Verlorene Helden
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IN ZUSAMMENARBEIT MIT DER DFB-KULTURSTIFTUNG VERLORENE HELDEN VON GOTTFRIED F UCH S BIS WALTH ER BENSEMANN — D IE VERTREIBUNG DER JUDEN AUS DEM DEUTSCH EN FU SSBALL NACH 1933 BÜCHER 3 11 FREUNDE VERLORENE HELDEN EDITORIAL gegen das Liebe Leserinnen und Leser, als der 13 Jahre alte Leo Weinstein im Frühjahr 1934 zum Training der Nachwuchs- Vergessen mannschaft des SV Werder Bremen kam, erlebte er den Schock seines jungen Lebens. Der Trainer teilte dem schon seit fünf Jahren im Klub aktiven Jungen mit, dass er ab sofort nicht mehr mitspielen dürfe: weil er Jude sei. Ausgrenzungen solcher Art erlebten in Deutschland ab dem Frühjahr 1933 Ronny Blaschke Wie Neonazis den Fußball L. Peiffer / D. Schulze-Marmeling (Hrsg.) tausende jüdische Spieler, Trainer, Schiedsrichter, Funktionäre, Mäzene oder Angriff von Rechtsaußen missbrauchen: Ein hoch aktuelles, Hakenkreuz und rundes Leder 224 S., Paperback, Fotos »immens wichtiges Buch« 608 S., Hardcover, Fotos einfache Mitglieder. Dabei hatten viele von ihnen sich in ihren Klubs über viele ISBN 978-3-89533-771-0 (11Freunde). ISBN 978-3-89533-598-3 € 16,90 (E-Book: 12,99) € 39,90 Jahre engagiert, hatten mitgeholfen, Deutsche Meisterschaften zu gewinnen, Der Autor wurde ausgezeichnet mit dem Julius-Hirsch-Ehrenpreis des DFB 2013. »Umfassende Analyse« (FAZ) namhafter Sporthistoriker zum waren Nationalspieler oder sogar Gründungsmitglieder großer Vereine wie dem Fußball im Nationalsozialismus: Täter, Opfer, Mitläufer. FC Bayern München, Eintracht Frankfurt oder dem 1. FC Nürnberg gewesen. Die Vertreibung der Juden aus dem Sport ist die Geschichte eines großen Verlus- tes, der jahrzehntelang fast vergessen gewesen ist. Das hat sich in den letzten Fußballbuch des 15 Jahren durch engagierte Forscher und Fan-Initiativen glücklicherweise allmäh- Jahres 2011 lich geändert. Deshalb haben sich 11 FREUNDE und die Kulturstiftung des Deut- Bernd-M. Beyer Dietrich Schulze-Marmeling Der Mann, der den Fußball schen Fußball-Bundes entschlossen, erstmals einen Überblick über Der FC Bayern nach Deutschland brachte und seine Juden 576 Seiten, Klappenbroschur, Fototeil 304 S., Paperback, Fotos ISBN 978-3-7307-0093-8 die Lebensläufe von Juden im deutschen Fußball zu geben. ISBN 978-3-7307-0037-2 € 19,90 (E-Book: 16,99) € 14,90 (E-Book: 9,99) Erweiterte Neuaufl age Die Sporthistoriker Professor Lorenz Peiffer und Henry Wahlig von der Universi- 2., erweiterte Aufl age 2013 Erscheint im März 2014 tät Hannover haben auf Basis eigener Forschungen und dank der Vorarbeit und »Ein eindrucksvolles Walther Bensemanns atemloses Buch über die andere Leben als Fußballpionier, Kos- Unterstützung vieler anderer Forscher die Biografien von 192 jüdischen Fuß- Seite des Rekordmeis- mopolit, Gründer des »Kicker« ters« (Süddeutsche und jüdischer Exilant. »Unbedingt ballern zusammengetragen, die Opfer der NS-Verfolgung waren. Diese Übersicht Zeitung). lesenswert« (Deutschlandfunk). jüdischer Protagonisten in den damals großen Vereinen kann und will nicht voll- ständig sein. Sie soll dazu anregen, weitere Nachforschungen anzustellen, mit Zeitzeugen zu sprechen und dazu beizutragen, die jüdische Geschichte des deutschen Fußball fortzuschreiben. Arthur Heinrich Als Jude im Ermöglicht wurde die vorliegende Publikation durch die DFB-Kulturstiftung, Werner Skrentny deutschen Fußball Julius Hirsch. 350 Seiten, Hardcover, Fotos eine Anzeige des Verlags »Die Werkstatt« sowie ein Preisgeld der Stiftung Nationalspieler. Ermordet. ISBN 978-3-7307-0084-6 352 S., Hardcover, Fotos € 29,90 »Gegen Vergessen. Für Demokratie«, von der 11 FREUNDE für »die vorbildliche ISBN 978-3-89533-858-8 Erscheint im April 2014 € 24,90 (E-Book: 19,99) Der Holocaust-Über- redaktionelle Arbeit« in Bezug auf Vergangenheitsaufarbeitung und Engagement »Eine grandiose Biografi e« lebende Martin Abraham (Deutschlandradio) Stock wirkte nach dem gegen rechte Tendenzen im Fußball ausgezeichnet worden ist. über den jüdischen Krieg im Vorstand des Nationalspieler, der DFB. Eine hervorragend Leo Weinstein übrigens konnte rechtzeitig vor dem Holocaust in die USA fliehen im KZ ermordet wurde. recherchierte Biografi e. und wurde dort ein angesehener Literaturwissenschaftler. Ein Verlust also nicht nur für den deutschen Fußball. Titelfoto: Agon Sportverlag | Raschke Archiv | Raschke Sportverlag Agon Titelfoto: VERLAG DIE WERKSTATT Die Werkstatt auf Facebook: www.facebook.com/verlagdiewerkstatt www.werkstatt-verlag.de 5 11 FREUNDE VERLORENE HELDEN EIN LEITUNG V EREH RT— V ERFOLGT — V ERG ESSEN Bis 1933 waren Juden ein selbstverständlicher Teil des deutschen Fußballs. Nach ihrer Vertreibung und dem Holocaust geriet das fast völlig in Vergessenheit. Erst in den letzten Jahren ist eine Kultur des Erinnerns entstanden Von L orenz Peiffer & Henry Wahlig 6 11 FREUNDE VERLORENE HELDEN EIN LEITUNG 7 11 FREUNDE VERLORENE HELDEN EIN LEITUNG Als der Fußball Ende des 19. Jahrhunderts nach vor Gründung des DFB gegen Teams aus Eng- in mehreren westdeutschen Städten jüdische Deutschland kam, wurde das englische Spiel land und Frankreich. Bensemann war es auch, Vereine, die sich im VINTUS (Verband jüdisch- von vielen etablierten Bürgern verächtlich als der 1900 auf der Gründungsversammlung des neutraler Turn- und Sportvereine) zusammen- »Fußlümmelei« und »englische Krankheit« ab- DFB in Leipzig den Namen Deutscher Fußball- schlossen. Dieser startete im November 1925 gelehnt. Die alten Eliten standen ihm kritisch Bund zur Abstimmung vorschlug. 1920 grün- die erste selbstorganisierte jüdische Fußball- gegenüber, weil der neue Fußballsport welt- dete er zudem mit dem »Kicker« eine Fußball- liga in Deutschland. Generell waren in diesen offen, tolerant und international ausgerichtet zeitschrift, um seine Ideen auch publizistisch Jahren aber zumindest Freundschaftsspiele war. Er bot im Gegensatz zum bis dahin domi- zu verbreiten. zwischen jüdischen Mannschaften und Ver- nierenden Turnen, das Jugendliche mit mili- Auch in kleineren Orten und Gemeinden wa- einen des DFB an der Tagesordnung. tärischem Drill und in streng deutschnationa- ren Juden an der Gründung von Fußballver- ler Gesinnung erzog, individuelle Bewegungs- einen beteiligt. Gerade auf dem Land war der All das änderte sich im Frühjahr 1933 schlag- und Entfaltungsmöglichkeiten. Sport für Juden weit mehr als nur eine Freizeit- artig. Nur wenige Wochen nach dem Macht- Auch Juden hatten im Kaiserreich mit Ressen- beschäftigung. Im gemeinsamen Spiel, Seite antritt von Adolf Hitler als Reichskanzler am timents zu kämpfen, obwohl sie seit der Ver- an Seite mit den christlichen Teamkameraden, 30. Januar begann die systematische Verfol- fassung von 1871 erstmals formal rechtlich erlebten Juden eine neue Form der Akzeptanz gung der jüdischen Bevölkerung in Deutsch- gleichgestellt waren. Dennoch stießen sie bei und Einbindung, die ihnen in anderen Lebens- land. Erste Vorboten einer immer radikaler ihren Bemühungen um Anerkennung auch im bereichen versagt blieb. Auf diese Weise wur- werdenden Ausgrenzungspolitik waren der Sport nicht selten auf Ablehnung und Wider- de der Fußball auch zu einem Motor der gesell- Anfang April von den Nationalsozialisten ver- stände. Einige Turnvereine etwa erließen be- schaftlichen Integration. ordnete Boykott jüdischer Geschäfte sowie die reits um die Jahrhundertwende Arierparagra- Juden waren aber nicht nur als Funktionäre Entlassung jüdischer Beamter aus dem Staats- fen, mit denen sie sich vor einer angeblichen wichtig, sondern auch als Spieler. 1911 wurden dienst. Auch deutsche Turn- und Sportorgani- Nationalspieler Gottfried Fuchs jüdischen »Unterwanderung« schützen woll- die beiden Karlsruher Stürmer Julius Hirsch sationen begannen schon in diesen Tagen in (Mitte) im Jahr 1911 ten. Demgegenüber waren Fußballvereine für und Gottfried Fuchs als erste und bis heute eigener Initiative mit dem Ausschluss ihrer jü- Juden besonders attraktiv, weil sie Minderhei- einzige jüdische Spieler in die deutsche Na- dischen Mitglieder. Quasi über Nacht machten ten neue gesellschaftliche Freiräume öffneten. tionalmannschaft berufen. Zusammen bestrit- sie aus den bisherigen Vereinskameraden Ver- Es ist daher keine Überraschung, dass unge- ten sie 13 Länderspiele und schossen dabei 17 femte und Verfolgte. wöhnlich viele Juden an der Verbreitung des Treffer. Gottfried Fuchs stellte sogar einen bis Bereits am 9. April 1933 betonten 14 Vereine Fußballs in Deutschland beteiligt waren. heute unerreichten Rekord im Nationaltrikot aus dem Süden und Südwesten der Republik in Zahlreiche Spitzenvereine von heute, wie der auf: Beim 16:0-Sieg gegen Russland während einer gemeinsamen Resolution, sich »der natio- FC Bayern München, der 1. FC Nürnberg oder der Olympischen Spiele 1912 gelangen ihm nalen Regierung [...] freudig und entschieden« Walther Bensemann (oben 3. v. li.) mit einer deutschen Eintracht Frankfurt, wurden von Juden mitge- zehn Tore. Zwar kein Nationalspieler, aber An- zur Verfügung zu stellen und »insbesondere Auswahl 1898 in Paris gründet. Auch an der Entstehung des DFB im fang der 1920er-Jahre ein großer Star des Ber- in der Frage der Entfernung der Juden aus den Jahr 1900 waren Juden entscheidend beteiligt, liner Fußballs war Rechtsaußen Simon Leise- Sportvereinen« mit den neuen Machthabern zu- etwa der aus England stammende John Bloch rowitsch von Tennis Borussia. sammenzuarbeiten. Der Kreis der unterzeich- oder die Brüder Gustav und Friedrich Mann- nenden Vereine dieser sogenannten »Stutt- heimer. Am wichtigsten jedoch wurde Walther Vor 1933 kickten die meisten jüdischen Fuß- garter Erklärung« liest sich wie das damalige schen