Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2467 08.10.2013

Gesetzentwurf

Landesregierung

Entwurf eines Gesetzes über die Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster

Sehr geehrter Herr Präsident, als Anlage übersende ich gemäß Artikel 77 Abs. 2 der Verfassung des Landes Sach- sen-Anhalt den von der Landesregierung am 1. Oktober 2013 beschlossenen

Entwurf eines Gesetzes über die Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster nebst Begründung mit der Bitte, die Beschlussfassung des Landtages von Sachsen- Anhalt herbeizuführen.

Federführend ist das Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Reiner Haseloff Ministerpräsident

(Ausgegeben am 09.10.2013) 2

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Entwurf

Gesetz über die Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster.

§ 1

Die Gemeinde Mühlanger wird in die Stadt Zahna-Elster eingemeindet. Die einge- meindete Gemeinde Mühlanger wird aufgelöst.

§ 2

Dieses Gesetz tritt am 4. Februar 2014 in Kraft. 4

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Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Anlass und Ziel des Gesetzes

Mit § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sach- sen-Anhalt betreffend den Landkreis vom 8. Juli 2010 (GVBl. LSA S. 420) wurde die Gemeinde Mühlanger aufgelöst und die Einheitsgemeinde Zahna-Elster unter Einschluss der vormaligen Gemeinde Mühlanger gebildet. Diese Neubildung lehnte die Gemeinde Mühlanger ab.

Die Klage der Gemeinde Mühlanger gegen § 5 Abs. 2 des o. g. Gesetzes vor dem Landesverfassungsgericht war erfolgreich. Mit dem Urteil vom 29. Mai 2013 (AZ.: LVG 58/10) erklärte das Landesverfassungsgericht die Neubildung der Stadt Zahna- Elster in Bezug auf die Gemeinde Mühlanger für nichtig, da zwischen der öffentlichen Bekanntmachung im Schaukasten am 30. September 2009 und dem Tag der Bür- geranhörung am 29. November 2009 nicht die nach § 55 Satz 1 i. V. m. § 6 Abs. 2 Satz 1 des Kommunalwahlgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt gesetzlich vorge- schriebene Spanne von zwei Monaten gelegen hat. Die Nichtigkeitserklärung stützt sich allein auf diese formellen Gründe.

Die Gemeinde Mühlanger ist damit weiterhin selbständig. Es bleibt jedoch bei dem im Gesetz über die Grundsätze der Neugliederung der Gemeinden im Land Sach- sen-Anhalt (Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetz - GemNeuglGrG) nieder- gelegten Auftrag, zukunftsfähige gemeindliche Strukturen zu schaffen. § 2 Abs. 1 und 3 GemNeuglGrG sehen dazu Einheitsgemeinden mit mindestens 10.000 Ein- wohnern vor. Ausnahmen sind unter bestimmten Voraussetzungen möglich, die in diesem Fall jedoch nicht vorliegen.

II. Verfassungsrechtliche Anforderungen

Zum 31. Dezember 2005 existierten im Land Sachsen-Anhalt 1056 Gemeinden, da- von 38 Einheitsgemeinden inklusive der kreisfreien Städte Dessau, Magdeburg und (Saale). Die übrigen Gemeinden gehörten insgesamt 95 Verwaltungsgemein- schaften an. Von diesen Gemeinden hatten 418 weniger als 500 Einwohner bzw. 723 weniger als 1.000 Einwohner.

Angesichts der Kleinteiligkeit der gemeindlichen Ebene und dem fortschreitenden demografischen Wandel, der zunehmenden Überalterung und den geringer werden- den finanziellen Zuweisungen an die Kommunen sowie den sich hieraus ergebenden Problemen für die gemeindliche Aufgabenerfüllung halten es Landesregierung und Landtag für erforderlich, die gemeindlichen Strukturen leistungsfähig und langfristig zukunftsfähig zu gestalten.

Das von der Landesregierung entwickelte Leitbild zur Gemeindegebietsreform vom 7. August 2007 hat der Gesetzgeber mit der Verabschiedung des Begleitgesetzes zur Gemeindegebietsreform im Land Sachsen-Anhalt vom 14. Februar 2008 (GVBl. LSA Nr. 3/2008, S. 40) kodifiziert. Artikel 1 des Begleitgesetzes, namentlich das 6

Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetz - GemNeuglGrG, enthält die Ziele so- wie das Leitbild und die Leitlinien der geplanten Neugliederungen. Das mit Artikel 2 verabschiedete Verbandsgemeindegesetz beinhaltet die kommunalverfassungs- rechtlichen Grundlagen zur Einführung der nach dem Gemeindeneugliederungs- Grundsätzegesetz nur in der freiwilligen Phase zugelassenen Bildung von Ver- bandsgemeinden.

Beide Gesetze waren Gegenstand zahlreicher kommunaler Verfassungsbeschwer- den. Nach den Urteilen des Verfassungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ste- hen sowohl das von Landesregierung und Gesetzgeber gesehene Erfordernis einer landesweiten Gebietsreform (1. Stufe) als auch die abstrakt-generellen Regelungen der angegriffenen Gesetze (2. Stufe) mit der Verfassung des Landes Sachsen-An- halt und dem in Art. 87, Art. 2 Abs. 3 Verf LSA verankerten Recht auf kommunale Selbstverwaltung in Einklang (LVG 12, 27, 56, 58, 71, 83, 87, 99, 145/08, Urteil vom 21. April 2009 sowie LVG 118/08, 119/08, 120/08 Urteil vom 21. April 2009). Insbe- sondere entspricht das im Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetz normierte System zur Neugliederung der gemeindlichen Ebene im Land Sachsen-Anhalt den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Denn die einzelnen Regelungen sind auf Gemeinwohlgesichtspunkte gestützt und werden den Gemeinwohlanforderungen des Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 Verf LSA gerecht.

Nimmt der Gesetzgeber nun auf der dritten Stufe der Reform nach dem von ihm aufgestellten System Gebietsänderungen selbst vor, muss er sich an die verfas- sungsrechtlichen Vorgaben des Art. 90 Verf LSA halten. Inhalt der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie ist der in Art. 90 Verf LSA verankerte Verfassungsrechts- satz, dass das Gebiet von Kommunen nur aus Gründen des Gemeinwohls und nach Anhörung der betroffenen Gebietskörperschaften und Einwohner geändert werden kann (LVerfG Sachsen-Anhalt, LVerfGE 2, 227 <246>). Neben den freiwillig von den Gemeinden abgeschlossen Gebietsänderungsverträgen, die zwischenzeitlich ge- nehmigt und bekannt gemacht wurden, können nach dem Wortlaut des Art. 90 Satz 1 Verf LSA Gebietsveränderungen gegen den Willen der Kommunen nur durch Ge- setz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen. Auflösungen von Gemeinden, Gemein- dezusammenschlüsse, Eingemeindungen und sonstige Gebietsänderungen durch gesetzliche Neugliederungen beeinträchtigen den verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich des Selbstverwaltungsrechts damit grundsätzlich nicht (vgl. BVerfGE 50, 50; 59, 216 <227>; 86, 90 <107>). Die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt steht somit Änderungen des Gemeindegebietes, auch soweit sie gegen den Willen der betroffenen Gemeinden erfolgen, nicht von vornherein entgegen.

Nach Art. 90 Satz 2 Verf LSA ist der Gesetzgeber befugt, das Nähere, insbesondere zur Anhörung der betroffenen Kommunen und Einwohner, durch einfaches Gesetz zu regeln. Mit den Vorschriften über Gebietsänderungen in den §§ 16 ff. GO LSA ist der Gesetzgeber dem nachgekommen. Gebietsänderungen sind im Wesentlichen dergestalt möglich, dass eine Gemeinde aufgelöst und in eine andere Gemeinde eingemeindet wird (Eingemeindung) oder mehrere Gemeinden aufgelöst und zu ei- ner neuen Gemeinde vereinigt werden (Neubildung). Das Gemeindeneugliederungs- Grundsätzegesetz überlässt es wegen der Verwendung der Termini „werden durch Gesetz zu Einheitsgemeinden zusammengeschlossen“ und „werden nach dem 30. Juni 2009 durch Gesetz zugeordnet“ dem Gesetzgeber, in welchen Fällen er ei- ne Neubildung und in welchen er eine Eingemeindung vornimmt. In beiden Fällen sind die Gebietsänderungen nur möglich, wenn als Rechtfertigung Gründe des Ge- 7 meinwohls vorliegen und die beteiligten Gemeinden sowie die in dem unmittelbar betroffenen Gebiet wohnenden Bürgerinnen und Bürger zuvor angehört worden sind.

Im verfassungsrechtlichen Kontext ist deswegen zu berücksichtigen, dass den Kommunen und den Gemeindeverbänden entsprechend Art. 28 Abs. 2 GG nach Art. 2 Abs. 3 und 87 Abs. 1 Verf LSA das Recht gewährleistet ist, ihre Angelegen- heiten im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu verwalten. Die kommu- nale Selbstverwaltung nach Art. 2 Abs. 3 Verf LSA verlangt, dass es im Staatsauf- bau des Landes Sachsen-Anhalt überhaupt Kommunen gibt (LVerfGE 2, 227 <246, 250>). Diese institutionelle Garantie schützt den Erhalt der Institution „Gemeinde“ als solcher, nicht aber den Bestand einer jeden einzelnen Gemeinde individuell (vgl. BVerfGE 50, 50; 59, 216 <227>). Aus Art. 87 Verf LSA folgt die Garantie von Aufga- ben kommunaler Selbstverwaltung (LVerfG Sachsen-Anhalt, LVerfGE 2, 227 <247>). Absatz 1 der Verfassungsnorm greift die Selbstverwaltungsgarantie inhalt- lich auf, indem festgehalten wird, dass die Kommunen ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung verwalten. Die Gewährleistung der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung besteht gemäß Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 Abs. 1 Verf LSA nur „im Rahmen der Gesetze“. Dementsprechend sind auch die den Gemeinden zustehenden Organisationsbefugnisse durch die Vorgaben des Gesetzgebers gebunden. Er muss der verfassungsrechtlichen Verbürgung einer mit wirklicher Verantwortlichkeit ausgestatteten Selbstverwaltung, durch die den Bürge- rinnen und Bürgern eine wirksame Teilnahme an den Angelegenheiten des Ge- meinwesens ermöglicht wird, Rechnung tragen und die Gemeinden zur Wahrneh- mung ihrer Aufgaben befähigen. Begrenzt wird die gesetzgeberische Entscheidung einerseits durch den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie. Der Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltung darf nicht ausgehöhlt werden. Die grundsätzlich freie Bestimmung über die Organisation der Gemeinde überhaupt zählt indes nicht zum verfassungsrechtlich verbrieften Wesensgehalt des Selbstver- waltungsrechts. Entscheidungen über die äußeren Grundstrukturen der Gemeinde überhaupt wurden in allen Bundesländern stets als Sache des Gesetzgebers be- trachtet. Die Festlegung und Konturierung der Gemeindeverfassungstypen sind ebenso wie die Entscheidung über Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger vom Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nicht erfasst. Andererseits muss der Gesetzgeber den Gemeinden die Möglichkeit eigenverant- wortlicher Aufgabenwahrnehmung garantieren. Wie aus den kommunalverfassungs- rechtlichen Regelungen zur inneren Organisation der Gemeinden ablesbar, wird auch diese nur relativ gewährleistet. Wenn aber die innere Organisation derartigen Zugriffen des Gesetzgebers zugänglich ist, dann muss dies erst Recht für deren äu- ßere Organisation und damit für einzelne Neugliederungsmaßnahmen gelten (vgl. m.w.N.: LVerfG LSA, LVG 12/08 vom 21. April 2009 RN 18 sowie LVG 118/08 vom 21. April 2009 RN 21 der Internetveröffentlichung: www.lverfg.justiz.sachsen-an- halt.de).

Seit Beginn der so genannten Freiwilligkeitsphase der Gebietsreform mit dem im August 2007 verabschiedeten Leitbild der Landesregierung hatten die Gemeinden Gelegenheit, durch freiwillige spätestens am 1. Januar 2010 in Kraft tretende Ge- bietsänderungen die Ziele der Gebietsreform in Sachsen-Anhalt zu verwirklichen und Eingemeindungen oder Neubildungen sowie Verbandsgemeindebildungen nach den durch das Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetz vorgezeichneten Struk- turen zu vollziehen. Die Gemeinde Mühlanger hat hiervon bislang keinen Gebrauch 8 gemacht. Sie hat keine genehmigungsfähige Vereinbarung über leitbildgerechte Einheits- oder Verbandsgemeinden bis zum Stich-ag 30. Juni 2009 vorgelegt.

Nach dem Neugliederungssystem soll die landesweite Gebietsreform auch gegen den Willen einzelner Gemeinden durch Gesetz vollzogen werden (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2, Abs. 8 Satz 2, Abs. 9 GemNeuglGrG). Dem kommt der Gesetzgeber nach. Nach dem Scheitern oder Nichtzustandekommen eines freiwilligen Gebietsände- rungsvertrages während der Freiwilligkeitsphase ist es nun dem Gesetzgeber ges- tattet, in den Schutzbereich des kommunalen Selbstverwaltungsrechts einzugreifen. Der Eingriff ergibt sich aus der Auflösung der betroffenen nicht leitbildgerechten Gemeinde. In diesem Fall hört sie als eigenständige Selbstverwaltungskörperschaft auf zu existieren und ihre nach Art. 2 Abs. 3, 87 Abs. 1 Verf LSA garantierte All- zuständigkeit geht verloren. Deswegen sind auf der dritten Stufe, der konkreten Um- setzung der Reform im Einzelfall, an den Eingriff des Gesetzgebers in das kommu- nale Selbstverwaltungsrecht der einzelnen Gemeinde verfassungsrechtlich erhöhte Anforderungen geknüpft. Der Eingriff in den Gebietsstand einer Gemeinde ist nach Art. 90 Satz 1 Verf LSA dann verfassungsgemäß, wenn als Eingriffsvoraussetzung Gründe des Gemeinwohls vorliegen (st. Rspr. des BVerfG; vgl. BVerfGE 50, 50 <50>; 86, 90 <107> m.w.N.).

Bei dem Gemeinwohl handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der sich nicht allgemeingültig definieren, sondern nur im Einzelfall konkretisieren lässt. Wesentlich ist jedoch, dass bei der Neugliederungsentscheidung die Interessen des Einzelnen, die der betroffenen Gemeinde und die des Staates in Einklang zu bringen sind. Ob eine bestimmte Gebietsänderung gemeinwohlverträglich ist, kann nicht al- lein aus Sicht der betroffenen Gemeinde beurteilt werden. Denn das Gemeinwohl ist nicht mit dem Wohl der betroffenen Gemeinde gleichzusetzen, vielmehr muss die Gebietsreform höherrangige verfassungs-rechtliche Staatsziele und die Einrich- tungsgarantien einbeziehen.

Zu den einen Eingriff zulassenden und aus der Verfassung des Landes Sachsen- Anhalt selbst herzuleitenden Gemeinwohlgründen gehört vor allem, dass die Ge- meinden ihrer Funktion gerecht werden können, die ihnen Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 Verf LSA innerhalb des Staatsaufbaus zuweisen. Dabei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass sich der Schwerpunkt öffentlicher Aufgaben gerade auch auf der kommunalen Ebene von der Eingriffs- auf die Leistungsverwaltung verlagert hat, so dass dem Sozialstaatsprinzip und den Verfassungsbestimmungen, die es konkreti- sieren, rechtlich besondere Bedeutung zukommt (StGH BW, ESVGH 25, 1 <7>). Ei- genständig und gleichwertig hinzu treten die Verpflichtungen aus den Einrichtungs- garantien und den Staatszielen. Diese richten sich über den Wortlaut des Art. 3 Abs. 2, 3 Verf LSA hinaus nicht nur an das Land, sondern gerade auch an die Kommunen. Vor diesem Hintergrund ist es ein Gemeinwohlbelang, wenn verlangt wird, dass die Kommunen in der Lage sind, auch die Aufgaben möglichst sachge- recht und effektiv zu erfüllen. Enthält Art. 87 Abs. 1 bis 4 Verf LSA eine eher formale Abgrenzung zum staatlichen Bereich, so erfüllen die Gebote aus dem Sozialstaats- prinzip, aus den Staatszielen und den Einrichtungsgarantien den kommunalen Be- reich mit Inhalt (vgl. LVerfG LSA, LVerfGE 2, 227 <227 f., 258 f.>; LVerfG LSA, LVG 12/08 vom 21. April 2009 RN 15 sowie LVG 118/08 vom 21. April 2009 RN 18 der Internetveröffentlichung: www.lverfg.justiz.sachsen-anhalt.de). Die in § 1 Gem- NeuglGrG enthaltenen Reformziele entsprechen diesen Anforderungen. Das in Abs. 1 formulierte Bemühen um die Stärkung der Leistungsfähigkeit der Gemeinden 9 im Interesse einer bestmöglichen Daseinsvorsorge für die Einwohnerinnen und Ein- wohner sowie die Stärkung der Verwaltungskraft der Gemeinden im Interesse einer wirksamen Bewältigung ihrer Verwaltungsaufgaben und der sparsamen und wirt- schaftlichen Verwendung der den Gemeinden zufließenden finanziellen Mittel ist ein den Eingriff in die Selbstverwaltungsgarantie rechtfertigender Gemeinwohlgrund. Gleiches gilt für das Gebot einer optimalen Verwaltungsorganisation und - als Aus- fluss des Demokratiegebotes - für die zu wahrende bürgerschaftliche Beteiligung an der kommunalen Selbstverwaltung (so ausdrücklich und m.w.N. LVerfG LSA, LVG 12/08 vom 21. April 2009 RN 15 sowie LVG 118/08 vom 21. April 2009 RN 18 der Internetveröffentlichung: www.lverfg.justiz.sachsen-anhalt.de). Abs. 2 Satz 1 stellt darüber hinaus klar, dass die Reform gleichzeitig einen Beitrag zur Lösung der Stadt-Umland-Probleme im Bereich der Mittelzentren leisten soll. Der Gesetzgeber hat mit der Formulierung dieser gesetzgeberischen Ziele das Gemeinwohl innerhalb der von der Verfassung vorgegebenen Grenzen konkretisiert.

Das von ihm zur Umsetzung dieser Ziele gewählte Neugliederungskonzept unterliegt dem gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum. Nach den o. g. Entscheidungen des Landesverfassungsgerichts ist dieses in § 2 und § 3 GemNeuglGrG verankerte Sys- tem verfassungs-rechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber hat für die das gesamte Land umfassende Neuordnung ein Leitbild definiert und einzelne Sys- temkriterien entwickelt, die dem Gemeinwohl und den weiteren Schranken der Ver- fassung, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, entsprechen.

Für konkrete Eingriffe in den Gebietsstand einzelner Gemeinden erlangen das die Zielvorstellungen festlegende Leitbild und das mit den Leitlinien aufgestellte System zu deren Umsetzung rechtliche Bedeutung über die aus dem Gleichheitssatz und dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsfigur der Selbstbindung. Aus dem Ge- samtzusammenhang des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG tritt hier für den Bereich kommu- naler Neugliederungen eine Selbstbindung des Gesetzgebers ein. Üblicherweise wird dies als Gebot der Systemgerechtigkeit oder Systemtreue der kommunalen Umgestaltung bezeichnet, an der sich der Gesetzgeber im konkreten einzelnen Neugliederungsfall messen lassen muss, will er nicht gegen das Willkürverbot ver- stoßen (vgl. ThürVerfGH, LVerfGE 5, 391 <392>). Dieser Grundsatz der Systemge- rechtigkeit verlangt dabei keinesfalls eine schematische Gleichheit, sondern verbie- tet lediglich, das System willkürlich zu verlassen. An die einmal gewählten Grund- sätze ist der Gesetzgeber danach nicht in jedem einzelnen Neugliederungsfall starr gebunden. Leitbild und Leitlinien bilden einen für jede Einzelmaßnahme konkretisie- rungsbedürftigen Rahmen. Diesen darf oder muss der Gesetzgeber aus entspre- chenden Sachgründen, insbesondere bei einer besonderen Sachverhaltsgestaltung verlassen (ThürVerfGH, LVerfGE 5, 391 <422> m. w. N.). Deshalb sind Abweichun- gen gleichwohl verfassungsgemäß, die eine nicht beabsichtigte Härte ausgleichen sollen oder die durch einen anderen sachlichen Grund gerechtfertigt sind.

Das bedeutet, die gesetzgeberische Abwägung der für und gegen die Neugliede- rungsmaßnahme streitenden Belange wird grundsätzlich durch die Vorgaben des Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetzes gesteuert. Deren Konkretisierung er- fordert, die spezifischen örtlichen Gegebenheiten für jede einzelne aufzulösende Gemeinde zu betrachten. Damit muss der Gesetzgeber die örtlichen Belange der Gemeinde und die überörtlichen Belange des Landes vollständig und zutreffend er- mitteln, gegenüberstellen und erkennbar seiner Abwägung zugrunde legen. Das be- deutet nicht, dass die örtlichen Belange der Gemeinde den Vorrang haben. Der Ge- 10 setzgeber muss sich aber bei der Durchsetzung der überörtlichen Belange davon leiten lassen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Er darf sich aufdrängende Gemeinwohlaspekte nicht übersehen. Bereits in der freiwilligen Phase erfolgte leitbildgerechte Gebietsänderungen, die staatlich genehmigt sind, hat er ausreichend zu würdigen. Gewinnt der Gesetzgeber aus ermittelten Tatsachen Prognosen, legt er Prognosen als Tatsachen zugrunde oder nimmt er Wertungen vor, darf das Ergebnis nicht eindeutig fehlerhaft oder eindeutig widerlegbar sein (vgl. LVerfG LSA, LVerfGE 2, 227 <228, 257 ff.). Im Zuge seiner Abwägung steht es ihm frei, einzelne oder mehrere Belange zu bevorzugen und sich damit notwendig für die Zurückstellung anderer betroffener Gesichtspunkte zu entscheiden. Die Gewichtung muss mit dem Leitbild und den Leitlinien in Einklang stehen. Sie muss geeignet und erforderlich sein, die mit der Gemeindegebietsreform verfolgten Ziele zu erreichen und verhältnismäßig sein. Die Gewichtung und Bewertung der Gemeinwohlaspekte durch den Gesetzgeber darf ihrerseits nicht deutlich außer Verhältnis zu dem ihnen von Verfassung wegen zukommenden Gewicht stehen.

In formeller Hinsicht muss der Gesetzgeber bei seiner Tatsachenermittlung das An- hörungsgebot der Gemeinden und Einwohner beachten. Mit Art. 90 Satz 2 Verf LSA, der die Anhörung besonders hervorhebt, nimmt das Landesverfassungsrecht auf die verfahrensrechtliche Vorgabe des Bundesrechts für kommunale Gebietsänderungen lediglich Bezug. Das Grundgesetz verlangt aber nur, dass die betroffene Gemeinde sachgerecht angehört wird. Präzisiert wird dies durch die einfachgesetzlichen Re- gelungen der §§ 16 ff. GO LSA. Nach § 17 Abs. 2 Satz 3 GO LSA sind die Gemein- den und die in dem von der Neugliederung betroffenen Gebiet wohnenden Bürge- rinnen und Bürger vor Erlass des Gesetzes anzuhören.

III. Reformschritte und gemeindliche Strukturen in Sachsen-Anhalt am 1. Juli 2009

Den Gemeinden ist - wie bereits ausgeführt - eingeräumt worden, durch freiwillige Vereinbarungen, die den Kommunalaufsichtsbehörden bis zum 30. Juni 2009 vor- zulegen waren, neue den Vorgaben des GemNeuglGrG entsprechende leitbildkon- forme Strukturen zur Stärkung der gemeindlichen Ebene zu bilden. Die Einheitsge- meinden und Verbandsgemeinden bzw. deren ausreichend große Mitgliedsgemein- den mussten spätestens zum 1. Januar 2010 entstehen.

Im Ergebnis des während der freiwilligen Phase angestoßenen intensiven gemeind- lichen Diskurses sind ca. 230 Gebietsänderungsverträge mit etwa 1.000 beteiligten Gemeinden abgeschlossen worden sowie 18 Verbandsgemeinden entstanden. Ei- nen Überblick über die Entwicklung kann der folgenden Tabelle entnommen werden: 11

01.07.2007 01.07.2009 01.01.2010 Kreisangehörige Einheitsgemeinden 39 46 86

Verbandsgemeinden 0 1 18

Mitgliedgemeinden von Ver- 0 7 115 bandsgemeinden Verwaltungsgemeinschaften 93 81 19

verwaltungsgemeinschafts- 994 810 130 angehörige Gemeinden

Danach bestanden zum Stichtag 1. Juli 2009 in Sachsen-Anhalt 863 kreisangehö- rige Gemeinden. Weitere bereits genehmigte Gebietsänderungsverträge sind ent- sprechend den Vorgaben des § 2 Abs. 2 und Abs. 6 GemNeuglGrG zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten. Die Anzahl der Gemeinden war wegen der in der freiwilligen Phase erfolgten Gemeindezusammenschlüsse mit Stand vom 1. Januar 2010 damit auf 365 kreisangehörige Gemeinden gesunken. Die Zahl der Kleinstgemeinden mit unter 500 bzw. 1.000 Einwohnern konnte durch die Bildung von Einheitsgemeinden wie auch durch die Bildung von Mitgliedsgemeinden von Verbandsgemeinden er- heblich gesenkt werden. Gab es mit Beginn der freiwilligen Phase im August 2007 noch 422 Gemeinden unter 500 Einwohnern, waren es zum Stichtag 1. Januar 2010 nur noch knapp 70 Gemeinden.

Im Land Sachsen-Anhalt konnten letztlich - entsprechend den Erfahrungen in den anderen Bundesländern bei landesweiten Gemeindegebietsreformen - nicht alle nach dem Leitbild des Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetzes erforderlichen Neustrukturierungen durch von den Gemeinden eigenverantwortlich geschlossene Gebietsänderungsverträge bzw. durch den Abschluss von Verbandsgemeindever- einbarungen verwirklicht werden.

Nach dem Ende der freiwilligen Phase waren die Gemeindestrukturen nach den am Gemeinwohl orientierten Zielen des § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG durch den Gesetzge- ber zu ordnen. Für den erfolgreichen Abschluss der Gemeindegebietsreform im Land Sachsen-Anhalt waren nunmehr gesetzliche Neugliederungen erforderlich. Die entsprechende Ankündigung, dass nach dem 30.Juni 2009 Gemeinden durch Ge- setz zu Einheitsgemeinden zusammengeschlossen werden, soweit sie keine ge- nehmigungsfähigen Vereinbarungen zur Bildung leitbildgerechter Einheitsgemein- den sowie Verbandsgemeinden und deren Mitgliedsgemeinden den Kommunalauf- sichtsbehörden vorgelegt haben, findet sich in § 2 Abs. 9 GemNeuglGrG. Der Ge- setzgeber hat für sein Reformkonzept damit entschieden, ab dem 1. Juli 2009 nur Einheitsgemeinden im Land Sachsen-Anhalt zu bilden.

Insgesamt wurden 151 Gemeinden gesetzlich neu gegliedert.

IV. Eingemeindung

Einheitsgemeinden kann der Gesetzgeber bilden durch Eingemeindung einzelner Gemeinden in bestehende Strukturen oder durch Neubildungen. Bei Eingemeindun- 12 gen werden die einzugemeindenden Gemeinden aufgelöst und verlieren ihre rechtli- che Selbständigkeit; die aufnehmende Gemeinde bleibt rechtlich bestehen. Die auf- nehmende Gemeinde ist Rechtsnachfolgerin aller untergegangenen Gemeinden. Somit bleibt der Name und das örtliche Satzungsrecht der aufnehmenden Gemeinde erhalten und es werden in der Regel keine Neuwahlen der Gemeindeorgane durch- geführt (arg. ex § 46 KWG LSA).

Für die konkreten Neugliederungsfälle muss der die gemeindliche Selbstverwal- tungsgarantie achtende Gesetzgeber deswegen eine am Gemeinwohl orientierte Systematik entwickeln, in welchen Fällen er eine Neubildung und in welchen er eine Eingemeindung vornehmen wird. Ausgangspunkt der Überlegungen sind die bisher von den Gemeinden freiwillig vollzogenen Reformschritte und die am Gemeinwohl orientierten Leitvorstellungen des Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetzes.

Für die Zuordnungen nach § 2 Abs. 4 Satz 2 GemNeuglGrG zu Einheitsgemeinden ergibt sich aus der vom Landesverfassungsgericht nicht beanstandeten gesetzgebe- rischen Wertung, nach der eine definierte Mehrheit von drei Viertel der Mitgliedsge- meinden einer Verwaltungsgemeinschaft und zwei Drittel ihrer Einwohner die verbleibende Minderheit dominiert, dass die so bereits entstandenen Einheits- oder Verbandsgemeinden bzw. deren Mitgliedsgemeinden nicht erneut aufgelöst werden dürfen. Den mehrheitlich gefundenen neuen Strukturen muss folglich umfassend Rechnung getragen werden. Es liegt in der Natur der Sache, dass eine innerhalb der Freiwilligkeitsphase vertraglich gebildete Einheitsgemeinde nicht erneut aufgelöst werden kann. Dies würde dem Prinzip der Rechtssicherheit und des Vertrauens- schutzes der an der Vereinbarung beteiligten Gemeinden zuwiderlaufen, da die ver- traglichen Regelungen so wieder außer Kraft gesetzt werden würden.

Zuordnungen lassen sich für die erforderlichen Gebietsänderungen dahin konkreti- sieren, dass die sich nicht beteiligenden Gemeinden der vormaligen Verwaltungs- gemeinschaft eingemeindet werden. Dies gilt für Einheitsgemeinden generell sowie für Mitgliedsgemeinden der Verbandsgemeinde, wenn die sich nicht beteiligende Gemeinde die gesetzliche Mindesteinwohnerzahl von 1.000 nicht erreicht.

Gestützt wird dieses Ergebnis durch die in § 2 Abs. 5 und Abs. 8 GemNeuglGrG an- geordneten Rechtsfolgen für nach dem Mehrheitsprinzip gebildete neue Strukturen. Mit Wirksamwerden dieser Strukturen ist die Verwaltungsgemeinschaft aufgelöst. Bis zu seiner Zuordnungsentscheidung hat der Gesetzgeber die Verwaltung der sich nicht beteiligenden Gemeinden übergangsweise den mehrheitlich gebildeten Ge- bietskörperschaften übertragen. Die durch freiwillige Lösungen entstandenen Ein- heits- und Verbandsgemeinden bilden folglich die Basis für die noch folgende ge- setzliche Zuordnung. Dies gilt umso mehr, wenn erst durch diese nachträgliche Zu- ordnung die gesetzlichen Mindesteinwohnerzahlen der Einheitsgemeinden und Ver- bandsgemeinden bzw. deren Mitgliedsgemeinde erreicht werden.

Darüber hinaus lässt sich den Gesetzesmaterialen entnehmen, dass vorgenannte Zuordnungsregelungen erst mit dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und SPD vom 13. Dezember 2007 (Drs. 5/1028) zum Gesetzentwurf der Landesregie- rung (Drs. 5/902) Eingang in das legislative Verfahren gefunden haben. Nach den Formulierungen im Änderungsantrag zu dem damaligen § 2 Abs. 6 sollte eine am Abschluss der Vereinbarung nicht beteiligte Mitgliedsgemeinde der Verwaltungsge- meinschaft in die Einheitsgemeinde oder in eine am Abschluss der Verbandsge- 13 meindevereinbarung beteiligte Mitgliedsgemeinde eingemeindet oder der Verbands- gemeinde zugeordnet werden. Die Begründung des Änderungsantrages stellt klar, dass bei erforderlichen Gebietsänderungen stets Eingemeindungen stattfinden sol- len. Lediglich Gemeinden, welche die Sollstärke einer verbandsangehörigen Ge- meinde erreichen, werden der Verbandsgemeinde zugeordnet (vgl. Drs. 5/1028, S. 10 f.).

Die schlussendlich Gesetz gewordenen Regelungen des § 2 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 8 Satz 2 GemNeuglGrG entsprechen dieser Intention, ohne dass sie zwischen Eingemeindung und Zuordnung differenzieren, sondern nur allgemein von Zuord- nung sprechen. Will aber der Gesetzgeber bei Gebietsänderungen die nicht betei- ligten Gemeinden zuordnen, setzt dies denknotwendig den Bestand einer Gemeinde voraus, zu der zugeordnet werden kann. Neubildungen, in deren Konsequenz die mehrheitlich gefundenen Lösungen wieder aufgelöst würden, scheiden damit aus.

Nichts anderes kann für gesetzliche Gebietsänderungen gelten. Zur zwangsweisen Bildung von Einheitsgemeinden wird sich der Gesetzgeber an seinem Leitbild orien- tieren. Die grundsätzlichen und gemeinwohlkonformen Wertungen des Gemeinde- neugliederungs-Grundsätzegesetzes leiten ihn auch bei seiner Entscheidung, ob einzelne Gemeinden aufgelöst und mit anderen vereinigt werden oder ob bestimmte Gemeinden insoweit Bestand haben sollen, als sie für andere aufzulösende Ge- meinden die aufnehmende Gemeinde stellen. Von diesem gemeinwohlorientierten und verfassungsgerichtlich nicht beanstandeten Ansatz aus verbietet es sich grund- sätzlich, die im Neugliederungskonzept besonders hervorgehobenen Gemeinden gegen ihren Willen aufzulösen. Eingemeindungen in bestehende Gemeinden sollen daher insbesondere dort stattfinden, wo die aufnehmende Gemeinde aufgrund ihrer Größe und Leistungsfähigkeit eine besondere Ausstrahlungskraft auf ihr Umland ausübt und das unbestrittene Zentrum der künftigen Gemeinde ist. Es ist ein Ort, der in der Regel als einziger in der Region als Grundzentrum eine grundlegende, über- örtliche Daseinsvorsorge wahrnimmt und durch eine besonders hohe Einwohnerzahl verglichen mit den umliegenden Gemeinden auffällt. Hiermit sind in erster Linie so- wohl Trägergemeinden als auch prägende Orte i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 Gem- NeuglGrG gemeint. Da in einer Verwaltungsgemeinschaft mit einer Trägergemeinde die Trägergemeinde die Verwaltungsaufgaben für die umliegenden Gemeinden wahrnimmt, kam es hier schon zu einer freiwilligen Orientierung der Umlandgemein- den zu diesem Zentrum. Ein prägender Ort stellt aufgrund seiner städtebaulichen Entwicklung öffentliche Einrichtungen über den eigenen Bedarf hinaus bereit, die auch von den Einwohnern der Umlandgemeinden genutzt werden. Somit haben sich sowohl Trägergemeinden als auch prägende Orte zu Mittelpunkten ihrer bisherigen Verwaltungsgemeinschaften entwickelt. Da sich die Umlandgemeinden zu diesen Mittelpunkten hin orientieren, ist die Eingemeindung in die Trägergemeinden bzw. in die prägenden Orte der Neubildung vorzuziehen. Für die Fälle des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 GemNeuglGrG kommen deswegen grundsätzlich nur Eingemein- dungen in die Trägergemeinde oder den prägenden Ort in Betracht. Eine Auflösung dieser hervorgehobenen Gemeinden wäre nur bei äußerst atypischen Einzelfall- konstellationen und nur ausnahmsweise denkbar.

Eingemeindungen erfolgen in den prägenden Ort als aufnehmende Gemeinde (§ 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GemNeuglGrG).

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VI. Kosten

Die Vorschriften der Landeshaushaltsordnung sind beachtet worden. Auswirkungen auf den Landeshaushalt ergeben sich nicht. Es wird erwartet, dass gegebenenfalls entstehende Anpassungs- und Umstellungskosten in Fachverfahren (z. B. Förder- mittelbereich) durch die Synergieeffekte der Gebietsreform kurz- und mittelfristig auf- gewogen werden, z. B. durch die sich verringernde Anzahl von gemeindlichen An- tragstellern.

Durch das Gesetz kommt es nicht zu neuen Aufgabenübertragungen auf die Kom- munen, so dass das Konnexitätsprinzip nach Art. 87 Abs. 3 Verf LSA nicht berührt wird. Es werden Aufgaben lediglich umverlagert.

Es entstehen auf der kommunalen Ebene einmalig Kosten. Er wird erwartet, dass diese allerdings durch Synergieeffekte der Eingemeindung kurz− und mittelfristig wieder ausgeglichen werden. So wird erwartet, dass es zu einem wirtschaftlicheren Einsatz des Personals mit steigender Einwohnerzahl und zu einer besseren Ausnut- zung kommunaler Gebäude und Dienstleistungen kommt. Darüber hinaus verbessert die Gemeindegebietsreform langfristig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der kommunalen Ebene.

VII. Anhörung

Die vor der abschließenden gesetzgeberischen Entscheidung verfassungsrechtlich gebotene Anhörung der von dem Gesetz unmittelbar betroffenen Gemeinde sowie der Bürgerinnen und Bürger wie auch die Interessenabwägung sind durch den Ge- setzgeber durchzuführen.

Nach dem Verfassungsgebot des Art. 90 Satz 2 Verf LSA ist Zweck der Anhörung, dem Gesetzgeber umfassende Kenntnis von allen für die Neugliederung erheblichen Umständen zu verschaffen, so dass er alle für und gegen die geplante Neugliede- rungsentscheidung sprechenden Argumente sorgfältig abwägen kann. Um eine fun- dierte Stellungnahme abgeben zu können, muss die betroffene Kommune zwar nicht von allen Einzelheiten, wohl aber vom wesentlichen Inhalt des Gebietsänderungs- vorhabens und seiner Begründung rechtzeitig Kenntnis erhalten (vgl. LVerfG LSA, LVerfGE 2, 227 <255>).

Bei der Anhörung der betroffenen Gemeinde muss der anhörungsverpflichtete Ge- setzgeber keine besonderen Förmlichkeiten wahren. Er kann das Anhörungsverfah- ren nach seinem Ermessen frei gestalten. Denn Art. 90 Satz 2 Verf LSA verlangt kein Verfahrensgesetz, das den Ablauf von Anhörungen regelt. Der Landtag kann deshalb selbst schriftlich oder mündlich anhören, auf Anhörungen der Landesregierung zu- rückgreifen, diese mit der Anhörung beauftragen und sich das Ergebnis vortragen lassen (LVerfG LSA, LVerfGE 2, 227 <254 f.>). Sichergestellt muss allein sein, dass der Gesetzgeber dem Zweck der Anhörung genügen kann, die Interessenlage bei der betroffenen Kommune sowie den Bürgerwillen zu ermitteln.

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Um eine fundierte Stellungnahme abgeben zu können, ist der betroffenen Kommune der wesentliche Inhalt des Gebietsänderungsvorhabens und seine Begründung zur Kenntnis zu geben. Auch zu etwaigen Alternativen soll die Kommune gehört werden.

In § 17 Abs. 2 GO LSA ist für gesetzliche Neugliederungen gegen den Willen der beteiligten Gemeinden neben der Pflicht zur Anhörung der Gemeinde auch die An- hörungspflicht der Bürger, die in dem unmittelbar betroffenen Gebiet wohnen, gere- gelt. Die Durchführung dieser Anhörung obliegt dann den Gemeinden als Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises (§ 17 Abs. 2 Satz 4 GO LSA).

Gemäß Art. 90 Satz 2 Verf LSA sollen mit der Bürgeranhörung die Interessen und Belange der Bevölkerung ermittelt und in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden. Eine solche Anhörung setzt mindestens voraus, dass die Anhörungsberech- tigten des unmittelbar betroffenen Gebietes förmlich Gelegenheit erhalten, sich zu ei- ner konkret vorgesehenen Gebietsänderung zu äußern.

Darüber hinaus sind die kommunalen Spitzenverbände nach § 151a GO LSA und § 73a LKO bei Vorbereitungen von Rechtsvorschriften, die unmittelbar die Belange der Gemeinden berühren, zu hören. Der Landkreistag Sachsen-Anhalt sowie der Städte- und Gemeindebund des Landes Sachsen-Anhalt haben deswegen Gele- genheit, zum Gesetzentwurf über die Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster Stellung zu nehmen. Die Mindestvorgaben schließen nicht aus, weitere Kommunen, Verbände, Institutionen, Interessenvertretungen und Trä- ger öffentlicher Belange anzuhören, um dem Parlament umfassende Erkenntnisse über die örtlichen Gegebenheiten der aufzulösenden Gemeinden bzw. zuzuordnen- den Gemeinden zu verschaffen.

Zur Vorbereitung der Entscheidung des Landtages über die einzelne Neugliede- rungsmaßnahme hat die Landesregierung wie folgt angehört:

1. die aufzulösende Gemeinde Mühlanger, 2. die aufnehmende Stadt Zahna-Elster, 3. die Nachbargemeinden Lutherstadt Wittenberg und Stadt , 4. den Landkreis Wittenberg, 5. die zuständige Regionale Planungsgemeinschaft Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg, 6. den Landkreistag Sachsen-Anhalt, 7. den Städte- und Gemeindebund des Landes Sachsen-Anhalt sowie 8. die von der Gebietsänderung aufgrund der Auflösung ihrer Gemeinde betroffe- nen Bürgerinnen und Bürger im Wege einer Bürgeranhörung nach § 55 KWG LSA.

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B. Besonderer Teil

Zu § 1

I. Sachlage

Nach den Erkenntnissen der Landesregierung stellt sich die Sachlage zu der be- troffenen Gemeinde Mühlanger sowie der Nachbarstädte Zahna-Elster, Kemberg und Lutherstadt Wittenberg wie folgt dar:

1. Gemeinde Mühlanger

Die Gemeinde Mühlanger (1.472 Einwohner, Stand: 31. Dezember 2005) ist 12,21 km² groß. Sie wurde am 1. April 1939 durch den Zusammenschluss der Gemeinden Prühlitz und Hohndorf gegründet. Zum 1. April 1974 erfolgte die Eingliederung der Gemeinde Gallin in die Gemeinde Mühlanger.

Die Gemeinden Prühlitz und Hohndorf waren bis dato eigenständig und fielen nach den Befreiungskriegen und dem Wiener Kongress vom Königreich Sachsen an das preußische Königreich und wurden Teil der neuen Provinz Sachsen (Regierungsbe- zirk Merseburg, Landkreis Wittenberg). Infolge des Gesetzes über die weitere Demo- kratisierung des Aufbaues und der Arbeitsweise der staatlichen Organe im Lande Sachsen-Anhalt vom 25. Juli 1952 wurde dieser Landkreis dem Bezirk Halle zuge- ordnet.

Im Rahmen der ersten Kreisgebietsreform im Land Sachsen-Anhalt 1994 wurde der Landkreis Wittenberg um Teile des Landkreises Gräfenhainichen und den Landkreis vergrößert. Zugleich entstand die Verwaltungsgemeinschaft Mühlengrund mit Zörnigall als Sitz. Zum 1. Januar 2005 wurde diese Verwaltungsgemeinschaft auf- gelöst und die Gemeinden dieser Verwaltungsgemeinschaft wurden mit Gemeinden aus den ehemaligen Verwaltungsgemeinschaften Südfläming, Zahna und Elster- Seyda-Klöden zur neuen Verwaltungsgemeinschaft Elbaue-Fläming zusammenge- schlossen. Sitz dieser Verwaltungsgemeinschaft wurde die Stadt Zahna.

Bis zur Urteilsverkündung der durch die Gemeinde Mühlanger erhobenen Verfas- sungsbeschwerde am 29. Mai 2013 war Mühlanger im Rahmen des Neugliede- rungsgesetzes im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Wittenberg der zum 1. Januar 2011 neu gebildeten Stadt Zahna-Elster zugeordnet. Die Gemeinde Mühlanger war seit 1994 Mitgliedsgemeinde der Verwaltungsgemeinschaft Mühlen- grund und vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2010 nach dem Zusammen- schluss der Verwaltungsgemeinschaften Mühlengrund, Südfläming, Elster-Seyda- Klöden und Zahna Mitgliedsgemeinde der Verwaltungsgemeinschaft „Elbaue-Flä- ming“.

Die Gemeinde Mühlanger liegt inmitten des Landkreises Wittenberg am Nordufer der . Nachbargemeinde ist im Norden und im Osten die Stadt Zahna-Elster. Im Sü- den befindet sich die Einheitsgemeinde Stadt Kemberg, wobei die Elbe eine natürlich Grenze darstellt. Im Westen liegt die Lutherstadt Wittenberg.

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Im Rahmen des Regionalen Entwicklungsplanes Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg wurden im Gemeindegebiet Mühlanger folgende Erfordernisse der Raumordnung festgelegt:

• Ländlicher Raum mit relativ günstigen Produktionsbedingungen für die Landwirt- schaft und/oder Potenzialen im Tourismus gemäß Grundsatz 5.1.2 Nr. 1, • Vorranggebiet für Hochwasserschutz „Elbe“ gemäß Ziel 5.3.3.3 Nr. 1 Ziff. I, • Vorranggebiet für Natur und Landschaft „Flusslandschaft Elbe, Mulde, Schwarze Elster“ gemäß Ziel 5.3.1.4 Nr. I, • Vorbehaltsgebiet für den Aufbau eines ökologischen Verbundsystems „Flussland- schaft Elbe und Mulde“ gemäß Punkt 5.5.3.4 Nr. 1, • Vorbehaltsgebiet für Tourismus und Erholung „Fläming“ gemäß Punkt 5.5.2.5 Nr. 4, • Schienentrasse für Fernverkehr – Ausbau in abgestimmter Trassenführung ge- mäß kartografischer Darstellung, • Hauptverkehrsstraße mit Landesbedeutung OU Mühlanger gemäß Ziel 5.8.2.3, • Straße mit regionaler Bedeutung B 187 OD Mühlanger gemäß kartografischer Darstellung , • Überregional bedeutsamer Radwanderweg Elberadweg gemäß Ziel 5.8.3.2.

Die Gemeinde Mühlanger liegt an der Bundesstraße B 187, welche Dessau-Roßlau mit Schönewalde in Brandenburg verbindet. Die Kreisstraße K 2017 führt von Mühlanger über Dietrichsdorf nach Leetza (beides Ortsteile der Stadt Zahna-Elster). Der Bahnhof Mühlanger liegt an der Bahnlinie Dessau - Falkenberg/Elster und wird vom Regionalverkehr der Deutschen Bahn AG angefahren. Es bestehen regelmä- ßige Busverbindungen mit der Lutherstadt Wittenberg und den Städten Zahna-Elster und Jessen (Elster); im Rahmen dessen werden auch kleinere Ortslagen im Umkreis angefahren.

Die Gemeinde Mühlanger ist Mitglied im WAZV „Elbe-Elster-Jessen“ betreffs Trink- wassers. Bis zum 31. Dezember 2012 war Mühlanger Mitglied des Abwasserzweck- verbandes „Südfläming“. Dieser wurde aufgelöst. Durch Beschluss der Stadt Zahna- Elster wurde die Abwasserentsorgung zum 1. Januar 2013 dem WAZV „Elbe-Elster- Jessen“ übertragen.

Die Gemeinde verfügt über eine Kindertagesstätte und eine Grundschule. Der Be- such der Sekundarschule erfolgt in Elster (Elbe). Für den Gymnasialschulbesuch stehen alle vier im Landkreis Wittenberg vorhandenen Gymnasien zur Verfügung. Der Besuch einer Förderschule ist in der Lutherstadt Wittenberg möglich.

Die Gemeinde Mühlanger besteht nunmehr wieder aus der Freiwilligen Feuerwehr Mühlanger und der Freiwilligen Feuerwehr Gallin. Diesen steht der Gemeindewehr- leiter vor. Die beiden Ortswehren waren bis zur Nichtigkeitsfeststellung der Gemein- deneugliederung fester Bestandteil der Freiwilligen Feuerwehr Zahna-Elster. Zumal bis zum 29. Mai 2013 die Stadtwehrleitung der Stadt Zahna-Elster mit 3 Kameraden aus der nunmehr wieder eigenständigen Gemeinde Mühlanger besetzt war. Des Weiteren wurde eine Wasserwehr – Gruppe Elster und Mühlanger – eingerich- tet.

Finanzen Die Gemeinde Mühlanger konnte im Ergebnis der Haushaltsführung für das Haus- haltsjahr 2010 keinen Haushaltsausgleich erreichen. Laut Jahresabschluss 2010 18 wies die Gemeinde Mühlanger einen Fehlbetrag im Verwaltungshaushalt i. H. v. 11.919,62 € aus, der im Jahr 2011 von der Stadt Zahna-Elster ausgeglichen wurde.

Zum 31. Dezember 2010 verfügte die Gemeinde Mühlanger über einen Kassenbe- stand i. H. v. 198.340,56 €. Die Rücklage betrug incl. Zuführung aus 2010 und noch vorhandener Investitionspauschale 250.716,87 €. Die Verwendung der Rücklage hat- te der Gemeinderat der Gemeinde Mühlanger per Beschluss für den Um- und Aus- bau der Grundschule noch in 2010 festgelegt. Für die Baumaßnahmen wurden im Haushaltsjahr 2011 jedoch 334.451,10 € und 59.078,06 € im Haushaltsjahr 2012 verbraucht.

Der Schuldenstand belief sich zum 31. Dezember 2010 auf 928.501,04 € (davon 12.137,40 € Kommunalinvestkredit).

Die Hebesätze 2010 der Gemeinde Mühlanger wurden in der Haushaltssatzung wie folgt festgelegt:

• Grundsteuer A 285 v. H., • Grundsteuer B 380 v. H., • Gewerbesteuer 200 v. H..

Ab 2011 sah das Recht der Stadt Zahna-Elster für die „Ortschaft“ Mühlanger verrin- gerte Hebesätze für die Grundsteuer A und B vor. Dies betrifft auch die Hundesteuer. Seit 2012 wurde keine Zweitwohnungssteuer für die „Ortschaft“ Mühlanger mehr er- hoben.

Die Erstellung der Haushaltsunterlagen für das Haushaltsjahr 2013 gestaltet sich schwierig, da bezogen auf die Gemeinde Mühlanger die Berechnungsgrundlagen fehlen.

2. Stadt Zahna-Elster

Die Stadt Zahna-Elster (9.307 Einwohner, Stand: 31. Dezember 2005) ist seit 1. Januar 2011 Einheitsgemeinde. Die Gemarkungsfläche beträgt 136,25 km².

Der namensgebende Ortsteil Zahna liegt inmitten des Flämings im Norden des Landkreises Wittenberg und grenzt im Westen an die Gemeinde Kropstädt, welche zum 1. Januar 2010 in die Stadt Lutherstadt Wittenberg eingemeindet wurde, sowie direkt an die Stadt Lutherstadt Wittenberg. Im Süden und Osten davon liegen die Ortsteile Zörnigall, Dietrichsdorf, Leetza, Gadegast. Der andere namesgebende Ortsteil Elster liegt zentral im Landkreis Wittenberg, nördlich der Elbe unmittelbar nachdem der Fluss seine süd-nördliche zu Gunsten einer ost-westlichen Fließrich- tung gewechselt hat. Das Gebiet in und um Zahna gilt seit ca. 4.000 Jahren als besiedelt. Im 12. Jahrhun- dert begann die Besiedelung der Region durch flämische Siedler, deren Spuren noch heute erkennbar sind. Erste urkundliche Erwähnungen Zahnas stammen aus dieser Zeit (1187 und 1189). Im Jahre 1326 wird Zahna erstmals als Stadt geführt. Der Ort Elster (Elbe) wurde 1161 erstmals urkundlich erwähnt. Aufgrund der Zerstörungen des 30-jährigen Krieges verlor Elster sein Stadtrecht.

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Nach den Befreiungskriegen und dem Wiener Kongress 1815 fielen Zahna und Els- ter mit ihrer Umgebung vom Königreich Sachsen an das preußische Königreich und wurden Teil der neuen Provinz Sachsen (Regierungsbezirk Merseburg). Infolge des Gesetzes über die weitere Demokratisierung des Aufbaues und der Arbeitsweise der staatlichen Organe im Lande Sachsen-Anhalt vom 25. Juli 1952 wurde der Landkreis Wittenberg (Zahna; Dietrichsdorf; Leetza, Zörnigall) dem Bezirk Halle und der neu gegründete Landkreis Jessen (Elster mit Gielsdorf, Iserbegka – Eingliederung 1950 und Meltendorf- Eingliederung 1973; Gadegast; Listerfehrda; Zemnick) dem Bezirk zugeordnet.

Nach der Wiedervereinigung und der Neugründung des Landes Sachsen-Anhalt be- antragte der Landkreis Jessen am 19. Juli 1990 im Ergebnis der Bürgerbefragung die Zuordnung zum Land Sachsen-Anhalt.

Zum 1. Januar 1992 erfolgte die Eingemeindung der Gemeinde Klebitz und zum 1. Juli 2003 die Eingemeindung der Gemeinde Rahnsdorf nach Zahna. Im Rahmen der freiwilligen Phase der Gemeindegebietsreform hat sich bereits zum 1. Juli 2008 die Gemeinde Bülzig nach Zahna eingemeinden lassen. Ursprünglich sollte auch die Gemeinde Leetza bereits zum 1. Januar 2010 eingegliedert werden. Entsprechende Beschlüsse hatten der Gemeinderat Leetza und der Stadtrat Zahna am 27. Mai 2009 bzw. 16. Juni 2009 gefasst. Der Gemeinderat Leetza hat jedoch seinen Beschluss über die Eingemeindung wieder aufgehoben, so dass ein Zusammenschluss nicht zustande kam.

Im Rahmen der ersten Kreisgebietsreform im Land Sachsen-Anhalt 1994 wurde der Landkreis Wittenberg um Teile des Landkreises Gräfenhainichen und dem Landkreis Jessen vergrößert. Zugleich entstanden u. a. die Verwaltungsgemeinschaften Zahna mit Zahna, Elster-Seyda-Klöden mit Elster und Mühlengrund mit Zörnigall als Sitz. Zum 1. Januar 2005 wurde u. a. die Verwaltungsgemeinschaft Zahna aufgelöst und ihre Mitgliedsgemeinden wurden mit Gemeinden aus den ehemaligen Verwaltungs- gemeinschaften Südfläming, Mühlengrund und Elster-Seyda-Klöden zur neuen Ver- waltungsgemeinschaft Elbaue-Fläming zusammengeschlossen. Zahna blieb dabei Sitz der Verwaltungsgemeinschaft.

Im Rahmen des Neugliederungsgesetzes im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Wittenberg entstand die Stadt Zahna-Elster zum 1. Januar 2011 aus den Gemeinden Dietrichsdorf, Elster (Elbe), Gadegast, Leetza, Listerfehrda, Zemnick und Zörnigall sowie der Stadt Zahna. Vorgenannte Gemeinden waren bis zum 31. De- zember 2010 Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft „Elbaue-Fläming“. Die an der Neubildung beteiligten Gemeinden bzw. die an der Neubildung beteiligte Stadt und die Verwaltungsgemeinschaft wurden aufgelöst.

Landschaftlich ist Zahna-Elster im Norden durch den Fläming geprägt. Im südlichen Teil bestimmt vor allem die Elbe mit ihren Auen das Landschaftsbild.

Im Norden grenzt Zahna-Elster an das Land Brandenburg. Im Süden grenzt die Stadt an die Stadt Kemberg, allerdings stellt hier die Elbe eine natürliche Abgrenzung dar. Überquerungsmöglichkeit ist die Gierfähre in Elster (Elbe) als Anbindung an die Stadt Kemberg (OT Wartenburg). Weiterhin grenzt Zahna-Elster an die wieder eigenständige Gemeinde Mühlanger, die Stadt Lutherstadt Wittenberg und die Stadt Jessen (Elster). 20

Die Ortsteile Zahna und Elster (Elbe) sind im Rahmen des Regionalen Entwicklungs- plans Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg vom 7. Oktober 2005 als Grundzentrum ausge- wiesen. Des Weiteren gilt Zahna als Vorranggebiet für die Wassergewinnung und Elster (Elbe) als regional bedeutsamer Standort für Wassersportanlagen. Der in Auf- stellung befindliche Sachliche Teilplan „Daseinsvorsorge – Ausweisung der Grund- zentren in der Planungsregion Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg“ (1. Entwurf vom 12. April 2013) weist den im Zusammenhang bebauten Ortsteil Zahna als zentrales Sied- lungsgebiet der Stadt Zahna-Elster als Grundzentrum aus (Ziel 3 Nr. 8).

Verkehrsanbindungen: 1. Folgende Straßen erschließen die Stadt Zahna-Elster: • Bundesstraße B 187 von Dessau-Roßlau nach Schönewalde in Brandenburg – führt durch die Ortsteile Elster (Elbe) und Listerfehrda; • Landesstraße L 126 von Landesgrenze Brandenburg nach Lutherstadt Witten- berg – führt durch die Ortsteile Klebitz, Zahna, Bülzig und Zörnigall; • Landesstraße L 123 von Seyda (OT von Jessen) nach Coswig über Kropstädt Boßdorf und Straach (Ortsteile von Wittenberg) – führt durch die Ortsteile Ga- degast, Zallmsdorf und Zahna; • Landesstraße L 127 von L 37 zur B 182 – führt durch Elster (Elbe) über die Gierfähre nach Wartenburg (OT von Kemberg). 2. Der öffentliche Personennahverkehr stellt sich wie folgt dar: • Bahnhöfe bzw. Haltepunkte Klebitz, Zahna, Bülzig und Zörnigall liegen an der Bahnstrecke – Wittenberg – Halle/ und werden vom Regional- verkehr der Deutschen Bahn AG bedient. • Bahnhof Elster (Elbe) liegt an der Bahnlinie Dessau – Falkenberg/Elster und wird vom Regionalverkehr der Deutschen Bahn AG angefahren. • Es bestehen regelmäßige Busverbindungen innerhalb des Stadtgebietes, mit der Stadt Jessen (Elster), der Stadt Lutherstadt Wittenberg und der Gemeinde Mühlanger, im Rahmen dessen auch kleinere Ortslagen im Umkreis angefah- ren werden.

Trinkwasserversorgung 1. Die Stadt Zahna-Elster ist Mitglied im WAZV „Elbe-Elster-Jessen“. Dies betrifft die ehemaligen Gemeinden Dietrichsdorf, Elster (Elbe), Gadegast, Listerfehrda, Zemnick. 2. Die ehemaligen Gemeinden Leetza, Zörnigall und die Stadt Zahna waren bis 31. Dezember 2012 Mitglied des TZV „Nordkreis Wittenberg“. Dieser hat sich aufgelöst. Ab dem 1. Januar 2013 ist die Stadt Zahna-Elster Aufgabenträger der öffentlichen Trinkwasserversorgung für die vorgenannten Ortschaften. Die Erfül- lung dieser Aufgabe ist durch die mit der MIDEWA bestehenden Konzessions- verträge gewährleistet.

Abwasserversorgung Die Stadt Zahna-Elster ist seit dem 1. Januar 2013 mit allen Ortsteilen Mitglied des WAZV „Elbe-Elster-Jessen“. Bis zum 31. Dezember 2012 waren die Ortschaften Zahna (ohne Rahnsdorf), Dietrichsdorf, Elster (Elbe), Listerfehrda, Zemnick und Zör- nigall Mitglied im AZV „Südfläming“. Die Ortschaft Leetza und der Zahnaer Ortsteil Rahnsdorf gehörten dem AZV Kropstädt an.

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Schulen 1. Förderschulen: Förderschulen befinden sich in der Lutherstadt Wittenberg, in Prettin bzw. Holz- dorf. 2. Gymnasien: Der Gymnasialbesuch kann im Landkreis Wittenberg auf vier Gymnasien erfol- gen. 3. Sekundarschule: Eine Sekundarschule besteht im Ortsteil Elster (Elbe). 4. Grundschulen: • Der Einzugsbereich der Grundschule Zahna ist das Gebiet der ehemaligen Stadt Zahna und ihrer Ortsteile sowie die Gemeinde Leetza. • Den Einzugsbereich der Grundschule Elster (Elbe) bilden die ehemaligen Ge- meinden Elster (Elbe) mit ihren Ortsteilen, Zemnick und Listerfehrda. • Schüler der ehemaligen Gemeinde Gadegast besuchen die Grundschule in Seyda (Ortsteil von Stadt Jessen). • Schüler der ehemaligen Gemeinden Dietrichsdorf und Zörnigall besuchen die Grundschule in Mühlanger.

Kindertagesstätten Es bestehen im Stadtgebiet Zahna-Elster folgende Kindertagesstätten: • Dietrichsdorf – freie Trägerschaft, • Elster (Elbe) – kommunal, • Leetza – kommunal, • Listerfehrda – kommunal bis 31. Juli 2013, ab 1. August 2013 Integration in Kita Elster (Elbe), • Zahna – 4 Einrichtungen in freier Trägerschaft, • Zörnigall – kommunale Trägerschaft, • Gadegast – Kinder aus diesem Ortsteil besuchen die Kita im Jessener OT Sey- da.

Feuerwehren Die Stadtwehrleitung der Freiwilligen Feuerwehr Zahna-Elster setzt sich aus 6 Kame- raden zusammen. Zahna-Elster verfügt jetzt über 10 Ortswehren. In der Zeit von 2011 bis 2013 wurden 2 Ortswehren aufgelöst und 3 Fusionen haben stattgefunden. Des Weiteren wurde eine Wasserwehr – Gruppe Elster und Mühlanger – eingerich- tet.

Finanzen Durch die Stadt Zahna-Elster wurde der Kommunalaufsichtsbehörde ein in den Ein- nahmen und Ausgaben des Verwaltungshaushaltes unausgeglichener Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2011 vorgelegt. Demzufolge musste ein Haushaltskonsolidie- rungskonzept beschlossen werden. Die Stadt Zahna-Elster schloss das Haushaltjahr 2011 mit einem Ausgleich des Ver- wal-tungs- und Vermögenshaushaltes ab. Die eingestellten Fehlbeträge aus den Vor- jahren konnten ausgeglichen werden. Der Stand der Rücklage zum 31. Dezember 2011 betrug 1.285.125 Euro und der Stand der Schulden 3.027.549 Euro (lt. Jah- resrechnung 2011).

Für das Haushaltsjahr 2012 wurde durch die Stadt Zahna-Elster der Haushaltsplan in den Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen. 22

Laut Jahresrechnung 2012 wurde der Ausgleich im Verwaltungshaushalt in den Ein- nahmen und Ausgaben erreicht. Der Stand der Rücklage zum 31. Dezember 2012 betrug 1.614.977 Euro und der Stand der Schulden 3.082.241,73 Euro. Auch im Haushaltsjahr 2013 konnte der Verwaltungshaushalt in den Einnahmen und Ausga- ben ausgeglichen werden.

Die Hebesätze 2013 der Stadt Zahna-Elster wurden in der Haushalts-Satzung wie folgt festgelegt:

• Grundsteuer A 260 v. H., • Grundsteuer B 350 v. H., • Gewerbesteuer 300 v. H..

3. Lutherstadt Wittenberg

Die Lutherstadt Wittenberg (46.593 Einwohner, Stand 31. Dezember 2005) ist 128,89 km² groß. Unter Einrechnung der eingemeindeten Gemeinden ergibt sich mit Stand 31. Dezember 2005 eine Einwohnerzahl von 52.058.

Im Wege der freiwilligen Phase der Gemeindegebietsreform haben die Gemeinden Boßdorf, Kropstädt, Straach und bereits zuvor Griebo, Abtsdorf, Mochau auf der Grundlage abgeschlossener Gebietsänderungsverträge die Eingemeindung in die Lutherstadt Wittenberg vollzogen. Eine Eingemeindung durch Gesetz erfolgte nicht.

Die Lutherstadt Wittenberg ist als Mittelzentrum im Rahmen des Regionalen Ent- wicklungsplanes ausgewiesen. Sie ist die Kreisstadt des Landkreises Wittenberg. Hier befinden sich die Kreisverwaltung, das Finanzamt, das Amtsgericht und eine Außenstelle des Arbeitsamtes Dessau-Roßlau sowie medizinische (Krankenhaus) und kulturelle Einrichtungen, welche durch Einwohner des Landkreises genutzt wer- den.

Verkehrsanbindungen zur Gemeinde Mühlanger bestehen über die Bundesstraße 187, welche durch die Gemeinde Mühlanger führt. Des Weiteren gibt es eine Bahn- anbindung an der Bahnlinie Dessau – Falkenberg/Elster mit Haltepunkt Mühlanger.

In der Lutherstadt Wittenberg gibt es Gymnasien, in denen Schüler der angrenzen- den Gemeinde Mühlanger beschult werden. Die Gymnasialbeschulung kann im Landkreis Wittenberg frei gewählt werden.

Das Stadtgebiet der Lutherstadt Wittenberg grenzt unmittelbar an das Gemeindege- biet Mühlanger. Ca. 2 km stehen die Ortseingangsschilder auseinander.

Im Rahmen der freiwilligen Phase der Gemeindegebietsreform war die Lutherstadt Wittenberg bereit gewesen, auf der Grundlage eines Gebietsänderungsvertrages ei- ne Eingemeindung zu ermöglichen. Da der Bürgermeister der Gemeinde Mühlanger grundsätzlich die Gemeindegebietsreform ablehnte, wurden von der Lutherstadt Wit- tenberg keine Aktivitäten entwickelt.

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Zur Haushaltslage der Lutherstadt Wittenberg ist festzustellen, dass der Haushalts- plan für das Haushaltsjahr 2012 in den Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen ist. Die Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2013 ist durch den Stadtrat noch nicht beschlossen worden. Die Beschlussfassung ist für Juni 2013 vorgesehen. Grund der Verzögerung ist die Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik.

Die Hebesätze der Lutherstadt Wittenberg wurden in der Haushaltssatzung 2012 wie folgt festgesetzt:

• Grundsteuer A 285 v. H. • Grundsteuer B 385 v. H. • Gewerbesteuer 370 v. H.

4. Stadt Kemberg

Die Stadt Kemberg (11 157 Einwohner, Stand 31. Dezember 2005) ist 219,08 km² groß.

Die Existenz Kembergs ist bereits seit der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts belegt. Es gehörte zur Grafschaft Brehna bzw. Wettin-Brehna, fiel aber 1290 an das askanische Sachsen-Wittenberg. Aus dem Jahr 1346 stammt die älteste urkundliche Erwähnung als Stadt. Der Rat der Stadt erwarb 1482 die Niedergerichte, im Jahr 1703 die Obergerichte. Noch im 14. Jahrhundert wurde die teilweise erhaltene Stadtmauer errichtet. Um 1429 wurde Kemberg im Zuge der Hussitenkriege ge- brandschatzt. Im Jahr 1488 wurde ihr Magdeburger Stadtrecht bestätigt. 1522 schloss sich Kemberg der Reformation an. Im 16. und 17. Jahr-hundert brach insge- samt sieben Mal die Pest aus. Zusammen mit den im Dreißigjährigen Krieg erlittenen schweren Verheerungen, mehreren Elbhochwassern und Stadtbränden führte dies dazu, dass die Bevölkerung von über 1 000 auf kaum mehr als 100 um das Jahr 1638 sank. Mitte des 18. Jahrhunderts war die Einwohnerzahl wieder auf über 1 000 gestiegen.

1815 kam Kemberg vom Königreich Sachsen zu Preußen. 1908 begannen bei Bergwitz die Erschließungsarbeiten zur Braunkohleförderung, die Braunkohleförde- rung selbst wurde 1912 aufgenommen. 1916 kam dabei der erste Schaufelradbagger Deutschlands zum Einsatz. 1955 wurde die Braunkohleförderung eingestellt und der Tagebau geflutet. Es entstand der Bergwitzsee. Insgesamt wurden aus dem Tage- bau ca. 50 Mio. t Braunkohle gefördert. Kemberg war bis 2009 Sitz der Verwaltungsgemeinschaft Kemberg.

Eingemeindungen in die Stadt Kemberg erfolgten zum 1. Juli 2005 mit der Gemeinde Bergwitz, zum 1. Januar 2006 mit der Gemeinde Ateritz und zum 1. Januar 2007 mit der Gemeinde Dorna. Bei der Gemeindegebietsreform 2010 wurden neun Gemein- den nach Kemberg eingemeindet; Kemberg hat nunmehr 28 Ortsteile. Im Wege der freiwilligen Phase der Gemeindegebietsreform haben die Gemeinden Dabrun, Eutzsch, Rackith, Radis, Rotta, Schleesen, , Uthausen, Kemberg, Wartenburg und Globig-Bleddin (bereits früher) auf der Grundlage abgeschlossener Gebietsän- derungsverträge die Eingemeindung in die Stadt Kemberg vollzogen. Eine Einge- meindung durch Gesetz erfolgte nicht. Die beteiligten Gemeinden bildeten zusam- men die Verwaltungsgemeinschaft. Kemberg. Die Gemeinde Globig-Bleddin war Mit- 24 gliedsgemeinde der Verwaltungsgemeinschaft Kurregion Elbe-Heideland. Zum 1. Januar 2009 erfolgte deren Eingemeindung in die Stadt Kemberg.

Kemberg ist im Rahmen des Regionalen Entwicklungsplanes als Grundzentrum aus- gewiesen.

Die Elbe bildet im Norden die natürliche Grenze des Stadtgebiets von Kemberg, die bei einer Gebietsänderung zu beachten ist.

Verkehrsanbindung Durch das Gebiet der Stadt verlaufen • die Bundesstraße 2 von Wittenberg nach Bad Düben, • die Bundesstraße 100 von Wittenberg nach Bitterfeld und • die Bundesstraße 182, die im Stadtgebiet von der Bundesstraße 2 abzweigt und nach Torgau führt.

Die Anschlussstelle Vockerode der (München – Berlin) ist ca. 22 km vom Ortsteil Kemberg entfernt.

Der Bahnhof Bergwitz der Deutschen Bahn liegt an der Bahnstrecke Berlin–Halle und wird von Regionalbahnen der DB Regio fahrplanmäßig angefahren. An der Bahnstrecke Pratau–Torgau befinden sich die Haltepunkte Eutzsch und Rackith.

II. Reformschritte im Rahmen der landesweiten Gemeindegebietsreform 2010

Mit § 5 Abs. 2 GemNeuglG WB wurde aus der Stadt Zahna sowie den Gemeinden Dietrichsdorf, Elster (Elbe), Gadegast, Leetza, Listerfehrda, Mühlanger, Zemnick und Zörnigall der Verwaltungsgemeinschaft Elbaue-Fläming die Einheitsgemeinde Stadt Zahna-Elster gebildet. Zugleich wurden die an der Neubildung beteiligten Kommunen mit Bildung der neuen Stadt aufgelöst. Die Neubildung der Einheitsgemeinde trat nach § 6 Satz 1 GemNeuglG WB am 1. Januar 2011 in Kraft. Mit Inkrafttreten der Neubildung der Einheitsgemeinde Stadt Zahna-Elster und der Eingemeindungen nach § 5 Abs. 1 GemNeuglG WB war die Verwaltungsgemeinschaft Elbaue-Fläming nach § 5 Abs. 3 GemNeuglG WB i. V. m. § 2 Abs. 5 Satz 1 GemNeuglGrG aufgelöst.

Aufgrund der gesetzlichen Neugliederungsentscheidung wurden nach § 8 GebRe- fAusfG sowohl der Stadtrat als auch der Bürgermeister der Einheitsgemeinde Stadt Zahna-Elster vor Wirksamwerden der Neubildung von den Bürgern der an der Neu- bildung beteiligten Stadt und den beteiligten Gemeinden gewählt.

Das Landesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 29. Mai 2013 festgestellt, dass § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-An- halt betreffend den Landkreis Wittenberg (GemNeuglG WB), soweit dessen Rege- lungen die Gemeinde Mühlanger als Beschwerdeführerin betreffen, Art. 2 Abs. 3, 87 Verf LSA verletzt und nichtig ist.

Die verfassungsgerichtliche Nichtigkeitsfeststellung des § 5 Abs. 2 GemNeuglG WB hat zur Folge, dass die Norm, soweit sie die Gemeinde Mühlanger betrifft, vom Zeit- 25 punkt des Erlasses der Norm an ungültig und der status quo ante wiederhergestellt ist. Insoweit haben die mit § 5 Abs. 2 GemNeuglG WB angeordnete Auflösung der Gemeinde Mühlanger als auch ihre Beteiligung an der Neubildung der Einheitsge- meinde Stadt Zahna-Elster keine Wirkung entfaltet. Mithin besteht die Gemeinde Mühlanger als selbstständige Gemeinde fort.

Aufgrund der Tenorierung der Entscheidung des Landesverfassungsgerichts ist die Neubildung der Einheitsgemeinde Stadt Zahn-Elster nach § 5 Abs. 2 GemNeuglG WB durch Zusammenschluss der in der Norm aufgeführten übrigen Gemeinden von der Nichtigkeitsfeststellung nicht betroffen. Gleiches gilt für die Auflösung der Ver- waltungsgemeinschaft Elbaue-Fläming nach § 5 Abs. 3 GemNeuglG WB i.V.m. § 2 Abs. 5 Satz 1 GemNeuglGrG. Mithin besteht die Einheitsgemeinde Stadt Zahna- Elster mit ihrer Rechtspersönlichkeit und ihren Organen fort. Allein gebietlich entfaltet die verfassungsgerichtliche Nichtigkeitsfeststellung Auswirkungen insoweit, als das Gebiet der Stadt Zahna-Elster nicht (mehr) das Gebiet der Gemeinde Mühlanger um- fasst.

III. Anhörungen der betroffenen Gemeinden und der Einwohner sowie Stel- lungnahmen des Landkreises Wittenberg, der Kommunalen Spitzenver- bände und der weiteren Beteiligten

1. Stellungnahmen der anzuhörenden Städte und Gemeinden a) Gemeinde Mühlanger

Die Gemeinde Mühlanger wurde mit Schreiben des Ministeriums für Inneres und Sport vom 10. Juli 2013 zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster, der ihr ausweislich der Empfangs- bestätigung am 11. Juli 2013 zuging, angehört.

Mit Schreiben vom 4. September 2013 hat der Bürgermeister der Gemeinde Mühlan- ger zum Gesetzesvorhaben Stellung genommen und in diesem Zusammenhang dar- auf hingewiesen, dass er wegen der Hochwasserkatastrophe den Gemeinderat nicht wie geplant kurzfristig hätte einberufen und eine Bürgeranhörung zum gleichen Ter- min wie die Landesanhörung beschließen können. Außerdem hätte wegen der Ver- öffentlichungspflicht von Satzungen usw. erst Klarheit geschaffen und in der 1. Ge- meinderatssitzung die Schaukastenthematik in der Hauptsatzung der Gemeinde an- gepasst werden müssen, einschließlich der Genehmigung und folgender Veröffentli- chung. Daher habe er, inklusive vorlaufender Diskussion, die Sitzung mit dem Thema der weiteren Verfahrensweise zum Gesetzentwurf und der Bürgeranhörung erst zum 22. Juli 2013 einladen können. In dieser Sitzung sei die Bürgeranhörung der Ge- meinde Mühlanger sowohl zur Frage einer Eingemeindung in die Stadt Zahna-Elster als auch zur Frage einer Eingemeindung in die Lutherstadt Wittenberg festgelegt worden, und zwar auf den 29. September 2013.

In seiner Stellungnahme teilt der Bürgermeister mit, dass eine deutliche Mehrheit des Gemeinderates der Gemeinde Mühlanger (8 : 3) für die Eingemeindung in die Lu- therstadt Wittenberg stehe, weil viele Beziehungen (historisch, verkehrstechnisch, wirtschaftlich usw.) diesen Weg auch vorgeben würden.

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Wie der Bürgermeister weiter ausführt, herrsche in diversen Gesprächen mit dem Oberbürgermeister, Bürgermeister und den Stadtratsfraktionen der Lutherstadt Wit- tenberg Konsens über eine Eingemeindung Mühlangers auf Grundlage eines zu be- schließenden Gebietsänderungsvertrages. In der Terminkette sei der Beschluss des Gemeinderates der Gemeinde Mühlanger zur Eingemeindung Mühlangers in die Lu- therstadt Wittenberg in der Gemeinderatssitzung am 30. September 2013 geplant. Diese Planung erfolge deshalb, weil erst die beiden Bürgeranhörungen abgewartet würden. Bislang könne der Bürgermeister eine Mehrheit in der Bevölkerung erken- nen, die bereits 2010 wie auch heute für die Eingemeindung nach Wittenberg stehe.

Für die Eingemeindung in die Lutherstadt Wittenberg plädiere er auch aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Leitbildtreue des Landes Sachsen-Anhalt. Die Leitbildtreue sei aus seiner Sicht sowohl bei einer Eingemeindung von Mühlanger in die Luther- stadt Wittenberg gegeben als auch für die Stadt Zahna-Elster, da diese nicht unter 8 000 Einwohner fallen würde.

Der Bürgermeister der Gemeinde Mühlanger teilt abschließend mit, dass er in Er- wartung der Ergebnisse der Bürgeranhörungen und Unterschriftenaktionen die Ein- gemeindung Mühlangers in die Lutherstadt Wittenberg zum 1. Januar 2014 als rea- listisches Ziel ansehe. b) Stadt Zahna-Elster

In ihrer Stellungnahme vom 5. September 2013 begrüßt die Stadt Zahna-Elster die nach dem Gesetzentwurf vorgesehene Eingemeindung. Der Stadtrat der Stadt Zah- na-Elste habe sich in seiner Sitzung am 20. Juni 2013 dazu bekannt, die Gemeinde Mühlanger wieder in die Stadt Zahna-Elster einzugliedern, allerdings mit der Maßga- be, dass seitens der Gemeinde Mühlanger keine besonderen Bedingungen gestellt werden können. Die Zusammenarbeit solle weiter auf der bisher praktizierten Basis erfolgen, in allen Ortschaften der neu gebildeten Stadt gleiches Satzungsrecht her- zustellen. Sonderregelungen für Mühlanger würden durch den Stadtrat abgelehnt.

Im Einzelnen wird in der Stellungnahme ausgeführt, dass das Land im Gemeinde- neugliederungs-Grundsätzegesetz ein Leitbild für zukunftsfähige Gemeindestruktu- ren erarbeitet habe, in dem geregelt worden sei, dass leitbildgerechte Kommunen über mindestens 10 000 Einwohner verfügen sollen. Ausnahmen seien nur in dünn besiedelten Gebieten bzw. in Randlagen an Ländergrenzen zulässig. Dies träfe auf die Region des Landkreises Wittenberg mit Ausnahme der Stadt nicht zu.

Die Stadt Zahna-Elster habe bei ihrer Neubildung zum 1. Januar 2011 mit der Ort- schaft Mühlanger eine Einwohnerzahl von 9 925 gehabt und sei damit unter die ge- setzliche Vorgabe gekommen. Nach aktuellem Stand betrage die Einwohnerzahl der Stadt Zahna-Elster zusammen mit der Gemeinde Mühlanger 9 541. Ohne die Ge- meinde Mühlanger lebten in der Stadt Zahna-Elster nur noch 8 195 Einwohner. Be- dingt durch den demographischen Wandel würden sich diese Zahlen zukünftig weiter nach unten bewegen, so dass die Stadt Zahna-Elster (ohne Mühlanger) in absehba- rer Zeit unter 8 000 Einwohner sinken werde. Ebenfalls würde dem damaligen Ge- setzeswillen Nachdruck verliehen werden. Schon aus diesem Grund sehe die Stadt Zahna-Elster keine andere Möglichkeit, als die Gemeinde Mühlanger im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens wieder in die Stadt Zahna-Elster zu integrieren.

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Die Lutherstadt Wittenberg komme als Alternative für die Gemeinde Mühlanger in Betracht. Eine Notwendigkeit, das Mittelzentrum Lutherstadt Wittenberg weiter zu stärken, bestehe jedoch nicht. Im Vorfeld der im Zuge des Anhörungsverfahrens für den 22. September 2013 angesetzten Bürgeranhörung habe der Bürgermeister der Gemeinde Mühlanger klar zu erkennen gegeben, dass sein Wille eine Eingemein- dung in die Lutherstadt Wittenberg sei. In den durchgeführten Bürgerversammlungen habe er die Stadt Zahna-Elster als nicht leistungsfähig und zukunftsträchtig darge- stellt. Dem müsse entschieden widersprochen werden. Nach der Neubildung sei die Stadt Zahna-Elster mit einem Defizit im Haushalt 2011 von ca. 1,3 Mio. € gestartet. Das habe unter anderem daraus resultiert, dass die defizitären Haushalte einiger ehemaliger Kommunen hätten ausgeglichen werden müssen (u.a. auch Mühlanger). Im Zuge der Haushaltskonsolidierung hätte schließlich in 2011 sogar ein Überschuss erwirtschaftet und für die beiden folgenden Haushaltsjahre 2012 und 2013 ein aus- geglichener Haushalt vorgelegt werden können.

Rein wirtschaftlich betrachtet würde die Stadt Zahna-Elster ohne Mühlanger sogar deutlich besser dastehen. Die Gemeinde Mühlanger habe einen Bevölkerungsanteil von 16,43 %. Die Anteile der Einnahmen aus den Grundsteuern A und B sowie der Gewerbesteuer hätten im Jahr 2011 7,9 % und im Jahr 2012 8,4 % betragen. Mit Stand vom 31. Dezember 2012 habe sich der Schuldenstand der Stadt Zahna-Elster bei den laufenden Kreditverpflichtungen auf 3 083 182,50 € belaufen. Davon entfie- len auf die Gemeinde Mühlanger allein 855 385,48 €. Das entspräche wiederum ei- nem Anteil von 38,5 %. Weiterhin habe die Gemeinde Mühlanger einige nicht kos- tendeckend arbeitende Einrichtungen, die das Budget der Stadt Zahna-Elster zusätz- lich belasten würden. Dazu würden die Grundschule, die Kindertagesstätte, die Feu- erwehr, die Sportstätten, der Bauhof, der Jugendklub und die Bibliothek zählen.

Der Weggang der Gemeinde Mühlanger nach Wittenberg hätte jedoch zur Folge, dass entsprechend dem Anteil der Bevölkerung auch 16,43 % der Mitarbeiter der Verwaltung der Stadt Zahna-Elster nach Wittenberg wechseln müssten. Dies be- deute, dass von 33 VbE 5,6 VbE wegfallen würden. Aus der jetzigen Erfahrung wirke sich dieser Fakt vor allem in der Absicherung der Vertretung im Krankheitsfall oder bei der Urlaubsvertretung negativ aus. Die personelle Absicherung der Außenstelle der Stadt Zahna-Elster im Grundzentrum Elster (Elbe), die aufgrund der schlechten Anbindung des südlichen Teils der Stadt zum Rathaus nach Zahna über den ÖPNV vorgehalten werde, würde damit gefährdet werden. Dadurch wäre eine wirksame Bewältigung der Verwaltungsaufgaben im Interesse einer bestmöglichen Daseins- vorsorge im ländlichen Raum für die Bewohner der Stadt schlechter möglich.

Im Übrigen gäbe es weitere entscheidende Faktoren, die für eine Zuordnung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster sprechen würden. Bereits seit 1994 sei die Gemeinde Mühlanger mit den umliegenden Ortschaften durch die Bildung der Verwaltungsgemeinschaft Mühlengrund und später der Verwaltungsgemeinschaft Elbaue-Fläming verwaltungstechnisch betrachtet eng verbunden. Eine haushaltsmä- ßige Trennung sowie die Umstellung der Software bei einer Zuordnung nach Witten- berg würde nicht nur enorme Kosten verursachen, sondern auch noch zusätzlich ei- nen hohen Verwaltungsaufwand verursachen, den die Stadt Zahna-Elster gerade jetzt, wo die Stadt bedingt durch die Flutkatastrophe im Juni 2013 ohnehin genug mit der Aufarbeitung der Folgen zu tun hätte, nicht noch zusätzlich abarbeiten könnte, ohne die alltäglichen Aufgaben zu vernachlässigen. Hinzu komme die Vorbereitung 28 der Einführung der Doppik, die für die Stadt erst zur Umsetzung kommen könne, wenn das Gesetz zur Zuordnung der Gemeinde Mühlanger rechtskräftig werde.

In der Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum Urteil des Landesverfassungsgerichts am 29. Mai 2013 habe die Stadt Zahna-Elster einen Großteil ihres Satzungsrechts den neu- en Gegebenheiten angepasst. Die Gemeinde Mühlanger sei dabei in vielen Sat- zungen und Verordnungen einbezogen. Bei einer Zuordnung nach Wittenberg wären viele Kalkulationen hinfällig und müssten überarbeitet werden. Seit dem 29. Mai 2013 seien nur die Satzungen angepasst worden, bei denen rechtlich keine Möglichkeit bestanden hätte, bis zum Ende des Zuordnungsverfahrens zu warten.

Weiterhin hätten sich in den vergangenen Jahren Strukturen gebildet, die für die Da- seinsvorsorge der Bevölkerung im ländlichen Bereich eine entscheidende Rolle spie- len würden, wie z.B. im Bereich des Bildungswesens. Die Grundschule Mühlanger wäre ohne die Kinder aus den umliegenden Ortschaften der Stadt Zahna-Elster be- reits geschlossen worden. Der Stadtrat der Stadt Zahna-Elster habe im Jahr 2011 die Einzugsbereiche so verändert, dass die Grundschule Mühlanger weiter bestehen bleiben konnte. Im Brandschutz seien die Stützpunktfeuerwehr in Mühlanger und die Feuerwehr aus dem Ortsteil Gallin durch ihre Leistungsstärke und ständige Einsatz- bereitschaft sehr umfangreich in den einzelnen Alarmierungsplänen der Stadt veran- kert. Die Wasserwehr als ortsübergreifendes Organ habe ihre erste große Bewäh- rungsprobe für den von ihr zu sichernden Teil vom Ortsteil Iserbegka über Gallin bis Mühlanger bei der Flut im Juni 2013 erfolgreich bestanden und so größere Schäden verhindern können. Der Bauhof Mühlanger sei mit seinem Personal mit verantwort- lich für die umliegenden Ortschaften Zörnigall und Dietrichsdorf. Zahlreiche Vereine würden nicht erst seit 2011 auf verschiedenen Ebenen eng zusammenarbeiten. c) Lutherstadt Wittenberg

Im Rahmen der Anhörung hat die Lutherstadt Wittenberg mit Schreiben vom 14. Au- gust 2013 Stellung genommen. Die Lutherstadt Wittenberg teilt in ihrer Stellung- nahme mit, dass sie einer Eingemeindung Mühlangers vorbehaltlich der Regelung al- ler rechtlichen, technischen und finanziellen Anforderungen aufgeschlossen gege- nüberstehe, soweit dies dem Willen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger, etwa aufgrund der nachbarschaftlichen Nähe und Verbundenheit, entspräche. Die Luther- stadt bekräftigt, dass sie in der Vergangenheit bewiesen habe, in der Lage zu sein, die im Wege der Eingemeindung hinzutretenden Aufgaben dauerhaft sachgerecht, effizient und in hoher Qualität zu erfüllen und die Nutzung erforderlicher kommunaler Einrichtungen zu sichern. Eine Eingemeindung Mühlangers in die Lutherstadt Wit- tenberg würde auf gemeindlicher Ebene zu einer Stärkung und langfristigen Siche- rung der Leistungskraft und Verwaltungskraft führen, den demografischen Entwick- lungen gerecht werden und zur Schaffung zukunftsfähiger gemeindlicher Strukturen beitragen. d) Stadt Kemberg

Die zum Gesetzesvorhaben angehörte benachbarte Stadt Kemberg hat in ihrer Stel- lungnahme vom 4. September 2013 insoweit geäußert, dass keine Einwände gegen die nach dem Referentenentwurf beabsichtigte Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster bestehen.

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2. Stellungnahme des Landkreises Wittenberg

Der Landkreis Wittenberg erhebt in seiner Stellungnahme vom 5. September 2013 keine Einwände gegen die nach dem Referentenentwurf beabsichtigte Eingemein- dung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster. Nach der landesverfas- sungsgerichtlichen Nichtigkeitsfeststellung des § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Wittenberg in Bezug auf die Gemeinde Mühlanger sei nach Auffassung des Land- kreises Wittenberg eine Wiedereingliederung der Gemeinde Mühlanger nach Zahna- Elster aus verschiedenen Gründen anzustreben.

Wie der Landkreis Wittenberg in seiner Stellungnahme weiter ausführt, seien die ge- sammelten Erfahrungen in der Zusammenarbeit zwischen der Stadt Zahna-Elster und der Gemeinde Mühlanger trotz der derzeitig kritisch geäußerten Meinungen als positiv anzusehen. Auch wenn der Bürgermeister der Gemeinde Mühlanger dies ver- neine, seien die Aufgaben durch die Stadt Zahna-Elster wahrgenommen worden. Nach der Entscheidung des Landesverfassungsgerichts hätten sich verstärkt Kritiken und Beschwerden an der Arbeitsweise des Bürgermeisters mit seiner Verwaltung gehäuft. Es seien getroffene Entscheidungen teilweise rückgängig gemacht worden (Neubesetzung Stadtwehrleiter, da dieser aus Mühlanger kam). Auf dem gebiet des abwehrenden Brandschutzes und der Hilfeleistungen seien in der zu erarbeitenden Brandschutzbedarfsplanung und der Risikoanalyse für die Stadt Zahna-Elster Fest- legungen getroffen worden. Dies gelte auch für die Gemeinde Mühlanger, da das Gebiet der Stadt Zahna-Elster insgesamt betrachtet worden sei.

Durch die Stadt Zahna-Elster wurden und werden weiterhin die Aufgaben des Stan- desamtes und des Pass- und Meldewesens wahrgenommen. Durch den Abschluss einer Zweckvereinbarungen zwischen der Stadt Zahna-Elster und der Gemeinde Mühlanger sei gesichert, dass die Personenstandsfälle weiterhin bearbeitet werden könnten. Bei einer anderen Entscheidung müssten alle Vorgänge, einschließlich der erforderlichen Dateien übergeleitet werden. Bei einer erneuten Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster wäre eine Weiterführung problemlos gesichert.

Durch die Stadt Zahna-Elster seien auch die entsprechende Hard- und Software zur Erfüllung der gemeinsamen Aufgaben angeschafft worden.

Auch auf kulturellen und sportlichen Gebiet habe sich eine Zusammenarbeit entwi- ckelt. So fände jährlich ein Fest der Stadt Zahna-Elster in den Ortschaften statt. Dies soll dazu beitragen, das Gemeinwohl zu fördern und den Zusammenhalt zu doku- mentieren. Des Weiteren würden in den Ortschaften eigene Veranstaltungen, an de- nen Bürger der gesamten Stadt Zahna-Elster teilnehmen können, stattfinden und darüber hinaus Sportveranstaltungen gemeinsam durchgeführt. Es werden Wett- kämpfe der Feuerwehren organisiert und durchgeführt. Auch hier sei eine enge Ver- bindung zu den Wehren aus den Ortschaften entstanden, die insbesondere bei Großschadenslagen sichtbar sei.

Einzelne gemeinsame Aktivitäten würden bei einer anderen Entscheidung sicherlich weniger werden., da aus der Entwicklung der vergangenen Jahre die Bindung zu den in der Stadt Zahna-Elster bestehenden Ortschaften historisch stärker gewachsen sei 30

(Bildung der Verwaltungsgemeinschaft Mühlengrund mit den jetzigen Ortschaften Zörnigall, Bülzig, Dietrichsdorf, Mühlanger und Euper-Abtsdorf). Danach erfolgte die Fortsetzung der Zusammenarbeit in der Verwaltungsgemeinschaft Elbaue-Fläming, wo die Gemeinden als Mitgliedsgemeinden geführt wurden. Trotz des Ausscheidens der Gemeinde Euper-Abtsdorf (Eingemeindung in die Lutherstadt Wittenberg) vor Bildung der Einheitsgemeinde Zahna-Elster seien die Ortschaften Zörnigall, Bülzig und Dietrichsdorf Teilgebiete der Stadt Zahna-Elster gewesen. Eine Eingemeindung nach Zahna-Elster schaffe auch keine unübersichtlichen Strukturen, da die Ge- meinde Mühlanger stets fester Bestandteil der sich vollziehenden Verwaltungs- und Gebietsänderungen gewesen sei.

Da die Bildung von Einheitsgemeinden entsprechend der gesetzlichen Regelung grundsätzlich durch Mitgliedsgemeinden derselben Verwaltungsgemeinschaft erfol- gen soll, wäre dies im vorliegenden Fall erfüllt, da die Gemeinde Mühlanger Mit- gliedsgemeinde der Verwaltungsgemeinschaft Elbaue-Fläming war und aus deren Mitgliedsgemeinden die Stadt Zahna-Elster gebildet wurde.

Zu den finanziellen Auswirkungen weist der Landkreis Wittenberg in seiner Stellung- nahme darauf hin, dass durch die Stadt Zahna-Elster alle kommunalen Altfehlbeträge der Gemeinden übernommen und zwischenzeitlich ausgeglichen seien. Der Haus- haltsplan für das Haushaltsjahr 2013 der Stadt Zahna-Elster sei in den Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen. Die Gemeinde Mühlanger habe sich im Haushaltsjahr 2010 in der Haushaltskonsolidierung befunden. Der im Jahr 2010 für die Gemeinde Mühlanger entstandene Fehlbetrag sei gleichwohl ausgeglichen worden. Des Weite- ren seien aus dem Haushalt der Stadt Zahna-Elster für das Haushaltsjahr 2011 fi- nanzielle Mittel für die Fertigstellung der Baumaßnahmen an und in der Grundschule der Gemeinde Mühlanger bereitgestellt worden. Berücksichtigt seien ferner in der Planung Maßnahmen in der Gemeinde Mühlange, wofür Fördermittel bewilligt bzw. beantragt worden seien. Die Stadt Zahna-Elster befinde sich in der Vorbereitung der Umstellung von der Kameralistik auf die Doppische Buchführung, vorgesehen zum 1. Januar 2014.

Soweit keine Zuordnung der Gemeinde Mühlanger zur Stadt Zahna-Elster erfolgen sollte, würden sich auch personalrechtliche Konsequenzen ergeben, da der Per- sonalbestand auf die Wahrnehmung der derzeitigen Aufgaben ausgerichtet sei und weniger Einwohner den derzeitigen Personalbestand nicht rechtfertigen würden.

Der Landkreis Wittenberg führt in seiner Stellungnahme ferner aus, dass der Bür- germeister der Gemeinde Mühlanger nach der Entscheidung des Landesverfas- sungsgerichts mitgeteilt habe, dass Mühlanger jetzt selbst bestimmen könne, wel- chen Weg sie künftig einschlagen werden. Im Ergebnis der Beratung im Gemeinde- rat der Gemeinde Mühlanger seien 3 Zielstellungen benannt: 1. Erhalt der Grund- schule und der Kindereinrichtung, 2. Erhalt der freiwilligen Feuerwehr und 3. Erhalt des Vereinslebens.

Des Weiteren sei vorgesehen gewesen, dass der Bürgermeister der Gemeinde Mühlanger sowohl mit dem Oberbürgermeister der Lutherstadt Wittenberg als auch mit dem Bürgermeister der Stadt Zahna-Elster zum künftigen Gebietsstand Gesprä- che führen werde. Seitens der Stadt Zahna-Elster seien keine Beschlüsse gefasst 31 worden, die den Erhalt der Einrichtungen einschließlich der Feuerwehr in Frage stel- len würden.

Bei einer anderen Entscheidung zum Gebietsstand sei nach den Darlegungen des Landkreises Wittenberg möglicherweise der Schulstandort gefährdet, wenn die Stadt Zahna-Elster den Einzugsbereich neu bestimme. Der Standort wäre nur dann gesi- chert, wenn durch die Lutherstadt Wittenberg auch die Einzugsbereiche neu festge- legt würden. Für die Schulentwicklungsplanung im Sekundarschulbereich sei der Landkreis Wittenberg zuständig. Derzeitig gingen die Sekundarschüler der Ge- meinde Mühlanger in die Sekundarschule der Stadt Zahna-Elster, Ortsteil Elster (El- be).

Durch den Gemeinderat wurde beschlossen, am 29. September 2013 eine Bürger- anhörung mit 2 Fragestellungen durchzuführen. Somit werde eine Woche nach der Bürgeranhörung am 22. September 2013 eine weitere stattfinden. Begründet wurde die am 29. September 2013 stattfindende Bürgeranhörung u.a. damit, dass bei der Bürgeranhörung am 22. September 2009 sich eine große Mehrheit gegen eine Ein- gemeindung in die Stadt Zahna-Elster ausgesprochen habe und eine Fragestellung für eine Eingemeindung in die Lutherstadt Wittenberg nicht möglich gewesen sei. Daher solle diese Frage am 29. September 2013, neben der Frage zur Eingemein- dung in die Stadt Zahna-Elster, gestellt werden. Des Weiteren erfolge derzeit eine Unterschriftenaktion durch die Bürger für die Eingemeindung in die Lutherstadt Wit- tenberg.

Als Gründe für die Umsetzung des Gesetzentwurfs führt der Landkreis Wittenberg aus, dass Ziel der Gemeindegebietsreform die Schaffung nachhaltiger und zu- kunftsfähiger Strukturen sei, wobei das Allgemeinwohl zu beachten sei. Bei zu tref- fenden Entscheidungen seien aufgrund des demografischen Wandels im Land Sach- sen-Anhalt, der fast alle Regionen beträfe, nachhaltige Lösungen anzustreben. So würden sich diese Entwicklungen, insbesondere der voranschreitende Bevölkerungs- rückgang, sowohl auf den Landkreis Wittenberg selbst als auch auf die kreisangehö- rigen Städte und Gemeinden auswirken.

Um die Stadt Zahna-Elster auch nachhaltig und zukunftsfähig zu erhalten, müsse die Gemeinde Mühlanger nach Auffassung des Landkreises Wittenberg aufgrund ihrer Einwohnerzahl Teilgebiet der Stadt Zahna-Elster werden. Dies könne nur durch eine Eingemeindung erfolgen. Seit Jahren sei ein spürbarer Bevölkerungsrückgang fest- zustellen. Erfolge keine Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zah- na-Elster, sei die Stadt Zahna-Elster in einigen Jahren gefährdet. Zum Stichtag 30. Juni 2013 lebten in der Stadt Zahna-Elster 9.762 Einwohner, davon 1.351 Einwohner in der Gemeinde Mühlanger.

Mit der vorgesehenen Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna- Elster setzt der Landesgesetzgeber seine Ankündigung in § 2 Abs. 9 GemNeuglGrG um, nach dem Ablauf der freiwilligen Phase Einheitsgemeinden zu bilden.

Betreffs der Gemeinde Mühlanger käme auch aufgrund der räumlichen Nähe eine Eingemeindung in die Lutherstadt Wittenberg in Betracht. Für eine Eingemeindung in die Stadt Kemberg sei dies auszuschließen, da die Elbe eine natürliche Grenze bildet und zur Stadt Kemberg keine direkte Verkehrsanbindung besteht. Seitens der Ge- meinde Mühlanger seien durch den Bürgermeister der Gemeinde nach der Entschei- 32 dung des Landesverfassungsgerichts Gespräche mit dem Oberbürgermeister, dem Bürgermeister und Mitgliedern des Stadtrates geführt worden. Seitens der Luther- stadt Wittenberg erfolgte die Aussage, dass man sich Mühlanger nicht verschließen werde, jedoch die Lutherstadt Wittenberg selbst keine Aktivitäten entwickeln würde. Eine Eingemeindung in die Lutherstadt Wittenberg würde zwar die Einwohnerzahl von Wittenberg als Mittelzentrum stärken und eventuell Verwaltungswege für ein- zelne Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde verkürzen. Für das Umland mit dem Grundzentrum Zahna-Elster würde die Einwohnerzahl weiter rückläufig sein, so dass auch die Stadt Zahna-Elster weit unter der gesetzlichen Einwohnerzahl von 10.000 Einwohnern liegen würde. Im Rahmen der freiwilligen Phase der Gemeindegebiets- reform seien durch den Bürgermeister der Gemeinde Mühlanger keine Aktivitäten für eine Eingemeindung in die Lutherstadt Wittenberg unternommen worden.

Abschließend kommt der Landkreis Wittenberg zu dem Ergebnis, dass mit dem vor- gelegten Gesetzentwurf über die Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster den gesetzgeberischen Leitlinien gefolgt werde und diese konse- quent umgesetzt würden. Es sei im Ergebnis der Abwägung nicht zu erkennen, aus welchen Gründen die Gemeinde Mühlanger nicht in die Stadt Zahna-Elster einge- meindet werden soll. Die Zuordnung von Mühlanger entspräche den im Gemeinde- neugliederungs-Grundsätzegesetz konkretisierten und verfassungsgemäßen Ge- meinwohlaspekten und trage auch dem festgelegten Ziel der Gemeindegebietsre- form Rechnung, nachhaltige und zukunftsfähige Strukturen auch im Umland der Mit- telzentren zu schaffen und zu erhalten. Dies wäre mit einer Eingemeindung der Ge- meinde Mühlanger gesichert. Eine Eingliederung in das Mittelzentrum Lutherstadt Wittenberg würde auch das Mittelzentrum stärken, jedoch das Grundzentrum Zahna- Elster weiter schwächen. Mit dann ca. 8.400 Einwohnern wäre keine nachhaltige und zukunftsfähige Struktur für die Stadt Zahna-Elster auf Dauer gewährleistet.

3. Stellungnahme der Kommunalen Spitzenverbände

Die Kommunalen Spitzenverbände wurden zu dem Gesetzentwurf mit Schreiben des Ministeriums für Inneres und Sport vom 10. Juli 2013 nach § 151a GO LSA und § 73a LKO LKO angehört.

Unter dem 2. September 2013 hatte der Landkreistag Sachsen-Anhalt mitgeteilt, dass von seiner Seite keine eigene Stellungnahme abgegeben werde, da es sich bei der Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster um eine Angele- genheit handele, von der ausschließlich der Landkreis Wittenberg betroffen sei.

Auch der Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt erklärte mit Schreiben vom 15. Juli 2013 unter Hinweis darauf, dass die von dem Gesetzesvorhaben betroffene Ge- meinde und die betroffene Stadt Mitglieder des Städte- und Gemeindebundes Sach- sen-Anhalt sind, auf eine Äußerung in der Sache zu verzichten, um die Interessen der Stadt Zahna-Elster sowie der Gemeinde Mühlanger andererseits zu wahren.

4. Stellungnahme der Regionalen Planungsgemeinschaft

Mit Schreiben vom 10. Juli 2013 hat das Ministerium für Inneres und Sport die Regi- onale Planungsgemeinschaft Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg zur beabsichtigten Einge- 33 meindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster angehört. Mit Schrei- ben vom 28. August 2013 nahm die Regionale Planungsgemeinschaft dahingehend Stellung, dass der vorliegende Gesetzentwurf die im Regionalen Entwicklungsplan Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg festgelegten Erfordernisse der Raumordnung beachte und aus diesem Grund keine Bedenken gegen die vorgesehene Eingemeindung be- stehen.

5. Ergebnisse der Bürgeranhörung

Das Ministerium für Inneres und Sport hat mit Erlass vom 10. Juli 2013 die Kommu- nalaufsichtsbehörde des Landkreises Wittenberg aufgefordert, für die Durchführung der nach Art. 90 Satz 2 Verf LSA i.V.m. § 17 Abs. 2 GO LSA erforderlichen Bürger- anhörung in der Gemeinde Mühlanger Sorge zu tragen.

Die Durchführung der Bürgeranhörung für gesetzliche Gebietsänderungen gehört nach § 17 Abs. 2 Satz 4 GO LSA zu den Aufgaben des übertragenen Wirkungskrei- ses. Zur Durchführung der Anhörung der Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Mühlanger zum Gesetzesvorhaben wurde die Stadt Zahna-Elster aufgefordert, da ihr gemäß der zwischen der Gemeinde Mühlanger und der Stadt Zahna-Elster ge- schlossenen Zweckvereinbarung die Wahrnehmung der Aufgaben der Gemeinde Mühlanger obliegt. Dabei hat das Ministerium für Inneres und Sport die Anhörungs- frage im Erlasswege vorgegeben. Die Kommunalaufsichtsbehörde des Landkreises Wittenberg hat auf Bitte des Ministeriums für Inneres und Sport den Termin für die Bürgeranhörung auf den 22. September 2013 festgesetzt.

Mit der Bekanntmachung der Bürgeranhörung ist gleichzeitig der Gesetzestext des Referentenentwurfs bekannt gemacht worden. Die Bekanntmachung enthielt den Hinweis, dass der gesamte Referentenentwurf einschließlich der Begründung bei der Stadt Zahna-Elster im Ortsteil Zahna und in der Außenstelle im Ortsteil Elster wäh- rend der allgemeinen Öffnungszeiten zur Einsichtnahme für die Bürgerinnen und Bürger bereit liegt.

Die Bürgeranhörung hat in der Gemeinde Mühlanger stattgefunden; die Bürgerinnen und Bürger haben wie folgt votiert:

Ergebnis BA Bürger- (Anzahl der anhö- Beteili- Gemeinde Datum Fragestellung Stimmen) rung gung in % (BA) Ja Nein

Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Mühlanger in die 76,12 Mühlanger BA 22.09.2013 408 487 Stadt Zahna-Elster einge- meindet wird?

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Im Rahmen der Anhörung zum Referentenentwurf eines Gesetzes über die Einge- meindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster haben sich die Bürge- rinnen und Bürger im Ergebnis mehrheitlich gegen eine Eingemeindung in die Stadt Zahna-Elster ausgesprochen.

Im Gegensatz zur Bürgeranhörung im Jahre 2009, bei der die Bürgerschaft der Ge- meinde Mühlanger die vorgesehene gesetzliche Zuordnung zu einer Stadt Zahna- Elster mit breiter Mehrheit abgelehnt hatten, ist das Ergebnis der Bürgeranhörung 2013 nicht mehr so deutlich. Seinerzeit hatten sich bei einer Beteiligung von 43,7 v. H. 473 Bürgerinnen und Bürger gegen die beabsichtigte Zuordnung zu einer Ein- heitsgemeinde Stadt Zahna-Elster ausgesprochen, während 57 das Neugliederungs- vorhaben bejaht hatten. Gegenüber der seinerzeitigen Bürgeranhörung im Jahre 2009 sank die Ablehnung in der am 22. September 2013 durchgeführten Bürgeran- hörung von annähernd 90 v. H. auf etwa 54 v. H.

IV. Abwägung

1. Grundlegendes

Mit der Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster folgt der Gesetzgeber seiner Ankündigung in § 2 Abs. 9 GemNeuglGrG, nach dem Ablauf der freiwilligen Phase Einheitsgemeinden durch Gesetz zu bilden. Das leitende System für die Einheitsgemeindebildung in der gesetzlichen Phase ist im allgemeinen Teil der Begründung dieses Gesetzes dargestellt.

Gemäß § 2 Abs. 9 GemNeuglGrG werden Gemeinden, welche der Kommunalauf- sicht bis zum 30. Juni 2009 keine genehmigungsfähige Vereinbarung über die Bil- dung einer Einheits- oder Verbandsgemeinde vorgelegt haben, durch Gesetz zu Ein- heitsgemeinden zusammengeschlossen. Gemäß § 2 Abs. 2 GemNeuglGrG soll die Bildung von Einheitsgemeinden grundsätzlich durch Mitgliedsgemeinden derselben Verwaltungsgemeinschaft erfolgen, wobei gemäß § 2 Abs. 3 GemNeuglGrG eine Mindesteinwohnerzahl von 10 000 erreicht werden soll.

Dabei ist der Schwellenwert von 10 000 Einwohnern für eine Einheitsgemeinde ver- fassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Leitsystem der Gemeindegebietsre- form, wonach regelmäßig Einheitsgemeinden mit 10 000 Einwohner zu bilden sind, ist durch das Landesverfassungsgericht im oben genannten Urteil vom 21. April 2009 bestätigt worden. Das Gericht stellte dabei fest, dass durch die Vergrößerung der Gemeinden dem Sozialstaatsprinzip und dem Gleichheitssatz (Chancengleichheit der Bürger) Rechnung getragen wird, um möglichst gleiche Lebensbedingungen im ganzen Land zu schaffen. Ziel der Gemeindegebietsreform ist es, dass flächende- ckend im ganzen Land leistungsfähige Strukturen entstehen und nicht, dass der Be- stand einzelner bislang leistungsstarker Gemeinden abgesichert wird. In einzelnen Fällen führt die Systemgerechtigkeit gegenüber allen Gemeinden des Landes dazu, dass leistungsfähige Gemeinden ihre Eigenständigkeit aufgeben müssen und sich den übergeordneten Gesichtspunkten einer möglichst gleichmäßigen kommunalen Struktur im Land zu unterwerfen haben. Im Vordergrund steht dabei stets die Schaf- fung einer zukunftsfähigen Struktur, die auch gleichwertige Lebensverhältnisse im Land Sachsen-Anhalt fördern soll. Für eine Einheitsgemeinde ist gemäß § 2 Abs. 3 GemNeuglGrG eine Mindestgröße von 10 000 Einwohnern vorgegeben. Die Ge- 35 meinde Mühlanger entspricht mit ihren 1 472 Einwohnern zu dem nach § 2 Abs. 10 GemNeuglGrG maßgeblichen Stichtag nicht den gesetzlichen Vorgaben und ist als eigenständige Einheit nicht leitbildgerecht.

Im Hinblick auf die Gemeinde Mühlanger sprechen überwiegende Gründe des öffent- lichen Wohls, der Raumordnung sowie der historischen Verbundenheit wie örtliche Zusammenhänge für eine Eingemeindung in die Stadt Zahna-Elster. Mühlanger und die Ortsteile der Stadt Zahna-Elster verbindet unter anderem die gemeinsame Zuge- hörigkeit zur Verwaltungsgemeinschaft Elbaue-Fläming bis zum 31. Dezember 2010 und die gemeindliche Struktur innerhalb der durch § 5 Abs. 2 GemNeuglG WB zum 1. Januar 2011 gebildeten Stadt Zahna-Elster bis zur Nichtigkeitsfeststellung des Landesverfassungsgerichts vom 29. Mai 2013.

Mit der Eingemeindung von Mühlanger nach Zahna-Elster folgt der Gesetzgeber sei- nen Leitlinien zur Umsetzung der Gemeindegebietsreform, wie sie sich aus § 2 Abs. 9 GemNeuglGrG ergeben. Eine Eigenständigkeit von Mühlanger kommt angesichts der geringen Einwohnerzahl nicht in Betracht. Das Leitbild von 10 000 Einwohnern würde weit verfehlt werden.

Betreffs der Gemeinde Mühlanger käme insoweit allenfalls aufgrund der räumlichen Belegenheit eine Eingliederung in die Lutherstadt Wittenberg in Betracht. Im Rahmen der freiwilligen Phase der Gemeindegebietsreform ließen sich bereits fünf Gemein- den der Verwaltungsgemeinschaft Elbaue-Fläming (Abtsdorf und Mochau bzw. Boß- dorf, Straach und Kropstädt) in die Lutherstadt Wittenberg eingliedern, so dass wei- tere Eingemeindungen zur Stärkung des Mittelzentrums nicht mehr geboten sind. Vielmehr sollen landesweit leistungsstarke und effiziente Strukturen entstehen und gleichwertige Lebensverhältnisse im Land geschaffen werden. Dies gilt auch für das Umland von Mittelzentren. Eine Eingemeindung in die Lutherstadt Wittenberg würde ein hinsichtlich der Einwohnerzahl stabiles Mittelzentrum weiter stärken, wohingegen die Stadt Zahna-Elster mit ihren grundzentralörtlichen Funktionen die Grenze von 10 000 Einwohnern nicht erreichen würde.

Aufgrund dessen sollte für die Gemeinde Mühlanger kein Wechsel in die Lutherstadt Wittenberg vorgenommen werden, so dass sie nach Zahna-Elster einzugemeinden ist.

Zur Stadt Kemberg bestehen seitens der Gemeinde Mühlanger weder Bus- noch Bahnverbindungen. Die Elbe bildet eine natürliche Grenze zwischen beiden Kommu- nen. Eine direkte Verkehrsverbindung zwischen Mühlanger und Kemberg besteht nicht. Auch eine verwaltungsseitige Zusammenarbeit ist nicht vorhanden.

Eine Eingemeindung nach Zahna-Elster schafft auch keine unübersichtlichen Struk- turen, in denen Mühlanger marginalisiert wird. Diese Gefahr könnte eher bei der Lu- therstadt Wittenberg oder der Stadt Kemberg mit 29 Ortsteilen bestehen. Das auch hinsichtlich der Einwohner zu messende Gewicht von Mühlanger kommt am ehesten noch in der Stadt Zahna-Elster zum Tragen. Die Stadt Kemberg und die Lutherstadt Wittenberg sind größer beziehungsweise deutlich größer als die Stadt Zahna-Elster.

Auch die Entfernung zum Verwaltungszentrum Zahna ist nicht unzumutbar. Zwischen der Gemeinde Mühlanger und dem Ortsteil Zahna als Verwaltungssitz liegen 10,3 km Wegstrecke und ca. 15 Minuten Fahrzeit (über die Bundesstraße B 187 und die Lan- 36 desstraße L 126). Aus der Stellungnahme der Gemeinde Mühlanger von 2009 zum Gesetz über die Neugliederung der Gemeinden betreffend den Landkreis Wittenberg geht hervor, dass Mühlanger auf die Lutherstadt Wittenberg sowie die Gemeinde Els- ter (Elbe), die Stadt Jessen (Elster) und deren Vororte ausgerichtet sei. Denn die je- weiligen Entfernungen betragen in diesen Fällen zur Lutherstadt Wittenberg ca. 7,5 km (9 Minuten Fahrzeit über die Bundesstraße B 187), zur Gemeinde Elster (Elbe) ca. 7,3 km (9 Minuten Fahrzeit über die Bundesstraße B 187) und zur Stadt Jessen (Elster) ca. 17,8 km (19 Minuten Fahrzeit über die Bundesstraße B 187). Angesichts dieser nur geringen Unterschiede liegt Zahna nicht zu weit entfernt.

Der nunmehrigen Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger steht auch nicht entge- gen, dass sich die Stadt Zahna-Elster erst zum 1. Januar 2011 gefunden hat und nunmehr erneut die Eingliederung der Gemeinde Mühlanger zu bewältigen hat. Mühlanger sollte bereits zum 1. Januar 2011 in die damals neu zu gründende Ge- meinde Zahna-Elster integriert werden. Diesem Ziel folgend war die Einbeziehung Mühlangers in § 5 Abs. 2 GemNeuglG WB Inhalt der gesetzlichen Regel. Letztlich ist diese jedoch an formellen Gründen nach Entscheidung des Landesverfassungsge- richts gescheitert. Der Gesetzgeber fasst hier keinen neuen Entschluss zur Einge- meindung einer Gemeinde in eine erst kürzlich gebildete Einheitsgemeinde, sondern hält lediglich an seinem ursprünglichen und von Anfang an offen gelegten Willen fest. Insoweit können weder auf Seiten der Gemeinde Mühlanger noch auf Seiten der Stadt Zahna-Elster Vertrauenstatbestände geschaffen worden sein, die einer Umset- zung des gesetzlichen Eingemeindungswillens entgegenstehen könnten.

2. Zu den Stellungnahmen im Einzelnen: a) Stellungnahme der Gemeinde Mühlanger aus dem Jahr 2009

Die Gemeinde Mühlanger hat bereits 2009 zu der damals gesetzlich vorgenommen und 2013 für nichtig erklärten Eingliederung in die Einheitsgemeinde Stadt Zahna- Elster Stellung genommen. Sie führte in ihrer Stellungnahme 2009 zunächst aus, dass durch die Gemeindegebietsreform ohne Not örtliche Strukturen zunächst zer- schlagen und anschließend in unkontrollierte, ungeplante und in ihren Auswirkungen nicht zu übersehenden Großstrukturen eingefügt werden. Den Gemeinden werde in diesem Zusammenhang die örtliche Gemeinschaft genommen und sie würden in künstliche Gebilde ohne gemeinschaftliche und gemeinsame Basis zusammenge- fasst.

Mit dieser Aussage und der anschließenden Aufzählung von Fallgruppen, in denen die aus Sicht der Gemeinde Mühlanger negativen Auswirkungen der Reform aufge- listet werden, wandte sich die Gemeinde vor allen gegen die grundsätzliche Frage zur Durchführung der Gemeindegebietsreform. In diesem Zusammenhang muss be- tont werden, dass die Gemeindegebietsreform durch die Verabschiedung des Be- gleitgesetzes zur Gemeindegebietsreform und die Bestätigung dieses Gesetzes durch das Landesverfassungsgericht (Urteil vom 21. April 2009, AZ: AZ: 12, 27, 56, 58, 71, 83, 87, 99 und145/08) vorgezeichnet ist. Im Rahmen der nunmehr stattfin- denden einzelnen Neugliederung durch den Gesetzgeber geht es nicht um die Fra- ge, ob eine Reform stattfinden muss oder darf. Zu entscheiden ist allein, ob sich der Gesetzgeber mit seiner Neugliederungsentscheidung innerhalb des von ihm selbst aufgestellten Systems nach dem GemNeuglGrG bewegt. Die Gemeindege- 37 bietsreform und die damit verbundene gesetzliche Neugliederung der Gemeinde Mühlanger ist verfassungsgemäß. Gem. Art. 90 Satz 1 der Landesverfassung sind Gebietsänderungen gegen den Willen der betroffenen Kommunen möglich. Auflö- sungen von Gemeinden, Gemeindezusammenschlüsse, Eingemeindungen und sonstige Gebietsänderungen durch gesetzliche Neugliederungen beeinträchtigen den verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich des Selbstverwaltungsrechts grundsätzlich nicht (vgl. auch BVerfGE 50, 50; 59, 216 <227>; 86, 90 <107>). Inso- weit ist auch der damalige Vortrag der Gemeinde, dass das Landesverfassungsge- richt keinesfalls die Gebietsreform bestätigt habe, nicht haltbar.

Zu entscheiden ist allein, ob sich der Gesetzgeber mit seiner Neugliederungsent- scheidung innerhalb des von ihm selbst aufgestellten Systems nach dem Gem- NeuglGrG bewegt.

Dem im weiteren Verlauf mehrfach und wiederholt angeführten Argument, dass die Einheitsgemeinde zu groß werde und dadurch immense Entfernungen zum Verwal- tungszentrum entstehen, welches im engen Zusammenhang mit dem Argument der fehlenden intimen Ortskenntnis zu sehen ist, ist insofern entgegen zu treten, dass durch das Landesverfassungsgericht ausdrücklich im oben genannten Urteil gebilligt wurde, dass die Einheitsgemeindebildung grundsätzlich auf Basis aller Mitgliedsge- meinden einer Verwaltungsgemeinschaft erfolgt. Insofern ist ein wirksames Instru- ment zur Flächenbegrenzung geschaffen worden, welches der Unüberschaubarkeit der gemeindlichen Strukturen entgegenwirkt. Besondere Gründe, die im vorliegen- den Fall für eine Ausnahme sprechen, sind nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, da einzelne Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Elbaue-Fläming im Rahmen der freiwilligen Phase, bzw. auf Grund der Zuordnungen gemäß § 5 Abs. 1 dieses Gesetzes, nicht an der Einheitsgemeindebildung teilgenommen haben. Damit wird die Einheitsgemeinde ein wesentlich geringeres Flächenmaß aufweisen als die Verwaltungsgemeinschaft selbst. Auch dem Einwand, dass ein kommunales Gebilde geschaffen wird, welches von der Fläche her mit einem kleinerem Landkreis der Zeit vor 1990 vergleichbar ist, kann angesichts obiger Ausführungen gleichermaßen nicht gefolgt werden, wie dem Vorbringen, dass die künftige Einheitsgemeinde Zahna- Elster eine Größe annehmen werde, bei der die örtliche Verbundenheit der Einwoh- ner im Sinne des § 15 Abs. 2 GO LSA nicht mehr gegeben sein wird. In Zusammen- hang mit § 15 Abs. 2 GO LSA sei auch darauf hingewiesen, dass diese Regelung nicht nur örtliche Verbundenheit der Einwohner mit ihrem Gemeindegebiet einfordert, sondern dass demzufolge das Gemeindegebiet auch so bemessen sein soll, dass die gemeindliche Leistungsfähigkeit abgesichert ist.

Gleichsam ist der Vortrag, dass bisher wenige Schritte ins Gemeindebüro genügten, während man nun ins ferne Zahna reisen müsse, nicht geeignet, den Zusammen- schluss der Gemeinden abzuwenden. Zum Einen war das Aufsuchen des Bürger- meisters im Ort schon bisher nicht vergleichbar mit der Verwaltung, die in der Ver- waltungsgemeinschaft angesiedelt war. Im Weiteren sei auch auf die zunehmende Nutzung der technischen Möglichkeiten verwiesen, sodass nicht mehr jede Notwen- digkeit des Kontakts einer Behörde auch ein persönliches Vorsprechen erfordert. Zum Anderen besteht die Möglichkeit der freiwilligen Einführung einer Ortschafts- verfassung.

Im Hinblick auf die geäußerte Befürchtung, dass die Gemeindeidentität und das Ge- meindebewusstsein mit all den dargestellten Folgen für die Pflege des örtlichen Ver- 38 einswesens und des dörflich-ländlichen Lebens beseitigt werde, ist darauf hinzuwei- sen, dass mit der flächendeckenden Bildung von dauerhaft leistungsstarken Ein- heitsgemeinden letztendlich der Gefahr einer fortschreitenden Aushöhlung der kom- munalen Selbstverwaltung aufgrund nicht ausreichender finanzieller Handlungsspiel- räume zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung und Gestaltung der örtlichen Ange- legenheiten entgegengetreten werden soll. Das Maß an gelebter örtlicher Demokratie hängt entscheidend von der gemeindlichen Leistungs- und Verwaltungskraft ab. So ist die dauerhaft ausreichende Fähigkeit einer Gemeinde, ihre Aufgaben in eigener demokratischer wie finanzieller Verantwortung wahrnehmen zu können, Vorausset- zung dafür, das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an der Beteiligung in kommu- nalen Angelegenheiten zu wecken und ihre Bereitschaft zu fördern, sich kommunal- politisch zu engagieren. Das bürgerschaftliche Engagement ist damit nicht abhängig von der Verlagerung von Aufgaben auf die Einheitsgemeinde. Entscheidend ist viel- mehr, ob die Einwohner etwas für ihren Ort tun wollen. Engagement entsteht vor al- lem in Vereinen (z. B. Sportvereine, Heimatvereine, Jugend- und Senioreninitiativen, Freiwillige Feuerwehr). Hierdurch wird in erster Linie das Gemeinwesen geprägt und gestaltet. Die Verwaltung kann das Engagement der Bürger nicht ersetzen. Was die Bürgerschaft nicht für ihr Dorf im Bereich der freiwilligen Aufgaben (Kultur, Sport, Volksfeste) zu tun bereit ist, kann die Verwaltung auch nicht in vollem Umfang leis- ten. Mit der Kommunalreform soll deswegen auch das Ehrenamt bewahrt werden (§ 1 Abs.1 GemNeuglGrG). Durch die Bildung leistungsfähiger Strukturen eröffnet die Gebietsreform vielfach erst wieder Entscheidungsspielräume auf der gemeindlichen Ebene. Insofern wird die individuelle Verantwortungsübernahme durch den Bürger auch weiterhin möglich und gewünscht sein.

Auch wird nicht gesehen, dass die 200 Jahre alte Leitidee des kommunalen Ehren- amts mit ehrenamtlichen Bürgermeistern und Gemeinderatsmitgliedern auf Ortse- bene beseitigt wird und dass somit weder eine eigene, ehrenamtliche Bezogenheit auf die eigenen Angelegenheiten, noch eine kooperative Selbstbestimmung bestehe. Auch die Einheitsgemeinde Zahna-Elster verfügt über einen ehrenamtlichen Ge- meinderat. Zudem besteht die Möglichkeit der freiwilligen Einführung der Ortschafts- verfassung. Im Übrigen wird auf das bereits mehrfach angeführte Urteil des Landes- verfassungsgerichts vom 21. April 2009 verwiesen, wonach es nicht zu beanstanden sei, wenn es zu einem zwangsläufig eintretendem Sinken der Mandatsdichte oder Repräsentationsquote bei der Vergrößerung der Gemeindeeinheiten kommt.

Der damit verbundene Einwand der Gemeinde Mühlanger, dass es zu einer Entbür- gerlichung und Verbürokratisierung der unteren Verwaltungsebene komme, vermag aufgrund der pauschalen Darlegung ohne Untersetzung nicht zu überzeugen. Des weiteren hat das Landesverfassungsgericht bestätigt, dass die Abwägung des Ge- setzgebers nicht zu beanstanden sei, wenn er davon ausgeht, dass die Einwohner einer Gemeinde mindestens in gleichem Maße an einer leistungsfähigen Verwaltung interessiert sind, wie an einer effektiven Mitwirkung ihrer gewählten Mandatsträger in den kommunalen Entscheidungsgremien und dass er davon ausgehen konnte, dass eventuelle Erschwerungen bei der Ausübung des Ehrenamtes durch organisatori- sche oder technische Mittel teilweise kompensiert werden können.

Hieran anknüpfend geht auch die Annahme der Gemeinde fehl, dass die Möglichkeit enger Kontakte und enger Kooperation zusammen mit der Verwaltungsgemeinschaft ersatzlos aufgehoben und durch eine zentralisierte, in der Regel weit entfernte Ver- waltungsstätte ersetzt wird. Ebenso ist nicht zu sehen, dass in der Einheitsgemeinde 39 kein Verhältnis auf Augenhöhe zwischen den Ortsteilen erfolgen kann. Vielmehr ist an dieser Stelle der Lokalegoismus zu überwinden. Gerade die Zusammenfassung der Ortsteile ermöglicht und fördert die Kontakte und Kooperationen zwischen den verschiedenen Gemeindeteilen und ihren Einwohnern.

In Bezug auf den Vortrag, dass die aufzulösenden Gemeinden ihr Vermögen verlie- ren werden, ist anzuführen, dass auch dies kein stichhaltiges Argument gegen die Auflösung der Gemeinde Mühlanger darstellt. Mit der verfassungsrechtlich grund- sätzlich zulässigen Auflösung einer Gemeinde und Einbeziehung dieser in eine Neu- gliederungsmaßnahme ist es zwangsläufig verbunden, dass das Gemeindevermö- gen der aufgelösten Gemeinde im Wege der allgemeinen Rechtsnachfolge auf die neue Struktur übergeht. Es verbleibt mithin innerhalb der Gemeinde.

Auch der Vortrag, dass der gewohnte Zusammenhalt annähernd homogener Ge- meinden verloren gehe, da mit dem Nebeneinander der Einheitsgemeinden und Ver- bandsgemeinden eine Heterogenität des Gemeindelebens entstehe, indem zweistu- fige- und einstufige Großgemeinden nebeneinander her bestehen, vermag nicht zu überzeugen.

Zum Einen dient die gesetzliche Bildung der Einheitsgemeinde gerade der Schaffung eines homogenen Gemeindegebietes, da mehrere benachbarte Gemeinden unter ei- nem Rat und einem Bürgermeister zusammengefasst werden und somit eine einheit- liche Organstruktur erhalten. Zum Anderen drängen sich keinerlei Gründe auf und wurden auch nicht genannt, warum innerhalb den Einheitsgemeinden und den Mit- gliedsgemeinden von Verbandsgemeinden eine Heterogenität entstehen sollte.

Auch der in den anschließenden Punkten der Stellungnahme ausgeführten Darstel- lung, dass mit der angedachten Neugliederungsmaßnahme der Verlust sämtlicher gewachsener und erfolgreicher Vernetzungen einhergehe, kann nicht gefolgt werden. Es erscheint in höchstem Maße unplausibel, warum die erfolgreichen Vernetzungen der Gemeinde Mühlanger mit ihren Nachbargemeinden zerstört werden sollten, wenn all diese Gemeinden in eine einheitliche und gemeinsame Struktur überführt werden. Es ist eher der Annahme zu folgen, dass durch diesen Schritt die bereits bestehende Zusammenarbeit intensiviert und ausgebaut wird.

Den dargestellten Befürchtungen der Gemeinde, welche zwar ausführt, dass die Frage nach der Zukunft Mühlangers heute nicht beantwortet werden kann, gleichsam jedoch ein düsteres Bild aufzeichnet, wonach Mühlanger irreparable Verluste erleide und zum großen Teil schwinden werde, kann gleichfalls nicht gefolgt werden. Denn weder in den Bestand der Feuerwehr oder gastronomischen Einrichtungen, noch in den Bestand der Kindertagesstätten, Schulen oder Vereine wird mit der gesetzlichen Bildung der Einheitsgemeinde eingegriffen.

Weiter folgend stellt die Gemeinde dar, dass sie weder zu den Klein- noch zu den Kleinstgemeinden im Lande zähle und dass ihre Finanzverfassung solide ausge- richtet sei.

Dass die Gemeinde als haushaltsrechtlich durchaus leistungsfähig betrachtet werden kann, ist ein Belang, der für die Gemeinde einzustellen ist. Demgegenüber hat der Gesetzgeber aber das Gemeinwohl für die Gesamtstruktur des Landes zu betrach- ten. 40

Wenn die Gemeinde Mühlanger in diesem Zusammenhang anführt, dass die Ab- schätzung des Gemeinwohls sich nicht nur auf das Landes-Gemeinwohl stützen kann, wird gleichermaßen auf das Urteil des Landesverfassungsgerichts vom 21. April 2009 (a.a.O.) verwiesen. In diesem hat das Landesverfassungsgericht fest- gestellt, dass angesichts der belegten demografischen Entwicklung mit einem zu er- wartenden Bevölkerungsrückgang von 20 % bis zum Jahr 2025 eine kleinteilige Ge- meindestruktur künftig nicht mehr in der Lage sein wird, die sich aus dem Sozial- staatsprinzip und den Staatszielen resultierenden Verpflichtungen zur Daseinsvor- sorge wie für alle anderen Bürger des Landes in gleicher Weise zu erfüllen. Ebenso wurde ausgeführt, dass die vorgesehene neue Gemeindestruktur nicht offensichtlich ungeeignet sei, den aus der demografischen Entwicklung resultierenden Anforderun- gen an die Daseinsvorsorge für alle Einwohner des Landes Sachsen-Anhalt gleich- mäßig gerecht zu werden. Damit ist die klare Präferierung des Gemeinwohls aller Gemeinden im Lande verfassungsrechtlich bestätigt worden, so dass die entspre- chenden Einlassungen der Gemeinde Mühlanger nicht zum Erfolg führen können. Der von der Gemeinde Mühlanger geforderten Kompromisslösung, ohne jegliche Un- tersetzung derer, kann mithin nicht gefolgt werden.

Wenn die Gemeinde Mühlanger fordert, dass den Bürgern im Rahmen der Anhörung auch Alternativen hätten angeboten werden müssen, so verkennt sie, dass dies nur in den Fällen geschehen kann, in denen eine alternative Neugliederung auch möglich und durchführbar wäre. Wie oben dargestellt, ist im Falle der Gemeinde selbst weder die Neustrukturierung im Form einer Zuordnung zur Lutherstadt Wittenberg, noch zur Stadt Kemberg möglich. Eine unveränderte Struktur der Gemeinde kommt wie aus- geführt nicht in Betracht, so dass im vorliegenden Falle keine alternative Anhörung möglich war. Gleiches gilt für die Forderung, dass das Verfahren zur Auswertung der Anhörung dazulegen gewesen sei. Wie bereits dargestellt, hat der Gesetzgeber im Rahmen der gemeindlichen Neugliederung abzuwägen, wobei alle Gesichtspunkte in die Abwägung einfließen.

Insofern kann die Darstellung der Gemeinde, dass es keine konkrete Gemeinwohl- gründe gebe, die für die Zuordnung Mühlangers zur neuen Stadt Zahna-Elster spre- chen, nicht nachvollzogen werden. Wie bereits dargestellt hat der Gesetzgeber das Wohl aller Gemeinden im Auge und ist nicht dem besonderen Wohl einer Gemeinde verpflichtet.

Auch die Kritik der Gemeinde, dass der Gedanke einer Selbstbindung nicht zur Star- re im konkreten Einzelfall führen könne, da eine starre Leitentscheidung ebenso star- re und unüberschaubare Verwaltungsräume nach sich ziehe und keinen Raum für eine Gemeinde wie Mühlanger mit ihren besonderen Gegebenheiten lasse, kann nicht nachvollzogen werden.

Im bereits vielfach erwähnten Urteil des Landesverfassungsgerichts vom 21. April 2009, welches entgegen der Gemeinde Mühlanger das reformleitende Sys- tem des Gesetzgebers ausdrücklich bestätigt hat, wurde gerade ausgeführt, dass dies u. a. auch deswegen erfolgt sei, weil es ausreichend Freiraum für die besonde- ren Gegebenheiten des Einzelfalls gelassen habe.

Zum damaligen Vortrag der Gemeinde, dass die Gemeindegebietsreform nach Schätzung von Fachleuten landesweit ca. 120 Mio. Euro an Personal-, Sach- und 41

Verfahrenskosten verursachen werde, ist anzuführen, dass Mehrkosten der Einge- meindung von Mühlanger im Rahmen der Zusammenführung zwar entstehen, diese durch die anschließenden Synergieeffekte der Einheitsgemeinde jedoch aufgewogen werden.

Infolgedessen vermögen die seitens der Gemeinde Mühlanger im Rahmen der Anhö- rung vorgetragenen Argumente aus den oben genannten Gründen zu keinem Erfolg führen. Für den Gesetzgeber bleibt die Teilnahme der Gemeinde Mühlanger an der Neubildung der Stadt Zahna-Elster und die damit verbundene Auflösung der Ge- meinde nach den Vorgaben des GemNeuglGrG daher als einzige Handlungsalterna- tive bestehen. b) Stellungnahme der Gemeinde Mühlanger 2013 und der sonstigen Betei- ligten

Im Ergebnis der Anhörung zum vorliegenden Gesetzentwurf, der nach der Nichtig- keitsfeststellung der Landesverfassungsgerichts vom 29. Mai 2013 der mit § 5 Abs. 2 GemNeugG WB angeordneten Neugliederung in Bezug auf die Gemeinde Mühlan- ger erforderlich ist, um die Gemeindegebietsreform abzuschließen, spricht sich die Gemeinde Mühlanger gegen die nach dem Gesetzentwurf vorgesehene Eingemein- dung in die Stadt Zahna-Elster und für eine Eingemeindung in die Lutherstadt Wit- tenberg aus.

Das Interesse der Gemeinde Mühlanger an einer Eingemeindung in die Lutherstadt Wittenberg vermag die überörtlichen Belange des Gemeinwohls an der Schaffung landesweit leistungs- und zukunftsfähiger Einheitsgemeinden, wie sie der Gesetzge- ber mit seinem Leitbild und seinen Leitlinien im Gemeindeneugliederungs-Grundsät- zegesetz festgelegt hat, nicht überwiegen.

Nach § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG sollen auf der gemeindlichen Ebene zukunftsfähige gemeindliche Strukturen geschaffen werden, die ihre und die ihnen übertragenen Aufgaben sachgerecht, effizient und in hoher Qualität erfüllen und die wirtschaftliche Nutzung der erforderlichen kommunalen Einrichtungen sichern.

Die Bildung einer Einheitsgemeinde soll nach § 2 Abs. 2 GemNeuglGrG grundsätz- lich innerhalb der Grenzen der Verwaltungsgemeinschaften stattfinden, da die Auf- gaben die eigenen als auch des übertragenen Wirkungskreises aller in einer Ver- waltungsgemeinschaft zusammengeschlossenen Gemeinden bislang in einem ge- meinsamen Verwaltungsamt bzw. in der Trägergemeinde erledigt worden sind. Da- durch sind gewachsene Verwaltungsstrukturen und funktionale Verflechtungen vor- handen, auf denen die neue Gemeindestruktur aufbauen und welche sie fortsetzen kann. Zum anderen haben sich die Einwohner der einzelnen Gemeinden seit der Ein- führung der Verwaltungsgemeinschaften und der Konzentration der Erledigung vieler Verwaltungsaufgaben in einem einheitlichen Verwaltungsamt aneinander gewöhnt.

Vom Ziel der Bildung von Einheitsgemeinden innerhalb der Grenzen einer Verwal- tungsgemeinschaft kann dann abgewichen werden, wenn besondere Gründe wie Gesichtspunkte der Raumordnung und Landesplanung sowie die örtliche Zusam- menhänge, insbesondere die wirtschaftlichen und naturräumlichen Verhältnisse wie auch historische und landsmannschaftliche Verbundenheiten vorliegen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GemNeuglGrG). Insoweit eröffnet das Gesetz den Gemeinden einen gewis- 42 sen Spielraum bei der Neustrukturierung, den sie im Rahmen ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts auch nutzen können, etwa um dem Bürgerwillen, aus einer durch jahrelangen Zusammenschluss in einer Verwaltungsgemeinschaft bisher ver- bundenen Struktur auszuscheiden und sich mit benachbarten Gemeinden zusam- menzuschließen, Rechnung zu tragen.

Im Falle der Gemeinde Mühlanger ist in die Entscheidung über die Art und Weise der Neugliederung einzustellen, ob nach den Zielvorgaben des Leitbildes des Reformge- setzgebers ein Zusammenschluss innerhalb der bis zur gesetzlichen Neubildung der Stadt Zahna-Elster zum 1. Januar 2011 bestandenen Verwaltungsgemeinschafts- struktur erfolgen soll oder ob besondere Gesichtspunkte und örtliche Zusammen- hänge im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 GemNeuglGrG vorliegen, die eine Zuordnung in eine benachbarte Einheitsgemeinde in Abweichung von der Leitlinie nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GemNeuglGrG rechtfertigen. Wie im allgemeinen Teil der Begründung be- reits dargestellt, orientiert sich die gesetzgeberische Abwägung an der Notwendigkeit und den Zielen der Gebietsreform, wie sie sich aus § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG erge- ben. Ausdrücklich als Ziele formuliert sind die Schaffung effektiver zukunftsfähiger Gemeindestrukturen und die Bewahrung des bürgerschaftlichen Engagements. Die weiteren Vorgaben, wie die Ziele der Reform umzusetzen sind, enthält das Leitbild u.a. mit seinen Parametern für die Größe der künftigen Einheitsgemeinden. Insoweit wird auch auf die zum Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetz ergangenen Entscheidungen des Landesverfassungsgerichts vom 21. April 2009 (a.a.O.) bzw. auf den Beschluss vom 15. September 2009 (a.a.O.) verwiesen.

Insoweit hat die Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster Vorrang gegenüber Eingemeindungen in die angrenzende Lutherstadt Wittenberg. Eine Ausnahme vom Grundsatz wäre bei Vorliegen der in § 2 Abs. 1 Satz 2 Gem- NeuglGrG bestimmten Gesichtspunkte möglich, wenn die maßgebliche Mindestein- wohnerzahl der Stadt Zahna-Elster auch ohne die Gemeinde Mühlanger erreicht wird. Die Stadt Zahna-Elster entstand durch gesetzlichen Zusammenschluss der Stadt Zahna mit Mühlanger und weiteren sieben Gemeinden der Verwaltungsge- meinschaft Elbaue-Fläming zum 1. Januar 2011. Die durch Gesetz gebildete Ein- heitsgemeinde Stadt Zahna-Elster hatte bei ihrer Entstehung nach dem gesetzlich maßgebenden Stand vom 31. Dezember 2005 (einschließlich der Gemeinde Mühlanger) 10 779 Einwohner. Ohne die Gemeinde Mühlanger kommt die Stadt Zahna-Elster zu dem nach § 2 Abs. 10 GemNeuglGrG maßgeblichen Stichtag auf ei- ne Einwohnerzahl von 9 307 und unterschreitet damit die für die Leistungsfähigkeit einer Einheitsgemeinde gesetzliche Regelmindesteinwohnergröße von 10 000 deut- lich.

Das von der Gemeinde Mühlanger geltend gemachte Argument, dass für die Einge- meindung nach Wittenberg Gründe der Leitbildtreue sprechen würden, insoweit die Stadt Zahna-Elster auch ohne eine Eingliederung von Mühlanger leitbildgerecht wä- re, greift nicht.

Es liegt keine atypische Konstellation vor, die es gebieten würde, vom Regelfall des § 2 Abs. 3 Satz 1 GemNeuglGrG abzuweichen. Der Landkreis Wittenberg hat eine Bevölkerungsdichte von 76,16 Einwohnern je km² (vgl. Leitbild der Gemeindegebiets- reform in Sachsen-Anhalt, S. 102). Wittenberg ist damit kein Landkreis mit einer un- terdurchschnittlichen Bevölkerungsdichte von weniger als 70 Einwohnern je Quadrat- kilometer. Insoweit liegt eine Ausnahme, die es rechtfertigen würde, von der Regel- 43 mindestgröße einer Einheitsgemeinde von 10 000 Einwohnern abzuweichen und ausnahmsweise Einheitsgemeinden mit mindestens 8 000 Einwohnern zuzulassen, im Falle des Landkreises Wittenberg nicht vor.

Der Umstand, dass die Stadt Zahna-Elster im Norden an das Land Brandenburg an- grenzt, vermag eine besondere geografische Lage im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 2 GemNeuglGrG nicht begründen. So sind die Gemarkungsgrenzen zwischen der Stadt Zahna-Elster und der Gemeinde Mühlanger nicht gekennzeichnet durch Berge, Täler, Flüsse oder sonstige räumliche Besonderheiten, welche das Gebiet der beiden Kommunen voneinander räumlich abtrennen würde. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Gemeinde Mühlanger durch den Landesgesetzgeber mit § 5 Abs. 2 Gem- NeuglG WB mit der Stadt Zahna und weiteren sieben Gemeinden der Verwaltungs- gemeinschaft Elbaue-Fläming zur Stadt Zahna-Elster zum 1. Januar 2011 zur Ein- heitsgemeinde Stadt Zahna-Elster zusammengeschlossen wurde und bis zur Fest- stellung des Landesverfassungsgerichts über die Nichtigkeit der gesetzlichen Neu- gliederung von Mühlanger ein gebietlicher Teil der Stadt Zahna-Elster gewesen war.

Mangels Vorliegen einer unterdurchschnittlichen Bevölkerungsdichte des Landkrei- ses Wittenberg und einer besonderen geografischen Lage kann in Bezug auf die Stadt Zahna-Elster nicht auf die durch § 2 Abs. 3 Satz 2 GemNeuglGrG als Aus- nahme zugelassene Mindesteinwohnergröße von 8 000 abgestellt werden, sondern bei Zahna-Elster ist die Regelmindesteinwohnergröße von 10 000 nach § 2 Abs. 3 Satz 1 GemNeuglGrG maßgeblich. Auch unter Berücksichtigung, dass die durch § 2 Abs. 3 GemNeuglGrG vorgegebene Regelmindesteinwohnerzahl von 10 000 ge- ringfügig unterschritten werden kann, wenn Umstände des Einzelfalls die Annahme rechtfertigen, dass die dauerhafte Leistungsfähigkeit erreicht wird, lässt die Würdi- gung des Einzelfalles für die Stadt Zahna-Elster die Anerkennung als eine Einheits- gemeinde mit geringerer Einwohnerzahl nicht zu.

Mit den Regelungen in § 2 Abs. 3 Satz 3 GemNeuglGrG hat der Landesgesetzgeber in begründeten Einzelfällen die besonderen Verhältnisse in den einzelnen Lan- desteilen angemessen berücksichtigen wollen und deshalb eine geringfügige Unter- schreitung der Mindesteinwohnerzahlen für Einheitsgemeinden zugelassen. Diese geringfügige Unterschreitung soll jedoch nicht mehr als 5 v.H. betragen (LT- Drs. 5/902, S. 46, 54). Die Stadt Zahna-Elster erreicht aber ohne Mühlanger insge- samt nur 9 307 Einwohner und unterschreitet damit die Regelmindesteinwohner- größe von 10 000 für eine Einheitsgemeinde nicht mehr geringfügig im Sinne des gesetzgeberischen Neugliederungssystems, sondern um mehr als 6,9 v.H..

Die Argumente, mit denen die Gemeinde Mühlanger einen Sonderfall für sich zu be- gründen sucht und eine Eingemeindung in die Lutherstadt Wittenberg geltend macht, würden dazu führen, dass der Gesetzgeber sein System vollständig verlassen müss- te. Die verfassungsrechtlich eröffneten Systemabweichungen sollen atypischen Konstellationen bei der Neugliederung gerecht werden. Derartiges ist vorliegend nicht ersichtlich. Die Gemeinde Mühlanger übersieht bei ihrer Forderung nach einer Eingemeindung in die Lutherstadt Wittenberg, dass mangels Vorliegen einer beson- deren geografischen Lage oder einer unterdurchschnittlichen Bevölkerungsdichte des Landkreises Wittenberg nicht auf die durch § 2 Abs. 3 Satz 2 GemNeuglGrG als Ausnahme zugelassene Mindesteinwohnergröße von 8 000 abgestellt werden kann, sondern dass in Bezug auf die Stadt Zahna-Elster die Regelmindesteinwohnergröße von 10 000 nach § 2 Abs. 3 Satz 1 GemNeuglGrG maßgeblich ist. Demgegenüber 44 würde ein Zusammenschluss von Mühlanger mit der Lutherstadt Wittenberg dazu führen, dass die Stadt Zahna-Elster nur noch eine Einwohnerzahl von lediglich 9 307 erreichen und damit die gesetzliche Regelmindesteinwohnergröße nicht mehr ge- ringfügig, sondern weit unterschreiten würde. Würde der Gesetzgeber die Einge- meindung von Mühlanger in die Lutherstadt Wittenberg und damit eine Stadt Zahna- Elster mit weit weniger als der Regelmindesteinwohnerzahl zulassen, würde er sein System der nach § 2 Abs. 3 Satz 1 GemNeuglGrG für Einheitsgemeinden vorgege- benen Mindestgröße von regelmäßig 10 000 Einwohnern durchbrechen.

An dieser Ausgangslage hat sich die Abwägungsentscheidung über die Neugliede- rung der Gemeinde Mühlanger auszurichten. Mit einer Zuordnung von Mühlanger nach Zahna-Elster wird die Stadt Zahna-Elster eine dem Leitbild der Gemeindege- bietsreform gerechte Einwohnergröße für eine leistungsfähige Einheitsgemeinde von 10 779 erreichen. Die Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna- Elster orientiert sich dabei an dem im GemNeuglGrG normierten Leitbild sowie den zugehörigen einzelnen Kriterien und berücksichtigt insbesondere die örtlichen Ver- bundenheiten und Verflechtungen, die sich in der Vergangenheit zwischen Mühlan- ger und Zahna-Elster und deren Bürgerinnen und Bürger aufgrund der langjährigen gemeinsamen Zugehörigkeit zu einer Verwaltungsgemeinschaft entwickelt haben. Innerhalb der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Elbaue-Fläming und letztlich auch der Zugehörigkeit von Mühlanger zur Stadt Zahna-Elster durch die seinerzeitige Neugliederungsentscheidung nach § 5 Abs. 2 GemNeuglG WB haben sich gewach- sene Verwaltungsstrukturen und funktionale Verflechtungen entwickelt und verfestigt, auf deren Grundlage eine Einheitsgemeinde Stadt Zahna-Elster gemeinsam mit Mühlanger gebildet werden kann.

Aufgrund der engen Verbindungen aus der gemeinsamen Zugehörigkeit innerhalb einer Verwaltungsgemeinschaft und der seinerzeit durch § 5 Abs. 2 GemNeuglG WB gebildeten Einheitsgemeinde Stadt Zahna-Elster haben sich auch im Rahmen der Anhörung zum Gesetzentwurf der Landkreis Wittenberg und die Stadt Zahna-Elster für eine Zuordnung von Mühlanger zur Stadt Zahna-Elster ausgesprochen. Eine von § 2 Abs. 2 GemNeuglGrG abweichende Neugliederungsentscheidung würde den langjährigen verwaltungsmäßigen, funktionalen und infrastrukturellen Verbunden- heiten und Verflechtungen, wie sie sowohl nach den Darlegungen des Landkreises Wittenberg als auch der Stadt Zahna-Elster für eine Eingemeindung von Mühlanger nach Zahna-Elster sprechen, nicht gerecht werden.

Für die Zuordnung der Gemeinde Mühlanger zur Stadt Zahna-Elster spricht auch die gesamtwirtschaftliche Haushaltssituation. Die Eingliederung wird dazu beitragen, die Wirtschaftskraft positiv zu befördern. Die wechselseitige Zusammenfassung und Er- gänzung der gemeindlichen Einnahmequellen trägt dabei zur Stabilisierung der Ge- samteinnahmesituation im Gebiet der Einheitsgemeinde Stadt Zahna-Elster bei.

Zudem wird mit der Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna- Elster das Grundzentrum Zahna gestärkt. Denn das Zentrale-Orte-System ist das raumordnerische Instrument, mit dem die Leistungserbringung der Daseinsvorsorge räumlich organisiert wird. Insbesondere vor dem Hintergrund einer stark rückläufigen Bevölkerungsentwicklung mit einer sich verändernden Altersstruktur kommt der Fest- legung von Zentralen Orten als Versorgungskerne für die Gemeinden ihres Ein- zugsbereiches (Verflechtungsbereich) zur Sicherung der öffentlichen Daseinsvor- sorge in allen Landesteilen eine zunehmend hohe und weit reichende Bedeutung zu. 45

Die Entwicklung und die Sicherung von Zentralen Orten im Land Sachsen-Anhalt dienen der Gewährleistung der öffentlichen Daseinsvorsorge. Sie sind als Mittel- punkte des gesellschaftlichen Lebens im Sinne einer nachhaltigen Raumentwicklung zu stärken. Die Zentralen Orte sind so zu entwickeln, dass sie ihre überörtlichen Ver- sorgungsaufgaben für ihren Verflechtungsbereich erfüllen können. Hierbei ist zudem insbesondere zu betrachten, dass die Stadt Zahna-Elster an der Landesgrenze zu Brandenburg gelegen ist. Insoweit hat sich auch die Regionale Planungsgemein- schaft Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg in ihrer Stellungnahme im Rahmen der Anhörung zum Gesetzentwurf für die vorgesehene Eingemeindung von Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster ausgesprochen, da diese Neugliederung die Erfordernisse der Raum- ordnung beachtet.

Besondere Gesichtspunkte der Raumordnung und Landesplanung sowie örtliche Zu- sammenhänge im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 GemNeuglGrG, die gegenüber einer Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster eine Zuordnung von Mühlanger in die Lutherstadt Wittenberg gebieten würden, liegen nicht vor.

Insbesondere sind keine engen Verflechtungen zwischen Mühlanger und der Luther- stadt Wittenberg im Sinne von § 1 Abs. 2 GemNeuglGrG, die aus Gründen der Raumordnung und Landesentwicklung eine Eingemeindung von Mühlanger zur Stär- kung des Mittelzentrums Lutherstadt Wittenberg erforderlich machen, erkennbar noch drängen sie sich auf.

Die Lutherstadt Wittenberg ist im Landesentwicklungsplan des Landes Sachsen-An- halt als Mittelzentrum ausgewiesen. In der Landesentwicklungsplanung für das Land stellen die Mittelzentren in Sachsen-Anhalt unter dem Gesichtspunkt rückläufiger Einwohnerentwicklung und der sich ändernden Altersstruktur das Rückgrat für die Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge für die Bevölkerung in allen Landesteilen dar. Sie tragen in Ergänzung zu den Oberzentren zum Erhalt eines engen tragfähi- gen Netzes regionaler Versorgungs- und Arbeitsmarktzentren, zur Sicherung einer landesweit ausgeglichenen Ausstattung und Versorgung mit höherwertigen und spe- zialisierten Dienstleistungen, mit Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungsarbeits- plätzen sowie mit öffentlichen Verwaltungs-, Bildungs-, Gesundheits- Sozial-, Kultur- und Sporteinrichtungen und hochwertigen Einkaufsmöglichkeiten bei. Nach dem Landesentwicklungsplan soll ein Mittelzentrum selbst über mindestens 20 000 Ein- wohner verfügen, um das Potenzial für die notwendigen Einrichtungen der Daseins- vorsorge vorhalten zu können. Die Lutherstadt Wittenberg verfügt nach dem Stand 31. Dezember 2005 über 46 593 Einwohner. Im Zuge der freiwilligen Phase der Ge- meindegebietsreform hat die Lutherstadt Wittenberg die Eingliederung von Umland- gemeinden erfahren. So haben sich die unmittelbar an Wittenberg angrenzenden Gemeinden Abtsdorf und Mochau zum 1. Januar 2009 und die Gemeinden Boßdorf, Kropstädt und Straach zum 1. Januar 2010 in die Lutherstadt Wittenberg eingemein- den lassen. Sämtliche dieser Nachbargemeinden gehörten der ehemaligen Verwal- tungsgemeinschaft Elbaue-Fläming an. Mit den freiwilligen Eingemeindungen hat sich zum Stand 31. Dezember 2005 die Einwohnerzahl der Lutherstadt Wittenberg auf über 50 000 Einwohner erhöht. Mit Blick auf die Einwohnerzahl der Lutherstadt Wittenberg ist eine Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger zur Stärkung oder langfristigen Sicherung der zentralörtlichen Funktion des Mittelzentrums Wittenberg nicht geboten.

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Auch zur Erreichung des mit § 1 Abs. 2 GemNeuglGrG verfolgten Ziels, aus Gründen einer geordneten und zukunftsfähigen Landesentwicklung auch im Zuge der Ge- meindegebietsreform zur Lösung oder zumindest Minderung von Stadt-Umland- Problemen im Umland der Mittelzentren des Landes beizutragen, ist eine Einge- meindung der Gemeinde Mühlanger in die Lutherstadt Wittenberg nicht geboten. Stadt-Umland-Probleme, die als Folge der Suburbanisierung zu Verflechtungen mit gegenseitigen Abhängigkeiten und Konkurrenzen und damit verbundenen Ordnungs- und Verteilungsschwierigkeiten geführt haben (§ 1 Abs. 2, § 3 GemNeuglGrG), sind zwischen Mühlanger und dem Mittelzentrum Wittenberg nicht festzustellen.

Im Zuge der Gemeindegebietsreform, die von den in der fünften Wahlperiode regie- rungstragenden Parteien des Landes Sachsen-Anhalt in der Koalitionsvereinbarung zur Bildung einheitlicher leistungsfähiger Gemeindestrukturen vereinbart worden war, wurden die Stadt-Umland-Beziehungen im Bereich der Mittelzentren, die Gegens- tand der Datenerhebung im Jahre 2001 war, unter Berücksichtigung (auch) raumord- nerischer Gesichtspunkte erneut bewertet und analysiert. Im Rahmen der neuerli- chen Datenerhebung war die Aussagefähigkeit derjenigen Daten, die im Jahre 2001 im Rahmen einer Untersuchung der Stadt-Umland-Beziehungen im Umfeld der Mit- telzentren ermittelt worden waren, zu überprüfen, fortzuschreiben und zu aktualisie- ren. Auf der Grundlage dieser Daten waren die Möglichkeiten einer gemeindlichen Neugliederung im Bereich der Mittelzentren und die Erfordernisse etwaiger Einge- meindungen von Umlandgemeinden in das jeweilige Mittelzentrum erneut zu prüfen. Einbezogen wurden in die Datenerhebung diejenigen Gemeinden, die eine gemein- same Grenze mit einem im Landesentwicklungsplan ausgewiesenen Mittelzentrum aufweisen. Soweit die gemeinsame Grenze zum Mittelzentrum zugleich die Grenze der ab 1. Juli 2007 bestehenden Landkreise bildete, wurde die Gemeinde von der Untersuchung ausgenommen.

Zur Einschätzung von Eingemeindungserfordernissen im Verflechtungsraum von Mit- telzentren wurde - entsprechend der bereits in den Jahren 2001 und 2002 erar- beiteten Kriterien - die von Prof. Dr. Gerd Turowski und Dr. Stefan Greiving in der „Untersuchung der Verflechtungsbeziehungen zwischen den kreisfreien Städten Magdeburg, Halle und Dessau und deren Umlandgemeinden“ vom 30. November 2001 entwickelte Methode herangezogen. Das Auswertungsschema orientiert sich unter anderem – in verkürzter Form - an dem unter Punkt 5.2.1. „Verflechtungsbe- ziehungen“ der o. a. Untersuchung aufgezeigten Kriterien. Abweichend von der Un- tersuchung des Jahres 2001 fand nun jedoch nicht nur eine Steigerung, sondern auch ein Rückgang der Bevölkerungszahlen Eingang in die Bewertung. Da dort das Wachstum der Wohn- und Gewerbegebiete seit 1991 auf Basis der aktuellen Ein- wohnerzahlen berechnet wurde, relativiert dieser Korrekturfaktor vermeintlich starke Entwicklungen, die tatsächlich in erster Linie auf rückläufige Bevölkerungszahlen zu- rückzuführen sind.

Gemessen wurde die Intensität der Verflechtungen zwischen Kernstadt und Umland- gemeinde über folgende Kriterien: 47

Kriterium Höchstpunkt- Zusatzpunkte zahl Bevölkerungsentwicklung seit 1991 15 bis 15 Punkte Steigende oder sinkende (-) Einwohnerzahl Abzug bei (-) Entwicklung von Wohnstandorten je Einwohner 10 Neue Wohnfläche je Einwohner ab 1991 GE-/GI-Ausweisung je Einwohner 20 Neue belegte Gewerbefläche je Einwohner ab 1991 Bebauungszusammenhang 30 +/- 5 durch Wohnen, Gewerbe und Industrie Schulstandorte 10 Grund- bzw. Sekundarschule(n) im Mittelzent- rum ÖPNV-Anbindung ins Mittelzentrum 5 Taktung des Nahverkehrs an Werktagen Abwasserentsorgung durch das Mittelzentrum 5 unter Berücksichtigung des Kläranlagenstand- ortes Historische/geschichtliche Bezüge 5 100

Bei Gemeinden, die im Rahmen der Auswertung eine Punktzahl von 50 oder mehr erreicht haben, ist anzunehmen, dass intensive Verflechtungsbeziehungen zum an- grenzenden Mittelzentrum bestehen, die besondere Schwierigkeiten in der weiteren Entwicklung des Stadt-Umland-Bereiches aufwerfen können. Hinsichtlich der Ge- meinde Mühlanger haben sich keine erheblichen engen Verflechtungen, die nach Maßgabe des § 3 GemNeuglGrG zwingend im Wege einer Teileingemeindung oder Eingemeindung einer Lösung zugeführt werden müssten, nicht erkennen lassen. Ei- ne Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Lutherstadt Wittenberg ist nach alledem zur Stärkung des Mittelzentrums nicht erforderlich. Dies gilt nicht zuletzt auch deswegen, da dieses Ziel bereits durch die erfolgte Eingemeindung anderer Umlandgemeinden aus der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Elbaue-Fläming erreicht worden ist.

Ebenso sind tatsächliche, nachvollziehbare örtliche Zusammenhänge zwischen der Gemeinde Mühlanger und der Lutherstadt Wittenberg im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 GemNeuglGrG nicht gegeben, die eine nach dem gesetzlichen Leitbild zulässige Ausnahme für eine gemeindliche Neugliederung über die Grenzen der Verwaltungsgemeinschaft hinaus in Richtung der Lutherstadt Wittenberg sachge- recht begründen könnten. Die Gemeinde Mühlanger ist seit Jahren mit den umlie- genden Ortschaften durch die Zusammengehörigkeit in einer Verwaltungsgemein- schaft verbunden. So bestand bereits eine Verbindung von Mühlanger mit den jetzi- gen Ortschaften der Stadt Zahna-Elster innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft Mühlengrund. Diese verwaltungsmäßige Zusammenarbeit wurde in der Verwal- tungsgemeinschaft Elbaue-Fläming fortgeführt, die zum 1. Januar 2005 aus Mit- gliedsgemeinden der ehemaligen vier Verwaltungsgemeinschaften Elster-Seyda- Klöden, Südfläming, Zahna und Mühlengrund entstanden ist. In dieser Zeit sind die Aufgaben gemeinschaftlich wahrgenommen worden. Die Verbundenheit fand ihre Fortsetzungen innerhalb der zum 1. Januar 2011 gesetzlich gebildeten Stadt Zahna- 48

Elster, die Mühlanger bis zur landesverfassungsgerichtlichen Nichtigkeitsfeststellung der gesetzlichen Neugliederung der Gemeinde Mühlanger als Rechtsnachfolgerin und seitdem aufgrund einer zwischen Mühlanger und Zahna-Elster geschlossenen Zweckvereinbarung verwaltet. Zudem haben sich zwischen Mühlanger und den um- liegenden Ortschaften von Zahna-Elster vielfältige Strukturen entwickelt, etwa im Be- reich des Brandschutzes oder auch des Bildungswesens. So verfügt Mühlanger über eine Grundschule, in der Kinder aus den benachbarten Ortschaften von Zahna-Elster beschult werden. Auch die Gemeinde Mühlanger selbst hat im Rahmen der Anhö- rung zum Gesetzentwurf keine örtlichen Verbundenheiten und besonderen Gesichts- punkte geltend gemacht, die ein Abweichen vom Neugliederungssystem auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 Satz 2 GemNeuglGrG begründen könnten. Das nach dem gesetzgeberischen Leitbild bestehende Erfordernis einer Zuordnung der Gemeinde Mühlanger zur Stadt Zahna-Elster ist unter Abwägung aller Umstände sachgerecht.

Auch der für die gegen die Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster geäußerte Wille der betroffenen Bürgerinnen und Bürger vermag es nicht rechtfertigen, vom Neugliederungssystem nach § 2 Abs. 2 GemNeuglGrG ab- zuweichen. Soweit im Rahmen der Bürgeranhörung am 22. September 2013 eine mehrheitlich geäußerte Ablehnung einer Eingliederung von Mühlanger nach Zahna- Elster zum Ausdruck gekommen ist, verkennt der Gesetzgeber nicht, dass ein Zu- sammenwachsen zwangsweise zusammengeschlossener Gemeinden leichter von- statten geht, wenn dies mehrheitlich von der betroffenen Bürgerschaft mitgetragen wird. Indessen entspräche die absolute Bindungswirkung des Bürgerwillens in den Bürgeranhörungen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen und Grenzen an eine gesetzliche Neugliederungsentscheidung, wie sie sich aus Art. 90 Verf LSA er- geben. Die mehrheitliche Ablehnung oder Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger der durch die Neugliederungsmaßnahme unmittelbar betroffenen Gemeinden ist im Rahmen der Abwägung der Belange des Gemeinwohls in die gesetzgeberische Ent- scheidung einzustellen. Das Votum der Bürgerschaft bildet lediglich einen von einer Vielzahl bei der Neugliederungsentscheidung zu beachtenden Gesichtspunkten. Von Verfassung wegen muss die Akzeptanz einer Neugliederungsmaßnahme durch die unmittelbar betroffenen Gemeinden und ihrer Einwohner nicht zum alleinigen oder auch nur vorrangigen Maßstab für die gesetzgeberische Entscheidung gemacht wer- den, sondern ist nach Lage der Gegebenheiten mit ihrem jeweiligen Gewicht im Ein- zelfall in die Abwägung einzustellen (so LVerfG LSA, LVerfGE 2, 227 <261>; LVerfG Brandenburg, VfGBbg 101/03, LVerfGE 14, 203). Art. 90 Verf LSA räumt dem Ge- setzgeber gerade das Recht ein, auch gegen den erklärten Willen der Gemeinde und ihrer Bürger die Auflösung und Neugliederung von Gemeinden vorzunehmen, wenn dafür hinreichende Gründe des Gemeinwohls bestehen. Hiermit wird zugleich dem Umstand Rechnung getragen, dass das Wohl der Allgemeinheit bei einer Neugliede- rung der kommunalen Ebene nicht allein aus Sicht der einzelnen Gemeinde be- stimmt werden kann. Bei einer allgemeinen Gebietsreform geht es eben auch darum, größere Räume neu zu gliedern und in diesem Zusammenhang die überörtlichen Be- lange für die gesamte Kommunalstruktur des Landes unter Beachtung auch groß- räumiger wirtschaftlicher, sozialer, ökologischer, kultureller, geschichtlicher und wei- terer Gesichtspunkte zu bedenken.

Das Ergebnis der Anhörung der Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Mühlanger am 22. September 2013 spricht zwar gegen eine Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster. Im Hinblick auf das gesetzgeberische Leitbild und die Leitlinien der Gemeindegebietsreform kann dem Bürgerwillen jedoch keine 49 ausschlaggebende Bindungswirkung zukommen. Zudem ist für die Beurteilung am Maßstab des Gemeinwohls im Sinne von Art. 90 Verf LSA nicht ausschließlich ent- scheidend, welche Lösung für die Einwohner der betroffenen Gemeinde die meisten Vorteile bietet. Entscheidend ist vielmehr, welche Lösung den Interessen des ge- samten von der Neugliederung betroffenen und berührten Raumes am sachgerech- testen entspricht. Dies liegt im Interesse der Stärkung und langfristigen Sicherung der Stadt Zahna-Elster in einer Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster.

Die gesetzgeberische Abwägung orientiert sich deswegen an der Notwendigkeit und den Zielen der Gebietsreform. Die weiteren Vorgaben, wie die Ziele der Reform um- zusetzen sind, enthält das gesetzlich Leitbild u.a. mit seinen Parametern für die Grö- ße der künftigen Einheitsgemeinden. Insoweit wird auch auf die zum Gemeinde- neugliederungs-Grundsätzegesetz ergangenen Entscheidungen des Landesverfas- sungsgerichts vom 21.04.2009 (a.a.O.) verwiesen. Bereits aus diesem Grund kann den Vorstellungen der Bürgerinnen und Bürger der durch die Neugliederungsent- scheidung betroffenen Gemeinden in aller Regel dann nicht gefolgt werden, wenn diese Vorstellungen nicht dem Leitbild der Reform entsprechen. Bei dem hier zu be- handelnden konkreten Neugliederungsfall tritt im Ergebnis der Abwägung die mehr- heitliche Ablehnung der Bürgerinnen und Bürger gegen die Eingemeindung der Ge- meinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster hinter die den gesetzlichen Neugliede- rungsvorschlag tragenden Gründe zurück. Der subjektive Unwille der Bürgerschaft wird nicht durch objektivierbare und hinreichend gewichtige Gründe unterlegt, die als deutliche Argumente im Verhältnis zu den für die Eingemeindung in die Stadt Zahna- Elster sprechenden Gründen gewichtet werden müssten. Die Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster entspricht den Vorgaben des gesetz- geberischen Leitbildes und ist systemgerecht.

Der Eingemeindung von Mühlanger nach Zahna-Elster kann auch nicht entgegen- gehalten werden, es handele sich um eine Mehrfachneugliederung, für die erhöhte Anforderungen gelten. Eine Mehrfachneugliederung liegt nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Mai 1992 (Az.: 2 BvR 470/90; 2 BvR 707/90) vor, wenn im Falle einer erneuten Gebietsreform eine frühere gesetzliche Gemein- deneugliederung wegen veränderter Verhältnisse oder neuer Erkenntnisse, insbe- sondere aufgrund eines veränderten Konzepts, erneut durch den Gesetzgeber korri- giert wird. Bei wiederholten gesetzlichen Änderungen im gebietlichen Zuschnitt kommt nach Auffassung des Gerichts dem besonderen Vertrauensschutz der bereits einmal nach den Zielvorstellungen des Gesetzgebers neu gegliederten Gemeinde ein erhöhter Stellenwert zu. Dies ist durch den vorliegenden Gesetzentwurf jedoch nicht beabsichtigt. Eine Mehrfachneugliederung wäre allenfalls dann zu diskutieren, wenn nunmehr statt der Eingemeindung nach Zahna-Elster eine Eingemeindung nach Wittenberg vorgesehen wäre.

Im Falle der Gemeinde Mühlanger liegt keine Neugliederung im Sinne der bundes- verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung vor. Weder soll eine (gesetzliche) Neu- gliederungsmaßnahme im Wege der Selbstkorrektur durch den Gesetzgeber aufge- hoben noch abgeändert werden. Der Gesetzentwurf über die Eingemeindung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster verfolgt gerade nicht das Ziel, ge- genüber einer früheren bestandskräftigen Neugliederung nachträglich eine Kurskor- rektur zur Durchsetzung neuer Zielvorstellungen vorzunehmen. Vielmehr sollen nach 50 der landesverfassungsgerichtlich aus formellen gründen festgestellten Nichtigkeit des § 5 Abs. 2 des Neugliederungsgesetzes vom 8. Juli 2010 die insoweit wieder selb- ständige Gemeinde Mühlanger nach den gleichen Leitvorstellungen und Kriterien durch Gesetz neu gegliedert werden, wie sie der seinerzeitigen Neugliederungsent- scheidung zugrunde lagen. Diese im Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetz niedergelegten Leitvorstellungen sind nach wie vor gültig. Das Gemeindeneugliede- rungs-Grundsätzegesetz ist als Maßstab weder in Gänze befristet noch bereits außer Kraft getreten.

Der Grundsatz der Systemgerechtigkeit gebietet es dem Landesgesetzgeber gerade, die Gemeinde Mühlanger, die noch nicht leitbildgerecht strukturiert ist, ebenfalls nach den gleichen Kriterien in eine leitbildgerechte Struktur zu überführen, wie dies bereits landesweit im Zuge der Gemeindegebietsreform geschehen ist. Andernfalls würde die Gemeinde Mühlanger ohne Rechtsgrund anders behandelt als andere nicht leit- bildgerechte Gemeinden.

V. Abwägungsergebnis

Nach Abwägung verbleibt es bei der Eingemeindung in die Einheitsgemeinde Stadt Zahna-Elster. Der Gesetzgeber folgt somit seinen Leitlinien zur Umsetzung der Ge- meindegebietsreform gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GemNeuglGrG und den hierzu aufgestellten Kriterien (Begründung, Allgemeiner Teil, Punkt IV. 2 b). Die Eingemein- dung der Gemeinde Mühlanger in die Stadt Zahna-Elster entspricht wie ausgeführt dem Leitbild des Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetzes und ist systemge- recht. Gründe für die Eingemeindung sind neben dem gesetzgeberischen Neugliede- rungssystem insbesondere die seit Jahren gewachsenen Strukturen und bestehen- den Verflechtungsbeziehungen zu den umliegenden Ortschaften der Stadt Zahna- Elster aufgrund der langjährigen Zugehörigkeit innerhalb der ehemaliger Verwal- tungsgemeinschaften, zuletzt in der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Elbaue- Fläming.

Gegen dieses Abwägungsergebnis sprechen auch nicht die in der Anhörung vorge- tragenen Argumente. Tatsächliche, nachvollziehbare Besonderheiten im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 GemNeuglGrG, die eine nach dem gesetzlichen Leitbild zulässige Ausnahme für eine gemeindliche Neugliederung über die Grenzen der Verwaltungs- gemeinschaft hinaus und eine Eingemeindung in die Lutherstadt Wittenberg sachge- recht rechtfertigen könnten, sind nach den Anhörungsergebnissen nicht zu erkennen. Maßgebend ist für die Beurteilung am Maßstab des öffentlichen Wohls im Sinne von Art. 90 Verf LSA letztlich auch nicht ausschließlich oder auch nur in erster Linie, wel- che Lösung nach Auffassung der einzelnen Gemeinde und der Bevölkerung die meisten Vorteile bieten könnte. Entscheidend ist vielmehr, welche Lösung den Inte- ressen des gesamten von der Neugliederung betroffenen und berührten Raumes am besten entspricht.

Die gesetzgeberische Abwägung orientiert sich deswegen an der Notwendigkeit und den Zielen der Gebietsreform, wie sie sich aus § 1 Abs. 1 GemNeuglGrG ergeben. Ausdrücklich als Ziele formuliert, sind die Bewahrung des bürgerschaftlichen Enga- gements und die Schaffung effektiver zukunftsfähiger Gemeindestrukturen. Die wei- teren Vorgaben, wie die so definierten Ziele der Reform umzusetzen sind, enthält das Leitbild u.a. mit seinen Parametern für die Größe der künftigen Einheitsgemein- 51 den. Insoweit wird auch auf die zum Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetz ergangenen Entscheidungen des Landesverfassungsgerichts vom 21. April 2009 (a.a.O.) verwiesen. Im Interesse der mit der Reform zu verwirklichenden Ziele ist den Gründen, die für die Zuordnung der Gemeinde Mühlanger zur Stadt Zahna-Elster gemäß dem gesetzgeberischen Leitbild und Neugliederungssystem sprechen, letzt- lich das größere Gewicht beizumessen gegenüber den örtlichen Belangen der Ge- meinde Mühlanger. Der Eingriff in das der Gemeinde gewährte kommunale Selbst- verwaltungsrecht ist gerechtfertigt und verhältnismäßig.

Zu § 2

Diese Vorschrift regelt den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes. Zur Gewähr- leistung eines ordnungsgemäßen Ablaufs der allgemeinen Kommunalwahlen im Mai 2014 in den betroffenen Gemeinden soll das Gesetz spätestens am 4. Februar 2014 in Kraft treten.