Erdbeobachtung über Satellit – Erste MVV Mobilfunk Vermögensverwaltungsgesell- schaft mbH (E-Plus) 4.1 Allgemeinzuteilungen von Frequenzen – Telefónica O2 Germany GmbH & Co. OHG Mit dem Instrument der Allgemeinzuteilung wird die – Telekom Deutschland GmbH Nutzung von Frequenzen gemäß den darin festgelegten Bestimmungen gestattet. Die Allgemeinzuteilung erfolgt – Vodafone D2 GmbH von Amts wegen und wird im Amtsblatt der Bundesnetz- Am 12. April 2010 wurde mit der Versteigerung von Fre- agentur und im Internet veröffentlicht. Gemäß § 55 quenzen für den drahtlosen Netzzugang begonnen. Die Absatz 2 TKG stellt die Allgemeinzuteilung den gesetzli- Versteigerung der Frequenzblöcke an die vier Mobilfunk- chen Regelfall dar. Allgemeinzuteilungen, einschließlich netzbetreiber erfolgte überwiegend abstrakt und teilweise wesentlicher Änderungen, erfolgten in den Berichtsjahren konkret. Nach sechs Wochen mit insgesamt 224 Auk- 2010/2011 für Hörhilfen, induktive Funkanwendungen, tionsrunden lag am 20. Mai 2010 das Ergebnis der Ver- Ultrawideband-Anwendungen (UWB), WLAN 5 GHz, steigerung vor. Alle vier zugelassenen Unternehmen wa- Multiple Gigabit WAS/RLAN (MGWS) für weitbandige ren erfolgreich und erhielten in der Summe den Zuschlag Datenübertragungssysteme, Mikrofone im Frequenzbe- für folgende Frequenzblöcke: reich 823 MHz bis 832 MHz, Mobilfunknutzungen an Bord von Seefahrzeugen, Bodenradare (GPR) und Allge- – Erste MVV Mobilfunk Vermögensverwaltungsgesell- meine Short Range Devices (SRD). Die Allgemeinzutei- schaft mbH (E-Plus) insgesamt 8 Blöcke für lungen sind auf der Internetseite der Bundesnetzagentur 283 645 000 Euro in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. – Telefónica O2 Germany GmbH & Co. OHG insgesamt Sofern eine Allgemeinzuteilung nicht möglich ist, teilt 11 Blöcke für 1 378 605 000 Euro die Bundesnetzagentur auf Antrag Frequenzen zu. Die – Telekom Deutschland GmbH insgesamt 10 Blöcke für Einzelfrequenzzuteilungen erfolgen nach Maßgabe des 1 299 893 000 Euro Frequenznutzungsplans und des Ermessens konkretisie- render Verwaltungsvorschriften und enthalten die auf den – Vodafone D2 GmbH insgesamt 12 Blöcke für Einzelfall bezogenen Festlegungen der technischen Para- 1 422 503 000 Euro meter und sonstigen Nutzungsbestimmungen. Damit konnten alle Bieter ihr vorhandenes Mobilfunk- spektrum mehr als verdoppeln und verfügen über zahlrei- 4.2 Drahtloser Netzzugang zum Angebot von che neue Entwicklungsperspektiven. Telekommunikationsdiensten Die Frequenzen im Bereich 800 MHz, mit denen vor al- 4.2.1 Verfahren zur Vergabe der Frequenzen lem in den ländlichen Regionen breitbandige Internetzu- aus den Bereichen 800 MHz, 1,8 GHz, gänge realisiert werden sollen, wurden von den drei Netz- 2 GHz und 2,6 GHz betreibern Telekom Deutschland GmbH, Vodafone und Telefónica O2 Germany ersteigert. Diese Unternehmen Die Präsidentenkammer hatte am 12. Oktober 2009 ent- unterliegen damit einer Ausbauverpflichtung zur Schlie- schieden, die Frequenzen aus dem 800-MHz-Bereich ßung der mit Breitband unterversorgten Regionen (sog. (sog. Digitale Dividende) zusammen mit den höher gele- weiße Flecken). genen Frequenzen aus den Bereichen 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz zu versteigern (vgl. BK 1a-09/002 vom Die konkret ersteigerten Frequenzblöcke wurden den er- folgreichen Bietern bereits 12. Oktober 2009). Zur Versteigerung kamen insgesamt im Wesentlichen im An- rund 360 MHz aus den Bereichen 800 MHz, 1,8 GHz, schluss an das Auktionsverfahren zugeteilt. Dies betrifft 2 GHz und 2,6 GHz für den drahtlosen Netzzugang zum die Frequenzbereiche 1,8 GHz und 2 GHz, die nunmehr techn Angebot von Telekommunikationsdiensten – damit mehr ologie- und diensteneutral genutzt werden können. als doppelt so viel wie bei der UMTS-Auktion im Für die abstrakt ersteigerten Frequenzblöcke in den Fre- Jahr 2000. Die Frequenzen wurden technologie- und quenzbereichen 800 MHz und 2,6 GHz bestand für die diensteneutral vergeben. erfolgreichen Bieter zunächst die Möglichkeit, sich inner- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 105 – Drucksache 17/8246

Abbildung 41 Übersicht über die ersteigerten Frequenzblöcke

Abbildung 42 Spektrumsverteilung nach der Auktion Drucksache 17/8246 – 106 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode halb von drei Monaten einvernehmlich über die Position zur Flexibilisierung von Frequenznutzungsrechten in den der Frequenznutzungsrechte in den Bändern zu einigen. Frequenzbereichen 450 MHz, 900 MHz, 1 800 MHz, Nachdem eine Einigung zwischen den Unternehmen 2 GHz und 3,5 GHz können Beschränkungen der zuge- nicht zustande kam, war es Aufgabe der Bundesnetzagen- teilten Frequenznutzungsrechte aufgehoben werden, so- tur, die abstrakt versteigerten Frequenzblöcke in einem dass die Netzbetreiber unter Sicherstellung der Verträg- offenen und transparenten Verfahren per Losverfahren lichkeit die Frequenzen auf Antrag technologieneutral für zuzuordnen. den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekom- munikationsdiensten nutzen können. In der Zwischenzeit sind nunmehr alle beantragten Fre- quenzen aus der Versteigerung im Jahr 2010 zugeteilt. Mit dieser Entscheidung hat die Bundesnetzagentur der Bereits ab Herbst 2010 wurden von den Mobilfunkunter- Entwicklung der Telekommunikationsmärkte Rechnung nehmen fortlaufend für eine Vielzahl von Standorten die getragen, die durch die zunehmende Konvergenz der Festsetzung der standortbezogenen Frequenznutzungspa- Dienste und Technologien, durch das Zusammenwachsen rameter im Bereich 800 MHz beantragt, um die Frequen- bislang noch getrennter Märkte, durch eine rasch anwach- zen schnellstmöglich zur Versorgung der Bevölkerung in sende Nachfrage nach breitbandigen Anschlüssen an Te- ländlichen Räumen mit breitbandigen drahtlosen Netzzu- lekommunikationsnetze sowie durch die umfängliche gängen einsetzen zu können. Zur Sicherstellung einer ef- Flexibilisierung der Frequenzregulierung gekennzeichnet fizienten und störungsfreien Frequenznutzung und zur sind. Gewährleistung eines zügigen Verfahrens wurde hierfür ein Festsetzungsverfahren als IT-gestützte Einzelfallbe- Von der Möglichkeit zur Flexibilisierung ihrer bestehen- trachtung von der Bundesnetzagentur entwickelt und er- den Frequenznutzungsrechte haben bereits Zuteilungsin- folgreich implementiert. Die umfangreichen Auf- und haber von Frequenzen aus den Bereichen 450 MHz, Ausbauaktivitäten in den Netzen sowie die Aktivitäten 900 MHz, 1800 MHz, 2 GHz und 3,5 GHz Gebrauch ge- zur Markteinführung des neuen Mobilfunkstandards LTE macht und die Flexibilisierung der bestehenden Fre- (Long Time Evolution) belegen, dass die Netzbetreiber in quenzzuteilungen beantragt. Entsprechend können diese umfangreichem Maße Investitionen vornehmen, um den Frequenzen nunmehr für den drahtlosen Netzzugang zum Breitbandausbau in Deutschland voranzutreiben. Die Angebot von Telekommunikationsdiensten genutzt wer- Bundesnetzagentur begleitet die aktuelle Fortentwicklung den. des Breitbandausbaus, insbesondere auch durch Prüfung der seitens der Mobilfunknetzbetreiber quartalsweise vor- zulegenden Berichte über den Stand der Netzaufbauten 4.2.3 Frequenzverteilungsuntersuchung – unter besonderer Berücksichtigung der Erfüllung der Die Bundesnetzagentur hat untersucht, ob aufgrund der prioritären Aufbauverpflichtung bei den ersteigerten 800- MHz-Frequenzen in den benannten Städten und Gemein- Frequenzausstattungen der im Wettbewerb stehenden den – und der Umsetzung der jeweiligen Netzausbaupla- Mobilfunkbetreiber Wettbewerbsverzerrungen wahr- nungen. scheinlich sind. Die Untersuchung erfolgte aufgrund Artikel 1 Absatz 2 der geänderten GSM-Richtlinie. Da- Aufgrund der von den Unternehmen vorgelegten Berichte nach untersuchen die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung zum Stand des Netzausbaus, den Informationen aus dem dieser Richtlinie, ob aufgrund der bestehenden Zuteilung Breitbandatlas und den durchgeführten ausgewählten des 900-MHz-Bands an die in ihrem Gebiet im Wettbe- Stichprobenmessungen konnte bis Ende Oktober 2011 be- werb stehenden Mobilfunkbetreiber Wettbewerbsverzer- reits in sechs Bundesländern die Erfüllung der Versor- rungen auf den betreffenden Mobilfunkmärkten wahr- gungsverpflichtung festgestellt werden. Im Einzelnen scheinlich sind und beheben solche Verzerrungen, soweit handelt es sich hierbei um Bayern, Baden-Württemberg, dies gerechtfertigt und verhältnismäßig ist. Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Mit der Erfüllung der vollständigen Versor- Im Einvernehmen mit der Europäischen Kommission hat gungsverpflichtung ist es den Zuteilungsinhabern der die Bundesnetzagentur im Dezember 2009 den Ent- 800-MHz-Frequenzen nunmehr gestattet, in diesen Bun- schluss gefasst, die Frequenzverteilungsuntersuchung erst desländern die 800-MHz-Frequenzen freizügig zu nutzen. nach Durchführung der Versteigerung von Frequenzen Die Versteigerung der Frequenzen für den drahtlosen aus den Bereichen 800 MHz, 1,8 GHz, 2 GHz und Netzzugang, insbesondere die Versteigerung der 800- 2,6 GHz vorzunehmen und nicht schon im Vorfeld der MHz-Frequenzen ist auf ein großes nationales und inter- Auktion. Die Bundesnetzagentur hat der Kommission zu- nationales Interesse gestoßen. Die Bundesnetzagentur hat gesichert, die Untersuchung innerhalb von drei Monaten im Herbst 2010 einen „European Workshop on Spectrum nach Abschluss der Versteigerung einzuleiten. Auctions“ durchgeführt, bei dem der „German Ap- Mit der Untersuchung leistet die Bundesnetzagentur ei- proach“ und die rechtlichen, wettbewerblichen und fre- quenztechnisch-ökonomischen Einzelheiten des Verfah- nen weiteren Beitrag zur Umsetzung der am rens vorgestellt und erläutert wurden. 18. Februar 2009 beschlossenen Breitbandstrategie der Bundesregierung. Zur Verwirklichung der dort manifes- tierten Breitbandziele der Bundesregierung kommt der 4.2.2 Umsetzung der Flexibilisierungs- Umsetzung frequenzpolitischer Ziele durch frequenzre- entscheidung gulatorische Maßnahmen eine Schlüsselrolle zu. Funkge- Mit der Entscheidung der Präsidentenkammer der Bun- stützte Breitbandangebote dienen sowohl zur Schließung desnetzagentur (BK 1a-09/001 vom 12. Oktober 2009) von Lücken in der Versorgung mit leitungsgebundenen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 107 – Drucksache 17/8246

Technologien als auch zur mobilen Ergänzung von Fest- Präsidentenkammer im vierten Quartal 2011 abgeschlos- netzanschlüssen. Die Bundesregierung unterstützt aus- sen. drücklich den Kurs der Bundesnetzagentur, die Frequenz- nutzung soweit wie möglich zu flexibilisieren und von 4.2.4 Bedarfsermittlungsverfahren in den Technologien unabhängig zu gestalten. In diesem Zusam- Frequenzbereichen 900 MHz und menhang berücksichtigt die Breitbandstrategie der Bun- 1800 MHz desregierung auch den Einsatz und die Verteilung des bis- her mit GSM-Technologie genutzten Spektrums im 900- In den Frequenzbändern 900 MHz und 1800 MHz sind MHz-Band, um den Anforderungen der nächsten Funk- die Frequenzen80 aufgrund der GSM-Lizenzen bis zum technologiegenerationen gerecht zu werden. 31. Dezember 2016 befristet zugeteilt. Demzufolge ste- hen diese Frequenzbereiche im Umfang von insgesamt Um die Sach-, Interessens- und Rechtslage in einem offe- etwa 160 MHz ab dem 1. Januar 2017 wieder für Fre- nen, transparenten und umfassenden Diskurs mit allen quenzzuteilungen zur Verfügung. Marktteilnehmern zu ergründen, hat die Bundesnetzagen- Die mit der Entscheidung über die künftige Erteilung von tur am 11. August 2010 die Öffentlichkeit durch die Ver- Frequenznutzungsrechten in den Frequenzbereichen öffentlichung eines Impulspapiers für die Untersuchung 900 MHz und 1800 MHz verbundenen Fragen sind von nach Artikel 1 Absatz 2 der geänderten GSM-Richtlinie besonderer Komplexität und die zu treffende Entschei- eingebunden. Um die Diskussion zu strukturieren, hat die dung von hervorgehobener Bedeutung für den Markt. Bundesnetzagentur die aus ihrer Sicht mit der Untersu- Auch liegt es im öffentlichen Interesse, durch eine effi- chung verbundenen Kernfragen zusammengestellt und ziente und wirksame Frequenzregulierung zu gewährleis- zur Stellungnahme aufgerufen. ten, dass solche Funkfrequenzen – insbesondere unter Be- Zur Unterstützung bei der Klärung der mit dem Untersu- rücksichtigung ihrer großen wirtschaftlichen Bedeutung chungsauftrag verbundenen frequenztechnisch-ökonomi- für die elektronische Kommunikation und ihrer gesell- schen Fragen hat die Bundesnetzagentur im Jahr 2010 die schaftlichen Bedeutung zur Förderung leistungsfähiger Anfertigung eines Sachverständigengutachtens öffentlich Telekommunikationsinfrastrukturen – so effizient wie ausgeschrieben. Als Ergebnis des Ausschreibungsverfah- möglich genutzt werden. Um diese Entscheidung auf eine rens wurde das Gutachten bei der Technischen Universi- sichere und stabile Grundlage zu stellen, leitet die tät Wien in Auftrag gegeben. Beschlusskammer 1 (Präsidentenkammer) das Verfahren zur Erarbeitung dieser Entscheidung rechtzeitig ein. Nach Darüber hinaus hat die Präsidentenkammer der Bundes- heutiger Einschätzung sollte das Verfahren möglichst drei netzagentur am 4. April 2011 eine öffentliche Sitzung Jahre vor Ablauf der gegenwärtigen Laufzeit abgeschlos- durchgeführt, an der die Beteiligten sowie die Sach- sen sein, um den beteiligten Unternehmen und den übri- verständigen teilgenommen haben. Im Rahmen der gen Betroffenen die erforderliche Planungs- und Investi- mündlichen Verhandlung wurden insbesondere das wis- tionssicherheit zu gewähren. Daher hat die senschaftliche Gutachten mit ökonomisch-frequenztech- Präsidentenkammer in einem ersten Schritt im November nischem Schwerpunkt zur Frequenzverteilungsuntersu- 2011 ein förmliches Bedarfsermittlungsverfahren einge- chung der möglichen Flexibilisierung in den 900- und leitet, um von Amts wegen den Frequenzbedarf in den 1800-MHz-Bändern erörtert und die Sach- und Rechts- Bereichen von 880 bis 915 MHz und von 925 bis lage mit allen Beteiligten ausführlich diskutiert. Die Stel- 960 MHz sowie von 1 725 bis 1 785 MHz und von 1 820 lungnahmen zum Impulspapier und die Stellungnahmen, bis 1 880 MHz für den drahtlosen Netzzugang zum Ange- die im Rahmen der mündlichen Verhandlung am bot von Telekommunikationsdiensten ab dem 1. Januar 4. April 2011 abgegeben wurden, sowie das in Auftrag 2017 zu ermitteln (ABl. Bundesnetzagentur Nr. 23/2011). gegebene Gutachten der TU Wien wurden in die intensive Damit ruft die Präsidentenkammer alle interessierten Un- Prüfung der Sach- und Rechtslage einbezogen. Nach Prü- ternehmen zur Anmeldung ihrer prognostizierten Bedarfe fung der Sach- und Rechtslage und nach Bewertung aller in den Frequenzbereichen 900 MHz und 1 800 MHz ab widerstreitenden Interessen hat die Bundesnetzagentur dem 1. Januar 2017 auf. am 6. Juli 2011 den Entwurf einer Entscheidung zur Fre- Hierzu hatte die Präsidentenkammer zuvor Eckpunkte quenzverteilungsuntersuchung aufgrund Artikel 1 Absatz 2 entwickelt, die die Rahmenbedingungen für ein förmli- GSM-Richtlinie im Amtsblatt und auf der Internetseite ches Bedarfsermittlungsverfahren darstellen, und zur An- veröffentlicht und zur Konsultation gestellt. hörung gestellt (ABl. Bundesnetzagentur Nr. 13/2011, Mit-Nr 365, S. 3446 ff.). In dem Konsultationsentwurf kommt die Bundesnetz- agentur nach umfangreichen Prüfungen zu dem Schluss, Die Durchführung eines Vergabeverfahrens im Fall der dass die vier im deutschen Markt tätigen Mobilfunknetz- Frequenzknappheit setzt voraus, dass weitere gesetzlich betreiber über wettbewerbsfähige Frequenzausstattungen verfügen, um entsprechend ihrer jeweiligen Geschäfts- modelle leistungsfähige, breitbandige funkgestützte In- 80 In den Bereichen von 880,1 bis 914,9 MHz (Unterband) und von 925,1 bis 959,9 MHz (Oberband) sowie von 1 725 bis 1 730 MHz, frastrukturen zu betreiben. 1 735,1 bis 1 752,5 MHz, 1 752,7 bis 1 758,1 MHz, 1 763,1 bis 1 780,5 MHz (Unterband) und von 1 820 bis 1 825 MHz, 1 830,1 bis Nach der öffentlichen Konsultation wurde die Frequenz- 1 847,5 MHz, 1 847,7 bis 1 853,1 MHz, 1 858,1 bis 1 875,5 MHz verteilungsuntersuchung durch eine Entscheidung der (Oberband). Drucksache 17/8246 – 108 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode vorgesehene Entscheidungen der Präsidentenkammer mit wird auch eine einheitliche Vorgehensweise für (Entscheidungen über die Vergabebedingungen und die VSAT- und S-PCS-Netze oder andere satellitengestützte Vergaberegeln) getroffen werden. Netze erreicht. Die Vorgehensweise steht ebenfalls in Einklang mit der bei terrestrischen Netzen (z. B. GSM), 4.3 Bündelfunk bei der ebenfalls nur eine Zuteilung an den Netzbetreiber besteht und auf eine Allgemeinzuteilung für Endgeräte Wie in den vorangegangenen Jahren ist im Bereich des verzichtet wird. schmalbandigen Bündelfunks die Nachfrage nach Fre- quenzen ungebrochen. Die Interessen richten sich dabei 4.4.1 Zuteilung von Frequenznutzungen für vorrangig auf digitale Bündelfunkfrequenzen. Der TE- Erdfunkstellen TRA-Standard liefert den Nutzern eine entsprechend hohe Sicherheit hinsichtlich der Daten- und Sprachüber- Für die Frequenznutzung von Erdfunkstellen in gemein- tragung. Die Nutzergruppen kommen wie auch in den sam mit anderen Funkdiensten genutzten Frequenzberei- Vorjahren vorwiegend aus den Bereichen kommunale chen (in der Regel Richtfunk) oder für Erdfunkstellen in Einrichtungen, Transport, Industrie und in zunehmendem der Nähe von Flughäfen ist in Übereinstimmung mit dem Maße aus dem Energiebereich. So werden insbesondere EG-Richtlinienpaket eine Einzelzuteilung auszusprechen. auch für Offshore-Windanlagen Bündelfunkfrequenzen In diesen Fällen ist einzelfallbezogen eine Frequenz- und nachgefragt. Die große Nachfrage stellt eine frequenzeffi- Standortkoordinierung und in der Nähe von Flughäfen ziente Bewirtschaftung des Frequenzbereichs 410 bis eine Prüfung des Standortes auf Verträglichkeit mit Luft- 430 MHz weiterhin vor große Herausforderungen. Um fahrzeugbordelektronik durchzuführen, um ein störungs- den Zuteilungsnehmern Rechts- und Planungssicherheit freies und effizientes Miteinander der verschiedenen zu geben, wurde mit Amtsblattmitteilung der Bundesnet- Funkanwendungen zu erreichen. zagentur Nr. 391/2011 vom 20. Juli 2011 Seite 2581 die Im Jahr 2010 wurden von der Bundesnetzagentur Nutzung der Bündelfunkfrequenzen auf Antrag für ana- 411 Einzelzuteilungen für Sendeerdfunkstellen ausge- loge Anwendungen bis zum 31. Dezember 2020 und für sprochen; im ersten Halbjahr 2011 waren es bereits 437. digitale Anwendungen bis zum 31. Dezember 2025 ver- Hierbei handelte es sich in der Regel um größere Statio- längert. Die genauere Ausgestaltung des Antragsverfah- nen im Rahmen von Punkt-zu-Punkt-Übertragungen rens sowie der Zeitpunkt der Antragstellung werden (z. B. zur Durchleitung von Internetverkehr, aber auch für rechtzeitig öffentlich im Amtsblatt bekannt gegeben. Übertragungswege in Krisengebiete) und zur Einspeisung Seit 2010 sind die Zuteilungen für den weitbandigen Bün- für eine flächendeckende Verteilung (z. B. für TV-Pro- delfunk an die drei Netzbetreiber Telekom Deutschland gramme). GmbH, Inquam Deutschland GmbH und NetCologne GmbH auf der Grundlage der Entscheidung der Präsiden- 4.4.2 Zuteilungen für Satellitenfunknetze tenkammer zur Flexibilisierung der Frequenznutzungs- Im Jahr 2010 wurden von der Bundesnetzagentur zwei rechte für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von und im ersten Halbjahr 2011 drei Zuteilungen für Satelli- Telekommunikationsdiensten vom 12. Oktober 2009 tenfunknetze ausgesprochen. Die Bundesnetzagentur ver- (Vfg. Nr. 58/2009 im Amtsblatt der Bundesnetzagentur öffentlicht eine Liste der zugeteilten Satellitenfunknetze Nr. 20 vom 21. Oktober 2009) zur Nutzung für den draht- einschließlich der Frequenznutzungsbedingungen im losen Netzzugang im Frequenzbereich 450 MHz flexibili- Amtsblatt und im Internet. siert worden. 4.4.3 Internationale Anmeldung und Koordi- 4.4 Satellitenfunk nierung von Satellitensystemen Satellitenfunkanlagen werden häufig im Rahmen von Gemäß § 56 TKG führt die Bundesnetzagentur auf An- Netzen betrieben. Diese umfassen in der Regel eine Viel- trag die Anmeldung, Koordinierung und Notifizierung zahl von Endgeräten, deren Frequenznutzung maßgeblich von Satellitensystemen bei der Internationalen Fernmel- durch den Netzbetreiber gesteuert und kontrolliert wird. deunion (ITU) in Genf durch. Darüber hinaus betreut die Der Endkunde (z. B. der Nutzer eines VSAT-Terminals) Bundesnetzagentur die internationale Koordinierung der hat hierbei keinerlei Einflussmöglichkeit auf die fre- Orbit- und Frequenznutzungsrechte. quenztechnischen Eigenschaften des Endgeräts. Dies legt den Ansatz nahe, dass der Betreiber des Satellitenfunk- Die Bundesnetzagentur betreut Satellitenanmeldungen netzes für die Frequenznutzung des Gesamtsystems eine unterschiedlicher Firmen, Institutionen und Organisatio- Frequenzzuteilung erhält und damit auch der Betrieb der nen bei der ITU. Derzeit sind in deutschem Namen zehn Endgeräte abgedeckt wird. umlaufende und 26 geostationäre Satellitennetze ange- meldet. Im Jahr 2010 wurden drei neue und 2011 ein Dieser Ansatz einer Satellitenfunknetzzuteilung stellt si- neues geostationäres Satellitensystem bei der ITU an- cher, dass neben den Aspekten einer störungsfreien und gemeldet. In den Jahren 2010 und 2011 sind hierzu je- effizienten Frequenznutzung auch Gebühren und Beiträge weils 82 Veröffentlichungen (insgesamt 958 Seiten) für und die Bestimmungen des Elften Teils TKG (Fernmelde- 20 deutsche Satellitensysteme in Rundschreiben der ITU geheimnis, Datenschutz, Sicherheit) dem Inhaber der Sa- erfolgt, auf die im Schnitt je Satellitensystem 40 Koordi- tellitenfunknetzzuteilung zugeordnet werden können. Da- nierungsersuchen ausländischer Fernmeldeverwaltungen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 109 – Drucksache 17/8246 erfolgten. Die Bundesnetzagentur hat zum Schutz deut- nehmend handelsübliche Geräte in zivilen Frequenzberei- scher Satellitenanmeldungen und terrestrischer Funk- chen zum Einsatz. dienste 821 Einsprüche gegen ausländische Satellitensys- teme eingelegt. In den Jahren 2010 und 2011 hat die Bundesnetzagentur 75 Frequenzverfügbarkeitsanfragen der militärischen Be- darfsträger (Bundeswehr, Nato, Gaststreitkräfte) bearbei- 4.4.4 Weltraumfunkdienste tet und 574 Frequenzzuteilungen (beispielsweise für Im Bereich Weltraumfunkdienste hat der Prüf- und Mess- Schiffsbesuche, Manöver, „out-of-area“-Einsätze, aber dienst der Mess-Erdfunkstelle in Leeheim (zwischen auch langfristige Nutzungen) in zivilen Frequenzberei- Darmstadt und Mainz) zur Überwachung der Frequenz- chen erteilt. Umgekehrt hat die Bundesnetzagentur auch nutzung und zur Funkstörungsbearbeitung beigetragen. zahlreiche Frequenzen für zivile Nutzer in militärisch zu- gewiesenen Bereichen mit dem militärischen Bedarfsträ- Durch den Betrieb der Multibandantenne, die den Fre- ger koordiniert. quenzbereich von 1 bis 26,5 GHz abdeckt und des sog. Standortbestimmungssystems ergeben sich erhebliche Verbesserungen bei der Aufklärung von Funkstörungen. 4.6 Kurzzeitzuteilungen Eine Störquelle auf der Erde, die den Uplink eines Satelli- Kurzzeitzuteilungen erteilt die Bundesnetzagentur im ten stört, bewirkt auch Störungen im Downlink, also auf Rahmen von Sport- und Kulturveranstaltungen und sons- der Strecke vom Satelliten zur Erde. Diese Störungen tigen Medienereignissen. Hierbei handelt es sich in der konnten zwar bereits in der Vergangenheit durch die Regel um Frequenznutzungen, die auf wenige Stunden Mess-Erdefunkstelle gemessen werden, aber erst die Ein- oder Tage beschränkt sind. Die in diesem Bereich häufig richtung des Standortbestimmungssystems und der Multi- aus dem Ausland kommenden Nutzer beantragen immer bandantenne ermöglichen eine Lokalisierung des Störers. wieder Frequenzen, die in Deutschland für andere Zwe- Im Berichtszeitraum hat sich der praktische Einsatz des cke vorgesehen sind. In diesen Fällen prüft die Bundes- Systems im Wirkbetrieb bestätigt. Darüber hinaus wurden netzagentur, ob dennoch ein kurzzeitiger Betrieb möglich Untersuchungen zur Erhöhung der Genauigkeit des ist, ohne andere bestimmungsgemäße Nutzungen zu be- Standortbestimmungssystems durch Referenzsignale einträchtigen. Bei Veranstaltungen in Grenzgebieten zum durchgeführt, an denen sich auch ausländische Mess- benachbarten Ausland können diese Prüfungen sehr dienste beteiligt haben. aufwendig sein, da dann auch Abstimmungen mit den Die Kapazität der Mess-Erdfunkstelle Leeheim bietet die Nachbarländern erforderlich werden. Die angefragten Möglichkeit, neben Messaufträgen, die aus den gesetzli- Frequenzen kommen aus den unterschiedlichsten Fre- chen Verpflichtungen entstehen, in einem gewissen Um- quenzbereichen zwischen 40 MHz und 22 GHz. fang auch zusätzliche Messaufträge von Dritten anzuneh- Im Jahr 2010 und bis Juni 2011 wurden von der Bundes- men. Auf der Basis eines Memorandum of Understanding netzagentur insgesamt 3 691 Kurzzeitzuteilungen mit ins- (MoU), dem bisher die Verwaltungen aus Frankreich, gesamt 23.811 Frequenznutzungen ausgesprochen. Diese Großbritannien, Niederlande, Luxemburg, Schweiz und erfolgten für diverse Motorsportveranstaltungen (z. B. Spanien beigetreten sind, führt die Mess-Erdfunkstelle 1, Deutsche Tourenwagen Meisterschaft (DTM)), Leeheim Messungen für diese Länder gegen Kosten- Wintersportveranstaltungen (z. B. Alpine Ski – Weltmeis- erstattung durch. terschaft) und Konzerte. Die größten Herausforderungen der vergangenen zwei Jahre waren der Eurovision 4.5 Frequenzen für öffentliche Bedarfsträger Song Contest und die Frauenfußballweltmeisterschaft 2011. Frequenzen werden auch von zahlreichen öffentlichen Bedarfsträgern zur Sicherstellung ihrer Aufgaben benö- Zur Sicherstellung einer störungsfreien und effizienten tigt. Die Bundesnetzagentur teilt diesen Nutzern, wie Be- Frequenznutzung war die Bundesnetzagentur bei rund hörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben 1 089 Veranstaltungen mit Kräften und Messfahrzeugen (BOS), der Deutschen Flugsicherung, der Wasser- und vor Ort. Es mussten im Zeitraum 2010 bis Juni 2011 ins- Schifffahrtsverwaltung und den Bahnen Frequenzen auf gesamt 46 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet wer- der Grundlage des Frequenznutzungsplans zu. den. Frequenznutzungen des Bundesministeriums der Vertei- digung bedürfen in den ausschließlich militärisch zuge- 4.7 Fester Funkdienst unterhalb 30 MHz wiesenen Frequenzbereichen keiner Zuteilung durch die In diesem Frequenzbereich sind Funkanwendungen des Bundesnetzagentur. In den zivil bzw. zivil-militärisch zu- Langwellen-, Mittelwellen-, und Kurzwellenfrequenz- gewiesenen Frequenzbereichen ist jedoch für Frequenz- bereiches betroffen. Diese sind in der Lage, auf Grund der nutzungen der militärischen Bedarfsträger (Bundeswehr, physikalischen Ausbreitungsbedingungen weltweite Nato, Gaststreitkräfte) eine Zuteilung durch die Bundes- Funkverbindungen aufzubauen. netzagentur erforderlich. Die allgemeine Sicherheitslage und internationale Ausrichtung der Bundeswehr bedingt Neben modernen Techniken, wie z. B. satellitengestützte einen weiterhin hohen Frequenzbedarf in der gesamten Systeme, kommt auch dem Kurzwellenfunk eine nicht Bandbreite des Frequenzspektrums. Insbesondere für unerhebliche Rolle zu. Dabei sind die wesentlichen Vor- Kommunikationszwecke kommen aus Kostengründen zu- teile hauptsächlich in den im Vergleich zu anderen Syste- Drucksache 17/8246 – 110 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode men niedrigen Kosten sowie in der Unabhängigkeit ge- nigt den Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und er- genüber Dritten zu suchen. Ferner müssen bei Ausfall teilt Zulassungen zur Teilnahme am Amateurfunkdienst eines Systems weitere Möglichkeiten einer sicheren und weitere Rufzeichenzuteilungen. Im Jahr 2010 wurden Kommunikation gewährleistet werden. 56 Amateurfunkprüfungen durchgeführt und 605 Ama- teurfunkzeugnisse erteilt. Außerdem sind ca. 1 030 Ama- Im Rahmen einer zukünftigen engeren Einbindung der teurfunkzulassungen und weitere Rufzeichenzuteilungen Bundeswehr in die sicherheits- und friedensbildenden erfolgt. Maßnahmen der internationalen Völkergemeinschaft ist eine unterbrechungsfreie Kommunikation mit den in ver- schiedenen Einsatzgebieten stationierten Truppenkontin- 4.10 Punkt-zu-Punkt-Richtfunk genten unverzichtbar. Hier kommt auch der - Durch die Bundesnetzagentur werden Frequenzen für das funk zum Einsatz. Betreiben von Richtfunkanlagen wettbewerbsneutral und Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Vorhaltung solcher unter dem Gesichtspunkt einer effizienten und störungs- Funknetze für den Einsatz im Not- oder Katastrophenfall, freien Frequenznutzung auf Antrag zugeteilt. wie z. B. im Seenotrettungsdienst. Aber auch Anwendun- Für Frequenzzuteilungen zum Betreiben von Übertra- gen einer bundesweiten und flächendeckenden Versor- gungswegen mit digitalem Punkt-zu-Punkt-Richtfunk ste- gung im Bereich der Infrastrukturaufgaben kommen zur hen verschiedene Frequenzbereiche, derzeit von 4 GHz Anwendung. Als herausragendes Beispiel gilt hier der bis 86 GHz, zur Verfügung. Die Frequenzauswahl erfolgt Betrieb von Zeitzeichensignalen oder die Verteilung von auf der Basis der beantragten und benötigten Funkfeld- Schaltimpulsen im Bereich der Energieversorgung. länge in Verbindung mit der erforderlichen Verfügbarkeit. Für alle Anwendungen werden jedoch diskrete Frequen- Für die Realisierung von Nachrichtenverbindungen mit zen benötigt. Auf Grund der Ausbreitungsbedingungen sehr niedrigen Übertragungsraten kann außerdem ein ein- bedürfen diese Anwendungen im Interesse eines stö- geschränktes Frequenzspektrum aus dem 400-MHz-Be- rungsfreien Funkverkehrs der nationalen und internatio- reich genutzt werden (u. a. zur Erfüllung von Sicherheits- nalen Koordinierung. Im Berichtszeitraum waren anforderungen, wie z. B. Meldeverbindungen zur 1 493 Einzelfrequenzen zur Koordinierung in Bearbei- Notfallsignalisierung und Übertragung kritischer Zu- tung. standsdaten). Die Anzahl der durch die Bundesnetzagentur insgesamt 4.8 Nichtöffentlicher Mobilfunk gegenwärtig verwalteten aktiven Frequenzzuteilungen des Punkt-zu-Punkt-Richtfunks beträgt 93 400 Frequenz- Der nichtöffentliche Mobilfunk dient der internen Kom- zuteilungen (Stand: Dezember 2010, Zahlen gerundet). munikation von Unternehmen und Organisationen. Er un- terscheidet sich vom kommerziellen Mobilfunk, z. B. Im Jahr 2010 sind 25 536 Anträge eingegangen (Neuan- GSM, unter anderem dadurch, dass der Nutzer über die träge, technische Änderungen und Zurückziehungen). Die volle Funktionsherrschaft über das Funknetz verfügt. Da- Anträge wurden für folgende Frequenzbereiche einge- mit kann der Kommunikationsbedarf individuell realisiert reicht: und kurzfristig angepasst werden. Nicht zuletzt wegen dieser Individualität und dem Fehlen eines externen Netz- – 410/420 MHz 94 Anträge betreibers kommt der Frequenzkoordinierung durch die – 4 bis 7,5 GHz 1 095 Anträge Bundesnetzagentur eine vergleichsweise hohe Bedeutung zu. Kernstück des nichtöffentlichen Mobilfunks ist der – 12 bis 18 GHz 5 848 Anträge Betriebsfunk. Dieser dient der innerbetrieblichen Kom- munikation im industriell-gewerblichen Bereich, z. B. – 23 bis 28 GHz 8 739 Anträge von Verkehrs- oder Transportunternehmen oder im Be- – 32 bis 38 GHz 8 760 Anträge reich der Verwaltung. Weitere bedeutsame Bereiche sind z. B. der Durchsage- und Reportagefunk (drahtlose Mi- Im Jahr 2011 wird mit einem weiteren Anwachsen der zu krofone, Reportageleitungen, drahtlose Kameras) oder verwaltenden aktiven Frequenzzuteilungen und der An- der Daten- und Fernwirkfunk (Fernsteuerungen von Ma- zahl der zu bearbeitenden Frequenzanträge gerechnet. Bis schinen, Datenfernabfragen, Verkehrsleitsysteme, Alarm- Ende Juli 2011 sind bereits 15 500 Anträge eingegangen, anlagen). so dass mit einem Antragsvolumen von mindestens 30 000 Anträgen zu rechnen ist. Im nichtöffentlichen Mobilfunk wurden im Jahr 2010 mehr als 13 800 Vorgänge bearbeitet. Die Bundesnetzagentur wird auch an Planungs- und Ge- nehmigungsverfahren im Rahmen des Bau- und des Im- 4.9 Amateurfunkdienst missionsschutzrechts beteiligt (u. a. als Träger öffentli- cher Belange). Im Rahmen dieser Beteiligung werden Voraussetzung für die Teilnahme am Amateurfunkdienst Stellungnahmen zur Frage der Beeinträchtigung von ist der Nachweis besonderer Kenntnisse und eine Zulas- Richtfunkstrecken im Zusammenhang mit der geplanten sung mit personengebundener Rufzeichenzuteilung. Zum Errichtung von Windkraftanlagen bzw. anderen höheren Nachweis der erforderlichen Kenntnisse führt die Bun- Bauwerken (Antennenmaste und Türme, Schornsteine, desnetzagentur Amateurfunkprüfungen durch, beschei- Hochhäuser) erarbeitet. Durch die Bundesnetzagentur Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 111 – Drucksache 17/8246 wurden im Jahr 2010 insgesamt 600 Beteiligungsverfah- 5.3 Forschungsprojekt FARAMIR ren bzw. Amtshilfe- und Auskunftsersuchen bearbeitet. Um Frequenznutzungen möglichst ökonomisch zu gestal- ten, gibt es Überlegungen, dass in Zukunft Basisstationen 4.11 Punkt-zu-Mehrpunkt-Richtfunk von Mobilfunknetzen auf aktuell vorhandene Daten zur (Frequenzen für Broadband Frequenzbelegung zurückgreifen können. Zur Untersu- Wireless Access) chung dieses Ansatzes wurde von der EU das For- schungsprojekt FARAMIR gegründet. Europaweit wur- Aufgrund der Entscheidung der Präsidentenkammer der den Testmessungen im Frequenzbereich 0 bis 3 GHz Bundesnetzagentur vom 26. September 2006 über das durchgeführt; an denen sich auch die Bundesnetzagentur Verfahren zur Vergabe der Frequenzen im Bereich beteiligt hat. Die Ergebnisse werden zentral bei der 3 400 bis 3 600 MHz für den drahtlosen breitbandigen RWTH Aachen zusammengeführt und analysiert. Im Netzzugang (Broadband Wireless Access, BWA) sind die Laufe des letzten Quartals 2011 sind weitere derartige Frequenzen im Dezember 2006 versteigert worden. Die Messungen beabsichtigt. Bundesnetzagentur erhoffte sich durch die Frequenzver- gabe eine Verbesserung der Breitbandversorgung der Be- völkerung, vor allem auch in ländlichen Regionen. Die 5.4 Messungen im Bereich 863 bis 870 MHz drei Unternehmen, die den Zuschlag für eine bundesweite Im genannten Bereich wurden auf Initiative der CEPT eu- Versorgung erhalten haben, konnten die ihnen auferlegten ropaweit Messungen zur Feststellung der aktuellen Fre- Versorgungsverpflichtungen bisher nicht erfüllen. Die quenzbelegung vorgenommen und sind auch zukünftig Bundesnetzagentur versucht in Zusammenarbeit mit den geplant. In diesem Bereich kommen Geräte kleiner Zuteilungsinhabern Lösungen für eine flächendeckende Reichweite (Short Range Devices, SRD) wie Kopfhörer Versorgung zu erarbeiten. und solche zur Identifizierung von Waren aller Art (Radio Frequency Identification, RFID) zum Einsatz. Die Bun- 5. Prüf- und Messdienst desnetzagentur beteiligt sich an diesen Messungen, die auf Grund der geringen Reichweite der genannten Geräte In vielfältiger Weise werden Entscheidungen im Bereich in Wohngebieten (SRD) bzw. auch in Warenlagern und der Telekommunikation durch den Prüf- und Messdienst Einkaufszentren (RFID) stattfinden müssen. Die Ergeb- unterstützt. nisse werden zur weiteren Diskussion und Klärung der Frage eines Frequenzmehrbedarfs europaweit zusammen- gefasst. 5.1 Automatische Messungen im Bereich 1,6 bis 27 MHz 5.5 Besondere Beobachtung des Bereichs Die Bundesnetzagentur beteiligte sich auf Wunsch der 6,2 bis 6,6 MHz CEPT auch im Berichtszeitraum an diesen Messungen, deren Ergebnisse ggf. zur Neuordnung von Teilen des Im genannten Bereich treten immer wieder unzulässige Kurzwellenspektrums sowie zur Erkennung von Tenden- rundfunkähnliche Aussendungen aus verschiedenen Län- zen der Nutzung des Frequenzspektrums herangezogen dern auf, die teilweise auch auf bzw. in der Nähe der Glo- werden können. Eine manuelle Identifikation (Standort bal Maritime Distress Safety System (GMDSS) – Fre- des Senders, Rufzeichen, Sendeart) der einzelnen Aus- quenz 6 215 kHz stattfinden. Diese Frequenz ist für Notsignale unbedingt freizuhalten. Weiterhin steht auch sendungen erfolgt nicht; im Rahmen eines vorgegebenen die Frequenz 6 312 kHz unter einem besonderen Schutz. Beobachtungsplans werden je 200 kHz breite Abschnitte Während einer internationalen Kampagne der CEPT von mit der jeweils vor Ort vorhandenen Messtechnik Oktober bis Dezember 2010, an der sich auch die Bun- 24 Stunden lang erfasst. desnetzagentur beteiligt hat, haben Messstellen verschie- dener Länder den genannten Bereich mit automatischen 5.2 Schutz des Amateurfunks gegen Störer Messsystemen und auch manuell (Ermittlung des Stand- aus dem Ausland orts des Senders, Rufzeichen, Sendeart) beobachtet. Um den Schutz der teilweise exklusiv dem Amateurfunk zugewiesenen Frequenzbänder zu gewährleisten, wurden 5.6 Manuelle Frequenzbeobachtungen im Kurzwellenbereich im Zeitraum Januar 2010 bis Juli 2011 ca. 50 Störungs- meldungen an ausländische Verwaltungen versandt, auf Der Prüf- und Messdienst hat manuelle Beobachtungen in deren Territorium störende Sender anderer Funkdienste bestimmten Teilbereichen des Kurzwellenbandes zwi- festgestellt wurden; diese dürfen die Frequenzen des schen 1,6 und 10 MHz vorgenommen. Diese Messungen Amateurfunks nach internationalen Vereinbarungen nicht werden sowohl in der Bundesnetzagentur für weitere Pla- nutzen. Grundlage für die Störungsmeldungen ist der nungen und als Grundlage für Frequenzzuteilungen ver- Artikel 15 der Radio Regulations der ITU. Teilweise wendet als auch nach einer internationalen Vereinbarung konnte eine Abschaltung bzw. Instandsetzung fehlerhaft der ITU zur Verfügung gestellt und dort veröffentlicht. arbeitender Sender im Interesse der Funkamateure er- Die Messungen schließen im Gegensatz zu rein automati- reicht werden. schen Messungen u. a. auch die Ermittlung der Sender- Drucksache 17/8246 – 112 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode standorte, der verwendeten Übertragungsverfahren sowie vorhergehenden Strichproben (prozentualer Anteil der der Art der Funkanwendung mit ein. Abweichungen von den Frequenzzuteilungsbestimmun- gen) ein. 5.7 Bundesweite Überprüfungen von Das statistische Verfahren stellt ein effizientes und wirt-

Kabelfernsehanlagen zum Schutz schaftliches Verfahren bei der Überprüfung von Fre- der Sicherheitsfunkdienste quenznutzungen dar. Durch die Anwendung dieses Ver- Um die störungsfreie Nutzung von Frequenzen im Be- fahrens wird soviel geprüft wie nötig, jedoch auch so reich des Flugfunks zu ermöglichen, sind entsprechend wenig wie möglich. ausgerüstete Messfahrzeuge seit Beginn des Jahres 2010 im Einsatz. Während der Fahrt durch Straßen in Bal- 5.10 Erarbeitung einer Messvorschrift für lungsräumen werden Standorte (Koordinaten) von Kabel- die Messung von Frequenzhub und anlagen registriert, aus denen ungewollt Signale abge- Multiplexleistung von UKW-Ton- strahlt werden, die unter Umständen Störungen des Rundfunksendern Flugfunks und anderer Sicherheitsfunkdienste (Rettungs- Die in den letzten Jahren zwischen den unterschiedlichen dienste, Polizei) hervorrufen. Nach Zuordnung der jewei- Institutionen geführten Diskussionen über das Messver- ligen Adresse werden die Kabelnetzbetreiber über die ge- fahren zur Messung von Frequenzhub und Multiplexleis- wonnenen Ergebnisse informiert; diese führen dann in tung im UKW-Ton-Rundfunk sowie die Auswertung und eigener Regie die detaillierte Suche auch in den Gebäu- Beurteilung der Messergebnisse nahm die Bundesnetz- den nach undichten bzw. fehlerhaften Stellen im Kabel- agentur zum Anlass, eine Messvorschrift zu dieser The- netz durch und beseitigen diese. Die Messungen haben matik zu erarbeiten. ihre Grundlage in § 3 der Sicherheitsfunk-Schutzverord- nung (SchuTSEV), die u. a. die einzuhaltenden Grenz- Der Entwurf dieser Messvorschrift wurde im Amtsblatt werte für die Ausstrahlungen aus Kabelanlagen vorgibt. der Bundesnetzagentur zur Kommentierung veröffent- licht. Nach Ablauf der öffentlichen Kommentierungs- 5.8 Messungen vor der Errichtung einer phase wurden die Kommentare und Stellungnahmen in Erdfunkstelle den Entwurf der Messvorschrift eingearbeitet, die im Ein- mit der Aufgabenstellung der Bundesnetzagentur Für ein Satellitenprojekt der Europäischen Weltraumor- stehen. ganisation (ESA) zur Erdbeobachtung soll im süddeut- schen Raum eine Erdfunkstelle im Frequenzbereich um Die Bekanntgabe der endgültigen Messvorschrift 26 GHz errichtet werden. Im Juni 2010 wurden Messun- „BNetzA 511 MV 07“ (Messvorschrift (MV) der Bundes- gen im genannten Bereich durchgeführt, um einen Über- netzagentur für die Messung von Frequenzhub und Multi- blick über bereits vorhandene Funkanwendungen und plexleistung von UKW Ton-Rundfunksendern) erfolgte Systeme zu gewinnen und daraus ableiten zu können, ob im Amtsblatt der Bundesnetzagentur Nr. 8 vom die beabsichtigte Nutzung am geplanten Standort voraus- 5. Mai 2010, Mitteilung-Nr. 267. Mit dieser Messvor- sichtlich störungsfrei möglich sein wird. schrift werden die Voraussetzungen für vergleichbare Messungen unabhängig von der verwendeten Messtech- nik und die einheitliche Interpretation der Messergebnisse 5.9 Prüfung von Frequenznutzungen beschrieben. Der Prüf- und Messdienst hat im Rahmen der Prüfungen Die Einhaltung der Grenzwerte von Frequenzhub und von Frequenznutzungen im Berichtszeitraum ca. 8 000 Fre- Multiplexleistung der UKW-Ton-Rundfunksender ist be- quenzzuteilungen in verschiedenen Funkanwendungen auf sonders wegen der heute üblichen Kompression des Au- Einhaltung der Frequenzzuteilungsbestimmungen über- diosignals von besonderer Bedeutung. Überschreitungen prüft. Grundlage bildet der § 64 des TKG. Die Über- der Grenzwerte können insbesondere zu Beeinträchtigun- prüfung von Frequenznutzungen dient der Sachstandser- gen des Flugfunks im angrenzenden Frequenzbereich fassung und der Kontrolle der Einhaltung der führen. Die Messvorschrift bildet die Grundlage für regulatorischen Vorgaben im Bereich der Frequenzord- Überprüfungen der Bundesnetzagentur in diesem Be- nung. Die Überprüfungen liefern wesentliche Erkennt- reich. nisse der tatsächlichen Situation und ergänzen somit die administrativen Elemente der Frequenzregulierung Abschnitt F (Frequenzbereichszuweisungsplan, Frequenznutzungs- Technische Regulierung plan, Frequenzzuteilung) zu einem Regelkreis. Negative Auswirkungen auf die Frequenznutzung sollen frühzeitig 1. Funkverträglichkeit erkannt und in Folge auch das Störungsaufkommen mini- miert werden. Es handelt sich hierbei um eine proaktive Im Telekommunikationsgesetz (TKG) ist das Sicherstel- Aufgabe der Frequenzregulierung. len einer effizienten und störungsfreien Frequenznutzung als ein Ziel der Regulierung verankert. Ebenso ist im Ge- Die Überprüfungen erfolgen in aller Regel nach einem setz über Funkanlagen und Telekommunikationsendein- statistischen Verfahren, mit dessen Hilfe die Prüfmengen richtungen (FTEG) die Störungsfreiheit als grundlegende ermittelt werden. In die Berechnung der Prüfmengen flie- Anforderung angesprochen. Eine wesentliche Aufgabe in ßen u. a. der Gesamtbestand und die Mängelquoten der diesem Rahmen ist es, „Funkverträglichkeit herzustel- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 113 – Drucksache 17/8246 len“, d. h. die technische Verträglichkeit zwischen den ergebnisse für die internationale Frequenzkoordinierung. verschiedenen Funkanwendungen im Frequenzspektrum Auf der Basis dieser Arbeiten konnte ein Rahmenabkom- sicherzustellen. Verträglichkeitsrelevante Funkparameter men für bilaterale Grenzkoordinierungsvereinbarungen werden von der Bundesnetzagentur in Zusammenarbeit der betroffenen Länder erarbeitet werden. Hierbei wurde mit Nutzern, Betreibern, Herstellern und anderen Regu- u. a. erreicht, dass die deutschen Netzbetreiber keine un- lierungsbehörden in internationalen Gremien (z. B. ITU-R, verhältnismäßigen geografischen Schutzabstände zu Ra- CEPT, ETSI) optimiert. Sie finden ihren Niederschlag in: daranwendungen in der Russischen Föderation, Ukraine und Weißrussland beim Aufbau ihrer Mobilfunknetze be- – der Verordnung Funk bzw. Empfehlungen von ITU-R, achten müssen, wie anfänglich gefordert. – Berichten, Empfehlungen, Entscheidungen von CEPT Im Hinblick auf die mittel- und langfristige Erschließung ECC, weiterer Frequenzbänder für Mobilfunkanwendungen hat – Entscheidungen der Europäischen Kommission, sich die Bundesnetzagentur bei Verträglichkeitsuntersu- chungen auf die Mitwirkung bei CEPT- und ITU-R-Stu- – in Normen (z. B. ETSI) dien zum Frequenzbereich 3 400 bis 3 800 MHz fokus- – und dem Frequenzbereichszuweisungs- und Frequenz- siert (z. B. Entwicklung von Störmilderungstechniken nutzungsplan sowie Frequenzzuteilungen. zwischen Mobilfunk und Satellitenfunk). Auch für den Berichtszeitraum wurden wieder zahlreiche Im Bereich der sogenannten Short Range Devices (SRD) Funkverträglichkeitsstudien durchgeführt, um die Einfüh- und Ultra Wideband Anwendungen (UWB) wurden Stu- rung neuer Funkanwendungen zu ermöglichen. dien zu innovativen neuen Nutzungsmöglichkeiten von Funkfrequenzen durchgeführt. So konnten beispiels- Das Mandat der Europäischen Kommission an die CEPT, weise folgende Untersuchungen fertig gestellt werden, Studien über flexible Nutzungsmöglichkeiten in den für welche die Grundlage für neue Frequenzzuteilungen und öffentlichen Mobilfunk zugewiesenen Frequenzbereichen ETSI-Normen sind: durchzuführen, wurde im Jahr 2010 abgeschlossen. Unter aktiver Mitarbeit der Bundesnetzagentur wurden in der – Radare für Füllstandsmessungen (Level Probing Ra- CEPT ECC Arbeitsgruppe Spectrum Engineering (ECC dars, 6 bis 8,5 GHz, 24 bis 26,5 GHz, 57 bis 64 GHz, WG SE) die technischen Minimalanforderungen ermit- 75 bis 85 GHz), telt, unter denen neue Funkanwendungen möglichst flexi- –WLAN im Flugzeug (5 250 bis 5 350 MHz und 5 470 bel implementiert werden können. Bei diesen Studien bis 5 725 MHz), wurde u. a. das Modell der Block Edge Mask (BEM) ent- wickelt. Diese Spektrumsmasken erlauben eine technolo- – professionelle drahtlose Mikrofone (1 518 bis 1 559 gie- und diensteneutrale Nutzung in den betrachteten Fre- MHz), quenzbändern und ermöglichen Netzbetreibern die – aktive medizinische Implantate (2 483,5 bis 2 500 Anpassung der Nutzungen an die schnellen technischen MHz), Innovationszyklen. Sie führen zu einer vereinfachten Ko- ordinierung der Netze und somit auch zur Minimierung – Fahrzeugradare (24 bis 26,5 GHz und 24,24 bis des Verwaltungsaufwandes und der Regulierung. 24,5 GHz), UWB Systeme im Flugzeug und Fahr- zeug und für Überwachungsanlagen (3,4 bis 4,8 und Nachdem die Grundlagen für das Modell der BEM und 6 bis 8,5 GHz). die ersten spezifischen Spektrumsmasken (BWA und 2,6 GHz UMTS-Erweiterungsband) erarbeitet waren, Einige dieser Verträglichkeitsstudien wurden durch ei- folgten auf dieser Basis weitere Spektrumsmasken für die gene messtechnische Untersuchungen begleitet. Ende flexible Nutzung von mobilen Anwendungen im Fre- 2010 wurden neue Themen wie Funknutzung für Smart quenzbereich 790 bis 862 MHz (Stichwort „Digitale Di- Metering und Smart Grid im UHF-Bereich sowie für Me- vidende“). Ebenso wurden für das 2 GHz UMTS-Kern- dizintechnik und Industrieanlagen begonnen. band Spektrumsmasken in ECC WG SE definiert. Der Aufgrund der begrenzten Frequenzressourcen wurde in Bandplan für dieses Frequenzband stellte eine besondere ECC WG SE unter Mitarbeit der Bundesnetzagentur der Herausforderung für die Funkverträglichkeit und die De- Einsatz kognitiver Funktechnologien innerhalb der finition der Spektrumsmasken dar, weil hier für den Mo- „White Spaces“ des Frequenzbandes 470 bis 790 MHz bilfunk, neben dem Frequency Division Duplex (FDD)- zur effektiveren Nutzung des Frequenzspektrums unter- Teilband, auch zwei Time Division Duplex (TDD)-Teil- sucht. Mit „White Spaces“ sind hier geografische Gebiete bänder und weitere Nutzungen (Mobilfunk über Satelli- gemeint, in denen Frequenzen durch die Primäranwen- ten, Erderkundungsfunkdienst über Satelliten) zu berück- dung (hier: Rundfunk) nicht genutzt werden. Diese Arbeit sichtigen waren. Zudem war das 2 GHz UMTS-Kernband mündete in einen ersten ECC Bericht. Weitergehende Un- im Gegensatz zu den anderen zu untersuchenden Bändern tersuchungen sind erforderlich. bereits intensiv durch UMTS-Anwendungen genutzt. Für die Vorbereitung der ITU Weltfunkkonferenz 2012 wur- Die GSM-R-Systeme der Bahnen und die GSM-Systeme den zu Aspekten der technischen Verträglichkeit zwi- der öffentlichen Netzbetreiber werden in sehr unter- schen Mobilfunk und anderen Funkdiensten im Frequenz- schiedlichen Netzstrukturen betrieben. Während bei den bereich 790 bis 862 MHz umfangreiche technische öffentlichen GSM-Netzen die Flächenversorgung im Vor- Studien erstellt. Besondere Bedeutung haben die Studien- dergrund steht, ist bei den GSM-R Systemen die linien- Drucksache 17/8246 – 114 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode förmige Streckenversorgung von primärer Bedeutung. führt. Es wurde nachgewiesen, dass unter bestimmten Weiterhin wird der öffentliche GSM-Frequenzbereich Worst-Case-Annahmen Störungen beim Radarempfang von GSM-R-Systemen als Redundanzressource mitge- einerseits sowie Störungen beim Empfang im Mobilfunk- nutzt. Hierdurch ergeben sich besondere Herausforderun- empfänger andererseits möglich sind. Es werden ver- gen für die störungsfreie Koexistenz der beiden Systeme. schiedene Mitigationstechniken vorgeschlagen, die nach Analyse des spezifischen Störszenarios eingesetzt werden Zur Verbesserung der Funkverträglichkeit zwischen den können, um solche Störungen zu vermeiden. GSM-R-Systemen der Bahnen und den öffentlichen GSM-Netzen wurde in ECC eine Toolbox entwickelt, die Für Funkverträglichkeitsuntersuchungen wird in der spezifische Lösungen zur Koexistenz dieser Systeme be- CEPT ein Simulationstool eingesetzt. Die Weiterentwick- schreibt. Die Toolbox unterscheidet zwischen drei ver- lung dieser komplexen Software SEAMCAT (Spectrum schiedenen Kategorien (Belegung, Hardware, Spektrum) Engineering Advanced Monte Carlo Analysis Tool) in Bezug auf mögliche Techniken zur Verbesserung der wurde unter der kontinuierlichen Mitarbeit der Bundes- Funkverträglichkeit. Im Bedarfsfall kann eine Technik netzagentur fortgeführt. Es wurde an der Integration wei- oder auch eine Kombination dieser Techniken zur Lösung terer Ausbreitungsmodelle gearbeitet und großes Augen- von spezifischen Verträglichkeitsproblemen genutzt wer- merk auf die Verbesserung der Anwenderfreundlichkeit den. gelegt. Auch wurde SEAMCAT um eine Bibliothek mit den typischen Parametern des Festen Funkdienstes er- Zum Schutz des Radioastronomiefunkdienstes vor Aus- gänzt, um das Tool noch effektiver einsetzen zu können. sendungen des Satellitensystems Iridium konnten um- Das öffentlich verfügbare SEAMCAT hat sich zu einem fangreiche Funkverträglichkeitsstudien in der CEPT ab- etablierten Simulationstool innerhalb der Gremien des geschlossen werden. Auf Basis der Messungen der ECC entwickelt. Satellitenmessstelle der Bundesnetzagentur in Leeheim wurde nachgewiesen, dass durch überhöhte Nebenaus- sendungen von Iridium das Radioastronomieband bei 2. Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) 1,6 GHz signifikant gestört wird und somit die weltwei- 2.1 SchuTSEV ten wissenschaftlichen Forschungen in diesem Band be- einträchtigt sind. Die Ergebnisse der Studien und Lö- Die Verordnung zum Schutz von öffentlichen Telekom- sungsmöglichkeiten zur Verbesserung dieser Störsituation munikationsnetzen und Sende- und Empfangsanlagen, werden in einem ECC-Bericht veröffentlicht. die in definierten Frequenzbereichen zu Sicherheitszwe- cken betrieben werden (SchuTSEV) trat am 14. Mai 2009 Ein wichtiger sehr umfangreicher neuer ECC-Report be- in Kraft. Zur Umsetzung der neuen Aufgaben hat die fasst sich mit dem Thema „Künftige Nutzungen und Bundesnetzagentur zwei Koordinierungsgruppen einge- Trends des Festen Funkdienstes in Europa“. Hier wird richtet, an denen die betroffenen Kreise (u. a. Sicherheits- über neue Dienste, Anwendungen, Technologien und Zu- behörden, Verbände und Netzbetreiber) teilnehmen. teilungsverfahren informiert. Von sehr großem Interesse Diese Koordinierungsgruppen für die bundesweiten bei der Industrie sind die Aussagen z. B. zu Automatic Überprüfungen zum Schutz von Sicherheitsfunkdiensten Transmit Power Control und Adaptiven Modulationsver- und für die Messtechnischen Untersuchungen zum Schutz fahren. Noch nicht abgeschlossen sind die Studien zur von Sende- und Empfangsfunkanlagen koordinieren zum Verträglichkeit des Festen Funkdienstes in den Bändern einen die Maßnahmen der präventiven Überprüfung und 81 bis 86 GHz und 92 bis 94 GHz mit dem dazwischen Beseitigung der unzulässigen Störabstrahlung aus Kabel- liegenden Erderkundungsfunkdienst über Satelliten (86 netzen und zum anderen die Maßnahmen für das Monito- bis 92 GHz). ring zum Schutz von sicherheitsrelevanten Sende- und Ein weiterer neuer ECC-Bericht betrachtet den Einfluss Empfangsfunkanlagen entsprechend den §§ 3 und 5 der der unerwünschten Aussendungen von Radarsystemen in Sicherheitsfunk-Schutzverordnung. In den Jahren 2010/ den Bereichen 2,8, 5,6 und 9 GHz auf andere Funksys- 2011 wurden durch umfangreiche Messaktionen in den teme. Im Zuge dessen wurden auch die Grenzwerte für Ballungszentren Deutschlands jährlich etwa 15 000 Ka- Nebenaussendungen von Hochleistungsradaren europa- belanlagen mit überhöhten Störabstrahlungen ermittelt. weit neu betrachtet. Die Ergebnisse dieser Studien sind in Die Beseitigung erfolgt durch die betroffenen Netzbetrei- die aktualisierte Version der ERC Recommendation 74-01 ber. für die Begrenzung der unerwünschten Nebenaussendun- gen eingeflossen. Die Einhaltung dieser Empfehlung ist 2.2 Powerline Telecommunication Systems via R&TTE Artikel 3.2 verbindlich für die Entwicklung (PLT) von harmonisierten Standards zur Sicherstellung einer störungsfreien Nutzung des Frequenzspektrums. Die Erschließung weiterer Frequenzbereiche in vorhande- nen Kabeln und drahtgebundenen Netzstrukturen zur Ver- Auf besonderen Wunsch der Europäischen Kommission sorgung der Allgemeinheit mit Breitbandkommunikation mit Blick auf die anstehenden Lizensierungsverfahren in mittels modernster Informations- und Telekommunika- verschiedenen Ländern wurde eine umfangreiche Studie tionstechnologie wird von der Bundesnetzagentur ge- zur Verträglichkeit von Mobilfunkdiensten (z. B. LTE) im stützt und gefördert. Kritisch ist jedoch nach wie vor der Band 2 500 bis 2 690 MHz und Radaranwendungen (z. B. mit der breitbandigen Frequenzbelegung im Kabel ein- für die Flugsicherung) oberhalb von 2 700 MHz durchge- hergehende Anstieg des Störpotentials. Zur Gewährleis- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 115 – Drucksache 17/8246 tung der EMV unterstützte die Bundesnetzagentur des- über das Gehäuse tunerbasierter Geräte, die auch an TV- halb die Initiative der PLT-Industrie, verbleibende Kabelnetze angeschlossen werden können, in diese Ge- Probleme der Verträglichkeit mit Funkdiensten mittels räte einstrahlen. Die Ursache dafür liegt darin, dass diese zusätzlicher PLT-Störmilderungstechnik im Kabel auszu- Gehäuse nicht ausreichend geschirmt sind. regeln. Dies spiegelte sich in der im Spezialkomitee für Funkstörungen in der Internationalen Elektrotechnischen Die Europäische Kommission hatte im November 2009 Kommission (IEC/CISPR) entstehenden EMV-Produkt- die europäischen Normungsorganisationen CENELEC norm für IKT-Einrichtungen IEC/CISPR 22 wider, die und ETSI aufgefordert, die zukünftigen Nutzungsbedin- künftig nicht nur „klassische“ EMV-Anforderungen, son- gungen für Rundfunk und Mobilfunk in den Frequenzen dern auch Funktionsprüfungen an PLT-Einrichtungen zur der „Digitalen Dividende“ zu untersuchen und auf dieser Anpassung des Nutzsignalpegels an die lokalen Betriebs- Grundlage Normungsvorschläge zu erarbeiten. Der Kom- bedingungen und zur gezielten Pegelabsenkung in be- missionsentscheidung entsprechend wurde von CENE- stimmten Frequenzbereichen vorsah. Zwischenzeitlich LEC die Arbeitsgruppe TC 210-WG10 eingerichtet, in wird das Projekt mit Mandat der Europäischen Kommis- der auch ETSI-Mitglieder tätig waren. Die Ergebnisse der sion beim Europäischen Komitee für Elektrotechnische Arbeiten wurden in einem Abschlussbericht zusammen- Normung (CENELEC) vorangebracht und die Heraus- gefasst („The Concise Report“). Dem Bericht wurde eine gabe einer entsprechenden harmonisierten europäischen Entscheidungsliste beigefügt, in dem Schwerpunkte für Norm EN 50561-1 für In-Haus-PLT-Anwendungen wird die weitere Erarbeitung insbesondere von harmonisierten für Ende 2011 erwartet. Ein zweiter Teil dieser Norm soll Normen in den CENELEC-Ausschüssen TC 209 „Kabel- dann Mitte 2012 folgen, der die EMV-Anforderungen an netze für Fernsehsignale, Tonsignale und interaktive PLT-Endeinrichtungen enthält, die für den Anschluss an Dienste“ und TC 210 „Elektromagnetische Verträglich- öffentliche Telekommunikationsnetze vorgesehen sind. keit“ adressiert wurden. In einer gemeinsamen Sitzung Auch in der ITU hat die Bundesnetzagentur bei Untersu- der Arbeitsgruppe TC 210-WG10 mit den CENELEC- chungen zu den Auswirkungen von PLT auf die Funk- Ausschüssen TC 209 und TC 210 am 12. August 2010 in dienste mitgewirkt. Die Ergebnisse mündeten in ITU-Be- Dublin wurde dieser Bericht angenommen und danach an richte und -Empfehlungen. die Europäische Kommission übergeben. Das vom BMWi ins Leben gerufene Förderprogramm E- Schwerpunktmäßig wird in dem Bericht gefordert, die Energy für ein IKT-basiertes Energiesystem der Zukunft Anforderungen an die Störfestigkeit von tunerbasierten beinhaltet u. a. auch die Nutzung der PLT-Technologie Geräten, die auch an TV-Kabelnetze angeschlossen wer- zur Erfassung von Messdaten zum Energieverbrauch oder den können, zu erhöhen und für die Anforderungen an ak- zur Energieeinspeisung in die Netze durch regenerative tive Geräte und an Kopfstellen, die für den Empfang und Energiequellen. Damit die PLT-Technik für diese Anwen- die Verteilung von Rundfunksignalen und Internetdiens- dung überhaupt in der Lage ist eine effektive Signalüber- ten über TV-Kabelnetze geeignet sind, zu erhöhen. Au- tragung durchzuführen, müssen die Grenzwerte für die ßerdem wird es als notwendig erachtet, die Anforderun- maximal zulässigen leitungsgeführten Störaussendungen gen an das Schirmungsmaß passiver Geräte zu erhöhen von verschiedenen Geräten auf Energieversorgungslei- und geeignete Messverfahren für digitale Übertragungs- tungen im Frequenzbereich von 2 kHz bis 150 kHz in systeme in TV-Kabelnetzen festzulegen. Normen verankert werden. Die Bundesnetzagentur hat CENELEC TC 210 hat daraufhin einen neuen Norment- daher bei IEC/CISPR im November 2010 entsprechende wurf FprAA EN 55020: „Ton- und Fernseh-Rundfunk- Normungsaktivitäten angestoßen und erste technische empfänger und verwandte Geräte der Unterhaltungselek- Beiträge bereitgestellt. Es wird davon ausgegangen, dass tronik; Störfestigkeitseigenschaften – Grenzwerte und die Normen des IEC/CISPR und auch CENELEC bis Prüfverfahren“ erarbeitet. Aus Sicht der Bundesnetzagen- zum Jahr 2014 entsprechend ergänzt werden. Nur so sind tur enthält der Entwurf richtige Weichenstellungen, bleibt zukunftssichere PLT-Kommunikationssysteme im Ener- aber insgesamt unzureichend. Das Deutsche Nationale gieversorgungsnetz nutzbar. Normungskomitee hat sich deshalb in der Abstimmung der Stimme enthalten. Obwohl auch weitere nationale 2.3 EMV von Kabelfernsehnetzen und Rund- Normungskomitees entsprechenden Verbesserungsbedarf funkempfängern im Zusammenhang mit sahen, wurde der Entwurf im Mai 2011 auf europäischer Mobilfunk-Frequenzen oberhalb von Ebene mit knapper Mehrheit angenommen. Die Bundes- 790 MHz netzagentur wird nun umgehend die weitere Überarbei- tung dieser Norm anstoßen. Die Nutzung des Frequenzbereichs von 790 MHz bis 862 MHz durch den Mobilfunk hat Auswirkungen auf die CENELEC TC 209 hat im Mai 2011 den neuen Norment- Elektromagnetische Verträglichkeit von Kabelfernsehnet- wurf FprEN 50083-2:2011 „Kabelnetze für Fernsehsig- zen sowie Rundfunkempfängern und Mobilfunkanlagen. nale, Tonsignale und interaktive Dienste; Teil 2: Elektro- Die störungsfreie Nutzung der Rundfunk- und Mobil- magnetische Verträglichkeit von Geräten“ angenommen funkdienste ist sicherzustellen. Untersuchungen und und dem Zustimmungsverfahren von CENELEC zugelei- Verträglichkeitsstudien haben aufgezeigt, dass sich die tet. Die Abstimmung über diesen Entwurf endet am elektromagnetischen Bedingungen in diesem Frequenz- 11. November 2011. Die Bundesnetzagentur sieht auch bereich zukünftig verändern werden. Insbesondere kön- hier erheblichen Nachbesserungsbedarf und hat diesen nen hochfrequente Aussendungen aus Mobilfunknetzen Entwurf abgelehnt. Drucksache 17/8246 – 116 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Schließlich arbeitet die Bundesnetzagentur beim Digital – bilaterale Informationsaustausche zwischen den für Video Broadcasting Project (DVB) in der Arbeitsgruppe die Marktüberwachung zuständigen Behörden (bei- „Koexistenz von Breitbandnetzen und Telekommunika- spielsweise Besuchsprogramme mit Staaten wie tion“ mit, die zunächst kommerzielle Anforderungen for- Schweden, Österreich, Luxemburg und der Schweiz), mulieren wird, die die Nutzung von DVB-T/DVB-T2- Nutzsignalen in den Frequenzen unterhalb von 790 MHz – Aufbau eines Informationsaustausches mit anderen betreffen. Die kommerziellen Anforderungen werden vo- außereuropäischen Wirtschaftsräumen (beispiels- raussichtlich die Basis für die Erarbeitung einer Spezifi- weise USA, Kanada, Japan und Ägypten). kation für einen Filter bilden, der zwischen Empfangsan- Darüber hinaus nahmen die Vertreter der Bundesnetz- tenne und DVB-T-Empfänger bzw. LTE-Empfangsgerät agentur beratend an den Sitzungen der von der Europäi- geschaltet wird und ein hohes Maß an Störungsfreiheit schen Kommission betreuten R&TTE Compliance Asso- zwischen den verschiedenen Nutzungsarten gewährleis- ciation (R&TTE CA) teil, die sich mittlerweile zum ten soll. anerkannten europäischen Diskussionspodium für die be- Neben den Untersuchungen auf europäischer Ebene nannten Stellen nach der neuen EMV-Richtlinie und der wurde auch eine ähnlich gelagerte nationale Projekt- R&TTE-Richtlinie entwickelt haben. Dieser Informa- gruppe beim die Bundesnetzagentur beratenden Aus- tions- und Erfahrungsaustausch zwischen diesen Stellen schuss für Technische Regulierung in der Telekommuni- auf europäischer Ebene trägt wesentlich zu dem einheitli- kation (ATRT) eingerichtet. Die Projektgruppe chen Erscheinungsbild bei Entscheidungen hinsichtlich „Untersuchung der EMV-Szenarien Kabel/Funk durch der Konformität von Produkten mit europäischen Richtli- Mobilfunkanwendungen im Frequenzbereich 470 MHz nien bei. bis 862 MHz“ vereint Vertreter der Gerätehersteller, der Mobilfunkbetreiber, der TV-Kabelnetzbetreiber, von 4. Mitteilung des Inverkehrbringens von Rundfunkanbietern sowie der Bundesnetzagentur. Die Funkanlagen auf nicht gemeinschafts- Aufgabe der Projektgruppe bestand darin, im Bereich Ka- weit harmonisierten Frequenzen bel-Funk alle von den nationalen Gegebenheiten be- stimmten EMV-Szenarien im Rahmen von Ende-zu- Auf der Rechtsgrundlage von § 10 Absatz 4 FTEG haben Ende-Betrachtungen zu untersuchen. Als Ergebnis wurde die Hersteller oder Inverkehrbringer von Funkanlagen, der Bundesnetzagentur am 17. Oktober 2011 ein Ab- die auf Frequenzen betrieben werden, deren Nutzung schlussbericht übergeben, der eine Reihe von Maßnah- nicht gemeinschaftsweit harmonisiert ist, mindestens vier men zur Optimierung der Verträglichkeit enthält, und nun Wochen vor dem beabsichtigten Inverkehrbringen in der zunächst von der Bundesnetzagentur bewertet wird. Bundesrepublik Deutschland die Bundesnetzagentur von dieser Absicht zu unterrichten. Mit der Bestätigung über 3. Marktüberwachung zur elektromagne- den Erhalt einer solchen Mitteilung gibt die Bundesnetz- tischen Verträglichkeit (EMV-RL) und zur agentur den verantwortlichen Personen auch Hinweise effizienten Nutzung von Funkfrequenzen auf die Art der Frequenzzuteilung sowie ggf. auf Ein- (R&TTE-RL) schränkungen der Frequenznutzung in Deutschland. Diese Mitteilungen dienen der Sicherstellung einer effi- Für eine effiziente und störungsfreie Nutzung von Fre- zienten und möglichst störungsfreien Nutzung des Funk- quenzen spielt die EMV vor dem Hintergrund einer stän- spektrums. Die Tabelle gibt eine Übersicht über die zah- dig zunehmenden Zahl von Funkanwendungen und der lenmäßige Entwicklung dieser Mitteilungen im Zeitraum zunehmenden Anwendungsdichte anderer elektrischer 2007 bis 2010. und elektronischer Anwendungen in der Fläche eine im- mer entscheidendere Rolle. Vertreter der Bundesnetz- Jahr 2007 2008 2009 2010 agentur arbeiteten u. a. in den folgenden von der europäi- schen Kommission zur Marktüberwachung eingerichteten Anzahl 2017 2229 1281 1260 Gremien mit: – Gruppe der nationalen EMV-Experten (EMV Working 5. Elektromagnetische Verträglichkeit zur Party), Umwelt (EMVU/EMF) – technischer Ausschuss für Konformitätsbewertung Die Bundesnetzagentur überwacht die Einhaltung der von Telekommunikationsgeräten und Marktüberwa- Grenzwerte zum Schutz von Personen in elektromagneti- chung (TCAM), schen Feldern von Funkanlagen. Gesetzliche Grundlage – in den Arbeitsgruppen zur administrativen Koopera- für diese Tätigkeit sind die §§ 3 und 12 des Gesetzes über tion der Marktüberwachungsbehörden (ADCO) nach Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen der EMV- und R&TTE-Richtlinie, (FTEG). – Vorbereitung und Auswertung europäischer Markt- In diesem Zusammenhang ergeben sich für die Bundes- überwachungskampagnen, netzagentur unter anderem folgende Aufgaben: – Arbeitsgruppe zur Erstellung einer Arbeitshilfe für die – Festlegung von einzuhaltenden Sicherheitsabständen Risikobewertung auffälliger Produkte, zu ortsfesten Funkanlagen, die eine äquivalente iso- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117 – Drucksache 17/8246

trope Strahlungsleistung von 10 Watt und mehr auf- und die Auswahl der verwendeten Sendeantennen. Die weisen (Standortverfahren), Berechnung der einzuhaltenden Sicherheitsabstände bzw. Sicherheitsbereiche führt das Programm „Watt Wächter“ – Überwachung und Überprüfung der Anzeigepflicht unter den Rahmenbedingungen komplexer Nahfeldsitua- von ortsfesten Amateurfunkanlagen, tionen durch. – Durchführung von EMF-Messungen zur Dokumenta- Die Einführung von „Watt Wächter“ wird neben einer tion der Funktionalität des Standortverfahrens, Verfahrenserleichterung für Funkamateure auch eine Mi- – Bereitstellung einer Datenbank zur Information der nimierung des Verwaltungsaufwandes zur Folge haben. Öffentlichkeit, von Kommunen und Gemeinden, – nationale und internationale Gremienarbeit zur Wei- Erfassung von Immissionen von Funkanlagen terentwicklung von Bewertungsverfahren zum Schutz Die EMF-Messreihen zur Dokumentation der Funktiona- von Personen in elektromagnetischen Feldern von lität des Standortverfahrens wurden in Zusammenarbeit Funkanlagen. mit den Landesumweltministerien fortgesetzt. Sämtliche Für den Berichtszeitraum soll insbesondere auf die oben der 1 850 Messorte wurden mit den ausgewerteten Mess- genannten Punkte näher eingegangen werden: ergebnissen in die EMF-Datenbank aufgenommen und stehen somit der Öffentlichkeit zur Verfügung. Durchführung des Standortverfahrens Ergänzend zu der EMF-Messreihe kam auch das automa- Neuanlagen oder technische Veränderungen von bereits tische Messsystem der Bundesnetzagentur zum Einsatz. installierten Funkanlagen, die dem Standortverfahren un- Das System ist so konzipiert, dass die Inbetriebnahme terliegen, dürfen nur dann in Betrieb genommen werden, auch ohne technisches Detailwissen erfolgen kann. In der wenn die Einhaltung der zulässigen Personenschutz- Regel werden die Systeme direkt an Kommunen und Ge- grenzwerte mit der Erteilung der Standortbescheinigung meinden versandt, die dann das System an dem zuvor dokumentiert ist. Der derzeitige Aufbau der LTE-Netze vereinbarten Messort aufstellen. Zur Inbetriebnahme erfolgt damit mit strikter Kontrolle der einzuhaltenden muss das Messsystem lediglich mit einem üblichen Personenschutzgrenzwerte. Im Zeitraum von Juli 2010 Stromanschluss verbunden werden. Der Einsatz des Sys- bis Juli 2011 erteilte die Bundesnetzagentur insgesamt tems ist für Kommunen und Gemeinden kostenfrei. In 16 942 Standortbescheinigungen. Gerade bei dem Aufbau dem Zeitraum vom 1. Juli 2010 bis zum 1. Juli 2011 wur- der LTE-Netze ist der Trend zur Nutzung bereits beste- den von den automatischen Messstationen ca. 345 000 hender Funkanlagenstandorte (Standortmitnutzung) ver- Messdateien übertragen, die in der EMF-Datenbank aus- stärkt festzustellen. Von 2 867 neu installierten LTE-800- gewertet dargestellt werden. Der Einsatz des automati- Funkanlagen nutzen 99 Prozent bereits vorhandene Funk- schen Messsystems leistet insbesondere durch die Rund- anlagenstandorte. um-die-Uhr-Erfassung von Immissionen von Funkanla- gen einen signifikanten Beitrag zu mehr Transparenz in Überwachung und Überprüfung der Anzeigepflicht der Diskussion zu elektromagnetischen Felder von Funk- von ortsfesten Amateurfunkanlagen anlagen. Im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2010 wurden bundesweit insgesamt 402 Amateurfunk- Bereitstellung von Datenbanken zur Information der stellen der Bundesnetzagentur angezeigt. Bei den nach Öffentlichkeit, von Kommunen und Gemeinden der BEMFV angezeigten Anlagen handelt es sich sowohl Das Informationsangebot der EMF-Datenbank wurde um technische Veränderungen von bestehenden als auch kontinuierlich erweitert und der Datendurchsatz bei Such- um neu eingerichtete Amateurfunkstellen. Die bislang für anfragen nochmals merklich gesteigert. Neben weiterge- Funkamateure zur Verfügung stehenden Hilfsmittel zum henden Informationen zu Funktechniken, Messreihen und Nachweis der Einhaltung des Personenschutzes sind sehr theoretisch. Inwieweit diese theoretischen Ansätze von Funkanlagenstandorten bietet die EMF-Datenbank auch anzeigepflichtigen Funkamateuren richtig angewandt weiterhin die Möglichkeit, Fragen zum Schutz von Perso- werden, kann der Anzeige selbst nicht wirklich entnom- nen in elektromagnetischen Feldern von Funkanlagen di- men werden. Aus diesem Grund konnte u. a. dem rekt an die Bundesnetzagentur zu stellen. Auf diesem Wunsch der Funkamateurverbände, bei Abgabe der An- Wege wurden im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum zeige eine Bestätigung über die Einhaltung des Personen- 31. Dezember 2010 mehr als 1 200 Anfragen individuell schutzes von der Bundesnetzagentur zu erhalten, nicht beantwortet. entsprochen werden. Auch die Anzahl der Nutzer der Kommunalen Datenbank Die Bundesnetzagentur hat deshalb eine wissenschaftli- ist stetig angestiegen. Inzwischen nutzen rund 25 Prozent che Studie in Auftrag gegeben, mit der die Grundlagen der Kommunen und Gemeinden in Deutschland diesen für ein Programm „Watt Wächter“ abgeleitet wurden. Zugang und haben damit einen Online-Zugriff auf die „Watt Wächter“ verlangt von dem anzeigepflichtigen von der Bundesnetzagentur erteilten Standortbescheini- Funkamateur nur noch die Eingabe der Sendeparameter gungen. Drucksache 17/8246 – 118 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Gremienarbeit im Bereich des Schutzes von Personen von Qualitätsmanagementsystemen entsprechend der An- in elektromagnetischen Feldern von Funkanlagen hänge III bis V der R&TTE-Richtlinie wahr. Die Bundes- netzagentur anerkennt auf Grundlage der AnerkV (Ver- Das dem automatischen Messsystem der Bundesnetz- ordnung über die Anforderungen und das Verfahren für agentur hinterlegte Messverfahren wurde in das für Fra- die Anerkennung von Konformitätsbewertungsstellen gen zum Schutz von Personen in elektromagnetischen (Anerkennungs-Verordnung)) geeignete natürliche, juris- Feldern zuständige Gremium der Internationalen Tele- tische Personen oder rechtsfähige Personengesellschaften kommunikation Union (ITU) eingebracht. Auf der als benannte Stellen. Grundlage dieses Messkonzepts wurde eine ITU-Emp- fehlung erarbeitet, die inzwischen von der ITU verab- Bislang wurden von der Bundesnetzagentur sechs be- schiedet wurde. Durch die Mitarbeit der Bundesnetzagen- nannte Stellen anerkannt. Sie werden fortwährend über- tur in internationalen Gremien ist gewährleistet, dass wacht und mindestens einmal jährlich einer Kompetenz- – gerade vor dem Hintergrund der in Deutschland zum prüfung unterzogen. Teil sehr emotional geführten Diskussion über eine mög- liche Gesundheitsgefährdung – praxisorientierte Überprü- Vertreter der Bundesnetzagentur nehmen beratend an den fungsverfahren für die Gewährleistung des Personen- Sitzungen der von der Europäischen Kommission betreu- schutzes in europäischen und internationalen Standards, ten R&TTE Compliance Association (R&TTE CA) teil, Vorschriften und Empfehlungen Berücksichtigung finden. die sich mittlerweile zum anerkannten europäischen Dis- kussionspodium für Benannte Stellen nach der R&TTE- Richtlinie entwickelt haben. Dieser Informations- und Er- 6. Drittstaatenabkommen (MRAs) fahrungsaustausch zwischen den Benannten Stellen auf Seit 1998 wurden zwischen der Europäischen Union (EU) europäischer Ebene trägt wesentlich zu deren einheitli- und Drittstaaten verschiedene Abkommen über die ge- chem Erscheinungsbild in Entscheidungen zur Konformi- genseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen, tät von Produkten mit den Anforderungen der europäi- Bescheinigungen und Kennzeichnungen (Mutual Recog- schen Richtlinien bei. nition Agreements (MRAs)) zur Verbesserung der wirt- schaftlichen Beziehungen mit Ländern außerhalb Europas 8. Anerkennung von benannten Stellen geschlossen. Sie beinhalten u. a. die Bereiche Telekom- nach dem EMVG munikationsgeräte (tlw. einschließlich Funkanwendun- gen) sowie elektromagnetische Verträglichkeit. Gemäß dem Gesetz über die elektromagnetische Verträg- lichkeit von Betriebsmitteln (EMVG) vom 26. Februar MRAs ermöglichen, dass Konformitätsbewertungsstel- 2008 wurde die EMV-Richtlinie in nationales Recht um- len (KBS) des einen Landes Produkte nach den Regeln gesetzt. Durch das EMVG wird gewährleistet werden, und Vorschriften des anderen Landes bewerten (tlw. zu- dass Betriebsmittel (Geräte und ortsfeste Anlagen) die lassen), so als wären die Stellen in diesem Land selbst an- zwei folgenden Bedingungen („grundlegenden Anforde- sässig. Derzeit bestehen Abkommen der EU mit den rungen“) erfüllen. Zum einen dürfen die durch Betriebs- USA, Kanada, Australien, Neuseeland und Japan. mittel verursachten elektromagnetischen Störungen den Die Aufgabe der Anerkennung (Kompetenzfeststellung) bestimmungsgemäßen Betrieb anderer Geräte nicht be- entsprechender KBS ist in der Bundesrepublik Deutsch- hindern. Zum anderen muss ein Betriebsmittel selbst hin- land für diese Bereiche auf die Bundesnetzagentur über- reichend unempfindlich gegen elektromagnetische Stö- tragen worden. Für die USA sind derzeit 15, für Kanada 4 rungen sein, die von anderen Geräten ausgehen. Bei und Japan 3 deutsche Stellen als KBS anerkannt, die im ortsfesten Betriebsmitteln ist dies zusätzlich durch eine Berichtszeitraum fortlaufend überwacht wurden. ordnungsgemäße, den allgemeinen Regeln der Technik entsprechende Installation sicherzustellen. 7. Anerkennung von benannten Stellen Eine von der Bundesnetzagentur benannte Stelle prüft nach dem FTEG und bewertet die vom Hersteller oder seinem Bevoll- mächtigten in der Europäischen Gemeinschaft vorgeleg- Gemäß dem Gesetz über Funkanlagen und Telekommuni- ten technischen Unterlagen dahingehend, ob in diesen kationsendeinrichtungen (FTEG), mit dem die R&TTE- Unterlagen in angemessener Weise nachgewiesen wird, Richtlinie in Deutschland umgesetzt wurde, müssen dass die Schutzanforderungen der EMV-Richtlinie, die Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen von der benannten Stelle bewertet werden sollen, einge- grundlegende Anforderungen in Bezug auf den Schutz halten wurden. der Gesundheit und Sicherheit des Benutzers und anderer Personen sowie die Schutzanforderungen in Bezug auf Sämtliche von der Bundesnetzagentur als benannte Stel- die elektromagnetische Verträglichkeit einhalten. Funk- len nach der EMV-Richtlinie anerkannten Stellen wurden anlagen müssen darüber hinaus so hergestellt sein, dass im Berichtszeitraum fortwährend überwacht und dabei sie das für terrestrische und satellitengestützte Funkkom- jährlich einer Kompetenzprüfung hinsichtlich Einhaltung munikation zugewiesene Spektrum und die Orbitressour- der in dieser Richtlinie sowie der seit 2008 im EMVG ge- cen effektiv nutzen. forderten Anforderungen unterzogen. Benannte Stellen nehmen die Aufgaben der Konformi- Mitte 2011 waren insgesamt 19 Stellen von der Bundes- tätsbewertung sowie der Bewertung und Überwachung netzagentur anerkannt. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 119 – Drucksache 17/8246

9. Mitarbeit im Telecommunications können. Es handelt sich mithin um Aufgaben, die so vor Conformity Assessment and Market wenigen Jahren noch nicht absehbar waren. Surveillance Committee und Rechts- fragen der Marktüberwachung 10. Behandlung gewerblicher Schutzrechte in Standardisierungsorganisationen Das Telecommunications Conformity Assessment and Market Surveillance Committee (TCAM) wurde durch Die Behandlung von geistigen Eigentumsrechten (Intel- Artikel 13 der R&TTE-Richtlinie zur Unterstützung der lectual Property Rights, kurz IPR) ist ein Thema von in- EU-Kommission eingesetzt. Es ist sowohl Beratungsgre- dustriepolitischer Bedeutung, da durch Patente und Urhe- mium (Artikel 14) als auch regulatorisches Gremium berrechte die Stellung im Markt beeinflusst werden kann. (Artikel 15) im Bereich Konformitätsbewertung und Patente und Urheberrechte spielen im Bereich der Infor- Marktüberwachung. Jeder EU-Mitgliedstaat wird durch mations- und Kommunikationstechnologie (IKT) eine Behörden, die mit der Umsetzung der R&TTE Richtlinie bedeutende Rolle. Einzelne Produkte im IKT-Bereich betraut sind, vertreten. Bei den TCAM-Sitzungen standen können eine Vielzahl von Patenten enthalten. Die Rechte- folgende Themen im Vordergrund: inhaber können die Kontrolle über die Nutzung dieser (patentierten)Technologien ausüben und erhalten damit Die R&TTE-Richtlinie wird derzeit überarbeitet. Die Re- gegenüber den Verwendern der Technologie bzw. den vision vollzieht sich vor allem unter dem Blickwinkel des Herstellern des Produktes eine Schlüsselposition. „New Legislative Framework (NLF)“. Einschlägig für den Bereich der R&TTE-Richtlinie sind die Die Bundesnetzagentur hat den Auftrag, einen chancen- Verordnung 2008/765/EG und der Beschluss 2008/768/ gleichen Wettbewerb und die Förderung nachhaltig wett- EG. Ergänzend fließen auch die Erkenntnisse und Erfah- bewerbsorientierter Märkte sicherzustellen. Sie hat dabei rungen der Marktüberwachungsbehörden und der Kom- sowohl die Berücksichtigung des generellen öffentlichen mission in die überarbeitete Richtlinie ein, mit deren Ver- Interesses als auch die speziellen Interessen der Nutzer abschiedung innerhalb der nächsten 12 Monate zu und Verbraucher sicherzustellen. Darum beteiligt sich die rechnen ist. Bundesnetzagentur in IPR-Gruppen bei der ITU, ETSI und des Digital Video-Broadcasting-Konsortiums (DVB), Die Bundesnetzagentur beteiligt sich in TCAM und von um die Berücksichtigung dieser Interessen sicherzustellen TCAM eingerichteten Untergruppen aktiv an der Fortent- und die Zielvorgaben der deutschen Telekommunika- wicklung der R&TTE-Richtlinie. Dies betrifft neben tionsregulierung zu vertreten. Überlegungen, welche Regelungen für den hochdynami- Standardisierungsorganisationen verlangen, dass bei den schen Markt erforderlich sind, das Ziel, eine angemessene Arbeiten an einem Standard bestehende Patente offenge- Marktüberwachung fortzuentwickeln. Relevant sind hier legt werden und die eingebrachte Erfindung zu FRAND- u. a. Fragen zum Umgang mit neuen, innovativen Pro- Bedingungen (Fair, reasonable, and non-discriminatory) dukten, die Frage der Rückverfolgbarkeit von Produkten zu lizenzieren ist. Ende des Jahres 2010 hat die Europäi- in der Vertriebskette sowie der Umgang mit dem stetig sche Kommission in den überarbeiteten Horizontalleitli- zunehmenden elektronischen Vertriebsweg. Ein großer nien „Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 101 Teil des Handels wird heute über das Internet abgewi- AEUV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammen- ckelt. Der Internethandel bringt der Marktüberwachung arbeit (2011/C 11/01)“ Kriterien für die Zusammenarbeit neue Herausforderungen. Er führt zu vielen grenzüber- von Unternehmen auf einer Marktstufe aufgestellt. Dar- schreitenden Fällen (z. B. Händler im Ausland), in denen gelegt werden u. a. Hinweise zur Offenlegung des geisti- die Bundesnetzagentur mit den entsprechenden Partner- gen Eigentums sowie zur Lizenzierung an Dritte. Die behörden im Ausland zusammenarbeiten muss. Bundesnetzagentur richtet ihre Mitarbeit inhaltlich an diesen Leitlinien aus. Der zu begrüßende europäische Binnenmarkt trifft auf 27 unterschiedliche nationale Behörden, teilweise zusätz- lich föderale Strukturen mit ihren unterschiedlichen 11. Überarbeitung der ITR Kompetenzen, Sichtweisen und Auslegungen des glei- Nach Konstitution und Konvention der ITU ist die Voll- chen EU-Rechts. Die europäische Zusammenarbeit mit zugsordnung für internationale Fernmeldedienste (ITR) dem Ziel der Harmonisierung spielt im Rahmen der eine zentrale Rechtsgrundlage der ITU. Gemäß § 8 TKG Marktüberwachung daher eine bedeutende Rolle. Immer (Artikel 6 Absatz 2 ITU Konstitution) erfolgt die Umset- mehr Fälle, die von der Marktüberwachung in einem EU- zung ins nationale Recht. Hinsichtlich ihres Rangs unter- Land entdeckt werden, müssen in einem anderen Land scheiden sie sich rechtlich von (nicht verbindlichen) ITU- ausgeführt werden oder stellen sich in anderen Staaten in Empfehlungen. gleicher Weise. Die ITRs wurden 1988 verabschiedet. In wesentlichen Der Kauf von in Europa nicht zulässigen Produkten aus Teilen gehen sie sogar auf eine Vorgängervorschrift von Fernost ist via Internet leicht möglich. Auf diesem Gebiet 1973 zurück. Die Telekommunikationswelt hat sich seit müssen die Bundesnetzagentur und andere europäische Schaffung der ITRs grundlegend geändert. Weder das In- Marktüberwachungsbehörden mit den Zollbehörden zu- ternet noch die Liberalisierung der Telekommunikations- sammen arbeiten und sich u. a. mit Internetrecht befassen, märkte (die in vielen Teilen der Welt stattgefunden hat) um illegalen Internetangeboten angemessen begegnen zu sind in den bisherigen ITRs berücksichtigt. Sie sind daher Drucksache 17/8246 – 120 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

überarbeitungsbedürftig. Hierzu wird 2012 eine Interna- gesamt stehen somit 81 SSBn auf der Internetseite der tionale Konferenz der ITU in Genf (WCIT 2012) stattfin- Bundesnetzagentur abrufbereit zur Verfügung bzw. kön- den, die in Arbeitsgruppen vorbereitet wird. Die Bundes- nen beim Druckschriftenversand bestellt werden. netzagentur nimmt an diesen Arbeitsgruppen teil. Es wird versucht, bis zur WCIT einen Konsens zu finden. Hierbei Technische Vorschriften (einschließlich SSBn) werden prallen jedoch die Vorstellungen liberalisierter Telekom- ebenfalls von anderen EU- Mitgliedstaaten sowie Euro- munikationsmärkte mit den Vorstellungen anderer Staa- pean Free Trade Association (EFTA) – Staaten erarbeitet, ten aufeinander. Wichtig für Deutschland ist vor allem, wobei deren Entwürfe – wie auch die deutschen Entwürfe – dass neue ITRs dem europäischen Rechtsrahmen für Te- der EU-Kommission zur Notifizierung vorgelegt werden. lekommunikationsdienste nicht entgegenstehen. Im Rahmen des europaweiten Informationsverfahrens auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (Richtlinie 98/34/EG geändert durch die Richtlinie 98/48/ 12. Bereitstellung und Prüfung technischer EG und 2006/96/EG) werden diese Entwürfe innerhalb Vorschriften sowie Schnittstellen- einer Stillhaltefrist dahingehend geprüft, ob sie der weite- beschreibungen ren Entwicklung des europäischen Binnenmarktes förder- Technische Vorschriften, Normen, Standards und andere lich sind bzw. Handelshemmnisse darstellen könnten. Dokumentationen (z. B. Technische Berichte) sind so- Im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum Ende des wohl für eine effiziente und störungsfreie Nutzung von 1. Halbjahres 2011 wurden mehr als 650 Regelungsent- Frequenzen als auch den einwandfreien und rechtskonfor- würfe für den Telekommunikationsbereich mit einem Ge- men Betrieb von technischen Geräten unerlässlich. samtseitenumfang von fast 3 500 Seiten zur Notifizierung So werden beispielsweise von der Bundesnetzagentur vorgelegt; diese können auf der Internetseite http:// Schnittstellenbeschreibungen (SSBn) gemäß § 4 FTEG ec.europa.eu/enterprise/tris/index_de.htm nachgelesen für Funkanlagen bereitgestellt, die in Frequenzbändern werden. Die zuständigen Fachreferate der Bundesnetz- betrieben werden, deren Nutzung nicht gemeinschafts- agentur prüften die zum Teil sehr umfangreichen Ent- weit harmonisiert ist. Die SSBn enthalten alle Angaben, würfe mit großer Sorgfalt und fertigten – sofern erforder- die erforderlich sind, damit die Hersteller die jeweiligen lich – entsprechende Bemerkungen, Stellungnahmen etc. Prüfungen in Bezug auf die für die jeweiligen Funkanla- gemäß der o. g. EU-Richtlinie. gen geltenden grundlegenden Anforderungen nach eige- ner Wahl durchführen können. 13. Internationale Standardisierungs- aktivitäten im See- und Flugfunk Die Bundesnetzagentur hat mit der Erarbeitung von 13 SSBn in den Jahren 2010/2011 die Bereitstellung von Ausgehend von EU-Mandaten an die europäischen Stan- SSBn für den Funkbereich kontinuierlich fortgesetzt. Ins- dardisierungsorganisationen CEN/CENELEC/ETSI wird

Abbildung 43

Schnittstellenbeschreibungen nach Funkdiensten Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121 – Drucksache 17/8246 eine Vielzahl von Harmonisierten Normen erarbeitet. chend ausgestatteten PC und Spielekonsolen) an Diese Normen haben für das Inverkehrbringen und „auf möglichst allen Netzanschlüssen alle Rundfunk-Dienste den Markt bringen“ von Funkanlagen eine wichtige Be- und wenigstens auch die rundfunknahen Dienste, die da- deutung im Rahmen der Konformitätserklärung. Vertreter rüber angeboten werden, nutzen können. In diesem Sinne der Bundesnetzagentur arbeiten in den Sitzungen der ist technische Interoperabilität gefordert. Sie ist für das Technischen Gruppen und Komitees beim ETSI aktiv Feld der CA/DRM-Systeme erforderlich, aber auch für mit, damit die Regulierungsziele gemäß dem Gesetzes- andere, wie z. B. für Middleware. rahmen (im Wesentlichen TKG, FTEG und EMVG) be- achtet werden. Eine Schwerpunktaufgabe ist beispiels- 14.1 Ergebnisse aus dem Ausschuss weise die aktive Mitarbeit im Bereich des Flugfunks, wo technische Regulierung in der harmonisierte Normen für bodengestützte Flugfunkan- Telekommunikation lagen und -systeme auf Grund der EU-Mandate M/239, M/318, M/390, M/405, M/408 und M/438 erarbeitet wer- Der Ausschuss technische Regulierung in der Telekom- den. Eingebettet sind diese Arbeiten in der von der EU- munikation (ATRT) ist ein unabhängiger beratender Aus- Kommission initiierten europäischen Initiative „Single schuss für die Bundesnetzagentur. Er wurde gebeten, sich European Sky“. Ähnliche Standardisierungsaktivitäten mit der Problematik der Interoperabilität im Bereich der der Bundesnetzagentur sind in weiteren Funkbereichen zu Rundfunkübertragung zu befassen. Der Abschlussbericht verzeichnen, z. B. im Richtfunk, im See- und Binnen- wurde im November 2009 vorgelegt. Seine Ergebnisse schifffahrtsfunk sowie im Mobilfunk, worüber an anderer wurden dann noch einmal mit allen Marktbeteiligten in Stelle eingehender berichtet wird. einem Workshop Ende Mai 2010 erörtert. Im Ergebnis wurde übereinstimmend festgestellt, dass die Standardi- 14. Interoperabilität im Bereich der sierung austauschbarer CA/DRM-Systeme geeignet ist, Rundfunkübertragung das Interoperabilitätsproblem zu lösen. CI-Plus stellt nur eine solche Lösung dar, ladbare softwaregestützte CA/ Der Bereich der Rundfunkübertragung war bisher in wei- DRM-Systeme eine Andere. ten Teilen durch eine vertikale Integration auf der Anbie- terseite bestimmt. Die Rollen von Netz- und Plattform- 14.2 „Aktionsbündnis verbraucherfreundliche betreibern werden hier von ein und demselben Endgeräte für horizontale Märkte – Unternehmen wahrgenommen. Und der Verbraucher ist Austauschbare CA und DRM Systeme“ durch den Einsatz proprietärer Technologien dazu ge- zwungen, bestimmte Endgeräte zu verwenden, wenn er Im Anschluss an den Bericht des ATRT hat die Bundes- geschützte Rundfunk- oder sonstige Multimedia-Dienste netzagentur die Initiative ergriffen und ein Aktionsbünd- an einem bestimmten Netzanschluss nutzen will. Der Zu- nis ins Leben gerufen. Hier soll eine entsprechende Spe- gang zu diesen Diensten wird hier unmittelbar durch den zifikation als Vorschlag für die Standardisierung ladbarer Einsatz unterschiedlicher Conditional Access und Digital CA/DRM-Systeme erarbeitet werden. Rights Management Systeme (CA/DRM-Systeme) be- stimmt und damit eingeschränkt. Im Interesse der Ver- Seit Dezember 2010 tagt regelmäßig der Lenkungskreis braucher ist es aber, dass z. B. bei einem Umzug oder ei- des Aktionsbündnisses, dem ca. 15 führende Vertreter nem Anbieterwechsel das selbst erworbene Endgerät, von Unternehmen aus dem Kreis von Inhalteanbietern, einschließlich der erworbenen Inhalte, weiter verwendet Netzbetreibern, Anbietern von CA- und DRM-Systemen werden kann. Die Geräteinteroperabilität in Bezug auf und Endgeräteherstellern angehören sowie zusätzlich je- CA/DRM-Systeme ist hierfür eine notwendige Vorausset- weils ein Vertreter des Verbraucherschutzes und der Di- zung. Nur durch die Austauschbarkeit von CA/DRM- rektorenkonferenz der Landesmedienanstalten. Der Len- Systemen kann eine noch tiefer gehende Fragmentierung kungskreis wird von der Bundesnetzagentur moderiert des Endgerätemarkts verhindert und der Wettbewerb ge- und tagt regelmäßig. fördert werden. Erst interoperable Lösungen ermöglichen den Wettbewerb entlang der Wertschöpfungskette. Drei Arbeitsgruppen wurden gebildet. Eine hat die tech- nischen und kommerziellen Marktanforderungen zusam- Auch im Bereich des europäischen Telekommunikations- mengestellt. Eine weitere erarbeitet Vorschläge für eine rechts zur Rundfunkübertragung hat es Lockerungen ge- technische Spezifikation für die Standardisierung und die geben: Hier werden inzwischen keine Vorgaben mehr für dritte beschäftigt sich mit der Gestaltung des erforderli- den Bereich digitaler Fernsehempfangsgeräte für IPTV chen Sicherheitsmanagements mit Bildung einer Trust und Mobile TV gemacht. Jede Lockerung gesetzlicher Authority. Die Marktanforderungen wurden vom Len- Vorschriften verlangt unmittelbar eine größere Verant- kungskreis um Verbraucheranforderungen zu einem ein- wortung der Unternehmen dafür, auch an den Bedürfnis- heitlichen Anforderungskatalog ergänzt. sen der Endnutzer orientierte Lösungen anzubieten und die Standardisierungsaktivitäten in diese Richtung zu len- Das Technical Committee Media Content Distribution ken. (ETSI TC MCD) wurde als geeignetes Gremium dafür angesehen, die Ergebnisse des Aktionsbündnisses einzu- Endnutzer (Verbraucher) wollen mit digitalen Fernseh- speisen. In diesem Gremium wird auch das entsprechende empfangsgeräten aller Art (z. B. mit integrierten Fernseh- Arbeitsthema „Architecture, Requirements and Mecha- empfangsgeräten und Set-Top-Boxen, aber auch entspre- nisms adressing service and content interoperability of Drucksache 17/8246 – 122 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode multimedia CPE with respect to CA/DRM-solutions“ 16. Standardisierung Mobilfunk bearbeitet. Die Bundesnetzagentur arbeitet innerhalb der Standardi- Im Juni 2011 sind bei ETSI TC MCD die abgestimmten sierungsorganisationen ETSI und 3GPP an der Verwirkli- und vom Lenkungskreis des Aktionsbündnisses beschlos- chung von zukünftigen Mobilfunkgenerationen mit. Einer senen technischen, kommerziellen und Verbraucher-An- der Hauptaspekte dabei ist es, die Einhaltung der techni- forderungen eingebracht worden. Bis Ende 2011 sollen schen Vorgaben sicherzustellen, welche in der CEPT die Vorschläge für die technische Spezifikation der Lö- durch entsprechende Funkverträglichkeitsuntersuchungen sung sowie die Gestaltung der Trust Authority fertig ge- identifiziert wurden. stellt sein. Für LTE-Applikationen, welche in Deutschland im 800- MHz-Band betrieben werden sollen, gilt es die Koexis- Anlässlich der ICCE-Berlin 2011 („1st IEEE Internatio- tenz mit benachbarten Diensten, wie z. B. dem Rundfunk nal Conference on Consumer Electronics“) Anfang Sep- sicherzustellen. Innerhalb einer nationalen Gruppe des tember hat die Bundesnetzagentur einem breiten Fachpu- „Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Infor- blikum bereits erste konkrete Ergebnisdetails vorstellen mationstechnik (DKE)“ arbeitet die Bundesnetzagentur zu können. aktiv mit daran, dass diese Vorgaben ihre Umsetzung in den europäischen Normen finden. 15. Standardisierungsarbeit im Bereich neuer Im Rahmen des sogenannten „Refarming“ des 900-MHz- Technologien und rekonfigurierbarer GSM-Bandes, welches zukünftig auch für breitbandige Funksysteme Systeme, wie beispielsweise UMTS und LTE genutzt Die Bundesnetzagentur arbeitet aktiv an der Standardisie- werden darf, wurde durch die Bundesnetzagentur inner- rung und Erforschung von neuen Technologien und re- halb von 3GPP und ETSI die Standardisierung begleitet. konfigurierbaren Funksystemen mit. Dabei beteiligt sie Auch hier gilt es die Koexistenz mit benachbarten Diens- sich sowohl an nationalen Forschungsprojekten wie auch ten wie (Extended) GSM-R sicherzustellen. an internationalen Forschungsprojekten. Eines der Haupt- Innerhalb von 3GPP wurden in den letzten Jahren die ziele ist die Erarbeitung von regulatorischen Anforderun- Releases 9 und 10 fertig gestellt, inzwischen wird an gen, die die zukünftige Markteinführung entsprechender Release 11 gearbeitet. Alle drei genannten Releases bein- Applikationen und Geräte ermöglichen sollen. Gleichzei- halten eine große Zahl an technischen Neuerungen tig versprechen die rekonfigurierbaren Funksysteme eine (Trägerzusammenfassung, Femtozellen, Relaistechnolo- erhebliche Verbesserung der flexiblen Spektrumsnutzung. gie, Multistandardbasisstationen), die auch Einfluss auf benachbarte Funkdienste haben können. Hier muss konti- Die Erstellung von Spezifikationen, auch durch die Initia- nuierlich versucht werden, den Schutz der benachbarten tive der Bundesnetzagentur, kommt inzwischen in mehre- Funkdienste in den 3GPP-Spezifikationen sicherzustel- ren Gremien (EC, ETSI, CEPT, ITU) gut voran. Die Er- len. stellung wird durch die Bundesnetzagentur tatkräftig unterstützt. Entsprechende Folgeforschungsprojekte der 17. Standardisierung von Breitbandfunk- EU (Faramir81, OneFit82 und Quasar83) unter Beteiligung anwendungen im 2,4 GHz und 5 GHz der Bundesnetzagentur werden derzeit durchgeführt. Band (WLANs) In diesem Zusammenhang soll auch ein flexibles Zertifi- Basierend auf Vorgaben der Europäischen Kommission zierungskonzept für die R&TTE-Richtlinie für rekonfigu- wurden durch ETSI Revisionen der entsprechenden Nor- rierbare Funksysteme entwickelt werden. Die Europäi- men für 2,4 GHz und 5 GHz WLANs durchgeführt, an sche Kommission hat die bis jetzt erzielten Ergebnisse, denen die Bundesnetzagentur aktiv beteiligt ist. auch aus EU-Forschungsprojekten, in denen die Bundes- netzagentur mitarbeitete, in den derzeitigen Entwurf der Der bisher in der Norm ETSI EN 301 893 existierende neuen R&TTE-Richtlinie aufgenommen. Interferenz-Vermeidungs-Mechanismus zum Schutz mili- tärischer Radaranwendungen gegen Störung durch Die Bundesnetzagentur wirkt auch auf die Europäische WLANs im 5 GHz Band wurde im Berichtszeitraum mit- Kommission über TCAM ein, um ein Mandat an ETSI tels Unterstützung der Bundesnetzagentur dahingehend zur Erstellung eines harmonisierten Standards für Soft- angepasst, dass zusätzliche Anforderungen zum Schutz ware Defined Radio (SDR)/Cognitive Radio (CR) zur von deutschen und europäischen Wetterradarsystemen Anwendung unter der R&TTE-Richtlinie zu erteilen. gegenüber Interferenzen von 5 GHz WLANs erfüllt wer- den. Die Arbeiten an der Norm ETSI EN 301 893 sind dahingehend weitestgehend abgeschlossen. 81 FARAMIR (Flexible And Spectrum-Aware Radio Access Through Measurements And Modelling In Cognitive Radio Systems) Der Anwendungsbereich der Norm ETSI EN 300 328, www.ict-faramir.eu welcher bisher ausschließlich die Nutzung des lizenz- 82 OneFIT (Opportunistic Networks And Cognitive Management Sys- freien und weltweit verfügbaren 2,4 GHz ISM Band für tems For Efficient Application Provision In The Future Internet) www.ict-onefit.eu WLANs mit einer maximalen Sendeleistung von 83 Quasar (Quantitative Assessment Of Secondary Spectrum Access) 100 mW berücksichtigte, wurde auf andere Anwendun- www.quasarspectrum.eu gen erweitert. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 123 – Drucksache 17/8246 wurde von der Europäischen Kommission mit der Bedin- Im Rahmen der Standardisierungsaktivitäten achtet die gung verbunden, dass entsprechende Geräte mit Zugangs- Bundesnetzagentur auch verstärkt auf Entwicklungen in techniken ausgestattet sein müssen, welche die gleichbe- anderen Regionen. Kooperationen und Absprachen mit rechtigte und effiziente Nutzung des Frequenzbandes außereuropäischen Organisationen, Herstellern und Be- gewährleisten. Im Berichtszeitraum wurden mögliche Zu- treibern sollen sicherstellen, dass globale Nutzungen gangsmechanismen innerhalb von ETSI eruiert und unter möglich werden. Mitarbeit der Bundesnetzagentur in die Norm ETSI EN 300 328 aufgenommen. Die Arbeiten an der 19. Technische Richtlinie Notruf- Norm, welche durch die Vielzahl von möglichen Appli- verbindungen kationen mit unterschiedlichsten Vorraussetzungen sehr komplex sind, dauern an. Zur Umsetzung der Vorgaben von § 108 Absatz 3 TKG und der Verordnung über Notrufverbindungen (NotrufV) wurde die Technischen Richtlinie Notrufverbindungen 18. Verkehrstelematik – Intelligent Transport (TR Notruf) im Jahr 2010 nach Gesprächen mit Vertre- Systems (ITS) tern der Betreiber von Notrufabfragestellen sowie mit ei- Im Berichtszeitraum haben die Forschungs- und Standar- nigen Anbietern fester und mobiler Telefondienste sowie disierungsaktivitäten zu Anwendungen, die sich mit der Betreibern leitungs- und IP-vermittelnder Netze entwor- Kommunikation zwischen Fahrzeugen („vehicle-to-ve- fen und im Oktober 2010 zur Kommentierung veröffent- hicle“) und zwischen Fahrzeug und Straße („vehicle-to- licht. road“/“road-to-vehicle“) befassen, stark zugenommen. Nach Auswertung der zahlreichen und je nach Interessen- Nachdem bereits in 2007 und 2008 verschiedene ECC- lage divergierenden Stellungnahmen konnte die Techni- und CEPT-Berichte zur Funkverträglichkeit der geplanten sche Richtlinie schließlich im Juni 2011 in Kraft treten. ITS-Dienste verabschiedet wurden und die Kommissions- Sie enthält organisatorische Vorgaben zur Beschreibung entscheidung 2008/671/EC vom 5. August 2008 darauf und Festlegung der Zuständigkeitsbereiche von Notrufab- aufbauend verbindlich die Zuweisung des Frequenzban- fragestellen, technische Einzelheiten zu Notrufanschlüs- des 5 875 bis 5 905 MHz für sicherheitsrelevante ITS- sen in ISDN-Technik, zu der Ermittlung, Übertragung Applikationen für die Mitgliedstaaten vorschrieb, kon- und Formatierung von Standortdaten sowie zu den Anfor- zentrierten sich auch die Standardisierungsaktivitäten auf derungen an Notrufverbindungen in traditionellen, lei- den 5,9-GHz-Bereich. tungsvermittelnden Netzen. Auch die Umleitung von Notrufen bei Ausfall einer Notrufleitstelle wurde spezifi- Am 6. Oktober 2009 wurde das EC-Mandat M/453 ange- ziert. nommen, mit dem die europäischen Standardisierungsor- ganisationen CEN, CENELEC und ETSI aufgefordert Dem Zugang und der Übermittlung von Angaben zum wurden, die Interoperabilität zwischen kooperativen ITS- Standort eines Anrufers, gleichgültig ob ihm ein Notfall Systemen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu widerfährt oder er den Notfall eines anderen meldet, wird ermöglichen. Entsprechend eines zwischen CEN und aus Sicht des Datenschutzes ein hoher Wert zugemessen. ETSI abgesprochenen Arbeitsprogramms sollen mögliche Hier konnte eine Lösung gefunden werden, die einerseits Applikationen und Funktionen in einer sinnvollen Anzahl die Billigung des Bundesbeauftragten für den Daten- von einheitlichen Standards bis zum Juli 2012 entwickelt schutz und die Informationsfreiheit (BfDI) fand, anderer- werden. Die wichtigsten Basis-Standards wurden bereits seits die Standortangaben gleich zu Beginn einer Not- in 2010 angenommen. Nach aktuellem Stand der Aktivi- rufverbindung bereitstellt. täten werden insgesamt über 65 Standards zu Applikatio- Hervorzuheben ist hier außerdem, dass bei Notrufen aus nen, Netzwerk- und Transport, Funkschnittstellen, Ma- Mobilfunknetzen der Standort des Anrufers mindestens nagement und Sicherheit zu erarbeiten sein. mit der Genauigkeit der Mobilfunkzelle, in der sich der Die Arbeiten an den erforderlichen Luftschnittstellenpro- Anrufer aufhält, nach einer Implementierungsfrist von tokollen (z. B. European ITS Profile Standard) und der 18 Monaten den Notrufleitstellen bekannt zu geben ist. Harmonisierten Europäischen Norm erfolgen bei ETSI Auch die Anbieter von Telefondiensten, die paketvermit- unter Federführung der Bundesnetzagentur. Das Ziel ist telnde Übertragungs- und Vermittlungstechnik nutzen hierbei eine möglichst störungsfreie, effiziente und inter- – so genannte VoIP-Anbieter – haben ihren Kunden Not- operable Spektrumsnutzung. rufe in der festgelegten Weise zu ermöglichen. Bundes- weite Erhebungen bei den Notrufleitstellen zeigen, dass Die ITS-Systeme werden von bedeutenden Kfz-Herstel- Notrufe von VoIP-Kunden nicht immer die örtlich zustän- lern (Car-to-car-Konsortium, C2C) für sogenannte dige Leitstelle erreichen. Die Anzahl derart fehlgeleiteter „Multi-Hop“-Systeme vorgesehen, die zur Erhöhung der Notrufe ist noch nicht Besorgnis erregend, dennoch wird Verkehrssicherheit und der Verbesserung des Fahrzeug- die Situation weiter beobachtet, um in diesem schnell Flusses auf Straßen/Autobahnen wesentliche infrastruktu- wachsenden Markt rechtzeitig und anbietergenau reagie- relle Verbesserungen mit positiven ökonomischen Aus- ren zu können. wirkungen für die Volkswirtschaft mit sich bringen sollen (z. B. durch Vermeidung von Staus und Wartezeiten). Be- Parallel zur Arbeit an der Technischen Richtlinie wurde sonders die Deutsche Automobilindustrie erhofft sich hier von der Bundesnetzagentur auf europäischer Ebene die ein enormes Potential für die Zukunft. Entwicklung von notwendigen Standards im Bereich der Drucksache 17/8246 – 124 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Standortdatenermittlung und -übertragung initiiert, weil der von den Telekommunikationsunternehmen eingesetz- die vorhandenen internationalen Konzepte und Spezifika- ten Abrechnungssysteme zu treffen. tionen nicht in ausreichendem Maße die vorhandenen An- bieterstrukturen und die rechtlichen Rahmenbedingungen 21. Internet der Dinge berücksichtigen. Die Europäische Kommission hat im Mai 2011 das Standardisierungsmandat M/493 verab- Mit dem Terminus „Internet der Dinge“ („Internet of schiedet. ETSI hat die Studien unter Beteiligung von Things“, kurz IoT) wird die Vision einer globalen Vernet- CEN aufgenommen. zung von eindeutig identifizierbaren Objekten bezeich- net. 20. Abrechnungsgenauigkeit bei Derzeit sind noch zahlreiche Fragen in diesem Kontext volumenabhängigen Tarifen offen, die es zu lösen gilt. Um nun den Herausforderun- gen des IoT zu begegnen, wurde eine dedizierte Exper- § 45g TKG verpflichtet die Anbieter, der Bundesnetz- tengruppe bei der EU-Kommission etabliert, welche sich agentur jährlich die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit mit verschiedenen zentralen Aspekten des IoT, wie bei- der Abrechnungssysteme nachzuweisen. Dies geschieht spielsweise Governance, Datensicherheit und Daten- seit dem Jahr 2000 für zeit- und entfernungsabhängig ta- schutz befasst. rifierte Verbindungsdienstleistungen. Im Jahr 2010 wur- den über 240 Nachweise dieser Art geprüft. Es hat sich Die Bundesnetzagentur begleitet diese Arbeitspunkte in herausgestellt, dass dies sowohl im Interesse der Endkun- Zusammenarbeit mit dem BMWi und dem BSI und nahm den als auch der Anbieter geschieht. an entsprechenden Gremien teil. In Zukunft wird eine Zu- nahme der Aktivitäten der Bundesnetzagentur erwartet, Während traditionelle, leitungsvermittelte Verbindungs- um auch die Standardisierung in diesem Bereich weiter dienstleistungen häufig zeitabhängig und im Auslands- voranzubringen. verkehr auch entfernungsabhängig abgerechnet werden, bietet sich bei paketvermittelten Telekommunikations- 22. Öffentliche Sicherheit diensten die volumenabhängige Abrechnung an. Dabei wird das tatsächlich übermittelte Datenvolumen erhoben 22.1 Automatisiertes Auskunftsverfahren nach und dem Endkunden in Rechnung gestellt. Auch bei so § 112 TKG genannten ‚unechten’ Flatrate-Angeboten wird das in An- spruch genommene Volumen erfasst, um bei Erreichen Bestandsdaten werden von einer Vielzahl von Telekom- der vertraglich festgelegten Schwelle reduzierende Ein- munikationsunternehmen erhoben. Sicherheitsbehörden flüsse ausüben oder schwellwert-überschreitendes Volu- erhalten über die Bundesnetzagentur zur Erfüllung ihres men detailliert in Rechnung stellen zu können. gesetzlichen Auftrages von den Telekommunikationsun- ternehmen Auskünfte aus diesen Bestandsdaten (z. B. Die technischen Anforderungen an volumenbezogene Namen und Anschriften der Inhaber von Rufnummern). Abrechnungsverfahren und -systeme wurden im April Derzeit können mehrere tausend Dienststellen aus den bei 2010 in einem Entwurf vorgestellt. Dabei wurde ein Aus- der Bundesnetzagentur registrierten Behörden von ca. gleich gesucht zwischen den Interessen der Verbraucher 135 Telekommunikations-Diensteanbietern entspre- nach möglichst genauer und sicherer Erfassung des Volu- chende Bestandsdaten abrufen. mens und den Interessen der Anbieter nach Einsatz mög- lichst kostengünstiger und verfügbarer Techniken. Nach 22.2 Technische Umsetzung von Überwachungs- Diskussion konnten die technischen Anforderungen an maßnahmen nach § 110 TKG volumenbezogene Abrechnungsverfahren und -systeme schließlich abgestimmt und in Verfügung 43/2010 veröf- Mit ihren Aufgaben bei der technischen Umsetzung von fentlicht werden. Damit haben die Anbieter Planungssi- Überwachungsmaßnahmen leistet die Bundesnetzagentur cherheit bei Implementierungen für diesen dynamischen einen wichtigen Beitrag zur Gewährleistung der öffentli- und wachsenden Markt, die Verbraucher erhalten Trans- chen Sicherheit. Insbesondere die Technische Richtlinie parenz und können Vertrauen in die ordnungsgemäße Er- (TR TKÜ) nach § 110 Absatz 3 TKG ist eine wesentliche fassung und Abrechnung volumenabhängig tarifierter Grundlage für die Gestaltung der Überwachungstechnik Dienstleistungen aufbauen und die begutachtenden Stel- durch die beteiligten Telekommunikationsunternehmen, len sowie die Bundesnetzagentur bekommen einen Maß- Hersteller und Sicherheitsbehörden. Die Richtlinie wird stab, um diese Abrechnungsverfahren und -systeme ein- bei Bedarf an neue Telekommunikationstechnologien an- heitlich bewerten zu können. gepasst. Dazu begleitet die Bundesnetzagentur – entspre- chend der gesetzlichen Vorgabe – die neuen Themen Die für das Sachgebiet „Verbindungspreisberechnung“ zunächst in den Standardisierungsgremien. Unter Beteili- öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen gung der Verbände, der berechtigten Stellen sowie der haben im Jahr 2011 begonnen, die Abrechnungssysteme Hersteller wurde im Jahr 2009 die derzeit gültige bei Anbietern, die Verbindungsdienstleistungen volumen- Version 6.0 der TR TKÜV erarbeitet, die insbesondere abhängig tarifieren, zu begutachten. Dabei müssen sich um die Bereiche Auskunftserteilung für Verkehrsdaten die Vorgaben der Verfügung 43/2010 bewähren. Einige auf der Grundlage der ETSI-Spezifikation TS 102 657 Gutachten liegen inzwischen vor. Es ist allerdings noch und die optionale elektronische Übermittlung der Anord- zu früh, eine umfassende Bewertung über die Eignung nungen ergänzt wurde. Durch Bekanntgabe im Amtsblatt Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 125 – Drucksache 17/8246

Abbildung 44

Entwicklung des Auskunftsersuchens von Sicherheitsbehörden und Abfragen bei den TK-Diensteanbietern

Millionen 40 Ersuchen von Sicherheitsbehörden 26.6

35 Abfragen bei TK-Diensteanbietern 22.2

30 18.6

13.9 25

10.1 20

8.1 15 5.5 3.2 10 4.2 1.5 3.9 2.9 3.4 3.6 1.5 2.0 2.7 5 0.9

0 20022003 2004 2005 200620072008 2009 2010

Nr. 23 ist die TR TKÜV in der Version 6.0 im Dezember Die Bundesnetzagentur hat mit 23 500 Schreiben an die 2009 in Kraft gesetzt worden84. Telekommunikationsbevorrechtigten, Telekommunika- tionsunternehmen und Behörden über die neuen Bestim- Im Zeitraum 2010/2011 wurde die TR TKÜV in den Ver- mungen und die Übergangsvorschriften informiert. Au- sionen 6.1 und 6.2 fortgeschrieben. Wesentliche Erweite- ßerdem hat sie diese Informationen auf ihren rungen der Version 6.1 beziehen sich auf Fortschreibun- Internetseiten bekannt gemacht. gen der bereits in der Technischen Richtlinie zur Anwendung kommenden Standards, wie z. B. im Mobil- Im Mobilfunk sollen künftig auch Verbindungen für die funk. Berücksichtigung findet hier insbesondere die so Inanspruchnahme von Datenübermittlungsdiensten und genannte 4. Generation des Mobilfunks, Long Term Evo- Internetzugangsdiensten für Telekommunikationsbevor- lution (LTE). Die Version 6.2 bezieht sich auf die in der rechtigte vorrangig hergestellt werden können. Dazu hat Ausgabe 6.0 der TR TKÜV festgelegte Schnittstelle zum die Bundesnetzagentur gemäß § 6 PTSG die Erarbeitung Auskunftsersuchen von Verkehrsdaten auf der Basis einer von technischen Festlegungen und zeitlichen Vorgaben ETSI-Spezifikation und berücksichtigt Erfahrungen der für die Umsetzung eingeleitet. daran teilnehmenden Unternehmen und berechtigten Stel- len sowie deren Herstellern. Beide Versionen müssen als Abschnitt G Entwurfsversionen den Notifizierungsprozess in der EU Kundenschutz, Verbraucherschutz noch durchlaufen. Die Version 6.1 wird voraussichtlich zum Jahreswechsel 2011/2012 mit der Bekanntgabe im 1. Verbraucherservice Amtsblatt in Kraft treten; Anfang 2012 ist mit dem In- krafttreten der Version 6.2 zu rechnen. 1.1 Überblick über die Tätigkeit des Verbraucherservices 22.3 Sicherstellung der Post und der Der Verbraucherservice hat sich seit der Liberalisierung Telekommunikation des Telekommunikationsmarktes zur zentralen Anlauf- stelle für Endkunden entwickelt. Hier erhalten Endkun- Am 1. April 2011 ist das „neue“ Post- und Telekommuni- den neben allgemeinen Informationen zu ihren Rechten kationssicherstellungsgesetz (PTSG) vom 24. März 2011 auf der Grundlage des Telekommunikationsgesetzes auch in Kraft getreten. Das alte PTSG vom 14. September konkrete Hilfestellung beim Lösen von Konflikten mit 1994 und die auf seiner Basis erlassenen Rechtsverord- ihrem jeweiligen Telekommunikationsanbieter. In den nungen sind gleichzeitig außer Kraft getreten. Jahren 2010 und 2011 hat der Verbraucherservice Tele- kommunikation insgesamt 87 789 Anfragen und Be- schwerden bearbeitet (Stand: 31. Oktober 2011). Die 84 Die TR TKÜ Version 6.0 ist auf der Internetseite der Bundesnetz- agentur abrufbar unter: http://www.bundesnetzagentur.de/cln_1911/ Verbraucher nutzten hierbei insbesondere die Kontakt- DE/Sachgebiete/Telekommunikation/TechRegTelekommunikation/ möglichkeit per Telefon, gefolgt von E-Mail sowie Brief TechnischeUmsetzung110TKG/TKUE_Downloads_Basepage.html und Fax. Drucksache 17/8246 – 126 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

1.2 Schwerpunkte in der Beratung und der Darüber hinaus zeigte die Auswertung der Anfragen und Bearbeitung von Anliegen der Beschwerden, dass die Telekommunikationsanbieter die Verbraucher von ihnen initiierte Änderung oder Verlängerung der Ver- tragsverhältnisse nicht immer hinreichend nachvollzieh- Vorrangiger Gegenstand der Anfragen und Beschwerden bar für den Kunden dokumentieren. Auch bei der Leis- im Telekommunikationsbereich waren Streitigkeiten im tungsbeschreibung sind Informationsdefizite auf Seiten Zusammenhang mit dem Abschluss, der Durchführung der Telekommunikationsanbieter erkennbar. So bietet und der Beendigung von Telekommunikationsverträgen. u. a. die Diskrepanz zwischen der beworbenen und der Ebenfalls erreichten den Verbraucherservice in erneut tatsächlich bereitgestellten Datenübertragungsrate bei wachsender Anzahl Beschwerden von Verbrauchern über DSL-Verträgen Anlass zu Streitigkeiten zwischen Anbie- belästigende Telefonanrufe. Des Weiteren hat der Ver- tern und Endkunden. Der Verbraucherservice richtet sein braucherservice im Berichtszeitraum die Verbraucher ins- Augenmerk derzeit darauf, die teilweise sehr vagen An- besondere bei der Aufklärung strittiger Positionen in der gebotsbeschreibungen („bis zu“) zu analysieren und die Telekommunikationsrechnung unterstützt. Verbraucher über die jeweiligen Einflussfaktoren auf die Datenübertragungsgeschwindigkeit (insbesondere von Wie bereits einleitend erwähnt, werden überwiegend festnetzbasierten DSL-Anschlüssen) zu informieren. klassische „Vertragsangelegenheiten“ an den Verbrau- cherservice der Bundesnetzagentur adressiert. Dieser Daneben reagierten viele Verbraucher überrascht darüber, Themenkomplex umfasst auch Beschwerden über den dass ihnen bei einem Wohnortwechsel weder ein Sonder- Kundenservice der Unternehmen. Hier bewerteten die kündigungsrecht gewährt wird noch die Möglichkeit be- Verbraucher insbesondere die Erreichbarkeit der Anbieter steht, den Vertrag mit ihrem bisherigen Anbieter ohne als unzureichend. Die langen Wartezeiten in der Service- Neubeginn der Laufzeit fortzuführen. Der Verbraucher- hotline ebenso wie die ständig wechselnden Ansprech- service macht in seinen Antworten darauf aufmerksam, partner in den Unternehmen erschwerten die Lösung des dass ein Festnetzanschluss immer standortgebunden ist, Problems bzw. die konsistente Bearbeitung des Anlie- da die Leistung vom Telekommunikationsanbieter für ei- gens. Die von den Unternehmen versprochene Rückmel- nen bestimmten Vertragspartner an einer bestimmten dung erfolgte zudem häufig nur unter Einschaltung des Adresse (Wohnung) erbracht wird. Bislang obliegt es dem Verbraucherservices. Dass die Endkunden durchaus Opti- jeweiligen Anbieter, wie dieser bei einem Wohnortwech- sel des Kunden das jeweilige Vertragsverhältnis anpasst. mierungspotenzial beim Serviceniveau ihrer Anbieter se- Im Rahmen der aktuellen Überarbeitung des TKG ist hen, wird u. a. auch in der großen Anzahl der Beschwer- diesbezüglich jedoch eine verbraucherschützende Verein- den über lang dauernde Entstörungsmaßnahmen deutlich. heitlichung geplant, die gleichzeitig wettbewerbsmin- Rechtlich kann der Verbraucherservice hier allerdings dernde Effekte infolge der bislang bestehenden Vertrags- Maßnahmen nur gegenüber der Deutschen Telekom AG bindungen beseitigen soll. ergreifen (vgl. § 45b TKG). Der Verbraucherservice hat sich jedoch bei einem Großteil der Fälle auf informellem Des Weiteren sind im Berichtszeitraum zahlreiche Be- Weg mit der Bitte um Sachverhaltsprüfung an die Unter- schwerden über unerwünschte Anrufe, SMS, Telefaxe nehmen gewandt. oder E-Mails beim Verbraucherservice eingegangen.

Abbildung 45

Themenschwerpunkte der Anfragen und Beschwerden im TK-Bereich (Stand: 31. Oktober 2011)

Vertragsangelegenheiten 23.701 22.015

Rufnummernmissbrauch/ 16.251 unerlaubte Telefonwerbung 10.328

15.774 TK-Rechnung 10.790

Anbieterwechsel 11.916 9.864

6.430 Nummerierungsfragen 5.396 2010-2011 2.973 2008-2009 Universaldienst 3.399

0 5.000 10.000 15.000 20.000 25.000 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 127 – Drucksache 17/8246

Hierbei haben die Betroffenen insbesondere Beschwer- hält. Er behauptet dann, die Portierung sei erst in einem den über unlautere Werbeanrufe im Zusammenhang mit Jahr möglich, weil die zweite Kündigung nicht fristge- Gewinnspiel- oder Gutscheinversprechen, massenhaft recht eingegangen sei. Die Bundesnetzagentur hat in die- wiederholte Anrufe (Predictive Dialer) sowie über unge- sen und allen ihr vorgetragenen Fällen durch Anhörungen wollt hergestellte Verbindungen zu Online- und Sprach- und ggf. Anordnungen erreicht, dass die Portierung mehrwertdiensten vorgetragen (siehe „3. Bekämpfung durchgeführt bzw. nicht weiter unzulässig verzögert wird. des Rufnummernmissbrauchs und der unerlaubten Tele- Der Gesetzgeber hat nunmehr den Wechselprozess ins- fonwerbung“). gesamt in seinem Entwurf zur Novellierung des TKG adressiert und – vorbehaltlich des Ausgangs des noch an- Den vielfach bestrittenen Abschluss von Abonnements dauernden Gesetzgebungsprozesses – einer Lösung zuge- über bestimmte Dienstleistungen oder Inhalte, die über führt. das Telekommunikationsnetz erbracht werden, tragen die Endkunden regelmäßig in Form von Rechnungsbeanstan- Die Beschwerden im Bereich der Nummerierung blieben dungen an den Verbraucherservice heran. Das TKG stellt auch in diesem Jahr auf dem hohen Niveau des Vorjahres. zwar sicher, dass Leistungen Dritter sowie die jeweiligen Wiederholt gingen im Berichtszeitraum Anfragen zu Kontaktdaten deutlich in der Rechnung auszuweisen sind. Warteschleifen bei Sonderrufnummern ein. Diesbezüg- Problematisch ist jedoch, dass das genannte Unternehmen lich beanstandeten die Verbraucher, dass viele Unterneh- nicht zwingend der vermeintliche Vertragspartner sein men nur noch über kostenintensive Sonderrufnummern muss, wenn dieser andere Anbieter für sein Forderungs- erreichbar seien, dessen Anwahl nicht über die Festnetz- management einsetzt (sogenannte Payment-Anbieter). In Flatrate vieler Verbraucher gedeckt ist. Dies führte im Zu- diesen Fällen ist es für die Verbraucher schwierig, die sammenhang mit den langen Wartezeiten in der Warte- Rechtmäßigkeit des Rechnungsbetrages nachzuvollzie- schleife zu erhöhten Kosten auf Seiten der Verbraucher. hen. Die wachsende Anzahl an Smartphone-Benutzern Einen dritten Schwerpunkt bildeten Anfragen von Ver- hat teilweise den Anteil bestrittener Internet- bzw. Daten- brauchern, deren Anbieter ihnen neue Rufnummern zutei- verbindungen gesteigert. Ursächlich für diese bestrittenen len mussten, weil bei den ursprünglichen Zuteilungen die Datenverbindungen dürfte u. a. die Kombination aus von allen Anbietern einzuhaltenden Regelungen zur Ruf- Endgeräteeinstellung, die eine automatische Einwahl in nummernlänge nicht beachtet wurden. Ebenfalls gingen das Internet vorsieht, und unpassendem, weil volumenab- über einen begrenzten Zeitraum vermehrt Beschwerden hängigen Tarif sein. Auch die derzeit noch nicht gede- wegen kurzfristiger Tarifänderungen bei Internet-by-Call- ckelten Entgelte für den im Ausland getätigten Abruf von und Call-by-Call-Verbindungen beim Verbraucherservice Daten über die deutsche Mobilfunkkarte (Datenroaming) der Bundesnetzagentur ein. Grund dafür waren die nicht haben für die Verbraucher regelmäßig erhebliche finanzi- unerheblichen, kurzfristigen Preiserhöhungen der Tarife elle Belastungen zur Folge. Das Bewusstsein für die un- einzelner Call-by-Call-Anbieter. terschiedlichen Tarifbedingungen bei Sprach- und Daten- diensten ist hier beim Verbraucher noch nicht hinreichend 1.3 Maßnahmen nach § 126 TKG vorhanden. Zum 1. Juli 2011 ist die Obergrenze für Vor- leistungsentgelte, also für die Preise, die zwischen den Das Verbraucherschutzreferat hat im Berichtszeitraum Unternehmen gelten, bei Datenverbindungen im Ausland insgesamt 7 Verfahren durchgeführt, in denen Maßnah- erneut abgesenkt worden, auf nunmehr maximal 50 ct/MB. men nach § 126 TKG angekündigt wurden. Dabei han- Zukünftig soll es nach einem Vorschlag der EU-Kommis- delte es sich insbesondere um Fälle in den Bereichen des sion auch Preisobergrenzen für die Verbraucher beim Da- International Roaming und der Umsetzung der Roaming- tenroaming geben, wie sie bereits für Sprachtelefonie und Verordnungen I und II sowie um die Einhaltung der kun- SMS existieren. Derzeit schützt allenfalls die sogenannte denschützenden Vorschriften des TKG und der danach er- Kostenbremse, wonach die Verbindung automatisch ab lassenen Verfügungen (bspw. zur Ausgestaltung des Ein- einem erreichten Betrag von 50 Euro abbricht, die Ver- zelverbindungsnachweises – EVN). In diesen Verfahren braucher vor sehr hohen Rechnungsbeträgen. wurden die betroffenen Unternehmen zunächst um Stel- lungnahme und zur Abhilfe des Rechtsverstoßes aufge- Einen weiteren Schwerpunkt bildeten Anfragen und Be- fordert. In allen Fällen konnte der Verbraucherservice schwerden zum Anbieterwechsel im Festnetz. Großes eine Umsetzung der geforderten Maßnahme durch die Unverständnis bei den Endkunden kommt auf, wenn An- Unternehmen erreichen. bieter eine Portierung verweigern, eine Portierung nur verzögert durchführen oder wenn es beim Anbieterwech- sel zu teilweise mehrere Tage andauernden Anschlussun- 1.4 Vermittlungsdienst terbrechungen kommt. Störungen im Wechselprozess tre- Das Telekommunikationsgesetz verpflichtet die Telekom- ten insbesondere dann auf, wenn der Kunde zunächst munikationsanbieter, auch hörgeschädigten Menschen ein selbst kündigt und sodann einen einheitlichen Portie- barrierefreies Telefonieren außerhalb des beruflichen rungs- und Kündigungsauftrag über den neuen Anbieter Umfeldes zu einem erschwinglichen Preis zu ermögli- vornehmen lässt. Teilweise hebt der alte Anbieter die zu- chen (vgl. § 45 TKG). vor bestätigte erste Kündigung seines Kunden unzulässi- gerweise auf und verlängert den Vertrag, wenn er nach Der erforderliche Umfang und Versorgungsgrad des soge- der ersten Kündigung zusammen mit dem Portierungsauf- nannten Vermittlungsdienstes ist von der Bundesnetz- trag über den neuen Anbieter eine weitere Kündigung er- agentur ab 2011 dahingehend festgelegt worden, dass Drucksache 17/8246 – 128 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode erstmalig eine getrennte Festschreibung des Bedarfs für Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland bestä- die private und die berufliche Nutzung des Vermittlungs- tigte im Oktober 2010, dass die Schlichtungsstelle der dienstes erfolgte. Während das Angebot für die private Bundesnetzagentur von der Europäischen Kommission in Nutzung in seinen Konditionen (Erreichbarkeit und Kos- die Liste der notifizierten Schlichtungsstellen aufgenom- ten) erhalten bleibt, ist der Vermittlungsdienst für berufli- men wurde. Damit fanden die Bemühungen der Schlich- che Zwecke seit dem 1. März 2011 nunmehr für den Zeit- tungsstelle und das umfangreiche Prüfungsverfahren vor raum von 8:00 bis 17:00 Uhr und zu einem höheren Tarif dem Bundesministerium der Justiz und dem Europäi- verfügbar. Mit dieser Unterscheidung hat die Bundesnetz- schen Verbraucherzentrum Deutschland einen erfolgrei- agentur sichergestellt, dass die Anbieter – wie telekom- chen Abschluss. Mit der Notifizierung bei der Europäi- munikationsrechtlich vorgesehen – ausschließlich die pri- schen Kommission wurde bestätigt, dass die vate Nutzung des Vermittlungsdienstes finanzieren. Für Schlichtungsstelle den Maßstäben, welche die EU an die die berufliche Nutzung besteht für die behinderten Men- außergerichtliche Beilegung von Verbraucherrechtsstrei- schen die Möglichkeit, sich von den Integrationsämtern tigkeiten stellt, nachweislich und in vollem Umfang ge- aus der von allen Arbeitgebern – die keine behinderten recht wird. Menschen beschäftigen – zu zahlenden sozialrechtlichen Ein Schlichtungsverfahren ist grundsätzlich zulässig, Ausgleichsabgabe unterstützen zu lassen. Zu dieser Tarif- wenn: umstellung gab es einige Anfragen und Beschwerden von gehörlosen und hörgeschädigten Verbrauchern. Hier wur- – der Antragsteller die Verletzung eigener Rechte gel- den den Betroffenen ausführlich die Hintergründe darge- tend machen kann, die ihm nach dem in § 47a TKG legt. genannten Rechten zustehen, Der Vermittlungsdienst wurde im Jahr 2010 von der Bun- – kein Gerichtsverfahren mit demselben Gegenstand rechtshängig ist, desnetzagentur erstmalig für zwei Jahre (2011/2012) aus- geschrieben. Im Ergebnis wurde der Tess GmbH der Zu- – kein Schlichtungsverfahren mit demselben Streitge- schlag erteilt und diese mit der Erbringung des genstand vorliegt oder durchgeführt wurde und Vermittlungsdienstes bis Ende 2012 beauftragt. Darüber hinaus hat die Bundesnetzagentur im Berichtszeitraum – vor Antragstellung der Versuch einer Einigung mit die erforderlichen Maßnahmen getroffen, um die Finan- dem Antragsgegner unternommen wurde. zierung des Vermittlungsdienstes auch in den Jahren 2011 Vertragsrechtliche Probleme können Gegenstand der und 2012 durch die Telekommunikationsunternehmen si- Schlichtung sein, soweit sie den in § 47a TKG genannten cherzustellen. Regelungen unterfallen. Im Rahmen der Schlichtung erarbeitet ein unparteiischer 2. Schlichtung in der Telekommunikation Dritter, hier das Schlichtungsgremium der Schlichtungs- 2.1 Verfahrensweise und Ergebnisse der stelle, einen individuellen Schlichtungsvorschlag und vermittelt so in einem vorhandenen Streitfall, sofern sich Schlichtungsstelle Telekommunikation die Parteien nicht während des Verfahrens auf eine eige- Im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben vermittelt die nen Kompromisslösung verständigen. Schlichtungsstelle der Bundesnetzagentur seit Juni 1999 Nach wie vor ist die Tendenz der Inanspruchnahme der in Streitfällen zwischen Endkunden und Telekommunika- Schlichtungsstelle wie in den Vorjahren stetig ansteigend. tionsunternehmen. Hierbei war insbesondere im Jahr 2010 ein Zuwachs bei der Antragstellung um 30 Prozent zum Vorjahr zu ver- Die Schlichtungsstelle verfolgt in erster Linie das Ziel, zeichnen. zwischen den streitenden Parteien eine einvernehmliche Lösung in der Streitsache zu erreichen, so dass gerichtli- Die Schlichtungsstelle konnte in den Jahren 2010 und che Auseinandersetzungen vermieden werden. Hierzu 2011 (Stand: 31. Oktober 2011) insgesamt 1 235 Schlich- kann der Teilnehmer im Streit mit einem Anbieter von tungsverfahren beenden. In 64 Prozent der zulässigen Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlich- Fälle wurde eine Übereinkunft der streitenden Parteien keit gemäß § 47a Absatz 1 TKG bei der Bundesnetzagen- erreicht. Dabei erzielten die Parteien zunehmend noch tur durch einen Antrag ein Schlichtungsverfahren einlei- vor der Unterbreitung eines Schlichtungsvorschlages ten. Dieses betrifft allerdings nur Streitigkeiten darüber, durch das sachkundige Einwirken der Schlichtungsstelle ob der Anbieter eine in den §§ 43a, 45 bis 46 Absatz 2 eine gütliche Einigung im Rahmen eigener Vergleichs- und § 84 oder in der sog. Roamingverordnung (vgl. Ver- vorschläge. Die unterbreiteten Schlichtungsvorschläge ordnung (EG) Nr. 717/2007 des Europäischen Parlaments hatten eine Erfolgsquote von 93 Prozent. Darüber hinaus und des Rates vom 27. Juni 2007 über das Roaming in öf- nutzen die Unternehmen vermehrt die Möglichkeit, den fentlichen Mobilfunknetzen in der Gemeinschaft und zur Streitgegenstand noch vor Eröffnung des förmlichen Ver- Änderung der Richtlinie 2002/21/EG (Amtsblatt EG fahrens – als erste Reaktion auf die Übersendung des Nr. L171 S. 32)) vorgesehene Verpflichtung ihm gegen- Schlichtungsantrags – durch eine Kulanzlösung gütlich über erfüllt hat. Das Schlichtungsverfahren ist ein formel- zu einigen. Die Quote der Verfahren, in denen die An- les Verfahren, das in der Antragstellung und in der Ver- tragsgegner von ihrem Recht Gebrauch machen, die Teil- fahrensdurchführung an entsprechende formelle und nahme am Schlichtungsverfahren zu verweigern, ist wei- inhaltliche Vorgaben gebunden ist. ter leicht auf 31 Prozent gesunken. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129 – Drucksache 17/8246

Abbildung 46

Ergebnisse der abgeschlossenen Verfahren

Antrags- ablehnungen 49% zulässige Verfahren 46%

Antragsrück- nahmen 15%

Abbildung 47

Erfolgsquote der zulässigen Verfahren

positive Klärung 65%

gescheiterte Verfahren 35% Drucksache 17/8246 – 130 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Nach wie vor hoch ist auch die Anzahl von Anträgen, die 3. Bekämpfung des Rufnummern- die Schlichtungsstelle wegen fehlender Antragsbefugnis missbrauchs und der unerlaubten – keine Verletzung von kundenschützenden Rechten nach Telefonwerbung § 47a TKG – ablehnen musste. 3.1 Überblick Einer der Themenschwerpunkte der Schlichtungsanträge Die Bundesnetzagentur ist im Rahmen des Telekommuni- lag insbesondere beim Anbieterwechsel. In etwa jedem kationsgesetzes (TKG) mit der Bekämpfung des Miss- fünften Schlichtungsantrag wurden diesbezüglich Pro- brauchs von Rufnummern und Rufnummern-Spam be- bleme beklagt, die fast ausschließlich im Bereich Festnetz traut. Seit August 2009 verfolgt sie zudem u. a. nach den lagen. Neben zahlreichen Beschwerden, die vertrags- Vorschriften des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb rechtliche Hintergründe hatten, konnten im Rahmen der (UWG) unerlaubte Telefonwerbung insbesondere mit der Schlichtung insbesondere Probleme bei der Behinderung Verhängung von Bußgeldern. Ziel ist es, die Rechte der der Rufnummernmitnahme (§ 46 Absatz 2 TKG) zu ei- Verbraucher zu stärken, sie vor rechtswidrigen Belästi- nem positiven Ergebnis geführt werden. Darüber hinaus gungen zu schützen und zu vereiteln, dass rechtsuntreu handelnde Unternehmen einen Wettbewerbsvorsprung liegt nach wie vor ein Hauptstreitpunkt bei den für Kun- durch Rechtsbruch erlangen. den nicht nachvollziehbaren Entgeltforderungen in Tele- fonrechnungen (Verbindungsentgelte). In ca. 50 Prozent Die Bundesnetzagentur stützt sich bei der Ergreifung von davon waren die Rechnungslegungen für Datendienste Maßnahmen gegen Rufnummernmissbrauch auf die Er- strittig, die wiederum fast ausschließlich (94 Prozent) mächtigungsgrundlage des § 67 TKG. Danach ist die durch die Nutzung mobiler Datendienste entstanden wa- Bundesnetzagentur befugt, bei gesicherter Kenntnis eines ren. Missbrauchs von Nummern einzuschreiten, um insbeson- dere auch präventiv weiteren Missbrauch zu verhindern. In Fällen, in denen ein Schlichtungsverfahren nicht zuläs- Nach § 67 Absatz 1 S. 1 TKG kann die Bundesnetzagen- sig ist, sich aus der Sachverhaltsdarstellung des Antrag- tur Anordnungen und andere geeignete Maßnahmen tref- stellers jedoch eine mögliche Kulanzregelung abzeichnet fen, um die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und der oder fehlerhaftes Verhalten des Anbieters bei der bisheri- von ihr erteilten Bedingungen über die Zuteilung von gen Reklamationsbearbeitung erkennbar ist, leitet die Nummern sicherzustellen. Dazu ergreift die Bundesnetz- Schlichtungsstelle die Antragsunterlagen mit der Bitte um agentur Maßnahmen, wie z. B. die Anordnung der Ab- schaltung bzw. des Entzugs der missbräuchlich genutzten Prüfung an die betreffenden Telekommunikationsunter- Rufnummer. Ferner kann die Bundesnetzagentur bei einer nehmen weiter. Überwiegend kann auch auf diese Weise rechtswidrigen Nummernutzung gegenüber allen Rech- eine Sachverhaltsaufklärung oder Kulanzregelung er- nungserstellern ein Fakturierungs- und Inkassierungsver- reicht werden. bot aussprechen. Maßnahmenadressaten sind dabei sowohl Teilnehmernetzbetreiber als auch andere Netzbe- treiber wie z. B. Verbindungsnetzbetreiber. Als weitere, 2.2 Internationaler Austausch in Betracht kommende Maßnahmen sind die Untersagung von Geschäftsmodellen und das Verbot der Rufnummern- Im Rahmen der Zuständigkeit des Verbraucherschutzrefe- portierung zu nennen. rates für die Schlichtungsstelle Telekommunikation er- folgte eine Teilnahme an der Konsultation der General- Seit In-Kraft-Treten des Gesetzes „zur Bekämpfung uner- direktion für Gesundheit und Verbraucherschutz der EU- laubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Ver- Kommission (DG SANCO) im März 2011 über die An- braucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen“ am wendung alternativer Streitbeilegungsverfahren in der 4. August 2009 ist die Bundesnetzagentur zudem ermäch- Europäischen Union (Alternative Dispute Resolution). In tigt, mit den Mitteln des Ordnungswidrigkeitenrechts ge- dieser Konsultation und dem sich anschließenden Gipfel gen unerlaubte Werbeanrufe vorzugehen. Die für die wurden Erfahrungen über die vorhandenen alternativen Bundesnetzagentur besonders relevanten Vorschriften be- Streitbeilegungssysteme bzw. -einrichtungen und deren treffen Regelungen im TKG und im UWG. Dort hat der Funktionsweise in der EU gesammelt und auf die beste- Gesetzgeber nochmals klargestellt, dass Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern ohne deren vorherige, ausdrück- henden Lücken hingewiesen. Ziel war es zu ermitteln, liche Einwilligung unzulässig ist. Derartige Telefonwer- wie weit die bereits existierenden Streitbeilegungsverfah- bung stellt eine unzumutbare Belästigung nach § 7 ren den zwei geltenden Empfehlungen der Kommission Absatz 2 Nummer 2 (erste Alternative) UWG dar. Seit In- (98/257/EG und 2001/310/EG) entsprechen bzw. überar- Kraft-Treten des neuen Gesetzes verfolgt die Bundesnetz- beitet werden sollen. In diesem Zusammenhang hat die agentur Verstöße hiergegen als Ordnungswidrigkeit. Bundesnetzagentur Anfang dieses Jahres zwei Wissen- Diese kann mit einer Geldbuße bis zu 50 000 Euro durch schaftler der Oxford University über die Arbeitsweise der die Bundesnetzagentur geahndet werden (§ 20 Absatz 1 Schlichtungsstelle Telekommunikation, das Antragsauf- und 2 UWG n. F.). Die Bundesnetzagentur vertritt die kommen sowie die inhaltlichen Schwerpunkte informiert. Rechtsaufassung, dass dieser Bußgeldrahmen pro einzel- Diese erarbeiten gerade einen Überblick über die bereits nem Telefonanruf zur Anwendung gelangt. Bei Werbean- vorhandenen Schlichtungsstellen in der EU und wollen rufen darf der Anrufende zudem seine Rufnummer nicht eine Empfehlung an die Kommission abgeben. mehr unterdrükken, um seine Identität zu verschleiern Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 131 – Drucksache 17/8246 und die Nachverfolgung unerwünschter Telefonwerbung 3.3 Bekämpfung von Rufnummern-Spam zu erschweren. Dies ist nunmehr gesetzlich verboten (§ 102 Absatz 2 TKG). Verstöße kann die Bundesnetza- Auch wenn man berücksichtigt, dass der aktuelle Be- richtszeitraum gegenüber dem vorherigen Bericht 2008/ gentur mit Bußgeldern bis zu 10 000 Euro belegen. 2009 (Berichtszeitraum 1. Januar 2008 bis 31. Juli 2009) Im Berichtszeitraum (1. August 2009 bis 30. Juni 2011) eine um 4 Monate längere Periode betrachtet, hat im Be- hat die Bundesnetzagentur im Bereich des Rufnummern- reich Rufnummern-Spam das Beschwerdevolumen im missbrauchs, des Rufnummern-Spams und der Bekämp- Vergleich zum vorherigen Berichtszeitraum nochmals fung der unerlaubten Telefonwerbung 312 935 schriftli- deutlich zugenommen. Insgesamt sind im aktuellen Be- che bzw. telefonische Verbraucheranfragen und richtszeitraum bei der Bundesnetzagentur 109 734 Beschwerden bearbeitet. Die Bewältigung dieser hohen schriftliche Beschwerden zu Rufnummern-Spam einge- Anzahl an Verbraucherbeschwerden und der daraus resul- gangen (Tätigkeitsbericht 2008/2009: 71 979 Beschwer- tierenden Ermittlungen sowie Verwaltungs- und Bußgeld- den). Die zügige Aufklärung aller bekannt werdenden verfahren war im Berichtszeitraum mit einem hohen Res- Fälle von Rufnummern-Spam und die effektive Abstel- sourceneinsatz verbunden. lung der Missbrauchshandlungen durch zahlreiche geeig- nete Maßnahmen wie Fakturierungs- und Inkassierungs- verbote hatte im Berichtszeitraum eine hohe Priorität. Die 3.2 Preisangabe/Preisansage individuelle Abschlussbearbeitung eingehender Hinweise und Verbraucherbeschwerden zu bereits mit Maßnahmen Gemäß §§ 66a TKG ist bei Rufnummern für Premium- sanktionierten Geschäftmodellen musste bei dem geschil- Dienste ((0)900er-Rufnummern), Auskunftsdienste derten Mengenaufkommen teils zeitlich zurückgestellt (118xy-Rufnummern), Massenverkehrsdienste ((0)137er- werden. Rufnummern), Service-Dienste ((0)180er-Rufnummern), Neuartige Dienste ((0)12er-Rufnummern) und Kurzwahl- Bei Verbraucherbeschwerden über Rufnummern-Spam dienste eine zusätzlich auch bußgeldbewehrte Preisanga- handelt es sich inhaltlich um Beschwerden aus den Berei- bepflicht vorgesehen. Zudem gelten seit Änderung des chen Fax-, Telefon- und E-Mail-Spam. Unter Telefon- TKG zum 1. März 2010 preisliche Obergrenzen für An- Spam fallen insbesondere Spam mittels SMS, Spam in rufe zu Service-Diensten sowohl aus dem Festnetz Form von sog. Gewinnversprechen und sog. Ping-Anrufe. (0,14 Euro je Minute oder 0,20 Euro je Anruf) als auch Bei Ping-Anrufen klingelt das Telefon des Anrufers nur für Anrufe aus dem Mobilfunknetz (0,42 Euro je Minute). kurz. Bei Betätigung der automatischen Rückruftaste Außerdem ist seither bei Service-Diensten neben den wird aus der Liste der eingegangenen Anrufe der Rückruf Festnetzpreisen zusätzlich der Mobilfunkhöchstpreis an- erzeugt, wobei der Anrufer dann versehentlich z. B. eine zugeben. Bei sprachgestützten Premium-Diensten sowie (0)137er-Rufnummer anwählt. Rufnummern-Spam stellt unter bestimmten Voraussetzungen auch bei anderen aufgrund des Verstoßes gegen das Gesetz zur Bekämp- Dienstearten sind Preisansagepflichten vorgeschrieben. fung des unlauteren Wettbewerbs eine rechtswidrige Nummernnutzung im Sinne des § 67 Absatz 1 TKG dar. Bei festgestellten Verstößen gegen die Preisangabe-/ Preisansagepflicht schreitet die Bundesnetzagentur we- Die insgesamt im Berichtszeitraum bei der Bundesnetz- gen Rufnummernmissbrauchs ein. Im Berichtszeitraum agentur eingegangenen 109 734 Beschwerden zu Ruf- wurde eine Vielzahl entsprechender Beschwerden be- nummern-Spam setzen sich zusammen aus 33,82 Prozent kannt. Nicht zuletzt wegen der Verletzung der seit Beschwerden in Bezug auf Spam über Telefax (in der Re- März 2010 in Kraft getretenen Preisangabepflicht für gel mit mehreren Rufnummern), 63,70 Prozent Be- Mobilfunkhöchstpreise bei Service-Diensten hat die Bun- schwerden in Bezug auf Telefon-Spam und 2,48 Prozent desnetzagentur in zahlreichen Fällen Abmahnungen aus- Beschwerden in Bezug auf E-Mail-Spam mit Rufnum- gesprochen und die Zuteilungsnehmer vertieft über die mernbezug. gesetzlichen Preisangabepflichten aufgeklärt. Eine derar- Hierbei steigt der Anteil der Beschwerden über Fax-Spam tige Abmahnung erfolgt in der Regel in Fällen, in denen an der Gesamtbeschwerdezahl im Vergleich zum letzten ein äußerst geringer oder erkennbar versehentlicher Ver- Berichtszeitraum deutlich (damaliger Anteil 17, 97 Pro- stoß gegen gesetzliche Vorschriften vorlag und das Ver- zent) an. Dabei betrafen die Beschwerden ganz überwie- halten des Nutzers eine zukünftige Rechtstreue ohne Wei- gend nicht wie in der Vergangenheit hochpreisige teres erkennen ließ. Je nach Fallkonstellation musste die Premium-Dienste-Rufnummern, sondern meist geogra- Behörde aber auch die Abschaltung der betreffenden Ruf- phische Rufnummern oder auch ausländische Rufnum- nummern anordnen und Ordnungswidrigkeitsverfahren mern. Hintergrund des Beschwerdeanstiegs war nicht zu- einleiten. Wurde nach Angaben von Verbrauchern und letzt, dass das Oberverwaltungsgericht Münster im durch Testanrufe seitens der Bundesnetzagentur festge- August 2010 in einer Entscheidung die Rechtmäßigkeit stellt, dass eine gesetzeskonforme Preisansage, z. B. vor der Abschaltung von geografischen Rufnummern im Be- der Weitervermittlung durch einen Auskunftsdienst, nicht reich Fax-Spam unter bestimmten Voraussetzungen in erfolgt ist oder eine Preisansage eine Reihe von langatmi- Frage gestellt hat. Daraufhin hat die Bundesnetzagentur gen, überflüssigen und irreführenden Ausführungen ent- die Vorgehensweise im Rahmen der Missbrauchsverfah- hielt, so wurde dies seitens der Behörde als bewusster ren umfassend überprüft. Dies verzögerte vorübergehend Verstoß gegen den gesetzlich intendierten Verbraucher- die Einleitung von Maßnahmen. Seit dem Abschluss der schutz gewertet und dementsprechend sanktioniert. Prüfungen begegnet die Bundesnetzagentur der Belästi- Drucksache 17/8246 – 132 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode gung durch Fax-Spam insbesondere mit zahlreichen Ab- Weitere Informationen zu Maßnahmen der Bundesnetz- schaltungen der beworbenen nationalen Rufnummern so- agentur im Bereich Rufnummernmissbrauch und Ruf- wie mit Geschäftsmodelluntersagungen an die beteiligten nummern-Spam sowie zu unerlaubter Telefonwerbung Versender der Faxe. Die missbräuchlich genutzten aus- können auch unter einer speziell zu diesen Themen ein- ländischen Rufnummern hat die Bundesnetzagentur der gerichteten Rufnummer (siehe Anhang 5: Adressen und International Telecommunication Union (ITU) gemeldet. Rufnummern der Bundesnetzagentur) erfragt werden. Bei Beschwerden zu Telefon-Spam kam es erfreulicher 3.4 Bekämpfung von unerlaubter Weise vor allem gegen Ende des Berichtszeitraums zu ei- Telefonwerbung nem deutlichen Rückgang (Anteil im Tätigkeitsbericht 2008/2009 noch 77,67 Prozent). Mit Blick auf das erheb- Unerlaubte Telefonwerbung und die Missachtung der liche Beschwerdeaufkommen hatte die Bundesnetzagen- Rufnummernanzeigepflicht bei Werbeanrufen stellen seit tur im Berichtszeitraum zuvor die Bekämpfung von dem 4. August 2009 Ordnungswidrigkeiten dar. Die Bun- Telefon-Spam mit Nachdruck verfolgt. Die Bundesnetza- desnetzagentur sah sich von Anfang an mit einem sehr gentur führt den Rückgang des Anteils an Telefon-Spam hohen Beschwerdeaufkommen konfrontiert. Die Be- auch auf den schnellen und konsequenten Erlass zahlrei- hörde hat daraufhin zahlreiche Ermittlungsverfahren er- cher Maßnahmen sowie polizeiliches Einschreiten zu- öffnet und durchgeführt. Um die zahlreichen Verbrau- rück. Tatsächlich ist die absolute Zahl der Beschwerden cherbeschwerden bearbeiten zu können, wurden mit den über Rufnummern-Spam in der zweiten Hälfte des Außenstellen Nürnberg, Würzburg und Kiel schrittweise Jahres 2010 erstmals gesunken, allerdings musste im drei Standorte damit betraut, eingehende Verbraucherbe- Jahr 2011 erneut ein Anstieg des Beschwerdevolumens schwerden zu erfassen, auszuwerten und zu ermitteln. festgestellt werden. Neben Rufnummernabschaltungen Nach umfangreichen Ermittlungen und der Durchführung wurden im Rahmen umfangreicher Maßnahmenbündel von zum Teil komplexen Anhörungsverfahren bei den in zeitnahe Fakturierungs- und Inkassierungsverbote für der Regel anwaltlich vertretenen Betroffenen mündete rechtswidrig genutzte Rufnummern gegenüber dem Ver- diese Arbeit in vielen Fällen in den Erlass von Bußgeld- bindungsnetzbetreiber sowie gegenüber Teilnehmernetz- bescheiden. betreibern und Serviceprovidern ausgesprochen. Verstößt ein Rechnungssteller gegen ein Rechnungslegungs- und Im Einzelnen: Vom 1. August 2009 bis 30. Juni 2011 er- Inkassierungsverbot, ahndet die Bundesnetzagentur dies. reichten die Bundesnetzagentur 114 451 schriftliche Be- So hat die Bundesnetzagentur im Berichtszeitraum Buß- schwerden zu unerlaubter Telefonwerbung, sog. Cold gelder in Höhe von 260 000 Euro (ohne Gebühren) we- Calls. Darunter befanden sich auch Beschwerden zu be- gen Verstoßes gegen erlassene Rechnungslegungs- und lästigenden Anrufen Unbekannter, bei deren Entgegen- Inkassierungsverbote verhängt. Die Rechnungslegungs- nahme sich niemand meldet. Neben Beschwerden über und Inkassierungsverbote der Bundesnetzagentur greifen Werbeanrufe zu Produkten und Dienstleistungen aller Art allerdings nicht unmittelbar, wenn der Verbraucher die in betrafen die Verbraucheranzeigen insbesondere Gewinn- Rechnung gestellten Verbindungsentgelte bereits bezahlt spiele, Lotterien und Wetten, wobei die Anrufe auch zum hat. In diesen Fällen sollten Verbraucher dennoch versu- Teil mit Rufnummernunterdrückung erfolgten. Als uner- chen, das Geld bei ihren Netzbetreiber zurückzufordern. laubte Telefonwerbung gelten nach § 7 Absatz 2 Nummer 2 UWG nur Anrufe natürlicher Personen und Durch die Rechnungslegungs- und Inkassoverbote soll nicht die automatisierte Werbung mittels Bandansagen, die missbräuchliche Nummernnutzung wirtschaftlich un- die den Rückruf einer hochpreisigen Rufnummer provo- attraktiv werden und damit letztlich Rufnummern-Spam zieren. Bei letzteren Fällen handelt es sich um eine eingedämmt werden. Soweit der Bundesnetzagentur der rechtswidrige Rufnummernnutzung unter Verstoß gegen eigentliche Verantwortliche einer rechtswidrigen Ruf- § 7 Absatz 2 Nummer 3 UWG, deren Beschwerdeein- nummernnutzung bekannt ist, werden auch gegen diesen gänge im Bereich Rufnummern-Spam (siehe zuvor entsprechende Maßnahmen, wie z. B. Geschäftsmodell- Punkt 3.3) erfasst werden. untersagungen, eingeleitet. Ein besonders starker Anstieg der eingangs dargestellten Die Bundesnetzagentur ist zudem im Berichtszeitraum Beschwerden im Bereich der unerlaubten Telefonwer- weiter gegen die rechtswidrige Nutzung von Mobilfunk- bung wurde in den Monaten Februar und März des Kurzwahlnummern, sog. Premium-SMS-Nummern, vor- Jahres 2010 verzeichnet. Im Februar 2010 sind hierzu gegangen, die in unverlangt zugesandten SMS (Spam- über 8 000 und im März 2010 sogar über 10 000 Be- SMS) rechtswidrig beworben wurden – oftmals auch in schwerden eingegangen. Kombination mit fehlerhaften oder gänzlich fehlenden Preisangaben. Auf der Internetseite der Bundesnetzagen- Bis Ende Juni 2011 hat die Bundesnetzagentur in 24 be- tur ist eine Liste der ergriffenen Maßnahmen gegen Ruf- hördenseitig abgeschlossenen Ordnungswidrigkeitenver- nummernmissbrauch veröffentlicht. Dort sind die erlasse- fahren Geldbußen in einer Gesamthöhe von nen Fakturierungs- und Inkassierungsverbote sowie die 4 344 500 Euro (ohne Gebühren und Auslagen) verhängt. abgeschalteten Rufnummern ersichtlich. Die Liste kann Die Bußgelder betrafen neben den beteiligten Call-Cen- auf www.bundesnetzagentur.de unter „Rufnummernmiss- tern zum Teil namhafte auftraggebende Unternehmen aus brauch“, „Liste eingeleiteter Maßnahmen“ eingesehen den Bereichen Medien, Telekommunikation, Lebensmit- werden. tel, Versicherungen und Finanzen. Im weit überwiegen- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133 – Drucksache 17/8246 den Teil dieser Verfahren ist Einspruch eingelegt worden. mern. Ebenfalls wurden einige Verstöße wegen fehlender Wird einem Einspruch nicht abgeholfen, wird das Buß- bzw. unzureichender Preisangabe bei 118er- und 0180er- geldverfahren über die Staatsanwaltschaft an das zustän- Rufnummern sowie Preisansageverstöße bei 118er-Ruf- dige Amtsgericht abgegeben, was aufgrund der nachfol- nummern geahndet. Daneben wurden Tatsachen, die den genden Hauptverhandlung eine Verlängerung der Verdacht einer Straftat begründen, gemäß § 67 Absatz 4 Verfahrensdauer mit sich bringt. Bislang sind 14 Verfah- TKG der zuständigen Staatsanwaltschaft mitgeteilt, die ren rechtskräftig abgeschlossen worden. ab diesem Zeitpunkt Herrin des Verfahrens ist. Seit September 2010 ist erfreulicher Weise ein Rückgang des Beschwerdeaufkommens zu beobachten, was vor al- 3.7 Internationale Zusammenarbeit lem als Folge dieser verhängten hohen Bußgelder, der da- Die Bundesnetzagentur arbeitet in internationalen Gre- mit einhergehenden Marktsensibilisierung und letztlich mien wie dem ECC (Electronic Communications Com- insofern auch als Erfolg der Bundesnetzagentur gewertet mittee), dem CNSA (Contact Network of Spam Authori- werden kann. ties) und dem International Audiotex Regulators Network Von Januar 2011 bis Ende Juni 2011 wurden zudem (IARN) mit anderen Regulierungsbehörden eng zusam- 56 umfassende Ermittlungen, denen ca. 6 000 Anzeigen men. Im Rahmen dieser Gremienarbeit erfolgt ein Aus- von Verbrauchern zugrunde lagen, wegen Betrugsver- tausch über Missbrauchsmethoden und international dachts aufgrund so genannter „Phishing-Anrufe“ gemäß rechtswidrig handelnde Unternehmen wie auch über er- § 41 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten folgreiche Strategien der Missbrauchsbekämpfung. Dane- (OWiG) an die zuständigen Staatsanwaltschaften über- ben findet im Rahmen einzelner Verwaltungsverfahren sandt. Bei Phishing-Anrufen wird versucht, unter Vor- regelmäßig eine Zusammenarbeit mit europäischen und spiegelung falscher Tatsachen die Kontodaten der Ange- internationalen Behörden statt. Insbesondere im Bereich rufenen in Erfahrung zu bringen. Dies geschieht häufig, Fax-Spam wurde die Zusammenarbeit mit verschiedenen indem den Angerufenen in den Gesprächen unterstellt europäischen Regulierungsbehörden wegen des Problems wird, sie hätten an Gewinnspielabonnements teilgenom- der gestiegenen rechtswidrigen Nutzung von Auslands- men und es müssten, um den Vertrag kündigen zu kön- rufnummern in den letzten Monaten des Berichtszeit- nen, ihre Kontodaten abgeglichen werden. raums verstärkt.

3.5 Beobachtung von Missbrauchstendenzen 4. Aktivitäten des Prüf- und Messdienstes Zu den in jedem Berichtszeitraum anfallenden Tätigkei- Ein wichtiger Beitrag zum Verbraucherschutz leistet der ten im Bereich der Bekämpfung des Rufnummernmiss- Prüf- und Messdienst (PMD). Die Sicherstellung einer ef- brauchs zählt auch die Beobachtung des Marktes hin- fizienten und störungsfreien Nutzung des Frequenzspekt- sichtlich möglicher neuer Missbrauchsszenarien. Bereits rums sowie der elektromagnetischen Umweltverträglich- seit einigen Jahren ist dabei eine Verschiebung von Diens- keit (EMVU) ist eine bundesweite Schwerpunktaufgabe teangeboten aus dem Rufnummernteilbereich (0)900 in des Prüf- und Messdienstes der Bundesnetzagentur. Zur andere Rufnummernteilbereiche zu beobachten. Derar- Wahrnehmung dieser Aufgabe verfügt der PMD nicht nur tige Erkenntnisse ermöglichen die Ausrichtung der Vor- über modernste stationäre und mobile Messtechnik, son- gehensweise im Bereich der Verfolgung von Rufnum- dern ist auch an vielen Stellen in der Bundesrepublik in mernmissbrauch – etwa mittels Anwendung des den Dienstleistungszentren der Agentur präsent. Unter Umgehungsverbots gemäß § 66l TKG. Nach § 66l TKG den vielfältigen und umfangreichen Prüf- und Messakti- finden die Vorschriften der §§ 66a bis 66k TKG auch An- vitäten sind die Beseitigung funktechnischer Störungen, wendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen um- die Prüfung von Frequenznutzungen, die Marktüberwa- gangen werden. Erkannte und analysierte Missbrauchs- chung, Messungen zur EMVU und die Ermittlung von tendenzen werden zudem bei der Einschätzung von Frequenznutzungen ohne Zuteilung hervorzuheben. Ein Anpassungsbedarf gesetzlicher und behördlicher Rege- Teil dieser Aufgaben ist heutzutage nur noch im Rahmen lungen berücksichtigt. internationaler Zusammenarbeit sinnvoll zu bewältigen.

3.6 Ordnungswidrigkeitsverfahren und 4.1 Störungsbearbeitung Abgaben nach § 67 Absatz 4 TKG Die Aufklärung von elektromagnetischen und funktechni- In den Bereichen Dialer, Rufnummern-Spam sowie schen Störungen (Störungsbearbeitung) ist und bleibt Preisangabe- und Preisansagepflichten wurden im Be- nach wie vor eine Schwerpunktaufgabe des Prüf- und richtszeitraum 26 neue Bußgeldverfahren eingeleitet, von Messdienstes. Dies umfasst insbesondere auch sicher- denen ein Teil noch anhängig ist. Es wurden 10 Bußgeld- heitsrelevante Funkdienste und -anwendungen der Luft- bescheide aufgrund Rufnummernmissbrauchs erlassen, fahrt, der Behörden und Organisationen mit Sicherheits- die rechtskräftig geworden sind. Die Bußgelder dieser aufgaben (BOS) oder anderer öffentlicher Bedarfsträger. Bußgeldbescheide betragen insgesamt 539 350 Euro (ohne Gebühren). Schwerpunkt der geahndeten Verstöße Zur Ermittlung inländischer als auch ausländischer Stör- waren fehlende bzw. unzureichende Preisangaben beim quellen kommen abhängig vom jeweiligen Störungsfall Angebot von bzw. bei der Werbung für (0)900er-Rufnum- neben stationären Mess- und Peilstationen auch universell Drucksache 17/8246 – 134 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode ausgestattete Funkmessfahrzeuge sowie verschiedene Bundesnetzagentur ein akkreditiertes Messlabor in Kol- Spezialfahrzeuge zum Einsatz. berg nahe Berlin. Darüber hinaus werden orientierende Messungen an einigen weiteren Standorten im Außenstel- Aus der Masse der bearbeiteten Funkstörungen überwie- lenbereich durchgeführt. Die weiterhin hohe Auffällig- gen, wie in den Berichtszeiträumen zuvor, Störungen keitsquote der untersuchten Produkte unterstreicht die beim Rundfunkempfang und bei anderen Sende- und Wichtigkeit der Aufgabe auch zum Nutzen des Verbrau- Empfangsfunkstellen, wie z. B. im nichtöffentlichen mo- chers. bilen Landfunkdienst oder bei allgemein zugeteilten An- wendungen. Aber auch Störungen bei öffentlichen Tele- kommunikationsnetzen werden durch den Prüf- und 4.3 Elektromagnetische Umwelt- Messdienst bearbeitet, soweit diese nicht betrieblicher verträglichkeit (EMVU) Art sind. Mit höchster Priorität werden Störungen im Be- Im Aufgabenbereich EMVU wurden die jährlichen reich sicherheitsrelevanter Funkdienste bearbeitet; allein EMVU-Messkampagnen und die Überprüfungen von be- im Flugfunk ca. 400 Störungen jährlich. Nur ein verhält- scheinigten, ortsfesten Funkanlagen auf der Grundlage nismäßig geringer Anteil betraf „elektromagnetische der Verordnung zum Nachweisverfahren zur Begrenzung Unverträglichkeiten an sonstigen elektrischen/elektro- elektromagnetischer Felder (BEMFV) fortgesetzt. Sie nischen Anlagen/Geräten“ z. B. durch defekte Heizungs- sind ein nicht unwesentlicher Aufgabenbestandteil des steuerungen. Prüf- und Messdienstes. Dem Prüf-/Messdienst steht modernste Messtechnik zur Zur Feststellung von Grenzwertüberschreitungen wurde Verfügung, die die Vielfalt der unterschiedlichen Fre- erneut an ca. 2 000 Messpunkten im Bundesgebiet das quenznutzungen und Übertragungsverfahren abdecken hochfrequente Frequenzspektrum untersucht und bewer- muss. Mit sogenannten Echtzeitanalysatoren stehen ef- tet. Im Ergebnis konnte festgestellt werden, dass die fektive Mess- und Analysemöglichkeiten zur Verfügung, Grenzwerte eingehalten werden. Die Festlegung der Mess- die kurzzeitige Signale und digitale Übertragungsverfah- punkte erfolgte, wie bei den vorangegangenen Messkam- ren erfassen können. Damit ist der Prüf- und Messdienst pagnen auch, mit Beteiligung der Bundesländer. in die Lage versetzt, komplexe Unverträglichkeiten im Funkspektrum mit geringerem Aufwand zum Nutzen der Auf den Internetseiten der Bundesnetzagentur sind die Beteiligten schnell aufzuklären. Messergebnisse veröffentlicht (EMF-Datenbank). Eine Besonderheit stellt die Störungsbearbeitung im Rah- men von Großveranstaltungen dar. Entsprechend dem öf- 5. Marktüberwachung nach EMVG und fentlichen Interesse ist der Prüf- und Messdienst vor Ort FTEG präsent und kann so im Störungsfall sofort, d. h. noch vor Die Bundesnetzagentur führt im gesetzlichen Auftrag oder während der Veranstaltung, die Ermittlung der Stö- Prüfungen von elektrischen Geräten am Markt durch. rungsursache aufnehmen. Durch die zeitnahe Bearbeitung Grundlage für diese Geräteprüfungen sind die EMV- wird eine hohe Aufklärungsquote der Störungsfälle er- Richtlinie 2004/108/EG sowie die Richtlinie über Funk- zielt, was letztlich mit dazu beiträgt, dass wichtige Ereig- anlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen 1999/ nisse, die z. B. millionenfach von Rundfunk- und Fern- 5/EG und ihre Umsetzung in nationales Recht durch das sehteilnehmern in der ganzen Welt mit viel Interesse Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von verfolgt werden, störungsfrei in Bild und Ton übertragen Betriebsmitteln (EMVG) und dem Gesetz über Funkanla- werden können. Nicht minder von Bedeutung ist aber gen und Telekommunikationsendeinrichtungen (FTEG). auch, dass die betreffenden Organisations- und Sicher- heitsorgane ohne Funkstörungen kommunizieren können. Beide Gesetze definieren u. a. die wesentlichen Anforde- Eine eigens zur Meldung von Funkstörungen seit Jahren rungen an die EMV von Produkten, die für den freien eingerichtete bundeseinheitliche Servicerufnummer Warenverkehr vorgesehen sind. Das FTEG beschreibt (siehe auch Anhang 5: Adressen und Rufnummern der darüber hinaus noch die wesentlichen Anforderungen an Bundesnetzagentur) wurde auch im Berichtszeitraum die Sicherheit von Funkanlagen und Telekommunika- wieder mit mehreren 100 000 Anrufen in hohem Maße in tionsendeinrichtungen und für Funkanlagen speziell die Anspruch genommen. Anforderungen an die effiziente Nutzung des Funkfre- quenzspektrums. 4.2 Marktüberwachung Die Einhaltung der für ein bestimmtes Gerät jeweils zu- treffenden wesentlichen Anforderungen ist zwingende Einen wesentlichen, im europäischen Rahmen abge- Voraussetzung für dessen Inverkehrbringen und Inbe- stimmten, Beitrag zur Sicherstellung einer effizienten und triebnahme. störungsfreien Frequenznutzung leisten die vom Prüf- und Messdienst im Rahmen der Marktüberwachung Während die einschlägigen Konformitätsprüfungen im durchgeführten messtechnischen Prüfungen. Elektrische Vorfeld der Vermarktung den Geräteherstellern und In- Geräte wie z. B. Fernseher, Küchengeräte oder Werk- verkehrbringern vorbehalten bleiben, beauftragen das zeuge werden vom Markt entnommen und in speziell aus- EMVG und FTEG die Bundesnetzagentur mit der Durch- gerüsteten Messlaboren auf Einhaltung der einschlägigen führung von Kontrollmaßnahmen am Markt, die im Zuge Normen und Standards überprüft. Hierzu betreibt die der Marktüberwachung ausgeführt werden. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 135 – Drucksache 17/8246

Abbildung 48

Anzahl der Messpunkte pro Bundesland in 2010

EMF-Messreihe 2010 Anzahl der Messungen pro Bundesland

250

200

150

100

50

0

n n z n d n lt n rg rli rg er en en rg rn en len al ei n e a e bu e be y m ss bu hs fa Pf lst rla hs nh ng en B m Ba re e m mme c st d- o a c -A ri d tte B H a o rsa e n -H Sa Sa n hü an ür H rp e -W nla ig se T Br W Vo ed in ei w ch - - Ni he h les a en rg dr R h S ad bu or Sc B len N ck Me

Im August 2008 wurde vom Europäischen Parlament und turiert. Es wird jetzt unterschieden zwischen aktiver vom Rat die Verordnung 765/2008/EG über die Vor- Marktüberwachung, die: schriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten – nach statistischen Verfahren und erlassen. Gleichzeitig wurde der Beschluss Nr. 768/2008/ EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Ver- – aufgrund europäischer Marktüberwachungskampa- marktung von Produkten gefasst. Beide Papiere sind von gnen Bedeutung für europäischen Wirtschaftsraum (EWR). durchgeführt wird und reaktiver Marktüberwachung aus- Die neuen Bedingungen zielen auf ein gleiches Schutz- gelöst durch niveau der Bürger in allen Mitgliedstaaten und erfordern: – Mitteilungen anderer Marktüberwachungsbehörden – eine engere Zusammenarbeit der Marktüberwachung (national und international), auf nationaler und internationaler Ebene und – die Schaffung einer gemeinschaftsweiten IT-Lösung – Mitteilungen der Zollbehörden oder für den Informationsaustausch. – Mitteilungen Dritter (Hinweise von Mitbewerbern, Die Marktüberwachung muss dabei verschiedenen Ent- Benannter Stellen und Verbände). wicklungen Rechnung tragen, insbesondere: In diesem Zusammenhang entnimmt die Bundesnetz- – kommen in immer kürzeren Zeiträumen immer mehr agentur stichprobenartig Geräte vom Markt und prüft neue und innovative Produkte auf den europäischen diese auf Einhaltung der zutreffenden grundlegenden An- Markt, forderungen. Die Bewertung der Prüfergebnisse erfolgt nach einem eingeführten abgestuften Verfahren. Neben – der Anteil der Waren aus Drittstaaten wächst und der Bewertung der EMV erstrecken sich die Marktüber- – der Handel über das Internet nimmt rasant zu (und wachungsmaßnahmen bei FETG-relevanten Produkten stellt damit neue Anforderungen an die Marktüberwa- auch auf Prüfungen des Schutzes der Gesundheit und Si- chung). cherheit des Benutzers und anderer Personen (§ 3 Absatz 1, Nummer 1 FTEG) und, im Fall von Funkanla- In 2010 wurde in der Bundesnetzagentur die Marktüber- gen, der Prüfung der effizienten Funkspektrumsnutzung wachung diesen Anforderungen angepasst und neu struk- (§ 3 Absatz 2 FTEG). Drucksache 17/8246 – 136 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Da elektrische/elektronische Produkte und Funkanlagen, lich für Tätigkeiten im Zusammenhang mit der die unter das EMVG und FTEG fallen, immer häufiger in öffentlichen Sicherheit, der Verteidigung, der Sicherheit elektronischen Medien (diverse Internetauktionsplattfor- des Staates oder für Tätigkeiten des Staates im strafrecht- men, Online-Shops etc.) zum Verkauf angeboten werden, lichen Bereich benutzt werden (z. B. Strafvollzugsanstal- führt die Bundesnetzagentur auch eine Marktüberwa- ten). Sowohl das Inverkehrbringen als auch der Betrieb chung bei Internetanbietern durch. Ziel ist es, im Internet von Störsendern ist in Europa nicht erlaubt. angebotene Produkte zu überprüfen und bei Verstößen ge- gen die geltenden Gesetze die notwendigen Folgemaß- 6. Green-IT nahmen einzuleiten. Da Internetanbieter weltweit ansäs- sig sein können, wird zudem eine enge Zusammenarbeit Im Bereich der Telekommunikation werden erhebliche mit den Zollbehörden sowie anderen internationalen Anstrengungen zum schonenden Einsatz von Umweltres- Marktüberwachungsbehörden durchgeführt. Gleichzeitig sourcen unternommen. Die Arbeiten werden unter dem wurde die Zusammenarbeit mit namhaften deutschen In- Begriff Climate Change & ICT oder kurz Green-IT zu- ternetplattformen gesucht und ausgebaut. sammengefasst. Dabei steht nicht nur der eigentliche Be- trieb, sondern der gesamte Lebenszyklus von IT-Anwen- Aus der Summe aller Marktüberwachungsaktivitäten der dungen im Vordergrund. Bundesnetzagentur (5 600) sind in der nachfolgenden Aufstellung alle wichtigen Ergebnisse des Berichtszeit- Hierbei wird die Umweltbilanz von der Herstellung bis raumes (1. Juli 2009 bis 31. Dezember 2010) zusammen- zur Entsorgung (Recycling) bewertet. Neben den zur Her- gefasst: stellung verwendeten Rohstoffen sind vor allem die wäh- rend dieses Kreislaufs benötigte Energie und verursach- Markteinschränkende Maßnahmen gesamt 826 ten Emissionen (z. B. CO2) von Bedeutung. Zur Minimierung der CO2-Emissionen einerseits und zur Ma- Vertriebsverbote EMVG 140 ximierung der Energieeffizienz andererseits werden bei der Standardisierung von Telekommunikationsstrukturen FTEG 212 erhebliche Anstrengungen unternommen. Festsetzungsschreiben EMVG 299 Objektive Aussagen zur Umweltrelevanz erfordern ein- FTEG 175 heitliche und nachvollziehbare Bewertungsverfahren, die allen Beteiligten zur Verfügung stehen müssen. Um die- ses Ziel zu erreichen, wurden sowohl auf der europäi- schen (ETSI) als auch auf der weltweiten Ebene (ITU- T SG 5) bereits zahlreiche Standardisierungsprojekte an- Prüfungen nach Anzahl der 72 gestoßen. FTEG § 3 Absatz 1 Prüfungen Nummer 1 Auch im Bereich von Green-IT nimmt die Bundesnetz- Anzahl der 31 agentur ihre Verantwortung als Aufsichtsbehörde im Mängel Sinne von Verbraucher und Industrie war. Aus Sicht der Bundesnetzagentur ist darauf zu achten, dass im Bereich Auswertungen gefiltert nach dem Produktionsort von der Telekommunikation keine intransparenten Bewer- nichtkonformen Produkten haben ergeben, dass die Auf- tungsverfahren entwickelt werden, die eine objektive fälligkeitsrate für in Asien hergestellte Produkte mehr als Umweltbilanzierung erschweren. Im Rahmen ihrer Mitar- doppelt so hoch war, als für in Europa hergestellte Pro- beit in Standardisierungsgremien wirkt die Bundesnetz- dukte. agentur darauf hin, dass der Verbraucher geschützt und der Telekommunikationsmarkt weltweit mit gleichem Schwerpunkte der Mängel bei Produkten nach der Maßstab bewertet wird. R&TTE-Richtlinie waren in den Jahren 2009 und 2010 in China hergestellte „No Name“ GSM-Mobiltelefone Abschnitt H (Handys), ferngesteuerte Spielzeuge und FM-Transmitter, Fernmeldegeheimnis und Datenschutz die nicht korrekt oder nicht ausreichend gekennzeichnet (z. B. fehlendes CE-Zeichen) waren bzw. deren techni- Das Fernmeldegeheimnis und die in diesem Bereich ein- schen Parameter (z. B. falscher Frequenzbereich oder fal- schlägigen übrigen Datenschutzregelungen stellen wich- sche Leistungsangaben) nicht eingehalten wurden. Wei- tige Aspekte des Kundenschutzes dar. Die Einhaltung terhin wurden Funksteckdosen geprüft, bei denen dieser Normen sicherzustellen, ist Aufgabe der Bundes- schwerwiegende Mängel in Bezug auf die Geräte- und netzagentur. Die strengen Vorschriften des Telekommuni- Produktsicherheit festzustellen waren, so dass die Einlei- kationsgesetzes richten sich an die geschäftsmäßigen tung von RAPEX-Verfahren (EU-Schnellwarnsystem für Diensteanbieter und konkretisieren das Recht der Kunden gefährliche Produkte) erforderlich war. auf Geheimhaltung der Kommunikation selbst, aber auch des Rahmens, in dem die Kommunikation stattfindet. Im Bereich der Internet-Marktüberwachung wurden in der Vergangenheit vermehrt Online-Angebote von Stör- Die Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen sendern festgestellt, gegen die von der Bundesnetzagen- hat der Staat trotz einer weitgehenden Liberalisierung der tur vorgegangen wird. Solche Geräte dürfen ausschließ- Märkte nicht aus einer Gewährleistungspflicht für das Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 137 – Drucksache 17/8246 grundrechtlich gesicherte Fernmeldegeheimnis entlas- Die derzeitige Speicherpraxis bei Verkehrsdaten der Un- sen. Vor diesem Hintergrund informiert die Bundesnetz- ternehmen, die in weiten Teilen auf Entgeltabrechnungs- agentur die Diensteanbieter und die Bürger über daten- zwecke sowie auf die Verhinderung von Störungen der schutzrechtliche Regelungen und stellt die Einhaltung der Telekommunikationsanlagen begrenzt ist, ist immer wie- Normen zum Nutzen der Kunden sicher. der Anlass für Anfragen, die beurteilt und bearbeitet wer- den. Aus § 111 Absatz 1 Telekommunikationsgesetz (TKG) ergibt sich für den pflichtigen Diensteanbieter bzw. sei- Im Zusammenhang mit der o. g. Entscheidung des nen Vertriebspartner (§ 111 Absatz 2 TKG) u. a. eine BVerfG zur Unzulässigkeit der Speicherung von Vorrats- Pflicht zur Erhebung von Kundendaten. So sind z. B. die daten wurden die Telekommunikationsunternehmen kon- Rufnummern, der Name und die Anschrift des Anschluss- taktiert und aufgefordert, kurzfristig die Löschung der ge- inhabers vor der Freischaltung zu erheben und unverzüg- speicherten Vorratsdaten i. S. d. Entscheidung des lich zu speichern. Dabei muss es sich um „wahre“ Daten BVerfG durchzuführen. Laufende Verfahren wegen der handeln, um den Auskunftsersuchen der Sicherheitsbe- Weigerung zur Speicherung von Vorratsdaten wurden hörden Genüge tun zu können. eingestellt und förmlich abgeschlossen, da der Rechts- grund weggefallen war. Insbesondere beim Vertrieb von Prepaid-Produkten im Immer wieder erreichen die Bundesnetzagentur Fragen Mobilfunkbereich ist gegen diese Pflicht zahlreich versto- zur Verantwortlichkeit bei dem Angebot der Internetnut- ßen worden. Teilweise wurden keine, fehlerhafte oder un- zung über WLAN z. B. in Hotels oder Cafes. Hier besteht vollständige Daten erhoben; eine Verifizierung wurde in den meisten Fällen die Sorge, als Anbieter für eine nicht oder nur unzureichend durchgeführt. Es fielen ins- missbräuchliche Nutzung der Gäste bzw. Mitbenutzer zur besondere Anbieter auf, deren Datenerhebung ohne nä- Verantwortung gezogen werden zu können. Daraus resul- here Prüfung über das Internet erfolgte. tieren Anfragen zur Berechtigung der Speicherung von Die Bundesnetzagentur hatte bereits im Amtsblatt Nr. 3/ Bestands- und/oder Verkehrsdaten sowie zur Sicherung 2008 der Bundesnetzagentur vom 20. Februar 2008 des WLAN-Anschlusses. Diese Anfragen sind oft ver- (Mitteilung Nr. 152/2008; Seite 238) auf die Einhaltung knüpft mit der Frage nach einer Verpflichtung zur Spei- der Pflichten aus § 111 TKG hingewiesen und eine ver- cherung von Bestands- und/oder Verkehrsdaten. stärkte Kontrolle angekündigt. Seit Ende 2010 werden Ein weiteres Thema ist die sog. Handy-Ortung. Hierzu nun verstärkt diese Verstöße bei den einzelnen Mobil- trat am 4. August 2009 eine Gesetzesänderung in funkanbietern verfolgt und geahndet. Dazu wurden be- § 98 TKG, der die Verwendung von Standortdaten be- reits mehrere 10 000 Datensätze zu Mobilfunkanschlüs- trifft, in Kraft, mit der für Ortungsdienste erweiterte An- sen auf Validität der Inhaber geprüft. forderungen zur Eingrenzung des Missbrauchsrisikos gel- ten. Im Zusammenhang mit dem Thema Handy-Ortung Im Zusammenhang mit diesen Missständen wurden bei wurden Anfragen zu den grundsätzlichen gesetzlichen Diensteanbietern vor Ort Hausdurchsuchungen zur Voraussetzungen wie auch zur Auslegung und Anwen- Pflichtensicherstellung angeordnet. Die in diesem Rah- dung der gesetzlichen Neuregelung beantwortet. Um die men erlangten Datenbestände wurden seitens der Fache- Öffentlichkeit über die Neuregelungen für Ortungsdienste bene bei der Bundesnetzagentur geprüft und die Verlet- sowie deren Auslegung und Anwendung zu unterrichten, zung der Pflichten gemäß § 111 TKG in großem Umfang wurde ein entsprechendes Konzept auf der Homepage der nachgewiesen. Es ergingen Anordnungen zur Nacherhe- Bundesnetzagentur veröffentlicht. bung. Insgesamt wurden und werden in vielen Fällen auch Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen dieser Ver- Neben rein rechtsaufsichtlichen Maßnahmen kam im Be- stöße gemäß § 149 Absatz 1 Nummer 29 und 30 TKG reich der Sicherheit der Telekommunikation gemäß geführt. § 109 TKG die Kontrolle der Unternehmen in technischer Hinsicht hinzu. In diesem Rahmen prüfte die Bundesnetz- Eine weitere wichtige Entscheidung wurde bzgl. der sog. agentur im Berichtszeitraum 210 Sicherheitskonzepte Vorratsdatenspeicherung getroffen. Das Bundesverfas- und führte 55 Kontrollen vor Ort durch. sungsgericht (BVerfG) erklärte mit Urteil vom 2. März 2010 (1 BvR 256/08) die durch das „Gesetz zur Die Bundesnetzagentur unterhält weiterhin enge Kon- Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und takte zum Bundesbeauftragten für den Datenschutz und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen“ im Dezem- die Informationsfreiheit. Aktuelle Themen waren hier da- ber 2007 neu eingeführten §§ 113a und 113b des TKG tenschutzrechtliche Belange bei verschiedenen Ge- wegen Verstoßes gegen Artikel 10 Absatz 1 Grundgesetz schäftsmodellen von Telekommunikationsdiensteanbie- (GG) für nichtig. Diese Regelungen sahen eine unter- tern, z. B. auch bei den o. g. Ortungsdiensten. schiedslose, umfassende und anlasslose Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten sowohl bei Telefona- Abschnitt I ten als auch im Internet vor. Seit dieser Entscheidung Qualifizierte Elektronische Signatur wird darüber diskutiert, wie man einerseits die Vorgaben 1. Qualifizierte Elektronische Signatur des Bundesverfassungsgerichts sowie andererseits die eu- ropäischen Vorgaben in der Richtlinie 2006/24/EG in ei- Im modernen Rechtsgeschäftsverkehr treten elektroni- nem neuen Gesetz umsetzen kann. sche Dokumente in zunehmendem Maße an die Stelle von Drucksache 17/8246 – 138 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Schriftdokumenten. So hat beispielsweise die elektroni- elektronischen Abfallnachweisverfahrens (eANV), die sche Post (z. B. die E-Mail) den herkömmlichen Brief in Ausgabe von elektronischen Heilberufs-, Notar- und Papierform schon in weiten Teilen verdrängt. Allerdings Rechtsanwaltsausweisen, des signaturvorbereiteten neuen können elektronische Daten durch technische oder Personalausweises sowie die Einführung elektronischer menschliche Fehler oder auch durch gezielte Manipula- Dienstausweise. tion beliebig und ohne Spuren verändert werden, vor al- lem, wenn sie über öffentliche Telekommunikationsnetze Ferner führen die Regelungen der Finanzverwaltung zur übertragen werden. Unter Umständen ist der wahre Urhe- Anerkennung elektronischer Rechnungen zum Vorsteuer- ber eines digitalen Dokumentes nicht mehr festzustellen. abzug bzw. zum Datenzugriff und zur Prüfung digitaler Unterlagen sowie die Umsetzung der Europäischen Um hier ausreichende Rechtssicherheit zu gewährleisten, Dienstleistungsrichtlinie auch grenzübergreifend zur wei- bedarf es einer Infrastruktur, die es ermöglicht, dass Ma- teren Verbreitung der qualifizierten elektronischen Signa- nipulationen zweifelsfrei erkannt werden können. Das be- tur im Markt. inhaltet, dass die Kommunikationspartner eindeutig iden- tifiziert und nachträgliche Veränderungen an einem Mitunter durch diese innereuropäisch wachsende Zahl Dokument festgestellt werden können. Dies alles leistet grenzüberschreitender Signaturverwendung bedingt, sind die qualifizierte elektronische Signatur im Sinne des Sig- zunehmende Aktivitäten der EU zu verzeichnen, eine eu- naturgesetzes („Gesetz über Rahmenbedingungen für ropaweite Prüfbarkeit der Qualität elektronischer Signa- elektronische Signaturen und zur Veränderung weiterer turen zu gewährleisten. Zu diesem Zweck ist eine Inter- Vorschriften“85, kurz: SigG). Infolge umfangreicher Än- netplattform geschaffen worden, die als sog. „Trusted derungen in vielen Rechtsgebieten kann darüber hinaus List“ die Möglichkeit der Information über alle in den die „herkömmliche“ Unterschrift durch die qualifizierte Mitgliedstaaten der EU ansässigen Zertifizierungsdiens- elektronische Signatur ersetzt werden, das heißt, mittler- teanbieter bietet, die elektronische Zertifikate gemäß der weile können so gut wie alle Rechtsgeschäfte des tägli- europäischen Signaturrichtlinie ausgeben. An der Erstel- chen Lebens, die der Schriftform bedürfen, auch elektro- lung und Gestaltung dieser Plattform ist die Bundesnetz- nisch, z. B. über das Internet, abgewickelt werden. agentur maßgeblich beteiligt, auch ist sie selbst Heraus- geber einer solchen Liste. Die Bundesnetzagentur ist die zuständige Behörde nach § 3 SigG. Zu den Aufgaben der Bundesnetzagentur gehö- Um für die wachsende Anzahl an Geschäftsfeldern, die ren insbesondere: qualifizierte elektronische Signaturen nutzen, eine Kosten- ersparnis und Beschleunigung des Antragsprozesses für – die Akkreditierung von Zertifizierungsdiensteanbie- ein qualifiziertes Zertifikat zu erreichen, wurden die tern, Möglichkeiten der Identifizierung bei der Antragstellung erweitert. Durch eine Änderung der Signaturverordnung – der Betrieb des staatlichen Trustcenters als oberste unter Mitwirkung der Bundesnetzagentur wurde der Weg Zertifizierungsinstanz (Wurzelinstanz), für medienbruchfreie Nachladeprozesse und Ad-hoc-Zer- – das Ausstellen von qualifizierten Zertifikaten für ak- tifikate geebnet. kreditierte Zertifizierungsdiensteanbieter, Angestiegen ist gleichermaßen die Nutzung qualifizierter – die Anerkennung von Prüf- und Bestätigungsstellen, Zeitstempel, also von Bescheinigungen über das Vorlie- gen bestimmter Daten bei einem Zertifizierungsdiens- – die Aufsicht über die Einhaltung des SigG und der Si- teanbieter zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die bedarfs- gnaturverordnung (SigV) und weise Verknüpfung qualifizierter elektronischer – die Festlegung geeigneter Algorithmen für qualifi- Signaturen mit qualifizierten Zeitstempeln erhöht den zierte elektronische Signaturen. Grad der Beweiswirkung signierter Dokumente um den Zeitaspekt. Dem diesbezüglich zunehmenden Bedarf des Marktes an Vorgaben und Rechtssicherheit trägt die Bun- 2. Marktaspekte desnetzagentur als Aufsichtsbehörde besonders Rech- Gestützt durch die anhaltenden Aktivitäten der Bundesre- nung. gierung im Bereich des e-Government – insbesondere durch die Projekte der ecard-Strategie – gewinnt die qua- 3. Akkreditierung von Zertifizierungs- lifizierte elektronische Signatur im staatlichen, privaten diensteanbietern und im privatwirtschaftlichen Bereich zunehmend an Be- deutung. Neben der Spezifikation Common PKI 2.0, die Ein Anbieter, der den Betrieb eines Zertifizierungsdiens- Interoperabilität zwischen den verschiedenen Signatur- tes aufnimmt, hat dies spätestens mit Betriebsaufnahme diensten und Signaturprodukten schafft, ist vor allem die der Bundesnetzagentur anzuzeigen. Er muss dabei dezi- ständig zunehmende Zahl von Anwendungen für die Ver- diert nachweisen, dass er die für den Betrieb erforderliche breitung qualifizierter elektronischer Signaturen maßgeb- Zuverlässigkeit und Fachkunde besitzt und eine Versiche- lich. Genannt seien hier exemplarisch die Einführung des rung abgeschlossen hat, damit er Schäden, die durch die Nichteinhaltung des SigG oder der SigV oder durch das Versagen seiner Produkte für qualifizierte elektronische 85 Vom 16. Mai 2001 (BGBl. I S. 876) zuletzt geändert durch Artikel 4 Signaturen oder sonstiger technischer Sicherungseinrich- des Gesetzes vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 2091). tungen entstehen können, ersetzen kann. Schließlich muss Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139 – Drucksache 17/8246 er anhand eines Sicherheitskonzepts aufzeigen, wie er ge- gestellten qualifizierten Zertifikate zusammen mit ihrem eignete Maßnahmen zur Erfüllung der Sicherheitsanfor- Gültigkeitsstatus geführt. derungen nach dem SigG und der SigV konkret umsetzt. Die Wurzelinstanz wurde am 21. Januar 1999 in Betrieb Darüber hinaus sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, dass genommen. Seitdem wurde die Technik der Wurzelin- sich ein Zertifizierungsdiensteanbieter freiwillig akkredi- stanz zweimal an jeweils aktuelle technische Entwicklun- tieren lässt. Im Rahmen des Akkreditierungsverfahrens gen angepasst. Basierend auf den Sicherheitsempfehlun- wird die behauptete Sicherheit seines Zertifizierungs- gen für die zur qualifizierten elektronischen Signatur dienstes – etwa seines Trustcenters – durch die Bundes- einzusetzenden Algorithmen wird seit dem Jahr 2007 im netzagentur bereits vor der Betriebsaufnahme umfassend Trustcenter der Bundesnetzagentur das Signaturverfahren geprüft. Erst wenn die Zuverlässigkeit des Anbieters so- RSA mit einer Schlüssellänge von 2 048 Bit sowie die wie seine spezifische Fachkunde insbesondere auf infor- Hashfunktion SHA-512 verwendet. Aus dem Verzeichnis mationstechnischem und juristischem Gebiet festgestellt der Bundesnetzagentur können über das Protokoll LDAP wurde und die ordnungsgemäße Umsetzung des Sicher- (Lightweight Directory Access Protocol) qualifizierte heitskonzepts durch eine von der Bundesnetzagentur an- Zertifikate und Sperrlisten heruntergeladen und über das erkannte Prüf- und Bestätigungsstelle bescheinigt wurde, Protokoll OCSP (Online Certificate Status Protocol) kön- wird die Akkreditierung durch die Bundesnetzagentur nen Echtzeitanfragen zu den qualifizierten Zertifikaten ausgesprochen und damit die hohe Sicherheit des Zertifi- durchgeführt werden. zierungsdienstes gewissermaßen „staatlich bescheinigt“. Akkreditierte Zertifizierungsdiensteanbieter erhalten ein 5. Publikationen Gütezeichen durch die Bundesnetzagentur und dürfen sich im Rechts- und Geschäftsverkehr auf die nachgewie- Die Bundesnetzagentur veröffentlicht aufgrund des SigG sene Sicherheit berufen. und der SigV: Derzeit gibt es 10 akkreditierte Zertifizierungsdienstean- – Name, Anschrift und Kommunikationsverbindungen bieter: akkreditierter Zertifizierungsdiensteanbieter, – Widerruf oder Rücknahme einer Akkreditierung, – Deutsche Telekom AG (seit 1998), – Betriebsbeendigung, -untersagung oder -einstellung – Deutsche PostCom GmbH (seit 2004), eines Zertifizierungsdiensteanbieters, – Bundesnotarkammer (seit 2000), – Sicherheitsbestätigungen von Produkten für qualifi- – AuthentiDate International AG (seit 2001), zierte elektronische Signaturen, die eine Bestätigung durch eine Bestätigungsstelle erhalten haben, – DATEV eG (seit 2001), – Herstellererklärungen von Produkten für qualifizierte – D-Trust GmbH (seit 2002), elektronische Signaturen, die die Anforderungen des – TC TrustCenter GmbH (seit 2006), SigG und der SigV erfüllen, – DGN Deutsches Gesundheitsnetz Service GmbH (seit – öffentliche Schlüssel der Bundesnetzagentur sowie der 2007) Kommunikationsverbindungen, unter denen die von der Bundesnetzagentur ausgestellten Zertifikate und – medisign GmbH (seit 2008) deren Status abrufbar sind, – Deutscher Sparkassen Verlag GmbH (seit 2008). – geeignete Algorithmen und dazugehörige Parameter (jährlich oder bei Bedarf). Für die Durchführung der Akkreditierung, die Ausstel- lung von qualifizierten Zertifikaten und die Überprüfung von Prüfberichten und Bestätigungen durch die Bundes- 6. Überwachung der Einhaltung der netzagentur werden Kosten (Gebühren und Auslagen) er- Rechtsvorschriften hoben. Die zuständige Behörde führt die Aufsicht insbesondere über die angezeigten und akkreditierten Zertifizierungs- 4. Betrieb der Wurzelinstanz durch die diensteanbieter und über Hersteller von Produkten für Bundesnetzagentur qualifizierte elektronische Signaturen. Das Instrument dazu ist die Aufsichtsmaßnahme, deren Zweck die Über- Die Bundesnetzagentur erzeugt Signaturschlüssel und wachung der Einhaltung des Gesetzes und der Rechtsver- qualifizierte Zertifikate für den Betrieb ihres eigenen ordnung ist. Darüber hinaus führt sie das Verfahren der Trustcenters (Wurzelinstanz). Sie stellt für die berechtig- Anerkennung von Prüf- und Bestätigungsstellen durch. ten Mitarbeiter der Trustcenter der von ihr akkreditierten Zertifizierungsdiensteanbieter qualifizierte Zertifikate 7. Gremientätigkeit aus, mit denen eine eindeutige Zuordnung von öffentli- chem Schlüssel (Signaturprüfschlüssel) und dem Inhaber Mit Fragen der Sicherheit elektronischer Signaturen in dieses Schlüssels getroffen wird (Nachweis der Identifi- kryptographischer, technischer, administrativer und recht- kation des Antragstellers). In einem für jeden, jederzeit licher Hinsicht befassen sich zahlreiche Gremien und Ar- zugänglichen Verzeichnisdienst werden die von ihr aus- beitsgruppen. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang Drucksache 17/8246 – 140 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode u. a. ISO/IEC, DIN/DKE, ITU, CEN/ISSS, EESSI, ETSI (PostG), im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und im und T7. Soweit deren Aktivitäten für den Betrieb der Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) festgelegt. Zahlrei- Wurzelinstanz und die praktische Umsetzung des SigG che Verordnungen und sonstige Ausführungsbestimmun- und der SigV von Bedeutung sind, ist die Bundesnetz- gen enthalten ergänzende Regelungen. agentur insbesondere bei Fragen beteiligt, deren Beant- wortung technischen Sachverstand und betriebliche Er- Weitere Aufgaben der Bundesnetzagentur finden sich in fahrungen erfordern. Themen von wirtschaftspolitischer verschiedenen Fachgesetzen, wie im Telekommunika- Relevanz werden dagegen in der Regel vom BMWI ver- tionsbereich z. B. im Gesetz über Funkanlagen und Tele- treten. Auf Vorschlag der damaligen Regulierungsbe- kommunikationsendeinrichtungen (FTEG), dem hörde für Telekommunikation und Post wurde im Jahr Amateurfunkgesetz (AFuG), Gesetz über die elektromag- 2002 das „Forum of European Supervisory Authorities netische Verträglichkeit von Geräten (EMVG) oder im for Electronic Signatures“ (FESA) gegründet. Dieses Fo- Energiebereich im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). rum der Europäischen Aufsichtsbehörden, die sich mit Die Bundesnetzagentur ist die zuständige Behörde nach elektronischen Signaturen befassen, trifft sich regelmäßig dem Signaturgesetz (SigG) und als solche mit dem Auf- bis zu drei mal im Jahr zum Erfahrungsaustausch und zur bau und der Überwachung einer sicheren und zuverlässi- Klärung grenzüberschreitender Probleme beim Einsatz gen Infrastruktur für qualifizierte elektronische Signatu- qualifizierter Signaturen. Auch im Standardisierungsbe- ren betraut. reich wirkt das zuständige Fachreferat im europäischen Die Aufgaben und Tätigkeiten der Bundesnetzagentur Gremium für elektronische Signaturen ETSI/ESI aktiv sind vielschichtig und breit gefächert. Sie reichen von bei der Überarbeitung bestehender und der Entwicklung Verfahren mit gerichtsähnlichen Prozessabläufen im Be- neuer Standards mit. Im Zuge der Überarbeitung der eu- reich der Regulierung bis hin zur bundesweiten Aufklä- ropäischen Signaturrichtlinie 1999/93/EG im Rahmen der rung und Bearbeitung von Frequenzstörungen. „Digital Agenda for Europe“ der EU-Kommission liefert das Fachreferat Sachbeiträge basierend auf dem jahre- Eine Bundesoberbehörde in der Größenordnung der Bun- langen Erfahrungsschatz und der Beobachtung neuester desnetzagentur bedarf einer steten Organisationsentwick- Entwicklungen in Deutschland. Schließlich ist die Bun- lung. Dazu wurden Geschäftsprozesse analysiert und be- desnetzagentur mit dem Vorsitz über die Arbeitsgemein- wertet sowie der erforderliche Personalbedarf ermittelt. schaft anerkannter Bestätigungsstellen (AGAB) betraut Im Mittelpunkt der organisatorischen Entwicklung steht und kann hier mitbestimmend auf die Arbeitsabläufe der eine aufgabenorientierte Organisationsstruktur, die einer- mit der Konformitätsbewertung betrauten Stellen einwir- seits eine effiziente Erledigung der gesetzlichen Aufga- ken. ben gewährleistet und andererseits offen und flexibel auf die Übernahme neuer Aufgaben reagieren kann.

Teil III Die Bundesnetzagentur gliedert sich neben dem Leitungs- Rolle und Organisation der Bundesnetzagentur bereich in Beschlusskammern und Abteilungen. Die Prä- Abschnitt A sidentenkammer entscheidet insbesondere im Vergabe- Aufgaben und Struktur verfahren bei knappen Frequenzen sowie bei der Auferlegung von Universaldienstverpflichtungen. Ihr ob- Die Bundesnetzagentur, bei Gründung noch Regulie- liegt es zudem, darüber zu entscheiden, welche Märkte im rungsbehörde für Telekommunikation und Post, wurde Bereich der Telekommunikation einer Regulierung unter- mit Wirkung vom 1. Januar 1998 als selbstständige Bun- liegen und welche Unternehmen auf solchen Märkten desoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministe- über eine beträchtliche Marktmacht verfügen. Auf der riums für Wirtschaft und Technologie errichtet. Sie ent- Grundlage dieser Festlegungen entscheiden dann die zu- stand aus der Überleitung von Aufgabenbereichen aus ständigen Beschlusskammern, welche regulatorischen dem ehemaligen Bundesministerium für Post und Tele- Maßnahmen gegenüber Unternehmen mit beträchtlicher kommunikation sowie dem ehemaligen Bundesamt für Marktmacht ergriffen werden. Es werden Entscheidungen Post und Telekommunikation. Mit der Übernahme der über die konkrete Ausgestaltung von Verpflichtungen, Aufgaben aus dem Energiewirtschaftsgesetz und dem no- etwa im Bereich der Netzzugangsbedingungen sowie im vellierten Allgemeinen Eisenbahngesetz wurde die Regu- Rahmen der Ex-ante- oder Ex-post-Kontrolle über Ent- lierungsbehörde für Telekommunikation und Post im gelte getroffen. Auch im Postbereich konzentrieren sich Jahr 2005 in Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Te- die Tätigkeiten der Beschlusskammer auf Entgeltverfah- lekommunikation, Post und Eisenbahnen umbenannt. ren (ex ante und ex post) sowie auf die Missbrauchsauf- sicht einschließlich der Regulierung der Zugänge zum Die Bundesnetzagentur hat in erster Linie den Auftrag, Postnetz. Im Energiebereich sind die Beschlusskammern durch Regulierung in den Bereichen Telekommunikation, zuständig für alle Entscheidungen, die von der Bundes- Post, Energie und Eisenbahnen den Wettbewerb zu för- netzagentur im Bereich der Elektrizitäts- und Gaswirt- dern und einen diskriminierungsfreien Netzzugang zu ge- schaft nach dem EnWG und nach den Rechtsverordnun- währleisten, in den Bereichen Telekommunikation und gen zum EnWG zu treffen sind, einschließlich der Post flächendeckend für angemessene und ausreichende Regulierung der Netzentgelte. Dienstleistungen zu sorgen sowie Regelungen zu Fre- quenzen und Rufnummern zu schaffen. Diese Aufgaben Die Abteilungen nehmen Fachaufgaben und zentrale Ver- sind im Telekommunikationsgesetz (TKG), im Postgesetz waltungsaufgaben wahr. Dazu zählen u. a. ökonomische Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 141 – Drucksache 17/8246 und rechtliche Grundsatzfragen der Regulierung im Be- höfe oder Güterterminals). Die Entgeltregulierung reich der Telekommunikation, der Post, der Energie und umfasst die Prüfung von Höhe und Struktur der Wegeent- der Eisenbahnen sowie technische Fragen zu Frequenzen, gelte und der sonstigen Entgelte der Eisenbahninfrastruk- Normung und Nummerierung. Bei der Entwicklung neuer turunternehmen. Netzgenerationen und neuer Funksysteme wirkt die Bun- desnetzagentur in internationalen Gremien zur Standardi- Um auch in der Fläche ein einheitliches Auftreten der sierung mit. Eine wichtige Funktion der Abteilungen liegt Bundesnetzagentur zu gewährleisten, werden die Außen- in der fachlichen Unterstützung der Beschlusskammern. stellen, mit deren Hilfe der regionale Kontakt zu den Ver- Für den Bereich Eisenbahnen ist eine Beschlusskammer brauchern und der Industrie sichergestellt wird, zentral nach dem AEG nicht vorgesehen, so dass hier die Fach- von einer Abteilung betreut und koordiniert. abteilung sämtliche Regulierungsaufgaben wahrnimmt. Die Aufgaben der Außenstellen liegen vor allem im tech- Die Aufgaben der Bundesnetzagentur haben durchweg ei- nischen Bereich. Sie beraten z. B. über die Regelungen nen starken internationalen Bezug. Insbesondere die des TKG, über die Vorschriften zur elektromagnetischen Abstimmung auf europäischer Ebene bildet für die Bun- Verträglichkeit und über das EMVG. Zu ihren Aufgaben desnetzagentur einen immer wichtigeren Aufgaben- gehört auch die Zuteilung von Frequenzen, so z. B. für schwerpunkt bei der Wahrnehmung ihrer Regulierungstä- Mobilfunkanlagen und Betriebsfunkanlagen. Weitere tigkeit. Insoweit werden die internationalen Aufgaben wichtige Aufgaben sind die Aufklärung und Bearbeitung nunmehr stärker gebündelt und im Schwerpunkt zusam- von Funkstörungen mit hochentwickelten Messgeräten, men mit den Aufgaben der Postregulierung innerhalb ei- die Überwachung der Einhaltung von Vorschriften sowie ner Abteilung geleistet. Prüf- und Messtätigkeiten im Rahmen des TKG und des EMVG. Wichtige Aufgaben der Bundesnetzagentur für die Ver- braucher im Telekommunikationsbereich sind weiterhin Im Rahmen des aktuellen Regierungsprogramms „Ver- die Missbrauchsbekämpfung bei der Nutzung von Mehr- netzte und transparente Verwaltung“ nimmt die Bundes- wertdiensterufnummern sowie die Verfolgung unerlaub- netzagentur auch am Projekt „Aufbau und Ausbau von ter Telefonwerbung, sog. Cold Calls. Eine weitere Auf- Kompetenz- und Dienstleistungszentren (Shared Service gabe ist die Bereitstellung einer Standortdatenbank für Center)“ teil. Dabei bietet sie anderen Behörden und Zu- ortsfeste Sendeanlagen ab einer bestimmten Leistung. Für wendungsempfängern – vorrangig im Geschäftsbereich die Bürgerinnen und Bürger sind zudem das Schlich- des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie – tungsverfahren nach § 47a TKG bzw. § 10 PDLV und der Dienstleistungen aus den Bereichen der Familienkassen, allgemeine Verbraucherschutz von erheblicher Bedeu- der Besoldung und der Entgelte sowie in Dienstreise-, tung. Trennungsgeld-, Umzugskosten- und Beihilfeangelegen- heiten an. Der ausführende Teil dieser Aufgaben wird Im Energiebereich ist es seit 2005 die Aufgabe der Bun- ebenfalls im Außenstellenbereich wahrgenommen. desnetzagentur, insbesondere durch Entflechtung und Re- gulierung des diskriminierungsfreien Zugangs zu den Durch die Verlagerung von Tätigkeiten in die Außenstel- Energienetzen einschließlich der Entgeltregulierung, die len wird die Zentrale für grundsätzliche Aufgaben entlas- Voraussetzungen für funktionierenden Wettbewerb auf tet und gleichzeitig ein Ausgleich für strukturell bedingte den Elektrizitäts- und Gasmärkten zu schaffen und zu si- Aufgabenveränderungen am Standort der jeweiligen Au- chern. Daneben beobachtet die Bundesnetzagentur die ßenstelle geschaffen. Um den eingeschlagenen Weg mit Entwicklung der vorgelagerten Erzeugungs- bzw. Import- Blick auf eine homogene Aufgabenverteilung weiterzu- märkte sowie der Endkundenmärkte. entwikkeln, wurden in den Außenstellen der Bundesnetz- agentur Organisationsuntersuchungen durchgeführt, de- Der 2011 gesetzlich beschlossene Ausstieg aus der Kern- ren Ergebnisse in ein mittel- bis langfristig angelegtes energie und der im Gegenzug forcierte Ausbau der Erneu- Außenstellenkonzept eingeflossen sind. erbaren Energien erfordert eine zügige und umfassende Erweiterung der Elektrizitätsübertragungsnetze. Hierzu werden mit dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz der Abschnitt B Bundesnetzagentur zusätzliche und vor allem völlig neue Personalmanagement Kompetenzen im Planungsrecht nebst Planfeststellung übertragen. Zur Vorbereitung auf die neuen Aufgaben Ein modernes Personalmanagement nimmt bei der Bun- wurde zwischenzeitlich ein Aufbaustab eingerichtet. desnetzagentur einen hohen Stellenwert ein. Der optimale Einsatz der Beschäftigten in Zeiten einer angespannten Seit 2006 überwacht die Bundesnetzagentur auch die Ein- Planstellensituation hat dabei ebenso hohe Bedeutung wie haltung der Rechtsvorschriften über den Zugang zur die Gewinnung qualifizierten neuen Personals. Dies ge- Eisenbahninfrastruktur. Wesentliche Aufgabe der Bun- lingt nur mittels einer Personalplanung, die sowohl die desnetzagentur ist dabei, die diskriminierungsfreie Benut- dienstlichen Bedürfnisse als auch die Fähigkeiten und zung von Eisenbahninfrastruktur durch Eisenbahn- Neigungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleicher- verkehrsunternehmen und andere Zugangsberechtigte maßen berücksichtigt. Denn nur mit einer aktiven, be- sicherzustellen. Die Eisenbahninfrastruktur umfasst hier- darfsgerechten Einsatzplanung einerseits und der Motiva- bei Infrastruktur und Dienstleistungen sowohl bei Schie- tion der Beschäftigten andererseits lassen sich auch in nenwegen als auch bei Serviceeinrichtungen (z. B. Bahn- Zeiten knapper Haushaltsmittel die der Bundesnetzagen- Drucksache 17/8246 – 142 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode tur übertragenen Aufgaben kostengünstig und effizient dungsgang zum/zur Fachinformatiker/-in wurden im Jahr erledigen. 2011 drei Ausbildungsplätze am Standort Berlin (Fach- richtung Anwendungsentwicklung) und drei am Standort Bei der Auswahl neu eingestellter Beschäftigter wird der Mainz (Fachrichtung Systemintegration) besetzt. Fokus nicht nur auf außerordentlich gute Fachkenntnisse gelegt, sondern auch zusätzlich auf die Fähigkeit, kom- An den Standorten Augsburg und Göttingen werden erst- plexe neue Aufgaben, deren Strukturen noch nicht in al- mals ab dem Jahr 2011 jeweils zwei junge Menschen im len Teilen definiert sind, in einem Team zügig zu struktu- Rahmen eines Verbundstudienganges zum Bachelor of rieren und mit einem guten Gespür für die praktischen Engineering Elektrotechnik – basierend auf dem Modell Anforderungen der Märkte und ihrer Mechanismen kom- des dualen Studiums – ihre Ausbildung beginnen. Inner- petent in Angriff nehmen. halb von 4 ½ Jahren können sie sowohl einen anerkann- ten IHK-Abschluss als auch den akademischen Grad Ba- Für die in allen Bereichen stark interdisziplinär geprägte chelor of Engineering erwerben. Tätigkeit beschäftigt die Bundesnetzagentur insgesamt rund 2 400 Spezialisten wie Juristen, Ökonomen, Ingeni- Insgesamt konnten im Jahr 2011 154 junge Menschen bei eure verschiedener Fachrichtungen, Physiker, Mathemati- der Bundesnetzagentur in den verschiedenen Berufszwei- ker, Informatiker, Verwaltungsfachleute. gen ausgebildet werden.

Bereits seit 1999 bildet die Bundesnetzagentur auch selbst aus. Im Jahr 2011 konnten insgesamt zehn Auszu- Abschnitt C Haushalt bildende ihre Ausbildung zu Fachangestellten für Büro- kommunikation an den Standorten der Zentrale in Bonn Im Bundeshaushalt werden die Einnahmen und Ausgaben und Mainz beginnen. Im Rahmen der seit 2003 angebote- der Bundesnetzagentur im Einzelplan des Bundesministe- nen Ausbildung zu Elektronikerinnen/Elektronikern für riums für Wirtschaft und Technologie veranschlagt. Geräte und Systeme wurden 2011 insgesamt 24 Ausbil- dungsplätze neu besetzt, die sich auf die Standorte Augs- Die Einnahmen der Haushaltsjahre 2010 (Soll und Ist) burg, Bremen, Göttingen, Magdeburg und Münster und 2011 (Haushaltsplan) sind der nachfolgenden Tabelle verteilen. In dem seit 2010 eingerichteten dritten Ausbil- zu entnehmen.

Soll 2010 Ist 2010 Soll 2011 Einnahmeart in 1 000 € in 1 000 € in 1 000 € Gebühren, Beiträge und sonstige Entgelte im 221.867 4.472.923 77.761 Bereich Telekommunikation Gebühren und sonstige Entgelte im Bereich Post 65 44 40 Gebühren und sonstige Entgelte im Bereich Eisenbahnen 328 205 74 Gebühren und sonstige Entgelte im Bereich Energie 433 1.165 431 (Elektrizität und Gas) Weitere Verwaltungseinnahmen, z. B. Geldstrafen und -bußen, 1.532 5.280 1.749 Vermietung, Verkauf Verwaltungseinnahmen 224.225 4.479.617 80.055

Die hohen Mehreinnahmen – im Vergleich von Soll und Ist 2010 in Höhe von über vier Milliarden Euro – sind durch die im Jahr 2010 erfolgte Versteigerung von Frequenzen für den drahtlosen Netzzugang bedingt.

Erlöse aus der Versteigerung von 800 MHz-Frequenzen 3.576.475,0 T € Erlöse aus der Versteigerung von 1,8 GHz-Frequenzen 104.355,0 T € Erlöse aus der Versteigerung von 2,0 GHz-Frequenzen 359.521,0 T € Erlöse aus der Versteigerung von 2,6 GHz-Frequenzen 344.295,0 T € Summe der Versteigerungserlöse 4.384.646,0 T € Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 143 – Drucksache 17/8246

Über die Ausgaben der Haushaltsjahre 2010 (Soll und Ist) und 2011 (Haushaltsplan) informiert die nachstehende Ta- belle:

Soll 2010 Ist 2010 Soll 2011 Ausgabeart in 1 000 € in 1 000 € in 1 000 € Personalausgaben 104.437 108.774 111.281 Sächliche Verwaltungsausgaben, Zuweisungen 34.879 37.563 37.968 Investitionen 18.391 8.270 10.607 Gesamtausgaben 157.707 154.607 159.856

Abschnitt D – Maßnahmen der Bundesnetzagentur bei Missbrauch Beirat von Mehrwertdiensten, unerlaubter Telefonwerbung, kostenpflichtigen Warteschleifen, Anbieterwechsel Der Beirat bei der Bundesnetzagentur ist ein Beratungs- und Call-by-Call gremium mit gesetzlich definierten Aufgaben und Rech- ten. Er setzt sich aus 16 Mitgliedern des Deutschen Bun- – Aktualisierung des Frequenznutzungsplans destages und 16 Vertretern oder Vertreterinnen des Bundesrates zusammen. Die Ländervertreter müssen Mit- – Auswirkungen von EU-Maßnahmen auf die nationale glied einer Landesregierung sein oder diese politisch ver- Telekommunikationspolitik und -regulierung zur För- treten. Die Mitglieder des Beirates werden jeweils auf derung schneller und ultraschneller Breitbanddienste Vorschlag des Deutschen Bundestages bzw. des Bundes- Einen besonderen Schwerpunkt bildeten auch in diesem rates von der Bundesregierung berufen. Berichtszeitraum die Breitbandstrategie der Bundesregie- Das aktuelle Verzeichnis der Mitglieder und ihrer Stell- rung und ihre regulatorische Umsetzung. Der zügige Aus- vertreter ist auf der Internetseite der Bundesnetzagentur bau des mobilen Internets zur vorrangigen Versorgung veröffentlicht. des ländlichen Raumes mit schnellem Internet war Ge- genstand von zwei Diskussionsrunden mit den Mobil- Der Beirat wählt aus seiner Mitte ein vorsitzendes und ein funknetzbetreibern, die den Beirat über ihre Netzauf- und stellvertretendes vorsitzendes Mitglied für die Dauer von Netzausbauplanung informierten. zwei Jahren. Am 22. März 2010 wurde der Abgeordnete Eduard Oswald zum Vorsitzenden gewählt. Er löste Der Beirat unterstützt die Bundesnetzagentur auch wei- Ulrich Junghanns, den ehemaligen Wirtschaftsminister terhin aktiv bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Be- des Landes Brandenburg, ab. Am 23. März 2011 wurde reich der Telekommunikation. Eduard Oswald zum Stellvertreter des Bundestagspräsi- denten gewählt. Herr Oswald übt sein Mandat als Beirats- Abschnitt E vorsitzender auch weiterhin aus. Als stellvertretender Wissenschaftliche Beratung/WAR Vorsitzender des Beirates amtiert Matthias Machnig, Mi- 1. Wissenschaftlicher Arbeitskreis für nister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie des Frei- Regulierungsfragen staates Thüringen. Die Bundesnetzagentur wird regelmäßig durch den „Wis- Der Beirat hat im Berichtszeitraum zwölf Mal getagt. senschaftlichen Arbeitskreis für Regulierungsfragen“ Zur Umsetzung der Regulierungsziele und zur Sicherstel- (WAR) beraten (§ 125 TKG). lung des Universaldienstes ist der Beirat berechtigt, bei Der Arbeitskreis tagt jährlich 6-mal unter Teilnahme des der Bundesnetzagentur Auskünfte und Stellungnahmen Präsidiums, der Abteilungsleiter, Beschlusskammervor- einzuholen sowie Maßnahmen zu beantragen. Außerdem sitzenden sowie von Vertretern des Bundesministeriums berät er die Bundesnetzagentur bei der Erstellung ihres für Wirtschaft und Technologie (BMWi). Vorhabenplanes. Die Bundesnetzagentur informiert den Beirat regelmäßig über ihre aktuellen Aufgaben und Ent- Der Arbeitskreis ist interdisziplinär zusammengesetzt und scheidungen. die Mitglieder wurden vom Präsidenten der Behörde be- rufen. Sie unterstützen die Bundesnetzagentur durch ihre Neben seinen Aufgaben im Post- und im Energiebereich herausragenden rechtlichen, volkswirtschaftlichen, so- hat sich der Beirat auf dem Gebiet der Telekommunika- zialpolitischen, betriebswirtschaftlichen und technologi- tion insbesondere mit folgenden Themen befasst: schen Erfahrungen und Kompetenzen in Fragen allgemei- – Regulatorische Rahmenbedingungen für die Weiter- ner regulierungspolitischer Bedeutung und bei der entwicklung moderner TK-Netze Entscheidungsfindung der Behörde. – Frequenzvergabeverfahren (Digitale Dividende) im Der WAR befasst sich mit Fragen grundlegender Bedeu- Frühjahr 2010 tung, die sich aus der fortwährenden Arbeit der Bundes- Drucksache 17/8246 – 144 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode netzagentur ergeben. Zudem unterstützen die Mitglieder der wissenschaftlichen Arbeit stehen regulierungs- und die Verwaltung in Einzelfragen. ordnungspolitische Fragestellungen in den Bereichen Te- lekommunikation, Post, Energie, Bahn. Durch das mittlerweile per Gesetz erweiterte Themenfeld treffen sich die Wissenschaftler der jeweiligen Sparten in Im Berichtszeitraum ist das WIK für den Telekommuni- teils unterschiedlicher Zusammensetzung außerhalb der kationsbereich mit folgenden Forschungsprojekten beauf- Sitzungstermine um z. B. Studien bzw. Stellungnahmen tragt worden: zu erarbeiten, die auch teilweise im Internet veröffentlicht sind. – Die Empfehlungspraxis der EU-Kommission im Lichte einer zunehmenden Differenzierung nationaler Außerdem werden die Leitlinien für die Regulierungspo- Besonderheiten in den Wettbewerbsbedingungen litik in regelmäßigen Abständen überarbeitet und neu fortgeschrieben. – Bedeutung und Beitrag alternativer Funklösungen für die Versorgung ländlicher Regionen mit Breitbandan- Im Berichtszeitraum hat der WAR u. a. folgende Themen schlüssen in seinen Sitzungen behandelt: – Docsis 3.0 als Alternative zum Glasfaserausbau – Verbraucherschutz und Universaldienst im Telekom- munikationssektor im Lichte der geänderten Univer- – Implikationen eines flächendeckenden Glasfaseraus- saldienst-Richtlinie 2009, baus und sein Subventionsbedarf – Aktueller Stand des Infrastrukturatlasses, – Die Bedeutung von Bitstromzugang auf dem deut- schen TK-Markt – Digitale Dividende: Abdeckung weißer DSL-Flecken und gemeinsame Nutzung von Infrastruktur – Nationale Breitbandstrategien und Implikationen für Wettbewerbspolitik und Regulierung – Gründung von BEREC am 28. Januar 2010 – Kooperationsformen beim Breitbandausbau unter stra- – Auswirkungen des Urteils des EuGH zum § 9a des tegischen und regulatorischen Gesichtspunkten TKG – Regulatorische Ansätze zur Vermeidung wettbewerbs- – Barrierefreiheit in der TK-Nutzung widriger Wirkungen von Tripleplay-Produkten – TKG-Novelle (Hierzu wurde auch eine Stellungnahme – Netzneutralität im Mobilfunk des WAR veröffentlicht.) – Neue Verfahren für Spektrumsauktionen: Theoretische Ein Verzeichnis der Mitglieder des WAR ist im Anhang 3 Ansätze und internationale Erfahrungen aufgeführt. – Die Entwicklung der Nachfrage nach hochbitratigen 2. Wissenschaftliches Institut für Infra- Breitbandanschlüssen in Deutschland struktur und Kommunikationsdienste – Analyse der Kabelbranche und ihrer Migrationsstrate- Gemäß § 125 Absatz 2 des Telekommunikationsgesetzes, gien auf dem Weg in die NGN-Welt § 44 des Postgesetzes und § 64 Absatz 2 des Energiewirt- – Kriterien zur Bestimmung optimaler Standorte in schaftsgesetzes erhält die Bundesnetzagentur bei der Er- NGN/NGA-Netzen füllung ihrer Aufgaben fortlaufend wissenschaftliche Un- terstützung. Diese betrifft insbesondere die regelmäßige – Kosten und andere Hemmnisse der Migration von Begutachtung der volkswirtschaftlichen, betriebswirt- Kupfer- auf Glasfasernetze schaftlichen, rechtlichen und technologischen Entwick- lungen der Telekommunikation, des Postwesens, der Am 14. Dezember 2000 wurde die Tochtergesellschaft leitungsgebundenen Energieversorgung und der Eisen- WIK-Consult GmbH gegründet. In der WIK-Consult bahnen. Der Bund unterhält zu diesem Zweck eine stän- GmbH werden zunehmend die Auftragsprojekte konzen- dige Forschungskapazität bei dem Wissenschaftlichen In- triert und so von den gemeinnützigen Aktivitäten des Ins- stitut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK tituts separiert. Auftraggeber sind neben der Bundesnet- GmbH, kurz WIK). zagentur weitere öffentliche Institutionen, wie z. B. das BMWi, die EU-Kommission, ausländische Regulierungs- Das Institut ist als gemeinnützige Gesellschaft organi- behörden und andere ausländische Institutionen sowie siert, die seit Anfang 1998 ausschließlich von der Regu- private Unternehmen im In- und Ausland. lierungsbehörde für Telekommunikation und Post bzw. der Bundesnetzagentur getragen wird. Das Institut erhält Abschnitt F Zuwendungen, mit denen es das jährliche Forschungspro- Aufgaben auf den Gebieten anderer gramm mit Projekten aus dem Bereich der Grundlagen- Netzsektoren forschung bestreitet. Hierzu macht das WIK Projektvor- schläge, aus denen die Bundesnetzagentur für sie Die Arbeit der Bundesnetzagentur gliedert sich – entspre- passende Projekte auswählt. Darüber hinaus werden vom chend ihrer vollständigen Behördenbezeichnung – in die WIK Forschungsprojekte und Untersuchungen im Rah- Sektoren Energie (Elektrizität und Gas), Telekommunika- men von Auftragsarbeiten durchgeführt. Im Mittelpunkt tion, Post und Eisenbahnen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 145 – Drucksache 17/8246

1. Energie – Die Entflechtungsvorschriften, um eine Diskriminie- rung unabhängiger Vertriebsunternehmen durch inte- Mit Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung grierte Unternehmen zu verhindern. des Energiewirtschaftsgesetzes zum 13. Juli 2005 wurde auch das Energiewirtschaftsgesetz novelliert. Damit über- – Die Entgeltregulierung, mit der faire Netzzugangsent- nahm die Bundesnetzagentur Aufgaben auf dem Gebiet gelte für alle Netznutzer sichergestellt werden. des Rechts der leitungsgebundenen Versorgung mit Elek- Der diskriminierungsfreie Netzzugang gewährleistet für trizität und Gas. Hierzu gehören die Sicherstellung des alle Marktteilnehmer die Nutzung der Energieversor- Zugangs zu Elektrizitäts- und Gasnetzen einschließlich gungsnetze zu möglichst einfachen, gleichen und massen- der Entgeltregulierung sowie die Überwachung der Ein- geschäftstauglichen Konditionen. Dieser Aspekt beschäf- haltung der Vorschriften zur Entflechtung. Der Gesetzge- tigt die Bundesnetzagentur beispielsweise bei Fragen der ber hat sich für einen symmetrischen Regulierungsansatz Kooperationsvereinbarung und der Einteilung von Markt- entschieden, so dass alle Netzbetreiber unabhängig von gebieten vornehmlich im Gasbereich, darüber hinaus aber den Marktverhältnissen grundsätzlich in gleicher Weise auch bei Bilanzkreisabrechnung und der Beschaffung von der Regulierung unterliegen. Allerdings macht das Gesetz Regel- und Ausgleichsenergie im Strom- und Gasmarkt. hiervon einige Ausnahmen für kleinere Netzbetreiber. Angemessenen Netznutzungsentgelten kommt bei der Die Zuständigkeiten sind zwischen Bund und Ländern Schaffung von Wettbewerb auf den Strom- und Gasmärk- geteilt. Auf Seiten des Bundes ist für die Regulierung des ten eine maßgebliche Bedeutung zu. Nach § 21 Absatz 1 Strom- und Gasmarktes die Bundesnetzagentur, auf Sei- EnWG müssen sie angemessen, transparent und diskrimi- ten der Länder die zuständige Landesregulierungsbehörde nierungsfrei sein. Darüber hinaus dürfen sie nicht un- verantwortlich. Letzteres gilt jedoch lediglich für die Re- günstiger sein, als sie von den Netzbetreibern in ver- gulierung der Energieversorgungsunternehmen, deren gleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Leitungsnetz nicht über den räumlichen Bereich eines Unternehmens angewendet werden. Damit die Netzbe- Bundeslandes hinausgeht und an das weniger als treiber keine überhöhten Entgelte für die Nutzung ihrer 100 000 Kunden angeschlossen sind. Die Länder haben Netze verlangen, unterliegen diese der Genehmigung zudem die Möglichkeit, ihre Aufgaben im Wege der Or- durch die Bundesnetzagentur bzw. die Landesregulie- ganleihe an die Bundesnetzagentur zu übertragen. Hier- rungsbehörden. In die Kalkulation dürfen nur die Kosten von haben die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, und Kostenbestandteile einbezogen werden, die sich ih- Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig- rem Umfang nach auch in einem wettbewerblichen Markt Holstein und Thüringen Gebrauch gemacht. Dadurch ist einstellen würden. Seit 2008 erfolgt die Entgeltregulie- beispielsweise bei Entgeltgenehmigungen im Bereich rung in Form einer Anreizregulierung, bei der die Unter- Strom die Zahl der durch die Bundesnetzagentur regulier- nehmen einen mehrjährigen Senkungspfad vorgegeben bekommen. Bei einer Übererfüllung der Effizienzvorga- ten Unternehmen von 101 auf über 276 gestiegen, im ben können die Unternehmen einen größeren Überschuss Gasbereich von 60 auf ca. 246. vereinnahmen. Im Energiesektor hat der Gesetzgeber die Regulierung Energieversorger sind zum großen Teil vertikal integrierte auf den Zugangsbereich beschränkt, weil dieser nicht im Unternehmen, in denen sich Netzgeschäft und Vertrieb Wettbewerb steht. Anderer Teile der Wertschöpfungskette unter einem Dach befinden. Dies birgt das Risiko von In- wie Beschaffung/Erzeugung, Großhandel, Transport bzw. transparenz und Quersubventionierung und kann dazu Verteilung und Vertrieb sind nicht der sektorspezifischen führen, dass Schwesterunternehmen gegenüber Dritten Wettbewerbsaufsicht unterworfen. Ziel ist es, durch eine bevorzugt werden. Durch eine Vielzahl unterschiedlicher gezielte Regulierung den potenziellen Wettbewerbern zu Entflechtungsvorschriften wird der diskriminierungsfreie fairen Bedingungen Zugang zu den Strom- und Gasnet- Netzzugang sichergestellt. Danach muss der Netzbetrei- zen zu verschaffen. Damit soll die missbräuchliche Aus- ber rechtlich, operationell, informatorisch und buchhalte- nutzung der Monopolstellung der Netzbetreiber verhin- risch von Vertrieb und Erzeugung des vertikal integrierten dert und ein aktiver Wettbewerb im Netz ermöglicht Unternehmens entflochten sein. Durch das dritte Richtli- werden. Auch auf vor- und nachgelagerten Märkten be- nienpaket Energie sind bei den Gasfernleitungsnetz- und stehen durch die Ausübung von Marktmacht erhebliche bei den Stromübertragungsnetzbetreibern die Anforde- Wettbewerbsprobleme. Auch in diesen Teilmärkten wer- rungen an die Entflechtung deutlich angestiegen. den durch den regulierten Netzzugang positive Wettbe- werbseffekte erwartet. 2. Post Der Regulierung stehen drei grundlegende Instrumente Seit dem 1. Januar 1998 überwacht die Bundesnetzagen- zur Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten tur, vormals Regulierungsbehörde, die Einhaltung der Wettbewerbs zur Verfügung: Vorschriften des Postgesetzes (PostG). Auf dem Post- markt gab es bereits vor Inkrafttreten des jetzigen Postge- – Die Regelungen zum Netzzugang und die Möglichkei- setzes Wettbewerb. Allein der schon liberalisierte Markt ten, diese durch Festlegung weiter zu detaillieren so- für Kurier-, Express- und Paketdienste, der so genannte wie entsprechende Sanktionsmaßnahmen bei Nichtbe- KEP-Markt, umfasste 1997 bereits über 8 Mrd. Euro. Mit folgung. dem Postgesetz wird auch der Briefmarkt schrittweise in Drucksache 17/8246 – 146 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode den Wettbewerb überführt. Die gesetzliche Exklusivli- minierungsfreien Zugangs zu Eisenbahninfrastruktur ab zenz der Deutschen Post AG für bestimmte Postdienst- dem 1. Januar 2006 beauftragt. Diese Aufgabe wurde bis leistungen war bis zum 31. Dezember 2007 befristet. Ende 2005 vom Eisenbahn-Bundesamt wahrgenommen. Nunmehr ist der gesamte Bereich der Postdienstleistun- Inhaltlich diente das novellierte Allgemeine Eisenbahn- gen allen Marktteilnehmern zugänglich. gesetz (AEG) insbesondere der vollständigen Umsetzung der europäischen Vorgaben des Ersten Eisenbahnpaketes. Grundsätzlich kann jedermann Postdienstleistungen am Erklärte Ziele des europäischen wie des deutschen Ge- Markt anbieten. Für die gewerbsmäßige Beförderung von setzgebers sind die Gewährleistung eines sicheren Be- Briefsendungen bis 1 000 g ist jedoch eine Lizenz der triebs der Eisenbahn, eines attraktiven Verkehrsangebotes Bundesnetzagentur erforderlich, die auf Antrag erteilt auf der Schiene sowie die Sicherstellung eines wirksamen wird. Die Bundesnetzagentur prüft vor der Erteilung die und unverfälschten Wettbewerbs bei dem Erbringen von Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde des Eisenbahnverkehrsleistungen und dem Betrieb von Eisen- Antragstellers und die Einhaltung der wesentlichen Ar- bahninfrastrukturen. beitsbedingungen, die dieser durch geeignete Unterlagen nachzuweisen hat. Dies wird mit erweiterten Vorschriften für einen diskrimi- Um den Marktzutritt und Wettbewerb auf dem Markt für nierungsfreien Zugang zu Schienennetzen und Service- lizenzpflichtige Postdienstleistungen zu fördern, ist ein einrichtungen sowie eine diskriminierungsfreie Erbrin- marktbeherrschendes Unternehmen verpflichtet, Nachfra- gung von Dienstleistungen gewährleistet. Die gern auf diesem Markt einen Zugang zu Infrastrukturein- Ausgestaltung rechts- und wettbewerbskonformer Zu- richtungen und Leistungen zu eröffnen. Verträge über die gangsbedingungen sowie die Regulierung der Entgelte Zugangsgewährung sind der Bundesnetzagentur vorzule- für die Nutzung der Schienennetze und der Serviceein- gen, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu richtungen stehen dabei im Zentrum des gesetzlichen überwachen. Ein wichtiger Bereich ist auch der Zugang Auftrags. zu Teilleistungen eines marktbeherrschenden Anbieters, Der Eisenbahninfrastrukturmarkt umfasst in Deutschland mit denen ein Lizenznehmer eigene Leistungen verbindet und so eine lizenzpflichtige Beförderungsleistung erst er- ein Streckennetz von ungefähr 34.000 km. Das längste bringen kann. Weitere wichtige Zugangsleistungen sind Schienennetz betreibt die Deutsche Bahn AG. Auch bei der Zugang zu Postfachanlagen und Informationen über der Mehrzahl der Serviceeinrichtungen ist der Markt da- Adressänderungen. Zur Sicherstellung der Zugangsrechte durch gekennzeichnet, dass ein Marktführer und zahlrei- Dritter kann die Bundesnetzagentur auch Missbrauchs- che kleinere Anbieter vorhanden sind. Das bedeutet, dass verfahren durchführen und marktbeherrschende Anbieter neben dem Konzern Deutsche Bahn AG etwa 350 weitere verpflichten, ein missbräuchliches Verhalten abzustellen. Eisenbahnverkehrsunternehmen und insgesamt fast 900 Ei- senbahninfrastrukturunternehmen grundsätzlich dem Re- Die Entgeltregulierung stellt auch im Postbereich ein gulierungssystem unterliegen. Allerdings sieht das Gesetz wichtiges Regulierungsinstrument dar. Die Entgelte des die Möglichkeit des Dispenses vor, mit dem der Regulie- marktbeherrschenden Anbieters Deutsche Post AG für rer Infrastrukturbetreiber von bestimmten gesetzlichen lizenzpflichtige Postdienstleistungen werden im Rahmen Vorabregulierungsverpflichtungen befreien kann, wenn eines Price-Cap-Verfahrens festgelegt. Damit wird inner- eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs nicht zu erwarten halb einer bestimmten Periode das Entgeltniveau ist. verschiedener zu Körben zusammengefasster Postdienst- leistungen anhand von Maßgrößen wie Produktivitätsfort- Gemäß § 14 AEG sind Eisenbahninfrastrukturunterneh- schrittrate vorab festgelegt. Die so gewonnene Price-Cap- men verpflichtet, die diskriminierungsfreie Benutzung Formel stellt auch sicher, dass die relative Inflationsrate der von ihnen betriebenen Eisenbahninfrastruktur und die berücksichtigt wird. Die Bundesnetzagentur prüft dann diskriminierungsfreie Erbringung der von ihnen angebo- die vorab vorzulegenden Entgelte auf die Einhaltung der tenen Leistungen zu gewähren. Die Eisenbahninfrastruk- im Price-Cap-Verfahren vorgegebenen Maßgrößen und tur-Benutzungsverordnung (EIBV) gestaltet diese Vorga- Nebenbedingungen. Eine Besonderheit im Rahmen der ben im Einzelnen aus. Jeder Betreiber muss demnach Entgeltregulierung stellen die Entgelte für die so ge- seine Schienenwege und die dazugehörigen Anlagen, ein- nannte Förmliche Zustellung dar: Diese Entgelte werden schließlich eines gesetzlich vorgeschriebenen „Mindest- von der Bundesnetzagentur bei jedem Anbieter geneh- pflichtleistungspaketes“, diskriminierungsfrei anbieten. migt, wobei die ansonsten nur für marktbeherrschende Dafür müssen die Eisenbahninfrastrukturbetreiber nach Unternehmen geltenden Entgeltmaßstäbe Anwendung der EIBV Nutzungsbedingungen (sog. Schienennetz-Be- finden. nutzungsbedingungen bzw. Nutzungsbedingungen für Die Bundesnetzagentur überwacht auch die Einhaltung Serviceeinrichtungen) aufstellen. der Vorschriften des Universaldienstes. Damit soll ein Mindestangebot von Postdienstleistungen in der Fläche Die Prüfung von Nutzungsbedingungen ist eine der zen- sichergestellt werden. tralen Aufgaben der Eisenbahnregulierung: Zum einen kann die tatsächliche Praxis der Gewährung des Zugangs zu Schienenwegen und der Erbringung von Leistungen 3. Eisenbahnen gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen, zum ande- Mit Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Änderung ei- ren kann auch bereits die vorgelagerte Ausgestaltung von senbahnrechtlicher Vorschriften am 28. April 2005 wurde Nutzungsbedingungen diskriminierende Wirkungen ent- die Bundesnetzagentur mit der Sicherstellung des diskri- falten. Die sich aus dem Eisenbahnrecht ergebenden Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147 – Drucksache 17/8246

Anforderungen an die Nutzungsbedingungen für Schie- licht Untersagung und Gestaltung der Rechtsbeziehungen nenwege und Serviceeinrichtungen haben die Eisenbahn- für die Infrastrukturnutzung. infrastrukturunternehmen zu beachten. Die Bundesnetz- Die Entgeltregulierung dient dazu, überhöhte oder prohi- agentur überwacht die Einhaltung dieser Vorschriften im bitiv wirkende Nutzungsentgelte zu verhindern und damit Wege der Vorabprüfung und kann den Bedingungen wi- das Recht auf diskriminierungsfreien Zugang zu erschwe- dersprechen, sodass diese nicht in Kraft treten. Als weite- ren bzw. faktisch auszuhöhlen. Somit ist die Entgeltregu- res Instrument besteht eine nachträgliche Eingriffsmög- lierung eines der Instrumente zur Stimulierung des Wett- lichkeit. Daneben hat die Bundesnetzagentur schließlich bewerbs. Die eisenbahnrechtlichen Vorschriften zu noch die Möglichkeit, die Maßnahmen zu treffen, „die Fragen der Entgeltregulierung, geregelt in § 14 Absatz 4 zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung und 5 AEG, sind im Vergleich zu den rechtlichen Vorga- künftiger Verstöße gegen die Vorschriften des Eisenbahn- ben in den anderen regulierten Sektoren deutlich unter- rechts erforderlich sind“. entwickelt. Im Rahmen der oben geschilderten Überprü- fung von Nutzungsbedingungen für Schienenwege und Die Bundesnetzagentur überwacht auch die Erstellung Serviceeinrichtungen überprüft die Bundesnetzagentur des Netzfahrplans und die Entscheidungen über die Zu- auch die Einhaltung der Vorschriften des Eisenbahnrechts weisung von Zugtrassen. Über die Absicht eines Eisen- in Bezug auf Entgeltgrundsätze und Entgelthöhen. Sie hat bahninfrastrukturunternehmens, die Zuweisung von Zug- bei der Vorabvorlage die Möglichkeit, diesen zu wider- trassen abzulehnen, ist sie vorab zu informieren. Die sprechen und damit ein Inkrafttreten zu verhindern. Bundesnetzagentur kann dem innerhalb gewisser Fristen Nachträglich können Entgeltregelungen für ungültig er- ex ante widersprechen. Eine Ex-post-Kontrolle ermög- klärt werden. Drucksache 17/8246 – 148 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Anhang tungen geregelt, die die nationalen Regulierungsbehörden nach Maßgabe des Artikel 8 (insbesondere Verhältnismä- Anhang 1 ßigkeitsgrundsatz) den Unternehmen mit beträchtlicher Grundzüge des nationalen, europäischen und Marktmacht auferlegen können (sog. Abhilfemaßnah- internationalen Rechts im Bereich men: Transparenzverpflichtung, Gleichbehandlungsver- Telekommunikation pflichtung, Verpflichtung zur getrennten Buchführung, Zugangsverpflichtungen, Verpflichtung zur Preiskont- 1. Grundzüge des nationalen, europäischen rolle und Kostenrechnung, Funktionelle Trennung). und internationalen Rechts im Bereich Telekommunikation Ziel der Genehmigungsrichtlinie ist es, durch die Harmo- 1.1 Europäisches Recht nisierung und Vereinfachung der Genehmigungsvor- schriften und -bedingungen einen Binnenmarkt für elek- Gemeinschaftsrechtliche Grundlage für die Regulierung tronische Kommunikationsnetze und -dienste zu der Telekommunikation stellt das Richtlinienpaket vom errichten, damit deren Bereitstellung in der Gemeinschaft 7. März 2002 für elektronische Kommunikationsnetze erleichtert wird. Dies soll insbesondere durch den Grund- und dienste dar. Es umfasst die Rahmenrichtlinie (2002/ satz der Allgemeingenehmigung für alle elektronischen 21/EG), die Zugangsrichtlinie (2002/19/EG), die Geneh- Kommunikationsnetze und -dienste erreicht werden, bei migungsrichtlinie (2002/20/EG) sowie die Universal- der der Marktzugang keine individuelle Genehmigung dienstrichtlinie (2002/22/EG). Die Rahmenrichtlinie, die voraussetzt, sondern nur noch eine Notifizierung der Tä- Zugangsrichtlinie und die Genehmigungsrichtlinie wur- tigkeitsaufnahme erfordert. Darüber hinaus enthält die den mit der Richtlinie 2009/140/EG vom 25. November Genehmigungsrichtlinie Regelungen für die Nutzung von 2009 und die Universaldienstrichtlinie mit der Richtlinie Funkfrequenzen und Nummern. Die Nutzung von Funk- 2009/136/EG vom 25. November 2009 geändert. Der da- frequenzen darf dabei, soweit möglich, nicht von der Er- mit seit Ende 2009 bestehende neue EU-Rechtsrahmen teilung individueller Nutzungsrechte abhängig gemacht wird unter anderem durch die neue Verordnung 1211/ werden. Sind Funkfrequenzen knapp, so muss deren Ver- 2009 zur Einrichtung des Gremiums Europäischer Regu- gabe nach objektiven, transparenten, nichtdiskriminieren- lierungsstellen für elektronische Kommunikation (GE- den und verhältnismäßigen Auswahlkriterien erfolgen REK, engl. BEREC) vom 25. November 2009 ergänzt (Artikel 7 Absatz 3). Die Genehmigungsrichtlinie enthält (s. u.). schließlich einen Anhang, in dem die Bedingungen fest- Die Rahmenrichtlinie beinhaltet den Rahmen für die Re- gelegt werden, die maximal an Allgemeinbedingungen gulierung von Telekommunikationsdiensten und -netzen. und an Rechte zur Nutzung von Funkfrequenzen oder Sie legt die Aufgaben der nationalen Regulierungsbehör- Nummern geknüpft werden dürfen. den sowie eine Reihe von Verfahren fest, die die harmoni- sierte Anwendung des Rechtsrahmens gewährleisten soll. Die Universaldienstrichtlinie betrifft die Bereitstellung Hervorzuheben sind dabei insbesondere die komplexen elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste für Verfahrensvorgaben, die auf eine Harmonisierung der Endnutzer. Sie zielt auf die Gewährleistung der Verfüg- Marktregulierung abzielen (Artikel 6 ff.). Hiermit korre- barkeit gemeinschaftsweiter hochwertiger, öffentlich zu- lieren die Artikel 14 bis 16, in denen ein Rahmen für das gänglicher Dienste durch wirksamen Wettbewerb und Marktanalyse- und Marktdefinitionsverfahren sowie die Angebotsvielfalt ab. Gleichzeitig werden die Fälle gere- Bestimmung von Unternehmen mit beträchtlicher Markt- gelt, in denen die Bedürfnisse der Endnutzer durch den macht festgelegt wird. Die Rahmenrichtlinie enthält zu- Markt nicht ausreichend befriedigt werden können. Dem- dem Rahmenvorschriften für die Frequenzregulierung entsprechend enthält die Richtlinie Regelungen zur Ge- (Artikel 8a ff.), Nummernvergabe (Artikel 10) und Wege- währleistung des Universaldienstes sowie zum Verbrau- rechte (Artikel 11 und 12) sowie Vorgaben zur Sicherheit, cherschutz. Flankierend ist in Artikel 17 vorgesehen, dass Integrität und Normung von Netzen und Diensten die nationalen Regulierungsbehörden unter bestimmten (Artikel 13a ff.). Unter bestimmten Voraussetzungen ist Voraussetzungen Betreibern mit beträchtlicher Markt- die Kommission nach Artikel 20 befugt, zur Sicherstel- macht unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrund- lung der in Artikel 8 genannten Ziele Empfehlungen oder satzes regulatorische Verpflichtungen auferlegen können. Entscheidungen zu erlassen. Hierbei findet das sog. Ko- Im Bereich des Verbraucherschutzes enthält die Univer- mitologieverfahren Anwendung. saldienstrichtlinie in Artikel 20 ff. Vorgaben zum Min- Die Zugangsrichtlinie regelt das Verhältnis zwischen An- destinhalt von Verträgen, zur Transparenz und Veröffent- bietern und Nachfragern auf den Vorleistungsmärkten für lichung von Informationen und zur Dienstequalität. den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen Weitere Vorgaben betreffen unter anderem die Gewähr- und zugehörigen Einrichtungen. Ziel ist die Schaffung ei- leistung der Gleichwertigkeit des Zugangs für behinderte nes Rechtsrahmens für die Beziehungen zwischen Netz- Endnutzer, Notrufdienste, die Erleichterung des Anbieter- betreibern untereinander und zu Diensteanbietern, der ei- wechsels sowie die Befugnis der nationalen Regulie- nen nachhaltigen Wettbewerb und die Interoperabilität rungsbehörden, die Betreiber von Telekommunikations- der elektronischen Kommunikationsdienste gewährleis- netzen unter bestimmten Voraussetzungen zu ten und die Interessen der Verbraucher fördern soll. In verpflichten, bestimmte Radio- und Fernsehrundfunk- den Artikeln 9 bis 13a sind die wesentlichen Verpflich- kanäle zu übertragen (sog. „must carry“-Verpflichtung). Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149 – Drucksache 17/8246

Am 31. Juli 2002 ist die Richtlinie 2002/58/EG des Euro- hörden zu erreichen, um den Binnenmarkt für elektroni- päischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 sche Kommunikationsnetze- und dienste weiterzuentwi- über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den ckeln. Das BERC ersetzt die bisherige „European Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommuni- Regulators Group (ERG)“ und institutionalisiert damit kation (Datenschutzrichtlinie) in Kraft getreten. Sie dient die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Regulie- der Harmonisierung der Vorschriften der Mitgliedstaaten, rungsbehörden und der Kommission insbesondere bei der die erforderlich sind, um einen gleichwertigen Schutz der Wahrnehmung marktregulatorischer Aufgaben innerhalb Grundrechte und Grundfreiheiten, insbesondere des des EU-Rechtsrahmens. Aufgabe des BEREC ist dabei Rechts auf Privatsphäre, in Bezug auf die Verarbeitung insbesondere die Abgabe von Stellungnahmen zu Maß- personenbezogener Daten im Bereich der elektronischen nahmenentwürfen der nationalen Regulierungsbehörden Kommunikation sowie den freien Verkehr dieser Daten bezüglich der Marktdefinition, der Bestimmung von Un- und von elektronischen Kommunikationsgeräten und -diens- ternehmen mit beträchtlicher Marktmacht und der Aufer- ten in der Gemeinschaft zu gewährleisten. legung von Abhilfemaßnahmen sowie die Beratung der Kommission bei Entwürfen von Empfehlungen in Bezug Im Bereich der Frequenzregulierung wurde durch die auf relevante Produkt- und Dienstmärkte oder bei Ent- Entscheidung Nr. 676/2002/EG des Europäischen Parla- würfen von Entscheidungen und Empfehlungen zur Har- ments und des Rates vom 7. März 2002 ein Rechtsrah- monisierung gemäß Artikel 19 der Rahmenrichtlinie. men für die Frequenzpolitik in der Europäischen Gemein- schaft gesetzt. Sie zielt darauf ab, eine Koordinierung der politischen Ansätze und gegebenenfalls den Erlass har- 1.2 Nationales Recht monisierter technischer Umsetzungsmaßnahmen im Hin- Der EG-Rechtsrahmen für elektronische Kommunikati- blick auf die Verfügbarkeit und die effiziente Nutzung des onsnetze und -dienste wird auf nationaler Ebene im We- Funkfrequenzspektrums zu gewährleisten, die für die sentlichen durch das Telekommunikationsgesetz (TKG) Verwirklichung und das Funktionieren des Binnenmark- umgesetzt. Die Umsetzung des EU-Richtlinienpakets aus tes in den Bereichen Telekommunikation, Verkehr sowie dem Jahr 2002 erfolgt durch das TKG vom 22. April Forschung und Entwicklung erforderlich sind. 2004. Der seit Ende 2009 bestehende neue EU-Rechts- rahmen war bis zum 25. Mai 2011 umzusetzen; die Bun- Die Verordnung 717/2007 des Europäischen Parlaments desregierung hat zu diesem Zweck am 4. März 2011 und des Rates vom 27. Juni 2007 über das Roaming in öf- einen „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung telekommu- fentlichen Mobilfunknetzen in der Gemeinschaft ergänzt nikationsrechtlicher Regelungen“ in den Bundesrat einge- und flankiert die Regeln, die der EU-Rechtsrahmen für bracht. Das Gesetz wurde zwischen den gesetzgebenden die elektronische Kommunikation geschaffen hat, in Körperschaften in verschiedenen Punkten kontrovers dis- Bezug auf das gemeinschaftsweite Roaming. Mit der kutiert und ist deshalb im Berichtszeitraum nicht zustande Roaming-Verordnung von 2007 wurde erstmals ein ein- gekommen. Im Folgenden wird daher die Rechtslage ge- heitlicher Eurotarif in den 27 Mitgliedsländern der EU mäß TKG 2004 dargestellt. festgelegt. Diese Verordnung wurde 2009 durch die Ver- ordnung 544/2009 ergänzt. Sie regelt die Roaming-Ent- Das TKG 2004 zielt auf eine Annäherung an das allge- gelte innerhalb der Europäischen Union und den Ländern, meine Wettbewerbsrecht ab. Diesem Ziel dient insbeson- die sich der EU-Verordnung angeschlossen haben, für an- dere die Abschaffung der Lizenzpflicht. Indem die kommende und abgehende Roaming-Gespräche im EU- Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen Ausland, erstmalig nun auch für SMS-Nachrichten, die keiner vorherigen individuellen Erlaubnis mehr bedarf, vom EU-Ausland in ein öffentliches Telekommunikati- wird der Marktzugang erleichtert. Gewerbliche Anbieter onsnetz innerhalb der EU versandt werden, und die Groß- unterliegen nur noch einer Meldepflicht. Der Betrieb öf- handelspreise für Datenverbindungen (Internet). Weiter fentlicher Telekommunikationsnetze bedarf gleichwohl vorgegeben sind detaillierte Hinweispflichten über die wie bisher einer Übertragung des Wegerechts. Zur Ver- anzuwendenden Tarife und Entgelte. Neu ist auch ein so- hinderung von Pflichtverletzungen hat die Bundesnetz- genannter „Cut-off-Mechanismus“ für das Daten-Roa- agentur die Möglichkeit, nachträglich gegen Anbieter ming, bei dem der Kunde vorab einen Betrag oder ein Da- vorzugehen. Entsprechende Befugnisse sind detailliert in tenvolumen festlegen kann. Wird diese Grenze erreicht, § 126 TKG geregelt, die von einer Aufforderung zur Stel- wird das Daten-Roaming automatisch unterbrochen. Für lungnahme, über Anordnungen von erforderlichen Maß- die Umsetzung der Vorgaben sind im Einzelnen be- nahmen und Zwangsgeldern bis hin zur Untersagung der stimmte Fristenregelungen vorgesehen (1. Juli 2009 bis Tätigkeit des Betreibers als letztes Mittel reichen. 1. Juli 2011). Ein Kernbereich des TKG ist die Marktregulierung Durch die Verordnung 1211/2009 des Europäischen Par- (Teil 2 des Gesetzes). Diese setzt voraus, dass die betrof- lamentes und Rates vom 25. November 2009 wurde das fenen Märkte durch Marktzutrittsschranken gekennzeich- Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektroni- net sind, längerfristig nicht zu wirksamem Wettbewerb sche Kommunikation (GEREK, engl. BEREC) eingerich- tendieren und auf denen die Anwendung des allgemeinen tet. Diese Maßnahme zielt darauf ab, im Bereich der Re- Wettbewerbsrechts allein nicht ausreicht, um dem betref- gulierung von Telekommunikationsnetzen und -diensten fenden Marktversagen entgegenzuwirken. Entscheidun- eine fortdauernde und verstärkte Zusammenarbeit und gen im Bereich der Marktregulierung werden von den Be- Koordinierung zwischen den nationalen Regulierungsbe- schlusskammern getroffen. Der Marktregulierung haben Drucksache 17/8246 – 150 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode eine Marktdefinition und eine Marktanalyse der Präsiden- Findet eine Ex-post-Kontrolle statt (so z. B. bei der Regu- tenkammer voranzugehen, die der Festlegung der rele- lierung von Endkundenentgelten), wird nachträglich ein vanten Märkte sowie der Feststellung beträchtlicher etwaiges missbräuchliches Verhalten des betroffenen Un- Marktmacht auf diesen Märkten dienen. Bei der Durch- ternehmens bei der Forderung und Vereinbarung von Ent- führung der Marktdefinition und -analyseverfahren hat gelten untersucht. Der Missbrauchstatbestand wird durch die Bundesnetzagentur den interessierten Kreisen, den die Nennung von Beispielen konkretisiert (Dumping, Regulierungsbehörden der anderen Mitgliedstaaten sowie Preis-Kosten-Schere, sachlich ungerechtfertigte Bünde- der Europäischen Kommission die Möglichkeit zur Stel- lung). lungnahme zu geben (Konsultations- und Konsolidie- rungsverfahren). Etwaigen Stellungnahmen der Kommis- Im Rahmen der besonderen Missbrauchsaufsicht kann die sion oder der nationalen Regulierungsbehörden hat die Bundesnetzagentur bei einem schuldhaft missbräuchli- Bundesnetzagentur weitestgehend Rechnung zu tragen. chen Verhalten des marktbeherrschenden Unternehmens Der Europäischen Kommission steht bezüglich einer von unter anderem eine Abschöpfung des wirtschaftlichen der Märkteempfehlung der Kommission abweichenden Vorteils anordnen und dem betroffenen Unternehmen die Festlegung eines relevanten Marktes sowie der Feststel- Zahlung eines entsprechenden Geldbetrags auferlegen. lung bestehender bzw. fehlender Marktmacht ein Veto- Die in Teil 3 des TKG enthaltenen Regelungen zum Kun- recht zu. denschutz gestalten bestimmte Aspekte des zivilrechtli- Die Rechtsfolgen der Feststellung des Bestehens oder chen Verhältnisses zwischen Anbietern von Telekommu- Nichtbestehens beträchtlicher Marktmacht auf den jewei- nikationsdiensten und deren Kunden aus. Geregelt ligen Telekommunikationsmärkten ergeben sich nicht werden hier insbesondere der Mindestinhalt von Verträ- mehr – wie vormals nach dem TKG 1996 – direkt aus gen, Haftungsfragen, der Anspruch auf einen Ent- dem Gesetz, sondern bedürfen einer vorherigen Festle- störungsdienst, der Anspruch auf einen Einzelverbin- gung der Beschlusskammer durch eine Regulierungsver- dungsnachweis, die Verbindungspreisberechnung, der fügung. Mit dieser können nach pflichtgemäßem Ermes- Rechnungsinhalt, Teilzahlungen, die Sperre, die Auf- sen folgende Verpflichtungen festgelegt werden: nahme in öffentliche Teilnehmerverzeichnisse, Veröffent- lichungspflichten und die Rufnummernübertragbarkeit. – Diskriminierungsverbot (§ 19) Teil 4 des TKG enthält Vorgaben zur Interoperabilität von – Transparenzverpflichtung (§ 20) Fernsehgeräten, zur Interoperabilität der Übertragung di- gitaler Fernsehsignale und zu Zugangsberechtigungssys- – Zugangsverpflichtungen (§ 21) temen. – Getrennte Rechnungsführung (§ 24) Im Bereich der Frequenzregulierung (Teil 5 Abschnitt 1 – Entgeltregulierung für Zugangsleistungen (§ 30) des Gesetzes) obliegt der Bundesnetzagentur die Sicher- stellung einer effizienten und störungsfreien Frequenz- – Entgeltregulierung für Endnutzerleistungen (§ 39) nutzung. Hierzu werden auf der Grundlage des Frequenz- bereichszuweisungsplans der Frequenznutzungsplan – Betreiberauswahl und/oder -vorauswahl (§ 40) erstellt sowie Frequenzen zugeteilt und mit bestimmten – Angebot von Mietleitungen (§ 41) Nutzungsbestimmungen versehen. Einzelzuteilungen (nur eine Person bzw. ein Unternehmen darf die Frequenz Die Vorschriften über die Zugangsregulierung enthalten nutzen) sollen vor dem Hintergrund der Genehmigungs- einen nicht abschließenden Katalog von Zugangsvarian- richtlinie nur noch ergehen, wenn durch die Frequenznut- ten. Neben der Zusammenschaltung und anderen Zu- zung eine Gefahr funktechnischer Störungen nicht ausge- gangsmöglichkeiten – wie z. B. dem Zugang zur Teilneh- schlossen werden kann oder dies zur Sicherstellung einer meranschlussleitung – ist hierin auch die Möglichkeit effizienten Frequenznutzung notwendig ist. In der Regel vorgesehen, Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht sollen Allgemeinzuteilungen (jeder darf die Frequenz ge- zum entbündelten Breitbandzugang zu verpflichten. Er- mäß den Nutzungsbestimmungen nutzen) erfolgen, die zu legt die Bundesnetzagentur einem Unternehmen mit be- veröffentlichen sind. Bei Knappheit können Frequenzen trächtlicher Marktmacht eine Zugangsverpflichtung auf, im Wege eines Vergabeverfahrens zugeteilt werden, wo- so soll sie das Unternehmen grundsätzlich auch dazu ver- bei das Versteigerungsverfahren gegenüber dem Aus- pflichten, innerhalb von drei Monaten ein Standardange- schreibungsverfahren vorrangig ist. Frequenzzuteilungen bot für die Zugangsleistung zu veröffentlichen. können unter bestimmten Voraussetzungen auf einen an- deren Rechtsträger übertragen werden. Im Rahmen der Entgeltregulierung hat die Bundesnetz- agentur darauf zu achten, dass Entgeltregulierungsmaß- Nach Teil 5 Abschnitt 2 des Gesetzes („Nummerierung“) nahmen in ihrer Gesamtheit aufeinander abgestimmt sind ist es Aufgabe der Bundesnetzagentur, den Nummern- (Konsistenzgebot). Der Hauptanwendungsbereich der raum zu strukturieren und auszugestalten, Nummern an Entgeltregulierung liegt dabei im Bereich der Zugangs- Betreiber von Telekommunikationsnetzen, Anbietern von leistungen, wobei Zugangs- und Entgeltanordnung ein- Telekommunikationsdiensten und Endnutzer zuzuteilen. heitlich ergehen können. Unterliegen Entgelte der Ex- Im Zusammenhang mit der Nummerierung enthält das ante-Genehmigungspflicht, dürfen sie die Kosten der effi- Gesetz in den §§ 66a bis 66l zudem detaillierte Regelun- zienten Leistungsbereitstellung nicht überschreiten. gen, die auf eine Verhinderung des Missbrauchs von Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 151 – Drucksache 17/8246

Rufnummern abzielen (u. a. Preisangabe, Preisanzeige, bung und Verwendung von Bestandsdaten, Verkehrsdaten Preishöchstgrenzen, Verbindungstrennung, Anwählpro- und Standortdaten, zum Einzelverbindungsnachweis, zur gramme, Wegfall des Entgeltanspruchs, Rufnummern- Mitteilung ankommender Verbindungen im Falle bedro- übermittlung und Umgehungsverbot). Die Bundesnetz- hender oder belästigender Anrufe, zur Rufnummernan- agentur ist dabei nach § 67 TKG befugt, Anordnungen zeige und -unterdrückung sowie zur Auskunftserteilung und andere geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Ein- über die in Teilnehmerverzeichnissen enthaltenen Ruf- haltung der gesetzlichen Vorschriften und der von ihr er- nummern. teilten Zuteilungsbedingungen sicherzustellen. Im Falle der gesicherten Kenntnis von der rechtswidrigen Nutzung Im Abschnitt „Öffentliche Sicherheit“ sind Vorschriften einer Rufnummer soll sie die Abschaltung der Rufnum- über den Notruf, technische Schutzmaßnahmen der Diens- mer anordnen und kann den Rechnungsersteller auffor- teanbieter, die Umsetzung von Überwachungsmaß- dern, für diese Nummer keine Rechnungslegung vorzu- nahmen, das automatisierte und das manuelle Auskunfts- nehmen. verfahren und Auskunftsersuchen des Bundesnachrich- tendienstes enthalten. Das als Universaldienst bezeichnete Mindestangebot an Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit Teil 8 des Gesetzes regelt die Organisation, die Aufgaben (Teil 6 des Gesetzes) umfasst den Anschluss an ein öf- und die Befugnisse der Bundesnetzagentur. Hier finden fentliches Telefonnetz (inklusive funktionalem Internet- sich unter anderem Vorschriften über das Beschlusskam- zugang), den Zugang zu öffentlichen Telefondiensten, ein merverfahren sowie über das Gerichtsverfahren. In Letz- gedrucktes öffentliches Teilnehmerverzeichnis, einen um- teren wird festgelegt, dass gegen die Entscheidungen der fassenden, öffentlichen Telefonauskunftsdienst, die flä- Bundesnetzagentur nach dem TKG der Verwaltungs- chendeckende Bereitstellung von öffentlichen Münz- rechtsweg offensteht. Dieser ist bei Beschlusskammerent- oder Kartentelefonen sowie die Möglichkeit, an Letzteren scheidungen zwecks Verfahrensbeschleunigung auf zwei kostenlose Notrufe abzusetzen. Instanzen beschränkt (Verwaltungsgericht Bundesver- waltungsgericht). Im Teil 7 enthält das Gesetz Regelungen zum Fernmelde- geheimnis, Datenschutz und zur Öffentlichen Sicherheit. Durch das 1. Gesetz zur Änderung des Telekommunika- Im Abschnitt Datenschutz wird dabei der Schutz perso- tionsgesetzes und das Gesetz zur Bekämpfung unerlaub- nenbezogener Daten der Teilnehmer und Nutzer von Te- ter Telefonwerbung vom 29. Juli 2009 wurde insbeson- lekommunikation bei der Erhebung und Verwendung die- dere die Durchsetzung der einzelnen Regelungen der EU- ser Daten durch Unternehmen und Personen, die Roaming-Verordnungen 544/2009 und 1211/2009 durch geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen die Bundesnetzagentur gemäß § 126 TKG (Erlass einer oder an deren Erbringung mitwirken, geregelt. Einzelne Untersagungsverfügung) und die Durchführung von Vorschriften beinhalten unter anderem Regelungen zu Schlichtungsverfahren für EU-Roaming-Streitigkeiten den Informationspflichten der Diensteanbieter, zur Erhe- gemäß § 47a TKG ermöglicht. Drucksache 17/8246 – 152 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Anhang 2 keitsberichten nach folgenden Segmenten unterteilt86: Leistungen für Festnetzanschlüsse, Mobilfunk, Mietlei- Ergänzende Daten zur Marktentwicklung tungen, Carriergeschäft, Dienste über Kabel-TV-Netze und Sonstige. Diese Segmentierung wurde im vorliegen- Ergänzend zum Hauptteil werden in diesem Anhang ei- den Tätigkeitsbericht abgelöst durch eine Segmentierung nige Einzelaspekte behandelt. nach Außenumsatzerlöse im Festnetz, Außenumsatzer- löse auf Basis der Kabel-TV-Infrastruktur, Außenum- Grundlage des Berichts sind Primärdaten, welche die satzerlöse im Mobilfunk und sonstige Außenumsatzer- Bundesnetzagentur 2011 von den für den Telekommuni- löse. Sonstige Außenumsatzerlöse sind solche, die sich kationsmarkt relevanten Unternehmen mit den Tätigkeits- nicht eindeutig den vorgenannten Kategorien zuordnen feldern Festnetz, Mobilfunk und Kabel-TV erhoben hat. lassen. Innerhalb der Segmente Festnetz, Kabel-TV und Dabei wurden rund 170 Fragebogen ausgewertet. Einheit- Mobilfunk wird wiederum differenziert nach Endkunden- lich wurden von allen Unternehmen als Grunddaten Um- umsätzen, Vorleistungsumsätzen (Wholesale) und sonsti- satz, Sachinvestitionen und Beschäftigte abgefragt. Im gen Umsätzen. Letztere sind solche, die sich nicht eindeu- Übrigen waren die Fragen den von den Unternehmen un- tig dem Endkunden- oder Vorleistungsbereich zuordnen terschiedlich bedienten Segmenten (Festnetz, Kabel-TV lassen. Die Ergebnisse der Jahre 2009 bis 2011 sind im und Mobilfunk) angepasst. Die Merkmale wurden jeweils Hauptteil tabellarisch ausgewiesen. für die Jahre 2009 und 2010 und für das erste Quartal Mit der neuen Segmentierung wird eine weitgehend kon- 2011 erhoben. Darüber hinaus wurden Daten zu den sequente Unterscheidung nach Vorleistungs- und End- Breitbandzugängen mit Stand Mitte 2011 erhoben, die kundenumsätzen erreicht. auch in Statistiken der Europäischen Kommission veröf- fentlicht werden. 2. Wholesalegeschäft Daten aus Sekundärquellen sind als solche gekennzeich- Unter das Segment Wholesale fallen Vorleistungen für net. Anbieter von Telekommunikationsleistungen wie Fest- netz- und Mobilfunkbetreiber sowie Internet-Service-Pro- Soweit nachfolgend Angaben für das gesamte Jahr 2011 vider. Zu den wesentlichen Vorleistungen zählen neben gemacht werden, sind diese als vorläufige Einschätzung der Teilnehmeranschlussleitung (TAL) vor allem Inter- aufgrund der erhobenen Quartalszahlen von Anfang 2011 connection-Leistungen, gebündelte oder entbündelte An- sowie veröffentlichter Informationen zu betrachten. schlussleistungen und Übertragungswege. Ferner enthält dieses Segment auch Fakturierungs- und Inkassoleistun- 1. Segmentierung der Umsatzerlöse gen. Der Außenumsatzerlös auf dem Telekommunikations- markt in Deutschland wurde in vorangegangenen Tätig- 86 Vgl. Tätigkeitsbericht 2008/2009, S. 318 f.

Abbildung 49 Anteile am Wholesalegeschäft 2010 Kabelnetzbetreiber 2%

DT AG Festnetz 31%

Mobilfunknetzbetreiber 43%

Wettbewerber Festnetz 24% Außenumsatzerlöse mit erbrachten Wholesaleleistungen 2010: 1 035 Mrd. Euro Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 153 – Drucksache 17/8246

Sämtliche Außenumsatzerlöse mit Wholesaleleistungen den Komplettanschlüsse via TV-Kabel oder über entbün- summierten sich im Jahr 2010 auf 10,35 Mrd. Euro. Ge- delte DSL-Anschlüsse. genüber dem Vorjahr (10,50 Mrd. Euro) ist das Whole- Daneben besteht für DSL-Kunden, deren DSL-Anschluss salegeschäft leicht rückläufig. noch mit einem herkömmlichen Telefonanschluss gekop- Während die Anteile der Mobilfunkbetreiber und des pelt ist, die Möglichkeit der fallweisen VoIP-Nutzung. Festnetzbereiches der Deutschen Telekom AG im Be- Hierzu ist in der Regel ein spezieller Tarif bei einem VoIP-Anbieter erforderlich. richtszeitraum leicht sanken, konnten die Kabelnetzbe- treiber und die Festnetz-Wettbewerber geringe Zuge- IP-basierte Telefonie auf Basis von Glasfaseranschlüssen winne verbuchen. Die Zugewinne resultieren zum einen und sonstigen breitbandigen Zugangstechnologien konnte aus einem erweiterten Netzausbau einzelner Carrier. Da- bisher noch keine bedeutenden Anteile erreichen. durch werden diese zunehmend selbst zum Vorleistungs- Sämtliche VoIP-Nutzer generierten im Jahr 2010 ein in anbieter für alternative Anbieter und können folglich ver- Minuten gemessenes Gesprächsvolumen87 von etwa stärkt entsprechende Vorleistungsumsätze erzielen. 40 Milliarden Minuten. Davon entfielen rund 25 Prozent Daneben konnten die Kabelnetzbetreiber aufgrund der der Minuten auf Telefoniekunden der Kabelnetzbetreiber. steigenden Kundenzahlen im Bereich der Telefonie zu- Mit einem Anteil von weit über 90 Prozent an den Ge- nehmende Terminierungsumsätze verbuchen. sprächsminuten wird das Segment der IP-basierten Minu- ten derzeit eindeutig von den Wettbewerbern der Deut- 3. Voice over IP (VoIP) schen Telekom AG bestimmt.

VoIP ist eine Technologie, die es ermöglicht, einen Tele- 4. Mobilfunk fondienst auf Basis einer IP-basierten Infrastruktur zu realisieren und somit die herkömmliche Telefontechnolo- Im letzten Jahr sind die Mobilfunkumsätze wieder leicht gie (Analog/ISDN) ersetzen kann. Grundsätzlich ist ein auf 25,84 Mrd. Euro angestiegen. Dabei nahmen die Um- Breitbandanschluss Voraussetzung für die Nutzung der sätze der Netzbetreiber um knapp 4 Prozent auf IP-basierten Telefonie. Dabei sollten die Verbindungen 21,43 Mrd. Euro zu, während die der unabhängigen Ser- über die IP-Infrastruktur bestimmte Qualitätsanforderun- vice-Provider um knapp 7 Prozent auf 4,4 Mrd. Euro zu- gen (z. B. Echtzeit) gewährleisten. rückgingen. Dies ist u. a. auf die Teilnehmerentwicklung zugunsten der Netzbetreiber zurückzuführen. Derzeit sind vor allem die Angebote der DSL-Anbieter und Kabelnetzbetreiber auf sog. Komplettangebote aus- gerichtet. Ein klassischer Telefonanschluss ist nicht Be- 87 Das Gesprächsvolumen umfasst Inlandsverbindungen, Verbindungen in ausländische Fest- und Mobilfunknetze sowie Verbindungen in na- standteil derartiger Angebote. So wird neben dem Zugang tionale Mobilfunknetze. Minuten, die im Rahmen einer zumeist kos- zum Internet auch die Telefonie ausschließlich IP-basiert tenlosen VoIP-Software (z. B. Skype) abgewickelt wurden, sind in abgewickelt. Ende 2010 nutzen etwa 7,8 Millionen Kun- der Datenbasis nicht enthalten.

Abbildung 50

Entwicklung der IP-basierten Gesprächsminuten in Festnetzen

50 Mrd. 45

40 40 12 36 10 8 30 28

5

20 20 3 33 30 28 10 23 10 1 16

2 8 0,2 2 0 2005 200620072008 2009 2010 2011e

VoIP via DSL und sonstigen Breitbandanschlüssen VoIP via Kabel-TV-Netze Drucksache 17/8246 – 154 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Abbildung 51

Außenumsatzerlöse der Netzbetreiber und Service-Provider im Mobilfunk

Mrd. € 30 27,33 27,25 26,87 25,82 25,84 25,27 25,53 25,38 25 23,57 22,62 22,11 22,42 22,14 21,04 21,43 20,29 20,70 20,67 20 18,66 17,20

15

10

5,42 5,22 4,92 4,98 4,83 4,73 4,78 4,83 4,71 5 4,40

0 2001 20022003 2004 2005 200620072008 2009 2010

Mobilfunk-Netzbetreiber Mobilfunk Service-Provider Gesamtumsatzerlös (NB+SP)

Die Umsätze werden wesentlich durch die Preise beein- 5. Preselection flusst. Der Verbraucherpreisindex des Statistischen Bun- desamtes ist innerhalb eines Jahres (bezogen auf Anschlusskunden der Deutschen Telekom AG, die für ihre T September 2011) um 3,5 Prozent gesunken. elefonate dauerhaft einen Verbindungsnetzbetreiber nutzen möchten, lassen dessen Kennzahl im Netz der Preisreduzierungen sind nicht nur bei den immer wichti- Deutschen Telekom AG voreinstellen, so dass sie bei der ger werdenden Datendiensten zu beobachten. Der Durch- Wahl automatisch vorangestellt wird. Die Zahl der Prese- schnittspreis pro Minute bei Sprachdiensten ist laut EU- lection-Einstellungen im Netz der Deutschen Telekom Kommission88 im Jahr 2009 innerhalb eines Jahres um AG ist seit ihrem Höhepunkt im Jahr 2005 rückläufig. 14 Prozent auf 0,12 Euro gesunken. 6. Rundfunk Die durchschnittlichen Ausgaben je SIM-Karte blieben hingegen im Zeitraum 2009 bis zum ersten Quartal 2011 Von den knapp 38 Millionen Fernsehhaushalten Mitte relativ konstant und betrugen inklusive Mehrwertsteuer 2011 empfingen nach Marktzahlen der Société Euro- etwa 16 Euro im Monat. Hier glichen sich somit höhere péenne des Satellites (SES) 47,5 Prozent ihr Programm Teilnehmer- und Volumenzahlen (Sprache, SMS und Da- über einen Kabelanschluss (hierzu zählen auch Haushalte tendienste) und gesunkene Preise aus. an Satellitengemeinschaftsanlagen ohne eigenen Sat-Re- ceiver). 45,4 Prozent sahen ihr Programm über einzelne Die folgende Abbildung gibt die Verteilung der Teilneh- Satellitenspiegel und 4,5 Prozent nutzen DVB-T. Das mer nach Kundenbetreuung wieder. Dabei wird zwischen über die DSL-Leitung verbreitete Internet-Fernsehen Netzbetreibern (inklusive Zweitmarken) und unabhängi- (IPTV) wählten 2,7 Prozent der Fernsehzuschauer als gen Service-Providern unterschieden. Empfangsweg. Bei Betrachtung über die letzten Jahre zeigt sich eine fortgesetzte, steigende Tendenz der beiden Empfangsmöglichkeiten Satellit und Internet-Fernsehen, während die Nutzung über Kabel weiter zurückgeht. Auch das terrestrische Fernsehen DVB-T verliert Markt- 88 Quelle: Digital Agenda Scoreboard, country profile Germany. anteile. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155 – Drucksache 17/8246

Abbildung 52

Teilnehmer-Marktanteile nach Kundenbetreuung durch Netzbetreiber und unabhängige Service Provider

108,6 Mio. 109,2 Mio. 107,2 Mio.

97,2 Mio. 22,2% 20,6% 23,4%

85,7 Mio. 24,5% 79,3 Mio. 14,6% 13,4% 12,3% 71,3 Mio. 25,0%

64,8 Mio. 25,3% 12,3%

59,1 Mio. 25,9% 15,0% 15,1% 17,1% 56,1 Mio. 12,7% 26,0% 12,3% 13,2% 28,3% 10,4% 30,8% 12,2% 8,6% 10,3% 9,3% 7,7% 8,7% 23,5% 23,1% 6,5% 24,8% 8,4% 24,0% 8,7% 25,5% 24,5% 27,1% 26,4% 26,5% 26,5%

26,1% 26,0% 25,8% 22,9% 26,6% 25,6% 27,6% 29,1% 29,6% 28,0%

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

Telekom Deutschland (%) Vodafone D2 (%) E-Plus (%) Telefónica (%) Unabh. Mobilfunk-Service-Provider (%)

Abbildung 53

Entwicklung der Preselection-Einstellungen

Mio.

7 6,3 6,0 5,9 6

4,9 5 4,7 4,1 3,9 4 3,6 3,6

3 2,7 2,3 2,1 2 1,7

1

0 1998 1999 2000 2001 20022003 2004 2005 200620072008 2009 2010 2011e Drucksache 17/8246 – 156 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Abbildung 54

Infrastrukturelle Anbindung von TV-Haushalten zur Jahresmitte 2011

IPTV Terrestrik 2,7% 4,5%

Kabel 47,5%

Satellit 45,4%

Quelle: SES/ASTRA

Der TV-Empfang steht ganz im Zeichen der Digitalisie- tellit dann bei 100 Prozent liegt. Die Fernsehsender wei- rung. Während zur Jahresmitte 2011 über Kabel rund sen in regelmäßigen Spots auf die endgültige Abschal- 43 Prozent digital sahen, haben sich beim Satellitenemp- tung hin. Immer noch über 2 Millionen Analognutzer fang 85 Prozent für diesen zukunftssicheren Empfangs- müssen in den nächsten Monaten ihre Empfangsanlagen weg entschieden. Die Vereinbarung der Landesmedienan- auf Digitaltechnik umrüsten. Im Unterschied zur Satelli- stalten mit den Programmanbietern, die analoge tenverbreitung wird in Kabelnetzen Digital- wie auch Satelliten-Ausstrahlung Ende April 2012 einzustellen, Analogempfang nebeneinander noch über einen längeren wird dazu führen, dass die Digitalisierungsquote über Sa- Zeitraum möglich sein. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157 – Drucksache 17/8246

Anhang 3 Mitglieder des Wissenschaftlichen Arbeitskreises für Regulierungsfragen bei der Bundesnetzagentur

Prof. Dr. Dres. h. c. Arnold Picot Prof. Dr. Juergen B. Donges Universität München Institut für Wirtschaftspolitik Institut für Information, Organisation an der Universität zu Köln und Management Pohligstr. 1 Ludwigstraße 28 50969 Köln 80539 München Prof. Dr. Torsten J. Gerpott Prof. Dr. Ludwig Gramlich Gerhard Mercator Universität Duisburg Technische Universität Chemnitz Fachbereich für Wirtschaftswissenschaft Professur für öffentliches Recht und Lotharstr. 65 Öffentliches Wirtschaftsrecht 47057 Duisburg Reichenhainer Str. 39 09126 Chemnitz Prof. Dr. Herbert Kubicek Dr. Karl-Heinz Neumann Universität Bremen Geschäftsführer und Direktor des Fachbereich 3: Mathematik und Informatik Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Bibliothekstr. 1 Kommunikationsdienste GmbH 28359 Bremen Rhöndorfer Str. 68 Postfach 20 00 53604 Bad Honnef 53588 Bad Honnef Prof. Dr. Charles B. Blankart Univ.-Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M. Humboldt-Universität zu Berlin Direktor des Instituts für Informations-, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) Institut für öffentliche Wirtschaft Öffentlich-rechtliche Abteilung und Wirtschaftspolitik Leonardo-Campus 9 Spandauer Str. 1 48149 Münster 10178 Berlin Prof. Dr.-Ing. Peter Vary Univ.-Prof. Dr. Dr. Franz Jürgen Säcker Institut für Nachrichtengeräte Freie Universität Berlin und Datenverarbeitung Fachbereich Rechtswissenschaft RWTH Aachen Institut für deutsches und europäisches 52056 Aachen Wirtschafts-, Wettbewerbs-, und Energierecht Boltzmannstraße 3 14195 Berlin Univ.-Prof. Dr.-Ing. Hans-Jürgen Haubrich Prof. Dr. Wolfgang Ballwieser Institut für Elektrische Anlagen und Seminar für Rechnungswesen und Prüfung Energiewirtschaft (IAEW) Ludwig-Maximilians-Universität RWTH Aachen Ludwigstr. 28 RG Schinkelstraße 6 80539 München 52056 Aachen Prof. Dr. Wolfgang Ströbele Universität Münster Lehrstuhl für Volkswirtschaftstheorie Universitätsstr. 14- 16 48143 Münster Drucksache 17/8246 – 158 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Anhang 4 Der Nummernraum für das öffentliche Telefonnetz/ISDN in Deutschland – Zusammenfassende tabellarische Darstellung Stand: 13. Juli 2011

Nummer bzw. Verwendung Planungen Nummernraum 0 nationale Verkehrsausscheidungsziffer 00 internationale Verkehrsausscheidungsziffer 010xy, 0100yy optional der Verkehrsausscheidungsziffer voranzustellende mit x = 1 … 9 Ziffernfolge zur Betreiberauswahl und y = 0 … 9 (Call-by-Call) (0)11 frei; Ausnahmen: (0)115 – Einheitliche Behördenrufnummer (Internationaler Zugang) (0)116xyy – Harmonisierte Dienste von sozialem Wert (HDSW) mit x = 0,1 (Internationaler Zugang) und y = 0…9 (0)12 frei Reserve (0)13 frei; Ausnahmen: Reserve (0)137, (0)138 – Massenverkehrs-Dienste (0)14 frei Reserve (0)15* Öffentliche zellulare Mobilfunkdienste: Reservierungen:

(0)150 Group 3G UMTS Holding GmbH

(0)151 Telekom Deutschland GmbH

(0)152 Vodafone D2 GmbH

(0)155 E-Plus 3G Luxb.

(0)157 E-Plus Mobil- funk GmbH & Co. KG

(0)159 Telefónica Germany GmbH & Co. OHG (0)1511 Telekom Deutschland GmbH (0)1512 Telekom Deutschland GmbH (0)1514 Telekom Deutschland GmbH (0)1515 Telekom Deutschland GmbH (0)1516 Telekom Deutschland GmbH (0)1520 Vodafone D2 GmbH Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 159 – Drucksache 17/8246

Nummer bzw. Verwendung Planungen Nummernraum (0)1521 Vodafone D2 GmbH (Netznutzungsvereinbarung mit Fa. Lycamobile Germany) (0)1522 Vodafone D2 GmbH (0)1523 Vodafone D2 GmbH (0)1525 Vodafone D2 GmbH (0)1529 Vodafone D2 GmbH (Netznutzungsvereinbarung mit Fa. Tru GmbH) (0)1570 E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG (Netznutzungsvereinbarung mit Fa. ViStream GmbH) (0)1573 E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG (0)1575 E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG (Netznutzungsvereinbarung mit Fa. Ring Mobilfunk GmbH) (0)1577 E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG (0)1578 E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG (0)16* Mobilfunk: (0)160 Telekom Deutschland GmbH (öffentliche zellulare Mobilfunkdienste) (0)161 frei Reserve (0)162 Vodafone D2 GmbH (öffentliche zellulare Mobilfunkdienste) (0)163 E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG (öffentliche zellulare Mobilfunkdienste) (0)164 e*Message Wireless Information Services Deutschland GmbH (Funkruf) (0)165 frei Reserve (0)166 frei Reserve (0)167 frei Reserve (0)168 e*Message Wireless Information Services Deutschland GmbH (Funkruf) (0)169 e*Message Wireless Information Services Deutschland GmbH (Funkruf) (0)17* Öffentliche zellulare Mobilfunkdienste: (0)170 Telekom Deutschland GmbH (0)171 Telekom Deutschland GmbH (0)172 Vodafone D2 GmbH (0)173 Vodafone D2 GmbH (0)174 Vodafone D2 GmbH (0)175 Telekom Deutschland GmbH (0)176 Telefónica Germany GmbH & Co. OHG Drucksache 17/8246 – 160 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Nummer bzw. Verwendung Planungen Nummernraum (0)177 E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG (0)178 E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG (0)179 Telefónica Germany GmbH & Co. OHG (0)180 Service-Dienste (0)181xxx, Internationale Virtuelle Private Netze (IVPN) (0)181xxxx mit x = 0… 9 (0)18xy, (0)18xyy, Nutzergruppen (0)18xyyy, (0)18xyyyy, (0)18xyyyyy, (0)18xyyyyyy mit x = 2 ... 9 und y = 0 ... 9 (0)19 frei; Ausnahmen: Reserve (0)19xz, (0)19yzzz – Online-Dienste mit x = 1 ... 3, y = 2... 4 und z = 0 ... 9 (0)1986115 – Verkehrslenkungsnummer für die einheitliche Behördenruf- nummer 115 (0)1987xxx – Verkehrslenkungsnummern für Rufnummern der Struktur mit x = 0...9 116xyy (0)1988xx – Zielnetzbetreiberkennungen zur Generierung von Verkehrslen- mit x = 0...9 kungsnummern für Internationale entgeltfreie Mehrwertdienste (0)1989xx – Verkehrslenkungsnummern für Auskunftsdienste und Vermitt- mit x = 0...9 lungsdienste (0)19890xx – Verkehrslenkungsnummern für Vermittlungsdienste mit x = 0 ... 9 (0)199 – Verkehrslenkungsnummern für netzinterne Verkehrslenkung (0)xy, Ortsnetzkennzahlen (ONKz); Ausnahmen: (0)xyy, (0)xyyy, (0)xyyyy mit x = 2 ... 9 und y = 0 ... 9 (0)31-0 – Testrufnummer Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl Fernverbindungen (0)31-1 – Testrufnummer Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl Ortsverbindungen (0)32 – Nationale Teilnehmerrufnummern (0)500, (0)501 –frei Reserve (0)600 –z. Z. belegt, erst bei Bedarf frei zu räumen (0)601 –frei Reserve (0)700 – Persönliche Rufnummern Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161 – Drucksache 17/8246

Nummer bzw. Verwendung Planungen Nummernraum (0)701 –frei Reserve (0)800 – Entgeltfreie Telefondienste (0)801 –frei Reserve (0)900x – Premium-Dienste mit x = 1, 3 und 5 (0)9009 – Anwählprogramme (Dialer) (0)901, –frei Reserve (0)902, (0)903, (0)904, (0)905 xyy (auslaufend), Teilnehmerrufnummern; Ausnahmen: xy yy (auslaufend), x yy yy, xy yy yy, x yy yy yy, xy yy yy yy mit x = 1 ... 9 und y = 0 ... 9 110 – Polizei 112 – Notruf, Feuerwehr 115 – Einheitliche Behördenrufnummer 116xyy – Harmonisierte Dienste von sozialem Wert (HDSW) mit x = 0, 1 und y = 0...9 118xy – Auskunftsdienste und Vermittlungsdienste mit x = 1 ...9 und y = 0 ... 9 11800x – Vermittlungsdienste mit x = 0 …9 1180xy –frei Reserve mit x = 1 …9 und y = 0 …9 übrige Bereiche der – netzinterne Nutzung Gasse 11

* In den Nummernbereichen (0)15, (0)16 und (0)17 sind die Zuteilungsnehmer von Rufnummernblöcken (RNB) angegeben. Aufgrund der gesetz- lichen Verpflichtung zur Rufnummernportabilität in Mobilfunknetzen können Rufnummern aus diesen RNB von anderen Mobilfunknetzbetrei- bern betrieben werden. Drucksache 17/8246 – 162 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Anhang 5 Adressen und Rufnummern der Bundesnetzagentur

Bundesnetzagentur im Internet: www.bundesnetzagentur.de E-Mail: [email protected]

Sitz Bonn: Dienstgebäude Mainz: Tulpenfeld 4, 53113 Bonn Canisiusstraße 21, 55122 Mainz Postfach 80 01, 53105 Bonn Postfach 80 01, 55003 Mainz Tel.: +49 228 14-0 Tel.: +49 6131 18-0 Fax: +49 228 14-8872 Fax: +49 6131 18-5600 Dienstgebäude Berlin: Dienstgebäude Saarbrücken: Fehrbelliner Platz 3, 10707 Berlin Talstraße 34-42, 66119 Saarbrücken Tel.: +49 30 22480-0 Postfach 10 04 43, 66004 Saarbrücken Fax: +49 30 22480-459 Tel.: +49 681 9330-9 Fax: +49 681 9330-700

Rufnummern der Bundesnetzagentur für Verbraucher im Bereich Telekommunikation:

Funkstörungen Rufnummernmissbrauch Tel.: +49 291 9955-206 Tel.: +49 1803 23 23 23 (24h erreichbar) (Festnetzpreis 9 ct/min; Mobilfunkpreise max. 42 ct/min) E-Mail: [email protected] Nummernverwaltung Verbraucherservice Tel.: +49 661 9730-290 Tel.: +49 30 22480-500

Kontakt zur Schlichtungsstelle Telekommunikation:

Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen Ref. 216, Schlichtungsstelle Postfach 80 01 53105 Bonn Fax: +49 30 22480-518 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 163 – Drucksache 17/8246

Anhang 6 Verzeichnis der Abkürzungen und Kurzschreibweisen

3GPP 3rd Generation Partnership Project ADCO Group of Administrative Cooperation (Arbeitsgruppe zur administrativen Koordination der Marktüberwachungsbehörden, insbesondere im Bereich der R&TTE-Richtlinie) ADSL Asymmetric Digital Subscriber Line AEG Allgemeines Eisenbahngesetz AFuG Amateurfunkgesetz a.F. alte Fassung AfuV Amateurfunkverordnung AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AKNN Arbeitskreis für technische und betriebliche Fragen der Nummerierung und der Netz- zusammenschaltung AMS Automatisches Messsystem AnerkV Verordnung über die Anforderungen und das Verfahren für die Anerkennung von Konformitätsbewertungsstellen APL Abschlusspunkt der Linientechnik ASFV analoge Standort-Festverbindungen ATM Asynchronous Transfer Mode ATRT Ausschuss für technische Regulierung in der Telekommunikation Az Aktenzeichen BAPT Bundesamt für Post und Telekommunikation BDSG Bundesdatenschutzgesetz BEMFV Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder BfD Bundesbeauftragter für den Datenschutz BFWA Broadband Fixed Wireless Access BGBl Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BK Beschlusskammer BKartA Bundeskartellamt BMPT Bundesministerium für Post und Telekommunikation BMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung BMVg Bundesministerium der Verteidigung BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie BND Bundesnachrichtendienst BOS Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben BPOL Bundespolizei BSH Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie BSI Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik BT Bundestag Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 164 – Drucksache 17/8246

Bundesnetzagentur Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (BNetzA) BW Bundeswehr BWA Broadband Wireless Access (Breitbandiger drahtloser Netzzugang) BZT Bundesamt für Zulassungen in der Telekommunikation CBS Cell Broadcast Service CE Communauté Européenne (Kennzeichnung der Europäischen Gemeinschaft im Zusammenhang mit der Produktsicherheit) CEN Comité Européen de Normalisation CENELEC Comité Européen de Normalisation Electrotechnique (Europäischer Ausschuss für elektrotechnische Normung) CEPT Conférence Européenne des Administrations des Postes et des Télécommunications (Europäische Konferenz der Verwaltungen für Post und Telekommunikation) CFV Carrier-Festverbindungen CISPR Comité international spécial des perturbation radioélectriques (Internationales Sonderkomitee für Funkstörungen) CPG Conference Preparatory Group DAB Digitaler Hörrundfunk (Digital Audio Broadcasting) d. h. das heißt DFS Deutsche Flugsicherung DIN Deutsche Industrienorm DMB Digital Multimedia Broadcasting (Digitaler Rundfunk) DRM Digital Rights Management DSFV Digitale Standort-Festverbindungen DSL Digital Subscriber Line (Digitale Anschlussleitung) DSLAM Digital Subscriber Line Access Multiplexer DVB Digitaler Fernsehrundfunk (Digital Video Broadcasting) DVB-H Digital Video Broadcasting for Handhelds DVB-T Digital Video Broadcasting Terrestrial (Terrestrischer Digitaler Fernsehrundfunk) eerwartet EBIT Earnings before interest and tax EBU European Broadcasting Union EC European Community ECC Electronic Communications Committee (Ausschuss des CEPT für Elektronische Kommunikation) EECMA European Electronic Communications Market Authority EFIS Europäisches Frequenzinformationssystem EFTA European Free Trade Association (Europäische Freihandelsassoziation) EG Europäische Gemeinschaft EGEA Expert Group on Emergency Access E-GSM Erweiterungsband GSM EMF Elektromagnetisches Feld EMTEL Emergency Telecommunications Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 165 – Drucksache 17/8246

EMV Elektromagnetische Verträglichkeit EMVG Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln EMVU Elektromagnetische Umweltverträglichkeit EN Europäische Normen ENUM Telephone Number Mapping ERG European Regulators Group (Europäische Regulatorengruppe) ETSI European Telecommunications Standards Institute (Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen) EU Europäische Union EuGH Europäischer Gerichtshof EU-Kommission Europäische Kommission EVN Einzelverbindungsnachweis EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft FTEG Gesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen FVT Fachstelle der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) des Bundes für Verkehrstechniken FWA Fester Drahtloser Zugang (Fixed Wireless Access) Gbit/s Gigabit pro Sekunde GG Grundgesetz GHz Gigahertz GSM Global System for Mobile Communication GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen HSPA High Speed Packet Access HVt Hauptverteiler ICA Interconnection-Anschlüsse ICAO Internationale Organisation für die zivile Luftfahrt (International Civil Aviation Organization) i.S.d. Im Sinne des/der IEC International Electrotechnical Commission (Internationale Elektrotechnische Kommission) IKT Informations- und Kommunikationstechnologien IMO Internationale Maritim Organisation (International Maritime Organization) IMT-2000 International Mobile Telecommunications 2000 (Anforderungen der ITU-R an ein Mobilfunksystem der dritten Generation) IP Internetprotokoll (Internet Protocol) IPR Intellectual Property Rights (Geistige Eigentumsrechte) IRG Independent Regulators Group (Gruppe der unabhängigen Regulierungsbehörden) ISDN Digitales Fernmeldenetz für integrierte Dienste (Integrated Services Digital Network) ISM-Band Industrial Scientific Medical Band (Frequenzbereiche für Hochfrequenzgeräte) ISO Internationale Organisation für Normung ISP Internet Service Provider ISPC International Signalling Point Codes IST Intelligent Transport System Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 166 – Drucksache 17/8246

ITE Informationstechnische Einrichtungen ITR International Telecommunication Regulation (Vollzugsordnung für internationale Fernmeldedienste) ITU International Telecommunication Union (Internationale Fernmeldeunion) ITU-R Funksektor der Internationalen Fernmeldeunion ITU-T Standardisierungssektor der Internationalen Fernmeldeunion KBS Kommunikationsbewertungsstellen kHz Kilohertz KostV Kostenverordnung KVz Kabelverzweiger MHz Megahertz Mio. Millionen MoU Memorandum of Understanding MRA Mutual Recognition Agreements MSP Mobilfunk-Service-Provider MV Messvorschrift MVNO Mobile Virtual Network Operators (Virtuelle Mobilfunknetzbetreiber) NATO North Atlantic Treaty Organisation (Nordatlantikvertrag – Organisation) NB Netzbetreiber NGN Next Generation Networks NNA Naming, Numbering and Addressing (Arbeitsgruppe des CEPT ECC). NRA National Regulatory Authority NRB Nationale Regulierungsbehörden Nr. Nummer NTR Nationale Teilnehmerrufnummer OECD Organisation for Economic Co-operation and Development o. g. oben genannt (e, er, es, en) OLG Oberlandesgericht ONP Offener Netzzugang (Open Network Provision) ÖTel Öffentliche Telefonzelle OVG Oberverwaltungsgericht PAC Payphone Access Charge PMD Prüf- und Messdienst PMXA Primärmultiplexanschluss PPDR Public Protection and Disaster Relief PT Projektteam PTSG Gesetz zur Sicherstellung des Postwesens und der Telekommunikation RAG Radiocommunication Advisory Group RAPEX Rapid Alert System for Non-Food Products RFID Radio Frequency Identification RL Richtlinie Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 167 – Drucksache 17/8246

RR Rahmenrichtlinie RRC Regional Radio Conference RSPG Radio Spectrum Policy Group R&TTE Radio Equipment and Telecommunications Terminal Equipment SchuTSEV Rechtsverordnung zum Schutz von öffentlichen Telekommunikationsnetzen und Sende- und Empfangsfunkanlagen SDSL Symmetrical Digital Subscriber Line SES Société Européenne des Sateliites SFV Standard-Festverbindungen SigG Signaturgesetz SigV Verordnung zur elektronischen Signatur SMS Short Message Service SNG Satellite News Gathering sog. so genannt (e, er, es) SPA Self Provided Applications S-PCS Satellite Personal Commincations Services SRD Short Range Device (Kleinleistungsfunkanwendungen) SSBn Schnittstellenbeschreibungen STB Set-Top-Box StBA Statistisches Bundesamt TAL Teilnehmeranschlussleitung TC Technische Komitees TCAM Telecommunications Conformity Assessment and Market Surveillance Committee (Telekommunikationsausschuss für Marktbewertung und -beobachtung) T-DAB Terrestrial Digital Audio Broadcasting (Terrestrischer Digitaler Tonrundfunk) TNB Teilnehmernetzbetreiber TK Telekommunikation TKE Telekommunikationseinrichtungen TKEE Telekommunikationsendeinrichtungen TKG Telekommunikationsgesetz TKV Telekommunikations-Kundenschutzverordnung tlw. teilweise TR TKÜ Technische Richtlinie zur Umsetzung gesetzlicher Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation TSAG Telecommunication Standardisation Advisory Group UHF Ultra High Frequency UKW Ultrakurzwellen UMTS Universal Mobile Telecommunications System USt Umsatzsteuer UStG Umsatzsteuergesetz UWB Ultra Wideband UWD Ultra-Wide-Band-Anwendungen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 168 – Drucksache 17/8246

VDSL Very High Speed Digital Subscriber Line Vfg. Verfügung VG Verwaltungsgericht VNB Verbindungsnetzbetreiber VO Verordnung VO Funk Vollzugsordnung für den Funkdienst VoIP Internet-Telefonie VSAT Very Small Aperture Terminal (kleine Satelliten Empfangsanlage) VwGO Verwaltungsgerichtsordnung WAPECS Wireless Access Platforms for Electronic Communication Services WG FM Working Group Frequency Management WG RR Arbeitsgruppe (Working Group) WG SE Working Group Spectrum Engineering WIK Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH WIMAX Worldwide Interoperability for Microwave Access WLAN Wireless Lokal Area Network (drahtloses lokales Netzwerk) WLL Wireless Local Loop WRC World Radiocommunication Conference (Weltfunkkonferenz) WTSA World Telecommunication Standardisation Assembly z. B. zum Beispiel ZPO Zivilprozessordnung z. T. zum Teil Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 169 – Drucksache 17/8246

Sondergutachten der Monopolkommission – Seite Telekommunikation 2011: Investitionsanreize stärken, Wettbewerb sichern

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort ...... 172

Kurzfassung ...... 173

1 Gesetzlicher Auftrag ...... 180

2 Stand und Entwicklung des Wettbewerbs ...... 180 2.1 Gesamtmarkt für Telekommunikationsdienste ...... 180 2.2 Festnetz und Kabelnetze ...... 182 2.2.1 Telefonanschlüsse ...... 182 2.2.2 Breitbandanschlüsse ...... 183 2.2.3 Verkehrsvolumina ...... 185 2.3 Vorleistungen im Festnetz ...... 185 2.3.1 Vorleistungen für schmal- und breitbandige Teilnehmer- anschlüsse ...... 185 2.3.2 Zusammenschaltung ...... 186 2.3.3 Mietleitungen ...... 186

3 Nachhaltig wettbewerbsorientierte Märkte ...... 187 3.1 Vorleistungen ...... 187 3.2 Endkundenleistungen ...... 188

4 Amtspraxis der Bundesnetzagentur ...... 189 4.1 Marktregulierung ...... 189 4.1.1 Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung ...... 190 4.1.2 Bitstromzugang ...... 192 4.1.3 Anrufzustellung in einzelnen Mobilfunknetzen ...... 193 4.1.4 Rundfunkübertragungsdienste ...... 194 4.1.5 Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten ...... 195 4.2 Entgeltregulierung ...... 195 4.2.1 Konsolidierung der Vorleistungsentgelte ...... 195 4.2.2 Mobilfunkterminierung ...... 196 4.2.3 TAL-Entgelte...... 198 4.2.4 Wechsel von der Bilanzwert- zur Kapitalmarktmethode bei der Kapitalkostenermittlung ...... 200

5 Wettbewerb und Regulierung im Mobilfunk ...... 201 5.1 Aktuelle Marktentwicklungen ...... 202 5.2 Wettbewerbsintensität ...... 204 Drucksache 17/8246 – 170 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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5.3 Wettbewerbseffekte einer restriktiven Regulierung der Vorleistungsentgelte ...... 205 5.4 Frequenzregulierung ...... 206 5.4.1 Frequenzauktion 2010 ...... 207 5.4.2 Flexibilisierung der GSM-Frequenzen ...... 208 5.4.3 Projekt 2016 – Verlängerung oder Neuvergabe der 900/1 800-MHz-Frequenzen ...... 209 5.5 Digitale Dividende 2 ...... 211

6 Breitbandausbau ...... 212 6.1 Einführung ...... 212 6.2 Stand der Breitbandversorgung ...... 212 6.3 Kosten als Hemmnis für Glasfaserinvestitionen ...... 213 6.4 Entgeltregulierung als Hemmnis für Glasfaserinvestitionen ...... 215 6.5 Die Rolle der Kabelnetzbetreiber ...... 216 6.6 Universaldienst ...... 217

7 Netzneutralität ...... 219 7.1 Einführung ...... 219 7.1.1 Das Internet aus technischer Sicht ...... 219 7.1.2 Das Internet aus ökonomischer Sicht ...... 220 7.1.3 Aktuelle Herausforderungen ...... 221 7.2 Die Debatte um die Netzneutralität ...... 221 7.2.1 Ursprung der Debatte ...... 221 7.2.2 Verwirrung um die Bedeutung der Netzneutralität ...... 223 7.2.3 Die zentralen Argumente in der Debatte ...... 223 7.2.4 Netzneutralität als Preisdifferenzierungsverbot ...... 224 7.2.5 Netzneutralität als Qualitätsdifferenzierungsverbot ...... 225 7.2.6 Fazit der Analyse ...... 226 7.3 Aktueller Stand aus regulatorischer Sicht ...... 226 7.3.1 Die Situation in den Vereinigten Staaten ...... 226 7.3.2 Die Situation in der Europäischen Union und in Deutschland ...... 227 7.4 Empfehlungen ...... 228

8 Zusammenfassung der Einschätzungen und Empfehlungen . . . . 228 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 171 – Drucksache 17/8246

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Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen Tabelle 2.1: Umsätze im Gesamtmarkt für Telekommunikations dienste und Marktanteile der Wettbewerber ...... 181 Tabelle 2.2: Umsätze für Telekommunikationsdienste nach Marktsegmenten ...... 181 Tabelle 2.3: Umsätze im Wholesale-Geschäft ...... 182 Tabelle 2.4: Zugangsmöglichkeiten zur Sprachkommunikation im Festnetz ...... 182 Tabelle 2.5: Telefonanschlüsse und Marktanteile der Wettbewerber . . . 183 Tabelle 2.6: Breitbandanschlüsse im Festnetz ...... 183 Tabelle 2.7: Marktanteile der Wettbewerber an der Breitband- versorgung ...... 184 Tabelle 2.8: DSL-Anschlüsse ...... 184 Tabelle 2.9: Abgehende Telefonminuten im Festnetz ...... 185 Tabelle 2.10: Verkehrsvolumen über Breitbandnetze ...... 185 Tabelle 5.1: Nutzer, Verkehrsvolumen und Umsätze im Mobilfunk . . . . 202 Tabelle 5.2: Marktanteile der Mobilfunknetzbetreiber ...... 203 Tabelle 5.3: Marktanteile der Mobilfunknetzbetreiber und Service-Provider nach Kundenbetreuung ...... 203 Tabelle 5.4: Ergebnisse der Frequenzauktion im April/Mai 2010 ...... 207 Tabelle 5.5: Ausstattung der Netzbetreiber mit Frequenzen unter 1 GHz ...... 211 Tabelle 6.1: Versorgungslage für Bandbreiten 1 Mbit/s in Prozent der Haushalte Anfang 2011 ...... 213 Abbildung 7.1: Prognostiziertes Wachstum des Internetverkehrs in den nächsten Jahren ...... 223 Drucksache 17/8246 – 172 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Vorwort Seite Themen des Sondergutachtens der Monopolkommission zur Telekommunikation 2011 sind die Entwicklung des Wettbewerbs im Mobilfunk, der Aufbau hochleis- tungsfähiger Breitbandnetze sowie die Diskussion um die sog. Netzneutralität. So- wohl im Festnetz als auch im Mobilfunk sollen die Anreize für Netzinvestitionen ge- stärkt und der Wettbewerb der Anbieter gesichert werden. Gefahren für den Wettbewerb können sich aus der Regulierung ergeben, etwa der Entgeltregulierung von Vorleistungen oder der Frequenzregulierung. Sie können aber auch aus proble- matischen Weichenstellungen bei den Rahmenbedingungen folgen, etwa aus der Ein- führung eines Breitbanduniversaldienstes oder der Beschneidung der Zulässigkeit von ökonomisch sinnvollen Preis- und Qualitätsdifferenzierungen im Internet. Ge- mäß ihrem gesetzlichen Auftrag beurteilt die Monopolkommission zudem den Stand und die Entwicklung des Wettbewerbs auf den Telekommunikationsmärkten, nimmt zu der Frage Stellung, ob nachhaltig wettbewerbsorientierte Telekommunikations- märkte bestehen, und würdigt die Amtspraxis der Bundesnetzagentur im Bereich der Telekommunikationsregulierung. Zur Vorbereitung ihres Sondergutachtens hat die Monopolkommission drei Anhö- rungen durchgeführt. Am 9. Juni 2011 hat sie zunächst mit Vertretern der Unterneh- men, Verbände und des Länderarbeitskreises Telekommunikation die Themen Breit- bandausbau und Netzneutralität diskutiert. Teilnehmer dieser Diskussionsrunde in Bonn waren: – ANGA, Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber e. V., – Breko, Bundesverband Breitbandkommunikation e. V., – Buglas, Bundesverband Glasfaseranschluss e. V., – VATM, Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V., – Deutsche Telekom AG, – Dr. Gerald Wiesch, Vorsitzender des Länderarbeitskreis Telekommunikation, Informationswirtschaft, Post der Wirtschaftsministerkonferenz. In einer weiteren Anhörung am 9. Juni 2011 in Bonn hat die Monopolkommission mit den Mobilfunknetzbetreibern Deutsche Telekom AG, Telefónica Germany GmbH & Co. OHG (O2), E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG und Vodafone D2 GmbH über den Wettbewerb im Mobilfunk gesprochen. Einige der angehörten Unternehmen und Verbände haben ihre mündlichen Äußerun- gen gegenüber der Monopolkommission durch schriftliche Stellungnahmen ergänzt. Schriftliche Stellungnahmen sind darüber hinaus von Juconomy Rechtsanwälte, Düsseldorf, 1&1 Internet AG, Montabaur, sowie mobileExtension GmbH, Berlin, eingegangen. Die Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunika- tion, Post und Eisenbahnen Frau Dr. Iris Henseler-Unger sowie Mitarbeiter der Be- hörde haben mit der Monopolkommission am 15. September 2011 die Themen Wett- bewerb im Mobilfunk, Breitbandausbau und Netzneutralität diskutiert. Die Behörde hat darüber hinaus zu den genannten Themen sowie zu ihrer Regulierungspraxis und zur Wettbewerbsentwicklung auf den Telekommunikationsmärkten eine umfassende schriftliche Stellungnahme abgegeben. Weiterhin hat es vielfältige zwischen den Mitgliedern und Mitarbeitern der Monopolkommission und Vertretern der Bundesnetzagentur, des Bundeskartellam- tes, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, der Europäischen Kommission, der Unternehmen und der Verbände gegeben. Die Monopolkommis- sion dankt allen Beteiligten für ihre Mitwirkung. Das vorliegende Gutachten wurde federführend von Herrn Dr. Klaus Holthoff-Frank betreut. Das Kapitel zur Netzneutralität hat Herr Dr. Salem Saljanin bearbeitet. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 173 – Drucksache 17/8246

Kurzfassung schlüssen wuchs im Jahr 2010 auf 51 Prozent und blieb im ersten Halbjahr 2011 mit 50 Prozent konstant hoch. 1* In ihrem Sondergutachten „Telekommunikation 2011: Investitionsanreize stärken, Wettbewerb sichern“ 4.* Die Verkehrsmengen im Festnetz entwickeln sich beurteilt die Monopolkommission den Stand und die Ent- unterschiedlich. Während die Gesamtzahl der abgehen- wicklung des Wettbewerbs auf den Telekommunikations- den Telefonminuten in den Jahren 2010 und 2011 leicht märkten und dabei insbesondere die Frage, ob die Märkte rückläufig ist, nimmt die Datenübertragung über Breit- in der Bundesrepublik Deutschland bereits nachhaltig bandanschlüsse stark zu. Der Rückgang der Gesprächs- wettbewerbsorientiert sind. Gemäß ihres gesetzlichen minuten im Festnetz betrifft sowohl die Deutsche Tele- Auftrags würdigt sie darüber hinaus die Amtspraxis der kom als auch die Wettbewerber. Nach wie vor entfällt der Regulierungsbehörde im Bereich der Telekommunika- größere Teil der im Festnetz erbrachten Verkehrsmengen tionsregulierung und nimmt zu aktuellen Themen Stel- auf die Deutsche Telekom. Weiterhin rückläufig ist der lung. Aktuelle Themen sind der Stand und die Perspekti- Anteil der auf der Basis von Call-by-Call und Preselec- ven des Wettbewerbs im Mobilfunk vor dem Hintergrund tion erbrachten Gesprächsminuten an den insgesamt von einer zunehmend intensiveren Regulierung der Vorleis- den Wettbewerbern der Deutschen Telekom AG erbrach- tungsentgelte sowie der bevorstehenden Flexibilisierung ten Telefonminuten. Lag dieser Anteil im Jahr 2005 noch und Neuvergabe wichtiger Frequenznutzungsrechte. Dis- bei 62 Prozent, sank er im Jahr 2010 auf 14 Prozent und kutiert werden darüber hinaus Investitionshemmnisse im Jahr 2011 auf 10 Prozent. beim Ausbau von hochbitratigen Breitbandnetzen sowie 5.* Der Wettbewerb bei den schmal- und breitbandi- Möglichkeiten, die Investitionsanreize zu stärken. In ei- gen Teilnehmeranschlüssen stützt sich auf eine Reihe von nem weiteren Kapitel beschäftigt sich die Monopolkom- Vorleistungsprodukten, die vornehmlich durch die Deut- mission mit Fragen der Netzneutralität. Gefragt wird ins- sche Telekom angeboten werden. Die wichtigste Vor- besondere, welche Effekte ein Verbot von Preis- und leistung zur Realisierung von schmalbandigen Telefon- Qualitätsdifferenzierungen beim Transport von Daten anschlüssen und von Breitbandanschlüssen ist der über das Internet auf den Wettbewerb und die Investi- entbündelte Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung tionsanreize der Marktteilnehmer hat. (TAL). Bis Mitte des Jahres 2011 stieg die Anzahl der vermieteten Teilnehmeranschlussleitungen in Deutsch- Stand und Entwicklung des Wettbewerbs land auf 9,6 Millionen, wobei die Zuwachsraten aber deutlich rückläufig sind. Etwa 0,8 Millionen Breitbandan- 2.* Die Umsätze im Gesamtmarkt für Telekommuni- schlüsse werden auf der Grundlage des alternativen Vor- kationsdienste sind in den Jahren 2010 und 2011 weiter- leistungsproduktes Bitstromzugang realisiert. Stark rück- hin rückläufig. Von den Umsatzrückgängen ist das TK- läufig ist der Wiederverkauf von DSL-Anschlüssen der Festnetz besonders betroffen, während die Kabelnetze Deutschen Telekom durch Wettbewerber (DSL-Resale). und zuletzt auch wieder der Mobilfunk leichte Umsatzzu- Während im Jahr 2007 noch 3,5 Millionen DSL-An- wächse verbuchen konnten. Umsatzverlierer ist, wie in schlüsse der Deutschen Telekom durch Reseller vermark- den Vorjahren, vor allem die Deutsche Telekom AG. Die tet wurden, sank deren Anzahl über 1,7 Millionen im Jahr alternativen Netzbetreiber verlieren zwar seit dem Jahr 2008 auf 1,1 Millionen im Jahr 2011. 2009 ebenfalls Umsätze, dies aber in einem begrenzten Umfang. Der Marktanteil der alternativen Anbieter be- trug Ende des Jahres 2010 bezogen auf den gesamten Te- Nachhaltig wettbewerbsorientierte Märkte und lekommunikationsmarkt 54 Prozent und wird Ende des Deregulierungspotenziale Jahres 2011 bei 55 Prozent liegen. 6.* Die Regulierung der Vorleistungen ist auf abseh- bare Zeit unverzichtbar, da das überwiegende Angebot 3.* Der Marktanteil der Wettbewerber bei den ca. der Wettbewerber auf den Endkundenmärkten nur dann 38 Millionen Telefonanschlüssen hat weiter zugenom- bestehen kann, wenn sie auf die Infrastruktur des domi- men. Er liegt Ende des Jahres 2011 bei knapp 38 Prozent. nierenden Anbieters zurückgreifen können. Weiterhin Noch deutlich größer ist der Marktanteil der alternativen nicht nachhaltig wettbewerbsorientiert sind die Märkte Netzbetreiber bei den Breitbandanschlüssen. Mitte des für den entbündelten Zugang zur Teilnehmeranschlusslei- Jahres 2011 gab es in Deutschland knapp 27 Millionen tung, den Bitstromzugang, den Wiederverkauf von Teil- Breitbandanschlüsse, von denen knapp 55 Prozent von al- nehmeranschlüssen und die Zusammenschaltung. Skep- ternativen Anbietern geschaltet wurden. Wird die Per- tisch ist die Monopolkommission, ob Line Sharing als spektive auf die DSL-Anschlüsse verengt, ist der Markt- reguliertes Vorleistungsprodukt noch benötigt wird, da anteil der Wettbewerber mit knapp 48 Prozent geringer Geschäftsmodelle, die allein auf den Zugang zum Internet und seit 2008 sogar rückläufig. Ein Grund für das Wie- ausgerichtet sind, während der Telefonanschluss weiter- dererstarken der Deutschen Telekom auf dem DSL-Markt hin durch den eingesessenen Netzbetreiber bereitgestellt ist, dass sie seit dem Jahr 2007 auf die starke Marktstel- wird, keine Zukunft haben dürften. lung der alternativen Anbieter mit Qualitätsverbesserun- gen und Preiswettbewerb reagiert hat. Stark zugenommen 7.* Der einzige derzeit noch regulierte Endkunden- hat der Anteil der Breitbandanschlüsse in den Kabelnet- markt ist der Markt für Telefonanschlüsse im Festnetz. zen. Mitte des Jahres 2011 wurden 3,2 Millionen Breit- Die Monopolkommission hatte in ihrem Sondergutachten bandanschlüsse in den Kabelnetzen realisiert. Der Anteil im Jahr 2009 die vollständige Deregulierung dieses des Kabelnetzes im Neukundengeschäft mit Breitbandan- Marktes trotz der positiven Wettbewerbsentwicklung Drucksache 17/8246 – 174 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode noch abgelehnt und sich lediglich für eine Reduzierung pflicht und der nachträglichen Regulierung unterfallen. der Regulierungsintensität ausgesprochen. Inzwischen ist Die Europäische Kommission kritisierte den Verzicht auf sie der Auffassung, dass auch die nachträgliche Entgeltre- die Ex-ante-Regulierung bei der Glasfaser-TAL mit dem gulierung für die Sicherung des Wettbewerbs nicht mehr Argument, dass nachträgliche Preiskontrollen in Form notwendig ist. Versucht das eingesessene Unternehmen von Tests zur Ermittlung von Preis-Kosten- und Kosten- seine Marktposition durch missbräuchliche Praktiken, Kosten-Scheren nicht geeignet seien, kostenorientierte wie ungerechtfertigte Bündelung, Preis-Kosten-Scheren Entgelte zu gewährleisten. Die Monopolkommission teilt oder Preisdumping, zu verteidigen, kann dies mit den zwar prinzipiell die Bedenken der Europäischen Kom- Mitteln des Wettbewerbsrechts verfolgt werden. Für diese mission, hält das Vorgehen der Bundesnetzagentur in der Auffassung spricht auch, dass die Eingriffsintensität der Gesamtschau aber für richtig. Für die „weichere“ nach- bisher auferlegten nachträglichen Entgeltregulierung trägliche Entgeltregulierung spricht insbesondere, dass kaum über die der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht damit die Anreize für Investitionen in Glasfasernetze we- hinausreicht. niger stark beeinträchtigt werden. 8.* Die Bedeutung der Betreiberauswahl und Betrei- 11.* Auf dem Markt für Bitstromzugang sieht die Re- bervorauswahl als Instrument zur Ermöglichung und Si- gulierungsbehörde die Voraussetzungen für die Abgren- cherstellung des Wettbewerbs auf dem Markt für Fest- zung regionaler Märkte nicht gegeben. Die Monopolkom- netzverbindungen geht zurück. Für diese Auffassung mission beurteilt das anders. Sie wiederholt ihre spricht, dass der Anteil der Gesprächsverbindungen, die Einschätzung, dass die Abgrenzung regionaler Märkte für mittels der Betreiber(vor)auswahl durch alternative An- den Bitstromzugang möglich wäre. Ob dies auch dazu bieter erbracht werden, stark abnimmt und sich immer führt, dass einzelne Regionalmärkte bereits aus der Regu- mehr Nutzer für Bündelangebote entscheiden, die unter lierung zu entlassen sind, wäre im Rahmen der Analyse anderem eine Flatrate für Gespräche innerhalb des Fest- der einzelnen regionalen Märkte zu entscheiden. Die Re- netzes oder aus Mobilfunknetzen in das Festnetz beinhal- gionalisierung der Märkte eröffnet jedenfalls die Mög- ten. Eine etwas größere Bedeutung hat die Betrei- lichkeit, Regulierung schneller abzubauen, als dies im na- ber(vor)auswahl noch für Gespräche vom Festnetz in die tionalen Kontext möglich ist. Die damit verbundenen Mobilfunknetze, da diese in den üblichen Flatrate-Ange- Risiken für den Wettbewerb oder den Infrastrukturausbau boten – mit Ausnahme der sog. All-Net-Flat – nicht ent- werden ebenso überschätzt wie die praktischen Probleme. halten sind. Ob dies als Rechtfertigung für den Fortbe- stand dieser Zugangsverpflichtung ausreicht, steht 12.* Die Bundesnetzagentur sah in der Vergangenheit zumindest infrage. keine Rechtsgrundlage für das Verlangen der Europäi- schen Kommission, die Entgelte für die Terminierung in einzelnen Mobilfunknetzen dem Beteiligungsverfahren Würdigung der Amtspraxis der Bundesnetzagentur zu unterstellen. Die Europäischen Kommission hatte da- 9.* Die Monopolkommission beschränkt sich bei der raufhin ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bun- Würdigung der Amtspraxis der Bundesnetzagentur auf desrepublik Deutschland eingeleitet und eine Klage vor die aus ihrer Sicht wichtigen Fälle. Von besonderer Be- dem Europäischen Gerichtshof angekündigt. Um diese deutung sind die Verfahren der Marktregulierung, bei de- Auseinandersetzung zu beenden, hat die Bundesnetz- nen entschieden wird, ob die Voraussetzungen für die Re- agentur ihre Entscheidungspraxis geändert und unterwirft gulierungsbedürftigkeit auf den relevanten Märkten nunmehr wichtige Entgeltentscheidungen dem Konsulta- erfüllt sind und welche Verpflichtungen dem Unterneh- tions- und Konsolidierungsverfahren gemäß § 12 TKG. men mit beträchtlicher Marktmacht gegebenenfalls aufer- Die Monopolkommission begrüßt dies, auch wenn die legt werden. Daneben werden in diesem Gutachten Ent- Rechtslage in dieser Frage nicht eindeutig ist. Ein Behar- scheidungen aus dem Bereich der Entgeltregulierung ren auf der ursprünglichen Position hätte wenig Vorteile gewürdigt. Mit Fragen der Frequenzregulierung befasst gebracht, da die Bundesnetzagentur wegen der fehlenden sich die Monopolkommission in einem gesonderten Kapi- Vetorechte der Europäischen Kommission die vorge- tel zum Mobilfunk. schlagenen Entgelte im Zweifel durchsetzen kann. Nach- teilig ist, dass das Beteiligungsverfahren zeitaufwendig 10.* Der relevante Markt für den entbündelten Zugang ist und zu weiteren Verzögerungen bei der Regulierung zur Teilnehmernanschlussleitung umfasst erstmals die führt. TAL auf der Basis reiner Glasfaser, d. h. den Zugang zu einem Glasfasernetz, welches bis zum Teilnehmeran- 13.* Mit der drastischen Absenkung der Terminierungs- schluss reicht (Fibre to the Home, FTTH). Begründet entgelte im Mobilfunk mit Wirkung zum 1. Dezember wurde die Einbeziehung in den relevanten Markt im We- 2010 geht die Bundesnetzagentur das Risiko der Überfor- sentlichen mit der Ankündigung der Deutschen Telekom derung insbesondere der kleineren Netzbetreiber ein. Bei AG, innerhalb der Laufzeit der Marktanalyse ein FTTH- den D-Netzbetreibern wurden die Entgelte um knapp Netz mit einer größeren Teilnehmerzahl aufzubauen. Bei 50 Prozent, bei den E-Netzbetreibern sogar um mehr als den Regulierungsverpflichtungen unterscheidet die Bun- 50 Prozent reduziert. Der Konsolidierungsdruck auf den desnetzagentur zwischen den verschiedenen TAL-Varian- deutschen Mobilfunkmarkt kann dadurch erhöht werden. ten. Die Entgelte für den Zugang zur Kupfer-TAL unter- Die Monopolkommission hätte eine Anpassung der Ent- liegen weiterhin der Genehmigungspflicht, während die gelte an die Kosten der effizienten Leistungsbereitstel- Entgelte für die Glasfaser-TAL lediglich der Anzeige- lung in kleineren Schritten bevorzugt. Kritisch zu bewer- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 175 – Drucksache 17/8246 ten ist, dass die Bundesnetzagentur die effizienten Kosten kleineren Netzbetreiber weiterhin Marktanteile gewin- der Terminierung auf der Grundlage betreiberindividuel- nen, wenn auch moderat. Für intensiven Wettbewerb ler tatsächlicher Kosten ermittelt. Das widerspricht dem sorgt zudem, dass mehr als die Hälfte der Endkunden Pre- Regulierungsansatz des Telekommunikationsgesetzes. paid-Verträge besitzen und damit verhältnismäßig einfach Danach sind Entgelte festzusetzen, die sich in einem fikti- den Anbieter wechseln können. Gleichwohl gibt es im ven, durch Wettbewerb gekennzeichneten Telekommuni- Mobilfunk eine Reihe von Faktoren, die gegen das Beste- kationsmarkt ergeben würden. In einem wettbewerbli- hen intensiven Wettbewerbs sprechen könnten. Dazu ge- chen Umfeld gibt es aber nur einen Preis, der sich zudem hören hohe Marktzutrittsschranken, die hohe Komplexität nicht nach den tatsächlichen Kosten richtet, sondern den der Endkundenpreise sowie der hohe Grad an Symmetrie langfristigen Zusatzkosten, inklusive eines angemessenen zwischen den beiden führenden Anbietern, deren Markt- Gemeinkostenzuschlags, entspricht. Wenig plausibel ist, anteile sich seit Jahren vergleichbar entwickeln und die dass die effizienten Kosten der Terminierung im E-Plus- beide über Netze mit ähnlichem Ausbaustand sowie über Netz deutlich niedriger sind als in den drei übrigen Net- eine ähnliche Finanzkraft, weitgehend übereinstimmende zen. Dies gilt allein schon deshalb, weil die D-Netz-Be- EBITDA-Margen und Umsätze pro Kunde verfügen. treiber wegen der günstigeren Frequenzausstattung gerin- gere Netzkosten als die E-Netzbetreiber haben. In den 17.* Die Monopolkommission zieht aus dieser Gesamt- bisherigen Entgeltregulierungsentscheidungen der Bun- situation den Schluss, dass die Wettbewerbsintensität des desnetzagentur kam dies stets darin zum Ausdruck, dass deutschen Mobilfunkmarktes maßgeblich davon ab- die effizienten Kosten der Terminierung in den kleineren hängt, dass die gegenwärtige Marktstruktur mit vier un- Netzen höher waren als in den größeren Netzen. Die An- abhängigen Netzbetreibern erhalten bleibt. Bei einer hebung der Terminierungsentgelte von E-Plus auf der Marktstruktur mit lediglich drei von der Ressourcenaus- Grundlage einer zusätzlich angestellten Vergleichsmarkt- stattung ähnlichen, bezogen auf die Unternehmensstrate- betrachtung ist zwar in der Sache zu begrüßen, birgt aber gie vergleichbar aufgestellten und im Hinblick auf die für das Unternehmen erhebliche rechtliche Risiken. Marktanteile nahezu gleich starken Netzbetreibern sprä- chen theoretische und empirische Argumente für eine sin- 14.* Die Bundesnetzagentur hat die Entgelte für den kende Wettbewerbsintensität. entbündelten Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung am Hauptverteiler nur unwesentlich gesenkt. Einer der 18.* Nicht auszuschließen ist, dass die intensivere Re- Hauptstreitpunkte bei der Entscheidung war wiederum gulierung der Terminierungs- und Roamingentgelte nega- der Rückgriff auf (Brutto-)Wiederbeschaffungskosten bei tive Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation im Mo- der Bestimmung des Investitionswertes der Teilnehme- bilfunk hat. Das ist dann der Fall, wenn die Netzbetreiber ranschlussinfrastruktur. Rechtlich ist dieses Vorgehen in unterschiedlicher Weise von der Regulierung betroffen umstritten, ökonomisch dagegen nachvollziehbar. sind. Relativ sicher ist dies im Falle der Terminierungs- entgelte. Sinkende Einnahmen aus der Terminierung im 15.* Bei der Bestimmung der kalkulatorischen Zinsen Mobilfunk werden bei integrierten Unternehmen wie der stützt sich die Bundesnetzagentur inzwischen auf die Ka- Deutschen Telekom durch sinkende Ausgaben für Termi- pitalmarktmethode, bei der der Eigenkapitalzinssatz mit- nierungsleistungen für Gespräche aus dem Festnetz in tels des sog. Capital-Asset-Pricing-Modells (CAPM) be- Mobilfunknetze kompensiert. Dies gilt insbesondere, stimmt wird. Die Monopolkommission begrüßt die wenn die gesunkenen Vorleistungsentgelte nur partiell in Umstellung der Methodik, da das CAPM ökonomisch sinkende Endkundenentgelte für Fest-Mobil-Gespräche besser fundiert ist als die bisher verwendete Bilanzwert- münden. Nicht auszuschließen ist auch, dass die Kombi- methode und in der internationalen Praxis weit verbreitet nation aus Umsatzeinbußen im Endkunden- und Vorleis- ist. Für eine Umstellung spricht auch, dass das CAPM tungsgeschäft und stark zunehmenden Investitionserfor- von der Bundesnetzagentur auch seit Jahren für andere dernissen die Überlebensfähigkeit der kleineren Netzindustrien verwendet wird. Mobilfunknetzbetreiber infrage stellt. Die Monopolkom- mission empfiehlt vor diesem Hintergrund, die Mobil- Wettbewerb und Regulierung im Mobilfunk funknetzbetreiber mit „Augenmaß“ zu regulieren. Dies heißt, die notwendigen Anpassungen der Entgelte an die 16.* Obwohl die beiden führenden Anbieter im deut- Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung weiterhin schen Mobilfunkmarkt weiterhin einen deutlichen Markt- über einen Anpassungspfad und nicht in zu großen Schrit- anteilsvorsprung haben und Ende des zweiten Quartals ten zu vollziehen. Der Entgeltregulierung sollte zudem 2011 über einen gemeinsamen Marktanteil bei den Netz- ein Kostenmaßstab zugrunde liegen, welcher die Gemein- betreibern (ohne Service-Provider) verfügten, der mit gut kosten der Unternehmen berücksichtigt. 64 Prozent nur knapp unterhalb der Vermutungsschwelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen für die 19.* Der Wettbewerb im Mobilfunk wird auch durch gemeinsame Marktbeherrschung liegt, geht die Monopol- die Frequenzvergabe und gegebenenfalls durch die Flexi- kommission von einem intensiven Wettbewerb auf die- bilisierung der GSM-Frequenzen tangiert. Positiv für den sem Markt aus. Dafür spricht, dass intensiver Preiswett- Wettbewerb und die Wettbewerbsfähigkeit der Unterneh- bewerb besteht, der auch von Resellern, Service- men ist, dass alle vier Netzbetreiber im Frühjahr 2010 zu- Providern und MVNO ausgeht, die zusammen Ende 2010 sätzliches Spektrum erwerben konnten, welches es ihnen über einen Marktanteil bei den Endkunden von etwa erlaubt, ihre Netze an die wachsenden Bedürfnisse der 20 Prozent verfügten Dafür spricht auch, dass die beiden Nachfrager anzupassen. Der Umstand, dass ein Netzbe- Drucksache 17/8246 – 176 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode treiber keine 800-MHz-Frequenzen ersteigern konnte, die Bedarfsermittlung zu dem Ergebnis, dass Frequenz- zieht für sich genommen keine Wettbewerbsverzerrungen knappheit herrscht, sollte eine Versteigerung nur dann nach sich. E-Plus ist bei einem bestimmten Preis aus der durchgeführt werden, wenn mindestens eine qualifizierte Auktion ausgestiegen. Wenn diese Entscheidung ökono- Bedarfsanmeldung von einem Neueinsteiger stammt. misch rational getroffen wurde, dann ist das näherungs- Wenn kein Neueinsteiger in Sicht ist, sollte trotz der öko- weise dasjenige Preisniveau, bei dem der Kostenvorteil nomischen Vorteile auf die Durchführung eines Verstei- des Netzausbaus mit Flächenfrequenzen durch die höhe- gerungsverfahrens verzichtet werden, da diese dem Markt ren Frequenzkosten sowie die Kosten der mit den Flä- zusätzlich Liquidität entzieht, welche die Unternehmen in chenfrequenzen verbundenen Versorgungsauflagen aus- der gegenwärtigen Situation dringend für Investitionen in geglichen wird. den Aufbau der neuen mobilen Breitbandnetze benötigen. 20.* Die unionsrechtlich gebotene Flexibilisierung der 23.* Auf längere Sicht erscheint es bei dem zu erwar- GSM-Frequenzen hat keine negativen Auswirkungen auf tenden Wachstum des mobilen Datenübertragungsvolu- den Wettbewerb im Mobilfunk. Die Monopolkommission mens spätestens 2018/2020 notwendig, weitere Frequenz- teilt die Auffassung der Bundesnetzagentur, dass die Fle- ressourcen für den Mobilfunk unterhalb von 1 GHz, xibilisierung von Frequenzen den Wettbewerb eher för- bereitzustellen. Die Monopolkommission spricht sich da- dert als verzerrt. Für die Entwicklung des Wettbewerbs für aus, dieses Spektrum aus einer digitalen Dividende 2 gegebenenfalls problematisch ist, dass die Asymmetrie zu gewinnen, indem weitere Frequenzen unterhalb von bei der Ausstattung mit Flächenfrequenzen unterhalb von 790 MHz, die bisher dem terrestrischen Rundfunk zuge- 1 GHz zwischen den Netzbetreibern weiter zugenommen ordnet sind, für den Mobilfunk verfügbar gemacht wer- hat. Zu Wettbewerbsverzerrungen käme es, wenn sich he- den. Die Monopolkommission verkennt zwar nicht, dass rausstellt, dass der flächendeckende Ausbau von Breit- der weitere Frequenzbedarf des terrestrischen Rundfunks bandnetzen der neuesten Generation für den Erfolg eines heute nur unzureichend vorhersehbar ist. Grundsätzlich Netzbetreibers unabdingbar ist. E-Plus verfügt aufgrund dürfte in Anbetracht des wachsenden Anteils der Rund- seiner Ausstattung mit Frequenzen unterhalb von 1 GHz funkübertragung über Satellit, Kabel und IPTV die Be- als einziger Netzbetreiber momentan nicht über die Mög- deutung der terrestrischen Rundfunkübertragung aber lichkeit, ein flächendeckendes mobiles Breitbandnetz zu eher rückläufig sein. wettbewerbsfähigen Kosten aufzubauen. Zwar ist nicht auszuschließen, dass ein Netzbetreiber auch mit einer auf Breitbandausbau die Ballungsgebiete orientierten Angebotsstrategie er- 24.* Als bestmögliche technische Lösung für das Errei- folgreich ist. Es kann aber sein, dass Flächendeckung chen der Breitbandziele der Bundesregierung sowie der – ähnlich wie bei der mobilen Sprachtelefonie – ein wich- Ziele der digitalen Agenda der Europäischen Kommis- tiges Erfolgskriterium bei Datendiensten ist. Sofern es sion gilt der Glasfaserausbau. Gerade dieser bleibt aller- nicht möglich ist, die fehlende Flächendeckung durch ein dings deutlich hinter den Erwartungen der Politik zurück, Roamingabkommen mit einem Wettbewerber zu kom- wofür eine Reihe von Gründen angeführt wird. Hemmend pensieren, würde die fehlende Ausstattung mit Flächen- auf die Investitionstätigkeit wirken die hohen Kosten des frequenzen zum Wettbewerbsnachteil, dessen letzte Kon- Netzausbaus und die bisher geringe Nachfrage nach sequenz der Marktaustritt sein könnte. hochbitratigen Anschlüssen. Hinzu kommt nach Auffas- 21.* Da nach Auffassung der Monopolkommission der sung der Telekommunikationsnetzbetreiber, dass die Re- Erhalt der gegenwärtigen Marktstruktur mit vier Netzbe- gulierung falsche oder ungenügende Anreize für Investi- treibern für die Wettbewerbsintensität im Mobilfunk aus- tionen in neue Netze setze und der Wettbewerb durch die schlaggebend ist, sollte die Neuvergabe der 900-MHz- TV-Kabelnetzbetreiber verzerrt werde. Im politischen Frequenzen zum 1. Januar 2017 zum Anlass genommen Raum wird im Zusammenhang mit der Novellierung des werden, die bestehende Asymmetrie bei der Verteilung Telekommunikationsgesetzes zudem über die Einführung der Ausstattung mit Frequenzen unter 1 GHz zu vermin- eines Breitbanduniversaldienstes gestritten. dern. Das für die Umverteilung notwendige Spektrum 25.* Der Investitionsaufwand für ein leistungsfähiges kann dadurch gewonnen werden, dass die bereits bei der Glasfasernetz ist außerordentlich hoch. Die Schätzungen Frequenzauktion 2010 geltende Spektrumskappe von reichen von 30 Mrd. Euro bis zu mehr als 100 Mrd. Euro. 2 x 20 MHz unterhalb von 1 GHz dann für alle Netzbe- Der größte Kostenblock bei der Verlegung der Glasfaser treiber streng umgesetzt wird. Für die Deutsche Telekom ist der Tiefbau (Kosten für Grabungs- und Wiederherstel- und Vodafone D2 hieße dies, dass sie 900-MHz-Spek- lungsarbeiten), auf den rund 70 Prozent der Gesamtkos- trum im Umfang von je 2 x 2,4 MHz entweder nicht neu ten entfallen. Durch die Mitnutzung vorhandener Infra- zugeteilt bekommen können oder – bei einer Verlänge- strukturen, wie Kabelkanäle und Leerrohre, können diese rung der gegenwärtigen Nutzungsrechte – abgeben müss- Kosten deutlich reduziert werden. Die Monopolkommis- ten. sion begrüßt, dass im Rahmen der TKG-Novelle die ge- setzlichen Voraussetzungen für die Mitnutzung vorhande- 22.* Bei der Frage, ob die Ende des Jahres 2016 auslau- ner und geplanter Infrastrukturen deutlich verbessert fenden Frequenznutzungsrechte verlängert oder neu ver- werden sollen. geben werden sollten, spricht sich die Monopolkommis- sion wie die Bundesnetzagentur für die Durchführung 26.* Bei der Verteilung der Kosten der Mitverlegung eines förmlichen Bedarfsermittlungsverfahrens aus. Führt von Glasfaserleitungen in Stromnetz- und Gasleitungs- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 177 – Drucksache 17/8246 gräben praktizieren die Landesregulierungsbehörden und deren gegebenenfalls geringere Kosten eine Obergrenze die Bundesnetzagentur Verfahren zur Kostenverteilung, für die Wiederbeschaffungskosten der Kupfer-TAL dar- bei denen nicht direkt zurechenbaren Kosten unter be- stellen. stimmten Voraussetzungen in die Kalkulation der Strom- und Gasnetzentgelte einfließen. Die Strom- und Gasend- 29.* Die Europäische Kommission sieht bei den Netz- kunden zahlen auf diese Weise einen Aufschlag, der spä- zugangsentgelten wegen der großen Preisunterschiede in- ter in Form niedrigerer Entgelte für Strom und Gas zu- nerhalb der Union einen Harmonisierungsbedarf. Gegen- rückgezahlt wird, wenn der Strom- oder Gasnetzbetreiber wärtig führt sie eine Konsultation zu dem Thema durch das mitverlegte Breitbandkabel vermarktet. Nach Auffas- und wird gegebenenfalls eine Empfehlung zu den Koste- sung der Behörden ergibt sich daraus keine Umverteilung nermittlungsmethoden abgeben. Es zeichnet sich ab, dass von (TK-)Netzkosten, sondern lediglich ein Vorfinan- sie bei der Ermittlung der Entgelte für die Kupfer-TAL ei- zierungseffekt. Die Monopolkommission steht diesen nen gemischten Ansatz aus historischen Kosten und Wie- Ansätzen eher kritisch gegenüber, weil sich dabei eine derbeschaffungskosten in Betracht zieht. Danach werden Quersubventionierung der TK-Netze von Energieversor- Netzbestandteile, die nicht mehr erneuert werden, etwa gungsunternehmen nicht vollständig vermeiden lässt. Leitungskanäle oder der Kupferdraht, anhand historischer Kosten und Assets, die erneuert werden, gemäß den Wie- 27.* Um die Finanzierung zu erleichtern, wird die Ein- derbeschaffungskosten bewertet. Für den Fall, dass die richtung einer dinglichen Sicherung von Glasfasernetzen Zugangsentgelte für die Kupfer-TAL spürbar sinken, in Form eines „grundbuchähnlichen Sonderrechts“ in ei- denkt die Europäische Kommission an einen Anpas- nem eigenen Register gefordert. Gedacht wird z. B. an ein sungspfad, der an glaubwürdige Zusagen für Glasfaserin- Register, das an den Breitbandatlas angeschlossen wird. vestitionen gekoppelt werden könnte. Der Vorteil eines solchen Registers wäre, dass es mehr Si- cherheit für die Gläubiger bietet, die sich anhand des Re- 30.* Sollten die TAL-Entgelte in Deutschland aufgrund gisters jederzeit über die Eigentumsverhältnisse und be- methodischer Änderungen bei der Regulierung spürbar stehenden Rechte an den Glasfasernetzen informieren sinken, wird dies die Anreizstrukturen für Netzinvestitio- könnten. Zudem werden die Gläubiger in einem Insolvenz- nen verändern. Während die Anreize des etablierten An- verfahren bevorzugt befriedigt. Diesen Vorteilen stehen bieters, in neue Netze zu investieren, wegen der sinken- jedoch erhebliche Kosten der Einrichtung und Pflege ei- den Profitabilität des Kupferkabelnetzes tendenziell nes entsprechenden Registers gegenüber. Zweifel beste- ansteigen, nehmen die Investitionsanreize der alternati- hen auch, dass für Banken die dingliche Sicherung von ven Netzbetreiber ab, da es für sie relativ günstiger wird, Glasfasernetzen in einem eigenen Register für die Finan- das Netz des Incumbent zu nutzen. Profitieren werden die zierung eine ausschlaggebende Rolle spielt. Vor diesem Verbraucher, wenn die Preise für Breitbandanschlüsse, Hintergrund besteht der Eindruck, dass die Kosten der die auf der Grundlage der Kupfer-TAL errichtet werden, Einrichtung eines solchen Registers dessen Nutzen über- sinken. Die Anbieter hochbitratiger Breitbandanschlüsse steigen. könnten in der Folge ebenfalls zu Preissenkungen ge- 28.* Die auf der Grundlage von Wiederbeschaffungs- zwungen sein, weil die Verbraucher derzeit nur geringe kosten regulierten Entgelte für den Zugang zum Teilneh- Unterschiede bei den Preisen für Anschlüsse mit niedri- meranschlussnetz der Deutschen Telekom sind aus Sicht gen und hohen Übertragungsraten akzeptieren. Darunter der alternativen TK-Netzbetreiber deutlich überhöht. wiederum könnten die Investitionen in neue Netze leiden. Dies entziehe den alternativen Netzbetreibern finanzielle Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und nega- Ressourcen, die für Investitionen in eigene Glasfaser- tive Anreizeffekte zu minimieren, sollte eine gegebenen- netze fehlen. Die Telekom habe wegen der überhöhten falls notwendige spürbare Absenkung der Kupfer-TAL- Profitabilität ihres Kupferanschlussnetzes nur geringe Entgelte über einen zeitlichen Anpassungspfad vollzogen Anreize, in Glasfasernetze zu investieren. Statt Wiederbe- werden. schaffungskosten soll die Regulierung historische Kosten zugrunde legen. Die Monopolkommission hat bereits in 31.* Mit dem TV-Kabelnetz steht in Deutschland eine ihrem letzten Sondergutachten darauf hingewiesen, dass zweite Festnetzinfrastruktur zur Verfügung, die knapp der Rückgriff auf Wiederbeschaffungskosten bei der Er- zwei Drittel der Haushalte erreicht und über die hochbit- mittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstel- ratige Breitbandanschlüsse realisiert werden können. Die lung der Teilnehmeranschlussleitung aus ökonomischer Erfolge der Kabelnetzbetreiber bei der Vermarktung von Sicht gerechtfertigt ist, weil dadurch Entgelte simuliert Breitbandzugängen haben in den vergangenen Jahren werden, die sich bei funktionsfähigem Wettbewerb erge- deutlich zugenommen. Kabelnetze leisten nicht nur einen ben würden. Allerdings steht die Angemessenheit der al- wichtigen Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung mit leinigen Verwendung von Wiederbeschaffungskosten Breitbandanschlüssen, sondern haben zudem Auswirkun- beim Übergang von einem alten auf ein neues Netz in- gen auf das Investitionsverhalten der TK-Netzbetreiber. frage, weil die Investitionen in das überkommene (Kup- Dieses wird sowohl positiv und als auch negativ beein- fer-)Netz auf ein Mindestmaß reduziert werden, wenn flusst. Der wichtigste positive Effekt ist der von den Ka- dieses in kurzer Perspektive – ganz oder teilweise – durch belnetzbetreibern ausgehende Wettbewerbsdruck auf die ein neues Glasfasernetz ersetzt werden soll. Insofern TK-Netzbetreiber. Kabelnetzbetreiber sind wichtige Kon- sollte die Glasfaser-TAL als „modern equivalent asset“ kurrenten der TK-Netzbetreiber im Wettbewerb um Breit- für die herkömmliche Kupfer-TAL angesehen werden, bandkunden. Die Erfolge der Kabelnetzbetreiber bei der Drucksache 17/8246 – 178 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Vermarktung von Breitbandanschlüssen sind ein wesent- negativen Investitionsanreize, die wettbewerbsverzerren- licher Treiber für die Glasfaserinvestitionen. den Wirkungen und die hohen Kosten, die ein Universal- dienst verursachen würde. Der Breitbandausbau muss in 32.* Negative Effekte auf das Investitionsverhalten der Deutschland weiterhin marktgetrieben erfolgen. Wo Lü- TK-Netzbetreiber können daraus resultieren, dass Kabel- cken in der Grundversorgung verbleiben, ist eine mit den netze deutliche Kostenvorteile bei der Aufrüstung der unionsrechtlichen Beihilferegelungen vereinbare Subven- Netze haben, da weder Neuverkabelung noch Tiefbau tionierung des Breitbandausbaus vorzuziehen. Dabei ist oder sonstige Bauarbeiten notwendig sind und die Auf- darauf zu achten, dass private Initiative und private Inves- rüstung sukzessive gemäß der zunehmenden Nachfrage titionen nicht verdrängt werden. nach Breitbandanschlüssen erfolgen kann. Die Folge die- ses Kostenunterschieds ist, dass Kabelnetzbetreiber be- Netzneutralität sonders preisflexibel sind und nahezu jedes Endkunden- entgelt der TK-Netzbetreiber unterbieten können. Die 35.* Die Debatte um das Thema Netzneutralität wird hohe Preisflexibilität der Kabelnetzbetreiber kann den zunehmend intensiv geführt, ausgehend von Diskussio- Aufbau paralleler Glasfasernetze erschweren, weil sie die nen zunächst in den Vereinigten Staaten und etwas später Margen der TK-Netzbetreiber gefährdet. Dies dürfte ins- in der Europäischen Union. Der technische Hintergrund besondere dort der Fall sein, wo es volkswirtschaftlich in- der Diskussion besteht zum einen in dem rasanten Wachs- effizient ist, zwei parallele Infrastrukturen aufzubauen, tum des Internetverkehrs, wodurch Übertragungskapazi- etwa außerhalb von Ballungsgebieten. Tatsächlich spricht täten zunehmend knapper werden können, und zum ande- vieles dafür, dass die Ausbauaktivitäten der Kabelnetzbe- ren in den besseren Möglichkeiten zur Differenzierung treiber den Aufbau von FTTB/FTTH-Infrastrukturen dort zwischen verschiedenen Endnutzern, Anwendungen und überflüssig machen. Um regionale Monopole zu verhin- Diensten bei der Datenübertragung. Die Intensität der dern, setzt dies voraus, die Kabelnetze für den diskrimi- Diskussion liegt auch darin begründet, dass der Begriff nierungsfreien Zugang anderer Anbieter zu öffnen. Ein Netzneutralität nicht einheitlich gebraucht wird und zu- solcher Netzzugang, etwa in Form des Bitstromzugangs, dem mit starken normativen Konnotationen versehen ist. kann gegenwärtig nicht regulatorisch vorgegeben werden, 36.* Bei der Debatte sind zwei verschiedene Interpreta- da die Kabelnetzbetreiber keiner Regulierung unterlie- tionen der Netzneutralität klar zu unterscheiden, die gen. Erforderlich wäre die freiwillige Öffnung der Netze, prinzipiell unabhängig voneinander sind. Nach der ersten im Rahmen einer Open-Access-Strategie, wie sie bereits Interpretation wird Netzneutralität als Preisdifferenzie- von den TK-Netzbetreibern verfolgt wird. Das von den rungsverbot verstanden. Die Preise für den Transport von Netzbetreibern bemühte Argument, Kabelnetze seien für Datenpaketen sollen nicht nach den Charakteristika der- den Netzzugang Dritter technisch nicht geeignet, kann selben bzw. des Senders und/oder Empfängers variieren. nicht aufrechterhalten werden. Mindestens ein Bitstrom- Konkret soll das bedeuten, dass der Preis für das Verschi- Layer-3-Zugang sollte technisch realisierbar sein. cken eines weiteren Datenpakets für alle Datenpakete 33.* Wettbewerbsverzerrend wirkt das sog. Nebenkos- konstant und gleich null („zero-price rule“) sein soll. Die tenprivileg der Kabelnetzbetreiber. Diese schließen mit zweite Lesart sieht Netzneutralität als ein Verbot der Qua- Wohnungsbaugesellschaften und anderen Immobilienei- litätsdifferenzierung beim Transport von Datenpaketen gentümern langfristige Gestattungsverträge, die es ihnen („non-discrimination rule“). Dies bedeutet, dass keinerlei erlauben, in der Immobilie Kabelnetze zu verlegen und zu Datenpakete gegenüber anderen priorisiert werden dür- betreiben. Die Mieter zahlen den Kabelanschluss dann als fen. Bestandteil der Mietnebenkosten. Die Kosten des Kabel- 37.* Ein Preisdifferenzierungsverbot schränkt die Mög- anschlusses sind dabei erstens nur eingeschränkt transpa- lichkeiten eines Internet-Service-Providers zur Steuerung rent und zweitens fehlt es oftmals an der Wahlmöglich- wachsender Datenvolumina klar ein, wodurch Überlastsi- keit. Will ein Mieter den Kabelanschluss nicht mehr tuationen häufiger entstehen können. Dies wiederum nutzen und etwa das IPTV-Angebot eines TK-Netzbetrei- schadet den Endnutzern. Die Internet-Service-Provider bers bestellen, muss der Kabelnetzanschluss häufig wei- müssen sich dann der Instrumente des Netzwerkmanage- ter bezahlt werden. Das Nebenkostenprivileg wirkt dann ments, wie z. B. einer Drosselung des Verkehrs, bedienen, wie eine Marktzutrittshürde für TK-Anbieter. Um Wett- um Überlastsituationen zu begegnen. Diese Optionen bewerbsverzerrungen zwischen den Kabelnetz- und den sind jedoch im Vergleich zur Preisdifferenzierung ineffi- TK-Netzbetreibern zu vermeiden, schlägt die Monopol- zient, da alle Kunden entweder zufällig („Rationierung kommission vor, das Nebenkostenprivileg der Kabelnetz- durch Zufall“) oder nach Ermessen des Internet-Service- betreiber abzuschaffen. Dazu sollte § 2 Nummer 15b Be- Providers („Rationierung durch Willkür“) betroffen wä- triebskostenverordnung gestrichen werden. ren – ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse und Wertschät- zung sowie Zahlungsbereitschaft der Endnutzer und die 34.* Im Zuge der Diskussion um die Novellierung des technischen Anforderungen der genutzten Anwendung Telekommunikationsgesetzes wird unter anderem gefor- bzw. des genutzten Dienstes. Dies impliziert gegenüber dert, eine dauerhafte Unterversorgung ländlicher Räume einer Preisdifferenzierung ökonomische Ineffizienz. mit hochleistungsfähigen Breitbandnetzen (digitale Kluft) dadurch zu vermeiden, dass im Gesetz ein (Breitband-) 38.* Ein Qualitätsdifferenzierungsverbot schränkt die Universaldienst verankert wird. Die Monopolkommission Verwendungsmöglichkeiten ein, da beispielsweise Quali- lehnt dies ab. Dagegen sprechen die damit verbundenen tätsklassen („quality of service“) beim Datentransport Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 179 – Drucksache 17/8246 nicht möglich wären und dadurch die Funktionalität und/ Bundesnetzagentur zu delegieren. Darin können Transpa- oder Qualität von bestimmten Anwendungen und Diens- renz- und Mindestqualitätsvorgaben spezifiziert werden. ten nicht gewährleistet werden kann. Die Forderung nach einem kategorischen Verbot einer Qualitätsdifferenzie- 40.* Die TKG-Novelle und das bestehende rechtliche rung ist daher ökonomisch nicht zu rechtfertigen. Es Instrumentarium, insbesondere das Wettbewerbsrecht, er- würde auch in dynamischer Hinsicht zu einer Schmäle- fassen bereits mögliche Wettbewerbsbeschränkungen im rung der Innovationsaktivität führen, die bislang das In- Zusammenhang mit der Preis- und Qualitätsdifferenzie- ternet ausgezeichnet hat; die Möglichkeit der Qualitäts- rung im Internetverkehr. Ein intensiver Wettbewerb zwi- differenzierung hingegen eröffnet Chancen für solche schen verschiedenen Anbietern von Internetzugängen, Anwendungen und Dienste, die mit hohen technischen der in den EU-Ländern relativ stark ausgeprägt ist, wirkt Anforderungen verbunden sind. zudem als bestes Mittel gegen Wettbewerbsbeschränkun- gen. 39.* Der im Jahr 2009 überarbeitete europäische Rechtsrahmen für die Telekommunikation schreibt die 41.* Weitere regulatorische Eingriffe, wie weiterge- Netzneutralität als politisches Ziel vor. Das novellierte hende Transparenzverpflichtungen, Sonderkündigungs- Telekommunikationsgesetz soll dem angepasst werden, rechte für Kunden von Internet-Service-Providern und indem der Zielkatalog der Regulierung entsprechend er- Mindestqualitätsvorgaben bei der Datenübertragung, weitert wird. Zudem soll der Bundesminister für Wirt- könnten in der Zukunft als ergänzende Maßnahmen sinn- schaft und Technologie die Möglichkeit erhalten, die Be- voll sein, sind zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht ge- fugnis zum Erlass einer Rechtsverordnung an die boten. Drucksache 17/8246 – 180 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

1 Gesetzlicher Auftrag 5. Die Monopolkommission gibt in diesem Gutachten keine gesonderte Stellungnahme zu den Resale-Vorschrif- 1. Nach § 121 Absatz 2 Telekommunikationsgesetz ten des Telekommunikationsgesetzes ab. Sie befasst sich (TKG) hat die Monopolkommission alle zwei Jahre ein aber im Rahmen der Würdigung der Amtspraxis mit der Gutachten zu erstellen, in dem sie den Stand und die ab- regulatorischen Verpflichtung der Deutschen Telekom sehbare Entwicklung des Wettbewerbs sowie die Frage AG, Wettbewerbern entbündelte Teilnehmeranschlüsse beurteilt, ob nachhaltig wettbewerbsorientierte Telekom- zum Wiederverkauf anzubieten. Im Hinblick auf § 21 Ab- munikationsmärkte in der Bundesrepublik Deutschland satz 2 Nummer 3 TKG bleibt es bei dem, was die Mono- bestehen, die Anwendung der Vorschriften des Telekom- polkommission bereits früher festgestellt hat.2 Die Vor- munikationsgesetzes über die Regulierung und Wettbe- schrift selbst steht nicht zur Disposition, da der nationale werbsaufsicht würdigt und zu sonstigen aktuellen wettbe- Gesetzgeber aufgrund der Vorgaben von Artikel 12 Zu- werbspolitischen Fragen Stellung nimmt, insbesondere gangsrichtlinie keinen Spielraum hat, auf diese Verpflich- auch dazu, ob die Regelung zum Resale in § 21 Absatz 2 tung zu verzichten oder sie grundsätzlich anders zu ge- Nummer 3 des Gesetzes im Hinblick auf die Wettbewerbs- stalten.3 Möglich ist die Streichung von § 21 Absatz 2 entwicklung anzupassen ist. Nummer 3 Satz 2 TKG, der regelt, dass die Bundesnetz- agentur bei der Auferlegung einer Resale-Verpflichtung 2. Die Monopolkommission gibt in ihrem Gutachten „die getätigten und die zukünftigen Investitionen für in- Hinweise darauf, ob und in welchen Bereichen der Tele- novative Dienste zu berücksichtigen“ hat. Diese Vorgabe kommunikation das Ziel der Regulierung, nachhaltig ist einerseits vage, andererseits unnötig, da Resale-Ver- wettbewerbsorientierte Märkte zu fördern, bereits erreicht pflichtungen die Innovationsanreize typischerweise nicht ist.1 Nachhaltig wettbewerbsorientiert ist ein Markt ge- nachhaltig tangieren, soweit sie nicht unangemessen mäß § 3 Nummer 12 TKG, auf dem der Wettbewerb so sind.4 Der vom Bundestag in seiner Sitzung vom 27. Ok- abgesichert ist, dass er auch nach der Rückführung der tober 2011 beschlossene Gesetzentwurf der Bundesregie- sektorspezifischen Regulierung fortbesteht. Die Aussa- rung zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Rege- gen der Monopolkommission sind keine Feststellungen, lungen ändert die Vorschrift allerdings nicht.5 die Rechtsansprüche von Marktteilnehmern auf eine be- stimmte Form der Regulierung oder die Unterlassung von Regulierung im Zusammenhang mit konkreten Regulie- 2 Stand und Entwicklung des Wettbewerbs rungsverfahren begründen. Solche Feststellungen kön- 6. Die Monopolkommission hat in den vergangenen nen nur durch die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Jahren auf der Basis von Daten der Bundesnetzagentur Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen ein vergleichsweise detailliertes Bild der Wettbewerbs- (BNetzA) getroffen werden. entwicklungen auf den Telekommunikationsmärkten in Deutschland zeichnen können. Da ein Teil der Daten von 3. Methodisch geht es bei der Beurteilung der Frage, der Bundesnetzagentur nicht mehr oder aber in anderer ob in der Bundesrepublik Deutschland in der Telekom- Form erhoben wird, können einige Zeitreihen nicht mehr munikationsbranche nachhaltig wettbewerbsorientierte wie gewohnt fortgeschrieben werden. Dafür lassen sich Märkte bestehen, darum zu prognostizieren, welche Wett- andere Entwicklungen besser als bisher darstellen. Die bewerbsprozesse stattfinden, wenn in der Zukunft die Qualität der Marktanalyse leidet dadurch nicht. Nachfol- sektorspezifische Regulierung zurückgeführt wird oder gend werden die Entwicklungen im Gesamtmarkt für Te- von vornherein auf sektorspezifische Regulierung ver- lekommunikationsdienste sowie im Marktsegment Fest- zichtet wird. Damit erfordern Aussagen über die Nach- netz dargestellt. Die Marktentwicklungen im Mobilfunk haltigkeit des Wettbewerbs sowohl die Erfassung der ak- werden in Kapitel 5 behandelt. tuell stattfindenden Wettbewerbsprozesse als auch eine Prognose der zukünftigen Wettbewerbsentwicklungen. 2.1 Gesamtmarkt für Telekommunikations- 4. Die Würdigung der Anwendung der Vorschriften dienste des Telekommunikationsgesetzes über die Regulierung 7. Die Umsätze im Gesamtmarkt für Telekommuni- und Wettbewerbsaufsicht durch die Bundesnetzagentur kationsdienste sind in den Jahren 2010 und 2011 weiter- muss sich wegen der Vielzahl der Entscheidungen im Be- hin rückläufig (vgl. Tabelle 2.1). Verlierer ist, wie in den reich der Telekommunikationsregulierung auf die aus Vorjahren, vor allem die Deutsche Telekom AG. Die al- Sicht der Monopolkommission wichtigen Fälle beschrän- ken. Sie sind auf der Grundlage einer systematischen Be- obachtung der Amtspraxis der Behörde auszufiltern. Die 2 Vgl. Monopolkommission, Wettbewerbsentwicklung bei der Tele- Monopolkommission stützt sich dabei auf das in § 121 kommunikation 2007: Wendepunkt der Regulierung, Sondergutach- Absatz 2 TKG verankerte Akteneinsichtsrecht, welches ten 50, Baden-Baden 2008, Tz. 4; Sondergutachten 43, a. a. O., Tz. 8. auch den Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnis- 3 Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunika- sen umfasst. tionsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammen- schaltung (Zugangsrichtlinie), ABl. EG Nr. L 108 vom 24. April 2002, S. 7. 1 Vgl. zur Interpretation des gesetzlichen Auftrags ausführlich Mono- 4 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 43, a. a. O., Tz. 236; polkommission, Wettbewerbsentwicklung bei der Telekommunika- Sondergutachten 50, a. a. O., Tz. 172. tion 2005: Dynamik unter neuen Rahmenbedingungen, Sondergut- 5 Bundestagsdrucksache 17/5707 vom 4. Mai 2011; Bundestagsdruck- achten 43, Baden-Baden 2006, Tz. 7. sache 17/7521 vom 26. Oktober 2011. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181 – Drucksache 17/8246 ternativen Netzbetreiber verlieren seit dem Jahr 2009 sein. Ob die im Jahr 2010 zu beobachtende Stabilisierung ebenfalls Umsätze, dies aber in einem begrenzten Um- der Mobilfunkumsätze von Dauer ist, bleibt abzuwarten. fang. Für das Jahr 2011 werden für die Wettbewerber so- Dagegen spricht, dass die Umsätze mit Vorleistungen gar wieder leicht steigende Umsätze vorausgesagt. Eine (Terminierung und Roaming) stark rückläufig sind, was differenzierte Betrachtung der Marktbereiche zeigt, dass auf Regulierungsentscheidungen der Bundesnetzagentur insbesondere das TK-Festnetz von Umsatzrückgängen und der Europäischen Kommission zurückzuführen ist. betroffen ist, während der Mobilfunk und die (TV-)Ka- Der Marktanteil der Wettbewerber auf dem Gesamtmarkt belnetze leichte Umsatzzuwächse verbuchen konnten. für Telekommunikationsdienste nimmt auch im Berichts- (vgl. Tabelle 2.2). Die Umsätze der Kabelnetzbetreiber zeitraum der Monopolkommission weiter moderat zu und auf den Endkundenmärkten nehmen zu, weil es ihnen zu- liegt Ende des Jahres 2011 bei etwa 55 Prozent (vgl. Ta- nehmend besser gelingt, Telekommunikationsdienste zu belle 2.1). vermarkten. Ende des Jahres 2010 lag die Anzahl der in den Kabelnetzen realisierten Breitbandanschlüsse bei 8. Die Umsätze der TK-Unternehmen und Kabelnetz- 2,9 Millionen, Ende des Jahres 2011 werden es nach der betreiber mit Vorleistungen (Wholesale-Geschäft) sind in Prognose der Bundesnetzagentur bereits 3,6 Millionen den Jahren 2009 und 2010 vergleichsweise stabil (vgl. Ta-

Tabelle 2.1

Umsätze im Gesamtmarkt für Telekommunikationsdienste und Marktanteile der Wettbewerber

2005 2006 2007 2008 2009 2010 20111

Umsätze gesamt 67,3 66,3 63,9 62,3 60,4 59,2 58,5 (Mrd. Euro)

Deutsche 34,2 32,5 30,7 28,9 28 27,3 26,5 Telekom AG

Wettbewerber 33,1 33,8 33,2 33,4 32,4 31,9 32

Marktanteil 49 % 51 % 52 % 54 % 54 % 54 % 55 % Wettbewerber

1 Prognose der Bundesnetzagentur auf der Grundlage der Daten für das erste Quartal 2011. Quelle: Bundesnetzagentur

Tabelle 2.2

Umsätze für Telekommunikationsdienste nach Marktsegmenten (Mrd. Euro)

2009 2010 1. Quartal 2011 20111 Gesamtmarkt 60,5 59,1 14,4 58,5 Festnetz 27,8 26,3 6,3 -- Mobilfunk 25,4 25,8 6,3 -- Kabelnetze 3,6 3,8 1,0 -- Sonstige 3,7 3,2 0,8 -- Außenumsätze 1 Prognose der Bundesnetzagentur auf der Grundlage der Daten für das erste Quartal 2011. Quelle: Bundesnetzagentur Drucksache 17/8246 – 182 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode belle 2.3). Unter dem Segment Wholesale erfasst die 2.2 Festnetz und Kabelnetze Bundesnetzagentur Vorleistungen für Festnetz- und 2.2.1 Telefonanschlüsse Mobilfunknetzbetreiber sowie für Service-Provider. Zu den wichtigsten Vorleistungen gehören der gebündelte 9. Die Anzahl der Teilnehmeranschlüsse im Festnetz und entbündelte Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung ist zwischen 2007 und 2011 moderat gesunken und liegt (TAL), Bitstromzugang, Zusammenschaltungsleistungen, im Jahr 2011 bei etwa 38 Millionen (vgl. Tabelle 2.4). Terminierung und International Roaming, Mietleitungen Deutlich verändert hat sich die Art des Zugangs zur sowie Fakturierung und Inkasso. Die wichtigste Vorleis- Sprachkommunikation. Während im Jahr 2007 noch na- tung im Festnetz ist weiterhin der TAL-Zugang. Bis Ende hezu sämtliche Zugänge über das herkömmliche paket- des Jahres 2010 wuchs die Anzahl der vermieteten Teil- vermittelte Festnetz realisiert wurden, hat der Anteil der nehmeranschlussleitungen der Deutschen Telekom auf Voice-overIP-Anschlüsse und der Zugänge über die Ka- 9,5 Millionen Die Zuwächse nehmen allerdings seit 2009 belnetze bis 2011 deutlich zugenommen. Tabelle 2.5 deutlich ab. Während im Jahr 2008 2 Millionen neue Teil- zeigt, dass bei den herkömmlichen Festnetzzugängen ins- nehmeranschlussleitungen von den Wettbewerbern ange- besondere Analoganschlüsse ersetzt werden, die aber mietet wurden, waren es im Jahr 2009 noch 0,9 Millionen Ende 2010 immer noch knapp die Hälfte des Gesamtbe- und im Jahr 2010 nur noch 0,4 Millionen. standes an Festnetztelefonanschlüssen ausmachen.

Tabelle 2.3

Umsätze im Wholesale-Geschäft (Mrd. Euro)

2009 2010 Deutsche Telekom Festnetz 3,30 3,25 Wettbewerber Festnetz 2,48 2,49 Mobilfunknetzbetreiber 4,51 4,39 Kabelnetzbetreiber 0,20 0,21 Insgesamt 10,49 10,34 Quelle: Bundesnetzagentur

Tabelle 2.4

Zugangsmöglichkeiten zur Sprachkommunikation im Festnetz (Anzahl der Teilnehmeranschlüsse in Mio.)

2007 2008 2009 2010 20111 TK-Festnetz 37,0 34,4 32,3 30,4 28,7 VoIP über DSL 0,8 2,5 3,9 4,9 5,7 Kabel-TV-Netze 0,8 1,5 2,3 2,9 3,6 Insgesamt 38,6 38,4 38,5 38,2 38,0 1 Prognose der Bundesnetzagentur auf der Grundlage der für das 2. Quartal 2011 erhobenen Daten. Quelle: Bundesnetzagentur Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183 – Drucksache 17/8246

Tabelle 2.5

Telefonanschlüsse und Marktanteile der Wettbewerber

2007 2008 2009 2010 20111 Anteil Anteil Anteil Anteil Anteil Be- Be- Be- Be- Be- Wettbe- Wettbe- Wettbe- Wettbe- Wettbe- stand stand stand stand stand werber werber werber werber werber (Mio.) (Mio.) (Mio.) (Mio.) (Mio.) (%) (%) (%) (%) (%) Analog 23,85 5,7 21,65 7,4 20,01 8,5 18,67 9,2 17,53 9,9 ISDN-Basis 12,86 32,4 13,04 36,3 12,15 34,6 11,63 33,9 11,00 32,5 ISDN-Primär- 0,12 24,8 0,11 26,4 0,106 27,7 0,1 28,7 0,01 30,1 multiplex Öffentliche ------0,084 2,0 0,07 2,1 0,07 2,1 Telefone Entbündelte 0,83 99,9 2,47 99,6 3,85 98,7 4,86 98,1 5,68 96,0 DSL-An- schlüsse (VoIP) Sprachzugänge 0,81 100 1,53 100 2,3 100 2,9 100 3,6 100 über Kabel-TV- Netze Insgesamt 38,47 18,7 38,80 26,6 38,50 31,3 38,23 34,9 37,89 37,9 1 Prognose der Bundesnetzagentur auf der Grundlage der für das 2. Quartal 2011 erhobenen Daten. Quelle: Bundesnetzagentur 10. Der Marktanteil der Wettbewerber bei den Teilneh- bereits 38 Prozent in Breitbandnetzen und immerhin meranschlüssen hat in den vergangenen zwei Jahren wei- schon 25 Prozent in den Fernsehkabelnetzen.6 ter zugenommen. Bis Ende des Jahres 2011 wird er auf knapp 38 Prozent ansteigen. Stark erhöht hat sich die An- 2.2.2 Breitbandanschlüsse zahl der von alternativen Anbietern geschalteten Kom- plettanschlüsse (entbündelte DSL-Anschlüsse, bei denen 11. Die Anzahl der Breitbandanschlüsse in Deutsch- die Endkunden keinen Schmalbandanschluss der Deut- land ist in den vergangenen zwei Jahren weiter angestie- schen Telekom mehr benötigen) sowie die Anzahl der gen (vgl. Tabelle 2.6). Mitte des Jahres 2011 gab es in Deutschland knapp 27 Millionen Breitbandanschlüsse, Teilnehmeranschlüsse in den Fernsehkabelnetzen. Bei was – bezogen auf die Haushalte – einer Penetrationsrate den herkömmlichen Teilnehmeranschlüssen (Analogan- von 71 Prozent entspricht. Die Zuwächse gehen aller- schluss und ISDN-Anschluss) geht der Marktanteil der dings seit dem Jahr 2009 zurück. Ob die nachlassenden Wettbewerber seit 2009 wieder zurück. An diesen Ent- Wachstumsraten bereits auf Sättigungstendenzen bei wicklungen zeigt sich, dass die alternativen Anbieter bei breitbandigen Festnetzanschlüssen zurückzuführen sind, den Festnetzanschlüssen verstärkt auf die Kabelnetze und kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. das Breitband setzen. Ende des Jahres 2011 werden nur noch 37 Prozent der Telefonanschlüsse der alternativen Anbieter im herkömmlichen Telefonnetz geschaltet sein, 6 Daten aus der Markterhebung der Bundesnetzagentur.

Tabelle 2.6 Breitbandanschlüsse im Festnetz (Mio.)

2. Quartal 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Anschlüsse 7,0 10,8 15,0 19,7 22,7 25,0 26,2 26,7 insgesamt DSL 6,8 10,5 14,4 18,5 20,9 22,4 23,0 23,2 Andere1 0,20,30,61,21,82,63,23,5 1 Andere Anschlussarten sind BWA, Festverbindungen, FTTB/FTTH, Kabelmodem, Powerline und Satellit. Den weitaus größten Anteil machen gegenwärtig Kabelmodemanschlüsse aus. Quelle: Bundesnetzagentur Drucksache 17/8246 – 184 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

12. Der Marktanteil der alternativen Anbieter bei den gang über das herkömmliche Telefonnetz erfolgt (vgl. Ta- Breitbandanschlüssen betrug Mitte des Jahres 2011 knapp belle 2.8). Der Anteil der über DSL geschalteten 55 Prozent. Wird die Perspektive auf die DSL-An- Breitbandanschlüsse sinkt zwar wegen des Anstiegs der schlüsse verengt, ist der Marktanteil der Wettbewerber Kabelnetz-Breitbandanschlüsse, betrug Mitte des Jahres mit knapp 48 Prozent geringer und seit 2008 sogar rück- 2011 aber immer noch 86 Prozent. Allerdings sind die läufig (vgl. Tabelle 2.7). Ein Grund für das Wiedererstar- Kabelnetzbetreiber in dem insgesamt langsamer wach- ken der Deutschen Telekom auf dem DSL-Markt ist, dass senden Markt für Breitbandanschlüsse zunehmend erfolg- sie seit dem Jahr 2007 auf die starke Marktstellung der al- reich. Seit 2010 werden mehr neue Kabelnetz-Breitband- ternativen Anbieter mit Qualitätsverbesserungen und anschlüsse als neue DSL-Anschlüsse realisiert. Der Preiswettbewerb reagiert hat. In der Folge konnte das Un- Anteil des Kabels im Neukundengeschäft wuchs im Jahr ternehmen seinen Anteil am Neukundengeschäft wieder 2010 auf 51 Prozent und blieb im ersten Halbjahr 2011 ausbauen. Die Preisrückgänge bei den Breitbandan- mit 50 Prozent konstant hoch.7 Andere technische An- schlüssen haben zudem die Attraktivität des Resale von schlussarten, wie Powerline oder Satellit, spielen quanti- DSL-Anschlüssen der Deutschen Telekom stark verrin- tativ so gut wie keine Rolle. Die Verbreitung der hoch- gert. Im Jahr 2010 sank die Anzahl der Telekom-Breit- leistungsfähigen Anschlüsse auf der Basis von Glasfaser bandanschlüsse, die als Resale-Produkte vermarktet wur- (FTTB/FTTH) nimmt bisher nur langsam zu.8 den, auf 1,2 Millionen (vgl. Tabelle 2.8).

13. Bei den Übertragungstechnologien dominiert wei- 7 Angaben der Bundesnetzagentur gegenüber der Monopolkommission. terhin die Digital Subscriber Line (DSL), bei der der Zu- 8 Vgl. Abschnitt 6.2.

Tabelle 2.7

Marktanteile der Wettbewerber an der Breitbandversorgung (%)

2. Quartal 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Breitbandanschlüsse 19,7 40,6 52,4 53,9 53,1 53,8 54,3 54,4 DSL-Anschlüsse1 17,3 39 50,8 51,4 49,4 48,7 48,3 47,9 1 Inklusive Resale und Bitstrom. Quelle: Bundesnetzagentur

Tabelle 2.8

DSL-Anschlüsse (Mio.)

2. Quartal 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Anschlüsse 6,8 10,5 14,4 18,5 20,9 22,4 23,0 23,2 insgesamt Deutsche Telekom 5,6 6,4 7,1 9,0 10,6 11,5 11,9 12,1 Wettbewerber1 0,9 2,5 4,1 6,0 7,8 8,7 9,1 9,2 T-DSL-Resale 1 0,3 1,6 3,2 3,5 1,7 1,4 1,2 1,1 Bitstrom – – – – 0,8 0,8 0,8 0,8 1 Breitbandanschlüsse der alternativen Anbieter werden auf der Grundlage der entbündelten Teilnehmeranschlussleitung oder dem Bitstromzugang realisiert. Daneben verkaufen alternative Anbieter Breitbandanschlüsse der Deutschen Telekom als Reseller unter eigenem Namen und auf eigene Rechnung. Die Monopolkommission rechnet DSL-Resale dem Wettbewerb zu. Quelle: Bundesnetzagentur Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 185 – Drucksache 17/8246

14. Der Trend, die Übertragungsraten der Breitbandan- 2.3 Vorleistungen im Festnetz schlüsse bei stabilen Endkundenpreisen zu erhöhen, hat sich auch im Jahr 2010 fortgesetzt. Nach den Feststellun- 2.3.1 Vorleistungen für schmal- und breit- gen der Bundesnetzagentur nutzen bereits etwas über bandige Teilnehmeranschlüsse 40 Prozent der Breitbandnutzer Bandbreiten von mehr als 16. Der Wettbewerb bei den schmal- und breitbandi- 10 Mbit/s, weitere 47 Prozent immerhin noch Bandbrei- gen Teilnehmeranschlüssen stützt sich auf eine Reihe von ten von 2 bis 10 Mbit/s. Der Anteil der Nutzer mit Band- Vorleistungsprodukten, die vornehmlich durch die Deut- breiten von weniger als 2 Mbit/s liegt bei gut 12 Prozent. sche Telekom angeboten werden. Die Vorleistungspro- Der Anteil der Anschlussinhaber, die Mitte des Jahres dukte unterscheiden sich in dem Ausmaß, in dem die 2011 bereits über Bandbreiten von 100 Mbit/s und mehr alternativen Anbieter als Nachfrager in eigene Infrastruk- verfügten, liegt bei nur 0,4 Prozent. turen investieren müssen. Die wichtigste Vorleistung zur Realisierung von schmalbandigen Teilnehmeranschlüssen 2.2.3 Verkehrsvolumina und von Breitbandanschlüssen ist der entbündelte Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung. Davon zu unterscheiden 15. Die Verkehrsmengen im Festnetz entwickeln sich ist der gemeinsame Zugang zur Teilnehmeranschlusslei- unterschiedlich. Während die Gesamtzahl der abgehen- tung, das sog. Line Sharing. Im Falle des Line Sharing den Telefonminuten in den Jahren 2010 und 2011 leicht wird dem Wettbewerber nicht die komplette Teilnehme- rückläufig ist (vgl. Tabelle 2.9), nimmt die Datenübertra- ranschlussleitung, sondern lediglich ein bestimmter Fre- gung über Breitbandanschlüsse stark zu (vgl. Tabelle quenzbereich überlassen. Der untere Frequenzbereich der 2.10). Der Rückgang der Gesprächsminuten im Festnetz Teilnehmeranschlussleitung, der der Sprachübertragung betrifft sowohl die Deutsche Telekom als auch die Wett- dient, wird im Rahmen des Line Sharing weiterhin von bewerber. Nach wie vor entfällt der größere Teil der im der Deutschen Telekom genutzt, während der obere Fre- Festnetz erbrachten Gesprächsminuten auf die Deutsche quenzbereich dem alternativen Anbieter zur Datenüber- Telekom. Weiterhin rückläufig ist der Anteil der auf der tragung per DSL zur Verfügung steht. Line Sharing spielt Basis von Call-by-Call und Preselection erbrachten Ge- als Vorprodukt für Breitbandanschlüsse allerdings nur sprächsminuten an den insgesamt von den Wettbewerbern eine untergeordnete Rolle. Breitbandanschlüsse werden der Deutschen Telekom AG erbrachten Telefonminuten. darüber hinaus auf der Grundlage der Vorleistung Bit- Lag dieser Anteil im Jahr 2005 noch bei 62 Prozent, sank stromzugang realisiert oder als Resale-Produkt der Tele- er im Jahr 2010 auf 14 Prozent und im Jahr 2011 auf kom vermarktet. Bitstrom erfordert deutlich weniger ei- 10 Prozent. gene Infrastrukturen der alternativen Anbieter als die

Tabelle 2.9

Abgehende Telefonminuten im Festnetz (Mrd. Minuten)

2006 2007 2008 2009 2010 20111 Deutsche Telekom 104 101 102 103 101 99 Wettbewerber 94 96 97 96 94 92 Gesamtvolumen 198 197 199 199 195 191 1 Prognose auf der Basis der Zahlen für das erste Halbjahr 2011. Quelle: Bundesnetzagentur

Tabelle 2.10

Verkehrsvolumen über Breitbandnetze

2006 2007 2008 2009 2010 20111 Gesamtvolumen 1,1 1,8 2,2 2,7 3,2 3,7 (Mrd. GB) Durchschnittliches 7,2 8,5 8,8 9,4 10,2 11,6 Datenvolumen pro Anschluss (GB) 1 Prognose auf der Basis der Zahlen für das erste Halbjahr 2011. Quelle: Bundesnetzagentur Drucksache 17/8246 – 186 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Teilnehmeranschlussleitung, Resale erfordert so gut wie technologie des Verbindungsnetzes und dem Übergabe- keine eigene Infrastruktur der Wettbewerber. punkt sachlich relevante Märkte für ATM- und IP-Bit- stromzugang. Den beiden Bitstromzugangsmärkten 17. Die Teilnehmeranschlussleitung ist die Leitung entsprechen auf der Endkundenebene sämtliche DSL-An- zwischen dem Hauptverteiler und dem Endkunden. Sie schlüsse im Massenmarkt und im Premiumbereich. Nach besteht weiterhin überwiegend aus einer Kupferleitung Angaben der Bundesnetzagentur werden Mitte des Jahres und dient der Realisierung von Schmalband- und Breit- 2011 0,8 Millionen Breitbandanschlüsse auf der Grund- bandanschlüssen. Neben dieser sog. HVt-TAL gibt es als lage von Bitstromzugängen der Deutschen Telekom reali- weitere Varianten die KVz-TAL und die Schaltverteiler- siert. Diese Zahlen waren in den Jahren 2009 und 2010 in TAL. Bei diesen Zugangsprodukten erfolgt der Zugang etwa gleich hoch, sodass in diesem Marktsegment so gut zum Netz der Telekom an dem näher am Teilnehmeran- wie keine Zuwächse zu beobachten sind. schluss gelegenen Kabelverzweiger oder Schaltverteiler. Im Falle der sog. Glasfaser-TAL, die seit 2011 auch der 20. Der Wiederverkauf von DSL-Anschlüssen der Zugangsregulierung unterliegt, erfolgt der Zugang zur Deutschen Telekom durch Wettbewerber (DSL-Resale) Glasfaser in Abhängigkeit von der von dem Betreiber des nimmt an Bedeutung ab. Während im Jahr 2007 noch FTTH-Netzes eingesetzten Technologie. 3,5 Millionen DSL-Anschlüsse der Telekom durch Resel- ler vermarktet wurden, sank deren Anzahl über 1,7 Mil- 18. Bis Mitte des Jahres 2011 stieg die Anzahl der ver- lionen im Jahr 2008 auf 1,2 Millionen im Jahr 2009 und mieteten Teilnehmeranschlussleitungen in Deutschland 1,1 Millionen im ersten Halbjahr 2011. Als Gründe für auf 9,6 Millionen Ganz überwiegend handelt es sich da- diese Entwicklung werden das sinkende Endkundenpreis- bei um HVt-TAL. Der Zuwachs an TAL-Anmietungen niveau für Breitbandanschlüsse und die Einführung des nimmt allerdings deutlich ab. Im Jahr 2010 war die An- Bitstromzugangs als alternatives Vorleistungsprodukt ge- zahl neu angemieteter Teilnehmeranschlussleitungen mit nannt. 0,4 Millionen nur noch gut halb so groß wie im Jahr 2009.9 Voraussetzung für die Inanspruchnahme der An- 2.3.2 Zusammenschaltung schlussvorleistungen ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen Wettbewerbern und Deutscher Telekom sowie 21. Berührt eine Verbindung mehrere Telekommunika- die Schaffung eines räumlichen Zugangs zum Hauptver- tionsnetze, werden Zusammenschaltungsleistungen (In- teiler der Telekom (Kollokation), den die Wettbewerber terconnection) erbracht. Die Herstellung einer Verbin- mittels eigener Infrastruktur erschließen. Im Oktober dung von einem rufenden Anschluss zu einem 2010 waren etwa 3 800 von insgesamt 7 900 Hauptvertei- Netzübergabepunkt wird Zuführung, die Herstellung ei- lern durch Wettbewerber erschlossen. Damit waren etwa ner Verbindung von einem Netzübergabepunkt zu einem 75 Prozent der Haushalte in der Lage, zwischen der Deut- angerufenen Anschluss Terminierung genannt. Je nach- schen Telekom und einem oder mehreren alternativen dem, auf welcher Netzebene Zusammenschaltungsleis- Anbietern von Teilnehmeranschlüssen auswählen zu kön- tungen erbracht werden, wird zwischen Local (Terminie- nen. Die Anzahl der erschlossenen Hauptverteiler steigt rung bzw. Zuführung), Single (regionalem) und Double allerdings kaum noch an. Die Stagnation bei der Erschlie- (nationalem) Transit unterschieden. Nach dem geltenden ßung zusätzlicher Hauptverteiler dürfte darin begründet Zusammenschaltungsregime der sog. „element based liegen, dass die profitablen Gebiete inzwischen erschlos- charging“ (EBC) legt die Bundesnetzagentur bei der Tari- sen sind. Der Anschluss zusätzlicher Gebiete wird für die fierung der Zusammenschaltungsentgelte ein zweistufi- alternativen Anbieter weniger bis nicht mehr profitabel ges Netzmodell zugrunde, das aus 475 lokalen Einzugs- sein. Die sinkenden Endkundenpreise für Breitbandan- bereichen und 23 Grundeinzugsbereichen besteht. Ist ein schlüsse werden diesen Effekt noch verstärken. Der Mo- Wettbewerber an 23 Zusammenschaltungsorten mit dem nopolkommission liegen keine Zahlen dazu vor, in wel- Netz der Deutschen Telekom zusammengeschlossen, ent- chem Umfang Zugang zur KVz- oder Schaltverteiler- fallen die Zusammenschaltungsleistungen auf der natio- TAL gewährt wird. Das Zugangsprodukt Glasfaser-TAL nalen Ebene (Double Transit); erfolgt die Zusammen- wird erst relevant, wenn die Telekom ein FTTH-Netz auf- schaltung in allen 475 Einzugsbereichen, nimmt der gebaut hat. Wettbewerber lediglich noch Local-Transit-Leistungen in Anspruch. Detaillierte Informationen zu der aktuellen 19. Der Bitstromzugang ist ein Vorleistungsprodukt, Wettbewerbssituation auf dem Markt für Zusammen- welches die Überlassung des breitbandigen Anschlusses schaltungsleistungen liegen der Monopolkommission und den breitbandigen Datentransport umfasst und dem nicht vor. Nachfrager die Möglichkeit der Qualitätsdifferenzierung bietet. Der Anbieter von Bitstromzugang überlässt dem 2.3.3 Mietleitungen Bitstromnachfrager Breitband-DSL-Anschlüsse und transportiert den darüber geführten Datenstrom über sein 22. Mietleitungen sind permanent geschaltete, lei- Konzentratornetz zu dem zugehörigen Übergabepunkt. tungsgebundene oder funkgestützte Übertragungswege, Bitstromzugang gibt es in verschiedenen Varianten. Die die an Nachfrager vermietet werden und dazu dienen, Bundesnetzagentur unterscheidet nach der Übertragungs- Standorte des gleichen Nachfragers oder Standorte des Nachfragers mit Standorten Dritter zu verbinden. Tech- nisch unterschieden werden digitale Festverbindungen 9 Vgl. BNetzA, Jahresbericht 2010, S. 82. mit unterschiedlichen Übertragungsraten, analoge Fest- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 187 – Drucksache 17/8246 verbindungen, Datendirektverbindungen mit höherwerti- Zugang zu einem Frequenzband der Teilnehmeran- gen Qualitätsmerkmalen sowie direkt auf ein bestimmtes schlussleitung nach, um den Endkunden einen Internetzu- Kundenbedürfnis zugeschnittene Systemlösungen, die gang anbieten zu können, während der eigentliche Eigen- aus einem Bündel verschiedener Leistungen bestehen. tümer der Teilnehmeranschlussleitung dem Endkunden Eine differenzierte Analyse der Wettbewerbssituation auf weiterhin den Telefonanschluss bereitstellt. Line Sharing den Mietleitungsmärkten ist auf der Grundlage der Daten, spielt als Vorleistungsprodukt bisher und auch in Zukunft die die Bundesnetzagentur der Monopolkommission zur keine bedeutsame Rolle, weil auf dem Endkundenmarkt Verfügung stellt, nicht möglich. für Teilnehmeranschlüsse die sog. Komplettanschlüsse dominieren. Geschäftsmodelle, die allein auf den Zugang 3 Nachhaltig wettbewerbsorientierte Märkte zum Internet ausgerichtet sind, während der Telefonan- schluss durch den eingesessenen Betreiber bereitgestellt 23. Das in § 121 Absatz 2 TKG verankerte Konzept wird, dürften keine Zukunft haben. Die Monopolkommis- des nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes dient der sion ist skeptisch, ob Line Sharing als reguliertes Vorleis- Beurteilung der Deregulierungspotenziale auf Telekom- tungsprodukt überhaupt noch benötigt wird. munikationsmärkten durch die Monopolkommission. In diesem Sinne ist unter einem nachhaltig wettbewerbsori- 27. Deutlich weniger eigene Infrastruktur als die Teil- entierten Markt ein Markt zu verstehen, auf dem der nehmeranschlussleitung benötigt der Bitstromzugang als Wettbewerb soweit abgesichert ist, dass er auch ohne sek- Vorprodukt für Breitbandanschlüsse. Statt 7 900 Haupt- torspezifische Regulierung fortbesteht. Dabei kann nach verteiler müssen die Wettbewerber für ein flächendecken- Auffassung der Monopolkommission die strukturelle Ab- des Endkundenangebot bei der IP-Variante lediglich sicherung des Wettbewerbs auf den Endkundenmärkten 73 Breitband-PoPs erschließen. Die Bedeutung des Bit- der Telekommunikation grundsätzlich auch auf einer effi- stromzugangs als Vorleistung für Breitbandanschlüsse zienten Regulierung der Vorleistungsmärkte beruhen. Die wird zunehmen, da sich die Erschließung zusätzlicher Monopolkommission trifft ihre Aussagen über die Ange- Hauptverteiler für die Wettbewerber häufig nicht lohnt. messenheit einer Deregulierung für Vorleistungs- und Damit Wettbewerber gleichwohl flächendeckend Breit- Endkundenmärkte getrennt. bandanschlüsse anbieten können, müssen sie auf andere Vorleistungsprodukte, wie den Bitstromzugang, zurück- greifen. Hinzu kommt, dass im Zuge der Migration zu 3.1 Vorleistungen den hochleistungsfähigen Breitbandnetzen (Next Genera- 24. Die Regulierung der Vorleistungen ist unverzicht- tion Networks, Next Generation Access Networks) bar, solange das Angebot der Wettbewerber auf den End- Hauptverteiler abgebaut werden. Im Zuge dieser Migra- kundenmärkten nur dann bestehen kann, wenn sie auf die tion müssen die alternativen Anbieter entweder ihre Infra- Infrastruktur des dominierenden Anbieters zurückgreifen strukturen dann bis zu den neuen Netzzugangspunkten können. Gegenwärtig und in absehbarer Zukunft ist das ausbauen oder alternative Vorleistungen, wie den Bit- der Fall. Dort, wo die alternativen Anbieter eigene Infra- stromzugang, in Anspruch nehmen. Dies spricht dafür, strukturen aufbauen, machen sie das vor allem, um da- die Märkte für Bitstromzugangsprodukte weiterhin zu re- rüber eigene Endkundenleistungen anzubieten. Alterna- gulieren. tive Infrastrukturen werden – soweit sie nicht durch 28. Gänzlich ohne eigene physische Infrastruktur eigene Anwendungen ausgelastet sind – auch anderen kommt der Wiederverkauf von Telefon- und DSL-An- Anbietern als Vorleistungen angeboten, sie sind aber in schlüssen der Deutschen Telekom durch alternative An- aller Regel weder flächendeckend noch bis zu den End- bieter aus. Bis Ende des Jahres 2007 war insbesondere kunden ausgebaut. der Wiederverkauf von DSL-Anschlüssen der Telekom 25. Die wichtigste Vorleistung ist weiterhin der ent- von herausragender Bedeutung für den Wettbewerb auf bündelte Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung. Alter- den Breitbandmärkten. Das hat mit der nachlassenden native Anbieter nutzen sie, um ihren Endkunden Telefon- Wettbewerbsfähigkeit der Resale-Produkte in Anbetracht anschlüsse und Breitbandanschlüsse anzubieten. Alterna- des sich intensivierenden Preiswettbewerbs bei den Breit- tive Vorleistungsprodukte sind beim Telefonanschluss das bandanschlüssen sowie der Einführung von Bitstrom Anschluss-Resale und bei den Breitbandanschlüssen Line deutlich nachgelassen. Mitte des Jahres 2011 betrug der Sharing, der Bitstromzugang sowie das DSL-Resale. Der Marktanteil der Reseller auf dem Markt für Breitbandan- entbündelte Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung ist schlüsse nur noch knapp 5 Prozent.10 Der Monopolkom- und bleibt auf absehbare Zeit für den Wettbewerb auf den mission liegen keine Angaben darüber vor, welche Be- Endkundenmärkten für Schmal- und Breitbandanschlüsse deutung das Resale von Telefonanschlüssen der unverzichtbar. Da auf dem Vorleistungsmarkt selbst kein Deutschen Telekom hat. Naheliegend ist, dass dem keine Wettbewerb herrscht und die alternativen Vorleistungs- Bedeutung zukommt, weil die Deutsche Telekom den produkte Bitstromzugang und Resale aus Sicht der Nach- Wiederverkäufern von Teilnehmeranschlüssen keine frager nicht austauschbar sind, ist die Regulierung weiter- Großhandelsrabatte einräumen muss. Nachhaltiger Wett- hin notwendig. bewerb auf den Anschlussmärkten ist auf dieser Basis al- lerdings nicht möglich, da der größte Teil der Wertschöp- 26. Line Sharing ist kein eigenständiges Vorleistungs- produkt, sondern eine Variante der Teilnehmeranschluss- leitung. Dabei fragt der alternative Anbieter lediglich den 10 Datenerhebung der Bundesnetzagentur für die Monopolkommission. Drucksache 17/8246 – 188 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode fung – bei Telefonanschluss-Resale sogar die komplette die Wettbewerbsintensität je nach Art des Anschlusses Wertschöpfung – bei der Deutschen Telekom verbleibt. und nach Region variiert. In Ballungsräumen wie in Köln, Gleichwohl sollte dieses Vorleistungsprodukt regulato- Hamburg oder München liegen die Marktanteile der risch gesichert werden, da es den alternativen Anbietern Wettbewerber deutlich über dem Durchschnitt für das flächendeckende Angebote und das Schnüren von Ange- Bundesgebiet, außerhalb von Ballungsgebieten können botsbündeln ermöglicht. sie deutlich darunter liegen. Ein Indiz für zunehmenden Wettbewerb ist auch die steigende Anzahl von Unterneh- 29. Zusammenschaltungsleistungen der Deutschen Te- men, die Teilnehmeranschlüsse anbieten. Zum Jahresende lekom sind dort substituierbar, wo alternative Netzbetrei- 2010 waren es bereits 130 nach 96 Ende des Jahres ber parallele Infrastrukturen aufgebaut haben. Der Mono- 2008.11 polkommission liegen keine aktuellen Informationen darüber vor, in welchem Ausmaß der Ausbau der alterna- 33. Angestoßen wird der zunehmende Wettbewerb bei tiven Netze in der Fläche vorangeschritten ist. Sie geht den Teilnehmeranschlüssen durch die dynamische Ent- aber nicht davon aus, dass die Abhängigkeit der Wettbe- wicklung bei den Breitbandanschlüssen. Auf diesem werber von Zusammenschaltungsleistungen der Telekom nicht regulierten Endkundenmarkt wurden Mitte des Jah- nachhaltig zurückgegangen ist. Dafür spricht, dass die res 2011 knapp 55 Prozent aller Anschlüsse durch die Wettbewerber der Telekom ihren Netzausbau von Beginn Wettbewerber bereitgestellt. In Verbindung mit der zu- an vor allem am eigenen Bedarf orientiert haben und le- nehmenden Nachfrage nach Bündel- und Komplettange- diglich Überkapazitäten vermarkten. Dies bedeutet, dass boten befördert diese Dynamik auch die Bereitschaft der zumindest der Teil der alternativen Anbieter, deren Ge- Nutzer zu einem kompletten Anschlusswechsel. schäftsstrategie nicht auf den Ausbau eigener Infrastruk- turen ausgerichtet ist, weiterhin auf die Zusammenschal- 34. Nicht wesentlich intensiver geworden ist der Sub- tungsleistungen der Deutschen Telekom angewiesen ist. stitutionswettbewerb, der von den Mobilfunkanschlüssen ausgeht. Substitutionswettbewerb zwischen Mobilfunk 30. Grundsätzlich nicht substituierbar sind die Zufüh- und Festnetz findet weiterhin vor allem bei den Verbin- rung und die Terminierung von Gesprächen. Sie können dungen statt. Bei den Anschlüssen nimmt der Anteil der nur durch den jeweiligen Betreiber eines Netzes erbracht werden. Vor diesem Hintergrund sollten die Terminie- Nutzer, die wegen ihres Mobilfunkanschlusses auf einen rungsentgelte der Festnetz- und der Mobilfunknetzbetrei- Festnetzanschluss verzichten, zwar zu. Es gilt aber wei- ber weiterhin reguliert werden. terhin, dass Mobilfunk- und Festnetzanschlüsse für die überwiegende Mehrheit der Nutzer komplementäre Pro- dukte sind. 3.2 Endkundenleistungen 35. Zu beantworten ist die Frage, ob der Markt für 31. Der einzige derzeit regulierte Endkundenmarkt ist Teilnehmeranschlüsse bereits nachhaltig wettbewerbs- der Markt für den Zugang von Privat- und Geschäftskun- orientiert ist, d. h. ob der Wettbewerb fortbestünde, wenn den zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten. die Regulierung fortfallen würde. Auf dem Markt für Gemeint ist damit der Markt für Festnetzanschlüsse. Er Teilnehmeranschlüsse unterliegt die Deutsche Telekom umfasst herkömmliche schmalbandige Analog- und gegenwärtig der nachträglichen Entgeltregulierung ohne ISDN-Anschlüsse sowie Breitbandanschlüsse, die mit ei- Voranmeldung und der Verpflichtung, ihren Teilnehmern nem Telefondienst gekoppelt sind, wie DSL-Anschlüsse den Zugang zu den Diensten aller unmittelbar zusammen- und Kabelnetzanschlüsse. Nicht (mehr) der sektorspezifi- geschalteten Wettbewerber im Wege der Betreiberaus- schen Regulierung unterliegen die Märkte für Breitband- wahl (Call-by-Call) und Betreibervorauswahl (Preselec- anschlüsse sowie für Verbindungsleistungen im Festnetz tion) einräumen. (Inlandsgespräche, Auslandsgespräche, Gespräche in Mobilfunknetze). Die Aussagen der Monopolkommission 36. Die nachträgliche Entgeltregulierung ist für die Si- zur Nachhaltigkeit des Wettbewerbs bei Endkundenleis- cherung des Wettbewerbs auf dem Markt für Teilnehmer- tungen bleiben daher auf den Markt für Teilnehmeran- anschlüsse nicht zwingend notwendig, da gegebenenfalls schlüsse beschränkt. auftretende Missbräuche grundsätzlich auch mit den Mit- 32. Der Wettbewerb bei den Teilnehmeranschlüssen ist teln des allgemeinen Wettbewerbsrechts verfolgt werden in den vergangenen zwei Jahren intensiver geworden. können. Dies zeigt sich schon darin, dass die Eingriffsin- Ende des Jahres 2010 lag der Marktanteil der Wettbe- tensität der nachträglichen Entgeltregulierung ohne vor- werberdeutschlandweit bei knapp 35 Prozent. Zugenom- herige Anmeldepflicht kaum über die der kartellbehördli- 12 men hat insbesondere die Verbreitung von Komplettan- chen Missbrauchsaufsicht hinausreicht. Überhöhte schlüssen, die bisher fast ausschließlich durch die Preise sind auf dem Markt für Teilnehmeranschlüsse we- Wettbewerber vermarktet werden, sowie von Kabelnetz- nig wahrscheinlich, da die Wettbewerbsintensität auf dem anschlüssen. Zurückgegangen ist der Marktanteil der al- Markt ansteigt. Hinzu kommt, dass sich der Wettbewerb ternativen Anbieter bei den ISDN-Anschlüssen. Ein verfestigt, weil ein wachsender Anteil der Anschlüsse auf Grund dafür mag sein, dass der Zugang zur Sprachkom- munikation über schmalbandige Anschlüsse, wie Analog- 11 Vgl. BNetzA, Jahresbericht 2010, S. 74. und ISDN-Anschlüsse, zwar immer noch dominiert, aber 12 So auch die Bundesnetzagentur bei der Prüfung der Regulierungsbe- zunehmend an Bedeutung verliert. Es bleibt dabei, dass dürftigkeit gemäß § 10 Absatz 2 TKG; vgl. dazu auch Kapitel 4.1.4. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 189 – Drucksache 17/8246 der Grundlage von Infrastrukturinvestitionen der Wettbe- bote entscheiden, die unter anderem eine Flatrate für Ge- werber realisiert wird.13 Unternehmen mit hohen eigenen spräche innerhalb des Festnetzes oder aus Mobilfunknet- spezifischen Investitionen sind tendenziell schwieriger zen in das Festnetz beinhalten. Eine etwas größere vom Markt zu verdrängen als Unternehmen mit geringe- Bedeutung hat die Betreiber(vor)-auswahl allerdings ren versunkenen Kosten. Gegen die Rückführung der Re- noch für Gespräche vom Festnetz in die Mobilfunknetze, gulierung spricht auch nicht, dass weder die Kabelnetze da diese in den üblichen Flatrate-Angeboten – mit Aus- flächendeckend verfügbar noch sämtliche Hauptverteiler nahme der sog. All-Net-Flat – nicht enthalten sind. Da an durch alternative Anbieter erschlossen sind. Tatsächlich dieser Verpflichtung Geschäftsmodelle von alternativen erreichen Kabelnetzbetreiber lediglich zwei Drittel der TK-Unternehmen hängen, sollte ein Auslaufen der Ver- Haushalte und etwa 25 Prozent der Bevölkerung wohnen pflichtung zur Betreiber(vor)auswahl mit einer gewissen in Gebieten, in denen sich die Erschließung von Haupt- Übergangsfrist erfolgen. verteilern durch alternative Anbieter offenbar nicht lohnt. In diesen Regionen können die Teilnehmer zwar nicht 4 Amtspraxis der Bundesnetzagentur zwischen verschiedenen Anbietern von Teilnehmeran- schlüssen wählen, sie sind aber gleichwohl vor überhöh- 39. Die Monopolkommission würdigt gemäß § 121 ten Anschlussentgelten geschützt, da die Deutsche Tele- Absatz 2 TKG die Amtspraxis der Bundesnetzagentur im kom bisher bei den Entgelten für Teilnehmeranschlüsse Bereich der Telekommunikation. Wegen der Vielzahl der keine regionale Preisdifferenzierung betreibt. Entscheidungen, die die Behörde in diesem Bereich trifft, muss sich die Monopolkommission dabei auf die aus ih- 37. Damit bleibt als Argument gegen die Rückführung rer Sicht wichtigen Fälle beschränken, die auf der Grund- der Entgeltregulierung bei den Teilnehmeranschlüssen lage einer systematischen Beobachtung der Amtspraxis die Gefahr, dass das eingesessene Unternehmen versu- der Behörde herauszufiltern sind. Für die Telekommuni- chen könnte, seine Marktposition mit ungerechtfertigter kationsmärkte von besonderer Bedeutung sind die Ver- Bündelung, Preis-Kosten-Scheren oder das Setzen von fahren der Marktregulierung. Daneben werden Entschei- Verdrängungspreisen zu verteidigen. Die Monopolkom- dungen aus dem Bereich der Entgeltregulierung mission teilt die Auffassung der Bundesnetzagentur, dass kommentiert. diese Gefahr prinzipiell bestehen kann. Gleichwohl sieht die Monopolkommission sieht aber keinen Anlass, damit den Fortbestand der sektorspezifischen Regulierung des 4.1 Marktregulierung Marktes für Teilnehmeranschlüsse zu begründen, da sol- 40. Telekommunikationsmärkte unterliegen der Regu- che Missbräuche auch mit den Mitteln des allgemeinen lierung nach den § 10 Absatz 2 TKG, wenn sie (1) durch Wettbewerbsrechts geahndet werden können. beträchtliche und anhaltende Marktzutrittsbarrieren ge- 38. Die auferlegte Verpflichtung zur Betreiberauswahl kennzeichnet sind, (2) längerfristig keine Tendenz zu und Betreibervorauswahl sichert nicht den Wettbewerb wirksamem Wettbewerb erkennen lassen und (3) das all- auf dem Markt für Festnetzanschlüsse, sondern den Wett- gemeine Wettbewerbsrecht nicht ausreicht, dem festge- bewerb auf den Märkten für Gesprächsverbindungen. stellten Marktversagen entgegenzuwirken. Hinzu muss Nach § 40 TKG verpflichtet die Bundesnetzagentur Un- kommen, dass auf dem relevanten Markt kein wirksamer ternehmen, die bei der Bereitstellung des Anschlusses an Wettbewerb herrscht, d. h. dass ein oder mehrere Unter- das öffentliche Telefonnetz und dessen Nutzung an festen nehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen. Die Eu- Standorten über beträchtliche Marktmacht verfügen, ropäische Kommission gibt in einer „Empfehlung über dazu, ihren Teilnehmern den Zugang zu den Diensten al- relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen ler unmittelbar zusammengeschlossenen Anbieter im Kommunikationssektors“ Märkte vor, die nach ihrer Auf- Wege der Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl zu fassung für eine sektorspezifische Regulierung in Be- 14 ermöglichen. Es zeichnet sich ab, dass die Behörde zu- tracht kommen. Gegenwärtig umfasst diese Empfehlung künftig bei der Auferlegung dieser Verpflichtung einen sechs Vorleistungsmärkte und einen Endkundenmarkt. Ermessensspielraum haben wird. Gemäß der vom Bun- Diese Märkte sind von den nationalen Regulierungsbe- destag am 27. Oktober 2011 verabschiedeten TKG-No- hörden auf das Bestehen von Marktmacht und ihre Regu- velle soll die Betreiber(vor)auswahl in § 21 Absatz 3 lierungsbedürftigkeit zu untersuchen. Auch wenn die Nummer 6 TKG-E als Zugangsverpflichtung geregelt Empfehlung, die die Europäische Kommission gemäß 15 werden, die einem Betreiber öffentlicher Telekommuni- Artikel 15 Rahmenrichtlinie erlässt, keine originäre kationsnetze, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, auferlegt werden „soll“. Die Bundesnetzagentur muss 14 Empfehlung der Kommission vom 17. Dezember 2007 über relevan- dann zukünftig prüfen, ob diese Verpflichtung weiterhin te Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikations- notwendig ist. In Frage steht dies, da der Anteil der Ge- sektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen sprächsverbindungen, die mittels der Betreiber(vor)aus- Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für wahl durch alternative Anbieter erbracht werden, stark elektronische Kommunikationsnetze und -dienste für eine Vorabre- gulierung in Betracht kommen, 2007/879/EG, ABl. EU Nr. L 344 abnimmt und sich immer mehr Nutzer für Bündelange- vom 28. Dezember 2007, S. 65. 15 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elek- 13 Vgl. Monopolkommission, Telekommunikation 2009: Klaren Wett- tronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie), bewerbskurs halten, Sondergutachten 56, Baden-Baden 2010, Tz. 61. ABl. EG Nr. L 108 vom 24. April 2002, S. 33. Drucksache 17/8246 – 190 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Rechtsverbindlichkeit besitzt, besteht eine gesetzliche tungen mit einer Bandbreite von unter 2 Mbit/s und über Vermutung, dass die dort aufgeführten Märkte auch in 155 Mbit/s sowie der Endkundenmarkt für das Min- Deutschland potenziell regulierungsbedürftig sind.16 Da- destangebot an Mietleitungen aus der sektorspezifischen rüber hinaus können die nationalen Regulierungsbehör- Regulierung entlassen. Der Vorleistungsmarkt für Ab- den Märkte untersuchen, die nicht Gegenstand der schluss-Segmente von Mietleitungen mit einer Band- Märkte-Empfehlung der Europäischen Kommission sind. breite von 2 Mbit/s bis zu 155 Mbit/s soll weiter reguliert Regulatorische Verpflichtungen sind aufzuerlegen, wenn werden. Marktmacht besteht und die Regulierungsbedürftigkeit festgestellt wird. Soweit ein national regulierter Markt in 4.1.1 Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung einer revidierten Märkte-Empfehlung nicht mehr enthal- ten ist, ist im Rahmen eines Verfahrens gemäß §§ 10 und 43. Die nach 2005 und 2007 dritte Analyse des Mark- 11 TKG zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Regu- tes für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung be- lierung national ebenfalls nicht mehr gegeben sind. Ist gann mit der Vorlage eines Entwurfs zur Marktdefinition dies der Fall, ist die bestehende Regulierung aufzuheben. und Marktanalyse durch die Bundesnetzagentur im No- vember 2009. Der Entwurf wurde im April 2010 überar- 41. Die Europäische Kommission, die anderen natio- beitet, nachdem die Deutsche Telekom am 17. März 2010 nalen Regulierungsbehörden sowie das neu gegründete auf einem Investorentag angekündigt hatte, bis zum Jahr Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektroni- 2012 ein Glasfasernetz für 10 Prozent der Festnetzhaus- sche Kommunikation (GEREK) haben im Rahmen des halte in Deutschland aufzubauen, welches bis zum Teil- sog. Ko-Regulierungsverfahrens Mitwirkungsrechte.17 nehmeranschluss reicht (FTTH-Netz). Die überarbeitete Die nationalen Regulierungsbehörden müssen ihre Fest- Marktanalyse wurde im Verlauf des Jahres 2010 national stellungen im Rahmen des Marktanalyseverfahrens, die konsultiert und von der Europäischen Kommission notifi- Regulierungsverfügungen und die Inhalte wichtiger Re- ziert. Die konsultierte und notifizierte Regulierungsverfü- gulierungsentscheidungen den genannten Institutionen gung wurde im April 2011 veröffentlicht.18 vorlegen und deren Stellungnahmen weitestgehend be- 44. Das Teilnehmeranschlussnetz umfasst die Verbin- rücksichtigen. Gegenüber den Feststellungen der nationa- dungen zwischen dem Hauptverteiler und der Teilnehme- len Regulierungsbehörde im Rahmen der Marktanalyse ranschlusseinheit, die sich in den Räumen des Endkunden hat die Europäische Kommission Vetorechte. Bevor sie befindet. Der Zugang zu diesem Netz erfolgt in der Regel ein Veto einlegt, muss sie allerdings die Stellungnahme am Hauptverteiler, kann allerdings auch entsprechend von GEREK einholen und ebenfalls weitestgehend be- dem Entbündelungsgebot an einem zwischen Hauptver- rücksichtigen. Kein explizites Vetorecht besitzt die Euro- teiler und Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Kabel- päische Kommission bei den Regulierungsmaßnahmen. verzweiger, Schaltverteiler oder Endverzweiger erfolgen. Sie kann aber Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem Ge- Charakteristisch für den Markt ist, dass „entbündelter“ meinschaftsrecht äußern und damit ein langwieriges Ver- Zugang, d. h. Zugang ohne die Nutzung vorgeschalteter fahren auslösen, in dem die Europäische Kommission, Übertragungs- und Vermittlungstechnik, nachgefragt GEREK und der nationale Regulierer zusammenarbeiten, wird. In bestimmten Fällen, in denen der entbündelte Zu- um die geeigneten Regulierungsmaßnahmen zu ermitteln. gang nicht möglich ist, umfasst der Markt auch einen „ge- 42. Ende Oktober 2011 ergibt sich folgender Verfah- bündelten“ Zugang. rensstand: Im Berichtszeitraum der Monopolkommission 45. Der relevante Markt umfasst: untersucht und weiterhin als regulierungsbedürftig einge- stuft wurden die Vorleistungsmärkte für den Zugang zur – den entbündelten (in Ausnahmefällen gebündelten) Teilnehmeranschlussleitung, den Breitbandzugang für Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung in Form der Großkunden (Bitstromzugang) und die Mobilfunktermi- Kupferdoppelader am Hauptverteiler oder einem nä- nierung. Aufgrund älterer Marktanalysen unterliegen die her an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Vorleistungsmärkte für den Verbindungsaufbau und die Punkt (Kabelverzweiger, Schaltverteiler, Endverzwei- Anrufzustellung im Festnetz sowie der Endkundenmarkt ger), einschließlich des gemeinsamen Zugangs in für den Zugang von Privat- und Geschäftskunden zum öf- Form des Line Sharing, fentlichen Telefonnetz an festen Standorten (Markt für – den entbündelten (in Ausnahmefällen gebündelten) Festnetzanschlüsse) der Regulierung. Im Berichts- Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung auf der Basis zeitraum der Monopolkommission wurden der Vorleis- von OPAL/ISIS (hybride Teilnehmeranschlusslei- tungsmarkt für Rundfunkübertragungsdienste zur Be- tung19) am Hauptverteiler oder einem näher an der reitstellung von Sendeinhalten für Endnutzer, die Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt, Vorleistungsmärkte für Abschluss-Segmente von Mietlei- – den entbündelten Zugang zur Teilnehmeranschlusslei- tung auf der Basis reiner Glasfaser (massenmarktfähi- 16 BVerwG, Urteil vom 2.4.2008, 6 C 14.07, Rn. 25. 17 Verordnung (EG) Nr. 1211/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 zur Einrichtung des Gremiums 18 BNetzA, BK 3g-09/085, Mitteilung Nr. 185/2011, ABl. BNetzA 7/ Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation 2011, S. 1163. (GEREK) und des Büros, ABl. EU Nr. L 337 vom 18. Dezember 19 Die Verbindung zwischen Hauptverteiler und Kabelverzweiger bzw. 2009, S. 1. Zu den Mitwirkungsrechten vgl. Monopolkommission, Endverzweiger besteht aus Glasfaser, die zwischen Kabelverzweiger/ Sondergutachten 56, a. a. O., Tz. 142 ff. Endverzweiger und Teilnehmeranschlusseinheit aus Kupfer (FTTB). Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191 – Drucksache 17/8246

ges FTTH) sowohl in der Punkt-zu-Punkt-Variante als durch beträchtliche Marktmacht der Deutschen Telekom auch in der Punkt-zu-Mehrpunkt-Variante. Dabei geht gekennzeichnet. Die bisherigen Regulierungsmaßnahmen – die Bundesnetzagentur davon aus, dass eine Entbün- Verpflichtungen zur Gewährung von Zugang zu den ver- delung von Punkt-zu-Mehrpunkt-Infrastrukturen zu- schiedenen TAL-Varianten sowie zur Kollokation, zum mindest theoretisch möglich ist. Zugang zu Kabelkanälen und gegebenenfalls zu unbe- schalteter Glasfaser sowie Transparenzvorgaben im Hin- 46. Die Bundesnetzagentur berücksichtigt den Zugang auf der Basis reiner Glasfasernetze erstmals, weil die blick auf die Preisgestaltung und die Kostenrechnungs- Deutsche Telekom den Ausbau eines relevanten Netzes und Buchungsunterlagen – werden weiterhin auferlegt. innerhalb der zweijährigen Laufzeit der Marktanalyse an- Die Entgelte unterliegen nach wie vor der Genehmi- gekündigt hatte. Zudem ist der Zugang zur Glasfaser- gungspflicht, soweit der Zugang zu den bisherigen TAL- TAL nach Auffassung der Regulierungsbehörde aus Sicht Varianten und die damit in Verbindung stehenden Leis- der Nachfrager mit den übrigen TAL-Varianten aus- tungen betroffen sind. Abweichend davon unterliegen die tauschbar. Entgelte für den Zugang zur Glasfaser-TAL nach Fest- stellungen der Bundesnetzagentur lediglich der Anzeige- 47. Nicht im relevanten Markt enthalten sind alterna- pflicht und der nachträglichen Regulierung nach § 38 tive Zugangstechnologien, wie die für Telekommunika- TKG. Anzeigepflicht bedeutet, dass geplante Entgelte ge- tionsdienste aufgerüsteten Kabelfernsehnetze oder draht- mäß § 38 Absatz 1 TKG der Bundesnetzagentur zwei lose Teilnehmeranschlüsse. Bei den Kabelfernsehnetzen, Monate vor ihrem Inkrafttreten vorzulegen sind. Die Be- die inzwischen weitgehend für das Angebot von schnel- hörde untersagt innerhalb von zwei Wochen nach Zugang lem Internet und Telefonie aufgerüstet sind und über die der Anzeige die Einführung des Entgelts bis zum Ab- inzwischen mehr als 3 Millionen Breitbandanschlüsse re- schluss ihrer Prüfung, wenn dieses offenkundig nicht mit alisiert sind, ist der entbündelte Zugang nach Auffassung den Vorschriften zur Missbrauchsaufsicht des § 28 TKG der Bundesnetzagentur technisch nicht möglich. Der Zu- vereinbar ist. Die Prüfung der Vereinbarkeit mit § 28 gang zur drahtlosen Teilnehmeranschlussleitung kommt TKG ist innerhalb von zwei Monaten abzuschließen. als Substitut nicht in Betracht, da diese entweder kaum verbreitet sind (WiMAX, Powerline), über andere Merk- 49. Die Europäische Kommission kritisiert in ihrer male als die Festnetz-TAL verfügen (mobiler statt fester Stellungnahme zu der Regulierungsverfügung insbeson- Standort) und Qualitätsnachteile haben. Ebenfalls nicht dere den Verzicht auf eine Ex-ante-Regulierung bei den im relevanten Markt enthalten ist der Zugang zu Glasfa- Entgelten für die Glasfaser-TAL.21 Sie bemängelt, dass ser-TAL für große gewerbliche Endkunden. Diese An- nachträgliche Preiskontrollen in Form von Tests zur Er- schlüsse sind aus Sicht der Regulierungsbehörde kunden- mittlung von Preis-Kosten- und Kosten-Kosten-Scheren individuell errichtet worden. Das gelte auch, wenn es in nicht geeignet seien, kostenorientierte Entgelte zu ge- reinen Gewerbegebieten eine größere Anzahl solcher währleisten. Eine Preis-Kosten-Schere liegt vor, wenn die Glasfaser-TAL gebe. Eine Austauschbarkeit mit dem Zu- Spanne zwischen dem Entgelt, welches das regulierte Un- gang zur Teilnehmeranschlussleitung sei nicht gegeben, ternehmen seinen Konkurrenten für den TAL-Zugang in da die Teilnehmeranschlüsse für große gewerbliche End- Rechnung stellt, und seinem Endnutzerentgelt für das ent- kunden in der Regel besondere Qualitätsanforderungen sprechende Produktbündel nicht ausreicht, um einem effi- erfüllen müssen und einen deutlich höheren Preis haben. zienten Wettbewerber die Erzielung einer angemessenen Weiterhin nicht einbezogen in den relevanten Markt wird Verzinsung des eingesetzten Kapitals zu ermöglichen. der Zugang am Hauptverteiler, wenn Hauptverteiler und Eine Kosten-Kosten-Schere ist gegeben, wenn die Kabelverzweiger ausschließlich mit Glasfaser und nicht Spanne zwischen den Entgelten, die das regulierte Unter- parallel mit Kupfer verbunden sind (z. B. bei FTTC und nehmen für Vorleistungen auf unterschiedlichen Wert- FTTB). Damit entfallen Zugangsansprüche am Hauptver- schöpfungsstufen in Rechnung stellt, die Kosten der teiler. Das zentrale Argument der Bundesnetzagentur für Wertschöpfungsdifferenz nicht angemessen widerspie- die Nichtberücksichtigung ist, dass nach einem Netzaus- gelt. Zwischen einem an den effizienten Kosten orientier- bau ein entbündelter Zugang am Hauptverteiler technisch ten Entgelt und einem nicht missbräuchlichen Entgelt be- nicht mehr möglich ist, da zwangsläufig aktive Technik stehen nach Auffassung der Europäischen Kommission genutzt werden muss.20 Ebenfalls nicht im relevanten Markt enthalten ist der Zugang zu Kabelkanalanlagen, zu erhebliche Unterschiede. Die Schaffung von Rechtssi- Leerrohren und zu unbeschalteter Glasfaser. Die Bundes- cherheit für Zugangsinteressenten werde behindert, effi- netzagentur sieht hierin keine Zugangsprodukte, sondern ziente Investitionen durch alle Netzbetreiber nicht geför- Abhilfemaßnahmen, die notwendig werden, wenn der Zu- dert. Hinzu komme, dass Mitwirkungsrechte der gang am Hauptverteiler technisch nicht möglich oder Europäischen Kommission und der anderen nationalen wirtschaftlich unsinnig ist. Regulierungsbehörden gemäß Artikel 7 Absatz 3 der Rahmenrichtlinie eingeschränkt würden, da es innerhalb 48. Der Markt für den entbündelten Zugang zur Teil- der Zwei-Wochen-Frist der nachträglichen Entgeltregu- nehmeranschlussleitung ist nach den Feststellungen der lierung nicht möglich sei, die Zugangsentgelte, ein- Bundesnetzagentur weiterhin regulierungsbedürftig und

21 Vgl. Schreiben an die Bundesnetzagentur vom 20. September 2010, 20 Vgl. dazu bereits Monopolkommission, Sondergutachten 50, a. a. O., SG-Greffe (2010) D/14104 sowie Schreiben an die Bundesnetzagen- Tz. 118. tur vom 24. Februar 2011, SG-Greffe (2011) D/2850. Drucksache 17/8246 – 192 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode schließlich der detaillierten Kostenberechnungsmethode wisse Zeit zu verzichten, um die Anreize für Investitionen zu notifizieren. in neue Infrastrukturen nicht zu beeinträchtigen.23 Dies ist rechtlich nicht mehr möglich, seit die entsprechende Vor- 50. Die Bundesnetzagentur begründet ihr Vorgehen im schrift (§ 9a TKG a. F.) nach Beanstandung durch den Kern mit drei Argumenten. Erstens begrenze bereits die Europäischen Gerichtshofs aus dem Telekommunikati- ex ante regulierte Kupfer-TAL den Preissetzungsspiel- onsgesetz gestrichen wurde.24 Ob es gelingt, die Investi- raum der Telekom bei der Glasfaser-TAL. Dies liege da- tionsanreize mit der „weicheren“ nachträglichen Entgelt- ran, dass es aus Endkundensicht im Massenmarkt noch regulierung zu sichern, ist zwar fraglich, vor allem vor kaum Anwendungen gibt, die die Nutzung eines FTTH- dem Hintergrund, dass das regulierte Unternehmen bei ei- Anschlusses zwingend voraussetzen. Vor diesem Hinter- nem fortschreitenden Ausbau seiner Glasfaserinfrastruk- grund seien Anschlüsse auf der Basis der Kupfer-TAL turen gegebenenfalls mit einer Verschärfung der Entgelt- enge Substitute für Anschlüsse auf der Basis der Glasfa- regulierung für den Zugang zur Glasfaser-TAL in ser-TAL. Zweitens kann nach Auffassung der Regulie- Richtung einer Ex-ante-Entgeltregulierung rechnen muss. rungsbehörde auch die nachträgliche Entgeltregulierung Da aber keine besser geeignete Art der Regulierung mög- spürbare Überschreitungen der effizienten Kosten verhin- lich ist, die die Investitionsanreize schützt, ist die Praxis dern. Dafür sorge die Positionierung der Glasfaser-TAL der Bundesnetzagentur aus Sicht der Monopolkommis- auf der Investitionsleiter. Sie sei eingebettet in verschie- sion eine vernünftige Kompromisslösung. dene ex ante und ex post regulierte Vor- und Endkunden- leistungen, wie die Kupfer-TAL, den Bitstromzugang und den Teilnehmeranschluss. Damit stünden genügend Eck- 4.1.2 Bitstromzugang punkte zur Verfügung, um im Rahmen der nachträglichen 53. Bitstromzugang (Breitbandzugang für Großkun- Entgeltregulierung mittels Preis-Kosten- und Kosten- den) ist ein Vorleistungsprodukt für Netzbetreiber oder Kosten-Scherentests spürbare Überschreitungen der effi- Service-Provider mit eigenem Kernnetz zur Realisierung zienten Kosten bei dem Zugang zu der Glasfaser-TAL zu eigener Dienste, die deren Endkunden oder Wiederver- verhindern. Drittens sei eine Ex-ante-Regulierung der käufern angeboten werden. Der Anbieter von Bitstromzu- Glasfaser-TAL schwierig, da ein solches Netz sich erst im gang überlässt dem Bitstromnachfrager Breitbandan- Aufbau befinde und somit Annahmen im Hinblick auf schlüsse und transportiert den darüber geführten Kosten und Nutzerzahlen zu treffen wären, die aus heuti- ger Sicht noch mit großen Unsicherheiten behaftet sind. Datenstrom über sein Konzentratornetz zu dem zugehöri- gen Übergabepunkt im Netz des Nachfragers. Die Bun- 51. Die Monopolkommission teilt zwar prinzipiell die desnetzagentur unterscheidet nach der Übertragungstech- Bedenken der Europäischen Kommission im Hinblick auf nologie des Verbindungsnetzes und dem Übergabepunkt die Möglichkeit, Kosten der effizienten Leistungsbereit- sachlich relevante Märkte für Layer-2-Bitstromzugang stellung im Rahmen der nachträglichen Entgeltregulie- (bisher ATM-Bitstromzugang) und Layer-3-Bitstromzu- rung zu gewährleisten, hält das Vorgehen der Bundesnetz- gang (bisher IP-Bitstromzugang). Korrespondierende agentur in der Gesamtschau aber für richtig. Maßstab der Endkundenprodukte der Vorleistung Bitstromzugang sind nachträglichen Entgeltregulierung gemäß § 38 TKG ist Breitbandanschlussprodukte und Breitbanddienste. Bei das Fehlen der Missbräuchlichkeit im Sinne des § 28 den Breitbandanschlüssen handelt es sich um xDSL-An- TKG. In Betracht kommt vor allem die Abwesenheit von schlüsse, Internetfestverbindungen, Glasfaseranschlüsse Preis-Kosten-Scheren. Eine Preis-Kosten-Schere liegt oder Anschlüsse auf der Basis alternativer Zugangstech- vor, wenn die Spanne zwischen dem Endkundenentgelt nologien, wie z. B. Kabelfernsehanschlüsse. Den beiden des regulierten Unternehmens und dem Entgelt, welches Bitstromzugangsmärkten entsprechen auf der Endkunden- das regulierte Unternehmen seinem Wettbewerber für Zu- ebene Anschlüsse mit unterschiedlichen Qualitäten im gangsleistungen in Rechnung stellt, nicht ausreicht, um Massenmarkt und im Premiumbereich. Wegen der Unter- diesem eine angemessene Verzinsung des eingesetzten schiede bei der Erfüllung von Qualitätsstandards bedie- Kapitals zu gewährleisten. Das nach dieser Vorgabe zu- lässige Entgelt entspricht oftmals nicht den effizienten nen Layer-2- und Layer-3-Bitstromprodukte unterschied- Kosten, sondern liegt darüber. liche Nachfragen: Layer-2-Bitstromprodukte werden vor allem von Unternehmen nachgefragt, die als Service-Pro- 52. Für die Entscheidung der Bundesnetzagentur, die vider oder Carrier Premiumanschlüsse mit besonderen Entgelte für den Zugang zu der Glasfaser-TAL nachträg- Qualitätsgarantien anbieten. Layer-3-Bitstromprodukte lich zu regulieren, dürfte die Überlegung eine Rolle ge- zielen dagegen auf Anbieter von Breitbandanschlüssen spielt haben, die Anreize für das Unternehmen mit be- ohne besondere Qualitätsgarantien für den Massenmarkt. trächtlicher Marktmacht, in den Glasfaserausbau zu investieren, möglichst wenig zu beeinträchtigen. Diese 54. In Deutschland sind regulierte Bitstromzugangs- Überlegung ist nachvollziehbar, weil der Ausbau des produkte seit Juli 2008 erhältlich. Daneben gibt es ein Glasfasernetzes aus heutiger Perspektive weitaus weniger freiwilliges Angebot der Deutschen Telekom sowie seit schnell voranschreitet als gewünscht.22 Die Monopol- dem Jahr 2005 Angebote alternativer Netzbetreiber. Die kommission hatte sich in früheren Gutachten dafür ausge- Angebote der alternativen Netzbetreiber basieren nahezu sprochen, auf die Regulierung neuer Netze für eine ge- ausschließlich auf der gemieteten Teilnehmeranschluss-

22 Die Deutsche Telekom hat ihre ursprünglichen Ausbaupläne deutlich 23 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 56, a. a. O., Tz. 199 ff. reduziert und will nunmehr bis Ende 2012 statt 4 Millionen nur noch und die dort zitierten früheren Äußerungen. einige hundertausend FTTH-Anschlüsse realisieren. 24 EuGH, Urteil vom 3. Dezember 2009, Rs. C-424/07. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 193 – Drucksache 17/8246 leitung und sind daher nur in von Wettbewerbern bereits schneller abzubauen, als dies im nationalen Kontext mög- erschlossenen Anschlussbereichen verfügbar. Breitband- lich wäre. Die damit verbundenen Risiken für den Wett- anschlussprodukte werden mit unterschiedlichen Band- bewerb oder den Infrastrukturausbau werden überschätzt. breiten, gebündelt mit einem Schmalbandanschluss oder Die praktischen Probleme, wie die Zunahme der Anzahl ungebündelt, sowie mit unterschiedlichen Übertragungs- der zu regulierenden Teilmärkte oder die Schwierigkeiten qualitäten angeboten. bei der Gewährleistung der Konsistenz von Entgelten, sollten angegangen werden. Sie können jedenfalls kein 55. Die Marktanalyse der Bundesnetzagentur kommt Argument dafür sein, auf mögliche Deregulierungs- zu dem Ergebnis, dass die Kriterien des § 10 Absatz 2 schritte zu verzichten, wenn eine Regulierung nicht mehr TKG für die Regulierungsbedürftigkeit weiterhin gege- sachgerecht ist. ben sind und dass die Deutsche Telekom nach wie vor über beträchtliche Marktmacht verfügt. Mit der Regulie- rungsverfügung vom 6. Oktober 2010 wird das Unterneh- 4.1.3 Anrufzustellung in einzelnen men dazu verpflichtet, Mobilfunknetzen – anderen Unternehmen auf Nachfrage Bitstromzugang 58. Unter (Mobil-)Terminierung ist die Zustellung ei- und zum Zwecke des Zugangs Kollokation zu gewäh- nes Anrufs aus dem Festnetz oder einem Mobilfunknetz ren, zu dem angerufenen Anschluss in einem Mobilfunknetz – die Vereinbarungen über den Bitstromzugang und die zu verstehen. Diese Leistung kann ausschließlich durch Kollokation nicht diskriminierend und transparent zu den jeweiligen Mobilfunknetzbetreiber erbracht werden. gestalten, Aufgrund des Calling-Party-Pays-Prinzips gibt es keinen einheitlichen Markt für Terminierungsleistungen in allen – ihre Rechnungslegung zu trennen. Netzen, sondern je Netz einen Markt. Einbezogen werden auch virtuelle Mobilfunknetze, die von Mobile Virtual – Die Entgelte für Zugangsleistungen unterliegen der Network Operators (MVNO) und Mobile Virtual Net- nachträglichen Regulierung gemäß § 38 TKG. work Enablers (MVNE) betrieben werden. MVNO/ 56. Die Monopolkommission hat die seit Ende Okto- MVNE sind Anbieter ohne eigene Funknetze, aber mit ei- ber 2009 geltende Marktanalyse für den Bitstrommarkt genen Netzstrukturen im Backbone-Bereich sowie einer bereits in ihrem letzten Sondergutachten diskutiert.25 eigenen Vermittlungsinfrastruktur einschließlich Service- Diese wurde im ersten Halbjahr 2010 von der Bundes- plattformen. Ein (Full-)MVNO gibt eigene SIM-Karten netzagentur überarbeitet, weil die Deutsche Telekom im aus und verfügt über eigene Mobilfunkcodes, mittels de- Frühjahr 2010 angekündigt hatte, bis 2012 ein FTTH- rer er in der Lage ist, das Routing der Verkehrsmengen Netz relevanten Ausmaßes aufzubauen.26 Anders als bis- fast vollständig selbst zu übernehmen. her bezieht die Bundesnetzagentur Glasfaseranschlüsse (FTTH) in beide relevanten Märkte mit ein. Ausgeklam- 59. Die Bundesnetzagentur hat am 22. Juni 2011 ihre mert werden dagegen Powerline- und Zwei-Wege-Satelli- bisher dritte Untersuchung der Mobilfunkterminierungs- ten-Anschlüsse, da sie zwar weiterhin als Substitute für märkte zur nationalen Konsultation vorgelegt. Wie in den xDSL-Anschlüsse gelten, ihre Marktbedeutung allerdings beiden vorherigen Marktanalysen grenzt sie sachlich ei- zu gering bleibt, um einen Wettbewerbsdruck auf die Be- nen gemeinsamen Markt für die Terminierung in Mobil- reitstellung von xDSL-gestützten Diensten ausüben zu funknetzen der unterschiedlichen Übertragungsstandards können. GSM und UMTS ab. LTE wird perspektivisch einbezo- gen, da es zwar gegenwärtig noch keine Terminierungs- 57. Die Bundesnetzagentur hat in der Marktanalyse leistungen über LTE-Netze gibt, dies aber innerhalb der erstmals die Möglichkeiten für eine regionale Marktab- zweijährigen Laufzeit der Marktanalyse voraussichtlich grenzung überprüft.27 Sie kommt dabei zu dem Ergebnis, der Fall sein wird. Begrenzt wird der Markt weiterhin auf dass der Bitstrommarkt weiterhin bundesweit abzugren- die Terminierung von Sprache unter Ausschluss von Da- zen ist, weil es keinen schlüssigen Nachweis für das Vor- tendiensten. Begründet wird dies damit, dass die Termi- liegen regional unterschiedlicher Wettbewerbsbedingun- nierung von Sprachtelefondiensten und die Terminierung gen gebe. Die Monopolkommission teilt diese von Datendiensten nicht substituierbar seien. Auffassung nicht. Sie hält die Unterschiedlichkeit bei den Wettbewerbsbedingungen für ausreichend, um regionale 60. In Deutschland sind gegenwärtig neben den vier Märkte für den Bitstromzugang abzugrenzen. Wie in Mobilfunknetzbetreibern Deutsche Telekom, Vodafone, Großbritannien sollten die regionalen Märkte jeweils eine E-Plus und Telefónica O2 mit der Vistream GmbH, der größere Anzahl von Anschlussbereichen mit ähnlichen Ring Mobilfunk GmbH und der OnePhone Deutschland Strukturen umfassen, ohne dass die Anschlussbereiche GmbH drei MVNO/MVNE am Markt. Zusammen gibt es ein zusammenhängendes Gebiet ergeben müssen.28 Die daher sieben Märkte für die Terminierung in einzelnen Regionalisierung eröffnet die Möglichkeit, Regulierung Mobilfunknetzen. Jeder dieser Märkte ist ein Monopol- markt, der nach den Feststellungen der Regulierungsbe- hörde regulierungsbedürftig ist. Der jeweilige Netzbetrei- 25 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 56, a. a. O., Tz. 101 ff. 26 Vgl. dazu bereits weiter oben Tz. 43. ber bzw. MVNO/MVNE verfügt als Monopolist über 27 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 56, a. a. O., Tz. 103 ff. beträchtliche Marktmacht und ist Adressat der Regulie- 28 Vgl. ebenda. rung. Drucksache 17/8246 – 194 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

61. Bisher differenziert die Regulierungsbehörde bei beide Märkte nicht mehr in der Märkte-Empfehlung der den Regulierungsmaßnahmen. Den vier Mobilfunknetz- Europäischen Kommission enthalten seien. Nationale Be- betreibern wurden Verpflichtungen zur Zusammenschal- sonderheiten, die für die Beibehaltung der Regulierung tung, Transparenz der Zusammenschaltungsverträge, der Kabelnetze sprächen, seien in Deutschland nicht ge- Nichtdiskriminierung und Ex-ante-Entgeltregulierung geben. auferlegt. Die MVNO/MVNE sind zur Netzzusammen- schaltung, Nichtdiskriminierung und zur Transparenz 64. Bemerkenswert an der Entscheidung der Bundes- verpflichtet, unterliegen jedoch nicht der Entgeltregulie- netzagentur ist, dass die fehlende Regulierungsbedürftig- rung. Ob diese Praxis weiterhin bestehen bleibt, ist unge- keit der Einspeise- und Signalliefermärkte im Wesentli- wiss, da die aktuelle Regulierungsverfügung bis zum Ab- chen mit der Wirksamkeit des allgemeinen schluss der Vorbereitungen für dieses Sondergutachten Wettbewerbsrechts begründet wird, obwohl die beiden noch nicht vorlag. Die Monopolkommission gibt zu be- ersten Kriterien des § 10 Absatz 2 TKG – Vorliegen be- denken, dass diese Asymmetrie der Regulierung zuguns- trächtlicher und anhaltender Marktzutrittsschranken und ten der MVNO/MVNE problematisch ist, da sie gerade das Fehlen einer Tendenz zu wirksamem Wettbewerb – diejenigen Wettbewerber begünstigt, die wenig in eigene weiterhin erfüllt sind. In der bisherigen Fallpraxis wurden Infrastrukturen investieren. Deregulierungsentscheidungen bis auf eine Ausnahme stets mit dem Fehlen eines der beiden ersten Kriterien des 4.1.4 Rundfunkübertragungsdienste § 10 Absatz 2 TKG begründet. Das dritte Kriterium wurde eher kursorisch mit geringem Begründungsauf- 62. Die Bundesnetzagentur hat die drei Kabelnetzbe- wand geprüft.29 Im vorliegenden Fall ist das anders. Die treiber Kabel Deutschland, Unity Media und Kabel Ba- Bundesnetzagentur unterscheidet zwischen wettbewerbli- den-Württemberg im November 2010 aus der Regulie- chen Gefahrenlagen, die des Einsatzes oder mindestens rung entlassen. Betroffen sind die Märkte für die der Möglichkeit des Einsatzes eingriffsintensiver Maß- Einspeisung von analogen und digitalen Rundfunksigna- nahmen der sektorspezifischen Regulierung bedürfen, len (Einspeisemärkte) und die Märkte für die Belieferung und solchen, die dessen nicht bzw. nicht mehr bedürfen. von NE-4-Clustern mit Rundfunksignalen (Signalliefer- Eingriffsintensive Maßnahmen sind danach die Zugangs- märkte). Auf den Einspeisemärkten stehen sich Inhalte- verpflichtungen gemäß §§ 21 und 40 TKG sowie die Ex- anbieter und Kabelnetzbetreiber der Netzebene 3 (NE 3) ante-Entgeltregulierung mitsamt den flankierenden Ver- gegenüber. Der Kabelnetzbetreiber überträgt das Rund- fahrensmaßnahmen, wie z. B. der Verpflichtung zur ge- funksignal bis zum Übergang der Netzebene 4 (NE 4) trennten Rechnungsführung. Die Eingriffsintensität ande- bzw. bis zur Kabelabschlussdose des Endverbrauchers, rer Verpflichtungen, wie des Diskriminierungsverbots, wenn er zugleich NE-4-Betreiber ist. In der Regel erhält der Transparenzverpflichtung und der nachträglichen er dafür ein „Einspeiseentgelt“ von dem jeweiligen Inhal- Entgeltregulierung ohne vorherige Anmeldepflicht, reicht teanbieter. Auf den Signalliefermärkten stehen sich Ka- dagegen nicht oder nur unwesentlich über die der kartell- belnetzbetreiber verschiedener Netzebenen gegenüber. behördlichen Missbrauchsaufsicht hinaus.30 Betont wird, Anbieter des Rundfunksignals ist der NE-3-Betreiber, dass nicht in jedem Fall, in dem die weniger eingriffsin- Nachfrager der NE-4-Betreiber. Letzterer übernimmt das tensive nachträgliche Entgeltregulierung auferlegt wurde Signal ebenfalls gegen Entgelt und überträgt es bis zum oder wird, auch das allgemeine Wettbewerbsrecht aus- Endverbraucher. Die Bundesnetzagentur grenzt je eigene reicht, um dem betreffenden Marktversagen entgegen- Märkte pro Netzbetreiber ab, da diese in ihren Marktge- zuwirken. Notwendig sei die Berücksichtigung von bieten nicht miteinander im Wettbewerb stehen. Marktbesonderheiten, wie z. B. das Bestehen von Interde- 63. Bisher unterlagen die drei Kabelnetzbetreiber auf pendenzen zu anderen Telekommunikationsmärkten, die dem Einspeisemarkt einer nachträglichen Entgeltregulie- für eine Weiterführung der sektorspezifischen Regulie- rung sowie Transparenzverpflichtungen und auf dem Sig- rung sprechen könnten. nalliefermarkt der Verpflichtung zur Zugangsgewährung, einem Diskriminierungsverbot, der Pflicht zur getrennten 65. Die Monopolkommission begrüßt die im Vergleich Rechnungsführung sowie der nachträglichen Entgeltregu- zur früheren Marktanalysepraxis deutlich differenziertere lierung. Die erneute Untersuchung der Regulierungsbe- und fallbezogene Prüfung des Insuffizienzkriteriums für dürftigkeit ergab, dass auf beiden Märkten nur noch zwei die Regulierungsbedürftigkeit. Diesem Kriterium des der drei Kriterien des § 10 Absatz 2 TKG erfüllt sind. § 10 Absatz 2 TKG kommt nicht nur eine eigenständige Nicht mehr erfüllt ist das Kriterium der Insuffizienz des Bedeutung zu, sondern es ist das wichtigste Kriterium für Wettbewerbsrechts. Zwar sind die Kabelnetzbetreiber in die Frage der Deregulierung von Telekommunikations- ihren Netzen weiterhin Alleinanbieter; es bestehen hohe und dauerhafte Marktzutrittsbarrieren, die wiederum 29 Vgl. unter anderem Möschel, W., Der 3-Kriterien-Test in der Tele- Folge hoher versunkener Kosten, bestehender Größen- kommunikation, MultiMedia und Recht 10(6), 2007, S. 343–346; und Verbundvorteile sowie von Kapazitätsengpässen Monopolkommission, Weniger Staat, mehr Wettbewerb, Hauptgut- sind. Der Wettbewerbsdruck von anderen Übertragungs- achten 2006/2007, Baden-Baden 2008, Tz. 57 ff. plattformen, wie der Satellitenübertragung, ist gering. 30 Festlegung der Bundesnetzagentur für Elektrizität. Gas, Telekommu- nikation, Post und Eisenbahnen, Rundfunk-Übertragungsdienste zur Diese Probleme sind nach Auffassung der Bundesnetz- Bereitstellung von Sendeinhalten für Endnutzer, Markt 18 der alten agentur allerdings mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts Empfehlung 2003 (nicht in der Märkte-Empfehlung 2007 enthalten) zu beherrschen. Dafür spreche bereits der Umstand, dass vom 21. Mai 2010, S. 99. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 195 – Drucksache 17/8246 märkten.31 Vor diesem Hintergrund sind an die Begrün- brauchsaufsicht nicht oder nur noch unwesentlich über- dung der Insuffizienz des Wettbewerbsrechts hohe Anfor- steigt. derungen zu stellen. 4.2 Entgeltregulierung 4.1.5 Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an 4.2.1 Konsolidierung der Vorleistungsentgelte festen Standorten 68. Die Europäische Kommission hat die Bundes- 66. Die letzte Untersuchung des Endkundenmarktes netzagentur seit dem Jahr 2008 mehrfach aufgefordert, für Teilnehmeranschlüsse im Festnetz erfolgte im Herbst Entscheidungen über Entgelte von wichtigen Vorleistun- 2008 und wurde von der Monopolkommission ausführ- gen, etwa für die Terminierung in Mobilfunknetzen, dem lich kommentiert.32 Sachlich umfasst der relevante Markt Art.-7-Verfahren zu unterziehen.34 Begründet wurde dies die herkömmlichen schmalbandigen Anschlüsse (Analog-, mit grenzüberschreitenden Wirkungen, die solche Ent- ISDN-, Primärmultiplexanschluss) sowie erstmals die scheidungen entfalten. Nachdem die Bundesnetzagentur breitbandigen Komplettanschlüsse, inklusive der An- im März 2009 Mobilfunkterminierungsentgelte festgelegt schlüsse in Kabelnetzen. Nicht zum relevanten Markt ge- hatte, ohne diese zuvor zu konsolidieren, leitete die Euro- hören Mobilfunkanschlüsse. Die räumliche Marktabgren- päische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren zung erfolgt bundesweit. Mit der Regulierungsverfügung gegen Deutschland ein.35 Im Juni 2010 drohte sie mit ei- vom 18. März 200933 wurde die Deutsche Telekom ver- ner Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.36 Die Re- pflichtet, ihren Endkunden die Möglichkeit der fallweisen gulierungsbehörde verweigerte die Konsolidierung von und festen Betreibervorauswahl einzuräumen sowie den Entgeltgenehmigungsentscheidungen mit dem Argument, Wettbewerbern Teilnehmeranschlüsse zum Wiederver- dass das Telekommunikationsgesetz eine Beteiligung der kauf anzubieten und ein Standardangebot für den Weiter- Europäischen Kommission und der anderen nationalen vertrieb von Anschlüssen vorzulegen. Die Entgelte für Regulierungsbehörden lediglich für die Marktabgrenzung Endnutzerleistungen und für das Resale-Angebot unter- und Marktanalyse sowie für die Regulierungsverfügung liegen der nachträglichen Entgeltregulierung gemäß § 38 vorsehe. Entscheidungen in Entgeltregulierungsverfah- Absatz 2 bis 4 TKG. Auf die Verpflichtung zur Anzeige ren seien ausdrücklich nicht zu konsolidieren. der Entgelte vor der Inkraftsetzung gemäß § 38 Absatz 1 69. Um das Vertragsverletzungsverfahren einer Been- Satz 1 TKG hat die Bundesnetzagentur verzichtet. digung zuzuführen, änderte die Bundesnetzagentur Ende 67. Nach den Vorgaben des Unionsrechts und gemäß des Jahres 2010 ihre Spruchpraxis. Die Entscheidungs- § 14 Absatz 2 TKG erfolgt die Überprüfung der Marktde- entwürfe über die Terminierungsentgelte in den Mobil- finition und Marktanalyse alle zwei Jahre, sodass noch im funknetzen der vier Netzbetreiber in Deutschland wurden Verlauf des Jahres 2011 eine weitere Wiederholungsun- sowohl national konsultiert als auch bei der Europäischen tersuchung begonnen werden muss. Im Blickpunkt dabei Kommission und den anderen nationalen Regulierungs- behörden konsolidiert. Begründet wird dies damit, dass wird unter anderem die Frage stehen, ob die Märkte die konkreten Einzelentscheidungen, mit denen die Ver- räumlich weiterhin bundesweit abzugrenzen sind. Die pflichtungen umgesetzt werden, in der Praxis oftmals von Monopolkommission steht einer Regionalisierung der größerer Bedeutung sind als die abstrakte Regulierungs- Regulierung grundsätzlich positiv gegenüber, da dies den verfügung. Daher sollen zukünftig alle wichtigen, für die Abbau von Regulierung erleichtert. Infrage kommt dafür wettbewerbliche Entwicklung und die Erreichung der Re- auch der Markt für Festnetzanschlüsse, da die Wettbe- gulierungsziele besonders bedeutsamen Entgeltentschei- werbsbedingungen regional deutlich unterschiedlich sind. dungen dem Verfahren gemäß § 12 TKG unterworfen A priori nicht auszuschließen ist darüber hinaus, dass der werden. Welche Entgeltmaßnahmen „wichtig“ sind, wird oder die gegebenenfalls regional abzugrenzenden Märkte nicht näher spezifiziert und offenbar von Fall zu Fall ent- nicht mehr regulierungsbedürftig sind. Voraussetzung schieden. Unklar ist allerdings, wie die nachträglich regu- wäre, dass mindestens eines der drei Kriterien des § 10 lierten Entgelte – etwa für den Bitstromzugang oder den Absatz 2 TKG nicht mehr erfüllt ist. So könnte etwa die Zugang zur Glasfaser-TAL – dem Konsolidierungsver- Wettbewerbsintensität zugenommen haben, da die Deut- fahren gemäß Artikel 7 Absatz 3 Rahmenrichtlinie unter- sche Telekom weiterhin Marktanteile im Anschlussmarkt zogen werden sollen.37 verliert und unter anderem die Kabelnetzbetreiber deut- lich zugelegt haben. Möglich wäre zudem, dass das allge- 70. Die Monopolkommission begrüßt, dass die Bun- meine Wettbewerbsrecht als ausreichend betrachtet wird, desnetzagentur ihre Spruchpraxis zur Konsolidierung von möglichem Marktversagen entgegenzuwirken. Dafür wichtigen Entgeltregulierungsmaßnahmen angepasst hat, könnte sprechen, dass die Regulierungsintensität bereits in der laufenden Regulierungsperiode erheblich reduziert 34 EU-Kommission, Pressemitteilung vom 3. Dezember 2008, IP/08/ wurde und die Möglichkeiten der kartellrechtlichen Miss- 1816; Pressemitteilung vom 27. März 2009, IP/09/489. 35 EU-Kommission, Pressemitteilung vom 25. Juni 2009, IP/09/1008. 36 EU-Kommission, Pressemitteilung vom 24. Juni 2010, IP/10/804. 31 Vgl. Monopolkommission, Hauptgutachten 2006/2007, a. a. O., 37 Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Entwurf der Tz. 60. Bundesnetzagentur für Abhilfemaßnahmen auf dem Markt für den 32 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 56, a. a. O., Tz. 78 ff. Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung, SG-Greffe (2011) D/2850 33 BNetzA, Beschluss vom 18. März 2009, BK 2c 09/002. vom 24/2/2011, S. 6 f. Drucksache 17/8246 – 196 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode um das eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren zu be- rungsbehörde, die über Jahre mit fehlenden oder unzu- enden. Auch wenn die Rechtslage in dieser Frage nicht reichenden Kostenunterlagen konfrontiert war, die eindeutig ist, hätte ein Beharren auf der ursprünglichen Entgeltregulierung auf der Grundlage einer hinreichend Position wenig Vorteile gebracht. Die Europäische Kom- gesicherten und vergleichbaren Datenbasis durchzufüh- mission und die anderen nationalen Regulierungsbehör- ren. Die Monopolkommission hatte die Entwicklung ei- den haben bei der Entgeltregulierung auch weiterhin nes elektronischen Kalkulationstools durch die Bundes- keine Vetorechte. Im Konfliktfall kann die Bundesnetz- netzagentur bereits in ihrem letzten Sondergutachten agentur die von ihr vorgeschlagenen Entgelte durchset- positiv gewürdigt und vorgeschlagen, dessen Nutzung zen. Nachteilig ist, dass das Art.-7-Verfahren zeitaufwen- verpflichtend vorzugeben.39 dig ist und zu weiteren Verzögerungen bei der Regulierung führt. In Anbetracht der kurzen Fristen er- 73. Die Ermittlung der Kosten der effizienten Leis- scheint das Konsolidierungsverfahren im Rahmen der Ex- tungsbereitstellung stützt die Bundesnetzagentur weitge- post-Regulierung nach § 38 Absatz 1 TKG nicht anwend- hend auf die betreiberspezifischen tatsächlichen Kosten bar. des GSM- und des UMTS-Netzes sowie die betreiberspe- zifischen Verkehrsmengen. Die Ist-Kosten können im Mobilfunk nach Auffassung der Bundesnetzagentur als 4.2.2 Mobilfunkterminierung effiziente Kosten anerkannt werden, da die Netze im 71. Mit Wirkung zum 1. Dezember 2010 hat die Bun- Wettbewerb und damit unter einem hinreichenden Effi- desnetzagentur im Rahmen von vier Regulierungsverfah- zienzdruck aufgebaut worden sind. Ineffiziente Wettbe- ren die Entgelte für die Terminierung von Gesprächen in werber hätten sich nach dieser Auffassung nicht dauerhaft einzelnen Mobilfunknetzen weiter deutlich gesenkt. Die am Markt behaupten können. Berücksichtigt werden ne- neuen Entgelte betragen 3,36 Cent/Minute für Vodafone ben den betriebsabhängigen variablen Kosten auch die und E-Plus, 3,38 Cent/Minute für die Deutsche Telekom zurechenbaren Gemeinkosten. Unberücksichtigt bleiben neutrale Aufwendungen für das sog. Vivento-Defizit so- sowie 3,39 Cent/Minute für Telefónica O2. Bis dahin mussten für die Terminierung in den Netzen von Voda- wie für Abfindungszahlungen und Rückstellungen für fone und Telekom 6,59 Cent/Minute und in den Netzen Ruhestandsbeamte, die gemäß § 31 Absatz 3 TKG be- rücksichtigt werden können, soweit und solange hierfür von E-Plus und O2 jeweils 7,14 Cent/Minute gezahlt wer- den. Begründet wird die deutliche Tarifsenkung mit stark eine rechtliche Verpflichtung besteht oder eine sachliche gestiegenen Verkehrsmengen in den Mobilfunknetzen, Rechtfertigung nachgewiesen wird. insbesondere durch den Anstieg der Datenmengen, die 74. Die maßgeblichen Verkehrsmengen wurden für die bei einer gleichzeitig bestehenden stabilen Kostensitua- einzelnen Dienste (Sprache, SMS, Daten) auf der Basis tion zu den geringeren Kosten der Terminierung pro Mi- von Ist-Werten für die Monate Januar bis Juni 2010 und nute führen. Die Tarifspreizung zwischen den D- und E- von Prognosewerten für die Monate Juli bis Dezember Netzbetreibern wurde nicht beibehalten. Die graduellen 2010 ermittelt. SMS und Datendienste wurden im Wege Unterschiede bei den Entgelten sind Folge der unter- der Datennormierung in Sprachminuten umgerechnet. schiedlichen Kostensituation bei den Netzbetreibern. Im Dabei gilt grundsätzlich: Je langsamer ein Datendienst Falle von E-Plus wurden zur Vermeidung von Wettbe- ist, desto mehr äquivalente Sprachminuten werden ihm werbsverzerrungen die ermittelten Kosten der effizienten zugerechnet. Leistungsbereitstellung mittels einer Vergleichsmarktbe- trachtung nach oben korrigiert. Die Entgelte sind bis zum 75. Die Kosten der Frequenzausstattung werden an- 30. November 2012 befristet. ders als die übrigen Kosten nicht anhand tatsächlicher Werte, sondern auf der Grundlage von Wiederbeschaf- 72. Im Vorfeld des Entgeltgenehmigungsverfahrens fungswerten ermittelt.40 In den bisherigen Regulierungs- hat die Bundesnetzagentur durch Anordnungsbeschluss entscheidungen wurden die Kosten der Frequenzausstat- für die im Rahmen der für die Ermittlung der Kosten der tung anhand einer Vergleichsmarktbetrachtung bestimmt, effizienten Leistungsbereitstellung (§ 31 TKG) vorzule- bei der auf einen Durchschnittswert aller historisch in Eu- genden Kostenunterlagen (§ 33 TKG) die Anwendung ei- ropa erzielten Ergebnisse der UMTS-Auktionen zu nes elektronischen Kostenverrechnungsschemas (elektro- Beginn dieses Jahrzehnts abgestellt wurde.41 In dieser Re- nischer Kostennachweis) angeordnet.38 Der elektronische Kostennachweis wurde im Frühjahr 2008 konzipiert und bis zum Zeitpunkt der Anordnung für das aktuelle Verfah- 39 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 56, a. a. O., Tz. 124. ren fortlaufend weiterentwickelt. Der elektronische Kos- 40 Das zu bewertende – für Sprachdienste maßgebliche – Gesamtspek- trum jedes Mobilfunknetzbetreibers besteht aus der Erstausstattung tennachweis ist ein Kalkulationstool, welches die regu- an GSM-Frequenzen, den im Jahr 2000 ersteigerten UMTS-Frequen- lierten Unternehmen mit Kosten- und Verkehrsdaten zu zen sowie den zusätzlich im Jahr 2010 ersteigerten Spektren im füllen haben. Diese sind in einer vorstrukturierten Weise GSM- und UMTS-Bereich. Nicht berücksichtigt werden die im Jahr aufzubereiten und werden seitens der Bundesnetzagentur 2010 versteigerten Frequenzen aus der digitalen Dividende, da diese „plausibilisiert“ und angepasst. Der elektronische Kos- für den Aufbau von LTE-Netzen vorgesehen sind und diese Netze nach Auffassung der Bundesnetzagentur während der Laufzeit der tennachweis verbessert die Möglichkeiten der Regulie- Engeltgenehmigungsentscheidung nicht für die Abwicklung von Sprachverkehr genutzt werden. 41 Vgl. dazu auch Coppik, J./Herrmann, D., Aktuelle Entscheidungen in 38 BNetzA, Beschlüsse vom 30. April 2010, BK 3a-10/029 bis BK 3a- der Entgeltregulierung, Kommunikation & Recht 14(7/8), 2011, 10/032. S. 474–480, S. 478 f. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 197 – Drucksache 17/8246 gulierungsrunde bezieht sich die Bundesnetzagentur auf gelingt, mag dahingestellt sein. Im Grundsatz ist dieses die aktuellen Auktionsergebnisse der Frequenzversteige- Vorgehen aber ebenfalls vertretbar. rungen vom April/Mai 2010. Sie bilden, so die Regulie- 77. Bei der Bewertung der Frequenzausstattung zu be- rungsbehörde, eine objektiv nachvollziehbare Ent- rücksichtigen ist allerdings auch, dass der Wiederbeschaf- scheidungsgrundlage für die Ermittlung aktueller fungswert des Spektrums von der Regulierung selbst be- Wiederbeschaffungswerte. Im Gegensatz zu den vorange- einflusst wird. Je intensiver die Terminierungsentgelte gangenen Entgeltgenehmigungsverfahren könne in der reguliert werden, desto mehr sinkt der Wiederbeschaf- jetzigen Runde nicht nur der Wert der UMTS-Frequen- fungswert der Frequenzen und je niedriger der Wiederbe- zen, sondern auch derjenige der GMS-Frequenzen an- schaffungswert der Frequenzen, desto mehr sinken wie- hand von Versteigerungserlösen bewertet werden. Als derum die Terminierungsentgelte. Damit entsteht eine Art Grundlage dazu dient das Versteigerungsergebnis für die Abwärtsspirale, die zu kontinuierlich sinkenden Termi- 800-MHz-Frequenzen aus der digitalen Dividende, da es nierungsentgelten führt. sich hier, wie bei den zugeteilten GSM- und den im Jahr 2000 versteigerten UMTS-Frequenzen, um eine Basis- 78. Als alternative Wertermittlungsmethode für Fre- ausstattung handelt. Diese spiegelt nach Auffassung der quenzen wird in der Literatur das Konzept des Deprival Bundesnetzagentur die gegenwärtig gegebene Zahlungs- Value vorgeschlagen.44 Der Deprival Value drückt als Op- bereitschaft für eine Basisausstattung mit Frequenzen zur portunitätskostenansatz jenen Verlust an Erlösen aus, den flächendeckenden Erschließung einer neuen Mobilfunk- das Unternehmen erleidet, falls es eine bestimmte Menge technologie am ehesten wider. Bewertungsunterschiede, an Frequenzen verliert, bzw. bestimmt den Wert alternati- die sich aus den unterschiedlichen Laufzeiten der Fre- ver Inputs, die anstelle der Frequenzen eingesetzt werden quenzen ergeben – 800-MHz-Frequenzen aus der digita- müssten. Dabei stellen im Mobilfunk zusätzliche Ba- len Dividende laufen 15 Jahre, GSM- und UMTS-Fre- sisstationen das Investitionssubstitut für Frequenznut- quenzen aus der bisherigen Basisausstattung dagegen zungsrechte dar. Kritisch an dem Konzept ist, dass die 20 Jahre – wurden durch einen Laufzeitausgleich im Substitutionsbeziehungen zwischen Frequenzen und Ba- Wege einer einfachen Ausmultiplikation mit dem sisstationen auf einer Vielzahl von (zu modellierenden) Faktor 4/3 berücksichtigt. Weitere wertbeeinflussende Annahmen bezüglich Zellradien, Anzahl der benötigten Unterschiede, namentlich hinsichtlich der physikalischen Basisstationen, Verkehrsmengen, Investitionsbeträgen, Nutzungsmöglichkeiten und der rechtlichen Nutzungsbe- Abdeckungsraten, Anteil ländlicher Gebiete an der Ge- dingungen, wurden durch einen Sicherheitszuschlag in samtfläche etc. beruhen, Die Eignung des Deprival-Va- Höhe von 10 Prozent berücksichtigt. Im Ergebnis wurden lue-Konzeptes für die Ermittlung des Wiederbeschaf- für die Frequenzausstattung der vier Mobilfunknetzbe- fungswertes der Frequenzausstattung ist damit zumindest treiber aktuelle Wiederbeschaffungskosten in Höhe von fraglich. jeweils etwa 3,6 Mrd. Euro ermittelt, wobei die Unter- 79. Die ermittelten Kosten der effizienten Leistungs- schiede zwischen den Unternehmen vergleichsweise ge- bereitstellung differieren im Falle von E-Plus erheblich ring ausfallen.42 von denen der drei übrigen Netzbetreiber. Während die 76. Die Bewertung der ohne Auktion zugeteilten effizienten Kosten der Terminierung in den Netzen von GSM-Frequenzen und der im Jahr 2000 verauktionierten Telekom, Vodafone und O2 zwischen 3,36 Cent/Minute UMTS-Frequenzen auf der Grundlage der Auktionser- und 3,39 Cent/Minute liegen, ergeben sich im E-Plus- gebnisse 2010 entspricht im Grundsatz dem aus ökonomi- Netz Kosten von lediglich 2,68 Cent/Minute. Um Wettbe- scher Sicht richtigen Ansatz der Bewertung nach Wieder- werbsverzerrungen zu vermeiden, die sich ergeben, wenn beschaffungskosten.43 Die Wiederbeschaffungskosten ein Netzbetreiber – in diesem Fall einer der beiden klei- von Mobilfunkfrequenzen sind allerdings schwierig zu nen – deutlich niedrigere Entgelte erlöst als die übrigen, bestimmen, wenn es keinen funktionsfähigen Sekundär- hat die Bundesnetzagentur im Falle von E-Plus zusätzlich markt für den Handel von Frequenzen gibt. Der Rückgriff eine Vergleichsmarktbetrachtung angestellt. Dabei wur- auf eine aktuelle Auktion ist eine Second-best-Lösung, den die nationalen Märkte für die Terminierung in Mobil- die aus Sicht der Monopolkommission vertretbar ist. Da- funknetzen als Vergleichsmärkte herangezogen. Auf bei kommt es zu einer Reihe von Vergleichsproblemen: dieser Grundlage werden E-Plus statt der ermittelten (1) Im Jahr 2000 wurde eine Basisausstattung an Fre- 2,68 Cent/Minute 3,36 Cent/Minute als effiziente Kosten quenzen für eine neue Mobilfunkgeneration versteigert, der Terminierung zugestanden. im Jahr 2010 vor allem Ergänzungsspektrum. (2) Die 80. Bemerkenswert ist, dass die effizienten Kosten der Nutzungsrechte der Frequenzen haben unterschiedliche Terminierung im E-Plus-Netz deutlich niedriger sind als Laufzeiten. (3) Die Frequenzen aus der digitalen Divi- in den beiden – gemessen an der Teilnehmerzahl – be- dende sind, anders als das UMTS-Spektrum, mit Versor- trächtlich größeren Netzen der D-Netzbetreiber und dem gungsauflagen belastet. Die Bundesnetzagentur hat die etwa gleich großen Netz von O2. Das Ergebnis ist auch sich daraus ergebenden Verzerrungen mit Zu- und Ab- wenig plausibel, da die D-Netz-Betreiber wegen der bes- schlägen auszugleichen versucht. Ob dies im Einzelfall

44 Vgl. Neu, W./Neumann, K.-H./Vogelsang, I., Zur Bewertung von 42 Die Werte im Einzelnen: Deutsche Telekom 3,59 Mrd. Euro, O2 UMTS-Frequenzen im Rahmen der Bestimmung von MRT, Gutach- 3,58 Mrd. Euro, Vodafone 3,62 Mrd. Euro und E-Plus 3,74 Mrd. Euro. ten der WIK-Consult für die Telefónica O2 GmbH & Co. OHG vom 43 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 56, a. a. O., Tz. 119. 14. September 2010, S. 13 ff. Drucksache 17/8246 – 198 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode seren Ausstattung mit 900-MHz-Frequenzen geringere festgestellt, aufgrund ihrer Frequenzausstattung höhere Netzkosten als die E-Netzbetreiber haben. In den bisheri- Kosten verursachen als die D-Netze. Die Korrektur der gen Entgeltregulierungsentscheidungen der Bundesnetz- ermittelten Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung agentur kam dies darin zum Ausdruck, dass die effizien- für E-Plus hätte nach Auffassung der Monopolkommis- ten Kosten der Terminierung in den kleineren Netzen sion vermieden werden können, wenn die Regulierungs- stets höher waren als in den größeren Netzen. Die Kos- behörde einen einheitlichen Effizienzmaßstab für die Mo- tenvorteile des E-Plus-Netzes resultieren in dieser Regu- bilfunkterminierungsentgelte ermittelt hätte. Jetzt besteht lierungsrunde offenbar vor allem aus dem Umstand, dass die Gefahr, dass das Vorgehen der Behörde, die ermittel- E-Plus weniger als die drei anderen Netzbetreiber in den ten Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung eines Ausbau mobiler Breitbandnetze investiert hat. In Verbin- Betreibers mithilfe einer Vergleichsmarktbetrachtung zu dung mit dem Umstand, dass E-Plus aufgrund seiner korrigieren, einer gerichtlichen Überprüfung unter Um- Wettbewerbsstrategie mit Schwerpunkten bei Flatrate- ständen nicht standhält. Die sich daraus ergebenden Angeboten (BASE) und No-Frills-Angeboten (Simyo) Rechtsunsicherheiten belasten das betroffene Unterneh- deutlich mehr Verkehrsminuten pro Teilnehmer erbringt men in unnötiger Weise. als die übrigen Netzbetreiber, ergeben sich daraus gerin- gere (Rest-)Kosten der Terminierung. 83. Die Bundesnetzagentur schwenkt mit ihren Be- schlüssen auf die Linie der Europäischen Kommission 81. Kritisch zu bewerten ist, dass die Bundesnetzagen- ein, welche die Entgelte für die Terminierung in Mobil- tur mit dem elektronischen Kostenweis die effizienten funknetzen unionsweit auf ein Niveau von 1,5 bis 3 Cent/ Kosten der Terminierung weiterhin auf der Grundlage der Minute bis Ende des Jahres 2012 reduzieren möchte. Da- betreiberindividuellen tatsächlichen Kosten ermittelt. Als bei sollte beachtet werden, dass eine zu starke Absenkung Begründung wird angeführt, dass dies im Telekommuni- in einem großen Schritt das Risiko einer Überforderung kationsgesetz angelegt sei, etwa in § 35 Absatz 1, der vor- insbesondere der kleineren Netzbetreiber beinhaltet. Der rangig die Ermittlung der Kosten der effizienten Leis- Konsolidierungsdruck auf den deutschen Mobilfunk- tungsbereitstellung nach individuellen Kostenunterlagen markt kann dadurch erhöht werden. Die Monopolkom- vorgebe, und in § 31 Absatz 4, der vorschreibe, bei der mission hat auf diese Gefahr bereits in ihrem letzten Son- Festlegung der angemessenen Verzinsung des eingesetz- dergutachten hingewiesen.46 ten Kapitals die Kapitalstruktur „des regulierten Unter- nehmens“ und dessen Bewertung auf den Kapitalmärkten 4.2.3 TAL-Entgelte zu berücksichtigen. Nach Auffassung der Monopolkom- mission weist diese Auslegung in die falsche Richtung. 84. Die Bundesnetzagentur hat die Entgelte für den Die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nach entbündelten Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung am § 31 Absatz 2 TKG sind nicht notwendigerweise betrei- Hauptverteiler mit Wirkung zum 1. April 2011 von berindividuelle Kosten. Dem Regulierungsansatz des Te- 10,20 Euro auf 10,08 Euro gesenkt.47 Gleichzeitig hat sie lekommunikationsgesetzes liegt das Ziel zugrunde, Ent- die Entgelte für den Zugang zur Teilnehmeranschlusslei- gelte festzusetzen, die sich in einem fiktiven, durch tung am Kabelverzweiger (KVz-TAL) geringfügig von Wettbewerb gekennzeichneten Telekommunikations- 7,21 auf 7,17 Euro herabgesetzt. Die Deutsche Telekom markt ergeben würden. In einem wettbewerblichen Um- hatte für die HVt-TAL eine Erhöhung auf 12,90 Euro be- feld gibt es nur einen Preis, der sich zudem nicht nach den antragt. Die Wettbewerber hielten dagegen eine deutliche tatsächlichen Kosten auf dem nicht wettbewerblichen Absenkung der Entgelte für erforderlich. Wie in den ver- Markt richtet, sondern den langfristigen Zusatzkosten, in- gangenen Jahren wurden die Entgelte auf der Grundlage klusive eines angemessenen Gemeinkostenzuschlags, reiner Wiederbeschaffungskosten ermittelt. Die Berech- entspricht. Unterschiedliche Entgelte sind nur dann ak- nung der kalkulatorischen Zinsen erfolgte – wie bereits zeptabel, wenn sie auf objektiven Kostenunterschieden bei den Entgelten für die Mobilfunkterminierung – erst- beruhen, auf die die Netzbetreiber keinen Einfluss haben. mals auf der Grundlage des Capital-Asset-Pricing-Mo- Dazu gehören Kostenunterschiede wegen ungleichmäßi- dells (CAPM). ger Frequenzzuteilung und späterer Marktzutritte.45 Kos- tenunterschiede aufgrund unterschiedlichen Investitions- 85. Die Reduzierung des Entgelts ergab sich aufgrund verhaltens und unterschiedlicher Angebotsstrategien gegenläufiger Kosteneffekte. Im Vergleich zu der voran- gehören nicht dazu . gegangenen Regulierungsperiode hat sich der Investi- tionswert des Anschlussnetzes wegen gestiegener Tief- 82. Die Monopolkommission teilt die Auffassung, bau- und Kupferpreise deutlich erhöht. Zusätzlich dass die Festsetzung deutlich niedrigerer Terminierungs- ergaben sich Kostensteigerungen aufgrund reduzierter entgelte für E-Plus als dem Betreiber eines der kleineren Verbundvorteile bei der Mitverlegung anderer Infrastruk- Mobilfunknetze zu Wettbewerbsverzerrungen führen turen und aus dem Rückgang der Beschaltung der kupfer- würde. Diese würden sich insbesondere deshalb ergeben, basierten Anschlussnetze. Dem stehen nach den Er- weil die kleineren E-Netze in Deutschland, wie bereits mittlungen der Bundesnetzagentur allerdings effizienz- orientierte Kostensenkungen anderer Kalkulationsbe-

45 Vgl. Empfehlung der Kommission vom 7. Mai 2009 über die Regu- lierung der Festnetz- und Mobilfunk-Zustellungsentgelte in der EU, 46 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 56, a. a. O., Tz. 126. ABl. EU L 124 vom 20. Mai 2009, S. 67, Rn. 16. 47 BNetzA, Beschluss vom 31. März 2011, BK 3c-11-003. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 199 – Drucksache 17/8246 standteile, wie etwa bei den Miet- und Betriebskosten so- stimmen seien.52 Die Entscheidung über die TAL-Ent- wie den Entstörkosten, gegenüber. gelte 1999 ist rechtskräftig, da die Revision beim Bundes- verwaltungsgericht nicht zugelassen wurde. Hier muss 86. Einer der Hauptstreitpunkte bei der Entscheidung die Bundesnetzagentur eine Neuberechnung der Entgelte der Bundesnetzagentur war wiederum der Rückgriff auf gemäß den Vorgaben des Gerichts vornehmen, was bisher (Brutto-)Wiederbeschaffungskosten bei der Bestimmung allerdings noch nicht geschehen ist. Zugelassen ist die des Investitionswertes der Teilnehmeranschlussinfra- Revision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln struktur. Danach spiegeln die Kosten der effizienten Leis- im Hinblick auf die TAL-Entgelte 2001. Eine Entschei- tungsbereitstellung diejenigen Kosten wider, die in der dung des Bundesverwaltungsgerichts steht noch aus. Die Regulierungsperiode einem anderen Betreiber für die Er- erstinstanzliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit richtung eines gleichwertigen neuen Teilnehmeran- der TAL-Entgelte 2003 steht ebenfalls noch aus. Sollte schlussnetzes auf der Basis von Kupferleitungen entste- das Bundesverwaltungsgericht die Rechtsprechung des hen würden. Unberücksichtigt bleiben historische Kosten, Verwaltungsgerichts Köln zu den TAL-Entgelten bestäti- die dem Betreiber des Teilnehmeranschlussnetzes tat- gen und sollten die Gerichte die dargestellte Argumenta- sächlich entstanden sind, und Abschreibungen, die grund- tion auch auf die TAL-Entgeltentscheidungen ab 2003 sätzlich sowohl auf Wiederbeschaffungskosten als auch übertragen, dürfte dies auch die zukünftigen TAL-Entgel- auf historische Kosten vorgenommen werden können.48 tentscheidungen der Bundesnetzagentur beeinflussen.53 Dieses Vorgehen ist rechtlich umstritten.49 Der Europäi- Eine Fortsetzung der bisherigen Praxis erscheint dann sche Gerichtshof hatte in einem Vorabentscheidungsver- ebenso ausgeschlossen wie die Aufrechterhaltung des bis- fahren, bei dem es um mehrere Vorlagefragen des Ver- herigen Entgeltniveaus für den TAL-Zugang. Auf wel- waltungsgerichts Köln ging, entschieden, dass die ches Niveau die TAL-Entgelte sinken könnten, zeigt eine nationalen Regulierungsbehörden bei der Ermittlung der im Auftrag des Breko erstellte Studie, die von maximal Kosten für den entbündelten Zugang zur Teilnehmeran- 6,94 Euro/Monat für den TAL-Zugang am Hauptverteiler schlussleitung die tatsächlichen Kosten berücksichtigen und maximal 4,24 Euro/Monat am Kabelverzweiger aus- müssen, die sich aus den historischen Kosten und den vo- geht.54 raussichtlichen Kosten ergeben.50 Die Bundesnetzagentur sieht sich dadurch nicht gehindert, die Kosten der effi- 88. Die Monopolkommission begrüßt ausdrücklich, zienten Leistungsbereitstellung ausschließlich auf der dass die Bundesnetzagentur bei ihrer bisherigen Linie Grundlage von Wiederbeschaffungskosten zu kalkulie- bleibt, neutrale Aufwendungen der Deutschen Telekom ren, da der Europäische Gerichtshof den Regulierungsbe- für das „Vivento-Defizit“ sowie für Abfindungszahlun- hörden bei der Ermittlung der Kosten der effizienten gen und Rückstellungen für Vorruhestandsbeamte nicht zu berücksichtigen. Neutrale Aufwendungen werden ge- Leistungsbereitstellung gleichzeitig einen Beurteilungs- mäß § 31 Absatz 3 TKG zusätzlich zu den Kosten der ef- spielraum einräume. Bei der Abwägung der Interessen fizienten Leistungsbereitstellung berücksichtigt, soweit der Antragstellerin, der Wettbewerber als Nutzer der Vor- und solange hierfür eine rechtliche Verpflichtung besteht leistung und der sonstigen Marktteilnehmer sowie in oder eine sonstige sachliche Rechtfertigung nachgewie- Anbetracht der Regulierungsziele der Förderung nachhal- sen wird. Mit der zusätzlichen Berücksichtigung von neu- tigen Wettbewerbs und effizienter Infrastrukturinvestitio- tralen Aufwendungen wird dem Umstand Rechnung ge- nen sei eine ausschließliche Kalkulation auf der Basis von tragen, dass ein reguliertes Unternehmen aufgrund von (Brutto-) Wiederbeschaffungswerten gerechtfertigt. Umständen, die es nicht zu vertreten hat, außerstande ist, seine Kosten auf ein effizientes Niveau zu senken. Eine 87. Das Verwaltungsgericht Köln hat inzwischen aller- Anerkennung solch neutraler Aufwendungen ist nach dings unter Berufung auf die Rechtsprechung des Euro- Auffassung der Regulierungsbehörde allerdings dann päischen Gerichtshofs entschieden, dass die von der Bun- ausgeschlossen, wenn der tatsächliche Aufwand des Un- desnetzagentur festgesetzten TAL-Entgelte aus den ternehmens, inklusive der neutralen Aufwendungen, un- Jahren 1999 und 2001 rechtswidrig sind.51 Anstatt auf terhalb der ermittelten Kosten der effizienten Leistungs- (Brutto-)Wiederbeschaffungskosten habe die Bundesnetz- bereitstellung liegen. Bei der Teilnehmeranschlussleitung agentur bei der Neuberechnung der für 1999 und 2001 er- ist dies der Fall, soweit diese auf der Grundlage von Wie- lassenen Entgelte auf einen kumulativen Ansatz abzustel- derbeschaffungskosten reguliert werden. Der tatsächliche len, bei dem die bereits tatsächlich entstandenen Anschaf- Aufwand des weitgehend abgeschriebenen Kupfer-Teil- fungs- und Herstellungskosten auf der Grundlage einer historischen Betrachtung und die Kosten der langfristigen Entwicklung und Verbesserung der lokalen Infrastruktur 52 VG Köln, Urteil vom 27. August 2009, 1 K 3481/01, Rn. 84 ff. auf der Basis voraussichtlicher Kosten (gegebenenfalls 53 Vgl. Kühling, J.unter Mitarbeit von Schall, T., Rechtlicher Ände- rungsbedarf bei (etwaigen) Neufestsetzungen der TAL-Entgelte von anhand der aktuellen Wiederbeschaffungswerte) zu be- 1999 bis 2003 und Konsequenzen für die festgelegten TAL-Entgelte 2005 bis 2009 sowie für die künftige Festsetzung der Kupfer-TAL- Entgelte, Rechtsgutachten im Auftrag des VATM, 21. September 48 Vgl. Kleinlein, K., Die Berechnung der Abschreibungen bei der Ent- 2010, S. 62 ff. geltregulierung im Telekommunikationsrecht, Netzwirtschaft & 54 Vgl. Gerpott, J./Winzer, P., Ermittlung monatlicher tatsächlicher in- Recht 7(2), 2010, S. 75–82. vestiver Kosten und daraus resultierender Überlassungsentgelte für 49 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 56, a.a.O., Tz. 118. Teilnehmeranschlussleitungen der Telekom Deutschland, Gutachten 50 Vgl. EuGH, Urteil vom 24. April 2008, Rs. C-55/06, Rn. 115, 119. im Auftrag des Bundesverbandes Breitbandkommunikation e. V., Fe- 51 Vgl. VG Köln, Urteil vom 27. November 2008, 1 K 1749/99; Urteil bruar 2011, Zusammenfassung der Ergebnisse in: Kommunikation & vom 27. August 2009, 1 K 3481/01. Recht 14, 2011, Beil. 1 zu H. 3. Drucksache 17/8246 – 200 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode nehmeranschlussnetzes der Deutschen Telekom liegt gungspflicht und wurden erstmals im Juni 2009 festge- deutlich unterhalb der Kosten der effizienten Leistungs- setzt. bereitstellung. 4.2.4 Wechsel von der Bilanzwert- zur 89. Die Prüfung der Vereinbarkeit der ermittelten TAL-Entgelte mit den Maßgaben des § 28 TKG, die ge- Kapitalmarktmethode bei der mäß § 35 Absatz 2 TKG vorgeschrieben ist, erfolgt erst- Kapitalkostenermittlung mals ausschließlich für ein Produktbündel aus Telefonie 92. Die Bundesnetzagentur bestimmt im Rahmen der und Internetzugang. Dies ist angemessen, weil der Wett- Entgeltregulierung die kalkulatorischen Zinsen nicht bewerb auf den Endkundenmärkten der Telekommunika- mehr – wie seit Beginn der Regulierung – mittels der tion im Festnetz inzwischen nahezu ausschließlich über Bilanzwertmethode, sondern mithilfe der Kapitalmarkt- gebündelte Produkte erfolgt. Zu prüfen ist, ob die Wettbe- methode, bei der der Eigenkapitalzinssatz mittels des sog. werbsmöglichkeiten anderer effizienter Unternehmen auf Capital-Asset-Pricing-Modells (CAPM) bestimmt wird. dem Telekommunikationsmarkt durch das Entgelt in er- Dies gilt für die TAL-Entgelte und die Terminierungsent- heblicher Weise beeinträchtigt werden, etwa wegen des gelte im Mobilfunk. Die Umstellung der Methodik zur Vorliegens einer Preis-Kosten- oder einer Kosten-Kosten- Unternehmensbewertung folgt einer Empfehlungen eines Schere. Beides ist nach den Feststellungen der Bundes- wissenschaftlichen Gutachtens für die Bundesnetzagen- netzagentur für das geprüfte Produktbündel aus Telefonie tur.57 Die Monopolkommission begrüßt dies ausdrück- und Internetzugang nicht der Fall. lich, da das CAPM ökonomisch besser fundiert und in der 90. Die Entgelte wurden mit Wirkung vom 1. April internationalen Praxis weit verbreitet ist. Für eine Um- 2011 bis zum 30. Juni 2013 und damit für zwei Jahre und stellung spricht auch, dass das CAPM schon seit mehre- drei Monate festgelegt. Das Überschreiten des bisher üb- ren Jahren von der Bundesnetzagentur in anderen Netzin- lichen Genehmigungszeitraums von maximal zwei Jahren dustrien verwendet wird. begründet die Bundesnetzagentur damit, dass aufgrund 93. Zur Bestimmung des gewichteten arithmetischen der nunmehr durchzuführenden Beteiligungsverfahren Mittels der Eigen- und Fremdkapitalverzinsung, welches auf der nationalen und der europäischen Ebene für das Entgeltgenehmigungsverfahren längere Genehmigungs- in Deutschland und international unter dem Akronym zeiträume notwendig seien. Statt der in § 31 Absatz 5 WACC (Weighted Average Cost of Capital) bekannt ist, Satz 2 TKG genannten Frist von zehn Wochen geht die besteht grundsätzlich die Wahl zwischen der Bilanzwert- Behörde nunmehr von fünfeinhalb Monaten aus. Sie for- methode und der CAPM-basierten Methode. Die beiden dert die Deutsche Telekom auf, die notwendigen Unterla- Ansätze unterscheiden sich in der Schätzung des Eigen- gen für die Genehmigung der TAL-Entgelte ab dem kapitalkostensatzes und der Wahl der Gewichtungsfakto- 1. Juli 2013 spätestens Mitte Januar 2013 vorzulegen. ren zur Bestimmung des WACC. Dieser Termin würde demjenigen entsprechen, der für das 94. Die Bilanzwertmethode baut zur WACC-Berech- Einreichen eines Entgeltgenehmigungsantrags einzuhal- nung auf den folgenden beiden Annahmen auf: ten wäre, wenn die Laufzeit am 31. März 2013 enden würde und kein Konsultations- und Konsolidierungsver- – Die von den Eigenkapitalgebern zu tragenden Risiken fahren durchzuführen wäre. – und damit die Eigenkapitalkosten – differieren nicht zwischen den verschiedenen Wirtschaftssektoren, wo- 91. Mit getrennter Entscheidung hat die Bundesnetz- durch also von einem „durchschnittlichen“ Risiko aus- agentur zudem das monatliche Entgelt für den TAL-Zu- gegangen wird. gang der Wettbewerber zum Schaltverteiler der Deut- schen Telekom auf 8,01 Euro festgesetzt.55 Die Laufzeit – Zur Gewichtung der Eigen- und Fremdkapitalkosten der Genehmigung endet wie bei der HVt- und der KVz- werden bilanzbasierte Gewichte herangezogen. Tal am 30. Juni 2013. Der Schaltverteiler ist dem Haupt- verteiler nachgelagert und bündelt mehrere Kabelver- 95. Die Bilanzwertmethode ist ein vergleichsweise zweiger, um den Zugang der Wettbewerber zum Teilneh- einfaches Verfahren zur Schätzung des Eigenkapitalkos- meranschlussnetz der Deutschen Telekom in bisher mit tensatzes. Darüber hinaus bietet es durch die bilanzbasier- breitbandigem Internet schlecht oder nicht erschlossenen ten Gewichtungsfaktoren im Unterschied zu marktwert- ländlichen Gebieten („weiße Flecken) zu erleichtern. Der basierten Faktoren stabile Rahmenbedingungen, wie sie Zugang zu Schaltverteilern erspart es den alternativen auch in § 31 Absatz 4 Nummer 4 TKG gefordert werden. Netzbetreibern, in den wirtschaftlich ohnehin wenig at- Die Konzeption der Bilanzwertmethode ermöglicht deren traktiven Gebieten einzelne Kabelverzweiger erschließen vergleichsweise einfache Implementierung in der regula- zu müssen. Die Bundesnetzagentur hatte die Deutsche torischen Praxis. Die Behandlung von spezifischen Risi- Telekom im Frühjahr 2009 verpflichtet, solche Schaltver- ken eines Breitbandausbaus ist allerdings im Rahmen teiler zu errichten.56 Die Entgelte für den Zugang zur dieses Ansatzes nicht möglich, da von einem „durch- Schaltverteiler-TAL unterliegen ebenfalls der Genehmi- schnittlichen“ Risiko ausgegangen wird, welches sicher-

55 BK 3-11-017. 57 Stehle, R., Wissenschaftliches Gutachten für die Bundesnetzagentur 56 Vgl. BNetzA, Pressemitteilung vom 3. März 2009, „Bundesnetz- zur Ermittlung des kalkulatorischen Zinssatzes, der den spezifischen agentur fördert die Erschließung „weißer Flecken“ durch alternative Risiken des Breitbandausbaus Rechnung trägt, Berlin, 24. November Anbieter“. 2010. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 201 – Drucksache 17/8246 lich in diesem Kontext nicht vorliegt. Insgesamt lässt sich mens- oder sektorspezifisch zu bestimmen ist.59 Die Bun- konstatieren, dass die Bilanzwertmethode zwar einfach desnetzagentur stellt in ihrer Entscheidung zu den TAL- und vergleichsweise leicht umsetzbar, jedoch ökono- Entgelten auf ein „Branchen-Aktien-Beta“ ab, welches misch wenig fundiert und in der internationalen Praxis auf der Basis einer Vergleichsgruppe von Referenzunter- kaum verbreitet ist. nehmen (zehn größte EU-Telekommunikationsunterneh- men) geschätzt wird. Dabei werden sowohl Mobilfunk- 96. Das CAPM besagt, dass die Renditeerwartung ei- als auch Festnetzunternehmen berücksichtigt. Ein solches ner Einzelinvestition der Summe aus dem risikolosen Vorgehen missachtet, dass sowohl die Geschäftsaktivitä- Zins und dem â-fachen der Risikoprämie des Marktinde- ten der unterschiedlichen Telekommunikationsunterneh- xes entspricht, die sich als Differenz der Renditeerwar- men als auch die verschiedenen Geschäftsaktivitäten tung des Marktindexes und des risikolosen Zinses ergibt. eines Telekommunikationsunternehmens von unter- Der â-Faktor reflektiert das relative systematische (auch schiedlichen Risiken betroffen sind, die sich in unter- bekannt als das nicht diversifizierbare) Risiko; das unsys- schiedlichen kalkulatorischen Zinssätzen für das Eigen- tematische (auch bekannt als das diversifizierbare) Risiko kapital niederschlagen müssen. Für die Höhe des beeinflusst die Renditeerwartungen und damit die Kapi- Zinssatzes einer bestimmten Anlage, z. B. des Kupfer- talkosten nicht. Der â-Faktor zeigt an, wie stark sich Teilnehmeranschlussnetzes der Deutschen Telekom, ist Fluktuationen in der Rendite des Marktindexes auf die nicht das Gesamtrisiko des Unternehmens oder ein bran- Rendite der Einzelinvestition auswirken. Im Falle 0< â<1 chenspezifisches Risiko maßgeblich, sondern das leis- geschieht dies unterproportional, im Falle â>1 überpro- tungsspezifische Risiko. Die vom Telekommunikations- 58 portional. gesetz geforderte „angemessenen“ Verzinsung des dafür 97. Das CAPM ist ein einfaches lineares Modell, wel- eingesetzten Kapitals müsste das eigentlich berücksichti- ches auf wenigen Parametern basiert, eine solide Fundie- gen, um ineffiziente Kapitalkosten zu vermeiden. Denn rung in der ökonomischen Theorie besitzt und zudem ein werden diese zu hoch angesetzt, folgen daraus ineffi- Standardmodell der modernen Finanzökonomik ist. Es ziente Investitionen des regulierten Unternehmens, d. h. wird weltweit auf breiter Front in der Regulierungspraxis es investiert zu viel in weniger riskante und zu wenig in zur Schätzung des Eigenkapitalkostensatzes eingesetzt. risikoreichere Anlagen wie den Glasfaserausbau. Hinzu Im Vergleich zur Bilanzwertmethode ermöglicht die kommen Wettbewerbsverzerrungen in der Form, dass den CAPM-basierte Methode eine bessere Berücksichtigung Nachfragern der regulierten Vorleistung höhere Kosten von spezifischen Risiken. Dies setzt aber eine gute Schät- entstehen als dem regulierten Anbieter selbst. Die Mono- zung des â-Faktors voraus, was das Vorhandensein eines polkommission ist sich aber bewusst, dass die Ermittlung börsennotierten Unternehmens – besser einer Vergleichs- der leistungsspezifischen Risiken in der Praxis kaum gruppe von Unternehmen – voraussetzt, welches sich we- möglich ist. sentlich oder vollständig auf die interessierende Aktivität konzentriert. 5 Wettbewerb und Regulierung im Mobilfunk 98. Das CAPM wird zudem bereits seit 2008 von der 100. Der Wettbewerb auf dem deutschen Mobilfunk- Bundesnetzagentur zur Schätzung des Eigenkapitalkos- markt gilt als intensiv. Die Marktpenetration ist hoch, die tensatzes in anderen Netzindustrien wie Strom und Gas Preise sinken und es werden neue Dienste auf modernen herangezogen. Darüber hinaus wird es von Regulierungs- Mobilfunknetzen angeboten. Gleichwohl steht die Bran- instanzen in den USA und in der Europäischen Union seit che gegenwärtig vor Entwicklungen, die Einfluss auf das Jahren verwendet. Durch die Umstellung auf eine Wettbewerbsgeschehen haben können. Zum einen geht es CAPM-basierte Schätzung des WACC können akkumu- darum, dass die Intensität der Entgeltregulierung deutlich lierte Erfahrungen anderer Regulierungsinstanzen genutzt zunimmt. Die Umsätze der Netzbetreiber mit Vorleistun- werden. gen geraten unter Druck. Es besteht die Befürchtung, dass dies negative Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit 99. Nicht unproblematisch ist, dass auch bei der Kapi- der Mobilfunknetzbetreiber hat. Nicht auszuschließen ist, talmarktmethode eine sektorspezifische statt einer leis- dass die Kombination aus sinkenden Einnahmen und stei- tungsspezifischen Risikoprämie (â-Faktor) zugrunde ge- genden Investitionsanforderungen die Leistungsfähigkeit legt wird. Die Monopolkommission hat sich in einem einzelner, vor allem kleinerer, Mobilfunknetzbetreiber früheren Sondergutachten ausführlich mit den Maßstäben überfordert und in letzter Konsequenz in einer Marktkon- einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals solidierung mündet, die zulasten des Wettbewerbs gehen befasst und kam dabei zu dem Ergebnis, dass die ange- könnte. Zum anderen ist die Ausstattung der Netzbetrei- messene Risikoprämie, die einem Kapitalgeber zusteht, ber mit Frequenzen unterhalb von 1 GHz, die für den idealerweise „leistungsspezifisch“ und nicht unterneh- Aufbau von breitbandigen Mobilfunknetzen der kom- menden Generation besonders wichtig sind, auch nach 58 Vgl. Sharpe, W.F., Capital Asset Prices, Journal of Finance 19(3), der im Frühjahr 2010 erfolgten Versteigerung zusätzli- 1964, S. 425–442; Lintner, J., The Valuation of Risk Assets and the Selection of Risky Investments in Stock Portfolio and Capital Bud- gets, Review of Economics and Statistics 47(1), 1965, S. 13–37; 59 Vgl. Monopolkommission, Telekommunikation und Post 2003: Treynor, J.L., Toward a Theory of Market Value of Risky Assets, un- Wettbewerbsintensivierung in der Telekommunikation – Zementie- published manuscript, 1962; Mossin, J., Equilibrium in Capital Asset rung des Postmonopols, Sondergutachten 39, Baden-Baden 2004, Tz. Market, Econometrica 34(4), 1966, S. 768–783. 152 ff. Drucksache 17/8246 – 202 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode chen Spektrums weiterhin stark asymmetrisch. Wettbe- der Haushalte in Deutschland zwar einen Festnetzan- werbsverzerrungen können sich aus der europarechtlich schluss, aber keinen Mobilfunkanschluss.61 Daraus folgt, gebotenen Flexibilisierung der GSM-Frequenzen erge- dass es Marktpotenziale gibt, die noch erschlossen wer- ben, deren Laufzeit Ende 2016 endet. Für die Unterneh- den können. Hinzu kommt, dass die schnell zunehmende men ist es wichtig, möglichst frühzeitig zu wissen, ob es Verbreitung von mobilem Internet über Smartphones und zu einer Neuvergabe oder zu einer Verlängerung des bis- über Datenkarten, Modems und Surfsticks für den mobi- herigen GSM-Spektrums kommt und ob dabei gegebe- len Breitbandzugang sowie die sog. Machine-to-Ma- nenfalls Frequenzen im 900-MHz-Bereich umverteilt chine-Kommunikation für zusätzliche Teilnehmer sorgen werden. Nachfolgend sollen diese Entwicklungen aufge- wird. zeigt und Handlungsempfehlungen gegeben werden. Ausgangspunkt ist eine Analyse der gegenwärtigen Wett- 102. Die im Mobilfunk generierten Verkehrsmengen bewerbssituation auf den deutschen Mobilfunkmärkten. nehmen weiterhin zu. Dies gilt für die Sprachtelefonie und die Kurznachrichten (SMS) und insbesondere für die Datendienste. Das Volumen der im Mobilfunk generier- 5.1 Aktuelle Marktentwicklungen ten Datendienste hat sich im Jahr 2010 im Vergleich zum 101. Mitte des Jahres 2011 lag die Anzahl der Mobil- Vorjahr verdoppelt (vgl. Tabelle 5.1). funknutzer in Deutschland bei ca. 110 Mio, nach 109 Mil- 103. Die Umsätze im Mobilfunk stiegen im Jahr 2010 60 lionen im Jahr 2010. Die Teilnehmerzahl nimmt damit erstmals seit 2005 wieder leicht an. Der relativ stärkere weiterhin zu, wenn auch seit dem Jahr 2008 nur noch mit Anstieg der Teilnehmerzahlen und Verkehrsmengen ist moderaten Wachstumsraten. Ursachen für die unterdurch- Ausdruck des weiterhin anhaltenden Preiswettbewerbs schnittlichen Zuwächse sind erstens die inzwischen kon- auf der Endkundenebene. Befördert wird dieser über die sequentere Ausbuchung von inaktiven Prepaid-Teilneh- Angebote der Mobilfunkdiscounter, die auf niedrige Ge- mern und zweitens die bereits erreichte hohe sprächs- und Kurznachrichtentarife, ausschließlich inter- Marktdurchdringung, die sich daran zeigt, dass in netgestützten Service und den Verzicht auf Endgerätesub- Deutschland statistisch jeder Einwohner über 1,3 Handy- ventionen setzen („No-Frills“-Angebote). Ende 2010 verträge verfügt. Gleichwohl ist auch für die Zukunft ein nutzten nach Erhebungen der Bundesnetzagentur ca. Teilnehmerwachstum zu erwarten. Die Penetrationsrate 55 Prozent der Teilnehmer Prepaid-Karten.62 Die derzeit von knapp 135 Prozent bedeutet nicht, dass bereits jeder günstigsten Anbieter bieten die Gesprächsminute in alle der infrage kommenden Einwohner tatsächlich über ein Netze für 5 Cent an. Es ist damit zu rechnen, dass die Mi- Mobilfunkendgerät verfügt. Nach einer Erhebung der Eu- ropäischen Kommission besaßen im Jahr 2008 20 Prozent 61 Vgl. Special Eurobarometer No. 293, E-Communications Household Survey, Results for Germany, http://ec.europa.eu/public_opinion/ 60 Vgl. BNetzA, Pressemitteilung vom 5. August 2011, „Teilnehmer- archives/ebs/ebs_293_sum_en.pdf zahl im Mobilfunk weiter steigend“. 62 Vgl. BNetzA, Jahresbericht 2010, S. 86.

Tabelle 5.1

Nutzer, Verkehrsvolumen und Umsätze im Mobilfunk

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 20111 Anzahl der Nutzer 59,128 64,839 71,322 79,271 85,652 97,15 107,25 108,22 108,85 109,93 (Mio.) Verbindungsminuten 31,93 35,09 38,47 43 57,11 70,03 86,14 93,6 102,3 abgehend (Mrd.) Verbindungsminuten 31,18 33,33 36,31 43,12 52,76 61,16 71,37 76,23 82,07 ankommend (Mrd.) Versendete SMS 18,4 19,0 19,7 20,3 20,1 23,1 27,8 34,1 41,5 (Mrd.) Datenvolumen – – – 0,22 0,84 3,54 11,47 33,29 65,41 (Mio. GB) Umsätze (Mrd.)2 23,57 25,27 27,33 27,25 26,87 25,82 25,53 25,38 25,84 1 Prognose der Bundesnetzagentur auf der Grundlage der für die ersten beiden Quartale 2011 erhobenen Daten. 2 Summe aller Umsätze der Netzbetreiber (Endkundenentgelte, Service-Provider-Entgelte, Entgelte für Zusammenschaltungsleistungen) und der Service-Provider (Endkundenentgelte) einschließlich der Umsätze aus dem Verkauf von Equipment. Quelle: Bundesnetzagentur Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203 – Drucksache 17/8246 nutenpreise noch weiter nachgeben, wenn die deutliche 5.3). Dieser Rückgang ist allerdings nicht die Folge eines Reduzierung der Terminierungsentgelte ab Dezember Markteinbruchs, sondern eine technische Reaktion, die 2010 an die Endverbraucher weitergegeben wird. Die auf die Umsetzung einer konsequenteren Zählweise bei Umsätze werden zudem durch die Flatrate-Angebote be- den Prepaid-Kunden und die Ausbuchung inaktiver Kun- grenzt. Zwei Drittel aller abgehenden Gespräche werden den im dritten Quartal 2010 zurückzuführen ist. Aufgrund inzwischen pauschal, d. h. über Flatrates oder Inklusivmi- dieser Maßnahmen sank die Teilnehmerzahl im inländi- nutenkontingente, abgerechnet. Mobilfunkdiscounter bie- schen Mobilfunknetz der Deutschen Telekom im dritten ten aktuell All-Net-Data-Flat-Tarifbündel (Flatrates für Quartal 2010 von 36,97 Millionen auf 34,88 Millionen63 Sprache in alle Netze, für SMS und für den Internetzu- Marktführer war Ende des Jahres 2010 Vodafone gang) für ca. 35 Euro pro Monat inklusive Rabatte und Deutschland. Die beiden kleineren Netzbetreiber konnten für ca. 40 Euro pro Monat ohne die Einrechnung von Ra- weiterhin Marktanteile hinzugewinnen. Die Bedeutung batten an. Das heißt, die maximal möglichen Umsätze pro der Service-Provider im Mobilfunk nimmt ab. Ihr Markt- Kunde werden, unabhängig von den generierten Ver- anteil nach Kunden sinkt seit Längerem kontinuierlich kehrsmengen, auf einem vergleichsweise niedrigen Ni- und lag im Jahr 2010 bei 20,6 Prozent nach 22,2 Prozent veau gedeckelt. Hinzu kommt, dass die Umsätze der Mo- im Jahr 2009 und 23,4 Prozent im Jahr 2008. Die Um- bilfunknetzbetreiber mit Vorleistungen, insbesondere mit sätze der Service-Provider summieren sich im Jahr 2010 Terminierungs- und Roamingleistungen, regulierungsbe- auf 4,4 Mrd. Euro, was einem Anteil von 17 Prozent am dingt deutlich zurückgehen. Gesamtumsatz des Mobilfunks entspricht. Damit ist der wertmäßige Marktanteil der Service-Provider noch ein- 104. Bei den Marktanteilen nach Kunden zeigte sich für mal deutlich geringer als der mengenmäßige Marktanteil. die Deutsche Telekom im Jahr 2010 ein deutlicher Rück- gang von 36,2 Prozent auf 31,9 Prozent bzw. von 26,1 Prozent auf 22,9 Prozent unter Berücksichtigung der 63 Deutsche Telekom AG, Bericht zum ersten Halbjahr 2011 vom 4. Au- Marktanteile der Service-Provider (vgl. Tabelle 5.2 und gust 2011, Präsentation, S. 6.

Tabelle 5.2

Marktanteile der Mobilfunknetzbetreiber (%)1

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2. Q 2011 Deutsche Telekom 37,3 36,7 37,0 36,5 36,2 31,9 31,4 Vodafone D2 36,8 35,7 34,9 33,7 32,0 33,7 32,8 E-Plus 13,6 14,8 15,2 16,6 17,5 18,8 19,6

Telefónica O2 12,3 12,8 12,8 13,2 14,3 15,7 16,2 1 Aufgrund von Rundungen summieren sich die Anteile nicht immer exakt auf 100 Prozent. Quelle: Bundesnetzagentur

Tabelle 5.3

Marktanteile der Mobilfunknetzbetreiber und Service-Provider nach Kundenbetreuung (%)1

2005 2006 2007 2008 2009 2010 Deutsche Telekom 26,6 25,6 26,0 25,8 26,1 22,9 Vodafone D2 25,5 24,5 24,0 23,5 23,1 24,8 E-Plus 10,3 12,2 13,2 15,0 15,1 17,1

Telefónica O2 12,3 12,7 12,3 12,3 13,4 14,6 Service-Provider 25,3 25,0 24,5 23,4 22,2 20,6 1 Aufgrund von Rundungen summieren sich die Anteile nicht immer exakt auf 100 Prozent. Quelle: Bundesnetzagentur Drucksache 17/8246 – 204 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5.2 Wettbewerbsintensität dieser Indikatoren ergibt sich für Deutschland folgendes Bild: 105. Fragt man nach dem Stand des Wettbewerbs im deutschen Mobilfunk, ist zunächst ein Blick auf die Ab- – Die Marktanteile sind weiterhin ungleich verteilt. Die grenzung des oder der relevanten Endkundenmärkte zu beiden großen Netzbetreiber Deutsche Telekom und werfen. Bisher werden auf der Endkundenebene zwei ge- Vodafone verfügten Ende des zweiten Quartals 2011 trennte sachliche Märkte unterschieden, der für Sprache über Marktanteile bei den Nutzerverträgen von etwa (inklusive SMS) und der für mobile Datendienste. Das 31,4 Prozent bzw. 32,8 Prozent. Die Marktanteile von Bundeskartellamt begründet diese Marktabgrenzung da- E-Plus und Telefónica O2 lagen bei ca. 19,6 Prozent mit, dass Daten- und Sprachtelefoniedienste aus Sicht der bzw. 16,2 Prozent. Die Zweiteilung in große und Nachfrager nicht austauschbar sind und die Anbieter im kleine Netzbetreiber ist seit Jahren stabil und wird Bereich des mobilen Internets separate Datentarife anbie- auch mit Latecomer-Nachteilen von E-Plus und O2 so- ten.64 Diese Feststellungen stammen aus dem Jahr 2007 wie deren ungünstigerer Frequenzausstattung erklärt. und sind heute größtenteils überholt. Zwar gilt weiterhin, Die Betreiber der beiden kleineren Netze konnten in dass Sprachtelefonie und Datendienste aus Sicht der den vergangenen Jahren zwar Marktanteile hinzuge- Nachfrager nicht oder nur sehr begrenzt austauschbar winnen, dies aber nur in einem begrenzten Umfang, sind. Heute bieten allerdings sämtliche Anbieter sowohl seit 2001 zusammen nur etwa 10 Prozent.67 Sprach- als auch Datentarife an und dies zudem häufig als Produktbündel. Nach Aussagen der Telekom gegenüber – Die Konzentration im Markt ist vergleichsweise hoch, der Monopolkommission lag bei dem aktuellen Tarifport- was aber allein schon darin seine Ursache findet, dass folio im Mobilfunk der Umsatzanteil der Bündeltarife im – unter Ausklammerung der Anbieter ohne ein eigenes Frühjahr 2011 bei über 80 Prozent. Hinzu kommt, dass Netz – lediglich vier Netzbetreiber im Markt zugelas- die Grenzen zwischen Sprach- und Datendiensten bei In- sen sind. Der Herfindahl-Hirschman-Index (HHI) lag ternettelefoniediensten wie Skype oder Google Talk ver- im Juni 2008 bei 2 990.68 Im europäischen Vergleich schwimmen. Mit der zunehmenden Verbreitung von ist dieser Wert vergleichsweise niedrig, da der Durch- Smartphones betrifft diese Entwicklung auch den Mobil- schnitt hier im selben Jahr bei 3 200 lag. Entscheidend funk. Vor diesem Hintergrund spricht vieles dafür, Spra- für die Frage nach der Wettbewerbsintensität ist hier che, Nachrichten und mobile Datendienste demselben aber, dass der HHI über die Zeit kontinuierlich sinkt. sachlich relevanten Markt zuzuordnen. Die Mobilfunkan- Dies wiederum spricht für Marktanteilszuwächse bei bieter bieten auf diesem Markt ein Sortiment aus unter- den kleinen Netzbetreibern und für einen tendenziell schiedlichen Leistungen an.65 Die weitere Marktabgren- zunehmenden Wettbewerb. zung wird bereits in den USA und Australien – Die Endkundenpreise sinken weiterhin. Der Verbrau- praktiziert.66 Räumlich ist der relevante Markt aufgrund cherpreisindex für Telekommunikationsdienstleistun- der einheitlichen Wettbewerbsbedingungen und des gen des Statistischen Bundesamtes weist für den Mo- Marktauftritts aller Mobilfunknetzbetreiber bundesweit. bilfunk im Jahr 2010 einen Preisrückgang von 106. Als Anbieter sind im Mobilfunkmarkt neben den 2,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr aus.69 Im Ver- vier Netzbetreibern Deutsche Telekom (früher T-Mobile), gleich zum Jahr 2005 sind die Preise sogar um 17,2 Prozent gesunken. Dies übertrifft den Preisrück- Vodafone, Telefónica O2 und E-Plus Service-Provider, Reseller sowie Mobile Virtual Network Operators gang im Festnetz, der im gleichen Zeitraum lediglich (MVNO) bzw. Mobile Virtual Network Enablers 8,4 Prozent betrug. (MVNE) aktiv. Service-Provider und Reseller verkaufen – Die Analyse der Profitabilität der Mobilfunknetzbe- im Wesentlichen die zu Großhandelspreisen erworbenen treiber zeigt, dass es mit E-Plus zumindest einem der Mobilfunkdienstleistungen im eigenen Namen lediglich beiden kleinen Netzbetreiber gelingt, mit den führen- weiter. MVNO/MVNE setzen dagegen in einem gewissen den Anbietern mitzuhalten. Die EBITDA-Margen Umfang auf eigene Infrastrukturen; sie haben damit bes- (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and sere Möglichkeiten, eigene Dienste zu kreieren, und be- Amortization/Mobilfunkumsatz) der D-Netzbetreiber sitzen größere Freiräume bei der Auswahl von Roaming- sowie von E-Plus waren in den Jahren 2007 bis Ende partnern. Wesentliche Indikatoren für die Intensität des des ersten Quartals 2010 annähernd gleich.70 Wettbewerbs auf einem Markt sind die Marktanteile, die Konzentrationsraten, die Preisentwicklungen sowie die 107. Aus diesen Befunden können unterschiedliche Entwicklung der Profitabilität der Unternehmen. Anhand Schlüsse gezogen werden. Während eine Untersuchung

64 67 Vgl. BKartA, Beschluss vom 13. August 2007, B7-61/07, O2/T-Mo- Vgl. Haucap, J./Heimeshoff, U./Stühmeier, T., a. a. O., S. 250. bile/Vodafone, Rn. 110. 68 Vgl. ebenda, a. a. O., S. 251 f. 65 Vgl. Haucap, J./Heimeshoff, U./Stühmeier, T., Wettbewerb im deut- 69 Statistisches Bundesamt Deutschland, Pressemitteilung 24 vom schen Mobilfunkmarkt, Zeitschrift für Wirtschaftspolitik 60(2), 2011, 20. Januar 2011, „Preise für Telekommunikation im Jahresdurch- S. 240–267, hier: S. 249. schnitt 2010: -2 Prozent gegenüber 2009“. 66 Vgl. Verizon Wireless-ALLTEL Order, 23 FCC Rcd at 17469-70 70 Vgl. Gerpott, T., Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der sowie Sprint Nextel-Clearwire Order, 23 FCC Rcd at 17583-84; 900 MHz-Frequenzausstattung von Mobilfunknetzbetreibern in ACCC, Public Competition Assessment vom 24. Juni 2009, Deutschland, Gutachten im Auftrag von E-Plus, Duisburg, 27. Au-

Vodafone Group plc and Hutchinson 3G Australia Pty Limited, Rn. gust 2010, S. 12. Für Telefónica O2 liegen keine vergleichbaren An- 46 ff. gaben vor. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205 – Drucksache 17/8246 von Gerpott von einem durch die Deutsche Telekom und Bitkom in Auftrag gegebenen Umfrage im Jahr 2010 auf Vodafone gemeinsam beherrschten Markt ausgeht, kon- 18 Prozent ebenfalls verdoppelt.75 Der Anteil der Nutzer, statiert eine Studie des Düsseldorf Institute for Competi- die mit mobilen Computern, wie Laptops, Netbooks oder tion Economics (DICE) funktionsfähigen Wettbewerb in Tablett-PCs, in das Internet gehen, liegt inzwischen bei einem insgesamt dynamischen Wettbewerbsumfeld.71 Die über 24 Prozent. Der Wettbewerb um diese Kunden ist Frage nach einer kollektiven Marktbeherrschung liegt besonders intensiv, da sie höhere Beträge pro Monat für nahe, da der gemeinsame Marktanteil der Deutschen Te- mobile Kommunikation ausgeben als die Nutzer her- lekom und Vodafone mit etwa 67 Prozent deutlich über kömmlicher Mobiltelefone.76 der Vermutungsschwelle für die Marktbeherrschung des § 19 Absatz 3 Nummer 1 GWB liegt.72 Untersucht wurde 110. Die Wettbewerbsintensität des deutschen Mobil- die Frage der gemeinsamen Marktbeherrschung vom funkmarktes ist nach Auffassung der Monopolkommis- Bundeskartellamt in einem Missbrauchsverfahren gegen sion allerdings maßgeblich davon abhängig, dass die ge- T-Mobile und Vodafone.73 Den Unternehmen wurde vor- genwärtige Marktstruktur mit vier unabhängigen geworfen, die beiden kleineren Wettbewerber durch eine Netzbetreibern erhalten bleibt. Wettbewerbsimpulse gin- Preisdifferenzierung bei den On-Net- und Off-Net-Tari- gen bisher schon vor allem von den beiden kleinen Wett- fen zu behindern. Das Verfahren wurde Ende 2009 einge- bewerbern aus. Dies gilt für die Einführung von Tarifneu- stellt, da solche Preisdifferenzierungen in der Praxis heiten, wie Flatrates oder Homezone-Tarife, und die keine Rolle mehr spielen. Die Frage der Marktbeherr- Entwicklung neuer Angebotsformen, wie etwa die „No- schung ließ das Bundeskartellamt offen, fand aber eine Frills“-Angebote. Gefahren für den Wettbewerb entstehen Reihe von Anhaltspunkten, die für das Bestehen kollekti- demnach dann, wenn die wettbewerbsaktiven Oligopo- ver Marktbeherrschung sprechen. Dazu gehören hohe laußenseiter zukünftig auf Wettbewerbsvorstöße verzich- Marktzutrittsschranken und eine ausgeprägte Intranspa- ten würden, etwa weil sie aufgrund von Kostennachteilen renz bei den Endkundenpreisen. Hinzu kommt, dass der Dienste nur zu höheren Preisen bereitstellen könnten oder Wettbewerb zwischen den führenden Anbietern eher weil es zu einer Fusion zwischen den beiden kleineren schwach ausgeprägt ist. Beide sind integrierte Festnetz- Netzbetreibern im Markt käme, über die seit Jahren öf- und Mobilfunknetzbetreiber, ihre Marktanteile entwi- fentlich spekuliert wird. In diesem Fall würde sich nicht ckeln sich seit Jahren symmetrisch, beide verfügen über nur die Anbieterkonzentration deutlich erhöhen, es würde Netze mit vergleichbarem Ausbaustand, über eine ähnli- zudem eine Marktstruktur entstehen, die aus drei von der che Finanzkraft sowie weitgehend übereinstimmende Ressourcenausstattung ähnlichen, bezogen auf die Unter- EBITDA-Margen und Umsätze pro Kunde. nehmensstrategie vergleichbar aufgestellten und im Hin- blick auf die Marktanteile nahezu gleich starken Netzbe- 108. Gleichwohl sprechen auch Faktoren für das Beste- treiber bestehen würde. Theoretische und empirische hen wirksamen Wettbewerbs. Obwohl der Markt bei den Argumente sprechen dafür, dass bei einer solchen Markt- traditionellen Mobilfunkdiensten Sprache und Kurznach- struktur die Wettbewerbsintensität sinkt.77 richten weniger stark wächst und bezogen auf die Umsätze sogar stagniert, sorgt die abnehmende Kunden- bindung für einen verstärkten Wettbewerb um die Be- 5.3 Wettbewerbseffekte einer restriktiven standskunden. Der Großteil der Mobilfunkteilnehmer ist Regulierung der Vorleistungsentgelte nicht mehr langfristig an einen Anbieter gebunden. Im 111. Die Regulierung seitens der Europäischen Kom- Jahr 2010 nutzen 55 Prozent der Endkunden Prepaid-An- mission und der Bundesnetzagentur sorgen für eine deut- 74 gebote. Anders als bei Postpaid-Verträgen, die häufig liche Reduzierung der Entgelte für die Terminierung von noch längere Laufzeiten von bis zu zwei Jahren haben, Gesprächen in inländischen Mobilfunknetzen und für können Prepaid-Verträge kurzfristig gekündigt oder internationales Roaming. Die Bundesnetzagentur hat die schlicht nicht mehr genutzt werden. In Verbindung mit Entgelte für die Terminierung von Gesprächen in ein- der Möglichkeit der Rufnummernmitnahme, kann der zelnen Mobilfunknetzen in den vergangenen Jahren kon- Wechsel zu einem anderen Anbieter für den größeren Teil tinuierlich, aber relativ moderat entlang eines Anpas- der Mobilfunkteilnehmer leicht und schnell vollzogen sungspfades abgesenkt. Die Strategie moderater werden. Anpassungsschritte wurde im Dezember 2010 geändert, 109. Voraussichtlich wird zukünftig die Marktdynamik als die Entgelte in einem Schritt halbiert wurden.78 Mit im Mobilfunk mehr noch als bisher von der stark wach- weiteren Anpassungen ist Ende 2012 zu rechnen, da die senden Nachfrage nach Datendiensten beeinflusst. Das Europäische Kommission bis zu diesem Zeitpunkt eine Volumen der im Mobilfunk generierten Datendienste hat Absenkung der Terminierungsentgelte im Mobilfunk und sich im Jahr 2010 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Der Anteil der Internetnutzer, die mit einem Handy im In- 75 Vgl. Bitkom, Pressemitteilung vom 21. März 2011, „Zahl der Handy- ternet surfen, hat sich nach einer vom Branchenverband Surfer in einem Jahr verdoppelt“. 76 Vgl. de Paoli, N./Ohler, A. Mobilfunkdiscounter in der Klemme, Fi- nancial Times Deutschland vom 24. August 2011. Danach ist die 71 Vgl. Gerpott, T., a. a. O., S. 13; Haucap, J./Heimeshoff, U./Stühmei- durchschnittliche Monatsrechnung eines iPhone-Nutzers bei der Te- er, T., a.a.O., S. 240 ff. lekom mit rund 60 Euro rund doppelt so hoch wie bei einem her- 72 Vgl. Gerpott, T., a. a. O., S. 8. kömmlichen Mobilfunkkunden. 73 Vgl. BKartA, Fallbericht vom 2. Februar 2010, B7-170/07. 77 Vgl. Gerpott, T., a. a. O., S. 43. 74 Vgl. BNetzA, Jahresbericht 2010, S. 85 f. 78 Vgl. Abschnitt 4.1.3. Drucksache 17/8246 – 206 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode im Festnetz auf das Niveau der langfristigen variablen che aus dem Festnetz in Mobilfunknetze missbräuchlich Zusatzkosten unter Ausschluss sämtlicher Gemeinkosten überhöht sind.83 Es spricht einiges dafür, dass in diesem anstrebt.79 Marktsegment Wettbewerbsdefizite bestehen, da die Ent- gelte für Fest-Mobil-Gespräche seit Jahren auf einem 112. Ebenfalls zunehmend restriktiver reguliert werden konstant hohen Niveau verbleiben – bei der Deutschen die Entgelte, die Mobilfunknetzbetreiber Endkunden bzw. Telekom in nahezu allen Tarifen bei 19 Cent/Minute –, anderen Netzbetreibern in Rechnung stellen, wenn diese während die Mobilfunkterminierungsentgelte als wich- ihre Handys im Ausland benutzen. Die Roamingentgelte tigste Vorleistung seit 2006 von 12,4 Cent/Minute auf werden von der Europäischen Kommission seit dem Jahr 3,4 Cent/Minute gesenkt wurden. Da die Gespräche aus 2007 reguliert. Die Endkundenentgelte für im europäi- dem Festnetz in die Mobilfunknetze bereits seit dem Jahr schen Ausland abgehende und eingehende Gespräche 2009 aus der sektorspezifischen Regulierung entlassen sind seither um 46 Prozent bzw. 55 Prozent gesunken, die sind, wäre eine Prüfung nach den Vorschriften des Kar- für abgehende SMS sogar um 60 Prozent.80 Die Entgelte tellrechts durch das Bundeskartellamt notwendig. für Daten-Roaming sind bisher lediglich auf der Vorleis- tungsebene reguliert, sollen nach einem Vorschlag der 115. Darüber hinaus empfiehlt die Monopolkommis- Europäischen Kommission zukünftig aber zusätzlich auf sion, die Mobilfunknetzbetreiber mit Rücksicht auf die der Ebene der Endkundenentgelte reguliert werden.81 Stabilität der Marktstrukturen sowie die Investitionserfor- dernisse mit „Augenmaß“ zu regulieren. Nicht auszu- 113. Die zunehmend intensiver werdende Regulierung schließen ist das Risiko, dass eine zu strikte Regulierung der Vorleistungs- und Endkundenentgelte reduziert die der Mobilfunknetzbetreiber die Überlebensfähigkeit der Umsätze der Netzbetreiber spürbar. Auswirkungen auf kleineren Anbieter infrage stellt.84 Eine Regulierung mit das Investitionsverhalten der Unternehmen und den Wett- „Augenmaß“ heißt zum einen, die notwendigen Anpas- bewerb sind nicht auszuschließen. Zunächst können die sungen der Entgelte an die Kosten der effizienten Leis- Anreize der Unternehmen, in den Netzausbau zu investie- tungsbereitstellung weiterhin über einen Anpassungspfad ren, geschwächt werden. Dies ist allerdings wenig wahr- und nicht in zu großen Schritten zu vollziehen. Der Regu- scheinlich, solange auf dem Endkundenmarkt Wettbe- lierung sollte zudem ein Effizienzmaßstab zugrunde lie- werb herrscht. Tatsächlich hat es im Jahr 2010 einen gen, der zu wettbewerbsanalogen Preisen führt. Der von intensiven Bieterwettbewerb um zusätzliche Frequenzen, der Europäischen Kommission vorgeschlagene Ansatz, unter anderem aus der sog. digitalen Dividende, gegeben. die Terminierungsentgelte ohne Berücksichtigung von Die Unternehmen haben gemeinsam mehr als 4 Mrd. Gemeinkosten zu regulieren, ist bereits deshalb verfehlt, Euro in neue Frequenzen investiert. Auch dürfte es eher weil dies nicht der angestrebten fiktiven Marktlösung ent- unwahrscheinlich sein, dass die Mobilfunknetzbetreiber spricht. Wäre der Markt für Terminierungsleistungen ihre Investitionen in neue Netze reduzieren, da sich der durch Wettbewerb gekennzeichnet, würden sich auf die- Wettbewerb im Mobilfunk absehbar auf die Datendienste sem Markt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht die Ent- konzentrieren wird, die in besonderer Weise auf leis- gelte gemäß dem reinen LRIC-Standard (langfristige in- tungsfähige Mobilfunknetze angewiesen sind. krementelle Kosten), sondern eher Entgelte gemäß dem Full-Service-LRIC-Standard oder gemäß den langfristi- 114. Sehr viel wahrscheinlicher sind negative Wettbe- gen zusätzlichen Durchschnittskosten (LRIAC), in jedem werbseffekte. Der Wettbewerb im Mobilfunk wird insbe- Fall unter Berücksichtigung der Gemeinkosten, ergeben. sondere dann beeinträchtigt, wenn die Netzbetreiber in unterschiedlicher Weise von der Regulierung betroffen sind. Relativ sicher ist dies im Falle der Terminierungs- 5.4 Frequenzregulierung entgelte. Sinkende Einnahmen aus der Terminierung im Mobilfunk werden bei integrierten Unternehmen wie der 116. Der Wettbewerb im Mobilfunk könnte zudem Deutschen Telekom durch sinkende Ausgaben für Termi- durch die Frequenzvergabe tangiert werden. Positiv für den Wettbewerb und die Wettbewerbsfähigkeit der Unter- nierungsleistungen für Gespräche aus dem Festnetz in nehmen ist, dass im Jahr 2010 zusätzliche Frequenzen Mobilfunknetze kompensiert. Dies gilt insbesondere, verst wenn die gesunkenen Vorleistungsentgelte nur partiell in eigert wurden. Alle vier Netzbetreiber konnten Spektrum erwerben, das es ihnen erlaubt, ihre Netze an sinkende Endkundenentgelte für Fest-Mobil-Gespräche die wachsenden Bedürfnisse der Nachfrager anzupassen. münden (Retention).82 Die Monopolkommission hat be- Problematisch könnte sein, dass mit E-Plus ein Unterneh- reits in ihrem letzten Sondergutachten empfohlen zu prü- men keine Flächenfrequenzen unterhalb von 1 GHz er- fen, ob die Entgelte der Deutschen Telekom für Gesprä- steigern konnte und die Asymmetrie bei der Ausstattung mit Flächenfrequenzen zwischen den Netzbetreibern wei- 79 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 56, a. a. O., Tz. 164 ff. ter zugenommen hat. Da mit diesen Frequenzen der Aus- 80 Vgl. Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische bau mobiler Breitbandnetze kostengünstiger ist als mit Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialaus- Spektrum aus höheren Frequenzbändern, drohen diesem schuss und den Ausschuss der Regionen, Zwischenbericht über den Unternehmen Kostennachteile, die dessen Wettbewerbs- Entwicklungsstand der Roamingdienste in der Europäischen Union, KOM(2010) 356 endgültig, 29. Juni 2010, S. 5, 7. fähigkeit beeinträchtigen könnten. 81 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union, KOM(2011) 402 endgültig, 6. Juli 2011. 83 Vgl. ebenda, Tz. 77. 82 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 56, a. a. O., Tz. 75 ff. 84 Vgl. ebenda, Tz. 176. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207 – Drucksache 17/8246

117. Der Wettbewerb im Mobilfunk könnte zudem Netzbetreiber bei den 800-MHz-Frequenzen leer ausge- durch die Flexibilisierung der bisher für die Nutzung mit hen könnte, was sich bestätigt hat.86 Mit der Einführung GSM-Technologien reservierten 900-MHz-Frequenzen von Spektrumskappen in die Auktion hat die Bundesnetz- beeinträchtigt werden. Diese Befürchtung wird in der ge- agentur zwar dafür gesorgt, dass mindestens zwei Netz- änderten GSM-Richtlinie geäußert, welche die Mitglied- betreiber Flächenfrequenzen ersteigern konnten. Sie hat staaten dazu verpflichtet, bei der Umsetzung zu prüfen, aber mit der Dimensionierung der Spektrumskappen auch ob aufgrund der bestehenden Zuteilung des 900-MHZ- die Möglichkeit eröffnet, dass nicht zwingend alle Netz- Bandes auf den betreffenden Mobilfunkmärkten Wett- betreiber zum Zuge kommen. Tatsächlich haben die bewerbsverzerrungen wahrscheinlich sind und ob sich da- Deutsche Telekom und Vodafone jeweils die maximal raus gegebenenfalls die Notwendigkeit einer Umver- mögliche Menge an 800-MHZ-Frequenzen ersteigert. Die teilung von Frequenzen ergibt.85 Hinzu kommen verbleibenden 2 x 10 MHz gingen an Telefónica O2. Unsicherheiten im Hinblick auf die weitere Nutzung der E-Plus ging leer aus, konnte dafür aber Spektrum aus an- 900- und 1 800-MHz-Frequenzen, deren Nutzungsrechte deren Frequenzbereichen vergleichsweise günstig erwer- Ende des Jahres 2016 auslaufen. ben (vgl. Tabelle 5.4). Erlöst wurden insgesamt 4,385 Mrd. Euro, wobei der größte Teil der Erlöse auf die 5.4.1 Frequenzauktion 2010 800-MHz-Frequenzen fiel. Die Deutsche Telekom, Voda- fone und Telefónica O mussten jeweils zwischen 1,3 und 118. Die Bundesnetzagentur hat im April und Mai 2010 2 zusätzliches Spektrum im Umfang von knapp 360 MHz 1,4 Mrd. Euro aufwenden, E-Plus knapp 300 Mio. Euro. in unterschiedlichen Frequenzbereichen versteigert. Da- 120. Die Monopolkommission bewertet den Ausgang runter befinden sich die Frequenzen aus der digitalen Di- der Frequenzauktion insgesamt positiv. Alle vier Netzbe- vidende, d. h. aus dem Bereich 790 bis 862 MHz (Flä- treiber konnten zusätzliche Frequenzen erwerben, die es chenfrequenzen). Die Frequenzen unter 1 GHz sind ihnen erlauben, ihre Netze an die wachsenden Bedürf- besonders wertvoll, da sie aufgrund ihrer physikalischen nisse der Nachfrager nach mobilen Breitbandnetzen anzu- Wellenausbreitungseigenschaften einen kostengünstige- passen. Der Nachteil, dass E-Plus keine 800-MHz-Fre- ren Aufbau von Breitbandnetzen in der Fläche ermögli- quenzen ersteigern konnte, wird gegebenenfalls dadurch chen als Spektrum aus höheren Frequenzbereichen. kompensiert, dass der Netzbetreiber etwa 1 Mrd. Euro 119. Im Vorfeld der Auktion hatte es Bedenken hin- weniger für seine Frequenzen zahlen musste als die Wett- sichtlich der Dimensionierung der Spektrumskappen ge- bewerber und nicht mit Versorgungsauflagen für den geben. Es wurde befürchtet, dass einer der beiden kleinen Ausbau „weißer Flecken“ belastet ist. Tatsächlich zeigen Modellrechnungen der Technischen Universität Wien in einem Gutachten für die Bundesnetzagentur, dass die Ge- 85 Richtlinie 2009/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates samtkosten (Frequenz- und Netzkosten) eines mobilen vom 16. September 2009 zur Änderung der Richtlinie 87/372/EWG des Rates über die Frequenzbänder, die für die koordinierte Einfüh- Breitbandnetzes bei der Verwendung von 1 800-MHz- rung eines europaweiten öffentlichen zellularen digitalen terrestri- schen Mobilfunkdienstes in der Gemeinschaft bereitzustellen sind, ABl. EU Nr. L 274 vom 20. Oktober 2009, S. 25. 86 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 56, a. a. O., Tz. 288.

Tabelle 5.4

Ergebnisse der Frequenzauktion im April/Mai 2010

Frequenzbereich Telekom Vodafone E-Plus O2 800 MHz 2 x 10 2 x 10 – 2 x10 1.800 MHz 2 x 15 – 2 x 10 – 2.000 MHz – 2 x 4,95 4 x 4,95 2 x 4,95 1 x 5 1 x 14,5 2.600 MHz 4 x 10 4 x 10 2 x 10 4 x 10 1 x 5 4 x 5 2 x 5 2 x 5 1 x 5 MHz insgesamt 95 94,9 69,8 99,1 Summe der Höchstge- 1.299,893 1.422,503 283,645 1.378,605 bote (Mio. Euro) Quelle: Bundesnetzagentur Drucksache 17/8246 – 208 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode und 800-MHz-Frequenzen unter bestimmten Annahmen wahrscheinlich sind. Etwaige Verzerrungen des Wettbe- nahezu identisch sind.87 Wettbewerbsverzerrungen durch werbs sind in verhältnismäßiger Weise abzustellen. die Vergabe des 800-MHz-Spektrums an lediglich drei Gleichzeitig untersucht die Bundesnetzagentur, ob die der vier Mobilfunknetzbetreiber sind der Studie zufolge Vergabe der 800-MHz-Frequenzen aus der digitalen Divi- auszuschließen. dende im Frühjahr 2010 Wettbewerbsverzerrungen nach sich zieht. Diese Untersuchung ist notwendig, da die Eu- 121. Die Monopolkommission teilt die Auffassung, ropäische Kommission im Herbst 2009 Bedenken gegen dass die Vergabe der 800-MHz-Frequenzen an lediglich das Design der seinerzeit geplanten Frequenzversteige- drei Netzbetreiber für sich genommen keine Wettbe- rung geäußert hatte.89 Befürchtet wurde, dass die kleinen werbsverzerrungen auslöst. E-Plus ist bei einem be- Netzbetreiber durch die Aufweichung der Spektrumskap- stimmten Preis aus der Auktion ausgestiegen. Wenn diese pen für die D-Netzbetreiber benachteiligt werden. Die Entscheidung ökonomisch rational getroffen wurde, dann Europäische Kommission verzichtete auf die Einleitung ist das näherungsweise dasjenige Preisniveau, bei dem eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesre- der Kostenvorteil des Netzausbaus mit Flächenfrequen- publik Deutschland gegen die Zusage der Bundesnetz- zen durch die höheren Frequenzkosten sowie die Kosten agentur, innerhalb von drei Monaten nach der Durchfüh- der mit den Flächenfrequenzen verbundenen Versor- rung der Versteigerung eine Untersuchung der gungsauflagen ausgeglichen wird. E-Plus kann zudem di- Wettbewerbsverhältnisse auf dem deutschen Mobilfunk- rekt mit dem Ausbau von Breitbandnetzen in Ballungs- markt durchzuführen. räumen beginnen, während die Wettbewerber aufgrund der Versorgungsauflagen in den Lizenzen zunächst die 123. Eingeleitet wurde die Frequenzverteilungsuntersu- wirtschaftlich wenig attraktiven ländlichen Räume aus- chung im Juni 2010 mit der Veröffentlichung eines Im- bauen müssen. Kurzfristig profitieren davon die Verbrau- pulspapiers.90 Seit Juli 2011 liegt der Konsultationsent- cher, da sich allein aus dem Umstand, dass mit E-Plus ein wurf der Frequenzverteilungsuntersuchung vor.91 Die Netzbetreiber am Markt ist, der aufgrund seiner Frequen- Bundesnetzagentur stellt darin fest, dass weder aufgrund zausstattung eine andere Unternehmensstrategie als seine der bestehenden Zuteilung des 900-MHz-Spektrums, Konkurrenten verfolgen muss, wichtige Wettbewerbsim- noch aufgrund der Liberalisierung des Bandes, noch pulse für den Markt ergeben. Trotzdem kann nicht aus- durch die Versteigerung der 800-MHz-Frequenzen Wett- geschlossen werden, dass auf mittlere und längere Sicht bewerbsverzerrungen feststellbar sind. Dies gelte sowohl Flächenfrequenzen nur unzureichend durch andere Fre- bei einer Gesamtbetrachtung sämtlicher den Beteiligten quenzen ersetzt werden können. Dies wäre dann der Fall, zugeteilten Frequenzen noch bei einer isolierten Betrach- wenn sich herausstellt, dass der flächendeckende Ausbau tung des 900-MHz-Bandes. von Breitbandnetzen der neuesten Generation für den Er- folg eines Netzbetreibers unabdingbar ist. Sofern es nicht 124. Die Verteilung der 900-MHZ-Frequenzen auf die möglich ist, die fehlende Flächendeckung durch ein Roa- Netzbetreiber ist seit Beginn der Liberalisierung asymme- mingabkommen mit einem Wettbewerber zu kompensie- trisch. Die beiden D-Netzbetreiber (Deutsche Telekom ren, würde die fehlende Ausstattung mit Flächenfrequen- und Mannesmann Mobilfunk als Vorgängerunternehmen zen zum Wettbewerbsnachteil, dessen letzte Konsequenz von Vodafone) wurden bei ihrem Markteintritt im Jahr der Marktaustritt sein könnte. 1990 mit jeweils 2 x 12,4 MHz ausgestattet. Die E-Netz- betreiber (O2 und E-Plus), deren Grundausstattung bei 5.4.2 Flexibilisierung der GSM-Frequenzen Markteintritt aus 1 800-MHz-Spektrum bestand, erhielten erstmals im Jahr 2006 900-MHz-Frequenzen im Umfang 122. Die Europäische Kommission hat im Jahr 2009 die von jeweils 2 x 5 MHz, die vormals militärisch genutzt GSM-Richtlinie mit dem Ziel geändert, die bisher für die wurden. Sie mussten dafür im gleichen Umfang 1 800- Nutzung mit GSM-Technologien reservierten Frequenzen MHz-Spektrum zurückgeben. Dieses Spektrum wurde für die Nutzung durch andere Technologien, wie UMTS erst bei der Versteigerung im Frühjahr 2010 erneut verge- und LTE, freizugeben. Die Bundesnetzagentur hat die ben. Die Nutzungsrechte an dem 900-MHz-Spektrum al- Richtlinie mit ihrer Entscheidung vom 12. Oktober 2009 ler vier Netzbetreiber laufen, wie die Nutzungsrechte an umgesetzt und unter anderem beschlossen, die GSM-Fre- dem 1 800-MHz-Spektrum, Ende des Jahres 2016 aus. quenznutzungsrechte im 900-MHz- und 1 800-MHz- Genutzt wird es von allen vier Netzbetreibern für GSM- Band auf Antrag und nach Maßgabe der unionsrechtli- Sprachübertragung und andere GSM-basierte Dienste. chen Vorgaben schnellstmöglich zu flexibilisieren.88 Ge- mäß Artikel 1 Absatz 2 der geänderten GSM-Richtlinie untersuchen die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung, ob 89 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 56, a. a. O., Tz. 288. aufgrund der bestehenden Zuteilung und der Flexibilisie- 90 BNetzA, Impulspapier für die Untersuchung nach Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 87/372/EWG in der Fassung der Richtlinie 2009/114/ rung des 900-MHz-Bandes Wettbewerbsverzerrungen EG (Frequenzverteilungsuntersuchung), Mitteilung Nr. 457/2010, ABl. BNetzA 15/2010, S. 2715. 91 BNetzA, Konsultationsentwurf Frequenzverteilungsuntersuchung, 87 Mecklenbräucker, C. u. a., Frequenzverteilungsuntersuchung der BK 1-11/001, Mitteilung Nr. 364/2011, ABl. BNetzA 13/2011, möglichen Flexibilisierung im 900/1800 MHz Band, Gutachten im S. 2376; BNetzA, Eckpunktepapier für ein bedarfsermittlungsverfah- Auftrag der Bundesnetzagentur, TU Wien, 25. März 2011. ren in den Frequenzbereichen 900 MHz und 1800 MHz (Eckpunkte- 88 BNetzA, BK 1a-09/001, Verfügung Nr. 58/2009, ABl. BNetzA 20/ papier Projekt 2016), Mitteilung Nr. 365/2011, BK 1-11/003, ABl. 2009, S. 3575. BNetzA 13/2011, S. 2446. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 209 – Drucksache 17/8246

125. Fraglich ist zunächst, ob bereits die bestehende den deutschen Mobilfunkmarkt nicht. Ihr ist zu folgen, asymmetrische Zuteilung der 900-MHz-Frequenzen den wenn sie feststellt, dass die Flexibilisierung von Frequen- Wettbewerb verzerrt. Die Bundesnetzagentur lehnt das zen den Wettbewerb eher fördert als verzerrt. Hinzu mit den Argumenten ab, dass sämtliche bisherigen Fre- kommt, dass auf dem deutschen Markt alle Netzbetreiber quenzvergabeverfahren offen, objektiv, transparent und über 900-MHz-Frequenzen verfügen, wenn auch in ei- diskriminierungsfrei durchgeführt wurden. Die Monopol- nem unterschiedlichen Ausmaß. Die Flexibilisierung kommission teilt die Auffassung, dass Verfahren, die die- führt auch deshalb nicht zu Wettbewerbsverzerrungen, da sen Kriterien entsprechen, prima facie nicht zu Wettbe- aktuell keiner der deutschen Netzbetreiber plant, im 900- werbsverzerrungen führen. Ebenso folgen aus einer MHz-Band Dienste der dritten Generation zu betreiben. mengenmäßigen Ungleichverteilung von Frequenzen Alle vier Netzbetreiber geben an, das verfügbare 900- nicht per se Wettbewerbsverzerrungen. Gleichwohl lässt MHz-Spektrum noch auf Jahre hinaus für GSM-Sprach- sich nicht ausschließen, dass auch nicht diskriminierende verkehr und GSM-gestützte Anwendungen zu nutzen, da Vergabeverfahren zu einer Frequenzverteilung führen die Migration des GSM-Sprachverkehrs auf andere Fre- können, bei der die Wettbewerbsmöglichkeiten der be- quenzen zu hohe Kosten nach sich ziehen würde. Selbst troffenen Unternehmen ungleich sind. Bei ihrem Eintritt an einen Parallelbetrieb von GSM und UMTS wird bei den D-Netzbetreibern nicht gedacht. Bei den E-Netzbe- in den deutschen Mobilfunkmarkt konnten E-Plus und O2 keine 900-MHz-Frequenzen erhalten, weil seinerzeit aus- treibern scheitert dieser bereits daran, dass deren Ausstat- schließlich 1 800-MHz-Frequenzen vergeben wurden. tung mit 900-MHz-Frequenzen für einen GSM/UMTS- Gerpott zeigt in einer von E-Plus in Auftrag gegebenen Parallelbetrieb nicht ausreicht. Vor diesem Hintergrund Studie, dass länderübergreifend GSM-Netzbetreiber, die ist damit zu rechnen, dass die D-Netzbetreiber und gege- ursprünglich mit 900-MHz-Frequenzen ausgestattet wur- benenfalls auch Telefónica O2 die Flexibilisierung der den, auch Anfang des Jahres 2010 noch höhere Marktan- 900-MHz-Frequenzen nicht beantragen. Aktuell liegen teile bei den SIM-Karten und Umsätzen sowie höhere der Bundesnetzagentur lediglich Flexibilisierungsanträge EBITDA-Margen aufweisen als GSM-Netzbetreiber, die von E-Plus vor. ursprünglich mit 1 800-MHz-Frequenzen ausgestattet 127. Die geänderte GSM-Richtlinie sieht vor, dass fest- wurden.92 Die Bundesnetzagentur hat die bestehende gestellte Wettbewerbsverzerrungen zu beheben sind, Asymmetrie bei der Frequenzausstattung als Begründung wenn dies gerechtfertigt und verhältnismäßig ist. Dies dafür herangezogen, den E-Netzbetreibern im Jahr 2006 kann entweder sofort geschehen oder nach Ablauf der ge- je 2 x 5 MHz aus militärischer Nutzung frei gewordenen genwärtigen Nutzungsdauer bei der Verlängerung oder 900-MHz-Frequenzen „zur Sicherstellung eines chancen- Neuverteilung des Spektrums. Die Monopolkommission gleichen und nachhaltigen Wettbewerbs im GSM-Mobil- teilt die Auffassung der Bundesnetzagentur, dass eine so- funkmarkt“ direkt, d. h. ohne die Durchführung eines fortige Umverteilung von 900-MHz-Frequenzen unver- Vergabeverfahrens, zur Verfügung zu stellen.93 Die Mo- hältnismäßig ist. Die Verlagerung des GSM-Verkehrs nopolkommission ist der Auffassung, dass die im Jahr würde bei den betroffenen Netzbetreibern hohe Kosten 2006 erfolgte Verringerung der Asymmetrie bei der Aus- verursachen. Vodafone beziffert diese alleine für sich auf stattung der Netzbetreiber mit 900-MHz-Frequenzen die mehrere einhundert Millionen Euro. Die verbleibende Wettbewerbsbedingungen der E-Netzbetreiber zwar ver- Laufzeit der Nutzungsrechte bis Ende des Jahres 2016 ist bessert hat, es aber im Vergleich zu den D-Netzbetreibern dagegen so gering, dass sich die Kosten der Migration zu keinem vollständigen Ausgleich der Wettbewerbsmög- nicht rechnen. Hinzu kommt, dass eine sofortige Umver- lichkeiten gekommen ist. Mithin schließt die Monopol- teilung der Frequenzen schwierige Rechtsfragen aufwer- kommission, anders als die Bundesnetzagentur, den Fort- fen würde, wie die nach der Rechtsgrundlage und eventu- bestand von Wettbewerbsverzerrungen zulasten der E- ellen Entschädigungszahlungen. Netzbetreiber durch die bestehende Ausstattung mit 900- MHz-Frequenzen nicht aus. 5.4.3 Projekt 2016 – Verlängerung oder Neuver- 126. Wettbewerbsverzerrungen können auch eine Folge gabe der 900/1 800-MHz-Frequenzen der Flexibilisierung der 900-MHz-Frequenzen sein, wenn 128. Die 900-MHZ- und 1 800-MHz-Frequenzen aller „Mobilfunknetzbetreiber, denen keine Frequenzen im vier Mobilfunknetzbetreiber sind befristet bis zum 900-MHz-Band zugeteilt worden sind, Kosten- und Effi- 31. Dezember 2016 zugeteilt. Somit stehen diese ab 1. Ja- zienznachteile gegenüber anderen Betreibern erleiden, nuar 2017 für eine neue Zuteilung zur Verfügung. Grund- die [infolge der Flexibilisierung] in der Läge wären, in sätzlich möglich ist zum einen die Neuvergabe der Fre- diesem Band Dienste der dritten Generation zu betrei- quenzen mittels eines Vergabeverfahrens oder die ben“.94 Die Bundesnetzagentur teilt diese Bedenken für Verlängerung der Laufzeiten. Fraglich ist zudem, ob die Bundesnetzagentur eine mögliche Neuvergabe zum An- lass nehmen sollte, die bestehende Asymmetrie bei der 92 Vgl. Gerpott, T.J., a. a. O, S. 22 ff. 93 Vgl. BNetzA, Konzept zur Vergabe weiteren Spektrums für den digi- Ausstattung der Netzbetreiber mit 900-MHz-Frequenzen talen öffentlichen zellularen Mobilfunk unterhalb von 1,9 GHz zu vermindern. (GSM-Konzept), 21. November 2005, Verfügung Nr. 88/2005, ABl. BNetzA Nr. 23/2005, S. 1852. 129. Die Bundesnetzagentur hat gleichzeitig mit dem 94 Vgl. Richtlinie 2009/114/EG, Erwägungsgrund 6. Entwurf einer Frequenzverteilungsuntersuchung ein sog. Drucksache 17/8246 – 210 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Eckpunktepapier Projekt 2016 vorgelegt.95 Sie kündigt Regulierungsbehörde auf ein Versteigerungsverfahren darin an, die Frage der Frequenzverteilung zur Sicherstel- verzichten und die Frequenzen stattdessen im Wege der lung von Planungs- und Investitionssicherheit bei den be- Einzelzuweisung an die bisherigen Frequenzinhaber ver- troffenen Unternehmen möglichst drei Jahre vor Ablauf geben. der jetzigen Befristung, d. h. noch im Jahr 2013, zu ent- scheiden. In der Sache soll insbesondere auf der Grund- 131. Die Monopolkommission spricht sich für die lage eines Bedarfsermittlungsverfahrens geklärt werden, Durchführung eines förmlichen Bedarfsermittlungsver- ob eine Verlängerung der Frequenznutzungsrechte oder fahrens aus. Erst auf diesem Wege kommt zutage, ob und eine Frequenzzuteilung in Betracht kommt. Ergibt das in welchem Ausmaß Frequenzen von den bisherigen Nut- Bedarfsermittlungsverfahren einen Bedarfsüberhang, zern zusätzlich benötigt werden und ob Newcomer in den Markt eintreten wollen. Die Wahrscheinlichkeit eines kann die Bundesnetzagentur die Durchführung eines Ver- Marktzutritts von Newcomern auf den deutschen Mobil- gabeverfahrens gemäß § 61 TKG anordnen. Zwingend ist funkmarkt ist zwar gering, weil die Nachteile des späten das nicht. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwal- Marktzutritts groß sind und die Erfahrungen aus den ge- tungsgerichts darf die Bundesnetzagentur unter Umstän- scheiterten Marktzutritten im Rahmen der UMTS-Ver- den trotz festgestellter oder prognostizierter Frequenz- steigerung im Jahr 2000 abschreckend wirken dürften. knappheit von dem Erlass einer Vergabeanordnung 96 Gleichwohl sollte diese Möglichkeit nicht von vornherein absehen. Sollte die Entscheidung für eine Frequenzzu- ausgeschlossen sein. Hinzu kommt, dass mit E-Plus be- teilung fallen, ist darüber hinaus über die Art des Verfah- reits ein Unternehmen zusätzlichen Frequenzbedarf im rens (Einzelzuweisung oder Vergabeverfahren) und im 900-MHz-Bereich formuliert hat. Falle eines Vergabeverfahrens über die Art der Vergabe (Versteigerung oder Ausschreibung) sowie über die Ver- 132. Führt die Bedarfsermittlung zu dem Ergebnis, dass gabebedingungen zu entscheiden. Das Bedarfsermitt- Frequenzknappheit herrscht, stellt sich die Frage nach lungsverfahren soll im vierten Quartal 2012 durchgeführt dem Vergabeverfahren. Eine Versteigerung ist aus ökono- werden. Ob und in welchem Ausmaß Frequenzbedarf be- mischer Perspektive vorzugswürdig, weil sie die wahren steht, ist von den Unternehmen begründet darzulegen. Präferenzen der Nutzer besser aufdeckt und dafür sorgt, Eine Verlängerung der Laufzeiten der Frequenznutzungs- dass die Frequenzen in die Hände derjenigen Nutzer ge- rechte kommt insbesondere dann in Betracht, wenn kein langen, die über die erfolgreichsten Geschäftsmodelle Bedarfsüberhang festgestellt wird.97 verfügen. Nachteilig ist, dass eine Versteigerung dem Markt gegebenenfalls Liquidität entzieht, welche die Un- 130. Die betroffenen Mobilfunknetzbetreiber sprechen ternehmen eigentlich für Investitionen in den Aufbau sich in ihren Stellungnahmen zu dem Eckpunktepapier neuer Breitbandnetze benötigen. Dieses Argument wiegt der Bundesnetzagentur überwiegend für die Verlängerung schwer, weil sich der Mobilfunkmarkt gegenwärtig in ei- der bisherigen Frequenznutzungsrechte aus. Begründet ner Phase befindet, in der von den Netzbetreibern einer- wird dies im Wesentlichen damit, dass die Frequenzen seits erhebliche Investitionen erwartet werden und ande- auch über das Jahr 2016 hinaus für GSM-Anwendungen rerseits ihre Einnahmen von verschiedenen Seiten unter benötigt werden. Diese Einschätzung wird von Mecklen- Druck geraten und die Belastungen durch eine zuneh- bräucker u. a. in ihrem Gutachten für die Bundesnetz- mend restriktivere Regulierung steigen. Nach Auffassung agentur geteilt. Danach wird die GSM-Technologie inner- der Monopolkommission sollten die Frequenzen deshalb halb des nächsten Jahrzehnts in mindestens demselben nur dann versteigert werden, wenn Bedarfsüberhang be- Umfang wie heute für Sprache und Roaming benötigt.98 steht und mindestens eine qualifizierte Bedarfsanmeldung Ein Phase-out der GSM-Technologie wird erst für die von einem Neueinsteiger stammt. Sollte kein Neueinstei- Zeit zwischen 2020 und 2025 erwartet. Anders positio- ger qualifizierten Bedarf angemeldet haben, kann auf die niert sich lediglich E-Plus. Das Unternehmen schlägt vor, Durchführung eines Versteigerungsverfahrens verzichtet ohne die Durchführung eines Bedarfsermittlungsverfah- werden. Die Frequenzen könnten stattdessen im Wege der rens eine Umverteilung von 2 x 2,4 MHz im 900-MHz- Einzelzuweisung vergeben werden. Band zu seinen Gunsten vorzunehmen. Im Gegenzug will E-Plus auf 2 x 2,4 MHz im Bereich 1 800-MHz-Spektrum 133. Die Monopolkommission ist zudem der Auffas- verzichten. Sollte die Bundesnetzagentur dennoch ein Be- sung, dass die Neuvergabe der Frequenzen im Bereich darfsermittlungsverfahren durchführen, solle zuvor klar- 900 MHz zum Anlass genommen werden sollte, die be- gestellt werden, dass die im letzten Versteigerungsverfah- stehende Asymmetrie bei der Verteilung der Ausstattung ren im Frühjahr 2010 geltende Spektrumskappe für mit Frequenzen unter 1 GHz zu vermindern. Die im letz- Frequenzen unterhalb von 1 GHz in Höhe von 2 x 20 ten Jahr erfolgte Versteigerung der 800-MHz-Frequenzen MHz auch für die D-Netzbetreiber strikt einzuhalten ist. hat die bestehende Asymmetrie zulasten eines der E- Selbst bei einem festgestellten Bedarfsüberhang soll die Netzbetreiber weiter verschärft (vgl. Tabelle 5.5). E-Plus verfügt wegen der frequenzbedingten Kostennachteile als einziger Netzbetreiber momentan nicht über die Möglich- 95 BNetzA, Eckpunkte für ein Bedarfsermittlungsverfahren in den Fre- keit, ein flächendeckendes mobiles Breitbandnetz zu quenzbereichen 900 MHz und 1.800 Mhz (Eckpunktepapier Projekt wettbewerbsfähigen Kosten aufzubauen. Zwar ist nicht 2016), Mitteilung Nr. 365/2011 ABl. BNetzA 13/2011, S. 2446. 96 BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2011, 6 C 2.10, Rn. 25. auszuschließen, dass das Unternehmen mit einer auf die 97 Vgl. BNetzA, Eckpunktepapier Projekt 2016, a. a. O., Eckpunkt 7. Ballungsgebiete orientierten Strategie erfolgreich ist, es 98 Vgl. Mecklenbräucker, C. u. a, a. a. O., S. 91. kann aber sein, dass Flächendeckung – ähnlich wie bei Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 211 – Drucksache 17/8246 der mobilen Sprachtelefonie – ein Erfolgskriterium bei siert.100 Sie sah darin eine Benachteiligung der beiden Datendiensten ist. In diesem Fall würde die unzurei- E-Netzbetreiber, denen nicht zugestanden werde, ihre chende Ausstattung mit Flächenfrequenzen zulasten der Bietbeschränkung von 2 x 20 MHz zu überschreiten. Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gehen. Im Falle Nach den Vorstellungen der Europäischen Kommission von E-Plus könnte das Auswirkungen auf den Wettbe- sollten die D-Netzbetreiber nur dann die Möglichkeit werb im Mobilfunk haben, weil das Unternehmen bisher haben, 2 x 10 MHz aus dem 800-MHz-Bereich zu erstei- im Bereich der Sprachdienste mit seiner Maverick-Strate- gern, wenn sie dafür 2 x 2,4 MHz des vorhandenen gie ganz überwiegend für die Wettbewerbsimpulse ge- Spektrums im Bereich 900 MHz aufgeben. Die Monopol- sorgt hat und zu erwarten ist, dass es diese Strategie auch kommission greift diesen Vorschlag wieder auf. Die Bun- im Bereich der Datendienste verfolgen wird. desnetzagentur sollte die strenge Umsetzung der Spek- trumskappen bereits vor oder im Zusammenhang mit dem Tabelle 5.5 Bedarfsermittlungsverfahren festlegen, um nicht eine Knappheit festzustellen, die unter Berücksichtigung des Ausstattung der Netzbetreiber mit Frequenzen umzuverteilenden Spektrums nicht entstehen würde. unter 1 GHz 5.5 Digitale Dividende 2 Telefó- Deutsche Voda- nica E-Plus 136. Als digitale Dividende wird das durch die Umstel- Telekom fone lung von der analogen auf die digitale Übertragung von O2 Rundfunk und Fernsehen frei werdende Frequenzspek- 800- 2 x 10 2 x 10 2 x 10 – trum bezeichnet.101 Durch die Digitalisierung der Rund- MHz- MHz MHz MHz funkübertragung ist es möglich, mit dem Spektrum eines Bereich analogen Fernsehkanals sechs bis acht Standard-Digital- 900- 2 x 12,4 2 x 12,4 2 x 5 2 x 5 TV-Kanäle zu übertragen. Das auf diese Weise frei wer- MHz- MHz MHz MHz MHz dende Spektrum wird größtenteils weiterhin im alleinigen Bereich Verfügungsbereich des Rundfunks bleiben. Ein relativ kleiner Teil der digitalen Dividende, der Frequenzbereich Unter 2 x 22,4 2 x 22,4 2 x 15 2 x 5 790 bis 862 MHz, wurde durch eine Entscheidung der 1-GHz- MHz MHz MHz MHz Weltfunkkonferenz im Jahr 2007 für den Mobilfunk nutz- Bereich bar gemacht, indem die bisher primäre Zuweisung für den insge- Rundfunk durch eine koprimäre Zuweisung für Rundfunk samt und Mobilfunk ersetzt wurde.

Quelle: Bundesnetzagentur 137. Nach den Vorstellungen der Europäischen Kom- 134. Die Monopolkommission schlägt vor, 900-MHz- mission könnte in der Union längerfristig daran gedacht Spektrum für die Zwecke der Umverteilung durch die werden, weiteres Spektrum unterhalb von 790 MHz für strenge Einhaltung der anbieterbezogenen Spektrumskap- die elektronische Kommunikation verfügbar zu ma- pen aus der Frequenzauktion im Jahr 2010 verfügbar zu chen.102 Die Monopolkommission unterstützt diese For- machen. Um Wettbewerbsverzerrungen als Folge der Ver- derung. Das weitere Wachstum des Datenübertragungs- steigerung von 800-MHz-Frequenzen zu vermeiden, hatte volumens, welches sich auch in den ländlichen Regionen die Bundesnetzagentur in dem 2010 durchgeführten Ver- widerspiegeln wird, erfordert bei ungebrochener Ent- fahren festgelegt, dass jeder Bieter – unter Berücksichti- wicklung die Bereitstellung weiterer Frequenzressourcen gung der bereits vorhandenen Ausstattung mit 900-MHz- auch unterhalb von 790 MHz spätestens im Zeitraum Spektrum – höchstens 2 x 20 MHz aus dem 800-MHZ- 2018/2020. Das im Rahmen der Frequenzauktion 2010 an Bereich ersteigern darf.99 Ausnahmen wurden im Falle den Mobilfunkbereich vergebene Spektrum reicht hierfür der D-Netzbetreiber gemacht, die trotz der bereits dann mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr aus. vorhandenen Ausstattung von 2 x 12,4 MHz bei den 900- MHz-Frequenzen zusätzlich 2 x 10 MHz 800-MHz-Spek- 138. Die nächste Weltfunkkonferenz 2012 (World Radio- trum ersteigern konnten. Begründet wurde dies im We- communication Conference 2012, WRC) wird darüber sentlichen damit, dass ein teilweiser Widerruf von 900- entscheiden, ob dem Mobilfunk bei der übernächsten MHz-Frequenzen in ungerechtfertigter Weise in den ein- WRC – voraussichtlich 2015/2016 – weitere Frequenzen gerichteten und ausgeübten Netzbetrieb der D-Netzbetrei- zugewiesen werden. Diese Diskussion und Evaluierung ber eingegriffen hätte. Dieses Argument entfällt, wenn ist zwingend notwendig, um dem langfristigen Bedarf an die Nutzungsrechte der D-Netzbetreiber Endes des Jahres 2016 auslaufen. 100 Vgl. Bünder, H., EU zweifelt an Frequenzvergabe, Frankfurter All- 135. Auch die Europäische Kommission hatte diese gemeine Zeitung vom 9. Oktober 2009. 101 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 56, a. a. O., Tz. 269. Ausgestaltung der Auktion von 2010 deutlich kriti- 102 EU-Kommission, Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das erste Programm für die Funkfre- quenzpolitik, KOM (2010) 471 endgültig, 20. September 2010, Er- 99 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 56, a. a. O., Tz. 273 ff. wägungsgrund 13. Drucksache 17/8246 – 212 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Frequenzressourcen für den Mobilfunk gerecht zu wer- 6.2 Stand der Breitbandversorgung den. 141. Eines der Ziele der Breitbandstrategie der Bundes- 139. Die Monopolkommission verkennt zwar nicht, regierung besteht darin, die Lücken bei der flächende- dass der weitere Frequenzbedarf des terrestrischen Rund- ckenden Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähi- funks heute nur unzureichend vorhersehbar ist. Tendenzi- gen Breitbandanschlüssen (mindestens 1 Mbit/s) zu ell dürfte allerdings eher mit einer Verringerung der Be- schließen. Dieses Ziel wird auch bis Ende 2011 nicht deutung der Rundfunkverbreitung über DVB-T-Netze vollständig erreicht. Gleichwohl ist es gelungen, viele der und einem wachsenden Anteil der Rundfunkübertragung sog. weißen Flecken zu schließen. Zum Einsatz kommt über Satellit, Kabel und IPTV zu rechnen sein. In der dabei ein Technologie-Mix, bestehend aus funkgestützten (WLAN, WiMAX, Mobilfunk), kabelgebundenen (DSL, Folge ergäbe sich eher eine Abnahme des Kapazitätsbe- Glasfaser, TV-Kabelnetze) und satellitengestützten Lö- darfs des Rundfunks im Bereich 470 MHz bis 790 MHz. sungen. Engagiert sind dabei sowohl Festnetz- als auch Die Zuweisung von zusätzlichem Spektrum aus diesem Mobilfunknetzbetreiber, in vielen Fällen treiben regionale Bereich an den Mobilfunk sollte möglich sein. und lokale Initiativen den Breitbandausbau voran.

6 Breitbandausbau 142. Anfang des Jahres 2011 verfügten nach Schätzun- gen bundesweit 98,5 Prozent der etwa 40 Millionen 6.1 Einführung Haushalte über die Möglichkeit, einen entsprechenden Anschluss zu nutzen.104 Dabei ist die regionale Verteilung 140. Die Diskussion um die richtigen Wege zur Förde- unterschiedlich (vgl. Tabelle 6.1). Eine nahezu vollstän- rung des Breitbandausbaus in Deutschland hat in den ver- dige Versorgung findet sich in den Stadtstaaten Berlin, gangenen zwei Jahren an Intensität zugenommen. Wäh- Bremen und Hamburg sowie in NRW. Deutliche Aus- rend es bei der Sicherstellung einer flächendeckenden baulücken sind in den östlichen Bundesländern, aber auch Breitbandgrundversorgung mit Anschlüssen deutliche in Bayern und Rheinland-Pfalz zu verzeichnen. Fortschritte gibt, schreitet der Ausbau hochleistungsfähi- 143. Eine besondere Rolle bei der Sicherstellung einer ger Breitbandnetze langsamer voran. Als bestmögliche flächendeckenden Grundversorgung mit Breitbandan- technische Lösung für das Erreichen der Breitbandstrate- schlüssen kommt den Mobilfunknetzbetreibern zu, die gie der Bundesregierung sowie der Ziele der digitalen Frequenzen aus der digitalen Dividende ersteigert haben. Agenda der Europäischen Kommission gilt der Glasfaser- Sie dürfen mit dem Aufbau von LTE-Netzen (Long Term ausbau.103 Gerade dieser bleibt allerdings deutlich hinter Evolution) in Ballungsräumen erst beginnen, wenn ein den Erwartungen zurück, wofür eine Reihe von Gründen Großteil der bestehenden Versorgungslücken (90 Prozent angeführt werden. Hemmend auf die Investitionstätigkeit der Bevölkerung in den bisher nicht oder unzureichend wirken nach allgemeiner Einschätzung die hohen Kosten versorgten Gebieten) geschlossen wurde. Tatsächlich in- des Netzausbaus und die bisher geringe Nachfrage nach vestieren die betroffenen Netzbetreiber seit Ende 2010 in hochbitratigen Anschlüssen. Hinzu kommt nach Auffas- den Aufbau solcher Netze. Nach Informationen der Bun- sung der Telekommunikationsnetzbetreiber, dass die Re- desnetzagentur wurden bis Mitte 2011 1 500 Standorte gulierung falsche oder ungenügende Anreize für Investi- mit LTE-Technologie in Betrieb genommen, mit denen tionen in neue Netze setze und der Wettbewerb durch die tausende von kleineren Gemeinden bis 5 000 Einwohner TV-Kabelnetzbetreiber verzerrt werde. Im politischen versorgt werden.105 Ende September 2011 stellte die Bun- Raum wird im Zusammenhang mit der Novellierung des desnetzagentur fest, dass die Versorgungsauflagen in Telekommunikationsgesetzes zudem über die Einführung sechs Bundesländern (Bayern, Baden-Württemberg, eines Breitbanduniversaldienstes diskutiert. Die Mono- Rheinland-Pfalz, Hessen, Saarland und Nordrhein-West- polkommission greift diese Punkte nachfolgend auf und falen) bereits erreicht sind und die 800-MHz-Frequenzen gibt Empfehlungen im Hinblick auf die Ausgestaltung der dort frei genutzt werden können.106 gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Regulierung. 144. Weniger schnell voran schreitet der Aufbau hoch- leistungsfähiger Breitbandnetze. Mitte des Jahres 2011 hatten knapp 40 Prozent der Haushalte Zugang zu einem 103 Die Breitbandstrategie der Bundesregierung sieht für Deutschland ei- ne Grundversorgung mit mindestens 1 Mbit/s für alle Haushalte bis hochbitratigen Breitbandanschluss mit einer Übertra- Ende 2010 und eine Versorgung mit Übertragungsraten von mindes- tens 50 Mbit/s für 75 Prozent der Haushalte bis 2014 und die flächen- deckende Vollversorgung bis spätestens 2018 vor. Vgl. Bundesminis- 104 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordne- terium für Wirtschaft und Technologie, Breitbandstrategie der ten Martin Dörmann, Garrelt Duin, Doris Barnett, weiterer Abgeord- Bundesregierung, Februar 2009. Gemäß der digitalen Agenda der neter und der Fraktion der SPD – Drucksache 17/3899 –, Stand und Europäischen Kommission sollen bis 2013 alle Europäer den Zugang Perspektiven des Breitbandausbaus in Deutschland, Bundestags- zu grundlegenden Breitbanddiensten haben und es soll sichergestellt drucksache 17/5588 vom 14. April 2011, S. 3. sein, dass bis 2020 erstens alle Europäer den Zugang zu einem Breit- 105 BNetzA, Stellungnahme gegenüber der Monopolkommission vom bandanschluss mit mindestens 30 Mbit/s und zweitens 50 Prozent der 10. Oktober 2011, unveröffentlicht. Haushalte einen Anschluss mit mindesten 100 Mbit/s haben; vgl. 106 BNetzA, Pressemitteilung vom 14. September 2011, „Versorgungs- Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parla- verpflichtung im 800-MHz-Bereich in Nordrhein-Westfalen und im ment, den Rat, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss Saarland erfüllt“; Pressemitteilung vom 29. September 2011, „Ver- und den Ausschuss der Regionen, Eine Digitale Agenda für Europa, sorgungsverpflichtung im 800-MHz-Bereich in vier weiteren Bun- KOM (2010) 245 endgültig, 26. August 2010, S. 22. desländern erfüllt“. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 213 – Drucksache 17/8246

Tabelle 6.1

Versorgungslage für Bandbreiten 1 Mbit/s in Prozent der Haushalte Anfang 2011

Baden-Württemberg 98,0 Niedersachsen 97,7 Bayern 97,0 Nordrhein-Westfalen 99,2 Berlin 99,99 Rheinland-Pfalz 96,9 Brandenburg 92,8 Saarland 98,6 Bremen 99,99 Sachsen 96,0 Hamburg 99,98 Sachsen-Anhalt 94,2 Hessen 98,2 Schleswig-Holstein 97,8 Mecklenburg-Vorpommern 93,4 Thüringen 93,5 Quelle: Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Martin Dörmann, Garrelt Duin, Doris Barnett, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD – Drucksache 17/3899 – Stand und Perspektiven des Breitbandausbaus in Deutschland, Bundestagsdrucksache 17/5588 vom 14. April 2011, S. 3 gungsrate von mindestens 50 Mbit/s.107 Der überwie- 6.3 Kosten als Hemmnis für Glasfaser- gende Teil dieser Anschlüsse wird über die TV-Kabel- investitionen netze verfügbar gemacht, ein geringer Anteil über Glasfasernetze. 146. Als wesentliche Ursachen für den bisher unzurei- chenden Ausbau der Glasfasernetze gelten die hohen 145. Während die Kabelnetzbetreiber angekündigt ha- Kosten und die bisher geringe Nachfrage nach hochbitra- ben, ihre Netze bis Ende 2012 vollständig mit dem Über- tigen Breitbandanschlüssen. Der Investitionsaufwand für tragungsstandard DOCSIS 3.0 aufzurüsten und somit für ein leistungsfähiges Glasfasernetz ist außerordentlich fast zwei Drittel der Haushalte eine Übertragungsrate von hoch. Die Schätzungen reichen von 30 Mrd. Euro bis zu 100 Mbit/s verfügbar zu machen, bleibt der Ausbau der mehr als 100 Mrd. Euro. Das Wissenschaftliche Institut FTTB/FTTH-Glasfasernetze hinter den Erwartungen der für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) Politik zurück. Die Deutsche Telekom hatte zunächst an- nennt in seiner aktuellsten Studie eine Größenordnung gekündigt, bis Ende 2011 ein FTTH-Glasfasernetz für von 70 bis 80 Mrd. Euro.109 Die erforderlichen Investitio- 4 Millionen Haushalte zu realisieren. Von diesem Vorha- nen hängen dabei stark von der Bevölkerungs- bzw. An- ben ist das Unternehmen inzwischen abgerückt.108 Nun- schlussdichte ab. Um welch hohe Hürde für die Unter- mehr sollen bis Ende 2011 lediglich 160 000 FTTH-An- nehmen es sich dabei handelt, zeigt der Vergleich mit den schlüsse gebaut werden und bis Ende 2012 zusätzlich bisherigen (Festnetz-)Investitionen der Branche, die bei „einige Hunderttausend“. Relativ stärker engagiert sind etwa 3 Mrd. Euro pro Jahr liegen. Gleichzeitig ist die die infrastrukturorientierten Wettbewerber. Glasfaseraus- Nachfrage nach hochbitratigen Teilnehmeranschlüssen in bau durch Regionalcarrier gibt es in Metropolen wie Köln Deutschland bisher sehr gering, was daraus folgt, dass es (NetCologne), Hamburg (Hansenet) und München (M- bisher nur wenige Anwendungen und Dienste gibt, für die Net) und in eher ländlichen Regionen wie z. B. in hochleistungsfähige Breitbandanschlüsse notwendig sind. Schwerte (Ruhrnet), im Hochsauerlandkreis (Breitband- Vor diesem Hintergrund ist auch die Bereitschaft der End- initiative HSK) oder in Norderstedt (WilhelmTel). Zum kunden, für höhere Bandbreiten auch höhere Anschluss- Teil wird Glasfaser bis in die Gebäude, zum Teil bis in die entgelte zu zahlen, nicht sehr ausgeprägt. Wohnungen der Endnutzer verlegt. Nach Angaben gegen- über der Monopolkommission werden die Mitgliedsun- 147. Um den Aufbau der Netze zu fördern, werden ver- ternehmen des Bundesverbandes Glasfaseranschluss schiedene Maßnahmen vorgeschlagen, durch die sich der (BUGLAS) bis Ende 2011 870 000 FTTB/FTTH-An- Investitionsaufwand verringern lässt. In erster Linie geht schlüsse aufgebaut haben. es dabei um die Mitnutzung vorhandener und geplanter Infrastrukturen. Der größte Kostenblock bei der Verle- gung der Glasfaser ist der Tiefbau (Kosten für Grabungs- und Wiederherstellungsarbeiten), auf den rund 70 Prozent der Gesamtkosten entfallen. Durch die Mitnutzung vor- 107 BNetzA, Stellungnahme gegenüber der Monopolkommission vom handener Infrastrukturen, wie Kabelkanäle und Leer- 10. Oktober 2011, unveröffentlicht. 108 Vgl. René Obermann im Gespräch, „Die Telekom muss so schnell wachsen wie die Volkswirtschaft“, Frankfurter Allgemeine Zeitung 109 Vgl. Neumann, K.-H., Was kostet das Glasfasernetz wirklich?, WIK vom 20. April 2011. Newsletter Nr. 84, September 2011, S. 1–3. Drucksache 17/8246 – 214 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode rohre, können diese Kosten deutlich reduziert werden. und Gasnetzbetreibern als Netzanlagen des (Energie-) Der vorliegende Entwurf für eine TKG-Novelle sieht in Verteilungsbetriebs ansieht. Gehen die Kapazitäten sol- § 77a TKG-E vor, dass die Bundesnetzagentur die Befug- cher Leitungen über den eigentlichen Zweck des Vertei- nis erhalten soll, eine Mitbenutzung von Verkabelungen lungsbetriebs hinaus, was bei Glasfaserleitungen regel- in Gebäuden und Verkabelungen bis zum Konzentrations- mäßig der Fall ist, werden diese gleichwohl als und Verteilpunkt ausserhalb der Gebäude anzuordnen. Netzanlagen des Verteilungsbetriebs anerkannt. Die Die Anordnungsbefugnis richtet sich sowohl gegen Tele- Strom- und Gasnetzentgelte werden dadurch zunächst er- kommunikationsnetzbetreiber als auch gegen die Eigen- höht, später aber wieder gesenkt, wenn mit der Vermark- tümer der Verkabelung. Die Monopolkommission tung der Glasfaserkabel Zusatzeinnahmen zu generieren begrüßt diese Vorschrift. Kostensenkend wirken Maßnah- sind. Aus Sicht der Bundesnetzagentur ergibt sich daraus men, mit denen die Mitverlegung von Leerrohren etwa im keine Umverteilung von (TK-)Netzkosten, sondern ledig- Straßenbau gefördert wird. So verfügt das Land Hessen lich ein Vorfinanzierungseffekt. Die Monopolkommission über ein Leerrohrprogramm, über welches die Mitverle- steht diesen Ansätzen gleichwohl kritisch gegenüber, weil gung im Rahmen des Landesstraßenbauprogramms oder sich dabei eine Quersubventionierung der TK-Netze der kommunaler Straßenbaumaßnahmen ganz oder teilweise Energieversorgungsunternehmen nicht vollständig finanziell gefördert wird. Voraussetzung ist, dass die Stre- vermeiden lässt. Vorzugswürdig wäre es, wenn ein Ener- ckenführung in eine abgestimmte Netzkonzeption passt gieversorger seine Aktivitäten im Bereich der Telekom- und die Leerrohre vermarktbar sind. munikation in einem separaten Unternehmen oder Geschäftsbereich organisiert. Dieses hat den Geschäftsbe- 148. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und reich Energieversorgung für die aufzuschlüsselnden Kos- Stadtentwicklung ist hier deutlich restriktiver. Es lehnt ten der Mitverlegung von TK-Leitungen zu entschädigen. eine obligatorische Mitverlegung von Leerrohren für den Entsprechende Maßstäbe für die Aufschlüsselung der Breitbandausbau entlang der Bundesfernstraßen ebenso nicht direkt zurechenbaren (Grabungs-)Kosten sind zu ab wie eine Mitverlegung in vorhandene oder geplante entwickeln. Die Bundesnetzagentur beabsichtigt, zusam- Kabelschächte.110 Schwierig gestaltet sich auch die Mit- men mit den Landesregulierungsbehörden einen entspre- nutzung der Infrastrukturen der Deutschen Bahn AG. Die chenden Leitfaden zu erstellen. DB Informationstechnik würde ihre Infrastruktur entlang der 33 000 Trassenkilometer zwar gerne vermarkten, soll 150. Um die Finanzierung von Glasfasernetzen zu er- aber nach den Vorstellungen des Verkehrsministeriums leichtern, befürwortet der Bundesverband Breitbandkom- den Bund mit einer Quote von 65 Prozent an den Erträgen munikation die Einrichtung einer dinglichen Sicherung beteiligen. Damit werden die Anreize für die Deutsche von Glasfasernetzen in Form eines „grundbuchähnlichen Bahn, ihre Infrastrukturen für die Mitverlegung von Glas- Sonderrechts“ in einem eigenen Register. Zu denken wäre fasernetzen zu öffnen, deutlich gemindert. Derzeit arbei- etwa an ein Register, das an den Breitbandatlas ange- tet die DB Kommunikationstechnik nach Informationen schlossen wird. Der Gesetzgeber müsste im Telekommu- der Monopolkommission allerdings an einem Pachtmo- nikationsgesetz und im Bürgerlichen Gesetzbuch eine dell, durch das die anreizmindernden Effekte reduziert Regelung schaffen, die die Vorschriften der Grundbuch- werden sollen. ordnung für auf dieses Register anwendbar erklärt. Zwar lässt bereits das geltende Recht grundsätzlich eine insol- 149. Die Verteilung der Kosten bei der Mitverlegung venzfeste Sicherungsübereignung von im Boden verleg- von Glasfaserleitungen in Stromnetz- und Gasleitungs- ten Kabelanlagen zu.112 Der Vorteil eines solchen Regis- räben ist nicht eindeutig geregelt. Die Landesregulie- ters wäre, dass es mehr Sicherheit für die Gläubiger rungsbehörden praktizieren eine Pauschalregelung zur bietet, die sich anhand des Registers jederzeit über die Ei- Kostenverteilung.111 Danach können die nicht direkt zure- gentumsverhältnisse und bestehenden Rechte an den chenbaren Kosten der Mitverlegung von Glasfaserleitun- Glasfasernetzen informieren könnten. Zudem sind gen – insbesondere die Tiefbaukosten – unter bestimmten Grundpfandrechte insolvenzfest, die Gläubiger sind ab- Voraussetzungen in die Kalkulation der Strom- und Gas- sonderungsberechtigt, d. h. sie werden im Rahmen der netzentgelte einfließen. Die Strom- und Gasendkunden Absonderung im eigentlichen Insolvenzverfahren bevor- zahlen auf diese Weise einen Aufschlag, der später in zugt befriedigt. Diesen Vorteilen stehen jedoch erhebliche Form niedrigerer Entgelte für Strom und Gas zurückge- Kosten der Einrichtung und Pflege eines entsprechenden zahlt wird, wenn der Strom- oder Gasnetzbetreiber das Registers gegenüber. Nicht auszuschließen ist ein erhöh- Breitbandkabel vermarktet. Die Bundesnetzagentur ver- ter Arbeitsaufwand für die Registergerichte. Die Mono- fährt ähnlich, indem sie Glasfaserleitungen von Strom-

112 Während bei in öffentlichen Grundstücken aufgrund öffentlicher 110 Vgl. Bericht des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtent- Nutzungsrechte verlegten Leitungen bereits das Eigentum an den wicklung zur gemeinsamen Konferenz der Verkehrs- und Straßen- Leitungen eigenständig erhalten bleibt, § 95 Absatz 1 BGB (vgl. bauabteilungsleiter der Länder am 14./15. September 2011 und zur BGH, Urteil vom 1. Februar 1994, VI ZR 229/92) bzw. eigenständig Verkehrsministerkonferenz am 5./6. Oktober 2011 vom 24. August (sicherungs-)übertragen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 2. De- 2011, TOP 4.7. zember 2005, V ZR 35/05) ist bei in privaten Grundstücken verlegten 111 Positionspapier zur Tiefbaukostenverteilung bei der Mitverlegung Leitungen je nach rechtlicher Konstruktion meistens eine (Siche- von Glasfaserkabeln für den Telekommunikationsbreitbandbetrieb rungs-)Übertragung etwa nach §§ 1090, 1092 Absatz 2, 3 BGB bzw. im Rahmen notwendiger Verlegungen von Strom- und oder Gaslei- 1030, 1059c BGB und damit eine dingliche „Beleihung“ zu Kredit- tungen der Landesregulierungsbehörde Baden-Württemberg. sicherungszwecken möglich. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 215 – Drucksache 17/8246 polkommission hat zudem Zweifel, dass für Banken die 153. Die Europäische Kommission greift das Thema dingliche Sicherung von Glasfasernetzen in einem eige- Netzzugangsentgelte aktuell in einer von zwei öffentli- nen Register für die Finanzierung eine ausschlaggebende chen Konsultationen zum Netzzugang auf.114 Gegenstand Rolle spielt. Vor diesem Hintergrund besteht der Ein- der ersten Konsultation ist der diskriminierungsfreie Zu- druck, dass die Kosten der Einrichtung eines solchen Re- gang alternativer Netzbetreiber zum Netz des Unterneh- gisters dessen Nutzen übersteigen. mens mit beträchtlicher Marktmacht. Die zweite Konsul- tation betrifft die Methode zur Ermittlung der 6.4 Entgeltregulierung als Hemmnis für Netzzugangsentgelte. Die Europäische Kommission er- Glasfaserinvestitionen wägt, auf der Grundlage von Artikel 19 Rahmenrichtlinie Empfehlungen zu einem oder zu beiden Themenberei- 151. Die infrastrukturorientierten alternativen Netzbe- chen zu veröffentlichen, um die nationalen Regulierungs- treiber tragen vor, dass die Regulierung der Entgelte für praktiken zu harmonisieren.115 Im Hinblick auf die Ent- den Zugang zum Teilnehmeranschlussnetz der Deutschen gelte für den entbündelten TAL-Zugang sieht die Telekom anhand der Wiederbeschaffungskosten zu über- Europäische Kommission Handlungsbedarf, da die gro- höhten Vorleistungsentgelten führt, da das Netz faktisch ßen Preisunterschiede innerhalb der Union für diese Leis- abgeschrieben sei und der eingesessene Netzbetreiber die tung (5,21 Euro/Monat in Litauen und 12,41 Euro/Monat Investitionen in das Kupferanschlussnetz wegen der an- in Irland) nicht allein durch nationale Kostenunterschiede stehenden Umrüstung auf Glasfasernetze auf das Not- erklärbar seien. Kostenunterschiede in solcher Höhe ge- wendigste reduziere. Dies entziehe den alternativen Netz- fährden nach Meinung der Europäischen Kommission betreibern finanzielle Ressourcen in einem erheblichen notwendige Investitionen in neue Netze und damit die Umfang, die für Investitionen in eigene Glasfasernetze Breitbandziele der digitalen Agenda sowie die Entwick- fehlen. Zudem hat die Telekom nach dieser Auffassung lung des EU-Binnenmarktes für Telekommunikation und wegen der überhöhten Profitabilität ihres Kupferan- das Entstehen europaweit tätiger Netzbetreiber. In dem schlussnetzes nur geminderte Anreize, in Glasfasernetze Konsultationsdokument werden unterschiedliche Kosten- zu investieren. Dort, wo sie aufgrund der Ausbauaktivitä- ermittlungsmethoden für die Zugangsprodukte sowie die ten der Wettbewerber zu Netzinvestitionen gezwungen Frage danach, welche Anreizeffekte unterschiedlich hohe sei, verfüge sie wegen der überhöhten Vorleistungsent- Kupfer-TAL-Entgelte auf die Glasfaserinvestitionen ha- gelte über zusätzliche finanzielle Ressourcen, die im ben, diskutiert. Es zeichnet sich ab, dass die Europäische Wege der Quersubventionierung wettbewerbsbehindernd Kommission bei der Ermittlung der Entgelte für die Kup- eingesetzt werden können. fer-TAL einen gemischten Ansatz aus historischen Kos- ten und Wiederbeschaffungskosten in Betracht zieht. Da- 152. Die Bundesnetzagentur sieht diese Gefahren nicht. nach werden Netzbestandteile, die nicht mehr erneuert In ihrer Entgeltregulierungsentscheidung geht sie davon werden, etwa Leitungskanäle oder der Kupferdraht, an- aus, dass eine Absenkung der Entgelte für den TAL-Zu- hand historischer Kosten und Assets, die erneuert werden, gang die Liquidität und damit die Investitionskraft der al- gemäß den Wiederbeschaffungskosten bewertet. Letztere ternativen Netzbetreiber nicht stärken würde, da eine wiederum sollten, um Wettbewerbsverzerrungen zu ver- kurzfristig erhöhte Marge wegen des intensiven Wettbe- meiden, auf der Grundlage analytischer Kostenmodelle werbs auf den Endkundenmärkten umgehend in Form (bottom-up) nach dem Kostenstandard der langfristigen von Preissenkungen an die Endkunden weitergegeben Zusatzkosten (Long Run Incremental Costs, LRIC) ermit- würde.113 Niedrigere Endkundenentgelte für herkömmli- telt werden. Für den Fall, dass die Zugangsentgelte für che Breitbandanschlüsse würden danach zudem die mög- die Kupfer-TAL aufgrund einer teilweisen Umstellung lichen Erträge aus hochbitratigen Breitbandanschlüssen der Ermittlungsmethode auf historische Kosten sinken, gefährden, da die Endkunden mangels entsprechender denkt die Europäische Kommission an einen Anpas- Anwendungen gegenwärtig nicht oder nur wenig bereit sungspfad, der gegebenenfalls an glaubwürdige Zusagen seien, für höhere Bandbreiten deutlich mehr zu zahlen als für Glasfaserinvestitionen gekoppelt werden könnte. Da- für Anschlüsse mit geringeren Übertragungsgeschwindig- nach fiele die Absenkung der Kupfer-TAL-Entgelte am keiten. Zudem drohe bei einer Absenkung der Entgelte stärksten aus, wenn das regulierte Unternehmen nicht in für die KVz-TAL eine Verzerrung des Wettbewerbs zwi- neue Netze investiert. Zudem könne daran gedacht wer- schen den alternativen Netzbetreibern mit unterschiedli- den, diejenigen Unternehmen, die nicht in neue Netze in- chen Geschäftsmodellen. Von einer Absenkung der KVz- TAL-Entgelte würden danach diejenigen Anbieter profi- tieren, die in FTTC-Netze, d. h. in Glasfaserleitungen 114 EU-Kommission, Digitale Agenda: Öffentliche Konsultationen über zwischen Hauptverteiler und Kabelverzweiger, investie- den Zugang zu Telekom-Netzen, Pressemitteilung vom 3. Oktober 2011, IP/11/1147. ren, während Netzbetreiber, die Glasfaser bis in die Häu- 115 Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ser oder in die Wohnung des Endnutzers legen (FTTB/ vom 25. November 2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/21/EG FTTH) dadurch nicht entlastet würden. Daraus wiederum über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommuni- ergäben sich stärkere Investitionsanreize für den FTTC- kationsnetze und -dienste, der Richtlinie 2002/19/EG über den Zu- gang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Ausbau als für den FTTB/FTTH-Ausbau. Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung und der Richtlinie 2002/20/EG über die Genehmigung elektronischer Kommunikations- netze und -dienste, ABl. EU Nr. L 337 vom 18. Dezember 2009, 113 Vgl. BNetzA, Beschluss vom 16. Februar 2011, BK 3c-11/003, S. 38 f. S. 37. Drucksache 17/8246 – 216 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode vestieren, nach dem strikteren Kostenstandard der kurz- land mit hoher Wahrscheinlichkeit sinken.118 Dies wird fristigen inkrementellen Zusatzkosten, d. h. ohne die Folgen für die Investitionsreize haben. Während die An- Berücksichtigung von fixen Kosten, zu regulieren. Dies reize des etablierten Anbieters, in neue Netze zu investie- würde die Opportunitätskosten des regulierten Unterneh- ren, wegen der sinkenden Profitabilität des alten Kupfer- mens für das Nichtinvestieren in neue Netze erhöhen. kabelnetzes ansteigen, nehmen die Investitionsanreize der alternativen Netzbetreiber ab, da es für sie relativ günsti- 154. Die Monopolkommission hat bereits in ihrem letz- ger wird, das Netz des Incumbent zu nutzen, statt in ei- ten Sondergutachten darauf hingewiesen, dass der Rück- gene Netze zu investieren. Profitieren werden die Ver- griff auf Wiederbeschaffungskosten bei der Ermittlung braucher, wenn der Preis für Breitbandanschlüsse, die auf der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung der der Grundlage der Kupfer-TAL errichtet werden, sinkt. Teilnehmeranschlussleitung aus ökonomischer Sicht ge- Die Anbieter hochbitratiger Breitbandanschlüsse könnten rechtfertigt ist, weil dadurch Entgelte simuliert werden, in der Folge ebenfalls zu Preissenkungen gezwungen die sich bei funktionsfähigem Wettbewerb ergeben wür- sein, weil die Verbraucher derzeit nur geringe Preisunter- den.116 Allerdings steht die Angemessenheit der alleini- schiede akzeptieren. Darunter wiederum könnten die In- gen Verwendung von Wiederbeschaffungskosten beim vestitionen in neue Netze leiden. Um Wettbewerbsverzer- Übergang von einem alten auf ein neues Netz infrage, rungen und negative Anreizeffekte zu vermeiden, sollte weil die Investitionen in das überkommene (Kupfer-)Netz eine gegebenenfalls notwendige drastische Absenkung auf ein Mindestmaß reduziert werden, wenn dieses in der Kupfer-TAL-Entgelte über einen zeitlichen Anpas- kurzer Perspektive – ganz oder teilweise – durch ein sungspfad erfolgen. Die von der Europäischen Kommis- neues Glasfasernetz ersetzt werden soll. Unterstellt wird, sion in die Diskussion gebrachte Koppelung des Anpas- dass der Netzinhaber in diesem Fall keine Mittel mehr für sungspfades an das Investitionsverhalten des regulierten die Modernisierung des Netzes aufbringt. Das abge- Unternehmens könnte nach Auffassung der Monopol- schriebene (Kupfer-)Netz wird hochprofitabel mit der kommission den etablierten Netzbetreiber dazu veranlas- Folge, dass Anreize für das eingesessene Unternehmen sen, mehr in neue Netze zu investieren. Fraglich ist, ob bestehen, das alte Netz länger als notwendig zu nutzen eine solche Koppelung rechtlich zulässig wäre. und Investitionen in neue Netze zu verzögern. Nach Auf- fassung der Monopolkommission folgt daraus allerdings 6.5 Die Rolle der Kabelnetzbetreiber nicht, dass die Kosten der effizienten Leistungsbereitstel- lung ganz oder teilweise auf der Grundlage historischer 156. Mit dem TV-Kabelnetz steht in Deutschland, wie Kosten zu ermitteln sind. Dies gilt sowohl für die Netzbe- in anderen Ländern auch, eine zweite Festnetzinfrastruk- standteile, die erneuert werden, als auch für diejenigen, tur zur Verfügung, über die hochbitratige Breitbandan- die nicht erneuert werden. Eine Abkehr von den Wieder- schlüsse realisiert werden können. Mit dem Übertra- beschaffungskosten hieße, die Fiktion eines Als-ob-Wett- gungsstandard DOCSIS 3.0 können Übertragungsraten bewerbspreises als Ziel der Entgeltregulierung aufzuge- von 100 Mbit/s und mehr erreicht werden. Die TV-Kabel- ben. Abzugehen ist vielmehr von der Praxis, die Kosten netze sind in Deutschland nicht flächendeckend ausge- der effizienten Leistungsbereitstellung allein auf der legt, sondern erreichen 19,3 Millionen Haushalte.119 Die Grundlage der Wiederbeschaffungskosten des bestehen- Erfolge der Kabelnetzbetreiber bei der Vermarktung von den (Kupferkabel-)Netzes zu ermitteln. Steht,wie in der Breitbandzugängen haben in den vergangenen Jahren gegenwärtigen Situation, ein Umbruch bei der Netztech- deutlich zugenommen. Bis Ende des zweiten Quartals nologie an, würde ein effizientes Unternehmen auf einem 2011 wurden in deutschen Kabelnetzen 3,4 Millionen hypothetischen Wettbewerbsmarkt nicht mehr in das alte Breitbandanschlüsse realisiert.120 Der Anteil des Kabel- Netz investieren, sondern unmittelbar das moderne, gege- netzes am Neukundengeschäft, d. h. an den Zuwächsen benenfalls kostengünstigere Netz errichten. Die Glasfa- an Breitbandkunden, steigt kontinuierlich an und lag ser-TAL wäre in diesem Sinne ein „modern equivalent as- Ende des ersten Halbjahres 2011 bei 50 Prozent.121 set“ für die Kupfer-TAL. Für die Ermittlung der Kosten 157. Nach Angaben der Netzbetreiber soll die Aufrüs- der effizienten Leistungsbereitstellung bedeutet dies, dass tung der Kabelnetze mit DOCSIS 3.0 im Jahr 2012 abge- die gegebenenfalls geringeren Kosten der Glasfaser-TAL schlossen sein. Damit werden in Deutschland dann knapp eine Obergrenze für die Wiederbeschaffungskosten der zwei Drittel aller Haushalte eine Zugangsmöglichkeit zu Kupfer-TAL darstellen. Breitbandanschlüssen von 100 Mbit/s haben. Das (Zwi- schen-)Ziel der Breitbandstrategie der Bundesregierung, 155. Streitig ist, ob die ausschließliche Berücksichti- bis 2014 75 Prozent der Haushalte mit Bandbreiten von gung von Wiederbeschaffungskosten mit dem geltenden Recht vereinbar ist.117 Ist das nicht der Fall, kann die bis- herige Praxis der Bundesnetzagentur, die TAL-Entgelte 118 Eine im Auftrag des Breko erstellte Studie geht davon aus, dass ge- auf der alleinigen Grundlage von Wiederbeschaffungs- mäß historischer Kosten ermittelte TAL-Entgelte bei maximal kosten zu bewerten, ohnehin nicht aufrechterhalten wer- 6,94 Euro/Monat für den TAL-Zugang am Hauptverteiler und maxi- mal 4,24 Euro/Monat für den Zugang am Kabelverzweiger liegen; den. In der Folge werden die TAL-Entgelte in Deutsch- vgl. Gerpott, J./Winzer, P., a. a. O., S. 3. 119 Vgl. ANGA, Verband deutscher Kabelnetzbetreiber e. V., Das deut- sche Breitbandkabel, Fakten und Perspektiven 2011, S. 10. 116 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 56, a. a. O., Tz. 119 ff. 120 Angaben der Bundesnetzagentur gegenüber der Monopolkommission. 117 Vgl. Abschnitt 4.2.3. 121 Angaben der Bundesnetzagentur gegenüber der Monopolkommission. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217 – Drucksache 17/8246

50 Mbit/s zu versorgen, wird damit allein schon durch die trittshürde. Außerdem entsteht eine Sogwirkung, da Ausbauaktivitäten der Kabelnetzbetreiber zu einem gro- Kabelnetzbetreiber ihren Kunden die zusätzlichen Te- ßen Teil erreicht. lekommunikationsdienste, häufig im Rahmen von Bündelprodukten, zu besonders günstigen Preisen an- 158. Welche Effekte haben die Aktivitäten der Kabel- bieten können. Wettbewerbsverzerrende Effekte sind netzbetreiber auf den Ausbau der Glasfasernetze? Der insbesondere bei Triple-Play-Angeboten (TV, Internet, wichtigste Effekt ist der von den Kabelnetzbetreibern Telefonie) zu erwarten. ausgehende Wettbewerbsdruck auf die TK-Unternehmen. Kabelnetzbetreiber sind wichtige Konkurrenten der Tele- 159. Um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Ka- kommunikationsnetzbetreiber im Wettbewerb um Breit- belnetz- und den TK-Netzbetreibern abzubauen, schlägt bandkunden. Die Erfolge der Kabelnetzbetreiber bei der die Monopolkommission vor, das Nebenkostenprivileg Vermarktung von Breitbandanschlüssen sind ein wesent- der Kabelnetzbetreiber abzuschaffen. Dazu sollte § 2 licher Treiber für die Glasfaserinvestitionen der Telekom- Nummer 15b Betriebskostenverordnung gestrichen wer- munikationsnetzbetreiber. Kabelnetze verfügen allerdings den. Damit entfällt die Möglichkeit, die Entgelte für Ka- auch über strukturelle Vorteile gegenüber dem Glasfaser- belanschlüsse über die Nebenkostenabrechnung abzu- kabel, die den Wettbewerb mit den TK-Unternehmen ge- rechnen. gebenenfalls verzerren können. 160. Zudem sollten die Kabelnetze für den diskriminie- – Kabelnetze können vergleichsweise kostengünstig rungsfreien Zugang anderer Anbieter gegen ein angemes- aufgerüstet werden, da keine Neuverkabelung, Tief- senes Entgelt geöffnet werden. Dafür spricht bereits, dass bau oder sonstige Bauarbeiten notwendig sind. Zudem die Ausbauaktivitäten der Kabelnetzbetreiber den Aufbau kann die Aufrüstung der Kabelnetze sukzessive gemäß von FTTB/FTTH-Infrastrukturen zum Teil überflüssig der zunehmenden Nachfrage nach Breitbandanschlüs- machen. Außerhalb von Ballungsgebieten dürfte es sen erfolgen, während die Glasfaserleitungen zunächst volkswirtschaftlich ineffizient sein, zwei parallele Breit- mit hohen Fixkosten ausgebaut werden müssen, um bandfestnetzinfrastrukturen aufzubauen. Die TK-Netzbe- sie anschließend zu vermarkten. Eine Folge dieses treiber könnten sich mit ihren Ausbauaktivitäten auf Ge- Kostenunterschieds ist, dass Kabelnetzbetreiber be- biete konzentrieren, die nicht mit Kabelnetzen versorgt sonders preisflexibel sind und nahezu jedes Endkun- sind und auf Ballungsräume, in denen sich der parallele denentgelt der Telekommunikationsnetzbetreiber un- Aufbau von Breitbandnetzen rechnet. Ein solcher Netzzu- terbieten können. Die hohe Preisflexibilität der gang kann gegenwärtig nicht regulatorisch vorgegeben Kabelnetzbetreiber erschwert den Aufbau von TK- werden, da die Kabelnetzbetreiber keiner Regulierung Breitbandnetzen, weil sie die Margen der Glasfaser- unterliegen. Notwendig wäre die freiwillige Öffnung der Anbieter gefährdet. Hinzu kommt, dass die Deutsche Netze, im Rahmen einer Open-Access-Strategie, wie sie Telekom ihrerseits den Nachteil hat, nur sehr einge- bereits von den TK-Netzbetreibern verfolgt wird. Der schränkt preisflexibel zu sein. Zwar wird das Unter- Monopolkommission wurde von verschiedenen Seiten nehmen auf den Endkundenmärkten für Breitbandan- versichert, dass das Argument, Kabelnetze seien für den schlüsse nicht reguliert, es muss aber zu der Netzzugang technisch nicht geeignet, so nicht aufrechter- (nachträglich) regulierten Glasfaser-TAL bestimmte halten werden kann. Mindestens ein Bitstrom-Layer-3- Preisabstände einhalten. Damit hat der etablierte An- Zugangsprodukt sollte technisch realisierbar sein. bieter nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, auf die unterschiedliche Zahlungsbereitschaft der Endkunden, 6.6 Universaldienst etwa mit Preissenkungen oder gar einer Penetration- Pricing-Strategie, zu reagieren. 161. Im Zuge der Diskussion um die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes wird unter anderem gefor- – Darüber hinaus haben Kabelnetzbetreiber Wettbe- dert, eine dauerhafte Unterversorgung ländlicher Räume werbsvorteile bei der Versorgung von Mehrfamilien- mit hochleistungsfähigen Breitbandnetzen (digitale Kluft) häusern. Die Wohnungswirtschaft und andere Immo- dadurch zu vermeiden, dass ein (Breitband-)Universal- bilieneigentümer schließen mit Kabelnetzbetreibern dienst eingeführt wird. In einem Positionspapier der Gestattungsverträge ab, mit denen sich die Gestat- CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag war von ei- tungsnehmer verpflichten, die Mieter mit Fernseh- ner Bandbreitenvorgabe von 16 Mbit/s ab dem 1. Januar und Rundfunksignalen zu versorgen. Zunehmend wird 2012 die Rede, die ab dem 1. Januar 2016 auf 50 Mbit/s dabei seitens der Wohnungswirtschaft zusätzlich die erhöht werden sollte. Die SPD-Fraktion nennt Bandbrei- Versorgung mit Telekommunikationsdiensten – Inter- ten von 2 bis 6 Mbit/s. Die Grünen und die Partei Die net und Telefonie – verlangt. Der Kabelanschluss und Linke fordern einen Universaldienst mit einer Übertra- die Lieferung der Rundfunksignale wird in aller Regel gungsrate von 6 Mbit/s. Einen modifizierten Universal- im Rahmen der Mietnebenkosten abgerechnet (Neben- dienstansatz schlug das Wissenschaftliche Institut für In- kostenprivileg). Auch wenn diese Form der Abrech- frastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) vor.122 nung nicht für die Zusatzdienste gilt, gehen davon Danach sollte jeder feste und mobile Teilnehmeran- Wettbewerbsverzerrungen aus. Will z. B. ein Mieter das IPTV-Angebot eines TK-Anbieters nutzen, muss er den Kabelanschluss häufig weiter bezahlen. Das 122 Vgl. Neumann, K.H., Das flächendeckende Glasfasernetz für 1 Euro, Nebenkostenprivileg wirkt damit wie eine Marktzu- WIK Newsletter, Nr. 81, Dezember 2010, S. 1–3. Drucksache 17/8246 – 218 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode schluss mit einer Abgabe von 1 Euro pro Monat belastet samtumsatzes auf diesem Markt verfügen. Gegenwärtig werden. Ein aus dieser Abgabe gespeister Fonds könnte sind in Deutschland keine Universaldienstverpflichtun- den Glasfaserausbau in Regionen subventionieren, in de- gen auferlegt. Die in § 78 Absatz 2 TKG genannten Uni- nen der Ausbau nicht wirtschaftlich ist. versaldienstleistungen werden gegenwärtig von der Deut- schen Telekom freiwillig erbracht. Beabsichtigt diese, 162. Die europäische Rechtsgrundlage für die Festle- Universaldienstleistungen einzuschränken, muss dies der gung von Universaldienstleistungen ist die Universal- Bundesnetzagentur ein Jahr zuvor mitgeteilt werden. dienstrichtlinie, die aus dem Jahr 2002 stammt und zu- letzt im Jahr 2009 geändert wurde.123 Danach kann ein 164. Die Monopolkommission lehnt die Verankerung Universaldienst verfügt werden, wenn der Markt die Be- eines Breitbanduniversaldienstes mit Vorgaben zu be- dürfnisse der Endnutzer nicht ausreichend erfüllt. Die stimmten Übertragungsraten im Telekommunikationsge- Mitgliedstaaten haben dafür Sorge zu tragen, dass die in setz ab. Dagegen sprechen die damit verbundenen negati- der Universaldienstrichtlinie aufgeführten elektronischen ven Investitionsanreize, die wettbewerbsverzerrenden Kommunikationsdienste allen Nutzern in ihrem Gebiet Wirkungen und die mit einem Universaldienst verbunde- auf Antrag unabhängig von ihrem Standort in der festge- nen hohen Kosten. legten Qualität zu erschwinglichen Preisen an einem fes- – Universaldienstverpflichtungen mindern die Anreize ten Standort zur Verfügung stehen. Gemäß Artikel 4 Ab- für Unternehmen, in Breitbandnetze zu investieren, satz 2 RL 2002/22/EG muss der bereitgestellte Anschluss und verzögern den Netzausbau. Die Unternehmen Datenkommunikation mit Übertragungsraten ermögli- werden wegen der mit einem Universaldienst verbun- chen, die für einen funktionalen Internetzugang ausrei- denen Möglichkeit, Subventionen für den Netzausbau chen. Zu berücksichtigen sind dabei die von der Mehrzahl zu erhalten, zunächst abwarten, ob in einer Region der Teilnehmer vorherrschend verwendeten Technologien Universaldienstleistungen ausgeschrieben werden. und die technische Durchführbarkeit. Die Mitgliedstaaten Zeitverzögerungen ergeben sich zudem, weil ein Uni- können Übertragungsraten gemäß den besonderen Bedin- versaldienst nicht sofort Wirkungen entfalten würde, gungen in den nationalen Märkten festlegen. Um mögli- sondern zunächst implementiert und umgesetzt wer- che Marktverzerrungen eines Universaldienstes zu mini- den müsste. Allein die Umsetzung, die mit einer Be- mieren, darf es sich dabei nur um Bandbreiten handeln, darfsermittlung beginnt, regionale Ausschreibungen die von der überwiegenden Mehrheit der Nutzer verwen- erfordert sowie die Klärung von Finanzierungsfragen det werden.124 Eine „überwiegende Mehrheit“ besteht notwendig macht, würde den Netzausbau um Monate, nach Auffassung des Communications Committee der wenn nicht um Jahre, verzögern. Europäischen Kommission (CoCom) aus mindestens 80 Prozent der Nutzer.125 Für Deutschland bedeutet dies, – Universaldienstverpflichtungen verzerren den Wettbe- dass ein Universaldienst aus unionsrechtlicher Sicht ma- werb zwischen den Unternehmen und zwischen den ximal Bandbreiten von 2 bis 6 Mbit/s vorschreiben Technologien. Je nachdem, welche Übertragungsraten könnte. vorgeschrieben werden, würden bereits geplante und getätigte Investitionen, die diese Übertragungsraten 163. Das Telekommunikationsgesetz regelt den Univer- nicht erreichen, entwertet. Relevant ist dies vor allem saldienst in den §§ 78 ff. Danach können Unternehmen im Hinblick auf die Entwertung der LTE-Investitionen verpflichtet werden, Universaldienste zu erbringen, falls der Mobilfunknetzbetreiber in den sog. weißen Fle- dies nicht über den Markt geschieht. Können Universal- cken. Drei der vier deutschen Mobilfunknetzbetreiber dienste nicht kostendeckend angeboten werden, schreibt haben im Zusammenhang mit der Ersteigerung von die Bundesnetzagentur den Universaldienst aus. Den 800-MHz-Frequenzen aus der digitalen Dividende Auftrag erhält das Unternehmen, welches den geringsten Ausbauverpflichtungen in bisher nicht mit Breitband Finanzierungsbeitrag erwartet. Die Finanzierung der Zu- versorgte Gebiete einzuhalten. Würde eine Universal- schüsse erfolgt über eine Universaldienstabgabe, die sich dienstverpflichtung die durch mobile Breitbandkom- aus den Beiträgen der Unternehmen auf dem relevanten munikation erreichbaren Übertragungsgeschwindig- Markt speist, die über mindestens 4 Prozent des Ge- keiten übersteigen, müsste die gerade installierte Technik überbaut werden. Die Investitionen der Mo- 123 Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates bilfunknetzbetreiber würden entwertet. Würde ein vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei Universaldienst dagegen Übertragungsraten vorgeben, elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten Universal- die durch mobile Breitbandkommunikation erreicht dienstrichtlinie, ABl. EG Nr. L 108 vom 24. April 2002, S, 51; geän- werden, wäre er sinnlos, da er durch die Versorgungs- dert durch die Richtlinie 2009/136/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 zur Änderung der Richtlinie auflagen der Mobilfunknetzbetreiber bereits weitge- 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektro- hend erfüllt ist. nischen Kommunikationsnetzen und -diensten, der Richtlinie 2002/ 58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den – Die bisherigen Vorschläge für die Einführung eines Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation und Universaldienstes gehen von einer Finanzierung über der Verordnung (EG) 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Ver- den Markt aus. Alle TK-Diensteanbieter mit einem be- braucherschutz, ABl. EU Nr. L 337 vom 18. Dezember 2009, S. 11. stimmten Anteil am Gesamtumsatz der Branche leis- 124 Vgl. Richtlinie 2009/136/EG, Erwägungsgrund 5. 125 Communications Committee, Working Document, Implementation ten Abgaben, mit denen ein Universaldienstfonds zu of the revised Universal Service Directive: internet-related aspects of speisen wäre, aus dem die Subventionen gezahlt wür- Art. 4, CoCom10-31 final, 10. Januar 2011. den. Es ist nicht auszuschließen, dass solche Abgaben Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 219 – Drucksache 17/8246

die Leistungsfähigkeit kleiner und mittlerer TK-Unter- auf einer gründlichen ökonomischen Analyse basieren. In nehmen übersteigen würden und es zu Marktaustritten diesem Kapitel soll der ökonomische Kern des Themas käme bzw. dass die Universaldienstabgaben ein Netzneutralität daher analysiert werden. Marktzutrittshemmnis darstellten. Sollen Universal- dienstabgaben, wie vom WIK vorgeschlagen, von den 7.1.1 Das Internet aus technischer Sicht Nutzern geleistet werden, steigen die Preise für die be- troffenen Telekommunikationsleistungen, in diesem 167. Das Internet ist aus technischer Sicht der global Fall die für feste und mobile Anschlüsse. Dies hätte bedeutendste Verbund von Computernetzwerken. Es be- negative Nachfrageeffekte. Da der Großteil der betrof- steht aus vielen verschiedenen Computernetzwerken, die fenen Anschlüsse Mobilfunkanschlüsse sind, würde heterogen, verschiedenartig miteinander verknüpft und insbesondere die Nachfrage nach Mobilfunkanschlüs- räumlich getrennt sind. Ein Netzwerk ist in diesem Zu- sen tangiert. sammenhang eine Infrastruktur, die Endgeräten die Kom- munikation, den Datenaustausch und die Nutzung ge- – Eine Universaldienstverpflichtung würde den Ausbau meinsamer Ressourcen transparent ermöglicht. Dabei ist der Breitbandnetze in Deutschland erheblich verteu- Transparenz so zu verstehen, dass der Endnutzer sich ern. Der Netzausbau würde nicht mehr ökonomisch nicht darum kümmern muss, mithilfe welcher Verfahren, effizient, sondern nach politischen Vorgaben erfolgen. Geräte und Medien die Informationen transportiert wer- Die Konsequenz wäre, dass ein weniger leistungsfähi- den müssen. Dies wird durch die Definition und Imple- ges, dafür aber teureres Breitbandnetz entstünde. Zu- mentierung von gemeinsamen Diensten und den dazuge- dem würde der Aufbau eines Universaldienstfonds, hörigen Protokollen ermöglicht. Der Terminus Protokoll die Ermittlung und Einziehung der Abgaben, die Or- beschreibt in diesem Zusammenhang Vereinbarungen, die ganisation und Durchführung von Ausschreibungen das Format und die Interpretation von Nachrichten, die sowie die Vergabe der Aufträge hohe Bürokratiekos- die beteiligten Computer untereinander transferieren, spe- ten mit sich bringen. zifiziert. Neben der eigentlichen Aufgabe von Netzen, die 165. Nach Auffassung der Monopolkommission muss Kommunikation zwischen verschiedenen Rechnern zu er- der Aufbau der Breitbandnetze weiterhin marktgetrieben möglichen, bieten Netze zusätzliche Vorteile, die sich vor erfolgen. Dort, wo Lücken in der Grundversorgung ver- allem im Teilen von Ressourcen sowie im Schaffen er- bleiben, ist statt der Einführung eines Universaldienstes höhter Zuverlässigkeit und in der Erweiterung der allge- 127 eine mit den unionsrechtlichen Beihilferegelungen ver- meinen Leistungsfähigkeit manifestieren. einbare Subventionierung des Breitbandausbaus vorzu- 168. Die zentralen Leistungscharakteristika eines Com- ziehen. Dabei ist darauf zu achten, dass private Initiative puternetzes werden durch folgende Variablen beschrie- und private Investitionen nicht verdrängt werden. ben: – Die Verzögerung wird in Sekunden gemessen und 7. Netzneutralität zeigt an, wie lange es dauert, bis ein Datenbit von ei- 7.1 Einführung nem Knotenrechner zum anderen gelangt. Je stärker der Verkehr in einem Computernetz ansteigt, umso 166. Das Thema Netzneutralität hat in den letzten Jah- größer werden die Verzögerungen. ren in den Vereinigten Staaten und in Europa viel Auf- merksamkeit erregt. Einer der Gründe für die intensiv ge- – Die maximale Übertragungsrate (auch Bandbreite führte Debatte liegt darin, dass der Begriff Netzneutralität oder Durchsatz genannt) gibt an, welche Datenmenge diffus verwendet wird und dazu mit starken normativen in einer bestimmten Zeit maximal übertragen werden Konnotationen verbunden ist. Dies erschwert eine sachli- kann. Sie wird in Bit/s gemessen. Vom Breitband che Auseinandersetzung mit dem Thema. Der im Jahr spricht man typischerweise bei Bandbreiten größer als 2009 überarbeitete europäische Rechtsrahmen für die Te- 2 MBit/s. lekommunikation propagiert Netzneutralität als politi- – Die effektive Übertragungsrate gibt an, welche Daten- sches Ziel der Regulierung.126 Das nationale Recht ist mengen in einer bestimmten Zeit tatsächlich übertra- anzupassen. Mit der Novelle des Telekommunikationsge- gen werden. Sie wird ebenfalls in Bit/s gemessen. setzes soll dies geschehen. Darüber hinaus gibt es Forde- rungen, konkrete Regelungen zur Netzneutralität im Tele- – Die Latenzzeit gibt in Millisekunden die Zeit an, die kommunikationsgesetz zu verankern. Dabei besteht die erforderlich ist, um ein angefordertes Datenpaket zu Gefahr, dass Entscheidungen getroffen werden, die nicht erhalten. Die Latenzzeit ist also ein Maß für die Reak- tionsgeschwindigkeit der Verbindung, die bei gewis- sen Diensten, wie z. B. bei Onlinespielen, eine heraus- 126 Vgl. Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des ragende Rolle spielt. Rates vom 25. November 2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/21/ EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kom- 169. Bei den Vermittlungsverfahren im Internet wird munikationsnetze und -dienste, der Richtlinie 2002/19/EG über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen zwischen Leitungsvermittlung und Paketvermittlung dif- Einrichtungen sowie deren Zusammenschafltung und der Richtlinie 2002/20/EG über die Genehmigung elektronischer Kommunikations- netze und -dienste, ABl. EU Nr. L 337 vom 18. Dezember 2009, 127 Zu technischen Einzelheiten über Computernetzwerke vgl. Schreiner, R., S. 37, S. 69. Computernetzwerke, 2. Aufl., München 2007. Drucksache 17/8246 – 220 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode ferenziert. Bei der Leitungsvermittlung („circuit swit- Wenn ein ISP Daten über einen zweiten ISP mit dritten ching“) existiert für die gesamte Dauer der Übertragung ISP austauscht, spricht man von Transit. Dieser ist in der eine physikalische Verbindung. Dieses Verfahren kommt Regel kostenpflichtig, während Peering – zumindest zwi- unter anderem. im analogen Telefonnetz, aber auch bei schen ISP mit ungefähr gleich großem gegenseitigem Da- ISDN (Integrated Services Digital Network) zum Einsatz. tenaufkommen – nicht in Rechnung gestellt wird („bill- Im Gegensatz dazu wird bei der Paketvermittlung („pa- and-keep peering“, ansonsten spricht man von „paid pee- cket switching“) nur eine virtuelle physikalische Verbin- ring“). Manche CAP, wie z. B. Google und Facebook, dung aufgebaut. Datenströme werden in genormte Pakete sind vertikal integriert und können selbst als ISP fungie- zerlegt. Diese werden dann auf vorher nicht spezifizierten ren. Man spricht in diesem Zusammenhang von „autono- Wegen von Knoten zu Knoten mit Zwischenspeicherung men Systemen“.129 zum Ziel übertragen. Jedes Paket, auch Datagramm ge- 173. Wichtig ist in diesem Kontext die Feststellung, nannt, besitzt eine Identifikationsnummer, Informationen dass das Internet nicht im Hinblick auf einen konkreten über Absender und Empfänger und gegebenenfalls wei- Dienst konzipiert und optimiert wurde; es ermöglicht tere Informationen. Beim Empfänger werden die Pakete prinzipiell eine Vielzahl von Anwendungen und Diens- entsprechend ihrer Identifikationsnummer wieder in ihre ten. Dies bedeutet, dass die technische Infrastruktur von adäquate Reihenfolge gebracht. Eventuell „verloren ge- den konkreten Diensten und Anwendungen auf späteren gangene“ Pakete werden automatisch noch einmal ange- Westschöpfungsstufen sachlich getrennt ist – das Netz ist fordert. Durch die Paketvermittlung entfällt die Notwen- in dieser Hinsicht „neutral“. Die „Intelligenz“ ist über- digkeit einer kontinuierlichen Verbindung zwischen zwei wiegend in den Endpunkten des Netzes zu finden („end- verschiedenen Punkten in einem Netzwerk(verbund), wo- to-end principle“). Zudem wird beim Datenverkehr nicht durch es enorm an Effizienz – insbesondere in Form einer zwischen verschiedenen Nutzerkategorien unterschie- Latenzzeitverkürzung – und Robustheit gewinnt. den. Insbesondere werden Endnutzer und CAP im Grund- satz symmetrisch behandelt. 170. Computernetzwerke verlangen nach einem Netz- werkmanagement. Darunter ist allgemein die Koordina- tion der beteiligten Hard- und Softwarekomponenten zu 7.1.2 Das Internet aus ökonomischer Sicht verstehen. Das Netzwerkmanagement beinhaltet mehrere 174. Die Informations- und Kommunikationstechnolo- Aspekte, insbesondere die diskretionäre Priorisierung gien – und dabei insbesondere das Internet – gehören aus einzelner Datenpakete. Für Fragen der Netzneutralität ökonomischer Sicht zur Kategorie der „Mehrzwecktech- spielt insbesondere das Leistungsmanagement eine wich- nologien“ („general purpose technologies“), wie etwa tige Rolle. Dabei geht es um die richtige Messung, Ana- auch Elektrizität als prominentestes und vermutlich einzi- lyse und Verbesserung („tuning“) der Netzleistung. Durch ges vergleichbares Beispiel. Derartige Technologien fal- adäquate Konfiguration der beteiligten Netzkomponenten len durch ihre Ubiquität im Einsatz auf. und der eingesetzten Software kann die Leistungsfähig- keit – insbesondere die effektiven Übertragungsraten – 175. Mehrzwecktechnologien zeichnen sich generell sowie die Sicherheit eines Computernetzwerkes wesent- durch die folgenden Eigenschaften aus: (1) Sie stellen die lich gesteigert werden. technologische Basis für eine breite Palette von tatsächli- chen oder potenziellen Produkten oder Produktionsver- 171. CAP (Content- und Applicationprovider), wie z. B. fahren dar („pervasiveness“), (2) sie weisen selbst ein si- Google und Facebook, und Endnutzer, die zumeist durch gnifikantes Innovationspotenzial auf („improvement“), DSL (Digital Subscriber Line) oder Kabelmodems an das zeichnen sich also selbst durch Prozess- und Produktinno- Internet angeschlossen sind, nutzen das Internet auf der vationen aus, und (3) es gibt positive Wechselwirkungen Grundlage von Verträgen mit ISP (Internet-Service-Pro- mit bzw. zwischen ihren Anwendungen („innovation vidern). In Deutschland verfügen über zwei Drittel der spawning“). Diese Eigenschaften charakterisieren aber Haushalte über einen Breitbandanschluss. Davon entfal- viele Technologien in einem gewissen Ausmaß, sodass len 86 Prozent auf DSL-Anschlüsse.128 sie nur zur groben Orientierung dienen können.130 172. Kleinere CAP zahlen häufig nur eine Flatrate, 176. Der Haupteffekt des Internets aus ökonomischer während größere CAP komplexere Vertragskonstruktio- Sicht besteht in einer drastischen Reduktion der Kosten nen mit ISP eingehen, die auch volumenabhängige Kom- von ein- und mehrseitigen Datentransmissionen – und da- ponenten beinhalten. Die ISP lassen sich nach ihrer mit von Transaktionskosten. Durch die zunehmende Ar- Größe in drei Kategorien einteilen: Tier-3 sind kleine beitsteilung und Spezialisierung in modernen Ökonomien bzw. lokale Provider, Tier-2 sind Betreiber von größeren, spielen Transaktionskosten eine immer größere Rolle; sie meist überregionalen Netzwerken und Tier-1 sind Betrei- sind für einen signifikanten Teil des Bruttoinlandspro- ber von globalen Backbones. Zwischen den verschiede- dukts entwickelter Volkswirtschaften verantwortlich. Die nen Kategorien von ISP gibt es verschiedene Vertrags- konstruktionen („peering/transit-agreements“), die auch Zahlungen beinhalten. Der Begriff Peering umfasst den 129 Vgl. Economides, N., The Economics of the Internet Backbone, in: gegenseitigen Datenaustausch zwischen ISP, dessen Majumdar, S. K./Vogelsang. I./Cave, M. (Hrsg.), Handbook of Tele- communications Economics, Vol. 2, Amsterdam u. a. 2005, Quelle und Ziel jeweils in den beiden Netzen liegen. S. 379–382. 130 Vgl. Bresnahan, T.F/Trajtenberg, M., General purpose technologies 'Engines of growth’?, Journal of Econometrics, 65(1), 1995, 128 Vgl. Tz. 11, 13. S. 83–108. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 221 – Drucksache 17/8246

Reduzierung der Transaktionskosten hat daher sehr viele matik. Mittlerweile existiert eine Vielzahl von Gesetzen, Sachgüter- und Dienstleistungsmärkte fundamental und Regelwerken und Institutionen auf nationaler und interna- nachhaltig verändert. So werden beispielsweise geografi- tionaler Ebene, die sich mit dem Internet in seinen ver- sche Parameter für weltweite Transaktionen zunehmend schiedenen Facetten befassen. Dadurch entsteht die Ge- unbedeutender. Die sichtbarsten Veränderungen manifes- fahr einer „Lähmung“, die per se nicht negativ wäre, tieren sich im dem Umstand, dass viele neue Unterneh- wenn die Anforderungen und Erwartungen an das Inter- men von globaler Bedeutung entstanden sind, deren Ge- net nicht so rapide wachsen würden. schäftsmodelle exklusiv auf dem Internet basieren. In diesem Zusammenhang sind insbesondere Unternehmen 182. Eine der zentralen Fragen ergibt sich im Zusam- wie Google, Facebook, Amazon oder eBay zu nennen. menhang mit der Bildung und Zuweisung von Adressen sowie der Koordination technischer Weiterentwicklun- 177. Gegenwärtig nutzen nach aktuellen Schätzungen gen. Weitere Problemfelder sind die Spam-Problematik, von McKinsey über 2 Mrd. Menschen das Internet, wobei die Gewährleistung von Datenschutz und -sicherheit und die Zahl jährlich um etwa 200 Millionen steigt. Die öko- der Schutz geistigen Eigentums. Die Monopolkommis- nomische Relevanz des Internets ist zwar evident, die ge- sion fokussiert in dem vorliegenden Sondergutachten vor naue Quantifizierung derselben ist aber eine inhärent allem auf die Netzneutralitätsdebatte. Dabei geht es um schwierige Aufgabe. So kommt McKinsey in derselben die Zulässigkeit einer stärkeren Preis- und Qualitätsdiffe- Untersuchung zu dem Ergebnis, dass auf das Internet renzierung beim Transport von Daten im Internet, die etwa 3,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der 13 unter- prinzipiell einen effizienteren Umgang mit Kapazitäts- suchten Länder entfällt, die für mehr als 70 Prozent des engpässen ermöglichen kann. globalen Bruttoinlandsprodukts verantwortlich sind.131 178. Bringt das Internet neue ökonomische und insbe- 7.2 Die Debatte um die Netzneutralität sondere wettbewerbspolitische Fragen und Herausforde- 7.2.1 Ursprung der Debatte rungen mit sich? Das Internet generiert zwar nicht grund- sätzlich neue ökonomische Phänomene, aber es 183. Die Debatte um das Thema Netzneutralität ist in potenziert bekannte Effekte, die in dieser neuen Intensität den Vereinigten Staaten in den letzten zehn Jahren aufge- bisher selten bzw. gar nicht zu beobachten waren. Für die kommen. In Europa ist sie in den letzten Jahren ebenfalls folgende Diskussion ist es hilfreich zu betonen, dass das intensiver geführt worden, wofür es verschiedene Gründe Internet als Gemeinschaftsressource zu sehen ist, bei der gibt. Einer der Umstände, die zu einer intensiveren Dis- Überlastungen auftreten können. kussion in den Vereinigten Staaten geführt haben, ist der geringe Wettbewerb zwischen ISP, da die meisten US- 179. Die Monopolkommission hat sich bereits früher Amerikaner lokal mit einem Monopol oder Duopol kon- mit den Charakteristika und wettbewerbspolitischen He- frontiert sind. In der Europäischen Union ist der Wettbe- 132 rausforderungen des Internets beschäftigt, die nachfol- werb zwischen ISP zumeist stärker ausgeprägt. Zudem gend kurz betrachtet werden. Die folgenden Faktoren sind die meisten global relevanten CAP amerikanische wurden damals hervorgehoben: Netzwerkeffekte, Grö- Unternehmen, die dementsprechend den größten Wert auf ßenvorteile, verminderte Transaktionskosten, indirekte den heimischen und zugleich umsatzstärksten Markt Finanzierung, Individualisierung und Fragmentierung der weltweit legen. Märkte, neue Kooperationsformen und Innovationsan- reize. 184. Der traditionelle Ansatz bei der Datenübertragung ist unter dem Namen „Best-Effort-Service“ bekannt ge- 7.1.3 Aktuelle Herausforderungen worden. Darunter ist zu verstehen, dass keine Übertra- gungsqualität garantiert wird, da jedes Datenpaket als iso- 180. Die Entwicklung des Internets ist ein gutes Bei- lierte Entität behandelt wird und bestimmte Datenpakete spiel für einen sehr dynamischen und ergebnisoffenen nicht prinzipiell priorisiert werden. Es wird also versucht, Prozess. Der Modus Operandi des Internets ist perma- prinzipiell alle Datenpakete so schnell wie möglich wei- nente Veränderung, wobei dies nicht per se ungesteuert terzuleiten. Dies steht in einem klaren Gegensatz zu ande- passiert. So verändern sich die Kernprotokolle nur recht ren Netzen, wie etwa dem Telefonnetz, das sich durch langsam und mit Bedacht. Eine der Ursachen für die Dy- Qualitätsgarantien auszeichnet. In den meisten Fällen be- namik des Internets liegt auch darin, dass es nie im Hin- reitet der Best-Effort-Service keine größeren Probleme, blick auf die Lösung von eng spezifizierten Problemen da viele Anwendungen und Dienste hinsichtlich Verzöge- konzipiert und optimiert wurde. Daher ergeben sich stän- rung und Latenzzeit nicht besonders sensitiv sind. Mit der dig neue Fragen und Herausforderungen. Zeit sind jedoch zunehmend neue Anwendungen und Dienste aufgekommen, die höhere technische Anforde- 181. Eine zentrale Frage für die Zukunft des Internets rungen stellen.133 stellt sich im Zusammenhang mit der Governance-Proble-

133 Viele CAP haben bereits darauf reagiert. So haben einige CAP bei- 131 Vgl. McKinsey Global Institute, Internet matters: The Net's sweeping spielsweise auf eine mögliche Überlastung der Backbones durch den impact on growth, jobs, and prosperity, S. 2, http://www.mckinsey. Einsatz von CDN (Content Distribution Network) reagiert. Dabei com/mgi/publications/internet_matters/pdfs/MGI_internet_matters_ geht es darum, dass die CDN-Anbieter Server in ihren Netzwerken full_report.pdf für die Anwendungen und Dienste der CAP abstellen, so dass die 132 Vgl. Monopolkommission, Netzwettbewerb durch Regulierung, Übermittlung von Datenpaketen über die Backbones teilweise ent- Hauptgutachten 2000/2001, Baden-Baden 2003, Kapitel V. fällt, wodurch diese entlastet werden. Drucksache 17/8246 – 222 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

185. Die Debatte um das Thema Netzneutralität hat gen von bereits bestehenden (z. B. Voice-over-IP, Video- mehrere Aspekte.134 Dies erklärt auch das große und on-Demand, Onlinegaming) und neuen Anwendungen breite Interesse und auch die Vehemenz, die diese Debatte und Diensten (z. B. Cloud-Computing und E-Health-An- immer noch kennzeichnen. Technologisch initiiert wurde wendungen) steigen ebenfalls stetig an, wobei es zu be- die Debatte mit Innovationen Ende der 1990er Jahre. Da- achten gilt, dass die Netzauslastung bezüglich Tageszeit, mals wurden technische Neuerungen eingeführt, die ver- Wochentagen und Nutzergruppen auch in der Zukunft si- besserte Möglichkeiten der Klassifizierung von Datenpa- gnifikant variieren wird. keten nach verschiedenen Kriterien geboten haben. 188. Der technische Fortschritt macht sich auch bei der Dadurch können Netzbetreiber Datenpakete in Echtzeit Verfügbarkeit von immer größeren Bandbreiten bemerk- besser untersuchen und einzelne Datenpakete priorisie- bar. Es kann daher durchaus in der Zukunft der Fall sein, ren, verzögern oder blockieren. Insbesondere ist es nun dass auch technisch anspruchsvolle Anwendungen und möglich genau zu identifizieren, zu welcher Anwendung Dienste problemlos mit Best-Effort-Service realisiert bzw. welchem Dienst das Datenpaket gehört (E-Mail, In- werden können. Die Netzneutralitätsdebatte kann daher ternettelefonie, Peer-to-Peer usw.). Daraufhin wurden in zumindest teilweise aus rein technischen Gründen obsolet der Folgezeit Pläne verschiedener ISP in den Vereinigten werden. Staaten und in Europa bekannt, die Preis- und Qualitäts- parameter stärker an den Charakteristika der durchgelei- 189. Das Problem eines sinnvollen Umgangs mit Über- teten Datenpakete zu orientieren. tragungskapazitäten wird durch die Popularität von mo- natlichen Flatrates für die Endnutzer intensiviert. Eine 186. Im Kern der Netzneutralitätsdebatte geht es um die Flatrate impliziert, dass Internetnutzer fast keinen Anreiz Frage, „wie“ diese neuen technischen Möglichkeiten der haben, um den von ihnen generierten Verkehr im Umfang Differenzierung und auf der Grundlage welcher Parame- zu beschränken. Da durch die Flatrate der Preis für die ter sie zum Einsatz kommen sollen. Dies ist deshalb von Endnutzer vom Umfang des von ihnen generierten Daten- besonderer Bedeutung, weil sie das gezielte Blockieren verkehrs unabhängig und damit deren Grenzkosten null („blocking“) und Verschlechtern („degrading“) von ganz sind, fallen sie bei Überlast unter das Niveau der volks- bestimmten Anwendungen und Diensten möglich ma- wirtschaftlichen Grenzkosten, die dann größer als null chen, sodass sie für wettbewerbsstrategische Zwecke ge- sind. Flatrates wären aber nur dann ökonomisch sinnvoll, braucht werden können. Die Frage nach dem Umgang mit wenn die Grenzkosten der Netznutzung konstant null wä- diesem neuen Instrumentarium der ISP stellt sich insbe- ren, wie das bei Datenvolumina unterhalb der Kapazitäts- sondere auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der grenze auch tatsächlich der Fall ist. Im Falle einer Über- Internetverkehr sehr schnell wächst. Dadurch kommt zu- last sind die Flatrates in der heutigen Form jedoch mindest mittelfristig zwangsläufig die Frage auf, ob hin- ökonomisch ineffizient, weil alle Anwendungen und reichende Übertragungsqualitäten und damit zusammen- Dienste ohne Differenzierung zwischen den Datenpake- hängend der erforderliche Ausbau der Netzinfrastruktur ten unter der Überlast leiden. Die Auswirkungen sind je- beim jetzigen Regelregime garantiert werden können. doch asymmetrisch verteilt. Während einige Anwendun- Unter einer Überlast („congestion“) in den Übertragungs- gen und Dienste nicht bzw. kaum betroffen sind, können netzen können alle Nutzer durch schlechtere Nutzungs- sich andere in ihrer Qualität stark verschlechtern bzw. möglichkeiten der verfügbaren Anwendungen und ganz ausfallen. Eine Lösung besteht darin, Flatrates durch Dienste leiden und bestimmte Anwendungen und Dienste volumenbasierte Preissetzung zu ersetzen. Eine prakti- können völlig verdrängt werden („crowding out“). Insbe- kable Implementierung ist allerdings sehr schwierig, weil sondere im mobilen Internet ist diese Gefahr gegeben. dafür Änderungen der Internetnutzung seitens der End- nachfrager in extrem kurzen Zeitabschnitten erforderlich 187. Das voraussichtlich enorme Wachstum des Inter- wären. Eine Preissetzung basierend auf Prognosen bzw. netverkehrs, welches in der Abbildung 7.1 klar zu er- Erfahrungswerten aus der Vergangenheit als realisierbare kennen ist, lässt sich durch mehrere Faktoren erklären: Lösung wäre aber auch nicht effizient, da der gleiche Ef- (1) Die Anzahl der Internetnutzer steigt weltweit kontinu- fekt zu geringeren ökonomischen Kosten durch die Prio- ierlich an, (2) das Verhalten der Internetnutzer hat sich risierung von bestimmten Datenpaketen erreicht werden deutlich verändert135 und (3) die technischen Anforderun- könnte.136 190. Es ist leicht einzusehen, dass das Vorhalten von 134 Für eine breit angelegte rechtliche Analyse der Thematik vgl. Gersdorf, teuren Kapazitäten, die hinreichend groß wären, um H., Netzneutralität: Regulierungsbedarf?, Zeitschrift für Wirtschafts- generell auch sehr kurzfristige nachfrage- und/oder ange- politik 60(2), 2011, S. 187–199. 135 Traditionell spielte das „Client-Server-Prinzip“ im Internet die wich- botsinduzierte Engpässe (z. B. durch ein Erdbeben durch- tigste Rolle. Anwendungen und Dienste wurden auf der Basis von getrenntes Hochseekabel) zu bewältigen („overprovisio- großen Servern an ganz bestimmten Orten betrieben. Die dadurch in- ning“), wohlfahrtsökonomisch nicht sinnvoll wäre, da der duzierten Datenströme gingen hauptsächlich von diesen Servern in dafür nötige Ressourcenaufwand den realisierten Nutzen Richtung der Endnutzer aus. Dies hat sich jedoch in den letzten Jah- übersteigt und die ISP den Anreiz für den Aufbau von ren durch den Peer-to-Peer-Ansatz radikal geändert. Die klassische Rollenverteilung in Client und Server ist nun aufgehoben. Jeder Teil- systematischen Überkapazitäten nicht haben. Zudem wä- nehmer kann nun einen Dienst gleichermaßen nutzen und selbst an- bieten. Dadurch steigt der gesamte Internetverkehr noch zusätzlich an. Dieser Umstand ist insbesondere durch Down- und Uploads von 136 Vgl. Kruse, J., Ökonomische Grundlagen des Wettbewerbs im Inter- Videos, Musik und Software bedingt. net, Zeitschrift für Wirtschaftspolitik 60(2), 2011, S. 175–186. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 223 – Drucksache 17/8246

Abbildung 7.1

Prognostiziertes Wachstum des Internetverkehrs in den nächsten Jahren

Quelle: Cisco Systems, http://www.cisco.com/en/US/solutions/collateral/ns341/ns525/ns537/ns705/ns827/VNI_Hyperconnectivity_ WP.html

ren auch bei einem solchen Szenario Überlastsituationen 193. Bei der Debatte sind zwei verschiedene Interpreta- nicht auszuschließen. Es müssen daher weitere Lösungs- tionen klar zu unterscheiden, die prinzipiell unabhängig möglichkeiten betrachtet werden. voneinander sind. Nach der ersten Interpretation wird Netzneutralität als Preisdifferenzierungsverbot verstan- den. Die Preise für den Transport von Datenpaketen sol- 7.2.2 Verwirrung um die Bedeutung der len nicht nach den Charakteristika derselben bzw. denen Netzneutralität des Senders und/oder Empfängers variieren. Konkret soll 191. Einer der Gründe für die intensive und kontroverse das bedeuten, dass der Preis für das Verschicken eines Debatte besteht darin, dass der Begriff Netzneutralität weiteren Datenpakets für alle Datenpakete konstant und nicht einheitlich gebraucht wird und dabei Termini mit gleich null („zero-price rule“) sein soll. Die zweite Lesart starken normativen Konnotationen zum Einsatz kommen, sieht Netzneutralität als ein Verbot der Qualitätsdifferen- wie beispielsweise „Diskriminierung“ und „Neutralität“. zierung beim Transport von Datenpaketen („non-discri- Der Begriff Netzneutralität suggeriert grundsätzlich et- mination rule“). Dies bedeutet, dass keine Datenpakete was Positives. Dieser Umstand erschwert jedoch eine gegenüber anderen priorisiert werden dürfen. sachliche und differenzierte Auseinandersetzung. 7.2.3 Die zentralen Argumente in der Debatte 192. Mit dem Begriff Netzneutralität verbinden viele den Standpunkt, dass alle Anwendungen, Dienste und 194. Die Netzneutralitätsdebatte besitzt zwar verschie- Nutzer immer strikt gleich behandelt werden sollen. dene Facetten, dennoch lassen sich die Hauptargumente Diese Haltung lässt sich als „strikte“ Netzneutralität cha- der beiden Seiten klar und prägnant formulieren. Auf der rakterisieren. Der Begriff Netzneutralität sollte jedoch einen Seite finden sich insbesondere ISP. Auf diese nicht als das vollständige Fehlen jeglicher Form von Un- Gruppe entfallen etwa 17 Prozent der durch das Internet gleichbehandlung zwischen Datenpaketen interpretiert induzierten Gesamtumsätze.137 Viele ISP argumentieren, werden („a bit is a bit is a bit“). Eine solche Möglichkeit dass der zunehmende Internetverkehr Investitionen in ist bereits aus Gründen des elementaren Netzwerkma- Übertragungskapazitäten verlangt, welche unter den aktu- nagements nicht denkbar. Es ist daher notwendig, eine ellen Bedingungen nicht finanziert bzw. amortisiert differenziertere Betrachtung anzustellen. Zudem ist zu werden können. Damit sich dies ändert, wird bei der berücksichtigen, dass eine unterschiedliche Behandlung Vermarktung von Internetzugängen eine stärkere Diffe- unterschiedlicher Daten auch mit positiven Auswirkun- gen verbunden sein kann, weil bei „strikter“ Netzneutrali- 137 Vgl. Friederiszick, H.W. u. a., Beurteilung eines nachhaltigen Inter- tät nicht nach dem Wert des einzelnen Datenpakets für die net-Modells für die nahe Zukunft, ESMT Business Brief Nr. Nutzer unterschieden wird. BB–11–02/ger, Berlin 2011, S. 7. Drucksache 17/8246 – 224 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode renzierung nach verschiedenen Parametern erwogen. Da- Dies hat sich jedoch in den letzten Jahren geändert. Es durch würden sich folgende Effekte ergeben: (1) Umsatz- gibt inzwischen eine stetig wachsende Zahl von ökonomi- steigerungen für die ISP, (2) Qualitätsgarantien bzw. schen Analysen zum Thema Netzneutralität. Qualitätssteigerungen für bestimmte Anwendungen und Dienste, wodurch sich Wohlfahrtgewinne ergeben wür- 7.2.4 Netzneutralität als Preisdifferenzierungs- den, und (3) insgesamt ein weniger ineffizienter Umgang verbot mit Kapazitätsengpässen. Von einer Preis- und Qualitäts- differenzierung werden daher folgende Vorteile erwartet: 198. Traditionell wird beim Transport von Datenpake- ten nicht nach verschiedenen Parametern differenziert. – Profit- und Wohlfahrtsteigerungen, Insbesondere wurde nicht nach dem Ursprung des Daten- – Minderung von und ein weniger ineffizienter Umgang pakets unterschieden. Dieser Umstand impliziert, dass mit Stauproblemen, man der Quelle des Datenpakets keinen Preis für den Transport in Rechnung stellen kann; der Preis eines wei- – Erhöhung der Investitionsanreize für den Ausbau der teren Datenpakets ist daher häufig für alle Datenpakete Breitbandnetze und deren Weiterentwicklung. konstant und gleich null („zero-price rule“). Dies schließt 195. Die Befürworter einer gesetzlich verankerten beispielsweise auch die Möglichkeit eines ISP aus, einem „Netzneutralität” sind dagegen eine sehr heterogene CAP zusätzliche Gebühren – die durchaus nach dem je- Gruppe, die von CAP bis zu diversen Aktivisten(grup- weiligen CAP differenzieren können – für die Interaktion pen) reicht. Die Verfechter einer Festschreibung der Netz- mit seinen Kunden zu berechnen. Die CAP zahlen bislang neutralität vertreten die Auffassung, dass die ISP die höchstens für die Übermittlung von Datenpaketen bis neuen technischen Möglichkeiten nicht nur aus Gründen zum ISP des jeweiligen Kunden im Rahmen von Peering/ Transit-Verträgen. Mit anderen Worten gibt es keine „Ter- der technischen und ökonomischen Effizienz einsetzen minierungsentgelte“. Dadurch entfällt die Möglichkeit würden. Insbesondere wäre Preis- und/oder Qualitätsdif- der Rationierung knapper Kapazitäten in den Zeiten von ferenzierung für die ISP deshalb erstrebenswert, um ihre Engpässen. Position auf Kosten der CAP und der Endnutzer zu ver- bessern, da sie den einzigen Zugang der Anwendungsan- 199. Preisdifferenzierung lässt sich allgemein als einen bieter zu deren Endkunden kontrollieren („gatekeeper“). Preisunterschied definieren, der nicht allein auf Kosten- Von der Nichtfestschreibung der Netzneutralität, die je- unterschiede zurückgeführt werden kann. Sie ist ein ver- doch von den Befürwortern nicht einheitlich definiert breitetes Phänomen in der täglichen Wirtschaftspraxis. wird, werden folgende Nachteile erwartet: Die Zahlungsbereitschaft einzelner Nachfrager variiert – Blockierung und/oder Verschlechterung von legalen mehr oder weniger stark, denn sie hängt von vielen indi- Anwendungen und Diensten aus strategischen Grün- viduellen Faktoren ab, wie etwa dem Einkommen oder den (wie z. B. die mögliche Blockade von Internettele- persönlichen Präferenzen. Preisdifferenzierung seitens fondiensten durch einen ISP, der zugleich herkömmli- der ISP gegenüber Endnutzern ist bereits heute der Stan- dardfall. So zahlen Endnutzer bereits heute Preise für In- che Telefonie im Angebot hat), ternetzugänge, die nach der maximalen Übertragungsrate – Stärkung der Position etablierter Anbieter und variieren. Eine Preisdifferenzierung gegenüber den CAP Dienste, wäre daher prinzipiell kein neues Phänomen. Um Preis- – Verstärkung der Anreize zu vertikaler Integration bzw. differenzierung praktizieren zu können, müssen jedoch vertikaler Bindung, drei Bedingungen simultan erfüllt sein: (1) Eine gewisse Marktmacht138 muss gegeben sein, (2) die Zahlungsbe- – Schwächung der Innovationsanreize im Internet, die reitschaft der Konsumenten muss hinreichend variieren dieses bislang eindrucksvoll ausgezeichnet haben. und (3) es darf keine bzw. nur sehr eingeschränkte Arbi- 196. Die von beiden Seiten vorgebrachten Argumente tragemöglichkeiten geben. Alle drei Bedingungen können sind sowohl statischer als auch dynamischer Natur, was im Falle von ISP erfüllt sein. ihre Beurteilung erschwert. Dazu kommt der Umstand, 200. Preisdifferenzierung bewirkt zunächst einen Um- dass einige der vorgebrachten Argumente technischer Na- verteilungseffekt, und zwar von den Nachfragern zu den tur sind, auf Zukunftsprognosen hinsichtlich der Verbrei- Anbietern. In Falle der ISP würden deren Umsätze zulas- tung bzw. Entwicklung von anspruchsvollen Anwendun- ten der CAP und der Endnutzer steigen. Die Aussicht auf gen und Diensten basieren. Zudem fällt die Diskussion in höhere Umsätze könnte die ISP dann zu Investitionen in eine Zeit, in der viele ISP mit stagnierenden Umsätzen neue Übertragungskapazitäten bewegen. Preisdifferenzie- konfrontiert sind. Dadurch kann leicht der Eindruck ent- rung besitzt oft einen wohlfahrtsteigernden Effekt. Insbe- stehen, es gehe bei der Debatte hauptsächlich um die kon- sondere sind die Wohlfahrtseffekte insgesamt positiv, fligierenden Interessen zweier unterschiedlicher Gruppen wenn als Konsequenz die nachgefragten Mengen anstei- von Unternehmen und um den Versuch, Regelungen zu gen.139 eigenen Gunsten zu erreichen, also um klassisches Rent- seeking. 138 197. Die Debatte hat in der Anfangsphase zunächst Marktmacht ist hier als Möglichkeit zu verstehen, den Preis über die Grenzkosten zu setzen. hauptsächlich aus rechtlicher Perspektive Aufmerksam- 139 Für eine allgemeine Analyse vgl. Varian, H., Price Discrimination keit erfahren. Die Beachtung seitens der Ökonomen kam and Social Welfare, American Economic Review 75(4), 1985, erst nach einer Aktivierung der regulatorischen Instanzen. S. 870–875. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 225 – Drucksache 17/8246

201. Die Frage nach dem optimalen Preis für Datenpa- nicht das ideale Regime aus wohlfahrtsökonomischer kete, die ein ISP einem CAP berechnen würde, gewinnt Sicht darstellt.141 Oftmals ist Preisdifferenzierung dann vor der Hintergrund der Theorie der zweiseitigen Märkte nicht unbedingt wohlfahrtsmindernd – das genaue Gegen- („two-sided markets“) oder Plattformen eine besondere teil kann der Fall sein. Qualität, da ISP auf derartigen Märkten operieren. Auf ei- nem zweiseitigen Markt hängen die Vorteile auf einer 7.2.5 Netzneutralität als Qualitätsdifferen- Marktseite von der Zahl der Transaktionen auf der ande- zierungsverbot ren Marktseite ab. Die Anzahl der Transaktionen wie- derum wird vom Preissetzungsverhalten der Betreiber des 205. Nach der zweiten Lesart der Netzneutralität soll es Marktes bzw. der Plattform beeinflusst, was in diesem keine Differenzierung bei der Datenübertragung geben. Falle der ISP wäre. Die Problematik wird zusätzlich kom- Bestimmte Datenpakete sollen daher nicht beim Trans- plexer durch den Umstand, dass viele CAP selbst auch port priorisiert werden, d. h. es wäre den ISP nicht gestat- wiederum auf zweiseitigen Märkten aktiv sind.140 tet, Produktdifferenzierung in Form einer Qualitätsdiffe- renzierung zu betreiben. Dass ein ISP gegenüber 202. Ein Preisdifferenzierungsverbot schränkt die Mög- Endnutzern und/oder CAP grundsätzlich zur Qualitätsdif- lichkeiten eines ISP zur Steuerung der ankommenden Da- ferenzierung berechtigt ist, ist aus juristischer Sicht unbe- tenvolumina klar ein, wodurch Überlastsituationen häufi- stritten. Qualitätsdifferenzierung im Internetverkehr wird ger entstehen können. Dies wiederum schadet den teilweise bereits betrieben, wie das Beispiel von IPTV im Endnutzern. Die ISP müssen sich dann der Instrumente Netz der Deutschen Telekom zeigt. des Netzwerkmanagements, wie z. B. einer Drosselung des Verkehrs, bedienen, um Überlastsituationen zu begeg- 206. Die Auswirkungen der Schwankungen in der Qua- nen. Diese Optionen sind jedoch im Vergleich zur Preis- lität der Nutzung verschiedener CAP, die mit dem Best- differenzierung ineffizient, da alle Kunden entweder zu- Effort-Service unweigerlich verbunden sind, sind höchst fällig („Rationierung durch Zufall“) oder nach Ermessen unterschiedlich. Bei vielen Anwendungen und Diensten des ISP („Rationierung durch Willkür“) betroffen wären – spielen größere Verzögerungen und höhere Latenzzeiten ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse und Wertschätzung keine große Rolle, während sie in anderen Fällen von ent- sowie Zahlungsbereitschaft der Endnutzer und die techni- scheidender Bedeutung sind bzw. sein können. Es gibt schen Anforderungen des genutzten CAP. Dies impliziert prinzipiell aber eine Nachfrage nach Internetverbindun- im Gegensatz zu einer Preisdifferenzierung ökonomische gen, die bestimmte Qualitätsvorgaben erfüllen. Ineffizienz. 207. Ein Qualitätsdifferenzierungsverbot würde es ei- nem ISP nicht erlauben, Datenpakete, die mit bestimmten 203. Es gibt vergleichsweise wenige Arbeiten, die die Nutzern und/oder CAP assoziiert sind, gegen ein Entgelt Frage des optimalen Preises für monopolistisch und oli- anders zu behandeln. Insbesondere können durch das gopolistisch strukturierte Märkte für ISP theoretisch strin- Qualitätsdifferenzierungsverbot nicht mehrere Qualitäts- gent untersuchen. Die wenigen Ergebnisse sind zudem klassen („quality of service“) beim Datentransport defi- meist nicht besonders robust gegenüber Veränderungen niert werden. Als Spezifikationsparameter für diese Qua- der Annahmen und erlauben daher keine generelle wirt- litätsklassen kommen verschiedene Größen in Betracht, schaftspolitische Empfehlung. Die Ergebnisse hängen vor allem die Latenzzeit, Jitter (Varianz der Verzöge- entscheidend von mehreren Größen und deren relativer rung), die Paketverlustrate (die Wahrscheinlichkeit, dass Bedeutung ab. Zu berücksichtigen ist zudem, dass eine einzelne Datenpakete bei der Übermittlung verloren ge- Preiserhöhung für die eine Seite in der Regel die (Mög- hen oder ihr Ziel zu spät erreichen) sowie die effektive lichkeit einer) Preissenkung für die andere Seite bedeutet. Übertragungsrate. Alle Datenpakete einer höheren Quali- Dies wird auch als Wasserbetteffekt bezeichnet („seesaw tätsklasse würden daher gegenüber denjenigen einer nied- principle“). Im Kontext der Netzneutralität bedeutet dies, rigeren Qualitätsklasse priorisiert werden, aber innerhalb dass zusätzliche Gebühren für CAP einen teilweisen einer gegebenen Klasse würde es Gleichbehandlung ge- Transfer von diesen zu den Endnutzern induzieren könn- ben. Daneben würde es vermutlich weiterhin den Best- ten. Effort-Service geben. 204. Die Auswirkungen der Preisdifferenzierung sind 208. Produktdifferenzierung ist den Konsumenten eben- auch hinsichtlich der Innovationsanreize der CAP theore- falls aus den verschiedensten Bereichen bekannt. Die Dif- tisch indeterminiert. Festzuhalten bleibt allgemein, dass ferenzierung in der Produktgestaltung ist neben dem Preis der häufig kostenlose Transport von weiteren Datenpake- ein entscheidender Wettbewerbsparameter, mit anderen ten keine robuste theoretische Fundierung besitzt und oft Unternehmen um Kunden konkurrieren. Produktdifferen- zierung ist generell mit positiven Wohlfahrtseffekten und verstärkten Innovationsanreizen verbunden, weil sie für 140 Für einen Einblick in die Theorie der zweiseitigen Märkte vgl. Rochet, J.-C./Tirole, J., Platform competition in two-sided markets, mehr Auswahl sorgt und so Konsumenten, die in ihren Journal of the European Economic Association 1(4), 2003, S. 990–1029; Rochet. J.-C./Tirole. J., Two-Sided Markets: A Progress Report, Rand Journal of Economics 37(3), 2006, S. 645- 141 Für einen aktuellen Überblick über die Literatur vgl. Schuett F., Net- 667; Armstrong. M., Competition in Two-Sided Markets, Rand Jour- work Neutrality: A Survey of the Economic Literature, Review of nal of Economics 37(3), 2006, S. 668–691; Peitz. M., Marktplätze Network Economics 9(2), 2010, S.1–13; Crocioni, P., Net Neutrality und indirekte Netzwerkeffekte, Perspektiven der Wirtschaftspolitik in Europe: Desperately Seeking a Market Failure, Telecommunica- 7(3), 2006, S. 317–333. tions Policy 35(1), 2011, S. 1–11. Drucksache 17/8246 – 226 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Präferenzen oft sehr heterogen sind, die Möglichkeit gibt, an der Rente bestimmter CAP partizipieren können. Zu- die Produktvariante zu wählen, die ihren jeweiligen Prä- mindest in der Europäischen Union sind diese beiden ferenzen am nächsten kommt. Bedingungen eher selten simultan erfüllt, so dass die praktische Relevanz der Gefahr von Wettbewerbsbe- 209. Es lässt sich plausibel argumentieren, dass Quali- schränkungen aufgrund einer Qualitätsdifferenzierung tätsklassen schon derzeit bzw. in der näheren Zukunft vorerst als eher gering einzustufen ist. Zudem sind derar- zumindest für bestimmte Anwendungen und Dienste tige Beschränkungen des Wettbewerbs nicht neu. So relevant sind bzw. sein werden, sodass ein Qualitätsdiffe- kommt im Falle eines vertikal integrierten ISP mit markt- renzierungsverbot reduzierte Verwendungsmöglichkeiten mächtiger Stellung, welcher dieser zulasten der Wettbe- des Internets bedeuten würde. Die Forderung nach dem werber und der Konsumenten nutzt, bereits geltendes kategorischen Verbot einer Qualitätsdifferenzierung ist Recht (Artikel 102 AEUV, § 42 TKG, §§ 19, 20 GWB) daher ökonomisch nicht zu rechtfertigen. Es würde auch zum Einsatz. in dynamischer Hinsicht zu einer Schmälerung der Inno- vationsaktivität führen, die bislang das Internet ausge- 213. Neben wirksamem Wettbewerb im Markt für ISP zeichnet hat; eine Qualittsdifferenzierung reprsentiert als bestem Regulativ ist weiterhin davon auszugehen, eine Chance fr solche Anwendungen und Dienste, die auf dass die Blockierung und/oder Verschlechterung von An- der Grundlage eines Best-Effort-Ansatzes nicht zuverls- wendungen und Diensten im Internet seitens eines ISP sig realisiert werden knnen. schnell bekannt werden würde, wodurch zumindest ei- nige Kunden den ISP wechseln würden. Weiterhin würde 210. Konkrete Standards zur Spezifikation der verschie- eine Blockierung und/oder Verschlechterung von Anwen- denen Qualitätsklassen werden derzeit noch verhandelt. dungen und Diensten seitens eines ISP viele (mit entspre- Die dabei zu lösenden Probleme sind nicht trivial. Eines chendem Sachverstand ausgestattete) Internetnutzer zur der zentralen Probleme besteht darin, dass bei der Nut- Suche nach Umgehungsmöglichkeiten der Blockierung zung vieler Anwendungen und/oder Dienste häufig meh- und/oder Verschlechterung bewegen. Zusätzlich stellen rere ausländische ISP involviert sind. Dadurch wird die weitergehende Transparenzverpflichtungen und Maßnah- Implementierung von Qualitätsklassen erschwert, da be- men zur Senkung von Wechselkosten, wie beispielsweise stimmte Parameter beim Datenpakettransport über Lan- die Einführung von Sonderkündigungsrechten für Kun- desgrenzen hinweg definiert und eingehalten werden den von ISP, im Falle der Aufdeckung von Fällen der müssen. Die genaue Zuordnung von CAP zu verschiede- Blockierung und/oder Verschlechterung ein gutes Instru- nen Qualittsklassen seitens der ISP und auf der Grundlage ment zu deren Vorbeugung dar. Als weiteres Instrument einer Selbstselektion ist ebenfalls nicht einfach. Zusätz- kommen Mindestqualitätsvorgaben beim Best-Effort-Ser- lich ist auch unklar, wie stark die Nachfrage seitens der vice in Betracht, um seiner strategisch bedingten Ver- Internetnutzer und CAP nach den verschiedenen Quali- schlechterung entgegenzuwirken. tätsklassen wäre, da sich die zusätzlichen Vorteile bisher auf nur sehr wenige Anwendungen und Dienste beschrän- ken, die momentan nicht sehr gefragt bzw. verbreitet sind. 7.2.6 Fazit der Analyse 211. Die besondere Problematik ergibt sich daher nicht 214. Preis- und Qualitätsdifferenzierung durch ISP kann durch die Qualitätsdifferenzierung per se, sondern durch wohlfahrtssteigernde Effekte haben; ein pauschales Ver- die folgenden Faktoren: (1) Anreize eines vertikal inte- bot von Preis- und Qualitätsdifferenzierung lässt sich da- grierten Unternehmens zur Blockierung und/oder Ver- her ökonomisch nicht rechtfertigen. schlechterung, (2) verstärkte Anreize zur vertikalen Inte- 215. Das bestehende rechtliche Instrumentarium, insbe- gration, (3) Anreize zur Verschlechterung des Best- sondere das bestehende Wettbewerbsrecht, erfasst bereits Effort-Services, um die Kunden zu den teureren Quali- mögliche Wettbewerbsbeschränkungen im Zusammen- tätsklassen zu führen, und (4) wettbewerbsverzerrende hang mit der Preis- und Qualitätsdifferenzierung im Inter- Anreize auf der Basis von vertikalen Bindungen. So kann netverkehr. Ein intensiver Wettbewerb zwischen ver- ein ISP bestimmte CAP vollständig blockieren oder zu- schiedenen ISP, der in EU-Ländern relativ stark mindest deren Qualitätsniveau verschlechtern, um eigene ausgeprägt ist, wirkt zudem als bestes Mittel gegen Wett- Anwendungen und/oder Dienste bzw. die eines Unterneh- bewerbsbeschränkungen. mens zu favorisieren, mit dem er Sondervereinbarungen abgeschlossen hat. Strategische Überlegungen dieser Art 216. Weitere Schritte, wie weitergehende Transparenz- sind für ISP in letzter Zeit tendenziell interessanter ge- verpflichtungen, Sonderkündigungsrechte für Kunden worden, da es im Internet zunehmend Substitutionskon- von ISP und Mindestqualitätsvorgaben für den Best-Ef- kurrenz (z. B. Internettelefonie) gibt und zudem die Um- fort-Service, könnten als ergänzende Maßnahmen sinn- sätze für die meisten reinen ISP in den letzten Jahren oft voll sein, sind zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht ge- stagnierten. Dies zeigt sich in mehreren prominenten Fäl- boten. len in den Vereinigten Staaten, die in Abschnitt 7.3 kurz skizziert werden. 7.3 Aktueller Stand aus regulatorischer Sicht 212. Derartige Wettbewerbsbeschränkungen setzen je- 7.3.1 Die Situation in den Vereinigten Staaten doch mindestens zwei Bedingungen voraus. Der betref- fende ISP muss (1) über hinreichende Marktmacht verfü- 217. Die Netzneutralitätsdebatte hat regulatorische In- gen und (2) vertikal integriert sein oder auf andere Weise stanzen in den Vereinigten Staaten und mit einiger Verzö- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 227 – Drucksache 17/8246 gerung auch in der Europäischen Union beschäftigt, wo- – Verbot einer ungerechtfertigten Diskriminierung, wo- bei die Problematik in den Vereinigten Staaten insgesamt bei gerechtfertigtes Netzwerkmanagement davon aus- mehr Aufmerksamkeit erzeugt hat. genommen wird,

218. Die für diese Thematik zuständige Behörde in den – Transparenzgebot bezüglich des Netzwerkmanage- Vereinigten Staaten ist die Federal Communications ments. Commission (FCC). In den letzten Jahren gab es mehrere Beschwerden von Unternehmen bezüglich der Praxis von 7.3.2 Die Situation in der Europäischen Union verschiedenen ISP. Der erste Fall in diesem Zusammen- und in Deutschland hang betraf im Jahr 2005 mit der Madison River Tele- phone Company einen ISP, der Voice-over-IP bei seinen 221. Die Europäische Kommission ist bei dem Thema Kunden blockiert hatte, um seinen eigenen Telefonie- Netzneutralität im Vergleich zur FCC eher reserviert. Da- für können mehrere Gründe angeführt werden. Einer der dienst vor Umsatzverlusten zu schützen. Der Fall endete wesentlichen Gründe liegt in dem Umstand, dass der mit einem Vergleich („consent decree“), in dem Madison Wettbewerb im Markt für ISP in Europa im Vergleich zu River sich verpflichtete, die Blockadepraxis aufzugeben den Vereinigten Staaten generell viel stärker ausgeprägt und 15.000 US-$ zu zahlen.142 ist, da sich die Situation in den Vereinigten Staaten, unter 219. Daneben ist der Fall von Comcast, dem größten anderem bedingt durch einen anderen Regulierungsan- Kabelnetzbetreiber in den Vereinigten Staaten, besonders satz, in der Regel als eine Reihe sich geografisch nicht prominent. Im Jahr 2007 wurde bekannt, dass das Unter- überlappender Duopole von Kabel- und Telekommmuni- nehmen Peer-to-Peer-Filesharing-Programme wie BitTor- kationsunternehmen darstellt.145 rent heimlich behindert hatte, um den Verkehr im eigenen 222. Die Europäische Kommission hat in ihrem Policy Netz zu drosseln. Daraufhin erging eine Untersagungs- Statement vom 13. November 2007 die Preis- und Quali- verfügung der FCC, die im Verhalten von Comcast einen tätsdifferenzierung nicht prinzipiell untersagt.146 Dies Verstoß gegen die „Internet Policy Statements“ der FCC schlägt sich auch in dem überarbeiteten Rechtsrahmen erblickte. Diese beinhalten (1) den Zugang zu legalen In- zur Telekommunikation vom 18. Dezember 2009 nieder, halten, (2) die Nutzung von Anwendungen und Diensten der jedoch eine Erklärung der Kommission zur Netzneu- ihrer Wahl, (3) den Anschluss von Geräten an das Netz, tralität enthält, die als Ziel propagiert wird. Dies macht welche dieses nicht schädigen, und (4) den Anspruch die Verwirrung um den Begriff und das zu lösende Pro- („entitlement“) auf Wettbewerb auf den verschiedenen blem deutlich. Die Erklärung beginnt wie folgt: „Die Ebenen des Internets. Im Jahr 2009 sind zwei weitere Kommission misst der Erhaltung des offenen und neutra- Punkte hinzugekommen: das Verbot der Diskriminierung len Charakters des Internet hohe Bedeutung bei und trägt von einzelnen CAP seitens der ISP, wobei sachlich ge- dem Willen der Mitgesetzgeber umfassend Rechnung, rechtfertigtes Netzwerkmanagement erlaubt ist, und eine jetzt die Netzneutralität als politisches Ziel und als von Transparenzverpflichtung der ISP gegenüber den Kun- den nationalen Regulierungsbehörden zu fördernden Re- den, den CAP und der FCC. Die Untersagungsverfügung gulierungsgrundsatz festzuschreiben, parallel zu der Stär- der FCC gegen Comcast wurde im Jahr 2010 aufgehoben, kung der damit zusammenhängenden Transparenzanfor- da sie nach Meinung des Gerichts über keine hinrei- derungen und der Schaffung von Sicherungsbefugnissen chende gesetzliche Grundlage zur Regulierung von Netz- der nationalen Regulierungsbehörden, um eine Beein- werkmanagementmethoden eines ISP verfügt.143 trächtigung der Dienstleistungen und die Behinderung oder Verlangsamung des Verkehrs über öffentliche Netze 220. Motiviert von diesen und ähnlichen Fällen hat sich zu verhindern.“147 die FCC eingehender mit der Problematik befasst. Unter der Überschrift „Preserving the Open Internet“ hat sie im 223. Der Bundestag hat am 27. Oktober 2011 die No- Oktober 2009 ein öffentliches Konsultationsverfahren er- velle des Telekommunikationsgesetzes beschlossen, um öffnet. Dies führte am 21. Dezember 2010 zum Erlass mehrerer „rules“ seitens der FCC, die aber nicht für mo- 145 144 Berkman Center for Internet & society, Next Generation Connectivi- bile Internetverbindungen gelten sollen. Diese enthal- ty: A review of broadband Internet transitions and policy from ten folgende Prinzipien: around the world, Final Report, February 2010, http://cyber.law.har vard.edu/sites/cyber.law. harvard.edu/files/Berkman_Center_Broadband_ – keine Blockierung von legalen Inhalten, Anwendun- Final_Report_15Feb 2010.pdf gen und Diensten – unter dem Vorbehalt eines gerecht- 146 European Commission, Commission Staff Working Document, Im- fertigen Netzwerkmanagements („reasonable network pact Assessment, SEC(2007) 1472, S. 91, http:// ec.europa.eu/ information_society/policy/ecomm/doc/library/proposals/1472/comm management“), _pdf_sec_2007_1472_1_en_documentdetravail.pdf.pdf 147 Vgl. Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/21/ 142 FFC DA 05-543, http://transition.fcc.gov/eb/Orders/2005/DA-05- EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kom- 543A2.html munikationsnetze und -dienste, der Richtlinie 2002/19/EG über den 143 US Court of Appeals No. 08-1291, http://www.cadc.uscourts.gov/ Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen internet/opinions.nsf/EA10373FA9C20DEA8525 7807005BD63F/ Einrichtungen sowie deren Zusammenschafltung und der Richtlinie $file/08- 291-1238302.pdf 2002/20/EG über die Genehmigung elektronischer Kommunikations- 144 FFC 10-201, http://hraunfoss.fcc.gov/edocs_public/attachmatch/ netze und -dienste, ABl. EU Nr. L 337 vom 18. Dezember 2009, FCC-10-201A1.pdfUS S. 37, S. 69. Drucksache 17/8246 – 228 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode den überarbeiteten europäischen Rechtsrahmen in natio- 8 Zusammenfassung der Einschätzungen nales Recht umzusetzen.148 In § 2 Absatz 2 Nummer 1 und Empfehlungen TKG-E wird der Grundsatz der Netzneutralität „als politi- 226. Die Monopolkommission kommt in diesem Gut- sches Ziel der Regulierung“ – ohne eine genaue Defini- achten zu folgenden Einschätzungen und Empfehlungen: tion – aufgenommen. Der Gesetzentwurf sieht weiterhin vor, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Nachhaltig wettbewerbsorientierte Märkte und Technologie in einer Rechtsverordnung Transparenz- und Deregulierungspotenziale Mindestqualitätsvorgaben erlassen kann. Gleichzeitig wird das Ministerium ermächtigt, entsprechend den euro- – Um den Wettbewerb auf den Telekommunikations- päischen Vorgaben die Befugnis zum Erlass der Rechts- märkten zu gewährleisten, ist die Regulierung der verordnung an die Bundesnetzagentur zu delegieren. Die meisten Vorleistungen weiterhin unverzichtbar. Dies parlamentarische Kontrolle soll dadurch garantiert wer- gilt für die Vorleistungen zur Bereitstellung von Fest- den, dass der Bundestag der Rechtsverordnung zustim- netzanschlüssen, wie den entbündelten Zugang zur men muss.149 Die TKG-Novelle ist zum Zeitpunkt des Teilnehmeranschlussleitung, den Bitstromzugang und Abschlusses dieses Gutachtens noch nicht endgültig ver- den Wiederverkauf von Telefonanschlüssen durch abschiedet, da der Bundesrat seine Zustimmung verwei- Dritte sowie für Zusammenschaltungsleistungen. gert und den Vermittlungsausschuss angerufen hat. Skeptisch ist die Monopolkommission, ob Line Sha- ring als reguliertes Vorleistungsprodukt weiterhin not- 224. Eine Debatte um das Thema Netzneutralität ist in wendig ist. Deutschland erst im letzten Jahr verstärkt aufgekommen. – Auf dem einzigen noch regulierten Endkundenmarkt, Der Deutsche Bundestag hat am 4. März 2010 einstimmig dem Markt für Teilnehmeranschlüsse im Festnetz, hat die Einsetzung einer Enquete-Kommission „Internet und die Wettbewerbsintensität weiter zugenommen. Inzwi- digitale Gesellschaft” beschlossen. Diese soll bis zur par- schen ist nach Auffassung der Monopolkommission lamentarischen Sommerpause 2012 ihre Ergebnisse vor- von einem nachhaltig wettbewerbsorientierten Markt legen. Die Enquete-Kommission setzt sich aus 34 Mit- auszugehen. Die Regulierung dieses Marktes kann gliedern zusammen, 17 Mitglieder des Bundestages und aufgegeben werden. Sollte das eingesessene Unter- 17 Sachverständige. Eine der Projektgruppen befasst sich nehmen versuchen, seine Marktposition mit miss- nur mit dem Thema Netzneutralität. Die Enquete-Kom- bräuchlichen Verhaltensweisen zu verteidigen, kann mission hat in ihrer Sitzung am 17. Oktober 2011 den dem mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts wirksam Zwischenbericht zum Thema Netzneutralität beschlossen. begegnet werden. Auf gemeinsame Handlungsempfehlungen haben sich die Mitglieder bisher nicht geeinigt. Stattdessen wird es meh- Würdigung der Amtspraxis der Bundesnetzagentur rere Sondervoten dazu geben. – Die Monopolkommission würdigt die Amtspraxis der Bundesnetzagentur im Bereich der Telekommunika- 7.4 Empfehlungen tion auf den Feldern der Markt- und Entgeltregulie- rung. Insgesamt stimmt sie in weiten Teilen mit den 225. Die Monopolkommission spricht sich gegen die Einschätzungen und Entscheidungen der Regulie- Einschränkung der Möglichkeiten zur Preis- und Quali- rungsbehörde überein. tätsdifferenzierung im Internetverkehr aus. Solche Diffe- – Das Vorgehen der Bundesnetzagentur, die Glasfaser- renzierungen führen dazu, dass knappe Übertragungska- TAL der nachträglichen Entgeltregulierung zu unter- pazitäten, so sie überhaupt auftreten, nicht mehr wie werfen, ist in der Gesamtschau richtig. Für die Ex- bisher willkürlich rationiert werden. Die Möglichkeit, post-Regulierung spricht insbesondere, dass die An- Preis- und Qualitätsdifferenzierungen im Internetverkehr reize für das eingesessene Unternehmen, in den Glas- vornehmen zu können, verstärkt die Anreize, in den wei- faserausbau zu investieren, weniger stark beeinträch- teren Ausbau der Übertragungsnetze zu investieren und tigt werden als im Falle der Ex-ante-Regulierung. nach neuen Anwendungen und Diensten zu suchen. Ver- suche, den Wettbewerb mit Hilfe solcher Differenzierun- – Die Monopolkommission wiederholt ihre Einschät- zung, dass die Voraussetzungen für die Abgrenzung gen zu beschränken, können wirksam mit den Mitteln des regionaler Märkte für den Bitstromzugang gegeben geltenden Wettbewerbsrechts und des – wie im Referen- sind. Die Regionalisierung eröffnet die Möglichkeit, tenentwurf zur TKG-Novelle geänderten – Telekommuni- Regulierung schneller abzubauen, als dies im nationa- kationsgesetzes geahndet werden. Weitere Regelungen len Kontext möglich wäre. Die damit verbundenen Ri- zur Netzneutralität sind vorerst nicht notwendig. siken für den Wettbewerb oder den Infrastrukturaus- bau werden ebenso überschätzt wie die praktischen Probleme. 148 Bundestagsdrucksache 17/5707 vom 4. Mai 2011; Bundestagsdruck- sache 17/7521 vom 26. Oktober 2011. – Die Entscheidung der Bundesnetzagentur, wichtige 149 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen, http://www.bmwi.de/BMWi/ Redaktion/PDF/Gesetz/ Entgeltregulierungsmaßnahmen, wie von der Europäi- referentenentwurf-tkg-2011,property=pdf,bereich=bmwi,sprache= schen Kommission gefordert, dem Beteiligungsver- de,rwb=true.pdf fahren zu unterziehen, ist trotz bestehender Rechtsun- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 229 – Drucksache 17/8246

sicherheiten nachvollziehbar. Nachteilig ist, dass Entgeltregulierung sollte zudem ein Effizienzmaßstab dieses Verfahren zeitaufwendig ist und zu weiteren zugrunde liegen, der die Gemeinkosten berücksichtigt. Verzögerungen bei der Regulierung führt. – Die Monopolkommission bewertet den Ausgang der – Mit der drastischen Absenkung der Terminierungsent- im Frühjahr 2010 durchgeführten Frequenzauktion gelte im Mobilfunk geht die Bundesnetzagentur das insgesamt positiv. Alle vier Netzbetreiber konnten zu- Risiko einer Überforderung insbesondere der kleine- sätzliche Frequenzen erwerben, die es ihnen erlauben, ren Netzbetreiber ein. Der Konsolidierungsdruck auf ihre Netze an die wachsenden Bedürfnisse der Nach- den deutschen Mobilfunkmarkt kann dadurch erhöht frager nach mobilen Breitbandnetzen anzupassen. werden. Die Monopolkommission hätte eine Anpas- – Für die Entwicklung des Wettbewerbs im Mobilfunk sung der Entgelte an die Kosten der effizienten Leis- gegebenenfalls problematisch ist, dass die Asymme- tungsbereitstellung in kleineren Schritten bevorzugt. trie zwischen den Netzbetreibern bei der Ausstattung – Die Regulierung der Entgelte für den entbündelten mit Flächenfrequenzen unterhalb von 1 GHz weiter TAL-Zugang erfolgt auf der Basis von Wiederbeschaf- zugenommen hat. Gegenwärtig ist mindestens ein fungswerten. Rechtlich ist dieses Vorgehen umstritten, Netzbetreiber aufgrund seiner Frequenzausstattung ökonomisch dagegen nachvollziehbar. Für den Fall, nicht in der Lage, ein flächendeckendes mobiles Breit- dass die Entgelte für den TAL-Zugang zukünftig ganz bandnetz der neuesten Generation zu wettbewerbsfä- oder teilweise nach den historischen Kosten des Net- higen Kosten aufzubauen. Sollte sich herausstellen, zes zu bemessen sind, droht eine drastische Absen- dass Flächendeckung ein Erfolgskriterium bei Daten- kung. Um dann Wettbewerbsverzerrungen und nega- diensten ist, könnte dies in letzter Konsequenz zu ei- tive Anreiz für Investitionen in neue Netze zu ner Marktkonsolidierung führen. vermeiden, sollte die notwendige Anpassung der Ent- – Da nach Auffassung der Monopolkommission der Er- gelte über einen Zeitpfad erfolgen. halt der Marktstruktur mit vier Netzbetreibern für die Wettbewerbsintensität im Mobilfunk ausschlaggebend Wettbewerb und Regulierung im Mobilfunk ist, sollte die Neuvergabe der 900-MHz-Frequenzen – Die Monopolkommission geht davon aus, dass auf zum 1. Januar 2017 zum Anlass genommen werden, dem deutschen Mobilfunkmarkt trotz des hohen ge- die bestehende Asymmetrie bei der Verteilung der meinsamen Marktanteils der beiden führenden Anbie- Ausstattung mit Frequenzen unter 1 GHz zu vermin- ter intensiver Wettbewerb herrscht. Dafür spricht, dass dern. Das für die Umverteilung notwendige Spektrum die Marktanteile der beiden kleineren Netzbetreiber sollte dadurch gewonnen werden, dass die bereits bei weiter zunehmen und Preiswettbewerb besteht. Hinzu der Frequenzauktion 2010 geltende Spektrumskappe kommt, dass die Kundenbindung im Mobilfunk wegen von 2 x 20 MHz für alle Netzbetreiber streng umzuset- des hohen Anteils von Prepaid-Verträgen vergleichs- zen ist. weise gering ist. Die Möglichkeit eines schnellen und – Die Monopolkommission begrüßt, dass die Bundes- unproblematischen Anbieterwechsels steigert die netzagentur frühzeitig darüber entscheiden will, ob sie Wettbewerbsintensität. die Ende 2016 auslaufenden Frequenznutzungsrechte in den Bereichen 900 und 1.800 MHz verlängern oder – Die Intensität des Wettbewerbs auf dem deutschen neu vergeben wird. Diese Entscheidung sollte auf der Mobilfunkmarkt hängt allerdings maßgeblich davon Grundlage eines förmlichen Bedarfsermittlungsver- ab, dass die gegenwärtige Marktstruktur mit vier un- fahrens erfolgen. abhängigen Netzbetreibern und einer größeren Anzahl von Service-Providern erhalten bleibt. Würde einer – Herrscht ein Bedarfsüberhang, sollten die Frequenzen der beiden kleineren Netzbetreiber aus dem Markt trotz der ökonomischen Vorteile nur dann versteigert ausscheiden, könnte eine Marktstruktur entstehen, die werden, wenn ein Newcomer in den Markt einsteigen aus drei von der Ressourcenausstattung ähnlichen, be- möchte. Ist kein Newcomer zu erwarten, sollte auf zogen auf die Unternehmensstrategie vergleichbar eine Versteigerung verzichtet werden, weil dem Markt aufgestellten und im Hinblick auf die Marktanteile na- damit Liquidität entzogen würde, welche die Unter- hezu gleich starken Netzbetreibern bestehen würde. nehmen in der gegenwärtigen Situation dringend für Theoretische und empirische Argumente sprechen da- Investitionen in den Aufbau neuer Breitbandnetze be- für, dass bei einer solchen Marktstruktur die Wettbe- nötigen. werbsintensität sinken würde. – Das zu erwartende weitere Wachstum des mobilen Da- – Die intensive Regulierung der Terminierungs- und tenübertragungsvolumens erfordert bei ungebrochener Roamingentgelte kann die Wettbewerbsfähigkeit ins- Entwicklung die Bereitstellung weiterer Frequenzres- besondere der kleineren Netzbetreiber beeinträchti- sourcen für den Mobilfunk unterhalb von 1 GHz spä- gen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Monopol- testens im Zeitraum 2018/2020. Nach Auffassung der kommission, die Mobilfunknetzbetreiber mit Monopolkommission könnte dieses Spektrum aus ei- „Augenmaß“ zu regulieren. Das heißt, die Anpassung ner digitalen Dividende 2 gewonnen werden, indem der Entgelte an die Kosten der effizienten Leistungs- weitere Frequenzen unterhalb von 790 MHz, die bis- bereitstellung sollte über einen Anpassungspfad und her dem terrestrischen Rundfunk zugeordnet sind, für nicht in einem großen Schritt vollzogen werden. Der den Mobilfunk verfügbar gemacht werden. Drucksache 17/8246 – 230 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Breitbandausbau Rahmen einer Open-Access-Strategie einer regulatori- schen Öffnung vorzuziehen. – Als wesentliche Ursachen für den bisher unzureichen- den Ausbau der Glasfasernetze gelten die hohen Kos- – Die Monopolkommission lehnt die Verankerung eines ten und die bisher geringe Nachfrage nach hochbitrati- Breitbanduniversaldienstes mit Vorgaben zu bestimm- gen Breitbandanschlüssen. Die Monopolkommission ten Übertragungsraten im Telekommunikationsgesetz begrüßt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die ab. Dagegen sprechen die damit verbundenen negati- Mitnutzung vorhandener und geplanter Infrastrukturen ven Investitionsanreize, die wettbewerbsverzerrenden des Bundes deutlich verbessert werden sollen. Wirkungen und die hohen Kosten. Der Breitbandaus- bau muss in Deutschland weiterhin marktgetrieben er- – Kritisch sieht die Monopolkommission, dass die Lan- folgen. Bleiben Versorgungslücken, können diese sehr desregulierungsbehörden oder die Bundesnetzagentur viel gezielter und kostengünstiger mit Förderprogram- nicht direkt zurechenbare Kosten bei der Mitverlegung men geschlossen werden, die mit den europäischen von Glasfaserleitungen in Stromnetz- und Gaslei- Beihiferegelungen vereinbar sind. tungsräben pauschal den Strom- und Gasnetzentgelten zurechnen. Dabei lässt sich eine Quersubventionie- Netzneutralität rung der Telekommunikationsnetze von Energiever- sorgungsunternehmen nicht vollständig vermeiden. – Um bestehende Übertragungskapazitäten effizient zu nutzen, kann eine differenzierte Behandlung von End- – Abzulehnen ist die Idee, zur besseren Finanzierung nutzern, Anwendungen und Diensten sinnvoll sein. von Glasfaserinvestitionen ein eigenes Register ein- Ein Verpflichtung zur Netzneutralität – verstanden als zurichten, in dem die dingliche Sicherung von Glas- Preis- und Qualitätsdifferenzierungsverbot – kann da- fasernetzen in Form eines „grundbuchähnlichen Son- her Wohlfahrteinbußen bewirken. Sie ist pauschal derrechts“ eingetragen werden kann. Die nicht zu rechtfertigen. Monopolkommission ist der Ansicht, dass die Kosten – Die Monopolkommission spricht sich gegen die Ein- eines solchen Registers dessen Nutzen übersteigen. schränkung der Möglichkeiten zur Preis- und Quali- tätsdifferenzierung im Internetverkehr aus. Solche – Bei der Regulierung der Entgelte für den Zugang zur Differenzierungen führen dazu, dass knappe Übertra- Teilnehmeranschlussleitung ist der Rückgriff auf Wie- gungskapazitäten, so sie überhaupt auftreten, nicht derbeschaffungskosten aus ökonomischer Perspektive mehr wie bisher willkürlich rationiert werden. Die angebracht, weil die Regulierung damit Entgelte simu- Möglichkeit, Preis- und Qualitätsdifferenzierungen im liert, die sich bei einem funktionsfähigen Wettbewerb Internetverkehr vornehmen zu können, verstärkt die ergeben würden. Da die Glasfaser-TAL ein „modern Anreize, in den weiteren Ausbau der Übertragungs- equivalent asset“ für den Zugang zur Kupfer-TAL ist, netze zu investieren und nach neuen Anwendungen stellen die gegebenenfalls geringeren Kosten der Glas- und Diensten zu suchen. Versuche, den Wettbewerb faser-TAL allerdings die Obergrenze für die Wieder- mit Hilfe solcher Differenzierungen zu beschränken, beschaffungskosten der Kupfer-TAL dar. können wirksam mit den Mitteln des geltenden Wett- – Um gleiche Wettbewerbschancen zwischen TK-Netz- bewerbsrechts und des – wie im Referentenentwurf betreibern und Kabelnetzbetreibern zu gewährleisten, zur TKG-Novelle geänderten – Telekommunikations- sind ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile, wie das gesetzes geahndet werden. Weitere Regelungen zur Nebenkostenprivileg der Kabelnetzbetreiber, abzu- Netzneutralität sind vorerst nicht notwendig. schaffen. Dazu sollte § 2 Nummer 15b Betriebskos- tenverordnung gestrichen werden. Bonn, im Dezember 2011 – Um den volkswirtschaftlich ineffizienten parallelen Ausbau von Glasfasernetzen und Kabelnetzen außer- halb von Ballungsräumen zu vermeiden, befürwortet Justus Haucap die Monopolkommission die Öffnung der Kabelnetze Thomas Nöcker Christiane zu Salm für den diskriminierungsfreien Zugang anderer Anbie- ter. Dabei ist eine freiwillige Öffnung der Netze im Angelika Westerwelle Daniel Zimmer

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