ISSN 1613-5121 Januar 2008 - Heft 1

Magazin

2. DAGS Symposium: Sicherung und Erschließung von Kulturgut des Sports

Mitteilungsblatt d e r De u t s c h e n Ar b e i t s g e m e i n s c h a f t v o n Sp o r t m u s e e n , Sportarchiven u n d Sp o r t s a mm l u n g e n e.V. 2008 - Heft 1 63 Geleitwort des DAGS-Vorsitzenden Das dritte DAGS-Symposium „Erfahrungen sporthistorischer Spezialmuseen“ findet am 21. und 22. November 2008 in den Räumen des Museums des Im Dezember 2004 erschien das letzte Heft DAGS-Magazin. Es Das wäre die einzige Aufgabe. Unser Traum von einem Handbuch Deutschen Schützenbundes auf Schloss Callenberg in Coburg statt. enthielt die Referate des so erfolgreichen Symposiums „Kulturgut der Archive war also ein geplatzter Luftballon. Wir wollten aber des Sports in Gefahr, das vom 15. bis 17. Oktober 2004 in Leipzig nicht aufgeben und planen, das, was wir über Museen und Archive stattfand. haben, ins Netz zu stellen und dann Schritt um Schritt zu erweitern. Für die Jahre 2005 und 2006 hatten wir uns vorgenommen, ein Außerdem sollen vom Carl und Liselott Diem-Archiv an der Deut- Handbuch der Sportmuseen, Archive und Sportsammlungen he- schen Sporthochschule Köln an der Diplomarbeiten vergeben wer- rauszugeben. Dort sollten diese Einrichtung sich selbst darstellen den, bei denen Studenten mit einem Fragebogen die Archivsituation zu können. Wir stellten eine Werbebroschüre zusammen, in der bei- in den Verbänden untersuchen sollen. spielhaft einige Archive sich beschrieben. Dieses Heft verschickten Unser Scheitern beim Handbuch führte zu einer fruchtbaren Trotz- wir an rund 700 Einrichtungen. Wir informierten alle Sportmuseen reaktion. Unser Vorstandsmitglied Martin Ehlers hatte die Idee, in (ca. 70), alle Verbände des Deutschen Olympischen Sportbundes seinem Heimatort Maulbronn eine Tagung zu dieser Fragestellung (etwa 80), die Landesorganisationen der Sportspitzenverbände durchzuführen. Ehlers ist Leiter des Archivs der Stadt und des In- (rund 500), an Landes- und Kreisarchive und große Vereine. Wir stituts für Sportgeschichte Baden-Württemberg e.V. Er erhielt die wollten erreichen, daß sich Forscher auf dem Gebiet der Sportge- Hilfe und Unterstützung des Vorstandes und bereitete mit großer schichte schnell und umfassend informieren können, wo und was Energie die Veranstaltung vor. gesammelt worden ist, über das sie arbeiten wollen. Das Ergebnis Am 5. und 6. Oktober 2007 führten wir im historischen Fruchtsaal war ernüchternd. Nur etwas mehr als ein Dutzend Einrichtungen des Klosters Maulbronn (Weltkulturerbe) das zweite DAGS-Sym- war interessiert. Anscheinend haben viele Verbände kein Archiv, posium durch: kein geordnetes Archiv, keinen Archivbeauftragten oder sind nicht „Sicherung und Erschließung von Kulturgut des Sports“ an der Erforschung ihrer Geschichte interessiert. Im Beisein namhafter Ehrengäste referierten Fachsprecher aus dem Ich selbst machte auch eine mich sehr enttäuschende Erfahrung. In- und Ausland über ihre Einrichtungen bzw. Fragen der Sicherung Im Zuge der Fußball-Weltmeisterschaften in Deutschland wurde und Erschließung. in meinem Heimatkreis vom Kreisarchiv eine Ausstellung über die Im vorliegenden Heft sind die Referate abgedruckt. Wir sind sicher, Geschichte dieser Sportart im Rhein-Sieg-Kreis vorbereitet und mit daß sie auf Ihr Interesse stoßen werden. großem Erfolg durchgeführt. Ich verfaßte für den Katalog ein Ka- Im Februar 2008 trifft sich der in Maulbronn neugewählte Vorstand pitel über die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Quellenma- im Alpinen Museum in München und bereitet unser drittes Sympo- terial war nur beschränkt vorhanden. So besuchte ich das Archiv sium vor. Diesmal heißt die Thematik des zuständigen Landesverbandes. Ich habe mir nur verwundert „Erfahrungen Sporthistorischer Spezialmuseen“ die Augen gerieben, als ich die Vergangenheit des hundert Jahre al- Die Tagung findet am 21. und 22. November auf Schloß Callenberg ten Verbandes mit etwa 2.000.000 Mitgliedern betreten habe. Der in Coburg in Verbindung mit dem Museum des Deutschen Schüt- Raum war etwa sieben Quadratmeter groß, so groß wie die Toilette zenverbandes statt. Flyer mit der Einladung werden im Frühjahr nebenan. Das Archiv diente als Lager von leeren Wasserflaschen versandt. Wir hoffen auf Ihr Interesse und Ihre Teilnahme. und enthielt einige Regale mit Büchern. Das waren Festschriften Jetzt aber bitten wir um Aufmerksamkeit für die Vorträge in diesem u.ä., Bücher, die wahrscheinlich dem Verband irgendwann geschickt Heft. worden waren. Dann war noch die Zeitschrift des Verbandes in ein paar Jahrgängen vorhanden. Einiges wenige konnte ich einsehen. Karl Lennartz Vor einigen Jahren erklärte mir ein Verbandsvorsitzender auf die Köln, den 1. Januar 2008 Frage nach der Beschäftigung mit der Geschichte seines Sports, daß seine Organisation nur „nach vorne“ sehen würde.

Impressum Deutsche Arbeitsgemeinschaft von Sportmuseen, Sportarchi- DAGS-Magazin: Mitteilungsblatt der ven und Sportsammlungen e.V. Deutschen Abeitsgemeinschaft von Sportmuseen, Sportarchiven und Sport- Das DAGS-Magazin erscheint jährlich. Vorsitzender sammlungen e.V. Reproduktionen der Artikel unter Nen- Karl Lennartz, Sankt Augustin ISSN 1613-5121 nung der Quelle sind nach Rücksprache mit den Herausgebern erwünscht. Alle stellv. Vorsitzende Herausgeber: eingesandten Beiträge werden geprüft Martina Behrendt, Berlin Karl Lennartz, und nach Möglichkeit im DAGS-Maga- Martin Ehlers zin veröffentlicht. Namentlich gekenn- Schatzmeister zeichnete Beiträge spiegeln nicht unbe- Harald Lieb, Walmichelbach Anschrift: dingt die Meinung der Redaktion wider. DAGS Nicht anders gekennzeichnete Fotos Beisitzer c/o Karl Lennartz wurden von den Autoren zur Verfügung Charly Biernat, Stolberg Sperlingsweg 16 gestellt. Die Fotos auf dem Titelblatt Martin Ehlers, Maulbronn 53757 Sankt Augustin Ortsansicht von Maulbronn, Kloster Marianne Helms, Hoya Maulbronn und Inneres der Klosterkir- Friederike Kaiser, München Tel.: 02241/334547 che stammen aus dem Prospekt der Stadt Michael Thomas, Magdeburg Fax: 02241/343149 Maulbronn. Tunkreis Schwaben wurde Gerlinde Rohr, Leipzig e-Mail: [email protected] vom Institut für Sportgeschichte Baden- Christian Wacker, Köln Die Tagungsteilnehmer Website: http://www.dag-s.de Württemberg zur Verfügung gestellt. 2008 - Heft 1 3 Inhaltsverzeichnis

Grußworte Ma r i a n n e He l m s Die Ehrengalerie des niedersächsischen Dr. Th o m a s Ba c h Sports – Beispiel einer regionalen Hall of Fame 33 Grußwort des Schirmherrn 4 No r b e r t Sc h e m pp Di e t e r Sc h i m dt -Vo l k m a r Bestandserhaltung in Vereinsarchiven 36 Grußwort des Präsidenten des LSV Baden-Württemberg 4 Sektion II: Museen und Sammlungen

Wo l f g a n g Fr ö h l i c h Ma r t i n a Be h r e n dt Grußwort des Ministerialdirektors und Amtschefs Sammeln, Sichern und Bewahren im im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Sportmuseum Berlin 37 Baden-Württemberg 5 Ch r i s t i a n Wa c k e r Pr o f . Dr. Ro b e r t Kr e t z s c h m a r Die Bedeutung der Objekte für den Sport 40 Grußwort des Präsidenten des Landesarchivs Baden-Württemberg 6 Wo l f g a n g Le w i t z k i Zur Sammlung des Deutschen Sport & Olympia Pr o f . Pa u l He m p f e r Museums 42 Grußwort vom Vorsitzenden des Instituts für Sportgeschichte Baden-Württemberg e.V. 6 Ch a r l y Bi e r n a t Internationale Motivgruppen Olympiaden und An d r e a s Fe l c h l e Sport – Zur Bedeutung von privaten Sammlungen 45 Grußwort des Bürgermeisters der Stadt Maulbronn 7 Ge r d Fa l k n e r Aufgaben und Ziele eines Spezialmuseums am Sektion I: Archive, Dokumentationsstellen Beispiel des Deutschen Skimuseums Planegg 47 und Bibliotheken Sektion III: Wissenschaft Da v i d Kr a u s Das Saarländische Sportarchiv – Jü r g e n Bu s c h m a n n Gedächtnis des Saarsports im Landesarchiv Vom Förderverein „Carl-Diem-Institut“ zum Saarbrücken 8 „Zentrum für olympische Studien“ – Probleme 51 eines universitären Forschungsarchivs Ma r t i n Eh l e r s Überlieferungsbildung am Institut für Sportge- Sektion IV: Sportorganisationen schichte Baden-Württemberg e.V. 11

Be r n d We d e m e y e r -Ko l w e Ca r o l a v o n Ro t h Das Archiv des LandesSportBundes Das Archiv der Karlsruher Sportgeschichte - Niedersachsen 56 Ein Sicherungsprojekt 14

Cl a u d i a Ma r i a Ar n dt Ma r t i n Eh l e r s Bewahrung von Sportgeschichte in einem Kreis- Resümee 57 archiv – Dargestellt am Beispiel des Rhein-Sieg- Kreises 19 Kurzbiographien der Referenten 59

Sa b i n e Ch r i s t e Historical Archives of the IOC – A brief presen- Teilnehmerliste 60 tation 24

Protokoll der Vorstandssitzung Cl e m e n s Re h m „Überlieferung im Verbund“ – Strategien zur vom 5. Oktober 2007 im Kloster Maulbronn 61 Archivierung der Unterlagen des Sports 26 Protokoll der 3. Mitgliederversammlung vom 5. Oktober 2007 62

Fr i e d e r i k e Ka i s e r Das Projekt Historisches Alpenarchiv. Archiv- Impressum 63 und Sammlungsbestände der Alpenvereine in Deutschland, Österreich und Südtirol im Internet 30 4 DAGS-Magazin Grußwort des Schirmherrn Vizepräsident des IOC, Präsident des DOSB Dr. Thomas Bach

Sehr geehrte Damen und Herren, Archive, Forschungsinstitute und Sammlungen und für die För- als Dr. Lennartz mich vor einigen Monaten um die Übernahme derung von Forschung und Praxis der museologischen, muse- der Schirmherrschaft des 2. Symposiums „Sicherung und Er- umspädagogischen, archivarischen und dokumentarischen Ar- schliessung von Kulturgut des Sports“ bat und mich über die beit sowie des Sammlerwesens auf dem Gebiet des Sportes ein. Arbeit der Deutschen Arbeitsgemeinschaft von Sportmuseen, Ich halte dies für ein wichtiges Anliegen. Deshalb ist auch unser Sportarchiven und Sportsammlungen e. V. informierte, habe ich Museum, das Deutsche Olympia & Sport Museum, Mitglied Ih- sofort zugesagt. Gerne wäre rer Organisation. ich persönlich in das wunder- Die DAGS informiert durch ihr Mitteilungsblatt, dessen Hefte schöne Kloster Maulbronn, ich mit Interesse gelesen habe, und organisiert Tagungen. Vor Weltkulturerbe, gekommen zwei Jahren sprachen ihre Referenten zur Thematik „Kulturgut und hätte an Ihrem Symposi- des Sports in Gefahr!?“ um teilgenommen. Diesmal befassen Sie sich mit der „Sicherung und Erschliessung Leider läßt es mein über- von Kulturgut des Sports“. voller Terminkalender nicht Ich halte dies für ein äußerst wichtiges Thema. Während im zu, Sie heute hier persönlich staatlichen und kommunalen Bereich per Gesetz Archivgut ge- zu begrüßen. Gerne schicke sammelt, gesichtet, aufbereitet und gesichert werden muß, tun ich Ihnen aber dieses Gruß- sich Sportverbände manchmal noch schwer, ihre Geschichte auf wort. Dauer zu bewahren. Noch zu wenige unserer Verbände haben Ihre Arbeitsgemeinschaft Museen und Archive. wurde vor gut vier Jahren Ich hoffe, Ihre Tagung kann dafür mehr Verständnis wecken. in der Deutschen Sportho- Dazu scheinen mir die Vorträge ihrer Tagung vielfältig, inte- chschule in Köln gegründet. ressant und weiterführend zu sein. Ich wünsche dem 2. DAGS- Die DAGS setzt sich für die Symposium einen erfolgreichen Verlauf. Erhaltung und Entwicklung Dr. Thomas Bach Dr. Thomas Bach – Schirmherr der Veranstaltung sporthistorischer Museen,

Grußwort des Präsidenten des LSV Baden-Württemberg Dieter Schmidt-Volkmar

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Mitgliedern in Baden-Württemberg und mit dieser geschicht- Ort und Thematik sind mir nicht unbekannt – jetzt kann ich lichen Vergangenheit wäre dies auch einsichtig. Dennoch; auf hinzufügen, je nachdem aus welcher Perspektive ich beides be- der einen Seite werden die alten Griechen mit der Olympischen trachte. Idee häufig nicht nur von der Sportorganisation zitiert und damit auf die Tradition und reichhaltige Geschichte des Sports verwie- Damals vor 14 Jahren, 1993 im Ministerium für Kultus, Jugend sen – ja manchmal gar strapaziert – auf der anderen Seite ist der und Sport habe ich die Gründung des Instituts für Sportge- Sport daran interessiert als moderne Institution wahrgenommen schichte Baden-Württemberg nachhaltig begrüßt und soweit es zu werden, wodurch manches Kulturgut des Sports preisgege- in meinen Kräften stand, mit aus der Taufe gehoben und unter- ben wird. Mit diesem Zwiespalt befindet sich der Sport nicht stützt. Das Überleben des Instituts vollzog sich wie eine Frühge- immer in einer problemfreien Zone. burt, obwohl das aus der Taufe gehobene Kind eigentlich längst Umso mehr war die Gründung und die Arbeit des Instituts für überfällig war. Jedes Jahr stellt sich die Frage, ob ein Überleben Sportgeschichte Baden-Württemberg notwendig, ja sie wurde angesichts der benötigten finanziellen Mittel möglich war. Die sogar beispielhaft. Denn sie ist die zentrale Dokumentationsstelle Sportorganisation sah sich nicht unbedingt in der Verantwortung des Sports in Baden-Württemberg. Wertvolle Quellen zur Sport- – also auch noch ein ungeliebtes Kind, was Herrn Felchle als geschichte werden hier archiviert und auf Mikrofilm gesichert. Kassenwart so manches graues Haar einbrachte. Diese Zeit der Eine Bibliothek mit sportspezifischen Bänden, Nachschlagewer- Verunsicherung ist einer Zeit des Optimismus gewichen, so dass ken, Vereins- und Ortschroniken wird ständig ergänzt. Jährlich das Kind in der Familie der Sportorganisation heranwachsen finden Workshops für Vereine und Verbände statt (im Jahr 2007 kann – dafür Herr Felchle werde ich mich auch als Präsident des z. B. das „Workshop für Jubiläumsvereine und Vereinsarchive“ Landessportverbandes besonders einsetzen. am 27./28. Oktober). Eine ähnlich bewegte Gründungsgeschichte hat wohl auch die In diesem Jahr wurde das Videoprojekt „Persönlichkeiten des Deutsche Arbeitsgemeinschaft von Sportmuseen, Sportarchiven Sports in Baden-Württemberg“ initiiert. Im Rahmen des Pro- und Sportsammlungen hinter sich. Das ist auf der einen Seite jektes sollen Videos von bedeutenden Persönlichkeiten des zwar tröstlich, jedoch auf der anderen Seite nicht unbedingt ein- baden-württembergischen Sports erstellt werden Erster Vorsit- sichtig. Angesichts der Tagung, die wir heute eröffnen mit dem zender des Institutes ist unser Präsidiumsmitglied Prof. Paul Thema „Sicherung und Erschließung von Kulturgut des Sports“ Hempfer, der später noch ein paar Worte zu dem Institut sagen wird deutlich und auch zum Ausdruck gebracht, dass Sport Teil wird. Die Sportmuseen und Sportarchive haben immer wieder unserer Kultur ist und tatsächlich ein Kulturgut im hohen Maße Akzeptanzprobleme. Es ist auch kein Geheimnis, dass meistens darstellt. Bei einer Personenvereinigung von knapp 4 Millionen finanzielle Schwierigkeiten bestehen. In Baden-Württemberg 2008 - Heft 1 5 gab es bereits Überlegungen, dass die Staatsarchive die Aufga- nutzen. In immer mehr auch kleineren Gemeinden entstehen Ge- be des Instituts für Sportgeschichte übernehmen. Davon konnte schichtsmuseen. Ziel des Sports könnte und sollte es sein, sich aber abgesehen werden, da die sportspezifischen Kontakte und hier vermehrt einzubringen und die Zusammenarbeit sowohl un- das spezielle Know-how nicht ersetzt werden können. tereinander als auch extern zu forcieren. Der Landessportverband Baden-Württemberg hält es für richtig Die Erforschung der Geschichte des Sports ist von äußerster Be- und wichtig, dass das Kulturgut Sport bewahrt wird. Deshalb deutung für den Sport der Gegenwart. Denn das Wissen um das unterstützen wir als Träger das Institut für Sportgeschichte und Vergangene ist notwendig, um das Gegenwärtige zu verstehen möchten Beispiel dafür sein, dass möglichst viele Sportverbän- und das Zukünftige zu entwickeln. de und Sportvereine die Unterlagen ihrer Vergangenheit sam- Dieter Schmidt-Volkmar meln, ordnen und zugänglich machen. Ziel sollte auch sein, das wachsende Interesse an Geschichte für die Sportgeschichte zu

Grußwort des Ministerialdirektors und Amtschefs im Ministerium für Kultus, Jugend und Sportdes Landes Baden-Württemberg Wolfgang Fröhlich

Sehr geehrter Herr Vorsitzender Dr. Lennartz, sehr geehrter Herr lichen Bedeutung des Sports und zur Sicherung der finanziellen Schmidt-Volkmar, sehr geehrter Herr Bürgermeister Felchle, Grundlagen für den Zeitraum 2007 bis 2010 mit dem Landes- meine sehr verehrten Damen und Herren, sportverband Baden-Württem-berg einen Solidarpakt geschlos- zunächst herzlichen Dank für die freundliche Begrüßung durch sen. Sie, sehr geehrter Herr Dr. Lennartz. Dem Sport wird dadurch eine verlässliche Förderung zugesichert, Für die Landesregierung von Baden-Württemberg begrüße ich von der auch das Institut für Sportgeschichte hier in Maulbronn Sie zur Eröffnung des 2. Symposiums der Deutschen Arbeits- profitiert. Ich bin aber auch ganz besonders der Stadt Maulbronn gemeinschaft von Sportmuseen, Sportarchiven und Sportsamm- dankbar, die mit großzügiger Unterstützung ein hervorragender lungen. Ich überbringe Ihnen vor allem herzliche Grüße von Partner für das Institut für Sportgeschichte ist. Kultusminister Helmut Rau. Meine Damen und Herren, wir sprechen ja immer wieder von Ich finde es sehr wichtig, dass die Arbeitsgemeinschaft im Jahr der Notwendigkeit eines schlanken Staates. Ich habe vor, dies 2005 begonnen hat, solche Symposien wie hier in Maulbronn re- auch bei der Länge meines Grußwortes zu beherzigen. Weil aber gelmäßig durchzuführen und auch schon für 2008 und 2009 weitere doch viele Gäste aus den anderen Bundesländern unter uns sind, Treffen in Coburg und Berlin geplant hat. Sportgeschichte und ihre möchte ich doch ein paar Gründe anführen, warum Sie nach dem historischen Belege müssen in unserer schnelllebigen Welt gesi- Ende Ihrer Tagung noch ein paar Tage in Baden-Württemberg chert und erhalten werden. Warum ist es wichtig, die Geschichte bleiben oder rasch wieder hierher kommen sollten: des Sports, die Geschichte unserer Sportvereine zu dokumentie- −− Baden-Württemberg ist ein Sportland par excellence, in dem ren und für die Nachwelt archivarisch oder museal aufzubereiten? jeder dritte Einwohner Mitglied in einem der rund 11.400 Natürlich ist dies vor allem wichtig, weil der Sport ein ureigenes Sportvereine ist. Interesse daran haben muss, zu zeigen, wo er herkommt, wo sei- −− Bei uns gibt es über 18.000 Sportstätten mit einer Gesamt- ne Wurzeln sind und was für ihn in der Vergangenheit prägend sportfläche von über 43 Mio. m², für alle, die sich hier mal und wesentlich war. Nur wer um seine Geschichte weiß, kann sportlich austoben wollen. auch seine Zukunft aktiv gestalten. −− Baden-Württemberg hat aber auch mit über 1.500 Museen, Daneben ist die historische Entwicklung des Sports und der Bühnen, Konzertsälen und Opernhäuser eine „Kulturdichte“, Sportvereine aber auch ein Spiegelbild der Geschichte unseres die es bundesweit nur hier gibt. Landes. Gleichsam in einem Mikrokosmos lassen sich hier die −− Baden-Württemberg ist das Geburtsland des Automobils. großen geschichtlichen Entwicklungslinien nachvollziehen. Ex- Deswegen ist Blech hier heilig. Aber auch die Dauerwelle emplarisch nenne ich die Entwicklung der letzten 60 Jahre. Die und der Perlonstrumpf wurden von Baden-Württembergern Sportvereine haben ungeheuer viel zur Integration der Vertrie- erfunden. benen nach 1945 beigetragen. Sie haben aktiv den Wiederaufbau −− Baden-Württemberg ist das Bäderland Nr. 1. In Baden-Ba- unseres Landes mitgestaltet. den gibt es die wärmste Thermalquelle Deutschlands mit Die zerstörte Sportinfrastruktur ist wieder aufgebaut worden 68,8° C. – vor allem durch unermüdlichen ehrenamtlichen Einsatz. −− Aber um einige schöne Tage in Baden-Württemberg zu ver- Und heute: aktuelle Stichworte Integration von Jugendlichen mit bringen, brauchen Sie eigentlich Maulbronn und seine Um- Migrationshintergrund oder Ausbau der Betreuungsangebote gebung nicht zu verlassen. Die gesamte Klosteranlage ist – auch hier spiegeln sich gesellschaftliche Entwicklungen und von der UNESCO anerkanntes Weltkulturerbe - übrigens der Herausforderungen in der Entwicklung der Sportvereine. erste Ort, der in Baden-Württemberg mit diesem Prädikat Natürlich gehört die Dokumentation und Aufbereitung der versehen worden ist. Geschichte des Sports nicht unbedingt zum Kerngeschäft Ich bin immer wieder fasziniert von dieser Klosteranlage und ih- der Sportverbände. Diese Aufgabe ist in der ständigen Ge- rer Umgebung. Auch der in und um Maulbronn angebaute Wein fahr, bei der Frage von Zuschusskürzungen auf der Ver- rechtfertigt es, einige Tage hier zu verweilen. liererseite zu stehen und als Manöviermasse zu gelten. Ich hoffe, ich habe Ihnen ein wenig Appetit auf unser Land ge- In Baden-Württemberg haben wir die Wichtigkeit der Einrichtung macht und wünsche Ihnen eine gute Begegnung untereinander eines Instituts für Sportgeschichte schon 1993 erkannt und fördern und mit Baden-Württemberg und Ihrem Treffen einen erfolg- seither aus dem Staatshaushaltsplan dieses Institut nachhaltig. reichen Verlauf und fruchtbare Ergebnisse. Vielen Dank. Die Landesregierung hat sogar aufgrund der gesamtgesellschaft- Wolfgang Fröhlich 6 DAGS-Magazin Grußwort des Präsidenten des Landesarchivs Baden-Württemberg Prof. Dr. Robert Kretzschmar

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Inventar aussehen sollte. Zudem wurden alle Unterlagen konser- liebe Kolleginnen und Kollegen, vatorisch behandelt, vor allem fachgerecht verpackt, damit sie für das Landesarchiv Baden-Württemberg überbringe ich herz- geschützt sind. Und basierend auf all dem wurden theoretische liche Grüße zu dieser Tagung, der ich große Bedeutung beimesse, Überlegungen grundsätzlicher Art zur Sicherung der Sportüber- ja die ich geradezu als wegweisend betrachte. Wegweisend, weil lieferung ausformuliert und Bewertungen vorgenommen, wel- sie ganz konkret danach fragt, was zur Sicherung bestimmter che Unterlagen wo zu sichern sind. Überlieferungen bisher geschehen ist und vor allem was noch Notwendig, und dies bestätigt sich immer mehr, sind für die Um- geschehen muss. Die Überlieferungen zur Geschichte des setzung solcher Konzepte Kristallisationspunkte und Motoren Sports, die authentischen Unterlagen der Verbände und Vereine, der Überlieferungssicherung, wie hier im Südwesten Deutsch- sind ja vielfach noch gefährdet. Und das Thema Überlieferungs- lands eben das Institut für Sportgeschichte in Zusammenarbeit sicherung gefährdeter Bereich beschäftigt mich seit langem. Wie mit dem Stadtarchiv Maulbronn. Aber auch das Stadtarchiv können wir wichtige Quellen erhalten, für deren Archivierung es Karlsruhe hat sich sehr engagiert auf diesem Feld in die Verant- keine feste Zuständigkeit gibt? wortung begeben, ebenfalls mit Unterstützung der Stiftung Kul- Dass hierfür oft gemeinsame Aktivitäten verschiedener Archi- turgut. Man muss der Stiftung sehr dankbar sein, dass sie nun ve erforderlich sind, zeichnet sich in der Fachdiskussion immer schon wiederholt größere Mittel zur Verfügung gestellt hat. Viel- deutlicher ab. Clemens Rehm wird ja auf dieser Tagung noch fach wird man nur durch solche Drittmittelfinanzierungen etwas ein Referat zum Thema „Überlieferungsbildung im Verbund“ bewegen können. Und es ist noch viel zu bewegen. Denn hier im halten. Darin geht es um den methodischen Ansatz, Lücken im Land und bundesweit muss noch viel geschehen, bevor man sich Netz der Überlieferungssicherung dadurch zu schließen, dass beruhigt zurücklegen kann, um zu sagen: „Die Geschichte des sich verschiedene Archive abstimmen, um bei einer gut durch- heutigen Sports ist umfassend – oder zumindest hinreichend – in dachten Arbeitsteilung die Verantwortung für die Archivierung, all ihren Facetten für die Nachwelt dokumentiert.“ den Erhalt und die Zugänglichmachung zu übernehmen. So soll diese Tagung in fachlicher Hinsicht Konzepte liefern, vor Entsprechende Konzepte werden derzeit auch intensiv von den allem aber auch – so meine ich – werben für die Sicherung der Kolleginnen und Kollegen in der Schweiz diskutiert. Im Ver- Überlieferung des Sports. Mit der selben Zielsetzung hat übri- ein schweizerischer Archivarinnen und Archivare (VSA) befasst gens vor einem Jahr der Verband deutscher Archivarinnen und sich eine Arbeitsgruppe systematisch mit konkreten Projekten Archivare – im freudigen Taumel der Fußballweltmeisterschaft einer „Koordinierten Überlieferungssicherung“, wie man ein 2006 – den bundesweiten Tag der Archive unter das Motto ge- solches Vorgehen dort nennt. Und die aktuelle Ausgabe der stellt: „Der Ball ist rund“, um darauf aufmerksam zu machen, Schweizer Fachzeitschrift „Arbido“ – Archiv, Bibliothek, Doku- dass die Geschichte des Fußballs in den Archiven bereits greif- mentation – ist ganz diesem Thema gewidmet1. bar ist, dass aber noch vielerorts Anstrengungen erfolgen müs- Dass diese Konzepte einer koordinierten Überlieferungssi- sen, wichtige Quellen zu sichern. Eine solche Botschaft sollte cherung bzw. einer Überlieferungsbildung im Verbund – wie auch die heutige Tagung in die Welt tragen. Ich wünsche ihr viel immer man den methodischen Ansatz auch bezeichnen möch- Erfolg und freue mich auf die Referate und die Diskussion. Alles te – bestens beim Sport greifen, kann man nun gerade hier in Gute und vielen Dank! Baden-Württemberg sehen: an einem Projekt, das vom Institut Prof. Dr. Robert Kretzschmar für Sportgeschichte Baden-Württemberg zusammen mit dem Stadtarchiv Maulbronn und der staatlichen Archivverwaltung im 1 Überlieferungsbildung – Zusammenarbeit und gemeinsame Verantwortung für Stadtarchiv Maulbronn durchgeführt und von der Stiftung Kul- Transparenz. Arbido Heft 3/2007; vgl. darin bes. zum Diskussionsstand in der Schweiz und in der BRD die Beiträge von An d r e a s Ke l l e r h a l s , Über- turgut Baden-Württemberg finanziert wurde. In diesem Projekt lieferungssbildung – revisted. (Selbst-)kritische Diskussionsanstöße zur hat man Verbandsunterlagen geordnet und erschlossen. Auch Einleitung (S. 5-23) und von Ro b e r t Kr e t z s c h m a r , Vernetzungen und Kam- wurde ein Vereinsarchiv mustergültig – im Sinne von beispiel- pagnen. Überlegungen zur praktischen Umsetzung einer Überlieferungsbil- haft – inventarisiert, damit sich andere Vereine daran orientieren dung im Verbund (S. 24-30), wo auch die Überlieferung des Sports und die Maulbronner Tagung angesprochen sind. können, wie man solches Material bearbeitet und wie ein solches

Grußwort vom Vorsitzenden des Instituts für Sportgeschichte Baden-Württemberg e.V. Prof. Paul Hempfer

Mit großer Freude begrüße ich – als Vorsitzender des IfSG BW – Sie alle ganz herzlich! Württemberg. Wahrlich keine leichte Aufgabe! Jedoch wird sie Sie kommen aus der gesamten BRD, auch aus Warschau, Basel von Tag zu Tag bedeutsamer, weil viele Dokumente verloren zu und Wien. gehen drohen. Lassen Sie mich kurz aufzeigen, welche Lehren ich aus zwei erlebten Beispielen unserer Arbeit ziehe. Daraus Ihr Kommen und Ihre Teilnahme an dieser Tagung ist für mich ergeben sich auch Konsequenzen: und auch für unsere Mitverantwortlichen aus dem IfSG Maul- 1. Ein recht großer Sportverein mit ca. viertausend Mitgliedern bronn eine Genugtuung und Motivierung. Seit vielen Jahren veröffentlichte bereits zwei Jubiläumsbroschüren. Die Zeit bemühen wir uns alle mit großem Engagement um die Siche- zwischen 1932 bis 1945 wurde fast nicht aufgeführt, mit we- rung, Dokumentation und Archivierung der kulturellen Über- nigen Anmerkungen, dass doch mancher Wettkampfbetrieb lieferungen auf dem Felde von Turnen, Sport, Spiel in Baden- gelaufen sei. 2008 - Heft 1 7

2. Eine große Sportorganisation in unserem Lande erfährt eine −− Wir, die „Kümmerer“ um das sportbezogene Kulturgut müs- lästige Mühe bei der Aufarbeitung seine Entwicklung, weil sen engagiert weiterarbeiten, auch optimistisch! Wir haben die schriftlichen Unterlagen aus der Zeit des Nationalsozia- nicht die Chance eines „schnellen Sieges“ wie in der sport- lismus „verloren“ gingen (vernichtet wurden). lichen Arbeit. Es geht um politisch-kulturelle Arbeit. Wir in Zum ersten Beispiel füge ich an, dass ich aus den vom IfSG Maulbronn haben in ca. 15 Jahren schon Einiges erreicht an dokumentierten und archivierten Materialien hochinteressante, Anerkennung, an Unterstützung, an Arbeitsfortschritt. Dies zeitgeschichtliche Fakten und Zusammenhänge an den Tag legen geschah bes. auch durch die Unterstützung des Ministeriums konnte. Bei weiteren Schriften wird sich der Verein in Zukunft für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, durch damit auseinandersetzen müssen. So auch viele weitere Vereine. den früheren baden-württembergischen LSV-Vorsitzenden, auch durch den heutigen LSV-Vorsitzenden, durch treue Un- Konsequenzen: terstützer aus den Sportbünden und Fachverbänden . −− Wir müssen Überzeugungsarbeit leisten, dass die Überlie- −− Wir hoffen, dass wir nach breiter Anerkennung dieser Arbeit ferung und die Geschichte des Sports wertvolles Kulturgut dazu gelangen, dass sportgeschichtliches Arbeiten zur Sache für unsere Gesellschaft darstellen, worauf wir aufbauen müs- des Sports in Baden-Württemberg wird. sen. Diese Tagung soll uns allen in unserer gemeinsamen Zielsetzung −− Sportgeschichte ist ein fundamentaler Inhalt für Studierende weiterhelfen! Ich wünsche Ihnen allen hierzu einen reichlichen des Faches Sport, somit auch wichtiger Bestandteil für eine Erfolg! Hochschularbeit. Prof. Paul Hempfer −− Sportvereine und Sportverbände müssen sich um ihre Ver- gangenheit kümmern, wenn sie nicht planlos und unerfahren in die Zukunft schlendern wollen.

Grußwort des Bürgermeisters der Stadt Maulbronn Andreas Felchle

Herzlich willkommen, sehr geehrte Damen und Herren, che Bedeutung, welcher Wert hieraus für die Stadt Maulbronn werte Gäste, in der „Klosterstadt“ Maulbronn! erwachsen würde bis hin zu einer so profilierten Tagung wie der Wir Maulbronner freuen uns und fühlen uns geehrt, dass so heutigen. viele sporthistorisch engagierte Fachleute aus vier Nationen Allerdings können wir Maulbronner wohl auch für uns in An- und dreizehn Bundesländern hierher zum DAGS-Symposium spruch nehmen, dass das Institut einen recht guten Platz gefunden in die Stadthalle Maulbronn, den ehemaligen Fruchtkasten der hat: „irgendwie“ bringen wir die zunehmenden „Berge“ an Ar- mit „UNESCO-Welterbe“ geadelten früheren Zisterzienserabtei, chivgut hier unter, gottseidank haben wir in Martin Ehlers einen gekommen sind. Stadtarchivar, der zugleich nebenamtlich IfSG-Geschäftsführer Besonders grüße ich Sie, werter Herr Dr. Lennartz, als Vorsitzen- und ja auch DAGS-Vorstandsmitglied geworden ist, sportpoli- der der DAGS. Es war und ist der Stadt Maulbronn eine Freude, tisch erfreulicherweise ist Maulbronn eine altwürttembergische gemeinsam mit Ihnen und dem Institut für Sportgeschichte Ba- Kommune im zum Regierungsbezirk Karlsruhe gehörenden den-Württemberg diese Tagung zu organisieren. Enzkreis, unmittelbar an der alten badisch-württembergischen Ein herzliches „Grüß Gott“ auch unseren Ehrengästen! Ihnen, Grenze gelegen und somit für alle Baden-Württemberger eini- sehr geehrter Herr Ministerialdirektor Fröhlich – mit dem MKJS germaßen zentral gelegen anfahr- und annehmbar. Baden-Württemberg ist Maulbronn ja auch als „Schulstadt“ Dieses Symposium, unser Institut für Sportgeschichte – sie pas- (u.a. mit 2 Gymnasien bei knapp 7.000 Einwohnern!) verbunden sen mit ihrer Aufgabenstellung im Bereich der gesellschafts- – Ihnen, werter Herr Prof. Dr. Kretschmar, Ihnen, verehrter Herr und kulturpolitischen Bedeutung des Massenphänomens ‚Sport´ LSV-Präsident Schmidt-Volkmar – als vormaliges Vorstands- wunderbar zur Kulturstadt Maulbronn. Deshalb tragen wir diese mitglied im IfSG und langjähriger Freund der Klosterkonzerte und gerne auch weitere Veranstaltungen aus Überzeugung mit, Maulbronn hatte ich Ihre Anwesenheit beinahe als „verbindlich“ deshalb möchte ich den Anlass nutzen, namens der Stadt Antrag vorausgesetzt ... – nicht zuletzt Ihnen, Herr Vorsitzender Prof. auf Mitgliedschaft in der DAGS zu stellen. Hempfer, Dir, lieber Paul – Du bist ein echter Glücksfall als Herzlichen Dank allen Referenten und Organisatoren für Ihre Chef unseres Instituts! Arbeit, nochmals vielen Dank für Ihr Hiersein, meine Damen Bei der Gründung des IfSG vor nunmehr 14 Jahren, an der ich und Herren, einen guten Aufenthalt in Maulbronn und ein Dan- als „geschichts-affiner“ damaliger Vizepräsident des Schwimm- keschön für Ihre Aufmerksamkeit! verbandes Württemberg teilhaben durfte, hätte ich mir nicht Andreas Felchle träumen lassen, welche Entwicklung unser Verein nehmen, wel- 8 DAGS-Magazin Sektion I: Archive, Dokumentationsstellen und Bibliotheken Das Saarländische Sportarchiv – Gedächtnis des Saarsports im Landesarchiv Saarbrücken David Kraus

Sport im Saarland – das ist im kleinen Bundesland zwischen Benutzersaal samt Aufsichtspersonal montags bis freitags von Lothringen, Luxemburg und Rheinland-Pfalz ein gesellschaft- 8:30 bis 16:00 Uhr zur Verfügung. Hier können auch Reproduk- licher Faktor von nicht unbedeutender Größe: Nach den letzten tionen bestellt werden, die von einer Fachkraft in der hausin- Erhebungen des Landessportverbandes für das Saarland ist der- ternen Fotowerkstatt u. a. mit einer Mikrofilmkamera erstellt selbe mit genau 415.715 Mitgliedern in 45 Sportfachverbänden werden. Die Bestände des Saarländischen Sportarchivs werden und 2.215 Vereinen die größte Personenstandsvereinigung im über die im Landesarchiv eingesetzte Archivierungssoftware kleinsten Flächenstaat der Republik und mit einem Organisati- FAUST erschlossen und recherchiert. Synergetisch wirken auch onsgrad von über 40 % deutschlandweit führend. die Quellenbestände des Landesarchivs, denn die Benutzer fin- Auch die Vergangenheit des Saarsports hat einige Besonder- den in ihnen sozusagen die Gegenüberlieferung aus politischer heiten vorzuweisen. So zeigt die Geschichte des Saarlandes, oder administrativer Sicht. Auch die Sammlungsbestände des dass die politischen Umwälzungen des 20. Jahrhunderts auch Landesarchivs schließen einige Informationslücken. Daneben deutliche Auswirkungen auf den Sport hatten und dieser biswei- nutzt das Sportarchiv die Magazinräume und den Magazindienst len als Instrument für politische Agitationen benutzt wurde. Zum des Landesarchivs, das neben modernen Rollregalanlagen für Beispiel sollte in der autonomen Zeit des Saarlandes 1948–1957 das Schriftgut auch spezielle Schränke für die fachgerechte Auf- die eigene Fußball-Nationalmannschaft und die saarländische bewahrung von Fotos und Plakaten vorhält. Olympiadelegation die regierungs- und frankreichnahe Idee eines eigenständigen Saarstaates in der eigenen Bevölkerung festigen und gleichzeitig international proklamieren. Bedauerlicherweise hat sich aus dieser spannenden Epoche we- nig Schriftgut im Saarland erhalten, dass etwa die Entstehung und das Wirken des Nationalen Olympischen Komitees des Saarlandes gebührend dokumentieren würde.

Archivgeschichte Der Saarbrücker Sporthistoriker Dr. Wolfgang Harres, der viele Jahre Sportgeschichte am Sportwissenschaftlichen Institut der Universität des Saarlandes lehrte, hat bei der Quellenermitt- lung für sein Werk „Sportpolitik an der Saar. 1945–1957“ die Erfahrung machen müssen, dass einschlägiges Schriftgut über den Saarsport weit verstreut liegt, schwer zugänglich ist oder aus verschiedenen Gründen gar nicht mehr vorhanden ist. Fest entschlossen, die Überlieferung des Saarsports künftig bes- Ausstellung zum Tag der Archive 2006 ser oder überhaupt zu sichern, machte sich Harres jahrelang bei verschiedenen Institutionen für die Einrichtung eines Archivs Weitere Vorteile der Anbindung des Saarländischen Sportarchi- stark, das zentral an einem Ort alle archivwürdigen Sportdoku- vs im Landesarchiv Saarbrücken liegen darin, dass erfahrungs- mente aufbewahren sollte. Letztlich konnte er den Landessport- gemäß manche Privatpersonen bei der Abgabe ihrer Schätze verband für das Saarland und das Landesarchiv Saarbrücken als auf die Sicherheit einer staatlichen Stelle bauen, und dass Lan- Kooperationspartner zusammen bringen. Am 1. Februar 2001 desbehörden untereinander Amtshilfe leisten. So zum Beispiel unterzeichneten der Präsident des Landessportverbandes und sollen derzeit einige wertvolle 16mm-Filme des Saarländischen der Chef der Staatskanzlei als Dienstherr des Landesarchivs den Turnerbundes aus den 1950er Jahren im Rahmen der Amtshilfe Vertrag über die Gründung des Saarländischen Sportarchivs und durch die Landesbildstelle als Benutzungskopien auf DVD um- dessen Einrichtung im Landesarchiv Saarbrücken. kopiert werden. Der Drei-Viertel-Sportarchivar ist mit dem verbleibenden Vier- Organisation tel seiner Arbeitskraft für das Landesarchiv tätig und wird hier- Personell ist das Sportarchiv mit einer Dreiviertelstelle ausgestat- für auch vom Land bezahlt. In diesem Bereich ist er u. a. für die tet und vertragsgemäß mit einem Diplom-Archivar (FH) besetzt. Bewertung und Übernahme von Altakten der Sportreferate im Für die Personalkosten kommt der Landessportverband in voller saarländischen Innenministerium zuständig, so dass die Über- Höhe auf. Auch stellt er jährlich eine Sachkostenpauschale zur lieferungsbildung im Bereich des saarländischen Sports auf Verfügung, deren Höhe auf Erfahrungswerten aus dem Archiv- der Ebene der Sportorganisationen und der Ebene des Staates alltag basiert. Von diesen Mitteln werden zum Beispiel archiv- in einer Hand liegt und aufeinander abgestimmt werden kann, gerechte Verpackungsmaterialien, Literatur, Ankäufe kleinerer um die Überlieferung zu verdichten und Doppelüberlieferung Sammlungen aus privater Hand und Dienstreisen bezahlt. zu vermeiden. Mit den Zuständigkeiten der Kommunen und der Durch die infrastrukturelle Einbindung des Saarländischen Universität des Saarlandes wird nicht konkurriert. Sportarchivs in das Landesarchiv Saarbrücken werden wich- tige Synergieeffekte erreicht, die dem Sportarchiv zahlreiche Aufgaben arbeitsentlastende und entwicklungsfördernde Vorteile bieten. Die zentrale Aufgabe des Saarländischen Sportarchivs ist die Si- So steht den Sportarchiv-Benutzern der große und funktionelle cherung, Erschließung und dauerhafte Aufbewahrung sportge- 2008 - Heft 1 9 schichtlich relevanter Quellen des Saarlandes, um sie vor Verfall Saarländische Sportarchiv begreifen, doch gilt es hier natürlich und unachtsamer Vernichtung zu bewahren und sie konzentriert auch zu relativieren. Mit den Unterlagen des LSVs und einiger an einem Ort der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Fachverbände lassen sich die Grundzüge und maßgeblichen Daher ist das Saarländische Sportarchiv in erster Linie bemüht, Entwicklungen im Saarsport nachzeichnen, aber bilden sie um- die archivwürdigen Unterlagen des Landessportverbandes für fassend die Entwicklung des gesamten saarländischen Sportle- das Saarland und der ihm untergliederten Fachverbände im Ori- bens in allen Facetten ab? Doch wohl nur rudimentär. ginal zu sichern. Von herausragender Bedeutung für die Über- Zwar wird versucht, über private Sportsammlungen an ergän- lieferung sind hierbei die Akten dieser Einrichtungen, da sie die zendes Material zu kommen, doch gestaltet sich das oft schwie- Organisation des saarländischen Sports abbilden und dessen rig, und manche Sportbereiche fallen in andere, zum Beispiel Entwicklung veranschaulichen. Daneben werden alle Veröffent- kommunale Zuständigkeiten und sind nicht greifbar. Insofern lichungen der abgebenden Stellen gesammelt. muss sich die Reichweite dieses Sinnbildes auf die Überliefe- Oftmals verbleiben Verbands- oder Vereinsunterlagen beim rungsbildung überwiegend der wegweisenden Institutionen im jeweiligen Vorsitzenden. Deswegen sind auch Nachlässe und saarländischen Sport beschränken. Sammlungen privater Personen, die für den saarländischen Sport aktiv waren, bedeutsam für die Überlieferungsbildung. Ergänzt Bestände wird die Aktenüberlieferung durch Sammlungsbestände, die Li- Die Bestände des Saarländischen Sportarchivs lassen sich in teratur, Zeitungen, Zeitschriften und andere Mitteilungsblätter, zwei Bereiche unterteilen: Archiv und Sammlungen. Festschriften, Fotos und Plakate enthalten. Kernbestand des Archivs sind die Unterlagen des Landessport- Das Schriftgut saarländischer Sportvereine kann aufgrund der verbandes für das Saarland. Daneben wird Schriftgut bisher ko- Menge an Vereinen nur in Auswahl im Saarländischen Sportar- operierender Fachverbände aufbewahrt, insbesondere sind dies chiv hinterlegt werden. Feste Auswahlkriterien existieren noch der Saarländische Turnerbund, der Schützenverband Saar, der nicht, jedoch ist es angestrebt, Schriftgut einerseits möglichst Saarländische Badmintonverband und der Saarländische Lan- repräsentativer Vereine, andererseits besonderer Vereine zu ar- desverband für Tanzsport. Auf Vereinsebene sind bisher nur Ak- chivieren. Die Vereine und Verbände, die eine eigene Archivie- ten von zwei Vereinen archiviert, der eine mit Fußballbezug, der rung anstreben, können sich vom Sportarchiv fachlich beraten andere mit Bezug zu Turnen und Leichtathletik. lassen. In den Sammlungsbeständen sind Nachlässe und Sammlungen einzelner Personen enthalten, wie zum Beispiel von Otto Knef- Problemstellungen ler, Franz Ost, Heinz Igel und Heinz Gutzmann. Zurzeit steht Die genannte Aufgabenstellung sollte als Zielsetzung verstan- das Sportarchiv kurz vor der Übergabe einer sehr umfang- den werden. Denn in der Archivpraxis gelingt die Umsetzung reichen Sammlung mit tausenden Sportfotos von bedeutenden nicht in allen Punkten umgehend eins zu eins. Sportereignissen. Sie enthält zudem Verbandsschriftgut, dass Die Fachverbände und Vereine unterliegen nicht der im Saar- der Sammler aus dem Müll gerettet hat oder aus von ihm aufge- ländischen Archivgesetz benannten Anbietungspflicht ihrer zur kauften oder ebenfalls geborgenen Nachlässen stammt. Erfüllung der laufenden Dienstgeschäfte nicht mehr benötigten Wesentlicher Teil der Sammlungsbestände ist die Sportbiblio- Unterlagen. Das bedeutet, sie müssen ihr Schriftgut niemandem thek. In ihr werden neben allgemeiner und regionaler Sportli- abgeben und haben freie Verfügungsgewalt über ihre Altakten. teratur jegliche Druckschriften, Zeitschriften, Festschriften und Diesem Umstand kann nur mit gezielter Überzeugungsarbeit Mitteilungsblätter saarländischer Sportverbände und -vereine begegnet werden. Und der Hoffnung auf Einsicht. Doch damit gesammelt. Des Weiteren verwahrt sie Sportzeitungen, wie die wären wir beim nächsten Problem: häufig nachgefragte „Sport-Welt“ aus den 1950er Jahren. Vielen Verbands- und Vereinsverantwortlichen fehlt schlicht Mit der Bibliothek des Sportwissenschaftlichen Instituts der und einfach das Bewusstsein für die Bedeutung ihrer Unterla- Universität des Saarlandes besteht dahingehend Kooperati- gen, für die eigene Verbands- oder Vereinsgeschichte und damit on, dass dem Saarländischen Sportarchiv sämtliche zur Aus- für die eigene Identität. Diese Einstellung rächt sich spätestens sonderung anstehenden Medien zur Übernahme angeboten beim nächsten Jubiläum, wenn keine Informationen für die werden. Das Sportarchiv trifft dann vor Ort eine Auswahl des Festschrift gefunden werden können. Häufig werden die Altak- für die Sportbibliothek interessanten Bibliotheksguts. Fer- ten wie lästiges Altpapier empfunden, dessen man sich entledi- ner bestehen eine Plakatsammlung und eine Bildersammlung. gen möchte, spätestens wenn im feuchten Keller oder auf dem heißen Dachboden mal wieder kein Stauraum mehr ist. Überzeugungsarbeit ist also dringend notwendig. Überzeugen, dass schlechte klimatische Verhältnisse den Zerfallsprozess im Papier beschleunigen bzw. dieses schlichtweg verrotten lassen. Überzeugen, dass die eigenen Unterlagen, die eigene Geschich- te zu etwas gut ist. Überzeugen, dass Verbände ihr Schriftgut im Saarländischen Sportarchiv fachgerecht aufbereitet jederzeit abrufen können und sie sich damit in erster Linie selbst einen Gefallen tun, usw. Viele, darunter auch bedeutende Verbände und Vereine haben in der Vergangenheit so gut wie ihr gesamtes Schriftgut weggewor- fen oder verkommen lassen, so dass für ihre Entwicklung, die jeweils mindestens 50 Jahre im Gange ist, eine große Überliefe- rungslücke klafft, die nicht mehr geschlossen werden kann. Hier kann man sich nur noch für eine künftige Sicherung einsetzen. Gedächtnis des saarländischen Sports: Als das will sich das Einer der Magazinräume im Landesarchiv Saarbrücken 10 DAGS-Magazin

Damit die Sportarchivbenutzer auch die Bestände des Landes- archiv u. a. in den Mitteilungsblättern der Fachverbände und bei archivs Saarbrücken effektiv nutzen können, wurde ein sach- dem bundesweit veranstalteten Tag der Archive vor. Gerade die thematisches Auswahlinventar erstellt, das alle Schriftstücke letztjährige Veranstaltung, die vor dem Hintergrund der Fuß- zum Thema Sport entlang der Archivtektonik des Landesarchi- ball-Weltmeisterschaft mit dem Thema „Der Ball ist rund“ oh- vs auflistet. nehin unter sportlicher Flagge firmierte, war dazu prädestiniert, das Sportarchiv ins Rampenlicht zu rücken. Für diesen Tag der Benutzung offenen Tür wurde eine Fußballausstellung mit dem Titel „Der Die Benutzung erfolgt im Rahmen der Benutzungsordnung und Saarfußball zwischen Frankreich und Deutschland 1946–1956“ Öffnungszeiten des Landesarchivs sowie unter Wahrung der im erarbeitet und um zeitgenössische Tondokumente aus dem Hör- Saarländischen Archivgesetz benannten Auflagen und ist kosten- funkarchiv des Saarländischen Rundfunks und diverse hochwer- frei. Reproduktionen, die zum Schutz der Objekte überwiegend tige Fußball-Memorabilia eines privaten Sammlers bereichert. mit der Mikrofilmkamera angefertigt werden, können gegen ge- Die Bemühungen um Außendarstellung werden ca. 2010 in ringe Gebühren erworben werden. Für die Archivrecherche ste- einem Projekt gipfeln, das die Veröffentlichung einer saarlän- hen Findmittel und die professionelle Archivdatenbank FAUST dischen Sportchronik vorsieht, die die wichtigsten Ereignisse zur Verfügung, die zur Erschließung aller Unterlagen im Haus des Saarsports darstellt. Da sich darin viele Vereine und Verbän- eingesetzt wird. Die Benutzer werden vor Ort oder auch telefo- de wiederfinden werden, soll diese Publikation als Stütze der nisch oder schriftlich beraten und über die Quellenlage informiert. Überzeugungsarbeit bei der Sicherung von Kulturgut des saar- ländischen Sports fungieren. Außendarstellung Neben seiner Internetpräsenz stellt sich das Saarländische Sport-

Benutzersaal des Landesarchivs Saarbrücken 2008 - Heft 1 11 Überlieferungsbildung am Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg e.V. Martin Ehlers

Der Herausgeber des mehrbändigen Standardwerks „Geschich- wie für die Erforschung durch Findmittel erschließen und für te der Leibesübungen“, Prof. Dr. Horst Ueberhorst, gibt in der Benutzer zugänglich machen. Einleitung zu bedenken, dass „der Historiker an die Überliefe- Der organisierte Sport hat sich andere Aufgaben gestellt, als sich rungen und Zeugnisse der Vergangenheit gebunden ist. Sie darf um die Sicherung seiner Tradition zu kümmern, und ebenso we- er weder ignorieren noch eigenwillig entstellen. Geschichtswis- nig kann eine solche Aufgabe von einzelnen Historikern, Sport- senschaft hat auszugehen von dem Grundsatz vorurteilsfreien Forschens, sachlicher Bestandsaufnahme, wahrheitsgemäßer Prüfung und gewissenhafter Beurteilung der Quellen.“1 Um diesem, von Ueberhorst formulierten hohen Anspruch ge- recht zu werden, muss die Überlieferung von Geschichtsquellen garantiert sein. Gerade auf dem Gebiet der Sportgeschichte wur- de keine konsequente Überlieferungsbildung betrieben, was zum einen an der großenteils ehrenamtlichen Organisationsstruktur des Sports und zum anderen an seiner kulturellen Anerkennung innerhalb der Gesellschaft liegen mag. Letzteres hat dazu bei- getragen, dass die Relevanz, Unterlagen aus dem Bereich Sport in öffentlichen Archiven zu überliefern, bis auf wenige Ausnah- men sehr spät, d. h. erst in der jüngeren Vergangenheit erkannt wurde. In Baden-Württemberg herrschte vor allem dahingehend ein gravierendes Defizit, dass für die systematische Erforschung von Leibesübungen, Spiel, Körperkultur, Turnen und Sport kei- Turnplatz Maulbronn ne zentrale Einrichtung vorhanden war, die sich um die Überlie- ferungsbildung des Sports sowohl aus privaten als auch privat- pädagogen oder Sportwissenschaftlichern geleistet werden. Sie gesellschaftlichen Entstehungsprozessen kümmerte. Aus diesem alle können wichtige Aspekte zur Sportgeschichte beitragen, Grund liegt in den staatlichen und kommunalen Archiven auch aber keine umfassende Dokumentations- oder Archivierungs- nur vorrangig das in Ämtern und Behörden entstandene Schrift- maßnahmen betreiben. Dafür bedarf es einer Einrichtung, die gut vor. Gelegentlich wurden schon in der Vergangenheit Ver- sich professionell der so komplexen Thematik wie der baden- einsunterlagen als Depositarbestände in Kommunalarchiven württembergischen Sportgeschichte annimmt. Dieses Bundes- hinterlegt, was aber in Baden-Württemberg eher die Ausnahme land entstand 1952 aus den Ländern Baden und Württemberg ist. Die Konsequenz ist, dass die Überlieferung auf Verbands- sowie dem hohenzollerischen Landesteil des früheren König- und Vereinsebene nicht durch eine Abgabeverpflichtung an ein reichs Preußen. Die hier vorherrschenden unterschiedlichen Archiv gesichert ist, sondern dem Zufall überlassen bleibt, ob Traditionen sind bis heute vor allem im Verbandswesen auffäl- es überhaupt noch Überreste geben wird. Gibt es keine Inte- lig, denn außer einem Landessportverband gibt es drei Landes- ressenten für historische Verbands- und Vereinsunterlagen, so sportbünde, die noch aus den unterschiedlichen Besatzungszo- laufen sie Gefahr, vernichtet zu werden. Was nicht überliefert nen der Nachkriegszeit resultieren. Daneben gibt es noch weit wird, kann auch nicht mehr nachgewiesen werden. Das mündet über einhundert Fachverbände, von denen manche wiederum letztendlich mindestens in ein Ungleichgewicht bei der späteren nur für Württemberg, Nordbaden oder Südbaden zuständig sind. Darstellung, wenn nicht gar in den völligen Verlust von auswert- Das alles sind auf den ersten Blick sportpolitische Fragen, die baren Quellen, Ereignissen und Phänomenen. Kommenden Ge- aber bei der Beschäftigung mit Sportgeschichte, vor allem im nerationen wird der Zugriff unmöglich gemacht. Gerade deshalb 20. Jahrhundert, nicht unwesentlich ins Gewicht fallen und eine ist es wichtig, die sporthistorischen Quellen als Ergänzungsdo- differenzierte Sichtweise erfordern. kumentation im Kontext zur behördlichen Überlieferung zu be- Aus diesem Bewusstsein heraus haben sich Vertreter der Landes- trachten und dementsprechend zu erhalten. sportbünde, sportwissenschaftlichen Hochschuleinrichtungen, Innerhalb der behördlichen Überlieferung, d. h. in Staats- und der Deutschen Olympischen Gesellschaft und des Landes Ba- Kommunalarchiven, ist ein wesentlicher Teil der Archivalien den-Württemberg Anfang der 1990er-Jahre zusammengetan und zum Sport in so genannten verdeckten Akten zu finden, das sind die Initiative ergriffen, einen Verein zu gründen, der sich um die beispielsweise Schul-, Feuerwehr-, Gerichts- und Polizeiakten. vernachlässigte Sportgeschichte kümmern sollte. Daraus ent- Darin enthalten sein können Genehmigungen für Veranstal- stand dann das Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg tungen, Berichte der Landratsämter an das Innenministerium e.V. (IfSG). über Turnfeste, Überlassung von Grundstücken zum Sport- Das IfSG mit Sitz in Maulbronn wurde am 4. Oktober 1993 in stättenbau, Gründung von Feuerwehren durch Turner oder die Ostfildern-Nellingen als Verein in freier Trägerschaft gegrün- Einführung von Turnstunden in Schulen und Waisenhäusern. det mit den satzungsgemäßen Aufgaben, auf dem Gebiet des Aber der umfassendere und inhaltlich aussagekräftigere Teil heutigen Landes Baden-Württemberg die Kultur, Wissenschaft von Quellenmaterial zur Sport- und Vereinsgeschichte befindet und Forschung im Bereich der Sportgeschichte zu fördern, die sich eben bei den Vereinen und Verbänden selbst, genauso bei Geschichte der Leibesübungen zu dokumentieren, zu sammeln, Vorstandsmitgliedern, Sportfunktionären und Sammlern. Nahe- darzustellen und zu erforschen. Auch die Einrichtung und der zu ausnahmslos können weder Vereine und Verbände noch Pri- Betrieb eines sportgeschichtlichen Archivs wurde angestrebt, vatpersonen historisches Sammlungsgut gleichermaßen erhalten das zur Auswertung und Weiterbildung offen stehen soll. Neben 12 DAGS-Magazin der Grundlagenarbeit, dem Archivieren, Dokumentieren und 3. sachgerechte Erschließung mit Hilfe eines Datenbank-Re- Erfassen, gehört auch die Veröffentlichung von Büchern und trievals mit dem Ziel einer zentralen Nutzung der Filme und Schriften zur Sportgeschichte in Baden-Württemberg zu den Kopien, Aufgaben des IfSG. 4. Aufbau einer Handbibliothek, um die Nutzung zu intensi- Die Archivierung und Dokumentation sportgeschichtlicher vieren. Quellen wurde von Anfang an als satzungsgemäße Hauptaufga- be betrachtet, wobei, anders als bei der Gründung erwartet, we- Zunächst konnten die von der Archivkommission vorgelegten der die finanziellen noch die konzeptionellen Voraussetzungen Vorschläge wegen fehlender finanzieller Mittel nur schleppend verfügbar waren. In seiner ersten Sitzung im Sommer 1994 wur- angegangen werden. Wider Erwarten fehlte das Geld für die de der Wissenschaftliche Beirat des IfSG mit der Erarbeitung hauptamtliche Stelle eines Archivars bzw. Dokumentars. Außer- einer Konzeption beauftragt. Der Wissenschaftliche Beirat wie- dem musste erst eine materielle Grundlage in Form einer trans- derum bildete mit Fachleuten aus dem Archivwesen und Histo- portablen Mikrofilm-Kamera und eines Rückvergrößerungsge- rikern zusammen die Archivkommission. Aus grundsätzlichen räts für Mikrorollfilme angeschafft werden. Da es auf dem Markt wie aus Kostengründen war man sich darüber einig, dass die keine für unsere Zwecke tauglichen transportablen Mikrofilm- Originalunterlagen der Vereine und Verbände vor Ort verblei- Kameras gab, wurde nun ein entsprechendes Gerät konstruiert ben sollten. Schon damals wurde in Erwägung gezogen, privat und gebaut. Allein auf die Digitalisierung von Dokumenten zu verwahrte Vereinsüberlieferungen zur Sicherung der Originale setzen, erschien der Archivkommission als nicht gangbar, weil in lokale öffentliche Archive abzugeben. Eine Archivierung von es hier um die langfristige Sicherung von einzigartigem Quel- Originalquellen beim IfSG sollte der Ausnahmefall sein, d. h. lenmaterial für die Zukunft geht und auf keinen Fall Folgekosten nur im „Notfall“ für unmittelbar bedrohte Unterlagen. Aus der durch Umformatierungen und Datensicherungen entstehen dür- Praxis heraus hat sich auch gezeigt, dass die Vereine ihre Archi- fen. Vor allem stand der Sicherheitsaspekt des dokumentierten valien nach der Bearbeitung wieder zurückhaben oder diese in Quellenmaterials im Vordergrund, wofür Langzeiterfahrungen öffentlichen Archiven wie Gemeinde-, Stadt- oder Kreisarchi- und möglichst einfache technische Voraussetzungen bei der ven aufbewahrt haben wollen, um zumindest in räumlicher Nähe Arbeit mit dem Dokumentationsmedium ausschlaggebend sein den Zugriff garantiert zu haben. sollten. Schließlich können bei Bedarf sehr kostengünstig von Ziel des IfSG wurde also nicht die Schaffung eines „Zentral- Mikrofilmen auch Daten erstellt werden. archivs“, sondern eines – wie es das Niedersächsische Institut Nachdem die finanzielle Hürde für die Mikrofilmausrüstung für Sportgeschichte Hoya (NISH) für seine Arbeit formuliert überwunden war, konnte im Sommer 1999 eine Stelle auf ABM- hat – „Dokumentationszentrums zur Erstellung, Sicherung, Re- Basis, später eine unbefristete Stelle, für einen Dokumentar gistrierung und Archivierung sporthistorischer Quellen“.2 Dazu eingerichtet werden. Damals ging man noch von der flächen- bedient sich das IfSG der Mikroverfilmung von Schriftgut und deckenden Dokumentation aller bis 1960 gegründeten Sport- der Reproduktion von Bildern. Vergleichbare Beispiele von mi- vereine in Baden-Württemberg aus. Begonnen wurde mit der kroverfilmten Überlieferungen gibt es etwa in landeskirchlichen Dokumentationsmaßnahme aus mehreren Gründen im Enzkreis. Archiven, wo Kirchenbücher aus einzelnen Gemeinden doku- In diesem zwischen Stuttgart und Karlsruhe anzusiedelnden mentiert werden, oder in Kreisarchiven. Landkreis liegt auch Maulbronn, wo das IfSG beheimatet ist. Der Enzkreis erschien nicht nur wegen der kurzen Anfahrts- wege für den Projektbeginn geeignet, sondern auch wegen seiner sportpolitischen Struktur: 1973 aus ehemals badischen und württembergischen Landesteilen gebildet, gibt es dort vier Sportkreise, eine Vielzahl unterschiedlich strukturierter Vereine, die vom bürgerlichen Turnverein von 1834 (TV Pforzheim) über Arbeitersport-, Fußball-, Schützen-, Kegel- oder Schachvereine bis hin zu Luftsportvereinen reichen. Innerhalb von vier Jahren konnten rund 80 Sportvereine dokumentiert werden, von denen über die Hälfte Turnvereine sind. Es folgten Fußball-, Schützen- , Radsport- und Arbeitersportvereine, wobei letztere nicht nach der Sportart, sondern als eigene Sparte gewertet wurden. Laut einer in den Jahren 2002/03 durchgeführten Umfrage nach der in baden-württembergischen Archiven vorhandenen Überliefe- rungssituation von Sportvereinen gingen nahezu 150 Antworten ein, die zeigten, dass das Verhältnis von Vereinen und Sportarten im ganzen Land ähnlich verteilt ist wie im Enzkreis. So hat die Bibliothek des Instituts für Sportgeschichte Baden-Württemberg Dokumentationsmaßnahme bei den Sportvereinen im Enzkreis aufgrund derer besonderen Tradition und Situation ansatzweise Die Archivkommission legte für das Dokumentationszentrum einen repräsentativen Querschnitt der baden-württembergischen beim IfSG folgende vier Hauptaufgaben zugrunde: Sportvereinslandschaft wiedergegeben. Davon ausgenommen 1. Inventarisierung sporthistorischer Quellen von Verbänden, sind jedoch Sportorganisationen mit konfessionellem Charakter Vereinen, von Archivalien in öffentlichen Archiven und son- wie die katholischen DJK-Verbände, die evangelischen Eichen- stigen Sammlungs- und Dokumentationseinrichtungen mit kreuz-Verbände oder die jüdische Sportbewegung Makkabi; dem Ziel eines Gesamtinventars, gleichermaßen fehlten auch berufliche Sportorganisationen wie 2. langfristige Sicherung von schriftlichen und bildlichen Post-, Bahn- oder Polizeisportvereine. Quellen durch Verfilmung, Kopieren und sonstige reprogra- In der Praxis wurde zuerst entweder schriftlich oder telefonisch phische Maßnahmen, mit dem jeweiligen Verein Kontakt aufgenommen, um die ge- 2008 - Heft 1 13 plante Maßnahme vorzustellen. Anfangs musste zunächst bei bilien sowie die Erstellung von Findbüchern informieren kön- den Vereinen Überzeugungsarbeit geleistet und Misstrauen ge- nen. Allein der Index des Fotoarchiv-Findbuchs umfasst nahezu gen unser Projekt abgebaut werden. Sehr hilfreich waren Be- 600 Namen von Vereinsmitgliedern, zu dessen Erstellung eine richte über das Dokumentationsprojekt in der Lokalpresse3 und Arbeitsgruppe sehr engagiert beitrug. Eine erste inhaltliche auch der Kontakt der Vereine untereinander; so gaben bereits Auswertung der neu erschlossenen Unterlagen wurde vom Be- dokumentierte Vereine ihre Erfahrungen mit uns positiv an an- arbeiter als eigenständiges Kapitel für die Ortschronik des Dorfs dere weiter. Letztlich konnten bis auf wenige Ausnahmen alle Schmie verfasst.5 Vereine des Enzkreises für die Bearbeitung gewonnen werden. Zur weiteren Aufgabe des Archivars gehörte auch die Ausarbei- Im Lauf des Projekts kamen auch Vereine auf uns zu, da sie tung eines „Überlieferungsprofils zur Sicherung, Erschließung von unserem Vorhaben gehört hatten und ebenfalls die Chance und Verfilmung von Sportvereinsbeständen in Baden-Württem- nutzen wollten, ihr Schriftgut auf Mikrofilm zu sichern. Überle- berg“6. In diesem Konzept geht es um die Alternative zur flä- gungen, für die Mikroverfilmung von den Vereinen eine Gebühr chendeckenden Dokumentation sportgeschichtlicher Quellen zu verlangen, erwiesen sich von Anfang an als nicht praktikabel. von Vereinen, die nach repräsentativer Auswahl erfolgen soll: Entscheidend war immer, dass unsere Maßnahme als kosten- „Entscheidend für die Auswahl soll eine regionale, soziologische loser Service angeboten werden konnte; allenfalls wurden Ver- und sportfachliche Ausgewogenheit sein, wobei als bedeutend eine Mitglied beim IfSG. erkannte sporthistorische Phänomene adäquat zu berücksichti- In vielen Fällen hatten die Vereine ihre Unterlagen nicht zen- gen sind.“7 Die Maßnahme soll rund 100 Vereine umfassen und tral gelagert, sondern mussten diese bei ehemaligen Vorstands- mitgliedern zusammentragen, was lange Vorlaufzeiten mit sich brachte. Manches war im Zweiten Weltkrieg zerstört worden, anderes einfach dem Verfall preisgegeben, verbummelt oder weggeworfen. Besonders arbeitsaufwändig waren Ergänzungs- ablieferungen, die dann Monate nach der Dokumentation nach- gereicht wurden. Vor Ort folgten als weiterer Schritt bei der eigentlichen Do- kumentation, um Doppelüberlieferungen zu vermeiden oder nichtssagende Informationen auszusieben, die Sichtung und Bewertung des Schriftguts sowie der Bilder bis zum Jahr 1960. Was man als überlieferungswürdig bewertete, wurde zur Mikro- verfilmung mitgenommen und durch Findmittel erschlossen. Entsprechend wurde auch bei den Bildern, Fotografien, Urkun- besondere gesellschaftliche, konfessionelle und sportliche Ent- den und Plakaten vorgegangen, wobei man diese, vor allem um wicklungen berücksichtigen; dazu gehören etwa Vereine mit früh deren Originalfarben festzuhalten, fotografisch reproduzierte. gegründeten Frauensportabteilungen oder mit einer Anbindung Während der Dokumentationsmaßnahme im Enzkreis wurde an den Arbeitersport. Ebenso spielen Regionen mit unterschied- immer deutlicher, dass eine flächendeckende Dokumentation al- licher Bevölkerungs- und entsprechender Vereinsdichte eine ge- ler baden-württembergischer Vereine bis zum Jahr 1960 mit den nauso wichtige Rolle wie soziale und ökonomische Strukturen vorhandenen bzw. zu erwartenden finanziellen Mitteln unmög- der Kommunen. lich realisierbar ist. Schon von Anfang an nahm das IfSG die Anders als bei der ersten Dokumentationsmaßnahme im Enz- Vereine in die eigene Verantwortung, wenn es um die Sicherung kreis werden als archivwürdig eingestufte Unterlagen in ein der Originalquellen ging. Bereits 1994 wurde ein erster Work- Ordnungssystem eingebunden und in einem Findbuch verzeich- shop für Jubiläumsvereine und Vereinsarchive in Maulbronn net, bevor die Sicherung auf Mikrofilm stattfindet. Anschließend veranstaltet, bei dem Grundkenntnisse über den Umgang mit der werden sie, sofern kein eigenes Vereinsarchiv eingerichtet wer- eigenen Geschichte vermittelt und in den Bereich Archivwesen den kann, als Depositarbestand an ein öffentliches Archiv, meist eingeführt wurde. Diese jährlich stattfindenden Seminare sowie Stadtarchiv oder Kreisarchiv, abgegeben. Hierdurch erfolgt ein Vorträge bei Sportverbänden und Sportkreisen sollen vor allem wichtiger Schritt zur Erhaltung der Originalunterlagen und de- die Vereinsvertreter für den Erhalt ihrer Geschichtsquellen sen- ren Erschließung durch Findmittel. Ein besonderes Augenmerk sibilisieren und ihnen einfache Methoden zur Erhaltung histo- wird auf die Frühgeschichte der Turnvereine gerichtet, die schon rischer Unterlagen aufzeigen. Aus den Vorträgen dieser „Work- in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründet wurden und shops“ resultiert der tausendfach verkaufte Ratgeber „Sammeln, deren Überlieferung teilweise noch in diesen Zeitraum zurück- Archivieren, Auswerten. Ein Leitfaden für Vereinsarchive, reicht. Überdies erfüllen die alten Traditionsvereine häufig auch Festschriften und Jubiläumsausstellungen“4. Immerhin bietet den gesuchten repräsentativen Charakter, da sie nicht allein über das Vereinsjubiläum, bei dem in der Regel auch eine Festschrift wertvolle Quellen zur Turngeschichte verfügen, sondern auch erscheint, eine Chance, das dafür zusammengetragene Material durch ihre Entwicklung zu modernen Mehrspartenvereinen zu- auch künftig zentral zu sammeln. Denn spätestens beim näch- gleich mehrere Aspekte, auch regionale sowie soziale, erfüllen. sten Jubiläum muss wieder alles mühselig zusammengetragen Das älteste in Baden-Württemberg bisher nachgewiesene Doku- werden, sofern es denn überhaupt noch verfügbar ist. Diese ment zur Turnvereinsgeschichte ist das Protokollbuch des Turn- Strategie leuchtet ein und weckt bei den Vereinsvertretern auch vereins Hirsau aus den Jahren 1816/17. Dem folgt das inhaltlich Interesse. Dank der Unterstützung der Kulturgutstiftung Baden- sehr ergiebige und mittlerweile transkribierte Turntagebuch der Württemberg konnte in den Jahren 2002/03 eine Projektstelle Stuttgarter Turngemeinde von 1822/23. für einen Archivar eingerichtet werden, der u. a. sozusagen ein Nicht allein den Aktenbeständen der Vereine gilt Interesse, „Musterarchiv“ aus den Beständen des TV Schmie (Maulbronn) sondern gleichermaßen werden die Unterlagen der Verbände aufbaute, wo sich nun andere Vereine über die professionelle als zeitgeschichtliche Überlieferung bewertet, gesichert und Archivierung von Schriftgut, Bildern, Urkunden und Memora- erschlossen. Für die Bewertung der Verbandsunterlagen wur- 14 DAGS-Magazin den anhand des Württembergischen Landessportbunds und des litischer Schritte, um der Überlieferungsbildung des Sports in Landessportverbands Baden-Württemberg Bewertungsmodelle Baden-Württemberg eine langfristige Zukunft zu garantieren. erstellt; auch für Sportkreise gibt es Bewertungsvorschläge. Bei Was für eine beständige Perspektive in den nächsten Jahren überregional tätigen Sportorganisationen werden neuerdings die spricht, sind Kooperationen mit Verbänden des organisierten Verbandsunterlagen nach der Erschließung als Depositar an die Sports, Sportvereinen, Geschichtseinrichtungen und dem Land Staatsarchive abgegeben. Baden-Württemberg. Auch die Nutzung des Beratungsangebots Ein weiterer wichtiger Baustein der Dokumentationsarbeit ist wird vor allem von den Vereinen, aber auch von Studenten, Hi- der Ausbau der Handbibliothek, die über das Bibliotheksser- storikern, Soziologen, Kulturwissenschaftlern und Sportinteres- vicezentrum Baden-Württemberg in Konstanz katalogisiert ist sierten ganz allgemein mittlerweile rege wahrgenommen. Die und vor allem Jubiläumsfestschriften und Vereinschroniken ent- Strategie des IfSG wurde im Grundsatz, d. h. Sicherung und hält. Eine wichtige Ergänzung dazu sind Heimatbücher sowie Erschließung von sportgeschichtlichen Quellen in Baden-Württ- Ortschroniken, da diese nicht nur konkrete Hinweise auf das emberg, bereits bei der Vereinsgründung festgelegt und konnte Vereinsumfeld liefern, sondern meist auch ergänzende Informa- durch praktische Erfahrungen sowie archivwissenschaftliche tionen zu Vereinen enthalten. Im Herbst 2003 wurden sämtliche Analysen immer weiter ausgebaut und etabliert werden. Städte und Gemeinden in ganz Baden-Württemberg angeschrie- Weitere Informationen: www.ifsg-bw.de. ben mit der Bitte um kostenlose Zusendung von Ortschroniken 1 und Heimatbüchern. Das IfSG erhielt daraufhin rund 600 Bände Zit. nach: H. Ue b e r h o r s t (Hrsg.), Geschichte der Leibesübungen. Bd. 1. Berlin 1972, S. 9. und 100 Broschüren sowie Fotokopien von zum Teil vergrif- 2 I. HESS, „Ergebnisbericht des Forschungsvorhabens ‚Erschließen und Si- fenen Exemplaren. Ein nicht unwichtiger Nebeneffekt war, dass chern der Quellen zur niedersächsischen Sportgeschichte bis zum Ersten die baden-württembergischen Gemeinden und Städte über die Weltkrieg’“, in: Niedersächsisches Institut für Sportgeschichte Hoya e.V. Aufgaben und Ziele des IfSG informiert wurden. (Hrsg.). Hoya o. J., S. 1. 3 F. El s ä s s e r , „Das Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg sichert und Das IfSG verfügt mittlerweile über einzigartiges Bibliotheksgut, archiviert Quellen zur Sportgeschichte“, in: Mühlacker Tagblatt, 18.2.1999; wovon ein beachtlicher Teil „graue Literatur“ ist, die nicht in öf- N. N. „Wertvolle Quellen für Nachwelt sichern“, in: Vaihinger Kreiszeitung, fentlichen Einrichtungen greifbar ist. Häufig erscheinen bei den 29.12.1999; M. Be c h t l e , „Vereine kämpfen gegen Gilb. Sporthistorisches Vereinen Publikationen im Eigenverlag, wobei die Abgabe eines Institut in Maulbronn will uralte Dokumente von Turnvereinen vor der Zer- störung retten“, in: Pforzheimer Zeitung, Ausgabe Mühlacker, 28.1.2001; Pflichtexemplars an die Landesbibliotheken versäumt wird. Ei- T. Kr a m m e r b a u e r , „Ein Mittler zwischen Sport und Kultur“, in: Vaihinger nerseits verfügt das IfSG über ein klares und funktionierendes Kreiszeitung, 19.2.2005. Konzept zur Sicherung und Erschließung sportgeschichtlicher 4 INSTITUT FÜR SPORTGESCHICHTE BADEN-WÜRTTEMBERG E.V. Quellen für das Bundesland Baden-Württemberg, andererseits (Hrsg.), Sammeln, Archivieren, Auswerten. Ein Leitfaden für Vereinsarchi- ve, Festschriften und Jubiläumsausstellungen, 3. Aufl., Vaihingen/Enz 2000, stehen dem erhebliche finanzielle Schwierigkeiten entgegen. So mit Beiträgen von R. Mü l l e r , L. Wi e s e r , M. Kr ü g e r , S. Wo i t e -We h l e und fehlen beispielsweise eigene Räumlichkeiten. Bis 2010 ist die einem Nachwort von H. Ni e m a n n . hauptamtliche Dokumentationsstelle finanziert, die des haupt- 5 J. Lo tt e r e r , „’Gottlob Brüstle griff nun zum Schlußwort …’ aus dem Vereinsa- amtlichen Geschäftsführers ist nur stundenweise besetzt. Alles rchiv des TV Schmie“, in: M. Eh l e r s (Hrsg.), Kleine Chronik von Schmie, Maulbronn 2003, S. 34–41. andere muss mit viel ehrenamtlichem Engagement bewältigt 6 J. Lo tt e r e r , Überlieferungsprofil zur Sicherung, Erschließung und Verfilmung werden. Gerade die finanzielle Unsicherheit bringt nicht allein von Sportbeständen in Baden-Württemberg (Typoskript), November 2003. erhebliche arbeitspraktische Defizite mit sich, vielmehr bestehen 7 ebd., S. 1. berechtigte Zweifel daran, ob das beim IfSG zusammengetra- gene Archiv-, Dokumentations- und Bibliotheksgut tatsächlich dauerhaft gesichert ist. Hier bedarf es noch entscheidender po-

Das Archiv der Karlsruher Sportgeschichte - Ein Sicherungsprojekt Carola von Roth

Ich freue mich Ihnen heute das Projekt „Das Archiv der Karlsru- lichkeiten und Sportstätten eine Ausstellung über die Geschichte her Sportgeschichte“ vorstellen zu dürfen. Mein Vortrag gliedert des Sports in Karlsruhe bis in die 1960er Jahre. Im Juli 2006 sich in drei Bereiche. Zunächst stelle ich Ihnen das Projekt kurz erschien außerdem eine gleichnamige Publikation des Stadtar- vor und schildere dann am exemplarischen Beispiel ausgewähl- chivs Karlsruhe.1 ter Dokumente zur lokalen Karlsruher Sportgeschichte, die wir Außerdem sollte ein Sportarchiv aufgebaut werden, das die mit Unterstützung verschiedener Karlsruher Vereine, Privatper- historischen Unterlagen zum lokalen Sportgeschehen2 sammelt, sonen und Sportlerpersönlichkeiten bereits zusammengetragen sichert, formal und inhaltlich erschließt und der Öffentlichkeit haben, den bisherigen Projektverlauf. Abschließend zeige ich für Recherchezwecke zur Verfügung stellt. Das Stadtarchiv Ihnen unsere beiden Datenbanken, das Archivprogramm Augias Karlsruhe sieht die Überlieferung von Vereinsunterlagen wie die sowie die im Aufbau begriffene Vereinsdatenbank „Karlsruher meisten deutschen Kommunalarchive als eine wichtige Aufgabe Sportgeschichte digital“. an, denn Vereine spielen eine wesentliche Rolle im Sozialgefü- ge einer Stadt. Ihre Funktion und ihre Tätigkeit kann nicht oder Projektbeginn nur unzureichend mit amtlichen Unterlagen überliefert werden, Seinen Ursprung hat das unter dem Arbeitstitel „Sport in so dass Vereinsunterlagen zum Dokumentationsprofil des Stadt- Karlsruhe“ im Oktober 2004 beim Institut für Stadtgeschichte archivs Karlsruhe gehören. Das Stadtarchiv Karlsruhe hat sich Karlsruhe gestartete Projekt als Ausstellungsvorbereitung. Im deshalb schon in der Vergangenheit bereits um Vereinsunter- Rahmen der Fußball-WM 2006 präsentierte das Stadtmuseum lagen gekümmert, allerdings nicht in der nun für den Bereich Karlsruhe vom 02.06. – 03.09.2006 im Prinz-Max-Palais am Sport beabsichtigten systematischen und umfassenden Form. Beispiel verschiedener Karlsruher Sportvereine, Sportlerpersön- Die Vorreiterrolle bei der gezielten Sicherung der Sportüberlie- 2008 - Heft 1 15 ferung im kommunalen Bereich wurde durch die Förderung des Leihgabe Projekt durch die Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg un- Zu Beginn unseres Aufrufs stellte die Mehrheit der interessierten terstrichen. Vereine ihre zum Teil sehr umfangreichen Bestände lediglich als Leihgabe zur Verfügung. Gleichwohl deckten die eingereichten Fragebogen Unterlagen weite Bereiche der sporthistorischen Entwicklung in Schon im Vorfeld der Ausstellungsvorbereitungen Anfang des Karlsruhe ab und reichten von den klassischen Schützengesell- Jahres 2005 hat das Stadtarchiv Karlsruhe einen Fragebogen er- schaften in Durlach und Karlsruhe (gegründet 1601 bzw. 1721) arbeitet und die Sportvereine und interessierten Bürger aufgeru- über verschiedene Turn- und Fußballvereine3 bis hin zu den fen, historische Sportdokumente als Leihgabe, Depositum oder traditionellen Karlsruher Sportarten wie Kraftsport, Rad- und Schenkung zur Verfügung zu stellen. Der Fragebogen, der auch Rudersport, Ringtennis und Leichtathletik oder aber Randsport- weiterhin auf der Web-Site des Stadtarchivs Karlsruhe (http:// arten wie Gorodki etc. www4.karlsruhe.de/kultur/stadtgeschichte/stadtarchiv) abrufbar Die Auswahl der „archivwürdigen Vereinsarchivalien“ erfolgte ist, gliedert sich in drei thematische Blöcke: meist vor Ort und basiert auf der Empfehlung des Niedersäch- sischen Instituts für Sportgeschichte Hoya e.V.4. Im Hinblick −− formale Fragen, wie zum Beispiel nach Adresse und Öff- auf die geplante Ausstellung galten allerdings andere Auswahl- nungszeiten der Geschäftsstelle, Sportangeboten, Mitglie- kriterien wie für das Sportarchiv. Während der Schwerpunkt der derzahl etc. Ausstellung bei Bildern und Exponaten lag, ist es hingegen das −− inhaltliche Fragen, nach der Kurzchronik des Vereins und erklärte Ziel des Sportarchivs die jeweilige Vereinsgeschichte ob beziehungsweise welche Unterlagen, Bilder, Objekte und möglichst umfassend zu dokumentieren. Filme im Verein noch vorhanden sind. Im Stadtarchiv wurden die einzelnen Sammlungen dann ge- −− Eigentumsfragen, nämlich in welcher Form der Verein oder scannt bzw. digital fotografiert und mit dem Archivprogramm der einzelne Bürger bereit ist, seine Archivalien zur Verfü- Augias erfasst. Ich möchte hier stellvertretend für die beteiligten gung zu stellen: im Original oder lediglich für Reprodukti- Vereine zunächst nur einige wenige Abbildungen zeigen5: onen. Abb. 1: Schützenscheibe der Schützengesellschaft Durlach 1601 e.V., 1886 Gestiftet von dem Kaufmann Friedrich Becker, gewonnen von Cornelius Bestandsaufbau Heidt (8 / SpoA 2661a) Die Resonanz auf unsere Fragebogenaktion war gut. Es mel- Abb. 2: Jugendstilplakat des Männerturnverein Karlsruhe 1881 e.V. von deten sich nicht nur rund die Hälfte der ca. 220 ansässigen Karls- 1906 entworfen anlässlich des 25-jährigen Stiftungsfests (H_Reg_A_2124_ 1). ruher Sportvereine, sondern auch viele sportbegeisterte Privat- personen sowie etliche Karlsruher Sportlerpersönlichkeiten, die Desweiteren sehen wir zwei Beispiele des Kraftsportvereins spontan ihre Kooperationsbereitschaft signalisierten. Durlach 1896 e.V., der über seltene Bilder und Pokale aus sei- nen Anfangsjahren verfügt, die auch in der Ausstellung gezeigt wurden: Abb. 3: Rundgewichts-Musterriege des 1. Kraftsportvereins Durlach, 1920er Jahre (8 / SpoA 2579) Abb. 4: Sowie einen Pokal in Form eines Horns, erhalten als II. Ehrenpreis für Musterriegen beim X. mittelbadischen Gaufest, 30.03.1913 (8 / SpoA 2555)

Depositum Auf unseren Aufruf entschlossen sich dagegen andere Vereine Teilbestände bzw. ihre kompletten historischen Archive als De- positum mit einer 10-jährigen Vertrags-Laufzeit zu hinterlegen. So deponierte zum Beispiel der eben erwähnte Kraftsportverein Durlach 1896 e.V. nachträglich seine Protokoll- und Mitglieds- bücher aus der Zeit von 1913 bis 1958, der Sportverein Karlsru- he-Beiertheim 1884/98 e.V. Original-Fahnen aus dessen Grün- derjahren und der Karlsruher Sportverein Rintheim-Waldstadt e.V. (gegründet 1909) historische Bildbestände. Ihre kompletten Vereinsarchive hinterlegten u.a. der Turn- und Sportverein 1874 Rüppurr e.V. sowie der Zucht- und Rennverein Karlsruhe Knie- lingen (gegründet 1924)6. Wir sehen hier: Abb. 5: Mitglieder des Reit- und Rennvereins Knielingen im Gewann Burgau, 08. Juli 1928 (8 / SpoA 3259) Der Vorteil einer solchen Vereinbarung ist natürlich, dass die Archivalien längerfristig sicher aufbewahrt sind und der Öffent- lichkeit für Recherchezwecke zur Verfügung stehen. Der Verein hat andererseits jedoch jederzeit Zugriff auf seine Unterlagen, etwa für die Ausrichtung von Ausstellungen oder die Erstellung von Festschriften bei Jubiläen.

Jugendstilplakat des Männerturnverein Karlsruhe 1881 e.V. von 1906 Schenkung entworfen anlässlich des 25-jährigen Stiftungsfests Unter archivarischen Gesichtspunkten war es natürlich das Ziel, 16 DAGS-Magazin dass möglichst viele Vereine dem Stadtarchiv Karlsruhe ihre mitglieder war Walter Bensemann (1873–1934), ein jüdischer historischen Unterlagen als Schenkung überlassen. Die Vorteile Bankierssohn aus Berlin, der für die deutsche Fußballgeschichte einer solchen Übergabe sind offensichtlich, denn in unserem von großer Bedeutung ist9. Er war neben zahlreichen Vereins- Hause sind klimatisierte Räume vorhanden, die eine sichere gründungen im Jahr 1900 Gründungsmitglied des deutschen Aufbewahrung unter idealen Lagerbedingungen gewährleisten. Fußballbundes sowie 1920 Gründer der Fußballzeitschrift „Ki- cker“. Bensemann sah im Fußball zeitlebens ein Mittel zur Völ- Karlsruher Turnvereine kerverständigung und organisierte daher immer wieder Spiele Von besonderer Bedeutung für die sporthistorische Darstellung zwischen Vereins- und Auswahlmannschaften aus verschiedenen Karlsruhes war die Schenkung des historischen Vereinsarchivs Ländern. Wir sehen hier durch den Karlsruher Turnverein 1846 e.V. (KTV), der als ei- Abb. 12: Ein Porträt Walter Bensemanns im Alter von 24 Jahren, 1897 (8 / ner der ersten Turnvereine 1846 in Karlsruhe gegründet wurde. SpoA 1302) Bereits im Jahre 1996 hatte der KTV anlässlich seines 150-jäh- Im Oktober 1905 konnte der KFV in Anwesenheit von Prinz rigen Vereinsjubiläums historisch relevante Unterlagen in einem Max von Baden seinen ersten eigenen Sportplatz in der heutigen feierlichen Festakt an das Stadtarchiv Karlsruhe übergeben. Auf Hertzstr. 17 einweihen. Fortan war Max von Baden ein häufiger unseren Aufruf erhielten wir weitere historische Zeugnisse der und gerngesehener Zuschauer auf dem KFV-Platz, wie das fol- Vereinsgeschichte um 1900, zum Beispiel einige Alben sowie gende Beispiel zeigt großformatige Bilder, aus denen ich hier einige Beispiele zeigen Abb. 13: Prinz Max von Baden auf der neuen Zuschauertribüne im KFV- möchte: Stadion beim Spiel KFV gegen den Oxford-University-Association-Foot- Abb. 6 : Gruppenaufnahme der Turngemeinde Karlsruhe zur Erinnerung an ballclub (1:3), vom 24.03.1907 (8 / SpoA 1298) das Kreisturnfest in Freiburg, 1. August 1893 (8 / SpoA 127) Abb. 7: Schauturnen der Karlsruher Turngesellschaft im Beiertheimer Wald, um 1900 (8 / SpoA 1898) Abb. 8: Vereinsmitglied Ferdinand Schwankert beim Stabhochsprung, 1907 (8 / SpoA 1896) 1881 wurde in Karlsruhe ein weiterer bedeutender Turnverein, der Männerturnverein Karlsruhe 1881 e.V. (MTV), gegründet, der zunächst ganz in der Tradition der deutschen Turnbewegung stand. Interessanterweise veränderte der MTV unter dem Ein- fluss der Turnerjugend und der englischen „Sport- und Spielebe- wegung“ sein Profil sehr früh und entwickelte sich zu einem der modernsten Vereine seiner Zeit. 1897 wurde das Frauenturnen eingeführt und 1899 eine neue Abteilung „Turnspiele“ gegrün- det, die das Sportangebot um Sportarten wie Faustball, Schlag- ball, Trommelball usw. erweiterte, wozu ich Ihnen ein Beispiel zeige: Die 1. Mannschaft des KFV, um 1910 Abb. 9: Gruppenaufnahme der Kreismeisterinnen im Trommelball. Von Sitzend von links: Fritz Förderer, Schwarze, , , links: Revenus, Thomas, Haas und Gierich, 1921 (8 / SpoA 2119) Kächele. Stehend von links: Hübner, Burger, Tscherter, Ruzek, Max Breu- nig, Ernst Hollstein, Hermann Bosch, Wilhelm Gros Im Besitz des Stadtarchivs Karlsruhe befindet sich außer- dem der Nachlaß Wilhelm Albrechts, eines langjährigen Mit- Bis 1914 war der KFV denn auch der erfolgreichste süddeut- glieds des Männerturnvereins Karlsruhe, der im Jahre 1929 sche Verein und brachte mit den jüdischen Spielern Julius Hirsch verstarb. Dieser hat sich neben seiner sportlichen Betätigung (1892-1943) und Gottfried Fuchs (1889-1972) legendäre Fuß- schon früh um die Dokumentation der Vereinsgeschichte ver- baller hervor. Außerdem stellte der Verein in dieser Zeit alleine 10 dient gemacht und alle Unterlagen akribisch gesammelt und insgesamt sieben Nationalspieler mit vierzig Berufungen. archiviert. So verfügen wir heute neben Urkunden, Vereins- Mit dem KFV-Archiv hat es seine eigene Bewandtnis. Erstens blättern und einer Liedersammlung auch über Bilder und eini- sind Teile des Archivs durch Brandbomben während des Zwei- ge Exponate wie den Silberbecher und den Bierkrug Wilhelm ten Weltkrieges zerstört worden. Und zweitens ist es in der Zwi- Albrechts, die beide ebenfalls in der Ausstellung gezeigt wur- schenzeit mit der Erfolgsgeschichte dieses Traditionsvereins lei- den und das Turnerleben Albrechts umfassend dokumentieren. der vorbei. Im Jahr 2000 geriet der Verein in massive finanzielle Abb. 10: Gruppenaufnahme der Turner des MTV. Unten in der Mitte Wil- Schwierigkeiten und musste im Oktober 2004 den Spielbetrieb helm Albrecht, ca. 1891, (7 NL Albrecht 404) wegen Insolvenz einstellen. In den Wirren dieser Ereignisse gin- gen leider ebenfalls große Teile des noch vorhandenen Archivs Abb. 11: Gruppenaufnahme der Turner des MTV. Ganz links Wilhelm Alb- recht, 35 Jahre später im August 1926, (7 NL Albrecht 408) verloren. Das Stadtarchiv hatte zwar bereits vor Projektbeginn einige Un- Karlsruher Fußballverein e.V. (KFV) terlagen zum KFV wie Akten und Festschriften aus verschie- Von großer Wichtigkeit für unser Projekt war schließlich auch denen Jahrzehnten und Bildmaterial des BNN-Fotografen Horst die Teil-Übernahme des Vereinsarchivs des Karlsruher Fußball- Schlesiger, vor allem aus den 1950er und 1960er Jahren. Au- vereins e.V. (KFV), zählte doch Karlsruhe zu Beginn des orga- ßerdem wurde mit Text- und Bildmaterial sowie Zeitzeugen- nisierten Fußballs neben Berlin und Leipzig zu einer der Hoch- interviews der Niedergang des KFV im sogenannten Digitalen burgen dieses Spiels. Hier wurde als erster Fußballverein der Museum vom Stadtarchiv Karlsruhe dokumentiert11. Es fehlten Stadt am 17.11.1891 der Karlsruher Fußballverein gegründet, jedoch vor allem Unterlagen um die Jahrhundertwende bis in die der lange Jahre als mehrfacher Süddeutscher Meister7, Deut- 1950er Jahre. Auf unsere öffentliche Umfrage nach Archivalien scher Vizemeister von 1905 und Deutscher Meister von 19108 kam zum KFV zunächst nur sehr verhaltene Resonanz. Deshalb eine wahre Erfolgsgeschichte schrieb. Eines der Gründungs- starteten wir am 31.05.2006 einen erneuten Aufruf in der ört- 2008 - Heft 1 17 lichen Tagespresse mit dem Titel „Wo steckt die Geschichte des 05.05.1920), der zusammen mit bekannten Karlsruher Künstlern KFV?“12 Hierauf meldeten sich zahlreiche Privatpersonen, die wie OMI Riesterer, Barbara Jäger u.a. die Ateliergemeinschaft uns unterstützten und die vor allem Bilddokumente in ihrem Be- „Neue Schule“ in Karlsruhe-Bulach gründete, dokumentiert mit sitz hatten. Auch das verloren geglaubte KFV-Archiv wurde zu- seinen z. Teil preisgekrönten Fotografien seit Mitte der 1950er mindest in Teilen an das Stadtarchiv Karlsruhe übergeben. Wir Jahre vor allem eine Vielzahl sportlicher (Groß-) Ereignisse erhielten eine Reihe wertvoller Bildmaterialien besonders aus in Karlsruhe. Seine Aufnahmen sind von besonderem künstle- den Jahren 1910 bis 1930, – die älteren Unterlagen sind wohl rischen Wert, da er im Gegensatz zu den eher statischen histo- unwiederbringlich verlorengegangen. rischen Bilder aktive dynamische Aufnahmen fertigte. Abb. 15: Lokalderby zwischen dem KFV und dem FC Phönix auf dem KFV-Platz (4:2). Blick auf die vollbesetzte Tribüne und Zuschauerränge, Privatpersonen 04.11.1928 (8 / SpoA 1268) Auch Privatpersonen aus Karlsruhe bzw. ehemalige Karlsruher Abb. 16: Spiel auf dem KFV-Platz: Saarauswahl – Badenauswahl, vermut- meldeten sich und stellten vor allem Fotos und Exponate zur lich 1930er Jahre. Im Hintergrund ist das Gebäude der ehemaligen Tele- Verfügung. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang vor graphenkaserne sehr gut zu erkennen (8 / PBS° IV 338) allem die zahlreich eingegangenen Bilder der beiden Vorläufer- Abb. 17: Das 1969 erbaute KFV-Clubhaus. Diese Abbildung von 1970 ist vereine des 1952 durch Fusion gegründeten KSC: dem FC Phö- inzwischen selbst ein zeithistorisches Bilddokument, da das Gebäude im nix (1894 – 1952) bzw. dem VfB Mühlburg (1933 – 1952). Sie Jahre 2006 abgerissen wurde. Hier entsteht derzeit ein Altersheim. Die ver- sehen hier exemplarisch bleibende Restfläche wurde dem benachbarten FC West zugeschlagen (8 / Abb. 22: Photo der 1. Mannschaft des FC Phönix, 1909 (8 / SpoA 590) Bildstelle II 0920_5) Abb. 23: Postkarte von Artur Beier an Friedrich (Fritz) Reiser, 1906. Das Motiv zeigt Besucher vor dem Tor des FC Phönix-Sportplatzes im Wild- Sportlerpersönlichkeiten park. Der Text der Rückseite lautet: „Lieber Fritz, Sei froh, dass du das Wet- Zunächst erhielten wir große Unterstützung von zahlreichen ter vermeiden konntest, das Spiel litt sehr darunter, wie du aus dem Resultat Karlsruher Sportlerpersönlichkeiten bzw. von deren Familien. ersehen haben wirst. Hoffentlich gehst du schon wieder ins Geschäft. Bester Erwähnt seien der Ruderer und Olympia-Bronzemedaillen- Gruß Artur (Beier).“ (8 / SpoA 555) gewinner im Zweier von 1964 in Tokio Michael Schwan, der Tennisspieler Jürgen Faßbender und die Familien des Fußballers KSC-Archiv Julius Hirsch sowie des Hammerwerfers Karl Wolf. Die Stadt Einer der bisherigen Sammlungshöhepunkte war schließlich die Karlsruhe hat außerdem während der 1920er und 1950er Jah- Übernahme des KSC-Archivs im Januar 2007 von einem Pri- re einige bedeutende Leichtathleten hervorgebracht. So wurde vatsammler aus Leimen in Zusammenarbeit mit dem Karlsru- Lina Radke-Batschauer (1903-1983) vom KFV im Jahre 1928 her Sport-Club Mühlburg-Phönix e.V.13. Dieser hatte die letzten Olympiasiegerin in Amsterdam über 800 m. Jahrzehnte akribisch alle Informationen zum KSC zusammen- Ein gute Zusammenarbeit besteht ferner zu den seit Anfang getragen, die von chronologisch sortierten Presseordnern um der 1950er Jahre auch international renommierten Karlsruher 1900 bis zur Gegenwart (zum Teil mit Schriftwechsel, Doku- Leichtathleten wie Heinz Fütterer, dem sogenannten „weißen menten, Postkarten, Vereinsnachrichten und Vereinsmagazinen Blitz“, der 1954 als erster Weißer im japanischen Yokohama der Vorläufer-Vereine und dem KSC) über Bild- und Filmma- den von dem legendären Jesse Owens terial, einer umfangreichen Bibliothek gehaltenen Weltrekord mit 10,2 sec. zum Thema Fußball und Exponaten über 100 m einstellte. Er, wie auch wie Vereinsabzeichen, Wimpeln etc. Carl Kaufmann, Lothar Knörzer u.a. bis hin zu diversen Fanartikeln wie stellten für die Ausstellung nicht nur Aufklebern, Tassen, Gläsern und Urkunden, Bilder, Trikots, Medaillen ähnlichem reichen. Die Sammlung und Pokale zur Verfügung, sondern dokumentiert anschaulich die wech- vermittelten auch weiterführende selvolle Entwicklung des KSC zwi- Kontakte. schen ehemaliger Oberliga, 1. und Abb. 19: Heinz Fütterer bei den Europa- 2. Bundesliga, Regionalliga bis zum meisterschaften in Bern, 1954. Er wurde hier Doppel-Europameister über 100 m Wiederaufstieg in die Bundesliga, der (10,5 sec) und 200 m (20,9 sec.) (8 / SpoA als mehrfacher Süddeutscher Meister, Fütterer) zweifacher DFB-Pokalsieger (1955 Abb. 20: Bronzemedaille von Heinz und 1956) und UEFA-Cupteilnehmer Fütterer, errungen mit der 4 x 100 m Staffel Fußballgeschichte geschrieben hat (Heinz Fütterer, Manfred Germar, Lothar und derzeit wieder schreibt. Knörzer, Leonhard Pohl in 40,3 sec.) bei der 16. Olympiade in Melbourne, 1956 (8 Abb. 24 a, b: Mitgliedsausweis Adolf Haber- / SpoA Fütterer) strohs vom FC Phönix, 1905 (8 / SpoA KSC- Abb. 21: ¼ des o.g. Staffelstabs von Lothar Archiv) Knörzer, 1956 (8 / SpoA Knörzer) Abb. 25: Programm anlässlich des Freund- schaftsspiels Rom – FC Phönix Karlsruhe im Archiv Walter Schnebele Wildpark, 1939 (8 / SpoA KSC-Archiv) Besonders erwähnenswert ist außer- Abb. 26: KSC-Mannschaft und Vereinsfunktio- dem die Übergabe des kompletten Fo- näre nach der errungenen Süddeutschen Pokal- toarchivs des Karlsruher Fotografen meisterschaft, 1956 (8 / SpoA KSC-Archiv) Walter Schnebele im August 2006, Nach der Sichtung und Inventarisie- dessen Gesamtwerk ca. 10.000 Foto- Autogrammkarte von Lina Radke-Batschauer im Olympia- rung des Bestandes erfolgte Ende Mai grafien umfasst. Schnebele (geboren dress aus besagtem KFV-Archiv, 1928 2007 die offizielle Unterzeichnung 18 DAGS-Magazin des Depositalvertrages durch den Karlsruher Oberbürgermeister entsteht derzeit außerdem eine digitale, webbasierte Datenbank Heinz Fenrich und dem KSC-Präsidenten Heinz Raase im Stadt- über die Vereinsgeschichte aller Karlsruher Sportvereine, die archiv Karlsruhe. Über diese einmalige Kooperation zwischen „Karlsruher Sportgeschichte digital“15. Im Rahmen der Ausstel- einem Stadtarchiv und dem zwischenzeitlich wieder in die 1. lungen „Sport in Karlsruhe“ bzw. „Dank Informatik aus Karlsru- Bundesliga aufgestiegenen KSC berichtete die örtliche Presse he“ im Oktober 2006 wurde bereits ein Prototyp der Datenbank ausführlich in den Print-Medien und im Internet, so dass sich im weiteren Projektverlauf etliche ehemalige KSC-Funktionäre und Spieler bzw. deren Angehörige meldeten und weitere Zeit- zeugnisse wie Bilderalben, Urkunden etc. übergaben.

Datenbanken: Erschließung mit Augias Parallel zu dieser Sammlungstätigkeit wird das Sportarchiv mit der Signatur 8/SpoA und fortlaufender Nummer als neuer Be- stand mit unserem Archivierungsprogramm AUGIAS 7.2 formal und inhaltlich erschlossen und steht dem interessierten Nutzer inzwischen für Recherchezwecke zur Verfügung. Die Problema- tik dieser Sammlung besteht – wie bereits erwähnt darin, dass es sich – anders als bei herkömmlichem Archivgut – um unter- schiedliche Dokumente handelt, die als Leihgabe, Depositum oder Schenkung, im Original oder lediglich als Sca und in einer nicht absehbaren Anzahl vorhanden sind. Ich zeige Ihnen nun einen exemplarischen Datensatz: mit illustrierten Karlsruher Vereinschroniken derjenigen Vereine präsentiert, die sich auf unseren Aufruf gemeldet hatten. Die Eingangsmaske zeigt eine alphabetische Liste der derzeit bestehenden ca. 220 Karlsruher Sportvereine, in der im Volltext nach Vereinen, bestimmten Ereignissen, Sportarten und dem Gründungsjahr gesucht werden kann. Die Vereinsrecherche kann außerdem nach konkreten Vereins- namen, nach Vereinskürzeln (z. Bsp. KSC) oder aber nach Wortbestandteilen durchgeführt werden. Eine Trefferliste zeigt dann alle in Frage kommenden Vereine an. Durch Anklicken des gewünschten Vereins gelangt man schließlich direkt auf die ent- sprechende Vereinsseite. Diese ist unterteilt in formale Angaben (wie Anschrift, Ansprechpartner, Sportarten, Gründungsjahr, Gründungsbemerkungen, Sportlerpersönlichkeiten und Fusi- onen) und inhaltliche Angaben. Letztere zeichnen die jeweilige Vereinsgeschichte chronologisch nach, welche mit verschie- denen Schlagworten (Angebotsänderung, Fusionen, Jubiläen, Politik, Sportereignisse, Sportstätten, Sonstiges) erfasst ist und entsprechend recherchiert werden kann. Illustriert werden die einzelnen Darstellungen schließlich mit ausgewählten Bildern Wie Sie erkennen können, sind die meisten der Datenfelder des Sportarchivs. selbsterklärend. Ausdrücklich verweisen möchte ich jedoch an Außerdem ist es möglich, sowohl in der Vereins- als auch in dieser Stelle auf die Klassifikationsgruppe 1, die nach Sport- der Ereignissuche Suchkriterien über eine sogenannte Crossre- vereinen, Sportlerpersönlichkeiten, Sportstätten, Sportarten und cherche miteinander zu verknüpfen. Wie gesagt, die Datenbank speziellen Sportveranstaltungen etc. unterteilt ist. Darüber hi- befindet sich derzeit im Aufbau und wird sowohl inhaltlich als naus basiert die Klassifikationsgruppe 2 auf der vom Institut für auch formal sukzessive erweitert. Karlsruher Bürger und Bürge- Sportgeschichte Baden–Württemberg in Maulbronn erarbeiteten 14 rinnen und vor allem die Sportvereine sind nach wie vor aktiv in Systematik . das Projekt eingebunden und mittelfristig soll diese Datenbank Im Augenblick sind ca. 5000 Datensätze mit Augias erschlossen auch im Internet für Recherchezwecke zur Verfügung stehen. und ca. 1500 Archivalien dokumentiert, die jetzt nach und nach verzeichnet werden. Parallel wird der Kontakt zu den Vereinen Schlussbemerkung gepflegt und deren Vereinsarchive weiterhin erfasst. Außerdem Meine Damen und Herren, Sie sehen, dies ist ein spannendes ist auch künftig eine intensive Zusammenarbeit mit dem Institut Projekt, das bereits ein breites Spektrum der sporthistorischen für Sportgeschichte in Maulbronn geplant. So werden zum Ab- Entwicklung in Karlsruhe abdeckt und verschiedene neue For- schluss des Projekts die dokumentierten Archivalien auf Mikro- schungsansätze (historische, politische, soziologische und kul- film vervielfältigt, wovon ein Exemplar ebenso wie ein konven- turhistorische) bietet. Denkbar sind in Zukunft auch weitere tionelles Findbuch in Maulbronn hinterlegt werden sollen. kleinere Ausstellungen, etwa zu einzelnen Sportarten, Vereinen, Sportlerpersönlichkeiten oder Nachlässen (z. Bsp. der erwähnte Die Vereinsdatenbank: Nachlass Schnebele oder das KFV-Archiv etc.). „Karlsruher Sportgeschichte digital“ In Zusammenarbeit mit der Hochschule für Gestaltung Karlsru- 1 Sport in Karlsruhe. Von den Anfängen bis heute. Karlsruhe 2006 (Veröffentli- he (HfG Karlsruhe) unter der Leitung von Professor Jürgen Enge chungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 28). 2008 - Heft 1 19

2 z.B. Schriftgut wie Protokoll- und Kassenbücher, Urkunden, Vereinsnachrich- clubs“ durch Schüler des Karlsruher Gymnasiums unter Federführung Ben- ten, Bilder, Exponate, Filme etc. semanns. In seinen rückblickenden Erinnerungen aus jener Zeit schildert er, 3 z.B. der Männerturnverein Karlsruhe 1881 e.V., die Freie Spiel- u. Sportverei- dass gleich beim ersten Spiel eine Fensterscheibe dieser Karlsruher Schule nigung Karlsruhe e.V. (gegründet 1898), der Allgemeine Sportverein Dur- zu Bruch ging, so dass im Folgenden auf dem Engländerplatz gespielt wer- lach 02 e.V., die Rüppurrer Fußballgesellschaft 04 e.V. etc. den musste. Vgl. hierzu: Br ä u n c h e , Er n s t Ott o : Fußballhochburg Karlsru- 4 aus: Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg e.V. (Hg.): Sammeln, Ar- he, S. 173. In: Sport in Karlsruhe. (wie Anm. 1). S. 168 - 218. chivieren, Auswerten. Ein Leitfaden für Vereinsarchive, Festschriften und 10 Hermann Bosch, , Fritz Förderer, Gottfried Fuchs, Wilhelm Gros, Jubiläumsausstellungen. Vaihingen/Enz, 2000. S. 21. Als archivwürdige Julius Hirsch, Ernst Hollstein. Vereinsarchivalien gelten hiernach: 11 Vgl. http://www.karlsruhe.de/kultur/stadtgeschichte/digitales_museum1.de −− Dokumente um die Vereinsgründung (Vorbereitung, Gründungsversammlung etc.) 12 Vgl. hierzu den Artikel der Badischen Neuesten Nachrichten, Karlsruhe vom −− Verträge (Satzungen) −− Sämtliche Protokolle 31.05.2006 −− Vorstands- und Mitgliederlisten 13 Die erste Kontaktaufnahme zu diesem Sammler entstand im Rahmen der Aus- −− Finanz- und Haushaltspläne stellungsvorbereitungen 2005. Im Laufe des Jahres 2006 entschloss sich −− Beitragsbücher −− Bauunterlagen von Sportanlagen / Vereinsheimen (Pläne und Baukosten, Schriftwechsel) dieser seinen Bestand aus Gesundheitsgründen dem KSC zu veräußern, der −− Unterlagen zur Entwicklung des Vereins und zum Vereinsleben (Übungsangebot, Bildung von selbst über kein nennenswertes Vereinsarchiv verfügt. Aus Platz- und Per- Sparten, Geräte Verzeichnisse, Jubiläums- und Festschriften, Wettkämpfe, Organisation von sonalgründen seitens des Vereins kam es schließlich zu einer Zusammen- Meisterschaften, herausragende Ereignisse) −− Vereinszeitungen arbeit mit dem Stadtarchiv Karlsruhe, das die Sammlung im Januar 2007 −− Bild-, Ton- und Filmdokumente sowie Exponate übernahm. Dagegen sind laut o. g. Empfehlung Rundschreiben und Drucksachen für 14 Vgl.: Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg e.V. (Hg.). (wie Anmer- die Vereinsgeschichte häufig ebenso irrelevant wie Rechnungen, die nur kung 3), S. 22f. Die Hauptgruppen, die je nach Größe und Beschaffenheit aus Krisenzeiten (Kriegsjahre, Inflation) aufbewahrt werden sollten. Das des Bestandes in Untergruppen ausdifferenziert werden können, gliedern Stadtarchiv Karlsruhe erhielt zum Beispiel Sparbücher und Rechnungen der sich in: Turngemeinde Durlach-Aue 1895 e.V., die Auskunft über die Inflationszeit I Verein (allgemein) II Vorstand der 1920er Jahre geben. III Protokolle 5 Die im Folgenden erwähnten Abbildungen wurden während des am 05.10.2007 IV Sparten in Maulbronn gehaltenen Vortrages gezeigt, was in der Druckversion auf- V Finanzen VI Mitgliederverzeichnisse grund des Umfangs nicht möglich ist. In der Druckversion beschränke ich VII Personelle Zusammensetzung (Trainer, Übungsleiter) mich exemplarisch auf drei Abbildungen, belasse aber alle Bildbeschrei- VIII Inventarverzeichnisse bungen, um die Vielschichtigkeit des Bestands zu unterstreichen. IX Veranstaltungen 6 X Meisterschaften, Wettkämpfe Von letztgenanntem erhielten wir neben älteren Vereinsnachrichten u.a. das XI Sportfeste handgeschriebene Protokollbuch des Vorgängervereins, - dem Reit- und XII Bauprojekte Rennverein Knielingen (vom 25. Juli 1926 – 29. März 1956), so dass wir XIII Baupläne und Karten XIV Urkunden nun über eine lückenlose Darstellung der Vereinsgeschichte verfügen. XV Plakate 7 Erringung der Süddeutschen Meisterschaft zwischen 1901 – 1905 fünf Mal in XVI Fotos, Filme und Tonträger Folge, zwischen 1910 – 1912 drei Mal in Folge. XVII Memorabilien (Fahnen, Sporttrophäen, Embleme usw.) XVIII Bibliothek (Bücher und Zeitschriften) 8 gegen Holstein Kiel mit 1:0 in Köln. 15 z. Zt. http.//www2.salon-digital.de/stadtarchiv (jedoch noch nicht freigeschaltet). 9 Schon 1889 erfolgte die Gründung des „Karlsruher Internationalen Football-

Bewahrung von Sportgeschichte in einem Kreisarchiv Dargestellt am Beispiel des Archivs des Rhein-Sieg-Kreises Claudia Maria Arndt

Das Archiv des Rhein-Sieg-Kreises: bach, Bonn, Siegburg, Uckerath und Waldbröl, die zur Provinz Zuständigkeit und Aufgaben Jülich-Kleve-Berg und seit 1822 zur Rheinprovinz gehörten. 1820 erfolgte die Vereinigung der Kreise Siegburg und Ucke- Der Rhein-Sieg-Kreis: Ein kurzer historischer Exkurs rath, die ab 1825 unter dem Namen Siegkreis firmierten. Nach Der Rhein-Sieg-Kreis ist ein Kreis im Süden von Nordrhein- der 1887 erfolgten Neuregelung der Kreisverfassung erhielt Westfalen. Bevölkerungsmäßig ist er mit fast 600.000 Einwoh- jeder Kreis das Recht auf kommunale Selbstverwaltung, die nern der zweitgrößte deutsche Kreis, und auch flächenmäßig Stadt Bonn schied seinerzeit aus dem Kreisgebiet aus und gehört er zu den größten in der bildete einen eigenen Stadt- Bundesrepublik. Er umgibt die kreis. Im Gegensatz dazu ent- Bundesstadt Bonn fast vollstän- stand der Kreis Bonn-Land. dig und bildet mit ihr zusammen 1932 wurde der Landkreis die Region Bonn/Rhein-Sieg. Rheinbach aufgelöst, der grös- Der Rhein-Sieg-Kreis wird vom sere Teil kam zum Landkreis Rhein in einen links- und einen Bonn, die Stadt Münstereifel rechtsrheinischen Bereich ge- und Umland kamen zum Kreis teilt. Euskirchen. 1932 wurde eben- Nach den Befreiungskriegen falls der Kreis Waldbröl aufge- bzw. nach dem Wiener Kon- löst, er wurde mit dem Kreis gress kamen das Rheinland Gummersbach zum Oberber- und Westfalen 1815 als rhei- gischen Kreis zusammengelegt, nische Provinzen zu Preu- wobei das Amt Dattenfeld (heu- ßen1. Preußen machte bei den te Gemeinde Windeck) an den anschließend durchgeführten Ein Zeitzeuge erkennt sich als Spieler wieder, Siegkreis abgetreten werden Foto: Holger Arndt, General-Anzeiger-Bonn Verwaltungsreformen aus der musste. Mairie eine Bürgermeisterei, behielt aber die Gebietsauftei- Zum 1. August 1969 wurden der Siegkreis und der restliche lung weitgehend bei. Aus den Kantonen wurden Landratsämter Landkreis Bonn ohne die zur Stadt Bonn eingemeindeten Orte bzw. Landkreise. In unserem Gebiet entstanden zunächst – als sowie die Gemeinde Straßfeld aus dem Kreis Euskirchen im Gründungsdatum gilt der 1. April 1816 – die Kreise Rhein- Rahmen der nordrhein-westfälischen Kreisreform zum Rhein- 20 DAGS-Magazin

Sieg-Kreis vereinigt. Sieg-Kreises eine „Abteilung Sport“. Dem aktuellen Haus- Archivgeschichte und Aufga- haltsplan sind folgende Ausga- ben des Kreisarchivs ben bzw. Aufgabenstellungen Das 1989 erlassene Archiv- zu entnehmen: Personalausga- gesetz Nordrhein-Westfalen ben, sächliche Verwaltungs- verpflichtet auch die dortigen ausgaben, Beschaffung von Kommunen, ein Archiv zu un- Sportplaketten, Förderung von terhalten. Hier heißt es unter § kompensatorischem Sportunter- 10 Kommunales Archivgut: „(1) richt, Zuschüsse zur Übungslei- Die Gemeinden und Gemeinde- terhonorierung sowie Zuschuss verbände tragen für ihr Archi- an Sport- und Gesundheitszen- vgut in eigener Zuständigkeit trum. Sorge, indem sie es insbesonde- Sind die aufgrund dieser Auf- re verwahren, erhalten, erschlie- gabenausübung entstehenden ßen und nutzbar machen. (2) Sie Unterlagen archivwürdig bzw. erfüllen diese Aufgabe durch a) ist/wäre dies sporthistorisch Errichtung und Unterhaltung ei- relevantes Material? Auf beide gener Archive […]“. Fragen muss man ehrlicher- Bereits 1966 wurde im dama- weise mit Nein antworten, aus ligen Kreis Bonn ein hauptamt- archivischer Sicht werden wir lich besetztes Kreisarchiv einge- allerhöchstens Auswahlakten richtet und 1969 vom Siegkreis, aufbewahren. der – wie erläutert – im Zuge Ein Blick in unsere Archivbe- der kommunalen Neugliede- stände – also die dauerhaft auf- rung den Namen Rhein-Sieg- zubewahrenden Akten – zeigt, Kreis erhielt, mit Personal und dass sich weiteres Schriftgut Beständen übernommen.2 Bis mit Bezug zum Thema Sport in 1981 befand sich das Archiv in unserem Archiv befindet. Hier- einer Nebenstelle der Kreisver- zu einige Beispiele: waltung Bonn. Mit Fertigstel- lung des neuen Kreishauses in - Im Bestand Siegkreis sind Siegburg wurden alle Bereiche zahlreiche Faszikel mit dem des Kreisarchivs sukzessive Ausstellungsplakat Titel „Gewährung von Landes- dorthin verlagert. und Kreisbeihilfen für Kommu- Die Aufgaben des Kreisarchivs bestehen nach dem Archivgesetz nen und Vereine zur Errichtung von Sportstätten und zum in der Aussonderung, Übernahme, Verwahrung, Erhaltung und Kauf von Sportgeräten“ (nach KGSt4 30 Jahre, im Sonderfall Erschließung des Schriftgutes der Verwaltung des Rhein-Sieg- dauerhaft); dadurch gewinnt man einen Überblick über den Kreises und seiner Rechtsvorgänger, sprich den fünf eingangs Sportstättenbau im Kreis, häufig finden sich in den Antrags- erwähnten Kreisen. Das im laufenden Geschäftsgang der Kreis- unterlagen auch Satzungen der Antrag stellenden Vereine; verwaltung nicht mehr benötigte Schriftgut wird ins Zwischen- −− ebendort „Errichtung eines Kreissportamtes und Ernennung archiv übernommen. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen des Sportbeauftragten für den Siegkreis“; erfolgt eine Bewertung der Archivwürdigkeit unter rechtlichen, −− ebendort „Sportvereine und Sportverbände im Siegkreis“; historischen und administrativen Gesichtspunkten. Der größere −− ebendort „Bestandserhebung über Turn- und Sportstätten so- Teil des Schriftgutes wird dann kassiert, nur ein Bruchteil zur wie Schwimmbäder“; dauernden Aufbewahrung übernommen. −− oder „Sportlerehrungen (Sportmedaille des Siegkreises)“; diese gab es nur in den 1960er Jahren für verdiente Sportler, Was gibt es an sportgeschichtlicher Überlieferung im so z. B. für Wolfgang Overath. Kreisarchiv? Darüber hinaus gibt es sporthistorische Quellen, die in ganz Bestände aufgrund der verwaltungsmäßigen Zuständigkeit anderem Kontext entstanden oder auch zufällig erhalten geblie- des Kreisarchivs ben sind. Hierzu ebenfalls wenige Beispiele: In einer Akte des Sport ist ein Phänomen, das auf politischer, wirtschaftlicher und Landratsamtes Siegkreis mit dem Titel „Wahl der Synagogen- kultureller Ebene seine Spuren hinterlässt. Diese gilt es zu fin- vorsteher und der Repräsentanten“ befinden sich „Richtlinien den, zu sichern und in die Geschichtsschreibung der Kommune für den Sportbetrieb von Juden“5; im selben Bestand eine Akte einzufügen.3 „Heilighaltung der Sonn- und Feiertage“ mit einem Vorgang Was kann nun ein Kreisarchiv hierzu beitragen? Im ArchG NRW über Beschwerden der Hennefer Bevölkerung über die Störung heißt es unter § 10 Kommunales Archivgut Abs. 3: „Archivwür- des Gottesdienstes durch sportliche Veranstaltungen auf dem dige Unterlagen, die zur Aufgabenerfüllung nicht mehr benötigt nahe gelegenen Sportplatz – immerhin ein Indiz für den Wandel werden, sind in das Archiv zu übernehmen.“ Damit stellt sich der gesellschaftlichen Akzeptanz von Sportveranstaltungen an nun zunächst die Frage, welche Ämter bzw. Abteilungen unserer Sonn-/Feiertagen.6 Kreisverwaltung überhaupt auf den Sport bezogene Aufgaben Hinweise auf solche Schriftstücke ergeben sich jedoch nur bei wahrnehmen. So gehört zum Schul- und Kulturamt des Rhein- einer entsprechenden – EDV-gestützten – Tiefe der Erschlie- 2008 - Heft 1 21

ßung, die im Fall unseres Archivs jedoch in den wenigsten zu halten und damit die Notwendigkeit unserer Existenz zu un- Fällen vorhanden ist. Außerdem sind dies nur Streiflichter, termauern. Ein weiterer, nicht zu vernachlässigender Aspekt ist die eine Sportgeschichtsschreibung im besten Fall ergänzen. in diesem Kontext natürlich auch der Kampf um die finanzielle Ausstattung unserer Einrichtung. Öffentlichkeitswirksame Pro- Bestände außerhalb der gesetzlichen Zuständigkeit des jekte bestätigen den Nutzen unseres Archivs und sichern letzt- Kreisarchivs endlich auch die nötigen Gelder. Insgesamt ist daher in diesem Grundsätzlich gilt für unser Kreisarchiv, dass Kreisgeschichte Zusammenhang das Thema Sport ein sehr lohnendes, denn von sich nicht allein anhand des offiziellen, aus der Verwaltungs- den fast 600.000 Einwohnern des RSK sind über 150.000 Men- tätigkeit anfallenden Schriftgutes darstellen lässt. So sind wir schen in Sportvereinen aktiv. Damit ist dies die größte Bürgerbe- generell um „nicht-offizielle“ Ergänzung unserer Bestände be- wegung im Kreis.8 Diese Größenordnung macht auch deutlich, müht. Vor allem die Sammlungsbestände sind solche Bereiche. dass die Geschichte eines Ortes bzw. Kreises – unabhängig von Bezogen auf das Thema Sport wären dies z. B.: seiner Größe – ohne Sportvereine und ihre Bedeutung für das gesellschaftliche Leben nicht denkbar ist. −− Sammeln von privaten Nachlässen (z. B. ehemaligen Sport- Hinzu kommt, dass sich der Bürger eines Kreisgebietes wenig lern), insofern die jeweilige Stadt bzw. Gemeinde kein eige- mit einem Kreis identifizieren kann, da ein Landkreis doch ein nes bzw. kein professionell geführtes Archiv unterhält. Sol- eher abstraktes Gebilde ist, so dass wir hier auch eine gewisse che Nachlässe enthalten insbesondere Fotos, Briefwechsel, Aufklärungsarbeit – sprich, Identifikation des Bürgers mit sei- Zeitungsausschnitte u.s.w. Die Übernahme solcher Nachläs- nem Kreis – leisten sollen und wollen. Und die klassische Me- se erfolgt allerdings nicht systematisch, sondern vielmehr thode für historische Bildungsarbeit und Öffentlichkeitsarbeit auf der Basis persönlicher Kontakte und Überzeugungs- sind Ausstellungen und Publikationen.9 Anhand des erwähnten arbeit. Typische Argumente, die für die Übernahme in ein konkreten Beispiels möchte ich nun darstellen, wie das Kreis- Archiv sprechen, sind die professionelle Aufbewahrung und archiv das Thema Fußballgeschichte bearbeitet bzw. entspre- Erschließung für die Nachwelt. Der finanzielle Aspekt spielt chendes Archiv- und Sammlungsgut rekrutiert hat. bei der Auswahl der Nachlässe insofern eine große Rolle, als Das Jahr 2006 und die in Deutschland stattfindende Fußballwelt- Ankäufe aufgrund der finanziellen Situation unseres Archivs meisterschaft waren auch für das Kreisarchiv Anlass genug, das meist nicht möglich sind. Thema Fußball aufzugreifen. Ein nicht unwesentlicher Motor −− Sammeln von Objekten, insbesondere Geschenken, die der war dabei das persönliche Interesse zahlreicher Mitarbeiter an Landrat oder die Kreisdirektorin bei offiziellen Terminen, diesem Thema und nicht zuletzt mein eigenes Interesse. z.B. Sportvereinsjubiläen, erhalten haben. Auch dies ge- Grundsätzlich gilt: Ein von uns bearbeitetes Thema muss immer schieht sehr zufällig und ohne Systematik. auf den ganzen Kreis bezogen sein, und nicht nur auf einzelne −− Sammeln von Literatur, insbesondere regionalhistorischer kreisangehörige Städte und Gemeinden. Das ist in mehrfacher Forschung und Festschriften zu Vereinsjubiläen etc. Dies Hinsicht problematisch: Man muss immer zu 19 kreisangehö- geschieht systematisch, da das Kreisarchiv bemüht ist, sämt- rigen Städten und Gemeinden recherchieren. Somit gestaltet liche die Kreiskommunen betreffende Literatur vorzuhalten. sich die Akquisition von Material mitunter sehr aufwändig und schwierig. Fakt war, dass unser Archiv praktisch kein Material Konkret: Das Ausstellungs- und Publikationsprojekt zum Thema Fußball besaß, außer ein paar alte Fußballstiefel aus „Pfeifenmann und Pfostenbruch. Die Geschichte des den 1950er Jahren, die ein Heimatforscher zusammen mit an- Fußballs im Rhein-Sieg-Kreis“ derem Material dem Kreisarchiv übergeben hatte. Des Weiteren gab es in unserem Kreisgebiet nie eine Fußballmannschaft, die Gründe für das Projekt in der Zweiten oder gar Ersten Bundesliga gespielt hätte (was al- Die für die sporthistorische Forschung wenig ergiebige Quel- lerdings eine Chance war, sich von zahlreichen anderen Ausstel- lenlage in unserem Archiv sollte uns aber dennoch nicht abhal- lungen, die im vergangenen Jahr stattfanden, abzusetzen). Die ten, uns im Jahr 2006 intensiv einem Sport-Thema zuzuwenden, Voraussetzungen für die Umsetzung des Fußballprojektes waren nämlich dem Thema „Die Geschichte des Fußballs im Rhein- also alles andere als gut. Sieg-Kreis“. Die Gründe hierfür waren vielfältig. Zunächst ein Zitat: „Ich kann Recherchen für die Publikation – Akquisition von Objekten nicht sehen, dass historische Bildungsarbeit und Öffentlichkeits- für die Ausstellung arbeit, dass Archivpädagogik oder auch Archivmarketing – ich Gesucht wurden Informationen und Gegenstände, die die Ent- spreche summarisch ganz gern von ‚Historischer Kommunikati- wicklung des Fußballs in unserem Kreisgebiet in seinen vielen on‘ – heute bereits adäquat etablierte Aufgabenbereiche im Ka- Facetten dokumentierten (Akten, Urkunden, Fotos, Karten, Pla- non der archivischen Praxis wären.“ So Jens Murken in seinem kate, Bücher und Festschriften, Kleidung, Sportgeräte, etc.). Aufsatz “Historische Bildungsarbeit – Öffentlichkeitsarbeit. Zunächst wandten wir uns an die zuständigen Organisationen Eine theoretische Annäherung“.7 Für die kommunalen Archive in der Hoffnung, dort ein Archiv vorzufinden. Auf Landesver- gilt dies meiner Erfahrung nach weniger als für die staatlichen bandsebene gehören die Fußballvereine im Rhein-Sieg-Kreis Archive. Denn das Archiv ist in einer kommunalen oder Kreis- zum Fußball-Verband Mittelrhein e. V. (FVM); er ist der siebt- verwaltung meist eine der kleinsten Einheiten in einem riesigen größte der 21 Landesverbände des Deutschen Fußball-Bundes – politischen – Gefüge, und die Frage mancher Mitarbeiter der (DFB) und bildet mit den Nachbarverbänden (FV Niederrhein, Verwaltung, was wir eigentlich so machen und wozu wir gut FuLV Westfalen) den Westdeutschen Fußball- und Leichtathle- seien, muss man doch das eine oder andere Mal über sich er- tik Verband (WFLV). Er ist im räumlichen Bereich von Aachen gehen lassen. So sind wir stets bemüht, uns mit öffentlichkeits- bis Gummersbach auf der West-Ost-Achse und Leverkusen bis wirksamen Themen – und eine Ausstellung zum Thema Fußball Blankenheim auf der Nord-Süd-Achse zuständig für die Betreu- ist mit Sicherheit ein solches Thema – in der Kreisverwaltung ung von 1.300 Mitgliedsvereinen mit insgesamt 330.000 Ehren- und bei den Bürgern des Kreises in Erinnerung zu rufen bzw. mitgliedern. In seiner Ausdehnung entspricht der FVM damit, 22 DAGS-Magazin von marginalen Abweichungen abgesehen, dem politischen Re- −− Die direkte schriftliche Anfrage bei den weit über 100 Fuß- gierungsbezirk Köln. Der FVM unterhält ein eigenes Archiv, das ballvereinen im Kreisgebiet; leider verursachte diese Maß- wir auch nutzen konnten.10 nahme sehr viel Arbeit und brachte wenig Resonanz. Die Ihm untergeordnet sind die Fußballkreise; anlässlich der Struk- Erkenntnis drängte sich auf, dass historisches Bewusstsein turreform im Jahr 2000 wurden die damals noch 16 Fußballkreise bei Fußballvereinen wenig ausgeprägt zu sein scheint, eine in neun Kreise überführt. Die beiden für den Rhein-Sieg-Kreis leidvolle Erfahrung, die auch so manches Archiv am Tag der relevanten Kreise sind der Fußballkreis Sieg (heute: 64 Vereine) Archive 2006 mit dem Motto Fußball machte. und der Fußballkreis Bonn (heute: 81 Vereine, allerdings zäh- −− Museumsgut; vor allem das Deutsche Sport- und Olympi- len hierzu auch die der Stadt Bonn). Neben dem FVM waren amuseum in Köln unterstütze unsere Ausstellung mit Leih- diese Fußballkreise unsere ersten Ansprechpartner in der Hoff- gaben, Sportartikelhersteller schenkten uns aus Gründen der nung, dass auch dort ein eigenes Archiv geführt würde. Beim eigenen Außendarstellung zahlreiche Artikel aus ihrer Pro- Fußballkreis Sieg gab es zumindest eine Altregistratur, die dem duktpalette und bei Internetauktionen konnten wir ebenfalls anstehenden Personalwechsel im Vorstand zum Opfer zu fallen das ein oder andere Schnäppchen machen (z. B. Autogramm- drohte. Mit viel Überzeugungsarbeit konnten wir die Verant- karten, Plakate etc.). wortlichen des Fußballkreises Sieg überzeugen, die Altregistra- tur dem Kreisarchiv als Depositum zu übergeben, und schlossen Probleme bei den Recherchen für die Publikation und Ak- einen entsprechenden Depositalvertrag ab. Das Material ist in- quisition von Objekten sofern besonders wertvoll, da vor allem die Nachkriegszeit mit Sportvereine haben meist kein Archiv und somit auch kein Be- den Neuanfängen des Fußballs im Kreisgebiet (Siegkreis) sehr wusstsein für ihre Historie. Gründe hierfür liegen darin, dass gut dokumentiert ist. sich meist niemand findet, der die aufwändige Archivarbeit Beim Fußballkreis Bonn waren wir weniger erfolgreich. Zwar übernimmt, und oft auch keine Räume für die Unterbringung zeigte man sich auch hier erfreut über unser Projekt und sicherte des Materials vorhanden sind. Und auch die staatlichen oder uns volle Unterstützung zu, doch eine Altregistratur oder gar ein kommunalen Archive haben nicht die ausreichende Kapazität, Archiv gab es hier nicht. Üblicherweise fällt hier die Altregis- hier in die Bresche zu springen. So kann unser Kreisarchiv sich tratur beim Wechsel des Vorstandes der Kassation zum Opfer. nicht kontinuierlich um allein über 100 Fußballvereine und de- Insofern waren die Recherchen für die linksrheinischen Vereine ren schriftlichen Nachlass kümmern, zumal wir von Gesetzes erheblich schwieriger und konnten sich praktisch nicht auf Ak- wegen dafür auch nicht zuständig sind – einmal ganz abgesehen tenmaterial stützen. Grundsätzlich hatten wir zudem das Pro- vom Platzproblem. An sich wäre erster Ansprechpartner eines blem, dass vor 1945 kaum archivische Überlieferung existierte. Vereins die jeweilige Stadt bzw. Gemeinde, für die allerdings Im Folgenden soll stichpunktartig aufgeführt werden, welche Gleiches gilt. Es gibt aber auch besondere Entwicklungen wie in weiteren Möglichkeiten der Akquisition von Material wir nutzten: Köln den Verein Kölner Sportgeschichte e.V., der sich u.a. zum Ziel die „Sammlung und Archivierung historischer Zeugnisse −− Recherchen in alten Zeitungen; sie sind im ARSK als Mi- zum [Kölner] Sport in einem Spezialarchiv“ gesetzt hat.11 krofilm vorhanden. Insbesondere war das Siegburger Kreis- Um unseren Ambitionen größere Aufmerksamkeit zu verleihen, blatt mit der Beilage „Turn- Sport- u. Spiel-Zeitung“ für den spannten wir den prominentesten Fußballspieler unseres Kreis- Siegkreis, deren erste Ausgabe 1921 erschien, für die An- gebietes vor unseren Karren: Wolfgang Overath, Fußball-Welt- fangsjahre des Fußballs in unserer Region von besonderer meister von 1974. Dieser musste weiter nichts tun, als seinen Bedeutung. Aber auch die Amtlichen Mitteilungen des West- guten Namen hergeben, was er in einer groß angelegten Pres- deutschen Spielerverbandes und die zahlreich erscheinenden sekonferenz mit dem Landrat und den Ausstellungsverantwort- Tageszeitungen erwiesen sich als sehr nützlich. lichen auch tat. Presse und Rundfunk waren zahlreich vertreten, −− Die direkte Ansprache von Zeitzeugen mit der Bitte um Ma- die gewünschte Aufmerksamkeit seitens der potentiellen Leih- terial; dies hatte eine Art Schneeballeffekt zur Folge, da die geber und v. a. Sponsoren war geweckt. So tauchte auch das ein oder andere Schätzchen in privater Hand auf, u. a. Proto- kollbücher von einigen Vereinen aus den Vorkriegsjahrzehnten. Die meisten Stücke wurden uns leihweise überlassen, von den Fotos wurden Scans angefertigt, die schon aus ausstellungstech- nischen Gründen notwendig waren. Schließlich haben wir eine so große Fülle an schriftlichen und Bildquellen zusammengetragen, dass wir letztendlich gar nicht alles verwerten konnten. Das Produkt unserer Be- mühungen war eine zweimonatige Ausstellung zeitgleich mit der Fußball-WM (8. Mai bis 8. Juli 2006) sowie ein fast 500 Seiten starkes Buch zum Thema12. Die Resonanz bei Aus- stellungseröffnung und Buchvorstellung, die an zwei unter- schiedlichen Terminen stattfand, war überwältigend groß, die Präsenz der Medien und infolgedessen deren Bericht- erstattung in der Presse und sogar im Fernsehen ebenso. Mannschaft und Anhänger der Spielvereinigung Hurst-Rosbach vor einem Spiel in Betzdorf, um 1927 Resümee persönliche Ansprache offenbar ein vertrauenbildendes Ele- Abschließend kann man aus unserem „Fußball-Projekt“ fol- ment besitzt. Auf diesem Weg gelangten wir zu zahlreichen gende Erkenntnisse für ein Kommunalarchiv gewinnen: Fotos, aber auch Dokumenten und Objekten (Pokale, Trikots, −− Sporthistorische Quellen gibt es zunächst aufgrund der ge- Fußbälle etc.). setzlichen Zuständigkeiten eines Kreises wenige in einem 2008 - Heft 1 23

Kreisarchiv; Handbücher). Berlin, New York 1974, S. 119-120, 921. 3 −− durch „nicht-offizielle“ Überlieferung (Nachlässe etc.) ist es So der Verein Kölner Sportgeschichte auf seiner Homepage: http://www.can- didcamera.de. möglich, dass auch in einem Kreisarchiv sporthistorisch re- 4 Aufbewahrungsfristen für Kommunalverwaltungen / KGSt [Kommunale Ge- levante Unterlagen vorhanden sind; lokale Zeitungen sowie meinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement]. Köln, 2006. (Bericht / graue Literatur (z. B. Festschriften) werden wohl in keinem KGSt; 2006,4). 5 anderen Archiv bzw. Bibliothek so umfassend vorhanden Archiv des Rhein-Sieg-Kreises (= ARSK), Landratsamt Siegkreis, Nr. 91. 6 ARSK, Landratsamt Siegkreis, Nr. 2639. sein wie in unserem Kreisarchiv, da wir generell um die 7 Der Beitrag wurde als Vortrag auf dem Deutschen Archivtag 2006 in Essen ge- „nicht-offizielle“ Ergänzung unserer Bestände bemüht sind; halten. Nachzulesen unter: http://www.augias.net/doc/ATEssen2006_Mur- −− es lohnt sich aber nicht nur für den Benutzer, mit einer sport- ken.pdf. 8 geschichtlichen Fragestellung an ein Kreisarchiv heranzutre- Laut: Bürgerinfo. Informativer Wegweiser durch die Verwaltung. Hg. v. Rhein- Sieg-Kreis […]. Siegburg 2001, S. 60. ten, sondern auch für ein Kreisarchiv/kommunales Archiv 9 Siehe hierzu u. a.: HOFFMANN, Ka t h a r i n a u. a.: Archivpädagogik und Histo- lohnt es sich auf jeden Fall, sporthistorische Themen zu be- rische Bildungsarbeit - eine archivische Kernaufgabe. In: Comma (2004), arbeiten, da aufgrund der hohen Anzahl der „Betroffenen“ H. 3/4, S. 171 -174. HYE, Fr a n z -He i n z : Bildungsarbeit der Kommunal- und ein hohes Interesse in der Bevölkerung und große Aufmerk- Stadtarchive? Aufgaben, Aktivitäten und Möglichkeiten. In: Scrinium. Zeit- schrift des Verbandes österreichischer Archivare 51 (1997), S. 56-62. samkeit in den Medien garantiert ist und somit unser Ziel der 10 Zur Historie des Fußball-Verbands Mittelrhein e.V.: 50 Jahre Fußball-Verband historischen Bildungsarbeit und das Anliegen, unser Kreisar- Mittelrhein e.V. Konzept und Redaktion: Wo l f g a n g WATZKE. Köln 1996. chiv in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken, erreicht 11 Hierzu: http://www.candidcamera.de/. 12 wird. Letzteres haben wir jedenfalls mit der Ausstellung und ARNDT, Cl a u d i a Ma r i a u. FUCHS, Vo l k e r (Hg.): Pfeifenmann und Pfosten- bruch. Die Geschichte des Fußballs im Rhein-Sieg-Kreis (Veröffentlichung dem Buch hinlänglich geschafft. des Geschichts- und Altertumsvereins für Siegburg und den Rhein-Sieg- Kreis e.V.; 27). Siegburg 2006. 1 Ausführlich hierzu: He i n z DOEPGEN: Geschichte des Kreisgebietes von der Karolingischen Zeit bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. In: Der Rhein- Sieg-Kreis. Hg. v. Pa u l KIERAS. Stuttgart 1983, S. 78-129. Für die Zeit nach 1945: Fr a n z MÖLLER: Der Rhein-Sieg-Kreis im Spannungsfeld von Bund und Land. Vom Parlamentarischen Rat (1949) über die Kommunale Gebietsreform (1969) zum Berlin/Bonn-Gesetz (1994) und zum Umzug von Bundestag und Bundesregierung nach Berlin (2000). Siegburg 2006. 2 Hierzu u. a.: Verwahren, erhalten, erschließen, nutzbar machen - 25 Jahre Kreis- archiv. Katalog zur Ausstellung des Archivs des Rhein-Sieg-Kreises, 1. bis 25. Oktober 1991 […]. Siegburg 1991. He i n z DOEPGEN: Überblick über die Bestände des Archivs des Landkreises Bonn. In: Bonner Geschichtsblät- ter 21 (1967), S. 169-178. Archive im deutschsprachigen Raum (Minerva

Ansprache des Schirmherrn Wolfgang Overath bei der Ausstellungseröffnung, Foto: Holger Arndt, General-Anzeiger-Bonn 24 DAGS-Magazin Historical Archives of the IOC – A brief presentation Sabine Christe, Head of IOC Historical Archives

Since 1993, the IOC’s historical archives have been located at the bed by documents. The system used is iRIMS. We are going to Olympic Museum in Lausanne. Pierre de Coubertin, the reviver change this data base for several reasons and the main is that it of the Olympic Games, was very keen on the idea of keeping does not allow the public to have access to the archives, which archives and since the IOC was created in 1894, there have al- we regret. ways been archives, first in Paris and then at several locations in Lausanne, where the IOC has had its headquarters since 1915. Communication Today, the Historical Archives Section is part of a new Depart- We welcome students, researchers, journalists or the general pu- ment, created in 2004: the Information Management Department. blic and provide them with access to the archives in agreement This structure also includes the Library, the Information Center, with the Rules of Access to the IOC Archives. These rules have the Photo and Video archives, the Press service, the Operational been drafted in accordance with current European standards, and archives and the Relations with the university service. So we enable researchers to consult archived documents that are over are located at the Olympic Museum, but we do not belong to the 20 years old. Files containing confidential, personal or medical Museum Department, nor are we under its Director. data may only be consulted after 50 years. Two years ago, the Our general mission is to collect, preserve and share the docu- rules were changed and all minutes of commission and Executi- ments received by the IOC in the course of its activities. We also ve Board meetings may now be consulted after 30 years (it was manage some private collections. Our responsibility is to build 20 before). However, requests for special dispensation may be the institutional memory of the IOC, and this in two ways: addressed to the President.

1. Legal, administrative or financial reasons: to be able to pro- The collections vide proof of its foundation and rights. As I mentioned before, we keep all documents linked to the 2. Patrimonial reasons: To preserve the history and memory of IOC’s activities – here are the main series: the IOC −− Presidents: Including the correspondence, speeches, writings At present, we have about one kilometer of documents from 1890 and working papers of all IOC presidents from Coubertin to to 1986 (the recent documents are managed by the operational Samaranch. The Coubertin collection is our most in-depth archives). For the moment we have only paper and microfilm resource. Through his correspondence, we can, for example, support because the electronic archives are too recent to be “hi- understand why the IOC was established in Lausanne, and storical” and the videos and photos are in two separate sections. his opinion of the IOC as an international organization. Our main tasks are as follow: −− IOC decision-making bodies: Including the members’ archi- ves (correspondence with the IOC); the commissions; the con- Collection gresses; and the Executive Board meetings and Sessions (mi- This task is more a transfer than a real collection. It consists nutes, organization, etc.) which are consulted by researchers of sorting and evaluating the documents transferred by the IOC as a starting point, as they mention the decisions taken by the operational archives 20 years after their production so they can IOC. We also use this for internal research when someone from be communicated to the public. It is performed so as to repre- the administration needs to know the IOC’s official position. sent the activities of the IOC (in respect of the incoming documents). We used to keep everything but the increase in documents encouraged us to sort out and destroy some of them. We are doing this on the basis of a retention schedule. We also purchase archives, particularly documents from before 1950 or manuscripts from Pierre de Coubertin.

Conservation We keep archives in special places and in optimum con- ditions. Actually, we tend to hold all documents acid-free boxes.

Description We describe the archives at the file level except for Coubertin’s manuscripts, which are descri- View of the museum, the Olympic Parc and Lake Geneva 2008 - Heft 1 25

−− Olympic Games: From Athens 1896 (1st modern Games revived by Coubertin) to Los Angeles, this series follows the growth of the event (about 20 files for Athens and 270 for LA). This series gives information about the organiza- tion and preparation of the Games, From the IOC and the OGOCs (organizing committees), technical brochures, press cuttings, reports, and issues (security, transport, opening and closing ceremonies) relating to the life around the Games. This series is very complete, and can be studied from several points of view (economic, historical and architectural, urba- nistic). −− Relations with the Olympic Movement: This includes sporting and non-sporting events and organizations. This important series includes the International Federations and National Olympic Committees. The series contains a wealth Entrance to the museum of information on the development of certain sports, the evo- lution of rules, ratification of records and the role of the IFs Retention schedule and their relations with the IOC since its creation. This project began in 2005 but had been envisaged for several −− It also gives information about their recognition by the IOC, years previously. The aim is, of course, to decide what to keep their rules and status. These documents are also very valua- from among the growing mass of documents. This project is a ble for the federations or NOCs which do not have any archi- collaborative one with the operational archives and we are hel- ves on their own history. ped by an external consultant (Didier Grange from the Geneva −− External relations: Including the relations between the IOC archives who is a specialist in this area). and the city of Lausanne, the Swiss Confederation and in- The first step of the project was to identify all the documents ternational organizations. This series is not often used and is produced and kept by the IOC staff. still not catalogued. The second step was to perform interviews in the various IOC −− Administration: The core of the IOC, the administration departments and sections to find out how people manage their files provide information about the activities of the IOC de- documents. partments. They include the legal files important for the pro- The third step was to build rules for conservation and to write tection of the emblem, the rings, the rules and the symbols a user guide to explain the aim of the retention schedule, and of the IOC. how to use it. We also asked the Director General to write an introduction so as to make it official and encourage people to apply the rules. The fourth step is now to present the project and train the staff – also to see if the rules are really adapted. The fifth and final step is to implement the retention schedule on the GED system in order to make the addition and elimination of electronic documents automatic.

Conservation – reconditioning In 2006 we invited an expert, A. Giovannini, to examine the ar- chives. The report he provided was positive except on one point: the boxes and files that we use are acidic. Following his recom- mendations, we asked for a special budget and are now recondi- tioning the archives in acid-free boxes. This is a huge and quite boring job, but it is a good opportunity to see how archives have been conditioned. We have realised that this work was some- times not undertaken particularly thoroughly.

Digitization Two years ago, we decided to digitize the minutes of the IOC Executive Board and Session. We did this in the OCR and it is now possible to do full text searches on CD-ROMs for the researchers (only in the study room for the moment) and for us. We wished to extend the dis- semination of the minutes by providing web access, which is not Sculpture by Joan Miró in the musuem‘s light spiral possible for the time being. To be done: Coubertin writings – Olympic Congress −− Private collections: It is not really our mission to keep pri- vate collections, but we do keep some from important people Migration linked to the IOC whose archives show another aspect of We currently use a database called iRIMS (from Opentext)that some events. we share with the operational archives. At present, we are se- At the present time, the section’s main projects are as follows: parated from this section and they have migrated to a new da- 26 DAGS-Magazin tabase: Livelink RM (record management). As Opentext is not base must be open to integrating a common gate; and second- expected to improve the product, we decided to migrate to a new ly the management of a thesaurus (open to share with others). database. The two main requirements for a new system were a system based on the archival description norm, ISAD(G), and Conclusion the possibility of providing public access to the catalogue. In The Historical Archives Section hosts some 150 people per year. the meantime, the video, photo and artifacts sections perfor- It is very important for the history of the Olympic Movement, med a study on whether to change their data base (they share and allows for the conservation of the institution’s memory. Eve- the same one). This convergence of projects became a major ry year, the information obtained through studying documents is project called PAM (Patrimonial Asset Management), whose used to draft articles, memoirs and theses. aim is to provide public access to all the patrimonial collec- Thanks to the projects related to the migration and digitisation tion and funds of the IOC. Every section is supposed to have of important documents, this section hopes to offer increased its own data base which will be accessible through a com- access to its collections. mon gate. This implied for us two new requirements: the data

„Überlieferung im Verbund“ – Strategien zur Archivierung der Unterlagen des Sports Clemens Rehm, Landesarchiv Baden-Württemberg, Stuttgart

Wenn von der Überlieferung und Sicherung vom „Kulturgut des Die nachfolgenden Generationen sollten, ja müssen über die ge- Sports“ gesprochen wird, kann der Blick des Archivars nicht auf sellschaftliche Bedeutung von ‚Sport’ informiert werden; dazu Unterlagen von Sportorganisationen beschränkt bleiben. Über- bedarf es überlegter Archivierung aussagekräftiger Materialien. lieferung von „Kulturgut des Sports“ geht deutlich über die blo- ße Sammlung von Vereins- und Verbandsunterlagen hinaus. Archive – Aufgabe der Archive Diese Weitung des Blickwinkels bedeutet neben größeren An- In Archiven wird – untechnisch ausgedrückt –, durch das Zu- strengungen auch deutlich bessere Chancen für die Überliefe- sammentragen von Dokumenten aller Art, den nach uns Leben- rungssicherung in diesem Bereich insgesamt. Dazu sollen in den ein Bild, einen Einblick in die heutige Gesellschaft überlie- diesem Beitrag Ideen für einen Strategiewechsel vorgestellt fert, ein „Gedächtnis der Gesellschaft“ geschaffen. werden. In den folgenden Überlegungen wird auf dem aufgebaut, was von der DAGS und einzelnen Institutionen in den letzten Jahren Sport – Relevanz in der heutigen Gesellschaft geleistet wurde1, und dazu eine weiterführende Strategie entwi- Ausgangspunkt dieser Überlegungen sind die vielfältigen Erfah- ckelt. In den Beiträgen dieses Bandes sind aktuelle Beispiele rungen, die im Zusammenhang mit der Überlieferung im Bereich des bisherigen Wegs exemplarisch aufgeführt2. Landesarchiv, des Sports gemacht werden. Daher möchte ich das eigentlich ar- Stadt- und Kreisarchive sowie das Institut für Sportgeschichte chivische Thema nicht bei den Akten, Bildern und Dokumenten in Maulbronn erfüllen dabei ihre Aufgaben und entwickeln dazu des Sports beginnen, sondern bei den Menschen. Wenn Men- Projekte. Aber reicht diese – pointiert ausgedrückt – punktuelle, schen derzeit nach zentralen Themen des Lebens gefragt wer- in manchen Fällen spürbar durch individuelle Interessen gestal- den, Anliegen von denen sie z.B. politische Entscheidungen ab- tete Sicherung von Kulturgut des Sports? hängig machen, nennen sie in den einschlägigen Umfragen in Mit dieser Fragestellung lässt sich die Problemlage in drei As- wechselnder Rangfolge ‚Arbeit’, ‚Wohnen’, ‚Umwelt’ und auch pekten umreißen: ‚Frieden’. ‚Sport’ nennen sie in der Regel nicht. 1. Wenn Sport in der Biographie des Einzelnen eine so große Wenn politische Gemeinden Mittelkürzungen im Haushalt Rolle spielt, was entsteht überhaupt als „Erinnerungsgut“, als durchführen, wird zuerst das Schwimmbad geschlossen, dann „Zeugnis der Lebenswirklichkeit“ und wo finden sich diese Un- der Neubau einer Sporthalle verschoben und schließlich die Ver- terlagen? einsförderung „abgeschmolzen“. Das klingt dann so, als ob die 2. Was von alledem, was da als potentielles Archivgut zutage ohnehin zu hoch gewesen wäre. Sport zählt zum Freizeitbereich, gefördert wird, soll überliefert werden? So stellt sich z.B. die trotz der umfangreichen Montagsbeilage in der Tageszeitung; Frage, welche Details von welchen Sportereignissen überliefert doch wenn es ums Geld geht, wird der Sport offenbar zu einem werden sollen? Welche Rolle spielen dabei aktuell und künftig Randbereich gesellschaftlichen Lebens. die immer häufiger als ‚Archiv’ genutzten Internetseiten von Erfasst man aber die Zeit, die Menschen heute aktiv oder passiv Sportvereinen? mit Sport verbringen, wie oft an Stammtischen und in Zügen 3. Und schließlich, wenn entschieden ist, was überliefert werden nationale und regionale Sportfragen diskutiert werden, sieht soll, bleibt die Frage: Wie kann Überlieferung gelingen? Welche man die Massen, die 2006 in Stuttgart den Deutschen Fußball- Chancen ergeben sich dabei durch eine Kooperation verschie- meister feierten oder Marathon laufen, registriert man die El- dener Stellen, einer „Überlieferung im Verbund“? tern, die Wochenende für Wochenende ihre Kinder in Hallen Archive haben den Auftrag, „Gedächtnis der Gesellschaft“ zu und auf Sportplätze begleiten oder selber kicken und joggen, so sein bzw. werden, für einen exakt umschriebenen Raum. Sie stellt man fest, dass die Vereinsmitglieder und ihre Aktivitäten haben ganz konkrete, gesetzlich oder vertraglich geregelte Zu- zurecht als „größte Bürgerinitiative“ der Republik bezeichnet ständigkeiten in der Sicherung der Dokumente zumeist der eige- werden können. ‚Sport’ ist eine markante Erscheinungsform, nen Institution, unabhängig ob Landesarchiv, Stadt- oder Kreis- vielleicht sogar ein typisches Kennzeichen unserer Gesellschaft. archiv. Dafür wird von den politischen Entscheidern Geld zur Es geht also um mehr als ‚Sportgeschichte’ oder rührselige Er- Verfügung gestellt. innerung und Anekdoten aus der Geschichte von Sportvereinen. Es ist nun allerdings nicht mehr so, dass die Aktivitäten von 2008 - Heft 1 27

Sportvereinen wie im 19. Jahrhundert von Polizeispitzeln ver- richtungen (VHS etc.) und Krankenversicherungen (Gesund- merkt und automatisch in amtlichen Quellen nachzulesen sind. heitstage, Wettbewerbe etc.); ministerielle Denkschriften. Informationen in staatlichen und kommunalen Quellen, finden −− Sport und Bildungseinrichtungen: Sport in der Schule: Ju- sich nur, wenn der Sport oder ein einzelner Sportler in Berührung gend trainiert für Olympia, Unterrichtsausfall im Fach Sport; mit amtlichen Handeln kommen. Die Spannbreite ist nicht un- Untersuchungen über Mobilität von Kindergartenkindern. beträchtlich: Sie reicht von der Genehmigung von Bauanträgen −− Sport und Wirtschaft: Unterlagen zum Sponsoring; Verhand- für Sportanlagen, über die Gewährung regelmäßiger Zuschüsse lungen und Verträge zu Fernsehübertragungen; Bilanzen von für Jugendarbeit, die Ministerialakten zur Jugendförderung, bis Sportvereinen und Eventorganisationen. zu Personalakten von Mitarbeitern im öffentlichen Dienst, die −− Sport und Medizin: Entwicklung von Trainingsmethoden, Olympiasieger waren und Justizakten zu den Dopingprozessen Erforschung spezieller Behandlungsmethoden zur schnellen oder Petitionen an den Bundestag – um nur einige wenige Quel- Gesundung. len zu nennen. Das ist in der Summe wirklich nicht wenig und −− Sport und Doping: Dopingmethoden, Verfahren. Gerade in man könnte sich zufrieden zurücklehnen. Aber können aus die- diesem Bereich könnte es wohl schwer werden, außer in Ju- sen Informationen die gesellschaftliche Bedeutung des Sports stizakten und durch Zeitzeugenberichte habhaftes Material und dessen alltägliche Gestaltung und das Erleben durch den zu sichern. Einzelnen nachvollzogen werden: Wo finden sich hitzige Debat- −− Sport und Industrie: Entwicklung von Sportgeräten und ten der Jahreshauptversammlungen oder die mit Wettkämpfen Sportkleidung (Unterlagen zur Entwicklung der Dämpfung verbundenen Emotionen wie ‚Lampenfieber’ und ‚Schmerz’, in Laufschuhen), Sport und Mode. ‚Trauer’ und ‚Jubel’? −− Sport und Gewalt: Gewalt im Umfeld von Sportveranstal- Es lässt sich allgemein feststellen: tungen, z.B. Schäden in Eisenbahnzügen nach Spielen der Fußballbundesliga, Unterlagen zu Fanprojekten, Sport als −− Verwaltungsakten von staatlichen oder kommunalen Behör- Gewaltprävention. den haben beim großen Komplex ‚Sport’ nicht den höchsten −− Sport und Politik: Olympiaboykott, Einfluss von Politik auf Informationswert. den Sport, wie z.B. bei den Auseinandersetzungen um die −− In Behördenunterlagen kann in der Regel vor allem die Sicht Rad WM in Stuttgart 2007. der Behörden nachvollzogen werden. Positionen anderer Institutionen (Verbände, Vereine) werden meist unter amt- Für die Archivierung des „Kulturguts des Sports“ und damit der lichem Blickwinkel bewertet. Dokumentation der gesellschaftlichen Bedeutung des Sports −− Viele Entscheidungen, die später interessieren, finden außer- mit den gerade angesprochenen Bereichen bedarf es eines Per- halb offizieller Termine statt; Aktennotizen geben keine er- spektivwechsels. Sich auf die amtliche Überlieferung allein zu schöpfende Auskunft über die Entscheidungsprozesse. beschränken, würde sich für die Quellenbasis und damit für −− Nichtstaatliche Überlieferung – vielfach Bild und Tonmate- die Qualität künftiger Recherchen und Forschungen fatal aus- rial, Zeitzeugenberichte – ist oft anschaulicher als die amt- wirken. Nun könnte man einwenden, dass von vielen Archiven liche Dokumentation und wird vermutlich später häufiger noch zusätzlich gesammelt werde, um eben genau Unterlagen nachgefragt. zu diesen z. T. oben genannten Bereichen auf Dauer zu sichern. −− Das allgemeine Interesse und die Fragen der Forschung Der Begriff der „Sammlung“ beschreibt den Vorgang dabei sehr richten sich derzeit nicht mehr unbedingt auf „Entschei- exakt. Das Sammeln hängt stets von lokalen Gegebenheiten, dungen“, sondern auch auf die „Auswirkung von Entschei- persönlichem Wissen und den Interessen Einzelner ab. Letztlich dungen“. Die finden sich aber im Umfeld der Betroffenen, hängt bei der Sicherung von Unterlagen zum Sport dadurch viel also z.B. bei Vereinen, Verbänden und Sportlern selbst. zu viel von Zufälligkeiten und Einzelpersonen ab. Eindrucks- −− Die Konsequenz dieser Beobachtungen muss sein, andere volle Beispiele gibt es in diesem Zusammenhang genügend3. Quellen als ebenso wichtig einzustufen und dazu vor allem Anderes geht fast unbemerkt verloren: Der Karlsruher Fußball- festzustellen, in welchem Zusammenhang sie entstehen. verein, immerhin Deutscher Meister 1910, galt als aufgelöst. Aufgrund dieser Fehlinformation gab der Karlsruher Gemein- SPORT – Lebensbereiche des Sports derat den Sportplatz für die Bebauung mit einem Seniorenheim Wenn die Überlieferung dieses Alltags von ‚Sport’ oder zumin- frei. Damit verschwand das älteste Fußballstadion Deutschlands, dest Teile davon für archivwürdig erklärt werden sollen, werden in dem nach 2000 nachweislich noch gespielt wurde4. Und wo Fragestellungen zur Rolle des Sports benötigt – und anschlie- befindet sich der legendäre Zettel, den der deutsche National- ßend Antworten, wie das dafür nötige Material überliefert wer- torhüter Jens Lehmann während der Fußballweltmeisterschaft den kann: Welche Lebensbereiche sind eigentlich vom Sport 2006 beim Elfmeterschießen gegen Argentinien genutzt hat, der tangiert? Eine kurze Liste ohne Anspruch auf Vollständigkeit bei einer Spendengala „Ein Herz für Kinder“ versteigert wur- zeigt die vielfältigen Facetten, zu denen Material entsteht und de5? Schließlich: Was geschieht mit den ganzen „Archiven“ und nachgefragt werden könnte: Bildersammlungen, die Vereine im Internet angelegt haben? Un- −− Sportaktivitäten: abhängig von der Frage der Langzeitsicherung digitaler Unterla- a) Breitensport: Ergebnisse und Berichte in fast allen Tagespu- gen muss hier auch die Archivwürdigkeit geklärt werden. blikationen zu Wochenbeginn; teilweise Berichte in Wochen- Es handelt sich nicht um eine zielgerichtete Strategie, wenn blättern mit lokaler Reichweite; Internetseiten von Verbänden Archivarinnen und Archivare oder interessierte Lokalhistoriker und Vereinen mit Eigenberichten und Ergebnisübersichten. wie eine Feuerwehr überall da eingreifen, wo etwas Archivwür- b) Sportveranstaltungen: Profiveranstaltungen mit überregi- diges zum ‚Sport’ vernichtet zu werden droht. Erst recht kann onaler Berichterstattung; daneben Massenveranstaltungen man nicht darauf warten, dass engagierte Bürgerinnen und Bür- oder Events, z.B. in der Laufszene, wie Marathons oder ger unaufgefordert aussagekräftiges Material sammeln und dann Volkswandertage den Archiven anbieten. −− Sport und Gesundheit: Kursprogramme von Bildungsein- Benötigt wird – und dafür plädiere ich ganz entschieden – in die- 28 DAGS-Magazin sem nicht staatlich geregelten Bereich, dessen Unterlagen ent- Dabei ist zu beachten, dass eine solche Überlieferungsbildung weder verloren zu gehen drohen oder nur zufällig gesichert wer- im Verbund nur gelingen kann, wenn sie in einem dem Thema den, eine systematische Dokumentation des ‚Sports’. Zu den angemessenen überschaubaren Raum geschieht. Für den Be- Fragen, wie oben einige genannt sind, muss ermittelt werden, reich Sport wird dies maximal das Land Baden-Württemberg wie sich dazu Antworten „erinnerungsfähig“ niederschlagen und sein; besser wird die Überlieferungsbildung vermutlich auf in welchem Umfang entsprechende Unterlagen an welcher Stel- Regierungsbezirks- oder Kreisebene zu organisieren sein, denn le gesichert werden sollen. schon in Gemeinden mit 10.000 Einwohnern existieren in der Regel mehr als 20 Sportvereine; möglich wäre auch eine Orien- Überlieferung – WAS ist archivwürdig? tierung an den Grenzen von Sportverbänden, die im deutschen Für die Frage, WAS bei diesem Prozess zu überliefern ist, kön- Südwesten teilweise noch entlang der Besatzungszonen aus der nen Überlegungen nach dem WOFÜR diese Informationen zu Nachkriegszeit verlaufen, wie z.B. beim Handball- und Fußball- sichern sind, hilfreich sein. Vorrangig sind drei Bereiche zu nen- verband: Südbaden reicht da bis unmittelbar vor die Tore Karls- nen: ruhes. Sehr kompliziert und aufwändig, wird es sein, alle die Stellen zu 1. Der klassische Jedermann-Archivbenutzer will historische ermitteln, an denen neben dem amtlichen Schriftgut potentielles Tatsachen erfahren: Das können interessante Fakten aus sei- Archivgut entstanden ist bzw. entsteht. Dem Aufwand steht al- nem eigenen (Sport-)Leben oder aus seinem Lebensumfeld lerdings auch ein überdurchschnittlich qualitätvoller Ertrag ge- sein – seinem Dorf oder Verein. Ob andere auch an diesen genüber. Hier seien nenne nur einige Stellen genannt, an denen Daten interessiert sind, ist für ihn unerheblich. erkennbar, welches Potential an Quellen im Bereich des Sports 2. Die Forschung benötigt Daten, sei es zur Sportmedizin oder ausgeschöpft werden könnte: für psychologische Fragestellungen, z.B. über die Auswir- kungen des Mannschaftssports auf das Sozialverhalten. Aber −− Verbände des Sports und sportnaher Institutionen: Die re- auch die Tatsache, dass in einem Gemeindeparlament in den gelmäßig wiederkehrenden Klagen, dass Sportverbände ihre unterschiedlichen Parteien mehrere Gemeinderäte vor Jah- Geschichte und die damit verbundene Sicherung ihrer Unter- ren im selbem Verein oder gar in der gleichen Mannschaft lagen nicht nur vernachlässigen, sondern ganz bewusst igno- aktiv waren, wäre für Soziologen und Politikwissenschaftler rieren, zeigen in erschreckender Weise die hier herrschenden ein spannender Ansatzpunkt zur Erforschung dörflicher Eli- Defizite. Mit niedrigschwelligen archivischen Aktionen wie ten. Zur Überprüfung von wissenschaftlichen Thesen ist eine dem ‚Tag der Archive‘ 2006, der unter dem Motto „Der Ball Mehrfachnutzung der Unterlagen Voraussetzung6. ist rund“ stattfand, können Mitglieder auf die Problematik 3. Nicht unterschätzen sollte man, dass historische Daten auch aufmerksam gemacht und Veränderungen angestrebt wer- aktuelle Wirkung oder Brisanz entwickeln können; dabei den. kann es sich um rechtliche, finanzielle oder auch sportliche −− Vereine: Ähnlich ist die Situation bei Vereinen einzuschät- Auswirkungen handeln: Als sich unlängst herausstellte, dass zen, wobei hier die Selbstinszenierung der Vereinsgeschichte das Endspiel zur Deutschen Fußballmeisterschaft von 1894 bei Jubiläen im archivischen Sinn „heilsam“ ist. Die Leis- gar nicht ausgespielt worden war, weil einer Mannschaft tung vieler Stadtarchive und die Wirkung des Sportarchivs seinerzeit das Geld für die Reise nach Berlin gefehlt hatte, in Maulbronn müssen hier gewürdigt werden. Dennoch ist wurden die beiden Endspiele zwischen Viktoria Berlin und die Zahl der auf Dachböden und in Kellern von ehemaligen Hanau 93 unter der Schirmherrschaft des DFB-Präsidenten Vereinsvorsitzenden wartenden Teile von Vereineinsarchi- Theo Zwanziger und dem Berliner Innensenator Ehrhardt ven ungezählt. Körting am 21. und 28. Juli 2007 ausgetragen7. −− Unterlagen aktiver und ehemals aktiver Sportler: Diese Be- stände kommen in vielen Fällen den Archivaren und histo- Strategie „Überlieferung im Verbund“ risch Interessierten zuerst in den Blick, und als Nachlässe Für die Frage, WIE diese Überlieferung gesichert werden kann, sind sie tatsächlich häufig gesichert. Dabei wird übersehen, ist in den letzten Jahren als theoretisches Konzept die „Überlie- dass diese Unterlagen schon zu Lebzeiten der Sportler ge- ferung im Verbund“ vorgeschlagen worden8. Etablierte Archive sichert gehören, denn das Interesse der Nachwelt kann sich sichern arbeitsteilig die Überlieferung, um zu gewährleisten, sehr wohl auf Material beziehen, dass der Sportler selber dass sich die pluralistische Gesellschaft so weit wie möglich nicht für aufbewahrenswert hält und dementsprechend gar spiegelt; im Bereich Sport wäre hier eine Erweiterung um ‚sport- nicht für eine Abgabe an ein Archiv vorsehen würde. nahe’ Institutionen nicht nur denkbar, sondern auch sinnvoll. Die −− Fans, Sponsoren: Unterlagen fallen – meist unbemerkt – bei Grundidee der „Überlieferungsbildung im Verbund“ beruht auf Fans oder Sponsoren an. In manchen Fällen wird das Mate- der Bereitschaft zu verbindlicher Kooperation9, die drei Kom- rial, das bei den Fans durchaus über Schriftgut und Bildma- ponenten enthält: terial hinaus auch dreidimensionale Stücke umfassen kann, den Vereinen angeboten. Dabei kann die inhaltliche Qualität 1. Alle potentiellen Archivierungseinrichtungen solcher Sammlungen manchmal besser als die offizielle Do- 2. ermitteln das entstehende Material möglichst komplett und kumentation des Vereins sein. 3. sprechen dann ein Szenario – eine Art Masterplan – ab, nach −− Zeitungen: Sportergebnisse niedrigklassiger Ligen werden in dem die Archivwürdigkeit von Unterlagen gemeinsam ent- der Regel nur in Regionalausgaben von Zeitungen publiziert. schieden wird, und festgelegt wird, wie und wo die Quellen Diese Regionalausgaben werden teilweise nicht mehr archi- gesichert und anschließend auch zugänglich gemacht wer- viert (so z. B. bei der WAZ in Essen). Für die Ergebnissiche- den. rung, falls deren Archivwürdigkeit festgestellt wurde, kom- men damit regelmäßig publizierende lokale und regionale Das klingt deutlich einfacher, als es zu realisieren ist. Die er- Organe wie Lokalausgaben und Amtsblätter in den Blick. ste Bedingung zu erfüllen, ist dabei noch der einfachste Schritt. −− Bilderdienste, Hobbyfotografen: Zu Sportveranstaltungen 2008 - Heft 1 29

wird Bildmaterial häufig nachgefragt; neben kostenpflichti- Damit ergäbe sich für die Überlieferung von Verbands- und Ver- gen Bilderdiensten fotografieren für Vereine oft Ehrenamt- einsunterlagen, die sicher am einfachsten abzusprechen ist, fol- liche. Ein Teil dieser Bilder wird in Vereinspublikationen gende Verteilung (siehe Tabelle). In ähnlicher Weise wären für veröffentlicht. die übrigen genannten Bereiche „Raster der Zuständigkeit“ zu −− Audio-visuelle Medien (Fernsehen, Hörfunk): Es wird über- erarbeiten und zwischen den beteiligten Archiven ein regelmä- sehen, dass bei den Medien, insbesondere den verschiedenen ßiger Austausch anzustreben, entweder bilateral oder organisiert regionalen Fernsehprogrammen über das gesendete Material von der genannten Koordinationsstelle. hinaus nicht gesendete Sequenzen vorhanden sind. 2. „Kompetenzzentren schaffen“ Die wenigen Beispiele zeigen, dass es nur in einer gemeinsam Meines Erachtens macht es ebenfalls Sinn, „Kompetenz- Aktion möglich sein wird, die Archivierung des Kulturguts des zentren der Archivierung“ aufzubauen und regional vorhan- Sports erfolgreich anzugehen. Eine Koordinationsstelle für die- denes Wissen der Sportorganisationen zu nutzen. Wie bei den sen Zweck ist unbedingt nötig. Für Baden-Württemberg wäre sie Olympiaschwerpunkten könnten regionale Stellen z.B. für in Maulbronn beim Institut für Sportgeschichte anzusiedeln. Ihre die Überlieferung bei bestimmten Sportarten zuständig wer- erste Aufgabe bestände darin, die derzeit schon vorhandenen den. Wer in Deutschland z.B. aus den 1980er Jahren Mate- Bestände und die aktuell begonnenen archivischen Projekte als rial zum Thema „Fechten“ suchen würde, dem käme sofort Teil der Archivierung des „Kulturguts des Sports“ zu erfassen der Ort Tauberbischofsheim in den Sinn. Es wäre zu überle- und gebündelt bekannt zu machen. gen, ob hier nicht gleich eine Archivierung angegliedert wer-

Organisation Beispiel Archiv

Baden-Württembergischer Landesweit agierende Sportverbände Landesarchiv Badminton Verband

Regional agierender Verband Südbadischer Handballverband Landesarchiv, regionale Abteilung

Kreissportoganisationen Kreisweit agierende Verbände Kreisarchiv (soweit sie existieren) Lokales Archiv Örtlicher Verein TSV Zaisenhausen (Gemeinde-, Stadt- oder Kreisarchiv)

Als zweiter Schritt wäre die Diskussion über die Archivwür- den könnte. Solche Zentren hätten einen mehrfachen Vorteil digkeit der ermittelten Unterlagen zum Sport anzustoßen. So a) die Orte sind schon eingeführt; ein künftiger Nutzer müsste spannend Dokumente und Quellen des Kulturguts des Sportes nicht erst lange suchen, wenn er auf der Jagd nach Dokumenten ist, sind, die archivische Bewertung dieser Unterlagen darf nicht b) an diesen Stellen ist Spezialwissen vorhanden, dass bei der über die Euphorie der erfolgreichen Sicherung verdrängt wer- Beurteilung des Materials z.B. auf Bedeutung – also Archivwür- den. Manches ist auch zu Recht auf dem Dachboden vergessen digkeit – einfließen kann und worden und ist die aufwändige und auf lange Zeit Kosten verur- c) hier existieren Netzwerke, die zur Ermittlung wichtiger Un- sachende Archivierung nicht wert. terlagen in Privatbesitz genutzt werden könnten. Als Übernahmestrategien selber sollen hier zwei Gedanken Eine solche Strategie hätten den Vorteil der klaren, für jedermann vorschlagen werden, die auf der Zuständigkeit von Archiven transparenten Zuständigkeit. Die in der Regel mühselige Suche und der Organisation von Sportaktivitäten beruhen: nach Stellen, an denen etwas aus dem nicht-amtlichen Bereich archiviert ist, würde entfallen. Dies würde sich in einer inten- 1. „Dokumentationsprofil der Archive nutzen“ siveren Nutzung niederschlagen, was erfahrungsgemäß wieder Aus ihren gesetzlich definierten Zuständigkeiten heraus (Staat, der Überlieferungssicherung zugute kommen würde: Sobald aus Stadt, Land, Kreis etc.) ergibt sich ein präziser Dokumentati- Archiven Publikationen oder Ausstellungen erarbeitet werden, onsauftrag9 der Archive, ihr Profil. Das bedeutet konkret – und gibt es in der Regel Hinweise auf weiteres Material. so wird in den Archiven auch zumeist verfahren –, dass die Dass eine Strategie, wie sie oben skizziert ist, offensiv mit der nichtstaatliche Überlieferung möglichst in denjenigen Archiven Öffentlichkeit kommuniziert werden muss, um für den Archi- und Institutionen überliefert, gesichert und zugänglich gemacht vierungsgedanken zu sensibilisieren, versteht sich von selbst. werden soll, in denen komplementäres amtliches Material vor- Um die Ergebnisse zu präsentieren, böte sich als weiterer Schritt handen ist: Landesweit agierende Verbände, die mit Ministerien ein Internetportal z.B. mit dem Titel „Quellen des Sports“ an – verhandeln, sollten beispielsweise im Landesarchiv gesichert durch das wieder Anregungen zur Sicherung des ‚Kulturguts des werden. Hier wird das Wissen der Archivare um die Zusammen- Sports’ ausgehen würden. Dieses Portal wäre allerdings mit den hänge bei der Entscheidung über die Archivwürdigkeit genutzt schon vorhandenen Portalen für Kulturgut abzustimmen und zu und nach der Übernahme wäre eine Angelegenheit für den Nut- verlinken, damit dem künftigen Nutzer – der an nur einer Stelle zer anhand des Materials von zwei Perspektiven aus nachvoll- möglichst gebündelt alle Informationen erhalten möchte – nicht ziehbar. Entsprechend wären die Unterlagen von Vereinen, die der Überblick in der „Portal-Welt“ verloren geht. in der Regel auf örtlicher Ebene agieren in Kommunalarchiven So bleibt ein Perspektivkonzept. Die Beantwortung der drei zu archivieren. Hier würde sich die intime lokale Kenntnis und Grundfragen wird uns dabei viel Arbeit abverlangen: Kontakte des Stadt- oder Kreisarchivars positiv auswirken. 1. Was bedeutet „Lebenswirklichkeit“ im Bereich Sport? Was 30 DAGS-Magazin

davon interessiert die heutige Gesellschaft und könnte auch 4 Boulevard Baden, 15.7.2007, S. 1. 5 für die Nachwelt von Interesse sein? Vgl. Focus Online 16.12.2006 (www.focus.de/sport/jens-lehmann_aid_121175. html, 12.11.2007). Der Zettel befindet sich inzwischen im Haus der Ge- 2. Wo entsteht entsprechendes Material, das als „Kulturgut des schichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn, vgl. u.a. dortige Presse- Sports“ unserer Zeit aussagekräftig und archivwürdig ist? notiz vom 6. August 2007 (www.hdg.de/index.php?id=164). 3. Wer – also welches Archiv, welche Institution – übernimmt 6 Frankfurter Rundschau 21. Juli 2007, S. 30/31. 7 in diesem Konzept welche Zuständigkeiten? Und wer koor- Zum Konzept der „Überlieferung im Verbund“: Ro b e r t Kr e t z s c h m a r , Histori- sche Gesamtdokumentation? Überlieferungsbildung im Verbund? In: Ch r i - diniert die sich sicher teilweise überschneidenden Wünsche? s t o p h J. Dr ü pp e l u. Vo l k e r Rö d e l (Hrsg.), Überlieferungssicherung in der Und als Konsequenz: pluralen Gesellschaft. Werkhefte der staatlichen Archivverwaltung A 11, 4. Wie werden die Ergebnisse präsentiert? Stuttgart 1998, S. 53-69.; ders., Positionen des Arbeitskreises Archivische Der Verantwortung für diese Aufgabe der Überlieferungssiche- Bewertung im VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare zur archivischen Überlieferungsbildung. Einführung und Textabdruck, in: Der rung sollten sich die Multiplikatoren in der Welt des Sports be- Archivar 58 (2005), S. 88-94, hier S. 92, Punkt 6: „Archive unterschiedli- wusst sein oder werden. Die nachfolgenden Generationen wer- cher Träger sollten sich bei Überschneidungen bzw. Berührungen so weit den es danken, wenn es gelingt, diesen Komplex systematisch wie möglich abstimmen, um die Überlieferungsbildung zu optimieren und anzugehen und das Kulturgut eines wesentlichen Aspekts des bei Anerkenntnis unterschiedlicher Perspektiven die jeweils wechselseiti- gen Interessen zu berücksichtigen. Dies sollte sich als Standard etablieren. gesellschaftlichen Lebens des 20. und 21. Jahrhunderts gerettet ...“; zur Umsetzung: Jo h a n n e s Gr ü t z m a c h e r , Überlieferungsbildung im zu haben. Verbund? Staatliche und nichtstaatliche Überlieferung zu Flüchtlingen und Vertriebenen. Transferarbeit an der Archivschule Marburg, 2007 (www. 1 Vgl. die Internetseite der DAGS und Publikationen des Instituts für Sportge- landesarchiv-bw.de/sixcms/media.php/25/Gruetzmacher_vorFassung.9613. schichte Baden-Württemberg, z.B.: Sammeln, Archivieren, Auswerten. Ein pdf); zuletzt mit Hinweis auf den Bereich des Sports Ro b e r t Kr e t z s c h m a r , Leitfaden für Vereinsarchive, Festschriften und Jubiläumsausstellungen, Vernetzungen und Kampagnen. Überlegungen zur praktischen Umsetzung hg. v. Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg e.V., Vaihingen/Enz einer Überlieferungsbildung im Verbund, in: arbido 3/2007, S. 24-30. 2000., inzwischen in dritter Auflage. 8 Diese Verbindlichkeit ist bei archivübergreifend erarbeiteten Archivierungs- 2 Vgl. in diesem Band die Beiträge von Da v i d Kr a u s , Das Saarländische Sport- modellen von grundsätzlicher Bedeutung und sollte als Selbstverpflichtung archiv – Gedächtnis des Saarsports im Landesarchiv Saarbrücken, S. 8-10; der Beteiligen zur Selbstverständlichkeit werden, vgl. Cl e m e n s Re h m , Kata- Ma r t i n Eh l e r s , Überlieferungsbildung am Institut für Sportgeschichte Ba- logware statt Aussonderungsliste. Exemplarisch Beispiele aus dem Bewer- den-Württemberg e.V. Maulbronn, S. 11-15; Ca r o l a v o n Ro t h , Das Archiv tungsmodell „Allgemeine Verwaltung“, in: Ro b e r t Kr e t z s c h m a r (Hg.), Me- der Karlsruher Sportgeschichte. Ein Sicherungsprojekt, S. 14-19;, Cl a u d i a thoden und Ergebnisse archivübergreifender Bewertung, Tübingen 2002, S. Ar n dt , Bewahrung von Sportgeschichte in einem Kreisarchiv (Rhein-Sieg- 22-31, hier S. 29f. Kreis), S. 19-23. 9 Zur Diskussion des Dokumentationsprofils vgl. u.a. Pe t e r K. We b e r , Doku- 3 In Schönau bei Bad Münstereifel besteht ein privates Radsportarchiv u.a. mit mentationsziele lokaler Überlieferungsbildung, in: Der Archivar 54 (2001), 24.000 Fotos von Radrennfahrern, etwa 1.000 Plakaten und ebenso vielen Fahr- S. 206-212. radkatalogen, wovon der älteste von 1860 stammt; nach Archivalia 16.7.2007, Verweis auf www.blickpunkt-euskirchen.de/rag-ewi/docs/59052/lokales.

Das Projekt Historisches Alpenarchiv Archiv- und Sammlungsbestände der Alpenvereine in Deutschland, Österreich und Südtirol im Internet Friederike Kaiser

Der Deutsche Alpenverein ist der Fachverband für Bergsport Nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges machte sich der Deut- (u. a. auch Klettern) im Deutschen Olympischen Sportbund und sche Alpenverein schon früh wieder daran, seine umfangreiche gleichzeitig der größte nichtolympische Verband im DOSB. Die Bibliothek erneut aufzubauen und sie professionell betreuen Auseinandersetzung mit seiner Geschichte spielte schon früh zu lassen. Sie ist heute mit 70.000 Bänden die weltweit größte eine große Rolle. Bereits 1911 eröffnete der Deutsche und Ös- Alpinbibliothek und wird von drei hauptamtlichen Bibliotheka- terreichische Alpenverein das später im Zweiten Weltkrieg zer- rinnen betreut. Sie ist zudem an den Bayerischen Verbundka- störte Alpine Museum, das 1996 neu aus der Taufe gehoben wur- talog angeschlossen, damit ist ihr Bestand über das Internet re- de. In diesem Zusammenhang wurde auch begonnen, ein Archiv cherchierbar und bestellbar – ein in der Vereinslandschaft sicher aufzubauen, das seit gut drei Jahren hauptamtlich geführt wird. einmaliger Service für die Nutzer. Auch die Kunstsammlung des Vor etwa drei Jahren starteten wir das Projekt Historisches Al- Deutschen Alpenvereins erfuhr seit den 1980er Jahren mit der penarchiv. Kern ist eine gemeinsam mit dem Oesterreichischen Gründung der zwei Alpinen Museen in München und Kempten Alpenverein und dem Alpenverein Südtirol betriebene Internet- verstärkt Aufmerksamkeit. Es wurden zumindest grobe Inven- datenbank, die die Archivalien und Sammlungen der drei Ver- tare erstellt. eine ab Frühjahr 2008 unter der Adresse www.historisches-al- Ganz anders sah es im Bereich des Archivs aus. Ein Archiv wur- penarchiv.org virtuell zur Verfügung stellt. de 1995 gegründet, aber rein ehrenamtlich betreut. Es konnten jedoch immerhin zahlreiche, bisher im gesamten Dachverband Die Vorgeschichte verstreute, Konvolute zur Vereinsgeschichte zusammengetragen Wie wohl die meisten größeren Sportverbände hat auch der werden. Jedoch waren weder Akten noch Fotografien und son- Deutsche Alpenverein seit seiner Gründung im Jahr 1869 eine stige Sammlungsgegenstände fachgerecht verzeichnet worden. umfangreiche Überlieferung seiner Tätigkeiten in Form von Die vorhandenen Bestände waren zudem oft um spätere Spenden alten Verwaltungsakten des Dachverbandes sowie der zum Al- ergänzt worden, ohne die andere Herkunft zu vermerken – eine penverein gehörenden einzelnen Vereine, der sogenannten Sek- Verletzung des für Archive so wichtigen Provenienzprinzips. tionen. Hinzu kommen umfangreiche Foto-, Werbemittel- und Wertvolle, einmalige Unterlagen wie Gründungsurkunden etc. Kunst- und Sachgutsammlungen, die zumeist einzelne Vereins- waren mit „wertlosen“ Objekten wie Kopien, vermischt. Zudem mitglieder oder auch Beauftragte des Vereins in den 140 Jahren waren die gesamten Bestände nicht fachgerecht gelagert. des Bestehens des Deutschen Alpenvereins zusammentrugen. Zu Es war klar, dass eine wirkliche Verbesserung dieses Zustandes den Sammlungen kann zudem die Bibliothek gezählt werden. nur mit viel Arbeitskraft und einer professionellen Leitung zu 2008 - Heft 1 31

mit der Erschließung der Kernbestände unseres Archivs und un- serer Kunstsammlung ein großer Schritt gemacht werden. Zum Frühjahr diesen Jahres konnten wir zudem einen der Archivare mit einer halben Stelle fest anstellen, so dass auch in Zukunft eine weitere professionelle Betreuung gewährleistet ist.

Die Zusammenarbeit mit anderen Partnern Unabdingbarer Bestandteil des Projektes in Hinblick auf die EU-Förderung war die Zusammenarbeit mit zumindest einem ausländischen Partner. In unserem Fall bot sich die Zusammen- arbeit mit dem Oesterreichischen Alpenverein und dem Alpen- verein Südtirol an. Beide Vereine bildeten von 1874 bis 1945 mit dem Deutschen Alpenverein einen Verein, den Deutschen und Österreichischen Alpenverein, der erst nach dem Zweiten Weltkrieg in dieser Form zerfiel. Durch die gut 70 Jahre währen- de gemeinsame Geschichte ergab sich die besondere Situation, dass die umfangreichen Kunstsammlungen, die Bibliothek und die Archivalien des Vereines, die bis dato zusammen gekommen waren, örtlich auseinander gerissen wurden. So sind einzelne Objekte und Sammlungen, die für den jeweils anderen Verein ei- nen wichtigen Teil der gemeinsamen Geschichte widerspiegeln, nicht mehr einsehbar – für Wissenschaftler, Vereinshistoriker und andere Archivnutzer eine unhaltbare Situation. Darüber hi- naus wird mit dem virtuellen Zusammenführen der Sammlungen die wohl größte, über das Netz recherchierbare Datenbank zum Alpenbogen und zur Alpingeschichte mit etwa 200.000 Objekten entstehen. Heinz Müller-Brunke. Bergsteiger in Felswand. Klettern mit Hilfe eines „Ankers“, um 1955. Archiv des Deutschen Alpenvereins, München Die Realisierung des Historischen Alpenarchivs bewältigen war. Da ein Ausbau der Personalkapazitäten aus fi- Der Weg zum Historischen Alpenarchiv war und ist nicht im- nanziellen Gründen nicht in Frage kam, suchten wir nach För- mer einfach. Zuerst musste unter verschiedenen Anbietern eine dermöglichkeiten und stießen unter anderem auf das Programm Datenbanksoftware ausgewählt werden. Diese musste insbeson- Interreg IIIa der Europäischen Union. Förderungsfähig war je- dere die Bedingung erfüllen, dass entsprechend der Maßgaben doch bei den für uns in Frage kommenden Programmen nicht die archivarische Arbeit an sich, sondern ein Produkt, das die Attraktivität einzelner zu fördernder Regionen steigert. Ein zweites Kriterium war die Zusammenarbeit mit einer Institution in einem anderen EU-Land. Vor diesem Hintergrund erdachten wir zusammen mit dem Oesterreichischen Alpenverein in Inns- bruck und dem Alpenverein Südtirol in Bozen die Erstellung ei- ner gemeinsamen Archivdatenbank, die dann zur Recherche für jedermann ins Internet gestellt wird. Daraus würde für die Be- wohner, Wissenschaftler und Touristen der Alpenregionen, die zum großen Teil in die Förderregionen der EU fielen, ein einzig- artiges Instrument an die Hand gegeben, historische Quellen zur Geschichte des Alpenraums, seiner touristischen Entwicklung und den naturräumlichen Veränderungen in den letzten zweihun- dert Jahren zu recherchieren. Tatsächlich bekam das Projekt mit dieser Zielsetzung in der Folge eine erhebliche Förderung durch den Fördertopf Interreg IIIa, hinzu kamen für den Deutschen Alpenverein Mittel aus dem Kulturfonds des Freistaates Bayern und der Landesstelle der Nichtstaatlichen Museen in Bayern. Zusammen mit Eigen- mitteln, das Alpine Museum verzichtete auf eine von zwei Aus- stellungen im Jahr und die Bibliothek gab eine halbe Stelle ab, wurde der Traum vom Aufbau des Historischen Alpenarchivs ab Januar 2005 wahr. Wir konnten einen Archivar für das Schrift- gut, einen für die Fotoerfassung sowie eine Kunsthistorikerin für die Nacherfassung der Kunst- und Sachgutsammlung jeweils auf Teilzeit einstellen. Seitdem wurden in die neu angekaufte Datenbank etwa sechzigtausend Datensätze eingegeben bzw. die vorhandenen korrigiert. Auch weiterhin sind zwar Teile unserer Einladung zum Winterfest der Sektion Berlin, 1914. Archiv des Deutschen Bestände nicht erfasst oder nur grob inventarisiert, doch konnte Alpenvereins, München 32 DAGS-Magazin des Projektes Historischen Alpenarchiv mehrere Archive an ver- birgseinteilungen und darunter Gipfel, Wände, Grate etc. zuge- schiedenen Standorten gleichzeitig auf die Datenbank zugreifen ordnet sind. können. Eine weitere Vorgabe war, den Sammlungen gerecht zu Parallel zu diesen Projektschritten lief von Beginn an die Kärr- werden, die so unterschiedliche Objektarten wie Fotografien, nerarbeit des Projektes, das Umbetten, Verzeichnen und Digitali- Akten und Kunstgegenstände enthalten. Entschlossen haben wir sieren der Fotografien. Dabei werden im Deutschen Alpenverein uns letztendlich für das Programm Artefact der Wiener Firma die Archivare durch eine Reihe ehrenamtlicher Helferinnen und Cmb, da dieses sehr flexibel auf unsere divergenten Samm- Helfer unterstützt, die jedoch in Vorbereitung auf ihre Aufgaben lungen eingehen kann. Sonderwünsche wie ein Thesaurus nach durch die Archivare geschult wurden. Je nach Bedarf, Möglich- Gebirgsgruppen und die Vergabe von festen Schlüsselbegriffen keiten und Können übernehmen sie einzelne Arbeiten wie das konnten unproblematisch realisiert werden und auch Mehrspra- Umbetten und Digitalisieren oder Verzeichnen unter Anleitung chigkeit stellt kein Problem dar. Die Datenbank liegt auf einem einzelner Bestände. gemeinsamen Server in der EDV-Zentrale der Bundesgeschäfts- Der nächste Arbeitsschritt, mit dem wir uns seit gut einem Jahr stelle des Deutschen Alpenvereins, der von allen drei Archiven beschäftigen, ist die Erstellung des Internetauftritts. Aufbauend über eine Citrix-Anbindung zugänglich ist. auf unserer Datenbank sind möglichst einfache Suchabfragen Der Auswahl der Datenbank schloss sich die Erstellung der mit einem Suchfeld genauso möglich wie die ‚Expertensuche’ Eingabemasken und – eng damit verbunden – die Übernah- mit Einschränkungen nach Standort, Objektarten und Zeiträu- me der Altdaten an. Sowohl im Österreichischen wie auch im men. Fotografien und Kunst- und Sachgutsammlungen werden Deutschen Alpenverein waren bereits umfangreiche Bestän- dabei neben Beschreibung und Verschlagwortung als digitales de in unterschiedlichen Softwaresystemen erfasst worden. Die Bild erscheinen, Schriftgut allerdings nur als Verzeichnungsein- verschiedenen Eingabefelder und –kriterien mussten in einer heit. Nur in Einzelfällen werden die Dokumente als Digitalisat ganzen Reihe von Sitzungen in Hinsicht auf zukünftig einheit- angehängt. Voraussichtlich im März 2008 wird der Internetauf- liche Masken abgestimmt werden und anschließend die bereits tritt der Öffentlichkeit vorgestellt werden können. vorhandenen Daten durch Zuordnungen zu den neuen, gemein- samen Eingabefeldern zur Übernahme in das artefact-Programm Archivarbeit auf Vereinsebene vorbereitet werden. Neben der Erfassung der Archivalien und Objekte des Dach- Zusätzlich wollten wir eine Verzeichnungsmöglichkeit nach verbandes möchten wir in der Zukunft verstärkt die fachge- Schlüsselbegriffen sowie nach Gebirgsgruppen schaffen, um rechte Aufbewahrung und Verzeichnung von Archivgut in den insbesondere die Bildobjekte in Zukunft besser auffinden zu Sektionen, den einzelnen Mitgliedsvereinen des Deutschen können. Die Schlüsselbegriffe sind Sachbegriffe, die kurz die Alpenvereins, unterstützen. In einem Archivseminar, das vo- Inhalte der Fotografien und Bilder beschreiben. Dabei konnte raussichtlich in zweijährigem Rhythmus stattfinden wird, sollen auf den Schlagwortkatalog der Bibliothek des Deutschen Alpen- ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sektionen vereins, der auf der Schlagwortnormdatei basiert, zurückgegrif- für das dort überlieferte Archivgut sensibilisiert werden und fen werden. eine Anleitung zum fachgerechten Lagern und Erschließen er- Eine Verzeichnung nach Gebirgsgruppen erschien uns überdies halten. Zusätzlich erhalten sie die Möglichkeit, ihre Objektdaten als besonders wichtig. Nur so kann gezielt nach Fotografien aus mit in die Datenbank des Historischen Alpenarchivs einzupfle- einer geografischen Region, zum Beispiel dem Wetterstein oder gen. So wird irgendwann vielleicht einmal die Vision wahr, in den Ötztaler Alpen gesucht werden, eine Suche, die für unsere einer einzigen Datenbank im Internet alle Dokumente zur Ge- Nutzer eine hervorragende Rolle spielt. Der Thesaurus ist hi- schichte des Bergsports und des Alpenvereins auf Sektions-, erarchisch in mehreren Stufen gegliedert, beginnend bei den Verbands- und internationaler Ebene recherchieren zu können. Gebirgen der verschiedenen Kontinente, den die üblichen Ge-

Startseite des Internetauftritts Historisches Alpenarchiv; ab März 2008 unter www.historisches-alpenarchiv.org 2008 - Heft 1 33 Die Ehrengalerie des niedersächsischen Sports – Beispiel einer regionalen Hall of Fame Marianne Helms

Weltweit - vor allem im angloamerikanischen Sprachraum - gibt räumlichen Gegebenheiten in Hoya entsprochen hätte. Am Ende es eine Vielzahl von Halls of Fame, die in verschiedenen Be- entschied man sich für Ehrengalerie des nieders. Sports, was der reichen (Sport, Musik, Medien, Technik, etc) ihre bedeutendsten vorgesehenen Form der Präsentation (einer Art Ahnengalerie) Vertreter ehren. am ehesten entsprach. Im Bereich des Sports zählen die International Tennis Hall of 1988 wurde die Ehrengalerie dann im Obergeschoß des Insti- Fame (Newport, Rhode Island), die International Swimming tutsgebäudes in Hoya auf einer Fläche von ca. 80 qm als Dau- Hall of Fame (Fort Lauderdale, Florida) neben der Hall of Fame erausstellung eröffnet, wobei bei der ersten Auswahl 173 Sport- der FIBA–Basketball (Springfield, Massachusetts), der Hockey lerinnen, Sportler und Mannschaften sowie 36 Sportpädagogen, Hall of Fame–Eishockey (Toronto, Kanada) und der World Golf Sportführer und Wissenschaftler berücksichtigt wurden. Die Hall of Fame (St. Augustine, Florida) zu den bekanntesten. Ehrengalerie wird kontinuierlich erweitert und umfasst heute Unter den wenigen darin aufgenommenen deutschen Sportlern knapp 350 Personen, die nächsten Neuaufnahmen sind für 2008 finden sich auch Namen von Niedersachsen, wie z. B. Tennis vorgesehen. Baron Freiherr Gottfried v. Cramm, der im Übrigen der erste deutsche Tennisspieler überhaupt war, dem die Ehre der Aufnah- Wer wird in die Ehrengalerie aufgenommen? me zuteil wurde (erfolgreich 1932–37 in Wimbledon, mehrfache Es werden zwei Kategorien unterschieden: DM) oder bei den Schwimmern die Hannoveraner Paul Günther, 1. Niedersächsische Persönlichkeiten, die für die Entwicklung Olympiasieger 1912 im Kunstspringen und Fritz Gunst, Olym- von Sport und Sportwissenschaft vor allem aus Verbänden piasieger 1928 im Wasserball. und Hochschulen aktive Verantwortung getragen und den In Deutschland sind Ehren- /oder Ruhmeshallen des Sports Sport in Niedersachsen und darüber hinaus entscheidend ge- selten. Die Ruhmeshalle zu Ehren Friedrich Ludwig Jahns in prägt haben. Freyburg an der Unstrut dürfte die erste Ehrenhalle sein, die an 2. Niedersächsische Sportlerinnen, Sportler und Mannschaften eine Persönlichkeit der deutschen Turn- und Sportgeschichte er- innert. In jüngster Zeit entstehen Projekte wie die Hall of Fame Als Niedersachse gilt des Deutschen Sports, die von der Deutschen Sporthilfe initi- −− wer in Niedersachsen inkl. der Vorläufergebiete gelebt hat iert wird. Neben der Hockey Hall of Fame in Augsburg (Eisho- −− wer nachfolgend Mitglied eines niedersächsischen Vereins ckeymuseum) gibt es eine virtuelle Hall of Fame des Deutschen war Schützenbundes, einer Seite im Internet, auf der der Deutsche −− wer seine ersten Erfolge für einen niedersächsischen Verein Schützenbund seine Medaillengewinner bei Olympischen Spie- erreicht hat len ehrt. Ebenfalls eine virtuelle Hall of Fame unterhält die Int. Wer die überwiegenden Meisterschaftskriterien nicht für einen Teakwon-Do Federation Deutschland. niedersächsischen Verein erfüllt hat und keine Vereinsbindung In Niedersachsen hat sich der Golf-Verband Nds.-Bremen eine in Niedersachsen nachweisen kann, gilt nicht als Niedersachse. imaginäre Hall of Fame geschaffen. Seit 1999 ehrt der Verband in der jährlichen Mitgliederversammlung Personen, die sich um Aufnahmekriterien den Golfsport verdient gemacht haben. Sie erhalten für ihren Persönlichkeiten Golfclub eine Urkunde und werden in der Chronik des Verban- Zur Aufnahme von Persönlichkeiten berechtigt langjähriges En- des verewigt. An einer virtuellen Darstellung wird gearbeitet. gagement Die einzig greifbare Hall of Fame in Niedersachsen ist die Eh- −− im nationalen Bereich des Sports in Führungspositionen auf rengalerie des niedersächsischen Sports im NISH, die ich im Landes- und Bundesebene oder ausschließlich Bundesebene Folgenden vorstellen möchte. −− internationale Funktionen/Tätigkeiten für den Sport, darun- ter fallen auch Organisations- und Kampfrichtertätigkeiten Eine Hall of Fame für Niedersachsen im weitesten Sinne. Das NISH hat sich Mitte der 80er Jahre erstmals mit der Ein- −− in der Sportwissenschaft im weitesten Sinne richtung einer Hall of Fame für Niedersachsen beschäftigt, um Personen, die sich in vielfältiger Weise um den Sport verdient gemacht haben, angemessen würdigen zu können. Im Hin- blick auf die Form der Darstellung war angesichts von Raum und Geld von Anfang an klar, dass eine aufwendige Präsentati- on nicht möglich sein würde und sich das Vorhaben in die Ge- samtkonzeption eines regionalen Dokumentationszentrums für niedersächsische Sportgeschichte einfügen lassen müsste. So entstand eine sachliche, nicht heroisierende Text- und Bilddoku- mentation (Foto, persönliche Daten, Kurzbiographie sowie eine Erfolgsbilanz), um an diejenigen zu erinnern, die in ihrer Zeit Sportgeschichte geschrieben haben. Bei der Suche nach einem geeigneten Namen sollte der eng- lische Begriff Hall of Fame vermieden werden, da er zu dem regionalen Charakter der geplanten Ausstellung nicht passend erschien. Ruhmeshalle / Ehrenhalle hatte den Anstrich von et- was monumentalem, was weder beabsichtigt war noch den Ehrengalerie 34 DAGS-Magazin

Eine Unterscheidung zwischen Ehren- und Hauptamt wird nicht vorgenommen und die Aufnahme erfolgt in der Regel posthum; eine Aufnahme noch lebender Personen nach dem 75. Geburts- tag ist neuerdings möglich.

Sportlerinnen und Sportler Sportlerinnen und Sportler können aufgenommen werden, wenn Medaillenränge bei Olympischen Spielen, Weltmeisterschaften, Europameisterschaften oder mindestens fünf Deutsche Meister- schaften nachgewiesen sind. Der jeweilige Fachverband, den die SportlerInnen vertreten, soll dem DOSB angeschlossen sein. Mannschaftstitel sind eingeschlossen, wobei nur Mannschafts- mitglieder mit aktivem Einsatz berücksichtigt werden. Sind die Anforderungskriterien nicht voll erfüllt, können internationale Einsätze – auch im studentischen Bereich – sowie internationale Auszeichnungen berücksichtigend hinzugezogen werden. Ent- sprechende Platzierungen, die ausschließlich im Jugendbereich und/oder in den höheren Seniorenklassen erreicht wurden, wer- den nicht berücksichtigt; die Aufnahmekriterien bleiben auf die Hauptwettkampfklassen (Aktiven) beschränkt.

Mannschaften Unter den genannten Bedingungen werden auch Mannschaften mit ihrem Vereinsnamen geehrt. 2er Mannschaften werden als Ganzes – wie eine Einzelmeisterschaft – gesehen und entspre- chend behandelt. Die Aufnahme von SportlerInnen erfolgt nach Beendigung der aktiven Laufbahn, bei international erzielten Mannschaftsmedaillen spätestens nach 10 Jahren.

Sonderfälle Mit den Aufnahmekriterien lässt sich die Mehrzahl der Kandidaten Ausschuss Ehrengalerie des wissenschaftlichen Beirats eine erfassen. Keine konkreten Vorgaben gibt es bisher für Erfolge Kandidatenliste für die jeweilige Staffel der Neuaufnahmen und bei regionalen Sportarten, wie z.B. dem traditionell niedersäch- prüft zunächst, ob die Grundvoraussetzungen (Niedersachse im sischen Klootschießen, bei dem immerhin Europameisterschaften Sinne der Aufnahmekriterien, Beendigung der aktiven Laufbahn, ausgetragen werden oder etwa Erfolge bei Arbeiterolympiaden. verstorben bzw. älter als 75) erfüllt sind. Anschließend werden Hier wird im Einzelfall entschieden. lückenhafte Informationen recherchiert, wobei wiederum die Ein zunehmendes Problem stellt die wachsende Zahl der Sport- Fachverbände einbezogen werden und es erfolgen Anfragen bei arten und Wettkampfklassen und damit verbundener Meister- Sportlern direkt sowie bei Vereinen, in denen sie aktiv waren. schaften dar, die theoretisch zu einer Aufnahmeflut führen kann. In den Fällen, in denen Personen NS belastet sein könnten, ins- Eine aktuelle Liste des LSB enthält ca. 600 Sportarten / Diszi- besondere bei der Gruppe der Organisatoren nach 1945, erfolgt plinen und ist noch nicht vollständig. Inwieweit sich diese Aus- eine Anfrage beim Berlin Document Center, das seit 1994 eine differenzierung auf die Zahl der Kandidaten für die Ehrengalerie Außenstelle des Bundesarchivs ist (enthält personenbezogene auswirken wird, bleibt abzuwarten. Unterlagen der NSDAP). Fälle von Stasi-Belastung werden / Schwierig ist auch eine Abgrenzung zwischen Amateuren und würden ebenfalls überprüft, sind aber bisher nicht aufgetreten. Profis, eine Unterscheidung wird vorerst nicht vorgenommen. Liegen alle erforderlichen Informationen vor, entscheidet der Dieses Problem wird gegenwärtig im zuständigen Ausschuss Vorstand endgültig über die Aufnahme. Anschließend wird des WB und im Vorstand diskutiert. die Präsentation vorbereitet, Arbeiten, die in der Geschäfts- stelle erfolgen. Die Neuaufnahmen werden dann im Rahmen Auswahl- und Aufnahmeverfahren einer Feierstunde vorgenommen, zu der die SportlerInnen Wie erfolgt die Auswahl der Kandidaten? In erster Linie sind die und zukünftig auch 75-jährigen persönlich eingeladen wer- nieders. Fachverbände aufgefordert, Kandidaten für die Ehren- den. Zur Erinnerung erhalten die Ausgezeichneten eine Ur- galerie zu benennen, sowohl im Hinblick auf die AthletenInnen, kunde über die Aufnahme in die Ehrengalerie (seit 2004). als auch auf Ehrenamtliche, die in ihrem Verbandsbereich durch herausragende Leistungen aufgefallen sind. Das Vorschlagsrecht Inhalte ist aber nicht auf Verbände begrenzt, theoretisch kann jeder Per- Zeitlich deckt die Ehrengalerie einen Zeitraum von etwa 250 sonen zur Aufnahme vorschlagen, die er für geeignet hält. In Jahren ab, wobei die Zeit bis Ende des 19. Jahrhunderts von Per- der Praxis kommt die Mehrzahl der Vorschläge allerdings aus sonen geprägt ist, die sich als Pädagogen, Wissenschaftler, Me- unseren Reihen. Bei der Auswahl von Sportlerinnen und Sport- diziner oder auch als Praktiker für die Turn- und Spielbewegung lern sind die jährlichen Meisterehrungen des Landessportbundes verdient gemacht haben. Mit dem Übergang ins 20. Jh. taucht Niedersachsen und die Verleihung der nieders. Sportmedaille dann mit dem Leichtathleten Johannes Runge aus Braunschweig hilfreich, da die ausgezeichneten Personen schon vom Grund- der erste Sportler auf, der die Reihe der heute insgesamt 259 Ath- satz her für die Ehrengalerie in Frage kommen. leten anführt. Runge war 1897 Europameister über die englische An Hand der vorliegenden Listen und Vorschläge erstellt der Meile in 4 Min., 50 Sek. und nahm 1904 als erster Niedersachse 2008 - Heft 1 35 an den Olympischen Spielen in St. Louis teil (5. über 800 m). oder Dr. Walter Wülfing (1901-1986), Vizepräs. DSB, Präs. DRV Nach einer ursprünglich nach Sportarten bzw. Themengruppen gegliederten Präsentation erfolgte 2002 eine Neugestaltung, die SportlerInnen / Mannschaften verteilen sich auf insgesamt 36 nunmehr chronologisch aufgebaut ist; das erleichtert die Einar- Sportarten, wobei Leichtathletik, Reiten und Fahren, Schwim- beitung der Neuzugänge. Da zwischenzeitlich Wand- und Reser- men sowie Turnen am stärksten vertreten sind. Hockey, Judo, veflächen erschöpft sind, wird die Präsentation schrittweise auf Kegeln, Rudern und Sportschießen sind ebenfalls noch zwei- Tischdisplays verlagert, was den zusätzlichen Vorteil bietet, mit stellig, während fast die Hälfte der aufgeführten Sportarten nur der Ehrengalerie flexibel und mobil zu sein. durch einen oder zwei erfolgreiche SportlerInnen vertreten sind. Persönlichkeiten sind in verschiedene Kategorien eingeteilt: In Zeiträumen betrachtet weisen nieders. Leichtathleten in fast −− Meister der „ritterlichen Exercitien“ allen Zeitabschnitten Erfolge auf, wobei die großen Erfolge in −− Mediziner und Humanisten im 18. Jahrhundert den 50 / 60er Jahren liegen. Aus dieser Zeit sind Namen wie Jut- −− Turnerführer im 19. Jahrhundert ta Heine, Liesel Westermann, Hildegard Falck oder Erika Fisch −− Wegbereiter der Spielbewegung bekannt, um nur einige zu nennen. −− Bodenständige Sportarten in Niedersachsen TurnerInnen sind vor allem in den 70 / 80 / 90er Jahren erfolg- −− Turnerführer im 20. Jahrhundert reich, wobei hier Trampolinturner aus Salzgitter einen großen −− Führer der Arbeitersportbewegung Anteil haben. Beispiel: Ute Luxon, Ute Scheile (mehrfach WM −− Organisatoren in Niedersachsen nach 1945 60 / 70er) −− Das Niedersächsische Institut für Sportgeschichte Eine relative Konstanz gibt es bei den Schwimmern, die viele Einige ausgewählte Namen: olympische Erfolge verbuchen konnten, insbes. 1912, 1928 Dr. Bernhard Christoph Faust (1755-1842), Mediziner, errich- und 1936. Sie kamen vor allem aus Hannover. Nennen möchte tete u.a. 1816 in Bückeburg den ersten Turnplatz in Nds. ich Grete Rosenberg-Wildhagen und Herrmine Stindt (Silber 4x100 m Kraul-Staffel 1912), Fritz Gunst und Karl Bähre (Olympiasieger Wasserball 1928) oder auch den Hildesheimer Walter Kusch (Weltmeister Brust- schwimmen 1978). Im Reitsport sind es in den ersten Jahrzehnten die Of- fiziere der Kavallerieschule Hannover, die mit ihren olympischen Medaillen in der Military, in der Dressur sowie im Jagdspringen die Aufnahmekriterien für die Ehrengalerie erfüllen. Konstante Erfolge ab den 50er Jahren sind mit Namen wie Alwin Schockemöhle, Hermann Schridde oder Gerd Wiltfang verbunden. In einer zeitlichen Gesamtbetrachtung der Sportarten sind in der 1. Hälfte des Jh. die 20er und 30er Jahre stark mit den olympischen Erfolgen 1928 und 1936. Nach 1945 verteilen sich die Erfolge auf immer mehr Sportarten, wobei sich zahlreiche Medaillen bei WM und EM auf die Bilanz auswirken. 1960 hat Nie- dersachsen mit Helmut Berndt sogar einen Rodelwelt- meister, der zum Zeitpunkt der WM bereits 45 Jahre Gerhard Ulrich Anton Vieth aus Hooksiel (1763-1836), schrieb alt ist. In den 70er Jahren ist die Erfolgsbilanz auf dem Höhe- „Versuch einer Enzyklopädie der Leibesübungen“ und hat die punkt, danach ist sie rückläufig. Der starke Abfall in den 90er LÜ maßgeblich mit beeinflusst Jahren steht unter Vorbehalt, da aus diesem Zeitraum Sportler Franz Wilhelm Metz (1817-1901), vielseitiger Turnlehrer und noch aktiv und nicht berücksichtigt sind. Gründer zahlreicher Turnvereine und Turnanstalten im König- reich Hannover – Leitfigur des NISH Multimediale Ergänzung Prof. Dr. Konrad Koch aus Braunschweig (1846-1911), Vater Ich komme noch einmal zurück auf die Text- und Bilddoku- des Fußballspiels in Deutschland mentation der Ehrengalerie, die seit einigen Jahren multime- Carl Loges (1887-1958), Gründer der Loges-Schule für Bewe- dial ergänzt wird. 2000 wurde im Rahmen einer einjährigen gungskunst Projektarbeit umfassendes Filmmaterial ausgewertet und für Hermann Ohnesorge aus Osnabrück (1887-1967), Turnmethodi- ein Video mit dem Titel „Sportland Niedersachsen“ verar- ker und Förderer des Kinderturnens, u.a. Direktor der Dt. Turn- beitet. Entstanden ist ein 45minütiger Film, der facettenreich schule in Berlin. niedersächsische Sportgeschichte skizziert, die von Frauen Wilhelm Braungardt aus Oldenburg (1873-1964), Pionier der und Männern mit geprägt wurde, die in der Ehrengalerie ihren modernen Turnspiele Platz gefunden haben. Anhand vielfältiger historischer Filmauf- Oscar Drees aus Burhave (1887-1968), ehemaliger Arbeitersport- nahmen und Bilder und unter Einbindung einiger Zeitzeugen- ler, der sich nach dem Krieg für die Einheit des Sports engagierte interviews wird darin das Sportland Niedersachsen dargestellt. Heinrich Hünecke (1891-1971), Aufbau Sport nach 45, LSB Nds. 36 DAGS-Magazin Bestandserhaltung in Vereinsarchiven Norbert Schempp

In zunehmendem Maße wird die Bestandserhaltung zur zentralen Ersatzmedien/Reproduktionen Aufgabe aller, denen Kulturgut anvertraut ist. Neben die natür- Die häufige Nutzung der Originale schädigt diese im Laufe der liche Alterung sind Faktoren getreten, die Schäden verursachen Zeit. Mikrofilme oder Digitalisate, die auch als Datenquelle für oder die Gefahr der Zerstörung ganzer Bestände bergen. z.B. Farbkopien dienen können, helfen die Originale im Urzu- Der folgende Bericht soll in einfacher Art und Weise Vereinsar- stand zu erhalten. Es ist jedoch zu Bedenken, dass nur mit dem chivaren und interessierten Laien helfen, die ihnen anvertrauten Digitalisieren nicht alle Probleme gelöst sind. Die Hard- und Bestände für die Zukunft zu erhalten. Software die notwendig ist, um die Daten auch in Zukunft le- sen zu können, ändert sich in relativ kurzen Zeitabständen, so Klima und Lagerung dass die Gefahr groß ist, auf diese Daten in wenigen Jahren nicht Das Wichtigste für die Bestände ist die Lagerung in guten klima- mehr zurückgreifen zu können. tischen Bedingungen! Die relative Luftfeuchtigkeit sollte um 55 % liegen und 65 % Schimmel keinesfalls überschreiten, da sonst die Objekte von Schimmel- Ist die relative Luftfeuchtigkeit in den Räumen, in den die Be- befall bedroht sind. Die Temperatur sollte knapp unter 20 °C stände archiviert werden, über längere Zeit > 65 % oder ist liegen und gleichmäßig sein. Hohe Temperaturen und Tempe- Wasser ins Archiv eingedrungen, dann beginnen die Unterlagen raturschwankungen wirken wie eine künstliche Alterung auf zu schimmeln. Dieser Schimmelbefall gefährdet nicht nur den das Papier. Natürliches oder künstliches Licht sind ebenfalls ein Erhalt des Schriftstücks, auf dem er sichtbar ist, er kann auch Feind des Papiers, da auch diese Energieform Ihre Objekte be- ganze Bestände gefährden. Nicht zuletzt kann er für den Men- schleunigt altern lässt. schen große gesundheitliche Risiken bergen. Die schimmel- Sauberkeit – also weder Schmutz noch Insekten – sollten in Räu- befallenen Objekte oder Bestände müssen umgehend separiert men, in denen Sammlungsgut lagert selbstverständlich sein. Für und durch eine Fachfirma konserviert werden. In der Regel ist die meisten Objekte ist eine liegende Lagerung besser als eine die Schimmelpilzdekontamination ein zweistufiger Prozess. stehende Lagerung, so werden Bindung und Einbände weniger Der keimfähige Schimmel und seine Sporen werden zunächst mechanischen Belastungen ausgesetzt. sterilisiert, und anschließend die abgetöteten Sporen unter der Reinluftwerkbank entfernt. Die so behandelten Objekte können Schutzverpackungen dann wieder in den Archivbestand einsortiert und gefahrlos wei- Das Verpacken des Archivguts in Mappen und Kartons aus säu- ter benutzt werden. refreien/alterungsbeständigen Materialien verhindert nicht nur mechanische Schäden wie z.B. Einrisse und Fehlstellen, es hilft Wasserschäden auch, einzelne Schriftstücke schneller zu finden. Unbedingt zu Sollte Archivgut durch z.B. Hochwasser oder gebrochene Was- vermeiden sind jedoch säurehaltige Papiere und Pappen sowie serleitungen stark durchnässt werden, muss schnell reagiert wer- ungeeignete Folien. Die darin enthaltenen Säuren, aber auch an- den, da schon nach 24 Stunden Schimmelbefall eintreten kann. dere schädliche Stoffe, zerstören im Laufe der Zeit das Papier. Das einzige Verfahren, das schonend und effektiv ganze Bände oder größere Mengen Papier trocknen kann, ist die Gefriertrock- nung. Nach dem schnellen Einfrieren bei ca. –20°C wird durch Sublimation der feste Aggregatzustand des Wassers (Eis) ohne Durchlaufen der flüssiges Phase (Wasser) direkt in den gasför- migen Zustand (Wasserdampf) überführt. Somit ist nicht nur Schimmelwachstum ausgeschlossen, sondern auch ein Verblo- cken einzelner Blätter oder das Auslaufen von Farben oder Farb- pigmenten verhindert.

Massenentsäuerung Zahlreiche Papiere, die ab ca. 1850 gefertigt wurden und wer-

Durch Schimmelbefall geschädigte Dokumente

Transparente Selbstklebefolien Wenn Schriftstücke durch unsachgemäße Lagerung und/oder Nut- zung einreißen, dann sollten diese Risse niemals mit Selbstklebe- folien wie z.B. Tesafilm oder Scotchband repariert werden. Was zu- nächst schön aussieht und eine Benutzung ermöglicht, schädigt das Papier durch Weichmacherwanderung nach Jahren irreversibel. 2008 - Heft 1 37 den, enthalten Substanzen wie saure Harze oder Lignine, die durch verschiedene Techniken so behandelt, dass auch für die über einen langen Zeitraum Säure im Papier entstehen lassen. Benutzung nicht mehr geeignete Objekte der Nutzung wieder Diese Säuren wiederum verkürzen die Cellulosefasern im Papier zugeführt werden können. Gemeinsam mit dem Verantwort- so sehr, das dieses seine Flexibilität verliert und spröde wird. lichen für das Archivgut wird das Restaurierungsziel definiert Bei stark übersäuerten Papieren ist die Biegefestigkeit so gering, und geeignete Behandlungsvorschläge erarbeitet. Diese Maß- dass jedes Umblättern zu Informationsverlust führt. Um dieses nahme ist für besonders wertvolle Objekte oftmals die einzige Problem zu lösen, stehen verschiedene Massenentsäuerungs- Möglichkeit, um Sie zu erhalten verfahren zur Verfügung, mit denen große Mengen von unge- bundenem Schriftgut, aber auch Bücher so behandelt werden Zusammenfassung können, dass Sie auch zukünftigen Generationen zur Verfügung Für eine kostenfreie Beratung, welche Maßnahmen geeignet stehen. sind, um auch den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Rech- nung zu tragen, steht die Firma Schempp® Dienstleistungen für Restaurierung die Bestandserhaltung in Archiven, Bibliotheken und Samm- Bei diesem, in der Regel teuerstem Verfahren in der Bestand- lungen gerne zur Verfügung. serhaltung, werden Schäden an Einband, Bindung oder Papier

Sektion II: Museen und Sammlungen Sammeln, Sichern und Bewahren im Sportmuseum Berlin Martina Behrendt

Die herausragende Rolle von Sport und Körperkultur in unserer Bewahrungs- und Vermittlungsfunktion sind zwei Seiten einer Gesellschaft und im persönlichen Leben jedes einzelnen Bür- Medaille der Museumsarbeit. Während die Archive in der Öf- gers ist heute unbestritten ebenso wie die Tatsache, daß, wer die fentlichkeit vorrangig als bewahrende Institutionen wahrgenom- Zukunft erfolgreich gestalten will, seine Vergangenheit kennen men werden, konzentriert sich das öffentliche Interesse an den und immer wieder neu hinterfragen muß. Angesichts dieser Prä- Museen heute vorrangig auf die Ausstellungs- und Veranstal- missen, angesichts dessen, daß sich die Strukturen und die Be- tungstätigkeit, eine Folge der Eventkultur unserer Gegenwart. In dingungen des Zusammenlebens der Menschen auf regionaler der Praxis führt das seit vielen Jahren zu einer Unterschätzung wie globaler Ebene immer schneller wandeln und der Sport zu der Sammlungs- und Bewahrungsaufgaben der Museen, insbe- den dynamischsten Bereichen der gesellschaftlichen Entwick- sondere auch im Sport. lung zählt, erlangen Sportgeschichte, Sportsammlungen, sowie Die Sammlungen jedoch sind das Fundament jeder Museums- die Archivbildung in den Sportorganisationen und Institutionen arbeit. Umfang, Vielfalt und Qualität der Sammlungen bestim- – so sollte man meinen - eine immer größere Bedeutung. Die ak- men weitgehend die Attraktivität der Ausstellungen (Dauer- und tuellen Entwicklungstendenzen in der Bundesrepublik Deutsch- Sonderausstellungen) und der museumspädagogischen Arbeit, land laufen jedoch in die entgegengesetzte Richtung: das Veranstaltungsprogramm und das Dienstleistungsspektrum sowie die Möglichkeiten von Marketing, Sponsoring und Fund- 1. seit mehreren Jahren vollzieht sich an den Universitäten und raising. Sie beeinflussen – direkt oder indirekt – die Besucher- Hochschulen ein systematischer Abbau der Sporthistoriogra- und Nutzerfrequenz und damit die öffentliche Wahrnehmung phie; sporthistorische Forschung und Lehre als Spezialdiszi- und den Refinanzierungsgrad des Museums. plin erlangen Marginalität Die Sammlungstätigkeit, die sachgerechte Bewahrung und Si- 2. die Sicherung und Bewahrung sporthistorischer Quellen und cherung, die wissenschaftliche Erschließung der Museumsbe- Kulturgüter insbesondere der Sportvereine, Verbände, Orga- stände vollziehen sich allerdings weitgehend im Verborgenen. nisationen und Institutionen ist nicht annähernd hinreichend Die Realisierung dieser museumsinternen Aufgaben ist zeit-, gesichert personal- und kostenintensiv. Erst die Ergebnisse oftmals jah- 3. das breite Spektrum der bundesdeutschen Kulturlandschaft relanger intensiver Arbeit werden in Ausstellungen, Veröffent- spiegelt sporthistorische Themen zwar stärker als noch in den lichungen oder im Besucher- und Nutzerservice sichtbar. Die 90er Jahren des 20. Jahrhunderts, vermittelt Sportgeschichte Bestandsbildung ist – wie in den Archiven – grundsätzlich lang- jedoch selten als originären Bestandteil unserer Alltags- und fristig ausgerichtet, sie zielt im Sportmuseum Berlin auf die sys- Kulturgeschichte; kulturhistorische Ausstellungen, die allge- tematische Sammlung und Bewahrung von Zeitzeugnissen der meinen historischen Museen betrachten und behandeln Sport Sportkultur im weitesten Sinne - für die aktuelle Museumsarbeit und Körperkultur nach wie vor als „Thema am Rande“ und für die nachfolgenden Generationen. Wie in anderen klassi- 4. Sport und Geschichte spielen in den Lehrplänen der Schulen schen Museen auch ist es deshalb nicht Zweck unserer Samm- nur eine untergeordnete Rolle; sporthistorisches Wissen ist lungstätigkeit – und auch nicht möglich - unsere umfangreichen immer weniger Teil des Allgemeinwissens der Bevölkerung, Sammlungen künftig 1:1 in den ständigen Schausammlungen insbesondere der jüngeren Generationen. zu präsentieren. Sondern Langzeitbewahrung und Vielfalt der Museumsarbeit stehen im Vordergrung und die Erkenntnis, daß Aufgabe und Chance u.a. der Sportmuseen ist es, dieser Ent- Zeitzeugnisse, die wir nicht sammeln, in der Regel nirgendwo wicklung langfristig entgegenzuwirken. Ihr Auftrag besteht in sonst für die Nachwelt aufbewahrt werden. der Sammlung und Bewahrung, der wissenschaftlichen Bear- beitung und Dokumentation sowie der Vermittlung und Präsen- Die Sammlungen des Sportmuseum Berlin tation sporthistorischer Kulturgüter zum Zwecke der Bildung, Das heutige Sportmuseum Berlin vereint die Traditionen und Forschung und Erbauung. Erfahrungen des Museum für Leibesübungen zu Berlin (1924– 38 DAGS-Magazin

1934) und der zahlreichen Initiativen in Berlin (Ost&West) nach −− ein Zentrum der deutschen Arbeitersportbewegung (ATV/ 1945 zur dauerhaften Etablierung eines sporthistorischen Muse- ASV Fichte Berlin größter Arbeitersportverein Deutsch- ums in der Berliner Kulturlandschaft. Seine Sammlungen basie- lands, bis 1933) sowie der jüdischen Sportkultur/Sportbewe- ren insbesondere auf den Vorarbeiten, die in Berlin-Ost für den gung (bis 1938); Aufbau eines (nationalen) Zentralen Sportmuseums der DDR −− die Metropole und Zentrale des DDR-Sportsystems (Ost- geleistet wurden (1978-1990), der Pionierarbeit des ehemaligen Berlin); Sporthistorischen Kabinetts Berlin (Berlin-Ost, 1970-1989/92) −− der jahrzehnte bzw. jahrhunderte alten Traditionen in vielen sowie des Willy-Kohlmey-Kreises (seit 1954) und des Forum für Sportarten und Disziplinen mit Spitzenleistungen im Brei- Sportgeschichte Berlin e.V. (seit 1976, beide Berlin-West). ten- und Leistungssportbereich (u.a. Turnen, Leichtathletik, Alle Vorläufer des Sportmuseum Berlin arbeiteten nach unter- Radsport, Wasser- und Wasserfahrsport, Boxen, Fußball, u.a. schiedlichen Sammlungsstrategien und Schwerpunkten. Das Spielsportarten); Museum für Leibesübungen zielte auf die Einrichtung eines −− mit zahlreichen Pionierleistungen auf den Gebieten der Weltsportmuseums. Das Sporthistorische Kabinett Berlin be- Sportwissenschaft (Deutsche Hochschule für Leibesü- schränkte sich auf die Sammlung von Materialien zur Sportge- bungen, Reichsakademie für Leibesübungen, Sportinsti-tute schichte Berlins, insbesondere des Berliner Arbeitersports. Das der FU und HUB), der Sportarchitektur (u.a. Berliner Olym- Sammlungszentrum Zentrales Sportmuseum der DDR baute piagelände, Sportpalast, Velodrom), der Turn- und Sportge- einen Grundstock von Zeitzeugnissen aller Art zur Sportent- räteentwicklung, etc. wicklung in der DDR und in Deutschland vor 1945 sowie zu wichtigen internationalen Entwicklungstendenzen des Sports Die Sammlungen des Sportmuseum Berlin widerspiegeln diese auf. Der Willy-Kohlmey-Kreis verfügt über ein Archiv, Stati- zentralen Themen und damit die nationale und internationale stiken und eine ausgezeichnete Fotosammlung zur Geschichte Sportpräsenz Berlins in Geschichte und Gegenwart. der Leichtathletik. Das Forum für Sportgeschichte Berlin e.V. Seit 1990 wurden die Sammlungsbestände mehr als verdoppelt. konzentrierte seine Tätigkeit vor allem auf eine breit gefächerte Sie umfassen gegenwärtig über 100.000 Realien aller Art (Sport- Ausstellungstätigkeit in Berlin-West und in der Bundesrepublik geräte und Sportstättenausstattungen, Sportbekleidung und Aus- und erwarb sporthistorische Sammlungen und Exponate nur rüstungen, Fahnen und Wimpel, Pokale und Preise, Urkunden in kleinerem Umfang. Allen Sammlungen gemeinsam war die und Medaillen, Abzeichen, Plaketten und Anstecknadeln, Pla- Anwendung eines weiten Sammlungsbegriffes, die Vielfalt der kate, Postkarten und Kunstobjekte, Werbematerialien und Sou- gesammelten Materialgruppen und der gezielte Aufbau fach- venirs, Modelle, Memorabilia und Nachlässe, Filme und Tonträ- spezifischer Bibliotheken sowie von Foto- und archivalischen ger, etc.), eine Fotosammlung mit mehr als 1,5 Mill. Bildmotiven, Sammlungen. eine sporthistorische Bibliothek mit ca. 37.000 Bänden und ein 1989/1990 gelang es die vorhandenen, zwar heterogenen, aber Archiv mit mehreren tausend Dokumenten. Die überwiegende in ganz Deutschland einmaligen Berliner Sportsammlungen zu- Mehrzahl der Zeitzeugnisse des Sports erhielt das Museum als sammenzuführen und als Sportmuseum Berlin mit neuem Profil Schenkung von Privatpersonen, Sportorganisationen und Insti- und aktualisierter Aufgabenstellung in öffentlicher Trägerschaft tutionen des Sports aus Berlin (Ost&West), anderen Regionen zu erhalten und die Voraussetzungen für die Fortführung der der Bundesrepublik sowie aus dem Ausland. Weitere Bestände sportmusealen Arbeit zu schaffen. Seit 1995 ist das Sportmuse- von Bedeutung kamen 1990 im Zuge der Auflösung des DTSB um Berlin in die damals neu gegründete Stiftung Stadtmuseum der DDR und seiner Gliederungen (Bezirksorganisation Ber- Berlin integriert. lin, Verbände, Vereine) in das Museum. Bis 1999 konnten v.a. mit Hilfe der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin heraus- Das neue Sammlungsprofil ragende Memorabilia, Sammlungen und Nachlässe auch käuf- Das Sportmuseum Berlin versteht sich als ein allgemeines, kul- lich erworben werden (u.a. Bildarchiv Heinrich von der Becke, turhistorisch orientiertes Spezialmuseum für die Geschichte von Nachlaß Dr. Josef Göhler, private Sammlungen zur Geschichte Körperkultur, Turnen, Sport und Spiel in Berlin-Brandenburg der Olympischen Spiele 1936 und der Sport-Numismatik). von ihren Anfängen bis zur Gegenwart unter besonderer Be- Die dem Museum zur Verfügung stehenden Ankaufsmittel sind rücksichtigung ihrer engen Verflechtung mit der nationalen und in den letzten Jahren dramatisch gesunken und tendieren gegen internationalen Sportentwicklung seit dem 19. Jahrhundert. Null. Der gezielten Ergänzung der Bestände – insbesondere auf Die Sport- und Olympiastadt Berlin hat der nationalen und in- dem privaten Markt – sind deshalb z.Z. enge Grenzen gesetzt. ternationalen Sportentwicklung entscheidende Impulse verlie- Der weitere Ausbau der Sammlungen wird deshalb auch künftig hen. Das breite Spektrum der Berliner Sporttraditionen sowie vor allem auf der aktiven Mitarbeit möglichst vieler Sportorga- der relevanten sporthistorischen Themen mit Berlinbezug ist mit nisationen und der Spendenfreudigkeit vieler aktiver Sportle- keiner anderen Stadt in Deutschland vergleichbar. Berlin ist u.a. rinnen und Sportler sowie aller Freunde des Sports basieren. der Ort/die Stadt: Grundsätze und Besonderheiten der Sammlungstätigkeit des Sportmuseum Berlin: −− der Erfindung des Turnens und anderer Sportarten, des Wir- kens Fr. L. Jahns und der Ausgangspunkt der deutschen 1. Agieren als komplexe Museumseinrichtung mit klassischen Turnbewegung im 19. Jh.; musealen Sammlungen, eigener sporthistorischer Biblio- −− der Gründung der Olympischen Bewegung in Deutschland/ thek/Archiv, herausragender Fotosammlung / Multimedia- Dr. W. Gebhardt, der ersten deutschen Olympiamannschaft Archiv; und der ersten deutschen Olympiasieger 1896 (zahlreiche 2. Ausbau des AIMS Marathon-Museum of Running als inte- Berliner Olympiateilnehmer/Olympiasieger folgen in den graler, international agierender Baustein/Modul des Muse- nächsten Jahrzehnten), der von den Nationalsozialisten miß- ums (Sondersammlung zur Internationalen Laufsportbewe- brauchten Olympischen Spiele 1936, der erfolglosen Bewer- gung, insbesondere der Stadtmarathone und Straßenläufe) in bung um die Austragung der Spiele 2000; enger Kooperation mit der AIMS; 2008 - Heft 1 39

3. bewußte Beibehaltung eines weiten Sammlungsbegriffes; Exzellente Arbeitsbedingungen für die Sammlungen 4. Dokumentation der Geschichte von Körperkultur und Be- 2005 konnte das Sportmuseum Berlin auf ca. 1.500 m² neue De- wegungskultur in ihrer gesamten Breite und Vielfalt (keine pot- und Arbeitsträume im sog. Schwimmhaus im Olympiapark Anwendung eines verengten Sportbegriffes); Berlin beziehen. Die Bedingungen für die Magazinierung aller 5. Reflexion der Sportentwicklung im gesamtgesellschaftlichen Sammlungen verbesserten sich spürbar. Erstmals können jetzt Kontext und als integraler Bestandteil der Kultur- und All- alle Bestände des Museums – mit Ausnahme der Großgeräte – tagsgeschichte des Menschen an einem Standort konzentriert werden. Mittelfristig werden alle 6. Dokumentation nicht nur der Entwicklungs- sondern auch Teilsammlungen, auch diejenigen die bisher jahrelang verpackt der Produktionsgeschichte von Sportgeräten und Sportbe- gelagert werden mußten, für die Museumsarbeit wieder zugäng- kleidung an einigen ausgewählten Beispielen (z.B. Ruder- lich sein. Für die sensiblen Bereiche Fotosammlung/Multime- werkstatt Praetzel, Berlin-Friedrichshagen) dia-Archiv, die Kunstsammlung und besonders empfindliche Einzelstücke stehen klimatisierte Depots zur Verfügung. Der Sport im Bild gesamte Gebäudekomplex ist entsprechend den Mindestanfor- Vor allem aus zwei Gründen, die bis heute für die Museumsar- derungen an die museumsüblichen Sicherheitsstandards mit den beit relevant sind, legten bereits die Vorläufereinrichtungen des erforderlichen mechanischen und elektronischen Sicherheits- Sportmuseum Berlin ein besonderes Augenmerk auf den Aufbau maßnahmen ausgestattet. Die Nutzer der Bibliothek, der Archi- einer herausragenden Fotosammlung: ve und der Fotosammlung haben einen Lese- und Vorlageraum zur Verfügung und für Veranstaltungen ist ein Seminar- und Vor- 1. die eigene Ausstellungs-, Veranstaltungs- und Publikations- tragsraum vorhanden. tätigkeit sollte weitgehend unabhängig von teuren Bildagen- Die Zusammenführung, Systematisierung und Neuordnung der turen und Fotografen realisiert werden können; einzelnen Teilsammlungen, Maßnahmen zur Verbesserung der 2. die Bildarchive sollten möglichst intensiv vermarktet werden sachgerechten Lagerung, Konservierung, Restaurierung und und zur Verbesserung der finanziellen Situation des Muse- Langzeitarchivierung können jetzt kontinuierlich, schrittweise ums beitragen. im erforderlichen Umfang realisiert werden. Damit sind auch die Voraussetzungen gegeben, um parallel dazu ab 2008 die PC- Die Fotosammlung des Sportmuseum Berlin mit einem aktu- gestützte Erfassung der Bestände weiter zu forcieren. Erste Ge- ellen Gesamtumfang von ca. 1,5 Mio. Negativen sowie mehr als spräche über eine künftig engere Zusammenarbeit auf dem Ge- 135.000 Positiven (größtenteils s/w) besteht heute aus mehreren biet der Sammlungsdokumentation und über den Aufbau einer Bildarchiven bedeutender Sportfotografen und Sportbildjour- gemeinsamen Sportmuseums-Datenbank mit dem Deutschen nalisten, ereignis- und personenbezogenen Bilddokumentati- Sport- und Olympiamuseum in Köln und dem Sportmuseum onen, privaten Fotosammlungen, Fotoalben und Dia-Serien. Sie Leipzig werden noch in diesem Jahr stattfinden. gliedert sich im Wesentlichen in drei zusammenhängende Teil- Sicherung und Bewahrung und die wissenschaftliche Bearbei- sammlungen: tung der – bereits vorhandenen - Sammlungsbestände werden aufgrund der Vielfalt und des Umfanges der Sammlungen und −− das Bildarchiv Heinrich von der Becke (komplettes Fotoar- ihrer mehr als 15-jährigen Wanderschaft quer durch Berlin noch chiv einschließlich Registraturen, Beschriftungen, Veröffent- für viele Jahre eine ständige, immer wieder neu zu bewälti- lichungsnachweisen, Teilen seiner Ausrüstung, Sport-Hand- gende Herausforderung für die Museumsmitarbeiter darstellen. bibliothek mit Belegexemplaren der veröffentlichten Fotos; Ihre Bewältigung ist u.a. die Basis für die erfolgreiche Weiter- einer der bedeutendsten und vielseitigsten Sportbildjourna- entwicklung der Bestände auf der Grundlage einse präzisierten listen in West-Deutschland) Sammlungskonzeptes, die stärkere Konzentration auf heraus- −− das Bildarchiv Manfred Dressel und Manfred Malinowski gehobene Sammlungsschwerpunkte und die aus unserer Sicht (jeweils vollständiger Nachlaß; keine Registraturen, un- wünschenswerte gezieltere Koordinierung der Sammlungstätig- vollständige Beschriftungen; langjährige Bildreporter des keit des Sportmuseum Berlin mit anderen Sportmuseen, Archi- „Sportecho“ sowie Veröffentlichungen in zahlreichen Tages- ven und Sammlungen in der Bundesrepublik. zeitungen und Sportfachorganen der DDR) −− das Historische Bildarchiv und das Fotoarchiv der Tageszei- tung „Der Tagesspiegel“, Berlin (letzteres: umfangreiches Positiv-Archiv der seit Mitte der 40er Jahre bis zum Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts veröffentlichten Sportfotografien; vollständig beschriftet aber unsortiert; um- fassende Berichterstattung zum Sportgeschehen in Berlin- Ost und West, der Bundesrepublik sowie weltweit). 40 DAGS-Magazin Die Bedeutung der Objekte für den Sport Christian Wacker, Direktor des Deutschen Sport & Olympia Museums

Das Sammeln von Artefakten Es ist keinesfalls abzulehnen, zum Sport hat eine vergleichs- Eintrittskarten, Medallien, Po- weise kurze Tradition, gerade ster, Briefmarken, Wimpel, gegenüber den Kollektdiszipli- Maskottchen, Pins oder Auto- nen der so genannten Schönen grammkarten zu sammeln, vor Künste. Wenn Fürstbischöfe allem wenn die Sammlerlei- und Regenten schon seit der Re- denschaft nach Vollständigkeit, naissancezeit Gemälde, Skulp- Seltenheit oder anderen per- turen, Keramik, Schmuck und sönlichen Motiven strebt. Im andere Gegenstände von Wert Deutschen Sport & Olympia sammelten, ist der Sport primär Museum spielen bei der Pflege ein Phänomen der Zeit nach der und des Ausbaus der Samm- industriellen Revolution. Folg- lung aber auch andere Fak- lich werden Objekte zum Sport toren eine bedeutende Rolle. In auch erst seit etwas mehr als 100 einem aktiven Museum stehen Jahren aufbewahrt und geord- das Ausstellen und Vermitteln net. Die meines Wissens älteste im Mittelpunkt, das heißt die Sammlung zum Sport ist die des Objekte müssen Geschichten ehemaligen Sportmuseums der erzählen oder diese kommen- Tschechischen Republik in Prag tieren. Im Gegensatz zum l’art und geht auf den Beginn der pour l’art-Prinzip eines Kunst- Olympischen Bewegung im frü- gegenstandes muss das Objekt hesten 20. Jahrhundert zurück. in einem kulturhistorischen Mu- Das Sammeln von Andenken an Fußball der Marke Kabul Star seum und somit auch in einem Olympische Spiele und später Sportmuseum eine Aussage ver- auch anderer Großereignisse im Sport ist ohnehin der Beginn des folgen. Man sollte von der historischen Relevanz eines Artefakts ‚sportlichen’ Sammelns. Bis heute hat sich hieraus eine Szene sprechen, was an folgendem Beispiel erläutert werden kann. der Memorabilien- und Olympiasammler entwickelt, weltweit Dem Deutschen Sport & Olympia Museum wurde im Mai 2006 vernetzt und um Spitzenpreise bemüht, wenn es um den Verkauf ein Fußball der Marke Kabul Star als Geschenk überreicht, der seltener Fackeln oder einzigartiger Olympiadiplome geht. Mu- beim ersten Hinsehen einer der vielen Kopien des 74er Balls seale Sammlungen spielen heute als Käuferschicht kaum mehr gleicht. Die historische Relevanz dieses Objektes beginnt bereits eine Rolle, zu groß wurde das Interesse von Kapitalanlegern, mit dem Akt der Schenkung selbst, die von der AfghanistanHil- Spekulanten und wohlhabenden Privatsammlern. Eine ähnliche fe Paderborn vorgenommen wurde. Diese Initiative engagiert Entwicklung nahm auch der Markt der Memorabilien zum Fuß- sich im Bereich des Wiederaufbaus des Landes vor allem mit ball, wo gerade in England sechsstellige Verkaufserlöse bei Auk- Sozial- und Erziehungsprojekten. Der Ball ist einer der ersten tionen keine Seltenheit mehr sind. in einer Serie von in Kabul hergestellten Sportgeräten, um den

Michael Hübner und sein Helm Der Bronzefuß von Pelé 2008 - Heft 1 41

Plastikbeutel des Köln Marathon (Objekt) Plastikbeutel des Köln Marathon (Müll) Kindern und Jugendlichen in Afghanistan das Fußballspielen Objekte zum Sport können freilich von Museen und Samm- überhaupt zu ermöglichen. Bislang gab es schlichtweg kaum lungen auch geschaffen werden. Dies demonstriert ein im Mu- Fußbälle. Eine kleine Auflage dieser ersten Produktion wurde seum angesiedeltes Projekt der leider verstorbenen Künstlerin vom Staatspräsidenten Hamid Karzai persönlich signiert, was Brigitte Schmitges, in dem die Füße bedeutender Fußballstars die Geschichte hinter dem Ball zusätzlich bereichert. Das Ob- in Bronze gegossen werden. So entstanden Fußskulpturen mit jekt selbst, der Fußball der Firma Kabul Star mit der Unterschrift eindeutig definiertem Sportbezug, da Gerd Müller, Wolfgang des Staatspräsidenten erzählt die Geschichte fast von selbst, ein Netzer oder Pelé auf ihren eigenen Füssen auch unterschrieben Interpret ist prinzipiell nicht notwendig. haben. Legenden des Fußballs greifbar zu machen war die In- Viele Objekte zum Sport sind dagegen austauschbar (z.B.: tention der Künstlerin, was schon deshalb gelungen ist, da die Schuhe, Trikots, Wimpel) und werden erst dann historisch re- lebende Person mit dem Objekt nicht nur in Berührung stand, levant, indem sie bestimmten Personen oder Sachen zugeordnet sondern das direkte Abbild gesucht wurde. werden. Niemand wird bestreiten, dass ein Schuh der Firma adi- Der Sammler stößt bei der Definition seiner Tätigkeit immer das aus den 70er Jahren mit einem identisch aussehenden, aber wieder an Grenzen, die er abzustecken hat. Mit der Schablo- von Franz Beckenbauer gespielten Schuh zu vergleichen wäre. ne der historischen Relevanz kann die Auswahl von Objekten Im Deutschen Sport & Olympia Museum wird ein diagonal ge- schnell eingegrenzt werden und im Falle des Deutschen Sport & brochener Fahrradhelm ausgestellt, im Normalfall zur Entsor- Olympia Museums zielorientiert erfolgen. Ein Teilnehmer des gung freizugebender Müll. Bei diesem speziellen Helm handelt Kölner Marathonlaufs wirft eine Tüte mit der signifikanten Auf- es sich um den Helm des mehrfachen Bahnradweltmeisters Mi- schrift 8. Ford Köln Marathon achtlos fort und tituliert dieses chael Hübner, der diesem bei einem schweren Sturz wohl das Le- Objekt somit als nicht brauchbar. In der Tat werden Plastikbeu- ben rettete. Die Bedeutung des Helms als Beispiel für Sicherheit tel dieser Art in hoher Stückzahl zu sportlichen Großereignissen im Sport und allgemein zur Unfallprävention wird kaum jemand produziert, was deren inhaltlichen und finanziellen Wert schmä- in Frage stellen. Jene Objekte ohne sichtbare Zugehörigkeit zu lert. Trotzdem hat dieser Plastikbeutel seinen Weg in das Muse- Personen oder Sachen können nur dann Geschichten erzählen, um als Beispiel der Merchandisingprodukte gefunden. Dies ist wenn die entsprechende Zuordnung wie im vorliegenden Fall freilich eine der zentralen Aufgaben einer Sammlung mit einem verbürgt ist. Eine objektive Überprüfung ist oft schwer, wenn Schwerpunkt auf aktuellen Ereignissen. Objekte auf Auktionen oder im ebay auftauchen (Schuh von Be- ckenbauer, Trikot von Maradona). 42 DAGS-Magazin Zur Sammlung des Deutschen Sport & Olympia Museums Wolfgang Lewitzki, Sammlungsleiter des Deutschen Sport & Olympia Museums

Sammeln – Bewahren – Forschen – Präsentieren und Vermit- −− die Förderung von Sport und Kunst teln, dies sind die allgemein anerkannten Hauptaufgaben moder- −− die neben der Präsentation der Dauerausstellung begleitende ner Museumsarbeit. Ziel der nachfolgenden Darstellung soll es Durchführung von Wechsel- und Wanderausstellungen nun sein, die den Sammlungsaktivitäten des Deutschen Sport & −− die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen zu Olympia Museums (DSOM) zugrunde liegende Sammlungskon- gesellschaftlich relevanten Problemen des Sports als Beitrag zeption vorzustellen. Unter den Begriff „Sammlungskonzeption“ zur Volksbildung. werden dabei alle aktiven, zielgerichteten Maßnahmen gefasst, die nicht nur die verschiedenen Formen des Objekterwerbs, son- Unter der Leitung von Professor Walther Tröger, langjähriger dern auch die damit verbundenen Dokumentations- und Aufbe- NOK-Präsident und heutiger Ehrenpräsident sowie seit 1992 wahrungstätigkeiten mitberücksichtigen. Da die in diesem Be- Vorsitzender des Vereins-Vorstandes, gelang Ende 1996 mit reich verfolgten Grundsätze, Strategien und Verfahrensweisen Unterstützung der Stadt Köln, des Landes Nordrhein-Westfalen untrennbar mit den übergeordneten Ideen und Zielsetzungen und des Bundes der entscheidende Durchbruch. Es konnte eine sowie dem historischen Werdegang des Museums selbst ver- denkmalgeschützte, ehemalige Zoll- und Lagerhalle auf der in- bunden sind, soll zunächst ein kurzer Abriss zur Geschichte des nerstädtisch gelegenen Rheinauhafen-Halbinsel erworben und Deutschen Sport & Olympia Museums erfolgen. für den neuen Nutzungszweck umgebaut werden. Die Eröffnung des Museums fand am 26.11.1999 statt. Zur Geschichte des Deutschen Sport & Olympia Museums Das Deutsche Sport & Olympia Museum erwarb sich als mo- Das allgemeine Interesse an historischen Fragestellungen und dern konzipiertes und attraktiv und „lebendig“ gestaltetes Mu- die damit einhergehende Welle von Museumsneugründungen seum national wie international schnell einen guten Ruf. Insbe- in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts ermunterten auch die Verantwortlichen im deutschen Sport, ernsthafte Überlegungen zur Errichtung eines „Deutschen Sportmuseums“ (heu- te: Deutsches Sport & Olympia Muse- um) anzustellen. Im Jahre 1978 fassten die beiden Sport- Dachverbände „Deutscher Sportbund“ (DSB) und „Nationales Olympisches Komitee für Deutschland“ (NOK) nahe- zu gleich lautende Beschlüsse mit dem erklärten Ziel, diese nationale Aufgabe als Gemeinschaftswerk von Sport, Staat und Gesellschaft in die Tat umzusetzen. Als Standort wurde Köln benannt, da sich hier neben einer breiten, aktiven Sportszene bereits auch bedeutende sportwissenschaftliche Einrichtungen wie die Deutsche Sporthochschule und das Bundesinstitut für Sportwissen- schaft befanden. Ein entscheidender Schritt zur Um- setzung dieser Zielvorgabe wurde am 16.12.1982 mit der Gründung des Trä- Ein weltmeisterliches Turntrikot von Fabian Hambüchen gervereins „Deutsches Sportmuseum“ getan. Angeführt vom DSB und NOK – heute repräsentiert durch sondere beim jugendlichen Publikum steigerte sich das Interesse den im Jahre 2006 neu gegründeten Deutschen Olympischen zunehmend, so dass die Besucherzahlen von anfänglich 100.000 Sportbund (DOSB) – traten in der Folgezeit nahezu alle Landes- auf nunmehr 150.000 im Jahr gestiegen sind. Damit nimmt das sportbünde und rund 40 weitere Sportorganisationen sowie die Deutsche Sport & Olympia Museum bei den vorhandenen Sport- Stadt Köln und das Land Nordrhein-Westfalen dieser Vereini- museen in Europa neben Lausanne die Spitzenstellung ein. gung bei. Neben den zentralen Zielsetzungen der Errichtung und der Sicherstellung des künftigen Museumsbetriebes wurden als weitere satzungsgemäße Aufgaben formuliert: Zur Sammlungskonzeption des Deutschen Sport & Olympia Museums −− die Sicherung von Kulturgut auf dem Gebiete des Sports −− die Förderung des Interesses der breiten Öffentlichkeit am Sammlungsaufbau Sport Die nachfolgenden Ausführungen gehen bis auf die Gründung −− die wissenschaftliche Erfassung und Erforschung des Sports des Trägervereins im Jahre 1982 zurück und nehmen somit bis −− die Darstellung des aktuellen Entwicklungsstandes, der Pro- zum heutigen Tag einen Zeitraum von 25 Jahren in den Blick. bleme und Perspektiven des Sports Es kann daher nicht verwundern, wenn an dieser Stelle bereits 2008 - Heft 1 43 festgestellt wird, dass es die, für den gesamten Zeitraum unver- ändert gültige, Sammlungskonzeption nicht gegeben hat, son- dern dass auch diese im Laufe der Zeit Weiterentwicklungen und Neuausrichtungen erfahren hat. So schreibt die bereits erwähnte Satzung des Trägervereins ge- nerell die „Sammlung und Sicherung von Kulturgut auf dem Ge- biete des Sports“ vor. Demnach können und sollen alle materiel- len Zeugnisse gesammelt werden, mit deren Hilfe die Geschichte des Sports und die ihm zugeschriebenen Werte anschaulich ge- macht und somit durch den Betrachter erinnert werden können. Die damals Verantwortlichen haben damit eine bewusst weite Fassung hinsichtlich des Sammlungsauftrages formuliert, der keinerlei Einschränkungen vorsieht. Diese Entscheidung grün- dete sich auf die Überlegung, auf diese Weise verschiedene Op- tionen hinsichtlich der späteren konzeptionellen Ausrichtung des Museums möglichst lange offen halten zu können. Gleichzeitig kam hierin die pure Notwendigkeit zum Ausdruck, überhaupt erst einen eigenen, möglichst umfänglichen Fundus aufbauen zu müssen. Die allgemeinen Zerstörungen als Folge des 2. Welt- krieges hatten hier ebenso zu unwiederbringlichen materiellen Verlusten geführt, wovon auch die einzelnen Sportorganisati- onen betroffen waren. Von dieser Situation ausgehend, wurden zwischen 1982 und 1996 rund 100.000 Objekte zusammengetragen, die auf der Grundlage einer Sportarten-Systematik – ergänzt um so zentrale Rubriken wie Behindertensport, Olympische Spiele oder Per- sonen – den nachfolgend genannten Objektgruppen zugeordnet wurden:

−− Literatur (Zeitschriften/Bücher) −− Sportgeräte (Großgeräte, Handgeräte, Trainingsgeräte, Hilfs- Das Trikot mit der Nr. 41 von Christian „Blacky“ Schwarzer mittel, Ballspieleinrichtungen, Sportstättenausstattungen) −− Sportkleidung (Ober- und Unterbekleidung, Kopfbede- konzeptionell ausgewiesenen Schwerpunkte der Dauerausstel- ckungen, Brillen, Sportschuhe, Handschuhe, sonst. Schutz- lung hin gesammelt wurde. Zu nennen sind hier insbesondere kleidung) die Bereiche −− Auszeichnungen (Trophäen/Pokale, Medaillen/Plaketten, Urkunden, sportartspez. A. wie Schleifen, Kränze) −− Turnen, Spiel und Sport in Deutschland und England von −− Erinnerungsobjekte/Werbematerial (Gedenkmedaillen/Pla- den Anfängen im 19. Jahrhundert bis heute unter besonderer ketten, Münzen, Fahnen, Wimpel, Banner, Abzeichen, Auf- Berücksichtigung der populären Sportarten Fußball, Leicht- kleber, Postkarten, sonst. Memorabilia) athletik, Boxen, Radsport und Formel 1. −− Organisationsmittel/Persönlichkeitsdokumente (Ausweise, −− Die Geschichte der modernen Olympischen Spiele mit den Einladungen, Eintrittskarten, Hinweistafeln, Schmuck, Schwerpunkten Berlin 1936 und München 1972 Winter- Funktionsabzeichen) sport −− Kunst (Malerei/Grafik, Plastik, Architektur) −− Plakate Die seit Ende 1999 täglich erfahrbare Museumspraxis und hier −− Briefmarken/Sonderstempel insbesondere die durch den Medienkonsum zu Tage tretende −− Tondokumente Erwartungshaltung der meist jugendlichen Besucher hinsicht- −− Filme/Videos lich der im Museum anzutreffenden „Reliquien“ bekannter und −− (Sport-)Ausstellungen erfolgreicher Sportlerinnen und Sportler (Prominenten-Faktor) führte in den letzten Jahren noch einmal zu einer Neuausrich- In der Regel handelte es sich um Originale, in vielen Fällen tung der Sammlungspraxis. Vorrangig gesammelt wurden nun sogar um authentische Objekte, die nachweislich nur mit ganz Objekte von herausragenden Ereignissen und Personen aus der bestimmten Personen und/oder Ereignissen in Verbindung ge- Zeit nach Gründung der Bundesrepublik im Jahre 1949. Die bracht werden können und diesen Gegenständen somit die Aura Übernahme von Materialien zur DDR-Sportgeschichte wur- und den Charakter des Einmaligen und Unersetzbaren verleihen. de dabei nicht grundsätzlich vernachlässigt, rückte jedoch mit Aber auch „bedeutungstragende“ Replikate wurden dem Fundus Blick auf die bekannten Sammlungsaktivitäten und Kooperati- zugeführt, wenn Originale nicht zur Verfügung standen oder zu- onsmöglichkeiten zu den Kollegen in Berlin und Leipzig in den meist aus Kostengründen nicht beschafft werden konnten. Hintergrund. Der Focus lag ferner auf dem Erwerb von Erinne- Mit dem kontinuierlichen Anwachsen des Sammlungsbestandes rungsstücken zur Olympischen Bewegung, insbesondere zu den und insbesondere mit der endgültigen Entscheidung für den Bau Olympischen Spielen von München 1972. Ein weiterer Schwer- des Museums im Jahre 1996 erfuhr die bislang geübte Samm- punkt, den Museumsfundus gezielt zu erweitern, lag auf der Si- lungspraxis dahingehend eine Änderung, dass nicht mehr in die cherung von Materialien zu den zahlreich in Deutschland ausge- Breite, sondern verstärkt systematisch und zielgerichtet auf die tragenen Europa- und Weltmeisterschaften der Internationalen Fachverbände. So konnten aktuell in diesem Zusammenhang 44 DAGS-Magazin attraktive Objekte der Deutschen Handball-Nationalmannschaft entes und vielseitiges Arbeiten. Die Neuaufnahmen wie auch die nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2007 oder vom Turn- Bearbeitung von Altbeständen vereinfachen nicht nur den inter- weltmeister 2007 am Reck, Fabian Hambüchen, übernommen nen Gebrauch, sondern bieten auch interessierten externen Nut- werden. Neueren Datums sind Bestrebungen, auch „bedeutungs- zern die Möglichkeit, über das Internet direkt und anschaulich tragende“ Objekte zum Behindertensport zu sammeln. auf die vorhandenen und fortlaufend ergänzten Datenbestände zuzugreifen. Derzeit sind rund 1.300 Objekte mit ca. 2.700 Dar- Sammlungserwerb stellungen unter Verwendung der Software ADLIB erfasst und Jede Aufnahme von Objekten in den Sammlungsbestand des davon wiederum ca. 250 Exponate – basierend auf der CMS- Deutschen Sport & Olympia Museums gründet sich auf eine be- Software Typo 3 – unter der Rubrik „Sammlungen“ auf der In- wusste Entscheidung, die sich entweder an der Qualität/Authen- ternet-Seite www.sportmuseum.info abzurufen. tizität oder aber an inhaltlichen Notwendigkeiten orientiert. Um allerdings in den Besitz eines solchen Gegenstandes zu kom- Ausblick men, bedarf es zunächst einmal der genauen Kenntnis über des- Das Deutsche Sport & Olympia Museum kann auf eine 25-jäh- sen Existenz und dessen Fundort. Diese Informationen können rige Geschichte zurückblicken, die sich trefflich mit einem Zitat auf verschiedenen Wegen beschafft werden. Vielfach erfolgreich von Heinrich Heine „Nichts ist beständiger als der Wandel“ um- erweisen sich direkte Ansprachen der jeweiligen „Zielpersonen/ schreiben lässt. Diese Einschätzung trifft jedoch nicht nur auf die Institutionen“, zum Erfolg führen aber auch gezielte Recherchen Einrichtung selbst zu, sondern gilt gleichermaßen für den unver- in anderen (Sport-)Museen und Fachsammlungen des In- und zichtbaren Bereich der „Sammlung“. Wir haben es hier, wie die Auslandes sowie durch Auswertung entsprechender Antiquari- bisherigen Ausführungen gezeigt haben, mit keinem statischen ats- und Auktionskataloge. Zuweilen hilft aber auch der Zufall, Gebilde, sondern mit einem höchst lebendigen Organismus zu wenn Angebote von außen an das Museum herangetragen wer- tun, der maßgeblich dazu beitragen kann, inhaltliche Weiterent- den, was häufig in Erb- und Nachlassfällen zu beobachten ist. wicklungen oder gänzliche Neustrukturierungen durchzuführen Ist ein solcher Nachweis erbracht, schließt sich im Regelfall die bzw. erst zu ermöglichen. Frage der Übernahme an. Vier Möglichkeiten des Erwerbs sind Bis es jedoch soweit ist, wird neben der fortgesetzten aktiven hier zu unterscheiden: Sammlungstätigkeit im beschriebenen Sinne ein weiterer Schwerpunkt der künftigen Arbeit im Ausbau der computerge- −− Schenkung stützten Sammlungserfassung und –bearbeitung liegen. Damit −− (Dauer-)Leihgabe erhöht sich nicht nur die interne Nutzungsqualität, sondern diese −− Tausch bildet gleichzeitig die Voraussetzung für ein verbessertes exter- −− Kauf nes Serviceangebot über die neuen Medien. Da in diesem Zu- sammenhang dem Aspekt der Vernetzung – national wie inter- Erklärtes Ziel eines jeden Museums und damit auch des Deut- national – eine immer größere Bedeutung zukommt, sollen auch schen Sport & Olympia Museums ist es, die Eigentumsrechte sei hier neue Wege beschritten werden. Das jüngst gestartete Koop- es durch Schenkung, Tausch oder Kauf – und damit die unge- erationsprojekt der Sportmuseen in Berlin, Köln und Leipzig mit schmälerten Nutzungsrechte an den Objekten zu erlangen. Dies dem Ziel des Aufbaus einer nationalen Sportmuseen-Datenbank schließt jedoch die Übernahme von (Dauer-)Leihgaben nicht kann hierfür beispielhaft genannt werden. Die Planungen sehen aus, da eine zeitweise Nutzung immer noch besser als gar keine die baldige Einrichtung eines gemeinsamen „Portal(s) Sport- Nutzung ist. museen“ vor. Hauptanliegen des Portals ist es, die sportmuse- alen Bestände zunächst der drei genannten Einrichtungen einer Sammlungsdokumentation breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen und mittels Vollt- Um jederzeit den Überblick über den Sammlungsfundus zu ha- extrecherche schrittweise abrufbar zu halten. Gleichzeitig ist ben und ihn damit für sich und andere schnell nutzbar machen zu geplant, das Portal schrittweise auch für den Anschluss weiterer können, wird im Deutschen Sport & Olympia Museum großer Einrichtungen mit sportmusealen Sammlungen zu öffnen. Die in Wert auf die entsprechende Sammlungsdokumentation gelegt. den einzelnen Museen/Einrichtungen bestehenden bzw. noch zu Auf der Grundlage der bereits erwähnten Sportarten-Systema- schaffenden Sammlungsdatenbanken sollen dabei auf der Basis tik und den ebenfalls vorgestellten Objekt-Kategorien wurde ein einer entsprechenden web-gestützten Software (vorzugsweise System geschaffen, dass sich in der täglichen Praxis als effektiv über ein museumsspezifisches Austauschformat) miteinander und praktikabel erwiesen hat. In den Sammlungsbestand aufge- vernetzt werden, sodass keine Datenbank mit neuer, einheit- nommene Objekte erhalten eine Inventarnummer und werden licher Software entwickelt werden muss. Die Planungen sehen ins Inventarbuch eingetragen. Parallel dazu werden auf einem weiterhin vor, das „Portal Sportmuseen“ sowohl über einen noch „Bestandsübernahmebogen“ (BÜB) zentrale Informationen er- festzulegenden eigenen Domain-Namen auffindbar zu machen, fasst, die Auskunft geben über die Herkunft, die Datierung, die als auch – eventuell nur für eine Übergangszeit – in bestehende Art des Erwerbs, die technischen Daten (Maße und Gewichte) Portale, wie das „BAM-Portal“ (gemeinsames Internet-Portal den Erhaltungszustand und den künftigen Standort. Ein Foto der deutschen Bibliotheken, Archive und Museen = BAM) oder vermittelt einen ersten Eindruck des Objektes. Alle sonstigen das neu ins Netz gestellte Portal „vifasport“ einzubinden. Unterlagen wie Schriftverkehr, Gerätebeschreibungen, Zeich- nungen, Kaufbelege, etc. werden, versehen mit der identischen Inventarnummer, in einer gesonderten Akte gesammelt. Die heute gebräuchliche PC-gestützte Erfassung der Objekte und die Vernetzung der Datenbestände ermöglichen ein effizi- 2008 - Heft 1 45 Internationale Motivgruppen Olympiaden und Sport - Zur Bedeutung von privaten Sammlungen Charly Biernat

Die „Internationalen Motivgruppen Olympiaden und Sport“ Sport & Olympia Museum in Köln veranstaltet wurde. 28 Ex- (IMOS) wurden 1966 von begeisterten Sport- und Olympia- ponate behandelten des Thema „Wintersport und Olympische sammlern gegründet. Über 400 Mitglieder aus über 30 Ländern Winterspiele“. Der persönlichen Kreativität sind hierbei keine gehören zu dieser Sammlergemeinschaft, die mit umfangreichen Grenzen gesetzt. Das bedeutet: Durch Spezialthemen wird sehr Aktivitäten ihren Beitrag dazu leistet, dass das Kulturgut Sport viel gezielte Forschung betrieben, die dann der Allgemeinheit gefördert wird. zugänglich gemacht wird. Sammelschwerpunkte finden die Mitglieder in den Bereichen Eine weitere wichtige Aufgabe haben die Sport- und Olympia- „Sport“ oder „Olympische Spiele“. Die Sammelobjekte liegen sammler gerade im Bereich der Philatelie übernommen: Wäh- dabei in den vier Sektoren: Philatelie, Literatur, Memorabilias rend ursprünglich nur selten Briefmarken mit Hinweis auf die und Münzen. Der Verein steht unter dem Patronat des DSOB, Olympischen Spiele erschienen, muss heute das IOC darüber ist als Arbeitsgemeinschaft im Bund Deutscher Philatelisten wachen, dass nur teilnehmende Nationen und auch nur mit ei- (BDPh) und als deutsche Gruppe in der FIPO (Fédération Inter- ner bestimmten Anzahl von Marken die Olympischen Ringe auf nationale de Philatélique Olympique) beim IOC gelistet. Marken verwenden. So sind zwischenzeitlich sicher über 10.000 Die Kontakte zwischen den Mitgliedern sind vielschichtig: Zum Marken zu diesem Thema erschienen. Unzählbar wird die Zahl einen sind es die schriftlichen Unterlagen, welche die Mitglieder der Werbe-, Sonder-, und Freistempel, die zum Teil auch noch erhalten: ein Mitgliederverzeichnis mit Angabe der Sammel- Unterscheidungsbuchstaben tragen. Die Zahl der deutschen gebiete, 4 mal jährlich ein umfangreiches Rundschreiben mit olympiabezogenen Stempel belief sich bei den Olympischen Neuheitendienst, Tauschofferten und ein jährlich erscheinendes Spielen 1972 auf über 630 unterschiedliche Belege. Sonderheft. Wichtiges Bindeglied sind die persönlichen Kon- Die Dokumentation aller für die Olympischen Spiele eingesetz- takte bei Regionaltreffen, so auch die jährliche Sammlerbörse ten Marken, Stempel und Belege ist bislang von keiner offiziellen im DSOM in Köln, und der Jahreskon- gress. Weitere Aktivitäten ergeben sich aus den jährlich stattfindenden Reisen, den Vereinsauktionen und dem Rund- sendedienst für philatelistisches Mate- rial. Die gute Öffentlichkeitsarbeit, aber auch das ewig junge Thema „Olym- pische Spiele“ und wiederkehrende Sportereignisse, wie Welt- und Eu- ropameisterschaften, bewirken wohl, dass immer wieder junge Menschen den Weg zur IMOS finden. Wer das Thema „Olympische Spiele“ sammelt, muss nicht unbedingt Material ab 1896 zusammentragen. So hat beispiels- weise eine philatelistische Sammlung von „Turin 2006“ – ein absolut jun- ges Sammelgebiet - bereits „Vermeil“, eine hohe Auszeichnung, erhalten. Bei dementsprechender Dokumentation der eigenen Forschung kann also auch ein Sammler schon sehr frühzeitig gute Be- wertungen erhalten. Ebenso kann der junge Sammler auch den Seite erfolgt, wohl auch gar nicht mehr möglich. Für einen län- Rat seiner Vereinskollegen einholen. Darüber hinaus ist es auch geren Zeitraum (1972 – 1984) gab die IMOS Kataloge heraus, notwendig, dass Philatelisten sich intensiv mit Literatur beschäf- in denen diese Daten festgehalten wurden. Danach erschienen tigen. Das heißt: Die meisten Sammler sind mehr oder minder dann diese Daten regelmäßig in den Rundschreiben. Ohne diese stark bei zwei oder noch mehr Sammelbereichen engagiert. private Initiative gäbe es keine umfassende Dokumentation der Der Weg von den ersten Belegen zu einer hochdekorierten philatelistischen Editionen in der Nachkriegszeit. Sammlung ist weit. Viele brechen den Weg ab oder halten Ihre Bereits 1896 hatte der griechische Staat festgelegt, dass die Post „Schätze“ auch im eigenen Kämmerlein. Doch: Viele halten es 50% aus dem Verkaufserlös der Markenserie mit den Olym- hier auch mit den Sportlern: Sie stellen sich dem Wettbewerb pischen Werten zur Finanzierung dieser Veranstaltung abliefern und tragen so im Lauf der Zeit echte Schätze zusammen. müsse. Später (beispielsweise 1936) erschienen Zuschlagsmar- In der Aufbereitung des Materials ist jeder Sammler frei, es sei ken, die dadurch auch zur Finanzierung der Veranstaltungskosten denn, er stellt seine „Schätze“ bei Wettbewerbsveranstaltungen bzw. der Sportförderung dienten. Heute (zuletzt in Athen) ist die des BDPh aus. Da gelten feste Regeln. Er selbst entscheidet über Post offizieller Sponsor und muss einen bestimmten Betrag auf- das Thema und über die Art der Dokumentation. Die Vielfalt der bringen, darf dafür Markenserien herausgeben. Und wenn man Themenwahl spiegelt sich beispielsweise in einer Ausstellung weiß, dass in Deutschland die jährlich – seit 1968 – erschei- wider, die 2002 von den Mitgliedern der IMOS im Deutschen nenden Zuschlagsmarken „Für den Sport“ über 120 Millionen 46 DAGS-Magazin

Euro erbracht haben, versteht man auch, dass die Sammler und Sport – große Belege“ für die Fußball WM nicht nur für den an ihrer Spitze natürlich die organisierten Sammler damit gute Sport werben sondern auch die Fachkompetenz unserer Samm- Sponsoren des Sports und der Olympischen Spiele sind. lerorganisation vermitteln. Ein interessiertes Publikum erreichte In enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Stellen entwickeln der Beitrag „Die Philatelisten sind seit 1896 Sponsoren der die IMOS–Mitglieder ihre Exponate. So haben beispielsweise Olympischen Spiele“ in Heft 6 / 2005 von „Olympisches Feuer, im Jahr 2006 30 Mitglieder mit 39 Exponaten bei 53 Wettbe- in dem der Verein dokumentierte, dass die Sport- und Olympia- sammler nicht nur Werbung für die Olympische Idee betreiben, sondern jährlich auch ca. drei Millionen Euro Zuschlagserlöse der Sportbriefmarken für die Deutsche Sporthilfe aufbringen. Die größte Publikumsresonanz erlebte die IMOS in der Ver-

7 Medaillengewinner waren zur 7. Sammlerbörse nach Köln gekommen werbsausstellungen ihre „Schätze“ gezeigt. Darüber hinaus zeigen viele Mitglieder auch andere Sammlungen in Werbe- schauen. Sie fördern damit den Olympischen Gedanken und das „Fairplay“ des Sports. Nicht nur die Philatelisten, auch die Literatursammler können sich in Wettbewerbsveranstaltungen messen. Neben den umfassenden Themen, wie Geschichte der Olympischen Spiele werden auch Teilbereiche, wie Olympische Spiele 1972 oder der Fackellauf behandelt. Ein anspruchsvolles Thema hat sich beispielsweise der Ehrenvorsitzende der IMOS, Dieter Germann, vorgegeben: Mit seinem neuen Exponat „Lo- ckender Lorbeer – der Sport in der Griechischen Antike“ be- weist er , dass man die historischen Daten auch mit modernem philatelistischem Material darstellen kann. Gleichzeitig bestätigt diese Sammlung, wie sehr für eine solche Arbeit auch die For- schung notwendig ist. Ein Beweis der Forschungsaktivitäten der Mitglieder findet man in dem jährlich erscheinenden - Sonder heft, in dem fast ausschließlich IMOS – Sammler interessante Themen behandeln: Beiträge, wie „Die Leibesübungen im alten Ägypten“, „Die amtlichen Berichte der Olympischen Sommer- spiele 1896 – 2000“, „Die brasilianische Beteiligung an den Olympischen Sommerspielen in Berlin 1936“ und „Schwimm- sport in Deutschland“ sind beredte Beweise für vielfältigen Ak- gangenheit, wenn der Verein zusammen mit anderen Organi- tivitäten der Mitglieder und werben damit für das Thema Sport sationen Veranstaltungen organisierte. Musterbeispiel ist wohl und Olympische Spiele. Diese Veröffentlichungen, wie auch die die „Sammlerbörse“, die bald zum 9. Mal im Deutschen Sport Exponate in Wettbewerbsausstellungen und Werbeschauen sind & Olympia Museum in Köln stattfindet. Mit Sonderstempeln, allgemein zugänglich, sollen auch Außenstehende anregen, sich Sonderpostamt, Autogrammstunde und einem Tauschtag werden mit dem Thema zu beschäftigen. viele Besucher angelockt, die an diesem Tag nicht nur schauen In der Öffentlichkeitsarbeit wirbt die IMOS seit nun 40 Jahren und sich irgendetwas kaufen, sondern auch Kontakt zum Muse- erfolgreich für Themen des Sports und der Olympischen Spiele. um finden und auch mal mit der Familie wiederkommen. Von In dieser Zeit verwies man mit nun mehr als 40 Sonderstempeln solchen Veranstaltungen profitieren beide Seiten. Dies erscheint und 30 Freistempeln auf bedeutende Personen oder besondere ein optimaler Weg, den Museen und Sammler in Zukunft noch Anlässe. Die Berichte beziehen sich sowohl auf bekannte Anläs- häufiger miteinander gehen sollten. Einen weiteren Schritt in se, wie Weltmeisterschaften und Olympische Spiele, wie auch diese Richtung wird ja DAGS und die IMOS im kommenden auf Sportler oder Sportarten. Dadurch werden beispielsweise Jahr bei dem 3. Symposium gehen, wenn dann am Samstag und Rand- und Trendsportarten durch diese private Organisation sehr Sonntag die Olympiasammler der IMOS mit einer regionalen früh den Interessierten vorgestellt, dokumentiert und ausgestellt Veranstaltung dazustoßen. und werben dadurch für die Vielfalt der sportlichen Thematik. Die Bedeutung der privaten Sammlungen und insbesondere die Auch in der auflagenstärksten Fachzeitschrift „postfrisch“, von der IMOS praktizierten Aktivitäten wirken in mehrere Be- welche die Philatelisten, Münz- und Memorabiliasammler an- reiche: spricht, konnten wir im letzten Jahr mit dem Beitrag „Großer Die Mitglieder werben für das „Fairplay“ im Sport. Sie infor- 2008 - Heft 1 47 mieren und forschen, schwerpunktmäßig im philatelistischen Die Sport- und Olympiasammler tragen durch den Kauf der Zu- Bereich, aber auch in angrenzenden Segmenten und veröffent- schlagsmarken ihr Scherflein dazu bei, dass die Deutsche Sport- lichen philatelistische Kataloge. hilfe jährlich ca. 3 Mio. € für die Förderung der Nachwuchs- und Die IMOS – Mitglieder erinnern durch Sonderstempel und Be- Spitzensportler erhält. richte an geschichtlich interessante Themen und Personen. Die Organisation publiziert erfolgreich in verschiedenen Zei- tungen und Zeitschriften sport- und olympiabezogene Themen und versucht die Begeisterung für das Kulturgut Sport auch an- deren Außenstehenden zu vermitteln. Die Sport- und Olympiasammler der IMOS wirken auch bei an- deren Organisationen und Veranstaltungen mit, um auch andere für diese Ideen zu begeistern.

Aufgaben und Ziele eines Spezialmuseums am Beispiel des Deutschen Skimuseums Planegg Gerd Falkner

Ich beabsichtige nicht, den Be- tigkeit bzw. auf alles das, was griff „Spezialmuseum“ hier auf diesen Aktivitätsfeldern pas- eindeutig und verallgemeinernd siert, hat die umfassende, allge- wissenschaftlich zu definieren genwärtige Kommerzialisierung und daraus Aufgaben und Ziel- und Professionalisierung auch stellungen eines solchen abzu- des Schneesports in all ihren Fa- leiten. Doch besitzen entspre- cetten und Erschienungsformen, chende Fragestellungen eine nicht zuletzt sichtbar darin, wie große Aktualität, weshalb ich Sportereignisse immer mehr mich oft und dies durchaus mit zum „Event“ werden. Nach- wissenschaftstheoretischem und folgend, ohne Anspruch auf gar geschichtsphilosophischem Vollständigkeit, einige Gedan- Anspruch damit beschäftige. ken zu sich daraus ergebenden Die Notwendigkeit erwächst Konsequenzen, die letztlich u.a. aus der gegenwärtigen Si- mitentscheiden, wie erfolgreich Einhundertjährige Ski zum Anfassen tuation und den aktuellen Ent- und nachhaltig Skigeschichte wicklungstendenzen in der deutschen Sporthistoriographie ganz und Skimuseales vermittelt werden können. Doch zuerst soll das allgemein. Zwingend ergeben sich Ableitungen aus den gravie- Deutsche Skimuseum (DSMP) vorgestellt werden. renden demographischen, sowie (speziell für uns Skisportler) den klimatischen Veränderungen, die sich bereits vollziehen Das Deutsche Skimuseum (DSMP) bzw. schon in naher Zukunft vollziehen werden. Das Deutsche Skimuseum ist eine Einrichtung des Deutschen Zudem werden die absolut sinkenden Kinderzahlen auch deren Skiverbandes (DSV) und befindet sich im „Haus des Ski“, dem Anteil an den Verbands- bzw. Vereinsmitgliedern weiter sinken Sitz des DSV in München-Planegg. Es ist ein vom Internatio- lassen, was nicht nur die Entwicklung von leistungsfähigen nalen Skiverband (FIS) als „Offizielles FIS-Skimuseum“ aner- Nachwuchswettkämpfern in allen Ski- und Schneesportdiszipli- kanntes und zertifiziertes Museum. nen begrenzt. Diese Tendenz wird zudem dadurch stark beför- Das Skimuseum hat sich als eine Einrichtung von hoher sport- dert, dass ein zunehmender Anteil der Gesamtheit der Kinder in politischer Bedeutung für die Außendarstellung des Deutschen der Gesellschaft aus einem ethnisch-sozialen Umfeld stammen Skiverbandes etabliert und leistet seinen speziellen Beitrag zur werden, wo der Skisport keine Tradition und körperkulturelle Imagepflege und zur weiteren Verbesserung des Ansehens des Verankerung hat, was auch für die Skihistoriographie zur He- Deutschen Skiverbandes sowohl im politisch-kulturellen, päda- rausforderung wird. gogischen und sportwissenschaftlichem Umfeld. Das Deutsche Großen Einfluss auf Skihistoriographie, auf skimuseale Arbeit, Skimuseum pflegt umfangreiche Kontakte zu anderen musealen auf Skitraditionspflege und skigeschichtspropagandistische Tä- und wissenschaftlichen Einrichtungen im In- und Ausland und 48 DAGS-Magazin unterstützt vielfältige thematische bzw. regionale Sonderausstel- Brennmaterial in die Öfen der Münchner zu wandern und Erwin lungen zur Skigeschichte, inklusive der Gewährung von Leihga- Himmelseher war es, der schon bei den Planungen zum „Haus ben und fachlicher Beratung. Das Deutsche Skimuseum versteht des Ski“, dem heutigen Sitz des Deutschen Skiverbandes, Räum- sich aktuell nicht nur als kompetentes Sammlungs- und Bewah- lichkeiten für das nun endlich standortfeste Skimuseum berück- rungszentrum von Exponaten, Sachzeugen und Archivalien rund sichtigte. Ekkehard Ulmrich, einer der innovativsten und vielsei- um den Skilauf, sondern auch als zentrale deutsche Forschungs- tigsten Skifachleute des ausgehenden 20. Jahrhunderts, erstellte stätte zur Skihistoriographie. Dieses Selbstverständnis und die 1986 eine erste Dauerausstellung. Die gegenwärtige Exposition Ausstrahlung ins Umfeld bewirken, dass immer häufiger auch beruht auf konzeptionellen Vorstellungen von Gerd Falkner und weitreichende Dienstleistungen skihistorischer Natur abgefor- ist seit 2002 zugänglich. Zum Jahreswechsel 2007/08, fand die dert werden. Das wiederum führt zur ange- strebten Interaktion mit Menschen und Insti- tutionen, bewirkt einen lebendigen Austausch von Meinungen und Informatio-nen. Diese Po- tenzen sollen auch weiterhin in vollem Umfan- ge ausgeschöpft werden, indem das gesamte Spektrum sporthistorischer und museumspä- dagogischer Wirkmechanismen zum Einsatz kommen und das DSMP, wie angestrebt, Platt- form und Podium für eine bewusste und aktive Vermittlung und Aneignung von Skigeschichte darstellt. Das DSMP beherbergt eine der weltweit be- deutendsten Sammlungen von historischen Skiexponaten. Zahlreiche, zum Teil einmalige Originalexponate, authentisches Bildmaterial und Raritäten des Skifilms lassen Skigeschich- te für den Besucher lebendig und nachvollzieh- bar werden. Sie widerspiegeln die Entwicklung des Skilaufs weltweit von den Anfängen bis „Haus des Ski“ mit Deutschem Skimuseum zur Gegenwart. Nicht zuletzt bildet die über einhundertjährige Geschichte des Gesamtexposition eine beträchtliche Ausweitung und Aktuali- deutschen Skilaufs einen wesentlichen Schwerpunkt der Expo- sierung. Auch im neu gestaltetem Bereich werden Skilauf und sition und auch Skisport in den beiden deutschen Staaten wird Skisport hauptsächlich als Sozialisationsfeld dargestellt, das ausführlich dokumentiert. Die gegenwärtige Exposition ist der der Mensch geschaffen hat und in dem er aktiv handelt, wozu interessierten Öffentlichkeit seit Juni 2002 zugänglich und er- wiederum Ski, Bindungen, Bekleidung etc. zweckentsprechend freut sich anhaltenden Zuschauerzuspruchs. gestaltet wurden, deren Bedeutung und Werthaltigkeit sich u.a. aus diesem Zusammenhang heraus ergibt. Zum geschichtlichen Werdegang Unter diesem Blickwinkel wurde nun der Versuch unternom- Das DSMP hat eine fast einhundertjährige Geschichte. Die frü- men, exemplarisch die Entwicklung des Skilaufs von den An- hen deutschen Skipioniere entwickelten von Beginn an sehr viel fängen bis in das beginnende 3. Jahrtausend mit thematischen Geschichts- und ein fast schon elitäres historisches Sendungs- Schwerpunktsetzungen nachzuzeichnen, die den skilaufenden bewusstein. Das erklärt, warum der Gedanke an ein Skimuseum Menschen in den Mittelpunkt des Geschehens rücken. Deshalb und lebendige Skitraditionspflege so früh und wie selbstver- finden sich im 1. Teil Themen wie Kinderskilauf, skilaufende ständlich in den DSV-Führungsgremien verankert war und er- Frau, Skilauf zum Zwecke der Berufausübung, Skitourismus, schwert andererseits Forschungen zur deutschen Skigeschichte, Arbeiterskilauf, Militärskilauf und der Wettkampfskisport, de- weil etliche, z.B. der Gründungsinitiator Wilhelm Paulcke, be- nen die materiell-technischen Belange untergeordnet sind. reits als zwanzigjähriger Student, sich selbst als historische Fi- Im 2. Ausstellungsteil wurde schwerpunktmäßig die Entwick- gur begriffen. Es verwundert deshalb nicht, dass Paulcke bereits lung des Skilaufs und des Skisports in den beiden deutschen beim Schreiben von tagesaktuellen Verbandsprotokollen darauf Staaten von 1945 bis zur Wiedervereinigung des Deutschen achtete, seine eigene Rolle entsprechend darzustellen, oder der Skiverbandes (DSV) und des Deutschen Skiläuferverbandes der Versuchung nicht wiederstehen konnte, sich bzw. bestimmte his- DDR (DSLV) thematisiert und diese Linienführung nun über das torische Ereignisse möglichst positiv darzustellen. 100. Jubiläum des Deutschen Skiverbandes hinaus ins 3. Jahr- Schon 1910, nur fünf Jahre nach der Verbandsgründung, kaufte tausend bis einschließlich der Olympischen Winterspiele 2006, der damalige Vizepräsident des DSV, Dr. Peter Frey, dem Nor- als untergeordnete Zäsur, fortgesetzt. Dabei liegen, nicht zuletzt weger Welhave die Hälfte seiner schon damals berühmten Ski- den räumlichen Gegebenheiten folgend, der Vitrinenabwicklung sammlung ab und schenkte sie dem Deutschen Skiverband mit unterschiedliche konzeptionelle Herangehensweisen zugrunde. der Maßgabe, dies als Grundstein eines Verbands-Skimuseums Völlig neu und separat wurde der Bereich Biathlon inszeniert. zu verwenden. Der in Skikreisen legendäre Carl Josef Luther Eine Ergänzung erfährt das Thema Biathlon durch eine laserge- (CIL) sammelte in den 1920er/ 30er Jahren weiter und der DSV- stützte Biathlon–Trainingsschießanlage, wo die Besucher selbst Verbandspräsident Tenner rief 1930 das deutsche Skivolk dazu praktisch erfahren können, wie schwer schon ohne läuferische auf, Exponate für ein Skimuseum zu sammeln, was nicht un- Belastung das treffsichere Schießen ist. gehört verhallte. Die Münchner Sporthändler-Familie Schuster Gestaltungstechnisch wurde die Homogenität des Gesamtmuse- rettete in den Nachkriegswirren 1945 die Exponate davor, als ums betont, indem Vitrinenausstattung, Farbgebung und Schrift- 2008 - Heft 1 49 gestaltung einheitlich sind. Andererseits wurden im „neuen“ Teil regionalen Entwicklungsgebieten. bewusst modernste Materialien eingesetzt und gibt es – dem ge- −− Betreuung sporthistorischer bzw. skihistoriographischer For- nerellem Anliegen „möglichst viele Facetten des skiläuferischen schungsprojekte und Qualifizierungsarbeiten. Lebens anklingen zu lassen“ untergeordnet – eine zweidimen- −− Durchführung von Explorationen mit Veteranen des Ski- sionale Linienführung die zum einen chronologischen und zum sports. Sichtung und Sicherung von Nachlässen. anderen disziplinspezifischen Grundmustern folgt, nicht ohne −− Aufbau und Pflege des Archivs des Deutschen -Skiver diese hierarchische Ordnung aber immer wieder einmal aufzu- bandes. lösen. Die Verknüpfung von Kontinuität und Wandel wird so −− Sammlung von Archivalien, Sachzeugen und sonstigen Ma- hoffentlich besser deutlich. terialien zur (insbesondere) deutschen Skigeschichte. Auf- Relativ eigenständig und außerhalb der Gesamtkonzeption ste- und Ausbau eines Museumsfundus. hend, was den räumlichen Gegebenheiten geschuldet ist, wurde −− Aufbau und Betrieb einer fachwissenschaftlichen und histo- eine Stellmacherwerkstatt nachgestaltet, in der ausschließlich rischen Bibliothek mit Sachbezug. Originalwerkzeuge eingebracht wurden und die detailgetreu −− Organisation von und Mitwirkung an Schulungen, Lehr- eine Fertigungsstätte von Ski zeigt, wie sie nach 1900 auch in gängen, Weiterbildungen von Funktionären, Trainern und Deutschland, vor allem in den Gebirgs- und Mittelgebirgsge- Skisportlern mit eigenen Seminaren skigeschichtlichen In- genden, vielerorts zu finden war. Dazu ergänzen Produktions- haltes. instrumente und Maschinen, die bis in die 1960er Jahre und −− Vortrags- und Vorlesungstätigkeit. vereinzelt darüber hinaus genutzt wurden, die Eindrücke zum Thema Skiproduktion in der Vergangenheit. Eine multimediale International und interdisziplinär zu wirken, Synergien zu nut- Station, die den Besucher in die Lage versetzt, einige Stationen zen, Kontakte zu Spezialisten und Experten auf der ganzen und Streiflichter der deutschen Skigeschichte zwischen ca. 1930 Welt zu pflegen, ist eine Selbstverständlichkeit und dies nicht und 1970 in Originalfilmausschnitten dokumentarisch nach- und nur im organisatorischen Rahmen von ISHPES, CESH oder mitvollziehen zu können, gestattet den Zugang zum Thema Ski ICOM bzw. der „FIS–Skimuseen“, also des vom Internationa- über dieses Medium, trägt modernen musealen Gestaltungsmög- len Skiverband anerkannten und zertifizierten Kreises von Ski- lichkeiten Rechnung und ist Abschluss der Exposition. Ein neu museen weltweit. zugeordneter Seminarraum bietet jetzt zudem Gelegenheit zu In Deutschland arbeiten wir im Kreis der Ski- und Winter- verschiedensten Formen von Darbietungen, aber auch zum re- sportmuseen in einem „informellen Arbeitskreis“ zusam- gen Dialog mit den Besuchern. men. Die Zusammenarbeit mit den skihistorisch orientierten Thematisch dem Museum beigeordnet sind eine der größten Skibibliotheken weltweit und das Archiv des Deutschen Skiver- bandes.

Aufgabenbereiche und Arbeitsschwerpunkte des Deutschen Skimuseums Funktional ist das Deutsche Skimuseum ein Sportmuseum welches speziell im Bereich des Ski- bzw. Schneesports wirkt. Es ist außerdem ein Verbandsmuseum des DSV, thematisiert aber nicht nur Verbandsgeschichte, sondern das Gesamtspektrum des Schneesports, nicht zuletzt auch mit der Zielstellung, es im Verbandsleben wieder wirksam werden zu lassen. Die Aufga- ben und Ziele weisen eine spezifische Ausrichtung auf Ski- und Schneesport auf. Das sind u.a.:

−− Aufbau, Aktualisierung und Betrieb des DSMP nach mu- Mit dem Skischlittenlift auf den Berg vor 70 Jahren! sealen, sporthistorischen und museumspädagogischen Ge- regionalen bzw. örtlichen Traditionskabinetten oder Mu- sichtspunkten. seen sowie deren Unterstützung ist wichtiger Bestandteil −− Organisation von Veranstaltungen und Mitwirkung an Akti- der skimusealen Arbeit im DSMP, weil den Partnern daraus vitäten zur Traditionspflege. auch ein Stück Legitimation und Bedeutungszuwachs in ih- −− Anleitung und Unterstützung für Veranstalter skihistorischer rem gesellschaftlichen und politischen Umfeld erwächst. Aktionen (u.a. durch Herausgabe eines Traditionskalenders und Veranstaltung von Anleitungen für skihistorische Akti- Konzeptionelle Leitgedanken und Organisationsstruktur vitäten im Verein und im Landesverband sowie bei Jubiläen In der Praxis des Deutschen Skimuseums stehen Skihistoriogra- und Chroniken). phie, Skimuseum, Skitraditionspflege und skigeschichtspropa- −− Erstellung und Herausgabe von Publikationen zur Skihisto- gandistische Tätigkeit gleichrangig nebeneinander, sind gleich riographie. wichtig, gleich praxisrelevant und organisationsstrukturell ge- −− Mitwirkung in ski- und sporthistorischen Gremien im natio- hören das Archiv des DSV und eine der größten Skibibliotheken nalen und internationalen Rahmen. der Welt faktisch zum Skimuseum. −− Pflege der Zusammenarbeit mit den Skimuseen in Deutsch- In dieser inhaltlichen und strukturellen Kompaktheit von Muse- land, im internationalen Verbund der FIS–Skimuseen sowie um/ Archiv/ Bibliothek bzw. Skihistoriographie, Skimuseum, in der internationalen Museumsvereinigung ICOM. Skitraditionspflege, Skigeschichtspropaganda lassen sich m.E. −− Organisation und Pflege des Zusammenwirkens mit sport- konzeptionelle Vorstellungen aber auch die teilweise mehrdi- wissenschaftlichen Einrichtungen und Sporthistorikern zur mensionalen komplexen Linienführungen z.B. bei der Zuord- weiteren skihistorischen Forschung in Deutschland und den nung von Exponaten effizient und sachlogisch gut verknüpfen. 50 DAGS-Magazin

Zur Situation in der Sporthistoriographie und zur prak- Interessante Tendenzen zeigen sich gegenwärtig bei den Trend- tischen Skitraditionspflege sportarten. Ein elementares Bedürfnis nach sporthistorischer Sporthistoriographie und Skimuseologie sind letztlich immer Legitimation, wesenseigenen sporthistorischen Traditionen bzw. konkret! Für die Skianhänger gilt es dabei nicht nur, aus Skige- Wurzeln zeigt sich und nicht nur Nordic Walker und Inlineskater schichte zu lernen, Fehler möglichst nicht zu wiederholen oder begeben sich auf historische Identitätssuche! Erfolgreiches in modernem Gewand fortzusetzen, sondern es Warum wohl? ist auch wichtig, sich des Wertes der eigenen Identität und der Traditionelle Wurzeln nachzuweisen und in der Sportwelt ver- Traditionen bewusst zu werden, um daraus Motivation und Kraft ankert zu sein, wirkt der Gefahr entgegen, als kurzlebige Mo- zu schöpfen sowie Identifikationen zu erzeugen. deerscheinung schnell in Vergessenheit zu geraten, befördert Da haben wir z.B. die Älteren im DSV, für die ist Skigeschichte Selbstbewusstsein, besitzt Signalwirkung und transportiert Wert- zugleich Teil der Lebensgeschichte. Sie erwarten, dass diese in botschaften wie Seriosität, Stabilität, Ernsthaftigkeit, Beständig- der historischen Rückschau eine Würdigung erfährt. Das leistet keit, wirbt um Vertrauen und so indirekt um Interessenten und das Deutsche Skimuse- Mitglieder. Das setzt neue Kräfte, Ideen und Kreativität frei und um! dabei mitzuhelfen, ist eine der vornehmsten, unmittelbar direkt Für die Jüngeren kann praxiswirksamen Aufgaben von Sportgeschichte, und das Deut- die Beschäftigung mit sche Skimuseum hilft mit konkreten Projekten dabei. der Geschichte und mit Traditionen ein wesent- Perspektivenwechsel und koordiniertes Zusammenwirken liches Element bei der Diese gravierenden Einschnitte und Veränderungen, die nach- Motivsetzung sein, sie haltige Folgen für Traditionspflege und Sportgeschichte zeiti- anspornen und in ihrem gen, erfordern zwingend, Einstellungen und Positionen zu über- skisportlichen Engage- winden, die darin münden, sich anzumaßen, darüber zu urteilen, ment bestätigen. Auch was denn nun „richtige und hochwertige“ Geschichte sei und in dieser Hinsicht wird was nicht! gewirkt! Das Sportgeschichte im weitesten Sinne lebendig bleibt und Doch Werthaltigkeit von letztlich praxiswirksam wird, ist eine brandaktuelle Aufgabe, Geschichtsbewusstsein die nicht von einigen wenigen bewältigt werden kann. Schon und Traditionspflege – gar nicht von jenen, die im akademischen Elfenbeinturm vor darin besteht das Pro- sich hin forschen und publizieren! Da sind die „Skigeschichtler“ blem – lässt sich nicht längst weiter! Es gibt ein wechselseitiges, fruchtbringendes Mit- Bronzetafel „Anerkanntes FIS-Skimuseum“ exakt in Metern und Se- einander von Sport- bzw. Skihistorikern, also Wissenschaftlern kunden fassen. Könnte und engagierten Hobbyhistorikern, die sich mit meist regionaler ich am Eingang des Skimuseums eine Lichtschranke installie- Skigeschichte befassen. Uns verbindet das gemeinsame Interes- ren, am Ausgang wieder eine und danach wäre der Sportler 0,2 se an Skigeschichte und als ich seinerzeit die Internationale Ski- Sek. messbar schneller , ja das wäre was! historiker Konferenz 2005 in München organisierte, war meine Doch leider lässt sich die weit akzeptierte These, dass bei glei- erste Sorge eine Simultanübersetzung zu garantieren, um neben cher Ausstattung und Training, jener gewinnt, der am besten mo- den international namhaften Skihistorikern, die übrigens alle da- tiviert ist und klare Ziele hat, kaum messen oder beweisen. bei waren, die vielen, meist älteren Hobby–Skihistoriker unbe- Es ist auch wenig verwunderlich, dass sich im Skibereich spezi- dingt gleichwertig mit einzubeziehen und gerade diese eminent fisch widerspiegelt, dass die deutsche Sportwissenschaft, die sich wichtige Teilnehmergruppierung nicht von vorn herein über eine heute vor allem als „angewandte (Bewegungs-)Wissenschaft“ Sprachbarriere auszuschließen. Leider erlebe ich anderen Ortes versteht, damit schwer tut, den sozial- und geisteswissenschaft- oft genau das Gegenteil. Aber das Zusammenwirken von „Pro- lichen Disziplinen, eine Praxisrelevanz zuzugestehen. Die Folge fis“ und „Laien“ halte ich fürs unverzichtbar in der Zukunft, ist u.a., dass die akademische Sportlehrer- und Trainerausbil- wenn Geschichtsbewusstsein entwickelt und wenn daraus Moti- dung immer „ingenieurhafter“ wird. Weil im Zuge dieser Ent- vation und Identifikation – zum Beispiel der Verbandsmitglieder wicklung, insbesondere in den Instituten für Sportwissenschaft mit ihrem Deutschen Skiverband erwachsen soll! der Universitäten sozial- und gesellschaftswissenschaftliche Be- Dass Profis und Laien – bitte lassen Sie mich bei diesem Bild standteile von Lehre und Forschung nach und nach verschwin- bleiben – gemeinsam als selbstbestimmte und gleichberechtigte den, werden wir in den Sportverbänden und Sportmuseen u.a. Gestalter von Skigeschichtsschreibung zusammenwirken und sportsoziologische, sporthistorische und traditionspflegerische eben nicht, die einen als aktive Handlungssubjekte und die an- Arbeit – auch in Lehre und Forschung – zunehmend mit über- dern als mehr oder weniger passive Objekte erscheinen, versteht nehmen müssen. sich für mich geradezu von selbst, denn beide Gruppierungen Ich bin zudem überzeugt davon, dass ein bestimmtes Quantum ziehen Erkenntnisgewinn daraus und diese Konstellation trägt an fachspezifischem Geschichtswissen auch im Sport nicht un- wesentlich dazu bei, dass skihistorische Erkenntnisse nicht nur in terschritten werden darf, wenn nicht letztlich selbst in verabsolu- elitären Historiker–Insiderzirkeln verbleiben, sondern breiteren tierter Sportpraxis ein spürbarer Qualitätsverlust gar im „Hand- Niederschlag in der alltäglichen Skitraditionspflege finden. Das werklichen“ die Folge sein soll! Erste Anzeichen dafür lassen ist leider noch keine Selbstverständlichkeit, obwohl sie es sein sich bereits nachweisen und ich erlaube mir darauf zu verweisen, sollte: Denn wem nutzen schon Erkenntnisse, wenn sie nicht öf- dass es m. E. kein Zufall ist, das gerade erfolgreiche und innova- fentlich und praxiswirksam werden? tive Trainer, die stabil über lange Zeit Athleten in die Weltspitze Insofern ist Geschichte immer auch in ihrer Ganzheit zu betrach- führen, selbst oft vielschichtige Persönlichkeitsprofile und aus- ten und zu bewerten. Für die Historiographie ist es m.E. exi- geprägt intellektuell–künstlerische Interessen aufweisen. stenzbedrohend, wenn sie in Kategorien von „hochwertig“ und 2008 - Heft 1 51

„simpel“ eingeteilt wird. Geschichte muss an den „Endverbrau- Dieses enorme verbandsimmanente Potential aufzubereiten und cher“ gebracht werden, wenn sie wirksam werden soll und alle nutzbar zu machen, ist nicht zuletzt Anliegen von Skihistorio- Formen von der hochwissenschaftlichen geschichtstheoretischen graphie und Deutschem Skimuseum. Abhandlung, über vielfältige Formen von Geschichtspublizistik Eine der vornehmsten und immer aktuellen Aufgaben des Ski- und Geschichtspropaganda bis hin zur Vereinschronik, der Ski- historikers und des DSMP besteht darin, zu bewahren, was an- Traditionsecke oder dem Festumzug in skihistorischen Gewän- dere vergessen haben bzw. zu verhindern, dass vergessen wird. dern anlässlich eines Vereinsjubiläums haben ihre Berechtigung Dem Vergessen, dem historischen Gedächtnisverlust entgegen zu und finden ohne weiteres Platz unter dem großen Historiendach. wirken, bewusst zu sichern und zu rekonstruieren, was im Ent- Bedeutsam und wichtig ist aber, dass Traditionspflege und He- wicklungsprozess bereits mehr oder weniger unbewusst meist rausbildung von Geschichtsbewusstsein als Prozess begriffen vollzogen wurde, und im Skimuseum – möglichst verständlich werden, der kontinuierlich vonstatten gehen muss, wenn er Spuren für jeden – wieder lebendig werden zu lassen! im Bewusstsein der Menschen hinterlassen und Auswirkungen auf ihre Motive und persönlichen Zielstellungen zeitigen soll. Ein Besuch ist jederzeit nach Voranmeldung möglich. Anmel- Das kann ganz individuell passieren, z.B. indem ein junger Ski- dungen unter Telefon 089/ 85790211oder mail: Gerd.Falkner@ sportler Vorbilder sucht, an denen er sich orientieren, denen er ski-online.de nacheifern kann, um so erfolgreich wie diese zu werden. Weit über 100 Weltmeister und Olympiasieger hat der deutsche Ski- sport bisher hervorgebracht, darunter außergewöhnliche Persön- lichkeiten, geradezu geschaffen als Vorbilder und etlichen davon kann man im verbandseigenen Deutschen Skimuseum begegnen.

Sektion III: Wissenschaft Vom Förderverein „Carl-Diem-Institut“ zum „Zentrum für olympische Studien“ Probleme eines universitären Forschungsarchivs Jürgen Buschmann

Im Jahre 2004 ist das Carl und Liselott Diem-Archiv, Olym- bundes, Deutschen Turnerbundes und Mitglied des Landessport- pische Forschungsstätte der Deutschen Sporthochschule Köln bundes NRW war, sondern auch von staatlicher Seite, u. a. von (CuLDA) – wie sich das Institut heute nennt – 40 Jahre alt ge- Kultusminister Mikat und dem Sportreferenten im Kultusmini- worden. sterium des Landes NRW, Ministerialrat Rüngener, sowie dem In den nunmehr über vier Jahrzehnten seines Bestehens hat die Präsidenten des Deutschen Sportbundes (DSB) und des Natio- Einrichtung eine sehr wechselhafte Entwicklung durchlebt, nalen Olympischen Komitees (NOK) – Willi Daume. nimmt aber heute – trotz vielfältiger Anfeindungen – weltweit Am 12. Dezember 1964 wurde so das Olympische Institut mit eine immer mehr geachtete Position im Bereich der olympischen dem Trägerverein „Carl-Diem-Institut e.V.“ (CDI) von 28 Mit- Forschung ein. gliedern gegründet. In der Satzung waren die wichtigsten Aufga- ben der neuen Einrichtung festgehalten: Leben und Werk Carl DIEMs Carl DIEM war ohne Zweifel – national wie international – eine 1. Die Förderung und Vertiefung der Olympischen Idee der bedeutendsten Persönlichkeiten auf den Gebieten des Sports 2. Die wissenschaftliche Bearbeitung und Herausgabe der und der Leibeserziehung in unserem Jahrhundert. Sein Wirken Schriften von Carl Diem erstreckte sich auf nahezu alle Bereiche des Sports: Theorie, Praxis und Organisation. Viele seiner Ideen leben bis heute fort. Die Leitung des Instituts hatte von der Gründung bis 1989 Prof. Liselott Diem, die Ehefrau von Carl Diem, inne. Danach über- Gründung des Carl-Diem-Instituts nahm Dr. Karl Lennartz ab 1989 bis 2004 und nunmehr Dr. Jür- Carl Diem hat nicht nur in Theorie und Praxis für den Sport gen Buschmann die Leitung. Vorsitzende des Vorstandes waren gewirkt, sondern auch von Anfang an die Unterlagen für seine seit 1972 immer die jeweiligen Rektoren der Sporthochschule. Arbeiten systematisch aufgehoben und gesammelt. Er hinterließ Die Zahl der Mitglieder des Trägervereins „CDI e.V.“ schwank- eine umfangreiche Bibliothek, eine Sammlung seiner Veröffent- te zwischen 29 (1964), 67 (1989) und 38 (2007). lichungen, rund 12.000 Tagebuchseiten sowie eine umfangreiche Korrespondenz mit 6.000 Adressaten im Umfang von insgesamt Erfolgreicher Anfang 60.000 Seiten. Seine Sachakten umfassen 110.000 Blatt, katalo- Das Institut erhielt Räume in der Sporthochschule und das Mi- gisiert nach 800 Sachbegriffen. Der Nachlaß umfaßt außerdem nisterium für Wissenschaft und Forschung NRW, in dessen Zu- 5.000 Fotos sowie weiteres Sammelgut – wie Urkunden, Orden, ständigkeit das CDI überführt worden war, förderte das Institut Kunstwerke und Ähnliches. So war es naheliegend, dass bald mit der zeitweisen Finanzierung von zwei Wissenschaftlern und nach seinem Tode – am 17. Dezember 1962 – Initiativen ergrif- einer Sekretärin. Ab 1976 musste die wissenschaftliche Arbeit fen wurden, dieses Material der Öffentlichkeit zugänglich zu eingeschränkt werden, weil das Ministerium nicht mehr bereit machen und wissenschaftlich auszuwerten. Dies war auch sein war, die „Förderung und Vertiefung der Olympischen Idee“ zu testamentarischer Wunsch. unterstützen. Ende 1982 lief die Dienstzeit des einzigen noch Die Anregungen, ein Carl-Diem-Institut zu gründen, kamen vorhandenen wissenschaftlichen Mitarbeiters aus. Damit hätte nicht nur von der Sporthochschule, u. a. von Verwaltungsdirek- das Institut eigentlich seine Pforten schließen müssen. Insge- tor Schwarz, der auch Mitbegründer des Rheinischen Turner- samt war diese erste Hälfte bis zu Beginn der achtziger Jahre 52 DAGS-Magazin auch recht „produktiv“: mehr weitere Teilzeitkraft hinzu, als 30 Bücher bzw. Broschüren Walter Teutenberg – ein pensio- wurden erstellt; ebenso viele nierter Offizier und anerkannter Diplomarbeiten konnten be- Olympiastatistiker – half ehren- treut werden. Höhepunkt dabei amtlich wo immer er konnte. war sicherlich die 100-Jahr-Fei- Walter Borgers kam 1987 nach er von Carl-Diem 1982 mit der Beendigung seiner Tätigkeit dreibändigen Ausgabe der Aus- als Assistent des Rektors und gewählten Schriften von Diem. arbeitete „zum Teil ehrenamt- lich“ im Institut. Auch in die- Zwischenperiode ser Zwischenperiode konnten Die nächsten zehn Jahre er- zahlreiche Veröffentlichungen wiesen sich sowohl finanzi- herausgegeben, Diplomarbeiten ell als auch personell als sehr betreut und die Ausstellung „75 schwierig. Der Leiterin des Jahre Deutsches Sportabzei- Instituts gelang es aber immer chen“ erstellt werden. wieder, Drittmittel – z. B. vom Internationalen Olympischen 25 Jahre Carl-Diem-Institut Komitee (IOC), Nationalen In den ersten 25 Jahren des Carl- Olympischen Komitee (NOK), Diem-Instituts als „An-Institut“ Deutschen Sport Bund (DSB), bei der Deutschen Sporthoch- Bundesinstitut für Sportwissen- schule Köln konnten wichtige schaft (BISP), von der Alfried Veröffentlichungen herausge- Krupp von Bohlen und Halb- geben werden: Texte von Carl ach-Stiftung, Deutschen For- Diem und Pierre de Coubertin, schungsgemeinschaft (DFG) – Dokumentationen zur Frühge- zu bekommen. Ebenso hatte sie schichte und zu Teilbereichen einen Glücksgriff getan, indem der olympischen Geschichte so- es ihr gelungen war, den von wie zu Wirkungsfeldern Diems der Pädagogischen Hochschu- (u.a. Hochschule für Leibesü- Carl Diem 1936 im Olympiastadion Berlin le Rheinland-Abteilung Köln bungen Berlin, Sporthochschule kommenden Kollegen Karl Lennartz für ihr Institut zu gewin- Köln, Sportabzeichen, Olympischer Fackellauf). Verwaltungs- nen. technisch – über den Trägerverein „CDI e.V.“ - und damit auch Lennartz hatte sich spontan bereit erklärt, den für Forschungsar- finanziell wurde es aber immer schwieriger. Nur durch den uner- beiten ausgewiesenen Teil seiner Dienstzeit dem CDI zur Verfü- müdlichen Einsatz von Liselott Diem war es möglich, das Insti- gung zu stellen, dem die Hochschulleitung – durch Prof. Quanz tut am Leben zu erhalten. So wurden Überlegungen angestellt, als Rektor – auch entsprach. die Einrichtung in die DSHS Köln zu integrieren. Der Vorstand So konnte das Institut - wenn auch im kleineren Rahmen – sei- wurde beauftragt, mit der Hochschule sowie mit dem Ministeri- ne Tätigkeit fortsetzen. Mit Jürgen Buschmann kam 1984 eine um Gespräche über eine Integration zu führen. Integration in die Deutsche Sporthochschule Köln COUBERTIN, Pierre de, Der Olympische Gedanke. Reden und Aufsätze, Be- Am 21. Oktober 1991 schlug schließlich nach mehreren gemein- arbeitung: DIEM, Liselott/ANDERSEN, Olaf, Übersetzung: LOPE, Hans- Jochen, Suttgart 1966. −− LENNARTZ, K./BUSCHMANN, J.: „Dokumente zum Aufbau des deut- COUBERTIN, Pierre de, L’Idée Olympique. Discours et Essais, Rédigé par: schen Sports“. Das Wirken von Carl Diem (1882-1962), St,. Augustin DIEM, Liselott/ ANDERSON, Olaf, Schorndorf 1966. 1984. COUBERTIN, Piere de, The Olympic Idea. Discours and Essays, Revised −− DIEM, L.: Leben als Herausforderung, Bd. 1: Autobiographie 1906 by: DIEM, Liselott/ ANDERSEN, Olaf, Translated by: DIXON, John, – 1986. Bd. 2: Briefe von Carl Diem an Liselott Diem 1924-1947 (Be- Schorndorf 1967. arbeitung und Kommentar: Karl Lennartz); Bd.3: Ausgewählte Aufsätze BIBLIOGRAPHY of the Works of Baron Pierre de COUBERTIN (1863-1937), und Vorträge Liselott Diem (Bearbeitung und Kommentar: Jürgen Busch- Schorndorf 1967 (Sonderdruck). mann), St. Augustin 1986. Die Bände erschienen zum 80. Geburtstag von DIEM, Carl, Der Olympische Gedanke. Reden und Aufsätze, Bearbeitung: Liselott Diem. DIEM, Liselott/ ZEIDLER, Johannes/HAMER, Eerke, Schorndorf 1967. −− NOK/CDI/DSB (Hg.): Rückkehr nach Olympia. Nationales Olympisches DOKUMENTE zur Gründung und zum Aufbau einer wissenschaftlichen Hoch- Komitee für Deutschland – Vorgeschichte, Gründung, Erste Jahre. Mün- schule auf dem Gebiete des Sports, Bearbeitung: KOEBSEL, Volker, chen 1989. Erschienen zum 40. Jahrestag der Wiedergründung des NOK Schorndorf 1967. für Deutschland. BIBLIOGRAPHIE Carl Diem, Bearbeitung: ZIENDLER, Johannes/LAU, Bri- −− IOC (Ed.): Pierre de Coubertin, Textes Choisis, 3 Bände, (Bearbeitung: ta, Schorndorf 1968. Müller, N. / Schantz, O.), Zürich 1986. DIEM, Carl, L’Idée Olympique et Essais, Rédigé : DIEM, Liselott/ZEID- −− BUSCHMANN, J./KEMPEN, Y./KUHN, H.: Nachlaß Carl Diem. Find- LER, Johannes/HAMER, Eerke, Traduction: AMSLER, Jean, Schorndorf buch der Sachakten, Band 1, Köln 1994. 1969. DIEM, Carl, Das Training des Dauerläufers, o.O.[Köln] 1969 [Faksimilie ei- ner Handschrift aus 1899]. MALTER, Rudolf, Der `Olympismus`Pierre de Coubertin’s. Eine kritische samen Sitzungen das Rektorat vor, das CDI als „Carl-Diem-For- Studie zu Idee und Ideologie der modernen Olympischen Spiele und des schungsarchiv“ in die DSH Köln zu integrieren. Entscheidend Sports, Beiträge zum Olympischen Gedanken, Heft 1, Köln 1969. für diese Maßnahme war sicherlich auch die Tatsache, dass Li- HOJER, ERNST, Olympia – oder: Der Sport zwischen Pädagogik und Ideolo- selott Diem anlässlich ihres bevorstehenden 85. Geburtstages gie, Beiträge zum Olympischen Gedanken, Heft 2, Köln 1969. ihren gesamten wissenschaftlichen Nachlass in den Besitz des Veröffentlichungen des CDI von 1966 bis 1969 (Auszug) CDI übergeben wollte – was schließlich mit dem Schreiben vom 2008 - Heft 1 53

18. Juli 1991 geschah. Die Mitgliederversammlung des CDI beschloss einstimmig am 17. Dezember 1991, dem Vorschlag des Rektorats zur Einglie- derung zu folgen. Als formaler Akt wurde nunmehr das „CDI“ ab 01. Januar 1992 als „eine senatsunmittelbare Einrichtung innerhalb der Deut- schen Sporthochschule in dankbarer Verpflichtung und besonde- rer Anerkennung des kulturgeschichtlichen Wertes der Bestände mit der Bezeichnung ,Carl-Diem-Forschungsarchiv’ geführt“. Als Leiter wurden Dr. Karl Lennartz und als Senatsbeauftragter Univ.-Prof. Dr. Dietrich R. Quanz bestimmt. Der Trägerverein „Carl-Diem-Institut e.V.“ wurde umgewandelt in den „Förder- verein Carl-Diem-Archiv e.V:“. Am 25. April 1992 starb Liselott Diem. Aufgrund ihrer großen Verdienste um die Sportentwicklung und des Instituts wurde der Name des Instituts geändert in: „Carl und Liselott Diem-Forschungsarchiv“ (CuLDA)

Nach dem Tode von Liselott Diem ist dem Archiv ein neuer Auf- gabenbereich und nahezu eine Verdoppelung seiner Bestände „zugewachsen“. Neben der Fortsetzung des Lebenswerkes ihres Mannes hat sie als Pionierin des Frauensports, als engagierte Verfechterin einer Gesundheitserziehung von Kindern und Se- nioren, als Projektleiterin und Anregerin von Sportvorhaben in Entwicklungsländern eigene und zukunftsweisende Wirkungs- bereiche erschlossen. Darüber hinaus hinterließ sie umfang- reiche Bestände von Dokumenten, Fotos und Filmen. Liselott Diem ca. 1975 Weitere Nachlässe von bedeutenden Personen und Institutionen und Publizistik. aus Sport und Sportwissenschaft kamen in den folgenden Jahren Mit all diesen Beständen, die aber bisher lediglich zu rund 50 % hinzu oder wurden neu bearbeitet: u.a. archivfachlich bearbeitet wurden, besitzen das CuLDA Doku- mente von hohem kulturgeschichtlichem und materiellem Wert 1 −− Pierre de Coubertin (Veröffentlichungen) (einige Millionen EURO). −− Ludwig Englert (DRAfOS 1903-1905)2 −− Alfred Schiff (DRAfOS 1907-1912)3 Das Archiv trägt natürlich auch weiterhin die Namen von Carl −− Hanns Sippel (Wissenschaftliche Gesellschaft für körperliche Erziehung)4 und Liselott Diem. Die Bestände, die Forschungsarbeiten und −− Ludwig Mester (Sportpädagoge)5 die Archiv-Betreuung gehen aber weit darüber hinaus und neh- 6 −− Josef Waitzer (Leichtathletik-Trainer) men eher den Status eines Sportarchivs / „Zentrales wissen- −− Werner Körbs (Geschichte DSHS Köln) −− Ernst Jokl (Sportmediziner)7 schaftliches Hochschularchivs“ / Museums ein. −− Günther Pelshenke (Deutsche Sporthilfe)8 −− August Kirsch (Weltrat für Sportwissenschaft, DLV, BiSP) Zentrum für Olympische Studien −− Richard Vorhammer (Allgemeiner Deutscher Hochschulsportverband; Das Rektorat der Deutschen Sporthochschule Köln hat auf sei- Olympische Spiele 1972) −− Walter Teutenberg (ca. 7000 Biografien Olympiateilnehmer)9 ner Sitzung vom 1. August 2005 die Einrichtung eines „Olym- −− Dietrich R. Quanz (DSHS Köln, Olympische Themen)10 pischen Studienzentrum – Olympic Studies Centre – Centre −− Wildor Hollmann (DSHS Köln, Geschichte der Sportmedizin) d’Etudes Olympiques“ (OSC) – beschlossen: Dieses Zentrum wurde als Zentrale Betriebseinheit gem. § 29 Hochschulgesetz Mehrere Fotosammlungen von Sportfotographen, aber auch −− Internationales Olympisches Komitee (IOC) fotografische Nachlässe von Sportlern und Funktionären haben −− Olympic Studies Centre des IOC zu einem ansehnlichen Fotoarchiv (ca. 10.00 Fotos) geführt. −− Olympisches Museum Lausanne −− Internationale Olympische Akademie Aus der Bibliothek der DSHS Köln konnten die „Pressearchi- −− International Society of Olympian Historians (ISOH) ve“ übernommen werden und nach dem Ausscheiden von Eri- −− Olympic Studies Centre Peking ka Fastrich ist auch das wohl bedeutendste deutsche „Sport- −− Centre for Olympic Studies and Research Loughborough University Film-Archiv“ in Deutschland dem CuLDA übertragen worden. −− Olympisches Studienzentrum an der Fakultät für −− Körperkultur und Sport der Karls-Universität in Prag Zahlreiche Kunstwerke (u.a. Gemälde, Skulpturen, Medaillen, −− Academy of Humanities and Social Siences der Inje Universität in Kimhae, Olympia-Fackeln) ergänzen die Bestände des Archivs. Korea −− Tschechische Olympische Akademie 40 Jahre Carl und Liselott Diem-Archiv −− Bulgarische Olympische Akademie −− Deutscher Olympischer Sportbund Der weit gespannte internationale Horizont des Wirkens sowohl −− Deutsche Olympische Akademie Willi Daume von Carl Diem als auch von Liselott Diem und die Vielzahl −− Bundesinstitut für Sportwissenschaft der Bezugsfelder des Sport, die sich aufgrund von Funktionen −− DVS-Sektion Sportgeschichte oder aus Interesse und Neigung erschlossen haben, machen den −− Deutsches Sport- und Olympia-Museum Fundus des Instituts auch für eine Reihe von Disziplinen auch −− Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Sportmuseen, Sportarchive und Sport- sammlungen (DAGS) außerhalb der Sportwissenschaft interessant. Dies betrifft z.B. −− Internationaler Verband der Archivare Archäologie, Musik- und Tanzgeschichte, Kunst- und Litera- −− Historisches Archiv der Stadt Köln turwissenschaft, Architekturgeschichte, Pädagogik, Philosophie Zusammenarbeit/Partner des Zentrums für Olympische Studien 54 DAGS-Magazin eingerichtet. Im November 2005 berief das Rektorat mit Univ.- Amerikanischen Olympischen Komitee (USOC), der Amateur Prof. Dr. Manfred Lämmer, Univ.-Prof. Dr. Walter Tokarski, Dr. Athletic Foundation of Los Angeles, dem Centre for Olympic Karl Lennartz, Dr. Stephan Wassong und Dr. Jürgen Buschmann Studies der University of Western Ontario und dem IOC ange- fünf Kollegen als Vorstand – „Board of Directors“ – für das neu boten bzw. ausgeschrieben werden. gegründete OSC. Auf der konstituierenden Vorstandssitzung wurde Buschmann einstimmig zum „Geschäftsführenden Lei- Olympisches Forschungszentrum ter“ – Executive Director – gewählt. Als Räumlichkeiten standen Im Zentrum steht die Forschung über die Olympische Bewe- dieser neuen Zentralen Betriebseinheit die Zimmer des Carl und gung aus historischer, pädagogischer/philosophischer, soziolo- Liselott Diem-Archivs (CuLDA) zur Verfügung. Das CuLDA gischer, sportjournalistischer und ökonomischer Perspektive. als olympische Forschungsstätte der DSHS Köln wurde damit Projekte zu diesen Forschungsaspekten sollen in Kooperation aber nicht aufgelöst, sondern als Teil des OSC weiter geführt. mit verschiedenen Instituten an der DSHS eingebracht wer- Neben dem Vorstand, der die Entscheidungen über alle Maßnah- den. Zur Vorbereitung auf diese Zusammenarbeit sollen an men treffen soll, wird die Arbeit durch zwei Beiräte unterstützt. der Deutschen Sporthochschule Köln gezielt Mitarbeiter und Im „Wissenschaftlichen Beirat“ sind Kollegen/-innen aus meh- Mitarbeiterinnen der betreffenden Institute angesprochen und reren Fachrichtungen der DSHS und in einem allgemeinen „Bei- zu Forschungsarbeiten in den aufgezählten Bereichen aufge- rat“ Vertreter anderer wissenschaftlicher Einrichtungen und/oder fordert werden. Neben dieser intern angestrebten institutsü- Funktionäre aus nationalen und internationalen Verbänden. bergreifenden Ausrichtung werden bereits angelaufene Bestre- Das OSC hat beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) bungen weiter verfolgt, verstärkt Kooperationen einzugehen in Lausanne einen Antrag gestellt, als „Center of Reference“ an- mit olympischen Forschungsgruppen auf nationaler (u.a. Willi erkannt zu werden. Ziel des IOCs ist es, einen Kern von fünf bis Daume Akademie, Forschungsgruppe Olympia Universität sieben OSCs als ständige Partner aufzubauen, um ein weltweites Mainz) und internationaler Ebene (u.a. Olympic Study Center Netzwerk zu realisieren. Von den „Centres of Reference“ wird Lausanne, Amateur Athletic Foundation of Los Angeles, Inter- erwartet, Leitfunktionen in Forschung und Lehre auf dem Gebiet national Society of Olympic Historians, Centre for Olympic des Olympismus zu übernehmen und den Aufbau von weiteren Studies der University of Western Ontario). OSCs national und international zu bereiten. Im Bereich „Sportart- und Sportverbandsarchive“ hat das OSC Olympisches Beratungszentrum mit der Integration des Deutschen Golfarchivs am 01.07.2007 Ausbau einer bereits vorhandenen Serviceeinrichtung mit dem einen ersten erfolgreichen Schritt getan. Ziel, wissenschaftliche Beratung und Auskunft in Form des `fact checking` bei wissenschaftlichen, populärwissenschaft- lichen und journalistischen Projekten sowie bei sportmusealen Aufgaben und Ziele des Zentrums für Olympische Studien Ausstellungen zu geben. Gerade diese Dienstleistung bietet sich für das Einwerben von Drittmittelprojekten an. Als Bei- Forschung / Lehre spiel dafür kann u.a. auf die wissenschaftliche Beratung des Zielsetzung Carl und Liselott Diem-Archivs bei dem US-amerikanischen Auf- und Ausbau eines Studien-, Informations-/Dokumenta- Projekt The First Century History of the Modern Olympics tions- und Forschungszentrums verwiesen werden. Bessere Integration von Themen der olympischen Bewegung in den Studienplan der DSHS Köln Dokumentation / Information Erweiterung der internationalen Forschung der DSHS Köln auf Zielsetzung dem Gebiet der olympischen Bewegung −− Zentralisierung des gesamten Archivmaterials, das sich in Verfestigung von bereits bestehenden Kooperationen der DSHS Besitz der Hochschule und der Sportverbände befindet. Köln mit dem Centre d ´Etudes Olympiques in Lausanne und −− Nutzung durch Interessensgruppen in- und außerhalb der dem IOC Hochschule für die Bearbeitung wissenschaftlicher, jour- Zusammenarbeit mit anderen nationalen und internationalen nalistischer, verbandshistorischer und sportpolitischer The- Olympic Studies Centres men. −− Internationale Ausrichtung durch Vernetzung mit Archiv- Abteilungen: abteilungen und Bibliotheken anderer international aner- kannter Institutionen des Sports. Olympisches Lehrzentrum Die Abteilung soll Wissenschaftlern, Doktoranden, Studieren- Abteilungen: den usw. die Möglichkeit geben, mit einem derzeitigen Be- stand von mehr als 4.000 Primär- und Sekundärliteraturquellen Carl und Liselott Diem-Archiv gezielt an Studien- und Forschungsvorhaben mit olympischer Dokumentation und Bearbeitung des Nachlasses von Carl und Ausrichtung zu arbeiten. Das Archiv besitzt einen jeweils Liselott Diem. Der derzeitige Bestand bei Carl Diem umfasst kompletten Satz der Kopien der Protokolle der Olympischen u.a. eine Sammlung mit seinen Veröffentlichungen (ca. 4.000), Kongresse, der IOC-Sessionen, der Sitzungen des IOC Exe- Sachakten mit ca. 110.000 Blatt und katalogisiert nach 800 Sach- kutiv Komitees und der Revue Olympique von 1894 bis heute. begriffen, Tagebücher mit rund 18.000 Seiten und 90.000 Briefe. Darüber hinaus ist es ein Ziel der Abteilung, durch bereits vor- Nachlässe handene Kooperationen mit internationalen Olympischen For- Dokumentation und Bearbeitung von Nachlässen von im Sport schungszentren interessante Praktika, Kurzeitforschungsauf- und der Sportwissenschaft bekannter Personen. Derzeit gehö- enthalte und Forschungsstipendium zu vermitteln, die u.a. vom ren u.a. dazu: Pierre de Coubertin (Publikationen), Ludwig IOC, der International Society of Olympic Historians (ISOH), Englert und Alfred Schiff (DRAfOS), Ludwig Mester (Sport- der Internationalen Olympischen Akademie (IOA), dem US- pädagoge), Joseph Waitzer (Leichtathletiktrainer), Ernst Jokel 2008 - Heft 1 55

(Sportmediziner), August Kirsch, Wildor Hollmann und Sepp 1 Coubertin, Baron Pierre de (1863 – 1937), Pädagoge, Historiker, Schriftsteller Herberger. in Paris, Begründer der modernen Olympischen Spiele 1894, Generalsekre- tär des IOC 1894 – 1896, Präsident 1896 – 1925, danach Ehrenpräsident; Hochschularchiv Olympiasieger 1912 im Bereich Literatur. 2 Dokumentation und Bearbeitung von Personal-, Sach- und Englert, Ludwig (1903 – 1982), Dr. phil., Student und später Dozent an der DHfL in Berlin, nach 1933 am Institut für Leibesübungen in Berlin und Gremienakten der Deutschen Sporthochschule und ihrer Vor- an der Führungsschule Neustrelitz, nach 1945 Professor in Tübingen und gängerinstitutionen mit dem Ziel, eine kontinuierliche und sys- Augsburg. tematische Aufarbeitung der Hochschulgeschichte und ihrer 3 Schiff, Alfred (1869 – 1939), Dr. phil., Prof. für Archäologie, 1896 bis 1933 Personen zu erstellen. Mitglied des Deutschen Reichsausschusses, ab 1914 im Vorstand, 1925 bis 1928 Verwaltungsdirektor der DHfL in Berlin, Vorstandsmitglied der Ar- chäologischen Gesellschaft in Berlin, emigrierte, weil er Jude war, 1936 Sport- und Verbandsarchiv nach England. Gezielte Zentralisierung und wissenschaftliche Bearbeitung 4 Sippel, Hanns (1892 – 1984), 1925 bis 1931 als Dozent Leiter des sportpsycho- von Archivbeständen unterschiedlicher Sportarten und Verbän- logischen Instituts der DHfL in Berlin, gründete 1928 die Wissenschaftliche Gesellschaft für körperliche Erziehung. de. Kooperationen mit Drittmittelfinanzierungen ergaben sich 5 Waitzer, Josef (1884 – 1966), Leichtathlet, Olympiateilnehmer 1912, mit Diem bereits mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und Deut- 1913 in Amerika, erster deutscher Leichtathletiktrainer, ab 1925 Reichstrai- schen Golfarchiv (DGA). Seit dem 1.07.2007 ist das DGA ner der Leichtathleten, Lehrer an der DHfL in Berlin. 6 vollständig in das OSC integriert. Körbs, Werner (1906 – 1984), Dr. phil, seit 1947 an der Sporthochschule, Do- zent und Leiter der Männerausbildung, nach dem Tode Diems 1962 kommis- sarischer Leiter und erster gewählter Rektor ab 1965 bis 1967 und 1971/72, Medienarchiv ab 1965 als Prof. Begründer und Leiter des Instituts für Sportgeschichte. Dokumentation und Bearbeitung von historischen Sportfotos. 7 Jokl, Ernst (1907-1997), Prof. Dr. med., zeitweilig an der DHfL in Berlin als Der derzeitige Bestand liegt bei 40.000 Fotos, von denen ein Dozent tätig, emigrierte, weil er Jude war, nach Amerika, bedeutender Sportmediziner. Teil bereits in Datenbanken erfasst ist. Ein weiteres Aufgaben- 8 Pelshenke, Günther (geb. 25.10.1931), Diplomsportlehrer, Träger der „August- gebiet umfasst die Pflege von ca. 1.300 Lehrfilmen, die in den Bier-Plakette“, 1961 bis 1968 Geschäftsführer der DOG,1967 bis 1992 Ge- 50er und 60er Jahren an der Deutschen Sporthochschule Köln schäftsführer der „Stiftung Deutsche Sporthilfe“ 9 erstellt worden sind, sowie die Dokumentation von 7.500 Vi- Teutenberg, Walter (1920–2001), Berufsoffizier, Olympiastatistiker, ehrenamt- licher Mitarbeiter des Diem-Archivs, Verfasser zahlreicher Olympia-Bü- deos – mit rund 18.000 Spielen – aus dem Bereich des Fuß- cher, Erstellung des größten Personenarchivs „Deutsche Olympiateilneh- ballsports. mer“, Träger der Ehrenmedaille der DSH Köln. 10 Quanz, Dietrich R. (geb. 10.04.1937), Prof. Dr. phil., Diplomsportlehrer, seit Sportmuseales Archiv 1961 an der Sporthochschule, 1961 bis 1964 Dozent für Leichtathletik,1965 bis 1967 Rektoratsassistent, dann im Pädagogischen Seminar und ab 1975 Aufbewahrung und Ausstellung von vorhandenen Kunstge- ordentlicher Professor für Sportdidaktik, 1982 bis 1988 Rektor der DSH genständen wie Gemälden, Skulpturen, Medaillen, Olympiafa- Köln, 2002 Emeritierung. ckeln usw.

DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach mit den Teilnehmern der 1. Olympic Summer University im September 2007 56 DAGS-Magazin Sektion IV: Sportorganisationen Das Archiv des LandesSportBundes Niedersachsen Bernd Wedemeyer-Kolwe

Im Herbst 2003 beschloss die Direktion des LandesSportBundes gen. Daher erklären sich inhaltliche und zeitliche Lücken des Niedersachsen (Direktor Reinhard Rawe), seine bislang unge- Archivs; so ist z.B. aus der Frühzeit des LSB von 1945-1949 nur ordneten Archivbestände ordnen und systematisieren zu lassen. sehr wenig Material erhalten geblieben. Ein entsprechender Direktionsauftrag erging an den Göttinger Aus diesem Grund wurde nach Konkordanzarchiven recherchiert Sporthistoriker Bernd Wedemeyer-Kolwe. Dabei wurde zu- und die Frage gestellt, wo weitere Materialien lagern könnten, nächst eine offene Vorgehensweise gewählt, um sich vorab mit die auch den LSB betreffen. So ließen sich LSB-Unterlagen im der Situation vertraut zu machen. Das Niedersächsische Institut NISH (Handakten Willi Greite, ehemals im Vorstand des LBS), für Sportgeschichte Hoya (NISH) fungierte als Berater. in einigen niedersächsischen Staatsarchiven (frühe Protokolle des LSB-Vorstandes), im Diem-Archiv (Schriftwechsel Diem Sichtung mit Vorstandsmitgliedern des LSB) oder etwa im Bundesarchiv Eine erste grobe Sichtung der in einem Keller gelagerten und Berlin (Akten betr. NS-Belastung späterer Vorstandsmitglieder) unsystematisch geordneten Bestände erbrachte ca. 750 lfd. Me- finden. ter Dokumente, die – in Ordnern verstaut – in 26 Rollregalen Eine Geschichte des LSB lässt sich daher nicht nur aus dem untergebracht waren. Die zeitliche Spanne der Materialen reicht LSB-Archiv rekonstruieren, sondern muss auch entsprechende von ca. 1945 bis heute, wobei einzelne Dokumente bis ca. 1927 Konkordanzarchive mit einbeziehen. zurückreichen. Daneben fanden sich noch zusätzlich Bestände in den einzelnen Abteilungen des LSB sowie in weiteren abge- Gliederung legenen Räumen. Das so definierte Altarchiv des LSB besteht aus den seit 1945 Hinzu traten im Laufe der nächsten Jahre noch einige Außen- überlieferten Unterlagen des Vorstandes, der Geschäftsstelle stände, so etwa der Altbestand des Stadtsportbundes Hannover sowie der Sportjugend Niedersachsen. Es enthält Dokumente und das noch vorhandene Material der 2005 aufgelösten vier zur Geschichte des LandesSportBundes (gegründet 1946), sei- niedersächsischen Bezirkssportbünde. Dazu konnten noch Un- ner Vorgängerorganisationen ab 1945 und seiner Gliederungen terlagen einiger Privatarchive (Kurt Hoffmeister, Braunschweig; (Stadt-, Kreis- und Bezirkssportbünde) in seinem sportlichen, Karl-Heinz Normann, Osnabrück und Werner Grübmeyer, St. kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Kontext. Dane- Andreasberg) in das Archiv des LSB überführt werden. ben finden sich Unterlagen zu niedersächsischen Fachverbän- den und Vereinen. Da der LSB über seine Vorstandsmitglieder Definition über die Landesgrenze hinaus auf Bundesebene agiert(e), ent- Um das erhaltungswürdige Archivmaterial vom Gesamtbestand hält das Archiv auch Akten zu anderen Landessportbünden und zu trennen, gesondert zu lagern und zu systematisieren, musste zum Deutschen Sportbund ab den 1940er und 1950er Jahren. vorab ein Altbestand definiert werden. Als zeitliche Grenze wur- Neben etlichen Sachakten wie etwa Protokollen sind vor allem den dabei die Jahre 1978/80 gewählt. Dafür sind, neben den all- auch Personendossiers der Mitglieder des Vorstands und der Ge- gemeinen Bestimmungen für Schutz- und Aufbewahrungsfristen schäftsstelle überliefert. in staatlichen und kommunalen Archiven (30 Jahre), interne Der Inhalt des Archivs legte es nahe, das Archiv entsprechend Entwicklungen für die Definition herangezogen worden: Ab ca. der LSB-Struktur zu gliedern: So wurden die Sachgruppen Vor- 1978 wurde der LSB stark erweitert, modernisiert und professi- stand, Geschäftsstelle, Bünde/Verbände, Sportjugend und Son- onalisiert; er erhielt ein anderes Gesicht und die Aktenlage än- dersammelbereiche installiert und entsprechende Signaturen derte sich entsprechend, so dass sich hier ein inhaltlicher Schnitt vergeben: anbot. Dieser Schnitt ist jedoch bei der Archivarbeit nicht immer auch konsequent angewandt worden, sondern es wurde auch auf Sachgruppe Vorstand (ALT A 1 – A 7) den inhaltlichen Zusammenhang der Akten geachtet. So wurden Sachgruppe Geschäftsstelle (ALT B 1 – B 7) Aktenbestände nicht unnötig auseinandergerissen oder abrupt Sachgruppe Bünde / Verbände (ALT C 1 – C 4) getrennt, sondern je nach Inhalt bzw. Vorgang zusammengelas- Sachgruppe Sportjugend (ALT D 1 – D 6) sen. Sondersammelbereiche (ALT E 1) So wurden im nächsten Schritt die überlieferungswürdigen LSB-Bestände bis ca. 1978/80 ausgegliedert und als eigenen Die Sachgruppen selbst enthalten weitere Untergliederungen: Altbestand definiert; dazu kommen die gesamten Bestände der Die Sachgruppe Vorstand enthält Protokolle und weiterführen- Bezirkssportbünde bis 2004/05, da sie einen eigenen, zeitlich de Unterlagen der LSB-Gremien (Vorstand, erweiterter Vor- fest umrissenen Bestand ergeben. Umfasst der komplette LSB- stand, d.h. Hauptausschuss, Bundes/Landessporttag, weitere Bestand inklusive der modernen Unterlagen ca. einen Kilometer Ausschüsse), Unterlagen zu etlichen Vorstandsmitgliedern, zum (unsortierter) laufender Akten, so besteht der davon aussortierte Deutschen Sportbund, Dokumente zum Toto-Lotto und Eh- archivwürdige Altbestand des LSB bislang aus etwa über 100 rungsunterlagen Tausender von Vereinsmitgliedern und Funkti- Metern laufenden Materials. onsträgern des niedersächsischen Sports. Die Sachgruppe Geschäftsstelle enthält Unterlagen zur Ge- Repräsentativität schäftsführung, zur Bildung und Ausbildung im Breiten- und Der Archivbestand repräsentiert natürlich nicht die tatsächliche Leistungssport, zum Vereinsservice, zur Finanzierung von einstige Aktenlage, sondern ist nur der zufällig erhaltene Teil Sportstätten, zur Sportversicherung und zur Sporthilfe. eines früheren, sicher größeren Archivs. Bei einigen Umzügen Die Sachgruppe Bünde / Verbände enthält die entsprechenden des LSB ist etliches weggeworfen worden oder verloren gegan- Unterlagen folgender Gliederungen: BSB Hildesheim, BSB und 2008 - Heft 1 57

SSB Hannover, BSB Osnabrück, BSB Weser-Ems, Archiv BSB Lüneburg und BSB Braunschweig. Archiv des LandesSportBundes Niedersachsen Die Sachgruppe Sportjugend enthält die entspre- chenden Unterlagen der Sportjugend Niedersachsen Signatur sjn. Die Sachgruppe Sondersammelgebiete enthält den ALT A 3 Nachlass Friedrich Gleue und die private Sammlung Titel des ehemaligen Sportjugend- und LSB-Funktionsträ- Satzungen und Protokolle gers Kurt Hoffmeister. Sachgruppe Vorstand Inventarisierung Der Inventarisierungsvorgang selbst besteht aus Zu- Laufzeit standsanalyse, grober Materialrettung, geschlossener 1951-1961 Flachlagerung, Beschriftung, Vergabe einer Aktensig- Inhalt natur sowie der Neulagerung. Dabei wurden die Akten 1951-1955: Satzungsentwürfe, Satzungsvorbereitungen, Satzungen, Mustersatzung für aus den alten Ordnern entnommen und sämtliche me- Vereine, Schriftwechsel mit Fachverbänden, Kreissportbünden, Amtsgericht; Amtliche tallene Klammern etc., die das alte brüchige Papier be- Miteilungen des Sportbund Nordrhein-Westfalen 2/1953 schädigen und verrosten lassen, entfernt. Anschließend 1956: Stenographischer Bericht zum Landessporttag 1957: Protokoll und Stenographischer Bericht zum Landessporttag, Protokolle des Sat- wurden die Dokumente mit Kunststoffzwingen gebün- zungsausschusses, Protokoll der Sitzung der Vorstände der Bezirkssportbünde vom delt und in geschlossene d.h. lichtundurchlässige Papp- 2.5.1957, Satzungsänderungen, Schriftwechsel mit Vereinen und Bezirken betr. Satzungs- ordner abgelegt und flach gelagert. Die Pappschachteln änderungen (wie auch die Akten selbst) wurden beschriftet und si- 1959: Stenographischen Bericht zum Landessporttag 1961: Stenographischer Bericht zum Landessporttag und Satzungsänderungen gniert und in einen eigens dazu hergerichteten Keller- raum neu gelagert. Verweis ALT A 3, Landessporttage 1951-1961 Titelaufnahme Kommentar Um eine Recherche der alten Dokumente zu gewähr- In Alt A 3, Landessporttag 1961 fehlt der Stenographische Bericht von 1961; eine Ausgabe leisten, wurden mithilfe des Archivprogramms LIDOS befindet sich in dieser Akte eine Datenbank aufgebaut, die mittlerweile aus über 400 Titelaufnahmen besteht. Dabei wurden die ein- Erfassungsdatum 29.06.2004 zelnen Akteninhalte so gut es ging charakterisiert und beschrieben. Die Titelaufnahmen selbst bestehen aus dem Link „LSB-Portrait“ und dort unter „Archiv“. den Kategorien Signatur, Titel, Sachgruppe, Laufzeit, Inhalt, Darüber hinaus ist ein ausführlicher kommentierter Bestandska- Verweis, Kommentar und Erfassungsdatum und enthalten auch talog erschienen, der auch neue Aspekte zur Geschichte des Lan- Herkunfts- und Konkordanzangaben. Die Daten können mittels desSportBundes Niedersachsen und zur Geschichte des Sports einer Volltextrecherche aufgerufen werden. Das Beispiel rechts in Niedersachsen enthält. zeigt eine solche Titelaufnahme.

Literatur Recherche und Bestandskatalog We d e m e y e r -Ko l w e , Be r n d : Das Archiv des LandesSportBundes Niedersachsen. Mittels dieser ausführlichen Datenbank, die über 400 Einträge Forschungsübersicht und Bestandskatalog. (Schriftenreihe des Niedersäch- enthält, können vor Ort Vorgänge recherchiert oder von außer- sischen Instituts für Sportgeschichte Hoya. Materialien zur niedersäch- halb Anfragen gestellt werden. Die Kontaktadresse findet sich sischen Sportgeschichte, Band 8) Göttingen 2006. über die homepage des LSB www.lsb-niedersachsen.de unter

Resümee Martin Ehlers

Resümieren bedeutet, einen Überblick verschaffen: Zum einen trivialen und beliebigen Teil kulturellen Lebens zu sehen, seine über unsere Veranstaltung in den vergangenen zwei Tagen und Entwicklung als Automatismus zu betrachten, sondern seine Ge- zum anderen, welche Motivation hinter der Ausrichtung unseres staltung und Kultivierung als die Aufgabe zu begreifen, ihn zu Symposiums stand. Ausgangspunkt für unser zweites DAGS- einem wertvollen Kulturgut zu machen – Kultur des Sports statt Symposium war ein erstes im Herbst 2004 in Leipzig, das unter ‚nur’ Sportkultur.“1 Daran nehmen einen wesentlichen Anteil der Maxime „Kulturgut des Sports in Gefahr!?“ stand. Diese Ver- Museen, Archive, Sammlungen, wissenschaftliche Institutionen anstaltung konnte dank der von Dr. Karl Le n n a r t z und Dr. Jür- und einzelne Initiativen. Dass der Sport mittlerweile eben in all- gen Bu s c h m a n n geleisteten Vorbereitung und der Unterstützung gemein kulturell anerkannte Einrichtungen integriert wurde und des Fördervereins Sächsisches Sportmuseum Leipzig erfolgreich sich immer weiter etabliert hat, wird sicher außer Frage stehen. realisiert werden. Im Rahmen dieses ersten Symposiums wurden Sport ist Teil unserer Kulturgeschichte. Doch sollte der Sport verschiedene Vorträge über die Bedeutung von Sport als Kultur- nicht, wie es der Kulturwissenschaftler Prof. Hermann Ba u s i n - gut gehalten und die damit verbundenen Aufgaben, Probleme g e r treffend formulierte, als Illustrationsmoment für die poli- und Ziele für Wissenschaft, Museen, Sammlungen, Archive und tische Geschichte dienen, was zwar im Einzelfall legitim sein Dokumentationen aufgezeigt. kann, doch ist damit die Gefahr verbunden, dass Sportgeschichte Prof. Ommo Gr u p e fasste am Ende seines Vortrags „Sport – ein auf wenige spektakuläre Phasen reduziert wird: die frühe Turn- Kulturgut unserer Zeit“ zusammen, den „Sport eben nicht als nur und Freiheitsbewegung, die 1848er-Revolution, Sport als Er- 58 DAGS-Magazin ziehungs- und Propagandamittel im NS-Staat oder – in etwas sellschaftlich getragenen Archiven und Dokumentationsstellen anderer Form – in der DDR. Auch die Fußballweltmeisterschaft sollte die Sicherung und Erschließung von dem in Vereinen und von 1954 steht gleichermaßen für einen Wendepunkt im Nach- Verbänden gewachsenen Archivgut zur Pflichtaufgabe werden, kriegsdeutschland und die Ideologie des Wirtschaftswunders.2 weil öffentliche Archive ihren Schwerpunkt auf der Übernahme Dass exemplarisches Vorgehen in Epochen oder Orten zwar und Archivierung von Unterlagen etwa aus kommunalen oder spannend sein kann, mag gewiss seine Berechtigung haben, staatlichen Stellen haben. Bei der Konzeption von privatgesell- doch historisch-methodisches Arbeiten mit Sportgeschichte ist schaftlich organisierten Archiven und Dokumentationsstellen ist auf solch einer Grundlage nicht möglich und fordert andere An- die erwähnte Pflichtaufgabe einerseits wichtiger Bestandteil der sprüche an das, was wir als verfügbare Geschichtsquellen benö- Arbeitspraxis, andererseits kann sie auch für die Finanzierung tigen. Darüber haben wir in den vergangenen zwei Tagen dif- eine entscheidende Grundlage bilden. Letztlich ist die Sicherung ferenzierte Sichtweisen, Möglichkeiten und Problemstellungen und Erschließung von Archivgut als Pflichtaufgabe leichter ver- aufgezeigt bekommen und besprochen. mittelbar als etwa Traditionspflege oder Ausstellungsprojekte, Bei der DAGS-Mitgliederversammlung am 4. Juni 2005 im obgleich deren Bedeutung damit nicht angezweifelt werden soll. Haus des Deutschen Sports in Frankfurt regte ich an, aufbauend Gewiss kann eine Pflichtaufgabe, wie sie im Bereich Archiv- auf unserem Symposium in Leipzig, ein zweites anzugehen, in und Dokumentationswesen wahrgenommen werden kann, auch dem es um die „Sicherung und Erschließung von Kulturgut des im Rahmen der Sammlung von gegenständlichen Zeugnissen Sports“ gehen sollte, und erhielt von den DAGS-Vorstandskol- der Sportgeschichte von Museen zur Anwendung kommen. legen den Auftrag, eine Tagungskonzeption zu erstellen. In dem Die finanzielle Unsicherheit bei sporthistorischen Einrichtungen Begriff ‚Sicherung’ sollte sich mehr verbergen als nur dem Ver- bringt nicht allein erhebliche arbeitspraktische Defizite mit sich, lust von Geschichtszeugnissen durch Sammeln vorzubeugen, vielmehr bestehen berechtigte Zweifel daran, wie ich es bereits vielmehr gilt nur das als gesichert, was in verlässliche finanzielle für das Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg e.V. zu Strukturen eingebunden ist und damit auch materiell künftig ver- bedenken gab, ob das zusammengetragene Archiv-, Dokumenta- fügbar bleibt. Diese Botschaft gilt es, über die Fachkreise hinaus tions- und Bibliotheksgut sowie historisch bedeutsame Objekte an die politisch Verantwortlichen im Sport und Kulturbereich tatsächlich dauerhaft gesichert sind. Hier bedarf es noch ent- weiterzugeben. Das Abhandenkommen von Schriftgut, Bildern, scheidender politischer Schritte, um der Überlieferungsbildung Ton- und Filmträgern sowie Objekten des Sports ist aufgrund des Sports in den einzelnen Bundesländern eine langfristige Zu- fehlender Einrichtungen in der BRD leider sehr groß. Deshalb kunft zu garantieren. Ein sicherlich vorbildliches Beispiel ist im ist es dringend notwendig, Konzepte für den Erhalt von sport- Saarland mit der Anbindung des Sportarchivs an das Landesar- geschichtlichem Kulturgut zu erarbeiten und auch umzusetzen, chiv Saarbrücken gelungen. damit nicht noch mehr einmaliges historisches Quellenmaterial Berücksichtigt werden muss auch der Umgang mit privaten verloren geht. So liegen etwa im Bereich Schriftgut und Bilder Sportsammlungen und gegebenenfalls deren Einbindung in In- in vielen Vereinen und Verbänden sowie bei Privatpersonen un- stitutionen. zureichend gelagert bedeutende Geschichtsquellen, die gesichert Unser Symposium will mehr als nur eine Plattform sein, auf der und für die Erforschung erschlossen werden müssen. jeder seine Einrichtung präsentieren und womöglich den Ideal- Eine wichtige Initiative wurde bereits vom Sportmuseum Berlin fall darstellen darf, vielmehr geht es offensiver als in der Ver- und dem Forum für Sportgeschichte – Förderverein für das Sport- gangenheit um die Frage nach realisierbaren und finanzierbaren museum Berlin e.V. mit der Tagung „Sport(geschichte) in Mu- Konzeptionen. Auch deshalb haben wir uns bei der Vorankündi- seen und Archiven“ ergriffen. Der umfangreiche Tagungsband gung unserer Veranstaltung ganz bewusst nicht nur an die kleine enthält wichtige Aspekte zum Thema Kulturgutsicherung.3 Wei- aktive sporthistorische Gemeinde in Deutschland gewandt, um tere Impulse gingen beispielsweise 1995 vom Deutschen Sport wieder einmal die gern gesehenen alten Bekannten zu treffen, & Olympia Museum in Köln mit der Tagung „Sportmuseen und sondern haben auch die Vertreter von Dach- und Fachverbänden die Darstellung von Sportgeschichte“, vom Institut für Sportge- des Sports, Ministerien, Archiven, Bibliotheken, Museen, Kul- schichte Baden-Württemberg e.V. und dem Museumsverband tureinrichtungen, wissenschaftlichen Institutionen und Samm- Baden-Württemberg 1996 mit der Tagung „Vereinsgeschichte in lungen informiert. Besonders freuen wir uns über die nach Museen und Ausstellungen am Beispiel von Körperkultur und Maulbronn gekommenen Vertreter dieser Einrichtungen und Sport“ und im selben Jahr vom Förderverein Sächsisches Sport- gleichfalls jeden einzelnen, der einfach aus Interesse an unseren museum mit einer Tagung in Leipzig aus. Bei den mittlerweile Aufgaben und Zielen gekommen ist. Wir brauchen möglichst rund zehn Jahre zurückliegenden Tagungen wurden Probleme viele Multiplikatoren für die Anliegen der DAGS, damit sich hinsichtlich des Stellenwerts von Sportgeschichte und die Finan- langfristige Perspektiven für die Sicherung und Erschließung zierbarkeit von sportgeschichtlichen Einrichtungen diskutiert, von Kulturgut des Sports bieten. wobei die Situation zwischenzeitlich nur in wenigen Fällen ver- Mein Eindruck dieser Tagung war, dass die Sportgeschichte in bessert werden konnte. Vielmehr hat sich die Lage insgesamt auf- den vergangenen zehn Jahren sich punktuell weiter organisierte grund fehlender öffentlicher Mittel eher verschlechtert. Um dem und auch in der Kulturlandschaft etablierte, aber insgesamt zu weiteren Verlust von sporthistorischen Quellen und Geschichts- wenig Finanzmittel zur Verfügung stehen. Für die solide Weiter- zeugnissen vorzubeugen, sollten sowohl Fachleute zur Sportge- entwicklung ist nicht die projektbezogene Arbeit mit der Sportge- schichte, zum Archiv- und Museumswesen als auch Historiker, schichte, wie wir es etwa von Jubiläen kennen, wichtig, sondern Kulturwissenschaftler, Sammler, Sportfunktionäre und Politiker eine kontinuierliche Institutionalisierung und damit auch Profes- sich mit dem Thema „Sicherung und Erschließung von Sport als sionalisierung. Die positive Entwicklung der sporthistorisch täti- Kulturgut“ auseinandersetzen. Schließlich geht es bei einer trag- gen Einrichtungen wird vielleicht dann nicht ins Stocken geraten, fähigen Konzeption nicht allein um wissenschaftliche Grundla- wenn insgesamt ihr Stellenwert nicht an Quotendenken gemes- gen, sondern auch um die Stärkung des allgemeinen Stellenwerts sen, sondern die kulturelle Obligation selbstverständlich wird. von Sportgeschichte, die Finanzierbarkeit von Institutionen und Mit der Frage, wo die sporthistorisch tätigen Einrichtungen in Kooperationen mit etablierten Einrichtungen. Bei den privatge- zehn Jahren in der Öffentlichkeit stehen und worauf sie hinarbei- 2008 - Heft 1 59 ten sollen, möchte ich abschließen und ein drittes DAGS-Sym- 2Vgl. H. Ba u s i n g e r : Resümee und Auswertung der Tagung [„Vereinsgeschich- posium anregen, bei dem die Quintessenz eine verstärkte Or- te in Museen und Ausstellungen am Beispiel von Körperkultur und Sport“ am 28./29. Juni 1996, Evangelische Akademie Bad Boll], in: Museumsblatt. ganisation der sporthistorisch Tätigen und die koordinierenden Mitteilungen aus dem Museumswesen Baden-Württembergs. Heft 20. Sep- Aufgaben der DAGS thematisiert werden. Frei nach dem Motto: tember 1996, S. 31. Beständig dabei sein ist alles. 3M. Be h r e n dt / G. St e i n s : Sport(geschichte) in Museen und Archiven. Berichte und Materialien: Hrsg. Sportmuseum Berlin und Forum für Sportgeschichte – Förderverein für das Sportmuseum Berlin. Sporthistorische Blätter 7/8. 1Zit. nach: O. Gr u p e : Sport – ein Kulturgut unserer Zeit, in: DAGS-Magazin: Mitteilungsblatt der Deutschen Arbeitsgemeinschaft von Sportmuseen, Berlin 2000. Sportarchiven und Sportsammlungen e.V. Heft. 2 & 3. 2. Jg. Dezember 2004, S. 13.

Kurzbiographien der Referenten

Ar n dt , Dr. Cl a u d i a Ma r i a , M. A. Ma r i a n n e He l m s Jg. 1967. Wissenschaftliche Archivarin, seit 2002 Leiterin des Ar- Jg. 1951, Archivarin. Seit 1984 Geschäftsführerin des Niedersäch- chivs des Rhein-Sieg-Kreises. Zahlreiche zahlreiche Buch- und sischen Instituts für Sportgeschichte Hoya e. V. (NISH). Mitinitia- Zeitschriftenveröffentlichungen zu historischen Themen von der torin und Gründungsmitglied der DAGS. Frühen Neuzeit bis heute. Le n n a r t z , Ka r l , Dr. Ph i l ., PD Be h r e n dt , Ma r t i n a Jg. 1940, pensionierter Sporthistoriker der Deutschen Sporthoch- Jg. 1955, Studium der Geschichtswissenschaften in Leipzig 1974- schule Köln. Präsident der International Society of Olympic Histo- 1979, seit 1982 in verschiedenen Funktionen in sportmusealen rians, Vorsitzender DAGS, zahlreiche Buch- und Zeitschriftenver- Einrichtungen in Berlin tätig; seit 1991 Leiterin des Sportmuseum öffentlichungen zur Olypmischen Bewegung. Berlin, Mitherausgeberin/Redaktion der „Sporthistorischen Blät- ter“ u.a. sporthistorischer / sportmusealer Publikationen. Le w i t z k i , Wo l f g a n g Jg. 1953, Diplomsportlehrer/Gymnasiallehrer für Sport und Ge- Bi e r n a t , Ka r l „Ch a r l y “ schichte, seit 1986 für das Deutsche Sport & Olympia Museum Jg. 1937, Rentner, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für die Interna- in verschiedenen Funktionen tätig, leitet derzeit die Abteilung tionale Motivgruppen Olympiaden und Sport „IMOS“, sportliche „Sammlungen“. Aktivitäten als Leichtathletik - Übungsleiter für eine Schülerrgrup- pe in der Leichtathletik in Eschweiler. Zusätzliche Aktivitäten im Re h m , Cl e m e n s Dr.p h i l , Ar c h i vd i r e k t o r Deutschen Sport & Olympia Museum in Köln. Jg. 1959, Archivar und Historiker, Landesarchiv Baden-Württem- berg, Stuttgart, Mitglied im Bundesvorstand des Verbands deut- Bu s c h m a n n , Jü r g e n , Pr o f . h.c. Dr. scher Archivare und Archivarinnen (VdA), Veröffentlichungen zur Jg. 1949, Geschäftsführender Leiter des ‚Zentrum für Olympische Überlieferungsbildung in Archiven und zur badischen Landesge- Studien‘ der Deutschen Sporthochschule Köln, Leiter ‚Carl und schichte. Liselott-Diem Archiv‘, zahlreiche Buch- und Zeitschriftenveröf- fentlichungen zur olympischen Bewegung, Fußballsport, Gesund- Ro t h , Ca r o l a v o n , M.A., w i s s e n s c h a f t l i c h e Do k u m e n t a r i n heitserziehung in der Schule. Jg. 1964, Ausbildung zur Assistentin an Bibliotheken, langjährige Tätigkeit im Informations- und Bibliotheksbereich. Seit 1.10.2004 Ch r i s t e , Sa b i n e Projektbeauftragte beim Stadtarchiv in Karlsruhe für den Aufbau Degree in history of the university of Lausanne, head of the histo- des dortigen Sportarchivs sowie einer webbasierten Datenbank rical archives of the IOC. über die Vereinsgeschichte aller Karlsruher Sportvereine. Hierzu Vorträge, Buch- und Zeitschriftenveröffentlichungen. Eh l e r s , Ma r t i n Jg. 1969, Stadtarchivar in Maulbronn und seit 1994 Geschäftsfüh- Sc h e m pp , No r b e r t rer des Instituts für Sportgeschichte Baden-Württemberg e.V., hat Jg. 1965, Buch- und Papier-Restaurator, Inhaber der der Firma zu literatur-, kunst-, orts- und sportgeschichtlichen Themen ver- Schempp ‚Bestandserhaltung für Archive, Bibliotheken und Mu- öffentlicht und Ausstellungen durchgeführt. Mitarbeit in Museen. seen‘ in Kornwestheim. DAGS-Vorstandsmitglied seit der Vereinsgründung. Wa c k e r , Ch r i s t i a n , Dr. Ph i l . Fa l k n e r , Ge r d , Dr. p h i l . Jg. 1966, Sporthistoriker und Sportarchäologie, Spezialist für an- Jg. 1950, Direktor des Deutschen Skimuseums München/Planegg tike Athletik. Hat viele Jahre in und über Olympia gearbeitet und Sportwissenschaftler und Historiker, Autor mehrerer Bücher und leitet heute das Deutsche Sport & Olympia Museum in Köln. zahlreicher Publikationen. We d e m e y e r -Ko l w e , Be r n d , Dr.Ph i l ., Dr.d i s c .Po l ., Ap l . Pr o f . Ka i s e r , Fr i e d e r i k e , Ma g . Ar t . Jg. 1961, Sporthistoriker am Institut für Sportgeschichte der Uni- Jg. 1965. Leiterin des Alpinen Museums und des Geschäftsbereichs versität Göttingen, Vorsitzender des Wiss. Beirates des Niedersäch- Kultur des Deutschen Alpenvereins. Realisierte eine Reihe kultur- sischen Instituts für Sportgeschichte Hoya (NISH), zahlreiche Ver- historischer Ausstellungen und Bücher, u. a. zum Bergsport und Al- öffentlichungen zur Sport- und Kulturgeschichte. penraum; leitet seit 2005 das Projekt „Historisches Alpenarchiv“.

Kr a u s , Da v i d , Di p l o m -Ar c h i v a r (FH) Jg. 1979, seit 2003 mit dem Aufbau des Saarländischen Sportar- chivs im Landesarchiv Saarbrücken betraut. 60 DAGS-Magazin Die Teilnehmer

Ar n dt , Dr. Claudia; Kreisarchiv Rhein-Sieg-Kreis; Mü l l e r , Dr. Roland; Stadtarchiv Stuttgart; Be h r e n dt , Martina; Sportmuseum Berlin, DAGS (stellv. Vor- Ne s s l e r , Patrick R.; Neunkirchen/Saar; sitzende); Ni pp e , Manfred; Landessportbund Berlin; Bi e r n a t , Karl; IMOS; Os w a l d , Rudolf; Geisenfeld; Bu s c h m a n n , Prof. Dr. Jürgen; Carl und Lieselott Diem-Archiv; Pf i s t e r e r , Barbara; Stadt Maulbronn; Ch r i s t e , Sabine; Olympisches Archiv des IOC; Ph i l i pp , Werner; Grünauer Wassersportmuseum; Di e f e n b a c h , Magdalene; Bibliothek Robert Bosch GmbH; Pr i e b e , Alexander; Heppenheim; Eh l e r s , Martin; Institut für Sportgeschichte Baden-Württem- Ra s e , Dr. Karin; KunstBeratung + KunstKonzepte; berg e.V., DAGS (Vorstand); Ra t h j e n , Karl; Schleswig; Es s e r , Sandra; Carl und Lieselott Diem-Archiv; Re h m , Dr. Clemens; Landesarchiv Baden-Württemberg e.V., Es t e r s , Klara; Deutscher Alpenverein; Abt. Fachprogramme und Bildungsarbeit; Fa l k n e r , Dr. Gerd; Deutsches Skimuseum; Ri c h t e r , Heiner; Landessportbund Hessen „Archiv / Sport und Fa s c i e s , Hans-Günther; Westf.-Lipp. Institut für Turn- und Geschichte“; Sportgeschichte; Ri e s , Cynthia; Institut für Sportgeschichte Fe l c h l e , Andreas; Stadt Maulbronn (Bürgermeister); Baden-Württemberg e.V.; Fr ö h l i c h , Sibylle; Hermann-Gundert Schule, Calw; Ro g l e r , Willi; Verein Bayrische Kanugeschichte; Fr ö h l i c h , Wolfgang; Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Ro h r , Dr. Gerlinde; Sportmuseum Leipzig, DAGS (Vorstand); (Minsterialdirektor), Referat Sport und Sportentwicklung; v o n Ro t h , Carola; Stadt Karlsruhe, Institut für Stadgeschichte; Ge r b e r , Hans-Dieter; Sportmuseum Schweiz; Sc h ä f e r , Karl-Josef; Badischer Fußballverband; Go r k a , Dr. Cornelius; Kreisarchiv Ortenaukreis; Sc h e m pp , Norbert; Firma Schempp; Gr u s , Stefan; Deutscher Schützenverband, Schießsportschule; Sc h e r m e r , Peter; Landessportbund Hessen „Sport und Ge- Hä g e l e , Erich; Sportkreis Rems-Murr e.V.; schichte“; He l m s , Marianne; Institut für Sportgeschichte Hoya e.V., DAGS Sc h m i dt -Vo l k m a r , Dieter; Landessportverband Baden- (Vorstand); Würtemberg (Präsident); He m p f e r , Prof. Paul; Institut für Sportgeschichte Sc h m i dt , Dr. Thomas; Deutsche Schillergesellschaft e.V.; Baden-Württemberg e.V.; Sc h o h s , Prof. Gertalis; Turnverband Mittelrhein, Uni Koblenz, He u g e l , Hannelore; Institut für Sportgeschichte Baden-Württ- Festung Ehrenbreitstein; emberg e.V.; Sc h u c h , Kuno; Deutsches Golf Archiv; Hi r s c h m a n n , Walter; Stadtarchiv Heilbronn; Sc h w a r z e r , Christian; Arbeitsgruppe Tradition im Landes- Ja t z k e , Harald; Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft; SportBund Sachsen-Anhalt; Ka i s e r , Friederike; Deutscher Alpenverein, DAGS (Vorstand); Sc h w a r z e r , Marlene; Ka u f m a n n , Asmus; Sportbund Pfalz; Sc h e l l i n g e r , Uwe; Freiburg; Kn o l l , Herbert; Verein Bayrische Kanugeschichte; Si e b e l , Horst-Helmut; TV Eichen von 1888 e.V.; Kr a u s , David; Landesarchiv Saarbrücken - Saarländisches St a m pp , Wolfgang; Deutscher Ringer-Bund; Sportarchiv; St e i n s , Gerd; Forum für Sportgeschichte, Förderverein für das Kr e m e r , Dr. Hans-Georg; USV-Jena, Friedrich-Schiller-Uni- Sportmuseum Berlin; versität Jena; St r i tt m a tt e r , Klaus; Institut für Sportgeschichte Baden- Kr e t z s c h m a r , Prof. Dr. Robert; Landesarchiv Baden-Württem- Würtemberg e.V.; berg (Präsident), Abt. 1 Verwaltung; Th o m a s , Dr. Michael; DAGS (Vorstand); Kü c k e m a n n s , Friedhelm; DJK-Sportverband; Un g e r e c h t s , Dr. Bodo; Deutscher Schwimmverband; Ku n z m a n n , Eva, Institut für Sportgeschichte Baden-Württem- Wa c k e r , Dr. Christian; Deutsches Sport & Olympia Museum; berg e.V.; Wa h l i g , Henry; Heinrich-Heine Universität Düsseldorf; Le n n a r t z , Dr. Karl; DAGS (1. Vorsitzender); We d e m e y e r -Ko l w e , Prof. Dr. Dr. Bernd; dvs-Sektion Sportge- Li e b , Harald; DAGS (Schatzmeister); schichte; Li n d m e y r , Sebastian; Deutscher Alpenverein; Wi e s e r , Dr. Lothar; Institut für Sportgeschichte Lö l k e , Dr. Jörg; Sportakademie des LSB Thüringen e.V.; Baden-Württemberg; Mä c k , Walter; Württembergischer Fußballbund e.V.; Wi e d e r k e h r , Dr. Stefan; Niemiecki Instytut Historyczny w Mü l l e r , Ina; Deutscher Fußball-Bund e.V.; Warszawie (Deutsches Historisches Institut Warschau); Mü l l e r , Prof. Dr. Norbert; Johannes Gutenberg-Universität Zi e m e r , Daniel; Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepu- Mainz; blik Deutschland, Zeitgeschichtliches Forum Leipzig 2008 - Heft 1 61 Protokoll der Vorstandssitzung vom 5. Oktober 2007 im Kloster Maulbronn

Anwesend: Dr. Karl Lennartz, Martina Behrendt, Harald Lieb, 7. DAGS-Mitteilungen Charly Biernat, Martin Ehlers, Marianne Helms, Friederike Kai- Dr. Lennartz berichtet, dass von einem Verlag ein Ange- ser, Dr. Gerlinde Rohr, Dr. Michael Thomas bot zum Druck des Tagungsbandes vorliegt. Dies ist je- Gäste: Dr. Jürgen Buschmann, Sandra Esser, Stefan Grus, Kuno doch finanziell wesentlich ungünstiger als die Herausga- Schuch be im Eigenverlag (s. Tischvorlage). Deshalb wird die Herausgabe auch in Zukunft im Eigenverlag vorgenommen. 1. Eröffnung und Begrüßung Dr. Lennartz eröffnet die Sitzung und begrüßt die Mitglieder und 8. Jahresplanung 2008 Gäste. Dr. Lennartz berichtet, dass für 2008 das Symposium im Schüt- zenmuseum Coburg auf Schloss Callenberg in Planung ist. The- 2. Genehmigung der Tagesordnung ma ist „Erfahrungen sporthistorischer Spezialmuseen“. Keine Änderungen zur Tagesordnung. Grus stellt das 2004 eröffnete Schützenmuseum kurz vor. Die 3. Bericht des Vorsitzenden Tagung würde im Roten Salon stattfinden. Ob Miete bezahlt Dr. Lennartz berichtet werden muss, verhandelt Grus noch. Technik macht das Schüt- −− von der Schwierigkeit einen neuen Geschäftsführer der zenmuseum selbst. Termin möglichst im November, da dann DAGS zu finden. Bisher hat sich niemand bereit erklärt kein Termindruck von anderen Veranstaltungen für Tagungsort. −− von der Vorbereitung der 2. DAGS-Tagung mit Ehlers. U. a. wurde eine Einladung an alle Sportorganisationen verschickt, Biernat schlägt vor, Tagung mit Treffen der IMOS zu verbinden um die Arbeit der DAGS auf eine breitere politische Ebene und Autogrammstunde für Sammler anzubieten. Zustimmung. zu stellen. Thomas Bach (DOSB) verfasste Grußwort −− von Schwierigkeiten bei der Einstellung des geplanten Hand- Als Termin wird der 21./22.11.2008 beschlossen. buches Sportarchive, -museen in die Webseite DAGS Vorbereitungstreffen am 22./23.2. in München (Alpines Muse- 4. Bericht des Kassierers um), Alternativtermin 1 Woche vorher. Lieb berichtet, dass der Kassenstand am 15. September € 3.917,34 betrug. Zusammen mit Garantien zur Kostenübernah- 2009 soll zum Thema „Ausstellen, Vermitteln“ das nächste Sym- me bei einer Finanzierungslücke für die Tagung Maulbronn posium in Berlin folgen (Sportmuseum Berlin). von der Stadt Maulbronn und dem Institut für Sportgeschichte (jeweils € 1.000) ist die Tagung finanziert. Nach momentanem 9. Verschiedenes Stand werden nach Finanzierung der Tagung etwa € 2.000 übrig Internetauftritt: bleiben, mit dem ein Berichtband im Rahmen der DAGS-Publi- Dr. Thomas merkt an, dass der Internetauftritt dringend wieder kationen finanziert werden kann. gepflegt werden muss. Helms erklärt sich grundsätzlich bereit, Zwei bisher beitragsfrei geführte Mitglieder werden aufgefor- dies zu tun, wenn ein einfach zu bedienendes cms-System hin- dert, in Zukunft Beiträge abzuführen. terlegt ist. Dr. Lennartz wird dies mit dem Ersteller der home- page abklären. 5. Vorbereitung der Mitgliederversammlung Änderung TO: Protokoll der letzten MV muss noch genehmigt Aufgabenverteilung: werden. Entsprechender Punkt 2a. wird eingeführt. Zur Pressearbeit erklärt sich Biernat bereit.

Wahlen: Alle Vorstandsmitglieder und Beisitzer stellen sich zur Internationale Kontakte übernimmt Dr. Lennartz. Wiederwahl. Wacker wird als kooptiertes Mitglied der Mitglie- derversammlung vorgeschlagen. Esser und Schuch werden als Die auf der letzten Vorstandssitzung angedachten Arbeitsgrup- KassenprüferInnen vorgeschlagen. Als Versammlungsleiter wird pen werden sich durch die Vorbereitung der nächsten Symposien der Bürgermeister von Maulbronn vorgeschlagen. finden. 6. Vorbereitung des 2. Symposiums „Sicherung und Erschlie- ßung von Kulturgut des Sports“ Für das Protokoll Der Vorsitzende Ehlers betont noch einmal die Wichtigkeit, stärker politisch zu Gez. Friederike Kaiser Gez. Dr. Karl Lennartz agieren, insbesondere die entsprechenden Sportfunktionäre an- 15.10.2007 15.10.2007 zusprechen. Aussprache über den unterschiedlichen Stand der Bereitschaft, Sportarchive und Sammlungen zu fördern. Keine Änderungen gegenüber der bekannten Tagesordnung. Rohr wird zusätzlich kurze Information über die Bestände zur Sportgeschichte aus dem Bundesarchiv bringen. 62 DAGS-Magazin Protokoll der 3. Mitgliederversammlung vom 5. Oktober 2007

Zeit: 12.30-13.30 Uhr Ort: Stadthalle Maulbronn 5. Entlastung des Vorstandes Der Vorstand wird einstimmig entlastet. 1. Eröffnung und Begrüßung Dr. Lennartz begrüßt die anwesenden Mitglieder, bedankt sich 6. Wahlen bei der Stadt Maulbronn für das zur Verfügung stellen der Räu- Der Bürgermeister von Maulbronn, Felchle, übernimmt die Sit- me und beim Institut für Sportgeschichte für die Organisation. zungsleitung. Der Vorsitzende Dr. Lennartz, die stellvertretende Vorsitzende 2. Genehmigung der Tagesordnung Behrendt, der Schatzmeister Lieb und die Beisitzer Biernat, Eingefügt wird als TOP 2a. Genehmigung des Protokolls der vo- Ehlers, Helms, Kaiser, Dr. Rohr und Dr. Thomas stellen sich rangegangenen Mitgliederversammlung. zur Wahl und werden einstimmig wieder gewählt. Dr. Wacker (Deutsches Sport- und Olympiamuseum Köln) wird als koop- 2a. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen tiertes Mitglied ebenfalls einstimmig bestimmt. Mitgliederversammlung Das Protokoll der Mitgliederversammlung vom 4. Juni 2005 Als Kassenprüfer werden einstimmig Schuch und Esser ge- wird einstimmig genehmigt. wählt.

3. Bericht aus dem Vorstand 7. Bericht über das Symposium (Martin Ehlers) Dr. Lennartz berichtet Ehlers gab Erläuterungen zum Ablauf des der Mitgliederver- sammlung folgenden Symposiums ab. −− von der Schwierigkeit einen neuen Geschäftsführer der DAGS zu finden. Bisher hat sich niemand bereit erklärt 8. Arbeitsplan 2007-2009 −− von der Vorbereitung der 2. DAGS-Tagung mit Ehlers. U. a. Dr. Lennartz berichtet, dass für 2008 ein Symposium zum The- wurde eine Einladung an alle Sportorganisationen verschickt, ma Erfahrungen sporthistorischer Spezialmuseen in Planung ist. um die Arbeit der DAGS auf eine breitere politische Ebene Als Ort ist das Schützenmuseum in Coburg auf Schloss Callen- zu stellen. Dr. Thomas Bach (DOSB) verfasste Grußwort berg vorgesehen, als Termin der 21./22. November 2008. −− von Schwierigkeiten bei der Einstellung des geplanten Hand- buches Sportarchive, -museen in die Webseite DAGS Der Leiter des Schützenmuseums, Grus, stellt das Schützenmu- seum vor. Nach einem Vorgängermuseum in Nürnberg wurde es Der Schatzmeister berichtet, dass der Verein finanziell auf ge- 2004 auf Schloss Callenberg neu eröffnet. Es befindet sich noch sunden Beinen steht. Der Kassenstand betrug am 15. September immer im Aufbau, Teile sind jedoch bereits fertig gestellt und 3.917,34 €. Zusammen mit Zuschüssen für die Tagung Maul- der Öffentlichkeit zugänglich. bronn von der Stadt Maulbronn und dem Institut für Sportge- schichte ist die Tagung finanziert. Es wird zudem ein Berichts- Biernat berichtet, dass sich die IMOS mit einem Regionaltreffen band im Rahmen der DAGS-Publikationen finanziert werden der Olympiasammler mit einer Tauschbörse und Autogramm- können. stunde an das Symposium anschließen wird.

Die Kasse wurde am 4.10.2007 für den Zeitraum vom 1.1.2005 2009 soll zum Thema „Ausstellen, Vermitteln“ das nächste Sym- bis zum 31.12.2006 geprüft, und die Kassenführung als korrekt posium in Berlin folgen. befunden. Ein ausdrücklicher Dank geht an Frau Winter, die die Kasse sehr gewissenhaft geführt hat. 9. Verschiedenes Philipp, Leiter des Grünauer Wassersportmuseums, lädt alle 4. Aussprache über die Berichte Mitglieder der DAGS ein, das Museum anzuschauen. Zudem Schermer (Landessportbund Hessen) regt an, bessere Querver- berichtet er, dass ein Sportdenkmal in Berlin wieder ins Leben bindungen zwischen den Institutionen herzustellen. Vorgeschla- gerufen werden soll. Dazu benötigt er Namen von bedeutenden gen wird eine „Kontaktecke“ auf der homepage der DAGS. Sportlerinnen, Sportlern, Vereinen und Institutionen. Er bittet die Mitglieder, ihm diese zu melden. Krugler (Bayer. Kanuverband) merkt an, dass bei der DAGS we- nig Sportfachverbände Mitglied sind. Lieb berichtet dazu, dass die Mitgliederzahl seit der Gründung der DAGS von 30 auf in- Für das Protokoll Der Vorsitzende zwischen gut 50 gewachsen ist. Weiteres Wachstum (auch unter Gez. Friederike Kaiser Dr. Karl Lennartz den Sportfachverbänden) ist jedoch angestrebt. 15.10.2007 15.10.2007