Die Theaterzeitung Nr

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Die Theaterzeitung Nr Spielzeit1 Vorwort 11 12 Februar / März 2012 die theaterzeitung nr. 11 Schwanensee Zusatzvorstellung: Ostermontag, 18.00 Uhr 1 3 Editorial Zwischen Mythos und Realität, Untergangs- und Erlösungsszenarien, religiöser Symbolik und profanem Alltag bewegt sich der Spielplan des Landestheaters im Februar und März. Die Ratten: Melanie Tóth, Jürgen Roth, Joachim Ruczynski, Ewa Rataj Die Politiker der Eurostaaten haben ren in „Die Ratten“ beschäftigt und ähnliche „Geschlossene Gesellschaft“ lässt er drei Ver- derzeit hauptsächlich eine Sorge: Dass Abstiegsängste und prekäre Lebensbedingun- storbene in einem geschlossenen Raum aufei- die Märkte das Vertrauen in ihre Wirt- gen wie die, mit denen wir es heute zu tun nander treffen, die einander auf Gedeih und schaft verlieren und keine günstigen Kre- haben, vorgefunden. Im März hat das Stück in Verderb ausgeliefert sind und erkennen: Die dite mehr gewährleistet sind. Was genau der Regie von Tatjana Rese Premiere. Hölle kann auch ohne Folterknecht und Fege- sich hinter „den Märkten“ verbirgt, die als Mit Ausgrenzung ganz anderer Art feuer präsent sein, und zwar in der Existenz eigene Subjekte aufzutreten scheinen, wird beschäftigt sich das KASCHLUPP! in seinem der anderen. kaum diskutiert. Die letzten Jahre haben Jugendstück „Comeback des Jahres“, in dem Nicht um die Ratten, sondern um eine dabei gezeigt, dass der Glaube an Geldspe - eine Klasse mit der körperlichen Behinde- Ratte und ihre tierischen Kollegen geht es kulationen, denen ein realer Gegenwert fehlt, rung eines Mitschülers umgehen muss und bei der Produktion des TheaterClubs mit dem zu einer Destabilisierung der Wirtschaft dabei den eigenen seelischen Versehrungen Titel „Wind in den Weiden“ nach dem fantas- führt. Es stellt sich hierbei die Frage, ob nicht auf den Grund geht. tischen Tierroman von Kenneth Grahame aus das blinde Vertrauen in die „Märkte“ durch Fernab von Existenz- und Stigmatisie- dem Jahre 1908. Erzählt werden die Aben- einen gesunden Skeptizismus ersetzt werden rungsängsten bewegt sich Richard Wagners teuer von Dachs, Wasserratte, Maulwurf und und der Fokus auf die Akteure der Märkte, „Parsifal“, sein letztes Werk, mit dem er eine Kröterich in einer eigenen Form für die ganze ihre Gewinner und Verlierer gelenkt werden eigene mythologische Welt voller christlicher Familie. müsste. Die Probleme der derzeitigen Poli- und buddhistischer Symbolik schuf. tik spiegeln sich in den Befindlichkeiten und Während Wagner die Verortung des Men- realen Sorgen der gesellschaftlichen Mittel- schen in einen religiösen Zusammenhang Große und kleine Formate für Jung und und Unterschicht. Mit genau diesem Thema interessiert, entzieht Sartre den Figuren sei- Alt bietet das Landestheater im Februar und hat sich Gerhart Hauptmann vor ca. 100 Jah- ner Stücke jegliches religiöse Fundament. In März. Viel Spaß damit! Akzente, Detmold 3 Editorial Zwischen Mythos und Realität, Untergangs- und Erlösungsszenarien, religiöser Symbolik und profanem Alltag bewegt sich der Spielplan des Landestheaters im Februar und März. Die Ratten: Melanie Tóth, Jürgen Roth, Joachim Ruczynski, Ewa Rataj Die Politiker der Eurostaaten haben ren in „Die Ratten“ beschäftigt und ähnliche „Geschlossene Gesellschaft“ lässt er drei Ver- derzeit hauptsächlich eine Sorge: Dass Abstiegsängste und prekäre Lebensbedingun- storbene in einem geschlossenen Raum aufei- die Märkte das Vertrauen in ihre Wirt- gen wie die, mit denen wir es heute zu tun nander treffen, die einander auf Gedeih und schaft verlieren und keine günstigen Kre- haben, vorgefunden. Im März hat das Stück in Verderb ausgeliefert sind und erkennen: Die dite mehr gewährleistet sind. Was genau der Regie von Tatjana Rese Premiere. Hölle kann auch ohne Folterknecht und Fege- sich hinter „den Märkten“ verbirgt, die als Mit Ausgrenzung ganz anderer Art feuer präsent sein, und zwar in der Existenz eigene Subjekte aufzutreten scheinen, wird beschäftigt sich das KASCHLUPP! in seinem der anderen. kaum diskutiert. Die letzten Jahre haben Jugendstück „Comeback des Jahres“, in dem Nicht um die Ratten, sondern um eine dabei gezeigt, dass der Glaube an Geldspe - eine Klasse mit der körperlichen Behinde- Ratte und ihre tierischen Kollegen geht es kulationen, denen ein realer Gegenwert fehlt, rung eines Mitschülers umgehen muss und bei der Produktion des TheaterClubs mit dem zu einer Destabilisierung der Wirtschaft dabei den eigenen seelischen Versehrungen Titel „Wind in den Weiden“ nach dem fantas- führt. Es stellt sich hierbei die Frage, ob nicht auf den Grund geht. tischen Tierroman von Kenneth Grahame aus das blinde Vertrauen in die „Märkte“ durch Fernab von Existenz- und Stigmatisie- dem Jahre 1908. Erzählt werden die Aben- einen gesunden Skeptizismus ersetzt werden rungsängsten bewegt sich Richard Wagners teuer von Dachs, Wasserratte, Maulwurf und und der Fokus auf die Akteure der Märkte, „Parsifal“, sein letztes Werk, mit dem er eine Kröterich in einer eigenen Form für die ganze ihre Gewinner und Verlierer gelenkt werden eigene mythologische Welt voller christlicher Familie. müsste. Die Probleme der derzeitigen Poli- und buddhistischer Symbolik schuf. tik spiegeln sich in den Befindlichkeiten und Während Wagner die Verortung des Men- realen Sorgen der gesellschaftlichen Mittel- schen in einen religiösen Zusammenhang Große und kleine Formate für Jung und und Unterschicht. Mit genau diesem Thema interessiert, entzieht Sartre den Figuren sei- Alt bietet das Landestheater im Februar und hat sich Gerhart Hauptmann vor ca. 100 Jah- ner Stücke jegliches religiöse Fundament. In März. Viel Spaß damit! Akzente, Detmold 4 Richard Wagner Parsifal 5 Richard Wagner Parsifal mehr als ein Dutzend gemeinsame Produk- tionen an verschiedenen Theatern realisiert. Intensive Teamarbeit war auch bei der Kon- zeption des „Parsifal“ gefragt, stellt doch das Werk einige Herausforderungen an das Regie- team: Passte Wagner den „Parsifal“ von vorn- herein den speziellen räumlichen Gegebenhei- Karfreitags ten im Bayreuther Festspielhaus mit großer Bühne sowie aufwändigem technischen Appa- rat an und komponierte ausgedehnte Musik- passagen, die ausschließlich der szenischen Verwandlung dienten, so mussten jetzt für Detmold – sollte diese Musik nicht gestri - chen werden – ganz andere szenische Lösun- zauber gen gefunden werden. Petra Mollérus und Kay Metzger verlagern die Geschehnisse des „Par- Richard Wagner ist zweifelsohne eine der bedeutends- sifal“ in die Jetztzeit und betonen mit zahl- reichen bildlichen Querverweisen den ausge- ten Künstlerpersönlichkeiten des 19. Jahrhunderts und prägten assoziativen Charakter des Werkes. Die symbolischen Objekte wie Gral und Speer hat die Entwicklung der Gattung Oper wie kaum ein muten in dem modernen Raum an wie Schätze aus einer alten Zeit mit mythischer Kraft. anderer Komponist seiner Zeit geprägt. Aus dem mittelalterlichen Kontext herausge- löst, beschreibt die Inszenierung die Erneue- rung einer religiösen Gemeinschaft, die ihre ursprünglich der Allgemeinheit zuträgliche Aufgabe aus den Augen verloren und sich in Ausstattungsleiterin Petra Mollérus vor dem Bühnenmodell zu „Parsifal“ selbstgerechten Machtstrukturen und Abhän- gigkeiten verfangen hat. Parsifal enthüllt die- Basierend auf der romantischen Idee des bereich zurück und führt beide Heiligtümer, sen Fehltritt, stellt das Gleichgewicht der Gesamtkunstwerks leitete er eine tiefgrei- Gral und Speer, bestimmungsgemäß zusam- Kräfte wieder her und führt die Glaubens- fende Reform des Musiktheaters ein mit dem men. Die lang ersehnte Erlösung tritt endlich gemeinschaft zu ihren religiösen Wurzeln Ziel, dessen Ausdrucksqualitäten wesentlich ein: Nach Kundrys Entsühnung und Amfortas‘ zurück. zu steigern. Musik, Sprache, Bild und Bewe- Erlösung kann Parsifal als neuer Gralskönig Der gängigen Aufführungspraxis gemäß gung sollen dabei gemeinsam der „Verwirk- das heiligste Sakrament vollziehen. steht „Parsifal“ auch in Detmold zur Osterzeit lichung“ des inneren Geschehens dienen und Insgesamt 37 Jahre benötigte Wagner für auf dem Spielplan. das „Gefühlsverständnis“ des Zuschauers ver- die Arbeit an seinem letzten Werk – von der Jens Kowsky stärken. Waren Wagners Frühwerke noch ersten Lektüre des „Parzival“-Epos 1845 bis stark vom gängigen französischen Opern- zur Uraufführung des Musikdramas bei den stil geprägt und schlug er bereits mit seinen zweiten Bayreuther Festspielen 1882. Neben romantischen Opern der mittleren Schaffens- Wolfram von Eschenbachs Versroman „Parzi- Parsifal phase einen individuellen Weg ein, so fan- val“ als Hauptquelle flossen etliche Anregun- Bühnenweihfestspiel in drei aufzügen den sich seine Reformideen in den folgenden gen aus anderen Sagen und Legenden, etwa Text und Musik von richard Wagner Musikdramen nachhaltig umgesetzt. In seiner aus der christlichen und buddhistischen letzten Bühnenkomposition „Parsifal“ tritt Symbolik in das eigenwillige Erlösungsszena- Musikalische leitung: Erich Wächter der Aspekt des ein- bzw. mitfühlenden Ver- rium ein. Wagner gab dem Stück die Genre- inszenierung: Kay Metzger stehens auch auf der Handlungsebene deutlich bezeichnung „Bühnenweihfestspiel“ und ver- ausstattung: Petra Mollérus hervor: „Durch Mitleid wissend“ und zudem weist damit auf die liturgischen Grals-Szenen Choreinstudierung: Marbod Kaiser arglos muss die zentrale Figur des Werkes im ersten und dritten Akt. Wie kein anderes sein, um die Lösung des dramatischen Kon- Musikdrama Wagners hat „Parsifal“ die Rezi- Ensemble: Dirk aleschus | Kim*, flikts herbeiführen zu können. Im ersten Akt pienten von Anfang an polarisiert und
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