118. 25. November 1975: Fraktionssitzung
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SPD – 07. WP Fraktionssitzung: 25. 11. 1975 (Tonbandtranskript) 118. 25. November 1975: Fraktionssitzung (Tonbandtranskript) AdsD, SPD-BT-Fraktion 7. WP, 6/TONS000045. Titel: »Fraktionssitzung vom 25. 11. 1975.« Beginn: 15.00 Uhr. Dauer: 03:21:40. Vorsitz: Wehner. Sitzungsverlauf: A. TOP 1: Politische Berichte: Bericht des SPD-Parteivorsitzenden Brandt (Parteitag in Mannheim; Fachtagungen für Gesundheits- und Familienpolitik; Beschäftigungspolitik; innere Sicherheit; Kritik der CDU/CSU an Äußerungen Brandts, die Politik der Union stelle ein Sicherheitsrisiko dar; Sozialistische Internationale; Lage in Portugal; Lage in Spanien). – Bericht des Bundeskanzlers (G6-Gipfelkonferenz in Rambouillet; Lage der Weltwirtschaft; Diskussionsveranstaltung des BdI zur Steuerpolitik; Lage in Spanien). – Aussprache der Fraktion über den Bericht des Bundeskanzlers. B. TOP 2: Bericht aus der Fraktionsvorstandssitzung (Haushaltsstrukturgesetz; Ratifikati- on des Sozialrentenabkommens mit Polen; Rechtsstellung der Abgeordneten und Rege- lung der Diäten; weitere Behandlung des Pressefusionsgesetzes; Parlamentariergruppen). – TOP 3: Informationen (Radikalenerlass; Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit chilenischen Geheimdiensten; Deutscher Bildungsrat; Umfrage der Georg-August- Universität; mangelnde Information der Fraktion bei interfraktionellem Antrag zum Haushaltsstrukturgesetz). C. TOP 4: Aktuelles aus den Arbeitskreisen (Bildung einer Gruppe für Menschenrechtsfra- gen in der Fraktion; Gesetzentwurf Wohnbesitz- und Eigentumsförderung im Vermitt- lungsausschuss). D. Vorbereitung der Plenarsitzungen: TOP 5: Tagesordnung und Ablauf der Plenarsitzun- gen. – TOP 6: 2. Beratung Abkommen der Bundesrepublik – Polen. – TOP 7: 2. und 3. Beratung Abgabenordnung. – TOP 8: 2. und 3. Beratung Flurbereinigungsgesetz. – TOP 9: Ausschussbericht betr. Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes. – TOP 10: CDU/CSU-Entwurf Beruf des Logopäden. – TOP 11: Ausschussbericht betr. Rauschmittel- und Drogenmissbrauch. – TOP 12: CDU/CSU-Antrag betr. Mindestmo- torleistung für LKW. – TOP 13: CDU/CSU-Antrag betr. Deutsche Bundesbahn. –TOP 14: Große Anfrage betr. Entwicklungspolitik, Zweiter Bericht der Bundesregierung zur Entwicklungspolitik und zweite Fortschreibung der entwicklungspolitischen Konzepti- on. – TOP 15: Einsetzung eines Sonderausschusses (Art. 48 Grundgesetz; Diätenre- form). E. Sonstiges: TOP 16: Direktwahl Europäisches Parlament. – TOP 17: Nächste Termine. – Verschiedenes. [A.] Wehner: Die Sitzung ist eröffnet. Gestern ist einer unserer Kollegen verstorben: Fried- rich Beermann, der dem Bundestag und der Fraktion seit 1969 angehört hat. Friedrich Beermann war viele Jahre Wissenschaftlicher Assistent der Fraktion in einer Zeit und in unmittelbarer Berührung mit Problemen, die für die Sozialdemokraten nicht leicht lösbar waren. Er war in dieser Zeit ein gewissenhafter Berater in allen Fragen, die die Sicherheit des Landes, die Verteidigungsfähigkeit und die Bündnisfähigkeit angehen und er war das nicht, weil er von Berufs wegen in diesem Bereich ganz hervorragende und bedeutende Kenntnisse hatte. Er war das zugleich, weil in ihm das Erlebnis des Zweiten Weltkrieges und dessen, was dem vorausgegangen war in unserem Lande, zu ganz brennenden Bemühungen, es nie wieder zu einem Riss, zu einer Kluft, zu einem Copyright © 2020 KGParl 1 SPD – 07. WP Fraktionssitzung: 25. 11. 1975 (Tonbandtranskript) Gegeneinander des Volkes, wesentlicher Teile des Volkes – der Sozialdemokraten im Besonderen – zu den bewaffneten Streitkräften kommen sollte. Wobei seine Bemühun- gen ebenso dem galten, was zu diesem Zweck, wenn man das Wort so gebrauchen darf, in der Struktur und im Geiste der Streitkräfte zu entwickeln notwendig war als auch in einem Aufeinanderzugehen von SPD und denjenigen in den Streitkräften, die ähnlich wie er aus dem Zweiten Weltkrieg und dem, was ihm bei uns vorausgegangen ist, nicht nur Wunden, sondern Vorsätze mitgebracht hatten. Friedrich Beermann hat auch als Soldat, als stellvertretender Kommandeur der 3. Pan- zerdivision, von ’65 bis ’68 als Militärattaché in New Delhi, als Oberst im Generalstab und im Stab des deutschen militärischen Vertreters in Washington Dienste geleistet und er war von ’68 bis er in den Bundestag gewählt wurde, Brigadegeneral, deutscher Be- vollmächtigter Nord. Die, die ihn näher kennengelernt haben, wissen um die Nöte, an denen er litt und auch um die Krankheiten, die ihn bedrückten und denen er schließlich zum Opfer gefallen ist. Wir werden seiner ein ehrendes Andenken bewahren. Danke. Einer unserer Kollegen aus dem 1. und 2. Bundestag, Otto Danneboom aus Dortmund, Bergmann, Betriebsrat, Sozialbeauftragter, ist am 5. dieses Monats gestorben. Ich habe seiner Witwe und Familie das Beileid der Fraktion, wahrscheinlich nicht nur im Namen derer, die mit ihm in dieser Zeit hier, sondern auch später in seinen Tätigkeiten im Re- vier in Berührung geblieben oder in Berührung gekommen sind. Am 9. November hat Helmut Rohde 50. Geburtstag begangen. (Starker Beifall.) Das war mitten in der Arbeit, in dem schon in Gestalt des Gewerkschaftsrats und dann der anderen Parteikörperschaften angehenden Parteitag. Wir haben ihm, soweit sich das symbolisch machen lässt, nicht nur Glück gewünscht, sondern bei der Gelegenheit auch gedankt. Ich habe gehört, dass heute nach längerer Abwesenheit unsere Genossin Elisabeth Orth wieder unter uns ist und wieder genesen. (Beifall.) Und bevor ich nun, Genossinnen und Genossen, die Tagesordnung aufrufe, liegt mir daran, zu einem Erguss des Giftmischers vom Dienst bei der Fraktion der CDU/CSU – Reddemann, wer denn sonst –, der heute als Pressedienst der CDU/CSU verbreitet wird, ganz kurz etwas zu sagen. Nicht weil Reddemann so viel Wert wäre, sondern ich möchte sagen, dass sich Reddemann zu reiben bemüht an Erklärungen, die Willy Brandt gegeben und zu denen er auch schriftliche Unterlagen an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages hat versenden lassen, möchte ich sagen, wer die Erklärungen Willy Brandts gelesen hat und wer die auf vergiftende Wirkungen berechneten Erfin- dungen des Mischers vom Dienst der Fraktion der CDU/CSU Reddemann dagegen- hält, wird mit mir nach einem alten Wort sagen: niedriger hängen – ich meine das Pam- phlet, nicht den Mann. (Heiterkeit.) Offensichtlich haben die Erklärungen von Willy Brandt einen kranken Nerv getroffen. Zur Tagesordnung, Genossen. (Beifall.) Die Tagesordnung liegt vor. Änderungswünsche gibt’s nicht. Dann bitte ich Willy Brandt, das Wort zu nehmen, unter Politische Berichte. Brandt (Berlin): Liebe Genossinnen und Genossen, wir haben den Parteitag in Mann- heim hinter uns. Ein beträchtlicher Teil der Fraktionskollegen hat in der einen oder anderen Eigenschaft am Parteitag teilgenommen. Ich glaube, es ist trotzdem richtig, in Copyright © 2020 KGParl 2 SPD – 07. WP Fraktionssitzung: 25. 11. 1975 (Tonbandtranskript) der ersten Fraktionssitzung einige Bemerkungen zu machen, die sich auf eine Wertung des Parteitages beziehen. Wir können ohne zu übertreiben sagen, der Parteitag in Mannheim – und das wird ihn kennzeichnen für eine ganze Weile –, der hat sich her- ausgehoben durch das Maß an Geschlossenheit, das die Partei zum wesentlichen Teil als Ergebnis harter Diskussionen zustande gebracht hat und gestützt auf Erfahrungen zustande gebracht hat seit dem vorigen Parteitag. Und Mannheim hat, neben den Ar- beitsergebnissen, zu denen ich gleich ein paar Bemerkungen mache, auch gezeigt, dass wir uns nicht jagen lassen, sondern dass wir aus sind auf eine selbstbewusste Auseinan- dersetzung mit dem politischen Gegner. Die Partei hat gezeigt, dass Helmut Schmidt und die Bundesregierung, unsere Genossen in der Bundesregierung, aber auch die Ko- alition bei allen verständlichen sachlichen Diskussionen, die es da auch immer wieder geben wird, aber dass unsere Genossen in der Regierung und die Regierung insgesamt vertrauensvoll getragen werden, zumal was die Wirtschaftspolitik und die Außenpolitik angeht. Und der Parteitag – ich bitte das hier noch mal deutlich machen zu dürfen – hat der Fraktion sehr viel Vertrauen entgegengebracht, ihr nicht nur für die weitere Arbeit auf den Gebieten, die in dieser Legislaturperiode noch abzuhandeln sind, den Rücken gestärkt, sondern zu den Fragen, um die es ging, gesagt: Wir formulieren hier bestimm- te sozialdemokratische Ziele, wir setzen uns nicht als Parteitag anstelle der Bundestags- fraktion, sondern vertrauen darauf, nehmt das Beispiel der Mitbestimmung. Die Auf- fassung der Partei ist noch mal ganz eindeutig in Verbindung mit dem Orientierungs- rahmen dargelegt worden, und gleichzeitig hat der Parteitag mit großer Mehrheit ge- sagt, bei Respekt derer, die das anders gesehen haben, wir verlassen uns drauf, dass diese Bundestagsfraktion und diese Koalition das jetzt Mögliche machen und das gilt auch für die anderen Gebiete, die in der Mache sind, ob es Berufsbildung oder der nächste Schritt auf dem Weg zur Bodenreform ist. Es gilt auch, liebe Genossen, für ein so diffiziles Gebiet, nicht so viele betreffend, trotzdem nicht uninteressant und schon gar nicht unwichtig für manche, mit denen zusammen wir wieder einen Wahlkampf führen müssen, ein Thema, das uns hier neulich einmal lange beschäftigt hat, Stichwort 130 a, wo der Parteitag vertrauensvoll gesagt, er geht davon aus, dass die Bundestags- fraktion selbst und in Verbindung mit dem Koalitionspartner sich dieses Themas noch einmal unter Würdigung der hier und auch dort vorgebrachten Argumente annimmt. Ich habe dieses Aufeinanderzugehen und auch dieses Respektieren dessen,