<<

Kirche in Schwabach im Mittelalter1 - Wolfgang Dippert, Stadtarchiv, 2021 -

Entstehung kirchlicher Strukturen im Frühmittelalter

Anfänge des Christentums im heutigen Bayern Besiedlungsspuren sind in Schwabach bereits aus vorchristlicher Zeit überliefert. Da allerdings einschlägige archäologische Belege nicht vorhanden sind und die schriftliche Überlieferung zu Schwabach trotz der langen Siedlungsgeschichte erst relativ spät, im Jahr 1117, einsetzt, kann die Frage nach Zeitraum und Umständen der Christianisierung im Schwabacher Raum nur auf theo- retischem Wege hinterfragt werden. Der Schwabacher Historiker Johann Heinrich von Falckenstein hatte keinen Zweifel daran, dass der Heilige Rupertus (geb. um 650, gest. 718?) das Christentum auch bis nach Mittelfranken ge- bracht habe und führte als Beleg für seine „gesicherten Muthmassungen“ den Ortsnamen „Ru- perts-Buch“2 unweit von Weißenburg und den Namen „Ruprechts-Berg“ für eine Anhöhe bei diesem Ort an. Wann das Christentum wirklich in den Schwabacher Raum vorgedrungen ist, das kann allerdings so leicht nicht beantwortet werden. Vielleicht sollte auch besser von der Entstehung dauerhafter kirchlicher Strukturen gesprochen werden. Dabei möchte man, ausgehend von dem nicht weit entfernt gelegenen Limes und dem römischen Castell Biricianis in Weißenburg vermuten, dass es frühe christliche Einflüsse bereits zur Römer- zeit gegeben haben könnte. Hierfür spräche auch das Auffinden römischer Münzen in der Lin- denstraße 1951.3 Aber es gibt in dem fraglichen Zeitraum keine Belege für christliche Siedlungen nördlich der Alpen. Nach der endgültigen Preisgabe des Limes durch die römischen Truppen 259/260 ist es unklar, ob dort mit christlicher Bevölkerung zu rechnen ist. Auch noch im 5. Jahr- hundert scheinen die Alemannen und Thüringer, die nördlich der Donau lebten, in der Regel heidnisch gewesen zu sein, wobei nicht ausgeschlossen wird, dass es in den oberen Schichten eine arianische Minderheit gegeben hat.4 Dagegen dürfte im 6. Jahrhundert die Bevölkerung zwischen Alpen und Donau, die sich in dieser Zeit zum Stamm der Bayern zusammengefunden hat, bereits dem christlichen Glauben angehan- gen haben. Zumindest ist dies für das bayerischen Herzogshaus, die Agilolfinger, schon seit des- sen erstem Vertreter, Herzog Garibald I. (um 555 – nach 590) belegt.5

1 2. leicht überarbeitete Auflage. 2 S. Johann Heinrich von Falckenstein, Antiquitates et Memorabilia Nordgaviae veteris, oder Nordgauische Altertümer und Merkwürdigkeiten … Schwabach, 1734 – 1743, S. 212 und ders., Chronicon SVABACENSE … 2. Auflage, Schwabach 1756, S. 185. Gemeint ist Rupertsbuch in der Gemeinde Schernfeld, Landkreis Eichstätt. 3 Fritz Rudolf Herrmann, Vor- und Frühgeschichte des Schwabacher Landes. In: Heinrich Schlüpfinger (Hrsg.), 600 Jahre Stadt Schwabach 1371 – 1971. Festschrift zur 600-Jahr-Feier. Schwabach, 1971. S. 14-43, hier S. 32 4 Vgl. W. Strömer, Frühes Christentum in Altbayern, Schwaben und Franken. In: Walter Brandmüller, Günter Bernt u. a. (Hrsg.), Handbuch der Bayerischen Kirchengeschichte. 1. Bd. Von den Anfängen bis zur Schwelle der Neuzeit. S. Ottilien, 1998. S. 9-10. 5 Roman Deutinger, Das Zeitalter der Agilolfinger. In: Alois Schmid (Hrsg.), Handbuch der Bayerischen Geschichte, 1. Bd.: Das Alte Bayern, 1. Teil.: Von der Vorgeschichte bis zum Hochmittelalter, München 2017, S. 124 – 261, hier S. 172.

1 Merowingerzeit In wesentlichen Teilen des heutigen Franken steht die Christianisierung im Zusammenhang mit der Ausweitung der Macht der Merowinger, denn die „Ausdehnung des merowingischen Fran- kenreiches bedeutete theoretisch und offiziell auch die entsprechende Ausbreitung des katholi- schen Christentums“, wobei dies „ein komplizierter und langfristiger Prozeß war.“6 Dabei hat es den Anschein, dass das südwestliche Franken einschließlich Schwabach lange Zeit von den Missi- onierungen in Mainfranken und von denen im südlich angrenzenden Bayern unberührt geblieben ist. Erste Hinweise auf die Christianisierung im heutigen Franken ergeben sich aus Reihengräberfun- den westlich von und Anfang des 7. Jahrhunderts.7 Ähnlich verhält es sich in dieser Zeit mit Hessen und Alemannien.8 In dieses Bild scheinen die archäologischen Befunde um die von dem angelsächsischen Mönch Sola vor 754 gegründete Zelle im von Schwabach knapp 50 km Luftlinie entfernten Solnhofen zu passen. Der Heilige Sola nutzte aber eine Kirche, die schon mindestens 100 Jahre vorher entstan- den war.9 Was in der früheren Geschichtsforschung in diesem Zeitraum als „Missionierung” ge- deutet wurde, dürfte daher eher die „Verbesserung der desolaten Seelsorgeverhältnisse”10 im Ein- flussbereich des bayerischen Herzogtums bedeutet haben. Möglicherweise war eine erste Christia- nisierung im Raum Solnhofen nicht sehr nachhaltig gewesen und hat vermutlich auch noch kaum Wirkung in Richtung Schwabach entfaltet. Sofern eine Christianisierung des Schwabacher Rau- mes von Süden ausgegangen wäre, könnte sie also erst in der Mitte des 8. Jahrhunderts im Zuge der Aktivitäten Solas stattgefunden haben.

Königshof in Schwabach Ein weiterer Anhaltspunkt dafür, wann das Christentum nach Schwabach gekommen sein könnte bzw. wann hier dauerhafte kirchliche Strukturen entstanden sind, ist die Gründung eines Königs- hofes, denn mit der fränkischen Landnahme ging die Christianisierung Hand in Hand.11 Der Schwabacher Königshof ist jedoch nicht urkundlich bezeugt und es gibt auch keine archäo- logischen Hinweise auf ihn, wenngleich fränkische Reihengräberfunde bei Rudelsdorf (Gemein- de Kammerstein) und an anderen Orten in der Nähe, auf einen „systematischen Landesausbau des 8. und 9. Jahrhunderts“12 durch die Franken hindeuten. Die Gründung und Existenz des Schwabacher Königshofes leitet sich, obwohl bislang unbewie- sen, aus verschiedenen Umständen ab. Häufigstes Argument für seine Entstehung ist das seit 1420 überlieferte Martinspatrozinium der Schwabacher Stadtkirche13 und die Beziehung zu ande- ren solchen Patrozinien in der Rezat--Regnitz-Linie.14 Seit dem 5. Jahrhundert war der

6 W. Strömer, wie Anm. 3, S. 31. 7 W. Strömer, wie Anm. 3, S. 30. 8 W. Strömer, wie Anm. 3, S. 35. 9 W. Strömer, wie Anm. 3, S. 81. Siehe hierzu auch Friedrich Eigler, Die früh- und hochmittelalterliche Besiedlung des Altmühl-Rezat-Rednitz-Raums (Eichstätter Geograph. Arbeiten Bd. 11), München u. Wien 2000, S. 205. 10 Roman Deutinger, wie Anm. 4, hier S. 173. 11 Vgl. W. Strömer, wie Anm. 3, S. 31: schon im merowingischer Zeit hing „die Christianisierung Frankens ... aufs engste mit der politischen Frankisierung zusammen“. 12 Fritz Rudolf Herrmann, wie Anm. 2, hier S. 34–35. 13 Heinrich Schlüpfinger, Das Patrozinium der Schwabacher Stadtkirche St. Johannes und St. Martin. In: Schwabacher Heimat Nr. 2 (1958), S. 16-17, hier S. 17. 14 Andreas Jakob geht streng mit der Hypothese ins Gericht, dass Martins-Patrozinien an der Rezat-Rednitz- Regnitz-Linie automatisch auf Königshöfe hinweisen. Vgl. Andreas Jakob, St. Martin und seine Kirchen an Rezat, Rednitz und Regnitz. In: Jahrbuch für fränkische Landesforschung Bd. 62 (2002) S. 21 – 41. Obwohl er

2 Heilige Martin der Schutzpatron des fränkischen Reiches. Im gesamten ehemaligen Landkreis Schwabach gibt es übrigens keine weitere Martinskirche.15 Es sprechen jedoch auch für das Ent- stehen eines Königshofes die Lage Schwabachs an einer Fernstraße, die mindestens seit dem 5. Jahrhundert existierte,16 und der Umstand, dass der Ort und seine Umgebung noch im 12. Jahr- hundert Reichslehen war.17 Die mutmaßliche Gründung des Königshofes erfolgte allerdings nicht in einem bis dahin men- schenleeren Gebiet. Der wird südlich der Schwabach, ungefähr in dem Bereich vermutet, in dem sich später der Ebrachische Mönchshof befand, also an der heutigen Ludwigstraße in der Altstadt. Gleich in der Nähe, auf der nördlichen Seite der Schwabach, lag, eine allerdings eben- falls nicht archäologisch belegte alemannische, wahrscheinlicher aber eine bayerische Siedlung18 mit vielleicht christlichen Bewohnern.19 Die Königshöfe der Rezat-Rednitz-Regnitz-Linie lassen möglicherweise „ein einheitliches Kon- zept erkennen“20 und sind eventuell gleichzeitig entstanden. Ihre Anlage dürfte vor 800 erfolgt sein und sie „markieren somit die Ostgrenze unmittelbarer militärischer Präsenz der Franken“.21 Die Entstehung des Schwabacher Königshofes wird für das Jahr 743 angenommen.22 Damit er- scheint der späteste Zeitpunkt für die wahrscheinlich mit der fränkischen Landnahme einherge- hende Christianisierung Schwabachs einigermaßen festgelegt: Sie dürfte Mitte des 8. Jahrhunderts und damit vermutlich kurz vor der Entstehung des Bistums Eichstätt stattgefunden haben.23 Die Beschreibung einer östlich von Schwabach gelegenen Mark des Klosters St. Emmeram in Re- gensburg mit Rohr als Zentrum, die auf die Zeit um 800 datiert wird,24 lässt den Schluss zu, dass sich in diesem Zeitraum die Christianisierung des Schwabacher Raumes schnell verfestigt hat. So- fern diese Mark nicht eine Schenkung Karls des Großen an St. Emmeram war,25 könnte der Um- die Gleichsetzung „Martinskirchen mit fränkischen oder karolingerzeitlichen Gründungen“ in vielen Fällen für richtig hält (S. 40), verweist er unter Zitat von Walter Sage, Frühgeschichte und Mittelalter, in ders. (Hrsg:), Oberfranken in vor- und frühgeschichtlicher Zeit, 1996 S. 266 darauf, dass Martin von Tours ein sehr volkstümlicher Heiliger gewesen sei und dass der spätere „Patrozinienwechsel bei bestehenden Kirchen auch nicht eben allzu selten ist.“ Er verlangt daher zu recht „weitere wichtige Indizien“, für einen Bezug zu einem Königshof, wenn ein solches Patrozinium „erst vom späten 12. oder 13. Jahrhundert an urkundliche Belege findet“. 15 Friedrich Eigler, wie Anm. 8, S. 357. 16 vgl. Heinrich Schlüpfinger, Nürnberger Handelsstrassen durch das Schwabacher Land. In: ders. (Hrsg.), 600 Jahre Stadt Schwabach 1371 - 1971. Festschrift zur 600-Jahr-Feier, Schwabach 1971, S. 357. 17 Siehe hierzu der Übergang Schwabachs von Kuno von Horburg an Herzog über die Familie seines Halbbruder Berengar von Sulzbach an Friedrich von Schwaben und Rothenburg. 18 Friedrich Eigler, wie Anm. 8, S. 355. 19 Roman Deutinger, wie Anm. 4, S. 124 – 261. 20 Andreas Jakob (wie Anm. 13, S. 40) lehnt diese Linie nicht gänzlich ab, stellt sie allerdings in Frage. 21 Friedrich Eigler, wie Anm. 8, S. 187. 22 Friedrich Eigler, wie Anm. 8, S. 198. 23 Heinrich Schlüpfinger, Die Stadtpfarrei Schwabach vom Mittelalter bis zur Neuzeit. Ein Beitrag zur Kirchen- und Siedlungsgeschichte des Schwabacher Landes. Schwabach 1975, S. 6. vermutet aufgrund älterer Literatur zur Gründung des Bistums Eichstätt und zur Entstehung des Schwabacher Königshofes, die Pfarrei Schwabach sei früher gegründet worden. Friedrich Eigler, wie Anm. 8, S. 207 – 213 fasst die einschlägige Literatur dahingehend zusammen, dass die Eichstätter Bistumsgründung 744/45 in Gang gekommen ist und über einen gewissen Zeitraum ablief. Stefan Weinfurter, Eichstätt im Mittelalter. Kloster – Bistum – Fürstentum. und Eichstätt 2010, S. 25 geht von der Gründung des Bistums zwischen 744 und 747 aus. 24 Friedrich Eigler, Schwabach (Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken, Reihe 1, Heft 28), München 1990, S. 44. Die Beschreibung der Mark ist zwar erst seit Anfang des 11. Jahrhunderts schriftlich überliefert, sprachliche Eigenheiten weisen jedoch auf eine Entstehung um 800 hin. 25 Gottlob Heckel stellt in seinem Aufsatz „ und sein Stift im Mittelalter“ (Schwabacher Heimat Nr, 1/1964, S. 25-29) die Hypothese auf, dass Abtbischof Adalwin von Regensburg von Karl dem Großen „das Gebiet um Spalt, vielleicht auch das an der Schwabach“ also die Emmeramer Klostermark als Geschenk für seine Unterstützung in den Jahren 792/793 beim Bau des „Karlsgrabens“ erhalten hat. Auch Friedrich Eigler (wie

3 stand, dass die Bewohner dieser Mark wahrscheinlich Baiern waren,26 der Hinweis auf alte Grenz- zeichen in der Markbeschreibung27, aber auch der Bezug zu Regensburg als damaliger Hauptstadt der Bayernherzöge, darauf hindeuten, dass westlich von Schwabach längstens bis zum Tod des Herzogs Tassilo III. im Jahr 788, also nicht lange nach Gründung des Königshofs Schwabach, die Grenze zwischen bayerischem und fränkischem Einflussgebiet verlief. Träfe dies zu, dann steht, wie auch andernorts belegt, der Auf- bzw. Ausbau der kirchlichen Organisation im Schwabacher Raum in einem engen Zusammenhang mit den jahrzehntelangen Auseinandersetzungen zwischen Bayern und Franken. Geht man nun davon aus, dass im Zusammenhang mit der Anlegung des Königshofs Schwabach auch kirchliche Strukturen entstanden sind, dann muss die Entstehung dieser Strukturen schon vor Gründung des Bistums Eichstätt, also vor 787 erfolgt sein.28 Trotz der heutigen Nähe zum Bistum , das ja erst 1007 aus Teilen der Bistümer Eichstätt und Würzburg gegründet wurde, ist anzunehmen, dass bei Festlegung des Eichstätter Bistumssprengels Schwabach diesem Bistum zugeordnet wurde. Damit gehört Schwabach quasi zum Urbestand der Bistums Eichstätt. Die Schwabacher Lokalgeschichtsschreibung setzt den Aufbau kirchlicher Strukturen und die wahrscheinliche Errichtung einer ersten Kirche zu Zeiten des fränkischen Königshofs Schwabach mit der Entstehung einer Pfarrei gleich. Dies mag daraus zu ersehen sein, dass alle früh bezeug- ten Martinskirchen an Orten mit Königsbesitz Pfarrkirchen waren und bis heute geblieben sind.29 Auch der bereits erwähnte Umstand, dass Schwabach damals an einer wichtigen Fernstraße lag und als Königshof für die nähere Umgebung in admini-strativer Hinsicht eine gewisse zentrale Funktion besaß, spricht dafür. Die Rolle Schwabachs als „Königspfarrei“, also als Pfarrei unter königlichem Patronatsrecht, er- schließt sich erst aus der Schenkung Schwabachs durch Herzog Friedrich von Rothenburg an das Kloster Ebrach. Die Schenkungsurkunde selbst ist zwar nicht überliefert, 1195 bestätigt jedoch Kaiser Heinrich VI., dass Friedrich dem Kloster sein Gut Schwabach samt der Pfarrkirche über- eignet hatte.30 Man kann aber „von einer durchgebildeten kirchlichen Organisation … um das Jahr 800 noch nicht sprechen“31 Der Pfarrsprengel der Schwabacher Königspfarrei ist daher vermutlich noch nicht in seiner vollen mittelalterlichen Ausdehnung festgelegt, sondern hat sich erst im Rahmen der Besiedlung in der Folgezeit entwickelt.32 In geographischer Hinsicht entspricht die damalige

Anm. 8, S. 361) geht von einer Schenkung Karls des Großen an das Regensburger Kloster St. Emmeram aus und hält die Pfarrei Rohr für eine ehemalige Filiale der Pfarrei Schwabach (Ebenda S. 363). Allerdings ist diese Schenkung nicht urkundlich belegt. 26 Friedrich Eigler, wie Anm. 8, S. 362. 27 Friedrich Eigler, wie Anm. 8, S. 361. 28 Vgl. Friedrich Eigler, wie Anm. 23, S. 30 – 32. Schlüpfinger hat bereits früher vermutet, dass die Pfarrei Schwabach vor Gründung des Bistums Eichstätt entstanden ist: vgl. Heinrich Schlüpfinger, wie Anm. 22, S. 6. 29 Vgl. Karl Puchner, Patrozinienforschung und Eigenkirchenwesen mit besonderer Berücksichtigung des Bistums Eichstätt. Kallmünz 1932 S. 10. 30 Staatsarchiv Würzburg, Kloster Ebrach Urkunden 24. 31 Friedrich Eigler, wie Anm. 23, S. 43. Ebenda wird aber außerdem festgestellt, dass die „vom Rednitztal her nach Westen vordringenden Rodung und Siedlung ein gemeinsamer Grund für die Ausbildung der Sprachgrenze und der Kirchensprengel“ ist. 32 Eine Festlegung des frühmittelalterlichen Schwabacher Pfarrsprengels, wie sie Heinrich Schlüpfinger in seiner Schrift wie Anm. 22, S. 8 – 17. vornimmt, erscheint dem Verfasser in dieser Form für die Zeit um 800 noch nicht sinnvoll, da es etliche Orte, die dem Sprengel zugeordnet sind, damals noch nicht gegeben haben dürfte und somit der Pfarrsprengel noch nicht besiedelte Bereiche umfasst hätte. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass erst im Laufe der Zeit neu gegründete Siedlungen einem Pfarrsprengel zugeordnet wurden, so dass der bei Schlüpfinger dargestellte Schwabacher Sprengel erst bis zum Hochmittelalter entstanden ist. Allerdings vermutet Erich Frh. v. Guttenberg, Stammesgrenzen und Volkstum im Gebiet von Rednitz und Altmühl. In: Jahrbuch für

4 Pfarrei also eher einem „Hotspot“, der mehr und mehr auch von den Bewohnern neu entstande- ner umliegender Siedlungen genutzt wurde, soweit sie sich nicht an umliegende Pfarreien wand- ten. Dass sich hierbei schon die spätere Pfarrorganisation in der Umgebung abzeichnete, aller- dings noch sehr schemenhaft, ist nicht ausgeschlossen. Seit der karolingischen Zeit könnten in Schwabach zwei Kirchen entstanden sein. An der Stelle der heutigen Stadtkirche, außerhalb des Königshofes, dürfte ein allerdings viel kleinerer Vorgän- gerbau gestanden haben, der, wie erwähnt, dem Heiligen Martin von Tours geweiht war. Daneben stehend wird eine dem Heiligen Johannes dem Täufer geweihte Taufkapelle vermutet. So könnte sich das seit dem ausgehenden Mittelalter überlieferte Doppelpatrozinium der Stadtkirche erklä- ren. Der Bau der Maria Magdalenenkapelle im Wirtschaftshof des Klosters Ebrach, der später im Bereich des Königshofes entstand, wird in das 13. Jahrhundert datiert.33

Hoch-und Spätmittelalter Lange Zeit gibt es keine schriftlichen Quellen, die über die religiösen Verhältnisse in Schwabach berichten, auch nichts über die Verhältnisse in dem kleinen Ort überhaupt. Jedoch stehen die ers- ten beiden schriftlichen Erwähnungen im Zusammenhang mit kirchlichen Angelegenheiten.

Schenkung Schwabachs an das Kloster Ebrach Die erste Erwähnung Schwabachs im Jahr 1117 hat allerdings nur ortsgeschichtliche Bedeutung, jedoch keine kirchengeschichtliche.34 Die zweite Erwähnung, 1166, die aber heute nicht mehr di- rekt überliefert ist, ermöglicht uns einen etwas näheren Blick auf die rechtlichen und kirchlichen Verhältnisse in Schwabach in jener Zeit. Der sicherlich noch immer recht kleine, aber wegen sei- ner günstigen Verkehrslage nicht ganz unwichtige Ort war zu dieser Zeit Reichslehen, wahr- scheinlich noch von dem Umstand herrührend, dass Schwabach früher ein Königshof gewesen ist, aus dem sich mit der Zeit ein Dorf entwickelt hat. Dieses Dorf nun vererbte der Lehensherr, der Sohn von König Konrad III., Herzog Friedrich von Rothenburg und Schwaben, in einer, im Blick auf einen anstehenden Kriegszug seines Vetters, Kaiser Friedrich Barbarossa nach Rom er- lassenen testamentarischen Verfügung dem Kloster Ebrach.35 Offenbar erfolgte das Legat wegen einer besonderen Beziehung Friedrichs zu dem Kloster. Immerhin war seine Mutter, Königin Gertrud, dort begraben und auch er wurde später in Ebrach bestattet. Seine Grabplatte ist dort bis heute erhalten geblieben.

fränkische Landesforschung Bd. 8/9 (1943) S. 1-109; hier S. 76, dass Katzwang bei der Schenkung an das Kloster Ellwangen von der Schwabacher Pfarrei abgetrennt wurde. Die Übergabe ist frühzeitig erfolgt (Willi Ulsamer und Christoph Haag, Gemeinde Katzwang. In: Willi Ulsamer (Hrsg.), 100 Jahre Landkreis Schwabach <1842 - 1962>. Ein Heimatbuch. Im Auftr. d. Landkreises hrsg. Schwabach 1964 S. 331-338, hier S. 332 vermuten im Jahr 823, nachdem der Ort zuvor schon zum Kloster Gunzenhausen gehört hatte). 33 Kurt Pilz, Die Stadtkirche St. Johannes und St. Martinus in Schwabach. Ihre Geschichte und ihre Kunstwerke. Herausgegeben anläßlich des 450jährigen Jubiläums der "Schwabacher Artikel". Schwabach 1979, S. 1-2. 34 Mönche aus dem Kloster Zwiefalten, die sich auf dem Weg vom Kloster Kladrau in Böhmen in ihr Heimatkloster befanden, wurden von Graf Kuno von Horburg, dem damaligen Ortsherren, zur Übernachtung in Schwabach genötigt und hielten dieses Ereignis wegen einer für sie verstörenden Himmelserscheinung, vermutlich ein Nordlicht, in der sogenannten Bertholdchronik ihres Klosters fest. (zu dieser Chronik vgl. Erich König und Karl Otto Müller, Die Zwiefalter Chroniken Ortliebs und Bertholds. Neu herausgegeben, übersetzt und erläutert. (Schwäbische Chroniken der Stauferzeit Bd. 2) Stuttgart, 1941. sowie Luitpold Wallach, Berthold of Zwiefalten's Chronicle. Reconstructed and edited with an Introduction and Notes. In: Traditio. Studies in ancient medieval History, Thought and Religion. Bd. 13. New York, 1957, S. 153-248.). 35 Siehe hierzu Gottlob Heckel, Die Pfarrei Schwabach kommt an Ebrach. In: Schwabacher Heimat Nr. 4/1962, S. 33-35.

5 Der Erbfall trat tatsächlich im folgenden Jahr ein, als Friedrich auf dem Kriegszug an einer Seu- che starb. Ebrach konnte das Erbe aber einen unbekannten Zeitraum lang offenbar nicht antre- ten. Schwabach ist daher auch nicht in einem Schutzbrief Papst Alexanders III. für Ebrach aus dem Jahr 1177 aufgeführt, in dem ansonsten die Besitzungen des Klosters aufgezählt werden.36 Dagegen wird der Ort in einem ähnlichen, von Papst Lucius III. ausgestellten Schutzbrief von 1182 ausdrücklich erwähnt. Es ist dort die Rede von „Suaba cum decimis et omnibus pertinentiis suis, qui Fridericus regis Corradi filius eidem monasterio pro remedio anime sue contulit“ (Schwabach mit den Zehenten und allen seinen Zugehörungen, die Friedrich, der Sohn König Konrads, jenem Kloster zur Rettung seiner Seele übertragen hat).37 Ob das Kloster zu diesem Zeitpunkt schon in den tatsächlichen Besitz Schwabachs gelangt ist oder hier nur ein Anspruch bekräftigt wurde, muss offen bleiben. Erst 1195 vollzog Kaiser Heinrich VI. die Stiftung.38 Zwar gibt die zu diesem Vorgang gehörige Urkunde nicht den genauen Inhalt des Testaments wider, das Friedrich von Rothenburg verfasst hatte, sie nennt aber, auf Schwabach bezogen, die wesentliche Verfügung. Demnach war sowohl die weltliche Herrschaft, als auch die Kirchenherrschaft in Schwabach („predium suum in Svaba cum eiusdem loci parrochia et omnibus alliis eidem predio attinentiis“ - sein Hof in Schwabach mit der Pfarrei an jenem Ort und allen anderen Zugehörungen zu diesem Hof)39 an das Steiger- waldkloster übergegangen. Die Gründe, weshalb dem Kloster Ebrach sein Besitzrecht verweigert worden war, sind aus den zeitgenössischen Quellen nicht erkennbar. Es heißt in der Restitutions- urkunde Heinrichs VI. lediglich, den Brüdern sei in unrechter Weise die Pfarrei entfremdet wor- den („… dicti fratres iniuste a parrochia predicta alienati ...“40) und der Kaiser gebe sie zurück. Auch die Ursachen dafür, dass sich Kaiser Friedrich I. Barbarossa (reg. 1152- 1190) wegen des si- cher noch sehr kleinen Ortes Schwabach gegenüber dem Kloster Ebrach ins Unrecht gesetzt hat- te und dass dessen Sohn Heinrich VI. (1169-1197) erst lange Zeit danach dieses Unrecht beende- te, sind aus den Quellen der damaligen Zeit nicht ersichtlich. Es wird vermutet, dass der Konflikt zwischen Barbarossa und Papst Alexander III. (Pontifikat 1159-1181) hierbei eine Rolle spielte. Das Generalkapitel der Zisterzienser hatte sich nämlich 1161 im Zusammenhang mit der Papst- wahl 1159 gegen Barbarossas Schützling Papst Viktor IV. auf die Seite von Papst Alexander III. gestellt. Hierdurch geriet der Konvent Ebrach in einen schweren Interessenskonflikt, da er den Beschluss des Generalkapitels zu respektieren hatte.41

36 Staatsarchiv Würzburg, Kloster Ebrach Urkunden 14. 37 Staatsarchiv Würzburg, Kloster Ebrach Urkunden 15; zitiert nach Elke Goez (Bearb.), Codex Diplomaticus Ebracensis I. Die Urkunden der Zisterze Ebrach 1127-1306. 1. Teilband. (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte III Reihe, 7 Bd.). Neustadt a.d.Aisch 2001, S. 165. 38 Auch in der Folgezeit gab es noch Irritationen wegen der Besitzrechte Ebrachs an Schwabach. Vgl. hierzu Ursula Kaiser-Biburger, Die Geschichte des Mönchshofs in Schwabach. (Schwabacher Geschichtsblätter Neue Folge Heft 5). Schwabach 2011, S. 5-6. 39 Staatsarchiv Würzburg, Kloster Ebrach Urkunden 24; zitiert nach Elke Goez (Bearb.), wie Anm. 35, S. 194. Eine weitere Bestätigungsurkunde für die Schenkung Schwabachs an Ebrach, ausgestellt von König Philipp von Schwaben am 15.03.1200 betont, die Schenkung sei mit Zustimmung des seinerzeitigen Eichstätter Bischofs Konrad I. von Morsbach (1153-1171) erfolgt („… consensu et astipulatione Cvnradi tunc temporis Eistetensis episcopi ...“; Staatsarchiv Würzburg, Kloster Ebrach Urkunden 24; zitiert nach ebenda S. 200). Trifft dies zu, so erscheint der Zeitraum von 17 Tagen zwischen dem Ausbruch einer Malariaseuche und dem Tod Friedrichs am 19. August 1167 etwas zu kurz, um eine solche Zustimmung einzuholen. Damit erscheint die Annahme bei Gottlob Heckel,wie Anm. 34, S. 34, die Stiftung Friedrichs sei kurz vor seinem Tod aus Reue über verübte Kriegsverbrechen erfolgt, fraglich. Es wird daher hier die Hypothese trotz einer testamentarischen Verfügung von 1166 bevorzugt. Die Schenkung wurde übrigens auch in späteren Zeiten verschiedentlich erneut bestätigt. 40 Staatsarchiv Würzburg, Kloster Ebrach Urkunden 24; zitiert nach Elke Goez (Bearb.), wie Anm. 36, S. 194. 41 Vgl. hierzu Gottlob Heckel, wie Anm. 34 S. 34 und Elke Goez, Das Kloster Ebrach und die Päpste bis zu Innozenz III. In: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 57 (1997) S. 37-69, hier S. 43-44.

6 Patronat des Klosters Ebrach über Schwabach Der Vollzug des Übergangs von Schwabach an Ebrach wirft ein Licht auf die rechtlichen, auch die kirchenrechtlichen Verhältnisse in dem kleinen, aber möglicherweise nicht ganz unwichtigen Ort, wie sie seit Entstehung des Königshofes bis zu dem Übergang an das Kloster geherrscht ha- ben müssen. Demnach war Schwabach unmittelbares Reichslehen, das, wie wir seit dem Jahr 1117 wissen, an königsnahe Vasallen vergeben war. Teil des Lehens war die Kirchenherrschaft über die Pfarrei (Parrochia). Dazu zählte zumeist der Anspruch auf die kirchlichen Einnahmen, also in der Regel die Zehenten, und die Beteiligung bei der Einsetzung der Geistlichen, allerdings auch die Verpflichtung zur Besoldung der Kirchenbediensteten. Oft war mit der Kirchenherrschaft, auch Patronat genannt, zusätzlich die Pflicht zu Bau und Unterhalt der Kirchengebäude verbunden. Vermutlich 1191/9242, also noch innerhalb des Zeitraums, in dem nach der heutigen Quellenlage die Rechte an Schwabach strittig waren, fand die Weihe einer Kirche in dem Ort statt. Dies mag verwundern, denn man würde erwarten, dass der Bau einer Kirche schon allein wegen der damit verbundenen Kosten nur bei geklärten Rechtsverhältnissen stattfinden würde. Dafür, dass dem nicht so war, sind mehrere Gründe denkbar. Man könnte sich beispielsweise vorstellen, dass in der Auseinandersetzung zwischen dem Reich und dem Kloster Ebrach eine der beiden Seiten versucht hat, ihren Anspruch mit dem Neubau der Kirche zu unterstreichen. Oft war ja, wie erwähnt, die Kirchenbaulast mit dem Patronats- recht, also der Ausübung der Rechte über eine Kirche, verbunden. Die Erwähnung Schwabachs als Klosterbesitz in der Urkunde von Papst Lucius III. aus dem Jahr 1182 könnte bedeuten, dass vom Reich nur noch die weltliche Obrigkeit über Schwabach bestrit- ten wurde, da nur diese größere Bedeutung für den König bzw. Kaiser hatte. Möglicherweise war also das Patronatsrecht Ebrachs zu diesem Zeitpunkt nicht oder nicht mehr strittig. Insofern wäre die Kirchenherrschaft Ebrachs eventuell sogar als politisches Zugeständnis in dem Streit um Schwabach zu interpretieren. Aus späteren Quellen ist von einer Baulastverpflichtung des Klosters Ebrach an der Schwabacher Kirche kaum etwas zu erfahren. Insbesondere enthält ein Vertrag aus dem Jahr 1553 zwischen dem Kloster Ebrach und den Regenten des Markgraftums Brandenburg-, zu dem Schwabach in dieser Zeit gehörte, keine Hinweise auf eine solche Baulast. In dem Vertrag, der u.a. die trotz Reformation fortbestehenden Rechte und Pflichten Ebrachs in Schwabach regeln sollte, ist nur die Rede von der Einsetzung und Besoldung der Geistlichen und Schulbediensteten. Fragen des Kirchenbauwesens werden darin nicht berührt.43 Ob dies darauf hindeutet, dass schon die 1191/92 geweihte Kirche von den Schwabacher Einwohnern finanziert wurde, kann daraus nicht ersehen werden. Allerdings lässt ein Schlichtungsbrief vom 27. März 1410 erkennen, dass Pfarrkirche und Kirchhof zu klein geworden seien und man beginne, beide zu erweitern. Das Kloster Ebrach habe es vergönnt, den Bau auszuführen, ohne jedoch in diesem Zusammen- hang ausdrücklich Kirche und Friedhof zu nennen. Das Kloster mehre laut dem Schiedsvertrag das Pfarreinkommen, indem es einen Teil des Widemhofes an die Pfarrei übergebe. In der selben Urkunde wird jedoch auch klargestellt, dass Ebrach mit dem Bauwesen von Pfarrhof, Kirche und Kirchhof nichts zu tun habe.44 Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte sich das Kloster von der

42 Datierung nach Kurt Pilz, wie Anm. 32,, S. 11 in Verbindung mit Franz Heidingsfelder (Bearb.), Die Regesten der Bischöfe von Eichstätt. . Bearb. v. Franz Heidingsfelder (Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte VI. Reihe), 1938. , S. 161-162. 43 Abschrift dieser Urkunde in Stadtarchiv Schwabach III.3. pag. 378–396. 44 Abschrift dieser Urkunde in Staatsarchiv Nürnberg Rep. 212/24 Rentamt Schwabach Nr. 2741a (Zins- und Kopialbuch des Ebracher Amtes Katzwang) fol. 64‘-65‘.

7 Baulast an der Stadtkirche befreit haben. Der 1410 begonnene Kirchenbau kann also als Bürger- kirche betrachtet werden. Was Aussehen und Umstände der Errichtung des Ende des 12. Jahrhunderts geweihten Kirchen- baus anbelangt, so müssen wir uns wohl damit abfinden, dass genauere Aussagen wegen der in diesem Zeitraum herrschenden Quellenarmut derzeit nicht möglich sind.45

Die rechtlichen Verhältnisse der Pfarrei Schwabach Ungeachtet der Rechte und Pflichten, die das Reich bzw. das Kloster Ebrach in pfarrlichen Ange- legenheiten in Schwabach besaßen, war die Pfarrei bis zur Reformation in kirchlichen Fragen dem Bischof von Eichstätt unterstellt. Mit erheblicher zeitlicher Verzögerung vollzog allerdings Bischof Hartwig von Grögling-Dollnstein mit Einverständnis des Eichstätter Domkapitels im Mai 1212 den kirchenrechtlichen Übergang der Pfarrei Schwabach an Abt und Brüder des Stei- gerwaldklosters, indem er ihnen die Kirche in Schwabach, die Zehenten und den Ertrag daraus („… tradimus … ecclesiam in Swabach, decimas omnesque proventus eius ...“46) übertrug. Diese Übertragung, zuweilen auch als Inkorporation bezeichnet, erfolgte jedoch unter der Bedingung, dass nach dem Tod oder dem Rücktritt des Schwabacher Priesters dem Eichstätter Bischof vom Kloster Ebrach ein geeigneter Nachfolger präsentiert werden musste. Außerdem war dieser Pries- ter finanziell so auszustatten, dass er Gastfreundschaft gegenüber Armen und die Seelsorge aus- üben konnte. Die kirchlichen Pflichten gegenüber dem Bischof bzw. dem Archidiakon blieben natürlich bestehen. Der Name des Geistlichen (plebanus), der damals die Seelsorge in Schwabach verrichtete, wird nur mit „H.“ angegeben.47 Während die Zugehörigkeit der Schwabacher Pfarrei zum Bistum Eichstätt mit der Reformation endete, blieb das Patronat des Klosters Ebrach im Prinzip bis zur Säkularisation im Jahr 1803 be- stehen. Daran änderte sich auch nichts, als 1281 König Rudolf von Habsburg den Ort Schwa- bach für das Reich zurückerwarb. In der Urkunde heißt es, Rudolf kaufe „… omnia bona, homi- nes et iura, que iidem abbas et conventus in predio Svabach habent vel possident exceptis ecclesia parrochiali cum dotibus suis et decimis minoribus et maioribus ac ipsorum curia, quam inhabi- tant, cum suis attinentiis universis ...“.48 Rudolf übernahm demnach alle Güter, Menschen und Rechte, die jener Abt und Konvent im Gut Schwabach besaßen. Vom Kauf waren aber die Pfarr- kirche mit den Gütern zu ihrer Ausstattung, die Groß- und Kleinzehenten sowie der vom Kloster genutzte Hof mit seinen Zugehörungen ausgenommen. Einen ersten Blick auf die inneren Verhältnisse der Pfarrei lässt eine nicht mehr im Original über- lieferte Urkunde zu, die zwischen 1212 und dem 25. Mai 121549 entstanden sein muss und die Einkünfte des Schwabacher Pfarrers regelt. Ihr zufolge war der verstorbene Dekan von Sankt Stephan in Bamberg, Heinrich, Pfarrer („pastor“) in Schwabach. Es wird daher vermutet, dass damit „H.“ aus der Urkunde von 1212 als der Bamberger Dekan Heinrich identifiziert werden

45 Auch Ausstattungsstücke aus dieser Kirche sind nur ganz wenige erhalten geblieben und wenn, dann erst aus relativ später Zeit. Es handelt sich um eine Glocke aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts und eine aus der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts. Zudem sind noch eine weibliche Heiligenfigur vom Ende des 14. Jahrhunderts und eine um 1400 entstandene Steinfigur des Heiligen Johannes Baptista erhalten geblieben. Ferner ist durch eine Messstiftung nachgewiesen, dass die Kirche 1355 einen St. Veitsaltar besessen hatte. (Vgl. Kurt Pilz, wie Anm. 32, S. 14 und 23). 46 Zitiert nach Elke Goez (Bearb.), wie Anm. 36, S. 251. 47 Zu der Inkorporation und der weiteren Umständen hierzu vgl. Gottlob Heckel, wie Anm. 34 S. 34. 48 Zitiert nach Elke Goez (Bearb.), Codex Diplomaticus Ebracensis I. Die Urkunden der Zisterze Ebrach 1127- 1306. 2. Teilband. (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte III Reihe, 7 Bd.). Neustadt a.d.Aisch 2001, S. 655-656. 49 Inhalt der Urkunde unten wiedergegeben nach Elke Goez (Bearb.), wie Anm. 36, S. 260-261.

8 kann.50 Ferner wird vermutet, dass dieser Heinrich nicht selbst in Schwabach als Pfarrer tätig war, sondern ein von ihm besoldeter Hilfsgeistlicher.51 Die Pfründe des Pfarrers wurde festgelegt auf 45 Summer Winterweizen, 15 Summer Hafer, zwei Summer Gerste, einen Summer Weizen, zehn Lämmer, alle Hennen, Gänse, Ferkel, Fohlen und Käse von fünf Dörfern jenseits der Rednitz52, Erbsen, Hirse, Rüben und Weiteres, die Wiese, die zum Hof in Schwabach gehört, abgesehen von der im Osten des Ortes, die Opfer- und Mess- pfennige sowie die Beerdigungsgebühren. Bemerkenswerter Weise gehörten zu der Pfründe auch die Einnahmen aus dem „questum synodalem“. Der „Synodus“, auch „Send“, war eine kirchliche Gerichtsbarkeit zur Ahndung von Verstößen gegen die Gebote der Kirche.53 Sie wurde ursprüng- lich durch den Bischof ausgeübt und offenbar bei der Inkorporation der Pfarrei Schwabach an das Kloster Ebrach mit übergeben. Ob die Send dann durch den Pfründeinhaber oder durch Ebrach wahrgenommen wurde, muss jedoch offen bleiben. Es wurden von dem Kloster aber offenbar nur so viele Einnahmen aus pfarrlichen Rechten in Schwabach an die Pfarrei weitergegeben, wie zu deren Unterhalt tatsächlich notwendig waren. Demnach hätte Ebrach in Schwabach auch nach Aufgabe der weltlichen Hoheit einen Über- schuss erwirtschaftet, was sich schon in der Inkorproationsurkunde von 1212 andeutet. Es ist da- bei noch nicht einmal ausgeschlossen, dass Teile der Besoldung des Schwabacher Pfarrers auch aus anderen Pfarrsprengeln im Ebrachischen Gebiet um Schwabach herum aufgebracht wur- den.54 Auf ein Anwachsen der Bevölkerung Schwabachs lassen die Verhandlungen schließen, die 1289/90 um die Noval- oder Neubruchzehenten stattfanden und die üblicherweise auf neu fruchtbar gemachtes Land erhoben wurden. Eigentlich wurde der Neubruchzehent vom jeweili- gen Landesherren beansprucht, während die alten Zehenten, zumindest ursprünglich, eine kirch- liche Abgabe gewesen sind. In der Pfarrei Schwabach waren jedoch der Bischof von Eichtstätt, Ulrich von Kühedorf, und Ramungus von Kammerstein in den Besitz von solchen Novalzehen- ten gelangt, die das Kloster Ebrach zurückerwerben konnte.55 Da König Rudolf von Habsburg das weltliche Besitztum Schwabach schon 1281 für das Reich gekauft hatte, ist durch diese Vor- gänge aus der eigentlich weltlichen Abgabe eine kirchliche geworden. Davon konnte jedoch nicht die Pfarrei profitieren, denn 1309 erwarben Werner Scholtz und seine Ehefrau Jutta aus Schwa- bach den Novalzehent auf den Waldäckern bei dem Markt gegen Abgabe eines Scheffels Korn jährlich an das Kloster Ebrach.56 Aus diesen Vorgängen kann ebenfalls, wie oben erwähnt, gefolgert werden, dass das Kloster Ebrach von den Schwabacher Pfarreinkünften nur das Nötigste wieder in die Ausstattung der

50 Vgl. Gottlob Heckel, Die Schwabacher Pfarrer bis zur Reformation. In:Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte 21. Jg. 1952.S. 1-9. 51 Vgl. Hermann Clauß, Schwabacher Pfarrer vom XIII. bis XVI. Jahrhundert. In: Schwabacher Geschichtsblätter. Heft 1. Schwabach 1917, S. 23-24. 52 Heinrich Schlüpfinger benennt in seiner Schrift wie Anm 22, S. 22 folgende Orte: Schaftnach, Furth, Großschwarzenlohe, Leerstetten und Neuses. 53 Zur „Send“ etc. vgl. Friedrich Schulte, System des allgemeinen katholischen Kirchenrechts. Mit steter genauer Berücksichtigung der Besonderheiten in Oesterreich, Preussen, Bayern, der oberrheinischen Kirchenprovinz, Sachsen, Hannover und Oldenburg. Zweiter Teil. Dessen Quellen und Literaturgeschichte, System, Einfluss auf die verschiedenen Rechtsdisciplinen überhaupt. Giessen 1856, S. 347-387. 54 Hier stellt sich der Autor dieses Textes ausdrücklich gegen Heinrich Schlüpfinger, wie Anm. 22, der in seiner Schrift einen Schwerpunkt auf Größe und Umfang der Schwabacher Pfarrei legt und alle Orte, die Abgaben an diese Pfarrei zu leisten hatten, als deren Filialen vereinnahmt. 55 Urkunden von 1289, Dez. 18., 1290, März 04. (evtl. auch Sept. 04) sowie 1290, Apr. 07. Vgl. Elke Goez (Bearb.), wie Anm. 47, S. 773-775, 786-787 sowie 792-794. 56 Vgl. Staatsarchiv Würzburg Kloster Ebrach Bücher (D 7) 2/III, S. 624.

9 Pfarrei fließen ließ. Dies wird auch in der Folgezeit immer wieder deutlich erkennbar, wenn neue Pfründen für weitere Geistliche errichtet werden mussten. Erstmals erfahren wir von einem solchen weiteren Geistlichen (Socius) aus einer Urkunde vom 18. Juli 1304, in der auf Bitten des Klosters Ebrach erneut das Einkommen des Schwabacher Pfarrers (Plebanus) sowie der Pfarrei Katzwang festgesetzt wurde.57 Der Socius hatte die Messe in Dietersdorf, Deutenbach (heute Stadt Stein) und Aychach58 zu lesen. Für den Pfarrer ergab sich dadurch eine deutliche Entlastung. Betrachtet man zusätzlich den Umstand, dass Schwabach um 1303 das Marktrecht erlangt hat59, so liegt auf der Hand, dass die Entwicklung der Pfarrei, die sich im Zusammenhang mit den Verhandlungen um den Novalzehent von 1289/90 abzeichnet, anhielt. Dies gilt allerdings wahrscheinlich nicht nur für Schwabach selbst, sondern auch für die Ortschaften, die zur Schwabacher Pfarrei gehörten. Die zentrale Funktion für die umliegenden Kirchengemeinden, die Schwabach vielleicht später zum Dekanat werden ließ, deutet sich möglicherweise schon zwei Jahre vor dem Vertrag wegen des Pfarreinkommens an, als das Kloster Ellwangen 1302 Katzwang mit dem Patronatsrecht über die dortige Pfarrei an das Kloster Ebrach verkaufte. In einer Urkunde zu diesem Rechtsgeschäft, zu dem mehrere Urkunden entstanden waren, ernannte nämlich der Ellwanger Abt in dieser An- gelegenheit am 22. September den Pfarrer C. von Schwabach zu seinem Beauftragten.60 Obwohl schon 1212 mit der Inkorporation der Schwabacher Pfarrei das Verhältnis zwischen Ebrach und dem Bistum von Eichstätt hätte geklärt sein sollen, kam es 1338 zu einem heftigen Konflikt. Dabei appellierte der Vorsteher bzw. Verwalter des Ebracher Klosterhofs, Bruder Hein- rich, mit Unterstützung von Donaldus, dem Abt des Nürnberger Egidienklosters, sogar an Papst Benedictus XII, weil der Bischof von der Schwabacher Pfarrei ohne Erlaubnis des heiligen Stuhls das Cathedraticum eingenommen habe.61 Dabei handelt es sich um eine jährliche Abgabe oder um eine widerrechtlich vom Bistum für die Ordination bzw. Weihe erhobene Abgabe. Der Aus- gang des Streites ist heute allerdings nicht mehr bekannt. Die Einkünfte, die das Kloster Ebrach aus der Pfarrei bezog, scheinen wenige Jahre später Be- gehrlichkeiten von Dritten geweckt zu haben. Dies könnte man zumindest anhand der Urkunde vermuten, die König Karl IV. im Mai 1352 ausstellte. Darin bestätigte er alle Rechte des Klosters und den gesamten Besitz, darunter namentlich die Pfarrei Schwabach.62 Diese Vermutung wird gestützt durch eine weitere Urkunde des Königs vom August des folgenden Jahres. Darin befahl er in strenger Weise den Grafen Johann und Emicho von Nassau die Pfarrei Schwabach mit allen Zugehörungen und den zur Pfarrei gehörenden Zehnten an Ebrach zurückzugeben.63 Offen- sichtlich war es den damaligen Landesherren von Schwabach, den Grafen von Nassau, gelungen sich gegen geltendes Recht in den Besitz der Rechte an der Pfarrei Schwabach zu bringen. Ob Jo-

57 Vgl. Elke Goez (Bearb.), wie Anm. 47, S. 1095-1097. Die genaue Festlegung der Katzwanger Pfarreinkünfte erfolgte wenige Tage später, am 4. August (vgl. ebenda S. 1098-1099). 58 Es handelt sich offenbar um einen abgegangenen Ort, der in der Nähe von Dietersdorf und Deutenbach gelegen sein muss. Vermutlich hatte sich dort eine Kapelle St. Peter befunden; noch heute befindet sich nördlich des Schwabacher Ortsteils Oberbaimbach bzw. westlich des Ortsteils Dietersdorf das St. Petersholz (vgl. hierzu Eugen Schöler, Sabine Weigand und Wolfgang Dippert, Historisches Stadtlexikon Schwabach. Schwabach, 2008 S. 613). 59 Eugen Schöler, Sabine Weigand und Wolfgang Dippert, Historisches Stadtlexikon Schwabach. Schwabach, 2008 S. 467. 60 Vgl. Elke Goez (Bearb.), wie Anm. 47, S. 1053-1054 (im Regest allerdings wird wohl versehentlich als Beauftragter der Pfarrer von Katzwang genannt). 61 Staatsarchiv Würzburg Kloster Ebrach Urkunden Nr. 563. 62 Staatsarchiv Würzburg Kloster Ebrach Urkunden Nr. 613. 63 Staatsarchiv Würzburg Kloster Ebrach Urkunden Nr. 620. Die Grafen von Nassau hatten seit 1299 Schwabach, ohne die pfarrlichen Rechte, die beim Kloster Ebrach verblieben waren, als Pfand inne und seit 1348 als Lehen.

10 hann und sein Bruder Emicho in vollem Umfang dem Befehl nachgekommen sind, ist ungewiss. Jedenfalls sah sich Karl IV., inzwischen Kaiser, zehn Jahre später, am 17. März 1363, veranlasst, noch einmal die Privilegien Ebrachs zu bestätigen. Die Pfarrei Schwabach wird dabei erneut aus- drücklich erwähnt.64 Damit nicht genug, am 5. Februar des Folgejahres bestätigte der kaiserliche Hofrichter, Burggraf Burkhard von Magdeburg, die kaiserliche Verfügung.65 Es ist allerdings möglich, dass diese Ur- kunde lediglich zur Abklärung der Rechtsverhältnisse im Zusammenhang mit dem Verkauf Schwabachs durch die Grafen von Nassau an die Burggrafen von Nürnberg, diente. Der Verkauf wurde mit Urkunde vom 4. August 1364 vollzogen.66

Die Anstellung weiterer Geistlicher Deutlich geradliniger verlief die innere Entwicklung der Pfarrei. War es, vermutlich wegen der Bevölkerungsentwicklung in dem Ort, der damals gerade zum Markt aufgestiegen war, bereits 1304 notwendig gewesen, einen weiteren, dritten, Geistlichen in der Pfarrei anzustellen, so hielt die Bürgerschaft 1355 die Gründung einer Frühmesse für notwendig. Auf Bitte von Gräfin Anna von Nassau, der Mutter der beiden Schwabacher Landesherren Johann und Emicho von Nassau, genehmigte daher der Abt Otto Jäger und der Konvent des Klosters Ebrach den Bürgern von Schwabach, eine Stiftung einzurichten, damit ein Priester täglich die Frühmesse liest.67 Die Bürger durften den Geistlichen bestimmen, dessen Einsetzung erfolgte jedoch durch das Kloster. Finan- zielle Verpflichtungen übernahm Ebrach nicht, die Besoldung des Geistlichen muss demnach über die Stiftung der Bürgerschaft erfolgt sein. Das Besetzungsrecht der Stadt auf dieser Pfründe sollte es übrigens den Bürgern ermöglichen, im Zuge der Reformation den ersten evangelischen Geistlichen in Schwabach zu installieren.68 Der ursprüngliche Altar, an dem die Frühmesse gelesen wurde, der St. Veitsaltar, ist nicht mehr erhalten. 1450/55 wurde ein neuer Altar aufgestellt. Von diesem ist heute jedoch nur noch das Triptychon erhalten. Es hängt an der Nordseite des Chorraumes rechts neben dem Sakraments- häuschen über dem Chorgestühl. Die drei Gemälde werden Valentin Wolgemut aus Nürnberg zu- geschrieben. Er war der Vater des bekannteren Nürnberger Malers Michael Wolgemut, der eben- falls einige Spuren in der Stadtkirche hinterlassen hat. Auch in den knapp 20 folgenden Jahren nach Stiftung der Frühmesse muss die zur Pfarrei Schwabach gehörige Bevölkerung angewachsen sein. Dies legen zwei Vorgänge vom 4. April 1372 nahe. Zum einen erhielt die Kapelle in Leerstetten, zu der die Bewohner von Leerstetten, Schwarzenlohe (Klein- oder Großschwarzenlohe) und Furth gehörten, einen eigenen ewigen Priester. Dabei legt die betreffende Urkunde zu diesem Vorgang nahe, dass die Kapelle eine Filia- le der Schwabacher Pfarrei gewesen ist.69 Außerdem gestanden Abt und Konvent des Klosters

64 Staatsarchiv Würzburg Kloster Ebrach Urkunden Nr. 644. 65 Staatsarchiv Würzburg Kloster Ebrach Urkunden Nr. 651. 66 U.a. Staatsarchiv Nürnberg Rep. 151 - Fürstentum Ansbach, Oberamt Schwabach IA 33 (geändert in 35). 67 U.a. Staatsarchiv Nürnberg Rep. 151 - Fürstentum Ansbach, Oberamt Schwabach Nr. IEb1 (geändert in 375). Die Bestätigung der Predigerpfründe oder Prädikatur durch den Bischof von Eichstätt erfolgte am 16. September 1379 (Abschriften in Stadtarchiv Schwabach III.2 fol. 54–54' und III.3 pag. 429–433; Original im Staatsarchiv Nürnberg Staatsarchiv Nürnberg Rep. 151 - Fürstentum Ansbach, Oberamt Schwabach IEb2 - geändert in 376 – derzeit verschollen). 68 Vgl. hierzu Hermann Clauß, Die Einführung der Reformation in Schwabach 1521-1530 (Quellen und Forschungen zur bayerischen Kirchengeschichte 2. Bd.) Leipzig 1917, S. 58-60. 69 Bayerische Staatsbibliothek München CLM. 6081 fol. 44–47. Es wurden jedoch nicht alle Beziehungen zu Schwabach getrennt. Weiterhin unterstand die Send Schwabach und die Bewohner der neuen Pfarrei mussten u.a. auch ihre „creutzvart volbringen ze Swab[ach]“ und nach der Gewohnheit der Schwabacher Pfarrei am Palmsonntag das Amt in Schwabach besuchen. (zitiert nach Gottlob Heckel [Urkundenbuch Schwabach.

11 Ebrach dem ewigen Vikarier in Schwabach die Kleinzehenten in Schwabach, „Telnhoven” (mög- licherweise Theilenhofen, Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen) und auf der Prünst zu, damit er einen weiteren Gesellen unterhalten kann.70 Damit waren in der jetzt etwas verkleinerten Pfarrei Schwabach, die allerdings immer noch über den damaligen Ort selbst hinaus reichte, neben dem von den Einwohnern besoldeten Frühmes- ser, drei Geistliche tätig. Jedoch schon drei Jahre später musste Ebrach noch einmal einen Priester zugestehen, so dass die Zahl der von dem Kloster unterhaltenen Priester nun auf vier gestiegen war.71 Mit dem Frühmesser gab es jetzt also fünf Geistliche in Schwabach, das um diese Zeit zur Stadt aufsteigen sollte. Die Einkünfte des Pfarrers blieben offensichtlich ein Dauerthema. Hierauf verweist zumindest eine von einem Kardinal Pileus am 6. Juli 1379 ausgestellte Urkunde, in der auf Bitte des Klosters Ebrach u.a. der Pfarrei Schwabach befohlen wurde, mit den ihr zugeteilten Pfründen und Ein- künften zufrieden zu sein und keine weiteren Forderungen an das Kloster zu stellen.72 Solche Dokumente lassen auf ein eher schwieriges Verhältnis zwischen Schwabach und seinem Kirchenherren schließen. Für die problematische Beziehung der aufstrebenden Stadt zum Kloster Ebrach sprechen auch Notizen eines unbekannten Verfassers in einem Ebrachischen Zinsbuch über den Zeitraum von 1365 bis 1398. Der Schreiber zählt darin Leistungen des Ebracher Klos- terhofs in Schwabach für die Stadt auf, die sich aber unerlaubt Holz aus dem Wald des Klosters angeeignet habe und spricht gar von deren Unverschämtheit bzw. Rücksichtslosigkeit („importu- nitatem“).73 Gut 30 Jahre nachdem die Zahl der Geistlichen angehoben worden war, musste in dieser Angele- genheit erneut verhandelt werden. Der Vikarier an der Stadtkirche, Ulrich Meckenloher, der Rat der Stadt Schwabach sowie die Einwohnerschaft waren in dieser Sache wiederum mit dem Klos- ter Ebrach in Streit geraten. Als hochrangige Schiedsleute fungierten der Schwabacher Landes- herr, Burggraf Friedrich VI. von Nürnberg, und Berthold Stromair, der Abt des nahegelegenen Klosters Heilsbronn. Die Einigung, die am 31. August 1403 erzielt wurde, erklärte zwar ausdrü- cklich den Vertrag vom 29. September 1374 für gültig. Dennoch wurden noch einmal zwei weite- re Gesellpriester genehmigt, für deren Versorgung das Kloster Ebrach zusätzliche Einnahmen zur Verfügung stellte. Auch hier dürfte sich der erneut größere Bedarf an Geistlichen durch ein möglicherweise rasantes Wachstum erklären, das Schwabach, spätestens 1375 zur Stadt aufgestie- gen, genommen hatte.74 Für die Schwabacher Geistlichen war jedoch auch eine zusätzliche Aufgabe hinzu gekommen. Mittlerweile hatte das 1375 gegründete Spital, das 1404 geweiht wurde, offenbar seinen Betrieb aufgenommen und nach der Einigung von 1403 hatten sie dort täglich eine Messe zu lesen und die Seelsorge der Spitalbewohner wurde direkt der Pfarrei unterstellt.

Schwabach o. J.]. Staatsarchiv Nürnberg Manuskripte Heckel (Rep. 499) Nr. 314/3 S. 81). 70 Bayerische Staatsbibliothek München CLM. 6081 fol. 44-47. 71 Urkunde vom 29. September 1374, Staatsarchiv Nürnberg Rep. 151 - Fürstentum Ansbach, Oberamt Schwabach Urkunden Nr. IE 1 (geändert in 355). 72 Staatsarchiv Würzburg, Kloster Ebrach Urkunden 694. 73 Vgl. Erich Frh. von Guttenberg, Notae Swabacenses. Abdruck aus dem Jahrbuch f. Frk Landesforschung 1937 S. 48ff. In: Heinrich Schlüpfinger (Hrsg.), 600 Jahre Stadt Schwabach 1371-1971. Festschrift zur 600-Jahr-Feier. Schwabach 1971, S. 99-101. 74 Staatsarchiv Nürnberg Rep 151 - Fürstentum Ansbach, Oberamt Schwabach, Urkunden Nr. IEa 1 (geändert in 355), Abschrift in Stadtarchiv Schwabach III.3 pag. 231–267 und Staatsarchiv Nürnberg Rep. 151 - Fürstentum Ansbach, Oberamt Schwabach 354 (Kopie), Abschrift in Stadtarchiv Schwabach III.3 pag. 267–297.

12 Wenn auch der 1410 begonnene Bau einer neuen Stadtkirche ab ca. 1420 ins Stocken geraten war75, so kann dies für die innere Entwicklung der Pfarrei nicht gelten. Schon 1429 war es wieder notwendig, einen neuen Geistlichen anzustellen. Offensichtlich aber war das Kloster Ebrach nicht mehr bereit, Einnahmen für die Besoldung zur Verfügung zu stellen. Markgraf Friedrich I. von Brandenburg-Ansbach (bis 1415/17 Burggraf Friedrich VI. von Nürnberg) führte daher Verhandlungen zwischen dem Pfarrer Konrad Boxhorn und der Schwabacher Bürgerschaft. Das Ergebnis war, dass noch einmal ein Geistlicher angestellt wurde. Als Besoldung sollten der Rat bzw. die städtischen Gotteshausmeister jährlich 42 Gulden zahlen. Außerdem erhielten sie den Auftrag, so viele Güter zu erwerben, bis aus deren Ertrag jedes Jahr diese 42 Gulden finanziert werden konnten.76 Ähnlich wie bei der Frühmesse wurde also Träger dieser Pfründe eine von der Bürgerschaft finanzierte, auf Erträgen aus grundherrschaftlichen Verhältnissen basierende Stif- tung. Die Gesamtzahl der in Schwabach tätigen Geistlichen war damit auf acht gestiegen.

Seelgerätstiftungen Nahezu über das gesamte Mittelalter waren nach der heutigen Quellenlage bei der Entwicklung der Schwabacher Pfarrei die Kirchenherrschaft, die zahlenmäßige und evtl. auch die geographi- sche Entwicklung sowie die Zahl der Geistlichen und damit verbunden die Pfarreinkünfte be- stimmende Fragen. Im ausgehenden Mittelalter, besonders im 15. Jahrhundert, treten aber zwei andere Themen in den Vordergrund. Das eine war der 1410 begonnene Bau einer neuen Stadtkir- che, der sich rund einhundert Jahre hinzog.77 Das andere waren zahlreiche Seelgerätstiftungen, Stiftungen also, mit denen Zuwendungen per Testament der Kirche oder den Armen zum Heil der Seele übergeben wurden. Dabei war die Bandbreite der Stiftungen relativ groß. Sie reichte von einer einfachen Messe zum Jahrestag verstorbener Angehöriger, evtl. noch mit besonderer Ausgestaltung des betreffenden Gottesdienstes, bis hin zur Stiftung einer täglichen Messe mit Ausstattung einer Pfründe für einen Kaplan und einem Almosen, das zum Jahrestag von Verstor- benen an Gemeindearme ausgegeben wurde. Der zeitliche Schwerpunkt, in der solche „Seelgeräte“ in Schwabach entstanden sind, zumindest soweit sie quellenmäßig fassbar sind und sich zeitlich einordnen lassen, liegt im 15. Jahrhundert. Allerdings dürfte der erste bekannte Jahrtag bereits um 1300 von Kunz Steck gestiftet worden sein. Er hatte einen jährlichen Betrag von 36 Pfennigen gegeben. Bis 1520 wissen wir von etwa 90 derartigen Stiftungen, manche kleiner, manche auch sehr umfangreich.78 Eines der frühesten Seelgeräte in Schwabach, für die noch eine Stiftungsurkunde in vollem Wort- laut existiert, ist die Stiftung von Friedrich von Schwabach. Er war 1402 ältester Chorherr im Stift Sankt Emmeram in Spalt und übergab eine Wiese mit 1 ½ Tagwerk bei Rednitzhembach sowie die Pflugsmühle zwischen Wassermungenau und Spalt an das Gotteshaus in Schwabach. Von den grundherrlichen Abgaben aus diesen Besitzungen sollte jährlich am 24. November eine Vigil und 75 Die Baugeschichte der Stadtkirche ist dargestellt in Ursula Kaiser-Biburger, St. Johannes & St. Martin. Die Evangelische Stadtkirche Schwabachs. Herausgegeben vom Geschichts- und Heimatverein Schwabach und Umgebung e.V. Schwabach, 2019, S. 20-21. 76 Stadtarchiv Schwabach III.3 pag. 306-309 (Abschrift). 77 Wichtige neue Erkenntnisse zur Baugeschichte der Schwabacher Stadtkirche ergaben sich durch die Bauforschung von Valentina Hinz und Franz Stefan im Zusammenhang mit der Renovierung der Kirche 2010- 2015, jüngst zusammengefasst bei Ursula Kaiser-Biburger, wie Anm. 74, S. 21-28. Es ist daher an dieser Stelle nicht notwendig, näher auf die Baugeschichte einzugehen. 78 Die wichtigste Quelle mit Informationen über Jahrtags- bzw. Seelgerätstiftungen ist das „Salpuch der gult und zins der pfarrkirchen zu Swobach, verneut zu liechtmeß nach Cristi unnsers lieben herrn geburt funfftzehenhundert unnd im zwaintzigisten jare etc.“ (Signatur: Stadtarchiv Schwabach III.47). Intensiv hat sich Gottlob Heckel mit diesen Stiftungen befasst in seinem Aufsatz: Das Jahrtagsverzeichnis der Schwabacher Stadtkirche. In: Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte 20. Jg. 1951.S. 1-12 und 129–162. Diese Arbeit bildet die Grundlage für die nachfolgenden Informationen.

13 eine Seelenmesse für den verstorbenen Kornburger Pfarrer Heinrich, der Friedrichs Bruder war, für Friedrich selbst sowie dessen Eltern Adelheid und Heinrich von Kornburg abgehalten wer- den. Vier Kerzen sollten auf dem Grab angebrannt und Wein für das Messopfer zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus war Friedrich und seinen verstorbenen Angehörigen wöchentlich von der Kanzel zu gedenken und allabendlich eine Marienandacht abzuhalten, bei der Schulmeis- ter und Schüler zu singen hatten. Da im Mittelalter das Almosen häufig Bestandteil frommen Handelns war, wurden die Armen im Spital zu dem festgelegten Gedenktag mit 30 Broten bedacht.79 Eine weitere größere Stiftung erfolgte 1437 testamentarisch aus dem Vermögen des verstorbenen Schwabacher Bürgers Fritz Hamer. Dazu wurde Hamers Erbe durch seine Testamentsvollstrecker „ein rate und gemeine zu Swobach”, also dem Schwabacher Rat und der Bürgerschaft zur Verwal- tung übergeben, um Hamers „irdisch gut in ein ewigs gut zu verwandeln”.80 Damit war die Aufla- ge verbunden, dass Besitzungen erworben werden, aus deren jährlichem Ertrag ein eigener Geist- licher bezahlt werde. Die Stiftung erfolgte mit Zustimmung des Klosters Ebrach als Kirchenher- ren und des Schwabacher Pfarrers Konrad Boxhorn. Landesherr Markgraf Friedrich I. fungierte als Interessensvertreter der Stadt Schwabach. Hamer war aber davon ausgegangen, dass sein Ver- mögen allein nicht ausreichen würde, um die Pfründe hinreichend auszustatten. Er baute deshalb auf die Zustiftungen weiterer andächtiger und gottesfürchtiger Menschen.81 In gewisser Hinsicht repräsentiert damit diese Stiftung auch ein wenig den 1410 begonnen Neu- bau der Schwabacher Stadtkirche. Sie wurde auf den Weg gebracht im Vertrauen darauf, dass an- dere das Werk vollenden. Allerdings wissen wir nicht, wann die Stiftung Hemers tatsächlich ein- gerichtet werden konnte. Es dürfte dies jedoch bei weitem nicht so lange gedauert haben, wie der Abschluss der Bauarbeiten an der Kirche. Nicht immer konnten die Stifter von Seelgeräten wirklich ihre finanziellen Zusagen einhalten, wie der Vergleich zeigt, den Anna Mair aus Waickersreuth schließen musste. Sie hatte Äcker und ein Waldstück für einen Jahrtag an die Stadtkirche gestiftet, war aber damit finanziell überfordert. So wurde 1441 mit dem Pfarrer und den Gotteshauspflegern vereinbart, dass der Jahrtag für ihren verstorbenen ersten Ehemann und ihre ebenfalls verstorbenen Kinder zwar gehalten werde, ob- wohl sie den gestifteten Grund auf Lebzeiten weiter nutzen dürfe. Mit ihrem Tod sollte der Grund mit einem jährlichen Ertrag von 15 Gulden jedoch definitiv an die Kirche fallen. Aller- dings wurde dem zweiten Ehemann von Anna noch ein Vorkaufsrecht eingeräumt.82 Unter ähnlichen Umständen entstand die Stiftung des Predigeramtes bzw. der Prädikatur am Ma- rienaltar in der Stadtkirche. Auch hier sollte die Pfründe mit Unterstützung des Rates eingerichtet und durch weitere Zustiftungen noch besser ausgestattet werden. Eine weitere wichtige Bedin- gung war, dass, ähnlich wie bei der oben bereits erwähnten, 1355 gegründeten Frühmesse, nach dem Tod der Stifterin Elisabeth Gabler und ihrer Testamentsvollstrecker das Patronatsrecht an der Stiftung bei der Stadt Schwabach liegen sollte. Sie verwaltete dann also das Stiftungsvermögen und durfte die Pfründeninhaber auswählen.83 Interessant an dieser Stiftung ist, dass sie sich in einen Zusammenhang einordnen lässt, der weit über Schwabach hinausreicht. Schon seit dem IV. Laterankonzil im Jahr 1215 wurde der Predigt- tätigkeit eine wichtige Rolle eingeräumt. Seit 1438 waren Predigerstellen an Bischofskirchen ver- 79 Abschrift in Stadtarchiv Schwabach III.3 pag. 1141-1148. 80 Eine solche oder ähnliche Formulierung findet sich übrigens auch in manchen anderen Stiftungsurkunden. 81 Stiftungsurkunde als Abschrift in Stadtarchiv Schwabach III.3 pag. 446-458. 82 Abschrift in Stadtarchiv Schwabach III.3 pag. 827-832. 83 Abschrift der Stiftungsurkunde von 1444, Oktober 16. in Stadtarchiv Schwabach III.3 pag. 459-491. Die Bestätigung durch den Bischof von Eichstätt erfolgte 1446, Februar 2 (Abschrift in Stadtarchiv Schwabach III.3 pag. 505-513).

14 bindlich und die Institution der Prädikatur verbreitete sich im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts von Böhmen aus nach Deutschland. Predigerstellen finden wir beispielsweise 1369 in oder 1385 in der Kirche des Heiliggeistspitals in Nürnberg. Weitere Gründungen in Franken sind 1421 in Windsheim, 1422 in Heidingsfeld und Westheim, 1424 in und Hersbruck, 1428/1435 in Auerbach, 1463 in Wolframs-Eschenbach. Wichtige Textpassagen in den Stiftungs- urkunden für Forchheim, Hersbruck, Weiden und Wolframs-Eschenbach stimmen mit der für Schwabach überein. Außerdem wurden die Prädikaturen in Windsheim, Westheim und Heidings- feld, Forchheim, Schwabach und Wolframs-Eschenbach von Bürgern aus Nürnberg gestiftet.84 Bevor der Bischof von Eichstätt mit Zustimmung des Abtes von Ebrach die Stiftung des Predi- geramtes in Schwabach im Februar 1446 bestätigte,85 hatten im Oktober 1445 zunächst der Schwabacher Landesherr, Markgraf Albrecht Achilles zu Brandenburg-Ansbach, sowie einige Tage später Bürgermeister und Rat von Schwabach dem Kloster Ebrach urkundlich zugesichert, dass dieses durch die Stiftung finanziell nicht belastet wird.86 In der Urkunde von Bürgermeister und Rat wird Elisabeth Gabler als Bürgerin von Nürnberg be- zeichnet, aber auch als Schwabacher Bürgerin. Obwohl Elisabeths verstorbener Ehemann Hein- rich Nürnberger Bürger gewesen war,87 dürfte die Einordnung Elisabeths als Bürgerin von Schwabach der Grund dafür gewesen sein, warum sie die Stiftung nicht einer Kirche in Nürnberg zukommen ließ, sondern der Stadtkirche in Schwabach, deren Bau übrigens zu diesem Zeitpunkt scheinbar stockte. Wahrscheinlich war Elisabeth eine Schwabacher Bürgerstochter.88 Nicht immer liegen die Gründe auf der Hand, weshalb Menschen nennenswerte Teile ihres Besit- zes dafür gaben, eine Messe zu stiften. Immerhin musste so viel Vermögen aufgebracht werden, dass der Inhaber der betreffenden Pfründe finanziell versorgt werden konnte. Auch die Motive Hans von Wallenrods, markgräflicher Amtmann in Schwabach seit 1463, sind nicht ganz geklärt. Wie seine Wappen an verschiedenen Stellen in der Stadtkirche zeigen, hatte er sich schon stark für deren Errichtung engagiert, bevor er 1465 zur Ehre der Jungfrau Maria und im Gedenken an seine bereits verstorbene Ehefrau sowie seine Vorfahren eine ewige Messe auf dem Katharinenal- tar der Stadtkirche stiftete. In der Bestätigungsurkunde des Eichstätter Bischofs Wilhelm von Rei- chenau89 ist nur eher allgemein die Rede davon, dass von Wallenrod die Vergänglichkeit der Welt betrachtet habe und es am meisten der Seligkeit des Menschen diene, „das zeitlich gut zu Gottes dienst zu keren”. Solche und ähnliche Formulierungen finden sich häufig im Zusammenhang mit frommen Stiftungen. Es kann daher nur spekuliert werden, ob eventuell auch die vielen Frauen- geschichten aus seiner Jugendzeit und die damit verbundene Furcht vor ewiger Verdammnis Ein- fluss auf seine Großzügigkeit in kirchlichen Angelegenheiten hatten.90 Etwas bescheidener fiel die Stiftung des Bürgers Hans Kulmer von 1379 aus. Er wollte in der Stadtkirche begraben werden und nach seinem Tod 30 Messen für sich lesen lassen. Aber nicht allein für Verfügungen im Zusammenhang mit seinem Tod stiftete er sein verbliebenes Vermö- gen. Es sollten auch auf ewig die Kosten dafür bestritten werden, dass zwei Knaben die Kommu- nion begleiten, wenn sie zu den Kranken getragen würde. Außerdem erhielten seine Testaments-

84 Vgl. hierzu Bernhard Neidiger, Prädikaturstiftungen in Süddeutschland <1369 - 1530>. Laien - Weltklerus - Bettelorden. (Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Stuttgart Bd. 106). Stuttgart u. Leipzig 2011, S. 75, 84 – 87, 90 – 92, 94, 101, 109, 265, 271, 273, 280, 282 – 283, 287, 305 – 306, 309, 312, 323, 325, 328, 341, 377 u. 417. 85 Abschrift in Stadtarchiv Schwabach III.3 pag. 505–513. 86 Abschrift Staatsarchiv Würzburg Kloster Ebrach D7-19III S. 440-441. 87 Bestätigungsurkunde des Eichstätter Bischof Johann III. von Eyck von 1446 Februar 4. (Abschrift in Stadtarchiv Schwabach III.3 pag. 505–513). 88 Da wir Elisabeth Gablers Geburtsname derzeit nicht kennen, ist es aktuell nicht möglich, diese Vermutung zu untermauern. 89 Ausgestellt 1465 Juli 18. (Abschrift in Stadtarchiv Schwabach III.2 pag. 54’-56). 90 Vgl. Eugen Schöler, Sabine Weigand und Wolfgang Dippert, wie Anm. 58, S. 770-772.

15 vollstrecker den Auftrag, zur Ausstattung eines Altars in der Stadtkirche Altartücher, Kelch, Messbuch, Messgewand und alle sonstigen Ornate anzuschaffen.91 Damit ist diese Stiftung auch ein Beispiel dafür, dass Bürger für die Ausstattung der Stadtkirche sorgten.92 Bis in die vorreformatorische Zeit folgten noch weitere Seelgerätstiftungen, darunter größere, wie 1485 die des Pfarrers Peter Linck, verbunden mit einer Familienstiftung,93 1513 die des Münz- meisters Marquard Rosenberger94 oder 1517 die des Rednitzhembacher Frühmessers Hieronymus Nyser95. Sie führten dazu, dass die Zahl der Geistlichen an der Stadtkirche weiter angestieg. Auf- grund der testamentarischen Verfügungen zu den Messstiftungen und auch wegen des finanziel- len Engagements der Stadt Schwabach bei diesen Stiftungen wuchs der Einfluss von Bürgermeis- ter, Rat und Bürgerschaft auf kirchliche Angelegenheiten deutlich an. Die Seelgerätstiftungen, insbesondere in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und Anfang des 16. Jahrhunderts, waren relativ großzügig, denn die dauerhafte Versorgung eines Kaplans war durchaus kostspielig. Erforderlich waren hierfür, wie sich aus den Stiftungsurkunden schließen lässt, jährliche Einnahmen von 35 bis 45 Gulden. Hinzu kamen zuweilen noch weitere Kosten wie die Ausgestaltung von Seelenmessen oder Almosen. Bei etlichen Ausstattungsstücken der Stadtkirche, die zumeist dem gleichen Zeitraum, also dem ausgehenden Mittelalter und der langsam beginnenden Neuzeit, zuzurechnen sind, finden wir als Stifter, soweit eine Zuordnung möglich ist, die gleichen Namen wie bei den Seelgeräten. Beispiele hierfür sind der Katharinenaltar (1465), der möglicherweise von Hans von Wallenrod gestiftet wurde, das Sakramentshäuschen (1505/06) und die St. Annen- bzw. Rosenbergerkapelle (1507/09), die auf die Familie Rosenberger zurückgehen, der Altar der Schönen Maria, wahr- scheinlich gestiftet von Sophia und Stefan Gabler (ca. 1520), der St. Sebastiansaltar (um 1506) der Familie Linck und der Crispinus- oder Schusteralter (1510) von Pfarrer Johannes Linck, auf dem auch sein Porträt zu sehen ist.96 Es wird nicht leicht sein, diesen Stiftungen und Gaben abzusprechen, dass sie nach den Maßstä- ben ihrer Zeit aus Frömmigkeit erfolgt sind. Seelgeräte und Almosen, bei denen die Namen der Stifter regelmäßig von der Kanzel zu verkünden waren, Ausstattungsstücke in der Stadtkirche, versehen mit den Wappen oder Namen derer, die sie finanziert hatten, oder auch Epitaphien und Totenschilde, die in der Stadtkirche angebracht wurden, zeugen aber auch vom Selbstbewusstsein ihrer Finanziers. Exemplarisch hierfür steht wiederum Hans von Wallenrod, dessen Grabmal an prominenter Stelle an der Südwand der Stadtkirche ihn und seine vor ihm verstorbene Ehefrau Sibylla nahezu in Lebensgröße zeigt. Es fällt in diesem Zusammenhang auch ins Auge, dass die örtliche bürgerliche Führungsschicht bei der in der Stadtkirche noch heute sichtbaren Selbstdar- stellung adelige Erscheinungsformen kopierte.

91 Abschrift der Stiftungsurkunde in Stadtarchiv Schwabach III.3 pag. 356-360. 92 Ein anderes Beispiel für die Stiftungen zur Ausstattung der Stadtkirche ist der Taufstein von 1495 zugewendet von Maria und Andreas Greiß (vgl. Kurt Pilz, wie Anm. 32, S. 110). 93 Stiftungsurkunde von 1485 in Stadtarchiv Schwabach II.1. 94 Abschrift der von den Testamentsvollstreckern ausgestellten Urkunde von 1513 November 26. in Stadtarchiv Schwabach III.2 pag. 49'-52. Ob die nach zeitgenössischer Auffassung das Seelenheil gefährdende Affäre Rosenbergers mit einer Nürnberger Bürgerin 1486 (vgl. Gottlob Heckel, Von Schwabacher Münzen und Münzmeistern. In Schwabacher Heimat Nr, 1 (1959) S. 1-7 und Nr. 3 (1957) S. 15-20, hier S. 3) für die Stiftung eine Rolle spielte, ist nicht bekannt. 95 Abschrift der Bestätigungsurkunde des Landesherren von 1517, September 07. in Stadtarchiv Schwabach III.3 pag. 575-578, der Stiftungsurkunde 1517, September 09. in Stadtarchiv Schwabach III.3 pag. 563-574 und der Bestätigungsurkunde des Eichstätter Bischofs von 1517, November 26. in Stadtarchiv Schwabach III.3 pag. 578 – 597. 96 Vgl. hierzu Kurt Pilz, wie Anm. 32, S. 95, 119, 123, 124, 131-132 und 148.

16 Bei allen offensichtlichen Überlieferungslücken in Schwabach, auch noch im ausgehenden Mittel- alter, lassen sich aus der örtlichen Kirchengeschichte in dieser Zeit einige Schlüsse auf die allge- meine Stadtentwicklung ziehen. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass die Einsetzung weite- rer Geistlicher eine Folge des Bevölkerungswachstums im Dorf, im Markt (ab ca. 1300) und spä- ter in der Stadt Schwabach (ab spätestens 1375) gewesen ist. Die Überlieferung im Zusammen- hang mit dem Neubau der Stadtkirche ab 1410 untermauert diese Überlegungen. Möglicherweise gab es ab 1420 in Schwabach einen wirtschaftlichen Einbruch, der zu erheblichen baulichen Ver- zögerungen führte. Spätestens seit der Mitte des 15. Jahrhunderts muss eine Phase wachsenden Wohlstands eingesetzt haben, die dazu geführt hat, dass zumindest eine kleine lokale Oberschicht Bau und Ausstattung der Stadtkirche großzügig unterstützen konnte.

Bruderschaften Eine weitere Erscheinungsform von Frömmigkeit sind seit dem Mittelalter die Bruderschaften. Es sind Vereinigungen zu einem bestimmten religiösen Zweck, z.B. der Verehrung von bestimm- ten Heiligen. Manchmal bildeten Handwerkszünfte Bruderschaften zu Ehren ihrer Zunftheiligen. In Schwabach gibt es hierzu jedoch nur eine geringe schriftliche Überlieferung. 1524 gab es in der Stadt acht solcher Bruderschaften. Abgesehen von der Allerseelenbruder- schaft, die allen Einwohnern offenstand, waren sie getragen von verschiedenen Zünften. In der Annen-Bruderschaft waren es die Münzer und Schmiede, in der Antoniusbruderschaft die Fi- scher, Metzger und Müller, in der Crispinusbruderschaft die Schuhmacher mit dem Crispinus- oder Schusteraltar in der Stadtkirche. Die Messerer und Messerschmiede waren organisiert in der Johannisbruderschaft. Über die Sebastiansbruderschaft ist eigentlich nichts bekannt, erstmals er- wähnt wird sie 1499 und könnte damit die älteste unter den Schwabacher Bruderschaften sein. Die Severinsbruderschaft war den Färbern und Tuchmachern vorbehalten, die Urbansbruder- schaft den Büttnern, Weingärtner und Wirten. Das Vermögen der Bruderschaften war nicht allzu groß und wurde nach deren Auflösung im Zusammenhang mit der Reformation zur Armenpfle- ge verwendet.97 Auch wenn oder gerade weil nur wenig über die Bruderschaften an der Stadtkir- che bekannt ist, darf vermutet werden, dass sie weniger für die lokale Führungsschicht stehen, sondern sich eher aus Angehörigen der breiten Bürgerschaft zusammensetzten.

Kirchenvisitation 1480 Einen Überblick über die wesentlichen Verhältnisse der Pfarrei Schwabach im ausgehenden Mit- telalter erhalten wir durch das Protokoll über die Pfarrvisitation von 1480, die der Eichstätter Ge- neralvikar Johannes Vogt in der gesamte Diözese durchgeführt hat. Schwabach hatte sich im Markgraftum Brandenburg-Ansbach bis zum Ende des 15. Jahrhunderts zu einem Verwaltungszentrum entwickelt. Obwohl auch auf unterer Ebene in kirchlicher Hin- sicht ein kleines Zentrum, hatte die Stadt hier noch nicht mit der weltlichen Entwicklung gleich- ziehen können. 98Sie gehörte damals mit Abenberg, Altenmuhr, Büchenbach, Elbersrod, Geor- gensgmünd, Hagsbronn, Herriden und Kalbensteinberg, Leerstetten, Merckendorf, Rednitzhem- bach, Rittersbach, Rohr, , Schwand, (Groß- bzw. Klein-)Schwarzenlohe, Spalt, Stirn, Veitsau- rach, Wallesau und Wassermungenau dem Dekanat (Ober)Eschenbach an. Dieser Dekanatsspren- gel war deutlich größer als das damalige weltliche Amt Schwabach und das nachreformatorische Dekanat Schwabach.

97 Zu den Bruderschaften vgl. Kurt Pilz, wie Anm. 32, S. 40, 42, 58, 124, 147-150 und 183. 98 Nachfolgend eine wertende Zusammenfassung des Visitationsprotokolls nach Gottlob Heckel, [Urkundenbuch Schwabach. Schwabach o. J.]. Staatsarchiv Nürnberg Manuskripte Heckel (Rep. 499) Nr. 314/4.

17 Zur Pfarrei Schwabach gehörten im ausgehenden Mittelalter die Filialen Barthelmesaurach, Die- tersdorf und Kammerstein. Insgesamt elf Geistliche waren an der Stadtkirche tätig, die sich noch immer in Bau befand. Deshalb sollten die Geistlichen auch die Bürger auffordern, Steine und an- dere Dinge, die zur Fertigstellung notwendig waren, beizutragen. Das Kirchenvermögen lag allerdings in den Händen von eigenen Verwaltern, die dem Rat gegen- über, nicht einer kirchlichen Institution, Rechenschaft ablegten und auch die Kassenschlüssel ver- wahrten. Die Einbringung der kirchlichen Einkünfte sorgte zuweilen für Konflikte mit der Bür- gerschaft und mit der weltlichen Obrigkeit. Fester religiöser Brauch war zur Zeit der Visitation die Donnerstagsprozession unter Mitführung des Leibes Christi in offener Weise in der Monstranz („cum corpore Christi aperto modo in monstrantia”). Mit dieser Prozession war ein apostolischer Ablass der Sünden verbunden. Wie sehr die Religionsausübung mit weltlichen Ereignissen verbunden war, wird durch die Jahr- märkte erkennbar, die in dem Visitationsprotokoll erwähnt sind und zum Teil mit lokalen oder re- gionalen kirchlichen Festen verbunden waren. Folgende Termine wurden protokolliert: Richardi, Vater des Bistumsgründers Willibald, am 7. Februar, Ostern, Pfingstmontag, Johanni Baptistae, einer der beiden Kirchenpatrone, am 24. Juni, Mariae Magdalenae am 22. Juli, Sonntag vor Mi- chaelis (29. September), sehr wahrscheinlich der herkömmliche Kirchweihtermin, Martini, der zweite Kirchenpatron, am 11. November, sowie Wunibaldi, Bruder des Bistumsgründers, am 18. Dezember. Mehrfach erwähnt das Protokoll geschäftliche Tätigkeiten von Juden, die zu unterbinden seien, damit sie nicht Gemeinschaft mit den Christen hätten („habentu communionem cum Christia- nis”).

18