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Diese Arbeit ist dem Heimatverein Haren gewidmet. In ihr sollen im Groben die geologischen Ereignisse der letzten 2,6 Millionen Jahre beschrieben werden. In diesem Zeitraum fanden für die Gestaltung der heutigen Landschaft maßgebende Prozesse statt.

Das ist geologisch betrachtet ein Teil der durch eiszeitliche Ablagerungen geprägten norddeutschen Tiefebene – weite flache Ebenen mit Grundmoränen, Geestkörper wie z.B. östlich von Haren-Raken oder bei Haren-Tinnen, Endmoränenzüge, wie z.B. die Lingener Höhen aber auch große Moore die erst nach der letzten Vereisung entstanden. Doch bevor die Eiszeit Einfluss auf die Landschaftsgestaltung unserer Region nehmen konnte, waren große Teile Norddeutschlands, somit auch das Emsland von der damaligen Nordsee bedeckt. Erst als es vor ungefähr 2,6 Millionen Jahren durch geotektonische Prozesse zu Landhebungen kam und sich das Klima mehr und mehr abkühlte spielten die nachfolgenden Vereisungen ein große Rolle auf die Gestaltung unserer Umwelt.

Die Urweser - ein Teil des emsländischen Landschaftsbildes Das Eiszeitalter, auch Pleistozän genannt, begann vor etwa 2,6 Millionen Jahren und endete vor etwa 10.000 Jahren. Schon zu Beginn dieses Zeitalters fand weltweit eine merkliche Abkühlung statt. Erste kalte Phasen mit Vergletscherungen auf dem skandinavischen Festland, so genannte Glaziale , fanden statt und wechselten sich wieder mit wärmeren Phasen, den so genannten Interglazialen, ab. Erst ab dem mittleren Pleistozän, vor etwa 400.000 bis 150.000 Jahren, schoben sich mindestens dreimal die großen skandinavischen Gletscher über unsere Region hinweg und veränderten dabei unsere Landschaft nachhaltig. Im frühen Pleistozän jedoch, als die skandinavischen Gletscher Norddeutschland noch nicht erreichten, kam es in den Mittelgebirgen zu enormen Produktionen von Frostschutt, die bei einer Schneeschmelze von den Flüssen als Flusskies abtransportiert wurden. Solche Flusskiese aus der Zeit des frühen Pleistozäns sind in unserer Region in Saugbaggereien wie z.B. in , in oder auch früher in einer Kiesgrube in Lindloh anzutreffen. Es sind Buntsandsteine (Wesersandstein) aus dem Solling, schwarze Kiesel aus dem Sauerland, Gangquarze aus dem Harz und Porphyre und Granite aus dem Thüringer Wald, also alles Gesteine aus dem Einzugsgebiet von Mulde, Werra, Fulda und Weser. Eine von K.D. MEYER im Jahre 1999 durchgeführte Geschiebe,- bzw. Geröllanalyse aus der ehemaligen Kiesgrube Lindloh beinhaltete etwa 26% Buntsandstein (Wesersandstein), 10% Lydite südlicher Herkunft und 2% Granite aus dem Thüringer Wald. Bemerkenswert ist dabei, dass auch baltischer Bernstein in diesen Kiesen gefunden werden kann. Neueste Arbeiten (HUISMAN, 2008) beschreiben, dass dieser Bernstein im Miozän, vor etwa 20 Millionen Jahren von einem Flusssystem aus dem Ostseegebiet in den Raum Bitterfeld verfrachtet wurde, der dann im frühen Pleistozän von den Vorläufern der Saale oder Mulde aufgenommen und schließlich von der Urweser in unseren Raum weiter verfrachtet wurde (Abb.2).

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Abb.1: Zu Schmuck verarbeiteter baltischer Bernstein aus einer ehemaligen Saugbaggerei in der Nähe von Haren. Collection Pinkernell, Hagen u. Luttermann

Etwa zeitgleich flossen Schmelzwässer der Gletscher in Skandinavien teils in südwestlicher Richtung ab und brachten auch aus dem Gebiet Schwedens, der heutigen Ostsee, Finnlands, Estlands und weiter östlich davon Gesteinsmaterial in unsere Region, welches ebenfalls in den oben beschriebenen Saugbaggereien anzutreffen ist. Als eine seltene Komponente dieses Gesteinsmaterials ist baltischer Bernstein zu nennen. Etwas häufiger sind dort silifizierte Kalksteine, die oft eine wunderbar erhaltene fossile Fauna wie z.B. Trilobiten beherbergen, sowie isolierte fossile Schwämme und Korallen zu finden. Das Alter dieser Fossilien ist auf etwa 450 Millionen Jahre festgelegt. Sie waren in der Fachliteratur schon häufig Gegenstand von Arbeiten. Dieses nach Südwesten abfliessende Schmelzwassersystem, welches auch das „Baltische Flusssystem“ genannt wird, vereinigte sich im frühen Pleistozän irgendwo im norddeutschen Raum mit dem aus südöstlicher und östlicher Richtung kommenden Flusssystem der Urweser um dann in Richtung Westen in die damalige Nordsee zu münden (Abb.2). Große Mengen von Sand, Geröll und teilweise auch große Blöcke wurden dabei im westlichen Niedersachsen und den angrenzenden Niederlanden abgelagert. Heute wird dieses annähernd vorsortierte Material in vielen Saugbaggereien und Kiesgruben im Emsland und in der Grafschaft Bentheim abgebaut.

Seite 2 von 12 Abb. 2: Nordwesteuropäische Flüsse während der Pliozän/Pleistozän – Grenze. Darstellung nach Zagwijn 1985, History of the northwest Nordsee 1 European rivers during 2 the past three million years, Cambridge

Im ausgehenden Pliozän und im frühen Pleistozän entwässerten in Skandinavien wahrscheinlich frühe Gletscher, die sich im norwegischen Gebirge bildeten, oder auch enorme Schneemassen im Frühjahr nach Südwesten. Dieses Entwässerungssystem wird das baltische Flusssystem genannt. Ausläufer dieses Systems durchquerten im frühen Pleistozän auch das Emsland, siehe Nr.1. Sie brachten Gesteine aus Schweden, dem Baltikum, Finnland und Russland mit. In diesen Ablagerungen kann man heute baltischen Bernstein und sehr schöne silifizierte Fossilien finden. Die Ostsee existierte zu dieser Zeit noch gar nicht. Erst die Gletscher der darauffolgenden Eiszeit räumten dieses vorgeformte Relief aus und die Ostsee entstand. Gleichzeitig entwässerte ein Flusssystem oder die Urweser aus Richtung Südosten kommend enorme Schmelzwassermengen nach Nordwesten, siehe Nr.2. Sie brachten Gesteine aus dem Harz, dem Solling, dem Wesergebirge sowie den Thüringer Wald mit. Auch einige Funde von Bernstein stammen wahrscheinlich, nachdem er mehrfach umgelagert wurde, aus dem Bitterfelder Raum. Er wurde ebenfalls nach Nordwesten transportiert (HUISMAN, 2008).

Das mittlere Pleistozän – Haren unter einem dicken Eispanzer Im mittleren Pleistozän erreichten in der Elster-Eiszeit die skandinavischen Gletscher erstmals das nördliche Emsland. Ablagerungen dieser Eismassen mit Geschiebeführung, als Geschiebe werden Steine oder Blöcke bezeichnet, die von Gletschern oder Inlandeis von ihren Ursprungsort verfrachtet und in Moränen abgelagert worden sind, enthalten viel Material aus Norwegen, speziell aus dem Oslofjord. Als ein charakteristisches Geschiebe ist dabei der Rhombenporphyr, (Abb.3), kenntlich an seinen spitz-rhombisch geformten Feldspat-Kristallen, zu nennen. Er stellt somit ein ideales Leitgeschiebe dar. Leitgeschiebe sind Geschiebe aus einem Stein mit gut bekannten und eng begrenzten Herkunftsgebiet, das Rückschlüsse über die Strömungsrichtung des Gletschers oder des Inlandeises zulässt.

Seite 3 von 12 Aufgrund seiner Geschiebeführung mit viel norwegischem Material wird angenommen, dass die Elster-Gletscher über die Nordsee in unser Gebiet hereinbrachen. Es wird vermutet, dass diese Gletscher auf der ungefähren Linie Werpeloh – Renkenberge - Walchum, vielleicht auch nördlich davon stoppten, denn im Gegensatz zu der Kiesgrube in Werpeloh und den Saugbaggereien in Renkenberge und Walchum, wo regelmäßig diese norwegischen Geschiebe gefunden werden, sind in den Kiesgruben südlich davon gar keine oder nur sehr selten norwegische Geschiebe zu finden.

Abb. 3: Rhombenporphyr, Abb. 4: Herkunftskarte der Leitgeschiebe, Fundort: Kiesgrube Schlangen, Werpeloh Roter Pfeil od. Nr.21 Rhombenporphyr. (aus WWW.Kristallin.de , Matthias Bräunlich)

In einigen Aufschlüssen, wie z.B. in der Sandgrube Schlangen bei Werpeloh, werden diese kiesigen Lagen mit norwegischem Geschiebematerial von weißgelben, parallel geschichteten feinkörnigen Sanden unterlagert. Sie bilden häufig in Aufschlüssen die unterste Einheit und werden daher auch Sockelsande genannt. Da es viele Übereinstimmungen mit den elsterzeitlichen Sanden der Peelo – Formation der Niederlande gibt, sind diese Sockelsande als sehr wahrscheinlich elsterzeitlich anzusehen. Sockelsande sind im Hümmling und südlich davon bis in die Provinz Drenthe in den Niederlanden weit verbreitet. Rund um Haren kann man diese Sande am Hilterberg, am Stertberg (Emener Schweiz), am Emmelner Berg und auch in – Hemsen antreffen. Sie werden heute häufig als Füllsand abgebaut oder finden in der Herstellung von Kalksandstein Verwendung. Als weitere elstereiszeitliche Ablagerungen sind dunkelgraue bis bläuliche Tone zu nennen, die auch als Lauenburger Ton bezeichnet werden. Es sind vom elsterzeitlichen Gletscherschmelzwasser transportierte feine Partikel wie Ton und Schluff, die in Niederungen abgelagert wurden. Diese Tone treten heute nur noch im ostfriesischen Raum an die Erdoberfläche. Sie werden seit jeher für die Herstellung von Ziegeln abgebaut. Ein weiteres oberflächennahes Vorkommen dieses Tons befand sich bei Altenberge. Hier wurde dieser Ton in der Vergangenheit für die alte Ziegelei in Rütenbrock zur Herstellung von Ziegeln abgebaut. Die Kirche von Rütenbrock zum Beispiel wurde aus diesen Ziegeln erbaut. Heute zeugt nur der Name „Alte Kleikuhle“ von seiner ehemaligen Existenz. Da der Lauenburger Ton nur im ostfriesischen Raum an die Erdoberfläche tritt, ist anzunehmen, dass die Gletscher der nachfolgenden Saaleeiszeit den Ton der Kleikuhle aus der Tiefe nach oben aufgeschuppt haben.

Seite 4 von 12 Mit der nachfolgenden etwa 16.000 Jahre andauernden Warmzeit, dem Holstein- Interglazial, kam die Flora und Fauna wieder zurück ins Emsland. Wahrscheinlich war das Klima in dieser Warmzeit während seines Optimums etwas wärmer als Heute. Waldelefanten und andere Großsäuger dürften auch rund um Haren gelebt haben. Ob auch der frühe Mensch, etwa Homo erectus oder der frühe Neandertaler hier schon jagte, wie z.B. durch Funde im Raum Schöningen bei Helmstedt nachgewiesen, kann nur vermutet werden.

Mit der Klimaverschlechterung am Ende der Holstein-Warmzeit, dem Beginn der Saale-Eiszeit, vermischte sich ein letztes Mal Wesermaterial mit nordischem Material aus den Schmelzwässern der heranrückenden Gletscher. Ablagerungen dieser Materialmischungen sind heute in einer stillgelegten Sandgrube in Renkenberge zu finden.

In der frühen Saaleeiszeit überfuhren die Gletscher erstmals das Gebiet um Haren. Auf Grund der Leitgeschiebeführung sind mindestens zwei, sehr wahrscheinlich aber drei Gletschervorstöße nachgewiesen. Dieses Stadium der frühen Saaleeiszeit mit seinen Vereisungen wird Drenthe-Stadium genannt. Der erste drenthezeitliche Gletscher brachte viel Material aus Südschweden mit. Er hatte von allen drei Vorstößen die größte Verbreitung. Seine Eismassen drangen in die westfälische Bucht ein, überschritten im Süden stellenweise die Ruhr und erreichten im Westen die Gegend um Amsterdam. Auch überfuhren diese Eismassen das Wiehengebirge und den Teutoburger Wald und drangen bis in die Gegend um Paderborn vor. Hellbraune bis ockerfarbene Geschiebelehme, die in unserer Region weit verbreitet sind, werden als Ablagerungen dieser Eismassen gedeutet. Sie liegen häufig diskordant auf den Sockelsanden auf wie es z.B. ein Aufschluss in Meppen-Hemsen (Abb.5) oder die zur Ems gerichtete Abbruchkante des Stertberges zeigen.

Abb.5: weißgelbe Sockelsande liegen diskordant unter etwa 1,2 m mächtigen ockerfarbenen Geschiebelehm des ersten frühsaalezeitlichen Eisvorstoßes. Aufschluss bei Meppen-Hemsen, 2008

Seite 5 von 12 Über die Mächtigkeiten dieser Eismasse können nur Vermutungen gemacht werden. Geht man davon aus, dass das Eisschild in Skandinavien eine Mächtigkeit von ungefähr 2000 bis 3000 Metern hatte und nach SKUPIN, SPEETZEN und ZANDSTRA 1993 seine Mächtigkeit in der westfälischen Bucht noch etwa 200 Meter betrug, könnte das Eis in unserer Region noch um die 300 Meter mächtig gewesen sein.

Haren Abb. 6: Maximale Ausdehnung des ersten saalezeitlichen Eisvorstoßes in der westfälischen Bucht und angrenzenden Gebieten nach SKUPIN, SPEETZEN und ZANDSTRA , 1993.

Abb. 7: Findling oder eiszeitliches Geschiebe an einer Wegekreuzung in Haren-Düneburg. Das Volumen dieses Findlings beträgt etwa 2 bis 3 m 3. Es handelt sich um einen grobkörnigen Granit der seinen Ursprung vermutlich in Südschweden hat.

Nach einer kurzen Stagnationsphase brachte nun der darauf folgende zweite saalezeitliche Eisvorstoß viel Material aus Mittelschweden, hauptsächlich aus der Region Dalarne mit. Da seine Ablagerungen nicht so flächendeckend verbreitet sind, kann davon ausgegangen werden, dass seine Eismassen von den Toteismassen des ersten saalezeitlichen Gletschers umgelenkt und kanalisiert wurden. Auch war die Ausdehnung in der westfälischen Bucht nicht mehr so groß, wie die des ersten saalezeitlichen Eisvorstoßes.

Seite 6 von 12 Der dritte und letzte frühsaalezeitliche Eisvorstoß drang wahrscheinlich aus nordöstlicher oder östlicher Richtung in das norddeutsche Tiefland ein. Moränen dieses Gletschers haben häufig eine rote Färbung und werden ab und zu im Raum Weser-Ems bei Erdarbeiten angetroffen. Dieser Eisvorstoß brachte Geschiebe- material hauptsächlich aus Ostfennoskandien, d.h. aus Südwestfinnland, den finnischen Aland-Inseln, der nördlichen und mittleren Ostsee und Estland mit.

Abb.8: Findling oder eiszeitliches Geschiebe an der gleichen Wegekreuzung in Haren-Düneburg. Es handelt sich um einen Aland-Rapakivi und stellt somit ein Leitgeschiebe dar. Man kann ihn leicht an den weißgelben Ringen aus Plagioklas erkennen. Wie sein Name schon sagt, hat dieser Stein sein Ursprungsgebiet von den oder rund um die südwestfinnischen Aland-Inseln, siehe Abb. 4, schwarzer Pfeil. Er ist vermutlich mit dem 3. drenthezeitlichen Eisvorstoß ins Emsland gekommen.

In Ablagerungen des dritten Eisvorstoßes können, falls die Kalksteine noch nicht verwittert sind, wunderbare Fossilfunde, wie z.B. Korallen, Stromatoporen und Trilobiten gemacht werden, die ihren Ursprung in Schweden, der mittleren Ostsee oder Estland haben. Obwohl die Vereisungen des Drenthe-Stadiums in unserem Raum in einzelnen Schüben stattfanden, sind sie doch mehr oder weniger als ein kontinuierlicher Vorgang anzusehen, wobei unsere Region seit dem ersten Eisvorstoß ständig vom Inlandeis bedeckt war und stagnierendes und aktives Eis sich räumlich und zeitlich abwechselten. Ablagerungen dieser drei Eismassen sind im Raum Haren vor allem auf den Geestkörpern westlich der Ems von Altharen bis Wesuwe sowie östlich der Ems in der Rakener Heide, der Emener Schweiz, dem Flachen Sand südlich von Emmeln, dem Tinner Loh und dem Höhenzug östlich von Tinnen zu finden. Es sind hauptsächlich die bereits beschriebenen hellbraunen bis ockerfarbenen Geschiebelehme, die dem ersten saalezeitlichen Eisvorstoß zugerechnet werden, aber auch Großfindlinge, zum Beispiel der „Große Stein von Raken“, die nicht selten bei Erdarbeiten gefunden werden. Die vor allem bei der Kartoffelernte zusammengetragenen Steinhaufen sind auch Relikte dieser Eisvorstöße, wobei diese häufig Steine aus Südschweden und der südlichen Ostsee, wie zum Beispiel den Feuerstein als Reste des ersten Eisvorstoßes oder Aland-Rapakivis aus Südwestfinnland als Reste des dritten Eisvorstoßes beinhalten. Nach einer kurzen Erwärmung und dem Abtauen des Eises fand in etwa in der zweiten Hälfte der Saaleeiszeit eine erneute Klimaverschlechterung statt. In dieser Zeit, welche Warthe-Stadium genannt wird, schoben sich wieder Gletscher, aus Skandinavien kommend, nach Norddeutschland vor. Sie erreichten allerdings nur noch die Lüneburger Heide und das Emsland war somit eisfrei. Hier ist eine tundrenähnliche Landschaft zu vermuten, die sehr wahrscheinlich in den kältesten Phasen des Warthe-Stadiums vom frühen Menschen und eiszeitlichen Tieren nicht bewohnbar war.

Seite 7 von 12 Schon zu Beginn des Warthe-Stadiums fand eine Abtragung und Alterung des im Drenthe-Stadium von den Gletschern gebildeten Reliefs statt, die, lässt man das Zutun des Menschen außer Betracht, noch bis heute andauert. Vor etwa 128.000 Jahren folgte nach der Saale-Eiszeit das etwa 11.000 Jahre andauernde Eem- Interglazial. Mit ihm kam wieder die warmzeitliche Flora und Fauna zurück, die sich bis auf einige Ausnahmen wenig von der heutigen unterscheidet. Im Klimaoptimum dieser Warmzeit waren die Temperaturen sogar noch um einige Grade höher als heute und die Winter waren praktisch eisfrei, was Voraussetzung für das heimisch werden von Tieren wie den Waldelefanten oder das Flusspferd in unseren Breiten war. Einen schönes Zeugnis der Eem- Warmzeit stellt eine im Dezember 2008 in einer Sandgrube des Hartsteinwerkes in Haren-Raken aufgeschlossene etwa 1,2 Meter mächtige Torfbank dar. Es handelt sich um einen Bruchwaldtorf, der auf feinkörnigen Schmelzwassersanden aufliegt. Von dem Torfprofil wurden 2009 Proben für eine Pollenanalyse entnommen. Da das Torfprofil fast das gesamte Eem umfasst, spiegelt das Ergebnis dieser Pollenanalyse den Klimaverlauf dieser Warmzeit gut wider: Zu Beginn der Eem-Warmzeit war das Klima noch relativ kalt und trocken, es konnten sich hauptsächlich Kiefern und Birken behaupten. Mit dem allmählichen Wärmer- werden konnten sich immer mehr Laubäume, wie z.B. Erle oder Ulme ansiedeln. Das Klimaoptimum war hauptsächlich mit Eichenmischwald vertreten. Nach diesem Optimum wurde es wieder kühler, eine neue Eiszeit kündigte sich an, es traten Kiefern und Birken auf, die zu Beginn der neuen Eiszeit schließlich wieder verschwanden.

Abb. 9, links: Interglazialer Torf von Raken Foto von Dezember 2008.

Abb.10, unten: Ergebnis der Pollenanalyse des Interglazialen Torfes nach STRITZKE und, NAMYSLO, 2010. Die Kurve links spiegelt das Vorkommen der Kiefer wider, die zweite Kurve von links die der Fichte, die sechste von links Kurve die der Birke, die vierzehnte von rechts die der Besenheide sowie die die fünfte von rechts die der Torfmoose, die erste von rechts die der Farne.

Weichsel -Kaltzeit

Eem -Warm zeit

Sa ale -Kaltzeit

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In dieser neuen vor etwa 115.00 Jahren beginnenden Eiszeit, der Weichsel – Eiszeit, waren die skandinavischen Gletscher wieder auf dem Vormarsch. Die Gletscher erreichten das Emsland aber nicht mehr. Sie bedeckten während ihrer maximalen Ausdehnung nur noch das östliche Schleswig-Holstein, das gesamte Mecklenburg-Vorpommern sowie fast ganz Brandenburg. Die Region um Haren war in dieser Zeit Bestandteil einer polaren Strauchtundra und bei teilweise etwas höheren Temperaturen Bestandteil einer grasreichen Steppe, wie sie vielleicht heute noch in der Mongolei anzutreffen ist. Kältegewohnte Tiere wie das Mammut, Rentier oder Wollnashorn waren Bestandteil dieser eiszeitlichen Fauna. Sie waren Beutetiere von Raubtieren wie Höhlenlöwe, Hyäne oder in südlichen Regionen dem Höhlenbären. Aber auch Menschen wie der Homo neandertalensis oder später Homo sapiens mussten sich in der polaren Landschaft behaupten. In dieser Zeit fand im Emsland aufgrund einer fehlenden Vegetation eine weit reichende Erosion der in der Saaleeiszeit gebildeten eiszeitlichen Landschaft statt. Frost, Wasser und Wind hatten hier ein leichtes Spiel. Das Frieren und sommerliche Auftauen der obersten Bodenschichten begünstigte häufig ein Bodenfließen – ausgedehnte Decken aus lockeren Boden bewegten sich hangabwärts.

Abb.11: Durch Bodenfließen und Kryoturbationen gestörte saalezeitliche Schmelzwassersande. Abschließend bedeckt durch parallel geschichtete weichselzeitliche Flugsande. Nordwand der Sandgrube in Haren-Raken 2010

Flüsse aus dem Süden, vielleicht auch der Vorläufer der Ems, wuschen in den jahreszeitlich bedingten Hochwasserphasen enorme Sandmassen fort und lagerten diese als Talsande in den Niederungen wieder ab. In den trockenen Phasen des Hochglazials schließlich konnte der Wind aufgrund der fehlenden Vegetation enorme Sandmengen transportieren und als Dünen wieder ablagern. Solche Dünen sind im Emsland weit verbreitet. Sie überdecken häufig weichselzeitliche Talsande oder diskordant saalezeitliche Schmelzwassersande.

In der vor etwa 12.000 Jahren rapide beginnenden jetzigen Warmzeit, dem Holozän, konnte die wärmeliebende Fauna und Flora wieder ins Emsland zurückkehren. Bis auf einigen Ausnahmen glich sie der wärmeliebenden Fauna und Flora der Eem-Warmzeit. Da das Klima in dieser jetzigen Warmzeit in unserer Region atlantisch geprägt ist, das heißt relativ milde Winter, feuchter Frühling, Sommer und Herbst, entsteht in der Regel ein Überschuss von Wasser und es entstanden, als der Mensch noch keinen Einfluss auf das Landschaftsbild genommen hatte, in den Niederungen häufig Seen oder Feuchtgebiete die im Laufe der Zeit verlandeten und sich zu Mooren ausbildeten.

Seite 9 von 12 Diese Moore haben bzw. hatten besonders im westlichen Emsland eine enorme Verbreitung. Durch die Torfgewinnung besonders in den zwei letzten Jahrhunderten, sowie durch die Kultivierung nach dem Zweiten Weltkrieg sind große Moorflächen verloren gegangen, deren Überreste heute zu schützen sind.

Der Einfluss der Ems auf unser Landschaftsbild Vom Drenthe-Stadium der Saaleeiszeit bis frühen Pleistozän existierte ein Flusslauf, der vergleichbar mit der heutigen Ems ist noch nicht. Das baltische Flusssystem und die Urweser (Abb. 2) entwässerten nach Westen durch das heutige Emsland und die Niederlande in die damalige Nordsee. Nachdem die elster,- und saalezeitlichen Eismassen das Ostseebecken ausschürften konnte das baltische Flusssystem nicht mehr bestehen. Auch die Urweser änderte, wahrscheinlich am Ende der Saaleeiszeit, erstmals ihren mittleren und unteren Flusslauf. Im Westen war ihr uralter Flusslauf nun durch Endmoränenzüge des Drenthe-Stadiums versperrt. Sie zwängte sich nun durch die Nienburger Geest nach Norden und schüttete ihre Kiessandkörper nach Norden hin auf. Für das Emsland trat jetzt die Ems mehr ins Erscheinungsbild. Während ihr Flusslauf im Münsterland im Drenthe-Stadium vom Eis erodiert und später noch nach Westen abgedrängt wurde, verlief ihr mittlerer und unterer Flusslauf, wahrscheinlich am Ende der Saaleeiszeit, nun nach Norden. Hier lagerte sie, wie auch die Hase, ihre Sandmassen ab.

Abb. 12: Die nordwesteuropäischen Flusssysteme am Ende der Saaleeiszeit. Auch die Ems (1) dürfte seit dieser Zeit erstmals ihren Verlauf nach Norden gerichtet haben. Darstellung nach Zagwijn 1985, History of the northwest European rivers during the past three million 1 years, Cambridge

Heute erscheint die Ems als ein ruhig dahinfließender Fluss, der seit jeher durch das von ihr geschaffene Flussbett fließt. Tatsächlich aber hat sie in der Vergangenheit oft einen anderen Verlauf gehabt. Ihr Flusslauf verlief zum Beispiel vor etwa 5000 Jahren südlich von Haren beginnend in Richtung Nordwesten über das heutige Tausendschrittmoor, dann wieder nach Nordosten über das Landegger Moor, wo sie wieder ihr heutiges Flussbett erreichte. Markante etwa 2 bis 3 Meter hohe Bruchkanten, wie z.B. südlich des Industriegebietes Boschstraße, am Husberg und in Landegge Tenge zeugen von dem Mäandrieren der Ems in der Vergangenheit. Das Gebiet um Landegge-Sande und der Landegger Berg waren zu dieser Zeit sehr wahrscheinlich eine Insel. Auch die Bruchkante am westlichen Rand vom Wesuweer und Harener Brook geben Zeugnis davon.

Seite 10 von 12 In östlicher Richtung dürfte die Ems, zumindest was das Harener Gebiet betrifft, nicht so sehr mäandriert haben. Die von der Saaleeiszeit gebildeten Geestkörper bei Emen und Raken stellten eine natürliche Barriere dar. Auch hier sind markante Abbruchkanten zu finden.

Abb. 12: Das Eiszeitalter in Niedersachsen und geologische Prozesse im Emsland Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Bodenforschung, 2004

Moorbildung, anthropogen bedingte Dünenbildung, Anstieg des Meeresspiegels

Dünenbildung, Kryoturbationen, Fließerden, Talsande , weitere Erosion der saalezeitlichen Geestkörper. Die Ems baut ihr Flussbett weiter aus.

Zyklischer Klimawechsel zwischen kalten und warmen Phasen (Stadialen und Interstadialen). Teilweise Erosion der saalezeitlichen Geestkörper. Weiterer Ausbau des Emsvorläufers.

Moor,- und Torfbildung wie z.B. Haren-Raken.

Emsland Teil polarer Tundra. Emsvorläufer

Skandinavische Gletscher überfahren dreimal das Emsland und bauen Geestkörper und Endmoränenwälle auf.

Moorwachstum, Bodenbildung. Ein letztes Mal Ablagerungen der Urweser im Emsland.

Lauenburger Ton (Kleikuhle Altenberge).

Die skandinavischen Gletscher erreichen erstmals den ostfriesischen Raum und das nördliche Emsland.

Das baltische Flusssystem und die Urweser lagern große Mengen Sand und Kies in Westniedersachsen und die Niederlande ab

Teile der Niederlande und Norddeutschlands von Nordsee bedeckt

Seite 11 von 12 Dank: Der Autor dankt Herrn Dipl. Geol. Dr. Eckhard Speetzen, Steinfurt-Borghorst für die Durchsicht dieser Arbeit, Herrn Dipl. Geol. Prof. Dr. Klaus-Dieter Meyer, Burgwedel-Oldhorst für die Bereitstellung der Daten der Kieszählung aus Lindloh sowie Herrn Hermann Büter, Haren-Altenberge für die Bereitstellung einiger Proben Lauenburger Tons aus der Kleikuhle Altenberge.

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