Nr. 19 | Brückengeneration 5 | August · September 2020 | Euro 5,50

Österreichische Post AG | PZ16Z040851P Amt der Kärntner Landesregierung Abteilung 14 – Kunst und Kultur Burggasse 8, 9021 Klagenfurt

Alles für die .... „Das Leben plus eine Katze ergibt eine enorme Summe.“ Fotos: Manuel Rieder Manuel Fotos:

Cornelius Kolig: Katze in der Unterhose. Foto: Wilhelm Huber vor.w.ort Ein Augenblick Brücke Super Miau! Mijav! 2020 Die Katze polarisiert. Immer wieder werden zur ● Charakterisierung oder gar als Bekenntnis die Manuel Rieder * 1991 in Villach, lebt und arbeitet in Graz. Künstlerische Ausbildung am Abendkolleg für beiden Pole „Hunde- oder Katzenmensch“ Fotografie an der Ortweinschule. Das Sehen, der Übersetzungsprozess ins fotografische bemüht. Einstweilen hat es die Katze – mutmaß- Bild sowie das Druckbild sind in seiner Arbeit von zentralem Interesse. Er lotet konsequent lich sogar weltweit – zum beliebtesten tierischen die gestalterischen Möglichkeiten des Mediums Fotografie aus. Sein aktuelles Projekt Gefährten des Menschen gebracht. Zudem „Super“ wird Ende 2020 veröffentlicht. Die beiden hier gezeigten Arbeiten aus der Serie blicken wir bereits auf eine Jahrtausende zählen- schlagen durch ihre formale Gestaltung eine Brücke. www.manuelrieder.com de Beziehungsgeschichte zurück, die unser hominines und animalisches Erdendasein eng verwoben hat. Die kätzischen (aber stets men- schenzentrierten) Rollenbilder sind vielfältig: vom Nutztier (Wächterin der Getreidespeicher, Verwertung von Fell und Fleisch, Verwendung in Daumenkino der Volksheilkunde) über das kultische Götter- Gedanken zur Brücke wesen (vom Alten Ägypten bis ins heutige Japan), hin zum Feindbild (Unglücksbringerin und „Der Mensch ist ein Seil, geknüpft zwischen Tier und Übermensch – als Hexenattribut ebenso bestialisch gefoltert), ein Seil über einem Abgrunde. von der prestigeträchtigen Rassekatze bin hin Ein gefährliches Hinüber, ein gefährliches Auf-dem-Wege, zum schnurrenden Stubentiger oder zur innigen ein gefährliches Zurückblicken, ein gefährliches Schaudern und Stehenbleiben. Vertrauten. All diese Funktionen und Positionen Was groß ist am Menschen, das ist, dass er eine Brücke und kein Zweck ist: sind uns zugleich auch Widerschein des Men- was geliebt werden kann am Menschen, das ist, dass er ein Übergang und ein Untergang ist.“ schen und seiner jeweiligen Kultur sowie Bezie- hung zur Natur. Die Katze war uns immer auch Seit ich den Zarathustra zum ersten Mal gelesen habe, geben mir diese Zeilen zu denken. Mirakel und Projektionsfläche, in die wir gerne Was wir in unserem Menschenleben zu erringen vermögen, das ist – global gesehen – von etwas „hineingeheimnisst“ haben. Heute deuten kurzer Dauer. Genauso wie die Wichtigkeit unserer Taten. Was ist das Wesen Mensch einem wir sie oft als Gegengewicht zum „Macht euch Universum, das schon so lange pocht, pulsiert und schwingt? Ob dieser Feststellungen, die die Erde untertan!“, als die fleischgewordene in ihrem Fatalismus der Postpubertät, in der ich Nietzsches Texte wohl kennenlernte, schon Unabhängigkeit und Individualität (der Nasenab- sehr nahe kommen, stellt sich aber doch die Frage: Was k a n n denn ein Mensch eigentlich druck einer jeden Katze ist übrigens so einzigar- tun, um sich wenigstens nützlich zu fühlen? tig wie unser Fingerabdruck). Sie verkörpert Wir alle sind Teile eines Kontinuums, einer Verkettung von Ereignissen, in der jedes Ding Selbstbestimmtheit ... und bietet sich somit seinen Platz hat. Was wir beginnen, kann jemand anderes zu Ende bringen. Was wir nicht geradezu als Patronin des diesjährigen Jubiläums schaffen, kann für uns geschafft werden. Der Mensch ist nicht alleine. Er ist Wegbereiter, unserer Kärntner Selbstbestimmung an; im Lan- Brückenschläger, Bindeglied. Er ist immer mittendrin. deswappen sind immerhin ihre Artverwandten zu finden. Die Katze hat, auf Samtpfoten und mit ● Krallen, über viele Pfade und Brücken Eingang in Simon Goritschnig wurde 1988 in Klagenfurt geboren und studierte Grafik und Druckgrafik an der Universität für angewandte Kunst in Wien. unsere Kultur gefunden. So hat sie etwa Schrö- Neben seiner Arbeit als bildender Künstler arbeitet er auch an Illustrationen, Comics und Animationsfilmen, dinger zu seinem Gedankenexperiment inspiriert oft in Zusammenarbeit mit Musiker*innen und Schriftsteller*innen. www.simongoritschnig.com | oder Sir Isaac Newton zur Erfindung der Katzen- www.instagram.com/simon.goritschnig klappe. Unsere Sprache, Literatur, Musik, Male- rei – die Gesamtheit unseres Geisteslebens – ist auch ihr Territorium, das wir in DIEser BRÜCKE zumindest in Fragmenten genauer ausleuchten Cover: Ausschnitt aus Reinfried Wagner: wollen. Dass sich zeitgleich der 8. August Inter- Wolkenkatze, 1996, Acryl auf Papier, 146,5 x 210,2 cm. Werk: Courtesy Kunstsammlung des Landes Kärnten/MMKK | Foto: F. Neumüller nationaler Weltkatzentag nennt, ist purer Zufall. Lesen Sie wohl! ● Gabbi Hochsteiner Chefredaktion DIE BRÜCKE BRÜCKEN.BOGEN

„Auch die kleinste Katze ist ein Meisterwerk.“ 4 Werkstättengespräch mit Cornelius Kolig: Ein Katzensprung ins Paradies. Gabbi Hochsteiner 6 Meisterwerke der Natur. Die Katze in der Kunst- & Kulturgeschichte. Sigrid Diewald 8 Auf Schleichwegen in die Kunst. Katzen in der Kärntner Kultur. Michael Cerha 13 welter.skelter. Von Katzen und Haaren. Oliver Welter 14 Selbst mit Katze. Vom Attribut der Weiblichkeit zum gleichwertigen Gegenüber. Anna Schober 16 Biologie und Rätsel. Weltwahrnehmung und Besonderheiten der Katze. Margit Melcher 17 rück.kehr. Die Wildkatze in Kärnten. Stephanie Wohlfahrt 18 Initiation in das Katzenthum. Katze und Mensch. Bertram Karl Steiner 19 schräg.lage. Mutzi. Christian Hölbling 20 Die mediale Remystifizierung der Katze im Comic. Reinhard Kacianka 21 denk.mal. Der Katzen-Mäuse-Krieg. Monika Küttner 22 Halt zurück deine Kralle. Die Katze und die Erotik. Wilhelm Huber 23 sprach.wissen. Mutz und Petzl. Heinz-Dieter Pohl 24 Und zur Position der Katze. Maria Legat. Gabbi Hochsteiner 25 Villachs Katzenmumie. Ein Souvenir aus dem Alten Ägypten. Gottfried Hamernik 26 Wenn Daten zu schnurren beginnen. Über Katzen im digitalen Raum. Michael Huber 27 da.schau.her. Fritz Russ: Katze. Christine Wetzlinger-Grundnig 28 Begegnungen mit der Katze in der Stadt. Lukas Vejnik 30 Haarige Angelegenheit. Zwischen Hauskatzen und Raubtieren. Mladen Savić 31 kari.cartoon. Marko Lipuš | Astrid Langer 32 Hoffnung nach dem Sturm. Der Kultursommer in Kärnten. Karin Waldner-Petutschnig 33 kultur.tipp. Planetenklang. Elisabeth Oberlerchner 35 solo.schau. Maria Legat in der Galerie3. Michael Huber 36 fokus sammlung 06. ABSTRAKT. Neue Schau im MMKK. Christine Wetzlinger-Grundnig 37 In der Krise: Theater wagen. Porcias Theaterwagen-Tournee durch Kärnten. Andreas Peterjan 38 Jeder für sich und Gott gegen alle. Sequenzen aus Kärntens Filmschaffen. Slobodan Žakula 39 . Jung-Jazzer Robert Unterköfler. Gilbert Waldner 40 Anmutige Bewegung. Schlaglicht auf den Tanz. Tina Perisutti 41 kultur.tipp. kärnten:literarisch. Koronar. Elmar Lenhart 42 Vom Leid zum Lied. Faszination Thomas Koschat. Werner Überbacher 43 Heinrich Schiffs Refugium in Glödnitz. Sabine Ertl 44 edition B kunst.aus.druck. Theres Cassini. Anja Werkl extra.blatt. Feuerwasser. 46 Harald Schreiber oder die Kunst, sich dem Wesentlichen zu nähern. Arnold Mettnitzer 47 Instrumentenbauer Gregor Rogy. Vom Talent zur Meisterschaft. Werner Überbacher 48 Kunst ist eine Klassenfrage. Ein Atelierbesuch bei Ines Doujak. Andrea Schurian 49 literatur.tipp. Die Gegenwärtigkeit der Literatur. Katharina Herzmansky 50 Der Mann, der die Formen vorbeiziehen sah. Petar Waldegg. Wilhelm Huber 51 Zeitlos zeitgemäße Welten. Die Sehnsuchtsorte des Franz Politzer. Andrea K. Schlehwein 52 CARINTHIja 2020. Wanderausstellung an der Wolkengrenze. Wolfgang Rössler 54 Vom Gedächtnis der Orte. Aktuelle Projekte. Karin Waldner-Petutschnig 57 kultur.tipp. Volksmusik trifft Klassik. Helmut Christian Mayer 58 Sechzehn Kilometer Menschlichkeit. Eine Menschenkette als Begegnungszone. Markus Waitschacher 59 Tierisch ernst. Wie das UNIKUM den 10. Oktober feiert. Wolfgang Rössler 60 Dober Tag. Die Grußmaschine | Pozdravnj stroj. Andrea Kirchmeir 61 Ente gut, alles gut. 2020 – A Grace Odyssey. Tanja Peball 62 Die Bildsprache der Volksabstimmung. Andrea Hoffmann 64 Guido Katol im Interview. Katharina Herzmansky 66 Denk-Male. Sinnbilder historischer und gegenwärtiger Beziehungsgeflechte. Bertram Karl Steiner 68 Heimat: ein Minenfeld. Das lange Scheitern an einem kurzen Wort. Reinhard Kacianka 70 Als die Priester gehen mussten. Die Volksabstimmung und die Kirche. Wolfgang Rössler 72 vorlese.prvo branje. Andrea Drumbl-Menzinger | Lukas Meschik 74 buch.tipps. Lesen Sie gefälligst! 76 musik.tipps. Das Beste ... steht nicht in den Noten. 77 seite.ohne.namen. Ian Jules. Der Regenbogen von nebenan. Michael Herzog 78 horizonte. 12 Seiten Kulturveranstaltungen und Infos. 81 musik.tipp. Recordings of Now. Gilbert Waldner 83 kultur.tipp. Performance „Dies irae“. Tina Perisutti 85 kultur.tipp. Galerie Freihausgasse. FUTUR III. Martin Dueller 87 kultur.tipp. Kirchenfilmoper Jeanne d’Arc. Anna Woellik 90 Kinosommer und Sommerkinos. Eine Rundschau. Slobodan Žakula kino & film.tipps. UND Der BRÜCKE-Kulturkalender als Beilage.

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 3 Werkstättengespräch Ein Katzensprung ins Paradies Von einem, der auszog, um Tabus zu kultivieren und das Leben gegen den Strich zu bürsten.

Rilke rechnet: „Das Leben plus eine ten auf und die jungen Vögel Welches künstlerische und Katze ergibt eine enorme Summe.“ Was lassen darauf dann ihre Exkre- menschliche Territorium mar­ ergibt das Leben plus 20 Katzen? mente herunter. Anfangs ist der kieren Sie etwa mit Ihren Kot- Unsterblichkeit. [lacht] Kot schwarz, im Laufe der Zeit wird und Urin-Arbeiten? Was bürsten Sie er weiß. So entstehen an einen Nitsch oder da gegen den Strich? Seit wann begleiten sie/Sie die Katzen? Bischoffshausen erinnernde Zufallsbilder. Ganz einfach: Irgendwann habe ich mir Schon immer. Ich bin auf einem Bau- Ich bin also auch Kunstbauer. Ich treffe überlegt, was sind eigentlich die wichtigs- ernhof aufgewachsen. Damals gab es im Frühjahr Vorbereitungen für die Ernte ten Dinge im Leben. Um leben zu können, keine Kastration, und damit es nicht zu im Herbst. müssen wir Nahrung beschaffen und viele wurden, hat der Knecht die Katzen- diese verstoffwechseln. Damit das Leben jungen in einen Sack gesteckt und gegen Die Katzen haben auch am Paradies weitergeht, müssen wir uns „vermehren“, die Wand gedroschen, bis sie tot waren. mitgewirkt: In der Sixtina steht die Ins­ damit kommen Sexualität, Liebe und Tod Es war fürchterlich. Aus Mitleid mit den tallation „Ich bin eine Katze“, auf der ins Spiel ... die Erkenntnis all dieser ele- Katzenschicksalen hab’ ich sie betreut, so Paradiesmauer gibt es Subarchitektur mentaren Bereiche war der ausschlagge- gut ich konnte. Das hieß etwa, bei der mit Katzenquartieren, verteilt über das bende Ansatz, um mich damit zu beschäf- Großmutter aus der Speis ein Stück Brot Gelände Futterplätze ... tigen. Ich will nicht mit irgendwelchen zu fladern und es in die Katzenmilch zu Ja, die Katzen sind völlig integriert. Sie Nebensächlichkeiten das Leben verplem- tunken. Die Leute haben mich bald haben eigene Räume, wo sie nach Belieben pern, sondern mich mit den wirklich „Mačniak“ genannt; „mačka“ ist Slowe- ein- und ausgehen können. Auch ein wichtigen Themen beschäftigen. Und das nisch für die Katze, „Mačniak“ bedeutet Sommerhaus, das als Stellplatz für meine sind eben zum Teil auch diese Tabus wie dann so etwas wie „der Katzerich“ oder Urne in Frage käme; mit den Katzen der Stoffwechsel, die Liebe, Sexualität, „der Katzennarrische“. zusammen – eine schöne Vorstellung. Der Tod ... nach wie vor sind das sehr sensib- Hier im Paradies sind die Katzen Tod macht keinen Unterschied. le, tabuisierte Bereiche. zugleich mit uns, im Jahr 2000, eingezo- gen. Der Höchststand waren 30 Tiere, Alle kommen ins Paradies ...? Kultur und Tabus – wie stehen die derzeit sind es 20. Die Bezeichnung Paradies ist natürlich zueinander? Was ist da im Lauf der irreführend, weil Menschen diese jahr- letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte Ist Ihr Paradies ein gelingendes Mit­ tausendealte Vorstellung von paradiesi- passiert? Wo stehen wir heute? einander von Natur und Kultur? schen Zuständen entwickelt haben, die Früher hat die Religion die Welt erklärt. Ja, ich versuche Kunst mit Natur zu nicht auf mein Paradies zutreffen. Mein Dann wurde sie abgelöst durch die Wis- koppeln. Die Katzenhäuser zum Beispiel Anspruch dahinter ist der, dass es ein senschaft, und wir wissen jetzt – oder haben auch einen künstlerischen An­- paradiesischer Zustand für den Künstler glauben zu wissen –, wie die Welt funk- spruch. Füchse kommen immer wieder ist. Ein Ort, an dem ich arbeiten kann, wo tioniert und warum die Dinge sind, wie zu Besuch ins Paradies, im Frühjahr war man Kunst vermitteln kann, wo man nicht sie sind. Ich glaube, durch das Wissen sogar ein Goldschakal da, Siebenschläfer ständig nichtkunstaffinen Tätigkeiten sind wir offener geworden. Wir haben haben sich angesiedelt, es gibt Nistkästen nachgehen muss, wie z. B. darauf zu nach wie vor dieselben Voraussetzungen für die Stare, Nester für die Schwalben ... schauen, dass man in wichtigen Ausstel- wie die Steinzeitmenschen. Jedes Kind, wenn sie im Frühjahr ankommen, stelle lungen und Museen vertreten ist; wo man das auf die Welt kommt, beginnt sozusa- ich unter den Schwalbennestern Bildplat- vom Druck des Kunstbetriebes befreit ist. gen bei null und durchläuft die Entwick-

4 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Cornelius Kolig * 1942 in einem Gehöft nahe dem heutigen „Paradies“ in Vorderberg im Kärntner Gailtal, wo der Zeichner, Maler, Bildhauer und Objektkünstler seit 1979 seinen elysischen Gebäude- und Gartenkomplex entstehen lässt, der selbst Gesamtkunstwerk ist und sein künstlerisches Lebenswerk versammelt. Ebendieses beschaut und bricht den Körper berührende Tabus wie Sexualität, Geburt, Tod und Stoffwechsel. Mit seinen an Sittlichkeit und Wertvorstellungen rüttelnden Arbeiten löste der Enkel von Anton Kolig intensive Kontroversen aus. 2006 erhielt Cornelius Kolig den Großen Kulturpreis des Landes Kärnten, für dessen Verleihung er das Greifhandobjekt „DANKE !“ zur distanzierten Entgegenahme von Auszeichnungen konstruierte, um nicht mit dem damaligen Kulturreferenten LH Jörg Haider in Berührung kommen zu müssen. Das Objekt ist aktuell noch bis 5. September in der Galerie Freihausgasse in Villach ausgestellt [siehe BRÜCKEseite 85]. Foto: BDA/Petra Laubenstein

ewiges.archiv Cornelius Kolig und das Paradies Video von Peter Putz, 2018, 22 Min. www.ewigesarchiv.at

lung vom Steinzeitmenschen bis ins Heu- als er mit dem „Fäkalkünstler“ hausieren stärker als Raum erlebbar und intimer te, fertig werden wir nie, mit diesem gegangen ist. Oder Dichand, der in der sind, als wenn sie offen ausfließen. Auch Verständnis der Welt. Aber Bildung und Kronen Zeitung geschrieben hat, ich ver- der Körper umgibt sich mit der Haut als Wissen sind das Um und Auf. kaufe die Scheiße wie warme Semmeln. einem Schutzwall, die Ein- und Ausgänge [lacht] Dabei habe ich von diesen Alumi- werden möglichst klein gehalten, um Viren Steckt hinter Ihrer künstlerischen Aus­ niumabgüssen von Kotsetzungen in mei- wenig Chancen zu geben. Auch darum sind einandersetzung mit den Tabus auch nem ganzen Leben nie auch nur ein ein- das so tabuisierte Körperteile. Zum Teil die Idee, diese aufzubrechen? ziges Stück verkauft; wollte ich auch nicht, haben diese Tabus schon auch Sinn, zum Nein. Ich hab da keinen pädagogischen weil ich gewusst habe, dass sie außerhalb Teil haben sie sich als falsch herausgestellt. Impetus. Ich mache sie eher bewusst. Ich der Vorstellung von einem verkäuflichen will aber den Leuten nicht oberlehrerhaft Kunstwerk liegen. Ich stelle sie mir auch Was sind für Sie Tabus oder Skandale, sagen, dass sie sich anders verhalten nicht ins Wohnzimmer. Diese Arbeiten was schockiert Sie? müssen. Das Paradies kennt keine Moral, brauchen einen „sakralen Raum“. Das sind zwei Dinge. Einmal das hohe das kennt nur die Wirklichkeit. Jedenfalls aggressive Potenzial, das Menschen, vor gibt’s hier keinen erhobenen Zeigefinger. Welche wunden Punkte berühren Sie da? allem Männer, dazu treibt, anderen und Diese Tabus haben schon einen Sinn. sich selbst in kriegerischen Auseinander- Welche Reaktionen erleben Sie auf Ihre Der Ekel vor Scheiße und den Ausschei- setzungen Leid zuzufügen. Ist Empathie Arbeiten, die Unaussprechliches und dungen zum Beispiel, weil da nun mal nicht das vernünftigste Verhalten? Vulgäres tun, wie etwa „Scheiße zur auch wirklich gefährliche Bakterien drin Und zum anderen ist für mich das Tier- Kunst“ (sic!) zu erklären? sind. Und weil es immer benutzt wurde, leid, das als Begleiterscheinung unseres Wenn sich Menschen etwa von Kot oder um Territorien zu markieren. Die Tiere exzessiven Fleischkonsums in Kauf Urin provoziert fühlen, heißt das einfach machen uns das täglich vor. Und die genommen wird, ein bedrückendes Dilem- nur, dass sie ein gestörtes Verhältnis zu Menschen machen übersetzt im Grunde ma zwischen Lust und Leid. Ich hoffe, dass den Stoffwechselprodukten haben. Sie nichts anderes. Ein Steinhaufen als Grenz- es irgendwann eine Erfindung gibt, dass gehen jeden Tag aufs Klo. Ich habe in markierung in den Grund gesetzt, ist eine man Kunstfleisch züchten kann und man meinen Arbeiten die Werteskala des Analogie zu einem Scheißhaufen. Men- nicht mehr Tiere unter schlimmen Ver- Durchschnittsbürgers auf den Kopf schen haben das Bedürfnis, Grenzen zu hältnissen halten und umbringen muss. gestellt. Sie umgedreht. Das Schmutzigs- markieren, Zäune zu setzen. Wenn man te und Niedrigste rangiert – zur Kunst sich dieser Grundlagen seines Handelns An wen würden Sie den „goldenen Lor­ erhoben – jetzt ganz oben. Das ist für bewusst ist, lösen sich manche Bedürfnis- beer“ [ein Produkt des Kolig’schen viele ein Problem. Sie haben eine bestimm- se vielleicht auf oder man weiß wenigs- Koteindrehers] für Verdienste um die te Vorstellung von Kunst, und die ist halt tens, warum man diesen Gefühlen nach- Kunst verleihen? nicht kompatibel mit dem, was ich gemacht gibt. Bewusstsein ist ein zentraler Faktor. [denkt nach] Das ist ja eine wirkliche habe. Ich hab das Banale sakralisiert und Auszeichnung. Die setze ich mir lieber das Sakrale vom Sockel heruntergeholt. Das Paradies ist auch in eine solide selber auf. [lacht] Das irritiert – speziell Leute, die über- Steinmauer gebettet. ● Gabbi Hochsteiner haupt nichts mit Kunst zu tun haben. Da Ich habe auch gerne einen Schutzwall Chefredaktion DIE BRÜCKE hat Haider in Sachen politisches Kalkül um mich, der sich in diesem Fall baulich in die völlig richtige Kerbe geschlagen, ausdrückt. Auch weil Außenräume dadurch

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 5 Meisterwerke der Natur Die Katze in der Kunst- & Kulturgeschichte.

„Aus der Distanz ist eine Katze schön, nah besehen Kunst das Ansehen, die Stellung und die ihre Eleganz, ihre Verführungskunst und ist sie ein Gegenstand unerschöpflicher Wunder: Bedeutung der Katze in der Gesellschaft, ihre beachtliche Fruchtbarkeit und müt- Was immer sie tut, ist Perfektion.“ im Brauchtum und in der Religion zum terliche Fürsorge für ihre Jungen, wie es Ausdruck. beispielsweise Bronzefiguren, die eine liebevoll ihren Nachwuchs säugende Kat- Die ersten gravierenden Spuren in der zenmutter zeigen, dokumentieren. Die Die Anmut und Schönheit der Katze, aber Kunst hat die Katze im Alten Ägypten schönsten künstlerischen Zeugnisse von auch ihr geheimnisvolles und wildes hinterlassen, wo sich die Wildkatze früh Katzen stammen aus der Spätzeit des Wesen haben Künstlerinnen und Künstler in die Gesellschaft des Menschen begab Pharaonenreiches um ca. 1000 v. Chr., als aller Epochen hindurch inspiriert, dieses und zu seinem Gefährten wurde. Die der Kult der Göttin Bastet seine weiteste Tier in ihren Werken festzuhalten und ältesten Bilddokumente aus der Frühzeit Verbreitung erreicht hatte. Bastet wurde bildlich wiederzugeben. Seit fünftausend Ägyptens schildern daher die halbwilden, entweder in Menschengestalt mit Katzen- Jahren leben Katze und Mensch in fast aus Nubien stammenden Katzen als Beglei- kopf oder in reiner Tiergestalt als Katze allen Erdteilen und in den verschiedensten ter auf der Vogeljagd im Schilfdickicht dargestellt und man weihte ihr zu Ehren Kulturen zusammen, und sie scheint sich des Nilufers. Sie zeigen das Tier noch als zahlreiche Kultbilder, Votivgaben, Amu- wohl zu fühlen in unserer Gesellschaft. Jäger der Steppe mit rötlich geflecktem lette, Talismane und Glücksbringer, da sie So wirklich ganz gezähmt konnte sie Fell, langem Schwanz und gefährlichen als Beschützerin der Schwangeren und allerdings nicht werden, sie bewahrte sich Tatzen mit scharfen Krallen. Der Jagdin- Wöchnerinnen galt. Außerdem bewiesen immer ihren eigenen Willen und ihren stinkt der Katzen erwies sich in der Folge die vielen in ägyptischen Grabkammern ursprünglichen Freiheitsdrang. für die Ägypter*innen als außerordentlich gefundenen mumifizierten Katzen, dass Diese eigenständige und faszinierende nützlich im Kampf gegen Mäuse, Ratten die Ägypter*innen auch im Jenseits nicht Art verschaffte der Katze neben ihrer und Schlangen in ihren gewaltigen Korn- auf dieses Tier verzichten wollten. ästhetischen äußeren Erscheinung einen speichern und Lagerhäusern. Ihre Eigen- festen Platz in der Kunst der unterschied- schaft als erfolgreiche Schädlingsbekämp- Auch in der griechischen und römischen lichsten Völker, obgleich er sich selten in ferin und ihre Zufriedenheit über ihre Kunst fand die Darstellung von Katzen der ersten Reihe befand. Sie blieb gerne Beute belegen Reliefdarstellungen, Wand- Eingang, allerdings nicht mehr in so aus- im Hintergrund des Geschehens, so wie malereien und Papyrusillustrationen aus geprägter Form wie im Alten Ägypten. es ihrer Art entspricht. Wenn sie aber dieser Epoche. Schließlich integrierte sich Wurde anfangs vor allem ihre Funktion auftauchte, hatte dies meist etwas zu die Katze immer mehr in das Alltagsleben als Mäuse- und Rattenfängerin wiederge- bedeuten und sie wurde im Laufe der der alten Ägypter*innen, die immer ver- geben, so sieht man sie später als festen Geschichte zum Träger und Symbol viel- trauter mit ihren Lebensgewohnheiten Bestandteil des Hauswesens, wie es bei- schichtiger Aspekte. Somit kamen in der und ihrem Wesen wurden. Sie entdeckten spielsweise die lebendigen Szenen mit

6 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Giovanni Reder. Das Gemälde zeigt Armellino, den Kater der römischen Dichterin Alessandra Forteguerra, um 1750. Foto: gemeinfrei | Pablo Picasso: Katze, die einen Vogel verschlingt, 1939. Foto: gemeinfrei | Pierre-Auguste Renoir: Mademoiselle Julie Manet mit Katze, 1880-81. Foto: Sammlung E. Rouart | gemeinfrei | Abraham Teniers: Barbierstube mit Affen und Katzen, 1629-70. Foto: KHM-Museumsverband

Katzen in den künstlerischen erfuhr die Katze als Motiv in oder dekorative Funktion innehatten, ver- Raumausstattungen in Pompeji der Kunst wieder einen Auf- breitet, so änderte sich dieser Umstand ca. beschrieben. Neu hingegen war schwung. Vor allem Dichter*innen Mitte des 18. Jahrhunderts. Erstmals tauch- im Darstellungsrepertoire die Kom- und Maler*innen des 15. und 16. ten eigene Katzenporträts auf, die das Tier bination von Kindern und Katzen, die mit Jahrhunderts besannen sich auf ihre als Individuum schilderten. Eines der den Tieren spielten oder sie streichelten. natürliche Grazie und schätzten ihre frühesten Gemälde dieser Art war das Fähigkeit, eine Atmosphäre der Ruhe zu Bildnis des Kater Armellino von Giovanni Im Mittelalter änderte sich das Bild der vermitteln. Ab diesem Zeitpunkt wurde Reder um 1750. Im 19. Jahrhundert spe- Katze unter dem Einfluss des Christen- sie zum Sinnbild der Harmonie und des zialisierten sich etliche Künstler*innen tums maßgeblich. Aufgrund seiner Nacht- häuslichen Friedens. In dieser Funktion auf Tierporträts und Katzendarstellungen, aktivität, seiner Gerissenheit und seiner wurde sie schließlich immer häufiger auch wie etwa Gottfried Mind, Fedor Alexis geheimnisvollen Aura wurde dieses Tier in religiöse Darstellungen wie etwa der Flinzer oder Louis Wain. Seither erfreute immer mehr mit den Mächten der Dun- Verkündigung oder der Heiligen Familie sich die Darstellung der Katze in der Kunst kelheit in Verbindung gebracht, bis es aufgenommen. immer größerer Beliebtheit. Sie reicht von schließlich als Verkörperung der Hexen der Wiedergabe der innigen Beziehung und des Teufels angesehen und blutig Einer der größten Katzenliebhaber der zwischen Mensch und Katze bei den großen verfolgt wurde. Vor allem die Gestalt der Kunstgeschichte war Leonardo da Vinci. Malern des Impressionismus über das schwarzen Katze stand symbolisch für das Er hielt jedes noch so kleine Kätzchen für Hervorheben ihrer dunklen und geheim- Böse. Diese Wandlung ihrer Bedeutung ein Meisterwerk der Natur. In detailreichen nisvollen Seite im Symbolismus bis hin spiegelte sich auch in der mittelalterlichen Zeichnungen studierte er ihre Bewegungen zur artifiziellen Auseinandersetzung ihres Bildtradition wider. So verwies beispiels- und verschiedenen Posen sehr genau. äußeren Erscheinungsbildes bei den weise die Gestalt einer Katze in Szenen Im 17. Jahrhundert nahm die künstleri- Expressionisten und Kubisten. Auch die des letzten Abendmahls Christi neben der sche Wiedergabe der Katze in der Kunst Vertreter der modernen und zeitgenössi- Figur des Judas allegorisch auf seinen vor allem in der niederländischen Malerei schen Kunst konnten sich der Faszination zukünftigen Verrat. zu, in der sie ein gern verwendeter Bestand- durch die Katze nicht entziehen und sie Doch neben dieser negativen Konnota- teil in Interieurs und Stillleben wurde. Als gestalten bis heute mit innovativen stilis- tion der Katze in der mittelalterlichen Begleiterin und niedliches Accessoire von tischen Mitteln immer wieder wunderba- Kunst, bediente man sich weiterhin ihrer zarten jungen Damen wurde die Katze als re Katzenbilder. Darstellung als effizienter Mäusejägerin, beliebtes Motiv im Rokoko eingesetzt. ● Sigrid Diewald wie sie vorwiegend in der romanischen Waren Katzendarstellungen bisher fast Kunsthistorikerin, Museum des Nötscher Kreises. Bauplastik und in der Handschriftenillus- ausschließlich in übergeordneten, größeren tration auftrat. Erst in der Renaissance Bildthemen, in denen sie eine symbolische

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 7 Auf Schleichwegen in die Kunst Zu den Laufbahnen der Katzen in der Kärntner Kultur.

„Wenn Gott Mensch werden lichen Schutz der Lebensmittel- Katze versteckt. Man muss sich nur etwas konnte, dann konnte er auch vorräte gegenüber Mäusen und mehr bemühen, dass man sie zu Gesicht Katze werden.“ Kaum gesagt, Ratten zu begründen. Es ist der bekommt, als es am ehemaligen nieder­ nagen diese Worte am Ende von gesamte, ganz spezielle Charakter österreichischen Wohnsitz des Ehepaars Robert Musils Erzählung „Die Portugie- des Menschen ebenso wie der gesamte, Deix der Fall war, wo sich angeblich sin“ am Gewissen der Titelheldin. Dabei ganz spezielle Charakter der Katze, der phasenweise bis zu 80 Katzen getummelt lehrt sogar Rom, dass Gott alles kann. Die ihre Domestizierung bestimmt hat. Wenn haben sollen. Und das ergab sogar einen Portugiesin aber kann sich nur damit man denn von einer Domestizierung spre- höheren Pro-Kopf-Anteil an Katzen als auf beruhigen, dass wenigstens niemand mit- chen kann. Und was das gemeinhin selbst- der berühmten japanischen Katzeninsel bekommen hat, was für ein Satz ihr da verständlich angenommene Unterord- Aoshima, wo bis heute auf jeden der rund entschlüpft ist. Dass Musil den vermeint- nungsverhältnis betrifft: Manche sagen, 20 Einwohner*innen nur etwas mehr als lich nur im Selbstgespräch geäußerten es war und ist überhaupt umgekehrt. sechs Katzen kommen. Satz seiner Figur im Rahmen der Erzäh- Das lässt sich fallweise sogar belegen. lung prompt veröffentlicht hat, grenzt an Es ist ja nicht nur so, dass Katzen im Alten Aber irgendwie ist es im Einzelfall trotz- die Indiskretion, die Werner Kofler den Ägypten als göttliche Wesen verehrt, dem immer wie mit Erwin Schrödingers allermeisten seiner Figuren gegenüber an einbalsamiert und mumifiziert wurden, berüchtigter quantentheoretischer Katze. den Tag gelegt hat. Auf Kofler kommen wofür das Villacher Stadtmuseum ein Schon im Märchen „Das Katzenschloss“ wir aber später zu sprechen, die Katze kleines, in 3.500 Jahre alte Tücher gewic- des Kärntner Volkskundlers Franz Fran- beißt sich am Schluss in den Schwanz. keltes Beispiel parat hält [siehe BRÜCKE­ zisci sind die Katzen, ob gelb, schwarz Im Eingang lächelt sie uns metaphysisch seite 25]. Auch die Katze am Wiener oder blau, eigentlich gar keine Katzen, zu: „Die kleine Katze aus dem Jenseits“ Zentralfriedhof auf dem Grabstein von sondern strafhalber verwandelte Men- lautete der Titel, den der in der Klagen- Manfred Deix, der ein halbes Jahrhundert schen. Es kann eine bestimmte Katze furter Bahnhofstraße in die Welt ausge- lang unserer Republik einen in Wahrheit geben, es muss sie aber nicht geben. Sie setzte Autor der Erstfassung der „Portu- liebenden zeichnerischen Ausdruck ver- kann auch etwas anderes sein. Sie west giesin“, des dritten und letzten Textes des liehen hat, ist eine mit Krone ausgewie- in Möglichkeiten, die einander überlagern. Erzählzyklus „Drei Frauen“ gegeben hat. sene Königin. Ganz abgesehen davon, dass Es gibt immer „eine Vorher- und eine Von da könnten wir wie durch einen zu den Unterzeichnerinnen seiner Parte Nachher-Katze“, und denkbar ist auch, langen Zeitschacht zurückschauen zumin- neben seiner 1984 in Las Vegas geheira- dass es sich um „zwei Gleichzeitig-Katzen“ dest bis zur ersten Hälfte des 16. Jahrhun- teten Frau Marietta wie selbstverständlich handelt, wie Fabjan Hafner 2013 aus der derts, als Hans Katzianer von Katzenstein auch die 22 Katzen zählten, die er kaltwegs Beobachtung von Maria Lassnigs um 1945 in Begunje am Südhang der Karawanken zurückgelassen hat, wenn auch in der entstandenem Ölbild „Katze“ mit aller Landeshauptmann von Krain war. Denn etwas zerknitterten Einsicht: „Sterben ist lyrischen Präzision angemerkt hat. die Katzen streunen seit Jahrhunderten wirklich das Allerletzte.“ Das war in der MMKK-Ausstellung zum durch den Kulturraum Kärntens, ihre In diesem besonderen Kultursommer Thema „Tiere“, im Zuge derer Johanna von Schleichwege sind unendlich, und dieser 2020 werden in Bleiburg die verblüffenden Moros drei „Katzen“ die Linzer Autorin Beitrag kann sich, so bemüht die ihm künstlerischen Überlagerungen zwischen Teresa Präauer dazu verführten, ihr Ver- zugrundeliegende Umschau war, doch nur Manfred Deix und Werner Berg thema- sprechen zu brechen, nie über Katzen zu da und dort an ihre Spuren heften. tisiert, und beim einen, nämlich bei Deix, schreiben. Gezielt hat das Versprechen schleicht zwischendurch immer wieder offenbar auf das Negative an der Katze, Es greift mit Sicherheit zu kurz, den eine Katze durch die Zeichnung. Wobei: wozu nicht nur ihre irrationale Entstellung Beginn des Naheverhältnisses zwischen Auch Werner Berg hat gelegentlich zwi- als Unglücksbringerin zählt, sondern Mensch und Katze, sagen wir in Anatolien schen spielenden Kindern oder üppig genauso die Verdrängung des Tierhaften vor zehntausend Jahren, mit dem erforder- blühenden Pflanzen die eine oder andere an ihr, ihre Verwendung als Beziehungs-

8 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Katzen á la Werner Berg und Manfred Deix. Foto: Archiv Werner Berg | Manfred Deix l Bildrecht Wien | Werner Berg: Kind, Katzen, Blumen, 1933. Foto: Archiv Werner Berg | © Bildrecht Wien | Ludwig Heinrich Jungnickel: Rote Katze, undatiert. Abbildung: Courtesy Kunstsammlung des Landes Kärnten/MMKK | Foto: F. Neumüller | Johanna von Morozzo-Moro: Spielzeug Katzerln, 1919. Abbildung: Courtesy Kunstsammlung des Landes Kärnten/MMKK | Foto: F. Neumüller | Katzenfett aus der Volkskunde-Sammlung des Landesmuseums Kärnten, 1928. Im Laufe der Jahrhunderte hat die Katze ein wechselhaftes Schicksal erlebt. Sie wurde ignoriert, verteufelt oder angebetet und ihr wurden für eine Vielzahl von Krankheiten heilende Kräfte zugeschrieben. So sollte der Genuss von Katzenfleisch gegen Schwindsucht und das Fett einer Katze gegen Brandwunden und Frostbeulen helfen. Foto: LMK | Cornelius Kolig: Minnesänger. Foto: Cornelius Kolig

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 9 Elisabeth Wedenig: Großstadtkatze – Athen, 2015. Foto: Lisa Lux | Siegfried Tragatschnig, Mädchen mit Katze, undatiert. Abbildung: Courtesy Kunstsammlung des Landes Kärnten/MMKK | Foto: F. Neumüller | Ina Loitzl: Fräulein G. Allerheiligstes, 2011. Foto: Ina Loitzl

objekt, die letztlich in die Richtung dessen schaft? – überdeutlich hervor, die Reduk- Katzen angedichtet hat (eine davon hatte führt, was in der Psychologie als soziale tion auf ein Schmusewesen. Das mag sich immerhin schelmisch in einem Ärmel- Sodomie beschrieben ist. Es geht eben gelegentlich sogar beiden Seiten Freude schoner verkrochen), nicht soviel anderes nicht, nur eines der beiden Gesichter bereiten, ist aber nicht die ganze Wahrheit, als die Krallen, die uns der elegant gebo- dieser wasserscheuen Fischliebhaberinnen sobald man sich beispielsweise nur fragt, gene Stacheldraht zeigt, aus dem Fritz zu sehen, ebenso wenig wie keines davon. wie die Katzen eigentlich dorthin kommen, Russ seine „Katze“ [siehe BRÜCKEseite Selbst Ingeborg Bachmann, die dem wo Reinfried Wagner sie 1996 malerisch 27] geformt hat, die uns – wir streifen Thema Katze anscheinend ebenfalls nicht geortet hat: im Himmel. Die „Wolkenkat- immer noch im Depot des MMKK herum viel abgewinnen wollte, traf, wie ihren ze“ [siehe Titelseite] zählt zur Sammlung – die einnehmende Statur und die sprung- Briefen zu entnehmen ist, irgendwann des MMKK. Es ist, immer noch wie bei bereite Gefährlichkeit durch die Wahl des unvermeidlich auf eine Bekanntschaft, Schrödinger, einerseits eine kurzfristige Materials gleichzeitig zum Ausdruck deren Kinder mit einer Katze spielten. Süß Wolkenformation, zufällig von den Wind- bringt. Man vermag auch hier nicht so und angeblich bedeutungslos. strömen gebildet, und gleichzeitig doch genau zu sagen, woran man ist. ganz eindeutig eine Katze, von unserer In dieselbe Richtung, also eigentlich die Vorstellung identifiziert. Und die künst- Wir können es uns mit den überkomme- der Ersatzbefriedigung, zielt die japani- lerische Wahrheit eines solchen Bildes nen Prägungen des kollektiven Bewusst- sche Erfindung der Katzencafés: Ange- impliziert dann natürlich nicht nur, dass seins nicht zu einfach machen. Der 1939 sichts einer zu äußerster Arbeitsamkeit das gekraulte Katzenfell so flauschig ist in den USA erfundene Comic-Held Batman erzogenen Bevölkerung wurden diese wie die weiße Wolke, sondern sie impli- hat zur Hauptgegnerin die eigentlich in Anstalten geschaffen, um den Besucher­ ziert auch mit der Himmelsreise den Ernst ihn verliebte Catwoman. Verkleidet in die *innen entgeltlich das Streicheln von des Todes. Maske eines riesigen Nachttiers ist Bat- Tieren zu ermöglichen, die sie in ihren Es muss ja nicht gleich die Empathie man, um die angeblich besonders aber- kleinen, tagsüber leeren Wohnungen nicht sein, die Ludwig Heinrich Jungnickel gläubischen Verbrecher*innen zu ängsti- halten könnten. Einen Yen für zehn Minu- nicht bloß den Katzen, sondern eigentlich gen. Aber in der Tiefe seiner Ablehnung ten Katzenstreicheln – vollkommen unbe- gleich allen Tieren entgegengebracht hat, von Catwoman schillert vor allem sein denklich scheint eine Konstruktion mit wozu sich manche erinnern, dass er sich, eigener Aberglaube. Der gemahnt an die solchen kleinen Liebesdienerinnen ja nicht im später abgerissenen Altbau im Zentrum Zeit der Dämonisierung der Weiblichkeit, zu sein. Was dafür spricht, ist allerdings von Villach, in eine meterlange Tuchbahn als die Katzen, die für Fruchtbarkeit, ausgerechnet Libido-Spezialist Sigmund – die ihm, genauso wie seine jahrzehn- Schönheit und Freiheitsbedürfnis standen, Freud, der brieflich bekundete: „Die Zeit, tealte Strickjacke, die im selben Haus auf die Schultern der sogenannten „Hexen“ die man mit einer Katze verbringt, ist wohnende Mutter von Viktor Rogy gehoben und oftmals gemeinsam mit ihnen niemals verlorene Zeit.“ Man muss wohl geschenkt hatte – verpuppt habe wie ein verbrannt wurden. Speziell, wenn sie selbst die Probe aufs Exempel machen, Schmetterling. Er zeichnete sämtliches schwarz waren. Das zählt schon auch zur sei es im Klagenfurter Katzencafé oder, Getier, somit auch seine Katzen, wie aus Wahrheit über die Kirchengeschichte, dass vorerst etwas vorsichtiger, in der Buch- deren Seele heraus. Er war ein Tiermaler. das Wort „Ketzer“ nur allzugerne auf handlung Heyn. Er war in ihnen. Und wenn es Esel waren. Katze zurückgeführt wurde, und die ver- Aber die sozial-kulinarisch-animalische Vielleicht bedeuten die Halsbänder und teufelte Reformbewegung der Katharer Erfindung kehrt die eine Seite der Katze Schellen, die Johanna von Moro aus dem auf Kater, etymologisch völlig lachhaft, – oder ist es die eine Seite unserer Gesell- Geist des 19. Jahrhunderts ihren drei aber leider historisch.

10 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Hans Leb: Katze, 1956. Abbildung: Courtesy Kunstsammlung des Landes Kärnten/MMKK | Foto: F. Neumüller | Alina Kunitsyna: Dodo, 2005. Foto: Alina Kunitsyna

In Kärnten überwiegt, nimmt man die heutige Gesetzeslage zum Maßstab, die Furcht vor einer Katzenschwemme. Nicht nur, dass alle Männchen kastriert werden sollen, was eigentlich zur Verhinderung der Fortpflanzung ausreichen würde, müs- sen auch sämtliche Weibchen sterilisiert werden. Es hört sich ein bisschen chine- sisch an, was im speziellen Fall aber ungerecht ist: In China glaubt man, dass Katzen nicht Krankheiten, sondern Glück bringen. Es hängt immer vom Standpunkt ab. Und es ist immer, das hört die Politik halt nicht gerne, selbstverständlich alles am Ende eine Frage der Kultur. Und Kul- tur geht nun einmal nicht umsonst. Nicht nur, weil die Kunst diesen Blutzoll thema- tisiert: Es ist überhaupt ein Aspekt unse- rer (Un-)Kultur, dass auf den Straßen des Landes Jahr für Jahr hunderte Katzen überfahren werden. So vorsichtig können die kleinen Tiere gar nicht sein, dass sie die Geschwindigkeit nahender Autos richtig einschätzen könn- ten. Es läge also schon an der Gegenseite, weniger mörderisch unterwegs zu sein. Aber einem nur etwas schöneren Tod als dem auf der Straße kann man auch bei Christine Lavant begegnen: Es gab, wie Werkherausgeber Klaus Amann aus eige- ner Familienüberlieferung bestätigt, in den Hungersnöten eigentlich beider Weltkrie- ge in manchen Ortschaften schlussendlich fast keine Katzen und Hunde mehr. Sie waren alle geschlachtet und verzehrt. Eben darauf repliziert der Bericht der Maria Katharina in der gleichnamigen Lavant- Erzählung, in dem die Heldin vom Verzehr einer Katze berichtet. Klar, dass die Kunst

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 11 Hans Werner Poschauko: Rufus lecturing on Nietzsche. Foto: H.W. Poschauko | Richard Klammer: Hugo. Foto: F. Neumüller

an Derartigem nicht vorbeiblicken kann. die uns Siegfried Tragatschnigs bekann- In raffinierten Einsätzen gegen been- Cornelius Kolig hat das Thema aufgegrif- tes „Mädchen mit Katze“ vor Augen führt, gende Rollenprojektionen befindet sich fen, gleich schonungslos aber etwa auch währt höchstens ein paar Augenblicke. die Katze auch in vielen Foto-Arbeiten von der niederösterreichische Künstler Walter Theres Cassini. Man weiß nicht so genau, Navratil. „Ich habe ein paar Arbeiten zur Katze. was die Katze im Vordergrund einer Sowohl als Spurenzeichnung auf Marken- Fellatio-Darstellung mit Puppen soll, aber Wenn wir daraufhin jetzt einmal ins handtaschen als auch als Teil eines Hoch- im Unterschied zur knieenden Frau Freie treten, sagen wir zum Volksliedkon- zeitsmahls oder haariges Objekt bis hin erscheint sie, die sich eben im Vorder- zert eines gemischten Chors, klingt da im zur Schmusekatze, die eher die Frau im grund befindet, viel größer als der stehen- 1986 verfassten „Schmeichelkatzle“ von Wildkatzenlook darstellt“, ließ die Künst- de Mann, dem sie stechend in die Augen Anton Schmid die Lieblichkeit und die lerin Ina Loitzl die BRÜCKE-Redaktion blickt. Eine andere Katze richtet sich Gefährlichkeit der Katze immer noch in auf Anfrage wissen. Die Antwort der senkrecht vor einem übergroßen knallro- deutlicher Bezugnahme auf Frauen an. Künstlerin auf die den Frauen zugeschrie- ten Frauenmund auf, als wenn es auf einer Anton Schmids Katze „schmust mit alln benen Katzenattitüden ist die Katze zum höheren Ebene etwas gäbe, das noch und die scharf Kralln ziagt sie schlauer- Quadrat. Da ist die gemeine Hauskatze leckerer wäre [siehe BRÜCKEseiten 30 weis beim Scheantan ein“, aber „tua bei höchstens noch der Ausgangspunkt, wahr- und 44-45]. Katznfrauen nia den Tatzn trauen ... scheinlich aber eher eine evolutionäre kannst a Tetschn kriagn, dass die Fetzn Sackgasse. Man könnte es als Frontal­ Es gibt Katzen, die zufällig in ein Motiv fliagn“. Mit anderen Worten, sie ist wehr- angriff gegen eine Projektion in begreif- geraten und dann einfach mitgemalt wer- haft geworden, die „Katzenfrau“. Aber licher Notwehr bezeichnen, die wert-­ den. Andere bilden selbst das Motiv, wie unstet ist sie immer noch. Sie kann nicht vernichtenden Krallenspuren der Schmu- Elisabeth Wedenigs 2015 in Athen gemal- verweilen, denn „a Katzle is lei wia de sekatze auf der Markentasche. Es ist te „Großstadtkatze“, eine überzeugte Streu- Zeit“ (Herbert Flattner, 1990). Die Katze wichtig, dass es die Markentasche ist, weil nerin, die vielmehr geübt in der Auffindung ist unberechenbar, das hätte man Schrö- es dort dem Markt wehtut. Und der Markt von Abfällen erscheint, als in der abend- dinger gleich sagen können. Der Beant- ist die Welt. Im Trompe-l'Œil-Gemälde lichen Heimkehr in eine Wohnung. Hierher wortung der oben kurz aufgetauchten „Fräulein G. Allerheiligstes“ finden Weib- gehört wohl auch Hans Lebs namenlose Frage, wer sich an wen eher anpassen lichkeit und Kosetier im Wort „Pussy“ abstrakte „Katze“. Eine wichtige Kategorie muss, kommen wir aber indirekt insofern zusammen und toben sich im Spiel um bildet immer noch das Porträt. Die in allmählich näher, als immer deutlicher einen Stöckelschuh und einer mit hüb- Damtschach lebende Alina Kunitsyna hat wird, dass es die Katze wohl nicht sein schem Schlösschen versehenen Handta- das Kätzchen der Schauspielerin Johanna kann. Dafür müsste ihre Zutraulichkeit sche ungehemmt gegen die jahrhunder- Orsini-Rosenberg posthum in Aquarellfar- abrufbar werden, wogegen sie sich aber telange Beleidigung der weiblichen ben verewigt, Hans Werner Poschauko konsequent stemmt. Die liebevolle Ver- Würde und alle Formen von Frauenfeind- hat, in deutlicher stilistischer Anlehnung schmelzung zwischen Mensch und Tier, lichkeit aus. an seine Lehrerin Maria Lassnig, eine

12 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Uwe Bressnik: Pin-up-Mieze beim Fotografen, 2010, 2018. Foto: U. Bressnik welter.skelter Von Katzen und Haaren Von Katzen habe ich keine Ahnung. In der Musik aber kenne ich mich aus. Also habe ich über Bands und Soloartist*Innen mit Katze im Namen nachgedacht. Was folgt, ist eine nicht unwichtige Auflistung plus Kurzbeschreibung derer, die mir eingefallen sind: The Cats – Guido Katol: Kater, 2008. Foto: Bettina Frenzel/Bildrecht, Wien holländische Band (sagt eigentlich eh schon alles) der 1970er- und 1980er-Jahre. Bärtige Männer mit langweiligem Gesang und ödem Gitarrengeschrummel. An Belanglosigkeit kaum zu überbieten. Perfekt für evangelische Liturgien und andere freudlose Zusammenkünfte. Cats – das Musical – ein Verbrechen an der Musik und eine schamlose Attacke auf Geist lebensgroße Darstellung des Katers Rufus Es ist, – womit wir uns, wie versprochen, und Verstand. Satan höchstpersönlich war auf geschaffen, deren allessagender Titel lau- dem Abschluss dieses katzenaffinen, stel- die Erde emporgestiegen, um gemeinsam mit tet: „Rufus hält eine Vorlesung über Nietz- lenweise entsprechend nächtlichen Streif- Komponist Andrew Lloyd Webber dieses Werk des Bösen zu erschaffen. Gegen diese todbrin- sche“, und Richard Klammer hat heuer zuges nähern – die letzte Prosaarbeit des gende Niedertracht helfen die bewährten Mit- die Kater Otto und Hugo jeweils mit einem Autors Kalte Herberge. In einer für Kofler tel: Kruzifix, Knoblauch u. s. w. Stray Cats – Gemälde bedacht – Hugo blickt über die erstaunlich episch gehaltenen Passage großartiges Rockabilly-Trio rund um Sänger und Kante eines blauen Fauteuils auf den berichtet er von einer Reise nach Kärnten, Gitarrengott Brian Setzer. Machten in den Betrachter herab. Womit schon wieder die zum Zweck derer er seinen Kater in der 1980er-Jahren einen auf Eddie Cochran und Frage auftaucht, in welche Richtung das Wiener Wohnung zurücklassen musste, Chuck Berry und lösten damit ein musikali- Gefälle zwischen Katze und Mensch nun nicht ohne ihn der Obhut einer Nachbarin sches Revival des 1950er-Jahre-Sounds aus. eigentlich verläuft. anzuvertrauen: „Tschau Bozz’, rief ich, Beeindruckende Band mit beeindruckenden verreisend, an der Wohnungstüre in die Haartollen. Cat Stevens aka Yusuf Islam aka Eine ganz klare Antwort darauf geben Wohnung zurück, schön brav sein, ich Yusuf – seltsamer Typ, der in seinen jungen die Arbeiten von Guido Katol. Wenn auch komm’ bald wieder [...]“. Jahren ein paar ganz nette Lieder geschrieben die Mienen der Menschen dahingehend Dann allerdings geht alles schief: „Kei- hat. U. a. „Lady D’Arbanville“, „Father and Son“ gedeutet werden könnten, dass es ein Spiel ne Ahnung, was mit mir los ist.“ Der Tod und besonders „Morning has broken“, das ger- ist, so behalten die Katzen doch durchge- des Vaters. „Der Vater tot, gut, nein, gut ne in der Werbung benutzt wird, etwa wenn hend, wenn nicht die Oberhand, dann doch auch nicht, gut keinesfalls.“ Es bleibt nicht eine super glückliche Familie in einer super die Oberpfote. Es ist ein bisschen wie bei der einzige Verlust. Bei der Heimkehr folgt Küche super Marmelade herumreicht. Weil sein E. T. A. Hoffmanns „Lebensansichten des die Schreckensbotschaft der Nachbarin in Bruder ihm einen Koran schenkte, konvertierte Katers Murr“, worin das Tier geordneterer Bezug auf Bozz’. Das galgenhumorig for- Cat Stevens 1977 zum Islam. Jeder wie er Gedankengänge fähig scheint als der mulierte, auch noch gereimte Resümee meint. Cat Power – nicht von dieser Welt. Ein- geniale Musiker Kreisler. Was nichts ist in Wahrheit die Katastrophe: Der Vater zige Frau in dieser Aufzählung. Schlägt die hier genannten männlichen Kollegen um Welten. daran ändert, dass beide scheitern. Hoff- tot, der Kater tot. Eine Stimme und eine Gitarre, mehr braucht’s mann ernannte den Kater, wenn auch mit oft nicht. Cat Powers Musik wärmt die Herzen kräftigem Augenzwinkern, bekanntlich Das geht einem nahe. Aber das ist alles der Menschen. Möge sie ewig musizieren. zum Homme de Lettres. Den gleichen nur Kultur. Auch der Kater Bozz’ lächelt Faster Pussycat – eine der vielen schreckli- Bildungsabschluss würde Werner Kofler uns schließlich aus dem Jenseits zu. chen „Hair Bands“ der 1980er-Jahre. Blödsinni- zweifelsohne auch seinem langjährig hoch- ● Michael Cerha ger Hard Rock mit dämlichen Texten. Gespreizte verehrten Kater Bozz’ zugestanden haben, * 1953 in Vorarlberg, lebt seit 2010 in Damtschach, Autor, Dramaturg und Kulturjournalist. Kärntner Kultur- Beine, ein kreischendes Stimmchen und dazu wenn er auf Titel irgendeinen Wert gelegt korrespondent der Tageszeitung „Der Standard“. Haare, Haare, Haare. Aber: Cooler Bandname! hätte, oder wenn er ihn dadurch ins Leben ● Oliver Welter zurückbringen können hätte, noch einmal Musiker, Schauspieler und Autor. Geboren in Klagenfurt, lebt auf das Sofa, auf dem er so gerne thronte. in Klagenfurt und Innsbruck, stirbt vermutlich in Klagenfurt oder Innsbruck oder gar nicht.

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 13 Selbst mit Katze Vom Attribut der Weiblichkeit zum gleichwertigen Gegenüber.

Im Spätwerk von Maria Lassnig sind Körper der Künstlerin als dem kleinen lich, auf dem diese von oben aufgenommen Tiere stark präsent. Übernahmen diese in Vogel gilt, den diese zu schützen bemüht im Bett liegend zu sehen ist. Das offene Arbeiten der 1970er-Jahren wie in Selbst- ist. Die Kleinheit und Fragilität desselben Haar, eine Katze auf der unbekleideten portrait mit Schmetterling (1975) vereinzelt unterstreicht die Kreatürlichkeit und Brust und ein voluminöser, aus dicken die Rolle von schmückenden Attributen, damit verbundene Verletzbarkeit des Kör- Steinen und einem großen ornamentalen so wurden sie in den 1990er-Jahren zu pers der Künstlerin. Der Katzenkörper Anhänger gefädelter mexikanischer Hals- Hauptdarstellenden. Dabei sind sie stets wird zum Kontrahenten eines energeti- schmuck erotisieren und exotisieren den in Beziehung zum menschlichen Körper schen, aber verwundbaren und gealterten in Relation zur Kette zierlich wirkenden dargestellt und übernehmen manchmal Frauenkörpers. Der Hintergrund, der den Körper der Künstlerin. auch eine aktive, handelnde Rolle. In Selbst Körper der Künstlerin in Hellgrün, den mit Katze (2000/01) stellte sich die Künst- der Katze in dunklem Blaugrün umschließt, Mit ihren Doppelportraits mit Katzen lerin hockend dar, mit ihrer rechten Hand verstärkt die Konfrontation zusätzlich. peilte Maria Lassnig dagegen keinerlei umschließt sie schützend einen kleinen In dieser Darstellungsweise nimmt die Sexualisierung an. Es ging ihr – etwa in zarten gelben Vogel. Hinter der nach Katze eine ganz andere Rolle ein, als ihr der Zeichnung Die Illusion von meiner vorne orientierten, leicht vorgebeugten, in Traditionen der Kunst und des Films Tierfamilie (1999) – eher um das Aufzeigen sich am Bein aufstützenden Gestalt steht vor allem im 19. und 20. Jahrhundert einer Familienähnlichkeit: Denn in diesem eine weiße, in etwa gleich große Katze mit zugeschrieben worden ist. Denn in diesen Portrait, auf dem sich Lassnig wieder mit weichem, buschigem Fell und versetzt der treten Katzen oft zusammen mit dem einer Katze darstellte, ergeben sich über Hockenden aus dem Hinterhalt heraus weiblichen, oft nackten Körper ins Bild die je fein säuberlich ausgearbeiteten einen energiegeladenen Boxhieb. Während gesetzt auf, um dessen Verführungskraft, Augen, die jeweilige Form des Mundes der Kopf der Künstlerin in Farbflecken Sinnlichkeit und eine Spontanität in Bezug und die Katzenschnauze, die sich im aufgelöst ist, der Blick eher verwischt bzw. auf Sexualität zu betonen. Der mit einer Gesicht der Künstlerin wiederholt verschie- nach innen gewandt, sind die Physiogno- Katze gepaarte Frauenkörper fungiert auf dene Korrespondenzen. Dazu gesellt sich mie der Katze und vor allem ihre Augen diese Weise als Projektionsfläche für sexu- wieder der Aspekt der Beziehung, wobei deutlich konturiert. Die Stelle, an der die elles Begehren. Diese Darstellungstradition­ die Katze die Künstlerin mit der Pfote am Pfote der Katze am Kopf aufschlägt, ist schließt auch Körper von Künstlerinnen Gesicht berührt, die Aktivität also wieder von einem türkisenen Farbfleck betont. ein und kann mit einer visuellen Markie- vom Tier ausgeht. Katze und weibliches Die Katze ist auf diese Weise als rung von ethnischer Differenz einhergehen. Selbst werden auf diese Weise nicht kämpferische, ja räuberische Angreiferin Dies macht ein im Internet kursierendes untrennbar miteinander verschmolzen präsent, wobei ihre Attacke weniger dem manipuliertes Foto von Frida Kahlo deut- dargestellt, wie dies vor allem in popu­

14 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Maria Lassnig: Die Illusion von meiner Tierfamilie, 1999. Foto: Albertina, Wien/Maria Lassnig Stiftung/Bildrecht, Wien, 2020 | Maria Lassnig: Selbst mit Katze, 2000/01. Foto: Maria Lassnig Stiftung/ Bildrecht, Wien, 2020 | Frida Kahlo als Katze, Aufbügelbild. Abbildung: Hersteller Extreme Largeness, 2018/aus der Sammlung der Autorin | Alec Soth: Nancy, Cincinnati, 2019. Foto: Alec Soth/Quelle: Alec Soth, I Know How Furiously Your Heart is Beating, mackbooks 2019.

lärkulturellen Inszenierungen häufig In dem Versuch, neue Bildfindungen für Katze wird unser Schauen aufgefangen, geschieht – etwa in Auftritten der Musik- alternde Frauenkörper zu finden, treffen ihm wird Halt gegeben. Wie in manchen gruppe „Pussycat Dolls“, aber auch in einer sich die Katzenbilder von Maria Lassnig Bildern Lassnigs ist hier ein weiterer populärkulturellen Adaption des Images mit einem Porträt, das der US-amerikani- Mythos in Bezug auf Katzen aufgegriffen, von Frida Kahlo als aufbügelbares Stoffbild, sche Fotograf Alec Soth von seiner Kollegin in dem von der Eigenwilligkeit, Unabhän- auf dem diese ganz mit dem Bild einer Nancy Rexroth anfertigte. In Nancy, Cin- gigkeit und Abgesondertheit von Katzen Katze überblendet zu einer exotisch-betö- cinnati (2019) ist die Künstlerin auf einem als Pendant zur Figur des Künstlers bzw. renden Katzenfrau wird. Demgegenüber Bett liegend repräsentiert, wobei das Bild der Künstlerin berichtet wird. Dieser weist Lassnig den eigenen Körper in Bezug von einer Fülle an Farben, Mustern und Mythos erfährt hier eine neue Wendung, zu dem des Tiers als leiblich verwandt, Ornamenten dominiert wird: eine buntge- indem eine nicht-hierarchisierte Gleich- dabei jedoch als eigenständig und different musterte Bluse in Blautönen umhüllt den wertigkeit zwischen Tier und Mensch zur aus. Die gleichzeitige Darstellung von Körper der Liegenden und beherrscht den Darstellung gebracht wird. In den Bildern Korrespondenzen, Berührungen und Dif- Bildvordergrund; das Bett ist ebenfalls Maria Lassnigs wird außerdem eine leib- ferenzen sowie die – über eine skizzenhaft bunt, diesmal jedoch gestreift und in Gelb- liche Verwandtschaft zwischen Katze und sichtbar werdende Ente auf der Künstle- Rosa-Tönen gehalten und der Bildhinter- Künstlerin in den Vordergrund gerückt. rinnenbrust – zeichnerische Einführung grund wird von einer ebenfalls großflächig- Zugleich erscheint die Katze als Akteurin einer dritten Kreatur thematisieren eine ornamentalen Stoffbahn abgeschlossen. und Attackierende, womit Potenziale in solche Gleichsetzung von Frau und Katze Diese Fülle an Mustern und Farben, das Bezug auf die Beziehung Tier-Mensch bzw. auch bzw. machen sie hinterfragbar. helle Gesicht der Künstlerin, die ihre Stirn Mensch-Natur angesprochen sind, die in Auf Lassnigs Selbstbildnissen mit Kat- in Falten gezogen hat und die Hand im Richtung von Konflikten, aber auch eines zen sind stets alternde Frauenkörper in Vordergrund, die eine leichte Unschärfe Berührt-Werdens ausschlagen können. Szene gesetzt. Mit diesen Darstellungen umgibt, laden unseren Blick zum Wandern ● Anna Schober suchte die Künstlerin, ein Bild für diesen ein, machen ihn unstet. Dieser umher- Bildwissenschaftlerin und Historikerin. Professorin für Visuelle Kultur an der Alpen Adria Universität Klagenfurt. vergänglichen, verfallenden, zugleich aber schweifende, stets aufs Neue verführte immer noch energetischen Körper zu Blick wird nicht von dem der liegenden finden, für den die abendländische Tradi- Künstlerin erwidert, die an uns vorbeisieht. tion allein das Motiv der Hexe bereithält, Er wird dagegen von den Augen einer die ja seit der Romantisierung dieser Figur schwarzen Katze aufgefangen, die hinter im 19. Jahrhundert häufig mit einer Katze der Liegenden ins Bild kommt. In diesem auf der Schulter dargestellt wird. scharfen, auf uns gerichteten Blick der

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 15 Biologie und Rätsel Über die Weltwahrnehmung und Besonderheiten der Katze.

Katzen bewegen uns schon seit ca. 9.000 zen, in der Dämmerung und Nacht reicht und Personen z. B. durch Jahren. Anfangs schlossen sie sich den ihnen zum guten Sehen hingegen 1/6 der Köpfchengeben. Chemo- sesshaft werdenden Menschen an, ernähr- Lichtmenge im Vergleich zum Menschen. kommunikation ist ein unge- ten sich von deren Abfällen und wurden Verstärkt wird die Wahrnehmung durch mein wichtiger Bestandteil im vermutlich durch Selbstdomestikation das Tapetum lucidum, einer reflektieren- Zusammenleben unserer Vierpfötler. Das ständige Begleiter*innen mit daraus resul- den Schicht in oder hinter der Netzhaut, Entleeren der analen Duftdrüsen mit tierenden Vorteilen für beide Seiten. Wie die das Licht zurückwirft, damit es noch- einem durchaus intensiv-eigenwilligen man mittlerweile durch genetische Unter- mals die Sehstäbchen passieren kann. Duftstoff sowie das Verspritzen von Urin suchungen weiß, haben sich alle weltweit Diese Reflexion lässt Katzenaugen in der gehören zu den bei uns Menschen wenig vertretenen Hauskatzen (Felis silvestris Dunkelheit leuchten. Rot wird von Katzen beliebten „Waffen“ einer Katze. catus), ob hochgezüchtete Rassekatzen nicht wahrgenommen, am besten sehen Die Katze ist mit einem hervorragenden oder ihre „normalen“ Kolleg*innen ohne sie Blautöne. Gleichgewichtssinn ausgestattet und auch Stammbaum, aus einer nordafrikanischen Der Gehörsinn der Katzen gehört zu in großen Höhen schwindelfrei. In der Wildkatze, der Falbkatze (Felis silvestris den besten unter den Säugetieren (von Regel schafft sie es, sich im freien Fall in lybica) entwickelt. Die eigentliche Domes- 55 Hz bis 65 kHz), der Mensch nimmt die Bauchlage zu drehen und abgefedert tizierung begann im sogenannten Frucht- nur 1/3 (bis 20 kHz) davon wahr. Die in auf allen Vieren zu landen. baren Halbmond, in Ägypten genossen sie alle Richtungen beweglichen Ohrtrichter Katzen haben einen hochentwickelten bereits kultische Verehrung. In Europa hören auch im Tiefschlaf das Seufzen Tastsinn durch über den ganzen Körper wurden sie über Seehandelswege hei- einer Maus. verteilte Tastrezeptoren. Am Kopf befind- misch. Zuerst noch mit Aberglauben und Katzen können salzig, sauer, bitter und liche Tast- bzw. Schnurrhaare können Hexenjagden dämonisiert, wurde ihr Nut- umami (herzhaft-proteinreich) unterschei- Öffnungen und Hindernisse beurteilen, zen doch erkannt und mit Beginn der den, süß wird nicht wahrgenommen. sogar im Dunklen. Besonders sensibel industriellen Revolution begann ihre Ära Weniger gut entwickelt ist der Geruch- sind die Rezeptoren an den Vorderpfoten, als Heimtier und damit die Selektion nach sinn, auch wenn er den von uns Menschen es werden leiseste Bodenerschütterungen „gewünschten“ Merkmalen. noch weit übertrifft. Ein Riechfeld von 40 wahrgenommen. Dieser vermeintlich cm2 beherbergt 60 Millionen Geruchszel- „sechste Sinn“ wird regional für Erdbe- Die unglaubliche Sprungkraft (6-fache len. Bestimmte Duftstoffe, wie Körperse- benfrühwarnsysteme genutzt. Körperlänge) und elegante Geschmeidig- krete anderer Katzen oder Menschen und keit der Katze wird durch ihr elastisch Geruchstoffe von Pflanzen, z. B. Baldrian Katzen sind Raubtiere. All diese hervor- flexibles Skelett (ca. 240 Knochen, etwa oder Katzenminze können über das Jacob- ragend ausgeprägten Sinne ermöglichen 30 mehr als der Mensch) ermöglicht. Ihre sonsche Organ (sitzt im Nasenrachen- das typische für uns oft grausam anmu- scharfen Krallen dienen dem Fangen und raum) durch Flehmen (halbgeöffnetes tende Jagdverhalten der Katze. Das sprich- Halten der Beute und werden beim Klet- Maul bei hochgezogener Oberlippe) auf- wörtliche „Spielen mit gefangener Beute“ tern und Kratzmarkieren zur Revierab- genommen und memorisiert werden. soll diese schwächen, damit sie gefahrlos grenzung eingesetzt. Sie können in Haut- getötet werden kann. Es dient auch zur taschen zurückgezogen werden und aus Katzen markieren ihre Reviere, auch Übung der Jagd mit daraus resultierendem der Kämpferin wird der Schmusetiger. ihre Versorger*innen, regelmäßig mit Lustgewinn. Die Kombination aus Körper- Katzen sind Augentiere, ihr Sichtwinkel Duftmarken aus Schweiß- und Talgdrüsen bau, Reflexen, Trieben und vor allem beträgt 200 – 220°. Bei Sonneneinstrah- (hauptsächlich an Kopf und Pfoten) durch Geduld macht die perfekte Jägerin aus. Die lung verengen sich ihre Pupillen zu Schlit- Reiben an Gegenständen, Artgenoss*innen Kehrseite davon: Domestizierte Hauskatzen

16 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Aufnahmen von Katzen-Aficionado und Fotograf Ferdinand Neumüller. Fotos: Ferdinand Neumüller Sebastian Isepp: Fauchende Wildkatze. Foto: Galerie Magnet rück.kehr Die Wildkatze in Kärnten Kurz nach Sonnenuntergang kommt ihre Zeit. Die Heimliche verlässt den sicheren Wald, um auf der nächsten Lichtung ihren Hunger zu stil- len. Vermutlich ist diese scheue Waldbewohne- haben weltweit zur Ausrottung von min- nämlich können wir entsprechend darauf rin den meisten gar nicht bekannt. Die europäi- destens 63 Wirbeltierarten beigetragen. reagieren und uns einbringen oder zurück- sche Wildkatze wird nach wie vor häufig für Die Lebenserwartung einer Katze, bei ziehen. eine Art verwilderte Hauskatze gehalten, ist guter Pflege und sinnvoller Kastration, aber eine eigenständige Art. beträgt 15 bis 20 Jahre. Immer wieder Es gibt viele Gründe, sich für eine oder Ein Hinweis darauf, eine Wildkatze vor sich zu sehen wir auch deutlich ältere Tiere. Das auch mehrere Katzen zu entscheiden. haben, ist der stumpf endende, buschige erste Katzenjahr entspricht in Umrechnung Katzen sind Partner*innen auf Augenhö- Schwanz mit zwei bis drei klar abgegrenzten, etwa 15 Menschenjahren, das zweite und he. Es ist sinnlos, gegen den Willen dieser schwarzen Ringen und einem schwarzen Ende. dritte ca. je sechs (Ausbildungsabschluss Samtpfoten zu agieren, man kann nur Die Wildkatze wirkt insgesamt plumper als die unserer Kinder). Alle weiteren werden mit verlieren. Umso erstaunlicher, wie gerne Hauskatze, der Kopf bulliger mit kurzen Ohren. je vier Menschenjahren berechnet. Ein der Mensch (allerdings muss er bereits Ursprünglich war die Wildkatze in ganz Europa beheimatet und auch im Osten Österreichs weit unkastriertes Katzenpaar und seine Nach- Katzenliebhaber*in sein oder auf dem verbreitet. Doch ihr Bestand ging seit Mitte des kommen können bei ungehemmter Ver- Weg dahin) bereit ist, sein Verhalten den 19. Jahrhunderts schleichend zurück, bis sie mehrung innerhalb von vier Jahren ca. Bedürfnissen der kleinen Tyrann*innen hierzulande als ausgerottet oder verschollen 2.200 Individuen hervorbringen. anzupassen oder um deren Gunst zu galt. Geeigneter Lebensraum ist knapp, da sie werben ... und selbst am meisten davon katzentypisch gerne Ansprüche stellt: Viel Laub- Über Selektion wurden Katzenrassen mit profitiert, eine glückliche, schnurrende, holz sollte es geben im gut strukturierten Alters- unterschiedlichsten körperlichen und auch milchtretende Katze streicheln zu dürfen. mischwald, angereichert mit ausreichend Tot- charakterlichen Eigenschaften bzw. Eine besondere Spezifität unserer Haus- holz als Tag-Unterschlupf und als Versteck für Bedürfnissen gezüchtet. Es macht durch- katzen ist das Schnurren, man weiß noch die Jungen, dazu natürlich ruhige Waldwiesen aus Sinn eine Katzenrasse zu wählen, je immer nicht, wie es entsteht, mehrere und Lichtungen für die Jagd auf Kleinsäuger. nachdem ob sie Freigängerin oder Woh- Theorien scheinen sich eher zu ergänzen In Kärnten mehren sich in den letzten Jahren nungskatze werden soll. Man kann sich als auszuschließen. In der Regel drückt die Hinweise auf eine heimliche Rückkehr der viele Verhaltensauffälligkeiten wie z. B. es Wohlbefinden aus, scheint aber auch Wildkatze durch Zuwanderung aus der italieni- Harnmarkieren und Aggression (beider- zur Selbstberuhigung in Stress- oder schen und slowenischen Population. Allerdings seitig) ersparen. Einige Rassen sind ver- Angstsituationen eingesetzt zu werden. steht der Nachweis einer gelungenen Jungen- stärkt sanftmütig und umgänglich (Maine aufzucht noch aus. Der Straßenverkehr zählt Coon, Ragdoll, Britisch Kurzhaar), vor Katzen erfüllen auf ihre Weise soziale, für diese weit wandernde Art zu einer der allem Hybridtiere (Einkreuzung mit Ben- psychotherapeutische und pädagogische Hauptbedrohungen. Grünbrücken können hier gal- oder Savannah-Katze) brauchen erfah- Wünsche ihrer menschlichen Partner­ Abhilfe schaffen. Die Wildkatze stellt eine wertvolle Bereicherung rene Katzenhalter*innen mit viel Platz *innen und sind ungeschönt ehrlich. Man der Vielfalt unserer heimischen Wälder dar. und Beschäftigung. verzeiht ihnen gerne den egozentrischen Eine erfolgreiche Rückkehr wäre ein Hinweis Für die Katzenhalter*innen ist es von Zugang, denkt vielleicht über eigene Gelas- darauf, dass sich die Wirtschaftswälder von immensem Vorteil, wenn sie die Körper- senheit, innere Ruhe, Geduld und Ausdau- ehemals monotonen Fichtenwüsten wieder in sprache einer Katze zu lesen verstehen. er und die Fähigkeit zu genießen nach, im naturnähere, laubholzreichere und somit auch Durch Körperhaltung, Mimik, Ohrspiel besten Fall mit dem Tiger auf dem Schoß! resilientere Bestände umwandeln. und Lautäußerungen sollten wir erkennen, ● Margit Melcher ● Stephanie Wohlfahrt Tierärztin in Villach. ob unser Partner entspannt und glücklich, Büro für Wildökologie und Forstwirtschaft in Klagenfurt. konzentriert, unruhig und ängstlich ist, oder auch verärgert und frustriert. Dann

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 17 Veronika Suschnig: KATZE, aus der Werkserie Memory Unstiched, in der die in Klagenfurt und Wien lebende Künstlerin ihre Kinderzeichnungen ein Vierteljahrhundert später als Skizzen für aktuelle Malereien übersetzt und diese in dicken Farbwülsten auf rohe Leinwand überträgt. Dieselben Zeichnungen bilden ein wiederkehrendes Motiv auf handgedruckten Tapeten, die als Installation ein Kinderzimmer ergeben, das der Sehnsucht nach dem Kindsein und der damals scheinbar heilen Welt Raum gibt. Foto: Joanna Pianka

Initiation in das Katzenthum Eine Geschichte von Katze und Mensch.

Golden schimmernd. „O Isis und Osiris wurden gehegt und gepflegt und nach haben. Der Leopard räkel- schenket ...“, so fängt sie an, mit dem ihrem Hinscheiden kunstgerecht einbal- te sich würdevoll, drehte getragenen Priesterchor, die Initiation von samiert. So wie es sich geziemt ... mir seine Kehrseite zu und Tamino und Pamina in die Abgründe der Ganz ohne Posaunenröhren und Pries- markierte mich mit einem ganz ägyptischen Götterwelt. Isis aber ist eine terchöre meine persönliche Initiation ins feinen, im Sonnenlicht golden schimmern- Katz’. Die Katze ist ihre bevorzugte Katzenthum. Paris 1982: Wir waren bereits den Sprühregen. Das war’s. Als wir wieder Erscheinungsform unter den Sterblichen, im Besitz (oder verhielt es sich nicht etwa im Hotel eintrafen, stellte sich unser Kater ihre eigentliche kätzische Wahrheit, ihr umgekehrt?) eines bretonischen Bauern- auf die Hinterbeine, pfauchte uns an, Archetyp, die machtvolle und höchst katers, der war im Hotel geblieben, wäh- offenbar ein Beweis höchster Wertschät- gefährliche Löwin Sechmet nämlich, dürfte rend meine Frau und ich im Jardin des zung. Wir waren zu akzeptierten Adepten dem Personal der Tempel auf die Dauer Plantes, dem Pariser Zoo, lustwandelten. des Katzenthumes geworden ... nicht zumutbar gewesen sein. Zu viele Auf einmal standen wir vor dem von Ril- Abgänge, zu viel Fluktuation, Priester- ke besungenen Panthergehege. Der darin Warum Katzenthum? Freunde sämtlicher mangel. Daher zu wenige Opfergaben etc. befindliche Leopard absolvierte seine Sies- anderer Tiergattungen, der Schildkröten, Also gab Isis den Priestern den Gedanken ta. Ich versuchte, das schöne Tier in einen Pfefferfresser, Piranhas, Kobras, Pferde, ein, kleinformatige Symbole heranzuzüch- Dialog auf Augenhöhe zu verwickeln. Der Langusten, ja auch der anständigen Hun- ten. Et voilà, Katz’ und Kater streunten Leopard betrachtete mich prüfend. Ist de, mögen mir die politisch inkorrekte über die Sanddünen, erlegten dann und dieser Besucher es wert, dass ich mich Ahnung verzeihen: Katzen sind a priori wann eine Ratte und suchten sich nach mit ihm abgebe? Er schien zu überlegen: etwas Ranghöheres. Den Begriff „Katzen­ gestilltem Blutdurst in den Tempeln ihre Von mir aus, wenn dieser Mensch so heiß thum“ verdanke ich dem vielleicht gebil- gepolsterten Körbchen. Katzen und Kater darauf ist, dann soll er seinen Willen detsten Kärntner, den ich kenne; er lebt

18 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 streng einsiedlerisch südlich von Klagen- dem damaligen französischen Botschafter (sie verstanden es, mittels ihrer Krallen furt und philosophiert über Gott und die Chateaubriand. Das noble Tier residierte den Kühlschrank zu öffnen), selig ent- Welt, wenn ihn aber die Lust am intellek- fortan zu Paris, wo fromme Damen sie – „Le schlafen sind, werde ich auf der Stelle tuellen Spiel ankommt (Wollknäuel etc.), chat du Pape“ – respektvoll verwöhnten. sentimental. reflektiert er über den so subtilen Unter- Der Emeritus Benedikt XVI. darf mit Fug Dem Kätzchen Choupette des unver- schied zwischen Hundheit und eben und Recht als wahrer Adept des Katzent- gleichlichen Dandys Karl Lagerfeld (selbst Katzenthum. Zum Thema schenkte er mir humes angesehen werden. Sein geistlicher ein Kater in Menschengestalt) vergönne den trefflichen Essay „Berganza und Lebensgang zwischen Freising und Rom ich seine satte Millionenerbschaft ... Zapirón“ des eminenten Spaniers Miguel war stets von Katzen umschnurrt: Heute Miau! de Unamuno (in „Plädoyer des Müßig- spielt er, zum Einsiedler im vatikanischen ● Bertram Karl Steiner gangs“, Literaturverlag Droschl). Bergan- Garten geworden, mit seinen Katzen. Es * 1948 in Niederösterreich, lebt und arbeitet in Kärnten, studierte za ist ein Hund, Zapirón ein Kater ... sind fünf an der Zahl. Geschichte und Romanistik in Wien, Besinnen wir uns: Was hat die Kultur- verweilte als Lehrbeauftragter für österreichische Zivilisation an geschichte des Menschen nicht alles dem Kätzische Weltweisheit. Die Bibliothek der Universität Brest in der Katzenthum zu verdanken, einem Reich, von Alexandria würde nicht ausreichen, Bretagne, war Kulturchef der Kärntner Tageszei- dem wir natürlich auch Löwen, Tiger, um die Verdienste der Katz’ um die Welt- tung, ist Verfasser mehrerer Bücher Leoparden, Geparden, Ozelots, Pumas, kultur zu preisen. Bloß ein paar Namen. über Kärnten. Falbkatzen und viele andere zuzurechnen E. T. A. Hoffmanns Kater Murr sieht sich haben: Zuweilen mag es einem vorkommen, selbst (zu Recht) als „edlen Kater“, der die Pharaonen könnten ihre Kultur von Naturphilosoph Sergius Golowin kam nicht Anfang an schon als Freigehege, als ohne Grund zu höheren Ehren der Villa- Spielplatz für Katzen geplant haben. Oder cher Paracelsus-Akademie; sein Werk schräg.lage Venedig: War dieser langlebigste Staat auf „Göttin Katze“ zählt zu den profundesten europäischem Boden (476-1797!) nicht Studien über kätzische Weltweisheit. Auch vielleicht ein einziges Labor, durch stellt sich die Frage, ob Charles Baude- gentechnische Kreuzungen (Katz’ und laires „Fleurs du Mal“, der höchste Gipfel Taube) einen Markuslöwen im Miniatur­ französischer Lyrik, nicht von seinen - format zu züchten? Eine Skizze dieses Katzentieren diktiert worden sein - Wesens finden wir in Stein gehauen auf könnten. Mozart und Rossini kom- einem Sockel der Fahnenmasten von Piran: ponierten herzzerreißend sub- „Sehet den geflügelten Löwen: Ich umfasse lime „Miaus“. Und wenn ich Länder, Meere und die Sterne!“, steht dar- dann um unsere Katerge- - unter. Der heilige Hieronymus, genialer brüder Garlic und Übersetzer der Bibel ins Lateinische der Schweindi denke, die Vulgata (er stammte aus der Stadt Stridon, nach über zwanzig die sich irgendwo zwischen Laibach, Pettau Jahren ihrer teils und der Adria befunden haben soll), hielt kriminellen sich in seiner Einsiedelei in Betlehem einen Karriere in - Löwen als Haustier, als Sekretär gewisser- unserer maßen. Was übrigens die Beziehung von Familie - Klerikern zu Katzen im Westen betrifft, so müssen wir leider feststellen, dass es sol- che und solche gibt, gescheite und umnach- - tete. Letztere verabscheuten die Katzen - und wollten dieselben verbannen und verfolgen. Doch was vermag die Dumm- heit gegen die erhabene Gestalt der Äbtissin Gertrude de Nivelles (626- 659), einer Tante Karls des Gro- ßen, die bis heute als Schutz- patronin der Katzen verehrt wird. Oder gedenken wir der katzenaffinen Pon- tifizes ... Papst Leo XII. vermachte anno 1829 noch am Totenbett seine Katze

Christian Hölbling ●

Liedermacher, Autor u. v. m.

Ronja Räubertochter!1972 in Bruck an Warumder Mur, lebt lieben in Schiefling wir am sie Wörthersee, so? * Warum lieben wir sie so? Sie war winzig, als sie zu uns kam. Am zweiten oder dritten Morgen sahen mich aus der KlomuschelKabarettist, zwei Kunstfigur große Helfried,Katzenaugen Rote-Nasen-Clowndoctor, an. Ich rubbelte

Dort hielten gehtwir siedraußen mit allerlei aufs Klo. fliegendem, Ins Hochbeet hüpfendem witzig.der Nachbarin. KatzenquatschNach drei Unser Tagen beiLiebling. ter,ging Laune. jede uns Sie DeckeImdas fürchtet Raum geile exklusiv Getuemachte sich fürvor gehörig sie sienichts. einmal als auf Residenz Nicht diein diese,Nerven. vor bestimmt dem einmal Selbst Staubsauger, inwar, die jene undin Ecke, die wiebinnen Jahre nurihre kürzesterdasgekommenen Vorgängerin, Katzenklo Zeit die Kleine trocken und nahm sie mit ins Bett. Bald darauf hatte sieum einen das Katzenpilz.junge Ding. WirWas bekamen aber tattiges sie?juckende Draufgängertum Sie stellte Flecken, ihnen siehindeutet. nach. kam Peinlich. in QuarantäneDas ist Ihre keine Vorgängerin in Prinzessin, den Wirtschaftsraum. war das eine ist eine vor Mutzi. blieb sauber.nicht Nach vorball einem dem zuwirft,zenquatsch Rasenmäher,Monatleckeren wird durfte gutsiete MalMaus-Innereien zu trainiert,ihrsie einem rollig.BlickwiederNachbarskater bleibtfängtvierbeinigenIhre raus, lasziven siefestauf machte mit denundnehm Ronaldo.Vorliebe Schwanz-in-die-Höh’-Balztänze, törnteFußabstreifer, unerschrocken.einmal zurückhaltende das süßeKeininwaren offenbardiese, kleineBaum sät.als sämtliche Da einmal ZeichenDiePrinzessin, nichtistwoVögel. Neue ihrwir inan.weichen zuihrer Unsersind,jene hat Siehoch, etwas verbundensichZuneigung. Eckemachtenist Schatzi. Plätze damitauch leutscheubereits des drinnensie.gesamtenwireinenAnders mit Siejetzt Wiesie unerträglichemund behältgroßen, wiedereinenundalsein vorsichtig.Hauses. ihreHund. draußenalles Zahn demonstrativrunterholen Vorgängerin fürWennInzwisc ausgeschlagen, Sie Brunftgesang,mitsich. warmanlangen hen Kürzlichmüssen. uninteressierten sicher,legt ihrhat roten sieein sie’s was warenwarDurchdass enuns Haaren kapiertaufTischtennis sie abejeder nur den übermüdas rBogen keineüber kurzPolsund Katers

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 19 Ein Krazy-Kat-Comicstrip von Die Fabelwesen des Pop George Herriman, 1918. Foto: gemeinfrei sind krazy, lazy & kool Die mediale Remys­ti­fi­zie­rung der Katze im Comic.

Einst, im Alten Ägypten, als göttlich ver- sche Set dieses Comicstrips Die „Chartstürmer“ unter den ehrt, degradiert das europäische Mittelal- imaginiert eine poetische Welt beliebtesten Comic-Katzen sind ter die Katze zu einem bösartigen Monster des Möglichen. Der „lyrische wohl die Aristocats. Diese „süße“ der malignen Magie. In der Fabel wiede- Eigensinn des Autors“ (Eco) eröffnet Katzenfamilie wurde 1970 in der rum ist die Katze (Murner) faul und ein Spiel „mit keineswegs banalen Gefüh- Traumfabrik der Disney-Studios als abend- schläfrig, der Kater (Murr) eigenwillig und len“. Krazy Kat „stirbt“ mit dem Tod ihres füllender Spielfilm kreiert. Walt Disney eigensinnig, was dem Kater auch zu mehr Autors 1944. Das Role Model der Comic- höchstpersönlich fungierte anfänglich Popularität verhilft. Katzen weist aufgrund der verwendeten noch als Spiritus Rector. Der Film schildert Religion, Mythen oder Fabeln werden Schreibweise weit in das Pop-Zeitalter: in der Art eines Abenteuerromans das in der Moderne kraft der zersetzenden „Krazy Kat“ oder „Offissa“ nehmen bereits Schicksal der Edelkatze Duchesse und Vernunft gründlich dekonstruiert. Sinn- am Beginn des 20. Jahrhunderts die Ortho- ihrer hübschen Kinder, die um ihr Erbe und Wertbegründungen werden von ihrer graphie des Hip-Hop bzw. der Street Art gebracht werden sollen. Das Schicksal Bindung an den Kult befreit und der reinen vorweg. Eine frühe „Vision“ vom „Aufstand wirft sie nach dem Tod ihres ‚Frauerls‘ Zweckmäßigkeit der Vernunft, dem der Zeichen“, den Jean Baudrillard sechzig jählings aus der luxuriösen Geborgenheit Gebrauchswert, untergeordnet. Die Krea- Jahre später in „Kool Killer“ diagnostiziert in die raue Wirklichkeit. Ein Ritter der turen der eigensinnigen Phantasie werden und analysiert. Straße, der streunende Kater Tom von der rational-analytischen Kritik als O’Malley, rettet die verzweifelten Luxus- Phantasmagorien des Irrationalen entlarvt. Als Beweis für Ecos Annahme, dass „der wesen gemeinsam mit seinen Freunden, Aber: Menschen brauchen Märchen, um Comic strip ein Industrieprodukt für den Tramps allesamt, aus ihrer Not. Die Ari- Bruno Bettelheim zu paraphrasieren. Dem Konsum ist“, kann der ‚Nachfolger‘ von stocats sind als Charaktere durch die Bank Widerstreiten von Rationalität und irrati- Krazy Kat, Kater Tom, gelten. Die Zeichen- Kreaturen serieller Emotionalität. Der onalen Befindlichkeiten der Gesellschaft filmserie Tom und Jerry wurde von 1940 Lieblingsfilm einiger Kindergenerationen am Beginn des 20. Jahrhunderts entsprang an bis 1967 für das Kino produziert und entspricht in seiner Dramaturgie sämtli- 1913 das erste Fabelwesen des Avant-Pop. läuft in Bearbeitungen heute noch in den chen Klischees der Kulturindustrie. Und Der amerikanische Comic-Zeichner Geor- verschiedensten TV-Programmen. Anders endet natürlich happy. ge Herriman erfand „aus Langeweile“ als bei Krazy Kat gibt es bei Tom und Jerry Krazy Kat, eine liebenswürdige Katze nicht den einen Autor, der seine Figuren Ein Kater, der seinen Fabeleigenschaften unbestimmten Geschlechts – Umberto Eco erschafft, die Cartoons werden von Teams zufolge eigentlich eine Katze sein müsste, meint „vermutlich weiblich“. Diese Katze gezeichnet. Die dramaturgische Grund- erblickt 1978 das Licht der Medienöffent- ist unglücklich in den Mäuserich Ignatz konstellation ist jener in Krazy Kat sehr lichkeit: Garfield. Jim Davis, ebenfalls ein verliebt, der jedoch gar nix von ihr wissen ähnlich: Katze, Maus und Hund sind die amerikanischer Comiczeichner, ist Autor will. Ganz im Gegenteil. Und um die Sto- Hauptakteure. Es ist aber nicht Liebe, dieser Parodie auf die allzumenschlichen ry weiter zu verwirren, gibt es dann noch sondern Hassliebe, die die Handlung Probleme im Verhältnis zwischen Haustier Offissa Pupp, einen Bulldog, der seinerseits animiert. Und: Alle sind männlich, jeder und Mensch sowie der Konkurrenz zwi- in Krazy Kat verliebt ist. Das surrealisti- auf seine Art gemein und gewaltbereit. schen Katze und Hund. Auch Garfield hält

20 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Das Wandbild des Katzen-Mäuse-Krieges in der Johanneskapelle in Pürgg. Foto: Georg Brünner denk.mal Der Katzen-Mäuse-Krieg Zu den bedeutendsten mittelalterlichen Wand- malereien Österreichs zählt der sogenannte Kat- zen-Mäuse-Krieg in der Johanneskapelle in Pürgg im steirischen Ennstal. Das Wandbild zeigt eine Gruppe von Katzen, die eine von Mäu- sen verteidigte massive Burg zu erstürmen ver- sucht. Ausgestattet sind die detailreich darge- stellten Tiere mit der damals üblichen Bewaff- nung. Bemerkenswert ist vor allem die mittig dargestellte, dunkelgraue, Schwert und Buckel- schild tragende Katze, die mit großen runden Augen die Betrachterin, den Betrachter anstarrt. Kaum eine Darstellung beeindruckt und ver- wundert gleichermaßen wie dieses rätselhafte romanische Bildwerk aus dem 12. Jahrhundert. Die Faszination beruht jedoch nicht nur auf der naiven Darstellungsweise eines vermenschlich- ten Tierkampfes, sondern sowohl auf der unge- klärten Bildinterpretation als auch auf dessen prominenter Positionierung als großformatige Szene der Hauptbildzone in einem christlichen Kirchenraum – beinahe gleichgestellt der daran anschließenden Darstellung der Geburt Christi. Die Deutungen des Bildinhaltes sind zahlreich und konzentrieren sich vorwiegend auf den Kampf zwischen Gut und Böse, Tugend und Laster, päpstlicher Treue und kaiserlicher Macht sowie Christen und Heiden. Das auch aktuell gerne in Comicstreifen wie Tom und Jerry verwendete Bildmotiv des ewi- gen Kampfes zwischen Katzen und Mäusen ist den Menschen einen kritischen Spiegel der Underground, er ist ein Geschöpf der bildlich seit der ägyptischen Hochkultur doku- vor. Die großen Probleme des Daseins, die Multitude. 1972 wird der Comic verfilmt, mentiert und hat sich wohl in einer durchlau- der Dramatik dieser Comics zugrundelie- ein Erfolg und vom Mainstream einverleibt. fenden Entwicklung bis heute erhalten. In den gen, werden in der Rollenverkehrung und Sein Autor lässt ihn daher konsequenter- Darstellungen variiert jedoch die siegreiche Partei, die sich häufig nur aus den dazugehö- -verteilung zwischen Mensch und Haus- weise sterben. Fritz the Cat wird von einer renden Texten erklärt. Einige Male kommt die tier, Katze und Hund als „Ausläufer des Straußendame mit einem Eispickel (wie Natur zu ihrem Recht und die Katzen triumphie- existentialistischen Projekts“ als „Enzy­ Trotzki!) erschlagen. ren über die Mäuse und andere Male wird eine klopädie der zeitgenössischen Schwächen“ Fritz the Cat bringt das Problem der verkehrte Welt wiedergegeben, in der mutige (Eco) offenbar. Garfield bleibt in einer Zeit Comics auf den Punkt: Im Spannungsfeld Mäuse die Katzen unterwerfen. Das Pürgger allgemeiner Erregung und Geschäftigkeit zwischen Mainstream und Indipendent, Wandbild zeigt einen ausgeglichenen Kampf einfach lazy. von Empire und Multitude, offenbart sich und es zeichnet sich kein Sieger ab, wobei die Ambivalenz des Pop. Einerseits ent- generell im Mittelalter das Motiv des triumphie- Ein „Gangsta-Rapper“ avant la lettre begeis- springen die Fabeln des Pop einem Grund- renden Schwächeren vorherrschend war. tert zwischen 1965 und1972: Fritz the Cat. bedürfnis des Menschen nach wertvermit- Mögen wir auf einen positiven Ausgang des Die von Robert Crumb kreierte Comic-Figur telnder Erzählung; andererseits sind Tierkampfes hoffen, zudem darf wohl gerade in könnte ein Alter Ego von Charles Bukow- Comics letztendlich Ergebnis einer domes- einem Kirchenraum die Mithilfe des Göttlichen ski sein. Der koole Kater lebt Sex & Drugs tizierten Phantasie und serieller Kommer- erwartet werden. & Rock’n’Roll. In der Aufbruchsstimmung zialität. ● Monika Küttner des Popzeitalters ist Fritz eine Ikone der ● Reinhard Kacianka * 1972, Kunsthistorikerin, lebt in Graz und arbeitet im steirischen Landesdienst. Nebenbei Forschungen im Bereich koolen Kreativen; – ein wenig Beatgenera- * 1957, Kulturarbeiter, Übersetzer und Kulturwissen- mittelalterlicher Monumentalmalerei und architekturtopo­ schaftler an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt; grafischer Ansichten. tion, etwas Woodstock-Seligkeit, eine Brise seit 2009 PhiloCafétier im raj in Klagenfurt. Anarchismus. Die Welt von Fritz the Cat ist

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 21 Komm, schöne Katze, und schmiege dich still An mein Herz, halt zurück deine Kralle. In dein Auge ich träumend versinken will, Drin Achat sich verschmolz dem Metalle.

Wenn meine Hand liebkosend und leicht Deinen Kopf und den schmiegsamen Rücken, Das knisternde Fell dir tastend umstreicht Sanft, doch berauscht vor Entzücken,

Dann seh’ ich sie. Und ihres Blickes Strahl Er scheint dem deinen, schönes Tier, zu gleichen, Ist tief und kalt, scharf wie geschliffener Stahl,

Und feine Düfte fühl’ ich zitternd streichen, Gefährlich süssen Hauch, der gluterfüllt Den braunen Leib von Kopf zu Fuss umhüllt.

Franco Kappl: o. T. , 2020. Foto: Franco Kappl (Bild leicht beschnitten)

22 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Halt zurück deine Kralle Die Katze und die Erotik.

Die in Kärnten „Windische Katze“ genannte Wettererscheinung. Foto: Gabbi Hochsteiner

An die Aufforderung „Komm“ Katze in Blick und Duft ähnelt, sprach.wissen schließt direkt das aufgeforder- wird fühlbar, wenn sich die te Subjekt an, beschrieben einzig Beschreibung immer stärker von Mutz und Petzl mit dem Wort „schön“. Man kann der Katze abwendet, hin zu einer Frau. In den europäischen Sprachen gibt es zu unse- nun annehmen, dass sich diese schöne ren Worten Katze und Kater zwar viele Entspre- Katze in eine Reihe mit der stolzen und Auch von ihr geht Gefahr aus, hat ihr chungen, doch es handelt sich dabei um kein ebenfalls als schön gezeichneten antiken Blick doch eine gewisse Strahlkraft, der indogermanisches Erbwort, sondern um ein Sphinx reiht. Baudelaire beschreibt vor- dem der Katze gleicht und der mit den Wanderwort, das sich mit dem Tier verbreitet dergründig die Beziehung zwischen der Attributen „tief“, „kalt“ und „scharf“ hat, vermutlich aus Nordafrika. Auf Latein hieß Katze und dem Menschen. Jemand der bedacht wird. Die Tiefe verweist dabei auf sie noch felis, doch in den romanischen Spra- sich anschmiegt, passt sich voll und ganz die Unergründbarkeit, die Unfassbarkeit; chen z. B. italienisch gatto, französisch chat, im dem Gegenüber an, und diese Passgenau- die Kälte auf die Unnahbarkeit und Abwei- Slawischen wie z. B. russisch kot „Kater“ und igkeit verweist auf die gute Beziehung sung; und die Schärfe auf die Gefahr, die koška „Katze“. Im Slowenischen erscheint mit zueinander. Auch die Aufforderung von ihr ausgeht. Ähnliches gilt für ihren maček und mačka ein anderes Wort, das letzt- „komm“ beweist, dass die Katze den Men- Duft, der einen Rausch auslöst, ähnlich lich auf dem lautmalenden Miau beruht, was schen gut kennt und im Vertrauen kom- dem Streicheln der Katze. auch auf zahlreiche deutsche mundartliche men kann. Die Katze vertraut dem Men- Das Sehnsuchtsobjekt ist hier der „brau- Bezeichnungen zutrifft wie in Kärnten (nach schen, dass er sie vorsichtig behandelt; ne Leib“, der durch die Entwicklung des Lexer) Mutz, Mutze, Mitze, Mautzi, Muinze, gleichzeitig vertraut dieser darauf, dass Gedichts nicht mehr als jener einer Katze Mutzale usw., auch Mauggale für „kleine Katze“. sie ihre Krallen nicht ausfahren möge. gesehen werden kann, sondern eindeutig Ein weiteres Kärntner mundartliches Wort ist Wenn der Mensch die Katze auffordert, einen weiblichen Körper darstellt. Die Potz „Kater“, Potzin „Katze“, Verkleinerung die Kralle zurückzuhalten, so verweist dunkle, braune Hautfarbe wird zum Schön- Petzl, das nach Grimms Wörterbuch auf dem dies zum einen auf die potentielle Gefahr, heitsideal, die Frau ist die Verführerin, Lockruf bus-bus beruhen dürfte. Die Katze kommt auch in vielen Redewendun- die von den Krallen und damit von der von der Gefahr ausgeht und der man gen und Sprichwörtern vor. Der seit dem 18. Jh. Katze ausgeht, zum anderen aber auf die widerstehen muss, so stark die Gefühle geläufige Katzenjammer hat etwa zwei Bedeu- Gefahr, die der Mensch empfindet oder auch sein mögen. Die Verbindung der tungen; einerseits bezeichnet er Niedergeschla- erwartet. Wenn weiters gesagt wird, dass Erregung durch den Duft und den Blick genheit (moralischer Katzenjammer) nach jemand in das Auge „träumend versinken“ mit der Verführung durch eine metapho- einem Fehlverhalten oder Misserfolg und ande- will, so beschreibt das Auge etwas Geheim- rische Katze ist literarisch vergleichslos. rerseits ist er gleichbedeutend mit dem Kater, nisvolles, vielleicht Verträumtes, Myste- Anders als einer Frau kann man sich der also nach übermäßigem Alkoholgenuss (auch riöses, oder zumindest die Wahrnehmung Katze sehr wohl hingeben. Durch die von Kotzen-Jammer). Der Katzenjammer ist eine dessen auf diese Weise. den Krallen ausgehende Gefahr muss man Metapher, die auf die „Katzenmusik“ (Brunst- aber auch hier seine Emotionen kontrol- schreie der Katzen) Bezug nimmt, die man als Ähnlich verhält es sich mit der Berührung lieren können. Schmerzenslaute wahrnahm. Der Kater hinge- der Katze durch den Menschen. Der Dich- Das Gedicht ist ein direkter Vergleich gen dürfte mit der männlichen Katze gar nichts ter beschreibt die Katze als etwas Zartes der Frau mit der Katze: Die Katze wird zu tun haben, sondern beruht möglicherweise und Zerbrechliches, das man ebenso vermenschlicht und dient als Ausgangs- auf der volkstümlichen Aussprache [kátar] von behandeln muss. Gleichzeitig verbirgt das punkt für eine andere Sehnsucht. Der Katarrh „Schnupfen, Unwohlsein, Kopfweh, „knisternde Fell“ etwas Geheimnisvolles Mann, der sich zu Katze und Frau glei- Kratzen im Kopf“ und ist bei Leipziger Studen- wie zuvor die Augen, das man nur „tas- chermaßen hingezogen fühlt, befindet sich ten im 19. Jh. aufgekommen. Kater war auch tend“ berühren kann. Diese statische zwischen dem Bedürfnis sich anzuschmie- der Name eines Bieres, dessen Übergenuss Aufladung des knisternden Felles könnte gen, sich also voll und ganz auf das zum „Kratzen im Kopf“ geführt haben soll. Abschließend zur Wettererscheinung Windische ebenfalls auf die Gefahr verweisen, die Gegenüber einzulassen, und der Gefahr, Katze, womit man „die Föhnwalze, die über den einen bei Berührung zurückzucken lässt, die genau davon ausgeht. Daraus ergibt Pässen und Sätteln der Julischen Alpen und der oder aber auf den Rausch, den dieses sich das Spannungsfeld von Nähe und Karawanken liegt, die sich nach Norden rasch „Entzücken“ der Berührung bedeutet. Distanz gleichermaßen wie jenes von auflöst und Regen bringt“, bezeichnet hat und Gleichzeitig tritt hier eine Ambivalenz Autonomie und Abhängigkeit: Denn wer „die ihre Krallen nach Norden ausstreckt“. Der zu Tage: Man muss sich zurückhalten, darf ist in einer solchen Beziehung wirklich Name kommt wohl vom Wind, denn es gibt in dem Rausch nicht freie Bahn lassen. Die der Abhängige? der älteren Mundart das Wort windisch auch im hohen Emotionen darf man nicht zeigen ● Wilhelm Huber Zusammenhang mit den Winden, also „windig, – doch warum? Die Antwort findet sich in Rezensent, Destillateur und gemeinsam mit Klaus Amann stürmisch“ und somit könnte die Windische Kat- Gestalter der St. Veiter Literaturtage. den folgenden Zeilen, wenn der Mensch, ze dann in Kärnten nachträglich ihre negative berauscht vom Streicheln, „sie“ sieht. Wer Bedeutung bekommen haben. sie ist, kann auch im weiteren Gedichtver- ● Heinz-Dieter Pohl lauf nur erahnt werden. Dass sie der * 1942 in Wien, lebt in Klagenfurt, Professor der Sprachwissenschaft.­

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 23 Und zur Position der Katze Maria Legat.

Ausschnitte aus: Maria Legat: Und zur Lage der Welt XXIX – Alles ist das Gegenteil der Freiheit, 2018, 220 x 10.000 cm. Foto: Andrew Phelps | Maria Legat: Und zur Lage der Welt XVII – Haupt- und Nebenstrang, 2017, ca. 320 x 218 cm. Foto: Maria Legat | Die Wandkatze im Atelier, 2019. Foto: Maria Legat | Mehrlagige Zeichenblätter, 2019, 310 x 120 cm. Fotos: Maria Legat

Im Verborgenen und an den Rändern streift Gebrauchs­objekten und Prestige-gegen- der Menschheit oder auch für die Irrelevanz die Katze durch das großformatige Werk ständen oder in den Feldern der Wissens- des angeeigneten Wissens der Menschheit von Maria Legat. Nur im niederösterreichi- und Weltaneignung – verstanden werden im universalen Zusammenhang ... schen Atelier der 1980 in Villach geborenen kann. Dem von der Idee des grenzenlosen ● Gabbi Hochsteiner Malerin baut sich das Tier über zwei Wachstums besessenen Menschen gegen- Chefredaktion DIE BRÜCKE Meter groß an der Wand auf. Immer ver- über stellt Maria Legat eine von der Szene weilt sie in derselben Pose, beim sorgfäl- unbeeindruckte Katze, vertieft in ihre Ausstellung tigen Auslecken des Anus, was als klare unmissverständliche Körperpflege. Diese Maria Legat: > Verhofft < Eröffnung: 18. September Haltung gegenüber dem exzessiven Habi- Katze kann Symbolfigur sein für die siche- Laufzeit: 19. September – 24. Oktober tus des Menschen – etwa gegenüber seinen re Regenerationsfähigkeit der Natur nach Galerie3 Klagenfurt | siehe BRÜCKEseite 35

24 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Villachs Katzenmumie Ein Souvenir aus dem Alten Ägypten. Die etwa 2.300 Jahre alte Katzenmumie des Museums der Stadt Villach. Foto: Museum der Stadt Villach

Kätzisches Kuriosum. In den Beständen mumie in Villach: „... dafür spricht auch Tempel und Kultstätten der Bastet Futter- des Museums der Stadt Villach wird als die Kassettenwicklung und das Gesicht. plätze, die vom Tempelpersonal betreut exotisch-archäologisches Kuriosum eine Ich würde die Mumie – ich nehme an, sie wurden, das überdies tote Katzen aufsam- 25 cm messende Katzenmumie aus der ist mit Teerstoffen behandelt worden – melte oder entgegennahm, um sie den Spätzeit des Alten Ägypten aufbewahrt, etwa in die Zeit der ersten Ptolemäer Taricheuten genannten Balsamierern und die 1901 als Geschenk des Gustav Frei- setzen.“ Eine eindeutige Klärung könnten Mumifizierern zu übergeben, die auch herrn von Seenuss an das Museum gelangt wahrscheinlich die Sandspuren bringen, ihnen nach den Vorstellungen der Ägyp- ist. Über die Hintergründe der Schenkung die sich in den Leinenstreifen der Umwick- ter ein Weiterleben im Jenseits ermöglich- von mehreren altägyptischen Antiquitäten lung bis heute erhalten haben und die im ten. Offensichtlich wurden auch Tiere durch Gustav von Seenuss ist wenig Zuge der Untersuchung der Katzenmumie mitgenommen, bei denen die Verwesung bekannt – ähnlich wie über sein Leben. erst neulich festgestellt wurden – voraus- im heißen Klima fortgeschritten war, oder Lediglich seine Beisetzung in einer Mau- gesetzt sie könnten mineralogisch-analy- die von Füchsen, Ratten und dergleichen ergruft am Friedhof von Annabichl ist tisch mit Bodenproben aus den Felsengrä- angenagt waren. Solche Reste bekamen verlässlich dokumentiert. Vermutlich bern verglichen werden. eine Behandlung wie vollständige kleine dürfte er die kleine Katzenmumie auf einer Enttäuschend war das Ergebnis der Körper, wobei die fehlenden Teile durch Ägyptenreise als Souvenir erworben und Röntgen-Untersuchung der Villacher Kat- Füllmaterial ergänzt wurden, so dass nach nach Kärnten mitgebracht haben. Sie ist ze, das auch von einer Computertomogra- außen hin kein Unterschied zu erkennen Ausdruck der großen Verehrung diverser phie bestätigt wurde. Ausgangspunkt war ist. Es wurde dafür in der Fachliteratur Tiere, die in der Spätzeit des Alten Ägyp- die Annahme, dass von den Balsamierern der Ausdruck „Scheinmumien“ geprägt. ten ihren Höhepunkt erreicht hatte. der vollständige Körper einer jungen Es ist davon auszugehen, dass die Her- Eine stattliche Reihe antiker Autoren – Katze verhältnismäßig aufwendig behan- stellung der Katzenmumien Angelegenheit allen voran Herodot, Strabon und Diodor delt worden sei, doch die Röntgenbilder der dafür berufenen Leute im Tempel war –, aber auch frühchristliche Texte berichten lassen nur einzelne Knöchelchen, Füll­ – den Taricheuten –, aber dass Gläubige, über die Wertschätzung der Katzen bei den material und auch Fremdkörper erkennen, die das Heiligtum der Bastet besuchten Ägypter*innen. Das Zentrum der Vereh- die zu einem kunstvollen kleinen Gebilde und ein der Gottheit wohlgefälliges Werk rung war der Tempel der Katzengöttin geformt, den Körper einer Katze vortäu- tun wollten, für die Bestattung einer Kat- Bastet im Delta, an den nur mehr die schen sollen – was kein Einzelfall ist. ze in den Katakomben gespendet haben. Ruinenstätte mit dem heutigen Namen Tell Basta in der antiken Stadt Bubastis bei Totenkult. Es ist eindeutig erwiesen, dass Mysterium. Vergleicht man die gute, Zagazig erinnert. Für die Katzen, die hei- es auch für Katzen und andere Tiere verhältnismäßig aufwendige Ausführung ligen Tiere der Bastet, von denen besonde- unterschiedliche „Klassen“ von Begräb- der Katzenmumie des Museums der Stadt re Exemplare im Tempel gehegt und nissen gegeben hat. An erster Stelle sind Villach mit dem Inhalt – also kein voll- gepflegt wurden, gab es ausgedehnte sorgfältig balsamierte Tempelkatzen und ständiges Skelett, sondern eine Schein- Begräbnisplätze. Ende des 19. Jahrhunderts Tiere wohlhabender Leute anzuführen. mumie –, so könnte auch eine etwas bei Ausgrabungen entdeckt, wurden sie Als Beispiel hierfür kann die besonders andere Erklärung gegeben sein. Ist es seither durch Überbauung und sonstige sorgfältig präparierte Katzenmumie der denkbar, dass hier das Kleine einer gelieb- Devastierungen zerstört. Ägyptensammlung des Kunsthistorischen ten Hauskatze an irgendeiner der vielen Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass Museums in Wien herangezogen werden, lauernden Gefahren zu Grunde ging – die kleine Villacher Mumie aus dem Kat- deren Röntgenaufnahme ein vollständig vielleicht neugierig-verspielt einem Skor- zenfriedhof von Bubastis stammt. Unsere erhaltenes Katzenskelett zeigt (Inventar- pion zu nahe gekommen, dann zu spät in Spur führt nach Saqqara zu einer Gruppe Nr. AEOS 267). schlechtem Zustand gefunden, aber trotz- von Felsengräbern, die arabisch von den Nachdem die Katzen in kunstvoll dem für ein Weiterleben vorgesehen, wofür Einheimischen „Abouab el-qotat“ („die geflochtene Leinenbinden eingewickelt die Taricheuten des Bubasteions entspre- Tore der Katzen“ bzw. „die Grabeingänge waren, wurden sie in kleine bemalte chend entlohnt wurden? Wir werden es der Katzen“) genannt werden. Diese Fel- Holzsärge oder auch in Steinsärge gebet- nie mehr erfahren! Es muss das Geheim- sengräber wurden in der Spätzeit neuer- tet und mit den üblichen Ritualen zur nis des Kätzchens bleiben. lich als Katakomben für die Bestattung Ruhestätte der Katzen gebracht. Doch auch ● Gottfried Hamernik von Katzen aus dem Bubasteion wieder- für die Vielzahl der weniger privilegierten, * 1935 in Wien, Ägyptologe, lebt seit 1964 in Kärnten. verwendet. Auch der Ägyptologe Dieter aber von den Menschen sehr wohl Kessler von der Universität München hält geschätzten Katzen wurde gesorgt. So gab Saqqara für den Herkunftsort der Katzen- es für sie zum Beispiel in der Nähe der

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 25 Wenn die Daten zu schnurren beginnen Über Katzen im digitalen Raum.

Katzen liebt oder verabscheut man, heißt und Nutzern zu gelangen. Mit rade wohl auch historische Par- es oft. Es gibt keinen Mittelweg. Katze, den impulsgeleiteten Aktionen allelen, etwa in der Barockzeit, das ist null oder eins, Daumen hoch oder des „Like“ und „Share“, die das als auch das Publikum mitunter Daumen runter. Möglicherweise war die Agieren auf Katzenbilder und -videos maskiert im Theater erschien. Katze aufgrund dieser Charakteristik fast unweigerlich hervorruft, münzt „Cat Generell hat es „Cat Content“ aber schon dazu prädestiniert, zum Leittier der Content“ Emotionen effizient in digitale schwer, kulturelle Signifikanz zu bean- digitalen Kultur zu werden. Für den Sie- Datenpunkte um: Katzenmensch oder spruchen. Einige Versuche lassen sich ins geszug der sozialen Medien entpuppten Katzenmuffel, null oder eins – rasch ist Jahr 2015 datieren: Da arrangierte das sich Katzenbilder und Katzenvideos jeden- diese Information auch mit anderen Anga- New Yorker „Museum of the Moving falls als idealer Treibstoff. Auch wenn sich ben zum Konsumverhalten et cetera ver- Image“ eine Ausstellung mit dem Titel Thesen, wonach so genannter „Cat Con- knüpft, um ein vollständigeres Bild unse- „How Cats Took Over the Internet“, die tent“ 15 oder gar 30 Prozent des gesamten rer selbst im Datenraum zu geben. eine historische Kontextualisierung des im Internet bewegten Datenvolumens Katzen-Trends versuchte (tatsächlich gab ausmache, relativ schnell als Legenden Data Mining. Wenn der Strom der Kat- es Katzenvideos schon zur Stummfilmzeit, herausstellten – die Dominanz der Stu- zenbilder im Jahr 2020 schon zum digita- und mit Titeln wie dem 1983 erschienen bentiger im digitalen Raum ist bis heute len Hintergrundrauschen geworden zu „Alley Cat“ begleiten Katzen auch die nicht zu ignorieren. sein scheint, dann wohl deshalb, weil sich Computerspiel-Entwicklung von Anfang Selbst wenn es möglich sein sollte, den die Methoden des „Data Mining“, der an mit). Das Metropolitan Museum sprang, Videos von „Grumpy Cat“ und seinen digitalen Exploration von Emotionen, mitt- ebenfalls 2015, auf den Trend auf und Artgenossen auch nur annähernd die lerweile verfeinert haben. Heute setzen veröffentlichte unter dem Titel „Meow Haltbarkeit altägyptischer Katzenfigurinen wir unseren Selfies und digitalen Video- Met“ eine Anwendung für den „Google zu verleihen, dürften Digital-Archäologen Präsenzen vielleicht noch Katzenohren Chrome“-Browser, die in jedem neu geöff- dereinst aber Schwierigkeiten haben, und -schnauzen auf oder verwandeln unser neten Fenster ein Katzenbild aus der daraus auf die kulturelle Signifikanz der Antlitz gleich ganz in das einer Katze – Museumssammlung (u. a. von Èdouard Katze im 21. Jahrhundert zu schließen. eine Reihe von Apps, besonders auf den Manet und Rembrandt) auf den Schirm Denn die Bedeutsamkeit von Katzen im Plattformen Snapchat und Tiktok, macht brachte. Ein Katzenvideo-Festival, 2012 Digitalzeitalter liegt weniger in ihrem es möglich, ihr wahrer Zweck ist freilich am Walker Arts Center in Minneapolis Symbolwert als in ihrer Nützlichkeit im das Sammeln von Daten für Gesichtser- erfunden, fand auch in Österreich (bis Eroberungsfeldzug der digitalen Konzerne: kennungsroutinen der künstlichen Intel- 2018) Nachahmer. Die entzückenden, eigensinnigen, witzigen ligenz. Wie der Kulturwissenschaftler Dennoch steht das Phänomen der Kat- Tiere waren und sind primär ein Türöffner, Wolfgang Ullrich in seinem Essay über zenbilder in vielem in Opposition zur um an die Emotionen von Nutzerinnen Selfies ausführte, hat die digitale Maske- kulturellen Wertschätzung, die Museen

26 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Fritz Russ: Katze, 1990, Stacheldraht, 42 x 60 x 20 cm. Courtesy Kunstsammlung des Landes Kärnten/MMKK | Foto: F. Neumüller da.schau.her Fritz Russ: Katze Fritz Russ arbeitet mit Relikten des Alltags. Edouard Manet: Das Rendezvous der Katzen, 1868 . Foto: gemeinfrei | Swetlana Petrowa montiert ihre Katze Triviale Utensilien der Arbeits- und Lebenswelt Zarahustra in klassische Gemälde und meint, dass ihr Projekt besser ankommt als Pornographie. bilden sein Materialreservoir. Gebrauchte Foto: Swetlana Petrowa | Kätzische Interstars: Hamilton the Hipster Cat und „fluid cat“. Fotos: Facebook Objekte, häufig aus Metall, die deutlich die Spu- ren von Nutzung und Verfall zeigen, Merkmale tragen von Zivilisation, Arbeit, Konsum und Technik in differenten Lebensrealitäten. Sie repräsentieren im Kunstkontext nicht alleine sich selbst, sondern sind Dokument ihrer eige- nen und der Geschichte ihres ursprünglichen Umfeldes, sowie ihrer anonymen Nutzer*innen. Hier trifft sich das Werk von Fritz Russ mit den Inhalten des Nouveau Réalisme, z. B. mit den Akkumulationen von Arman, den „Fallenbildern“ von Spoerri oder jenen modernen Metaphern des Alltags, die Jean Tinguely aus Schrotthal- denmüll baute. Fritz Russ’ Arbeit ist keine kon- zeptuelle „Ideen-Kunst“, sondern Russ arran- und Kunstgalerien verleihen: Denn „Cat den 1970ern versucht hatte, das künstle- giert die Fundstücke zu neuen sinnlichen, oft Content“ stammt gemeinhin von Amateu- rische Agieren an Tiere auszulagern. archaisch anmutenden Werken, die entweder rinnen und Amateuren und eben nicht Die Idee, mithilfe von Katzen „hohe“ Gegenständliches oder Figürliches zitieren oder von professionellen Kunstschaffenden. Kunst zu persiflieren, floriert dank des verwandelt sie in fantasievolle Neuschöpfun- Als Agenten der digitalen Erschließung Internets weiter (die Russin Swetlana gen. Der Nutzgegenstand wird zum Kunstge- des Privaten holen Katzen tonnenweise Petrowa etwa bietet auf ihrer Seite „Fat genstand. In der jeweils spezifischen Formge- „User-generated Content“ aus ihren Besit- Cat Art“ eine reiche Auswahl von Motiven bung konstituiert sich die Aussage in Kritik und Ironie, in Humor und Sarkasmus. zerinnen und Besitzern hervor, indem sie von Dürer bis Velázquez, in die eine dicke Die Katze von Fritz Russ ist aus Stacheldraht Klorollen abspulen, sich witzig verbiegen Katze eingefügt wurde). Doch die Katzen- gebildet, der einerseits die Körperformen des oder grimmig dreinschauen. Nicht den video-Ästhetik sickerte auch in das Reper- Haustieres beschreibt und andererseits durch Bildermachern fällt die Rolle des Kreativen toire einer jungen Kunstszene, die bereits seine konkreten Konnotationen nachdrücklich zu, sondern den Katzen selbst – sie als mit YouTube aufgewachsen ist. Der Öster- als wesentliches Element inhaltlicher Aussage Performancekünstler zu bezeichnen, reicher Lukas Posch (*1988) machte wirksam wird. Der Stacheldraht als verletzungs- scheint da nicht ganz verfehlt. Katzen etwa in einer Reihe von Gemälden gefährliches Material vermittelt Assoziationen, zum Ornament. Der Amerikaner Ryan die in absolutem Gegensatz zu den Vorstellun- Kunst persiflieren. Das Buch „Warum Trecartin, Posterboy der „Post Internet gen, die das kuschelige Fell einer Katze vermit- Katzen malen – eine Theorie der Katzen- Art“, baute sie in seine irrwitzigen Videos telt, stehen. Die Spitzen des Drahtes schrecken Ästhetik“ von Heather Busch und Burton (z. B. „A Family Finds Entertainment“, ab und vereiteln den ersehnten Zugriff auf das Silver führte diese Idee bereits 1995 – 2004) ein: Das Übersteigerte, das bewusst geliebte Streicheltier, schützen es in seiner übrigens das Gründungsjahr der ersten Trashige ist hier schon ein Weg, aus der Integrität. Die Katze, als Freund des Menschen, Internet-Newsgroup, die allein Katzen Kitschfalle zu entkommen. Denn als süßes widersetzt sich dieserart selbstbestimmt der gewidmet war – ins Absurde: Die Autoren Motiv oder auch als edles Tier ist die Vereinnahmung durch ihn. Sie zeigt sich als postierten Katzen in Atelier-Umfeldern Katze nur noch schwer ernsthaft darzu- autonomes, individuelles Wesen – seine Natur und taten so, als stammten die Werke an stellen. In der Zeit nach YouTube fungiert bestimmt es nicht dazu, als Ersatzobjekt für den Wänden von den Tieren selbst. Dazu sie eher als ironisches Kürzel dafür, dass den vereinsamten Menschen zur Verfügung zu gab es pseudo-kunsttheoretische Erklä- wir alle, ob Künstler*innen oder Laien, stehen. Zugleich ist damit auch die dem Tier symbolisch zugeschriebene Freiheitsliebe zitiert rungen und erfundene Stilbezeichnungen, ein Stück Kontrolle an das Regime digita- und bestätigt. ein „Fake“ mit Unterhaltungswert. Wer ler Reize abgegeben haben. ● Christine Wetzlinger-Grundnig es ernsthafter nahm, konnte zu Joseph ● Michael Huber Direktorin Museum Moderner Kunst Kärnten. Beuys oder Arnulf Rainer weiterdenken, * 1976 in Klagenfurt, lebt in Wien, Kurier-Redakteur mit den Themenschwerpunkten bildende Kunst der – mit seiner „Malaktion mit Affen“ in und Kulturpolitik. Skulpturengarten und Hausgalerie des Metallbildhauers Fritz Russ in Gmünd www.fritzruss.com

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 27 Die Katze in der Stadt Begegnungen mit einer anwesend Abwesenden.

„I am the cat who walks alone and all places are alike to me.“ schen Kanäle, an den Ufern der Seine oder Waren sie schon jagende auf den breiten Boulevards? Wie in Istan- Gäste in den, von der städ- bul, wo Katzen ein nicht wegzudenkender tischen Alkoholsteuer befrei- Teil des städtischen Alltags sind. Könnte ten, mittelalterlichen Wein- Im Halbschatten des menschenleeren ihr ungehemmtes Dösen um die Mittags- schenken? Haben sie die Flucht ergriffen, Amphitheaters im Pariser Parc de Belle- stunden in der Öffentlichkeit andernorts als auf den Hängen außerhalb der histo- ville liegt ausgestreckt eine weiß-schwar- am Ende zum kollektiven Müßiggang rischen Stadtmauer im März 1814 die ze Katze. Ihr Blick haftet auf einer Gruppe anstiften? Wie viele Hauskatzen in der Schlacht bei Paris zwischen der Napole- aus Parkourläufer*innen, die mit präzisen Umgebung sitzen Tag für Tag gespannt onischen Armee und den Koalitionstrup- Sprüngen kunstvoll das ausgetrocknete am Fenster und beobachten neben vorbei- pen ausgetragen wurde? Mehr als zwei- gestufte Brunnenbecken im Zentrum über- fliegenden Amseln, Möwen, Raben und hundert Jahre später blasen allabendlich winden. Unter den schattigen Baumreihen Tauben die Freigänger*innen auf ihren die mit Trillerpfeifen ausgerüsteten Park- haben Picknickrunden ihre Entspannungs- Streifzügen? Ahnungslos, dass sie selbst wächter zur Sperrstunde. Außerhalb der inseln ausgebreitet. Dazwischen ruhen nicht weiter als einen Sprung auf das Umfriedung, auf der überdachten Platt- regungslos vereinzelte Sonnenanbeter. Vordach des Bistros und eine Kletterpar- form über dem Park, wird weiter gelesen, Langsam richtet sich die vierbeinige Park- tie durch das Astwerk der Baumallee vom gefeiert, getanzt und gesungen. Feinglied- wächterin auf, streckt gemächlich ihre Asphaltstrand entfernt sind. Mehr als die rige Silhouetten durchstreifen während Vorderbeine durch, wandert die Sitzstufen zeitlosen Elemente des Stadtinventars der einsetzenden Abenddämmerung aus Beton hinab, schlendert lakonisch die braucht es dazu nicht. Die Notwendigkeit geräuschlos die verlassene Parklandschaft. gepflasterten Serpentinen entlang, setzt eigener Katzentreppen an den Fassaden In der Ferne beginnt der Eiffelturm zu sich in die Wiese vor ein eng umschlun- weist indirekt auf den allgemeinen Mangel glitzern. Zwischen den Feierabendgästen genes Pärchen, rupft und kaut an einem dieser unaufdringlichen Aufstiegshilfen taucht währenddessen eine alte Bekann- Grasbüschel, scharrt einen Moment lang hin. Die glatte Fassade ohne Kerben und te im schwarz-weißen Fellkleid auf. Keine erwartungsvoll an der Eingangstür des Nischen offenbart in Anwesenheit der Leine, keine vorprogrammierte Katzen- geschlossenen Kulturzentrums, wandert Katze ihre vollendete Unantastbarkeit. klappe, kein engmaschiger Zaun und kein weiter zur öffentlichen Toilette, benetzt Und selbst wenn sie sich, durch geheime Gittertor hindert sie am ungezwungenen ihre Zunge mit dem Wasser aus einem Haustierklappen und Katzenkorridore, Hin und Her zwischen innen und außen. der bereitstehenden Näpfe, um mit einem ihren Weg ins Freie bahnen könnten; wäre Die kritische Distanz wahrt sie auch abrupten Satz im Gebüsch zu verschwin- es in den versiegelten Straßen und Gassen während der Abendstunden. Stets auf dem den. Zwei Artgenossinnen haben es sich überhaupt sicher für sie? Wen kümmert’s!? Sprung. Immer am Übergang. Sie ist die bei den letzten verbliebenen Rebstöcken Von Katzen ist in den Planungsunterlagen Katze, die allein herumspaziert. Näher als des im Mittelalter von Tavernen gesäum- zur autogerechten Stadt schließlich nie der Panther im Zoo, ferner als der Tiger ten Weinbergs gemütlich gemacht. Eine die Rede gewesen. Schon das Aufheulen im Wohnzimmer. weitere sitzt in Zeitlupe blinzelnd auf eines einzigen Motors übertönt problem- ● Lukas Vejnik einem der Mauerabsätze. Niemand kommt los das Miauen eines ganzen Rudels. All * 1988, aufgewachsen in Bad Eisenkappel/Železna Kap- la, geht mit den Mitteln der Architektur aus der Architek- auf die Idee, den Tierschutzverein zu rufen. das berührt die Samtpfoten von Belleville tur hinaus und stößt dabei auf verborgene Lebensräume Niemand ist versucht, die scheinbar Ent- nicht weiter. Ihre Welt war immer schon und Alltagspraktiken. laufenen in Sicherheit zu bringen. Alles autofrei und damit katzengerecht. Hier deutet darauf hin, dass die städtische können sie ihre Wirkung als wandelndes film.tipp Parkanlage ihr natürlicher Lebensraum Beruhigungsmittel ungestört entfalten. Kedi – von Katzen und Menschen ist. Freilaufende Katzen inmitten der Wann sind sie eingezogen? Als der Park türkischer Dokumentarfilm über Straßenkatzen in Istanbul, 2016 | zu finden auf YouTube Metropole, das käme einem Angriff auf am Ende des letzten Jahrhunderts nach die öffentliche Ordnung gefährlich nahe, Plänen des Architekten François Debulois buch.tipp würde nicht eindeutig in Artikel vier der und des Landschaftsplaners Michel Viol- Brigitte Schuster: Architektur für die Katz lokalen Parkordnung auf ihre Gegenwart let seine heutige Form erhielt? Als an Verlag: Christoph Merian, 2020 Am Beispiel der Stadt Bern zeigen die Fotografien hingewiesen werden. Freiwillige kümmern derselben Stelle unter der Ägide von Baron von Brigitte Schuster eine Vielzahl von sich um das Wohlergehen der Parkkatzen. Haussmann Mitte des neunzehnten Jahr- Katzenleitern im Kontext der sie umgebenden Warum gibt es diese besondere Art der hunderts Gips für den Stuck entlang der Architektur. Symbiose nicht auch entlang der städti- Pariser Prachtstraßen abgebaut wurde?

28 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Die weiß-schwarze Wächterin im Pariser Parc de Belleville. Foto: Lukas Vejnik | Architektonischer Catwalk: Die Schweiz ist ein Land von Katzenleitern. Sie sind vielerorts Bestandteil des Stadtbildes. Fotos: Brigitte Schuster | Sequenz aus der den Straßenkatzen Istanbuls gewidmeten Doku „Kedi“. Foto: Kedi

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 29 Theres Cassini, Instagram-Post 2016: Der Kater Malewitsch interagiert mit „Prostitute and Client“, Objekt aus der Werkreihe REALITÄT, 1999. Foto: Cassini/Bildrecht

Haarige Angelegenheit Zwischen Hauskatzen und Raubtieren.

Von der Schwelle aus gleich eine Frage: Menschen leben in einer Art die stolze Bestie freiwillig wie- Haben Sie schon einmal beobachtet, wie emotionalen Mittelalters, insbe- der in denselben zurück, denn eine Katze ihr Fell oder ihre Wunden leckt? sondere in sogenannten entwi­ anderes kennt sie überhaupt nicht. Ähnlich bügeln Menschen ihr Selbstbild ckelten, durchadministrierten Lan- Der Zustand allgemeiner Heuchelei nieder bis zur erwünschten Glätte. In der den. Die Geistesarmut mag es kühl. Die und die Verlogenheit darüber, was doch Regel geschieht das Ganze größtenteils große Menge muss ordentlich bleiben. Verstellung, Nutznießerei und Geistlosig- unbewusst und mit einer Geschäftigkeit, Dass nun Dinge wie Feingefühl, Charak- keit angeblich für tolle, menschliche Wer- die im Nachhinein, also im bewussten terstärke und wacher Verstand anders te wären, sind so allgegenwärtig und so Rückblick und aus sicherer Entfernung, aussehen und sich anders anfühlen, ließe lästig wie Katzenhaare überall daheim, sonderbar seelenlos wirkt, wie der ganz sich prüfen und beweisen, aber es inter- vorausgesetzt, dies ist das Heim des normale Wahnsinn fehlgeleiteter Konven- essiert nur bedingt und fordert zu sehr. Lebens. Irgendwo liegt auch der Ausgang tion und Gewohnheit. Miau! Vielen Menschen erscheint das Nachfra- aus dem falschen Lebenskonzept: schlus- Verzeihen Sie mir, bitte, meine Sätze gen als unnötige Selbstverletzung im sendlich auszuziehen oder sich vom ange- – oder, sofern Sie sich ertappt fühlen, Lichte konventioneller Konsequenzen. schafften und geliebten, aber parasitären ärgern Sie sich doch wenigstens ein wenig! Daher ziehen sie es vor, dem gezähmten Tier zu trennen. Oder Sie schlafen täglich Es ist nämlich nicht so einfach, das lesen- Ich wie einem Haustier die Krallen alle- mit Ihrer Unterwerfung selig ein und de Auge nicht zu beleidigen, sodass das samt zu entfernen, gleichsam zum Selbst- beschützen sie obendrein mit Leib und abgetastete Wort nie im Halse stecken schutz und in Wirklichkeit aus vorausei- Leben. In diesem Fall wächst mit und in bleibt, wenn der tragende Gedanke das lendem Gehorsam heraus. Ihnen sowie durch Sie und ihresgleichen einzufangen versucht, was halbes Mensch- Draußen dann, außerhalb des Hauses der treue Hund heran, der wie wild kläfft, sein heißen könnte, und den inneren der Herrschaft, ist das zahme Kätzchen wenn jemand wieder einmal den Käfig Baustellen gilt, die im einzelnen Trott und namens Persönlichkeit entsprechend öffnet. Wuff! in geselligen Begegnungen, jeweils mit wehrlos und weit weg von lebensfroh. Es ● Mladen Savić und auch ohne Substanz, dahinrotten und hat sich, wie man aus der gruseligen Schau * 1979 in Zagreb, lebt seit 1985 in Wien, Schriftsteller und Philosoph, diesjähriger Autor in Residence am zu seelischen Müllhalden werden. Wissen der in Unfreiheit geborenen Raubkatzen Klagenfurter Robert-Musil-Institut. Sie, was ich meine? weiß, ans alte Haus gewöhnt, und nach Tatsache ist, und dies mag ja nur meine ein paar misstrauischen Schritten heraus Erfahrung sein, die meisten modernen aus dem geöffneten Käfig kehrt zuweilen

30 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 KARI.CARTOON

Marko Lipuš: Katze, Fotocartoon, 2020. Der Künstler wurde 1974 in Bad Eisenkappel/Železna Kapla geboren, lebt und arbeitet in Wien. Sein Schwerpunkt liegt auf experimenteller transformativer Fotografie, mit unterschiedlichen Interventionen entstehen neue Formen der Sichtbarkeit. 2018 veröffentlichte er den Bildband „Kratzungen blau“. www.markolipus.com Foto: Marko Lipuš

Astrid Langer, * in Klagenfurt, ihre Werke umspannen die Bereiche Malerei, Comic und Karikatur. Die Dachziegl ist eine von Astrid Langer eigens für DIE BRÜCKE entwickelte Figur. Sie lebt auf den Dächern von Klagenfurt, unterhält sich gerne mit Dachziegeln, ist musisch bewandert, mal Wissenschaftler, mal Preisträger und immer wahnsinnig wichtig.

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 31 Hoffnung nach dem Sturm Poetisch, ästhetisch, inspirierend: Der Kultursommer in Kärnten hat viel Neues zu bieten. Allen Künstlerinnen und Künstlern gemeinsam ist: Sie halten durch und spielen auf! Eine Rundreise ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Robert Schad ist im Museum Liaunig eine sehenswerte Skulpturenschau gewidmet. Foto: Museum Liaunig | „Der kleine Prinz“ in einer Inszenierung des Theaters Waltzwerk ist bei den Theatertagen in Bleiburg zu sehen. Foto: Waltzwerk | Die besten Fotos des irischen Star-Fotografen Edward Quinn kann man in Gmünd sehen: „Von Picasso bis Hockney“. Foto: Quinn/Kulturstadt Gmünd | Gitarristin Julia Malischnig lädt ausschließlich österreichische Künstler zu ihrem Gitarrenfestival am Millstätter See ein. Foto: Malischnig | Martha Jungwirth, Ohne Titel, 2018. Foto: © Museum Liaunig / Martha Jungwirth

Sanft schwingen die rätselhaften Objekte bereiten Sarah Rebecca Kühl und Mar- Rettende Retrospektiven. „In krisenhaf- im Luftzug. Plötzlich scheint der histori- kus Achatz den gleichnishaften Stoff für ten Zeiten werden wir Menschen zurück- sche Industriebau zum Leben erweckt. die Bleiburger Theatertage auf, die in geworfen – auf uns selbst“, heißt es im Tatsächlich ist das 95 Jahre alte, wie eine der Meierei Bleiburg/Pliberk ein kleines, Programmheft der Theatertage. Und das Wörthersee-Villa wirkende -Kraft- feines Programm bieten. Das Theater trifft auf viele Kulturveranstalter*innen werk von Architekt Franz Baumgartner Waltzwerk gastiert neben dem Kinder- im Lande zu. Mit einem „Best of“ reagiert durchaus lebendig. Wie von den Maschi- stück auch mit Stefan Zweigs „Schachno- auch die Galerie Vorspann in Bad Eisen- nen ausgespuckt, wirken die kugelartigen velle“ mit Maximilian Achatz (4./5.8.). kappel/Železna Kapla zu ihrem 15. Ge- Gebilde, die Theres Cassini [siehe auch Zurück auf ihrem Heimatplaneten wer- burtstag auf die Herausforderungen für S. 44-45] im Raum platzierte – ein den viele Künstler*innen und Kultur­ Aus­stellungs­macher*innen. Statt der auf Schwarm aus Urkörpern, gestaltet aus veranstalter*innen nach der ersten Coro- 2021 verschobenen Gemeinschaftsaus- Fahrradfelgen und Tarnstoffen in Tierfell- na-Schockstarre voller Ideen aktiv. Mit der stellung „2020 – Eine Galerie sieht dop- Optik. „Die Bewegung verändert die Wahr- schrägen musikalisch-kabarettistischen pelt“ entschieden sich Andreas Jerlich nehmung“, erklärt die Künstlerin, „in Revue „La vita è bella, oder – das Leben und Norbert Klavora kurzfristig für eine einem Objekt ist das ganze Universum, ist ein Hund“ (2./7./9.8.) zeigt das Bleibur- Retrospektive der vergangenen eineinhalb das da durchsickert.“ Das überdimensio- ger Mini-Festival humorvoll und nachdenk- Jahrzehnte, bei der jede*r Künstler*in, nale Mobile kann man noch bis 20. August lich, was für ein kreatives Potenzial in der die oder der eine Hauptausstellung hatte, betrachten, danach sperrt das kelag-Schau- Region steckt. Unter der musikalischen mit einem Werk vertreten ist. Einer der kraftwerk in Techelsberg wegen Umbau- Leitung von Tonč Feinig interpretieren vielen ist Manfred Bockelmann, der in arbeiten bis in den Frühling 2021 zu. die Akteur*innen des Bleiburger Faschings- einer Video-Botschaft resümiert: „Abstand kabaretts Kompositionen von Konstantin halten vor den Bildern ist ja normal. Doch Mit dem Universum kennt sich auch der Wecker bis Georg Danzer, von Hermann voreinander, daran müssen wir uns erst Kleine Prinz aus. Seinen eigenen kleinen Leopoldi bis Udo Jürgens u.ä.m. Ergänzt gewöhnen.“ Planeten verlässt Antoine de Saint-Exu- wird das sorgfältig zusammengestellte Kurzfristig umdisponiert hat ebenfalls pérys Titelheld des Literaturklassikers, Angebot durch ein weiteres Kinderstück die Gitarristin Julia Malischnig. Zu ihrem um Freundschaft zu finden. „Man sieht („Max und Moritz“ nach Wilhelm Busch 13. Internationalen Gitarrenfestival am nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche mit Johanna Hainz, Anna-Eva Köck und Millstätter See (5.-9.8.) lädt sie heuer ist für die Augen unsichtbar“, erkennt er Aline-Sarah Kunisch, 1. u. 3.8.) sowie die ausschließlich österreichische Künstler­ am Ende seiner Reise, die ihn wieder auf musikalische Lesung „Bilder einer Land- *innen ein: „Als Musikerin und Veran- seinen Heimatplaneten führt. In eine schaft“ rund um ein 3-Länder-Kunstprojekt stalterin ist es mir ein Bedürfnis, den entzückende Kinderproduktion (6.8.) (Kärnten, Slowenien, Lausitz; 21.8.). Kollegen gerade in dieser herausfordern-

32 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Die Kunst- und Musikreihe Planetenklang. Foto: Wolfgang Semmelrock kultur.tipp Harmonie in der Dissonanz „Hier ist Friede, hier weine ich mich aus über alles! Hier löst sich mein unfassbares, uner- messliches Leid, das mir die Seele verbrennt ... Siehe, hier sind keine Menschen, keine Ansied- lungen ... Hier tropft Schnee leise in Wasserla- chen.“ So lautet der Textausschnitt aus der Hand des Wiener Schriftstellers Richard Englän- der, der 1912 in Alban Bergs Fünf Orchesterlie- der nach Ansichtskartentexten von Peter Alten- berg Eingang findet. Hier ist Friede, so lautet auch die Inschrift einer Steintafel beim Alban- Berg-Waldhaus in Schiefling, das Schauplatz der neuesten Installation der Kunst- und Musikreihe Planetenklang wird. Wolfgang Semmelrock, der Initiator des Projektes, ist kein Unbekannter in der Kärntner Kulturlandschaft: Bereits 2018 und 2019 war er beim Gustav-Mahler-Kompo- nierhäuschen und beim eben genannten Wald- haus aktiv. Dieses Jahr stellt er sich ganz in den den Zeit ein Podium zu bieten, sich den St. Veiter Rathauses) eröffnet mit dem Dienst der Harmonie. Frei nach Engländers Text: Menschen wieder persönlich und nicht Ensemble „Voila Viola“ (15.8.), und auch „Hier sind keine Menschen, keine Ansiedlun- online mitteilen zu können.“ Von ihrer im Klagenfurter Dom (Musica sacra bis gen“, inszeniert der Künstler Alban Bergs Domi- musikalisch-literarischen Performance, 15.8.) und in der Stadthauptpfarrkirche zil und die Parkanlage als einen Ort der Ruhe, gemeinsam mit Maja Haderlap und Edgar St. Jakob in Villach (Orgelmusik-Sommer als einen Platz des Rückzugs in Zeiten von Hek- Unterkirchner, bis zum Vienna Guitar bis 27.8.) erklingen die Orgeln. tik und Chaos. Kunst hat hier die Aufgabe, den Quartet und einer Flamenco-Tänzerin, von Der Carinthische Sommer besteht also Menschen zu helfen, sich zu sammeln und neu „Ois Oda Nix“ mit dem Kärntner E-Gitar- nicht nur aus dem traditionellen Festival zu fokussieren. Diese Eintracht mit sich und der risten Thomas Wallisch bis zur Hackbrett- Carinthischer Sommer, das sich heuer Natur soll jedoch nicht zu einer Isolation, son- virtuosin Heidelore Wallisch-Schauer auch nicht von der Krise abschrecken ließ. dern idealerweise zu einem neuen Miteinander führen. Durch ein pneumatisches Regenobjekt reicht das schwungvolle Angebot im Kon- Intendant Holger Bleck wollte unbedingt gelangen die Besucher*innen­ in den Ausstel- gresshaus Millstatt. spielen – und stellte mit seinem Team ein lungsparcour, der an den Wochenenden zum Ebenfalls dort und in der Stiftskirche zwar reduziertes, aber hörenswertes Pro- Treffpunkt für Picknicks und abwechselnde Millstatt finden (bis 4.10.) die Musikwo- gramm auf die Beine. Los geht’s am musikalische Darbietungen wird. Jeden Freitag chen Millstatt statt. Neben internationa- 1. August mit einem Konzert des Geigen- besteht die Möglichkeit, an der 12-Ton-Planeten- len Stars (Bariton Thomas Hampson am virtuosen Benjamin Schmid im Congress Klang-Installation – ein Gemeinschaftsprojekt 2.8.) werden dabei viele Kärntner Künstler­ Center Villach. Besonders spannend: mit dem Kärntner Ronald Zechner – selbst kom- *innen zu erleben sein (Michael Paum- Johannes Kalitzkes erste Kirchen-Filmoper ponierend tätig zu werden. Wie (un-)harmonisch garten am 23.8., Luka Ljubas von den „Jeanne d’Arc“ mit Orchester, Chor, Solis- dieses Zwölftonstück schlussendlich klingt, wird Wiener Philharmonikern am 26.8., der ten und großer Filmleinwand in der sich bei der Präsentation im Zuge der Gitarrist Gottfried David Gfrerer am 9.9.). Stadthalle Villach [siehe S. 87]. Die sze- Abschlussmatinee am 23. August zeigen. nische Umsetzung dazu soll 2021 folgen. ● Elisabeth Oberlerchner Musiksommer. „Ohren auf!“ heißt es im Das Musikforum Viktring beschränkt * 1994, lebt in Radenthein. Studium der Angewandten Kultur- wissenschaft und der Germanistik an der Alpen-Adria- Sommer quer durchs Land. Oft werden sich heuer auf vier Konzerte: Paul Gulda Universität Klagenfurt, seit Herbst 2019 PhD-Kandidatin dabei Kirchenräume zu Konzertsälen. Bis präsentiert zum Auftakt am 17. September am German Department at Rutgers, the State University 10.9. lädt der Verein „Pro Musica Mallnitz“ in der Schleppe Event Arena die beiden of New Jersey, USA. zum Mallnitzer Musiksommer in die Musiker Corrado Neri und Bogdan Laketic. Planetenklang Pfarrkirche (u. a. mit Bariton Erwin Bela- Zum 90. Geburtstag von Friedrich Gulda Alban-Berg-Waldhaus, Schiefling kowitsch und Pianistin Barbara Moser). ehren Heidemaria Oberthür, Hubert bis zum 23. August, jeden FR/SA/SO von 10-16 Uhr Der Musikalische Spätsommer im Dom Kerschbaumer und zahlreiche andere Sonntagsmatineen jeweils um 11 Uhr zu Gurk (und am 23.8. im Innenhof des Musiker*innen den Ausnahmekünstler

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 33 am 18.9. mit CrossNova im Klagenfurter Titel „Gerahmte Zeit“ (ab 18.9.). Auch acht lassen kann. Film, Jazz, Kabarett, Kinder- Konzerthaus. Künstler*innen des Kunstwerk Krastal theater, Literatur, Konzerte, Tanz, Perfor- „Reduktion“ lautet auch das lange (von Meina Schellander über Max Seibald mance, bildende Kunst – alles ist dabei, geplante Motto für das sechste bis zu Heliane Wiesauer-Reiterer) bespie- darunter Emily Stewart, The Talltones Klassik Festival Ende August. „Weniger len im Rahmen dieser Triennale das Extended, Wolfgang Puschnig, Lukas Kran- ist mehr“ gilt zwar für so manche Kompo- Bildhauerhaus im Krastal und stellen sich zelbinder u. a. „Das breite Angebot spiegelt sition, aber nicht für die Veran­stalter­ dem Thema Zeit und Raum. die lebendige Kulturszene Villachs wider“, *innen, die das Festival – ohne inhaltlich Der bildenden Kunst sind nicht nur die sagt Martin Dueller, „das ‚CO‘ steht dabei zu reduzieren – auch in Corona-Zeiten renommierten Museen wie das Werner- für Kooperation, nicht für Corona!“ durchführen können. „Es ist beinahe schon Berg-Museum in Bleiburg (Manfred Deix Daneben gehen natürlich auch die Vor- gespenstisch“, freut sich Daniela Knaller trifft Werner Berg & Werner Hofmeister bereitungen für die ersten Nach-Corona- vom Verein Weissensee Klassik zum Bei- im Skulpturengarten), das Museum des Premieren an der Villacher Mittelbühne spiel auf das „Silent Concert“ auf der Nötscher Kreises (mit Reflexionen zu weiter. Seit Ende Juli probt man hier Bernd Naggleralm (Klavierkonzert über Kopfhö- Anton Koligs Landhausfresken) oder die Liepold-Mossers „Handke unser“. Die rer) oder auf Beethovens 2. Symphonie, Klagenfurter Stadtgalerie (mit einer persönliche Annäherung des Nestroy- die dieser im Bewusstsein komponierte, Gunter-Sachs-Ausstellung) und das Muse- Preisträgers Liepold-Mosser an die Texte sein Gehör zu verlieren (29.8.). um Moderner Kunst Kärnten (Bilder Peter Handkes hat am 3. September Pre- Den Künstler*innen eine Bühne bieten einer Landschaft, siehe auch Bleiburger miere. Wenige Tage danach geht eine – das wollen auch die Organisatoren der Theatertage) gewidmet, auch das Privat- Premiere seiner Frau Ute Liepold (Thea- Kultursommernächte beim Wildensteiner museum Liaunig in Neuhaus lockt mit ter Wolkenflug) über die Bühne des Ton- Wasserfall. Konzerte und Kabarett in der seiner sehenswerten Sammlung zeitge- hofstadels in Maria Saal: „Hippocampus“, wildromantischen Naturkulisse der Kara- nössischer Kunst (heuer mit Schwerpunkt nach einem Roman von Gertraud Klemm, wanken stehen dabei bis Mitte August auf Robert Schad und Martha Jungwirth) und befasst sich bitterböse und witzig mit dem dem Programm (Petutschnig Hons am 1.8., dem sehenswerten Skulpturengarten. Und zeitgenössischen Literaturbetrieb, mit Perpetuum Jazzile am 7.8., Ulli Bäer und in Gmünd, das in den vergangenen Jahren Sexismus und Gleichberechtigung. Heraus die Spritbuam am 12.8.). Maximal 500 mit seinen Großausstellungen (Dürer, kommt dabei ein unterhaltsamer Roadtrip Gäste haben Zutritt bei diesen Open-Air- Goya, Miró, Matisse, Turner) seine Stel- – der bis Ende September zu sehen ist. Shows, die COVID-19-Präventionsmaßnah- lung als Künstlerstadt festigte, sind heuer Auch im Klagenfurter Stadttheater men sind, so wie bei den anderen heimi- Fotografien Von Picasso bis Hockney wird im Sommer schon eifrig geprobt, schen Veranstalter*innen, garantiert. des irischen Grandseigneurs der Künst- steht doch die erste Nach-Corona-Premi- Mit einem bunten Kulturprogramm lerfotografie Edward Quinn zu sehen. ere an, die gleichzeitig die neue Intendant- unter freiem Himmel lockt der Kultur- Originell und ideenreich ist auch der schaft von Aron Stiehl (noch programmiert sommer Krumpendorf in seine Wald­ Kunstparcours, den der Verein Kunst- von Florian Scholz) einläutet. Gleich nach arena. Mit dabei sind heimische Musiker radln in Millstatt zum dritten Mal orga- der Opernproduktion „Elektra“ von wie Primus Sitter, Klemens Marktl & nisiert hat. Mehr als 250 Werke sind an Richard Strauss (Premiere am 17.9.) steht Friends oder Jörg Seidel und Sabine Nei- 15 Standorten rund um Millstatt bis wieder Bernd Liepold-Mosser im Rampen- bersch, aber auch Filmvorführungen, November zu sehen – besser gesagt zu licht: „Servus Srečno Kärntenpark“ titelt Lesungen und Slam-Poetry stehen bis Ende erfahren, denn die Freiluftgalerie ist sein Theaterprojekt zum 100. Jahrestag August auf dem Programm. Nicht weit bequem mit dem Fahrrad zu erradeln. der Kärntner Volksabstimmung. Liepold- entfernt, in Klagenfurt, macht sich eine Die Neo-Festspiele auf Burg Taggen- Mosser ist auch der designierte Intendant Grätzelinitiative rund um den Kardinal- brunn präsentieren mit coronabedingter eines angekündigten „Klagenfurt-Festi- platz stark. Beim Festival Vierteltöne Verspätung ein ambitioniertes Programm. vals“, das coronabedingt auf das nächste (7.8.-11.9.) treten jeden Freitag, 18 bis 20 Den Anfang macht am 5. September die Jahr verschoben wurde. Uhr, Künstler*innen auf, von 20 bis 21 Schauspielerin Birgit Minichmayr, die mit Dass die Kärntner Kunstszene auch aus Uhr steht die Bühne allen (gegen Voran- dem Classic-Jazz-Pianoduo Hopkins & eigener Kraft ein respektables Kulturfes- meldung) zum Performen zur Verfügung. Lhotzky im Flair der 20er-Jahre auftritt. tival aus dem Boden stampfen kann, will ihm der kämpferische Prinzipal des kla- Zeitlose Kunst. Kärntenweit und sparten- Kultur-Netzwerk. Eigentlich sollte Martin genfurter ensembles (ke), Gerhard Lehner, übergreifend ist das interdisziplinäre Pro- Dueller, hauptberuflich Dramaturg an der beweisen. Mit dem 1. Klagenfurter Pan- jekt des Kärntner Kunstvereins zeit.čas. neuebuehnevillach, heuer erstmals das demiefestival lässt er das Publikum im tempo mit mehr als 50 Einzelprojekten Kulturfestival „Spectrum“ kuratieren. Sicherheitsabstand am Messeparkplatz angelegt. Vom Kunstbahnhof Velden bis Doch Corona machte ihm, der noch gar Platz nehmen und bittet heimische zur Wolfsberger Galerie Muh zeigen diver- nicht begonnen hatte, einen Strich durch Produktionen auf die Bühne. So wie Jean se Galerien, private Ateliers und öffentliche die Rechnung, das Spectrum wurde abge- Genets „Die Zofen“ des „Jungen Theaters Räume wie vielfältig das künstlerische sagt. Auch hier stand also Umdisponieren Klagenfurt“ (14.-29.8.), ab 1.8. „Die letzten Schaffen im Land ist. Bis 8.8. läuft etwa auf dem Programm. Und so entwickelte Tage der Menschheit“ oder Thomas Köcks noch die Ausstellung „Mit Bergen den Dueller innerhalb kürzester Zeit mit sei- „Kudlich in Amerika“ (Schauspielhaus Blick regieren“ im Klagenfurter Künstler- nem Team für den Verein „kult:villach“ Wien, 4./5.9.). haus. Mit den Kindern der Volksschule das alternative Kulturfestival Cofestival ● Karin Waldner-Petutschnig Berg im Drautal gestaltete der Holzbild- (bis Mitte August). Freie Szene und pro- (56) ist freie Kulturjournalistin in Klagenfurt. Neben ihrer fast 30-jährigen Tätigkeit bei der „Kleinen Zeitung“, hauer Werner Pirker eine Freiluftgalerie fessionelle Kulturschaffende bündeln leitete sie 12 Jahre den -Verlag und drei Jahre (ab 8.8.), im Schaubergwerk Terra Mysti- dafür rund 40 Veranstaltungen an ver- das Museum Liaunig. ca in Bad Bleiberg zeigt Anita Wiegele ein schiedenen Plätzen der Stadt zu einem interdisziplinäres Kunstprojekt unter dem bunten Kultur-Strauß, der sich sehen

34 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Maria Legat: Ausschnitt aus „Darob“. Foto: Patrick Püribauer solo.schau Mit zarten Strichen unter die Haut „Alles ist das Gegenteil von Freiheit“. „Gegen- über ist es anders.“ Manchmal, sagt Maria Legat, liefern ihr Kinder solche Sätze, die die Imagination auf Touren bringen. Die politisch sein können, hellseherisch, aber auch abstrakt. Die Inspiration dann zu einem Bild zu verdich- ten, ist ein langwieriger Prozess – was aber als Resultat erscheint, hat verblüffende Kraft. Seit ihrem Abschluss an der Wiener Akademie der bildenden Künste (2014), wo die im Rosental aufgewachsene Künstlerin bei Daniel Richter und Ashley Hans Scheirl studierte, sammelt Legat Anerkennung und Preise. Am 19. Sep- tember eröffnet die Galerie3 die erste Einzel- ausstellung Legats in Kärnten. Der Sog von Legats Bildern gründet in ihrer feingliedrigen Ausführung ebenso wie in den dargestellten Szenerien. Menschliche Figuren, Tier-Chimären und undefinierbare Volumina begegnen da einander in weiten Weltlandschaf- ten. Zeitkritische und feministische Botschaften finden sich darin, doch erscheinen sie nie agita- torisch. „Malerei ist schon deshalb politisch, weil sie für viele gedacht ist“, sagt Legat. „Ich verkaufe auch keine Bilder, die nicht mindes- tens einmal ausgestellt waren.“ Die Künstlerin zeichnet stets mit Kohle auf ungerahmten Leinenbahnen und trägt dann Farbe auf, die mitunter verrinnt. Der Kunsthis- toriker denkt an gotische Tüchleinmalerei – tatsächlich konfrontierte die Gemäldegalerie der Wiener Akademie Legat 2019 mit Hierony- mus Boschs „Weltgericht“. Doch bei aller Archaik dringt auch hier das politische Selbst- verständnis der 1980 geborenen Künstlerin zutage. „Ich war früher in der Antifaschismus- Szene aktiv und dachte, ich schlage hunderte Nägel in alle Institutionen ein“, erzählt Legat. „Löcher in Museen kann man zuspachteln – sie bleiben trotzdem.“ Bleiben wird wohl auch Maria Legats Malerei: In den Institutionen, die, wie das MMKK in Klagen- furt, bereits Werke angekauft haben, vor allem aber im Gedächtnis. „Ich will dagegenhalten, dass Kunst so schnell konsumierbar ist“, sagt Legat, die darauf pocht, dass ihre Werke direkt erlebt werden wollen. „Meine Bilder sollen nicht in zwei Sekunden weggewischt werden.“ ● Michael Huber * 1976 in Klagenfurt, lebt in Wien, Kurier-Redakteur mit den Themenschwerpunkten bildende Kunst und Kulturpolitik.

Maria Legat: > VERHOFFT < Theres Cassini im Kelag Kraftwerk Forstsee. Foto: © Kelag | Taggenbrunn macht den Herbst zum Frühling. Eröffnung: 18. September Foto: Ferdinand Neumüller | Die Bleiburger Theatertage geben Zweigs Schachnovelle. Foto: © Lea Friessner Galerie3, Klagenfurt www.galerie3.com

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 35 Hermann Josef Painitz: Hellblau Hellblau, 1998. Foto: F. Neumüller | Heimo Zobernig: o. T., 1995. Foto: F. Neumüller | Esther Stocker: o. T., 2007. Foto: F. Neumüller | Peter Kogler: Röhre, 1994. Foto: F. Neumüller | Markus Wilfling: o. T. (Barke), 2011. Foto: courtesy artepari Alle Werke: Courtesy Kunstsammlung des Landes Kärnten/MMKK fokus sammlung 06. ABSTRAKT. Neue Schau mit dem Schwerpunkt „Geometrie + Konzept“ im MMKK.

Die Ausstellung „ABSTRAKT. Geometrie Art und die Neokonkrete Malerei bis zur oder um einen radikalen Gegenentwurf + Konzept“ ist die sechste in der Reihe Neuen Geometrie der späten 1970er- und dazu, sondern grundsätzlich um eine „fokus sammlung“ und schlägt – nachdem der 1980er-Jahre. Neubewertung der konstruktiv-konzeptu- die klassischen Genres der Malerei, das In Österreich hat die geometrische ellen Sprache unter völlig anderen Bedin- Menschenbild, die Landschaft, die Tier- Abstraktion weder Wurzeln noch Konti- gungen. Sie verlangen eine progressive darstellung und das Stillleben, präsentiert nuität. Nur vereinzelt tauchen Positionen Weiterentwicklung und verhindern die worden sind – nun das Kapitel der abs- im Umfeld der historischen Protagonisten Erstarrung in einem etablierten System. trakten Gestaltung auf – einer bedeuten- vor dem Zweiten Weltkrieg auf. Nach dem Heute geht es den Künstler*innen darum, den Erfindung, die mit den Regeln der Krieg stellt die geometrische Abstraktion jenseits der Übernahme eines konkreten herkömmlichen Kompositionsschemen für viele Künstler*innen eine „Durch- Musters, punktuelle Bezüge herzustellen, bricht und so nachhaltig die Kunst geprägt gangsphase“ dar, wie zum Beispiel für Teilaspekte zu prüfen und zu forcieren. hat. Das abstrakte Segment umfasst unter- Johann Fruhmann, Arnulf Rainer oder Dies führt dazu, dass das stilistische Feld schiedliche Tendenzen, die aktuelle Aus- Maria Lassnig. Es bildet sich jedoch keine in verschiedene Richtungen expandiert stellung konzentriert sich vorerst auf homogene Strömung. Bis in die 1940er- und die definitorischen Rahmen neu abge- geometrische Konzepte. Jahre steht die Gegenständlichkeit und steckt werden müssen. Das zeigt auch die Die geometrisch-abstrakte Strategie ist danach das Informel im Vordergrund. Erst Ausstellung, die unterschiedlichste Bei- eine bildnerische Variante, deren Wurzeln in der Gegenwart, in den letzten Jahrzehn- spiele geometrisch-abstrakter, minimalis- in den konstruktivistischen beziehungs- ten, kann man von einer „Szene“ sprechen, tischer und konzeptueller Kunst – Werke weise konkreten Strömungen des frühen die unterschiedliche Einzelpositionen der verschiedener Medien und künstlerischer 20. Jahrhunderts liegen, im russischen geometrisch-abstrakten Richtung vereint. Denkansätze – versammelt und ein weites Konstruktivismus und in der holländischen Die Sammlungsinhalte des MMKK, die Spektrum geometrischer Möglichkeitsfor- Stijl-Bewegung, im Bauhaus und in der den geometrisch-abstrakten Bereich betref- men formal und inhaltlich abdeckt. internationalen Künstlervereinigung Abs- fen, umfassen Werke der Periode von den ● Christine Wetzlinger-Grundnig traction-Création sowie in den Leistungen 1950er-Jahren bis heute. Das Gros der Direktorin Museum Moderner Kunst Kärnten. der Konkreten Kunst. Daran anschließend frühen Ankäufe ist in eine Zeit zu datieren, lässt sich die Entwicklungslinie weiterver- in der die Künstler*innen im Kontext der fokus sammlung 06. folgen über die Nachmalerische Abstrak- Postmoderne die Erfindungen der Moder- ABSTRAKT. Geometrie + Konzept tion in Amerika, nach dem Zweiten Welt- ne mit kritischem Blick aufgreifen, wei- Museum Moderner Kunst Kärnten, Klagenfurt krieg in Europa über die Neuen Tendenzen terentwickeln und zu heterogener Man- Vernissage: 23. September, 19 Uhr Laufzeit: 24. September – 10. Jänner 2021 der 1960er-Jahre (zu denen neben der Op nigfaltigkeit führen – jedoch ohne www.mmkk.at Art auch die Gruppen Zero in Deutschland, modernistischen Fortschrittsimpetus. Es N und T in Italien, Nul in den Niederlanden geht nicht mehr um die Einhaltung eines und die Group de Recherche d’Art Visuel verbindlichen Kanons, um die stringente in Frankreich zählen), weiters die Minimal Verfolgung eines bestimmten Konzepts

36 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 In der Krise: Theater wagen Minifestival mit maximaler Wirkung. Die Komödienspiele Porcia touren mit der Coromödie 2020 durch Kärnten – und verstehen es meisterhaft, auf und gegen die Krise anzuspielen.

Die Liste all dessen, was Corona den Das gelingt dem Ensemble auch darum, Vielfalt als Programm. Komplettiert wird Kulturschaffenden und dem Publikum da man sich bei der Auswahl des Stücks das Festival von 38 Kunstschaffenden, geraubt hat, ist lang. Doch eines hat äußerst feinfühlig gezeigt hat: Pedro Cal- überwiegend aus Kärnten. Die Spannwei- während der langen Abstinenz an Ver- derón de la Barcas Komödie Dame Kobold. te reicht vom eigens entwickelten Kinder- anstaltungen nicht gelitten, sondern ist Verpackt in eine leichtfüßige Handlung programm über Rockmusik, Jazz, Kabarett, im Windschatten der Krise gereift: die und mit einer opulenten Lust am Spiel Lesungen und Trommelkonzerte bis hin Sehnsucht nach dem Live-Erlebnis. Denn dargeboten, kitzelt Ladurner in ihrer zur Drehorgel und zu Helfrieds Strenge die Faszination des Unmittelbaren vermag Inszenierung all jene Themen aus dem Kammer. Durch die wechselnde Zusam- ein Bildschirm nicht zu transportieren Stück, die uns aktuell nur allzu vertraut mensetzung bietet somit jede Aufführung – High Definition hin oder her, der Hun- sind: Die scheinbare Sicherheit von Innen- ein eigenes Theatererlebnis. Das erzeugt ger nach dem Echten bleibt ungestillt. räumen, die gleichzeitig den Verlust von nicht nur vielfältige künstlerische Nuan- Indem der Live-Auftritt rar geworden ist, Freiheiten bedingt. Gesellschaftliche Win- cen, sondern schafft vor allem die bitter übt er jetzt umso mehr an Faszinations- kelzüge, die zum Maskenspiel im über- benötigten Auftrittsmöglichkeiten für kraft aus, er ist wieder etwas Außerge- tragenen (und weniger übertragenen) Kunstschaffende, die ein wirtschaftliches wöhnliches, ein Spektakel: Musik, Schau- Sinne werden. Und die Utopie der Liebe, Auslangen finden müssen. Denn die spiel, Tanz, Lesung, Performance. Live die den oftmals einzigen Ausweg bietet. Gesellschaft braucht das Theater – aber ist live. Dass Calderón de la Barcas Stück in genauso braucht das Theater die Gesell- einer Zeit entstanden ist, in der Krieg und schaft, um ihr weiterhin den Spiegel Das Lachen als Antwort. Das Ensemble Pest in Europa wüteten, spürt man in der vorhalten zu können. Porcia hat mit der Coromödie ein Theater- aktuellen Situation besonders deutlich. „Eine Gesellschaft gänzlich ohne Thea- festival konzipiert, das auf die geänderten Vor allem, da der Autor eine Antwort auf ter ist nicht denkbar“, lautet das Motto. Rahmenbedingungen kreativ reagiert und diese allgegenwärtigen Bedrohungen Denkbar vielleicht schon. Wünschenswert zeigt, dass trotzdem ein vielfältiges The- bereithält. Eine Antwort, die auch heute ist sie ganz sicher nicht. Dass es niemals atererleben möglich ist. Mehr noch: Dass noch – und vielleicht mehr denn je – Gül- so weit kommt, dafür hat das Ensemble es das Theater in Krisenzeiten wohl mehr tigkeit hat: das Lachen. Das souveräne Porcia gesorgt. braucht denn je. Das Team rund um die Lachen nicht als Trostpflaster oder als ● Andreas Peterjan unermüdliche Intendantin Angelica Ladur- Verdrängung. Sondern vielmehr als eine * 1988, aufgewachsen in Feldkirchen, Studium der Germanistik, ist journalistisch und wissenschaftlich tätig. ner macht darum den mobilen Theater- Strategie, mit der Welt umzugehen und wagen zur Hauptbühne und ist seit Juni sich als Mensch zu behaupten. Dieses auf Tour durch Kärnten, um alltägliche Lachen versteht das Ensemble zu aktua- Theaterwagen-Tournee 2020 Orte – wie Hauptplätze oder Parks – im lisieren, indem immer wieder die aktuel- bis 13. September im ganzen Land Infos &Termine: www.ensemble-porcia.at Rahmen eines jeweils eintägigen Minifes- le Situation ironisch thematisiert wird. tivals mit dem Zauber der Illusion zu Hier wird also nicht nur gegen, sondern belegen. auch auf die Krise angespielt.

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 37 Szenen aus Robert Schabus’ Projekt AB:STAND. Fotos: Robert Schabus | Schriftsteller, Schauspieler und Drehbuchautor Josef Kleindienst. Foto: Wolfgang Thaler

Jeder für sich und Gott gegen alle Sequenzen aus Kärntens Filmschaffen.

Der Klang der Stille. „Am Anfang der erster dieser Art, weiß im Moment nie- in Frage gestellt. Als ich vor einem Jahr Coronakrise war ich nicht wirklich arbeits- mand. Die bedrückenden Aufnahmen der mit der Arbeit begann, dachte ich natürlich fähig. Meine Arbeit ist eine recht soziale, entschleunigten Welt, einer leeren Gesell- nicht, dass sich das Drehbuch mehr oder und wenn das alles weg ist, tut man sich schaft in einer verschwundenen Zivilisa- weniger selbst verkündet. Vieles, was ich schwer. Gerhard Pilgram von UNIKUM tion funktionieren am besten ohne Musik. in dem Drehbuch beschreibe, wurde Rea- bat mich dann, darüber nachzudenken, Denn die Stille war der eigentliche Klang lität“, sinniert Kleindienst. Dabei stellt er einen Film dazu zu machen. Gemeinsam der Isolation. Was Sound of Silence bedeu- sich die Frage, wie der Mensch in einer fanden wir die Menschen, die sich bereit tet, wissen wir jetzt alle. Es wurde wahr, Partnerschaft mit so existenziellen Ängs- erklärten, mich in der Öffentlichkeit zu hörbar und erschreckend greifbar. Die 37 ten umgeht. Die Handlung findet in Ober- treffen und mitzumachen“, beschreibt Minuten lange Doku hatte – als erste kärnten statt. Der Autor arbeitet bereits Robert Schabus die Entstehung des ein- öffentliche Filmvorführung in Kärnten mit einer Produktionsfirma zusammen zigartigen Filmprojektes AB:STAND. Bel- nach dem Ende des Lockdowns – am 3. und hofft, dass seine Geschichte einmal in la Ban, Anthony Hall, Nora Leitgeb, Helga Juni im Klagenfurter Lendhafen Premiere. Kärnten als Film realisiert wird. Klein- Mračnikar, Dietmar Pickl, Eva Reitmann, Die neue Abnormalität gab Schabus zwar dienst ist, wie er betont, mit dem Bundes- Werner Überbacher, Inge Vavra, Daniela Gelegenheit für dieses Experiment, stand land stark verbunden: „Ich arbeite noch Warmuth. „Jeder für sich und Gott gegen aber bereits geplanten Projekten im Weg. an einem zweiten Drehbuch, das ich auch alle“, während der Isolation kurz auf der So wurden die Dreharbeiten an seinem in Kärnten verortete. Ich bin von der Oberfläche, auf den sonst leeren Bänken Film über den Alpenraum gestoppt. Ästhetik der Kärntner Landschaft geprägt, sitzend, offenbaren sie vor der Kamera insofern setze ich die Handlung gern in so ihre Ansichten, Gefühle und Ängste, setzen Prophetische Kunst. Ein weiterer Künst- eine Landschaft. Man sollte Kärnten als sich mit der Vergänglichkeit, Krankheit ler aus Kärnten musste auch seine Pläne Filmland sowieso mehr forcieren und die und dem Tod auseinander, manche in einer den neuen Regeln anpassen. Der in Spittal Strukturen dafür entsprechend stärken.“ fast testamentarischen Art des Abschieds. an der Drau geborene und in Wien leben- Die möglichen Verfilmungen der Drehbü- Die Auswahl der Gesprächspartner*innen, de Schriftsteller, Schauspieler und Dreh- cher von Josef Kleindienst kann man mit allesamt aus dem erweiterten UNIKUM- buchautor Josef Kleindienst startete die- Spannung erwarten, denn der einstige Universum, prägte die vorwiegend düste- ses Jahr erfolgreich mit dem Gewinn des Teilnehmer des Bachmann-Wettbewerbes re Vision. „Der Ausgangspunkt war, vor Carl-Mayer-Preises für „Die Verkündung“ hat viel anzubieten. allem zu den Menschen zu gehen, die bei der Diagonale in Graz. Dabei stellte ● Slobodan Žakula persönlich betroffen sind. Dieses Gefühl sich kurz später heraus, wie aktuell dieses Cineast und Sendungsmacher bei radio AGORA 105,5. der Angst war ein Hauptmotiv“, so Scha- Treatment tatsächlich wird: „Es geht um bus weiter. „Der Film entstand in einer eine Frau, die von diffusen Ängsten geplagt bestimmten Situation, aus persönlicher ist, weil sie glaubt, eine Katastrophe wer- Betroffenheit. Er wird ein Dokument der de demnächst eintreten. Sie beginnt Zeit bleiben.“ Ob der Film einmal ein Blick Lebensmittel zu horten, sie bewaffnet sich, in die unvorstellbare Vergangenheit wird, macht Überlebenstraining mit ihren Kin- oder ein „Zurück in die Zukunft“ und dern. Ihre Ehe wird dadurch immer mehr

38 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Robert Unterköfler gehört zu den spannendsten Jungjazzer*innen Österreichs. Foto: Ingmar Flashaar

Ich lebe sparsam Jazz-Saxophonist Robert Unterköfler ist nach vielversprechendem Karrierestart unsanft im Lockdown gelandet. Gut, dass er so vielseitig aufgestellt ist.

Auf seiner Homepage findet sich ein karger versity. In der Jury saß Österreichs derzeit Corona-Krise hat Unterköfler nur ein Lebenslauf: die Stationen seiner Ausbil- wohl international renommiertester Jazz­ ebenso kurzes wie vernichtendes Verdikt dung, ein paar Musiker*innen, mit denen musiker, der Gitarrist Wolfgang Muthspiel, übrig: „Österreich ist keine Kulturnation!“ er zusammengespielt hat. Darunter einige außerdem der Musikproduzent Jeff Leven- Videos und Tondokumente. Wir „scrollen“ son (Warner Bros und Sony). Wolfgang Rote Welt. Aber auch die Vermarktung das Feld von hinten auf. Ganz unten findet Muthspiel war schließlich auch einer von der Musik ist inzwischen ein Problem. sich ein etwa dreiminütiges Solo über denen, die ihn für die Position des Teno- Immer mehr Musiker*innen nehmen sie Charlie Parkers Song „Confirmation“ – risten im „Orjazztra Vienna“ an Bruder deshalb selbst in die Hand und gründen daheim in Wien aufgenommen, mitten im Christian empfahl. eigene Plattenlabels. Im Fall von Robert Corona-Lockdown, wie Robert Unterköfler Unterköfler heißt es „Rote Welt Records“. später im Telefongespräch erklärt: sehr Keine Kulturnation. Unterköflers Karri- Hier hat er auch seine zweite CD „Rote flüssig, geradezu fließend und doch die ere war gerade so vielversprechend gestar- Welt“ herausgebracht. Mit ihm Kern der nervösen kurzen Phrasen des großen Vor- tet, da kam der Lockdown – für alle frei- Band sind seine beiden langjährigen bilds bewahrend. Eine erste Annäherung schaffenden Musiker*innen ein Schock. Freunde und Studienkollegen Robin Gader- an einen erst 27-jährigen Musiker, für den Selbst wenn man so breit aufgestellt ist maier am Bass und Valentin Duit an den es praktisch keine Grenzen zu geben wie Robert Unterköfler, der auch auf Drums. Zusammen tauchen sie auch scheint, weder technische noch stilistische. Bällen und Partys spielt und nebenbei immer tiefer in die Tontechnik ein, um Ob er nun in Christian Muthspiels neuer privat unterrichtet. Die IGP-Ausbildung ihre musikalischen Vorstellungen exakt Super-Bigband „Orjazztra Vienna“ im Blä- (Instrumental- und Gesangspädagogik, umsetzen zu können. Davon sollen bald sersatz am Tenor glänzt oder seine eigenen Musiklehrerausbildung) hat er so neben- auch andere Ensembles profitieren. vielfältigen Projekte verfolgt. bei nachgeholt. Im Lockdown haben sich Zurück zur Homepage: Immer wieder Als Jazzmusiker*in muss man sich nach die Prioritäten doch etwas verschoben. erstaunt die stilistische Vielfalt: Tenorsax, der Decke strecken, macht er im Gespräch Was er vorher nicht für möglich gehalten Sopransax, Klarinette, das Freejazz-Solo schnell klar. Er lebe sparsam. Aber auch hätte: Jetzt schaut sich der junge Musiker neben der supersauberen Ballade! Bei als eines der vielversprechendsten jungen nach einer „coolen Unterrichtsstelle“ um. seinem Erasmus-Aufenthalt im holländi- Talente in Österreich habe er den Lock- Aber die ist in seiner Homebase Wien gar schen Groningen habe er einmal seinen down wirtschaftlich nur mit Hilfe seiner nicht so leicht zu finden. Pro Bezirk gebe Lehrer Michael Moore gefragt, für welchen Familie überstanden. Papa Klaus daheim es gerade einmal zwei öffentliche Musik- Ansatz er sich entscheiden solle. Der habe in Villach hat viel Verständnis für das schulen. Die zusätzlichen privaten Ein- ihm schlicht empfohlen, sich situations- Musikerdasein. Er spielt selbst die Posau- richtungen seien die reine Abzocke: „Da bezogen für den einen oder anderen zu ne in der Kelag-Bigband und ist dort für ist man nicht einmal versichert und muss entscheiden. Dem ist er treu geblieben. Organisation und Kommunikation zustän- die Unterrichtsräume um teures Geld www.roteweltrecords.com dig. Und er darf stolz auf seinen Filius sein. mieten“, spart er nicht mit Kritik. Für die ● Gilbert Waldner 2018 gewann der Junior das allererste Ö1 prekären Verhältnisse, in denen freischaf- * 1959, lebt und arbeitet in Klagenfurt, Kulturjournalist und Jazz-Aficionado. Jazzstipendium für ein Masterstudium an fende Musiker*innen hier leben müssen der Wiener JAM MUSIC LAB Private Uni- und die mangelnde Unterstützung in der

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 39 Die Sprache der Katze ist anmutige Bewegung Schlaglicht auf den Tanz.

„Tanz ist ein Telegramm an die Erde Residenzkünstlerin Alina Jacobs durch Erdball lieferten beim Tauchen in Mexiko mit der Bitte um Aufhebung der Schwerkraft.“ mehrere Workshops vom 3.-14. August. die Idee, ein Tanzstück unter Wasser zu www.andreakschlehwein.com kreieren. Diese setzte er letztes Jahr in einem Wiener Hallenbad um, woraus der Geschmeidige Grenzerfahrung. Partizi- Film „Zeitgeist“ entstand, der am 21. Sep- Hocherhobenen Hauptes, geschmeidig die pation ist das Schlagwort für das Tanzthe- tember im Rahmen des Tanzfestivals Schwanzspitze schwingend – die Katze aterprojekt „24 Stunden Grenzerfahrung“, „Pelzverkehr“ im Jugendstiltheater zu ist Synonym für Anmut und Wendigkeit. das Klaudia Ahrer im Rahmen von „CARIN- sehen ist. www.hungrysharks.at Sie kommt in ihrer dynamischen Grazie THIja 2020“ auf die Beine von Menschen Fred Astaires berühmtem Zitat, mit der unterschiedlichster Nationen stellt – denn Pelz im Verkehr. Der Assoziationen sei Bitte um Aufhebung der Schwerkraft sehr gemeinsames Tanzen verbindet. freien Lauf gelassen: Ingrid Türk-Chlapek nahe. Dass Anmut und Grazie nicht die www.gainandsustain.eu stellt es frei, was hinter dem Namen ihres einzigen Parameter des Tanzes sind, zeigt Tanzfestivals „Pelzverkehr“ stehen mag. die vielfältig, internationale und künstle- Eine Katze zeigt auch Krallen. Krallen Anmut und Eigenwilligkeit, die der Katze risch hochwertige Tanzszene in Kärnten. zeigte der in St. Margarethen bei Bleiburg/ zugeschrieben werden, bietet das einzige Pliberk geborene Johann Kresnik jahrelang Festival Kärntens, das sich zeitgenössi- Die Anmut der Peripherie. Andrea K. mit seinen provokanten, die bis dato schem Tanz widmet, auf jeden Fall. Schlehwein bringt jahrelang international gekannte Tanzästhetik sprengenden Pro- Auf den Alpen-Adria-Raum konzentriert, hochkarätige Bewegung mit intellektuel- duktionen als Ballettdirektor vor allem verknüpft Pelzverkehr vom 19.-26. Sep- lem Anspruch aus der ganzen Welt in das auf der Bühne des Bremer Theaters. Er ist tember internationale Akteur*innen mit Stift Millstatt. Eine große Tournee war für Namensgeber für das CCB Center for der regionalen Szene und fördert mit heuer geplant, die eineinhalb Jahre Vor- Choreography Bleiburg/Pliberk – Choreo- Workshops auch die Tanzlust der bereitungszeit für drei Produktionen in graphie Zentrum – Johann Kresnik, das Kärntner*innen. Das vielschichtige Pro- Anspruch genommen hat und nun auf- seit 2011 Bewegung vor allem in die gramm bewegt sich um Kinder- und grund der Covid-Pandemie verschoben kleinen Städte Kärntens mit einer Langen Jugendstücke mit lustvoll-philosophischen werden muss. Nacht des Tanzes bringt. Heuer hat das Inhalten über politische Themen bis hin Dennoch bietet uns die Choreografin neu aufgestellte Team Feldkirchen als zu künstlerischen Grenzgängen, wenn und Organisatorin vieler internationaler Partnerstadt gewinnen können, wo am 14. etwa Sara Lanner in der Eröffnungsper- Produktionen im August und September August vom Amthof über den Hauptplatz formance die Differenz zwischen Mutter- zwei Neuproduktionen in Millstatt ganz auch der Innenhof der FH, aber auch sprache und Vaterland mit der Zunge an im Zeichen von Andrea K. Schlehweins Spielplätze und andere kleine Orte betanzt die Wand schreibt. Anspruch: „Es muss inhaltlich stimmen, werden. Zum ersten Mal kommt dabei die Die Hauptbühne ist im theater HALLE11, man muss die Qualität spüren.“ Dafür Auftragsperformance CCB-Interaktion auf doch es „verkehrt der Pelz“ auch in der holte sie sich die in Italien geborene und die Bühne, die unterschiedlichsten künst- ganzen Stadt. Im Stadttheater, Art Lane, in Deutschland lebende Simona Piroddi, lerischen Sparten, die vorher noch nie für Künstlerhaus, Jugendstiltheater, in der die schon öfter für AKS in Bewegung kam ein gemeinsames Stück zusammengear- TanzEtage sowie im Café „Wohnzimmer“ und in dem Stück „archipelago“ vom 28.- beitet haben, wie Schauspiel, Musik, Tanz wird Tanz nicht nur zum Schauen geboten: 30. August die Frage „wohin?“ in starken und Literatur vereint. Wiederaufgeführt Berufstätige können unter Tina Gressls visuellen Bildern tänzerisch skizziert. Vom wird das berührende Stück „Hidden Sen- Anleitung die ganze Woche von 7:00-7:50 25.-27. September dreht sich Unita Gay ses“, in dem Anna Hein die Bedeutung Uhr tanzend den Tag beginnen. Am 20. Galiluyo in „klassischer“ Form des Tanzes eines plötzlichen Ausfalls von Bewegung September wird bei der Milonga zu den mit Objekten, Worten, Reflexionen, Licht- und Gedächtnis mit seinen Folgen gemein- Tangoschritten ein Brunch gereicht. Und quellen und Film um die Frage, was Tanz sam mit ihrer 2018 durch einen Schlag- Energie, die immer schon herauswollte, heute auch sein darf. anfall aus dem aktiven Kulturleben ent- lässt sich beim Flamenco-Schnuppern von Die Kontinuität, dem Tanz in Kärnten rissenen Mutter und ehemaligen Obfrau Ana Pandur entladen. Erlebenswert sind seine gebührende Stellung zu geben, ist des CCB Andrea Hein tänzerisch umsetzt. auch die nach den Performances stattfin- bei Andrea K. Schlehwein bis in die letzte www.ccb-tanz.at denden Künstler­*innengespräche. Hier Zehenspitze spürbar: Fernab des Zentrums lässt sich völlig ungezwungen und direkt hat sie ein weit über die Grenzen bekann- Bewegung mit Biss. Hungrig nach Bewe- mit den Protagonist*innen darüber reden, tes Zentrum für zeitgenössischen Tanz gung ist Valentin Alfery schon lange, was Tanz alles kann. mit hohem Niveau für Menschen auch weshalb er mit Breakdancern aus aller www.festivalpelzverkehr.at ohne tänzerische Vorkenntnisse geschaf- Welt 2011 die Urban Dance Company ● Tina Perisutti fen. So führt die aktuell im ART SPACE | „Hungry Sharks“ gründete. Die vielen Kulturarbeiterin und Kulturjournalistin. stift millstatt weilende niederländische Reisen und Einladungen rund um den

40 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 kultur.tipp KORONAR mit „K“ Dass es sich bei dieser Doppel-CD um ein Her- zensprojekt handelt, verrät nicht nur der poeti- sche Untertitel, sondern auch die Farbe des Covers und schließlich sind es die Aufnahmen selbst, die – nach all dem In-den-Bildschirm- Starren und den müden Augen, nach all den abgesagten Lesungen – Literatur in ganz hoher Qualität akustisch erfahrbar machen. Das Crowd-Funding-Projekt ist die erste Frucht der neu gegründeten, privaten Kärntner Kultur- stiftung, die damit das Ziel verfolgt, Künstler­ *innen „in Zeiten großer Beschränkung ein klei- nes Engagement“ zu bringen, wie es im Begleit- text heißt. Das Ergebnis ist aus gutem Grund herausragend: Für die Auswahl der Texte konn- te man nämlich Klaus Amann gewinnen, die Musik komponierte Tonč Feinig, der dann auch zusammen mit Edgar Unterkirchner interpre- tierte, gelesen wird von sechs der besten Schauspieler*innen Kärntens. Neben wenigen älteren Texten sind die meisten brandneue kurze Texte und Ausschnitte aus aktuellen Romanen. Man hört Kultur- und Sozi- alpolitisches, wie Elena Messners Ausschnitt aus ihrem neuen Roman „Nebelhorn“, Simone Schönetts „Das Pi der Piratin“ oder Hugo Ram- neks „Die Schneekugel“. Im Ohr und in den Gedanken bleibt Daniel Wissers ungewöhnli- cher Text „Die Schallplatte“. Vielfach geht es um Erinnerung und Reflexion: Alexander Widners Erzähler spricht zum seit Jahrzehnten verlorenen Bruder, Anna Baars Pro- tagonistin von sich selbst als Schülerin. Ingram Hartinger bringt es auf den Punkt: „Die Erinne- rung [...] steht nun da als Metapher für das ständige Aktivieren von Relationsstrukturen.“ Was daraus alles entstehen kann, zeigen auch Engelbert Obernosterer, Josef Winkler und Nor- bert Kröll. Hintersinnig witzig ist der Beitrag von Antonio Fian (Präsidentenlieder), robuster der Humor von Egyd Gstättner. Jeder Lesung folgt eine musikalische Miniatur, fein abgestimmte, abwechslungsreiche Stücke, die nochmals als Verstärker eingesetzt sind oder für sich stehen. Das ist ein interessantes Format, wie es auch bei literarischen Lesungen immer wieder gut funktioniert. Hier ist es nicht nur die Virtuosität der Musiker Feinig und Unterkirchner, sondern auch die erzählerisch orientierte Komposition, die jeder Einheit ihren eigenen – kurzen – Aufbau gönnt. ● Elmar Lenhart Archivar für Kärntner Literatur am Robert-Musil-Institut in Klagenfurt.

kärnten:literarisch. Koronar. Literarische Nachrichten aus der Herzgegend zusammengestellt von Klaus Amann Musik von Tonč Feinig

Anna Hein tanzt für das CCB. Foto: Theatre du Luxembourg | Simona Piroddi ist im ART SPACE | stift millstatt zu sehen. Foto: Sang Hoon Ok | Hungry Sharks’ Unterwassertanzfilm „Zeitgeist“ bereichert DIE BRÜCKE VERLOST das Tanzfestival Pelzverkehr. Foto: Jelena Jankovic – dieses bietet eine Woche lang zeitgenössischen 3 Exemplare Tanz u. a. von Milan Tomášik & Co. Foto: Stanislav Dobák für Infos zur Verlosung siehe Seite 74

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 41 Vom Leid zum Lied Faszination Thomas Koschat (8. August 1845-1914).

Karikatur aus der „Kleinen Österreichischen Volks-Zeitung“ (1914) von Koschats Himmelfahrt. Foto: Koschatmuseum Klagenfurt

There is a crack in erverything, 18 sein Stipendium in Bleiburg beim Zwischen Koschat als dem völkisch that’s how the light gets in. Kegeln verspielt und beim Kirchtag in gedachten „Deutschen Liederfürsten“ auf Maria Rain, im Gasthaus zum „Razaj“, ein der einen und dem „Volksliedfladerer“ Fabriksmädchen mit einem Lebkuchenherz und „von den Deutschen in Wien Gekauf- umgarnt. In Maria Wörth stimmte er mit ten“ auf der anderen Seite muss es doch Der bekannte Liederfürst hat als musika- seinem Studentenquartett „Die Mädchen einen An- und Ausgleich geben! Das lischer Botschafter viel für das Ansehen [....] mild, die Burschen wild“ (Karl Krobath). Koschat-Lied hat seine Wurzeln in beiden seines Heimatlandes getan. Er wurde Er konnte eine Rauferei verhindern, indem Sprachgruppen Kärntens. Und, wie es geschätzt von den Großen der damaligen er mutig auf den Tisch sprang und einen Günther Antesberger im Sonderheft „100 Zeit: Wagner, Liszt, Brahms, Mahler, Wolf, „Polsterltanz“ forderte, alle waren begeis- Jahre Volksabstimmung“, des Geschichts- Anna von Mildenburg u. v. a. Schon zu tert. Die Situation war gerettet. In seiner vereins für Kärnten, zum Ausdruck bringt, Lebzeiten wurden seine Lieder – allen tristesten Lebenssituation im ersten Jahr auch im Wienerischen. voran das in 18 Sprachen übersetzte als Chemiestudent in Wien, beißender Alexander Widner gibt zu denken, dass „Valossn“ und der im Internet in hunder- Hunger plagte ihn, bat er in seiner Ver- es höchst an der Zeit sei, Koschat auf einen ten Versionen vertretene „Schneewalzer“ zweiflung einen reichen Mehlhändler in anderen Sockel als den nationalen zu – in aller Welt gesungen und unzählige einem Restaurant um dessen Essensreste. heben. Wird er doch gesungen und ver- Koschat-Gesellschaften huldigen sein aus Dieser bestellte ihm ein Bier, ein neues standen auf der ganzen Welt: In den 160 Kompositionen bestehendes Œuvre. Menü, er kleidete ihn neu ein, bezahlte kanadischen Wäldern, australischen Wüs- Weniger bekannt sind seine feuilletonis- seine Mietschulden und engagierte ihn als ten, sogar unter Ägyptens Muezzins, in tischen Arbeiten: Fast an Lao Tse im Hauslehrer für seinen Sohn. Koschats New York, Los Angeles, Para- und Urugu- „Essig-Gleichnis“ erinnert der Vierzeiler, Geschichten sind aus jenem Holz ay. Wolfgang Puschnig, der auf seiner den er seinen „Erinnerungsbildern“ vor- geschnitzt, aus dem in Hollywood Film- nächsten im Herbst erscheinenden CD anstellt: „Sei lustig, nie grantig / sollst klassiker werden. seine Interpretation von „Valossn“ vor- allemal sein, / dawischt du an Essig / so Herzzerreißend, poetisch liebevoll, ja stellen wird, drückt dies präzise und trink ihn als Wein.“ Dieser Umwandlungs- fast kafkaesk anmutend ist der Brief an unmissverständlich so aus: „Koschat hat prozess von Leid und Schmerz in Freude seine Mutter, welche von ihrem 24-jährigen durch seine Arbeit ein eigenes Idiom von und Genuss ist ein wesentliches Merkmal Sohn wissen wollte, ob er schon ans Hei- Kärntner Musik geschaffen und es der Koschat’scher Denkweise. Sublimierung raten denke? „... um keine einzige zu krän- Welt zugänglich gemacht – und zwar ohne durch Kunst als die höchste Stufe der ken, so liebe ich gleich Alle. [...] ich nippe politische Absicht oder strategisches Den- Freud’schen Ego-Defence-Mechanismen. wie der Schmetterling bei schönen Rosen, ken in einer kulturellen Hierarchie, son- Als Arbeitersohn einer Wollklauberin sauge Süßigkeiten ein und fliege dann von dern einzig der Wahrhaftigkeit und Schön- und eines Färbermeisters in der Moro’schen der Lilie zur Tulpe usw. [....] auf eine Brenn- heit des Ausdrucks verpflichtet.“ Viktringer Tuchfabrik war seine Jugend nessel lass ich mich nicht zu leicht nieder. Oder, um mit Gustav Mahler zu schlie- geprägt durch Armut und Entbehrungen. [....] Übrigens wenn ich heiraten wollte, das ßen: „Tradition ist nicht die Anbetung der Vielfach gab es einen „Crack“ in seinem könnt ich schon. Aber heiraten, brrrrrrrr.“ Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.“ Leben. Aber immer wieder gelang es ihm, Bald gelang dem Kärntner-Bua in Wien ● Werner Überbacher aus der Not eine Tugend zu machen. Köst- eine Traumkarriere. Von 1867 bis 1912 * 1953, aufgewachsen in Kolbnitz und Ludmanndorf, lebt in Klagenfurt; Weltenreisender, Hörspiel- und lich und geradezu prädestiniert filmisch engagierte ihn das k.-k.-Hof-Operntheater. Filmemacher, Deutsch- und Philosophieprofessor i. R., oder theatralisch umgesetzt zu werden Als Sänger und authentischer Mensch, war über drei Jahrzehnte Mastermind des Musikforums in Viktring. sind seine Jugenderlebnisse. Romantisie- der sich immer zu helfen wusste, setzte rend, doch sehr anschaulich, werden sie er sich durch. Der Kampf um Anerkennung Koschatmuseum Klagenfurt von seinem Freund Karl Krobath in dem und sozialen Aufstieg war prägend für den Di-Do, 10-12 Uhr Buch „Thomas Koschat – seine Zeit und einfachen Färbersohn. Es wäre höchst an sein Schaffen“ geschildert: Bereits mit 16 der Zeit, die soziokulturellen und tiefen- Am Wörthersee Die höchst spannende Neuinterpretation von Jahren hat er in Viktring ein fast zu bom- psychologischen Hintergründe wissen- Koschats Erbe durch Gerhard Fresacher und Karl bastisches Feuerwerk hingezaubert, mit schaftlich und emotionsfrei aufzuarbeiten. Welunschek finden sie auf YouTube.

42 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Heinrich Schiff. Foto: Ertl

Ein Dorf. Ein Schiff. Und Italiens Grazien. Heinrich Schiffs Refugium in Glödnitz.

Dass der österreichische Cellist und Diri- Eine ewig währende Freundschaft zün- „Ein spezieller Wesenszug war seine Groß- gent Heinrich Schiff (* am 18.11.1951 in dete zeitgleich. „Ich hatte mit Musik zügigkeit. Glödnitz bedeutete ihm Arbeits- Gmunden; † 23.12.2016 in Wien) Zeit nichts am Hut, hörte ihm jedoch stets und Rückzugsort in einem. Er verstand es seines Lebens für die Musik brannte, rote gebannt bei seinem Probenspiel zu. In musikalisch wie auch im Leben, mit Kon- Porsches und silberne Bentleys auf sämt- Glödnitz konnte er er selbst sein.“ Nicht ventionen zu brechen.“ lichen Pfaden und Abwegen so wie sich nur Hans fand Einlass in diesen Sebastian Bonhoeffer, ehemals Student, Cellist und Professor für theoretische Biologie. selbst auf den Konzertbühnen der Welt Rückzugsort, als Professor des Cellospiels wiederholend ans Limit brachte, Tage wie war Schiff bekannt dafür, seine Studenten Wochenenden mit wissbegierigen Musik- nicht hauptsächlich in den starren „Der Unterricht in Glödnitz war ein Ausbre- studenten am Attersee inklusive bestem Übungsräumen diverser Musikuniversi- chen aus dem normalen Studentenalltag in Rotwein und selbstgekochtem Essen täten zu unterrichten. In Glödnitz vorerst Salzburg. Die Ruhe als Kontrast zu der genoss, ist unter Kulturindividualisten und später in der Jeritza-Villa am Attersee Hektik eines Berufsmusikers hat ihm eben- mäßig, aber immerhin bekannt. probten junge, aufstrebende Künstler dort zugesagt.“ Dass er jedoch fernab des Ruhms ein emsig in unkonventioneller Kulisse. Da Christian Poltéra, ehemals Student, Dozent und als Cellist mit „Mara“ vielfach ausgezeichnet. Refugium der Stille und Abgeschiedenheit erklang in der Glödnitzer Schattseite ein inmitten des Kärntner Gurktals, entlang alter Flügel, auf dem Schiff seine Inter- der mit teils kräftigen, klangholztrotzen- pretationen in eindringlicher Dynamik „Sein Umgang mit Schülern war großartig, den Fichtenbäumen umsäumten Glödnit- vermittelte, während seine Studenten locker und doch sehr bestimmt. Er lud sie zer Schattseite, besaß und über Jahrzehnte ihm mit Inbrunst nacheiferten. Beetho- regelmäßig nach Glödnitz und an den hinweg hütete, weniger. Zu Gast war dort ven. Dvorak. Bach. Elgar. Alle waren sie Attersee ein.“ so mancher. Studenten. Weggefährten. im Gurktal in der Zeit von 1975 bis 2012 Gert Meditz, langjähriger Wegbegleiter, Dirigent. Nachbarskinder. Und Italienerinnen. Letz- durch ihre Partituren anwesend und mit tere etwa aus Cremona. Geboren im Jahre ihnen Instrumente, die über die Jahrhun- „Das Haus in Glödnitz lag mitten im Wald 1689 und 1711. Aus dem Hause Antonio derte hinweg, stetig den Wert steigernd, und war schwer zu finden. Zweimal durfte Stradivaris. Und aus der Serenissima. ihre Besitzer wechselten. Montagnanas ich ihn dort besuchen. Wir kochten gemein- Venedig. Erbaut von Domenico Montag- „Sleeping Beauty“ aus dem Jahre 1739 sam, hörten viel Musik und übten intensiv.“ nana. „Alte“ Ladys mit einer Klangvielfalt, hat mit Schiff ebenso den Weg dorthin Michael Tomasi, ehemals Student, Cellist und Lehrender am Mozarteum Salzburg. welche bis heute mystisch wie unerreicht, gefunden, wie Stradivaris Celli aus 1698 ja manchmal fast schon zu hochgepriesen und die eine Dame von 1711. Mara mit etlichen Millionen Wert am Korpus genannt. Jenes Cello, welches den Schiff- „Er hat uns zur Freizeit und zum Unterricht angesehene Cellisten Ton um Ton, Saite bruch von 1963 schwer beschädigt nach Glödnitz eingeladen. Ich lernte ihm um Saite, Kadenz um Kadenz, über überlebte und in mühsamen Handwerks- dort das Skifahren. Er war ein Freigeist und Jahrhunderte hinweg begleiten. stunden aus einem Haufen Kleinholz pflegte zu sagen: Man muss Musik nicht bestehend wieder zusammengeflickt machen, sondern verkörpern.“ Mit neun Jahren lernte der gebürtige wurde. Auferstanden mit und in einem Mario Blaumer, ehemals Student, Cellist und Dozent an der Hochschule für Musik Saar. Glödnitzer Hans Petscharnig „Heini“ Klang, welcher bis heute ungebrochen kennen. Er, das Nachbarskind, spähte scheint. ● Sabine Ertl eines Tages neugierig zu dem Gast hin- Die Autorin arbeitet als freie Journalistin und Texterin in Kärnten und über dessen Grenzen hinaus. über, der ebendort mit dem schwarzen Studenten & Weggefährten erinnern sich Qualm eines nicht lodern wollenden mit Vergnügen an die Zeit in der Glödnit- Holzfeuers kämpfte und dessen Entzünden zer Schattseite, vulgo Pick. Ihnen soll nun letztlich nur mithilfe von Hans gelang. das Wort gelten.

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 43 edition B kunst.aus.druck Theres Cassini Feuerwasser. Foto: Cassini/Bildrecht Foto:

Noch bis 20. August ist die Ausstellung Bildern von Cassini in einer Weise, in der Jahrhundert. Die Künstlerin bringt insbe- Urkörper Schwarm der in Rattendorf gebo- Betrachter und Betrachterinnen niemals sondere die Situation der Nachkommen renen und heute in Wien lebenden an die künstlerischen Arbeiten Cassinis ins Gedächtnis, die heute noch in den im Künstlerin Theres Cassini im Schau- herankommen könnten. Diese kleinen 18. Jahrhundert errichteten und von ein- Kraftwerk Forstsee zu sehen, in der kugel- Situationen des Arbeitsalltags mit den zelnen Staaten zugeteilten Reservaten ähnliche Gebilde an jene unsichtbaren neugierigen und anschmiegsamen Haus- unter widrigsten Bedingungen ihr Leben Kräfte und auch Gefahren gemahnen, tieren hat Theres Cassini in einer Reihe zu bestreiten versuchen. Hohe Arbeitslo- welche unseren Alltag in den letzten Jahr- von Fotografien festgehalten, welche die senzahlen, Armut, eine steigende Selbst- zehnten mehr und mehr beeinflusst haben Künstlerin auf ihrem Instagram-Account mordrate wie auch mangelnde Zukunfts- und auch weiterhin bestimmen. Es ist die veröffentlicht hat. Die Katzen werden hier perspektiven, der Verlust der religiösen Sichtbarmachung des Unsichtbaren, auch zu Protagonist*innen von vollzogenen Wurzeln unter europäischem Einfluss und die Bewusstwerdung unbewusster Vorgän- performativen Akten an und in künstleri- Orientierungslosigkeit haben in den Reser- ge, welche Cassini hier in den Fokus der schen Werken und Umgebungen und vaten zur Folge, dass übermäßiger Drogen- Aufmerksamkeit bringt. Mit dem Thema spiegeln damit die Vereinigung der beson- wie auch Alkoholkonsum die missliche des Unbewussten setzte sich Cassini ders Katzen zugesprochenen Wesenszüge Lage zunehmend verschärft. bereits in der Arbeit Wasser 01 (2004) wie Unabhängigkeit und Stolz, Anschmieg- auseinander, die sich heute in der Samm- samkeit und Rückzug wider. Die Puppen von Cassini mit ihren aus lung Leopold befindet und in der eine den Kater und Katze sind aber nicht nur Teil Katzenfell geformten Skalps gleichen in Vollmond anheulende, bis zur Brust in des Lebens der Künstlerin, sondern ihr diesem Zusammenhang den Kachina- einem Gewässer stehende Katze das Zen- pflegeaufwendiges Fell dient Cassini auch Puppen der Hopi-Indianer, figürlichen trum einer surrealen Szenerie bildet, in als Ausgangsmaterial einer Serie von Darstellungen der als Vermittler tätigen welcher die Katze symbolisch den Mond Arbeiten, mit denen sich die Künstlerin regen- und fruchtbarkeitbringenden Natur- zu verkörpern bzw. zumindest sein Geheim- schon länger beschäftigt. Es sind starkfar- geister. Diese fanden als Bildmotiv u. a. nis zu kennen scheint. Schon seit jeher bige, bunte Fotografien von Objekten, schon bei Emil Nolde Aufnahme. Im diente die Katze als Inspiration bedeuten- puppenähnliche Portraits, die – obgleich Gemälde Exotische Figuren II (1911) brach- der menschlicher Projektionen in positiver im Medium der Fotografie umgesetzt – an te Nolde zusammen, was später auch wie auch negativer Hinsicht: Es sei nur an die große Tradition der Portraitmalerei Cassini auf eine andere Weise gemeinsam die als Katzengöttin dargestellte Bastet erinnern. Die wie auf Bühnen inszenierten in Szene setzt: Puppe und Katze. Folgte erinnert, welche im Alten Ägypten als Objekte, die Cassini vor dem Hintergrund Nolde jedoch noch dem naiven Exotismus Göttin der Fruchtbarkeit und Liebe verehrt hochwertiger Tapeten in stille Umgebun- des Expressionismus, so ist bei Cassini wurde, an Maneki-neko, die japanische gen setzt, tragen als Haupt die notwendi- die Beschäftigung mit dem Thema von Katze, die Kunden in die Läden winkt und gerweise zur Fellpflege abgeschnittenen, einer kritischen Auseinandersetzung mit damit Glück und Wohlstand bringt oder verfilzten Katzenhaarbüschel. Gemeinsam einem der weltweit größten Völkermorde die Katze als Symbol der subversiven Macht mit den geformten und bemalten Restkör- im Zuge der Kolonialisierung Amerikas des Teufels im christlichen Glauben. Als pern sind die gesichtslosen Objekte über und dessen verheerenden Auswirkungen kulturgeschichtliches Phänomen und Motiv Farbe, Bemalung und Aussehen der Haar- bis heute getragen. www.cassini.at der bildenden Kunst erfreute sich die büschel individualisiert, erscheinen die ● Anja Werkl Katze seit Ende des 18. Jahrhunderts Puppen in den Fotografien als charakterlich * 1978, aufgewachsen in Obdach und Eberndorf/Dobrla vas. Studium der Kunstgeschichte und Europäischen zunehmender Popularität und die Ausein- eigenständige Wesen und ähneln kulti- Ethnologie an der Universität Innsbruck. Zahlreiche Publi- andersetzung mit ihrem rätselhaften Wesen schen Gegenständen mit magischer Bedeu- kationen in Katalogen und Fachzeitschriften mit Schwer- punkt zeitgenössische Kunst. Lebt und arbeitet derzeit scheint bis heute ungebrochen. tung. Cassini hat dieser Serie der Fotogra- in Wien und Steyr. fien den Namen Feuerwasser gegeben und Katzen begleiten Theres Cassini nicht nur erinnert damit an die Geschichte der Ausstellung: Urkörper Schwarm als Motiv ihrer Arbeiten, sondern auch den indigenen Bevölkerung Amerikas, die bis 20. August Alltag der Künstlerin. Nelly von Honeyrock Ausrottung, Vertreibung und Unterwer- Schau-Kraftwerk Forstsee und Malewitsch bereichern das Leben im fung großer Teile der indianischen Urbe- Gespräch mit der Künstlerin Atelier und begegnen den Objekten und völkerung zwischen dem 17. und dem 19. am 6. August, 18 Uhr

44 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Theres Cassini: Instagram-Posts, Arbeitsalltag im Atelier, 2016-2020. Fotos: Cassini/Bildrecht Harald Schreiber, Zeichner, Maler, Bildhauer, Photograph, Designer und Architekt. Foto: Atelier Schreiber 2020 | Groß und Klein, Tier und Fensterlein. Foto: Harald Schreiber

Harald Schreiber oder die Kunst, sich dem Wesentlichen zu nähern.

Als ich vor fünfundzwanzig Jahren zum beeindruckendes Künstlerleben als Schrei- Darüber hinaus ist Schreiber seit der ersten Mal in die Welt des Harald Schrei- ber, Zeichner, Maler, Bildhauer, Fotograph, Jahrtausendwende ein in Österreich, ber eintauche, bin ich überwältigt vom Designer und Architekt. Deutschland, Tschechien und Kroatien Überreichtum, der sich mir dort zeigt. Die Seit über 40 Jahren entstehen in der gefragter Architekt: Dreißig Neu- bzw. spielerische Leichtigkeit einer unkompli- Folge gezeichnete Bildgeschichten und Umbauten und Umgestaltungen von Hotels ziert herzlichen Gastfreundschaft lässt kulturgeschichtliche Arbeiten: Darunter in Hamburg, Berlin, Stuttgart, Dresden, meine Augen erst nach und nach entde- mehrere Tausend wichtigen Charakter- Prag, Zagreb, Linz, Klagenfurt und Wien cken, was sie zunächst überfordert: Skiz- köpfen gewidmete „Geburts- und/oder tragen seine Handschrift: Nicht nur die zen, Zeichnungen, Malereien, Portraits, Todestagszeichnungen“; Denk- & Gedenk- Gestaltung des Raumes, auch das Interi- Skulpturen, Marmorköpfe und an den tage für zirka 550 Persönlichkeiten unter eur, die Möbel, Teppiche, Vorhänge, Wänden über 15.000 Bücher, zum Teil dem Titel „Alte Meister – Große Geister“; Waschbecken, Lampen, Beschriftungen kostbare Raritäten. Helga Suppan doku- weiters eine „Zeittafel 900-2100“ mit etwa und Kunstobjekte sind Sonderanfertigun- mentiert in einem ORF-Film 2013 zu 550 wichtigen Ereignissen, die „Design- gen „aus einer Hand“. Schreiber sieht in Schreibers 60. Geburtstag unter dem Titel geschichte des 20. Jh.“, und vieles mehr. „seinen“ Häusern symphonisch verdich- „DER SCHREIBER. Von der Zeichnung Ein besonders beeindruckendes Opus tete Lebensräume, für deren Zusammen- zum Design“ die Qualität, Vielfalt und Magnum aus dem Italien-Zyklus ist „Vene- spiel er sich als Komponist und Dirigent Universalität dieser liebenswerten Künst- dig – Canal Grande“, eine siebzehn Meter gleichermaßen verantwortlich weiß. lerpersönlichkeit. lange Zeichnung als Liebeserklärung an Wer bei Schreiber zu Gast ist, kommt Harald Schreiber wächst in Brückl im die Stadt Venedig mit sämtlichen Palazzi unweigerlich auf die großen Universal- Kärntner Görtschitztal auf. Seine Eltern des Canale, angereichert mit Portraits von künstler Leonardo da Vinci, Michelangelo, bieten ihm ein weltoffenes, kulturell inte- Persönlichkeiten rund um die Geschichte Picasso, Noguchi ... zu sprechen und immer ressiertes Umfeld. Nahezu täglich ist im dieser Prachtbauten, ergänzt durch darauf wieder auch auf Constantin Brâncusi Elternhaus der Wotruba-Schüler Anton bezogene Sprüche und Texte. (1876-1957), den großen rumänisch-fran - Marcolin zu Gast; der Ortspfarrer als unmit- Wer das Wohnatelier des Künstlers in zösischen Bildhauer der Moderne. Ein Satz telbarer Nachbar und begnadeter Zeichner Wien oder sein Haus mit Paradiesgarten von ihm erweitert dem Kunstinteressierten kommt mehrmals am Tag ins Haus; beide in Brückl betritt, begegnet dort auch auch den Blick auf das beeindruckende wecken die kreative Leidenschaft des unzähligen Skulpturen und Marmorköp- Œuvre des Harald Schreiber: „Einfachheit Buben, der sich schon bald keinen anderen fen. Millionen Jahre alte Steine sind für ist kein Ziel der Kunst, aber man gelangt Weg als den eines Künstlers vorstellen den Künstler seit Jahrzehnten vielleicht zu ihr, indem man sich dem Wesentlichen kann. Mit seiner Mutter besucht er bereits seine intensivsten Dialogpartner, die sich, nähert.“ mit sieben Jahren die Biennale in Venedig. wie Schreiber sagt, mit der Welt mitent- ● Arnold Mettnitzer Seine Ausbildung absolviert Schreiber in wickelt haben, mit ihr alt und für den * 1952 in Gmünd, lebt in Wien, Seelsorger und Psycho- therapeut, Autor, freier Mitarbeiter des ORF, u. v. m. Wien: Bei Willibald Cermak die Gestal- Künstler zu amorphen Findlingen gewor- [siehe DIE BRÜCKE Nr. 18, S. 4-5]. tungslehre, bei Hans Hollein Industrie- den sind, aus denen er dann das Gesicht, Design und bei Gustav Peichl Architektur. das ihn schon vor seiner Bearbeitung Damit ist der Grundstein gelegt für ein anschaut, hebammengleich freiarbeitet.

46 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Gregor Rogy und seine Instrumente vor einem Bild seiner Mutter Caroline. Foto: Gregor Rogy

While My Guitar Gently Weeps Instrumentenbauer Gregor Rogy. Vom Talent zur Meisterschaft.

Vielschichtig und divergent ist das Umfeld, „Gregor war ein wahres Energiebündel, Designen von Räumen widmet er seither in dem Gregor Rogy, geboren 1963, auf- rasend schnell und kompromisslos“, seine berufliche Zeit, seine Freizeit gehört wuchs: seine Mutter Caroline ist eine der beschreibt Michael Anderluh, Mitglied unvermindert dem Bau von Gitarren in bekanntesten Kärntner Malerinnen, sein seiner damaligen Band, sein Spiel. Es einer an das Wohnzimmer angeschlosse- Vater Viktor war Aktionist, Bildhauer und wurde geprobt und gejammt, was das Zeug nen Werkstätte, welche selbst Vroni Sal- Konzeptkünstler, sein Stiefvater, Jürgen hält. Verschiedenste Proberäume, der „Wol- chers „Kombüse“ im Klagenfurter Thea- Hudelist, Gitarrist und Mitglied der ersten ter“ und das „Kamot“ waren sein zu Hau- tercafé als Großküche erscheinen lässt. Kärntner Rockband „The Shades“, der se. Free, free, free – sein Lebensstil in alle Während des coronabedingten Lockdowns Großvater mütterlicherseits Oskar Moser, Richtungen. Das geriet so weit, dass Gregor zauberte er in kürzester Zeit sein erstes Hochschulprofessor und wichtiger Kärnt- 1983 mit Schädelbasisbruch nach einem und wunderschön gelungenes Violoncello ner Volkskundler. Sein Großvater väter- Mopedunfall gleich nach der OP in den für seine Tochter Raffaela (raffaelarogy. licherseits, Peter Rogy, wurde 1944 im Proberaum flüchtete, die Gitarre ergriff home.blog). Wieder mit einem augenzwin- Gefängnis von den Nationalsozialsten zu und als „Selbsttherapie“ zu spielen begann. kernden Schmunzeln meint er stolz: „Bis- Tode gespritzt. Auftrittsmöglichkeiten gab es kaum und her hieß es, die besten Celli wurden in Zu diesem familiären Umfeld gesellten so nahm er eine Stelle im Künstlerhaus Cremona gebaut. Stimmt nicht mehr. Das sich Künstlergäste im elterlichen Wohn- und später im Kulturamt der Stadt Kla- beste Cello entstand in Corona.“ haus und am Maria Saaler Tonhof, wo er genfurt an. Als Mitarbeiter der „Woche In Gregor Rogy ist der Guru am Arbeiten. als Kind die rauschenden Feste mit Beppo der Begegnung“ lernte er den genialen Die Liebe zum Handwerk, zur Musik und Lampersberg, H. C. Artmann, Wolfgang Gitarristen Karl Ratzer kennen. Daraus sein ästhetisches Empfinden lassen voll- Bauer, Gunter Falk und vielen anderen entwickelte sich eine jahrzehntelange endete Instrumente entstehen. Primus erlebte. Daran kann er sich aber nur mehr tiefe Freundschaft. Durch Ratzer betrach- Sitter, der zwei Rogy-Gitarren besitzt und atmosphärisch erinnern. Mit einer Aus- tete er die Gitarre als Werkzeug und es schätzt, beschreibt das mit den Worten: nahme. Um die wohlgemeinte Erziehung reifte der Entschluss, dieses Werkzeug „Gregor ist kompromisslos auf der Suche seiner Mutter zu konterkarieren, wurde für ihn zu bauen. Mit höchster Akribie nach dem perfekten Sound, total ins Detail er aufgefordert: „Sag ganz laut Scheiße, und Perfektion. Aber Gregor musste für gehend, ohne Show, unabhängig wieviel dann kriegst an Schilling.“ seine Familie auch Geld verdienen. Er Energie es kostet – einfach meisterhaft.“ In dieser wilden und ausgeflippten Zeit arbeitete für eine angesehene Wiener Hi- ● Werner Überbacher hatte es Gregor nicht leicht. Seine Eltern Fi-Firma in der Radetzkystraße. Gert * 1953, aufgewachsen in Kolbnitz im Mölltal und in Ludmanndorf, lebt heute in Klagenfurt; trennten sich als Gregor sechs Jahre war. Jonke war oft zu Gast. Insgesamt gab es Weltenreisender, Hörspiel- und Filmemacher, Er ging zum KAC. Abbau überschüssiger zu wenig Kundschaft, die solche Quali- Deutsch- und Philosophieprofessor am BRG Viktring i. R., war über drei Jahrzehnte Mastermind des Musikforum in Energie durch Sport! „Ich war das Talent tätsprodukte zu schätzen wusste. Also Viktring, das 1968 von Friedrich Gulda in Ossiach initiiert von der Lend“, erzählt Gregor mit einem ging er nach Wien, um mit dieser Firma wurde und u. a. 1971 Pink Floyd für ihr erstes Österreich- konzert nach Kärnten brachte. für ihn typischen Augenzwinkern. Aber das nach einer Idee von André Heller nur Talent war ihm zu wenig. Gregors geplante „Haus der Musik“ in der Seiler- Weg sollte die Gitarre werden. stätte auszustatten. Doch vorerst absolvierte er eine Kera- 2005 wechselte er als erfolgreicher mikerausbildung im burgenländischen „Traum-Raum-Planer“ zu einer Möbelfir- Stoob. Nach Abschluss der Schule 1981 ma. Auf der Firmenhomepage wird Gregor folgten zwei kurze Aufenthalte in Paris zitiert: „Das Haus, das ich wirklich gerne und Holland. Zurück in Klagenfurt, wid- gestalten würde? Das Chalet von André mete er sich wieder der Gitarre. Und zwar Heller in Italien. Da sind der Kreativität intensiv. Mit Vehemenz und Begeisterung. sicher keine Grenzen gesetzt ...“ Dem

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 47 Kunst ist eine Klassenfrage Ein Atelierbesuch bei Ines Doujak.

Ein gigantischer, mit menschlichen und Ateliertür bis zum Gartentor genau die um Landraub, Umwelt, Feminismus, Aus- tierischen Figuren bestückter Kuhmagen soziale Distanz, die mir angemessen beutung, (Neo-)Kolonialismus, Ungleich- aus Pappmaché hätte Kernstück einer scheint. In meinen Arbeitspausen habe heit, Rassismus, Globalisierung; vieles in Parade sein sollen, die sich Ines Doujak ich hier genau so viel Kontakt, wie ich Büchern, Katalogen, Bildbänden kompi- für die Liverpool Biennial ausgedacht hat. brauche. Aber auch nicht mehr.“ liert, zu Objekten geformt, zu Installatio- Biennal-Kuratorin Manuela Moscoso hat- nen transformiert, mit Fotos oder Filmen te unter dem Motto „Der Magen und der Doch dann lösten Mitte Juli Schweißar- dokumentiert. Hafen“ mehr als fünfzig internationale beiten just an dem Kuhmagen einen Weil es auch bei der auf nächstes Jahr Künstlerinnen und Künstler eingeladen, verheerenden Brand aus. Jetzt ist das verschobenen Liverpool-Biennale keine über den Körper nachzudenken und dar- Atelier eine schwarze Hölle. Die Fenster Umzüge geben würde, arbeitete Doujak über, welche Möglichkeiten es gäbe, die sind in der Hitze geborsten. Pläne, Zeich- bis zum Brand gemeinsam mit dem briti- Welt(en) zu verbinden. „Mich hat die nungen, Artefakte, Objekte: verbrannt. schen Schriftsteller John Baker an einem globale Ausbreitung von Seuchen inter- Verschmort. Vernichtet. „Eine künstleri- fünfteiligen Podcast. „Seit Wochen recher- essiert, die meist über globale Handels- sche und finanzielle Katastrophe“, sagt chieren wir das Thema Schlachthäuser“, wege geschieht. Beginnend bei Pest, Cho- die Künstlerin am Telefon, als sie erstmals erzählte sie im Juni. „Durch den Corona- lera, Typhus wäre es bis zu HIV gegangen. das ganze Ausmaß der Zerstörung über- Cluster in einem deutschen Schlachthof Dann brach plötzlich die Pandemie aus, blickt. Nur ein Turm aus Verpackungs- hat der Podcast eine merkwürdige Aktu- und alles wurde gecancelt.“ kartons, in den ein Flugzeug und ein Zug alität bekommen. Es ist ein Horror, wie Am Pappmaché-Magen wurde dennoch krachen, ist heil geblieben: Er war im weltweit Menschen, fast immer migran- unverdrossen weitergearbeitet, auch wäh- Keller zwischengelagert und kann, so nicht tische Arbeiter, in diesen Betrieben aus- rend meines Besuches im Juni. Eine auch noch eine zweite Corona-Welle dazwi- gebeutet werden.“ Zwar werden die Sen- getigerte Katze, die ihr irgendwann zu schenkommt, wie geplant bei der Vienna dungen, in denen sie die desaströsen gelaufen ist, döste auf einer Bank unterm Contemporary Ende September aufgestellt Auswirkungen der industriellen Tierhal- Baum. Wir saßen im verwunschenen werden. Der Turm ist übrigens Plänen tung, der exzessiven Sojabepflanzungen Vorgarten des verwinkelten, ebenerdigen Stalins nachempfunden – der in den und der Abholzung des Regenwaldes sowie Ateliers im zweiten Wiener Gemeindebe- 1930er-Jahren das größte Hochhaus der den Zusammenhang zwischen Klimawan- zirk. „Als ich es in den 1990er-Jahren Welt mit einer Leninstatue auf dem Dach del und Seuchenausbruch aufzeigen, erst kaufte, war der Garten eine richtige Gstet- errichten wollte – und Teil ihres größeren in einem Jahr online gehen, „aber ich bin ten, da sind lauter Autoreifen herumgele- Arbeitskomplexes zu globalen Handels- sicher, dass die Themen dann noch genau- gen. Aber die Rose beim Gartentor gab’s routen und totalitären Regimen. so aktuell sind.“ schon. Ich dachte mir: Wenn die hier überlebt, dann schaffe ich es auch. Wenn Ines Doujak ist eine hochpolitische, mul- Der Brand vernichtete alles Schöne, alles man, so wie ich, viel alleine arbeitet, ist timedial und projektbezogen arbeitende Aufregende. Kleider, textile Kunstwerke der Abstand vom Gartentisch neben der Künstlerin. Ihre Überlegungen kreisen als Relikte ihrer jahrzehntelangen Beschäf-

48 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 literatur.tipp Die Gegenwärtigkeit der Literatur Wer das von Gerhard Melzer geleitete Seminar für Diplomand*innen und Dissertant*innen am Franz-Nabl-Institut der Universität Graz besuch- te, konnte regelrecht eintauchen in die Gegen- wärtigkeit von Literatur. Jeweils eine auf Mehr- heitsvorschlag ausgewählte Neuerscheinung stand auf dem Prüfstand, mehr noch die Dis- kussion darüber, denn jede/r Studierende war aufgefordert, die eigene Lektürewahrnehmung in Worte zu fassen und im Kreis der Kolleg­ *innen zu hinterfragen. Der Geist des eigenständigen, nicht auf liter- arturtheoretischen Modellen oder Konventionen basierenden Zugangs zu Literatur und Sprache zeichnet denn auch die „Literaturgeschichten“ aus, die Melzer „radikal subjektiv“ ausgewählt und in dem Band „Von Äpfeln, Glasaugen und Rosenduft“ versammelt hat. Hier sei hervorge- BAUHÜTTE (Monumental Instability), 2018, Sculpture, 320 x 250 x 300 cm. | hoben, dass unter den 25 Miniaturen, die sich Ghostpopulations, 2016 – ongoing, Serie von Collagen mit Figuren, die am an scheinbar Nebensächlichem entzünden und Magen platziert worden wären. | Vorstudien zum Magen. Fotos: Ines Doujak von bestimmten Dingen, Düften, Phänomenen ausgehend die Texte erkunden, die Kärntner Gegenwartsliteratur stark vertreten ist. Von der Allmacht des Krieges bei Anna Baar, über Äpfel bei Peter Handke, Hände bei Elke Laznia, die Stille bei Florjan Lipuš, über Peter Turrinis Itali- anità bis hin zu den Schreibwerkzeugen Josef Winklers spannt sich der Bogen der Erschei- nungsformen, in welchen poetische Essenz und poetologischer Kern freigelegt werden. tigung mit Stoffen, deren nichts zu tun haben. Bei uns ist Mit „literatur JETZT“ legt das Musil-Institut Geschichte, Auswirkungen der das viel schwieriger. Ich finde, einen Band vor, der die Ergebnisse einer Tagung Industrialisierung: verschmort. dass wir ein übersättigtes aus dem Jahr 2016 dokumentiert. In sechs Bei- Unwiederbringlich zerstört. Ihre Fas- Publikum haben.“ Als sie für die von trägen internationaler Literatur- und Kultur­ zination für Textiles reicht weit zurück: Roger M. Buergel und Ruth Noack – zwei wissenschaftler*innen werden vor dem Hinter- Vor vierzig Jahren bereiste sie erstmals ihrer Lieblingskurator*innen – verant- grund eines erweiterten und „fluide“ geworde- Südamerika, war beeindruckt von der wortete Secessions-Ausstellung „Vater nen Literaturbegriffs Positionen der österreichi- textilen Kultur. „In Bolivien existiert die Arsch“ Skinheads fotografierte, setzte sie schen Gegenwartsliteratur diskutiert. Dass über- Vorstellung, dass bestimmte Arten von immerhin durch, dass die Skins die Seces- kommene Bezugs- und Deutungsmuster ange- sichts der Auflösung von Gattungs-, Genre- oder Stoffen Sitz der Ahnen sind und daher sion gratis besuchen durften: „Viele von auch Mediengrenzen – „Der Buchdruck ist kein sprechen können. Ich habe diese Stoffe denen wussten gar nicht, wo die Secessi- definitives ‚Ende‘“ – im digital-globalen Zeitalter meinen Freundinnen und Kolleginnen in on ist. Mir fiel auf, dass dieser Ort, den ins Wanken geraten und vielfach unzulänglich aller Welt geschickt, sie gebeten, mit wir Kunstleute so wichtig nehmen, für sie geworden sind, macht das von Institutsleiterin diesem Textil zu kommunizieren und mir oder ihr Leben gar keine Bedeutung hatte.“ Anke Bosse und Elmar Lenhart herausgegebene die Texte zu schicken, die ich dann in Kunst, sagt die 1959 geborene Kärnt- Kompendium ebenso klar, wie es Mechanismen einem Buch versammelt habe.“ nerin, ist eine Klassen-Frage; wer aus der Kanonisierung analysiert und in Frage stellt. wohlhabendem, gebildetem Elternhaus Die Exposition des Generalthemas bzw. Definiti- Einfach so ins Blaue macht sie nichts, komme, habe es sicherlich leichter: „Ich on zeitgenössischer österreichischer Literatur „ich trage schwer an den Inhalten, die ich sehe wenige Kollegen und vor allem muss dabei nicht zuletzt auch angesichts der bearbeite“. 2007 nahm sie an der docu- wenige Kolleginnen aus nichtbegüterten Mehrsprachigkeit des literarischen Schaffens menta 12 teil, im selben Jahr erhielt sie Verhältnissen, die es schaffen. Ich bin in neu gedacht und bewertet werden. den Preis der Stadt Wien für bildende einer Arbeiterfamilie in Südkärnten groß- ● Katharina Herzmansky Kunst, zehn Jahre später, 2017, den Wür- geworden. Da gab es keine Kunst, nicht Mitarbeiterin der Kulturabteilung des Landes, digungspreis des Kärntner Kulturpreises. einmal die Vorstellung davon, was das literarischer BRÜCKEnpfeiler. Mit einer Galerie arbeitet sie – derzeit sein könnte.“ Gerhard Melzer – Von Äpfeln, zumindest – nicht fix zusammen. Das ● Andrea Schurian Glasaugen und Rosenduft allerdings könnte sich möglicherweise in aus Feldkirchen stammende, in Wien lebende, freie Literaturgeschichten, mit Polaroids von Valerie Autorin; „Die Presse“-Kolumnistin und Chefredakteurin Fritsch und einem Nachwort von Franz Schuh. nächster Zeit ändern. „Aber ich möchte der jüdischen Zeitschrift NU; langjährige Leiterin des Sonderzahl, Wien 2020 | 168 Seiten | 20 Euro nicht – oder zumindest nicht nur – das Standard-Kulturressorts; Moderatorin (u. a. für die ORF Buchpräsentation & Lesung am 29. September, kunst-stücke oder die 3Sat-Kulturzeit) und Filmemache- typische Kunstpublikum erreichen. Ich rin (z. B. über Maria Lassnig oder André Heller). 19:30 Uhr, Musilhaus Klagenfurt arbeite oft im außereuropäischen Raum Literatur JETZT – Sechs Perspektiven auf die und bemerke, wie groß dort das Interesse zeitgenössische österreichische Literatur Ines Doujak auf der Vienna Contemporary von ganz normalen Menschen von der hrsg. von Anke Bosse und Elmar Lenhart 24. – 27. September Ritter Verlag, Klagenfurt | 224 Seiten | 14,90 Euro Straße ist, die mit Kunst üblicherweise www.viennacontemporary.at erscheint am 30. Juli

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 49 Petar Waldegg. Foto: Ferdinand Neumüller

mit dem Großen Preis der Biennale aus- gezeichnet und lernte Günter Schnitzer kennen, in dessen Klagenfurter Galerie er 1990 seine erste Ausstellung in Kärnten hatte (Schnitzer hat Waldeggs Familie in jener Zeit tatkräftig unterstützt und nach Klagenfurt gebracht). Waldeggs darauffol- gende Personale bei der Ljubljana Bienna- Der Mann, der die Formen le war nur kurze vier Tage zu betrachten, danach wurde die Ausstellung wegen dem Jugoslawienkrieg abgebrochen. vorbeiziehen sah Kriegsgeschädigt musste er 1992 Sara- Zum Siebziger von Petar Waldegg. jevo verlassen, wo er seit 1980 als Assis- tent, Dozent und die letzten Jahre als Professor an der Akademie lehrte. Im Fluchtkoffer hatte der „abstrakte“ Graphi- Als ich im vorigen Sommer die Ausstellung großen Meister Bogdan Borčić in Ljublja- ker eine Kriegsmappe, in der er seine von Petar Waldegg in seinem Atelier in na, dem damaligen Weltzentrum für gra- existenziellen Erfahrungen der Gräueltaten Suetschach besuchte, wurde mir erneut phische Kunst. in Bosnien künstlerisch thematisierte (sie die ungeheure Fülle, die Vielseitigkeit der Einen weiteren Ansatz zu seiner Auf- wurde unter anderem in New York und Formen und die hohe Qualität der Arbeiten fassung von graphischer Kunst fand Wal- Barcelona gezeigt). Kärnten wurde seine dieses deutsch-bosnisch-stämmigen Gra- degg im Atelier Johnny Friedlaenders in „dritte Heimat“, von 1994 bis zu seiner phikers bewusst, dessen äußere Erschei- Paris zu einer Zeit, als die Rezeption von Pensionierung 2015 war er Kunsterzieher nung der imaginären Vorstellung, die man „lyrischer Abstraktion“ immer noch nach- am BG Viktring. sich von einem bedeutenden Künstler wirkte (viele seiner Arbeiten könnte man Teilweise aus Gesundheitsgründen hat macht, völlig widerspricht. Waldegg ist unter diesem Begriff zusammenfassen). Waldegg für sich in den letzten Jahren ein ein feinnerviger, bescheidener Mann, der Auch die kunsttheoretischen und gesell- eigenes Verfahren mit neuen graphischen das Leise in seinem Tonfall selbst dann schaftspolitischen Ansichten von Joseph Ausdrucksformen entwickelt, das zwar beibehält, wenn er über sein bewegtes Beuys waren wesentlich für seine künst- die Feinheiten von beispielsweise Aqua- Leben oder über seine Arbeit spricht. lerische Entwicklung. tinta verliert, indem er aber, in seiner ihm Als Sohn eines Deutschen und einer Waldeggs technische Beherrschung der eigenen gebremst-nervösen Kreativität Jugoslawin in Bosnien geboren, lebte er Radierung, unter deren Sammelbegriff – wie bei dem von ihm verehrten Antoni bis zu seinem achten Kindheitsjahr in Einzeltechniken wie Strichätzung, Kaltna- Tàpies – eine neue Semantik in seine Freiburg im Breisgau und blätterte begeis- del, Weichgrund, Aussprenggrund, Schab- Arbeit bringt, gewinnt sie dadurch eine tert in der großväterlichen Bibliothek kunst, Aquatinta und offene Ätzung fallen, neue, malerische Form. durch graphische Enzyklopädien, Bücher die auch kombiniert angewendet werden Bei der Betrachtung von Petar Waldeggs über die Druckkunst der Renaissance oder können und eine unausschöpfbare Skala Werken, den alten wie den neuen, sollte Albrecht Dürer. Rückgesiedelt in sein von Möglichkeiten bieten, ermöglichte man sehenden Blicks Leonardo da Vincis Geburtsland, erleichterte dem Außensei- seiner Kreativität die meisterhafte Reali- Rat beherzigen: „Wie an einer alten Mau- terkind der ausgeprägte Wille Künstler sierung seiner Bildgedanken. Und seine er Bilder entdecken.“ oder besser gesagt Graphiker zu werden, ausgeführten Bildgedanken wurden unter ● Wilhelm Huber die Integration im neuen Umfeld. Er stu- anderem in Paris gegenüber dem Centre Rezensent, Destillateur und gemeinsam mit Klaus Amann Gestalter der St. Veiter Literaturtage. dierte an der Kunstakademie Sarajevo bei Pompidou und bei der Ljubljana Biennale Dževad Hozo und anschließend beim of Graphic Arts ausgestellt. Dort wurde er

50 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Petar Waldegg. Foto: Ferdinand Neumüller

Franz Politzer: Der bewachte Baum. | Der geteilte See. Fotos: FORUM KUNST contemporary

Zeitlos zeitgemäße Welten Die Sehnsuchtsorte des Franz Politzer.

In welcher Zukunft wollen wir leben? nicht sehen, übergroße Leinwände, die Berührung an den Rändern scharfer Kon- Diese Frage geht mir beim Betrachten der haltlos in einer vom Menschen vielleicht turen statt. An diesen Grenzen entsteht Bilder von Franz Politzer immer wieder nie betretenen, in jedem Fall aber von ihm ein Dialog, der am Herkunftsort der jewei- durch den Kopf. Meine Assoziation ist verlassenen Naturlandschaft stehen, Türen, ligen Gebilde so nicht möglich gewesen sicherlich angesiedelt im Bereich mögli- die sich spaltbreit öffnen, Mauern, die wäre ... wo aus der Diversität der Elemen- cher Interpretation, als erste Reaktion einen Blick auf die Welt dahinter freigeben, te ein neues, schlüssiges Ganzes nicht nur intendiert ist sie aber nicht. In der Ver- einzelne Bäume, die eines besonderen entstehen kann, sondern explizit heraus- gangenheit gab es wiederholt Versuche, Schutzes bedürfen, Wasserläufe, Fragmen- gefordert wird. Franz Politzers Werk für ökologisch te einer von unsichtbarer Menschenhand bewegtes Agieren einzusetzen. Seine Posi- penibel gestalteten Naturlandschaft, die Aus der Zeit gefallen. Der 1950 in Wien tion ist klar: Was die Betrachtenden in ganz im Zeichen des Anthropozäns steht. geborene und seit 1990 in Kärnten leben- seinen Werken sehen, ist ihre Sache und Das Abbild des Menschen ist hier nicht de Künstler Franz Politzer konfrontiert sagt mehr über sie aus, als über ihn, den vonnöten. Es reicht, dass wir spüren, dass uns mit seinem Verständnis von Malerei, Künstler. Dessen Anliegen lassen sich dieses nachdenklich stimmende Idyll jen- mit Bildern, die aus der Zeit gefallen sind. ohnehin nicht auf eine Lesart reduzieren. seits romantisierender Idyllvorstellung Er bringt tiefere Schichten unserer Wahr- Seine Haltung ist durchaus politisch, von Menschenhand gemacht, von Men- nehmung in Resonanz und öffnet ein seine Arbeiten sind es nicht. Und dann schengeist erdacht wurde. breites Assoziationsspektrum, das durch- – womöglich doch? Franz Politzer schafft unverwechselbare aus die Frage impliziert, ob sein Werk Als akademischer Maler ist Franz Polit- Lichträume, die technisch artifiziell aus- nicht Ausdruck eines zeitlos-zeitgemäßen, zer ein Konstrukteur surrealer Welten, komponiert sind und seinem Bildkosmos utopisch-politischen Sehnsuchtsortes ist? ein Spezialist der Montage in den für ihn Tiefe und eine ganz eigene Handschrift ● Andrea K. Schlehwein typischen Bild-in-Bild-Kompositionen. Im verleihen. Die Linienführung, die Zentral- leitet den ART SPACE stift millstatt im Team, realisiert Kunstkonzepte, ist Honorarprofessorin für zeitgenössi- Zentrum seines Schaffens steht das Bild- perspektive, der Einfall von Licht und schen Tanz an der renommierten Korea National Univer- konzept, akkurates Arbeiten, die Verzah- Schatten, die komplexe Räumlichkeit der sity of Arts, lebt und arbeitet in Kärnten und Seoul. nung jeweils mehrerer Bedeutungsebenen erzählenden Splitter konstituieren ein sowie die völlige Beherrschung aller bild- Verständnis von Welt, in der die Stille in Ausstellung konstituierenden Elemente. Der Zufall hat zeitlosem Gefüge einer Landschaft schwebt. Franz Politzer: Landschaft als Bühne 4. September – 11. Oktober in den sorgsam gearbeiteten Werken – ob Unvoreingenommen sammelt Franz FORUM KUNST contemporary Ölbild, Grafik oder Aquatinta – keinen Politzer Eindrücke, Perspektiven, Linien, ART SPACE stift millstatt Raum. Momente narrativer und abstrakter Art. www.forum-kunst.com Er löst sie aus ihren Kontexten, setzt sie Franz Politzer: Utopische Betonstrukturen, Überbleibsel in Bezug zu seinen ästhetischen Konzep- Landschaft als Bühne menschlicher Zivilisation, Zitate heutiger ten, kombiniert Bildausschnitte mit bedeu- Kunstverlag Wolfrum Wien Architektur, Brückenpfeiler, Autobahnen, tungsgebenden Metaebenen und verwebt Autoren: Peter Bielesz, Irina die ins Leere führen, Fenster, die den Tag sie in ein spannungsgeladenes Arrange- Lino, Franz Politzer, Andrea K. Schlehwein, Stefan Zoltan im Draußen mit der Nacht im Innenraum ment, dem man den Ursprung seiner Vorwort: Alf Krauliz – oder umgekehrt – verbinden, Spiegelflä- Bestandteile nicht mehr ansieht. In seinem chen, die ein Bild widerspiegeln, das wir Universum findet selbstverständliche

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 51 Wanderausstellung an der Wolkengrenze Die Mobile Ausstellung zur Geschichte der Volksabstimmung macht am Großglockner Station.

Über den Wolken ist es auch im solide geplant und gut verankert. Sie und während der NS-Zeit tödlicher Hochsommer kühl. Ein frischer Wind weht sollte nicht nur Wind und Wetter stand- Nationalismus salonfähig. Nach dem Krieg über die Franz-Josefs-Höhe, 2.369 Meter halten, sondern auch der Wucht der zeigte nicht zuletzt der Streit um über dem Meeresspiegel, wo gleich zwei Geschichte oder – richtiger – der Geschich- zweisprachige Ortstafeln, dass es in Bedrohungen der Gegenwart unübersehbar ten rund um Abwehrkampf, Volksabstim- Kärnten lange bloß ein übellauniges sind: zum einen der sich lichtende Gletscher mung und die Folgen. „Eine Ausstellung Nebeneinander der Volksgruppen gab, auf den umringenden Bergkuppen des ist immer auch eine Erzählung“, sagt Igor kein herzliches Miteinander. Noch bei den Großglockners als überdeutliches Zeichen Pucker, Kulturamtsleiter und Ideengeber 90-Jahr-Feierlichkeiten zum Jahrestag der der Erderwärmung; zum anderen die all­ der Exposition. „Aber es erweist sich, dass Volksabstimmung lag die Betonung stark

CARINTHI ja 2020 gegenwärtigen Desinfesktionssprays und es nicht nur eine Erzählung gibt, sondern auf dem Abwehrkampf gegen die Eroberer die Abstände zwischen den Besucherinnen viele, die miteinander verwoben sind, sich aus dem Süden. und Besuchern der höchstgelegenen überschneiden und sich mitunter auch Das sollte heuer anders werden. Die Wanderausstellung Österreichs. Die Coro- widersprechen.“ Mobile Ausstellung ist Teil einer Reihe na-Ansteckungsgefahr lauert auch am von Veranstaltungen, die die damaligen Großglockner, wo die holzüberdachte Ins- Von außen betrachtet handelte es sich Ereignisse möglichst differenziert aufar- tallation rund um die Volksabstimmung vor 100 Jahren um einen Grenzfindungs- beiten sollen – mit dem Ziel, Brücken für des Jahres 1920 noch bis 2. August Station konflikt im Nachgang des Ersten Welt- die Zukunft zu schlagen. Man war von macht. „Wer weiß, ob die Pavillons einem krieges. Österreich wurde von der Mon- Seiten der Veranstaltenden im Vorfeld starken Wind standhalten?“, sagt ein Vater archie zur Republik, Jugoslawien zum keineswegs ganz sicher, dass das Konzept zu seinem kleinen Sohn. Was den Knirps Königreich, das den südlichen Teil Kärn- aufgehen würde. Die Feuerprobe fand ab zum Nachdenken bringt: „Fliegen sie dann tens für sich beanspruchte. Der darauffol- Mitte Juni in Völkermarkt statt, der his- mit uns davon?“ gende „Abwehrkampf“ führte auf Vermitt- torischen Abstimmungsstadt. Dort mach- Die Gefahr besteht nicht. Die vom Kärnt- lung der Alliierten zu einem Referendum, te die Mobile Ausstellung zum ersten Mal ner Landesmuseum im Rahmen des Jubi- bei dem sich die Bevölkerung für den Station, am Hauptplatz, gleich neben der läumsjahres CARINTHIja in Auftrag gege- Verbleib bei Österreich aussprach. Möglich Gedenktafel mit den Namen gefallener bene gut 40 Meter lange, ausgeklügelte wurde dieses Votum dank der Stimmen Abwehrkämpfer. Holzkonstruktion der Architekten Winkler slowenischsprachiger Bürgerinnen und Der historisch vorbelastete Standort sei + Ruck mag auf den ersten Blick einen Bürger. Dennoch wurde im Zuge der eine Herausforderung gewesen, erzählt luftigen Eindruck machen. Aber sie ist Volksabstimmung in Kärnten ein giftiger die Kulturwissenschafterin Hillary Plasch.

52 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Nicht das Land besucht die Ausstellung, die Mobile Ausstellung kommt ins Land. Foto: grossglockner.at

Sie gehört zu jenen Ansprechpartnerin- Nach den durchwegs positiven Erfahrun- etwa mit Hilfe einer VR-Brille virtuelle nen, die den Besucherinnen und Besu- gen in Völkermarkt war die zweite Station Kärtchen mit deutschen oder slowenischen chern der Wanderausstellung Frage und über den Wolken gewissermaßen die Kür. Alltagsphrasen „pflücken“ und sich diese Antwort stehen. Plasch hatte sich auf Kurzfristig wurde der kühne Plan umge- übersetzen lassen. Das letzte Drittel der heftige Diskussionen und Streitgespräche setzt, die Mobile Ausstellung auf den Ausstellung schließlich ist in die Zukunft vorbereitet. Doch diese blieben aus. „Es höchsten noch mit Fahrzeugen zu errei- gerichtet, die von einem neuen Miteinander gab keinen Konflikt“, erzählt sie. Wohl chenden Ort Österreichs zu verfrachten. der Volksgruppen im Zeichen neuer Tech- habe es mitunter Einwände gegeben, vor Dort richtet sie sich auch an Touristinnen nologien gekennzeichnet sein soll. Das ist allem von Seiten der älteren Generation. und Touristen, die sich mit der wechsel- jedenfalls die hoch gesteckte Hoffnung der Ob es wirklich notwendig sei, die Aus- vollen Geschichte ihres Urlaubslandes Organisator*innen der höchstgelegenen stellung durchgehend zweisprachig zu bisher noch nicht beschäftigt hatten. Wanderausstellung Österreichs. beschildern. Ob man nicht dem Unrecht, „Kärnten soll als gelebtes Beispiel dafür ● Wolfgang Rössler das manchen Deutschkärntner Familien wahrgenommen werden, wie in einem 39, aus Steindorf am Ossiacher See, lebt in Wien, ist Korrespondent der NZZ am Sonntag. widerfahren sei, mehr Raum hätte geben jahrzehntelangen Prozess aus einstigen können. Feinden Freunde mit wechselseitigem „Gerade in Völkermarkt haben fast alle Verständnis für die jeweils anderen wur- CARINTHIja 2020 – Die Mobile Ausstellung Menschen bedingt durch ihre Familien- den“, erklärte Landeshauptmann Peter Kaiser-Franz-Josefs-Höhe am Großglockner: bis 2. August geschichte einen sehr persönlichen Kaiser bei der Eröffnung. Hauptplatz Feldkirchen: 15. – 31. August Zugang zu dem Thema“, sagt Plasch. Nicht Diesen Prozess bildet die Ausstellung Rathausplatz Villach: 6. – 27. September immer ließen sich die Überlieferungen auch räumlich nach. Während sich die Neuer Platz Klagenfurt: der Eltern und Großeltern mit den auf den ersten Module mit den historischen Kern­ 3. Oktober – 1. November www.carinthija2020.at Schautafeln gezeigten Beschreibungen in ereignissen beschäftigen und ausgewählte Einklang bringen. Doch am Ende hätten Protagonist*innen beider Seiten vorstellt, gerade diese Irritationen Menschen zum führt die Reise anschließend in die Gegen- Reden gebracht. „Es zeigt sich eben, dass wart – besonders verdeutlicht durch den man Geschichte nicht auf die Schnelle spielerischen Umgang mit beiden Landes- einatmen kann“, sagt Plasch. Die Wunden sprachen. Auf Grundlage eines gewitzten sind noch nicht völlig verheilt. Aber es tut Sprachkurses des Universitätskulturzen­ nicht mehr so weh. trums UNIKUM können Besucher*innen

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 53 Vom Gedächtnis der Orte CARINTHIja 2020 setzt auf das Sich-Erinnern und das Brücken- Schlagen, auf die Kraft des Erzählens und das Verändern von Perspektiven. Eine Anleitung zum Neugierig-Sein.

Gegen die Verortstafelung. In einem Land, Slowenen, der in beiden Landessprachen Jahr führt wieder der Archäologe Franz in dem Sprache und Kultur nicht verortet, schrieb, steht im Mittelpunkt der Veran- Glaser durch das frühchristliche Pilger- sondern „verortstafelt“ wurden, lebte und staltung „Hafner goes Hafner“ (2.8., Suet- heiligtum auf dem Hemmaberg. Hier, an arbeitete der 2016 verstorbene Literat und schach), bei der Maximilian Achatz und diesem symbolstarken Ort, findet knapp Übersetzer Fabjan Hafner. Gegen diese Magda Kropiunig lesen werden, musika- einen Monat später (18.9.) auch eine Buch- „Verortstafelung“, wie es einmal in einer lisch umrahmt vom Duo Masis. Mit Kon- präsentation des Verlags Hermagoras/ Laudatio über ihn hieß, tritt das Festival zerten (u. a. Wolfgang Puschnig und das Mohorjeva statt, der erstmals mit Unser horizontal 20 (Schule der Wahrnehmung) Koehne Quartett am 28.8., Jani Oswald Kärnten/Naša Koroška eine zweisprachi- an sieben Orten mit 34 Künstler*innen und Gabriel Lipuš mit dem Carinthia ge Anthologie mit Texten des Kärntner und

CARINTHI ja 2020 quer durch die einstige Abstimmungszo- Saxophon Quartett am 20.9.), Ausstellun- des Slowenischen Schriftstellerverbandes ne an. Als Anregung zum Perspektiven- gen und Performances schließt sich der herausgibt [siehe DIE BRÜCKE Nr. 18]. wechsel lässt sich dabei etwa eine Instal- Veranstaltungskreis. lation aus 20 Spiegeln von Armin Sprachbrücken zu bauen ist das erklärte Guerino direkt am Drauradweg bei Unter- Fabjan Hafner war auch gemeinsam mit Ziel einer interaktiven Ausstellung, die krajach im Rosental verstehen. Die Gren- Janez Gregorič und Rudi Benétik vor 20 der Elternverein des Slowenischen Gym- ze zwischen Schein und Wirklichkeit Jahren Begründer des Trivium auf dem nasiums initiiert hat. In der Mittelschule beginnt dabei zu verschwimmen, der Blick Hemmaberg bei Globasnitz/Globasnica, Ferlach wurde dafür ein „Sprachgarten“ nach vorne ist ein Blick zurück, die Panee- eines sparten- und sprachenübergreifen- konzipiert, bei dem man durch fünf Sprach- le reflektieren den eigenen Standpunkt, den Treffens von Künstler*innen aus dem beete spazieren kann und so spielerisch machen aber auch Verborgenes sichtbar. Alpen-Adria-Raum. Musik, Literatur und für das Thema Mehrsprachigkeit sensibi- Hier war auch Fabjan Hafner zu Hause, bildende Kunst werden dabei heuer (14.8.) lisiert wird (21.9.). Die Schulprojekte im dessen „Erste und letzte Gedichte“, über- von Bartolo Musil und Janez Gregorič, Rahmen von CARINTHIja 2020 sind bunt setzt von Peter Handke, kürzlich bei Cvetka Lipuš, Lilian Faschinger und und einfallsreich. Sie reichen von einer Suhrkamp erschienen sind [siehe DIE Tanja Malle sowie von Eric M. Kressnig Performance mit Menschenkette entlang BRÜCKE Nr. 17]. Das Werk des Kärntner und Nataša Sienčnik vertreten. Wie jedes der Karawanken (Die Grenze ändert sich

54 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 horizontal 20: Die Drau, wie sie niemand kennt, obwohl sie so ist: in zehn beidseitig verspiegelten Stellwänden. „Es gibt keinen Blick nach vorne, der nicht auch ein Blick zurück und in sich selbst ist.“ (Armin Guerino) Foto: Gerhard Maurer | Brucken bauen – Gradimo mostove: Barbara Ambrusch-Rapp auf der Brücke bei Selkach/Želuče: DeinMeinUnserWeg – TvojaMojaNašaPot. Foto: Gerhard Leeb

in unseren Köpfen, siehe BRÜCKEseite der Region darstellen will (An den Ufern und Symposien (Arbeit und Demokratie, 58) über Installationen im öffentlichen der Drau, 19. September 2020: Präsenta- Institut für Geschichte der Kärntner Arbei- Raum der Volksschule Völkermarkt (Völ- tionsveranstaltung der Projektergebnisse terbewegung, 24.9. in Klagenfurt) geht kermarkt 2020 – quo vadis?) bis zu aus den oben genannten drei Perspekti- CARINTHIja 2020 im Corona-Jahr also in diversen Film- und Videoprojekten: Demo- ven). Dieser manifestiert sich auch in den ihre nächste Runde. kratie in Szene gesetzt nennt die CHS Arbeiten jener zehn Bildhauer*innen aus Bei gleich zwei spannenden Projekten, Villach ihren Filmbeitrag (29.9.), Kärnten Kärnten und Slowenien, die den Sommer die Sichtweisen verändern und Verhalten – gestern, heute, übermorgen die HAK lang nahe Völkermarkt arbeiten. Das Sym- reflektieren wollen, ist der Villacher Völkermarkt ihren, während das Alpen- posium Krastal gastiert dabei in Bergstein Historiker Werner Koroschitz dabei. Adria-Gymnasium der Stadt sein Projekt (Steinbruch Modre) und lädt zu einer Gemeinsam mit dem Verein Erinnern Servus – Srečno – Ciao (2.10.) zeigt. „perspektivischen Zeitreise durch Gestein, wirft er einen genauen Blick auf ein Skulpturen und Klang“. Konzipiert vom Abwehrkämpferdenkmal aus dem Jahr Die Lebensader Drau lädt nicht nur dazu Bildhauer Helmut Machhammer können 2002 am Drauradweg beim nahe ein sie zu überqueren – wie es Gerhard Besucher*innen dabei (bevorzugt nach- Villach. Darauf wird neben anderen auch Leeb mit seiner Installationsserie von 30 mittags) den Kunstschaffenden über die der einstige Villacher Bürgermeister und Kärntner Künstler*innen an 12 Brücken Schultern sehen (u.a. Catrin Bolt und Dušan National­sozialist Oskar Kraus genannt. über den Fluss tut: „Brücken bauen – Gra- Kirbiš). Jeweils am Freitag ab 19 Uhr gibt Eine Fußnote wird diese Würdigung dimo mostove“ (Verbund-Kraftwerk Anna- es Führungen (bis 28.8.), am Samstag, kritisch erweitern (24.9.). Wissenschaft- brücke mit Edwin Wiegele und Schülern 22.8., 19 Uhr, wird bei einem Schlussfest lich begleitet von Werner Koroschitz ist der HAK Völkermarkt am 25.9.). Sie bittet mit den Künstler*innen gefeiert. das Ausstellungsprojekt Petzen/Peca : auch an ihre Ufer auf beiden Seiten, wo Auch mit Festen (Fest des Miteinan- Obir des slowenischen Kulturvereins das Kärntner Bildungswerk Kulturver- ders in Bleiburg/Pliberk am 8.8.), Tagun- Zarja in Bad Eisenkappel/Železna Kapla eine, engagierte Frauen und Jugendliche gen (Landschaft und Identität – Über- (ab 16.9.), das sich mit zwei in mehrfacher bei diversen Kulturveranstaltungen prä- liefertes Namengut als immaterielles Hinsicht herausragenden Bergen Unter- sentiert und so den kreativen Reichtum Kulturerbe, Bleiburg/Pliberk am 16.9.) kärntens beschäftigt: mit der Petzen,

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 55 einem einstigen Partisan*innen-Stütz- Eine andere Familien-Saga erzählt ein medienüber­greifendes Programm. Am 13. punkt, und dem Hochobir, auf dessen Haus im Loibltal/Brodi. In diesem Seiten- und 14.8.: audiovisuelle Installation Gipfelkreuz eine Gedenkplakette für den tal des Rosentals, am Weg in den Süden, (Musik: Gerald Preinfalk), Ausstellung Abwehrkämpfer und Nationalsozialisten liegt das Haus Brodi 1. Anhand einer „Ihr Zuhause finden“ über die Frauen aus Hans Steinacher angebracht ist. Beide so Familiengeschichte quer durch die Jahr- Brodi 1, Konzert & Lesung mit Gerald unterschiedlich bewerteten Berge „sind zehnte entwickelte der Kulturverein Preinfalk und Alois Hotschnig, u.a.m. durch Höhlensysteme und Bergbau INTERFERENZEN ein kleines, feines (www.interferenzen.at). geprägt“ (Koroschitz). Festival, das sich mit Ausstellungen, Konzerten, Lesungen rund um das Bild-Reflexionen. Einer, dessen Werk

CARINTHI ja 2020 Familiengeschichten. Unweit der Petzen, Gedächtnis dieses Ortes dreht. Das Erin- durch die Nationalsozialist*innen beson- in Bad Eisenkappel/Železna Kapla, erinnert nern und die Kraft des Erzählens setzen ders in Mitleidenschaft gezogen wurde, die Künstlerin und Präsidentin des öster- die aus Brodi stammende Grazer Archi- war der Nötscher Maler Anton Kolig. Im reichischen Künstlerhauses Tanja Prušnik tektin und Autorin Petra Kohlenprath Klagenfurter Landhaus war anlässlich der mit einer Gedächtniswanderung mitsamt detailreich in Szene: 1896 vom k. u. k. 10-jährigen Wiederkehr der Kärntner Performance an das (von Peter Handke Straßeneinräumer Miha Kohlnprat und Volksabstimmung ein Freskenzyklus ent- empfohlene) Buch „Gämsen auf der Lawi- seiner Frau Neža errichtet, ist das Haus standen, der 1938 von den Nazis als ne/Gamsi na plazu“ von Karel Prušnik- seit Anfang der 1980er Jahre unbewohnt. entartete Kunst vollständig zerstört wur- Gašper [siehe DIE BRÜCKE Nr. 16]. Für Erhalten geblieben sind Fotos, Urkunden, de. Von dem Monumentalwerk blieben eine Neuauflage des Buches ihres Großva- Bücher, Alltagsgegenstände. Das Projekt nur Schwarz-Weiß-Fotos erhalten. Das ters über den Widerstandskampf der Kärnt- Das Gedächtnis des Ortes/Kraj in njeg- Museum des Nötscher Kreises zeigt ner Partisanen hatte sie eine Bilderserie ov spomin lädt ein, sich „Zeit zu nehmen Schwarz-Weiß-Reproduktionen in Origi- zur Umschlaggestaltung (Wieser Verlag) für die Erzählung der Gegenstände“. nalgröße sowie Gemälde Koligs aus der geschaffen. Das war 2005, doch die Auf- Gemeinsam mit Wissenschafter*innen­ Zeit um 1930. Dem werden Werke junger arbeitung der Familiengeschichte dauert und Künstler­*innen erarbeiteten die Kunststudentinnen aus Wien und der noch immer an (6. und 13.9.). Urenkelinnen der Erbauer ein spannendes, Künstlerin Elisabeth Wedenig gegen-

56 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Die Installation „Hranca _._ Grenz“ mäandert in Form eines 400 Meter langen, roten Bandes durch den Ort St. Jakob i. R./ St. Jakob v Rožu und dessen Umgebung. Foto: Stefan Reichmann | Katharina Gruzei „seziert“ eine brauchtümliche Goldhaube. Fotos: Katharina Gruzei | Marko Lipuš: Berg #2. Foto: Marko Lipuš

Kärntner Liedgut im Dialog mit Klassik. Foto: Rainer Sturm /pixelio.de kultur.tipp Volksmusik trifft Klassik Die Jeunesse bringt anlässlich des 100-jährigen Volksabstimmungsjubiläums ein Crossover- Konzert in Grafenstein. „Die Idee war, das hochvirtuose Potenzial der Volksmusiker*innen übergestellt. Mit Guido Katol wandelt Štikar vom slowenischen Kulturverein zu nutzen, es mit einem klassischen Orchester noch ein zeitgenössischer Kärntner Maler Rož. 100 Jahre nach der Volksabstimmung zu vernetzen und all dies in einem Konzert im auf den Spuren Anton Koligs und seines wird sie im Rosental auch sichtbar Rahmen des 100-jährigen Volksabstimmungsju- Enkels Cornelius. Expressiv und farbin- gemacht. Die raumgreifende Installation biläums zu präsentieren“, erzählt Marianne tensiv sind Katols künstlerische Hranca _._ Grenz in Form eines 400 Hoetzl, Spiritus Rector des Projektes und Reflexionen, die im Klagenfurter Landhaus Meter langen, roten, netzartigen Bandes Obfrau des Volksliedwerks. Um dieses Projekt zu sehen sind [Interview mit Guido Katol mäandert durch den Ort St. Jakob i. R./ zu realisieren, wurden mehrere Kärntner auf S. 62-63]. Šentjakob v Rožu und die Umgebung. Komponist*innen gefragt, eigene Stücke dafür Eine weitere sehenswerte Ausstellung Bedrohlich wirkt sie – und absurd. zu komponieren oder zur Verfügung zu stellen. Und siehe da, das Ergebnis war erklecklich. wird bis Ende Oktober im Werner-Berg- Am Beginn des Konzertabends erklingt die Museum in Bleiburg/Pliberk gezeigt, Das Rosental mit dem Künstlerdorf Suet- „Bauernhochzeit“ von Leopold Mozart, in der das so wie in den Vorjahren (Ernst Barlach, schach, den Kulturvereinen in St. Jakob/ auch „gejuhazt“, gepfiffen und geschossen wird. Käthe Kollwitz, Gottfried Helnwein) einen Šentjakob und St. Johann/Šentjanž ist ein Weiters wird es neben dem bereits schon aufge- spannenden Dialog inszeniert. Diesmal besonders kreativer Landstrich. Kein Wun- führten „Kärnten-Kaleidoskop“ von Günther ist es die Zusammenschau von Werken der also, dass sich das Tanztheater ein- Antesberger, wo zahlreiche Kärntner Lieder des Wahlkärntners und Expressionisten Ander dieses Tal an der Grenze zum quasi zu einem Medley verschmolzen wurden, Berg und des verstorbenen öster­ Austragungsort seiner Veranstaltungsrei- auch zwei Uraufführungen geben: Christof reichischen Karikaturisten Manfred Deix he „24 Stunden Grenzerfahrung“ gewählt Ressi, der aus dem Gailtal stammt und als einer (Manfred Deix trifft Werner Berg). hat. Dabei entstehen Tanztheaterperfor- der begabtesten und besten jungen Komponist­ Eigentümlichkeiten und Besonderheiten mances zum Mitmachen: In 24 Stunden, *innen gilt, die an der Grazer Kunst- und Musiku- der jeweils porträtierten Einheimischen verteilt auf mehrere Tage, werden Erfah- niversität studierten, hat mehrere slowenische finden dabei ihren künstlerischen Nieder- rungen der Bevölkerung in ein Stück und deutsche Texte von Maja Haderlap im volks- schlag. Großflächige Fassadengestaltun- eingearbeitet, das dann in der jeweiligen musikartigen Idiom gut anhörbar vertont und gen des Bleiburger Hauptplatzes erweitern Gemeinde aufgeführt wird. In Ludmanns- wird diese von einer Frauenstimme singen las- die Ausstellung in den öffentlichen Raum. dorf/Bilčovs, Ferlach, Köttmannsdorf, sen. Die zweite Uraufführung stammt aus der Fotografie, Video und Film sind die Maria Rain und Bleiburg/Pliberk finden Feder von Georg Stampfer, dem Komponisten Medien, mit denen sich die beiden bilden- bis Ende Oktober jeweils Mittwoch bis des Musicals „Seerosenfieber“. Mit „Fluss der den Künstler*innen Katharina Gruzei Samstag diese Workshops statt. Am Sonn- Zeit“ hat er eine sehr gefällige Komposition geschaffen, deren Basis auf fünf slowenischen und Marko Lipuš in ihrer Ausstellung tag gibt’s dann die Aufführung. Ein „Mit- Volksliedern beruht. Weiters wird ein Konzert für imagined carinthia – rethinking reality einander ohne Ausgrenzung“, ein „Zusam- Steirische Harmonika und Orchester mit dem (k & k Zentrum St. Johann i. R./Šentjanž menbringen von Menschen“ sollen diese Titel „Zwischen Krieg und Frieden“ von Viktor v Rožu) mit dem Thema Identität beschäf- Aktions- und Bewegungsperformances Fortin, einem Steirer mit Kärntner Wurzeln und tigen. Konventionen sollen dabei über- werden, wünscht sich Klaudia Ahrer, die sehr erfahren mit der Volksmusik, zu hören sein. dacht, „Übersetzung“ soll in vielfacher das Tanztheater 2017 gründete. Mit dem Dabei werden komplexe Rhythmen und Volks- Hinsicht sinnlich erlebbar gemacht werden Verein „gain & sustain“ entwickelte sie tänze erklingen. Und schließlich wird man (ab 18.9.). Ergänzend dazu findet am 26.9. das Projekt, dessen Ergebnisse man am „Fünf Walzer für Zither und Orchester“ von ein spannendes Musik-Projekt der Kärnt- 2.8. in Ferlach, am 9.8. in der Volksschu- Paul Hertel erleben können. Musiziert bzw. ner Jazzer Stefan Thaler und Tonč Feinig le Köttmannsdorf, am 16.8. in der Volks- begleitet werden alle Werke vom Euro Sympho- statt (Dvozvok/Zweiklang). Mit Musiker­ schule Maria Rain und am 23.10. in ny SFK Orchester, das aus jüngeren Musikerin- *innen beider Volksgruppen und renom- Bleiburg/Pliberk erleben kann. nen und Musikern aus den drei Alpen-Adria- mierten Gästen aus Österreichs Jazz-Szene ● Karin Waldner-Petutschnig Regionen Slowenien, Friaul und Kärnten besteht, stehen dabei traditionelle slowenische und (56) ist freie Kulturjournalistin in Klagenfurt. Neben unter dem Dirigat von Ernest Hoetzl. ihrer fast 30-jährigen Tätigkeit bei der „Kleinen Zeitung“ deutschsprachige Kärntner Lieder im leitete sie 12 Jahre den Carinthia-Verlag und drei Jahre ● Helmut Christian Mayer Fokus. Das mit experimentellen Klängen das Museum Liaunig. Jurist und Kulturjournalist. versetzte Volkslied wird durch Improvisa- Kärntner Liedgut im Dialog tion zu einer neuen zeitgenössischen Infos zu allen Projekten: www.carinthija2020.at mit der klassischen Moderne Ausdrucksform. 20. September, 17 Uhr Doch die „Trennung zwischen uns und Grafenstein, Hambruschsaal www.volksliedwerk.com | Karten: www.jeunesse.at ihr“ gibt es immer noch, meint Marjan

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 57 Slow Walk in Silence. Der britische Konzeptkünstler Hamish Fulton inszenierte 2013 einen Public Art Walk in Bad Kleinkirchheim. Foto: Johannes Puch Sechzehn Kilometer Menschlichkeit Eine Menschenkette verbindet Grenzen zur Begegnungszone.

Kärnten ist ein grenzgebeuteltes Land. westlichsten Punkt der damaligen Demar- Alle Interessierten in Kärnten und darüber Als ein in den 90er-Jahren des vorigen kationslinie der Abstimmungszone A und hinaus sind herzlichst eingeladen, als ein Jahrhunderts Geborener habe ich aller- dem Dreiländereck. Was die Abstim- Kettenglied mitzuwirken. Mit kleinerem dings nur ein vages Verhältnis zu den mungsgrenze damals verband oder eben oder größerem Abstand könnte sich dieses nächstgelegenen Grenzen. Geld wechseln, zu trennen versuchte, wollen die beiden besondere Zeichen auch in diesen beson- im Stau stehen, Passkontrollen oder Lehrenden gemeinsam mit ihren Schüle- deren Zeiten ausgehen. Schmuggelware – alles Gegebenheiten, rinnen und Schülern in die Gegenwart Wie könnte die Zukunft unserer nächst- die im Laufe des Erwachsenwerdens setzen: Grenzen verstehen, respektieren, liegenden Grenzen aussehen? Hoffen wir, immer mehr wie Szenen aus einem aber auch überwinden – und das kollektiv. dass es weniger (Auto-)Stau geben wird,

CARINTHI ja 2020 schlechten Film anmuteten. Das änderte Ein verbindendes Zeichen der Freund- nie mehr Währung wechseln, weniger sich allerdings mit der restriktiveren schaft über die Grenzen hinweg nach Kontrollen, kein Militär, dafür mehr Men- Grenzpolitik der letzten Jahre und zeigte Italien und Slowenien soll entstehen. schenketten des Friedens, runde Tische sich markanter denn je in den Corona- Ursprünglich sollte das ganze Event von zum gleichberechtigten Austausch und Monaten, wo (staatliche) Grenzen wieder einer Reihe Veranstaltungen, wie dem Feste der Freundinnen und Freunde. (Denk-)­Landschaften formen. „Fest der Freunde“, sowie einem gemein- Hoffen wir, dass für die Schülerinnen und Eine ganze Schule, die Landwirtschaft- samen runden Tisch auf der Blekovaalpe, Schüler des LFS Stiegerhof die aktuellen liche Fachschule Stiegerhof, hat sich begleitet werden, was den aktuellen Grenzsituationen einmal wie Szenen aus anlässlich des Kulturjahres „CARINTHIja Umständen entsprechend adaptiert wer- einem schlechten Film wirken werden. 2020“ diesem Thema angenommen. Ihr den musste. Der runde Tisch, der zum Dass sie sich nicht einmal mehr vorstellen Vorhaben ist kein geringeres als am 26. grenzüberschreitenden Austausch auf werden können, wie einfach Menschen- September dieses Jahres eine sechzehn Augenhöhe anregen sollte, wird nächstes leben wegen Linien auf Landkarten aus- Kilometer lange Menschenkette zu bilden. Jahr als permanentes Kunstwerk installiert einanderdividiert werden können. Das alleine wäre bereits ein Mammutpro- werden. Dort können sich dann Wande- ● Markus Waitschacher jekt, gäbe es nicht noch Corona und dessen rinnen und Wanderer während ihrer Rast * 1991 in Klagenfurt, lebt in Graz, wo er am Universal­ museum Joanneum als Kunstvermittler für moderne und Nachwehen, die eine Kette aus Menschen treffen und die Grenze zur Begegnungs- zeitgenössische Kunst tätig ist. Nebenbei arbeitet er als an einer internationalen Grenze noch zone umfunktionieren. freischaffender Kurator. gewagter erscheinen lassen. Direktor Dokumentiert wird das wohl einmalige Johannes Leitner und der Lehrer Martin und außergewöhnliche Vorhaben der Men- Menschenkette Ladinig lassen sich jedoch nicht beirren schenkette filmisch. Dazu braucht es 26. September und bleiben voller Vorfreude. jedoch noch etliche Kettenglieder. Die zwischen dem Mallestiger Mittagskogel und dem Dreiländereck 294 Grenzmarkierungen gibt es zwi- lokalen Gemeinden, der Alpenverein und www.lfs-stiegerhof.ksn.at schen dem Mallestiger Mittagskogel, dem die Schülerinnen und Schüler sind bereit.

58 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Tierisch ernst Wie das UNIKUM den 10. Oktober feiert.

Ein erstes Papiermodell vom Waldrapp aus Rosegg/Rožek für den rollenden Festzug der Tiere durch Kärnten/Koroška. Foto: UNIKUM

Nach reiflichem Zögern hat sich das UNI- geschichtsträchtigen Standorten über die Ochsenschleppsuppe. Der UNIKUM- KUM an den offiziellen Jubiläumsfeier- Bühne geht. Das UNIKUM stellt „Zugtie- Ansatz mag kritisch und ironisch sein. lichkeiten zum Tag der Volksabstimmung re“ in den Mittelpunkt: dreizehn noma- Verstanden werden will man aber doch. beteiligt. Das UNIKUM! Eher hätte man dische und migrantische Arten, die, jede „Wir wollen, dass die Leute etwas mit vor ein paar Jahren darauf gewettet, dass auf ihre Art, Grenzen überwinden. Prä- unserer Aktion anfangen können“, sagt der Wörthersee austrocknet oder der WAC sentiert werden sie auf kleinen, einach- Pilgram. Dass sich Kunst spüren, greifen den Einzug in die Europa League schafft. sigen Autoanhängern in Bad Eisenkappel/ und manchmal sogar schmecken lässt, Ausgerechnet das aufmüpfige Universi- Železna Kapla, Klagenfurt/Celovec und will der Plattenproduzent und Grafiker tätskulturzentrum, dessen treibende Kräf- St. Johann im Rosental/Šentjanž v Rožu. Uwe Bressnik beweisen. Es lässt im te Gerhard Pilgram und Emil Krištof in Die Idee, echte Tiere auszustellen, wurde Rahmen der UNIKUM-Aktion „Ochsen- der Vergangenheit keine Gelegenheit rasch verworfen. „Das könnte man ihnen schleppsuppe“ aus einem Anhänger in ausgelassen hatten, den Regierenden am nicht zumuten. Wir wollten keinen leben- Form ausklappbarer Traktorsitze ausspei- Arnulfplatz die Meinung zu geigen. Beson- den Zoo haben“, sagt Pilgram. Die Zug- sen. Hauptbestandteil dieses Gerichts ist ders, wenn es um das leidige Thema tiere des UNIKUMS sind von Menschen- der Schwanz eines Ochsen. „Mir gefällt „Abwehrkampf“ ging. Mal platzierten sie hand gemacht. der Gedanke der restlosen Verwertung“, vier „goldene Scheißhaufen“ (Pilgram) auf So steuert Natalie Deewan „Finken- sagt Bressnik. Die Ochsenschleppsuppe den Säulen des Landhaushofes um gegen schieber“ bei. Sie hat sich von traditionel- sei das Gegenteil eines verschwenderisch die üppige Subventionierung der deut- len Rechenschiebern inspirieren lassen, aus dem Roastbeef geschnittenen T-Bone- schen Traditionsverbände zu protestieren. die Kugeln allerdings durch Finken ersetzt. Steaks. Die mit Wildkräutern gewürzte Mal machten sie sich mit einer zweispra- Warum Finken? Ausschlaggebend war der Suppe galt lange als traditionelle Speise chigen „Buhštabenzupe“ über die von oben Distelfink. „Er ist durch seine rot-weiß- im Südkärntner Raum. Aus den Speise- verordnete Deutschtümlerei lustig. gelbe Färbung geradezu der Prototyp des karten der Wirtshäuser der Region mag Aber die Zeiten haben sich geändert und Kärntner Vogels“, sagt Deewan. Anhand sie längst verschwunden sein. Doch nun so kam es, dass die UNIKUM-Macher die der Finkenschieber werden die Ergebnis- feiert sie eine Renaissance: Als Symbol freundliche Aufforderung, sich doch mit se der Volksabstimmung in ausgewählten für das bekömmliche Zusammenleben einer gewitzten Aktion zum Jubiläumsjahr Südkärntner Gemeinden dargestellt. Her- zweier Volksgruppen. 2020 einzubringen, nicht mit einem schal- gestellt werden die Referendums-Piepmät- ● Wolfgang Rössler lenden Lachen quittierten. „Erst hatten ze in Belgrad, von einer kleinen Koopera- 39, aus Steindorf am Ossiacher See, lebt in Wien, ist Korrespondent der NZZ am Sonntag. wir keine großen Ambitionen, weil wir tive, die sich auf das Recycling von uns in den vergangenen Jahrzehnten an Plastikabfällen spezialisiert hat. dem Thema ohnehin abgearbeitet haben“, Die junge Villacher Künstlerin Paulina Pullfaktor sagt Pilgram. „Aber dann hat uns doch Molnar wiederum widmet sich in ihrem Wanderausstellung mit den geheimen Wappentieren von 13 Südkärntner Gemeinden. der Hafer gestochen.“ Heuer ist also tat- Beitrag jenen Hunden und Katzen, die an 25.-29. September: sächlich auch das UNIKUM mit im Boot. der Autobahnraststätte Techelsberg aus- Bad Eisenkappel/Železna Kapla Das UNIKUM! gesetzt werden. Weitere Teilnehmer*innen 5.-10. Oktober: Klagenfurt/Celovec sind unter anderen der in Wien lebende 13.-25. Oktober: St. Johann im Rosental/ Šentjanž v Rožu Pullfaktor – Festzug der Tiere nennt sich Lienzer Bildhauer Hannes Zebedin, der eine Aktion von gut einem Dutzend Grafiker und Lehrer Josef Populorum Eröffnung jeweils am ersten Tag um 17 Uhr, Künstler*innen, die zwischen Ende Sep- oder das Künstler*innen-Duo Nika Špan zu sehen dann tägl. 10-17 Uhr. tember und Ende Oktober an drei und Kruno Stipešević.

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 59 Die Welt lässt grüßen Dober Tag. Die Grußmaschine | Pozdravnj stroj. Foto: FriedmannKaufmann Foto:

Tier und Mensch. Katzen – um beim vorschriftsmäßig auszusetzen ist. Außer (verschiedene soziale Gruppen), GRUSS­ Thema zu bleiben – begrüßen uns Men- man ist ohnehin nicht erpicht darauf, allen PARTY (Grüße aus aller Welt), KLEINE schen mit einem Miauen. Untereinander (un)möglichen Leuten die Hand schütteln POETIK DES GRÜSSENS (literarische Tex- pflegen sie durchwegs andere Grußformen, zu wollen. Plötzlich aber scheint etwas zu te), MAN SIEHT SDICH (Überwachungs- angepasst an die jeweilige Situation. Grü- fehlen und der Mangel an Gewohntem kameras), ERZWUNGENES GRÜSSEN ßen, Manifest sozialer Interaktion beim wird erfinderisch durch neue Begrüßungs- (NS-Zeit), DAS ULTIMATIVE GRUSSSE- Menschen, ist selbst im Tierreich diffe- formeln mit teils kuriosen Ausmaßen MINAR MIT PROFESSOR W. renziert ausgeprägt. „Wir ticken sozial kompensiert (Stichwort „Corona-Shake“). identisch wie andere Tiere“, stellt der Grüßen leicht gemacht. Die von Reinhard

CARINTHI ja 2020 Verhaltensbiologe und Wolfsforscher Kurt Grüßen verbindet. Grüßen ist eben doch Taurer konstruierte Maschine lebt von Kotrschal fest. Diese und andere pointier- ein primäres kulturelles Gut. In ihm – so ihrem Publikum und von ihren Mitwir- te Aussagen begegnen uns inmitten der die Initiatoren des Kunstprojekts – „mani- kenden. So zeichnet u. a. Anna Possarnig komplexen Geografie einer künstlerischen festiert sich die ganze Welt der sozialen für die tänzerischen Beiträge verant­ Installation im Rahmen von CARINTHIja Beziehungen. Im Grüßen drücken wir wortlich, Julia Jost, Jani Oswald, Alice 2020. Respekt und Anerkennung aus oder ver- Pechriggl, Eva Schörkhuber, Giustina weigern diese ... wir offenbaren uns selbst Selvelli und Nina Zdouc steuern Literari- Die Maschine. „Dober Tag. Die Grußma- und lernen andere kennen.“ Und so kön- sches bei, die Klangkomposition obliegt schine I Pozdravnj stroj“ ist das von Ulrich nen die Besucher*innen­ in Völkermarkt Manfred Plessl. Sigrid Friedmann beglei- Kaufmann und Werner Wintersteiner im mit Hilfe der Grußmaschine sich und tet das Projekt grafisch. Als „Sprachrohr Jubiläumsjahr initiierte Kunstprojekt, das andere auf ganz neue Weise erfahren – zur besseren Verständigung in Kärnten“ mit seinen Röhrensystemen, eingebauten über Sprachbarrieren hinweg. Die Gruß- legt es seinen Fokus auf die Beziehungen Lautsprechern, Bildschirmen und Schau- maschine mit ihrer Kombination aus zwischen den Geschlechtern und den tafeln ab 18. September in Völkermarkt Sprachrohren und Sprachröhren hat Generationen sowie auf die Begegnung Aufstellung nimmt. Für „Damen und unzählige Grußformeln gespeichert. Sie zwischen den Volksgruppen und das Asset Herren“ allerlei Geschlechts probabel, lädt spielt alle Stückchen, indem sie Film- und der Mehrsprachigkeit. Und so lässt es sich das Objekt im ehemaligen Friseurgeschäft Hörclips, Kurztexte und diverse Hörbei- dann bis Ende Oktober in Völkermarkt am Hauptplatz 10 zu einer lustvollen und spiele abspielt. Über die Maschine tritt bei freiem Eintritt für alle grüßen! lustigen, aber auch durchaus tiefsinnigen die/der Besuchende mit den Mitmenschen ● Andrea Kirchmeir und kritischen Auseinandersetzung mit in Verbindung, indem man/frau in die Kunsthistorikerin und Pädagogin, Mitarbeiterin der Kulturabteilung des Landes Kärnten. dem Grüßen als Ausdruck sozialer Bezie- Röhren redet, schaut und in sie hineinhört. hungen ein. Literarische und eigens für diesen Zweck produzierte musikalische und performa- Dober Tag. Grüßen fehlt. Gerade aktuell hat sich tive Texte halten eine ganze Grammatik Die Grußmaschine | Pozdravnj stroj. Eröffnung: 18. September, 10 Uhr erwiesen, dass Grüßen eine essentielle des Grüßens bereit. Das Röhrensystem Laufzeit bis Ende Oktober, jew. MI & FR 8-16 Uhr Bedeutung in unser aller Leben zukommt der Maschine ist mit Metaphern benannt, Völkermarkt, Hauptplatz 10 und dass, obschon als tägliches Ritual die verschiedenen Schwerpunkten gewid- Weitere Besuche zu den Öffnungszeiten kaum wahrgenommen, der Habitus aber met sind: DER ROTE TEPPICH (Tanz), des Tourismusbüros Völkermarkt möglich. [email protected] dennoch schwer vermisst wird, wenn er HEIMATKUNDE (Workshop und Chor in Zeiten einer Pandemie etwa plötzlich Völkermarkt), ALLE GRÜSSEN ANDERS

60 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 2020 – A Grace Odyssey. Foto: Verein VERUS Ente gut, alles gut oder: Die Wahrheit ist alles, was der Fall sein kann!

100 Jahre Volksabstimmung – ein Anlass, ge- und verlinkt wird?! So werden Ein- alles und alle verändern kann – die Wahr- sich selbst und seine Verdienste mit gebüh- zelereignisse für allgemeingültig erklärt, heit als absolut ephemeres Ereignis. render Größe und Wahn zu feiern und es entstehen Fake News und Vorurteile; Neben dem Film, der wenn das Wetter auszustellen, ein Anlass, sich selbst zu kurz: die Wahrheit ist beeinflussbar. Alles es zulässt im Freiluftkino gezeigt wird, inszenieren und zu zelebrieren. Das Land das in einer Zeit, in der die Kompetenz gibt es ein nicht minder delikates Rah- Kärnten scheut daher keine Kosten und zum Tiefgang und zur (Nach-)Recherche menprogramm: An zwei Abenden konzer- Mühen und schickt – auf Kosten der weitgehend ungefördert bleibt. tieren „The Talltones Extended“ live und Steuerzahler*innen versteht sich – eine Narzisstische Persönlichkeitsstruktu- am 17. September gibt es in Völkermarkt/ präzise ausgewählte, gut vorbereitete und ren, Machtbesessenheit und Größenwahn Velikovec eine weitere Attraktion zu mutige Truppe auf den Mond. Die deutsch- spielen dabei strukturell eine Rolle. Die sehen: Dr. Caranthanus’ Octobermani- slowenische Kärntner Band „The Talltones“ Annahme, man selbst wäre Teil einer pulation – eine patriotische Jahrmarkts­ wird dort nicht nur Fußabdrücke hinterlas- Mehrheit und sei dadurch berechtigt über idiotie mit lebenden Exemplaren! Höchst- sen, sondern gleich ein Volksabstimmungs- eine (vermeintliche) Minderheit und deren persönlich durch Dr. Caranthanus, den denkmal aufstellen, einen Kranz niederlegen Ressourcen (Arbeitskraft, Freiheit, Selbst- Geheimwissenschafter, Heilmagnetiseur, und die eigene Musik im Universum erklin- bestimmung und Kreativität) frei zu ver- Panoptikums- und Cinematographenbe- gen lassen. fügen, ist für Felix Strasser dabei bei- treiber, Patentinhaber des Perpetuum spielhaft: „Größenwahn hat etwas zu tun mobile, Großwildjäger und Experte für das Geht es um die „ERkundung der Univer- mit Minderheiten, die sich für Mehrheiten Unbegreifliche, wird die sibirische Wilde sellen Schönheit“ so befindet man sich halten. Weltweit gesehen stellen beispiels- Olga vor den Augen des Publikums ohne gleich auf höchst philosophischem und weise Menschen, die nur einsprachig Spiegel und doppelten Boden in die echte ebenso ursprünglichem Gebiet. Denn aufwachsen, eine Minderheit dar.“ Deutsch-Kärntnerin Eva verwandelt. schon seit Platon ist der Begriff der Schön- ● Tanja Peball heit unmittelbar mit dem der Wahrheit 2020 – A Grace Odyssey wendet sich geboren in Villach, lebt in Graz, manchmal auch am Weißensee. Dramaturgin und Autorin, Fotografin, u. v. m. verbunden. Macht man sich – wie der diesem Diskurskomplex zu und themati- Verein VERUS in Kooperation mit VADA siert unter anderem die Vergabe von es tut – daran, diese Gebiete zu erkunden Förderungen: „Man sollte, anstatt alle 20 2020 – A Grace Odyssey und schnallt sich dafür den Rucksack der Jahre ein bis zwei megateure und über- Bei allen Terminen wird der Kunst- & Experimentalfilm von Leopold Fuchs & VADA politischen Kritik um, begegnet man ambitionierte Leuchtturmprojekte zu gezeigt. entlang des Weges verschiedensten The- finanzieren, lieber die vorhandene Infra- orien. Allerdings erweisen sich die Fund- struktur stärken und ausbauen und die 17. September: Premiere stücke dazu, was denn Wahrheit, Fake Zweisprachigkeit auf allen Ebenen för- mit Theater + Film + Konzert Theater Zora & Trota Mora & VADA: oder alternative Fakten sind, als alles dern“, hätte Yulia Izmaylova auch schon Dr. Caranthanus’ Octobermanipulation, andere als fix, wie beispielsweise die einen umsetzbaren Tipp für die Zuständi- Prinz Johann in Völkermarkt, 19 Uhr Naturkonstanten – obwohl: aktuelle For- gen an den Geldverteilungshebeln. Film, Hauptplatz Völkermarkt, ca. 20 Uhr „The Talltones Extended“, Step in Völkermarkt, schungen hinterfragen, ob selbst diese Vor diesem Hintergrund ist mit dem ca. 21 Uhr über astronomische Zeiträume hinweg Filmemacher Leopold Fuchs ein Projekt wirklich konstant bleiben. Ergo: schwin- entstanden, das ästhetisch, ideologisch 22. September, Lendhafen Klagenfurt, 19 Uhr delerregendes Gefühl, fallen ohne anzu- und dramaturgisch von Filmen wie „2001 Film + Konzert „The Talltones Extended“, ca. 20 Uhr kommen, kein Fixpunkt in Aussicht. So A Space Odyssey“ von Kubrick, von Frank- weit, so gut, der makroskopische Blick auf lin J. Schaffners Werk oder auch von 25. September, das Treiben der Menschheit. „Operation Ganymed“ von Rainer Erler Kulturgarten , 19 Uhr Im Mikrokosmos erscheint dieses fra- inspiriert ist und sich gleichzeitig von 6. Oktober, k&k in St. Johann im Rosental/Šentjanž v Rožu, 19 Uhr gile und vage Konzept von Wahrheit oft ihnen absetzt. Für wahr Empfundenes, für 9. Oktober, Lepenska šola als glasklar. Kommt es nicht einfach wahr Gehaltenes sowie wahr Gemachtes in Leppen/Lepena, 19 Uhr darauf an, wie, wann, in welchem Medium geben sich hier abwechselnd eine Bühne 15. Oktober, Kulturhaus/Kulturni Dom Cingelc, Ferlach, 19 Uhr und an welchem Ort etwas kommuniziert, – fragil, zerbrechlich, jedoch absolut stark www.wahrhaftig.at | www.carinthija2020.at platziert, gepostet, regepostet, geliked oder und zerstörerisch, ein Augenblick, der

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 61 Die Bildsprache der Volksabstimmung Visuelle Kommunikation um 1920.

„Gedächtnis bzw. Erinnerungen sind keine passiven idyllische Trachtengewand – da war die matland!“ Die Hauptmotive der Werbepla- Erscheinungen, die Menschen widerfahren, sondern gesamte Lobisser-Formensprache, die in kate für die Volksabstimmung auf Kärnt- eine Aktivität; sie sind etwas, das wir tun.“ den Fresken im Landhaus vom sogenann- ner Seite sind hier benannt: Tapfere, ten Abwehrkampf bis zu den Anschluss- kämpfende Männer, treue Frauen, brave fresken festgeschrieben ist, als Werbung Mütter, herrliche Heimat und der Kampf für eine Veranstaltung im Jahr 2015. Es um die Karawankengrenze – und damit Eine ästhetische und kulturelle Irrita­ waren, wie ich später lernte, tatsächlich gegen die Zugehörigkeit zum SHS-König- tion. Meine erste Begegnung mit dem fast dieselben Bilder und Stilmerkmale, reich. Das städtisch-industrielle Kärnten Thema „Abwehrkampf“ und „Volksabstim- die die Propaganda zum Plebiszit 1920 kam in der Propaganda übrigens nicht mung“ begann mit einem Missverständnis begleitet hatten und die seither eine vor. Kaum findet man den slowenischen und einer – anhaltenden – Irritation. Für erstaunliche Longue durée entwickelten. Teil Kärntens abgebildet. Männlich-wehr- ein Seminar über Lobisser und Erinne- haft werden vor allem die Deutsch-Kärnt- rungskultur am Institut für Kulturanalyse „Wo Mannesmut und Frauentreu ...“ Die ner gezeigt, bei der Werbung um die an der Alpen-Adria-Universität war ich im Ästhetik scheint bis heute anschlussfähig slowenischen Kärntnerinnen und Kärntner Herbst 2015 in Klagenfurt und bummelte zu sein: kräftiger, zuweilen kolorierter ist es etwa der Bub, der die Mutter nach

CARINTHI ja 2020 in einer Septembernacht durch die Stadt. Holzschnitt, wenig komplex und differen- dem Kirchgang bittet, für Kärnten zu Das Schaufenster eines Ladengeschäftes ziert in der Darstellung, ein bisschen an stimmen und damit für seine Zukunft. nahm meinen Blick mit (vermeintlich) Kinderbuchillustration aus dem ersten Selbst in dem Begegnungs-Holzschnitt am historischen Ausstellungsstücken, die so Drittel des vergangenen Jahrhunderts Herzogstuhl sind die Sloweninnen und gar nichts mit dem eigentlichen Waren- erinnernd. Auch weitere Schaufensterprä- Slowenen untergeordnet dargestellt. Igno- angebot zu tun hatten, gefangen. „Erstaun- sentationen der Volksabstimmung im ranz und Art der Darstellung nehmen die lich und erfreulich“ dachte ich, „da macht Klagenfurter Stadtgebiet in den letzten bald nach 1920 folgende Marginalisierung ein Bekleidungshaus Werbung für eine Jahren belegen den Befund der Retro- und die Rechtsbrüche der Minderheit Ausstellung über die NS-Zeit in der Regi- Ästhetik, des Verhaftetseins in einer als gegenüber schon vorweg. on“. Der zweite Blick klärte dann, dass es ländlich und heil, trutzig und männlich Dargestellt sind in der Regel Personen eine Auslage des Abwehrkämpferbundes konnotierten Vergangenheit ländlich- oder Personengruppen bei der Feldarbeit, war und es darin um ein gegenwärtiges bäuerlicher Prägung. Diese nun über 100 der Abstimmung oder im Kampf und Ereignis ging, das ich nicht einordnen Jahre tradierte Bildwelt erfährt durch die zuweilen Mythologisches. Die Linienfüh- konnte, um den 10. Oktober nämlich, die ritualhafte Wiederholung eine affektive rung der Abbildungen, seien es Plakate, Volksabstimmung und den Abwehrkampf Ladung; Raum und Zeit tun sich in dem Flugschriften oder Postkarten, war sanfter, – und um die jährliche Feier. Als Nicht- vermeintlich nostalgischen Bild zusam- in Grautönen gefüllt oder farbig, wenn es Kärntnerin konnte ich das inhaltlich nicht men, um überzeitliche Erinnerungen aus- um das Evozieren von Heimatgefühlen einordnen und hatte, das Lobisser-Thema zulösen, Gefühle von Zugehörigkeit und ging. Kantig und hart war sie, wenn der im Kopf, auf die visuellen Reize reflexhaft wohligem Beisammensein. Wort geworden gierig nach der Region greifende „slawi- reagiert. ist diese ästhetische Ausgangslage in der sche“ Feind dargestellt werden sollte. Auch vierten Strophe des Kärntner Heimatliedes ohne den Bildinhalt zu verstehen, vermit- Heimat-heile-Welt-Bilder als Propaganda. (die erst 1930 an das 1822 geschriebene telt sich eine Stimmung, wird eine Stoß- Die werbende Ästhetik war noch die der Gedicht angehängt wurde, hervorgegangen richtung klar. völkischen Zwischenkriegszeit: Da war die aus einem Schreibwettbewerb zum zehn- Die Wahlwerbung für die Volksabstim- Frakturschrift, die bis 1941 die Standard- jährigen Jubiläum des Plebiszits). „Wo mung 1920 war klare Propaganda. Ihre schrift der nationalsozialistischen Propa- Mannesmut und Frauentreu’ | die Heimat Ästhetik geht nahtlos in die Ästhetik der ganda gewesen war, da waren die stereo- sich erstritt aufs neu’, | wo man mit Blut NS-Zeit über. Im Nationalsozialismus über- typen Heimat-heile-Welt-Bilder der frühen die Grenze schrieb | und frei in Not und nahmen nahezu sämtliche Plakate die völkischen Bewegungen, da war der knor- Tod verblieb; | hell jubelnd klingt’s zur Funktion von politischen Plakaten, die der rige Bergbauer, die ländliche Heimat, das Bergeswand: | Das ist mein herrlich Hei- Bevölkerung die Ziele und Wertvorstel-

62 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Volksabstimmung oder „Anschluss“: Bildaufbau und Ästhetik der Heimatpropaganda sind nahezu identisch. Im Zentrum steht die jeweilige Bezugsgröße – je nach Zeit und politischem Ziel die Abstimmungsurne (o. r. Plakat von 1920 dekoriert in einem Klagenfurter Schaufenster 2018), der Herzogstuhl (u. r. 1920, auf einer Briefmarke 1970 reproduziert) oder bei den Landhausfresken zum Anschluss an Nazideutschland 1938 von Switbert Lobisser (oben links). An die Stimmen der Kärntner slowenischen Wählerinnen appelliert die zweisprachige Postkarte von 1920. Fotos: Kärntner Landesarchiv & Andrea Hoffmann

lungen der Machthaber ständig vor Augen oft sind aber die Kärntner Flagge, das widerfahren, sondern eine Aktivität; sie führten. Sie sollten Ideologie sinnlich Kärntner Wappen oder der Herzogstuhl sind etwas, das wir tun. Die Herstellung anschaulich und damit letztlich wirksam sowie eine Wahlurne zu sehen, so dass einer Verbindung zwischen Bild und machen. Die alltägliche Plakatierung diese als emblematisch angesehen werden vergangener Wirklichkeit ist eine echte zeigte die ideologische Durchdringung des können. Typografie und Farbwahl – das Handlung“, beschreibt die Kulturanalyti- Alltags, ein propagandistisches Vorgehen, Gelb-Rot der Landesfahne – werden kon- kerin Mieke Bal diese Prozesse. Dass die das sich seit dem Ersten Weltkrieg durch- sequent angewandt und durchgehalten, überkommenen Bilder noch heute funk- setzte und in den Plakaten der Volksab- ebenso ist eine Uniformierung der Insze- tionieren und sich im fixierten ästheti- stimmung eine erste Blüte erreicht. Der nierung auszumachen: Mann am Pflug, schen Formenkanon gehalten haben, ist Umgang mit Plakat im öffentlichen Raum Mann im Aufbruch als größte Figur, einerseits erstaunlich. Andererseits und seiner Wirkung war ebenso gelernt Frauen und Kinder stets gestaffelt kleiner, scheint in die Erinnerung an die Volksab- wie die ästhetische Formensprache. hilfe- und schutzsuchend. Es wurde ein stimmung ästhetisch auch die Sehnsucht erkennbares Erscheinungsbild kreiert, nach einer Kärntner Idylle eingeschrieben Die CI der Volksabstimmung. Drucker- das sich als Wiedererkennungseffekt unge- zu sein, die es schon 1920 nicht mehr gab. zeugnisse werben für Haltungen, möchten brochen gehalten hat. Die visuelle Kom- ● Andrea Hoffmann Handlungen auslösen, Ideen verbreiten munikation funktioniert bis heute als eine lebt derzeit in Celle/Deutschland, hauptberuflich in der Kulturvermittlung und Öffentlichkeitsarbeit tätig, und vermarkten. 1920 sollten sie die Art Corporate Identity, eine visuelle Iden- Lehr­beauftragte am Institut für Kulturanalyse an der Menschen zu einer bestimmten Abstim- tifizierungshilfe, in der sich das Selbst- Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Schwerpunkte: Erinnerungskultur, Alltagskultur, jüdisches Leben. mung bringen. Schaut man die Aspekte verständnis der Erinnerung an den 10. des Erscheinungsbildes unter dem Para- Oktober 1920 widergespiegelt sieht. digma der Werbung an, so fehlt zwar ein „Gedächtnis bzw. Erinnerungen sind kei- durchgängiges Logo oder Signet, auffällig ne passiven Erscheinungen, die Menschen

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 63 „Dass sich alles irgendwie ändern wird, war mir eigentlich klar.“ Guido Katol im Interview.1

Du hast die erste Jahreshälfte in Kärn­ Für den Betrachter, die Betrachterin ist Du legst einen hohen Maßstab an dich ten verbracht und im ehemaligen Maria- ja immer, in allen Phasen der Bildent­ selbst an ... Lassnig-Atelier im Rahmen von CARIN­ stehung, schon sehr viel vorhanden. Um zu sehen, wo ich mit meiner Arbeit THIja 2020 an deinen „Reflexionen über Womit kämpfst du? stehe, stelle ich immer wieder Vergleiche Anton Koligs zerstörte Fresken“ gear­ Ich habe meistens eine bestimmte Vor- mit anderen Malern an. Hier wird das beitet. Die beeindruckenden Ergebnisse stellung, von der ich dann wieder wegge- „öffentlich“; das ist etwas gefährlich, aber stehen, die Ausstellung im Landhaus he, wenn ich merke, dass es so nicht auch reizvoll und ein weiterer Ansporn. ist eröffnet, du bist zurück in Wien. Wie funktioniert. Dann muss ich radikal Die Qualität der Malerei soll für mich geht es dir nach so einem Großprojekt? ändern, etwas Neues aufmachen, dann stimmen, ich muss mich aber auch in die Es ist eine Art Neuanfang. Ich habe hier muss es in eine andere Richtung weiter- Figuren hineinversetzen können, um im Atelier in Wien einmal Ordnung gehen. Bei den „Reflexionen“ hat sich halt etwas Lebendiges entstehen zu lassen. geschaffen und beschäftige mich mit klei- die Frage gestellt, wie weit man sich Eines der schönsten Komplimente, das neren Arbeiten. Mir ist jedoch klargewor- wirklich vom Ausgangsbild oder den ich jemals bekommen habe, war von Cor- den, vor allem auch durch die Erfahrungen Ausgangsbildern entfernen kann. nelius Kolig: Das hat so etwas Magisches in Klagenfurt, dass ich weiterhin an großen wie bei Rousseau, hat er gemeint. Bei Bildern arbeiten möchte. Ich bin einen Das war eine wichtige Frage in dem Rousseau als Bezugspunkt täte ich mir Schritt weitergekommen in meiner Arbeit, Zusammenhang, du hast ja nach einer allerdings leichter. Von den Farben her das sehe ich deutlich, und es hat mit der Vorlage gearbeitet ... gefällt er mir sehr gut, aber als Zeichner Größe der Arbeiten zu tun und mit der Ja, und ursprünglich war ich auch recht ist er nicht so, dass man sich vor ihm Auseinandersetzung mit dem Raum, der nahe an den Originalen dran, und dann „fürchten“ muss. Bei Anton Kolig ist das in den Bildern bei dem Projekt in Kärnten habe ich aber gemerkt, dass zum Teil allerdings schon der Fall. eine wichtige Rolle gespielt hat. wieder ganz andere Figuren kommen oder „auftauchen“ und das Bild anders zusam- Siehst du dich eigentlich in gewisser Vermisst du etwas? mengestellt werden muss. Ich habe ver- Weise dem Nötscher Kreis zugehörig? Ich bin nun wieder allein mit meiner sucht, das zu unterdrücken, aber es ist Ich denke, ich bin irgendwie „dazuge- Arbeit. In Klagenfurt gab es mehr Besuch, mir immer weniger gelungen. wachsen“. Am Anfang habe ich die Nöt- mehr Austausch, es gab Interaktionen, die scher Maler gar nicht gekannt, und doch direkt in meine Arbeit eingeflossen sind. Was war der spezielle Reiz dieses Pro­ bin schon mit ihnen verglichen worden, Also das Foto zum Beispiel, das von mir jekts, warum hast du die Aufgabe da hat man Einflüsse gesehen. Und sicher gemacht wurde und in der Kleinen Zeitung angenommen? gibt es Einflüsse. Es gibt immer wieder erschienen ist, habe ich dann als Vorlage Zuerst einmal habe ich gedacht, dass unterschiedliche Maler, an die ich denke, für die Figur des Malers im Bild „Kloster- es doch eine große Ehre ist, etwas Beson- wenn ich arbeite, und Anton Kolig kommt gasse“ genommen, ursprünglich hatte ich deres, auch weil mich Cornelius Kolig da auch immer wieder vor. vor, Anton Kolig darzustellen ... gefragt hat. Und dann ging es hier natür- lich auch um Anton Kolig, und ich schät- Bei unserem gemeinsamen „Lokalau­ Änderungen kennst du ja auch von ze ihn sehr. genschein“ im Landhaus ist mir auf­ früheren Arbeiten her – sind solche gefallen – auch bei den Fromiller- Verwerfungen und Neuansetzungen Was interessiert dich besonders an Fresken – dass du diese auf eine rein nicht typisch für dich? seinem Werk, was inspiriert dich? künstlerische, malerische, auch tech­ Im Grunde genommen ja, ich bin im Was mich natürlich interessiert, ist, dass nische Weise betrachtest. Spielt der Zweifel bis zum Schluss. Auch bei der er Körper gemalt hat. Und es gibt Figu- historische Zusammenhang für dich je Ausstellungseröffnung im Landhaus habe renkompositionen auf den Fresken bzw. eine Rolle? ich noch geschaut, ob wohl alles passt und Fotos, die mir schon sehr gut gefallen. Nur Eigentlich weniger. stimmig ist, und – auch das eine schöne habe ich gemerkt: Wenn ich Ausschnitte Erfahrung – ich habe gesehen, dass ich rausnehme, funktioniert es nicht mehr Und dass das Landhaus auch ein poli­ darauf vertrauen kann, dass es bis zum wirklich so wie am ursprünglichen Bild. tischer Ort ist und als solcher auch Termin ein Ergebnis gibt, zu dem ich Dass sich alles irgendwie ändern wird, belastet, im Speziellen der Kolig-Saal, stehen kann. das war mir eigentlich schon klar. wie ist es dir damit ergangen?

64 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Guido Katol im ehemaligen Lassnig-Atelier. Foto: Ferdinand Neumüller

Die Geschichte der Fresken berührt mich nen darstelle, kann das politisch sein. Es bekommen, da hat es mir schon gefallen, natürlich sehr. Aber wenn ich ehrlich bin, kommt auch darauf an, welchen Stellen- im Programm einer Galerie zu sein, die geht es primär darum, was ich mir mit wert man bestimmten Figuren gibt. Früher offen ist, zweisprachig. Anton Kolig ausmache, mit seinen Male- habe ich eine Zeitlang Bilder in Brauntö- reien, mit seinem Werk. nen gemalt, da habe ich dann gehört, dass Ist es aus deiner Sicht auch so, dass ich Bauern male. Oder dass ich mich über aus Kärnten besonders viele künstleri­ Inwiefern hat die Gestaltung des Raums die Dargestellten lustig mache, dass alle sche Menschen kommen? durch Cornelius Kolig eine Rolle Karikaturen sind. Das habe ich selbst nie Ja. gespielt? so gesehen. Ich mag Humor, Witz in den Zuerst habe ich mir gedacht, warum Bildern, aber ich mache mich über nie- Hast du eine Erklärung dafür? sollte ich da eigentlich etwas reingeben manden lustig. Eine Zeitlang habe ich auch Vielleicht reibt sich in Kärnten irgend- in den Raum, der ohnehin so schön und eher ärmere Leute gemalt, Gestrandete, etwas. Das Vermischte, denk’ ich mir, das perfekt ist, und Cornelius, dem ich meine aus dem Hamburger Kneipen-Milieu zum wird vielleicht schon auch dazu beitragen, Arbeiten früh gezeigt habe und der als Beispiel; also, da habe ich mich dann für und vielleicht sind es auch die konserva- Lehrer ebenso wichtig für mich ist wie manche Figuren eingesetzt. In der Art war tiven Leute, die andere reizen, aus sich Maria Lassnig, war nach wie vor ein Kri- auch das Bild, das ich Maria Lassnig 1989 herauszugehen und sich zu äußern. terium. Es war vielleicht ein bissl so wie gezeigt habe. Das war das erste Bild, bei bei einem Porträt-Auftrag, da gibt es auch dem ich mir gedacht habe, das ist eigent- Weißt du schon, wo du am 10. Oktober oft vieles, das ich berücksichtigen muss: lich das, was ich machen will. sein wirst? Mir muss es gefallen, dem Porträtierten Wahrscheinlich in Wien. Ich bin nie muss es gefallen, es soll, wenn es ein Kind War Maria Lassnig irgendwie präsent wegen des 10. Oktober nach Kärnten ist, auch das Kind zufrieden sein, und die für dich, beim Arbeiten in den Räumen gefahren. Mich hat es auch immer gestört, Eltern natürlich auch, und der Cornelius des Ateliers? wenn in Umfragen Leute gefragt wurden: ist vielleicht schon auch so ein Elternteil Nicht wirklich, nein. Also am Anfang Was ist da passiert, am Staatsfeiertag zum [schmunzelt]. war es schon so, dass ich mir gedacht Beispiel, warum begehen wir den und so habe, toll, dass ich dort arbeite, wo auch weiter. Dann gibt es bei den meisten Dem Projekt ist eine gewisse Generati­ Maria Lassnig gearbeitet hat, das ist dann eigentlich von vornherein schon eine onenabfolge ja immanent. aber eigentlich ziemlich verschwunden. Blockade. Dann kann es passieren, dass Ja, und mir gefällt auch, wie Erwin Hir- Da war vor allem der Raum, der mir gefal- einem die einfachsten Sachen nicht ein- tenfelder in dem Buch „Tatort Kolig-Saal“ len hat, den ich mir dann auch angeeignet fallen. Was den 10. Oktober betrifft, bin schreibt, dass Anton Kolig sich auch nicht habe, und in Klagenfurt habe ich mich ich jedenfalls froh, dass ich weiß, was da hat eingrenzen lassen, also dass er keinen eigentlich auch wohl gefühlt. Dass alles war [schmunzelt]. Entwurf vorher an die Landesregierung überschaubarer und auch fußläufig ● Katharina Herzmansky abgeliefert hat, sondern einfach losgear- erreichbar ist, habe ich als Vorteil emp- Mitarbeiterin der Kulturabteilung des Landes, literarischer BRÜCKEnpfeiler. beitet hat. Und was bei den Bildern von funden, vor allem auch während der Anton Kolig auch der Fall ist – ich weiß „Corona-Zeit“. nicht, vielleicht hat das auch mit der Foto- Ausstellungen: Reflexionen über grafie zu tun, mit dem Blitz, der da anschei- Hast du eigentlich einen Bezug zu dem Anton Koligs zerstörte Fresken nend verwendet worden ist, und mit so Thema, das heuer in Kärnten kulturell Guido Katol vielen undeutlichen Stellen –, dass alles und geschichtlich an erster Stelle steht: Landhaus Klagenfurt doch recht geheimnisvoll ausschaut, das zu 100 Jahre Volksabstimmung, zur bis 31. Oktober war für mich eine große Herausforderung. Mehrsprachigkeit oder zum Sprachen­ Elisabeth Wedenig & Studierende konflikt? Museum des Nötscher Kreises Glaubst du eigentlich, dass Kunst, auch Ich bin jedenfalls froh, dass die Sache bis 1. November die „geheimnisvolle“, per se politisch ist? mit den Ortstafeln einmal geregelt ist. Und Die Frage ist, was alles politisch ist. dass ich bei der Galerie Šikoronja ausge- 1 Das Interview basiert auf einem Gespräch im ehem. Lassnig-Atelier in Klagenfurt im Februar 2020 und wurde Wenn ich mich zum Dasein äußere, zum stellt hab’, zu einer Zeit, als es die Galerie aus aktuellem Anlass der Ausstellung „Reflexionen über Menschsein, wenn ich bestimmte Perso- schwer hatte, Landesförderungen zu Anton Koligs zerstörte Fresken“ aktualisiert.

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 65 UNIKUM: Ausschneidebogen des Partisanen­denkmals in Robesch/Robeže. Kultur Denk-Male sei letztlich daran zu messen, „wie sie mit dem Gedächtnis der politischen und moralischen Sinnbilder historischer sowie Katastrophen ... umgeht“. gegenwärtiger Beziehungsgeflechte. Foto: Gerhard Pilgram | UNIKUM

Bedeutungsschwere Male. Von Mal zu machen gegen den totalitären Machtan- ganz Europa!), der gleich die gesamte, Mal auf seinem Lebenswege sieht sich der spruch des „Zeitgeistes“, gegen die Ver- deutsche Kulturgeschichte mit ihrem Mensch, in diesem Jahre 2020 im beson- führungen eines totalen Staates. Reichtum an Sprachen und Traditionen in deren auch der Kärntner Mensch, mit Sämtliche totalen Staaten und die Geiselhaft nahm. bedeutungsschweren Malen konfrontiert: totalitären Ideologien, auf welchen sie Grabmalen, Mahnmalen, Siegesmalen, aufgebaut sind, sehen nämlich ihren Denkmale hüben und drüben. Es gibt Totenmalen, Gedenkmalen, Erinnerungs- Daseinszweck in der Auslöschung der unzählige Denkmäler im Kärnten des malen, Denkmalen. Die Male sind untrenn- persönlichen, familiären und kollektiven Jubiläumsjahres 2020. Römer setzten bar mit dem im Weltall singulären Phä- Erinnerungen der Bevölkerungen in ihrem überall ihre Grabstelen ins Land, Slawen

CARINTHI ja 2020 nomen der menschlichen Kultur Machtbereich und fördern konsequenter- funktionierten ein römisches Säulenkapi- verbunden: Ohne Male erlischt die Erin- weise einen monokulturellen Nationalis- tell um in das Symbol des ganzen Landes, nerung, ohne Erinnerung keine Geschich- mus. So haben es zum Beispiel die rabiaten den „Fürstenstein“, auf dem der jeweilige te, ohne Geschichte keine Kultur. Weshalb Ideologen der Französischen Revolution Landesherr in slowenischer Sprache sei- totalitäre Ideologien jedweder Provenienz durchgesetzt, dass die polyphone Kultur nen Eid zu leisten hatte; in einer Zeit, als auf „Kulturrevolutionen“ setzen; solche des „alten Frankreich“ per Gesetz und Sprachen und Überlieferungen noch nicht kulminieren immer und überall im Ver- unter Gewaltanwendung verboten wurde. als Waffen missbraucht wurden, um eine such, möglichst alle Erinnerungen zu Der öffentliche (oft auch der private) Sprach- oder Volksgruppe gegen eine löschen, die den einzelnen Menschen, aber Gebrauch vordem gleichberechtigter Spra- andere aufzuhetzen. Franken, Karolinger, auch eine Gesellschaft über die zum chen, wie des Bretonischen in der Breta- Bayern errichteten mit ihren Bauten Denk- Popanz erhöhte „Gegenwart“ hinaus mit gne oder des Deutschen im Elsass, wurde Male in Kärnten; und alle heirateten, was den Erfahrungen jener Generationen ver- mit zuweilen drakonischen Strafen geahn- ihre Sprachen betrifft, lustig durcheinan- binden, die vor uns gelebt, geliebt, auch det. Es durfte nur mehr eine einzige der und zeugten Kinder, von welchen die gestritten haben. Denn es sind die Erin- „revolutionäre“ Sprache der „einen“ gleich- Kärntnerinnen und Kärntner des Jahres nerungen, die glücklichen wie die tragi- geschalteten „Nation“ geben. In gleicher 2020 abstammen. schen, es sind die heute scheel angesehe- Weise agierten in Italien der Faschismus Sprachen sind Gnaden, keine Waffen. nen, vielfältigen Traditionen und Sprachen, (siehe Südtirol!), oder in einem monströsen Von Stephan, dem heiligen König von die uns im Ernstfalle innerlich immun Ausmaß der Nationalsozialismus (siehe Ungarn, ist uns ein weises Wort überlie-

66 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 

fert: „Armselig ist ein Reich, in dem nur legitim ist es, Denkmale für Menschen oder und darunter angeordnet die Wappen von eine einzige Sprache gesprochen wird.“ Regime zu errichten, die sich objektiv dem Böhmen, Burgund, Tirol, Altungarn, Kas- Viele Denkmäler, die meisten in Mittel- Hass gegen andere verschrieben haben. tilien, León, Aragon, Granada, Sizilien, europa, erinnern an Tote. Denkmale für Elsass et cetera, et cetera. die Toten der jeweils eigenen Seite. Tote Herz-Land Europas. Das Land Kärnten Orangen aus Sizilien, Granatäpfel aus vergangener Kriege. Allein im Verlauf der befindet sich, wie wir theoretisch wohl Granada, elsässisches Sauerkraut, ur- Isonzo-Schlachten fielen rund eine Million wissen, aber nur selten bedenken, im keltisches Ritschert aus Kärnten ... beden- Soldaten, Österreicher aller Volksgruppen, Herzen Europas. Gibt es für diese gerade ken wir, angesichts dieses Denkmales, in Ungarn, Italiener. In den Kämpfen um die für Kärnten eminente kulturhistorische welchem immensen historischen Bezie- Grenzen Kärntens kamen dann insgesamt Tatsache nicht wenigsten ein Denk-Mal hungsgeflecht Kärnten lebte (und, Gott an die 500 Menschen zu Tode. Das 20. an einer frequentierten Stelle? sei Dank, eigentlich immer noch lebt), Jahrhundert, voreilig gepriesen als Epoche Doch, ein solches zum Denken und obgleich der Virus „nationaler“ Ressenti- des „Umbruches“, der endlich erlangten durchaus zu einem authentischen patrio- ments durch einige Jahrzehnte in der Selbstbestimmung der Menschen und der tischen Fühlen anregendes Mal passieren Bevölkerung das Bewusstsein für die jungen Nationen, des Aufbruches, des wir täglich, wenn wir die Klagenfurter echten Traditionen dieses gesegneten Nationalbewusstseins, war, bislang (aber Wiener Gasse am Heuplatz verlassen. Es Landes beinahe gelöscht hätte. wir werden noch sehen ...) das mörde- handelt sich um die Replik des steinernen Dennoch, Kärntens Denkmale, die from- rischste überhaupt. Wappenschildes, das im 16. Jahrhundert men wie die traurigen, nicht zuletzt die Es ist legitim und menschlich, den Toten über dem später abgerissenen Wiener Tor kulinarischen, zwischen Frigga und gegren- (allen Toten ...) Ehrerbietung zu erweisen, angebracht worden war. Da wird es vor delten Nudeln, leben in uns weiter; frei ihnen als Zeichen der Pietät Denkmale unseren Augen wahrnehmbar: Kärnten und ungeteilt, so wie Kärnten anno 2020. aufzurichten. Aber eben allen Toten, denn als geographisches und historisches Herz- ● Bertram Karl Steiner den Toten sind im Augenblick ihres Hin- Land Europas. Im Zentrum des Schildes * 1948 in Niederösterreich, lebt und arbeitet in Kärnten, studierte Geschichte und Romanistik in Wien, verweilte scheidens von allerhöchster Autorität die sehen wir das Kärntner Wappen, gemein- als Lehrbeauftragter für österreichische Zivilisation an irdischen Ausweise entzogen worden, wel- sam mit jenem von Kärntens siamesi- der Universität Brest in der Bretagne, war Kulturchef der Kärntner Tageszeitung, ist Verfasser mehrerer Bücher che sie dieser oder jener Volks- oder schem Zwilling durch die Jahrhunderte, über Kärnten. Sprachgruppe zuweisen würden. Nicht dem Herzogtum Krain. Darüber, daneben

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 67 Johannes Puch: aus der Serie „Trash & Treasures“. Foto: Johannes Puch

Heimat: ein Minenfeld Das lange Scheitern an einem kurzen Wort.

Es ist ein kurzes Wort. Aber die Ge- schen ein Bleiberecht, das seine Existenz den Klischees produziert. Und wieder wird schichte der gescheiten und gescheiterten bis zu einem gewissen Grad bürokratisch­ der Mensch um seine legitime Sehnsucht Definitionsversuche ist lang: Heimat. Kaum legitimierte. Das System intervenierte in betrogen, seinen Ort in den Funktionsräu- ein Begriff ist von seiner Intension her so die Lebenswelt und unterwarf naturrecht- men des Empire zu finden. Heimat wird zu vage, kaum einer in seiner Extension so liche Selbstverständlichkeiten der Deu- einer Kategorie des Verlusts, zum Topos unfassbar. Ja, und Heimat ist in der Um- tungshoheit seiner Macht. Nicht zufällig unerfüllbarer Sehnsucht; positiv nicht strittenheit seiner Bedeutung ein Spezifi- fällt diese Verrechtlichungstendenz mit mehr formulier- oder imaginierbar. Paso- kum der deutschen Sprache. Jedes Lexikon der Ausprägung des bürgerlichen Rechts- linis Freibeuterschriften beklagen ange- und jedes Wörterbuch wird auf diese staates und der beginnenden Moderne sichts des Furors der Moderne den Verlust

CARINTHI ja 2020 uniqueness des Begriffs hinweisen. Im zeitlich zusammen. Plötzlich eröffnet sich der bäuerlichen Welt der Friaul. Ernst Duden wird Heimat dem Wortschatz des eine (macht-)politische Dimension des Bloch assoziiert im amerikanischen Exil Goethe-Zertifikats B1 zugezählt und somit Heimat-Begriffs. Das System, der Staat Heimat mit Kindheit und Zukunft, als zu einem Kompetenzkriterium für den bemächtigt sich einer lebensweltlichen Vision eines Prinzip Hoffnung, das sich Fremdsprachenerwerb. Denn keine ande- Kategorie, die sich politisch instrumenta- dynamisch entwickelt und als unerfüllba- re Sprache kennt die Tücken, die dieser lisieren lässt. Zeitgleich beginnt die Idee res Begehren dem Menschen Sinn verleiht. Begriff im Deutschen bereithält. des Nationalstaates zu keimen. Heimat ist In der Literatur wird Heimat ex negativo Zunächst einmal, auf einer ersten Ebe- nicht mehr länger konkreter Ort, sondern neu definiert. Franz Innerhofer, Werner ne definitorischer Annäherung scheint wird räumlich-territorial definiert; – als Kofler, Josef Winkler oder Gernot Wolfgru- alles klar: Heimat wurzelt in der familiären Machtbereich, dem der/die Einzelne sich ber – um nur einige zu nennen – haben Dimension des Wortes Heim. Da gibt es einzuordnen hat. Heimat wird zu einer sich mit Heimat auseinandergesetzt, auf noch Übereinstimmung mit einem ähn­ flexiblen, mobilisierbaren Kategorie. die traumatischen und traumatisierenden lichen Begriff in anderen Sprachen: dem Aspekte hingewiesen und große Literatur englischen homeland, dem slowenischen Die Unschuld geraubt. Für diese Heimat geschaffen. Aber auch für Peter Handke domovina, dem ungarischen szülöföld oder sterben im Verlauf des 20. Jahrhunderts war Heimat als emotionale Defiziterfahrung auch dem italienischen patria. Während Millionen Menschen – tausende Kilometer Ansporn für seine Selbsterlösung in der im Slowenischen und Englischen Heimat von der Heimat entfernt, in der Fremde. Poesie. Einzigartig aber und unvergleich- noch konkret mit dem Heim assoziiert ist, Und Millionen, deren Heimat sich der lich: Gert Jonke. Er hat mit dem Hauptplatz, ist im Ungarischen oder Italienischen Prophezeiung zufolge erst in der Wurzel- auf dessen Bühne sich der Geometrische die Familie das Definiens: Elternland im losigkeit ihres Wanderns offenbaren sollte, Heimatroman abspielt, eine Metapher Ungarischen, Vaterland im Italienischen. werden zum „Schutz“ einer fragwürdigen geschaffen, die als Definition von Heimat Und dieser Vater ist ein direkter Nachfahre­ „Heimat“ ermordet. Und damit wurde der gelten kann: auf den ersten Blick problem- des griechischen oikos despot, Echo aus Heimat die Unschuld geraubt. Heimat los zu queren, beim Abwägen aller Konse- einer tribalen Epoche der Menschheits­ wurde zu einem Unwort, unlösbar asso- quenzen aber niemals gefahrlos zu betre- geschichte. ziiert dem Holocaust und den Kriegsver- ten – ein Minenfeld eben. Die begriffliche Schwierigkeit mit Heimat brechen der deutschen Wehrmacht. ● Reinhard Kacianka beginnt mit ihrer sozialpolitischen Ver- Gleichzeitig wurde Heimat zum Lieb- * 1957, Kulturarbeiter, Übersetzer und Kulturwissen- schaftler an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt; rechtlichung im deutschen Sprachraum: lingssujet der Kulturindustrie. Wieder seit 2009 PhiloCafétier im raj in Klagenfurt. Erst das Heimatrecht gewährte dem Men- wird der Begriff prostituiert. Wieder wer-

68 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Marko Lipuš: Fotocartoon, 2020. Der Künstler wurde 1974 in Bad Eisenkappel/Železna Kapla geboren, lebt und arbeitet in Wien. Sein Schwerpunkt liegt auf experimenteller transformativer Fotografie, mit unterschiedlichen Interventionen entstehen neue Formen der Sichtbarkeit. 2018 veröffentlichte er den Bildband „Kratzungen blau“. www.markolipus.com Foto: Marko Lipuš

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 69 Als die Priester gehen mussten Der Ausgang der Volksabstimmung 1920 brachte einen gewaltigen intellektuellen Aderlass für die katholische Kirche mit sich.

Vor bald 120 Jahren schrieb sich ein würden sich diese anziehen, ohne zu Gregor Einspieler, der von aufgebrachten kleiner Kärntner Landpfarrer in eine wissen, was sie erwarte. „Es ist gerade so Deutschkärntnern in einen Wagen gezerrt, Reihe mit René Descartes, Heinrich Hei- unüberlegt, als wenn sich jemand in der an die Grenze gebracht und auf die ande- ne und Immanuel Kant. Zumindest im Fülle seiner Kraft verpflichten würde, das rer Seite gestoßen wurde. Auch Xaver negativen Sinne, aus Sicht seiner Chefs ganze Leben eine Aufgabe zu leisten, die Meschko, populärer Pfarrer in Maria Gail in Rom. „Nostra maxima culpa!“, „Unsere er eben nur zur Zeit des Gelübdes leisten und Autor von Kinderbüchern („Das Para- große Schuld!“, man beachte das Ausru- kann.“ Im Übrigen würden sich viele dies auf Erden“, „Der kleine Zigeuner“) fezeichen, hieß ein Traktat des Leiflinger ohnehin nur an das Gebot Ehelosigkeit musste das Land verlassen – gegen den Seelsorgers Anton Vogrinec, das es als halten, auf die sexuelle Enthaltsamkeit Willen seiner Kirchengemeinde, wie Mal-

CARINTHI ja 2020 eines von ganz wenigen Büchern eines aber pfeifen. Das war Anno 1904 zu viel le zu berichten weiß. katholischen Geistlichen auf den berüch- Ehrlichkeit eines Landpfarrers. tigten Index librorum prohibitorum, das Vogrinec musste widerrufen und ver- „Vertreibung aus dem Paradies.“ Wäh- Verzeichnis der verbotenen Bücher schaff- sprechen, sich künftig mit Wortmeldungen rend sich die Kirchenführung in Gurk und te. Die Inquisitoren in Rom verfügten, zurückzuhalten. Tatsächlich gehörte er Klagenfurt im Zuge der Volksabstimmung dass brave Katholikinnen und Katholiken einige Jahre später, als das Gros der slo- für den Verbleib Unterkärntens bei Öster- die Griffel von dem Buch zu lassen hätten, wenischsprachigen Pfarrer in der Abstim- reich stark machte, mobilisierte der slo- schon Lesen wäre Sünde. mungszone auf Konfrontationskurs mit wenische Landklerus im Abstimmungs- der Kirchenführung in Gurk ging, zu den gebiet durch die Bank für Jugoslawien. Einen „slowenischen Revoluzzer“ nennt leiseren Stimmen. Aber auch Vogrinec Laut Malle ging es ihnen zum einen um der Klagenfurter Kirchenhistoriker Augus- machte kein Geheimnis daraus, dass er den Erhalt der slowenischen Sprache im tin Malle Vogrinec. Heute würde er als einen Anschluss an Jugoslawien befür- Unterricht – eine Errungenschaft, die sich moderater Linkskatholik durchgehen, worte. Nach dem Plebiszit bekam er die durch deutschnationale Tendenzen viele seiner Anregungen sind längst katho- Rechnung serviert. Wie Dutzende andere bedroht sahen. „Sie befürchteten, dass mit lischer Mainstream. Vogrinec plädierte slowenische Pfarrer, Lehrerinnen und dem Verlust der Muttersprache der Verlust für ein entspannteres Verhältnis der Lehrer musste er das Land verlassen. des Glaubens einhergehen könnte“, so Kirche zu den Protestant*innen sowie zur Der Ausgang der Volksabstimmung 1920 Kirchenhistoriker Malle. Ebenso stark Sozialdemokratie (für die er selbst ver- führte zu einem beachtlichen intellektu- standen viele aber unter dem Einfluss mutlich gewisse Sympathien hegte), für ellen Aderlass im Klerus des gemischt- zahlreicher Überfälle der Deutschkärntner weniger Latein in der Predigt und einen sprachigen Gebiets. An die vierzig Priester, Volkswehr auf Pfarrhöfe im slowenisch- entstaubten Religionsunterricht in der die sich zuvor allzu deutlich für Jugosla- sprachigen Gebiet. Schule. Was die Mächtigen in Rom aber wien ausgesprochen hatten, verloren ihren Eines der Opfer aufgebrachter Milizen besonders auf die Palme versetzte, war Posten. Sie wanderten entweder freiwillig war beispielsweise der Eberndorfer sein Lästern über den Zölibat, den er als nach Slowenien aus oder wurden gewalt- Pfarrer Matthias Randl. Im Juni 1919 „Zwangsjacke“ bezeichnete. Junge Priester sam deportiert wie der Probst von Tainach, wurde seine Kirche von Deutschnationalen

70 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Johannes Puch: aus der Serie „Trash and Treasures“. Fotos: Johannes Puch

geplündert: Nebst allerhand anderer wert- voller Gegenstände seien „sieben silberne vergoldete Reliquienkreuze samt Reliqui- en“ sowie „drei Kelche, zwei davon ganz in Silber und erst neu vergoldet“ geraubt worden. Mit den Kelchen hätten die Unhol- de daraufhin im Wirtshaus angestoßen und Todesdrohungen gegen slowenische Priester ausgestoßen, denen man „den Kopf abschneiden und Riemen vom Leibe ziehen“ sollte. In ihrer Klage über die Untaten der österreichischen Truppen saßen viele slowenische Pfarrer ironischerweise einem fatalen historischen Irrtum auf. So kam laut Malle in den Kirchenchroniken dieser Zeit immer wieder die Warnung vor dem Kommunismus auf – wohlgemerkt für den Fall des Verbleibs Unterkärntens bei Österreich. Tatsächlich kam es bekanntlich umgekehrt. Und viele Pfarrer, die nach der Volks- abstimmung nach Slowenien emigrierten, wurden zeit ihres Lebens nicht mehr so recht froh. Vor allem die weniger promi- nenten Geistlichen seien als Flüchtlinge jenseits der Karawanken recht kühl emp- fangen worden und in die hintersten Teile des Landes versetzt worden. Malle: „Einige haben erzählt, dass sie aus dem Paradies vertrieben worden sind.“ ● Wolfgang Rössler 39, aus Steindorf am Ossiacher See, lebt in Wien, ist Korrespondent der NZZ am Sonntag.

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 71 Katzen wir es uns aus Erstveröffentlichungen.

Lukas Meschik. Foto: Maximilian Payer

Hund wurden all diese Erfolge vom entspannten sie eine gewisse Schutzbedürftigkeit aus, Schnurren unserer Katzenhelfer. sodass sich die Anwesenden sozusagen Ein U-Bahn-geübter Hund Setzt sich routiniert im beiläufigen Bemuttern der Katze ver- In sein Körberl am Sitz Immer wieder gab es Versuche mit ande- brüdern. Als wär er daheim ren Tieren. Vielversprechende Ergebnisse konnten mit einem Milchkalb erzielt Die positiven Auswirkungen einer leichten Behaglich rückt er sich zurecht Seine Lider werden schwer werden, dem die anwesenden Verhandler Allergie sind erwiesen. Nicht selten, dass Die Besitzerin krault ihn abwechselnd die Flasche geben mussten. ein Niesreiz im passenden Moment zu Ohr für Ohr in den Schlaf Ein solches Tier jedoch ist nicht immer allgemeiner Erheiterung führt und einen Die Augen geben auf verfügbar, auch besteht die Gefahr, dass Moment peinlicher Stille durchbricht. Und fallen der eigentliche Grund für die Zusammen- Niesende Staatsmänner werden nicht so Ihm kunft mit der Anwesenheit eines so beson- ernst genommen, wie es für offen ausge- Zu deren Wesens in den Hintergrund tritt. tragene Feindseligkeiten eigentlich gebo- VORLESE.PRVO BRANJE Gern wird auf Hasen, Meerschweinchen ten scheint. Wohlgemerkt sollte es nur und andere Nager zurückgegriffen, die eine leichte Allergie sein, denn ständiges jedoch rastlos bleiben und eine Unruhe Niesen und unappetitliches Hochziehen Verhandeln mit Katzen befördern. Hundewelpen oder Vogelküken von Rotz zerstören den Redefluss. (Von Die Welt ist eine andere geworden, sind Ausnahmen. Die Katze ist und bleibt haarlosen Katzenarten mit ihren unüber- seitdem wir mit Katzen verhandeln. In das Basistier, auf das unsere neue Ver- sichtlichen Hautlappen raten wir aus den Hinterzimmern der Diplomatie gehört handlungskultur geeicht scheint. ästhetischen Gründen ab.) Das Weiterrei- es längst zum guten Ton, bloß dann das Ihre Entschleunigungsleistung ist chen einer Taschentuchbox hat schon so Wort zu ergreifen, wenn es beim Streicheln beachtlich. Katzen haben die seltene Gabe, manche Freundschaft gestiftet. einer Katze geschieht. Ein solches Tier auf sich sofort zum Mittelpunkt des Gesche- Der Siegeszug der Katzenverhandlung dem eigenen Schoß macht die Aussagen hens zu machen, ohne jedoch etwas darauf scheint nicht mehr aufzuhalten, längst wohlüberlegt und dämpft das erregte zu geben. So unbeeindruckt wie eine findet sie Einzug in die Regionalpolitik. Wo Gemüt. Niemand will schließlich die Kat- Katze muss man erst einmal sein. Rasch es möglich ist, wird eine Katze angeschafft; ze verstören oder – falls sie bereits einge- wird ihre Anwesenheit zur unwiderspro- und es ist immer möglich. Auf Bürgeraben- döst ist – aus ihrem sanften Schlummer chenen Tatsache. Gleichmäßiges Strei- den wandert die Sprechkatze im Kreis, als hochschrecken lassen. Uns allen leuchtet cheln schenkt Gelassenheit, wer dabei Pendant zum überholten Redestab. Die ein, dass diese unausgesprochene, doch Böses von sich gibt, wirkt lächerlich. Aussagen bleiben schonend und sachlich. gelebte Katzenpflicht, den Weltenlenkern Hin und wieder vernimmt man noch Das professionelle Katzenhandling geht in das Ausverhandeln von Kompromissen den Einwand, dass es doch Markenzeichen den allgemeinen Sprachgebrauch über: sehr erleichtert hat. des Bösewichts sei, eine – möglichst Katzen wir es uns aus wird zum geflügelten Seitdem wir mit Katzen verhandeln, üppige – Katze auf dem Schoß zu haben, Wort. Wir befinden uns im Zeitalter der wurde der Nahostkonflikt gelöst, hat Russ- während er seine diabolischen Welterobe- Katze. Handelt es sich dabei um eine Uto- land die Krim zurückgegeben, gelang die rungspläne erläutert. Wir alle haben das pie oder um eine Dystopie? Jedenfalls leben Wiedervereinigung von Nord- und Südko- Bild des glatzköpfigen Superschurken vor wir in einer anderen Welt. rea. So mancher seit Generationen schwe- Augen. Dabei handelt es sich um medial ● Lukas Meschik lende Konflikt konnte friedlich bereinigt vermittelte Wahrheiten, die der Überprü- * 1988 mit Kärntner Wurzeln in Wien, veröffentlichte Romane und Erzählungen. Teilnahme am Ingeborg- werden. China entließ Hongkong aus seiner fung durch die Wirklichkeit nicht stand- Bachmann-Preis 2019. Zuletzt erschien von ihm 2019 starren Klaue. Die Grenzen Afrikas sind halten. Das sind reine Filmbilder. sein Vaterbuch [siehe DIE BRÜCKE Nr. 14, S, 65], im Oktober 2020 erscheint sein erster Lyrikband Planeten, nicht mehr wie mit dem Lineal gezogen, Alles hängt ab vom Charakter der Katze. beides im Innsbrucker Limbus Verlag. ehemalige Kolonialmächte leisten bereit- Unser größter Dank gilt den Züchtern und willig Reparationszahlungen. Es ist schwer, vor allem den Erziehern jener gutmütigen Lukas Meschik: Planeten beim Streicheln einer Katze, jemandem Exemplare, die für gelingende Sitzungen Lyrik, Limbus Verlag den Krieg zu erklären. Einer der letzten unabdingbar geworden sind. Katzenstolz 96 Seiten | 15 Euro verbliebenen Kriege, die noch geführt ist sprichwörtlich, darf aber nicht zu weit erscheint am 7. Oktober werden, ist jener gegen den Hunger. Dabei gehen. Wir brauchen sie genügsam, behä- zieht die Welt an einem Strang. Begleitet big und zutraulich. Idealerweise strahlen

72 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Untertieren Ein Corona-bedingtes Textprojekt in Verbindung von Text und Bild und Sound.

Andrea Drumbl-Menzinger. Foto: privat

Das Tier niemals hatte dieser zurückgegriffen, das fällt und nicht mehr hochkommt. Alles in müsste es ja spüren, diesen Himmelsgriff diesem Loch ist weiß, alles ohne Farbe. Das Tier hält uns in seinem Kranz, direkt um den Hals, diesen Würgegriff, so Die Wände in diesem Loch sind weiß, selbst einem Einatmen ohne hatte es die Mutter gesagt, dass er einen diejenigen, die in dieses Loch gefallen sind, Ausatmen gleich, würgen würde, bis man keine Luft mehr sind weiß. Alles an ihnen ist weiß, weil sie einem Sprechen ohne Sprache, bekäme. Das Kind glaubte der Mutter nicht, die weiße Farbe übernommen haben. Es die Escape-Taste der Zeit im Körper der es glaubte ihr nicht, es glaubte ihr nicht ist denjenigen, die in dieses Loch gefallen Fremdkörper: nur das mit dem Himmel und dem Würgen sind, nicht möglich, das Weiß zu überma- nicht, es glaubte ihr auch nicht, dass es len, weil es ihnen an anderen Farben Muttersprache ein Engel war, der in der Nacht zur Mutter mangelt. Sie schneiden sich ins Fleisch, kam und ihr in die Unterhose griff. Das doch auch ihr Blut fließt weiß, auch all die hatte das Kind gesehen, damals, als es anderen Flüssigkeiten und Ausscheidun- Mut/ter/tag, der nicht schlafen konnte und die Zimmertür gen von ihnen sind weiß. Alles ist weiß, VORLESE.PRVO BRANJE Eine literarische Annäherung an Valie der Mutter öffnete. Da sah es die Mutter und deshalb sind dieses Loch und dieses Exports „Geburtenmadonna“ (1976) und mit noch einer Gestalt als eine Gestalt. Das Weiß darin tödlich, und der Tod würde ihre „Aktionshose Genital Panic“ (1969) Kind glaubte der Mutter nicht, denn Engel denjenigen, die in dieses Loch gefallen schnauften nicht wie Pferde und grunzten sind, aus diesem Kinoleinwandweiß sofort Eins nicht wie Schweine, und Engel waren auch an die Gurgel springen, wenn sie ihn lie- nicht nackt, Engel waren gute Wesen in ßen. Oder er würde sie lähmen, weil er ein Der Mond ist ein Tier, glaubte das Kind, einem weißen oder goldenen Gewand, sehr farbloser und deshalb ein sehr tödli- als es auch noch an den lieben Gott glaub- solche Engel hingen zumindest in der cher ist. Doch dann sind da die Menschen, te, bald erkannte es jedoch, dass der Mond Kirche, in die es jeden Sonntag mit der die vor der weißen Kinoleinwand sitzen hinter dem Punkt am Satzende auch nur Mutter ging, um dem jungen Pfarrer zuzu- und warten, meistens harmlos, doch nie- eine einsame Sache war. Der Mond und hören und ihn anzuschauen, denn dem mals unschuldig, nicht hier. das Kind und das Tier. Kind gefiel der Pfarrer ungemein, und es Genital Panic. Genital Panic. Genital Das Kind wollte kein Kind mehr sein, war auch ein bisschen verliebt in ihn, aber Panic. Peng. wollte endlich erwachsen sein oder zumin- das sagte es niemandem, denn in der ● Andrea Drumbl-Menzinger dest größer, wollte ein Teenager sein und Schule wurde man ausgelacht, wenn man geboren 1976 in Lienz, aufgewachsen in Kötschach- Mauthen, studierte Deutsche Philologie und Vergleichen- wie ein Teenager den ersten Frühling sich in jemanden verliebt hatte, und des- de Literaturwissenschaft an der Universität Wien. Sie ver- erleben, bewusst erleben, wollte das erle- halb verliebte es sich in der Schule lieber öffentlichte Texte in Zeitschriften und Anthologien. Das Vorwort zu ihrem ersten Roman, „Die Vogelfreiheit unter ben, von dem immer alle schwärmten, gar nicht. Aber das, was da in der Nacht einer zweiten Sonne, weil die erste scheint zu schön“ wollte diesen schweren und doch so leich- zur Mutter kam, wenn diese eigentlich (Edition Atelier, 2013), verfasste Josef Winkler. 2014 erschien der Roman „Narziss und Narzisse“, 2015 folgte ten Rausch in der Luft und im Blut und im schlafen sollte, war kein Engel. Engel mit „Die Einverleibten“ der bislang dritte Roman. Die Autorin erhielt bereits mehrere Preise und Auszeichnun- Schoß auch endlich spüren, wollte ihn deckten einen zu und zogen einen nicht gen, darunter den Kärntner Lyrikpreis der Stadtwerke Kla- spüren, diesen Orgasmus, obwohl es nicht aus. Ein Engel war das nicht. Niemals. genfurt (2010), das Jahresstipendium des Landes Kärnten (2012) und zuletzt, für das Romanprojekt „Honeymoon“, wusste, was ein Orgasmus war, aber es Aber was war es dann? War es der Teufel? den Theodor-Körner-Preis für Literatur (2019). Andrea hatte das Wort schon von Leuten gespro- Aber konnte sich die Mutter so irren, Engel Drumbl-Menzinger lebt mit ihrer Familie in Wien. chen gehört, und es hatte die Überraschung und Teufel nicht mehr auseinanderhalten? und das Flüstern in diesen gesprochenen Als der Vater noch da war, war alles anders, Die hier veröffentlichten Texte sind Teil des Projekts Worten gehört, und deshalb musste es ein besser. [...] „Untertieren“, das die Autorin in unterschiedlichen Medien verstreut publiziert. Das Gedicht „Das Tier“ erschien unter besonderes Wort sein. Und ein besonderes dem Motto „Virusfreie Zone nicht betreten“ in: Die Presse, Gefühl. So wie Hände haltend durch Gräser Zwei Spectrum, vom 21./22. März 2020. Der anlässlich des 80. Geburtstag von Valie Export entstandene Prosatext laufen vielleicht oder so wie zu den Wolken „Mut/ter/tag, der“ ist hier erstabgedruckt. greifen, um die schönsten vom Himmel zu Wenn sich die Zähne am Speichel verbei- Redaktion: Katharina Herzmansky holen. Die Mutter sagte einmal, wenn einer ßen, musst du beginnen, aufwärts zu nach dem Himmel greift, dann greift dieser schlucken, nackt, singend, halbmondsüch- irgendwann zurück. Seitdem griff das Kind tig, denn weiße Kinoleinwände sind die jedes Mal, wenn ihm das einfiel, dorthin, tödlichsten. Weiße Kinoleinwände sind so wo es den Himmel vermutete, aber noch tödlich wie ein weißes Loch, in das man

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 73 74

DIEBRÜCKENr. 19|Brückengeneration 5 BUCH.TIPPS „Lesen Siegefälligst!“ und im E-Mail Ihren vollständigen Namen und Postadresse angeben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Viel Glück! ausgeschlossen. ist Rechtsweg Der angeben. Postadresse und Namen vollständigen Ihren E-Mail im und Buchtitel und Autor den Betreff Als VERLOSUNG –SOFUNKTIONIERT’S: 3 Exemplare |29,80 Euro 296 Seiten Foundation | Verlag Walther König, 2020 Hans Werner Poschauko für die Maria Lassnig & Pakesch Peter Obrist, Ulrich Hans von Hrsg. an Hans Briefe Maria Ulrich Lassnig: Obrist ben“ inihrementlegenenAtelierhaus. schen urbanerKunstweltunddem„Landle- teilhaben, sondernauchanihremAlltagzwi- Malerei oderaneinerPolemikzurFotografie ihren BriefpartnernichtnuranGedankenzur fen undUnwägbarkeiten.MariaLassnigließ Reflexion undExistenz,inderenHöhen,Tie- geben einenEinblickinihrekünstlerische geschriebenen BriefevonMariaLassnig te. Diehiererstmalsveröffentlichten,hand- gemeinsame Ausstellungs-undBuchprojek- chem AustauschüberKunst,Literaturund den zwanzigJahrelanginfreundschaftli- ... undderKuratorHansUlrichObriststan- Maria Lassnig ca. 250 Seiten |25 Euro 250 Seiten ca. Verlag,Katalog, Ritter Sommer 2020 Genossen Zeit Viel Klammer: Richard „Zeitgenoss*innen“ desMalers. gleichzeitig eineHommageandie Entwicklung dieserPortraitserieundist anhand von120ausgewähltenArbeitendie schen Experimentierfeld.DerKatalogzeigt Portraitkunst wiederzumkraftvollenmaleri- aktuellen figurativenMalereiwirdauchdie viduellen Persönlichkeitennach.Inder spürt, trotzstrengemBildaufbau,derenindi- Manier stelltersieaufeinen„Sockel“und Viel ZeitGenossen.Ganzinklassischer Richard KlammerdieModelleseinerSerie Dalí. InimmergleicherPositionportraitiert trait ähnlichzusehen“,meinteSalvador „Modelle solltensichbemühen,demPor- Viel ZeitGenossen 3 Exemplare forderte DIEBRÜCKEVERLOST DIEBRÜCKEVERLOST Peter Handke bei der in Verleihung Klagenfurt seiner Ehrendoktorwürde

Es gewinnen die jeweils ersten E-Mail-Schreiber*innen: [email protected] Es die gewinnen jeweils E-Mail-Schreiber*innen: ersten

3 Exemplare |21220 Euro Seiten Verlag,Wieser 2020 de Carinthia Hermann Rausch: Mario ... sieheDIEBRÜCKENr.12,S.22. aufbrach, umdieGelehrtenweltzuerobern vom heimatlichenAlpen-Adria-Raumaus terlichen GelehrtenHermann,derim12.Jh. fasste Lebensgeschichtedeshochmittelal- ums vondemHistorikerMarioRauschver- Worten beginntdieimStileinesItinerari- meine Geschichteerzählen.“Mitdiesen Gelehrsamkeit zustellen,sowerdeichdir lich ist,meinLebenindenDienstder woher ichstammeundweshalbesmirmög- nen? Wennduaberunbedingtwissenwillst, uns mitGleichgesinntenaustauschenkön- wo wirneueErkenntnissegewinnenund sind wirdennnichtüberalldortzuHause, schaft unsere wahre Berufung gefundenund Heimat? HabenwirnichtinderWissen- „Heimat, meinlieberRudolf,wasistschon Hermann deCarinthia |19,45144 Seiten Euro Keiper Verlag, 2020, Neuauflage Mutter,Meine Sprache meine Bernhard Hüttenegger: E „Wörterbuch derKindheit“. fleisch“ oder„Sauzipf“gehörenzuseinem „Ratzen“, „G’lust“,„hutschituba“,„Weich- die aucheineHerkunftbeschreibenkönnen: Wirklichkeit gestaltetsichdurchBegriffe, lassen, indemichesinWortefasste“.Diese Übersetzung: Etwas„Wirklichkeitwerdenzu Blick desIch-Erzählers,aberauchderen auslösen“. DiealltäglichenDetailssindim terstadt“ nach„Wörtern,dieAssoziationen nach Triestundindie„Vater-Mut- sucht aufseinenReisenandieobereAdria, ein großer,feinerErzähler.SeinProtagonist lage. BernhardHütteneggeristundbleibt Trilogie erlebtimKeiperVerlageineNeuauf- Auch derdritteTeilautobiografischen Meine Mutter, meineSprache lmar Lenhart DIEBRÜCKEVERLOST , K ä rntner Literaturarchiv.

3 Exemplare Erscheinungstermin: 112 |18 Euro Seiten Czernin Verlag, 2020 Wien Weihs: Delilah Sandra nur ganzkurz.“ Kraft indenFlugelnzuhaben,wennauch ihrem LachenauchmeineSorge,keine wenn ichmichrechtentsinne,verflogmit Sorgen undÄngstevergessenließ, mit ihrerUnbekümmertheitansteckteund Lachen, dasjeden,demsieesschenkte, soll-schon-passieren-Lachen, eswardas und Weise.DieersteVariantewardasWas- nach Freiheit:„DelilahlachteindreierleiArt Liebe unddasimmerwährendeBedurfnis Geschichte überFreundschaft,dieerste ihrem zweitenRoman„Delilah“eine in OberösterreichlebendeAutorinerzählt Die inKlagenfurtaufgewachseneundheute Delilah 3 Exemplare |14,9532 Seiten Euro 3Jahren lab Verlag G&G Katze die sagte Komm, Kaufmann: Angelika Lobe, Mira den kann. jeder seinenPlatzindieserbuntenWeltfin- dank gemeinsamerAnstrengungschließlich reitschaft einwichtigesGutistunddass schon kleineZuhörer*innen,dassHilfsbe- Geschichte undhumorvollenBildererfahren Boot. Entlangdereinfühlsamgestalteten (See-)Not Getroffenenineinunddemselben darf mitanBord,sitzendochallevonder anderer Tiere.SogardergefürchteteFuchs orientiert agierendeKatzezumRettervieler Hochwasser wirdeinekreativeundlösungs- nialen DuoLobe-Kaufmann:Beieinem zeichneter Kinderbuchliteraturvomkonge- Nicht neu,abergut,dieserKlassikerausge- kinder.buch.tipp DIEBRÜCKEVERLOST DIEBRÜCKEVERLOST

A ndrea Kirchmeir, ndrea 26. August Pädagogin

3 Exemplare |22,90 Euro 298 Seiten Roman. 2020 Haymon, Richterin Die Lydia Mischkulnig: ● Bann zieht. der dieLesendeninseinen sprachlicher VerveihrenText, entwickelt dieAutorinmit Referenz andasKrimi-Genre verschwimmen. Stilistischmit ihrer ProtagonistininUnschärfe Lydia MischkulnigdasLeben Gründlich recherchiert,lässt Unheimliche wirdalltäglich. zepts werdenbrüchig,das Gewissheiten ihresLebenskon- beiter inAfghanistan.Die tut Gutes:alsRot-Kreuz-Mitar- Bahn‘, hatersichgefangenund zeichen. Wegvonder‚schiefen ben, schickterihreinLebens- hoffnungsloser Junkieaufgege- wieder inihrLeben.Einstals der ‚verstoßene‘BruderKarl schist sein.Unddanntrittnoch nierter Lehrer,könnteeinFeti- ihr GatteJoe,einfrühpensio- beschleicht siederVerdacht, kann. DocheinesTages nach vierzigJahrenebensein eine guteEhe,sogutEhe ohne größereErschütterungen; Ihre EhehältseitvierzigJahren der GerechtigkeitdesRechts. lich aberkommenihrZweifelan rechtskonform urteilen.Plötz- dungen nieleicht,willstets Sie machtsichihreEntschei- das SchicksalvonMenschen. fahren. Sieentscheidetüber Richterin, ExpertinfürAsylver- lings fragwürdig.Gabrielleist routinierte Friedhöflichkeitjäh- kulnigs neuemRoman,wirddie der HauptfigurinLydiaMisch- wird schöngeredet.Gabrielle, reimtheiten ignoriert,dasLeben te werdenverdrängt,Unge- tig inderRoutinerettet.Konflik- lichkeit, dieBeziehungengaller- Paul WatzlawickjeneFriedhöf- Homöostase ermöglichtnach Unheimlich alltäglich

* Reinhard Kacianka 1957,Kulturwissenschafter. DIEBRÜCKEVERLOST 3 Exemplare erscheint am26.August |22 Euro 195 Seiten Müller VerlagOtto Arigato Wiegele: Ursula ● finden. Trümmern desErdbebenszu ten Vergangenheitundden einen Auswegausderbelaste- die einzigeMöglichkeitfürVera, tern undSätzen.“Fantasieist den Himmel,einHausausWör- schreibe mireinneuesHausin zwischen TanteundOnkel.„Ich lich zwischenNonnaundZio, pendelt gedanklichundkörper- lekt –eine„Luftform“.Vera che, sondernderKärntnerDia- deutsch warnichtMutterspra- mit Erklärungen,dennSchrift- Pontebba verstandDeutschnur geschieht imKanaltal.Omain ausgespielt. DasGleiche enische werdengegeneinander auf, dasDeutscheundItali- dert sind).Abneigungentreten 1940 nachKärntenausgewan- sind auchKanaltaler,diebereits zum OnkelnachVillach(beide verschickt VerazurTanteund wird dieFamilieobdachlosund Nach demErdbebeninVenzone Sie erzähltausihrerJugend. Sprachen hin-undhergerissen. Vera alsKindzwischenden deutsch“ wirddieIcherzählerin Halb Italienerin,halb„Volks- schweren ErdbebeninFriaul. Familiengeschichte nachdem Eine berührende,poetische nisch-kärntnerischen Grenze: ten dies-undjenseitsderitalie- diesen RomanihrenVerwand- Autorin UrsulaWiegelewidmet Muttersprache imFriaul.Die kind imAufsatzzumThema gelandet ...“schreibteinSchul- deutschen WörternimFluss „Im KanaltalsindMillionenvon ein neuesHaus Ich schreibemir GabrieleRusswurm-Biro verbandes. Präsidentin des Kärntner Schriftsteller DIEBRÜCKEVERLOST - gangsgedicht istdemTheater verdankt. DasfreigestellteEin sche IchdenMutzumSchreiben fasste Gedichte,demdaslyri memoriam FabjanHafner“ver fen. ImZentrumstehenzwei„in nossenschaft aufeinandertref tende SprachmagieundZeitge und Zartheit,archaischanmu Ganzen verbindet,indemKraft dialektischen wieorganischen verfasst undzueinemebenso re wiederuminbeidenSprachen slowenischer Spracheundande Zyklen indeutscher,andere dern bestimmteGedichteoder zung nebeneinanderstellt,son setzt bzw.GedichtundÜberset mende Autorinnichtselbstüber die ausRosegg/Rožekstam Lyriksammlung vor;wobeisich Kanzian ihredrittezweisprachige Mit „Angst/Strah“legtRezka Sprachkunst 2 Exemplare de/strah-_-angst www.spread-karawanks.eu/ Gratisdownload und Infos: Hermagoras-Buchhandlung 180 Seiten | erhältlich frei in der Hermagoras/Mohorjeva, 2020 Klagenfurt/Celovec, Lyrikband/pesniška zbirka, Kanzian:Rezka Angst/Strah ● Bedeutung zu. dabei besondere,nachhaltige dem gedrucktenBuchkommt turtouristisch vermitteln,und medial aufbereitenundauchkul wenischen Grenzlandesmulti Reichtum desösterreichisch-slo xamoom GmbHdenliterarischen Verein inKlagenfurtund ner GorenjskiGlas,Hermagoras wanks“, mitdemdieProjektpart Tourist –SPreadTheKara tionierten EU-Projekts„SMART Die PublikationistTeildesambi res Erscheinungsbildwünschen. cover einetwasanspruchsvolle Sprachkunstwerk auchimSoft würde demdifferenzierten Einziger Wermutstropfen:Man Franz Blauensteinergewidmet. künstlerischen Wegbegleiter menschen undlangjährigen KatharinaHerzmansky Mitarbeiterin der Kulturabteilung.Mitarbeiterin DIEBRÜCKEVERLOST

------● webt. einen Kelim,miteinanderver- Chronik indirekterRede,wie der indiesemBuchEposund Bühnenautor immerErzähler, Schriftsteller bleibtauchals Geschichte istwahr.“Der chen? KeineAngst.Die chen istvorbei.“–„EinMär- verspricht. DieZeitderMär- kann siekaumhalten,was re Geschichte.Abersoauch erfunden, undesistkeinewah- kann. Esseidenn,duhastsie so, dasssienurtraurigenden „Sie klingtschonvonAnfangan lung „DieObstdiebin“begann: te, dieinHandkesletzterErzäh- Fortschreibung einerGeschich- kehrt, istZdeneˇk Adamecdie „Die Wiederholung“wieder- möglicherweise schönstenBuch anderen Narrationausseinem Protagonist Gregorineiner Drama „ImmernochSturm“der ner Tragödie.WieinHandkes erzählen immerwiedervonsei- chen undmännlichenSpieler weisung beschriebenenweibli- die indereinleitendenRegiean- selbst nieinErscheinung,nur werden. AdamectrittalsPerson leuten“, dieimmerspärlicher dicht bevölkertvonFeierabend- Öffnungen nachallenSeiten, eine „weiträumigeSzene,mit nahm. HandkesTheatertextist die seinLandnachderWende und GeldgeprägteEntwicklung, brief beklagteerdievonGier zelsplatz. InseinemAbschieds- res 2003aufdemPragerWen- an einemMärzmorgendesJah- Der 18-Jährigeverbranntesich Zdeneˇk Adamecgabeswirklich: Ein Stück Bühnenepos Salzburger Festspiele Uraufführung: Euro |20,60 71 Seiten Suhrkamp, Juli 2020 Zdeneˇk Adamec Peter Handke:

DIEBRÜCKENr. 19|Brückengeneration 5 WilhelmHuber Literaturtage. Veiter St. der Gestalter Amann Klaus mit Rezensent, Destillateur und gemeinsam 2. August,

75 BUCH.TIPPS 76

DIEBRÜCKENr. 19|Brückengeneration 5 MUSIK.TIPPS „Das BesteinderMusikstehtnichtdenNoten.“ Lendhafencafe Klagenfurt 21. August,20:30 Uhr Sorgen Tralala &Die Sir Glanegg. in lebt Musiker, P zu fahren... nenuntergang amWörthersee mit seinemPorscheindenSon- chen kann:geregelt,geordnet sodass erseinLebenszielerrei- eurer WahlvonSirTralala, Kauft allesaufdenPlattformen im KlagenfurterLendhafencafe. Die Sorgen“,soetwaim mit Bandnamens„SirTralala& Er spieltjetztauchwiederlive liert, vielleichtauchmitAbsicht. gesungenen Textsichleichtver- auch passieren,dassmanim giöser Antisong.Sokannes romantisch-antitouristisch, reli- bleibt dasGefühl,esseiein Mit demgelungenenVideo der jetzigenSanta-Corona-Lage. erreichen. GanzimGegenteilzu einzusperren umIsolationzu geht esdarum,sichfreiwillig lich nachdiesemVorbild.InSoli Soli, orientiertersichauchtext- von AdrianoCelentanosLied damit insSchwarze.Inspiriert 60er àlaBambisund Co triffter Maria Corona.Angelehntandie außer inFormderSingleSanta Worte zuverlierengäbe... tion, überdieeskeineweiteren kam sie,dieseAusnahmesitua- Tiefe undWort-Kunst.Unddann klar: keinPopmehr,dafürmehr gute böseLieder“(2018)wares 45]. NachseinemAlbum„Echt lala [sieheDIEBRÜCKENr.8,S. David HebenstreitakaSirTra- genfurt stammende,vielseitige allen bekanntsein,derausKla- Eigentlich Santa MariaCorona Gustav Mahler Gustav eter Schaflechner sollte erinKärnten , 1860 ,

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1911, Dirigent und österreichischer Komponist August schlichtweg zukopieren. ohne dieMusikvondamals Sun goesdown,Surf’sUp“) kalische Referenz(„Whenthe der 60er-/70er-Jahreeinemusi- den musikalischenRock-Helden ten ein.Liebevollerweisensie chen indietiefenKlangschich- Abtanzen alsauchzumEintau- schichtigkeit ladensowohlzum chen. ImprovisationundViel- neuen klanglichenUfernaufbre- Experimentierfreudigkeit zu Bögen spannenundmitgroßer indem sieweitemusikalische eine interessanteneueSprache, rein instrumentalenSurfsound on ShakeStew)verleihendem der Kranzelbinder-Jazz-Formati- fungiert auchalsTeilzeit-Gast der Band(TobiasHoffmann Jazzmusiker arriviertenMitglie- Abenteuer. Dieeigentlichals ni-Filmscores undKrautrock- nach Bakureicht),HenryManci- Kaliforniens undBrasiliensbis Weltmusik (dievondenKüsten dabei aufJazz,Motown-Soul, und andererSurf-Bandstrifft Beach Boys,Ventures,Surfaris anschließen. DieMusikder binder (ElectricBass)nun Percussion) undLukasKranzel- Max Andrzejewski(Drums& Piano, Organ&FunMachine), tar), BenjamSchaefer(Wurlitzer Tobias Hoffmann(ElectricGui- das QuartettmitdemPersonal erfolgreiche Debütalbumandas (2015) hießdasdurchwegs Sketches. „LoveSurfMusic“ das neueAlbumderExpressway zumindest musikalischdurch – eskommteinezweiteWelle, in Wellen–undeinesistsicher Langsam kommtderSommer– Wellenreiter www.expresswaysketeches.de LP/CD/Download Klaeng Records 2019 Night Lovin’The Day Surfin’The Sketches: Expressway Kulturreisender & -schaffender. M ichael Herzog ,

bei radio AGORA 105,5. AGORA radio bei tig produziertundabgemischt. senberger inseinemStudiofer- Kärntner StefanPlattner-Dei- den schließlichvomVorzeige- einspielen. DieAufnahmenwur- mit echtenInstrumentenneu danach vonzahlreichenGästen nen PassagenließGabriel Die zuerstselbstaufgenomme- Fields, BeckoderBobbyConn. tätsebene mitTheMagnetic Album aufdiegleicheQuali- lässiger Gesangstellendieses tät, meisterhafteMelodienund te undraffiniertePopsensibili- großartiger Songs.Dieverspiel- geworden isteineSammlung Stefan insStudio.“Daraus wieder malfüreinpaarTagezu Ende 2018/Anfang2019immer diesen Songsgingichdannbis im AlleingangzuHausevor.Mit Songs zwischen2013und2016 und arrangiertedenGroßteilder sagt Gabrieldazu.„Ichschrieb und endettraurigschwer“, legt –esstartetnaivundluftig Mixtape einerBeziehungange- machen. DasAlbumistwieein trauriges Trennungsalbum „Ich wolltekeinklassisches, terte Beziehungverarbeitet. scher Reihenfolgeeinegeschei- wird inelfLiedernchronologi- ter GabrielakaSleep, Werk desWienerMusikersPie- oning Everything,demneuen de. BeimTheLostArtofQuesti- Jahre langdarangearbeitetwur- tenheit. Vorallemwennsieben mit feinenPopsongseineSel- ein durchdachtesKonzeptalbum ziert undveröffentlichtwird,ist Musik, dieamFließbandprodu- In einerZeitderbelanglosen Sleep www.instagram.com/sleepsleepband CD/Digital/Vinyl 2020, Records, 19Eightyone Everything Questioning of Art Lost The Sleep: Sleep S lobodan Žakula, lobodan

Sendungsmacher

2020 Me For Speak Music Tröstl:Philipp für sichsprechenzulassen. Möglichkeit zuhaben,dieMusik wünscht mansich,selbstdie des Musikers,beimZuhören die Ausdrucksmöglichkeiten Diese CDisteinDokumentfür onen realisiert. wurden bereitseinigeProdukti- Riha, auchimTheaterbereich schen DokumentarfilmerGeorg Komponist mitdemösterreichi- intensiven Zusammenarbeitals Musikers zeigtsichauchinder Klavier. DieVielseitigkeitdes seine musikalischeWurzel,das erst späterwiederentdeckteer das Komponierenkonzentriert, im StudiumaufdieGitarreund genfurt geborenePhilippTröstl Ursprünglich hatsichderinKla- selbst ankommt. dass erletztendlichbeisich immer hatmandasGefühl, Wienerlied flammtkurzauf,und zum Jazzzuzeigen,sogardas wicklung vonderKlassikbis persönliche musikalischeEnt- ein Anliegen,mitdieserCDdie auszudrücken, dennesistihm Aber auch,umseineVielfalt Gedanken undErinnerungen. allein zulassenmitseinen den Pianistendannwieder cken, umsicheinzubringenund in SequenzenoderganzenStü- Musiker*innen erscheintkurz se, eineganzeReiheweiterer Zuhörer*innen mitaufdieRei- nimmt nichtnurTröstldie heizten Stimmungen.Dabei melancholischen oderaufge- deren Menschenundpositiven, ze, manbegegnetauchbeson- nur verschiedeneLieblingsplät- Pianisten man durchwandertmitdem spürt manindiesenKlängen– Dokument sein.Undgenaudas muss sieeinsehrpersönliches rin, denMusikersprechensoll, Wenn dieMusikfürMusike- Music SpeakForMe Landesstudio Kärnten sowie bei Ö1. bei sowie Kärnten Landesstudio A Mitarbeiterin des ORF Benke, ngelika Philipp Tröstlnicht

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Bunte Vielfalt bei Ian Jules, das Cover der neuen Single und Ian mit seiner Katze Napoleon beim Musizieren. Fotos: Phips McCloud

Der Regenbogen von nebenan Für mehr Toleranz tritt der junge Kärntner Künstler und Influencer Ian Jules ein. Corona und Rassendiskriminierung schüren Ängste, denen man durch Opfer und auch Provokation positiv begegnen muss.

Paradiesvogel. Hinter der Kunstfigur Ian en. Sie sehen vielmehr das nasse Wetter, ten Hype zu verlieren. „Der Druck ist groß. Jules steht Fabian Julian Miklautz, ein das für seine Entstehung verantwortlich Jetzt Songs zu veröffentlichen hat nicht Kärntner Musiker mit Vorlieben für sehr ist – der Blick hinter die Dinge fehlt. viel Sinn, weil sich alles um Corona dreht. viel Pop und ein bisschen Rap, der für Auch größere Stars haben jetzt nicht viel Verrücktheit, Kreativität und vor allem Musikalisch erfolgreich. Zusammen mit Erfolg, wenn sie einen Song erscheinen Toleranz steht. Die Symbiose aus verschie- seinem Bruder „Phips McCloud“ produziert lassen. Man muss aber auch sagen, die denen Musikstilen erscheint genauso bunt er seine Musik. Die Texte stammen von Krise gibt uns viel Zeit, Texte zu schreiben wie er sich präsentiert – ähnlich farben- Ian und werden mit Phips, der auch für und Lieder zu produzieren. Außerdem froh wie ein Regenbogen. „Ian Jules, der die Musikvideos und alle weiteren visuel- sind derzeit Hass und die Blicke anderer freundliche Regenbogen von nebenan“, len Dinge die Arbeit leistet, in Kärnten und Menschen keine alltägliche Situation so beschreibt er sich selbst in der Öffent- in Wien aufgenommen und bearbeitet. Die mehr“, beschreibt Ian die Herausforde- lichkeit. Sein Ziel ist es, diejenigen, die beiden wollen auch international erfolg- rungen und Erfahrungen, die das Virus vielleicht anders sind und deren Selbst- reich sein. Deshalb beschloss das Duo, mit sich bringt. Schwierig ist es für Ian bewusstsein nicht stark genug ist, diese einen urbanen internationalen Weg in Jules allerdings auch, weil die große Fan- Andersartigkeit ausleben zu lassen und englischer Sprache zu gehen. Der Erfolg Nähe, für die er steht, derzeit nicht mög- sie in ihrem Weg zu bestärken. „Das Auf- gibt ihnen Recht: Ihre beiden Lieder „Sym- lich ist. Lediglich Social Media und diver- heben von Schubladendenken, damit jeder phony“ und „Anthem“ schafften es an die se Plattformen bieten einen kleinen Ersatz. sich so anziehen kann, wie er will und Spitze der iTunes-Charts in ganz Österreich „Wer nicht aneckt oder provoziert, wird jeder genau so ist, wie er sich wohlfühlt“, und überflügelten dabei auch bekannte niemals erfolgreich sein. Sich selbst zu lautet die Devise von Ian. Selbst hat er Musiker*innen wie Sido. Im August lieben, bedeutet sich aufzuopfern. Egal bereits als Kind gemerkt, dass er im erscheint mit einem neuen Video eine wie schlimm die Zeiten sind oder werden, Gegensatz zu allen anderen anders ist. „Anthem Symphony“ und „Barbie’s Song“ positives Denken wird uns immer ans Ziel „Ich spielte lieber mit Barbies und zog will auf den diversen digitalen Plattformen bringen“, bleibt Ian dennoch optimistisch. mich auch lieber anders als meine Mit- nicht nur von Ken gehört werden, sondern Der Tod einer seiner beiden Sphynx- menschen an. Auch heute ist es täglich sucht ein ganz großes Publikum voller Nacktkatzen (Napoleon), die ihn musika- so. Bunte und auffällige Outfits sind mein Toleranz und Liebe zur Musik. lisch vom ersten Moment an begleitete, Markenzeichen.“ Inzwischen wird er hinterließ zwar eine unauffüllbare Lücke, durch seine Art sich zu kleiden auch in Gestärkt aus der Krise. Durch die aktu- aber auch dies änderte nichts an seiner der Öffentlichkeit erkannt. Die Reaktionen elle Corona-Krise gestaltet sich das musi- positiven Lebenseinstellung, dass am Ende sind meist positiv, meist auch recht gelas- kalische Leben auch für Ian sehr schwie- des Regenbogens oder einer Krise dann sen. „Aber Hass gibt es leider auch“, sagt rig. Zwar nahm er am Ghostlight Festival noch mehr Sonnenschein wartet. Ian über seine Mitmenschen, schließlich im Stereoclub in Klagenfurt und am World www.facebook.com/ianjulesmusic haben viele verlernt, sich an den wunder- Bodypainting Festival teil, doch die Angst ● Michael Herzog baren Farben des Regenbogens zu erfreu- ist da, die Bekanntheit und den erarbeite- Kulturreisender & -schaffender.

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 77 aviso Finalisierung Spartenübergreifende Kunst CFC-Filmförderung 2020 literarischer Projekte Das Land Kärnten vergibt für den Zeitraum Der zweite und letzte Einreichtermin für Um Autorinnen und Autoren in der oft vom 1. Jänner – 31. Dezember 2021 ein Film- und TV-Projekte im Jahr 2020 ist schwierigen und intensiven Phase der Fer- mit 10.500 Euro dotiertes Stipendium für der 25. September. Die Carinthia Film tigstellung eines Werks zu unterstützen, spartenübergreifende Kunstformen (875 Commission (CFC) hat die Aufgabe, Kärnten vergibt das Land Kärnten Stipendien zur Euro monatlich). Durch die Vergabe des Sti- als Filmland zu vermarkten, Locations für Finalisierung literarischer Projekte. Im Jahr pendiums soll Künstler*innen die Möglich- Produktionen anzubieten, Ansprechpartner 2020 konnte das Kontingent auf insgesamt keit eingeräumt werden, sich ein Jahr lang für Förderwerber zu sein und Drehbuchau- zehn aufgestockt und somit zur Umsetzung verstärkt dem kreativen Schaffensprozess toren für Kärnten zu begeistern. National von ebenso vielen qualitätsvollen Neuer- zu widmen und im Rahmen der Stipendien- und international tätige Filmschaffende kön- scheinungen aus Kärnten beigetragen wer- laufzeit ein interdisziplinäres Projekt zu rea- nen für die Entwicklung, Produktion sowie den. Die Ausschreibung erfolgt verteilt auf lisieren. Förderungswürdig sind interdiszipli- Vertrieb und Promotion Zuschüsse beantra- zwei Einreichtermine. Antragsberechtigt näre Projekte, wobei Kombinationen mit gen. Hinweis: Förderungen für kleine Film- sind Autor*innen, die entweder in Kärnten allen Kunstsparten einschließlich der projekte auf künstlerisch hohem Niveau geboren oder tätig sind oder deren Persön- (Kultur-)Wissenschaften möglich sind. sowie Nachwuchsfilmprojekte können über lichkeit oder Werk in einem signifikanten Antragsberechtigt sind Personen, die eine die Abteilung 14 – Kunst und Kultur bean- Bezug zu Kärnten steht. Projekte, für die entsprechende fachliche Qualifikation tragt werden. Infos auf: www.carinthia- sich bereits ein Verlag gefunden hat, wer- (Künstler*innen aller Kunstsparten, filmcommission.at | www.kulturchannel.at den bevorzugt. Im Rahmen der Frühjahrs­ Kulturwissenschafter*innen etc.) nachwei- l ausschreibung konnten Stefan Feinig, sen können und die entweder in Kärnten Irmgard Janschitz, Barbara Juch, Axel geboren oder tätig sind oder deren Persön- Auslandsmesseförderung Karner und Lydia Mischkulnig mit lichkeit/Werk in einem sonstigen signifikan- für Galerien anspruchsvollen Lyrik- und Prosaprojekten ten Bezug zum Land Kärnten stehen. Das für Kunst und Kultur zuständige Bun- überzeugen. Die Herbstausschreibung ist Einreichtermin: 30. August 2020. desministerium schreibt die Förderung zur bereits im Laufen – die Einreichfrist endet Unterlagen & Infos: www.kulturchannel.at l Unterstützung der Teilnahme österreichi- am 30. September 2020. Unterlagen & (Ausschreibungen) scher Galerien zeitgenössischer bildender Infos: www.kulturchannel.at (Ausschreibun- Kunst an ausländischen Kunstmessen aus. gen) l Katharina Herzmansky Dramatiker-Stipendium Ziel ist die Verbesserung ihrer internationa- Das Land Kärnten vergibt für den Zeitraum len Präsenz sowie die Rezeption und Ver- Schule ins Museum vom 1. Jänner – 30. Juni 2021 ein mit breitung von zeitgenössischen österreichi- Die Förderaktion „Schule ins Museum“ soll 5.250 Euro dotiertes Dramatiker-Stipendi- schen Künstlerinnen und Künstlern und Anreiz für Pflichtschulen, aber auch Berufs- um (875 Euro monatlich). Durch die Verga- deren Werken – der Fokus liegt auf dem und landwirtschaftliche Schulen sein, sich be des Stipendiums soll Dramatiker*innen zeitgenössischen Kunstschaffen (Entste- mit dem Lernort Museum auseinanderzu- die Möglichkeit eingeräumt werden, sich hungsjahr der ausgestellten Werke ab setzten. Transportkosten sind oft ein Hinder- verstärkt dem kreativen Schaffensprozess 1970). Einsendeschluss: 30. September nis, um ein Museum zu besuchen. Aus die- zu widmen und im Rahmen der Stipendien- 2020. Unterlagen & Infos: www.bmkoes. sem Anlass wird Schülerinnen und Schülern laufzeit ein Projekt zu finalisieren. Förde- gv.at l vom Landeskulturreferat ein Fahrtkostenzu- rungswürdig sind ausschließlich in Arbeit schuss für die Anfahrt zum Museum ihrer befindliche Projekte. Die Vergabe des Sti- Wahl gewährt. Der Fahrtkostenzuschuss pendiums erfolgt auf Vorschlag einer Jury. kann pro Klasse und Jahr max. zweimal in Antragsberechtigt sind Dramatiker*innen, Anspruch genommen werden. Die Aktion die entweder in Kärnten geboren oder tätig läuft bis Ende Dezember 2020 bzw. bis sind oder deren Persönlichkeit/Werk in zur Ausschöpfung der dafür reservierten Mit- einem sonstigen signifikanten Bezug zum tel. Die maximale Höhe des Zuschussbetra- Land Kärnten steht. Einreichtermin: ges ist nach Entfernung gestaffelt: Museen 15. September 2020. Unterlagen & Infos: l im Umkreis von bis zu 50 km der Schule www.kulturchannel.at (Ausschreibungen) max. 150 Euro/Besuch | Museen im Umkreis ab 50 km der Schule max. 180 Euro/Besuch. Weitere Infos unter: www.kulturchannel.at (Ausschreibungen) l

Impressum DIE BRÜCKE Herausgeber, Medieninhaber und Copyright: Land Kärnten, Abteilung 14 – Kunst und Kultur, Igor Pucker, Burggasse 8, 9021 Klagenfurt am Wörthersee; [email protected], www.bruecke.ktn.gv.at | Chefredaktion: Gabbi Hochsteiner | Redaktion: Mario Waste, Katharina Herzmansky, Otwin Bernhard Mekul, Patricia Kurucz, Michael Herzog | Abos & Kulturtermine: Daniela Vellick, T 050536-34032 | Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autorinnen und Autoren wieder. Lang lebe die Meinungsfreiheit! – Die Redaktion behält sich vor, Beiträge bei Bedarf zu kürzen oder zu ändern. Zur Verfügung gestelltes Text- oder Bildmaterial wird (wenn nicht anders vermerkt) nicht retourniert. | Seitens der Autor*innen und Fotograf*innen wurde dem Hrsg. Land Kärnten vertraglich garantiert, dass einer Veröffentlichung und Verwertung der gelieferten Beiträge (Texte, Fotografien etc.) keinerlei Rechte Dritter entgegenstehen. | BRÜCKE-Architektur: Harald Pliessnig; Art Direction & Grafik: Arne Schiemann, Werk1, T 0463-320 420 | Druck: Kreiner Druck, Villach | Verlagspostamt: 9021 Klagenfurt am Wörthersee | Abonnement: 6 Doppel-Ausgaben 27,80 Euro inkl. KulturCard Kärnten, Porto und Versand.

Redaktionsschluss für DIE BRÜCKE Nr. 20 | Oktober – November 2020 28. August 2020 für den redaktionellen Teil 4. September 2020 für die Eintragung Ihrer Kulturtermine auf www.kulturchannel.at

78 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Klagenfurter Kunstwerke brauchen Netzwerke Stadtschreiberin 2020 Die Kärntner Kulturstiftung will Künstler*innen vernetzen und ihnen Beratung im Hinblick Im Jahr 2019 las die deutsche Autorin auf Rechtliches, Versicherungen und Förderungen anbieten. Dazu gibt es am 19. Septem- Ronya Othmann auf Einladung der Jurorin ber von 10-15 Uhr im Villacher Warmbaderhof unter dem Titel Netzwerke stärken! ein Insa Wilke bei den Tagen der deutschspra- von Erik Jan Rippmann moderiertes Symposium. Barbara Putz-Plecko spricht über den „Selbstauftrag Kunst“, weitere von Expert*innen vorgetragene Schwerpunktthemen sind chigen Literatur in Klagenfurt den Text HORIZONTE „Vierundsiebzig“, der den Genozid des Isla- versicherungsrechtliche Aspekte für Künstler*innen und Kulturinitiativen sowie aktuelle Pro- mischen Staates (IS) an den Jesiden in Shin- gramme (europäischer) Kulturförderung. www.kulturstiftung.at l Foto: KKS gal im Nordirak zum Gegenstand hat. Wilke sagte, sie sei der Meinung, man müsse „unbedingt“ über solche Texte literaturkri- tisch sprechen, da sich die uralte Frage stelle, wie man darüber schreiben solle. Mit diesem Text gewann Othmann den Publi- kumspreis und das damit verbundene Stadt- schreiberinnen-Stipendium, welches dies- mal, coronabedingt, „gesplittet“ wird. Die Autorin wird bis Ende August in Klagenfurt sein und den zweiten Teil im Frühjahr 2021 absolvieren. Nachdem Othmann Klagenfurt bereits als Stipendiatin des Klagenfurter Literaturkurses 2018 kennen gelernt hat, ist das bereits ihr dritter und längster Aufent- halt in der Kärntner Landeshauptstadt. Gemeinsam mit Cemile Sahin schreibt Oth- mann auch die Kolumne „Orient Express“ für die deutsche Tageszeitung „taz“. l Heimo Strempfl, Leiter des Robert-Musil-Literatur-Museums 72 Arbeitsstipendien Neuer kaufmännischer Foto: Paula Charlotte Kittelmann Aus insgesamt 94 Bewerbungen können Direktor vonseiten des Landes an 72 Kunst- und Kul- Der Kulturmanager Matthias Walter ist der turschaffende (37 Frauen und 35 Männer), Nachfolger von Iris Dönicke und somit ab die von der Corona-Krise betroffen sind und 1. September neuer kaufmännischer Direk- mit massiven Einnahmeneinbußen zu kämp- tor des Stadttheaters Klagenfurt. Gemein- fen haben, Arbeitsstipendien in der Gesamt- sam mit dem neuen Intendanten Aron Stiehl höhe von 200.000 Euro vergeben werden. [sie DIE BRÜCKE Nr. 16, S. 4-5] bilden die Zu den Vergabekriterien zählte neben dem beiden Herren für die kommenden fünf Jahre Kärnten-Bezug und der Projektinnovation die Doppelspitze des Hauses. „Mit Matthias auch eine entsprechende Covid-19-Begrün- Walter haben wir einen profunden Kenner dung. Primäres Ziel sei es dabei gewesen, des künstlerischen Bereichs gewinnen kön- eine rasche und effektive Unterstützung der nen, der gleichzeitig dank seiner betriebs- Kulturschaffenden seitens der Kulturabtei- wirtschaftlichen Ausbildung beste Voraus- lung zu erreichen, so Kulturreferent LH setzungen für die kaufmännische Verwal- Peter Kaiser. Auf die Sparte darstellende tung eines kulturellen Leitbetriebes wie des Kunst entfallen zehn Stipendien, auf Foto Stadttheaters mitbringt“, freut sich Kulturre- und Film sechs, auf die Literatur zwölf, die ferent LH Peter Kaiser auf die künftige Musik 16, die bildende Kunst 21, die Wis- Zusammenarbeit mit dem neuen Verwal- senschaft fünf und auf Kulturvereine zwei. tungsdirektor. l Foto: AKL Abteilung 14 – Kunst und Kultur l Foto: Rainer Sturm/pixelio.de

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 79 Tag des Denkmals Klagenfurter Galerienreigen Einmal im Jahr rücken die fast 3.000 Kärntner Denkmäler in den Fokus. Unter dem Motto Vergänglichkeit aus weiblicher Perspektive: bauen und bilden werden am 27. September die zahlreichen Gebäude und Objekte von Damit beschäftigt sich Ina Riegler in der herausragender Bedeutung bewusst ins Scheinwerferlicht gesetzt. So etwa das Kärntner Ausstellung transience als Teil der Kärnten- Handwerksmuseum im Baldramsdorfer Paternschloss oder das Archäologische Pilger- Triennale zeit.čas.tempo in der Klagenfurter museum in Globasnitz/Globasnica, wo es u. a. einen Mosaik-Bastelkurs für Kinder gibt. Im Galerie w a l r a u m. Stella Antares HORIZONTE Schloss Ferlach erzählt Historikerin Renate Jernej von der örtlichen Büchsenmacherkunst, durchkreuzt gleichzeitig die Bildwelten von während Erika Schuster zum Spaziergang durch die Altstadt von Gmünd einlädt. Zum Tag Pop- und Subkulturen. Vernissage: 15. Sep- der offenen Tür mit zahlreichen Führungen lädt auch das seit fünf Jahren in liebevoller Res- tember, 19 Uhr. www.instagram.com/ tauration befindliche Schloss Grades. In Grafenstein kann man in Giselbert Hokes Werk- stella_antares | www.inariegler.com haus auf den Spuren des Künstlers wandern, während im Gurker Dom Diözesankonserva- Ebenfalls im Rahmen der Triennale stellt die torin Rosmarie Schiestl einen Einblick in die Pflege kirchlicher Kunst- und Kulturgüter gibt. BV-Galerie Werke von Kurt Kellner und Der frühere Leiter des Landesarchivs, Wilhelm Wadl, lädt bei der Pfarrkirche Himmelberg Manfred Leyfert aus. Vernissage ist am zu einer Wanderung zu den Tiebelquellen, Joachim Eichert weiß im Klagenfurter Palais 1. September um 19 Uhr, bis 24. Sep- Goëss allerhand über alte Handwerkskunst zu berichten ... und vieles mehr! tember. www.bv-kaernten.at Alle Infos unter: tagdesdenkmals.at | bda.gv.at l Mit coronabedingter Verspätung findet am Foto: Globasnitz, Archaologisches Pilgermuseum, Mosaik © Landesmuseum Karnten 30. September, 19 Uhr, die Vernissage von ARTEFICIA in der Großen Galerie der Universität Klagenfurt statt, mit Werken der Ehrendoctores Peter Turrini, Peter Handke, Maja Haderlap, Valentin Oman, Maria Lassnig und Wolfgang Puschnig. www.aau.at/blog/virtuelle-ausblicke-auf-die- ausstellung-arteficia Kunst in den Arkaden: Im Burghof des MMKK wird am 23. August, 10 Uhr noch eine sommerliche Spezialführung geboten, zu 22 Skulpturen Kärntner Künstler*innen aus dem Fundus der Kunstsammlung des Landes Kärnten. www.mmkk.at Der Kunstraum Lakeside feiert indes sein Kunst im Krastal Wolfsberg ehrt Bockelmann 15-jähriges Bestehen mit der Ausstellung Seit 20 Jahren sind Sigrid Friedmann und Die Stadtgemeinde Wolfsberg ehrt Josef Dabernig — Envisioning Kunstraum Ulrich Kaufmann ein Team. Das [kunst- noch bis 30. August den weltberühmten Lakeside. Eröffnung: 29. September, werk] krastal zeigt ab 14. August, 19 Uhr, Kärntner Maler Manfred Bockelmann mit 19 Uhr. www.lakeside-kunstraum.at bis 3. September speziell für das Bildhau- einer umfassenden Ausstellung seiner Das Kunstbüro Sturm zeigt im SPÖ-Land- erhaus entwickelte Licht-, Raum- und Video­ Malerei, Grafik und Fotografie im tagsklub noch bis 16. Oktober die Ausstel- installationen: setzen, legen, stellen – ver-, Schloss Wolfsberg. lungsreihe >KUNST am ROTEN TEPPICH< über-, ent- und aus-. Von 6.-26. Septem- Ab 2. August widmet sich die Stadtgalerie mit Werken von Eric Kressnig. ber wird das interdisziplinäre Projekt zeit. am Minoritenplatz anhand privater Erinne- Eine Kalte Herberge für die Kunst in čas.tempo Kärnten-Triennale II ausgestellt, rungsstücke in Kooperation mit dem Kärnt- sommerlichen Zeiten bietet der Verein Vernissage am 5. September um 17 Uhr. ner Abwehrkämpferbund den Ereignissen Lendhauer. Am 7. August um 19:30 Uhr www.krastal.com l Foto: FriedmannKaufmann rund um die Volksabstimmung vor 100 wird im Lendhafen eine Ausstellung mit Jahren. www.wolfsberg.at | www.manfred- Werken von Marlene Hausegger eröffnet. bockelmann.de | www.kab-or.at l www.lendhauer.org l Foto: Volksabstimmung © KAB Foto: Manfred Leyfert, My Lost Time © BV Kärnten

80 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Der perfekte Mutmacher im Corona-Lockdown: die Aufnahmesessions des Vereins Innenhofkultur in der Villa FOR FOREST. Seit Ende Juli gibt es die Doppel-CD mit Musik aus allen Richtungen.

musik.tipp Recordings of Now Albecker Theatersommer „Für etliche Künstler und Musiker war der Lock- down Stagnation, für wenige Urlaub, für die Heitere Ehegeschichten mit Szenen von meisten eine wirtschaftliche Katastrophe“, schil- Kästner, Tucholsky, Loriot und Co. unter der dert Raimund Spöck vom Klagenfurter Verein Regie von Charles Elkins zeigt das Albecker Innenhofkultur die Lage nach dem coronabe- Sommertheater in Sirnitz noch bis 22. dingten Lockdown. Schon bald war klar, dass August. Am 6. September, 11 Uhr, wer- die Auftrittsmöglichkeiten noch länger stark ein- den unter dem Titel America Latina latein- geschränkt bzw. überhaupt verunmöglicht blei- amerikanische Klänge dargeboten, und am ben würden. Nichtstun war keine Option, also Zeit und Wunden 13. September, 11 Uhr, spielt das unkon- formierte sich ein Projektteam bestehend aus ventionelle Duo LumiMare Rainbows, eine „Die Zeit heilt alle Wunden.“ – Tut sie das? Lea Friessner, Eva Riesemann, Stefan Schumi, Mischung aus Klassik, Minimalmusic, Jazz, Gerhard Fresacher, Fritz Sammer sowie Spöck Die Rosegger Galerie Šikoronja setzt das Weltmusik, Latin und Avantgarde. Heiter- gleichnamige im Rahmen der Triennale zeit. und suchte Auswege. Zu der Zeit streamten tiefsinnige Lieder und Einblicke in das schon berühmte Musiker*innen in bescheidener čas.tempo von 4.-11. September stattfin- Leben im alten Wien gibt es am selben Tag dende zweisprachige Ausstellungsprojekt Qualität „live“ via Mobiltelefon aus ihren Wohn- mit Des Wieners Lied – des Wieners Leid von (Malerei) und zimmern. Aber ein richtiges Streaming-Projekt Brigitte Kranz Alfred um 15 Uhr. Am 20. September, 11 Uhr, (Text) jedenfalls unter Fragezei- wurde vom Projektteam nach einigem Überle- Woschitz spielt das Levone Trio, und um 15 Uhr liest chen. Zuvor werden in Rosegg noch gen ausgeschlossen: „Technisch zu aufwändig“, bis 23. Mona Decker-Mathes Texte von Alma August Arbeiten der Künstlerin CAROLINE war die einhellige Überzeugung. Mahler anlässlich deren 140. Geburtstags. Spöck weiß nicht mehr genau, wer dann auf die gezeigt. www.ewigkeitsgasse.at | Die Sopranistin Elisabeth Gutt singt Mahlers www.galerie-sikoronja.at l Idee mit den Recordings kam – er vermutet Fritz Lieder. www.schloss-albeck.at l Sammer. Jedenfalls setzte der Verein 10.000 Foto: Abbildung: Singende Säge. Assemblage 80 x 110 cm © CAROLINE 2020 Foto: Alma und Mona © Decker-Mathes Euro aus seinem Jahresbudget. Gemeinsam machte man sich auf die Suche nach Sponsor­ *innen. Mit der Kärntner Kulturstiftung, der Kärntner Sparkasse und der Kulturabteilung des Landes war bald ein mittleres fünfstelliges Bud- get aufgestellt, und die „Recordings of Now“ konnten beginnen. Dafür adaptierte Tontechni- ker Christoph Hall, der ebenfalls coronabedingt in die Auftragsflaute geraten war, kreativ die Räumlichkeiten in der „Villa FOR FOREST“ in Klagenfurt. Eine illustre Schar von in Kärnten festsitzenden Musiker*innen ging – natürlich mit Abstand – ein und aus. Der große Schwer- punkt lag sicher beim Jazz, aber auch andere Musikrichtungen wurden berücksichtigt. Lea Friessner war hier unermüdlich am Kurbeln, streut ihr Spöck nachträglich Rosen. Im improvi- sierten Aufnahmestudio erschienen Arrivierte Palmkratzeln im Herbst Was uns Landschaften sagen wie Wolfgang Puschnig, die großzügig auf ihre Honorare verzichteten, genauso wie noch am Tonio Schachinger, Freekind und die Mit der popkulturellen Rezeption von Land- Beginn ihrer Karriere Stehende, die bis zu 400 Petrol Girls werden heuer anlassbedingt in schaftsbildern beschäftigt sich im Klagen- Euro für ihre Recordings bekamen – Rechte am kleinerem Rahmen die Sommershow von furter Künstlerhaus noch bis 8. August die Ergebnis übrigens inklusive. Los ging es am container 25 in Hattendorf rocken: Ausstellung Mit Bergen den Blick reparie- 24. April mit einem Trio um Philip Zarfl, Klemens 8. August, ab 18 Uhr. Am 22. August ren des Kunstvereins Kärnten. Sieben Marktl und Michi Erian. Aber auch junge Talente spielen ab 20 Uhr Kernfusion und Fée’s Kärntner und sieben internationale Kunst- wie u. a. Desirée Mostetschnig, Clemens Hof- Uncle. Am 18. September um 20 Uhr prä- schaffende präsentieren hier ihre Annähe- bauer, Martin Sadounig, Johannes Ogris waren sentieren container 25 und VADA Wenn die rungen. Ebenfalls bis 8. August setzt sich dabei: rund 80 Musiker*innen an (bis Mitte Juni) Palmk(r)atzl blühen mit Kurt Palm & Karl Petra Tragauer in der Kleinen Galerie des 36 Aufnahme-Tagen. Sogar für eine Handvoll Ferdinand Kratzl. Einen kritischen Beitrag Künstlerhauses in ihrer Ausstellung Kunst- Fotograf*innen und ein Filmteam reichte das zur Geschichtserzählung in Kärnten bieten Stoff mit dem Thema Wasser und Müll aus- Budget noch. Die Doppel-CD mit rund 145 Nadja Danglmaier, Eva Hartmann und einander. Finissage und Sommerfest mit Minuten Musik wurde Ende Juli präsentiert und Daniel Wutti am 26. September um Performances von Pope Sangreta und kostet 30 Euro. 19 Uhr. www.container25.at l Gerhard Fresacher ist am 7. August ab ● Gilbert Waldner Foto: K. F. Kratzl und K. Palm © Michaela Mandel und K. F. Kratzl 17 Uhr. www.kunstvereinkaernten.at l * 1959, lebt und arbeitet in Klagenfurt, Kulturjournalist Foto: Offene Figur und Raumteiler © Meina Schellander und Jazz-Aficionado.

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 81 Kunst unter der Oberfläche Unter dem Titel System Spiegelung zeigen Barbara Ambrusch-Rapp und Barbara Bernsteiner ihre Arbeiten mit Tiefgang und Ironie von 28. August – 25. September in der Spittaler Galerie Schloss Porcia. www. spittal-drau.at/kultur/galerie Der Kärntner Künstler Matthias Buch über- rascht mit Bildern, die das nicht Offensicht- liche sichtbar machen. Flux23 präsentiert im magdas LOKAL in Klagenfurt bis 30. Ausstellungsreigen in Klagenfurt September die Ausstellung Walk the Line. Noch bis 6. September werden im Living Studio der Stadtgalerie unter dem Titel Seeking www.magdas-lokal.at Beauty and Intensity of our Existence Werke der italienischen Bodypainting-Künstlerin Elena Erwin Polanc beschäftigt sich in seiner Tagliapietra gezeigt. In den Haupträumen werden bis 13. September Fotografien und Fil- Serie Mago Über Verritt mit der Anarchie me des Jetset-Künstlers Gunter Sachs ausgestellt. Vom 16. September an widmet sich der Dinge. Zu sehen sind die Bilder im Kla- das Living Studio dem Klagenfurter Acryl-Virtuosen Reinfried Wagner, und von 2.-25. Sep- genfurter Raum für Fotografie. Eröffnung HORIZONTE tember werden im Architektur Haus mit dem Titel Gewachsenes, beleuchtet Fotografien am 24. September, 19 Uhr, Ausstellungs- von Ernst Peter Prokop gezeigt. Die Alpen-Adria-Galerie zeigt noch bis 30. August die dauer: 25. September – 18. Oktober. Ausstellung 7 WOCHEN und 1 TAG: fotografische Dokumente des Lockdowns von Hanno www.raumfuerfotografie.at l Kautz, Gerhard Maurer und Arnold Pöschl. www.stadtgalerie.net l Foto: Matthias Buch, Öl auf Leinen © Flux23 Foto: Black Painter Scream Milan, 2010 © Elena Tagliapietra

Ausgewähltes von Gurker Sommerausklänge Valentin Oman Wenn der Sommer zur Neige geht, wird im Noch bis Ende August ist jeden Samstag Gurker Dom aufgespielt. Der Musikali- und Sonntag, 14-18 Uhr die diesjährige sche Spätsommer beginnt am 15. August Sommerausstellung Impuls Natur II mit um 19:30 Uhr mit einem Bratschenfest Werken von Alexandra Deutsch, Karin Pliem von Musiker*innen wie Firmian Lermer, und Lucia Pescador in der Galerie Walker Gerswind Olthoff oder Axel Kircher. Am im Rosentaler Schloss Ebenau zu besichti- 16. August um 10 Uhr spielen Laura gen. Im Alten Pfarrhof in Saak werden Beisteiner, Camillo Kircher und Emma Stich noch bis 31. September ausgewählte Wer- das Jugendhochamt. Nach zahlreichen wei- ke von Valentin Oman unter dem Titel teren Konzerten geht der Spätsommer am Homo Carantanus, Terra Carantana 23. August um 19:30 Uhr im Innenhof des Klang:korridor gezeigt. Öffnungszeiten im August: Do & Fr Rathauses St Veit mit einem Concerto Der Kulturhof:keller Villach lockt mit 15-18 Uhr, im September nur nach Verein- euforico zu Ende. Alle Infos unter: einem Klang:korridor im Schau:raum, geflu- barung. www.galerie-walker.at l musikalischerspaetsommergurk.at l tet von Soundinstallationen und Werken Foto: Fritz Kircher, Viola © privat Foto: Lucia Pescador © Galerie Walker darstellender Kunst von Eric Pucher und Gudrun Lenk-Wane. Vernissage: 10. August, 19:30 Uhr. www.kulturhofkeller.at l Foto: Gudrun Lenk-Wane

82 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Foto: Malka Mai © Ani Antonova Literarischer Sommer Täler der Kunst Das Musilmuseum lädt am 9. August ab Zahlreiche kulturelle Veranstaltungen gibt 10 Uhr in den Klagenfurter Norbert-Artner- es im Gail- und im Mölltal. Im Hermagorer kultur.tipp Park zum literatur.pic.nic mit Birgit Birnba- Schloss Möderndorf beginnt am 3. Sep- cher, Claudia Dürr und Hugo Ramnek. Das tember mit einer Vernissage um 19 Uhr die Performance „Dies irae“ nächste Picknick gibt’s am 13. September Ausstellung Junge Kunst, aufgesuchter Ort, Die Wut kann einen schon überkommen, wenn ab 12 Uhr, als Poetry Slam mit Publikums- u. a. mit Werken von Christian Flora und man am Gemeindeamt nicht in seiner sloweni- Voting unter der Moderation von Lukas Mirjam Reiner. Zuvor lesen ebendort Volker schen Muttersprache sprechen darf, weil der „Lui“ Hofbauer. Bei Schlechtwetter bietet Pawliska & Hermann Fritz am 13. August, Ortsteil in dem man wohnt, über keine zwei- die Gustav-Mahler-Musikschule Herberge. 19:30 Uhr, über Reden und Sprache im sprachige Ortstafel verfügt. Nika Sommeregger www.musilmuseum.at Gailtal als Vielfalt, Transformation und Inte- ärgert es, dass Slowenisch in Kärnten noch Poetry Slam mit dem Kulturverein Slam if gration. www.gailtaler-heimatmuseum.at immer als Privatsache behandelt wird. „Slowe- you can! steht auch zuvor am Programm: Im Mölltal findet das spätsommerliche nisch muss als Kulturgut betrachtet werden und Am 14. August, 19:30, in der Waldarena Geschichtenfestival mit einer Fachjury nicht als Ärgernis“, lautet ihr Anliegen. Die Krumpendorf, am 15. August um 19:30 unter der Leitung von Antonio Fian statt. Regisseurin, Leiterin des Theaters ISKRA und Uhr im Kulturgarten Aichwaldsee und am Termine und Orte: 4. September, ab 19:30 Dozentin für Szenisches Spiel an der Schau- 16. August, 18 Uhr, im Blumenpark Uhr in Großkirchheim, Alte Schmelz; 11. spielschule Wien macht für das Projekt „Dies Seeboden am Millstätter See. September, 19:30 Uhr im Kultursaal Ober- irae“ gemeinsame Sache mit dem Theater www.slamifyoucan.at vellach, 19. September, 14 Uhr in Wink- KuKuKK, um durch Gemeinsamkeiten auf mehr- Sommerliche Literaturveranstaltungen lern, 25. September ab 19:30 Uhr in Möll- facher Ebene zu etwas Neuem zu kommen. Der gibt es auch im Robert-Musil-Institut, dar- brücke und die Verleihung der Mölltaler Fokus liegt auf Frauen, deren Erleben sich in unter Lesungen mit Anja Golob, Cvetka SchreibAder am 2. Oktober im Kulturhaus Kriegszeiten auch nach über 2.000 Jahren nicht Lipuš und Lubina Hajduk-Veljković am 23. Rangersdorf. www.moelltaler-geschichten- geändert hat: Erniedrigung, Versklavung, Verge- August um 11 Uhr; Lesungen mit Manfred festival.at waltigung, Verschleppung oder im besten Fall Chobot und Axel Karner zu Bernhard C. Hermine Wiegeles Ausstellung Friedens- Flucht. Was Euripides 415 vor Christus mit den Bünker am 10. September um 19:30 Uhr taube ist noch bis 25. September im Aus- Troerinnen auf die Bühne brachte, betraf auch sowie am 29. September um 19:30 Uhr stellungsraum Hermine Wiegele, Nötsch, zu die Realität unserer Großmütter. In der Ver- die Präsentation von Gerhard Melzers Buch besichtigen. knüpfung der Zeiten anhand der Hauptthemen Von Äpfeln, Glasaugen und Rosenduft [siehe www.michaelachristianewiegele.at l Flucht und Vertreibung wird die Frage nach Auf- S. 49] mit begleitenden Lesungen von Josef Foto: Kunstzirkus | pixelio.de arbeitung und Überwindung historischer Ereig- Winkler und Anna Baar aus ihren Werken. nisse sowie deren Auswirkungen auf unsere www.aau.at/musil l Gegenwart verhandelt. Hierbei werden Szenen Foto: Kulturabteilung Klagenfurt aus dem antiken Drama mit den Erinnerungen geflüchteter und deportierter Kärntner Slowe- ninnen anhand von Textpassagen aus Tagebü- chern, Briefen sowie Aufzeichnungen aus per- sönlichen Erinnerungen verwoben. Schwarz- Weiß-Portraits von in Kärnten lebenden Flücht- lingsfrauen ergeben das in die Landschaft der unterschiedlichen Aufführungsorte eingebaute Bühnenbild, was Aktualität schafft. Im Chor wurde ein maßgebliches gemeinsames künstlerisches Element zwischen Antike und Kärnten/Koroška gefunden, der sich bei „Dies irae“ durch Frauen aus der Volksgruppe aus dem Jauntal zusammensetzt. Szenisch und foto- grafisch sind auch Menschen in die genreüber- greifende Performance involviert, die nicht Slo- Malerei über den Wolken wenisch als Muttersprache hatten, aber auf der Das alte Mesnerhaus Außerteuchen in den Nockbergen zeigt von Suche nach einem verbindenden Gemeinsamen 1.-29. August auf 1.200 Meter Seehöhe Freie Malerei mit Werken in etwas Neuem sind. Information und Doku- von Margarethe Herzele, Titanilla Eisenhart und vielen anderen. Ver- mentation: www.igkikk.at nissage ist am 1. August um 17 Uhr, Finissage am 29. August um ● Tina Perisutti 15 Uhr. l Foto: M. Herzele, Die wunderbaren Wolken © Titanilla Eisenhart Kulturarbeiterin und Kulturjournalistin.

Neun Vorstellungen an öffentlichen Plätzen im Jauntal und im Rosental Premiere: 31. Juli, 19 Uhr, Rosenbach St. Jakob/Šentjakob

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 83 Langeweile und Jubel Dass die künstlerische Beschäftigung mit Fadesse nicht fad sein muss, wollen Daniel Hosenberg und Céline Struger im Klagen- furter Architekturhaus Kärnten beweisen. The Boring Period heißt ihre Installation im Rahmen der Kärnten Triennale zeit.čas. tempo, die noch bis 13. August zu sehen ist. www.architektur-kaernten.at Am 24. September feiert das Klagenfurter Atelier de La Tour seinen 40. Geburtstag (9-15 Uhr) mit einem Tag der offenen Tür sowie einer Theateraufführung. Das Fest ist zugleich der Beginn einer Jubiläumsaus- stellung anlässlich des 40-Jahr-Jubiläums. Kunst und Kultur im k & k www.diakonie-delatour.at/atelier-delatour l Marko Lipuš und Katharina Gruzei setzen sich in künstlerischer Form mit Begriffen der Foto: The Boring Period © Struger, Hosenberg Kultur und Identität auseinander. Das k & k – Kulturni in komunikacijski center/Kultur- und Kommunikationszentrum in Šentjanž v Rožu/St. Johann i. R. widmet den beiden Kunstschaf- fenden eine Ausstellung unter dem Titel imagined carinthia – rethinking reality. Eröffnung ist am 18. September, 19 Uhr, die Werke sind bis 31. Oktober zu sehen. Unter der Lei- HORIZONTE tung des Jazz-Musikers Stefan Thaler wird im k & k ein musikalisches Experiment durchge- führt: die Neuinterpretation slowenischer und Kärntner Heimatlieder durch Künstler*innen beider Volksgruppen. Das Konzert dvozvok/zweiklang findet am 26. September um 19:30 Uhr statt. www.kkcenter.at l Foto: Marko Lipuš: Berge (Ausschnitt)

Warten in Velden Reindling & Italien Bilder mit Sound So ticken unsere Uhren – unter diesem Den Corona-Lockdown hat die Künstlerin Mit Klebeband auf Transparentpapier Titel wird in der Wölfnitzer Galerie 59 eine Teresa Thomaschütz produktiv genützt: erzeugt die griechische Künstlerin Anthia Ausstellung von Marlies Rapetti, Irmgard Reindling & Italien heißt ihre neue Ausstel- Loizou einen eigenen ästhetischen Sound. Hummitzsch und René Fadinger im Rah- lung mit Bildern, die in der Quarantäne ent- Ihre Arbeiten sind unter dem Motto Paper men des Projektes zeit-čas-tempo gezeigt. standen sind. Noch zu sehen bis 15. Rhapsodies von 29. August bis Ende Eröffnung ist am 25. August, 19 Uhr, die August im Maria Saaler Atelier am Haupt- Oktober in der Veldener Galerie3 ausge- Werke sind bis 1. September zu sehen. platz. teresathomaschuetz.com stellt. Eröffnung: 28. August, 16-20 Uhr. www.hummitzsch.at Die Bad Eisenkappler Galerie Vorspann/ Mit der Einzelausstellung Verhofft von Von 14 .-17. August ist Marlies Liekfeld- Galerija Vprega zeigt eine Retrospektive Maria Legat in Kärnten eröffnet die Gale- Rapetti am Veldener Kunstbahnhof Wör- aus 15 Jahren mit Werken von Bella Ban, rie3 zugleich ihren Hauptsitz in Klagenfurt thersee mit der Installation WARTEN zu Werner Berg, Manfred Bockelmann u. v. a. wieder [siehe Seite 35]. www.galerie3.com Gast. Vernissage ist am 14. August um bis 13. September. www.galerievorspann. l Foto: Maria Legat, Ausschnitt aus Darob © Patrick Püribauer 19 Uhr. Öffnungszeiten: 15. August, 15-18 com l Foto: Teresa Thomaschütz Uhr, 17. August 17-20 Uhr & nach tel. Ver- einbarung. www.kunstbahnhofwoerthersee. at l Foto: Irmgard Hummitzsch

84 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Hanno Kautz: sicher, 2020. Foto: Hanno Kautz kultur.tipp Bilder zur Zeit für Morgen Man möge in „interessanten Zeiten“ leben, ist mehr ein Fluch als ein Segen. Aber unser aller Leben hat sich mit Anfang des Jahres entschei- dend verändert. Auch viele Künstler*innen standen vor allem vor finanziellen Herausforde- Klagenfurter Klassiker kinder.kultur.tipp rungen. Das künstlerische Schaffen ist jedoch Die Euro Symphony SFK und Ernest Das Museum des Nötscher Kreises wid- nicht abhängig von offenen Shopping Malls und Hoetzl fördern im Rahmen der Jeunesse in met sich unter dem Titel REFLEXIONEN so wurde natürlich weiter Kunst produziert. Der Grafenstein am 20. September, 17 Uhr, noch bis 1. November den zerstörten Tag, an dem irgendetwas die Kunst stoppt, wird neue Facetten rund um die Verbindung von Fresken Anton Koligs im Klagenfurter tatsächlich ein verfluchter sein. Volksmusik und Klassik zutage [siehe Seite Landhaus. Die bildende Künstlerin Elisabeth Die Galerie Freihausgasse in Villach widmet 57]. www.jeunesse.at Wedenig und Kunststudierende haben sich sich in ihrer Sommerausstellung „FUTUR III – Für das ZZM Zentrum zeitgenössischer mit dem Nötscher Meister auseinanderge- Bilder zur Zeit für Morgen“ Bildern zur Zeit. Dies Musik bringt am 16. September um 19:30 setzt. Für Kinder und Jugendliche wird die- umfasst Bilder, die während der letzten Monate Uhr das Duo Stump-Linshalm neue Musik ses verloren gegangenen Hauptwerk moder- entstanden sind, teilweise mit dokumentari- auf die Bühne des Klagenfurter Konzerthau- ner Malerei in Kärnten am 26. August, schem Charakter, aber auch einfach konse- ses. www.zzm.at 15-17 Uhr, in einem besonderen Workshop quent Fortgeführtes. Darunter auch Arbeiten, Von 1. August – 19. September verwan- wieder lebendig. Gemeinsam entwickeln die die einem (neuen) Rhythmus folgten, einer delt der Verein Klassik in Klagenfurt den Kinder einen Entwurf auf einer großformati- Struktur folgen. Außerdem sind es Bilder, die Burghof in eine Konzertbühne. Jeden Sams- gen Leinwand. Diese wird in einem nächs- jetzt eine andere Bedeutung haben, zeitlos wir- tag werden um 11 Uhr Freiluftkonzerte ten Schritt zerschnitten, sodass jede/r auf ken. Beispielhaft für Letzteres sind zwei Arbei- geboten, darunter von der Kammersängerin sich selbst gestellt das Bild weiterentwi- ten von Cornelius Kolig und Meina Schellander, Edita Gruberová am 8. August oder Alek- ckelt. Schließlich werden die Einzelteile wie- die bei der Kärntner Kulturpreisverleihung zur sey Igudesman, Claire Wells und Lucy Lan- der zu einem großen Ganzen zusammenge- Anwendung kamen: Koligs Abstandhalter-Hand dymore mit einem schrägen Cross-over- fügt. Dem Entstehungs-, aber auch Zerstö- mit der er den Kulturpreis von Jörg Haider in Konzert am 12. September. rungsprozess der bekannten Fresken wird Empfang nahm und Schellanders Raumzelle, die www.klassikinklagenfurt.at im eigenen künstlerischen Tun nachgespürt einen Schutz vor der Außenwelt bot. Man Nicht mit Klassik, aber klassisch dabei: und zugleich zu einer Zeitreise entlang des merkt, dass „Bilder“ tatsächlich als Überbegriff Das Klagenfurter Eboardmuseum lädt im Lebens und Werkes Anton Koligs, dem steht, die Ausstellung umfasst Werke in den Spätsommer zu einem bunten Begründer der Nötscher Malschule, eingela- verschiedensten Medien. Neben Malerei gibt es Konzertreigen, darunter ein Creedence den. www.noetscherkreis.at l Fotografie- und Video-Kunst sowie Installatio- Clearwater Revival am 11. September Andrea Kirchmeir, Kunsthistorikerin und Pädagogin nen, die allesamt neue „Bilder“ produzieren, die um 20:15 Uhr. Alle Termine unter: Foto: Museum des Nötscher Kreises den momentan alltäglichen etwas hinzufügen www.eboardmuseum.com l oder diese sogar überlagern. Inhaltlich steht Foto: Bogdan Laketic © Maria Jarzyna nicht der unsichere Status Quo im Mittelpunkt, die Schau will vielmehr die Wahrnehmung von Kunstwerken in der Jetzt-Zeit lenken – hin auf das Wirken der Künstler*innen. So steht der Ausstellungstitel mit einer grammatikalisch nicht existierenden Zeitform für etwas, das in Zukunft bereits abgeschlossen wird. Das macht die Kunst eigentlich immer schon, nämlich weit in die Zukunft zu denken und oft deckt sich dann das Vorausschauende oder Ahnende mit etwas, in dem man sich plötzlich wiederfindet. Also keine Angst, aber Vorsicht. Die Kunst lebt. ● Martin Dueller * 1982 in Villach, Theaterschaffender als Regisseur, Drama- turg und Autor, Gründer des Kulturzentrum Kulturhof:keller und vieles mehr. www.dueller.at

FUTUR III – Bilder zur Zeit für Morgen bis 5. September Galerie Freihausgasse, Villach

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 85 Singen am See Der Via Iulia Augusta Konzertsommer wartet mit zahlreichen Höhepunkten auf. Der Wiener Solotrompeter Lorenz Raab pendelt zwischen Klassik, Blasmusik, Jazz, Avantgarde und Elektronik. Am 7. August um 17:30 Uhr tritt er mit dem Trio Bleu vor der Bergkulisse des Grünsees, nahe Kötschach-Mauthen auf. Bei Regen findet das Konzert ab 19 Uhr im Gewerbepark Kötschach-Mauthen statt. Am 25. August, 20 Uhr, spielt das Klassiktrio Balestracci- Čano-Jovović im Rahmen des VIA Konzert- sommers in der Pfarrkirche Mauthen. Am 28. August, 20 Uhr, spielt die Wiener Tschuschenkapelle im Kultursaal Dellach. Alle Konzerte: www.via-iulia-augusta.at Die Kärntner Sopranistin Marilene Novak verspricht gemeinsam mit dem Tenor Marco Ascani und dem Bariton Benno Schollum am 5. August, 20 Uhr, bei der Wörthersee Gala im Rosengarten des Quietschenten & Seebären Schlosshotels Velden musikalische Lecker- Florence Foster Jenkins war vor 80 Jahren ein New Yorker Original: Die Sopranistin mit bissen. www.woertherseegala.at l zweifelhaftem Talent quälte und quietschte sich durch allererste Gesangsliteratur – zur Foto: Julia Malischnig © Hartwig Gsaller Freude des Publikums. Der Heunburger Kulturverein Theater im Raum widmet ihr das Stück Glorious von Peter Quilter. Premiere ist am 1. August, 20 Uhr, weitere Termine: 6.-8.|11.|13.-15.|20.-22.|27.-29. August sowie 3. & 4. September, jeweils 20:20 Uhr. HORIZONTE Am 9. August, 20 Uhr, entführen Irina Lopinsky, Mario Podrecnik und Paulus Fina in die Heil’gen Hallen der Oper. Katrin Winkler-Jandl und Martin Mak laden zu drei Kaba- rettabenden, am 5., 12. & 19. August, jeweils 20:20 Uhr. Zeebär en Rock, die Reste einer Schiffskapelle aus dem ironischen Ozean, rocken sich am 25. September um 20:20 Uhr durch ihre abenteuerliche Geschichte. www.heunburgtheater.at l Foto: Nadine Zeintl in Glorious © Alex Settari

Die Kunst und das Klima Lässt sich das Klima noch retten? Ist Klima- schutz Schutz vor den Menschen? Mit die- sen Fragen beschäftigen sich Detlef Löff- ler, Eva Wassertheurer und zahlreiche andere Kunstschaffende. Zu sehen ist die Ausstellung im Rahmen der Triennale des Kunstvereins Kärnten, zeit.čas.tempo, in der Wolfsberger Galerie Muh noch bis 30. August. www.galerie-muh.wg.vu l Foto: E. Wassertheurer, Der Dreck der Zeit © Galerie Muh

86 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Heldin. Herätikerin. Heilige. – Uraufführung der Kirchenfilmoper „Jeanne d’Arc“. Foto: Janus Films Kultur in Feldkirchen Kirchen machen Kunst In den Bildern von Heinz Felbermair Wie vielfältig Kirchenkunst sein kann, zei- kultur.tipp erfährt der Mensch gerade eine neue Form gen zahlreiche sommerliche Konzerte in der Selbstständigkeit und somit gleichzeitig Kärnten und Osttirol. Etwa im Rahmen der Kirchenfilmoper Jeanne d’Arc eine Befreiung im eigenen Dasein. Der Geistlichen Abendmusik der Evangeli- Der Carinthische Sommer in Zeiten der Pande- Künstler stellt noch bis 4. September im schen Kirche Villach, jeweils im Stadtpark. mie: Die Vorgaben an Schutzmaßnahmen gegen Feldkirchner Amthof aus. Danach werden Am 14. August spielt Leon Tscholl an der die Ausbreitung des Corona-Virus stellen auch dort Werke des 2001 verstorbenen Villa- Orgel unter dem Titel Johann Sebastian die Organisation des diesjährigen Festivals vor cher Arztes und Künstlers Konrad Koller Bach – Lehrer, Schüler, Vorbild, am 11. S ep - große Herausforderungen. Um die Einhaltung ausgestellt. Vernissage ist am 17. Septem- tember treten Michael Nowak und Adal- der Sicherheitsabstände gewährleisten zu kön- ber um 19 Uhr, bis 23. Oktober. Zuvor bert Tölgyes unter dem Titel Lufthoheit auf. nen, wurde die Eröffnungsfeier im Juli in die Eis- wird Carlo Coccias Operndrama Caterina www.evang-kaernten.at sporthalle in Steindorf verlegt und wo winters – Macht, Blut und Eifersucht im Amthof Der Dommusikverein Klagenfurt lädt am der Eishockeyverein VSV den gegnerischen aufgeführt. 6.|8.|11.|13.|16.|18.|20.|22. 2. August in der Domkirche zu Musica Sac- Mannschaften zu schaffen macht, kämpft August, jeweils 20:30 Uhr. Am 26. Sep- ra, unter anderem mit Schuberts Messe in diesen Sommer die Jungfrau von Orléans vor tember, 20 Uhr, spielt The Coquette Jazz G-Dur sowie am 9. August in der Domkir- dem Inquisitionsgericht um ihr Leben. Die Rede Band aus Wien ... und noch vieles mehr che zu Mozarts Spaur-Messe in C-Dur, und ist von der Uraufführung des jüngsten Auftrags- unter www.kultur-forum-amthof.at am 15. August in der Domkirche zu werkes des Carinthischen Sommers in der Das Steinhaus in Steindorf am Ossiacher Mozarts Orgelsolomesse in C-Dur. Villacher Stadthalle. Der deutsche Komponist See wird am 12. September um 20 Uhr Konzerte jeweils um 10 Uhr. und Dirigent Johannes Kalitzke, der nach fünf zur Bühne für vier Uraufführungen von Die- www.dommusik-klagenfurt.at Opern bereits mehrfach Orchesterwerke zu ter Kaufmann durch Hortus Musicus, unter Der 41. St. Pauler Kultursommer beginnt expressionistischen Stummfilmen schuf, kom- anderem mit Sopranistin Christa Mäurer am 1. August um 17:30 Uhr im Benedikti- ponierte eine Kirchenoper zu Carl Theodor und Waltraud Russegger als Altstimme. nerstift mit einem Konzert der Möglichkei- Dreyers Opus Magnum „Die Passion der Johan- Weitere Aufführungen von Hortus Musicus: ten. Es folgen zahlreiche weitere Konzerte na von Orléans“. Dieser Film aus dem Jahre O Lieb, wie süß und bitter mit Werken von und einige Festmessen, den Schlusspunkt 1928 zählt nicht nur zu den frühesten Film- Leonhard Lechner am 14. August, 20 Uhr, setzt das Hochfest zu Mariae Himmelfahrt kunstwerken, sondern wurde auch auf Platz in der Krumpendorfer Christ-Königkirche am 15. August. Alle Infos: neun der besten Filme aller Zeiten gewählt. Er sowie am 15. August um 20 Uhr im Villa- www.kuso-stpaul.com l behandelt die letzten Stunden im Leben des cher Bambergsaal. www.hortusmusicus.at Foto: Domkater Pauli © Dompfarre heldenhaften Bauernmädchens, nachdem die- l Foto: Hortus Musicus im Steinhaus © Elmar Weihsman ses als Heerführerin den französischen Truppen zum Sieg über die Engländer im Hundertjähri- gen Krieg verhalf. Kalitzkes „Jeanne d’Arc“ ist jedoch keine bloße Vertonung des Stummfilms, welcher sich mit eindrucksvollen Close-ups auf die Darstellung von Verhaftung, Verhör und schließlich Verbrennung konzentriert. Die Oper, nach einem Libretto von Kristine Tornquist, umfasst auch kurze Szenenintermezzi, welche die historische Erzählung mit überzeitlichen Fragen nach Identität, Rebellion und deren Grenzen zum Fanatismus reflektieren. Denn die Figur der frommen Widerstandskämpferin wur- de im Laufe der Geschichte von verschiedenen Richtungen des politischen Spektrums verein- nahmt. Im Frankreich der Gegenwart wird sie Hinter uns die Sintflut? Zeit und Gehen vor allem von den extremen Rechten gefeiert. Die Galerie Grünspan in Mühlboden/ Die Literatin Karin Prucha hat sich mit den Die Aufführung am 20. August mit Projektion Feffernitz hat junge Kunst-Absolvent*innen Auswirkungen von Covid-19 auseinanderge- auf die große Filmleinwand erfolgt konzertant eingeladen, sich den Herausforderungen setzt, in Form eines Briefkastens. Der zwei- mit dem Kärntner Sinfonieorchester, dem Phil- der Zeit aus kultur- und gesellschaftskriti- te Teil von ZEITEN.GEHEN, Wasserung, wird harmonia Chor Wien und namhaften Solist­ scher Perspektive zu widmen. Unter dem noch bis 4. September am Klagenfurter *innen. Die szenische Umsetzung ist für den Titel Hinter uns die Sintflut? Und dann? Lendkanal, Höhe Europapark, ausgestellt. Sommer 2021 geplant. Was ist das – Zuhause? werden die Ergeb- Teil drei, Lesung im Trockenen, folgt von ● Anna Woellik nisse noch bis 19. September ausgestellt, 17. September bis 17. Oktober in einem Mitarbeiterin der Unterabteilung Kunst und Kultur. Fr-So, 16-19 Uhr. www.gruenspan.org l Klagenfurter Schaufenster. facebook.com/ Uraufführung Foto: Lisa Großkopf, I should quit smoking ACAD 2019 © Lisa Großkopf zeiten.gehen l Foto: ZEITEN.GEHEN BERGUNG © Karin Prucha 20. August, 19:30 Uhr Stadthalle Villach www.carinthischersommer.at

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 87 Wer bist du, Slovenj Gradec? Zwei Ausstellungen zeigt die Koroška galerija likovnih umetnosti aktuell in Slovenj Alpe-Adria-Festival Gradec: „Mon: Metamorphosis“ (bis zum 14. August) präsentiert Arbeiten von Monika Das Kugy Mountain Festival in Malbor- Plemen, die 2019 für den Wettbewerb des Klubs der slowenischen Studentinnen und Stu- ghetto-Valbruna und Chiusaforte soll denten in Kärnten auf die Frage „Wer bist du, Kärnten?“ die richtige Antwort fand. Unter auch in diesem Jahr über die Bühne gehen. dem Pseudonym „Mon“ werden nun die drei Druckserien „Metamorphoses“, „Forma“ und An verschiedenen Orten der Region gibt es „Forma Viva“ zusammengefasst. Wer Slovenj Gradec und seine Umgebung besser verste- Freiluft-Kinos, Seminare, Tagungen und Ver- hen und kennenlernen möchte, hat bis 30. September Zeit „Pecko’s Slovenj Gradec“ zu anstaltungen. Das Festival, das an einem entdecken. Die Schau widmet sich Karl Pecko, dem Innovator des kulturellen Lebens dieser verlängerten Wochenende vom 20. – 23. Region. Er schaffte es sowohl mit seinem eigenen künstlerischen Werk als auch mit regio- August stattfinden soll, begibt sich auf die nalen und internationen Kooperationen und Organisationen, sich und dieser Gegend künst- Spuren des Schriftstellers und Bergsteigers lerisches Gehör auf der ganzen Welt zu verschaffen. www.glu-sg.si l Julius Kugy. Dieser galt als Leitfigur für den Foto: „Mon“, Litographie von Monika Plemen © Glu-Sg Alpe-Adria-Gedanken, stammte aus Görz (geboren 1858), verbrachte aber die meiste

ALPEN-ADRIA-HORIZONTE Zeit seines Lebens in Wien und erwanderte zahlreiche Gebiete in Kärnten als auch Slo- wenien (für Kenner ist sein Name in Bezug auf die Julischen Alpen ein Begriff). Ähnlich dem K3 Festival in Villach, zeigt das Kugy Mountain Festival alpine Filme, die sich hier natürlich besonders mit Kugy beschäftigen oder zumindest in seinem Geiste sind. l Foto: Julius Kugy und Kameraden vor seinem Sommerhaus in Malborghetto-Valbruna © Johann Jaritz

Those were the days Die bis zum 30. August im Volkskundemuseum in Wien ausgestell- ten T-Shirts und Festival-Pässe sind Relikte der Zeit des öffentlichen und gemeinschaftlichen Rock’n’Rolls, wie er um die Welt zog und hun- derttausende Menschen glücklich machte. 2020 waren die Momente der Mediziner*innen, Virolog*innen, Politiker*innen, aber auch neuer Umgangsformen in der Gesellschaft, in der Wirtschaft, in Kultur, Sport und vor allem im Internet. Konzerte wurden und werden digital über- tragen – die Rolling Stones und große Orchester traten im Wohnzim- mer auf, wo auch die Universal Studios ihre neuesten Kino-Blockbus- ter veröffentlichten. Während das gesellschaftliche Leben wieder langsam ins Rollen kommt, hieß es für kulturelle Großveranstaltungen noch ein bisschen länger: „Bitte warten!“ (auf Impfstoffe und Medika- mente). Zeit also, sich an vergangene bessere Tage der Festival- und Konzert-Kultur zu erinnern. Infos: www.volkskundemuseum.at l Foto: Those were the days, Die Zeit der Veranstaltungen © Matthias Beitl, Volkskundemuseum Wien

88 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 Im Spiegel des Anderen Der bemerkenswerten österreichischen Künstlerin Friedl Kubelka vom Gröller wid- met das Museum der Moderne Salzburg bis zum 1. November eine Ausstellung. Mit ihrem Werk und der von ihr gegründe- ten Schule für künstlerische Photographie und der Schule für unabhängigen Film steht Kubelka vom Gröller für eine grundlegende Auseinandersetzung mit den Medien Foto- grafie und Film. Sie beeinflusste und lehrte auch das Künstlerduo Payer/Gabriel, deren aktuelle Ausstellung im MMKK noch bis zum 30. August zu sehen ist. Die Salzburger Schau bietet die Gelegenheit, Friedl Kubel- kas Werk in einer Zusammenschau von Fotoarbeiten und Filmen aus den Beständen der Sammlung Generali Foundation, der Fotosammlung des Bundes und der Samm- lung des Museum der Moderne Salzburg, komplettiert mit Leihgaben der Künstlerin, zu sehen. www.museumdermoderne.at l Foto: „Das erste Jahresporträt“, 1972/73, Sammlung Generali Foundation, Dauerleihgabe an das Museum der Moderne Salzburg, Friedl Kubelka © Werner Kaligofsky

Für die Katze Kennen Sie das Katzinett in Ludwigshafen am Rhein, das Katzenmuseum Traunstein (bei- de in Deutschland) oder jenes in Basel-Riehen in der Schweiz? Nein, etwas weiter westlich in Belgien gibt es auch das Musee du Chat in Brüssel, das sich mit Katzenkunst beschäf- tigt oder in den Niederlanden das Kattenkabinet Amsterdam mit Vierbeiner-Porträts von Picasso, Rembrandt und Toulouse-Lautrec. Dort wurden auch einige Szenen des Films Ocean’s 12 (mit George Clooney und Brad Pitt) gedreht. Im Süden Europas zeigen das Kat- Frachtschiff-Symphony zenmuseum von Kotor in Montenegro und das Katzenmuseum von Lloret de Mar in Spanien 65 Jahre Österreichisches Kulturforum sowohl Gegenstände rund ums Katzenvieh als auch die Katze und ihre besondere Beziehung in Zagreb – bis zum 31. August ertönt ganz zu den Menschen. Einen guten Überblick über alle Katzenmuseen aus ganz Europa (beson- feierlich am Haupthafenbecken Molo Lon- ders auch jenen in Osteuropa), Nordamerika sowie Asien und ihre Schwerpunkte und Tätig- go in der Kulturhauptstadt Rijeka Ebriphons keitsbereiche findet man im Internet unter www.thegreatcat.org. l „Die Frachtschiff-Symphony“. Christina Hin- Foto: Kunst im Kattenkabinet Amsterdam © Jorge Royan terkörner (Komposition) und Patrik Huber (Konzept) erschufen hier eine Symphonie ALPEN-ADRIA-HORIZONTE aus Stahl und Eisen. Auf einem 210 Meter langen, 80 Tonnen schweren und acht Stockwerke hohen Frachtschiff aus Istanbul wurden auf dem Weg nach Brasilien Mikro- fone z. B. im Maschinenraum, auf der Kom- mandobrücke, in Küche oder in Kajüten positioniert. Hinterkörner komponierte aus diesen Geräuschen eine elektroakustische Symphonie, die nun mittels Kopfhörer am städtischen Hafendamm in Rijeka gehört werden kann. www.rijeka2020.eu l Foto: Porträt Christina Hinterkörner © Robert Maybach

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 89 Open-Air-Volkskino im Klagenfurter Burghof. Foto: Volkskino Klagenfurt | Klagenfurter Kunstfilmtage im Lendhafen. Foto: Johannes Puch Kinosommer und Sommerkinos Eine Rundschau.

Die Zwangspause in der Kinobranche rorfilmfestival Fright Nights nach Kla- des großen Claude Lelouch mit Anouk dauerte mehrere Monate und verursachte genfurt zurück. Die besten Filme aus den Aimée und Jean-Louis Trintignant in den einen enormen Schaden. Umso mehr war letzten fünfzehn Festivalausgaben werden Hauptrollen. Dreiundfünfzig Jahre nach die Wiedereröffnung der Spielstätten im von 13. bis 15. August unter freien Himmel seinem Klassiker Ein Mann und eine Frau Juli erfreulich. Im Sommer kommen noch beim Waldwirt gezeigt. Ein besonderer erzählt Lelouch die Geschichte einer gro- einige Open-Air-Veranstaltungen hinzu. Programmpunkt ist die Projektion von Dr. ßen Liebe weiter. Dazu noch die aktuellen „Die Nachwirkungen des Frühlings im Jekyll und Mr. Hyde aus dem Jahr 1920. Filme von Fabienne Berthaud, Marjane Hausarrest werden aus cineastischer Sicht Der Stummfilmklassiker mit John Barry- Satrapi und Mika Kaurismäki. auch im Sommer noch zu spüren sein“, more in der doppelten Hauptrolle wird Das Kulturkino Gmünd beginnt die sagt Fritz Hock, Kinobetreiber und K3- musikalisch von Paul Zlattinger (Violine) Herbstsaison im September mit einer Festivalleiter. Vom Filmstudio Villach und Sebastian Weiss (Gitarre), zwei jungen Umweltfilmreihe u. a. mit den österreichi- werden im Rahmen des Open-Air-Kino- Musikern und Jazz-Studenten aus Klagen- schen Dokumentationen We come as friends sommers Villach im Hof der Musikschu- furt, begleitet. von Hubert Sauper und Rettet das Dorf von le Villach noch bis 14. August einige Im Lendhafen veranstaltet der Verein Teresa Distelberger. Mit der Wiedereröff- interessante Produktionen gezeigt. Zu den lendhauer am 4. und am 5. September die nung machten die Kärntner Kinos einen Höhepunkten zählt Helmut Newton – The Klagenfurter Kunstfilmtage. Kuratiert erfolgreichen ersten Schritt. Es bleibt zu Bad and The Beautiful am 10. August. von Robert Schabus, werden am ersten Tag hoffen, dass sie alle bald den bisher Anlässlich des 100. Geburtstags eines der die Arbeiten der in Gmünd geborenen und gewohnten Betrieb aufnehmen können. berühmtesten Fotografen der Welt erzählt aufgewachsenen Autorin Laurien Bach- ● Slobodan Žakula Gero von Boehm seine aufregende Lebens- mann vorgestellt, die ihre Filme so Cineast und Sendungsmacher bei radio AGORA 105,5. geschichte. Am 14. August folgt Waren beschreibt: „In meinen Arbeiten kombini- einmal Revoluzzer mit Julia Jentsch und ere ich häufig themen- oder ortsbezogene Klagenfurter Kunstfilmtage Manuel Rubey in den Hauptrollen. Die Fundstucke mit digitalen Medien wie Foto- 4. & 5. September, Lendhafen Klagenfurt Regisseurin Johanna Moder wurde heuer grafie, Video und Sound, welche mitunter www.lendhafen.at dafür mit dem Max-Ophüls-Preis in der auch raumgreifend installiert werden.“ Am Kulturkino Gmünd Kategorie „Beste Regie“ ausgezeichnet. zweiten Tag sind die Werke des sloweni- u. a. Umweltreihe, ab September Vor dem Filmbeginn wird Simon Martin- schen Filmemachers Matjaž Ivanišin an www.künstlerstadt-gmünd.at schitz, Poetry-Slammer und Schauspieler, der Reihe. Für seine Filme, die u. a. bei Millino Kino Millstatt Ausschnitte aus dem Drehbuch vorlesen. Festivals in New York und in Rom gezeigt www.kino-millstatt.at Auch das K3 Film Festival wird sich mit wurden, gewann er mehrere Preise. einer eigenen Programmreihe mit Kurz- Mit Systemsprenger von Nora Fingscheidt Film & Gesprächsreihe „Schau hin ...“ ab 5. August, im Wulfenia Kino Klagenfurt filmen beteiligen. beginnt am 5. August die Veranstaltungs- www.wulfeniakino.at Das Volkskino Klagenfurt bietet an reihe Schau hin ... Film & Gespräch im der gewöhnten Location im Burghof wieder Wulfenia Kino in Klagenfurt. Der Film Fright Nights Horrorfilmfestival 13.-15. August, Waldwirt Klagenfurt ein buntes Open-Air-Filmprogramm an, wird von Otto Teischel vorgestellt, der www.frightnights.eu darunter noch bis 28. August Klassiker auch die anschließende Diskussion mode- Wer die Nachtigall stört und Der dritte riert. Es folgt am 2. Oktober Beautiful Boy Filmstudio Villach Open-Air-Kino bis 14. August, Mann, Publikumsmagnete der letzten von Felix van Groeningen, präsentiert von Musikschule Villach Jahre Bohemian Rhapsody und Joker sowie Caroline von Korff. www.kinosommervillach.at preisgekrönte Produktionen Parasite und Das Millino Kino in Millstatt meldet Little Women. sich mit einigen spannenden Highlights Volkskino Klagenfurt Open-Air-Kino bis 28. August, Nach mehreren Jahren kehrt das im Jahr im August zurück. Unbedingt empfehlens- Burghof Klagenfurt 2005 von Heinz Olbrich gegründete Hor- wert ist Die schönsten Jahre eines Lebens www.volkskino.net

90 DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 FILM.TIPPS

Volkskino Klagenfurt KC | Das 1926 gegründete Programmkino der Landeshauptstadt | Kinoplatz 3, 9020 Klagenfurt

ab 7. August ab 28. August ab 11. September Eine größere Welt Waren einmal Revoluzzer Love Sarah FR, B 2019 | Regie: Fabienne Berthaud Österreich 2019 | Regie: Johanna Moder GB, D 2020 | Regie: Eliza Schroeder Nach dem Verlust ihres geliebten Mannes Die Geschichte von zwei befreundeten Paa- Eine junge Frau will nach dem Unfalltod ihrer bricht eine trauernde Musikwissenschaftlerin ren, moderne, urbane, liberale Mittdreißiger, Mutter deren Traum verwirklichen, im Londo- in die Welt des Schamanismus auf und ent- die einem russischen Jugendfreund zur ner Stadtteil Notting Hill eine Konditorei zu deckt in der Mongolei, dass sie dafür eine Flucht nach Österreich verhelfen wollen. eröffnen. Dazu holt sie die Freundin ihrer besondere Gabe besitzt. Fabienne Berthaud Dieser hat sich in seiner Heimat politisch Mutter, ihre Oma als Geldgeberin und einen verfilmte mit dem französischen Kinostar engagiert und ist dadurch in Schwierigkei- arbeitsloser Drei-Sterne-Koch mit ins Boot. Cécile de France die wahre Geschichte von ten geraten. Doch was die Sympathisches Feelgood-Movie, das drei Corine Sombrun, die diese im Buch „Mein Österreicher*innen als Abenteuer begrei- Frauengenerationen in die Welt der kulinari- Leben mit den Schamanen“ verarbeitet hat. fen, bedroht rasch das Gefüge ihrer Freund- schen Köstlichkeiten begleitet. Preview am l Foto: Polyfilm schaft und die Beziehungen zueinander. 27. August im Open-Air-Kino im Burghof! Preis für die Beste Regie: Max-Ophüls-Preis l Foto: Filmladen 2020. Preview am 9. August im Open-Air- Kino im Burghof! l Foto: Filmladen

Infos zu allen Filmen und zum aktuellen Programm finden Sie unter: www.volkskino.net. Unter dieser Adresse haben Sie auch die Möglichkeit, Karten zu bestellen oder das aktuelle Kinoprogramm nach Hause zugesandt zu bekommen. Ermäßigungen für BRÜCKE- Kulturcard-Inhaber KC | Kontakt: 0463 – 319880, [email protected]

Filmstudio Villach KC | Das Nahversorgerkino der Draustadt: Rathausplatz 1, 9500 Villach (im Stadtkino Villach)

2. August, 21 Uhr – Kinosommer Villach ab 4. September 22. & 27. September What You Gonna Do When Il Traditore – Als Kronzeuge Mick Fleetwood & Friends – the World's on Fire? gegen die Cosa Nostra Celebrate The Music IT, FR 2018 | Doku | Regie: Roberto Minervini IT, FR, D, BRA 2019 | Regie: Marco Bellocchio of Peter Green Es hätte ein Film über die Musik der 1930er- Im Stil großer Kino-Epen wie „Der Pate“ GB 2020 | Regie: Martyn Atkins Jahre in Louisiana werden sollen, doch Regis- inszeniert Marco Bellocchio die wahre Mick Fleetwood hat eine herausragende seur Roberto Minervini änderte sein Vorha- Geschichte der schillernden Persönlichkeit Besetzung von Musiker*innen zusammenge- ben, als 2017 der Afroamerikaner Alton Ster- Tommaso Buscetta, der als Kronzeuge gegen stellt, darunter Namen wie David Gilmour, ling von der Polizei erschossen wird. Entstan- die Cosa Nostra auftritt. Kraftvoll und virtu- Kirk Hammett, Pete Townshend oder Billy den ist ein Film über die Brüder Ronaldo und os, doch fern jeder Mafia-Glorifizierung, ist IL Gibbons. Gemeinsam zelebrieren sie in Titus, die sich zwischen Boxunterreicht und TRADITTORE eine unbeschönigte Reise in einem herausragenden Konzert die Musik Rassenlehre auf ein brenzliges Leben vorbe- Italiens Unterwelt. l Foto: Filmladen des legendären Gitarristen und Gründungs- reiten. l Stadtkino Filmverleih mitgliedes von Fleetwood Mac – Peter Green. l Foto/Poster: Schülke Cinema Consult

Das monatliche Programmheft wird auf Anfrage per Telefon oder per E-Mail zugesandt. Alle Filme sind im Detail auf der Homepage www.filmstudiovillach.at sowie auf Facebook (Filmstudio Villach) einsehbar. Auf Anfrage werden auch spezielle Schulvorstellungen angeboten – ab 80 Personen zu einem Sonderpreis von 5 Euro p. P. (normal: 8,50 Euro | Ermäßigungen zum Preis von 7,50 Euro erhalten Inhaber der BRÜCKE-Kulturcard KC und der FH-StudentInnencard sowie Lehrlinge und SchülerInnen bis 19 | 10er-Block: 75 Euro). | Kontakt: 0650 – 920 40 35, [email protected] sowie über das Stadtkino Villach: 04242 – 27 000 | Kassa ab 17:30 Uhr

DIE BRÜCKE Nr. 19 | Brückengeneration 5 91 JAHRESABO um 27,80 Euro

IN DIE KULTUR EIN.TAUCHEN DIE BRÜCKE Jahresabo (6 Ausgaben) frei Haus inkl. Kultur Card Kärnten für ermäßigte Eintritte um 27,80 Euro Abobestellungen unter: E [email protected] T 050 536 – 34032 www.bruecke.ktn.gv.at