Hamburg 1918.1919 Aufbruch in die Demokratie IMPRESSUM:

Herausgeberin: Behörde für Schule und Berufsbildung Hamburger Straße 31 22083

Text: Sönke Knopp, HafenCity Universität Hamburg Redaktion: Dr. Hans-Werner Fuchs Layout: atelier freilinger & feldmann Druck: Grafischer Betrieb Eilbek GmbH, Hamburg © Hamburg 2018; alle Rechte vorbehalten

Das Themenjahr ist ein Projekt der Freien und Hansestadt Hamburg in Kooperation mit der Stiftung Historische Museen Hamburg. Veranstaltungen, Abbildungen, Bildnachweise und weitere Informationen finden Sie auf der Website zum Themenjahr. © 2018 Stiftung Historische Museen Hamburg, Corporate Design by atelier freilinger & feldmann, Website by Make Studio

Bildnachweis: Umschlag: Demonstration auf dem Hamburger Heiligengeistfeld am 24.11.1918 © Staatsarchiv Hamburg, S. 4: © Freie und Hansestadt Hamburg – Behörde für Schule und Berufsbildung (Foto: Michael Zapf), S. 7: Erste Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft am 24.3.1919: © Staatsarchiv Hamburg, S. 9: Freiwillige zur Unterstützung der Bremer Räterepublik sammeln sich vor dem Hamburger Rathaus, Februar 1919: © Staatsarchiv Hamburg, S. 12: Demonstration von Seeleuten und Hafenarbeitern vor dem Hamburger Rathaus, Dez. 1918: © Staatsarchiv Hamburg, S. 15: Dr. Heinrich Laufenberg und Wilhelm Heise, Vorsitzende des Arbeiter- und Soldatenrates: © Staatsarchiv Hamburg, S. 19: Laufenberg spricht vor demonstrierenden Arbeitslosen, 27.12.1918: © Staatsarchiv Hamburg, S. 23: Protestkundge- bung gegen den Generalstreik, 1919: © Staatsarchiv Hamburg, S. 24: Dr. jur. Carl Wilhelm Petersen (1868-1933): Fotografie, bereitgestellt von Claudia G. Petersen, S. 24: Demonstration vor dem Hamburger Rathaus: © Staatsarchiv Hamburg, S. 25: Torpedoboot an den Landungsbrücken, November 1918: © Staatsarchiv Ham- burg, S. 25: Demonstration in Hamburg. Zeichnung von Hans Leip, 1918, Fotografie: © SHMH, S. 25: Nachrichten- und Presseabteilung des Arbeiter- und Soldaten- rates, Nov. 1918: © Staatsarchiv Hamburg, S. 25: Die Leitung des Arbeiter- und Soldatenrates tagt im Hamburger Rathaus, Nov./Dez. 1918: © Staatsarchiv Hamburg, S. 26: Vor dem Hamburger Rathaus, Nov. 1918: © SHMH, S. 28: Kleinwohnungsbau am Habichtplatz in Barmbek, Hamburg, Fotografie, unbekannter Fotograf, 1925- 29: © SHMH, S. 28: Eine der Demonstrationen auf dem Heiligengeistfeld: © Staatsarchiv Hamburg, S. 29: Frau mit Flagge, Plakat, 1918, Fotografie: © SHMH, S. 29: Werner von Melle (Postkarte), Fotografie, Rudolf Dührkoop, 1905, Fotografie: © SHMH, S. 29: Steenkampsiedlung, Geschäftshaus Ebertallee, ca. 1925: © SHMH, S. 30: Universität Hamburg, Lichtdruck, Verlagsanstalt für Farbenphotographie Carl Weller, Berlin, Fotografie: © SHMH, S. 30: Hamburger Kunsthalle: © SHMH, S. 31: Mönckebergstraße, Bücherhalle und Löwenbrunnen, Fotografie, unbekannter Fotograf, ohne Datierung, Fotografie: © SHMH Hamburg 1918.1919 Aufbruch in die Demokratie

Inhalt

Vorwort Senator Ties Rabe...... 4 Das Themenjahr...... 5 Grußwort zur Ausstellung – Erster Bürgermeister Dr. ...... 6 Erste Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft am 24.3.1919...... 7 Errungenschaften der Revolution...... 10 Parlamentarische Demokratie und Gewaltenteilung...... 11 Freie und gleiche Wahlen...... 13 Bildung für alle...... 14 Grundrechte und Meinungsfreiheit...... 16 Arbeitslosenversicherung...... 17 Frauenrechte...... 18 Arbeitnehmerrechte...... 20 Universität...... 21 Öffentliche Verwaltung...... 22 Aufbruch in die Demokratie – Eine Chronologie wichtiger Ereignisse in Hamburg 1918/19...... 24

3 Vorwort

Sehr geehrte Fachlehrerin, sehr geehrter Fachlehrer,

in den Jahren 1918 und 1919 nahmen Entwicklungen ihren Aus- gang, in deren Verlauf sich Politik und Gesellschaft in Deutschland und damit auch in Hamburg grundlegend veränderten. Viele der damals eingeleiteten Veränderungen wirkten über die unmittelba- re Zeit der diese auslösenden Geschehnisse hinaus. So resultierte aus den Ereignissen von 1918 in vielen Bereichen ein Demokrati- sierungsschub, der unsere politische und gesellschaftliche Grundordnung bis heute prägt.

Nahezu zeitgleich endeten der Erste Weltkrieg und die Regentschaft der Hohenzollern. Damit wurde der Weg frei für die Transformation der Monarchie hin zur parlamentari- schen Demokratie, und bereits 1919 wurden mit dem Beschluss einer neuen Verfassung und der Einführung des allgemeinen und freien Wahlrechts die Weichen in Richtung einer grundlegenden gesellschaftlichen Modernisierung und Demokratisierung gestellt. Auch im Bildungsbereich wurden Beschlüsse gefasst, die bis heute nachwirken.

Die wichtigsten Reformen und Ereignisse dieser Zeit wurden in der Ausstellung „Ham- burg 1918.1919 – Aufbruch in die Demokratie“ nachgezeichnet, die die Senatskanzlei der Freien und Hansestadt Hamburg bis zum 29.04.2018 in der Rathausdiele der interessier- ten Öffentlichkeit präsentierte. Mit der vorliegenden Handreichung wird die Ausstellung unmittelbar auch für den schulischen Unterricht zugänglich gemacht. Mein Dank gilt der Senatskanzlei, die die Ausstellung für diesen Zweck zur Verfügung gestellt hat.

Die in dieser Handreichung wiedergegebenen Ausstellungsplakate eignen sich insbesonde- re für den Unterricht der Fächer Geschichte und PGW / Lernbereich Gesellschaftswissen- schaften. Sie zeichnen historisch relevante Entwicklungen der unmittelbaren Umbruchphase 1918/19 nach; zugleich verweisen sie auf deren Folgen, von denen viele für uns heute im positiven Sinne selbstverständlich sind – seien es Arbeitnehmer-, Frauen- oder allgemeine Grundrechte, das nach 1918 erweiterte System sozialer Sicherung oder eine gute, zumeist kostenfreie Bildung für Menschen aller Altersstufen. Daher ist diese Epoche auch heute noch für uns von hoher Bedeutung, und mit Blick auf die Ereignisse der Jahre 1918/19 kann zu Recht vom „Aufbruch in die Demokratie“ gesprochen werden.

Ich freue mich, wenn die Handreichung im Unterricht breite Nutzung findet.

TIES RABE SENATOR FÜR SCHULE UND BERUFSBILDUNG Das Themenjahr

Die Revolution von 1918/19 markiert eines der epochalen Ereignisse in der Geschichte. Sie steht nicht nur am Anfang der modernen demo- kratischen Ordnung des Stadtstaates, sondern ist zugleich der erste historische Umbruch des 20. Jahrhunderts in Hamburg. Diese Zeit des Epochenwechsels brachte auch für Hamburg massive Einschnitte und Veränderungen mit sich – für die Bürgerinnen und Bürger, auf politi- scher Ebene, für die Wirtschaft und den Hafen.

Unter dem Motto „Hamburg 1918.1919. Aufbruch in die Demokratie“ gibt es ein breit angelegtes Ausstellungs-, Veranstaltungs- und Publika- tionsprogramm. Damit werden ein umfassender Beitrag zur Kenntnis, zum Verständnis und zur Bedeutung dieser komplexen Zeit in der Freien und Hansestadt Hamburg vermittelt und gleichzeitig Aktualitäts- bezüge zu Funktionsweisen demokratisch verfasster Gesellschaften geschaffen.

www.hamburg-18-19.de

5 Grußwort

„Auf die ereignisreichen Jahre 1918 und 1919 gehen eine Vielzahl an Ideen zurück, die unsere offene und soziale Gesellschaft prägen. Wichtige demokratische und freiheitliche Errungenschaften, die uns heute selbstverständlich erscheinen, sind damals durchgesetzt worden. Mancher- orts werden einige dieser Werte heute wieder in Zweifel gezogen. Der Blick zurück in den Entstehungs- prozess unserer modernen Demokratie, aber auch das Lernen und das Wissen um den Erhalt demokratischer Rechte gehören daher zu den Zielen des Themenjahres „Hamburg 1918.1919. Aufbruch in die Demokratie.“

DR. PETER TSCHENTSCHER ERSTER BÜRGERMEISTER DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Erste Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft am 24.3.1919

Lesen Sie die Biografien der ersten Abgeordneten auf www.hamburg-18-19.de

Christliche Volkspartei (CVP) Helene Lange DDP, Pädagogin und Frauenrecht- lerin Johann Bernard Dinkgrefe CVP/Zentrum, katholischer Albert Johann Christian Pfarrer Martens DDP, Getränkehersteller und Max Schauseil -händler CVP, Direktor Walter Matthaei DDP, Richter Deutsche Demokratische Partei (DDP) Carl Friedrich August Meht DDP, Inspektor der städtischen Leihhäuser (Lombardinspektor) Friedrich Franz Albert Ahlgrimm Wilhelm Adolph Friedrich DDP, Lehrer und Germanist Menzel FVP/DDP, Drechsler Max Hermann Anton Basedow DDP, Rechtsanwalt Carl Adolf Mönckeberg DDP, Jurist, Nationalökonom und Ferdinand Hermann Georg Schriftsteller Beit DDP, Unternehmer und Philantrop Arnold Karl Heinrich Nöldeke DDP, Richter Bleick Max Bleicken DDP, Beamter Curt Platen Vereinigte Liberale/DDP, Theodor Joachim Christian Journalist Blinckmann DDP, Lehrer und Schulreformer Anna Frieda Susanna Radel DDP, Journalistin Wolfgang Sebastiano Deutschnationale Volkspartei Emma Ender Hans Heinrich Amandus Brinckmann Friedrich Carl Ferdinand (DNVP) DVP, Verbandsfunktionärin und Stubbe DDP, Rechtsanwalt Ritscher Frauenrechtsaktivistin DVP, Landwirt DDP, Postbeamter Johannes Büll Franz Alfred Georg Diller Otto Julius Fahr Franz Heinrich Witthoefft Vereinigte Liberale/DDP/FDP, Henry August Schaper DNVP, kaufmännischer Angestell- Nationalliberale Partei/DVP, DVP/NSDAP, Kaufmann Tabakwarenhändler DDP, kaufmännischer Angestellter ter und Gewerkschaftsfunktionär Kaufmann

Carl Bunzel Adolf Bruno Max Scholz Alfred Marcus Jacobsen Carl Grevsmühl Hamburgischer Wirtschaftsbund Vereinigte Liberale/DDP, DDP, Tischler und Verbandsfunk- Deutschsoziale Reformpartei/ Fraktion der Rechten/DVP, Jus- (HWB) Kaufmann tionär Deutschsoziale Partei/DNVP tizbeamter und Beamtengewerk- Rechtsanwalt und Verbandsfunk- schafter Carl Johann Cohn Wilhelm Schweimler tionär Hinrich Garleff von der Beck DDP, Überseekaufmann DDP, Tischler Max Mittelstein HWB, Kaufmann Andreas Rasmus Nielsen Koch DVP, Richter James Daus Elisabeth Elenore Christiane DNVP, Rechtsanwalt und Amts- Johann Friedrich August DDP, Wundarzt und Geburts- Auguste Ida Mathilde Seifarth richter Eduard Müller Eddelbüt helfer DDP, Lehrerin DVP, Kolonialkaufmann Johanna Lisette Julie Anna Johann Carl Wilhelm Köhn Eduard Edgar Funke Peter Franz Stubmann Schaper Friedrich Gottlieb Theodor HWB, Klempner- und Dachdecker DDP, Verwaltungsangestellter DDP, Jurist DNVP, Hausfrau Rode meister DVP, evangelischer Pastor Carl Georg Hey Paul Christoph Wilhelm Felix Franz Victor Liebermann DDP, Zollbeamter Walli Deutsche Volkspartei (DVP) Wilhelm Otto Rose HWB, Kaufmann DDP, Rechtsanwalt und Bergedor- DVP, Journalist Carl Johannes Jönsson fer Bürgermeister Ernst Wilhelm Theodor Mähl DDP, kaufmännischer Angestellter Hermann Julius Detlef Bagge Ernst Ludwig Richard Adolph HWB, Blumenhändler Bertha Theodore Wendt DVP, Rechtsanwalt Schiele Karl Ludwig Käckenhoff DDP, Hausfrau und Verbandsfunk- Nationalliberale Partei/DVP, Johannes Gustav Meier DDP, Lehrer tionärin Paul Henri Adolph Wilhelm Industrieller HWB, Kolonialwarenhändler Franz de Chapeaurouge Christian Koch Friedrich Carl Winkler Nationalliberale/DVP/CDU, Georg Herman Sieveking Johann Hermann Schumacher DDP, Strafvollzugsbeamter DDP, Standesbeamter Jurist Nationalliberale Partei/DVP, Arzt HWB, Fleischer

7 Erste Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft am 24.3.1919

Lesen Sie die Biografien der ersten Abgeordneten auf www.hamburg-18-19.de

Sozialdemokratische Partei Berthold Grosse Emil Lehmann Emil Rusch Margarete (Grete) Marie Deutschlands (SPD) SPD, Tischler und Gewerk- SPD, Maurer SPD, Polizist Zabe schafter SPD, Hausangestellte und Tabak- Friedrich Lembcke Franz Schädlich verarbeiterin Karl Gustav Appelbaum Louis Grünwaldt SPD, Tischler SPD, Schneider SPD, zunächst Bürogehilfe SPD, Tapezierer Julius Zaffke Friedrich Lesche Constanz Schneider SPD, Schuhmacher Richard Carl Robert Baller- Matthias Güldenberg SPD, Tischler SPD, Uhrmacher städt SPD, Buchdrucker SPD, Lehrer und Schulreformer Max Leuteritz Heinrich Ferdinand Adolph Unabhängige Sozialdemokra- Max Georg Wilhelm Hege- SPD, Maurer und Gewerkschafts- Schönfelder tische Partei Deutschlands Marie Bautz mann funktionär SPD, Zimmermannn (USPD) SPD, Hausangestellte und Fabrik- SPD, Bäcker und Gewerkschafts- arbeiterin funktionär Heinrich Lorenz Friedrich Schrader SPD, Zigarrensortierer SPD, Zimmerer Paul Bergmann Emil Friedrich Berger Carl-August Hellmann SPD/USPD, Fleischer SPD, Konsumgenossenschafts- SPD, Lehrer Theodor Meyer Minna Schröder funktionär SPD, Tapezierer SPD, Hausfrau Ferdinand Kalweit Hermann Helms USPD, Schlosser Adolf Albert Bertram SPD, Lehrer Gustav Mohnk Johannes Daniel Friedrich Biedermann SPD, Steinarbeiter, Steinträger Schult Hermann Kraatz SPD, Schlosser Karl Hense SPD, Lehrer USPD, Schlosser SPD, Maurer, Stuckateur und Karl Olfers Johann Adam Birner Gewerkschafter SPD, Zimmermann Heinrich Theodor Wilhelm Katharina Kuhn SPD, Handwerker Schumann USPD, Lehrerin Paul Hoffmann Friedrich Ostmann SPD, Lehrer Heinrich Blecke SPD, Schuhmacher SPD, Werftarbeiter Karl Lerbs SPD, Tischler Carl Sowa USPD, Tischler Manfred Horowitz Friedrich Paeplow SPD, Korbmacher Georg Blume SPD, Rechtsanwalt SPD, Maurer Arthur Rehberg SPD, Tischler Max Spreeberg USPD, Buchhalter Emil Hüffmeier Herbert Joseph Benjamin SPD, Schneider John Amandus Ferdinand SPD, Bauhilfsarbeiter und Pardo Hermann Reich Ehrenteit Gewerkschaftsfunktionär SPD, Rechtsanwalt Ida Stengele USPD, kaufmännischer Angestellter SPD, kaufmännischer Ange- SPD, Hausfrau stellter August Huk Richard Perner Erna Doris Anna Rieckmann SPD, Tischler SPD, Buchdrucker Heinrich Strübig USPD, Lehrerin Heinrich Eisenbarth SPD, Schneider SPD, Tischler Albert Ihle Johann Projahn Henry Siemer SPD, Schlosser SPD, Lehrer Heinrich Johannes Wilhelm USPD, Lotse August Ellinger Stubbe SPD, Maurer Andreas Kalnbach Wilhelm Radlof SPD, Tischler Ernst Johannes Fritz SPD, Schlosser SPD, Bürogehilfe Thälmann Henry Everling Julie Johanna Helene Stubbe SPD/USPD/KPD, Handels- und SPD, Gold- und Silberschmied Emmy Kämmerer Adele Reiche SPD, Schneiderin Transportarbeiter SPD, Hausangestellte SPD, Lehrerin Hugo Feser Adolph Tonn Karl Hermann Paul Wagner SPD, Buchdrucker Ludwig Kätow Johanne Caroline Agnes SPD, Werftarbeiter USPD, Klempner SPD, Buchdrucker Reitze Wilhelm Fischer SPD, Hausangestellte Klaus Umland Max Zelck SPD, kaufmännischer Ange- Hermann Kempkens SPD, Böttcher USPD, Lehrer stellter SPD, Schlosser Paul Riege SPD, Schiffszimmerer Paul Weinheber Heinrich Ziehl Otto Johann Franz Martha Christine Wilhelmine SPD, Dreher USPD, Korbmacher und Klein- SPD, Schlosser und Klempner Kimmerling Arnoldus van Riesen händler SPD, Hausangestellte SPD, Zimmerer Heinrich Wentker Friedrich Friedmann SPD, Maler und Lackierer SPD, Bäcker und Konditor Andreas Valentin Knack Adolph Römer SPD, Arzt und Krankenhausdi- SPD, Zimmerer Wilhelm Wiesner Paul Frings rektor SPD, Tischler und Bergedorfer SPD, Ingenieur und Chemiker Rudolf Adolf Wilhelm Roß Bürgermeister Emil Krause SPD, Lehrer Wilhelm Gaack SPD, Reformpädagoge August Winter SPD, Hausangestellter und Trans- Friedrich Runtzler SPD, Dreher portarbeiter Walther Lamp’l SPD, Buchdrucker SPD, Lehrer, Kaufmann und Jurist

8 Freiwillige zur Unterstützung der Bremer Räterepublik sammeln sich vor dem Rathaus, Aufnahme aus der Hamburger Rathausdiele heraus, undatiert (Februar 1919) 9 Errungenschaften der Revolution

Aufbruch in die Demokratie

Vor 100 Jahren wurden die Fundamente für die Demokratie in Ham- burg und Deutschland gelegt: im November 2018 jähren sich zentrale Ereignisse der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die Jahre 1918 und 1919 stehen nicht nur für das Ende des Ersten Weltkrieges, sondern auch für Umbrüche, die weit über das Ende des Deutschen Kaiser- reiches hinausgehen. In der Revolution 1918/19 wurde in Hamburg und Deutschland der Zugang zu Mitbestimmung, Bildung und bür- gerlicher Teilhabe erkämpft. Dieser Aufbruch in die Demokratie, der von einem gemeinsamen Grundgefühl in der Bevölkerung getragen wurde, die Politik und das soziale Leben selbst gestalten zu wollen, ist durch große Transformationen verschiedenster Bereiche der Gesell- schaft geprägt.

In der Verfassung und den Grundrechten, der politischen Struktur Hamburgs und Deutschlands, im Bildungswesen, in puncto Arbeit- nehmerrechte und Gleichstellung der Geschlechter wurden grundle- gende Veränderungen in den Jahren 1918/19 umgesetzt, die nahezu selbstverständliche Bestandteile unserer heutigen Gesellschaft bilden. Vom Gedenken an die Geschehnisse 1918/19 ist es nur ein kurzer Weg zu Gedanken über die Situation der Demokratien in unserer Zeit. Zu sehen und zu verstehen, was damals geschah, und den Bogen zu spannen zur heutigen Situation und damit zu der Erkenntnis, dass das, was damals erkämpft wurde, auch heute des Einsatzes wert ist. Dies ist Anlass und Ziel des Themenjahrs „Hamburg 1918.1919. Aufbruch in die Demokratie“.

www.hamburg-18-19.de ERRUNGENSCHAFTEN DER REVOLUTION

Parlamentarische Demokratie und Gewaltenteilung

Die Folge der Revolution von 1918/19 war die Verfassung der Im Gegensatz zur Weimarer Verfassung, die am 14. August 1919 Weimarer Republik. Zentrale Prinzipien dieser Verfassung waren in Kraft trat, schuf die Hamburgische Bürgerschaft bis 1921 eine die Gewaltenteilung, also die formale und tatsächliche Trennung Verfassung, die langfristig die politische Stabilität Hamburgs von gesetzgebender, regierender und urteilender Gewalt (Le- sicherte: Volks-, Parlaments- und Senatsrechte standen in einem gislative, Exekutive und Judikative), die Volkssouveränität und die ausgewogenen Verhältnis zueinander. Dem Bürgermeister wur- Grundrechte. Die strukturelle Festigung der parlamentarischen de nur überschaubare Macht übertragen und die Parteien wurden Demokratie mit einer vom Volk gewählten Regierung war eine zu Kompromissen und Mehrheitsbildungen gezwungen. Die Ver- weitere Errungenschaft der Weimarer Verfassung. Hinzu kamen fassung der Stadt Hamburg erwies sich zunächst auch angesichts jedoch auch Elemente der plebiszitären Demokratie sowie der des aufstrebenden Nationalsozialismus als stabil und wurde erst Präsidialdemokratie, die in ihrer Mischung strukturelle Probleme durch externes Eingreifen aus Berlin im März 1933 gebrochen. mit sich brachten, die im späteren Verlauf der Geschichte von Viele Artikel der seit dem 1. Juli 1952 geltenden Verfassung der hoher Bedeutung waren. Freien und Hansestadt Hamburg sind auf Grundlage dieser alten Ver- fassung von 1921 entstanden und teils auch wörtlich übernommen.

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11 Demonstration von Seeleuten und Hafenarbeitern vor dem Hamburger Rathaus, Dezember 1918 12 ERRUNGENSCHAFTEN DER REVOLUTION

Freie und gleiche Wahlen

Bis zur Revolution gab es kein allgemeines Wahlrecht in Ham- Auch die Tatsache, dass Jede und Jeder, unabhängig von der sozialen burg, das jedem eine Stimme gab. Erst durch den Aufruf des Herkunft, sich in jedes Amt dieser parlamentarischen Demokratie Rates der Volksbeauftragten am 12. November 1918 wurden vom Volk wählen lassen konnte und dem Parlament die alleinige mit der Einführung der Verhältniswahl, der Verwirklichung des gesetzgebende Gewalt zukam, war ein Novum. Diese Selbst- Frauenstimmrechts und der Senkung des aktiven Wahlalters auf verständlichkeiten aus heutiger Sicht sind auf die Errungenschaften 20 Jahre drei zentrale wahlrechtliche Neuerungen erlassen, die der Revolution von 1918/19 zurückzuführen, die eine Zeitenwende schließlich in der Reichsverfassung von 1919 verfestigt wurden. in der Politik einläuteten. Da die Weimarer Verfassung für alle Gliedstaaten, also auch für Hamburg, bindend war, galten die neuen Regelungen zusammen mit den Grundsätzen der allgemeinen, gleichen, unmittelbaren und geheimen Wahl auch für die Wahlen in Hamburg.

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13 ERRUNGENSCHAFTEN DER REVOLUTION

Bildung für alle

Im Sinne des Grundgedankens von Teilhabe und Chancen- für das höhere Schulwesen das sogenannte Ausleseverfahren gleichheit markierte die Revolution von 1918 den Beginn von als Zugangsregelung für die höheren Schulen, durch das alle fähi- umfangreichen Reformen im Hamburger Schulwesen. Die gen Volksschülerinnen und -schüler auf diese wechseln konnten. Selbstverständlichkeit, mit der heutzutage Kinder ab dem Darüber hinaus wurden in den 20er Jahren erstmals wichtige 6. Lebensjahr in die Schule geschickt werden, hat ihre Wurzeln schulische Positionen auch mit Frauen besetzt und insgesamt fast in diesen Entwicklungen. Zu den wichtigsten Errungenschaften vierzig neue Schulen gebaut. gehörten ab 1919 Gesetze zur Einführung einer für alle ver- Besondere Bedeutung kommt vor diesem Hintergrund auch bindlichen allgemeinen vierjährigen Grundschule – ein Novum der Gründung der Volkshochschule als wesentlichem Baustein in der deutschen Bildungsgeschichte – und einer dreijährigen der Demokratisierung durch den Zugang von Erwachsenen zu Berufsschulpflicht. Hinzu kam ebenfalls als wichtige Neuerung Bildung zu.

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14 Dr. Heinrich Laufenberg (links) und Wilhelm Heise, Vorsitzende des Arbeiter- und Soldatenrates 15 ERRUNGENSCHAFTEN DER REVOLUTION

Grundrechte und Meinungsfreiheit

Die Würde des Menschen ist unantastbar, [Artikel 1 Abs. 1 Geburtsstunde gesichert geltender Grundrechte in Deutschland Grundgesetz]. Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich, dar, die heute die Basis unseres demokratischen und gesellschaft- [Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz]. Wir kennen diese Sätze und sie lichen Wertekanons sind. Dazu gehört auch die Meinungsfreiheit. erscheinen uns so logisch wie selbstverständlich. Die Grund- Erstmals rechtswirksam garantiert wurde die Meinungsfreiheit rechte zählen heute zu den größten Errungenschaften demokra- vor rund 100 Jahren in Artikel 118 der Weimarer Reichsverfas- tischer Gesellschaften. Sie sind Teil unserer Verfassung und im sung und gehört damit zu den zentralen Errungenschaften der Grundgesetz in den Artikeln 1 bis 19 prominent positioniert. Revolution von 1918/19. Neben der Meinungsfreiheit wurde Bis zur Revolution von 1918/19 hat es jedoch eine verfassungs- auch die Freiheit von Kunst, Wissenschaft und Lehre verfassungs- rechtliche Festschreibung der Grundrechte nicht gegeben. rechtlich abgesichert, wohingegen die Pressefreiheit über die Zwar sind sie in Teilen erstmals bereits in der sogenannten Meinungsfreiheit abgedeckt werden sollte und nicht explizit ge- Paulskirchenverfassung der Frankfurter Nationalversammlung schützt war. Diese Lücke erwies sich in der späteren Entwicklung von 1849 formuliert worden, diese Verfassung kam aber im hin zum Nationalsozialismus als große Schwäche. Grunde nie zur Anwendung. Deshalb stellt das Jahr 1919 die

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16 ERRUNGENSCHAFTEN DER REVOLUTION

Arbeitslosenversicherung

Wenn jemand heutzutage seinen Job verliert, dann ist das genau erst im Juli 1927 eingeführt, aber bereits seit 1918 wurde es eine wie vor hundert Jahren persönlich und finanziell eine große Last. Pflichtaufgabe der Kommunen, im Rahmen der Erwerbslosen- Dass es heute ein staatlich organisiertes Auffangnetz gibt, das fürsorge Unterstützungsleistungen für bedürftige Erwerbslose den finanziellen Schaden mindert, ist eine Errungenschaft, deren zuzusichern. Diese Unterstützung stellt ein Beispiel für eine Anfänge auf die Revolution von 1918/19 zurückgehen. Die tat- Hinwendung zu einem sozial ausgerichteten System dar, das dem sächliche Arbeitslosenversicherung in Deutschland wurde zwar Grundgedanken der Revolutionsjahre entspricht.

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17 ERRUNGENSCHAFTEN DER REVOLUTION

Frauenrechte

Die Einführung des Frauenwahlrechts im Zuge der Einführung Darüber hinaus wurde die Gleichberechtigung der Geschlech- freier, offener Wahlen gilt als die größte Errungenschaft für Frauen ter erstmalig in Artikel 109 der Weimarer Verfassung festge- in Folge der Revolution. Nicht nur konnten Frauen wählen, sie schrieben. Was hier mit den Worten „Männer und Frauen haben konnten auch selbst gewählt werden. In der ersten Sitzung der grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten“ neu gewählten Hamburgischen Bürgerschaft am 24. März 1919 formuliert wurde, bildet die Grundlage für eine Gesellschaft, in fiel diese Zeitenwende dem Beobachter besonders ins Auge: der Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Die Sitzung wurde von Alterspräsidentin Helene Lange eröffnet. Wegweisend wurde damit erstmals ein deutsches Parlament von einer Frau geleitet.

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18 Laufenberg spricht vor demonstrierenden Arbeitslosen, 27. Dezember 1918 19 ERRUNGENSCHAFTEN DER REVOLUTION

Arbeitnehmerrechte

Heute als selbstverständlich empfundene Arbeitnehmerrechte sogenannten Stinnes-Legien-Abkommens. Dieses wurde am wie geregelte Arbeitszeiten, Urlaubsanspruch, Pausenregelungen 15. November 1918 zwischen dem Vorsitzenden der Unter- oder das fest verhandelte Gehalt sind Errungenschaften, die nehmerverbände Hugo Stinnes und dem Vorsitzenden der erst im Zuge der Revolution von 1918/19 hart erkämpft wurden. Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands Carl Der Acht-Stunden-Tag bei vollem Lohnausgleich, die unterneh- Legien geschlossen. Es markiert den Beginn einer Demokratisie- merseitige Anerkennung der Gewerkschaften als vollwertige rung der Wirtschaft. Am Beispiel der Arbeitnehmerrechte wird und berufene Vertretung der Arbeiterschaft, das Prinzip der deutlich, mit welchen konkreten Konsequenzen die Bürgerinnen kollektiven Tarifverträge oder auch die Einführung und Aner- und Bürger ihr Mitspracherecht erkämpften und sich organisier- kennung von Betriebsräten in Unternehmen sind Ergebnisse des ten, um eine Zeitenwende in der Politik zu erwirken.

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20 ERRUNGENSCHAFTEN DER REVOLUTION

Universität

Die Universität Hamburg zählt heute mit über 40.000 Studie- Universität ab, da Hamburg eine Handels- und keine Wissen- renden zu den größten Universitäten Deutschlands. Insgesamt schaftsmetropole sei. Erst nachdem die neue Bürgerschaft sind 2018 sogar über 100.000 Studierende an Universitäten demokratisch gewählt wurde, kam die notwendige Mehrheit zur und Hochschulen in Hamburg eingeschrieben. Doch lange war Gründung einer „Hamburgischen Universität“ zustande, die am die akademische Lehre und Forschung in Hamburg keine Selbst- 10. Mai 1919 offiziell eröffnet wurde. Erst der Zugang zu Bildung verständlichkeit. Dass Hamburg überhaupt eine Universität hat, schafft die Voraussetzung für Emanzipation und Mitbestimmung. ist erst auf die Folgen der Revolution von 1918 zurückzuführen. Die Ermöglichung einer akademischen Ausbildung in Hamburg Bis dahin lehnte die nach Klassenwahlrecht zusammengesetzte zeigte die neue Offenheit der Bürgerschaft auch gegenüber Bürgerschaft, trotz zahlreicher Initiativen vermögender Privat- kritischen Einwänden und schuf so die Grundlage für einen leute und intensiven Bemühungen insbesondere von Senator demokratischen Diskurs. und Bürgermeister Werner von Melle, die Gründung einer

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21 ERRUNGENSCHAFTEN DER REVOLUTION

Öffentliche Verwaltung

Wenn sich heute jemand für eine Laufbahn in der öffentlichen Befähigung und ihren Leistungen zu den öffentlichen Ämtern zuzu- Verwaltung, also im Dienste des Staates entscheidet, steht diese lassen waren. Darüber hinaus stand das berufliche Handeln der weitestgehend offen, vorausgesetzt die erforderlichen Qualifi- Staatsbediensteten erstmals im Dienste einer Verfassung und kationen, die durch Bildung erworben wurden, liegen vor. Dieses war auf den Erhalt dieser ausgelegt. Praktiken, die heute selbst- Prinzip fand erstmals nach der Revolution 1918/19 Anwendung, verständlich sind, in der jungen Demokratie von vor 100 Jahren denn bis dahin waren in erster Linie soziale Herkunft und Monar- aber neu waren. Bis die Staatsbediensteten mit der Demokratie chietreue Voraussetzung für ein Staatsamt. Erst der Artikel 128 wirklich vertraut wurden, galt es jedoch, alte Gewohnheiten aus Absatz 1 der neuen Weimarer Verfassung von 1919 regelte, dem Dienst im Kaiserreich abzulegen und den demokratischen dass alle Staatsbürger ohne Unterschied entsprechend ihrer Gedanken tatsächlich zu verinnerlichen.

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22 Protestkundgebung gegen den Generalstreik, 1919 23 Aufbruch in die Demokratie

EINE CHRONOLOGIE WICHTIGER ­EREIGNISSE IN HAMBURG 1918/19

28.1. – 1.2.1918 „Januarstreik“

Deutschlandweit fand ein Massenstreik der Arbeiter statt, im Rahmen dessen bessere Arbeits- und Leben­sbedingungen gefordert wurden. In Hamburg schlossen sich vor allem die Werft- und Metallarbeiter dem Streik an.

Demonstration vor dem Hamburger Rathaus

20.4.1918 Carl Wilhelm Petersen

Carl Wilhelm Petersen wird in den Senat gewählt. Petersen war 1924-29 und 1932/33 Hamburgs Erster Bürgermeister und 1930/31 ­Zweiter Bürgermeister. 28. JANUAR APRIL 20. 1918 1918

24 Torpedoboot an den Landungsbrücken, November 1918

Demonstration in Hamburg, Zeichnung von Hans Leip, 1918 5.11.1918 Versammlung in Hamburg 6.11.1918 Der Arbeiter- und

Erste Zeitungsberichte erscheinen über die ­Soldatenrat übernimmt revolutionären­ Vorgänge in Kiel. In Hamburg die Macht entwaffnen Matrosen­ im Hafen Besatzungen der Torpedoboote, besetzen­ den Elbtunnel und sichern das Gewerk­schaftshaus. Bürgermeister Werner von Melle und Senator

Carl Petersen­ erklären die Bereitschaft von Senat Am Abend formuliert eine Versamm­lung im und ­Bürgerschaft, sich in den Dienst der „neuen Gewerkschaftshaus jene ­Forderungen: Zeit“ zu stellen. Auf dem Heiligengeistfeld findet eine ­Massenkundgebung statt. Das Stellvertretende • Sofortige Herbeiführung des Friedens ­Generalkommando flieht aus Altona. Rücktritt der Hohenzollern

• Sofortige weitgehendste Demokratie im Reich und in den Bundesstaaten

• Amnestie und sofortige Freilassung aller politisch Inhaftierten

• Sofortige Einführung des allgemeinen, gleichen,­ geheimen und direkten Wahlrechts für beide­ Geschlechter vom vollendeten 20. Lebensjahr an

Nachrichten- und Presseabteilung des Arbeiter- und Soldatenrates, November 1918

­ HAMBURG Die Leitung des Arbeiter- und Soldatenrates tagt im Hamburger Rathaus, November / Dezember 1918 6. NOVEMBER 1918 NOVEMBER ­­ REVOLUTION IN

25 „Das Alte und Morsche,­ die ­Monarchie ist zusammen­ ­gebrochen!­ Es lebe das Neue; es lebe die ­deutsche Republik!”

PHILIPP SCHEIDEMANN, SOZIALDEMOKRAT AM 9. NOVEMBER 1918 IN BERLIN

11.11.1918 Kriegsende – Inkrafttreten des Waffenstillstands

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion setzt sich für um- gehende Neuwahlen der Bürgerschaft ein. Der ­spätere Hamburger Bürgermeister wird Senator der Stadt Altona.

12.11.1918 Vollständige Machtübernahme Vor dem Hamburger Rathaus, November 1918 des Arbeiter- und Soldatenrats­

Senat und Bürgerschaft werden für abgesetzt erklärt ­(letztendlich nur für 6 Tage), der Arbeiter- und Solda- tenrat übernimmt vollständig die politische Macht. Die Exekutive der beiden Räte besteht aus je drei Vertretern der MSPD, USPD und der Linksradikalen sowie 18 Delegierten aus Hamburger Betrieben. 18.11.1918

Senat und Bürgerschaft werden wieder in ihre Befugnisse zur „Aufrechterhal- tung der hamburgischen Verwaltung“ eingesetzt, da die Kreditfähigkeit der 30.11.1918 Stadt in Gefahr geraten war.

Das neue Reichswahlgesetz tritt in Kraft (Frauenwahlrecht, Verhältniswahl, Herab- setzung des Wahlalters auf 20 Jahre) 11. NOVEMBER 30. NOVEMBER 1918 1918

26 DYNAMIK Der Funke springt über

24.1 0.1918 6.11.1918 6.11.1918 8.11.1918 Kiel Bremen Berlin Ruhrgebiet

Ein Flottenbefehl am 24.10.1918 gegen Auch hier kam am 6.11.1918 der Arbei- Friedrich Ebert forderte ab dem Die Novemberrevolution erreichte das die britische Marine auszulaufen löste ter- und Soldatenrat an die Macht. 6.11.1918 den Thronverzicht von Ruhrgebiet am 8.11. Im Dezember 1918 eine Meuterei unter den Matrosen und Am 10. Januar 1919 wurde die Bremer Kaiser Wilhelm II., der nach Belgien wurde durch den Reichsrätekongress anschließend allgemeine Unruhen aus. Räterepublik ausgerufen.­ geflohen war. Am 9.11.1918 verkündete der Beschluss gefasst, Industrien wie Von hier aus nahm die Revolution ihren Reichskanzler Max von Baden die den Bergbau zu sozialisieren. Da es Lauf, die zum Ende der Monarchie in Abdankung des Kaisers ohne dessen nicht zur Umsetzung des Beschlusses Deutschland und der Errichtung der 6.11.1918 Einverständnis. kam, folgten bis zum Frühjahr 1919 Weimarer Republik führte. Lübeck etliche Streiks, die die Verstaatlichung 7.11.1918 der Montanindustrie forderten.

München 8.11.1918 6.11.1918 Lübeck war die erste deutsche Hamburg Großstadt, auf die der Kieler Chemnitz Matrosenaufstand übergriff. Der Am 7.11.1918 trat der Arbeiter- und Arbeiter- und ­Soldatenrat übernahm ­Soldatenrat an die Macht, am selben Nach ersten Berichten über die am 6.11.1918 die Macht. Tag wurde König Ludwig III. von Bayern Die revolutionären Aufstände erreich- revolutionären Vorgänge in Kiel als erster­ deutscher Bundesfürst ten Chemnitz am 8.11.1918. gestürzt. Bayern­ war die erste deutsche entwaffnen Matrosen im Hamburger 6.11.1918 Monarchie, in der die Republik ausgeru- Hafen Besatzungen der Torpedoboote, 11.11.1918 besetzen den Elbtunnel und sichern das Rostock fen wurde. Gewerkschaftshaus. Dresden 7.11.1918 Nur einen Tag später, am 6.11.1918, Am 6. November 1918 legten rot Stuttgart übernimmt der Arbeiter- und Soldatenrat beflaggte Torpedoboote aus Kiel im In Dresden konstituierte sich am die Macht und Bürgermeister Werner ­Warnemünder Hafen an. Von hier 11.11.1918 der Arbeiter- und Soldatenrat. von Melle­ und Senator Carl Petersen aus ging die revolutionäre Bewe- Hier wurde am 7.11.1918 durch den Friedrich August III., der letzte König erklären die ­Bereitschaft, sich in den gung auf Rostock über. Arbeiter- und Soldatenrat die Macht des Königreichs Sachsen, musste am Dienst der „neuen Zeit“ zu stellen. übernommen. Am 30.11.1918 wurde das 13.11.1918 abdanken. Königreich Württemberg­ zum freien Volksstaat Württemberg. 20.12.1918 Beginn der öffentlichen Wohnbauförderung

Die Bürgerschaft beschließt ein Gesetz zur ­Förderung des Baus kleiner Wohnungen mit öffentlichen­ Mitteln.

Kleinwohnungsbau am Habichtplatz in Barmbek, 1925-29

1.1.1919 Demonstration auf dem ­Heiligengeistfeld

Protestversammlung der MSPD, der USPD, KPD und der Hamburger Linksradikalen auf dem Heiligen­geistfeld gegen die Regierung. Auf der Moorweide findet gleich­zeitig eine von der SPD und den Gewerk­schaften veranstaltete­ Massenkund­­ gebung­ für Fried- rich Ebert und ­Philipp Scheidemann­ statt.

Eine der Demonstrationen auf dem Hamburger Heiligengeistfeld

7.1.1919

Aufhebung des Zölibats bei Lehrerinnen.

9.1.1919

Die SPD und Gewerkschaften rufen zum 6.3.1919 ­Generalstreik am 11.1.1919 auf.

Mit dem Architekten Emil Maetzel, zugleich Künstler und Mitbegründer der Sezession, tritt eine treibende Kraft der Kultur­szene das Amt des Bauin­ spektors,­ eine Schlüsselstellung­ innerhalb der ­Bau­verwaltung, an. 20. DEZEMBER20. 6. MÄRZ 1919 1918

28 16.3.1919 Wahlen zur Hamburgischen Bürgerschaft

Erste gleiche, geheime, freie und allgemeine Wahlen eines Hamburger Parlaments. Ebenso erste Wahlen für Frauen auf Hambur- gischer Ebene.

24.3.1919

Erste Sitzung der demokratisch gewählten Ham burgischen Bürgerschaft: Erstmals eröffnet eine Frau ein Parlament in Deutsch- land: Alters präsidentin Helene Lange.

Frau mit Flagge (Plakat), 1918

26.3.1919

Nach dem Erlass von 135 Verordnungen durch den Hamburger Arbeiter- und Soldatenrat überträgt dieser wieder die politische Macht an Senat und Bürgerschaft.

28.3.1919

Die neu zusammengesetzte Bürgerschaft wählt den neuen Senat. Werner von Melle wird Werner von Melle (Postkarte) anschließend zum Ersten, Otto Stolten zum Zweiten Bürgermeister gewählt.

1.4.1919

Spatenstich für die Steenkamp-Siedlung, die erste Kleinhaus siedlung im Altonaer Raum nach dem Ersten Weltkrieg. Der Garten stadt- gedanke leitete den Entwurf.

Walter Gropius gründet in Weimar das Bau- haus, die wichtigste Schule für Kunst, Architek- tur und Design im 20. Jahrhundert.

Steenkampsiedlung, Geschäftshaus Ebertallee, ca. 1925 16. MÄRZ 1. APRIL 1919 1919

29 10.5.1919 Bürgerschaft beschließt Kleinhaus-Siedlung

Angesichts der großen Wohnungsnot beschließt die Bürgerschaft als Bau- träger die vollständige Finanzierung einer Siedlung in Langenhorn mit 800 Kleinhäusern.

10.5.1919

Eröffnung der Universität Hamburg. Universität Hamburg

30.5.1919

Mit der Eröffnung des Erweiterungs- baus ist die Neuordnung der Kunst- halle im Sinne des Reformkonzepts Alfred Lichtwarks abgeschlossen und damit der modernen Kunst in Hamburg ein wichtiges Forum geboten.

1.6.1919

Hamburger Kunsthalle Gründung des Hamburger Sport- vereins (HSV). SC Germania von 23.-24.6.1919 1887, ­Hamburger FC von 1888 Hamburger Sülzeunruhen und SC Falke von 1906 schließen sich zusammen.

Auslöser des Aufstands war die Vermutung, dass verfaulte­ Kadaver zu Sülze verarbeitet wurden. Gewalt­ gegen Besitzer­ von Fleisch­ fabriken brach aus und auf dem Rathaus­markt 28.6.1919 wurde ein öffentlicher Pranger­ ­aufgestellt. Es kommt zu einer Belagerung des Rat­ ­hauses. Am 1.7.1919 marschieren Reichswehr- und Der Versailler Vertrag wird ­Freikorps-Truppen in die Stadt ein, um die unterzeichnet. Unruhen zu beenden, obwohl sich die Lage beruhigt hatte. Durch das rigorose Vorgehen der Truppen kam es ­insgesamt zu 80 Toten. 10. MAI JUNI 28. 1919 1919

30 1.8.1919 Antrag zur Umwandlung der Bücherhallen in eine öffentliche­ Einrichtung

Die Bücherhallen, die 1899 von der Patriotischen ­Gesellschaft gegründet wurden, wurden Anfang 1920 zur Stiftung Hamburger Öffentliche Bücher- hallen (HÖB).

Mönckebergstraße, Bücherhalle und Löwenbrunnen, Datum unbekannt

1.10.1919

5.12.1919 Zusammenschluss der Ortskranken- kassen und weiterer Kassen zur Allgemeinen Ortskrankenkasse Versammlung der im Wohl­fahrts­bereich tätigen Hamburg (AOK) Sozialdemokrat­ innen­ und Sozialdemokraten,­ in deren Folge im Februar 1920 die Arbeiter­ wohlfahrt („Hamburger Ausschuss­ für soziale Fürsorge“) gegründet wird.

DAMALS UND HEUTE

Die Revolution von 1918/19 markierte eines der epochalen­ Ereignisse in der Geschichte Hamburgs. Es war ein umfassen- der Aufbruch­ in die Demokratie und Ursprung zahlreicher Errungenschaften unserer heutigen Gesellschaft. 1. AUGUST HEUTE 1919

31 DIE WEBSITE ZUM THEMENJAHR www.hamburg-18-19.de

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