Vierteljahrshefte Für Zeitgeschichte Jahrgang 44(1996) Heft 3
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VIERTELJAHRSHEFTE FÜR Zeitgeschichte Im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte München herausgegeben von KARL DIETRICH BRACHER HANS-PETER SCHWARZ HORST MÖLLER in Verbindung mit Theodor Eschenburg, Rudolf v. Albertini, Dietrich Geyer, Hans Mommsen, Arnulf Baring und Gerhard A. Ritter Redaktion: Norbert Frei, Udo Wengst, Jürgen Zarusky Chefredakteur: Hans Woller Stellvertreter: Andreas Wirsching Institut für Zeitgeschichte, Leonrodstr. 46 b, 80636 München, Tel. 1268 80, Fax 12317 27 44. Jahrgang Heft 3 Juli 1996 INHALTSVERZEICHNIS AUFSÄTZE Frank-Lothar Kroll Geschichte und Politik im Weltbild Hitlers 327 Horst Mühleisen Das Testament Hindenburgs vom ll. Mai 1934 . 355 Jean Solchany Vom Antimodernismus zum Antitotalitarismus. Konservative Interpretationen des Nationalsozialis mus in Deutschland 1945-1949 373 Franz-Josef Kos Politische Justiz in der DDR. Der Dessauer Schau prozeß vom April 1950 395 DOKUMENTATION Hans Coppi Die „Rote Kapelle" im Spannungsfeld von Wider- stand und nachrichtendienstlicher Tätigkeit. Der Trepper-Report vom Juni 1943 431 II Inhaltsverzeichnis NOTIZEN Kolloquium zur Geschichte der nationalsozialisti schen Konzentrationslager (Sybille Steinbacher/ Bernd Wagner) 459 Historisch relevante Ressourcen in Internet und WorldWideWeb. Angebot, Bewertung und Ausblick (Thomas A. Schröder) 465 ABSTRACTS 479 MITARBEITER DIESES HEFTES 481 Verlag und Anzeigenverwaltung: R. Oldenbourg Verlag GmbH, Rosenheimer Straße 145, 81671 München. Für den Inhalt verantwortlich: Horst Möller; für den Anzeigenteil: Anke Thulke. Erscheinungsweise: Vier teljährlich. Bezugspreis incl. gesetzlicher MWSt 1996: Jahresabonnement Inland DM 92,40 (DM 78,- + DM 14,40 Versandspesen); Österreich öS 701,- (577,- + 124,- Versandspesen); Schweiz und übriges Aus land DM/sFr 94,80 (78,- + 16,80 Versandspesen). Studentenabonnement (nur Inland) DM 74,40 (60,- + 14,40 Versandspesen); Einzelheft DM 26,-, öS 192,-, sFR 26,- + Versandspesen. Bezieher der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte sind berechtigt, die der Zeit schrift angeschlossene Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (2 Bände im Jahr) im Abonne ment zum Vorzugspreis von DM 52,- zuzüglich Versandkosten zu beziehen. Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Fotokopien für den per sönlichen und sonstigen eigenen Gebrauch dürfen nur von einzelnen Beiträgen oder Teilen daraus als Ein zelkopien hergestellt werden. Jede darüber hinausgehende Vervielfältigung bedarf der Genehmigung des Verlages und verpflichtet zur Gebührenzahlung. Satz und Druck: Appl, Senefelderstraße 3-11, 86650 Wemding Ein Teil dieser Auflage enthält folgende Beilage: Vandenhoeck & Ruprecht • Geschichte und Gegenwart FRANK-LOTHAR KROLL GESCHICHTE UND POLITIK IM WELTBILD HITLERS Wem an einer Rekonstruktion nationalsozialistischer Geschichtsbilder gelegen ist, wer es unternimmt, Funktion und Stellenwert der Historie im Dritten Reich zu or ten, kann sich diesem Vorhaben auf unterschiedlichen Wegen zu nähern versuchen. Er kann - zum einen - die Rolle der Geschichtswissenschaft, d. h. der akademischen Forschung, ihrer Institutionen, Organisationen und Fachvertreter bei der Herausbil dung und Vermittlung einer genuin nationalsozialistischen Geschichts„erkenntnis" in den Blick nehmen1; er kann - weiter - sein Interesse dem Bereich des schulischen Geschichtsunterrichts zuwenden, wie sich dieser aus den überlieferten Quellenarten der Schulbücher, Lehrpläne und Unterrichtsaufzeichnungen rekonstruieren läßt2; er kann - schließlich - den verschiedenen Ausprägungsformen „praktischer" Ge schichtsvermittlung im öffentlichen Raum nachspüren und etwa den historischen Film3 oder den historischen Roman4, Gedenk- und Weiheveranstaltungen5 oder Jubi- 1 Vgl. dazu beispielhaft die Studien von Helmut Heiber, Walter Frank und sein Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschland, Stuttgart 1966; Karl Ferdinand Werner, Das NS-Geschichts- bild und die deutsche Geschichtswissenschaft, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1967; Volker Lose mann, Nationalsozialismus und Antike. Studien zur Entwicklung des Faches Alte Geschichte 1933-1945, Hamburg 1977; Willi Oberkrone, Volksgeschichte. Methodische Innovation und völki sche Ideologisierung in der deutschen Geschichtswissenschaft 1918-1945, Göttingen 1993; neuer dings die umfassende und akribische Gesamtdarstellung von Karen Schönwälder, Historiker und Politik. Geschichtswissenschaft im Nationalsozialismus, Frankfurt a.M./New York 1992; dazu direkt Frank-Lothar Kroll, Ein höchst verhängnisvoller Irrtum. Geschichtswissenschaft und Ge schichtsunterricht im „Dritten Reich", in: Das Parlament 1994, Nr. 17 vom 29.4. 1994, S.15. 2 Vgl. vor allem Franz Selmeier, Das nationalsozialistische Geschichtsbild und der Geschichtsunter richt 1933-1945, phil. Diss. München 1969; Helmut Genschel, Politische Erziehung durch Ge schichtsunterricht. Der Beitrag der Geschichtsdidaktik und des Geschichtsunterrichts zur politi schen Erziehung im Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 1980; zuletzt zusammenfassend Horst Gies, Geschichtsunterricht unter der Diktatur Hitlers, Köln/Weimar/Wien 1992. 3 Vgl. Dorothea Hollstein, „Jud Süß" und die Deutschen. Antisemitische Vorurteile im nationalso zialistischen Spielfilm, Frankfurt a.M./Berlin 1983. 4 Vgl. z. B. Rolf Geissler, Dekadenz und Heroismus. Zeitroman und völkisch-nationalsozialistische Literaturkritik, Stuttgart 1964; Peter Zimmermann, Der Bauernroman: Antifeudalismus - Konser vativismus - Faschismus, Stuttgart 1975; Wolfgang Wippermann, Geschichte und Ideologie im hi storischen Roman des Dritten Reiches, in: Horst Denkler/Karl Prümm (Hrsg.), Die deutsche Lite ratur im Dritten Reich. Themen - Traditionen - Wirkungen, Stuttgart 1976, S. 183-206. 5 Vgl. Klaus Vondung, Magie und Manipulation. Ideologischer Kult und politische Religion des Na tionalsozialismus, Göttingen 1971; Henning Eichberg, Massenspiele, NS-Thingspiel, Arbeiterwei hespiel und olympisches Zeremoniell, Stuttgart 1977. 328 Frank-Lothar Kroll läums- und Parteifeiern6 analysieren und die ihnen jeweils zugeordneten Funktions zusammenhänge dechiffrieren. An den politisch relevanten Kern der nationalsoziali stischen Geschichtsauffassung führt die Erforschung all dieser Erscheinungsformen eines „veröffentlichten" Geschichtsbildes indes nur sehr bedingt heran, weil mit ih nen lediglich die äußere Fassade der weltanschaulichen Intentionen des Regimes ein gefangen, nicht hingegen jene letzte bzw. erste Bedeutungsebene freigelegt wird, auf welcher sich für die Führungsspitze des Dritten Reiches die Perzeption von „Ge schichte" vollzog. Eine den Konnex von Ideologie und Politik betonende Studie wird daher ihr Augenmerk zunächst und vor allem auf die Funktion des Faktors „Geschichte" im Denken und Handeln eben jener Spitzenfiguren des Regimes zu richten haben und dabei den Stellenwert rekonstruieren müssen, den ihre jeweilige Geschichtsauffassung für die Begründung, Absicherung und rechtfertigende Überhö hung nationalsozialistischer Politik insgesamt besaß. Es ist unschwer ersichtlich, daß nicht viele nationalsozialistische Politiker für ein derartiges Rekonstruktionsvorhaben in Betracht kommen. Jene, die - wie Hermann Göring, Robert Ley oder Wilhelm Frick - die Politik des Regimes in entscheidenden Stellungen langfristig mitgestalteten, dabei aber weitgehend ohne eigenes ideologi sches Profil blieben, scheiden von vorneherein ebenso aus wie die Gruppe der „rei nen" Theoretiker, denen - wie beispielsweise Ernst Krieck, Hans F. K. Günther oder Otto Strasser - die Ideologie der Partei zwar manchen prägenden Impuls verdankte, die aber niemals einen nennenswerten politischen Einfluß im etablierten Dritten Reich zu gewinnen vermochten. Von analytischem Interesse ist vielmehr jene kleine Gruppe ideologisch relevanter Politiker bzw. politisch relevanter Ideologen, die nach 1933 in verantwortlichen Spitzenpositionen wirkten und zu den maßgeblichen Ideenspendern des Nationalsozialismus gehörten. Beide Kriterien, das einer ideologi schen Prägekraft und einer faktisch gegebenen Einbindung in den konkreten politi schen Entscheidungsprozeß, erfüllten von den Protagonisten des Regimes - neben und nach dem Führer des Reiches selbst - in erster Linie Alfred Rosenberg, Richard Walther Darre, Heinrich Himmler und Joseph Goebbels. Sie alle konnten mit einer spezifisch durchgeformten Weltanschauung und mit einem dieser Weltanschauung jeweils korrespondierenden Geschichtsbild aufwarten, ihnen allen standen im Rah men ihrer - unterschiedlich zu gewichtenden - Herrschaftsbezirke die entsprechen den Macht- und Einflußmöglichkeiten zur Verfügung, um dieser Weltanschauung und diesem Geschichtsbild Gehör und Resonanz im Bereich der politischen Praxis zu verschaffen. Wenn sich in der hier präsentierten Detailstudie das Erkenntnisinteresse gleich wohl nicht auf die Geschichtsbilder der genannten Ideologen richtet, sondern primär der Erhellung des wechselseitigen Bestimmungsverhältnisses von historischer Welt sicht und politischer Entscheidungsfindung bei Adolf Hitler gilt, so darf diese thema tische Eingrenzung keineswegs als Ausdruck personalistischer Blickverengung im 6 Vgl. z.B. Siegfried Zelnhefer, Die Reichsparteitage der NSDAP. Geschichte, Struktur und Bedeu tung der größten Propagandafeste im nationalsozialistischen Feierjahr, Nürnberg 1991. Geschichte und Politik im Weltbild Hitlers 329 Sinne einer konventionell hitlerzentrischen Sichtweise mißverstanden werden. Abge sehen davon, daß jede vergleichende Betrachtung nationalsozialistischer Ideolo gieentwürfe