Auf Den Spuren Von Julius Hirsch
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AUF DEN SPUREN VON JULIUS HIRSCH DIE DEPORTATION NACH AUSCHWITZ IM MÄRZ 1943 IMPRESSUM Herausgeber: DFB-Kulturstiftung Otto-Fleck-Schneise 6 60528 Frankfurt/Main Verantwortlich für den Inhalt: Olliver Tietz Texte: Sofern nicht anders gekennzeichnet, alle historischen Texte von Juliane Röleke und Dr. Andreas Kahrs Redaktion: Robert Claus, Maren Feldkamp, Dr. Andreas Kahrs, Daniel Lörcher, Juliane Röleke, Eberhard Schulz, Olliver Tietz Layout und Produktion: b2 mediadesign Ulanenplatz 2 · 63452 Hanau [email protected] AUF DEN SPUREN VON JULIUS HIRSCH STATIONEN UND OPFER DER DEPORTATION 33 DIE DEPORTATION NACH AUSCHWITZ STUTTGART Stuttgart/Karlsruhe 34 IM MÄRZ 1943 Chaskel Schlüsselberg 36 TRIER Trier 38 Heinz Kahn 40 DÜSSELDORF/ Düsseldorf/Essen 42 ESSEN Elfriede Falkner 44 Imo Moszkowicz 46 DORTMUND Dortmund 48 Hans Frankenthal 50 PADERBORN Paderborn 52 Peter Wolff 54 BIELEFELD Bielefeld 56 Lotte Windmüller / Paul Hoffmann 58 Familie Voos 62 HANNOVER Hannover 66 Familie Alexander 68 VORWORT 4 Exkurs: Felix Linnemann und die Deportation der Sinti und Roma 70 ZUR ENTSTEHUNG UND ZUM EINSATZ DER MATERIALIEN 6 DRESDEN Dresden 72 Justin Sonder 74 DER KARLSRUHER KAUFMANN UND Heinz Meyer 76 FUSSBALLSPIELER JULIUS HIRSCH 10 DAS DEUTSCHE KONZENTRATIONS- UND DIE DEPORTATION VON JULIUS HIRSCH VERNICHTUNGSLAGER AUSCHWITZ-BIRKENAU 78 IM KONTEXT DER NATIONALSOZIALISTISCHEN VERNICHTUNGSPOLITIK 24 AUSGEWÄHLTE LITERATUR UND LINKS 92 VORWORT Unter den Lebensgeschichten der im Nationalsozialismus verfolgten Die vorliegende Publikation ist ein Teil dieser Erinnerungskultur des und ermordeten Sportler*innen ist die Biografie von Julius Hirsch heute Fußballs. Der Name des Karlsruher Kaufmanns und Nationalspielers historisch gründlich, ja vorbildlich erschlossen. Damit ist sie eine sel- Julius „Juller“ Hirsch ist heute im und zum Teil sogar über den Fußball tene Ausnahme. Bis in die 1980er und 1990er Jahre wussten wir fast gar hinaus ein Begriff. Neben der Benennung einer Straße in seiner Heimat- nichts von den jüdischen Frauen und Männern, die als Aktive, Trainer*in- stadt Karlsruhe und von Sportanlagen in Pfinzbachtal, Berlin und Fürth nen, Betreuer*innen, Funktionsträger*innen, Sponsoren oder Journa- hat dafür vor allem der 2005 vom Deutschen Fußball-Bund gestiftete list*innen den Sport in ihrer Zeit geprägt haben. Julius Hirsch Preis beigetragen, der jedes Jahr Menschen auszeichnet, die sich für Demokratie und Menschenwürde und gegen Rassismus, Es hat mehrere Nachkriegsgenerationen gedauert, zumindest einige ihre Antisemitismus und Diskriminierung einsetzen. Namen und Lebensgeschichten aus dem historischen Dunkel des Ver- gessens, Verschweigens und Verdrängens nach 1933 und noch einmal Anlässlich des 75. Jahrestages der Deportation von Julius Hirsch am nach 1945 zu heben. Zu Tage kamen die Biografien von Welt- und Euro- 1. März 1943 initiierte die DFB-Kulturstiftung einen historischen Work- pameister*innen, Olympiasieger*innen, Rekordhalter*innen, Pionier*in- shop und begab sich vom 21. bis 25. März 2018 mit einer buntgemisch- nen, Botschafter*innen und Förder*innen ihrer Sportarten. Noch immer ten Gruppe aus Fußballfans und aktiven Menschen aus den Vereinen des sind viele von ihnen nahezu unbekannt. DFB auf den Spuren von Julius Hirsch an den Ort seiner Ermordung, das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Denn während Viele andere aber, und das ist ermutigend, sind heute Teil einer sehr leben- über die einzelnen biografischen, beruflichen und sportlichen Statio- digen und vielfältigen Erinnerungskultur im Fußball. Dafür stehen Namen nen seiner Lebensgeschichte in den letzten Jahren viel ermittelt wer- wie der Fußballpionier und Kicker-Gründer Walther Bensemann und der den konnte, ist über seinen Weg ins besetzte Polen und die Ankunft im FC Bayern-Präsident Kurt Landauer, denen Bücher, Filme und Dokumen- Lager nur sehr wenig bekannt. Oftmals heißt es, mit der in Dortmund tationen, Straßenbenennungen und Preise gewidmet sind. Eine Reihe wei- am 3. März 1943 abgestempelten Postkarte an seine Tochter Esther terer lokaler und regionaler Biografien sind inzwischen wiederentdeckt „verliert sich seine Spur“. und teilweise aufgearbeitet, viele davon von Fans und Fußballanhängern. VORWORT | 5 Diese Broschüre soll Menschen aus dem Fußball umfeld, aber auch dar- über hinaus, die Möglichkeit eröffnen, sich auf den Spuren von Julius Hirsch und seiner Lebens- und Leidensgenossen mit dem historischen Rahmen dieser Deportation vom 1. – 3. März 1943 zu beschäftigen. Anhand der überlieferten historischen Dokumente und Berichte erfuhren einandersetzung mit der Verfolgung und Ermordung der deutschen und wir im Rahmen des Workshops aber nicht nur mehr darüber, was Julius europäischen Jüdinnen und Juden zu geben. Hirsch in seinen letzten Stunden zwischen dem Besteigen des Deportati- onszuges am 1. März 1943 um 10 Uhr am Karlsruher Hauptbahnhof und Denn so lange der Name Julius Hirsch und so lange die Namen der übri- seiner mutmaßlichen Ankunft in der Nacht zum 4. März 1943 an der Alten gen Deportierten wieder lebendig erinnert werden, so lange ein breites Rampe zwischen dem Stammlager und dem Lager Birkenau widerfahren und öffentliches Bewusstsein und Gedächtnis um die von deutschen sein muss. Im Spiegel der Biografien einiger mit ihm deportierter Frauen Nationalsozialisten verübten Verbrechen weitergetragen wird, umso bes- und Männer erschließt sich auch das historische Kapitel der sogenannten serer Hoffnung können wir sein, uns und den uns nachkommenden Gene- „Fabrikaktion“, einer der letzten Maßnahmen des NS-Staates auf dem Weg rationen ein Wiederaufkommen von menschenausgrenzenden und -ver- zur vollständigen Auslöschung jüdischen Lebens in Deutschland. achtenden Ideologien zu ersparen. Eine Aufgabe, die auch in Zukunft und dauerhaft von vielen gesellschaftlichen Akteuren weitergetragen werden Diese Broschüre soll Menschen aus dem Fußballumfeld, aber auch dar- muss, auch im Fußball. über hinaus, die Möglichkeit eröffnen, sich auf den Spuren von Julius Hirsch und anhand der überlieferten Dokumente und Zeugnisse sei- ner Lebens- und Leidensgenossen mit dem historischen Rahmen dieser Der Vorstand der Deportation vom 1. – 3. März 1943 zu beschäftigen. Und ihnen damit DFB-Kulturstiftung auch einen konkreten und biografisch ansetzenden Einstieg in die Aus- Teilnehmende des Workshops während der Führung durch das ehemalige Stammlager Auschwitz. WORKSHOP | 7 ZUR ENTSTEHUNG UND ZUM EINSATZ DER MATERIALIEN Die vorliegenden Materialien sind das Ergebnis testen Tatorts des Holocaust mit allen seinen Lager- nen Opfergemeinschaft von Jüdinnen und Juden soll eines Workshops, den die DFB-Kulturstiftung teilen, Entwicklungsphasen und Leidensgeschichten entgegengetreten werden. anlässlich des 75. Jahrestages der Deportation zu orien tieren. Denn der konkrete Blick ermöglichte von Julius Hirsch vom 21.-25. März 2018 in der eine Nahaufnahme der Ereignisse: Wir schauten auf Bei einer Reise in die Gedenkstätte Auschwitz-Birke- internationalen Jugendbegegnungsstätte in die Herkunftsorte der Jüdinnen und Juden und deren nau bieten die Biografien und Informationen zu den Oświęcim durchgeführt hat. Entwicklung im Nationalsozialismus. Wir blickten auf Herkunftsorten der Deportierten einen Ansatzpunkt die regionalen Abläufe der Teildeportationen mit für die tiefergehende Beschäftigung mit den lokalen Das verbindende historische Element stellte die Bio- ihren jeweiligen Gemeinsamkeiten und Unterschie- Kontexten. Da die Deportation vom März 1943 aus grafie des ehemaligen deutschen Nationalspielers den. Und wir sahen die Situation im Lagerkomplex einer Vielzahl von Teildeportationen zusammenge- Julius Hirsch dar, dessen Geschichte für viele Fuß- Auschwitz zu einem ganz konkreten Zeitpunkt seiner ballfans ein wichtiger Berührungs- und Ankerpunkt Entwicklungsgeschichte. für die Erinnerung an die Opfer des Holocaust und die deutschen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs bildet. Die in der Broschüre aufgeführten biografischen Ausgehend von seinem Leben und seiner Verfol- Informationen von Menschen, die das Lager überleb- gungsgeschichte führte der Workshop die allgemeine ten oder dort starben, verdeutlichen die Heterogeni- Geschichte des Nationalsozialismus und die der kon- tät einer Gruppe von mehreren tausend Menschen: kreten Deportationen nach Auschwitz zusammen. Die in diesem Moment entscheidende, manchmal einzige Gemeinsamkeit zwischen all diesen Men- Die Teilnehmenden befassten sich vier Tage lang mit schen bestand darin, dass die Nationalsozialisten sie der Geschichte des deutschen Konzentrations- und als Jüdinnen und Juden definierten, deren Ermor- Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau. Sie warfen dung sie zum Staatsziel erklärt hatten. Die Biogra- dabei einen ganz speziellen Blick auf die Deportation fien zeigen die Lebensgeschichte der einzelnen Per- von mehr als 1.500 Menschen, die gemeinsam mit sonen bis zu ihrer Deportation auf und machen die Julius Hirsch in der Nacht zum 4. März 1943 dort ein- Vielschichtigkeit und Diversität jüdischen Lebens in Recherchen zu einzelnen Biografien der im März 1943 trafen. Ein solcher Fokus auf eine spezifische Depor- Deutschland deutlich. Wenn wir die Verbrechen der deportierten Personen. tation und ihren Ablauf, so zeigte der Workshop, Nationalsozialisten in den Blick nehmen, sollten wir kann dabei helfen, sich in der sehr komplexen und das Leben ihrer Opfer vor dieser Zeit nicht aus die- oftmals unübersichtlichen Geschichte des bekann- sem Blick verlieren. Der Vorstellung einer homoge- Zeugnisse, wie sie Julius Hirsch aufgrund seiner