Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume

Jahresbericht 2012 Jagd und Artenschutz Herausgeber: Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein Mercatorstraße 3 24106 Kiel

Titelfoto: „Koniks als Landschaftspfleger“ von Dr. Helge Neumann „Jagdliches Schießen“ von Frank Schmidt LJV Schleswig-Holstein

Zeichnungen: Dr. Winfried Daunicht und Kenneth-Vincent Daunicht

Druck: Pirwitz Druck & Design, Kiel

November 2012

ISSN 1437-868X

Auflage: 5.000

Diese Broschüre wurde auf 100% chlorfrei gebleichtem Papier (tcf) gedruckt.

Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Personen, die Wahlwerbung oder Wahlhilfe betreiben, im Wahlkampf zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner Gruppen verstanden werden könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden.

Die Landesregierung im Internet: http://www.schleswig-holstein.de Inhalt

Vorwort...... 5

1 Jagd

1.1 Niederwild ...... 6 1.1.1 Gesamtentwicklung ...... 6 1.1.2 Streckenergebnisse und deren Erläuterung...... 6 1.2 Schalenwild ...... 17 1.2.1 Gesamtsituation ...... 17 1.2.2 Streckenergebnisse und deren Erläuterung...... 17 1.3 Jagdstrecken 2011/2012 ...... 21 1.3.1 Veränderungen der Jagdstrecke 2011/2012 gegenüber dem Vorjahr in Prozent ...... 23 1.4 Jagdliches Schießen...... 24 1.5 Jagdwaffen im Spiegel der Zeit ...... 26 1.6 Totfundkataster – ein Weg zur Erfassung von Wildunfällen ...... 27

2 Beispielhafte Biotop- und Artenschutzmaßnahmen

2.1 Statusbericht Artenhilfsprogramm ...... 31 2.2 Gebäudebewohnende Fledermäuse ...... 32 2.3 Pilze im Grünland ...... 39 2.4 Stiftung Naturschutz „Zwischen Artenschutz und Wildnis“...... 42 2.5 Artenhilfsprojekt „Grüne Mosaikjungfer in Dithmarschen“...... 47 2.6 Saatkartenaktion: Guter Heinrich...... 49 2.7 Wildnisgebiete in Schleswig-Holstein ...... 51 2.8 Wildtiermanagement und Naturschutz in der Fehmarnbeltregion ...... 54 2.9 Wolfsmanagement in Schleswig-Holstein ...... 58 2.10 Naturwälder in Schleswig-Holstein ...... 60 2.11 Vertragsnaturschutz Ackerlebensräume – Erste Ergebnisse ...... 65

3 Bestandsentwicklungen

3.1 Fledermausmonitoring - Gesamtschau ...... 69 3.2 Dachs ...... 72 3.3 Fuchs...... 75 3.4 Mausernde Wasservögel ...... 77 3.5 Wiesenweihe ...... 80 3.6 Kormoran...... 82 3.7 Beitrag entfält: LLUR-Broschüre Nordische Gänse- und Schwanenarten erscheint ab Ende 2012 ...... 3.8 Graureiher...... 84 3.9 Uferschnepfe...... 87 3.10 Weißstorch...... 90 3.11 Seeadler ...... 94 3.12 Fischadler ...... 98 3.13a Schwarzstorch...... 101 3.13b Schwarzstorch...... 108 3.14 Sperlingskauz ...... 109 3.15 Steinkauz ...... 112 3.16 Saatkrähe...... 116 3.17 Eremit...... 118 3.18 Scheidiger Goldstern ...... 121

3 4 Neobiota

4.1 Spanische Wegschnecke ...... 124

5 Jagdwesen

5.1 Jägerprüfungen und Jagdscheine ...... 126 5.2 Jagdabgabe ...... 127 5.3 Jagd- und Schonzeiten in Schleswig-Holstein ...... 129 5.3.1 Haarwild ...... 129 5.3.2 Federwild...... 130 5.4 Anerkannte Nachsuchengespanne in Schleswig-Holstein ...... 131

Anhang

Tabellen ...... 133 Jagd- und Naturschutzbehörden ...... 143 Anerkannte Vereine ...... 144 Rechts- und Verwaltungsvorschriften ...... 146 Fachbegriffe ...... 148

4 „ Vorwort

Wie jedes Jahr um diese Zeit legt das schles- wig-holsteinische Ministerium für Energiewen- de, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume seinen Jagd- und Artenschutzbericht vor.

Der Jagd- und Artenschutzbericht hat in den vergangenen Jahren eine breite Leserschaft weit über die Grenzen Schleswig-Holsteins hi- naus gefunden, was sich in der über die Jahre gewachsenen Auflage dokumentiert. Die Gründe für die zunehmende Beliebtheit liegen sicherlich in der Mischung aus informativen Berichten, den jährlich gelieferten Statistiken und vor allem dem breiten fachlichen Spek- trum, das der Bericht abdeckt. Dies macht ihn nicht allein zu einer interessanten Lektüre für all diejenigen, die sich für Belange des Natur- schutzes und der Jagd interessieren. Der Be- richt ist darüber hinaus ein wichtiges Arbeits- instrument, das im ehrenamtlichen wie im hauptamtlichen Naturschutz sowie in Kreisen Jagdinteressierter vielfach Anwendung findet. Er informiert kurz und kompakt über die wich- tigsten Eckpunkte des Jagdwesens in Schles- sche Systeme sind die Lebensgrundlage auch wig-Holstein, die neuesten Ergebnisse aus für uns Menschen und neben wichtigen abioti- Wild- und Naturschutzforschung und über die schen Faktoren wie Wasser, Luft und Boden Bestandsentwicklungen vieler schleswig-hol- sind es im Wesentlichen die zahlreichen Ar- steinischer Arten. Dabei wird mittlerweile ten, die dafür sorgen, dass alles „rund“ läuft. nicht nur über Vögel und Säugetiere, sondern auch über Wirbellose, verschiedene Pflanzen- Gemeinsam mit den zahlreichen Akteuren, die arten und im neuesten Bericht über die lange im Natur- und Artenschutz tätig sind, werde vernachlässigte Organismengruppe der Pilze ich mich bemühen, alles mir Mögliche für die fundiert informiert. Erhaltung der schleswig-holsteinischen Arten- vielfalt zu tun und damit die Biodiversität im Nicht alle Aktivitäten des Naturschutzes kön- Lande hoch und die auch für uns Menschen nen dabei jedes Jahr berücksichtigt werden. unverzichtbaren Lebensgrundlagen stabil zu Insbesondere die Durchsicht der Berichte der erhalten. vergangenen Jahre zeigt, wie eindrucksvoll die Aktivitäten des Naturschutzes in unserem Land sind. Es wird deutlich, dass Artenschutz und Jagd in unserem Lande einen hohen Stel- lenwert einnehmen und die sich aus den ver- schiedenen nationalen und internationalen Re- Dr. Robert Habeck gelwerken ergebenden Verpflichtungen zum Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Erhalt der Artenvielfalt bei uns sehr ernst ge- Umwelt und ländliche Räume nommen werden. Funktionierende ökologi- des Landes Schleswig-Holstein

5 1 Jagd

1.1 Niederwild

1.1.1 Gesamtentwicklung Da Schleswig-Holstein kein typisches Wald- bau, Ausbringen von Gülle und Gärresten – all land ist, spielt hier die Niederwildjagd in den das sind Faktoren, die entweder für sich oder zahlreichen Feldrevieren traditionell eine be- in Kombination negativ auf das Niederwild ein- deutende Rolle. Niederwildjagd ist gerechtfer- wirken. Die Jägerschaft kann hier nur beschei- tigt, wenn dabei das Gebot der Nachhaltigkeit den gegensteuern. Einzelne Jagdreviere ma- berücksichtigt und die Gefährdung oder Stö- chen vor, wie durch die Anlage von Biotopen, rung anderer Arten vermieden wird. Blühstreifen oder Ackerrandstreifen Refugien geschaffen werden können. Es müssten sich Die im Jahresbericht Jagd und Artenschutz viel mehr Reviere beteiligen, um Hase, Fasan, durchgeführte Beobachtung der Jagdstrecken Rebhuhn und Ente weiterhin nachhaltig gesi- über längere Zeiträume ist nur ein Nachhaltig- cherte Lebensbedingungen erhalten zu kön- keitsweiser. Es müssen weitere Monitoringda- nen. ten hinzutreten, um einen realistischen Ein- druck über die Populationsentwicklung der jagdbaren Tierarten zu bekommen. Durch das 1.1.2 Streckenergebnisse und deren WildTierKataster Schleswig-Holstein (WTK) Erläuterung werden in Kooperation zwischen der Christian- Albrechts-Universität Kiel und dem Landes- jagdverband Schleswig-Holstein e. V. (LJV) re- Hasen gelmäßig repräsentative Bestandserfassungen Die Langzeitbeobachtung zeigt, dass die Ha- für einzelne Arten durchgeführt. Die Kombina- senstrecken ein wellenförmiges Auf und Ab tion dieser wissenschaftlichen Ergebnisse mit aufweisen. Im Jagdjahr 2011/12 fiel die Ha- den Langzeittrends der Jagdstreckenentwick- senstrecke mit 32.944 Stück auf das Niveau lung gibt Hinweise darauf, ob Arten ganzjährig des letzten Tiefstandes der Jahre 1997 und zu schonen sind oder ob gegebenenfalls Jagd- 1998 zurück. Es bleibt zu hoffen, dass bald zeiten verkürzt oder verlängert werden kön- wieder eine positive Trendumkehr einsetzt. nen. Die Hasenbestände in Schleswig-Holstein Das Jagdjahr 2011/12 hat bei fast allen Nieder- werden seit Beginn der neunziger Jahre durch wildarten negative Streckentrends gebracht. das WildTierKataster intensiv beobachtet. Ge- Die Ursachen mögen von Wildart zu Wildart nerell ist davon auszugehen, dass Schleswig- unterschiedlich sein. Unverkennbar ist jedoch Holstein im bundesweiten Vergleich eine hohe die Tatsache, dass die Veränderungen in der Hasendichte hat und nichts gegen eine Beja- Agrarlandschaft die Lebensbedingungen für gung spricht. Da die Besatzverhältnisse von das Niederwild verschlechtert haben. Schlag- Revier zu Revier sehr unterschiedlich sein größen, verkürzte Fruchtfolgen und Bearbei- können, muss im Einzelfall durch die bekann- tungsintervalle, Verlust an Grünland und an ten Zählverfahren geklärt werden, ob und wie Landschaftselementen, großflächiger Maisan- stark eine Bejagung möglich ist.

6 140.000

Hasenstrecke 120.000

100.000

80.000 Anzahl 60.000

40.000

20.000

0

Jagdjahr

Kaninchen Der vorsichtige Aufschwung des Jahres 2009 schen“ Stellen wie auf Sportplätzen, an Lan- war nicht der Beginn einer neuen Kaninchenä- desschutzdeichen oder im besiedelten Bereich. ra. Gegenüber dem Vorjahr sank die Strecke Das seit Mitte der neunziger Jahre sehr niedri- um 25 Prozent auf 10.554 Stück. Die Kanin- ge Streckenniveau ist in erster Linie das Ergeb- chenvorkommen beschränken sich auf wenige nis von immer wieder auftretenden Seuchenzü- Schwerpunkträume, leider oft an den „fal- gen von Myxomatose und China-Seuche.

250.000

Kaninchenstrecke

200.000

150.000 Anzahl

100.000

50.000

0

Jagdjahr

7 Füchse Die Fuchsstrecke ist seit 2007 relativ konstant Überlebenschancen von Wiesen- und Seevö- und lag im zurückliegenden Jagdjahr bei geln, aber auch der Niederwildarten, zu ver- 14.490 Stück (minus elf Prozent). bessern. Es bleibt abzuwarten, ob diese zu- sätzlichen Fangjagdaktivitäten in einigen Re- Die Landesregierung hat Anreize gegeben, in gionen die Gesamtstrecke an Füchsen signifi- einigen Naturschutz- und Vogelschutzgebieten kant ansteigen lassen werden. die Fuchsbejagung zu verstärken, um die

25.000

Fuchsstrecke

20.000

15.000 Anzahl

10.000

5.000

0

Jagdjahr

Rotfuchs Foto: Frank Hecker

8 Dachse Die Dachpopulation befindet sich auf einem rück (minus fünf Prozent) und lag mit 1.842 gesichert hohen Niveau. Der Dachs wird oft Stück weit über den bis Mitte der achtziger nicht intensiv und gezielt, sondern eher „bei- Jahre üblichen Abschusszahlen von wenigen läufig“ bejagt. Die Dachsstrecke ging leicht zu- hundert Stück.

2.500

Dachsstrecke

2.000

1.500 Anzahl

1.000

500

0

Jagdstrecke

Marder, Iltis, Wiesel Die Steinmarderstrecke lag mit 3.962 Stück im fallwild wie auch die Fänge in befriedeten Be- Bereich des langjährigen Mittels. Es ist davon zirken von der Statistik nicht vollständig er- auszugehen, dass der tatsächliche Populati- fasst werden. onseingriff höher ist, da sowohl das Verkehrs-

6.000 Steinmarderstrecke

5.000

4.000

3.000 Anzahl

2.000

1.000

0

Jagdjahr

Über Baummarder, Iltis und Wiesel liegen bis- Die Jagdstrecke des Baummarders stieg her kaum Monitoringdaten vor. Es ist erfreulich, 2011/12 um vier Prozent auf 496 Stück an. Ein dass derzeit in den Kreisen Segeberg und Dith- flächendeckender, stabiler Besatz mit Baum- marschen wissenschaftliche Untersuchungen mardern in unseren Wäldern lässt sich auch laufen, die Aufschlüsse über die Populationsdy- daraus ableiten, dass Höhlenbrüter wie namik dieser Raubwildarten liefern sollen. Schwarzspecht, Rauhfußkauz und Hohltaube

9 während der Brutzeit häufig zur Beute des kamen 37.814 Wiesel zur Strecke! Dies ist ein Baummarders werden. deutliches Indiz für einen starken Rückgang der Population. Die geringe Strecke ist aller- Die Iltisstrecke ging um 13 Prozent auf 1.779 dings auch dadurch zu erklären, dass die sehr Stück zurück. Besonders auffällig ist der Stre- wirkungsvolle Wiesel-Wippbrettkastenfalle aus ckenrückgang beim Wiesel um 26 Prozent auf Tierschutzgründen durch die Fangjagdverord- 579 Stück. Zum Vergleich: Im Rekordjahr 1972 nung verboten wurde.

6.000 Iltisstrecke

5.000

4.000

3.000 Anzahl

2.000

1.000

0

Jagdjahr

Baummarderfähe mit Sender Foto: Dr. Daniel Hofmann

10 Waschbär, Marderhund Der im Jahre 1982 in Schleswig-Holstein erst- von Südosten ausgehend, weiter voran malig in der Jagdstatistik auftauchende (2011/12: 1.145 Stück, plus 36 Prozent). Waschbär breitet sich hier nur langsam aus, wie die auf niedrigem Niveau schwankenden Beide Arten können, wie Beispiele aus ande- Jagdstrecken zeigen (2011/12: 44 Stück, mi- ren Bundesländern zeigen, für Vogel- und Nie- nus 30 Prozent). derwildarten zur Bedrohung werden. Eine Re- gulierung durch Bejagung ist deshalb, ähnlich Beim Marderhund schreitet die Besiedlung, wie beim Fuchs, weiterhin erforderlich.

Marderhund Foto: Frank Hecker

1400 Strecken von Waschbär und Marderhund

1200

1000

Waschbär 800 Marderhund Anzahl 600

400

200

0

Jagdjahr

11 Fasane Mit einer Jahresstrecke von 10.252 Stück (mi- jagdliche Rolle. Das Hauptvorkommen liegt in nus 15 Prozent) spielt der Fasan nur noch in den Kreisen Dithmarschen und Steinburg. wenigen Niederwildrevieren eine bedeutende

140.000 Fasanenstrecke

120.000

100.000

80.000 Anzahl 60.000

40.000

20.000

0

Jagdjahr

Rebhühner Ganze 85 Rebhühner wurden 2011/12 in des Rebhuhns in der „Roten Liste“ erscheint Schleswig-Holstein erlegt. Dies zeigt, dass die es künftig nicht sinnvoll, weiterhin eine ge- Jägerschaft weitgehend freiwillig auf eine Be- setzliche Jagdzeit einzuräumen. jagung verzichtet. Im Hinblick auf den Status

50.000 Rebhuhnstrecke 45.000

40.000

35.000

30.000

25.000 Anzahl

20.000

15.000

10.000

5.000

0

Jagdjahr

Gleichwohl ist das Rebhuhn eine wichtige Rebhuhn sinnvoll und realistisch umzusetzen Symbolart für Biotopschutzmaßnahmen sind. durch die Jägerschaft. In der Fehmarnbeltre- gion läuft weiterhin das deutsch-dänische In- Aus Tabelle 1 ist zu entnehmen, dass Reb- terreg-Projekt. Länderübergreifend wird un- hühner in sehr geringem Umfang nur noch in tersucht, welche Schutzmaßnahmen für das wenigen Geestrevieren zur Strecke kommen.

12 Rebhühner Höckerschwäne Jagd Fallwild Jagd Fallwild Nordfriesland 13 49 6 5 Dithmarschen 11 6 1 0 Steinburg 0 1 0 4 Pinneberg 0 0 43 0 Flensburg 4 0 0 0 Schleswig-Flensburg 16 35 20 26 Rendsburg-Eckernförde 38 5 22 14 Kiel 0 0 0 0 Neumünster 0 8 0 0 Segeberg 0 0 6 0 Plön 0 0 12 8 Ostholstein 1 0 105 21 Hansestadt Lübeck 0 0 3 3 Stormarn 2 0 0 0 Herzogtum Lauenburg 0 1 14 0 85 105 232 81 Gesamt 190 313 Rebhühner Höckerschwäne Jagd Fallwild Jagd Fallwild 44,74% 55,26% 74,12% 25,88%

Tab.1: Streckenergebnisse Rebhühner / Höckerschwäne Jagdjahr 2011/12

Ringeltauben Mit Einführung einer verkürzten Jagdzeit ging Jahre noch bis zu 65.000 Ringeltauben pro die Jagdstrecke der Ringeltauben ab 2002 sig- Jahr erlegt, waren es 2011/12 nur noch nifikant zurück. Wurden Mitte der siebziger 15.324 Stück.

Ringeltaube Foto: Frank Hecker

13 70.000 Taubenstrecke ab 2002 nur Ringeltauben 60.000

50.000

40.000 Anzahl 30.000

20.000

10.000

0

Jagdjahr

Wildgänse Tabelle 2 ist zu entnehmen, wie sich die neu- Abschussanordnungen nach § 27 des Bundes- erliche Rekordjahresstrecke von 14.668 Wild- jagdgesetzes zur Eindämmung der Gänse- gänsen (plus 16 Prozent) auf die einzelnen schäden beizutragen. Durch eine Ergänzung Gänsearten aufteilt. von § 29 des Landesjagdgesetzes ist es den Jagdbehörden seit Frühjahr 2012 möglich, in Wildgänse verursachen trotz unterschiedlicher Einzelfällen zur Abwendung erheblicher Wild- Managementmaßnahmen und der steigenden schäden das Ausnehmen von Gänsegelegen Abschusszahlen immer wieder bedeutende zu genehmigen. Es bleibt abzuwarten, ob da- Fraß- und Verkotungsschäden auf landwirt- mit ein Beitrag zur Schadensreduzierung ge- schaftlich genutzten Flächen. Wo es erforder- leistet werden kann. lich ist, versuchen die Jagdbehörden durch

16.000 Wildgansstrecke 14.000

12.000

10.000

8.000 Anzahl

6.000

4.000

2.000

0

Jagdjahr

14 Graugänse Blassgänse Saatgänse Kanadagänse Nonnengänse Nilgänse 2010/11 2011/12 2010/11 2011/12 2010/11 2011/12 2010/11 2011/12 2010/11 2011/12 2010/11 2011/12 Flensburg Kiel 11 78 17 44 124 1 Lübeck 10 17 1 Neumünster 78 2 Dithmarschen 1.214 1.452 7 12 6 13 13 7 131 137 11 Herzogtum Lauenburg 197 132 7 34 19 46 4 16 28 35 Nordfriesland 3.240 4.226 90 275 31 16 23 19 508 618 82 15 Ostholstein 1.312 1.385 13 61 9 11 265 261 2 2 13 111 Pinneberg 637 269 46 18 2 49 91 81 11 9 Plön 1.139 1.276 65 12 120 156 1 50 18 Rendsburg-Eckernförde 542 858 44 276 309 69 4 Schleswig-Flensburg 618 829 9 6 29 46 60 72 Segeberg 179 210 12 14 1 11 76 Steinburg 972 747 67 59 17 5 63 78 50 63 19 13 Sormarn 196 169 19 Gesamt 10.274 11.656 239 591 82 105 899 1.121 774 820 354 375 plus 13,45% plus 147,28% plus 28,05% plus 24,69% plus 5,94 plus 5,93% 2010/11 2011/12 Wildgänse gesamt 12.622 14.668 % Veränderung 16,21%

Tab.2: regionale Gänsestreckenentwicklung

Blässgans Foto: Frank Hecker

15 Enten Bei den Enten setzte sich mit einer Jahres- zent) der Abwärtstrend der letzten Jahre strecke von 43.597 Stück (minus sechs Pro- fort.

160.000 Wildentenstrecke 140.000

120.000

100.000

80.000 Anzahl

60.000

40.000

20.000

0

Jagdjahr

Höckerschwäne Aaskrähen, Elstern Es wurden 313 Höckerschwäne der Wildbahn Die Jahresstrecke bei den Aaskrähen ist seit entnommen, 232 davon durch Bejagung (sie- Einführung einer Jagdzeit im Jahre 2005 von he Tabelle 1). Die Bejagung dient der Scha- Jahr zu Jahr gestiegen und erreichte 2011/12 densverminderung auf Wintergetreideschlä- 24.097 Stück (plus vier Prozent). gen im Spätherbst und Winter. Aus Tierschutz- gründen ist ausschließlich der Kugelschuss zu- Die Jahresstrecke der Elstern hat sich hinge- gelassen. gen in den letzten Jahren bei circa 4.800 Stück eingependelt (2011/12: 4.783 Stück, mi- nus zwei Prozent). Waldschnepfen Die Waldschnepfen werden in Schleswig-Hol- stein im Spätherbst und Winter bei ihrem Zug von Skandinavien nach Süden bejagt. Die Jagdstrecke ist stark von Witterungseinflüs- sen abhängig und sagt nichts über die in Euro- pa insgesamt stabile und ungefährdete Ge- samtpopulation aus. Im Langzeitvergleich wur- den 2011/12 mit 1.207 Stück (minus 36 Pro- zent) sehr wenige Waldschnepfen erlegt.

16 1.2 Schalenwild

1.2.1 Gesamtsituation Mit der Novellierung des Landesjagdgesetzes veau. In diesem Zusammenhang ist unver- im Frühjahr 2012 traten zwei für die Schalen- ständlich, warum die zugunsten der Jäger- wildbejagung wichtige Änderungen in Kraft. schaft eingeführten Flexibilisierungselemente teilweise abgelehnt und durch abweichende • Der Dreijahresabschussplan wurde ver- vereinsrechtliche Beschlüsse von Hegege- bindlich eingeführt. Dabei ist es leider nicht meinschaften unterlaufen werden. Die Be- gelungen, zu einer flexiblen Verteilungs- gründung kann nur in einem gegenseitigen möglichkeit der Abschüsse innerhalb des Misstrauen innerhalb der Jägerschaft gesucht dreijährigen Festsetzungszeitraumes zu ge- werden. langen.

• Es besteht die Möglichkeit, das jährliche 1.2.2 Streckenergebnisse und deren Abschusssoll ohne besonderen Antrag bei Erläuterung der Jagdbehörde um bis zu 30 Prozent zu überschreiten. Rotwild Der im Landtag diskutierte vollständige Weg- Beim Rotwild wurde, erstmalig seit Beginn fall der behördlichen Abschussplanung für das der heutigen Jagdstatistik, die 900er Marke Rehwild fand bei den Regierungsfraktionen in bei der Jahresstrecke erreicht (plus fünf Pro- der abgelaufenen 17. Legislaturperiode keine zent). Es besteht weiterhin ein Verbreitungs- parlamentarische Mehrheit. schwerpunkt im Kreis Herzogtum Lauenburg. Die Zuwanderung von Rotwild aus Dänemark Die Schalenwildbestände befinden sich wei- hat im Kreis Nordfriesland zur Erlegung von 14 terhin auf einem nie dagewesenen, hohen Ni- Stück Rotwild geführt.

1000 Rotwildstrecke 900

800

700

600

500 Anzahl

400

300

200

100

0

Jagdjahr

17 Damwild Da das Damwild zwischenzeitlich nahezu flä- Für die Bewirtschaftung des Damwildes exis- chendeckend in Schleswig-Holstein vor- tieren gut funktionierende Hegegemeinschaf- kommt, wurde die seit 1980 bestehende be- ten. Die Schwerpunkte des Vorkommens lie- hördliche Raumordnung in Vorkommensgebie- gen in den Kreisen Plön, Ostholstein, Rends- te und damwildfreie Räume aufgegeben. burg-Eckernförde und Segeberg. Die Bestände sind in einigen Regionen überhöht und bedür- Die Rekordstrecke des Vorjahres wurde mit 9.902 fen dringend der Reduktion. Stück nochmals um vier Prozent übertroffen.

Damwildrudel Foto: Frank Hecker

12.000 Damwildstrecke

10.000

8.000

6.000 Anzahl

4.000

2.000

0

Jagdjahr

18 Sikawild Die Sikawildstrecke ging um fünf Prozent auf dieser Wildart über die angestammten Vor- 260 Stück zurück. Eine weitere Ausbreitung kommensgebiete hinaus ist nicht vorgesehen.

300 Sikawildstrecke

250

200

150 Anzahl

100

50

0

Jagdstrecke

Rehwild Die Rehwildstrecke ging um rund 2.000 Stück von 33 Prozent im Vorjahr auf 28 Prozent. Es auf 52.552 Stück zurück (minus drei Prozent) ist Spekulation, ob dies eine Folge von mehr und befindet sich trotzdem weiterhin auf sehr „Buchungsehrlichkeit“ bei der Erstellung der hohem Niveau. Die Fallwildquote sank dabei Wildnachweisungen ist.

60.000

Rehwildstrecke

50.000

40.000

30.000 Anzahl

20.000

10.000

0

Jagdjahr

19 Ricke Foto: Frank Hecker

Schwarzwild Das Schwarzwild hat, ähnlich wie das Dam- nus 43 Prozent). Zu bedenken ist dabei, dass wild, ganz Schleswig-Holstein in unterschiedli- im Jahre 2001 in Schleswig-Holstein erstmalig cher Dichte erobert. Es gab gegenüber dem die 8.000er Marke überschritten wurde. Die Vorjahr einen sehr deutlichen Streckenein- Jahresstrecke 2011/12 liegt mithin immer bruch. Es wurden 9.203 Stück Schwarzwild noch auf hohem Niveau. erlegt, gegenüber 16.092 Stück im Vorjahr (mi-

18.000 Schwarzwildstrecke 16.000

14.000

12.000

10.000

8.000 Anzahl

6.000

4.000

2.000

0

Jagdjahr

Vom Schwarzwild ist seit langem bekannt, dass Johann Böhling die Jahresstrecken in Abhängigkeit von Witte- Ministerium für Energiewende, rung und Äsungsverhältnissen stark schwanken Landwirtschaft, Umwelt können. Es ist folglich damit zu rechnen, dass und ländliche Räume weitere Ausschläge der Jagdstrecke nach des Landes Schleswig-Holstein oben, verbunden mit der damit einher gehen- Mercatorstraße 3 den Wildschadensproblematik, folgen werden. 24106 Kiel Der intensiven Schwarzwildbejagung muss im Interesse der Landeskultur und der Seuchen- prävention weiterhin die verstärkte Aufmerk- samkeit der Jägerschaft gelten.

20 1.3 Jagdstrecken 2011/2012 (einschließlich Fallwild)

9

wildernde Kat- 12 10 61 39 865 320 143 210 804 286 413

zen 1.036 1.016 5.224

2 1 1 2 3 9 wildernde Hunde

1 1 Nutrias

1 21 48 30 23 80 35 33 26

Marderhunde 386 127 159 176

1.145

8 6 1 2 2 5 2 1 1 3 13 44

Waschbären

2 1 14 15 59

Minke 91

1 1 3 2 1

Mauswiesel 68 11 44 21 14 166

2 1 5 6 8 5 66 16 92 46 23 143

Hermeline 413

4 2 2 11 74 93 40 98 29

Iltisse 386 252 307 379 102 1.779

33 19 10 74

Steinmarder 352 424 545 199 258 598 635 301 356 158 3.962

6 2 8

Baummarder 11 65 15 60 54 18 50 29 41 19 118 496

2 1 10 16 68 57 89

Dachse 158 145 232 201 335 199 215 114 1.842

18 50 35 Füchse 112 546 982 843 717 1.145 1.042 1.864 1.432 2.210 2.054 1.440 14.490

94 59 175 121 128 356 503 832 496 120

Kaninchen 1.602 1.978 4.090

10.554

65 57 124 157 581 960 950

Hasen 7.059 8.024 2.908 1.129 2.826 3.088 1.413 3.603

32.944

4 1 14 26 52 36 58 205 649 292 695 273

Schwarzwild 3.050 1.630 1.495 1.054 9.203

Rehwild 134 250 766 244 3.305 5.387 3.717 5.427 2.023 4.142 7.805 6.530 6.002 3.197 3.623 3.230 11.472 52.552

1 2 53 130 129

Sikawild 260

6 1 21 14 Muffelwild 41

9 10

Damwild 212 209 462 148 230 867 290 1.793 3.136 2.346 1.347 9.902

1 14 11 19 40 14 38 28 495 110 196

Rotwild 900 Städte kreisfreie Kreise und Flensburg Kiel Lübeck Neumünster Dithmarschen Herzogtum Lauenburg Nordfriesland Ostholstein Pinneberg Plön Rendsburg- Eckernförde Schleswig- Flensburg Segeberg Steinburg Stormarn insgesamt davon Fallwild- Verkehr davon Fallwild- allgemein Fortsetzung nächste Seite

21 11 47 79 21

Elstern 802 169 590 533 240 234 541 701 298 380 137 4.783 23 45 248 120 641 764 748 804

Rabenkrähen 3.876 4.247 1.600 1.926 3.360 3.233 2.462 24.097

3 4 3 8 11 20 10 Heringsmöwen 59

1 2 9 2 Mantelmöwen 80 94

4 25 27 40 97 26 13 319 141

Silbermöwen 692

2 8 9 4 10 80 30 13 22 50

Sturmmöwen 228

1 5 6 2 23 96 16 38 86 36 41

Lachmöwen 350

7 4 21 19 90 41 59 10 10 212 154

Bläßhühner 627

2 7 21 41 66 99 85 26 49 18

Waldschnepfen 256 537 1.207

3 7 1 1 6 10 12 61 14

Reiherenten 115

2 8 6 15 68 44 99 97 69 10

Krickenten 162 593 1.173

2 2 9 47 58

Pfeifenten 357 325 2.383 3.183 27 80 169 341

Stockenten 5.201 2.113 5.839 5.470 1.007 2.597 4.416 3.736 2.896 3.525 1.709 39.126

1 2 9 4

Nilgänse 35 15 18 72 76 13 19 111 375

2 63 137 618

Nonnengänse 820

7 16 19 91 46 14 78

Kanadagänse 124 261 156 309 1.121

2 5 13 46 16 11 12

Saatgänse 105

6

Blässgänse 17 12 34 61 18 65 44 59 275 591

8 78 17 132 269 858 829 210 747 169

Graugänse 1.452 4.226 1.385 1.276 11.656

6 1 6 4

Höckerschwäne 14 11 43 20 36 46 126 313 4 38 Ringeltauben 110 346 224 260 244 637 3.562 2.357 2.843 1.074 1.104 1.380 1.141 15.324

4 8 1 1 1 2 Rebhühner 17 62 43 51 190 50 38 79 15 Fasane 158 627 392 204 641 698 209 325 4.593 1.087 1.136 10.252 te Kreise und kreisfreie Städ- Flensburg Kiel Lübeck Neumünster Dithmarschen Herzogtum Lauenburg Nordfriesland Ostholstein Pinneberg Plön Rendsburg- Eckernförde Schleswig- Flensburg Segeberg Steinburg Stormarn insgesamt

22 .. Veränderungen derJagdstrecke2011/2012gegenüberdemVorjahr inProzent 1.3.1 1S*9D(@$$.> M2L9D(@$$R KD429D(@$& KA692,Q9D(@$$ Rotwild 5% 7GP+(9D(@$$Damwil% d 4% Sikawild -5% 1+69D(@$$.& Schwarzwild -43% O2)+-$$$!>0 N2-D-A6+-$$..0 Muffelwild 0% Rehwild -3% HasenH=A6)+$$ - 15% !0. M2A6)+$$!..0 Kaninchen - 25% Füchse -11% ;2GLL2,@+,$$$/0 K*+D-L2,@+,$$Dachse>! -5% I(J))+$$#0$ Baummarder 4% ?D+)+($$$Steinmar!&:der -8% ?2)A635,+-$$!//0$ Iltisse - 13% Wiesel - 26% 72,@+,6G-@+$$!.F0 Waschbären - 30% H2)2-+$$!>0 Marderhunde 36% 1+36=6-+,$$$"0 Fasane -15% 1D-E+(*2G3+-$$. Rebhühner - 40% 0 Ringeltauben - 13% ?D(@E5-)+$$/F ?D(@+-*+-$$$!. Wildgänse 16% ?2(@)A6-+BC+-$$.:0 Waldschnepfen - 36% Wildenten -6% ;(5<6=6-+,$$!>0$ Bläßhühner789+-$$ - 3% &:0$ 123+-4,56+-$$"0Möwen $5% '()*+,-$$$!./0Ra$ benkrähen 4% Elstern -2% #$ !%#$ !&#$ #$ &#$ %#$ "#$

23 -60% -40% -20% 0% 20% 40% 60% 1.4 Das Jagdliche Schießen in Schleswig- Holstein Als oberstes Gebot für den Jäger gilt, das • Fuchs - Anschlag liegend Wild bei der Jagdausübung schnell und sicher • Überläufer - Anschlag stehend freihändig zu erlegen und ihm dadurch jegliche vermeid- • laufender Keiler - freihändig. bare Schmerzen und Leiden zu ersparen. Das jagdliche Übungsschießen dient der Erhaltung Dazu kommt das Kurzwaffenschießen, wo und weiteren Verbesserung der Treffsicherheit ebenso wie beim Langwaffenschießen mit und ist somit ein wichtiger Bestandteil der Waffen aus dem Jagdgebrauch geschossen weidgerechten und tierschutzgerechten Jagd- wird. ausübung. Das Kurzwaffenschießen teilt sich in drei Dis- Daraus entstanden ist die heutige Form der ziplinen mit maximal 200 erreichbaren Punk- jagdlichen Meisterschaften im Schießen mit ten auf: der Besonderheit, dass hier nur den Regula- • fünf Schuss einzeln abgegeben rien entsprechende Jagdwaffen zugelassen • zwei Serien à fünf Schuss werden und nicht wie im sportlichen Schießen • Schnellfeuer Serie fünf Schuss mit speziell konzipierten Waffen je Disziplin. Beim Flintenschießen dürfen weder Waffe, Meisterschaften werden in den Kreisjäger- noch Laufpaar noch Choke-Einsätze gewech- schaften durchgeführt, die Landesjägerschaft selt werden. Beim Büchsenschießen dürfen hingegen führt die Landesmeisterschaft durch. die Schaftabmessungen die in der Deutscher Jagdschutzverband (DJV) –Schießvorschrift Seit 1956 gibt es in Schleswig-Holstein Landes- stehenden Regularien nicht überschreiten. meisterschaften im Jagdlichen Schießen. Der Auch beim Büchsenschießen dürfen weder Rekord wird nach wie vor von Volker Quade, Waffe noch Zielfernrohr gewechselt werden. Dithmarschen-Nord, mit 349 Punkten gehalten.

Der DJV führt die Bundesmeisterschaft im jagdlichen Schießen durch. Für die Teilnahme zur Bundesmeisterschaft gibt es in Schleswig- Holstein mehrere Qualifikationsschießen, so dass die daraus resultierenden besten Schüt- zen an der Bundesmeisterschaft teilnehmen können. In diesem Jahr haben 107 Teilnehmer an den Qualifikationswettbewerben teilge- nommen.

Bei den Bundesmeisterschaften ist Schleswig- Holstein in allen Klassen sehr erfolgreich. He- raus zu heben sind hier die Junioren, die schon seit Jahrzehnten um die Medaillenplätze mit- schießen. Der erfolgreichste Jagdschütze ist Christian Eggers, der viele Einzeltitel in seiner Abb.: 1: Eine Jägerin auf dem Tontaubenstand Foto: Frank Schmidt LJV langen Laufbahn erzielen konnte. Schleswig- Holstein gehört bei jeder Bundesmeisterschaft zu den Favoriten, egal in welcher Klasse. Gewertet wird nach einem Punktesystem, wobei sich die maximal zu erreichende Punkt- Es wird in fünf verschiedenen Klassen ge- zahl von 350 durch 200 Punkte im Büchsen- schossen: schießen und 150 Punkte im Flintenschießen • Offene Klasse: 28-54 Jahre aufteilt. Beim Büchsenschießen wird jeder • Juniorenklasse: 16-27 Jahre Ring mit einem Punkt und beim Flintenschie- • Altersklasse: 55-64 Jahre ßen jede getroffene Wurfscheibe mit fünf • Seniorenklasse: ab 65 Jahre Punkten gezählt. • Damen Klasse: Erst seit kurzer Zeit, dabei aber bereits sehr erfolgreich Das Flintenschießen besteht aus den beiden Disziplinen Trap und Skeet wobei jeweils 15 Darüber hinaus gibt es die Internationale Wurfscheiben beschossen werden. Meisterschaft im jagdlichen Schießen, die je- des Jahr in einem anderen Land stattfindet. Im Büchsenschießen gibt es vier verschiede- Seit einigen Jahren bieten einige Schießstän- ne Scheiben und Anschläge: de die Möglichkeit zum Training in einem Flin- • Rehbock – Anschlag stehend Angestrichen ten–Parcours an. Immer mehr Jäger nutzen

24 auch diese Möglichkeit um Ihre Treffsicherheit *Teilnehmerzahlen aus dem Jahr 2011 bezie- zu steigern. hungsweise 2012

Der Landesjagdverband Schleswig-Holstein bietet seit einigen Jahren im Herbst, zur Vor- bereitung auf die bevorstehende Jagdsaison, ein Landesparcoursschießen an. Im Jahr 2011 wurde dieses Angebot mit 280 Anmeldungen belohnt. Das Parcours-Flintenschießen kommt sicher den jagdlichen Situationen am nächs- ten, da neben den verschiedenen Zielen aus unterschiedlichen Richtungen auch die Distanz und die Geschwindigkeit der Wurfscheibe ein- geschätzt werden müssen. Jeder Jäger des Landesjagdverbands kann sich hierzu anmel- den, es gibt sogar Jagdreviere die ganzen Mannschaften, so genannte Rotten melden.

Neben dem Landesparcours-Flinte besteht seit 2011 ein Landesparcours-Büchse. In die- sem Jahr sollen diese beiden erstmals kombi- niert werden. Auch beim Büchsen-Parcours- schießen sind es Situationen und Anschläge, die der Jäger im täglichen Jagdgebrauch aus- übt. Geschossen wird im Hochwildtauglichen Abb.2: Blick auf einen Wurfscheibenstand – hier wird das Flintenschießen ge- Kaliber ab 6,5 mm und mit der Jagdbüchse. übt. Foto: Frank Schmidt LJV

Neben den Jagdzielen und den verschiedenen jagdlichen Anschlägen – wie das Schießen am Neben diesen oben genannten Terminen bie- Schießstock, von der Ansitzeinrichtung und ten einzelne Kreisjägerschaften ein Nadel- dem schnellen Fangschuss mit der Langwaffe schießen an, so dass die Möglichkeit besteht – gibt es auch die Disziplin des Schusskreis die DJV Schießleistungsnadel bis Gold bei die- schießen, um zu ermitteln wie die Waffe mit sen Veranstaltungen zu erwerben. Die Sonder- der verwendeten Munition streut. stufe Gold I-III kann nur über den DJV bei dem Sonderstufe-Gold-schießen oder der Bundes- Eine weitere Trainingsmöglichkeit bietet das meisterschaft erworben werden (Leistungsna- Schießkino. Hier schießt man mit der eigenen deln: Bronze 220 Punkte, Silber 260 Punkte, Waffe auf eine Leinwand, auf die eine jagdli- Gold 300 Punkte). che Situation projektiert wird. In Schleswig- Holstein findet sich bisher nur ein Schießkino. Jährlich melden sich circa 900 Teilnehmerin- Eine weitere Möglichkeit ist ein mietbares nen und Teilnehmer auf Veranstaltungen des mobiles Schießkino, bei dem mit einer Laser- Landesjagdverbandes Schleswig-Holstein an schießeinrichtung auf die beweglichen Ziele um ihre Schießfertigkeit zu verbessern. Neben der Leinwand geschossen wird. diesen zahlreichen Trainingsmöglichkeiten und Wettkämpfen, werden unzählige Übungs- Der Landesjagdverband Schleswig-Holstein schießen durch die mehr als 200 Hegeringe in führt jährlich folgende Schießveranstaltungen Schleswig-Holstein organisiert und durchge- durch: führt, um die Fertigkeit für den sicheren waid- • Qualifikationsschießen zur Bundesmeister- gerechten Schuss zu üben. schaft (107 Teilnehmer*) • Junioren Landesmeisterschaft (125 Teil- Hierfür stehen im Land – übrigens nicht nur nehmer*) für Jäger – mehrere Schießstände zur Verfü- • Landesmeisterschaft der offenen, der Al- gung. ters-, Senioren- und Damenklasse und Kurzwaffe (198 Teilnehmer*) • UJ-Schießen für Jungjäger bis zum dritten Frank Schmidt Jahresjagdschein in Zusammenarbeit mit Landesobmann für das Jagdliche Schießen „Unsere-Jagd“ (125 Teilnehmer*) Landesjagdverband Schleswig-Holstein e.V. • Warming-Up-Schießen für Damen (90 Teil- Böhnhusener Weg 6 nehmerinnen*) 24220 Flintbek • Landesparcours-Flinte (280 Teilnehmer*) • Landesparcours-Büchse (35 Teilnehmer*)

25 1.5 Jagdwaffen im Spiegel der Zeit Bereits unsere Vorfahren jagten, allerdings mit bar, dass aufgrund ihrer Wirkungsweise ganz erheblich primitiveren Mitteln als dies heute unterschiedliche Arten von Jagdgewehren und der Fall ist. Zum Einsatz kamen Keulen und deren Munition zu nutzen sind, je nach dem, Speere, später Pfeil und Bogen. welche Wildart erlegt werden soll.

Im 14. Jahrhundert gelangten Feuerwaffen Desweiteren weisen sowohl das Bundesjagd- erstmals zur Einführung. Neben Geschützen gesetz als auch das Landesjagdgesetz Schles- gab es auch leichter zu handhabende Hand- wig - Holstein weitere Voraussetzungen zur büchsen und Faustrohre, die allerdings zu- Verwendung von Schusswaffen bei der Jagd- nächst im militärischen Bereich zum Einsatz ausübung auf. So ist es beispielsweise verbo- kamen. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhun- ten, bei der Jagd auf Rehwild Büchsenge- derts hat die Handfeuerwaffe bei der Jagd schosse zu verwenden, die weniger als 1.000 Einzug gehalten. Es hat aber weitere zwei Joule an Energie auf 100 Metern aufweisen. Jahrhunderte gedauert, bis aus der ersten Bei der Jagd auf alles übrige Schalenwild (also stangenförmigen Handbüchse ein brauchbares zum Beispiel auf Schwarz-, Rot- und Damwild) Jagdbewehr wurde. sind es gar 2.000 Joule Energie und ein Min- destgeschossdurchmesser von 6,5 Millimeter. Die Entwicklung der Feuerwaffen nahm einen All diese Anforderungen sind unter dem oben nahezu rasanten Fortgang. Schon im 15. Jahr- genannten Aspekt des § 4 Tierschutzgesetz zu hundert gab es einfache Hinterladergewehre, sehen. solche mit Patronen um 1550. Die Anordnung mehrerer Läufe, über- oder nebeneinander, ist Bei der Jagd auf Schalenwild ist der Schrot- für circa 1600 nachgewiesen. schuss generell verboten, in der Regel bei der Jagd auf Niederwild und anderes Wild (mit Aber erst das 20. Jahrhundert brachte mit der Ausnahme des Rehwildes) jedoch aus jagd- Entwicklung der modernen industriellen Pro- praktischer Sicht und unter Gesichtspunkten duktion eine ungeahnte Entwicklung. des Tierschutzes gerade erforderlich.

Auch hinsichtlich der Art ihrer Verwendung Da der Jäger bei der Jagdausübung das Tier- wurde innerhalb der Bauart relativ früh unter- schutzgesetz zu beachten hat, obliegt ihm schieden. So bezeichnet man seit der Zeit der auch die Pflicht, die Waffen, mit denen er die Entwicklung des Steinschlosses (um circa Jagd betreibt, zu beherrschen und sich in de- 1640) Gewehre mit glatten Läufen als Flinten. ren Anwendung zur Jagd zu üben. Erst Ende des 18. Jahrhunderts bürgerte sich die Bezeichnung Flinten für Schrotgewehre Innerhalb der Jägerausbildung nimmt der Be- und Büchsen für Kugelgewehre, also solche reich der Ausbildung zum sicheren Umgang Waffen mit gezogenen Läufen zur Verbesse- mit der Waffe als auch das sichere Schiessen rung der Präzision, ein. eine nicht unerhebliche Rolle ein.

Bei der heutigen Jagdausübung finden sehr Die Möglichkeiten hierzu bieten die Schieß- unterschiedliche Konstruktionen von Geweh- stände des Landes Schleswig-Holstein. ren, je nach Einsatzzweck, Anwendung. Dies Auf diesen kann sowohl der Schrotschuss als ist weniger der Liebhaberei geschuldet, son- auch der Büchsenschuss trainiert werden und dern der gesetzlichen Verpflichtung, bei der zwar auch mit den unterschiedlichsten, zur Jagd bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich Jagd notwendigen Kalibern. des Schusses auf Wild zu erfüllen. Jagdliches Schiessen ist somit nicht Selbst- So finden sich in unterschiedlichen Gesetzen zweck, sondern gesetzliche Aufgabe im Sinne Anforderungen an die Verwendung von der tierschutzgerechten Jagd. Schusswaffen.

In § 4 des Tierschutzgesetzes ist normiert, Andreas Schober dass, soweit die Tötung eines Wirbeltieres im Geschäftsführer Rahmen weidgerechter Ausübung der Jagd Landesjagdverband Schleswig-Holstein e.V. erfolgt, dies nur geschehen darf, wenn dem Böhnhusener Weg 6 Tier hierbei nicht mehr als unvermeidbare 24220 Flintbek Schmerzen entstehen. Hieraus folgt unmittel-

26 1.6 Totfundkataster Schleswig-Holstein Ein neues System zur Erfassung tot aufgefundener Wirbeltiere Bisher hat sich das WildTierKataster Schles- Diese Offenheit des Datenbanksystems er- wig-Holstein (WTK) vorwiegend mit der Erfas- möglicht es, in Zukunft zum Beispiel Projekte sung von lebenden Tierpopulationen befasst. zur Epidemiologie oder lokal besondere Erfas- Mit diesem neuen Projekt sollen weitere Fak- sungen zu entwickeln. toren erfasst werden, die für eine Population wichtig sein können. Besonders der Straßen- In einem ersten Schritt wurden alle Jagdpäch- und Schienenverkehr sind als Todesursache ter angeschrieben und erhielten Formulare, für unsere Wildtiere bedeutend. Im Jahr 2010 die dann vom WTK in die Datenbank eingege- wurde mit dem Aufbau des Totfundkatasters ben wurden. Jäger werden oft zu Wildunfällen begonnen und 2011 mit der Datenerfassung. gerufen und sind im Ansprechen der Arten Die Datenbankerweiterungen wurden in Zu- und der Altersklasse geschult. Alle Pächter er- sammenarbeit mit der Firma Digsyland am hielten eine Karte, in der sie Unfallschwer- WTK entwickelt. Mit dem Totfundkataster punkte und einzelne Unfälle eintragen und do- steht nun eine Datenbank zur Verfügung, die kumentieren konnten. Die Dokumentation bei erstmals einen Überblick über Wildunfälle in einzeln erhobenen Wildunfällen umfasst ne- ganz Schleswig-Holstein ermöglicht. Weitere ben der Lage des Unfalls und der Art auch Al- Todesursachen neben Verkehrsunfällen kön- ter, Geschlecht, Datum und sofern möglich nen ebenfalls erfasst werden. Uhrzeit des Unfalls.

Die Daten werden entweder von Jagdpäch- Parallel zur Verteilung der Fragebögen wurde tern auf Kartenformularen oder über eine eine Internetseite aufgebaut, auf der die Wild- Web-GIS-Applikation eingetragen und doku- unfälle online gemeldet werden können. Da mentiert. die Daten für zukünftige Auswertungen und Forschungsfragen genutzt werden sollen, Zwischenzeitlich ist eine „App“ für Apple kann dies nur geschehen, wenn Rückfragen IPhone entwickelt worden, die es ermöglicht, zum konkreten Wildunfall möglich sind. Daher notwendige Eintragungen schon am Unfallort werden nur Unfallmeldungen nach einer Re- vorzunehmen. gistrierung des Melders angenommen. Das Totfundkataster ist für den langfristigen Schienen- und Straßenverkehr sind eine große Einsatz aufgebaut worden. Seit Mai 2011 kön- Gefahrenquelle, nicht nur für Menschen, son- nen neben Papierformularen auch online Da- dern auch für Tiere. Wildunfälle sind für einige ten abgegeben werden. Derzeit sind über Tierarten die häufigste Todesursache (siehe 9.000 Wildunfälle und über 1.500 sonstige Tot- Jagd- und Artenschutzbericht 2010). Häufun- funde dokumentiert. Beteiligt haben sich bis- gen von Unfällen mit Wildtieren an bestimm- her über 1.000 Jagdbezirke aus dem ganzen ten Punkten in der Landschaft deuten auf eine Land. Hinzu kommen einige Meldungen von Zerschneidung von wichtigen Bewegungsach- Beobachtern ohne einen Bezug zu einem sen der Wildtiere hin, solche Zerschneidungen Jagdbezirk. Grundsätzlich kann sich daher je- gilt es in Zukunft zu minimieren. Dazu liefert der an der Erfassung tot aufgefundener Wir- das Totfundkataster wertvolle Daten. beltiere in der Landschaft beteiligen.

Das Projekt ist als ein offenes System ausge- legt, in dem nicht nur alle verunfallten Arten Erste Ergebnisse aus dem Jagdrecht registriert werden können, Erste Ergebnisse zeigen, dass das Reh mit 78 sondern auch alle anderen Wirbeltierarten Prozent die am häufigsten gemeldete Wildart (Igel, Eichhörnchen, Frösche und andere) kön- ist. Es ist zu vermuten, dass weitaus mehr nen mit dem neuen Datenbanksystem regis- Niederwild außer Reh, wie zum Beispiel Hase, triert werden. Über Verkehrsunfälle als Todes- Fuchs oder Marder Opfer des Straßenver- ursache hinausgehend können auch andere kehrs werden, dies aber nicht ausreichend do- Ursachen, sogenanntes allgemeines Fallwild, kumentiert und daher der Prozentanteil unter- eingegeben werden. schätzt wird (Abb. 1).

27 Abb.1: Artenzusammen- setzung Anteile der bisher im Totfundkataster gemeldeten Arten. (n = 9.385)

Reh Damhirsche Wildschwein Rot- u. Sikahirsch Hasen Fuchs Dachs Marderartige ohne Dachs Sonstige Arten

Für weitergehende wildbiologische Auswer- Verluste durch Straßenverkehr im Oktober zu tungen liefert die Betrachtung des Jahresver- verzeichnen. Vermutlich fällt hier die Aktivitäts- laufes der Wildunfälle wichtige Hinweise. spitze der Damhirsche in der Dämmerung mit Beim Reh erreichen die Wildunfälle ihren Hö- der Hauptverkehrszeit zusammen (Abb.2, hepunkt im Mai während der Einstandskämp- Abb.3). fe der Böcke. Beim Damwild sind die größten

28 800 Abb.2: Verteilung der Wild- 700 unfälle beim Reh im Jahresverlauf 600 auf Monate. (n=5.636) 500 unfälle d

400 ete Wil d 300

gemel 200

100

0

Mai Juli März April Juni Januar Februar August Oktober September NovemberDezember

90 Abb.3: Verteilung der Wild- 80 unfälle beim Dam- 70 wild im Jahresver- lauf auf Monate. 60 (n=386) unfälle d 50

ete Wil 40 d

30 gemel 20

10

0

Mai Juli März April Juni Januar Februar August Oktober September November Dezember

Wie stark einzelne Straßenabschnitte von der Karte fällt inbesondere auf, dass die Bun- Wildunfällen betroffen sind und welche Ursa- desautobahnen nicht in Erscheinung treten. chen dem zu Grunde liegen, sind offene Fra- Wildunfälle an Bundesautobahnen konnten gen. Diese sollen mit den Daten des Totfund- bisher nicht erfasst werden, da hier Jagdaus- katasters in Zusammenhang mit Landschafts- übungsberechtigte normalerweise nicht tätig strukturen in der Zukunft in neuen For- werden können. Eine Regelung zur Erfassung schungsprojekten beantwortet werden. Für von Wildunfällen auf Autobahnen steht noch eine schnelle erste Auswertung wurde das aus (Abb.4). Straßenbezeichnungssystem des Landesbe- triebes Verkehr Schleswig-Holstein genutzt. Eine detaillierte Auswertung der Daten wird in Dies führte in der Karte zu fehlerhaften Anga- Zukunft sicherlich viele interessante Ergebnis- ben, da Wildunfälle auch Straßen zugewiesen se liefern, die insbesondere dahingehend ge- wurden, die auch durch Gebiete führen, die nutzt werden sollen, Unfallschwerpunkte und sich bisher nicht beteiligt haben. In Zukunft ihre Ursachen zu identifizieren. Der bisherige wird deshalb auf eine GIS basierte Datenaus- Schwerpunkt der Arbeit lag im Aufbau des Er- wertung umgestellt. Bei genauer Betrachtung fassungssystemes und der Datenbank.

29 Abb.4: Verteilung der gemeldeten Wildunfälle auf Straßenabschnitte des LBV SH (n=8.342) hellgrau = beteiligte Jagdbezirke schwarze Punkte = gemeldeter Wildunfall rote Linien = Straßenabschnitte von Netzknoten zu Netzknoten des Landesbetriebs Verkehr Schleswig-Holstein in den beteiligten Jagdbezirken, Dicke der Linie abhängig von der Zahl der Wildunfälle dünne graue Linien = restliche klassifizierte Straßenabschnitte Daten: WTK SH; Straßendaten: LBV SH 2010

Heiko Schmüser und Dr. Daniel Hoffmann Sonja Graumann Christian-Albrechts-Universität Kiel Landesjagdverband Schleswig-Holstein e.V Institut f. Natur- & Ressourcenschutz Projekt WildTierKataster (ehem. Ökologie-Zentrum Kiel) Böhnhusener Weg 6 Abt. Landschaftsökologie 24220 Flintbek Projekt WildTierKataster Olshausenstr. 75 24118 Kiel

30 2 Beispielhafte Biotop- und Artenschutzmaßnahmen

2.1 Statusbericht Artenhilfsprogramm Im nunmehr vierten Jahr werden die auf den des aktuellen AHP initiiert werden. Von den 28 Vorgaben des Artenhilfsprogramms 2008 prioritär mit Hilfsmaßnahmen zu unterstützen- (AHP) beruhenden Maßnahmen des Arten- den Vogelarten wurden bislang für 15 Arten schutzes mit der Unterstützung zahlreicher entsprechende Hilfsmaßnahmen eingeleitet. Partner geplant und umgesetzt. Dabei liegt ein Neben den oben genannten bedarf es noch besonderes Schwergewicht auf denjenigen entsprechender Aktivitäten für Knäkente, Arten, die gemäß des AHP besonderer Unter- Wachtel, Wachtelkönig, Kuckuck, Grünspecht, stützung bedürfen. Im Mittelpunkt stehen Wiesenpieper, Neuntöter, Nebelkrähe1 und nach wie vor die sogenannten europäischen Karmingimpel2. Auch für das Braunkehlchen Arten, da dem Land aufgrund der Vorgaben werden derzeit noch keine Maßnahmen der europäischen Naturschutzrichtlinien (EU- durchgeführt, diese werden aber zusammen Vogelschutzrichtlinie und FFH-Richtlinie) ge- mit einem potentiellen Maßnahmenträger ge- genüber diesen Arten besondere Verpflichtun- genwärtig vorbereitet. gen erwachsen. Zu den europäischen Arten gehören alle Vogelarten, die durch Artikel 1 Der Grund für das Fehlen entsprechender Pro- der EU-Vogelschutzrichtlinie erfasst werden gramme ist weniger in den mangelnden finan- und darüber hinaus die Arten, die in Anhang IV ziellen Mitteln zu suchen, als in dem Um- der FFH-Richtlinie Erwähnung finden. Wäh- stand, dass bislang noch keine Träger für ent- rend alle Anhang IV-Arten im AHP als prioritäre sprechende Maßnahmen für diese Arten ge- Arten behandelt werden, wird dieser Status funden werden konnten. lediglich 28 Vogelarten zuerkannt. Es handelt sich dabei um solche, die sich in einem un- Auch für die Anhang IV-Arten gemäß der FFH- günstigen Erhaltungszustand befinden und mit Richtlinie werden bereits für zahlreiche Arten weniger als 50 Prozent ihres reproduktiven Maßnahmen durchgeführt. Besonders gut ab- Bestandes in Flächen des Naturschutzes sie- gedeckt sind in diesem Zusammenhang die deln. Hinzu kommen einige sehr seltene und betroffenen Säugetiere, Reptilien und Amphi- punktuell vorkommende Vogelarten, die im bien. Lücken bestehen vor allem noch bei den Rahmen einer landesweiten Betrachtung nicht Wirbellosen. ausreichend berücksichtigt werden können. Hierzu zählen beispielsweise Trauerseeschwal- Das MELUR würde es begrüßen, wenn sich be und Seeregenpfeifer. Diese prioritären Ar- Verbände, aber auch interessierte Einzelperso- ten des AHP werden bevorzugt durch be- nen für die Durchführung entsprechender standsstützende beziehungsweise fördernde Hilfsprogramme für diese Arten finden wür- Artenhilfsmaßnahmen im Rahmen der Umset- den. Hilfestellung bei der Erarbeitung entspre- zung des AHP unterstützt. Mittlerweile wer- chender Anträge aber auch bei der Umset- den jährlich etwa 100 Artenschutzmaßnamen zung der Projekte bietet die Artenagentur umgesetzt und bei einer Reihe von Arten zei- Schleswig-Holstein des Deutschen Verbandes gen sich Erfolge. für Landschaftspflege e.V. (04347/9093885).

Zwar konnten für zahlreiche der oben genann- ten Arten mittlerweile Schutzmaßnahmen ein- Thomas Gall geleitet werden. Nach wie vor existieren aber Ministerium für Energiewende, Landwirt- Lücken, die es noch zu schließen gilt. So schaft, konnten bislang für die Grauammer ebenso Umwelt und ländliche Räume wie für Nachtigall und Sprosser keine be- Mercartorstraße 3 standsstützenden Maßnahmen im Rahmen 24106 Kiel

1 Die Nebelkrähe zeigt als Unterart der Aaskrähe in Schleswig-Holstein lediglich eine randliche Verbreitung. In ihren zentralen Verbreitungsgebieten ist die Art nicht gefährdet; insofern sind Hilfsmaßnahmen derzeit unnötig. 2 Der Karmingimpel befindet sich seit einigen Jahren in Ausbreitung. Insofern dürfte auch hier kein akuter Bedarf für unterstützende Maßnahmen gege- ben sein.

31 2.2 „Wohngebäude und andere Bauwerke bewohnende Fledermäuse in Schleswig-Holstein“ Die in Schleswig-Holstein heimischen Fleder- So leben bis zum heutigen Tage diverse Fle- mausarten nutzen als Quartiere Hohlräume dermausarten bei uns Menschen in unseren und Spalten aller Formen und Größenordnun- Wohn- und Nutzgebäuden, wo die Tiere auf gen. Mit ihrem spitzen Insektenfressergebiss warmen Dachböden und in Spalten hinter können sich die Tiere keine eigenen Bauten Wandverkleidungen ihre Jungen zur Welt brin- oder Gänge schaffen, sondern sind auf Quar- gen oder sie suchen Keller, Bunker und Brü- tiermöglichkeiten angewiesen, die sich ihnen ckenpfeiler zum Winterschlaf auf. Man kann auf anderem Wege anbieten. So besiedelten davon ausgehen, dass mit dem Ausbreiten die verschiedenen Fledermausarten ursprüng- der menschlichen Siedlungen auch einige Fle- lich Verstecke an Bäumen und Felsen, die dort dermausarten, begünstigt durch das neue, aus natürlicher Ursache oder durch die Aktivi- reichhaltige Angebot an Quartieren, bis dato tät anderer Tiere und Pflanzen entstanden nicht genutzte Landflächen für sich als Le- sind. bensraum erobern konnten.

Mit der seit dem Mittelalter immer stärker zu- Menschen und Fledermäuse unter einem nehmenden, intensiven Nutzung oder Rodung Dach – ein uraltes „Wohngemeinschaft- von Wäldern schrumpften für die meisten Fle- Modell“ dermausarten ihre ursprünglichen Lebensräu- Bevor sich die menschlichen Siedlungen im me und damit verbunden auch die dortigen Mittelalter immer stärker in Schleswig-Hol- Quartiermöglichkeiten sehr stark zusammen. stein ausweiteten, nutzen Fledermausarten Dieser Lebensraum- und Quartierverlust führte wie der Große und der Kleine Abendsegler, wohl auch dazu, dass weitere Fledermausarten die Rauhhaut-, die Zwerg- und die Mückenfle- dem Menschen in seine Siedlungen folgten, dermaus Quartiere in Baumhöhlen, welche um dort nach neuen Wohn- und Lebensstätten durch Spechte, Blitzschlag, Verbruch oder zu suchen. Dabei blieben die Tiere aber stets Fäulnis entstanden waren oder verkrochen sehr anpassungsfähig und flexibel. So kann sich hinter abblätternder Rinde älterer Bäume man heutzutage einige Arten, wie zum Beispiel und in den tiefen Spalten von größeren die Mücken- und die Zwergfledermaus, den Stammaufrissen. Andere Arten, wie die Breit- Großen Abendsegler oder das Braune Langohr flügelfledermaus, die Zweifarbfledermaus oder sowohl in menschlichen Bauwerken, aber auch das große Mausohr bevorzugten hingegen in Baumhöhlen, Stammaufrissen oder in Vogel- Spalten und Höhlungen in Felsgestein, wenn und Fledermauskästen finden. Wie viele Fle- sich den Tieren solche Möglichkeiten anboten. dermausarten haben sie es gelernt, ganz ver- Gerade für die wärmeliebenderen Fledermaus- schiedene Quartierangebote für sich zu nut- arten bildeten deshalb vermutlich vor der Blü- zen, egal ob in menschlichen Siedlungen oder tezeit der menschlichen Siedlungen die Fels- ebenso in Wäldern und Parkanlagen. Wichtig gebirge des Teutoburger Waldes, des Weser- sind dabei immer für die jeweilige Fledermaus- berglandes, des Harzes und des Elbsandstein- art in Größe, Form und Mikroklima geeignete gebirges die nördlichste Verbreitungsgrenze Quartiere und der entsprechende, ausreichend für diese Tiere in historischer Zeit. Da in Beuteinsekten bietende Lebensraum. Schleswig-Holstein fast keine offenen Felsfor- mationen oder Höhlen zu finden waren, konn- So führen bis heute schon jahrhundertelang ten sich diese Arten erst stärker nach Norden Generationen von Fledermäusen und Men- ausbreiten, als ihnen die Wohngebäude und schen gemeinsame Wohngemeinschaften in andere Bauwerke des Menschen „Ersatzfel- denselben Gebäuden. Das Verhältnis von sen und –höhlen“ anboten. Mensch und Tier war dabei nicht immer unge- trübt. So nannte man noch im letzten Jahrhun- Viele Fledermausarten sind dem Menschen in dert den Großen Abendsegler auch „Speck- Schleswig-Holstein dann mit Sicherheit schon maus“. Die Menschen sagten ihm nach, Lö- seit dem Mittelalter in seine Siedlungsräume cher in die Speckseiten zu fressen, welche sie und sogar bis unter das wärmende Dach ge- zum Räuchern unter die Decke gehängt hat- folgt. Ein Gebäude bietet viele hervorragende ten. Die in Wahrheit am Speck nagenden Quartiereigenschaften für fast alle heimischen Hausmäuse wurden nie beobachtet, wohl Fledermausarten: Es ist langfristig nutzbar, es aber die Großen Abendsegler, welche in den bietet verschiedene Wärme- und Luftfeuchtig- kühlen Vorratsräumen bei den Schinken ihren keitszonen und es stellt ein großes Angebot Winterschlaf hielten. Sie wurden als vermeidli- an Spalten und Hohlräumen in verschiedenen che Schädlinge unbarmherzig bekämpft und Größen und Formen zur Verfügung. oft in großer Zahl getötet.

32 Abb. 1: Mückenfleder- mausquartier in Hornsmühlen Foto: Stefan Lüders

Alle Fledermäuse hatten bei den meisten tausend Fledermausschützerinnen und Fleder- Menschen jahrhundertelang einen schlechten mausschützern wandelte sich jedoch das bis- Ruf. Ihr lautloser Flug und ihre nächtliche Le- lang negative Image der Fledermäuse hin zu bensweise deuteten Abergläubische als Vor- einem echten „In-Tier“. zeichen für nahendes Unheil, Krankheit oder gar Tod und so ordneten sie die harmlosen In- sektenjäger dem Bösen zu. Erste Schritte im Fledermausschutz in und Immer wieder wurden deshalb unzählige Fle- an Gebäuden in Schleswig-Holstein dermäuse, welche ihre Quartiere in und an Auf der Basis dieser relativ neuen Sympathie- menschlichen Gebäuden und Bauwerken welle starteten im Jahre 2003 der Natur- suchten, verbrannt, lebendig begraben oder schutzbund Schleswig-Holstein (NABU) und einfach totgeschlagen. Erst in den letzten die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein achtzig Jahren änderte sich nach und nach das das Gemeinschaftsprojekt „FLEDERMAUS- schlechte Bild der Menschen von den nacht- freundlichesHAUS“ mit finanzieller Unterstüt- aktiven Fledermäusen: Durch ständige und ge- zung durch die „BINGO-Umweltlotterie“. duldige Wissensvermittlung und später zuneh- Ziel dieses Projektes war und ist die Aufgabe, mender positiver Öffentlichkeitsarbeit - an- den Arten- und in diesem Falle ganz gezielt fangs von einigen wenigen Fledermausfreun- den Fledermausschutz im urbanen Raum stär- den und Wissenschaftlern – heute von vielen ker zum Thema zu machen. Die Existenz der

33 Fledermäuse in unseren Dörfern und Städten NABU Landesstelle für Fledermausschutz und ist vom Vorhandensein geeigneter Quartiere –forschung in Bad Segeberg. Die Anlaufstelle an unseren Gebäuden sowie der Duldung für das Projekt wird in Kooperation zwischen durch deren Besitzer abhängig. Das Projekt dem NABU Schleswig-Holstein und dem ME- soll deshalb ganz gezielt dahin gehen, wo LUR betrieben. Menschen und Fledermäuse gemeinsam le- ben, um dort für Verständnis und Toleranz ge- genüber den Tieren zu werben, Fledermaus- Fester Ansprechpartner quartiere in besiedelten Gebieten fachgerecht In der Informations- und Servicestelle küm- zu erhalten oder sogar neue Quartierangebote mert sich in hauptamtlicher Funktion Herr Ul- zu schaffen. rich Lensinger (E-Mail: ulrich.lensinger@nabu- sh.de) mit umfassendem Blick für den Fleder- Das Projekt „FLEDERMAUSfreundliches- mausschutz, der juristischen Sachlage und HAUS“ darf mittlerweile als eines der erfolg- den menschlichen Bedürfnissen um die jewei- reichsten Artenschutzprojekte in Schleswig- ligen Sorgen und Nöte der anfragenden Perso- Holstein angesehen werden: Bis heute wurden nen. Dabei arbeitet Herr Lensinger eng mit al- tausende Informationsgespräche geführt, wur- len zuständigen Fachbehörden sowie den eh- den tausende von Informationsschreiben ver- renamtlich Aktiven der Arbeitsgruppe Fleder- schickt und konnten bislang über 1.300 Perso- mausschutz und –forschung beim NABU nen und Institutionen mit der Plakette „FLE- Schleswig-Holstein zusammen. DERMAUSfreundlichesHAUS“ für den Erhalt oder die Neuschaffung von Fledermausquartie- Verbunden mit der festen Einrichtung einer In- ren an ihren Gebäuden ausgezeichnet werden. formations- und Servicestelle verfolgt das Pro- jekt „Gebäude und andere Bauwerke bewoh- nende Fledermäuse in Schleswig-Holstein“ Fledermäuse als „Problemfall“ mehrere Ziele. Parallel zu diesen positiven Aspekten der Akti- on zeichnete sich aber in den letzten Jahren auch ein ständig zunehmender Informations- Individuelle und persönliche Beratung und Beratungsbedarf bis hin zu dem Wunsch Am Anfang eines „Falles“ steht immer das nach aktiver Hilfe bei den sogenannten „Pro- fachliche und verständliche Informationsge- blemquartieren“ ab. Durch Renovierungs- und spräch. Dabei sollen alle vorhandenen Aus- Sanierungsarbeiten sowie durch die erforderli- kunftsbedürfnisse möglichst zeitnah und chen Maßnahmen zur energetischen Sanie- schnell durch eine persönliche Beratung be- rung von Gebäuden und Bauwerken wurden friedigt werden. Nach dem Erstkontakt erge- viele Fledermausquartiere auf einmal zu „Stör- ben sich oftmals noch weitere Anschlussge- fällen“ für die Eigentümer. Die Fledermaus- spräche. fachleute des Projektes „FLEDERMAUS- freundlichesHAUS“ wurden stark zunehmend Fast alle Personen, welche sich hilfesuchend mit sehr intensiven Beratungs- und Hilfsforde- an die Informations- und Servicestelle wen- rungen konfrontiert, welche zahlreiche Ar- den, wünschen detaillierte Auskünfte über beitsstunden und in vielen Fällen auch mehrfa- ihre „tierischen Untermieter“. Während die che „Vorortberatungen“ erforderten. Mehrzahl der Hausbesitzer sich zwar über die Fledermäuse freuen oder sich zumindest nicht an ihnen stören, möchten andere Menschen Ein Konzept soll Hilfe bringen gerne wissen, warum die Tiere überhaupt bei Deshalb entwickelte der NABU Schleswig-Hol- Ihnen Quartier genommen haben und wie stein im Auftrag des Ministeriums für Energie- man die Fledermäuse schnell wieder weg be- wende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche kommt. Allen anfragenden Personen gemein- Räume (MELUR) im Jahre 2009 ein Konzept sam ist aber in der Regel der Umstand, dass zum Umgang mit eben den Fledermausarten, an den betreffenden Gebäuden oder Bauwer- welche in Gebäuden und anderen menschli- ken handwerkliche Arbeiten anstehen oder so- chen Bauwerken ihre Quartiere haben und da- gar schon durchgeführt werden und nun mehr bei für die Eigentümer zu Problemfällen wer- oder weniger zügig Beratung und aktive Hilfe den. Nach einer einjährigen Pilotphase im Jahr vonnöten sind. 2010, welche aus Mitteln des Artenhilfspro- gramms des Landes Schleswig-Holstein finan- Erfreulicherweise möchte der Großteil der ziert wurde, startete dann in 2011 der „Echt- Leute, welche sich an die Beratungs- und Ser- betrieb“ des Artenschutzprojektes mit einer vicestelle wenden, aus Eigenantrieb auch wei- Informations- und Servicestelle „Gebäude und terhin das Fledermausquartier an ihrem Ge- andere Bauwerke bewohnende Fledermäuse bäude erhalten. Andere sind erst nach einer in Schleswig-Holstein“ unter dem Dach der ausführlicheren Beratung dazu bereit, ihre

34 „Untermieter“ auch zukünftig zu tolerieren, In der Mehrzahl der Fälle konnte Herr Lensin- dann aber auch aus Überzeugung. Nur wenige ger mit den Betroffenen schnelle Lösungen Personen wollten bislang auf jeden Fall die für Mensch und Fledermaus finden. Dabei Fledermäuse aus dem Objekt ganz heraus ha- ging es neben dem bereits angeführten allge- ben. Hier spielen vorrangig unüberwindbare meinen Informationsbedarf zu den tierischen Angst- und Ekelgefühle eine Rolle. Mitbewohnern auch um speziellere Fragen wie „Können durch die Fledermäuse Schäden Wenn sich eine Person an die Informations- am Gebäude entstehen?“ oder „Übertragen und Servicestelle wendet, wird bei dem ers- die Tiere Krankheiten oder Parasiten?“. Auch ten Kontakt stets abgeklärt, welche Probleme die Frage, ob sich nun jedes Jahr mehr und nun exakt durch die Fledermäuse aufgetreten mehr Fledermäuse unter dem Dach einstellen oder zu erwarten sind. Alle dabei ermittelten würden und wodurch solche Entwicklungen li- Punkte rund um das Fledermausquartier in mitiert werden oder ob gar durch die Fleder- dem betroffenem Gebäude oder Bauwerk sol- maussituation Nutzungseinschränkungen im len dann im weiteren Verlauf mit den Woh- Gebäude oder auf dem Grundstück hingenom- nungsinhabern und Eigentümern gemeinsam men werden müssten, treibt die Betroffenen gelöst werden. um.

Abb.2: Fledermauskot am Neubau Foto: Stefan Lüders

Mit vertrauensbildenden Gesprächen, welche Breite Öffentlichkeitsarbeit fachliche Antworten leicht verständlich und je- In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, weils mit einer gezielten Lösung für das be- dass nicht nur die betroffenen Personenkrei- troffene Fledermausquartier anbieten, war der se, sondern auch weitere mit Fledermäusen in Großteil der Anfragen in der Vergangenheit Gebäuden oder anderen Bauwerken konfron- gut zu bewerkstelligen. Hierzu wurden auch tierte Interessenvertretungen wie Handwerks- viele Termine direkt vor Ort wahrgenommen. betriebe, Schädlingsbekämpfer, Wohnungs-

35 baugenossenschaften etcetera gezielt ange- ger bei der Erstellung der hierzu nötigen An- sprochen und informiert werden. Denn neben träge und begleitet diese fachlich bis zum dem eigentlichen Ziel des Erhalts der Fleder- Ende der bewilligten Maßnahmen weiter. Die mausquartiere in den diversen Gebäuden und Informations- und Servicestelle sucht dabei Bauwerken wird auch das Ziel verfolgt, weiter- stets nach geeigneten fachlichen Lösungen hin um Akzeptanz für Fledermäuse in weite- und entwickelt bei Bedarf neue Lösungsansät- ren Bevölkerungsanteilen als der betroffenen ze, wenn bislang bewährte Verfahren nicht Zielgruppe zu erreichen. Hierzu werden Fach- greifen sollten oder angewandt werden kön- gespräche und Vorträge durch die Informati- nen. ons- und Servicestelle auf Nachfrage oder durch eigene Aktivitäten angeboten. Mit unter- Fallbeispiel: schiedlich thematisierten Fledermausinforma- Anhand eines Fallbeispiels soll kurz die Band- tionsblättern, aussagekräftigen Bildern, Präpa- breite der Beratungs- und Hilfsangebote im raten und diversen weiteren Arbeitsmateria- Rahmen dieses Artenschutzprojektes darge- lien werden alle Fakten rund um den Schutz stellt werden: von und den Umgang mit gebäudenutzenden Fledermausarten, rechtliche und finanzielle Herr H. und sein Kompagnon sind Eigentümer Fragestellungen, baulichen Aspekten etcetera eines denkmalgeschützten Wohngebäudes gezielt und sachgerecht vorgetragen und um mit vier Mietsparteien in der Stadt Plön. Mit Verständnis und Toleranz gegenüber den Tie- größerem finanziellem Aufwand renovierten ren geworben. die beiden Männer ein ehemaliges landwirt- schaftliches Nutzgebäude und richteten es als Wohnobjekt in unmittelbarer Nähe zum Plöner Schwierige Fälle See sowie eines größeren Waldgebietes her. Da sich nicht alle Anfragen einfach klären las- Danach wurden alle vier Wohneinheiten in sen, insbesondere wenn es ich um schwer- dem Objekt vermietet. wiegendere und finanziell aufwändige Proble- me mit einzelnen Fledermausquartieren han- Schon kurze Zeit nach der Renovierung mach- delt, müssen in solchen Fällen deutlich umfas- ten sich an dem Gebäude Fledermäuse be- sendere Maßnahmen eingeleitet werden. merkbar, was von den Eigentümern und den Erhebliche Geruchsbelästigungen durch Fle- Mietern durchaus begrüßt wurde. Man bean- dermauskot und –urin oder schwierige bauli- tragte sogar die Auszeichnung des Gebäudes che Lagen können oft nur noch dann gelöst als „FLEDERMAUSfreundlichesHAUS“. Dem werden, beziehungsweise die Akzeptanz für Antrag wurde entsprochen und Herr H. mon- die in dem Gebäude siedelnden Fledermäuse tierte die verliehene Plakette stolz an dem Ge- erhalten bleiben, wenn unter fachkundiger Be- bäude. ratung und Begleitung handwerkliche Lösun- gen angestrebt werden. Hierzu werden dann Der Bestand der Fledermäuse vergrößerte meist auch finanzielle Mittel benötigt, welche sich nach den Angaben der Eigentümer und möglicherweise zumindest anteilig auf der Mieter von Jahr zu Jahr. Im Sommer wurden Grundlage der Richtlinien für die „Gewährung alle Fenster im oberen Stockwerk des Gebäu- von Zuwendungen für verschiedene Maßnah- des täglich sehr stark durch Fledermauskot men des Artenschutzes“ durch das Land und –urin verunreinigt, was die Mieter jedoch Schleswig-Holstein bereitgestellt werden nicht störte – wusste man doch um die be- könnten. sondere Schutzwürdigkeit der tierischen Mit- bewohner. Sommers wie Winter konnten die Bevor es soweit kommt, muss durch ein oder Mieter der beiden oberen Wohneinheiten im- mehrere persönliche Inaugenscheinnahmen mer wieder Soziallaute oder Krabbelgeräusche am Objekt ganz genau geklärt werden, welche aus dem Dachbereich von Fledermäusen hö- Fledermausart oder –arten betroffen sind, wie ren, was ebenfalls nicht als störend wahrge- groß der Fledermausbesatz ist, zu welchen nommen wurde. Zeiträumen sich die Tiere dort aufhalten und welche Maßnahmen genau durch entspre- Schließlich war die Zahl der Fledermäuse in chende Handwerksfirmen umgesetzt werden dem Gebäude aber so weit angestiegen, dass müssen. im Sommer in den oberen Wohnungen der Urin –und Kotgeruch der Tiere die Nutzung an Wenn sich die Haus- oder Objektsbesitzer warmen Tagen fast unerträglich machte. Auch dann nach ausführlicher Beratung dazu bereit- die Geräuschkulisse war mittlerweile in den erklären, das Fledermausquartier auch weiter- Sommermonaten so stark angeschwollen, hin zu dulden, unterstützt der NABU die jewei- dass dieses von den Mietern im oberen Trakt ligen Antragssteller, beziehungeweise nach als unangenehm empfunden wurde. Aus die- positivem Bescheid die Zuwendungsempfän- ser Situation heraus baten die Mieter die

36 Hauseigentümer um Abhilfe, wobei der Erhalt und Schriftwechsel zwischen Herrn Lensinger der Fledermauskolonie immer noch ge- und allen Beteiligten statt. Die Größe des wünscht war. Quartieres mit über 1.100 Tieren konnte in der Folgezeit bestätigt werden. Dadurch wurde Herr H. kontaktierte Herrn Lensinger von der dieses Objekt als eines der wichtigsten Fle- Informations- und Servicestelle „Gebäude und dermaussommerquartiere in Schleswig-Hol- andere Bauwerke bewohnende Fledermäuse stein eingestuft, was natürlich auch das Land in Schleswig-Holstein“ und es kam kurzfristig selber zu einer für beide Seiten positiven Lö- zu einem ersten Treffen vor Ort. Dabei wurde sung verpflichtete. festgestellt, dass sich über die gesamte Län- ge von rund 20 Metern des Gebäudes auf bei- Bauliche Lösungen wurden erarbeitet, geprüft den Hausseiten ein unregelmäßig breiter Spalt und letztendlich auch festgelegt. Herr Lensin- entlang zog, durch den die Fledermäuse an ger unterstütze die Hauseigentümer bei der verschiedenen Stellen in den Dachraum gelan- Antragsstellung auf finanzielle Förderung gen konnten. Der Dachraum selber wurde von durch das Land und begleitete alle weiteren den Tieren vermutlich komplett genutzt und Schritte in diesem Verfahren. Hierzu gehörten war nicht zugänglich. Der Fledermausbestand auch mehrere Gespräche mit den Fachbehör- wurde auf über 300 Individuen geschätzt. den und entsprechenden Handwerksfirmen Zum Zeitpunkt der ersten Kontaktaufnahme für die geplante bauliche Umsetzung des Lö- befand man sich mitten in der Jungenauf- sungsvorschlags. zuchtzeit. Herr Lensinger erklärte, warum nicht sofort mit Maßnahmen gestartet werden Nach der Jungenaufzuchtphase im Sommer konnte und bat die Mieter und die Besitzer da- 2012 soll das gesamte Dach aufgenommen rum, in den folgenden Tagen einmal möglichst und das verunreinigte Isoliermaterial komplett genau zu zählen, wie viele Tiere aus dem Ge- ausgetauscht werden. Danach werden mehre- bäude ausfliegen würden. re verschieden große und sehr volumenreiche Spaltenquartiere in die Dachkonstruktion ein- Beim nächsten Telefonat nach einigen Tagen gebaut und nach unten hin mit Teichfolie ab- wurde dann von den Betroffenen berichtet, gedichtet. Der restliche Hohlraum wird mit man hätte circa 1.000 Fledermäuse gezählt, neuem Isoliermaterial aufgefüllt und alles zu- was kurz darauf von Herrn Lensinger und drei sammen unter einem neuen Holz-Teerpappen- weiteren NABU-Vertretern auf Richtigkeit hin dach eingedeckt. Alle Lüftungsschlitze werden überprüft wurde. An diesem Abend konnten mit engmaschigem Drahtgeflecht abgedichtet über 400 ausfliegende Tiere sicher gezählt und nur die Einflüge zu den Spaltenquartieren werden, wobei zwei Arten, die Mücken- und bleiben für die Fledermäuse geöffnet. Die ge- die Breitflügelfledermaus, nachgewiesen wur- samten handwerklichen Arbeiten werden den. Die Breitflügelfledermauskolonie umfass- fachlich von Herrn Lensinger begleitet und te knapp zehn Tiere, die separat aus einer Sei- später ausgewertet. Zusätzlich wurden bereits tenwand des Gebäudes ausflogen, beim Gros im Außengelände weitere großräumige Spal- der Tiere handelte es sich um Mückenfleder- tenkästen auf Holzpfählen aufgestellt und kön- mäuse, die unter dem Dach rund um das Ge- nen den Tieren bereits als neues Quartier die- bäude hervorkamen. Viele weitere Tiere konn- nen. Alle Maßnahmen wurden zuvor mit der ten noch im Dachbereich verhört werden. Denkmalbehörde abgestimmt. Die Kosten sel- ber wird das Land übernehmen. Beim nächsten Ortstermin war dann ein Ver- treter des Landesamtes für Landwirtschaft, Dankenswerterweise erklärten sich die Eigen- Umwelt und ländliche Räume (LLUR) zuge- tümer und die Mieter des Gebäudes über den gen, der sich über die Situation vor Ort von gesamten, mehrjährigen Zeitraum der noch Herrn H. und Herrn Lensinger informieren immer laufenden Maßnahme dazu bereit, die ließ. Hierbei ging es um die Voraussetzungen Fledermäuse auch weiterhin als Mitbewohner für ein Genehmigungsverfahren zur baulichen unter dem gemeinsamen Dach zu dulden. Die- Lösung dieses Problems und um eine etwaige ses ist angesichts der zeitweise nicht uner- finanzielle Unterstützung durch das Land heblichen Belästigungen ganz besonders her- Schleswig-Holstein. Die Modalitäten und Vo- vorzuheben und keinesfalls selbstverständlich! raussetzungen wurden gemeinsam bespro- Gemeinsam mit allen Beteiligten hoffen die chen und für diesen Fall festgelegt, auch die NABU-Aktiven des Artenschutzprojektes nun Denkmalbehörde sollte dazu angehört wer- auf einen erfolgreichen Abschluss dieser nicht den. alltäglichen Problemstellung. Über das Ergeb- nis wird zu gegebener Zeit ausführlicher be- In den folgenden Monaten fanden noch diver- richtet werden. se weitere Ortstermine und viele Gespräche

37 Dokumentation men notwendig. Nur bei drei oder vier Quar- Hierzu werden alle Aktivitäten im Rahmen die- tieren wird voraussichtlich noch ein Befrei- ses Artenschutzprojektes ausführlich doku- ungsantrag auf einen fachgerechten Quartier- mentiert und ausgewertet, um zukünftig einen verschluss mit begleitenden Ersatz- und Aus- fundierten Überblick über das gesamte Thema gleichsmaßnahmen erfolgen müssen. In die- zu erhalten. sen Fällen sind die Gespräche jedoch noch nicht abgeschlossen. Alle telefonischen und persönlichen Kontakte werden ebenso sorgfältig protokolliert wie Der Naturschutzbund Schleswig-Holstein be- auch die begleiteten Hilfsmaßnahmen an den trachtet das Artenschutzprojekt als erfolgreich Problemquartieren oder die häufigsten Frage- gestartet und auch als zukünftig nötiges In- stellungen bei den durchgeführten Fachge- strument im Artenschutzprogramm des Lan- sprächen und Informationsveranstaltungen. des. Es hat sich sehr deutlich gezeigt, dass Ein besonderes Augenmerk gilt außerdem eine zügige und persönliche Bearbeitung der dem Erfolg oder Misserfolg aller baulichen Lö- anfallenden Problemfälle rund um Fledermäu- sungen, welche im Rahmen dieses Projektes se in menschlichen Gebäuden und Bauwerken zur Anwendung kommen. durch eine fachlich versierte Person in der Mehrzahl der Fälle zu einem raschen und posi- Alle Fledermausnachweise werden natürlich tivem Ergebnis im Sinne von Mensch und Fle- auch an das landesweite Fledermausmonito- dermaus führt. Vielen Bürgerinnen und Bür- ring des Landes Schleswig-Holstein weiterge- gern des Landes Schleswig-Holstein konnte leitet. so zielgerichtet geholfen und zahlreichen Fle- dermäusen verschiedener Arten das Überle- ben gesichert werden. Vorläufiges Fazit und Ausblick Das Artenschutzprojekt „Gebäude und andere Für diese Aufgabe steht der Naturschutzbund Bauwerke bewohnende Fledermäuse in Schleswig-Holstein dem Land auch weiterhin Schleswig-Holstein“ ist sehr gut gestartet und gerne als Partner zur Verfügung. Für die bishe- erfreut sich reger Nachfrage. Alleine in 2012 rige Unterstützung und finanzielle Ausstattung gingen bis August über 300 Anfragen bei der des Artenschutzprojektes „Gebäude und an- Informations- und Servicestelle in Bad Sege- dere Bauwerke bewohnende Fledermäuse in berg ein. Hieraus ergaben sich einige hundert Schleswig-Holstein“ möchte sich der NABU Telefonate und Schriftwechsel, außerdem S-H recht herzlich beim MELUR bedanken. wurden 80 Informationsmappen ausgegeben, davon wurde die Hälfte persönlich überreicht. 66 Ortstermine wurden bislang wahrgenom- NABU Schleswig-Holstein men, in einigen Fällen waren mehrere Besu- Projekt „Gebäude und andere Bauwerke che am Quartierstandort nötig. bewohnende Fledermäuse in Schleswig-Hol- stein“ In den meisten Fällen konnten die Probleme Herr Ulrich Lensinger leicht ausgeräumt oder mit einfachen Mitteln Oberbergstraße 9 abgestellt werden, bei einigen Quartieren wa- 23795 Bad Segeberg ren oder sind noch umfangreichere Maßnah-

38 2.3 Pilzreichtum im alten Grünland – ein vergessenes Phänomen Noch direkt nach dem Krieg waren die Pilze ze auf den „Rötlingswiesen“, so den wohl- unserer Grünländer bekannt und sprichwörtlich schmeckenden Schildrötling und andere Arten „in aller Munde“. Genauso wie im Wald war von Frühlingsrötlingen, die in Symbiose mit Ro- es selbstverständlich, auf Wiesen und Weiden sengewächsen (zum Beispiel Weißdorn, Schle- Pilze zu sammeln. Bekannt waren vor allem he, Hundsrose, Apfel, Birne) leben, sowie den die Champignonwiesen (meist Schafweiden Maipilz. Sogar bestimmte Arten der oft farben- oder Pferdeweiden) und die Parasolwiesen prächtigen Saftlinge waren örtlich noch so häu- (meist waldnahe Wiesen und Streuobstwie- fig, dass sie in einigen Regionen Schleswig- sen), doch man sammelte auch im Frühjahr Pil- Holsteins gesammelt und verzehrt wurden.

Abb. 1: Altes Weidegrünland mit Weißdorn an einem Hang oberhalb der Koseler Aue. Beispiel für einen typischen wertvollen Grünland- Pilzstandort. Hier wurden bisher 71 Pilzarten, davon 12 Saftlingsarten gefunden.Foto: Matthias Lüderitz

Heute, nur 60 Jahre später, sind alle diese Le- letzen 50 Jahren und aktuell den zunehmen- bensgemeinschaften hoch gefährdet, die den Umbruch von Grünland für den Maisan- meisten Pilzarten des Grünlandes bei uns auf bau und andere Intensivnutzungen (zum Bei- der Roten Liste oder vom Aussterben be- spiel intensives Einsaatgrünland) sind vermut- droht. Die artenreichen und zum Teil sehr bun- lich über 95 Prozent der naturnahen Grünlän- ten Pilzwiesen sind weitgehend verschwun- der inzwischen aus unserer Landschaft ver- den und damit vergessen. schwunden und der verbliebene Rest steht unter zunehmendem Nutzungsdruck. Der der Grün- oder Grasländer sind bei uns meistens daraus resultierende Verlust an Biodiversität das Produkt lang währender landwirtschaftli- unter den Pflanzen und Tieren (zum Beispiel cher Aktivität in der Bewirtschaftung von Wie- Orchideen, Schmetterlinge, Vögel) wurde viel- sen und Weiden. Durch die Intensivierung der fach untersucht und ist weithin bekannt. Grünland- und Weidebewirtschaftung in den

39 Abb. 2: Die Gelbweiße Keule (Clavulinopsis luteoalba), hier ein Bild von der Koseler Aue, ist ebenfalls ein typischer Vertreter der empfindli- chen Grünlandpilze. Foto: Matthias Lüderitz

Dass die Großpilze natürlicherweise einen sogar die der Orchideen. Folglich wurde eine weitaus größeren Anteil an der Biodiversität Vielzahl von Grünlandbewertungssystemen naturnaher Grünlandhabitate haben als die ge- mit Großpilzen entwickelt, die in einigen Nach- nannten Organismengruppen (nur die Insekten barländern (zum Beispiel Dänemark, Schwe- sind mit mehr Arten vertreten), ist bisher den, England und Holland) zur Grundlage für kaum bekannt. Es handelt sich um eine ökolo- nationale Biodiversitätsstrategien im Grünland gisch besonders wichtige, aber bei uns weit- geworden sind. Ein einmaliger tieferer Um- gehend vergessene Organismengruppe, die in bruch, eine einmalige Bodenverdichtung durch den letzten Jahrzehnten im Grünland extre- schwere Maschinen oder kleine Mengen von men Rückgängen unterliegt. Seit den neuziger künstlichen Düngern oder Gülle genügen oft, Jahren wird den „Graslandpilzen“ in West- damit solche Arten am Standort für immer und Nordeuropa zunehmende Aufmerksam- aussterben. So verwundert es nicht, dass ge- keit geschenkt, eine Entwicklung, die nun rade die seltenen und empfindlichen Arten nur auch bei uns in Schleswig-Holstein angekom- noch in zufällig ungenutzten oder sehr exten- men ist. Man hat festgestellt, dass einige be- siv genutzten „Restbiotopen“ zu finden sind. sonders auffällige Pilzartengruppen des natur- Besonders pilzartenreich sind Reste von „al- nahen Grünlandes außerordentlich sensibel tem und historischem“ Grünland, deren Ver- auf Umweltveränderungen reagieren; ihre breitung in Schleswig-Holstein bisher kaum Qualitäten als Indikatorarten übertreffen häufig bekannt ist.

40 Abb.3: Der Granatrote Saftling (Hygrocybe punicea) ist mit Hutdurchmessern bis 15 cm die größ- te heimische Saft- lingsart. Die Auf- nahme stammt von einer extensiv be- wirtschafteten Hangwiese bei Groß Vollstedt. Foto: Matthias Lü- deritz

Daher hat sich die Mykologische Arbeitsge- Die wohl bekanntesten und auffälligsten Pilze meinschaft Schleswig-Holstein in der AG naturnaher und ungedüngter Grünlandbiotope Geobotanik für 2012 und die kommenden sind die schon erwähnten Saftlinge. Die Arten Jahre die Auffindung und Kartierung solcher dieser Gattung besitzen typischerweise bunte wertvoller „Reststandorte“ zu einem Arbeits- und sehr hübsch anzusehende Fruchtkörper. schwerpunkt gemacht. Sie gelten daher in Nordeuropa und Westeuro- pa, ähnlich wie bei uns die Orchideen, als Sinn- Der häufig benutzte Begriff „Saftlingswiese“ bild für die schützenswerte Biodiversität im (waxcap grassland, Hygrocybe-grassland), der Grünland. Saftlinge sind Mykorrhizapilze; sie bil- schon 1949 von dem Holländer Schweers den an Grünlandstandorten eine Symbiose mit eingeführt wurde, spiegelt die Bedeutung Kräutern und Gräsern, über deren Art und und die Wertschätzung, die den Pilzen als Funktion bisher nur wenig bekannt ist. Zwei- Teil der Lebensgemeinschaft im naturnahen felsfrei steht aber fest, dass gerade die emp- Grünland zusteht, wider. Auch die deutsche findlichen und konkurrenzschwachen Pflanzen- Bundesartenschutzverordnung trägt dem und Grasarten der Grünländer obligat auf sol- Rechnung, denn alle etwa 60 Saftlingsarten che Symbiosen mit Saftlingen und anderen Pil- (Gattung Hygrocybe), von denen etwa 55 zarten (zum Beispiel Keulen- und Korallenpilzen, noch in Schleswig-Holstein vorkommen, sind Rötlingen) angewiesen sind. Aus Naturschutz- bei uns gesetzlich geschützt. Zehn Pilzarten sicht ist die Bewahrung der wertvollen Pilz- des alten Grünlandes sind außerdem in der standorte auch immer Schutz für aktuelle oder Liste der designierten „Verantwortungsar- potentielle Standorte seltener Pflanzenarten. ten“ enthalten, für deren weltweite Erhal- tung Deutschland eine große Verantwortung trägt. Sie haben einen Verbreitungsschwer- Dipl.-Biol. Matthias Lüderitz punkt in Deutschland, für einige dieser Arten AG Mykologie Schleswig-Holstein in der AG gehört unser Bundesland sogar zum Haupta- Geobotanik real. Hauptstraße 3 23701 Eutin, OT Sibbersdorf

41 2.4 Stiftung Naturschutz Schleswig- Holstein „Zwischen Artenschutz und Wildnis“ Die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein Mit der Unterschrift unter den Vertrag zur hat ihre Aufgabe als Landesstiftung für die Gründung des Fonds „Mehr Natur für Dithmar- Biologische Vielfalt auch 2011 wieder sehr schen“ besiegelten das Ministerium für Ener- ernst genommen. Neben der Umsetzung zahl- giewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländli- reicher Artenschutzprojekte, konnte das Stif- che Räume als oberste Naturschutzbehörde, tungsland, das landesweite Netz von Schutz- der Kreis Dithmarschen und die Stiftung Natur- gebieten, um 930 Hektar erweitert werden. schutz Schleswig-Holstein 2011 den aus Aus- Darunter sind beispielsweise auch 113 Hektar gleichsmitteln des Kreises gespeisten Regio- an der Elbe bei Glückstadt, Ausgleichsflächen nalfonds. Sein Ziel ist es, Projekte und Maß- des Deichbaues, die der Stiftung Naturschutz nahmen umzusetzen, die den Wert von Flä- vom Land übertragen wurden. Einen besonde- chen für die Artenvielfalt, den Naturhaushalt ren Schatz hat die Stiftung 2011 vom Bund und das Landschaftsbild im Kreis verbessern. bekommen: den ehemaligen Standortübungs- Damit verwaltet die Stiftung Naturschutz als platz Wentorfer Lohe, ein Teil des Nationalen Dienstleisterin für die Biologische Vielfalt jetzt Naturerbes der Bundesregierung. Das rund neben dem „Naturschutzfonds Segeberg“, 237 Hektar große und bis 1998 von der Bun- den zweiten Naturschutzfonds dieser Art. deswehr genutzte Gelände ist nicht die erste militärische Liegenschaft, die die Stiftung Na- turschutz zu einem wertvollen Refugium für Wilde Weiden fördern Vielfalt seltene Pflanzen und Tiere und gleichzeitig zu Nach wie vor setzt die Stiftung Naturschutz einem beliebten Ausflugziel machen wird. Den auf drei Säulen: Wildnisentwicklung, Erhalt Anfang machte 1998 das rund 400 Hektar gro- historischer Kulturlandschaften und Wilde ße Stiftungsland Schäferhaus bei Flensburg, Weiden. In Schleswig-Holstein nimmt der An- 1999 kam der fast 600 Hektar große Höltig- teil der Dauergrünlandflächen trotz Umbruch- baum am Hamburger Stadtrand dazu und verbot (Dauergrünland-Erhaltungsverordnung 2008 ein Teil des etwa 400 Hektar großen vom 13. Mai 2008) stetig ab. Die Stiftung be- ehemalige Standortübungsplatzes in Nordoe, müht sich mit ihrem Stiftungsland diesem Kreis Steinburg. Die Stiftung hat hier große Trend entgegenzuwirken. Gerade die Weide- „Wilde Weiden“ mit robusten Rindern und landschaften mit robusten Rindern, Pferden Pferden entwickelt, in denen Besucher herz- und Schafen in geringer Besatzstärke sind ein lich willkommen sind. Markenzeichen der Stiftung. Als kostengünsti- ge und überaus effektive Pflegemethode mit Auch der Übungsplatz in Wentorf wurde seit hoher landschaftlicher Attraktivität sind die seiner Einrichtung 1937 nicht landwirtschaft- Wilden Weiden über die Landesgrenzen hi- lich genutzt - also nicht gedüngt, gepflügt naus bekannt. Dass sie auch naturschutzfach- oder mit Pestiziden behandelt. Für den Natur- lich sinnvoll sind, zeigt die 2011 an der Hoch- schutz ist diese Ursprünglichkeit ein Glückfall schule Anhalt vorgelegte Masterarbeit von und bietet ein großes Potential zur Entwick- Kristina Krenz. Sie hat Stiftungsland in Angeln lung struktur- und artenreichen Offenlandes konventionellem, darunter ebenfalls extensiv mit einem naturnahen Bachlauf und Heiden. genutztem, Grünland gegenübergestellt und Die Wälder sollen sich nach einer Umbaupha- hinsichtlich der Artenvielfalt auf den Flächen se, in der standortfremde Gehölze entfernt untersucht. Ihr Fazit: Egal ob Mahdflächen, werden, zu einem natürlichen Urwald ohne Sommerweide oder ganzjährige Wilde Weide, Holznutzung entwickeln. Um den natürlichen die Stiftungsflächen sind artenreicher als die Wasserhaushalt wieder herzustellen, werden Vergleichsflächen, die Anzahl von Rote-Liste- Entwässerungsgräben und Drainagen zurück- Arten ist höher und sie weisen eine höhere gebaut. Das neue Stiftungsland Wentorfer Habitatstruktur auf. Vor allem vom kleinräumi- Lohe ergänzt dann die angrenzenden und eu- gen Strukturmosaik profitieren Wiesenvögel, ropaweit geschützten Natura 2000 Gebiete Amphibien und Insekten. Untersucht wurde Sachsenwald und Billetal. Damit ist das lan- auch der Anteil FFH-Lebensraumtypischer Ar- desweite Biotopnetzwerk Stiftungsland im ten und Habitatstrukturen. Hier schnitten die Jahr 2011 auf rund 30.000 Hektar angewach- Wilde Weiden der Stiftung Naturschutz deut- sen. lich am besten ab.

42 Abb.1: Nationales Naturerbe Wentorfer Lohe: Die Stiftung kümmert sich um den Schutz des wertvollen Schatzes und nimmt die Men- schen vor Ort in einer Bürgerwerkstatt mit Foto: Stiftung Naturschutz

Netzwerk für den Naturschutz Der Stiftung Naturschutz ist es besonders kassine, die 2011 gemeinsam mit dem Deich- wichtig, einen partnerschaftlichen Umgang und Hauptsielverbandes Südwesthörn-Bong- mit allen Naturschutzakteuren im Land zu pfle- siel in Aventoft, Kreis Nordfriesland, umge- gen, denn daraus ergeben sich immer wieder setzt wurden. Mit rund 75.000 Euro hat die Kooperationsprojekte und damit Synergieef- Stiftung Naturschutz 2011 Naturschutzvereine fekte für den Erhalt der Biologischen Vielfalt. und -verbände gefördert, und sie so bei ihrer Als Beispiel seien hier die Artenschutzmaß- engagierten Arbeit für die Artenvielfalt unter- nahmen für Amphibien in der Gemeinde stützt. Horst, Kreis Herzogtum Lauenburg, genannt, an der die Artenagentur des Deutschen Ver- bandes für Landschaftspflege, der WWF Blühendes Steinburg Deutschland und die Stiftung Naturschutz Zum fünften Mal stellte die Stiftung rund Schleswig-Holstein gemeinsam auf Privatflä- 12.000 Euro für das Projekt „Blühendes Stein- chen für Knoblauchkröte, Rotbauchunke, burg“ bereit. Gemeinsam mit dem Kreisbau- Kammmolch und Laubfrosch tätig geworden ernverband wirbt die Stiftung so unter den sind. Weitere Bespiele sind die Kooperation Landwirten für den Erhalt blütenreicher Wie- der Stiftung mit der Gemeinde Stolpe bei der sen. Landwirte können sich in einem Bieter- Einrichtung einer gemeinsamen Weideland- verfahren um Prämien für ihre Naturschutzleis- schaft im Stolper Moor, Kreis Plön; die Zusam- tung bewerben. Bewirtschaftungsauflagen menarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Land- werden nicht gemacht, allein das Ergebnis schaftsschutz Sylt bei der Entwicklung neuer zählt. 2011 beteiligten sich 15 Landwirte aus Biotope für Wiesenvögel, wie Uferschnepfen, dem Kreis mit 179 Hektar, für 153 Hektar wur- Kiebitz, Großer Brachvogel, und Kampfläufer; den Prämien ausgeschüttet. oder die Maßnahmen für Moorfrosch und Be-

43 Das Artenschutzprojekt konnte auch deshalb neuer Froschlandschaften zwischen Witten- in eine neue Runde gehen, weil die beiden see und Bistensee. Die Erfolge ihrer Bemü- Projektpartner im Dezember 2010 den Syn- hungen im Amphibienschutz macht die Stif- genta Biodiversity Award in Brüssel übereicht tung Naturschutz alljährlich im Frosch-Kon- bekamen und das Preisgeld in Höhe von 5.000 zert-Festival hörbar. Euro zur Fortführung des Pilotprojektes ein- setzten. Damit erhält diese regional begrenzte Initiative internationale Aufmerksamkeit. Das BAUMJAGD Pflanzenschutz- und Saatgutunternehmen Syn- Seit Mai 2011 bläst die Stiftung Naturschutz genta hat den Biodiversitäts-Preis aus Anlass gemeinsam mit dem Schleswig-Holsteini- ihres zehnten Firmenjubiläums gestiftet. Der schen Heimatbund e.V. (SHHB) als Projektträ- Preis wird in Anerkennung besonderer Leis- ger und dem Landesamt für Landwirtschaft, tungen zur Förderung der Artenvielfalt in der Umwelt und ländliche Räume (LLUR) als wei- Landwirtschaft verliehen. teren Projektpartner dank einer Bingo!-Förde- rung auf die Jagd nach alten Bäumen. Das Umweltbildungsprojekt will für den natur- Amphibieninitiative schutzfachlichen und kulturhistorischen Wert Die 2003 gestartete Amphibieninitiative, die alter Baumriesen sensibilisieren, und Men- jedes Jahr bis zu 100 neue Laichgewässer im schen auffordern, bedeutende Bäume in der Stiftungsland angelegt, ging auch 2011 wie- Landschaft zu melden. Mehr Infos unter der in eine neue Runde. Die Mittel, um den www.baumjagd.de. 15 heimischen Amphibienarten, von denen über die Hälfte als gefährdet gilt, zu helfen, kommen überwiegend aus dem europäischen Holsteiner Lebensraumkorridore Topf zur Entwicklung ländlicher Räume Mit der Hamdorfer Binnendüne wurde 2011 (ELER), die übers Umweltministerium bean- ein weiterer Baustein zur Lebensraumvernet- tragt werden. Ihnen fehlen geeignete Lebens- zung rund um die Grünbrücke über die A20 räume, insbesondere der Mix aus Kleinge- bei Kiebitzholm aufgewertet. Borstgrasrasen wässern, niedrigwüchsigen Gewässerufern, und Heideflächen auf der rund 13,5 Hektar Gehölzstrukturen und Verstecken. Dass das großen Fläche werden nun durch eine Winter- Konzept der Stiftung, nicht nur einzelne Laich- beweidung mit Galloways gepflegt, damit sie gewässer, sondern gleich ganze Froschparks dauerhaft erhalten bleiben und sich wieder entstehen zu lassen, die dauerhaft von Ro- ausdehnen können. Zuvor hat die Stiftung Na- bustrindern gepflegt werden, Erfolg hat, zei- turschutz mit ihren Partnern in der Winterwei- gen einige Beispiele aus dem Stiftungsland: de auf Kosten des Erprobungs- und Entwick- Die 2006/7 in Jardelund an der dänischen lungsvorhaben „Holsteiner Lebensraumkorri- Grenze angelegten Tümpel für die Knoblauch- dore“ Offensandstellen für Reptilien und Heu- kröte führten zu einem ständigen Wachstum schrecken angelegt und Laichgewässer für der dortigen Population, wie die von 3 auf Amphibien ausgehoben. Besucher können die 100 Rufer angewachsene Knoblauchkrötenge- Entwicklung in der Weidelandschaft dank der meinschaft zeigt. Auch die Moorfroschbestän- dort installierten Klapptore hautnah miterle- de sind enorm angewachsen, so dass Besu- ben. Auch die Segeberger Knickinitiative wur- cher des Stiftungslandes dort zur Balzzeit ein de 2011 gestartet: Landwirte stellen ihre „Blaues Wunder“ erleben können. Um die Knicks zur Verfügung, mit Projektmitteln wer- vom Aussterben bedrohte Rotbauchunkenpo- den dann Unterbrechungen durch Pflanzungen pulation im Dänsichen Wohld zu stützen, hat behoben. Gleich im ersten Jahr konnten so die Stiftung Naturschutz in Dänisch Nienhof, mehr als ein Kilometer Knicklücken geschlos- Kreis Rendsburg-Eckernförde, zwei Flächen sen werden. Darüber hinaus hat die Stiftung mit rund zwölf Hektar erworben. Dort und auf Naturschutz mit den Landesforsten vertraglich Privatflächen des ehemaligen Landwirtes und dauerhaft gesichert, dass nach einem Ra- Hans Schnitker, alle Teil des FFH-Gebietes dikalumbau mit Entfernung aller nichtheimi- Stohl, konnte die Stiftung einen neuen Rück- schen Gehölze auf 17 Hektar sich wieder ein zugsraum in der ansonsten intensiv genutzten Urwald entwickeln kann. Ziel des vom Bun- Agrarlandschaft schaffen. Für Kammmolch desministerium geförderten Projektes ist, und Laubfrosch war die Stiftung in den Hütte- dass sich Haselmaus, Hirsch und Co. wieder ner Bergen aktiv. Die Anlage mehrer neuer ausbreiten können und den sicheren Weg Teiche, die Aufhebung von Drainagen, der über die Grünbrücke finden. Weitere Informa- Bau von Lesesteinhaufen und das Vertiefen tionen unter www.lebensraumkorridore.de. bereits vorhandener Mulden bilden den Kern

44 LIFE Projekte Im LIFE+-Projekt „Wiederansiedlung des Gol- Seit Mai 2005 setzt die Stiftung mit 15 Part- denen Scheckenfalters“ (LIFE-Aurinia) begann nern in Estland, Lettland, Schweden, Däne- die Stiftung in den acht Projektgebieten mark und Deutschland nun schon das EU- Schleswig-Holsteins mit der Wiederherstel- Projekt „Rehabilitation of Baltic Coastal La- lung von wertvollen Lebensräumen für den goon Habitat Complex“ in elf Natura-2000 seit den achtziger Jahren im nördlichsten Bun- Gebieten in Schleswig-Holstein um. Die Er- desland verschollenen Scheckenfalter. Dank gebnisse können sich sehen lassen: Das gilt dabei auch dem Zoologen Dr. Thorsten Ka- Hauptziel, den Strandlandschaften wieder ih- pune, der seine blütenreiche, mit vielen selte- ren natürlichen Wasserhaushalt zurückzuge- nen Arten bestückte Privatfläche zur Verfü- ben, konnte im Rahmen der wasserrechtli- gung stellte, um Mahdgut zu gewinnen. Sie chen Möglichkeiten erreicht werden. Die Po- wurde mit viel körperlichem Einsatz gemäht, pulationen von Kreuz- und Wechselkröte zei- das Material zusammengerecht und dann per gen einen Aufwärtstrend, durch die Bewei- Hänger auf Spenderflächen gebracht und dort dung mit Robustrindern werden Problem- wieder verteilt. Profitieren werden davon wei- pflanzen, wie Rosa Rugosa, in Schach gehal- tere Insekten und Schmetterlinge, wie der ten und für den Alpenstrandläufer konnten Feuerfalter und viele Bläulingsarten. Bis 2018 neue, optimale Bruthabitate entwickelt wer- soll der etwa vier Zentimeter große Schecken- den. falter dann in überlebensfähigen Populationen wiederangesiedelt werden. Weitere Informa- Weitere Informationen: www.life-baltcoast.de. tionen: www.life-aurinia.de.

Abb.2: Beweidung lässt auch in den Küstenlebensräumen, hier Sehlendorfer Binnensee, die historische Nutzung wieder lebendig werden und liefert im Habitatmanagement von LIFE-BaltCoast hervorragende Ergebnisse Foto: Stiftung Naturschutz / Friedemann

INTERREG BioGrenzKorr Die Lebensräume der europaweit geschützten Stiftung Naturschutz und der Wildpark Eekholt Haselmaus grenzüberschreitend zu verbes- 2011 in ihren Zuchtstationen Haselmäuse auf- sern und ihre Populationen zu stützen, dafür genommen, die so spät geboren wurden, steht das von der EU geförderte INTERREG- dass sie sich nicht ausreichend Speck für den Projekt „BioGrenzKorr“. Die Schleswig-Hol- sicheren Winterschlaf anfressen konnten. Gut steinischen Landesforsten, die Naturstyrelsen gefüttert haben die Tiere eine Überleben- Fyn und Sønderjylland sind Projektpartner der schance und sollen in den nächsten Jahren Stiftung. Ein Baustein dazu ist die Nachzucht Nachwuchs für die Auswilderung produzieren. und Auswilderung der Tiere. Dafür haben die Mehr: www.biogrenzkorr.de

45 Moorschutz Bei der Umsetzung des Moorschutzpro- dann in die Umsetzung im Großen Moor bei gramms der Landesregierung setzt die Stif- Dellstedt, im Dellstedter Ostermoor und im tung Naturschutz auf die Zusammenarbeit al- Hartshoper Moor - Staue wurden gesetzt, Ent- ler Beteiligten. So wurden zunächst für jedes wässerungen verschlossen und Wälle aufge- Moor, das renaturiert werden soll, ein Gutach- schüttet. Parallel standen die Ausschreibun- ten erstellt und die konkreten Schritte sowohl gen für die Planungen und Baumaßnahmen in mit den Fachbehörden als auch den betroffe- den Folgejahren auf dem Programm. nen Gemeinden abgestimmt. 2011 ging es

Abb.3: Verwallungen hal- ten das Wasser im Moor zurück Foto: Stiftung Na- turschutz

Bunte Artenvielfalt dank Mähraupe umsiedeln. Zu Gute kam ihr, dass die Stiftung Zwei zur Mähraupe umfunktionierte ehemali- im Norderstedter Glasmoor Flächen besitzt. ge Pistenraupen touren inzwischen durchs Diese wurden in den vergangenen Jahren als Stiftungsland und sind überall dort im Einsatz, Lebensraum für die europaweit streng ge- wo herkömmliche Traktoren hoffnungslos im schützte Art hergerichtet. Aus im Kampmoor Moorboden versacken würden. Auch 2011 und in Kiesgruben der Umgebung gesammel- wurden wieder rund 150 Hektar gemäht, da- tem Laich wurden in der stiftungseigenen mit seltene Arten wie Sumpf-Blutauge, Zuchtstation an der Kieler Universität kleine Sumpf-Läusekraut und Knabenkräuter nicht Kröten großgezogen und in den frisch gestal- vom Schilf überwuchert werden. Die Maßnah- teten Lebensraum ausgesetzt. 2011 erfolgte men werden vom Ministerium für Energie- dann die Abnahme der Maßnahme durch die wende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Untere Naturschutzbehörde, nachdem der Re- Räume finanziert. produktionserfolg am neuen Standort nachge- wiesen und ausreichend Rufer verhört werden Ausgleichsagentur Schleswig-Holstein konnten. Mehr Informationen auf Die Erweiterung eines Umspannwerkes in www.ausgleichsagentur.de. Norderstedt, Kreis Segeberg, machte ein am- bitioniertes Artenschutzprojekt für die Kreuz- kröte notwendig. Die Ausgleichsagentur, 100- Nicola Brockmüller prozentiges Tochterunternehmen der Stiftung Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein Naturschutz Schleswig-Holstein, musste die Eschenbrook 4 gesamte Population dieser Art im Kampmoor 24113 Molfsee

46 2.5. Artenhilfsprojekt „Grüne Mosaikjungfer in Dithmarschen“ Das Land Schleswig-Holstein hat für den Be- ne Mosaikjungfer in Dithmarschen“ begon- standsschutz der stark gefährdeten Grünen nen. Die Projektmaßnahmen, die durch das Mosaikjungfer (Aeshna viridis) eine besondere Ministerium für Energiewende, Landwirt- Verantwortung (Details zur Verbreitung und schaft, Umwelt und ländliche Räume finanziert Gefährdung siehe Artenschutzbericht 2011). werden, dienen zugleich dem Erhalt und der Um die Bestände der Libellenart in ihrem ur- Bestandsförderung der in Schleswig-Holstein sprünglichen Verbreitungsgebiet im Kreis Dith- gefährdeten Krebsschere (Stratiotes aloides). marschen zu erhalten und zu fördern, hat das Die Grüne Mosaikjungfer ist eng an diese Bündnis Naturschutz in Dithmarschen e.V. im Pflanzenart gebunden, da die Libellenweib- Jahr 2010 in Kooperation mit mehreren Part- chen ihre Eier ausschließlich in Krebsscheren nern (siehe unten) das Artenhilfsprojekt „Grü- ablegen.

Abb.1: Entnahme von Krebsscheren aus dem Spendergewässer Foto: P. Steffens

In der ersten Phase des Artenhilfsprojektes den lokalen Bestand kurzfristig zu stützen, wurde im Sommer 2010 schwerpunktmäßig wurden als erste Maßnahme aus einem der im Süden des Kreises überprüft, ob die Grüne Gewässer einige Krebsscheren entnommen Mosaikjungfer und die Krebsschere aktuell und testweise in drei bestehende Gewässer noch an bekannten ehemaligen Fundorten vor- in der Region umgesiedelt. Für den Besatz kommen. Beide Arten konnten lediglich in drei wurden Gewässertypen ausgesucht, die ehe- benachbarten Kleingewässern auf Flächen der mals in Dithmarschen durch die beiden Zielar- Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein süd- ten besiedelt waren (Torfstichgewässer, dau- östlich von Heide nachgewiesen werden. Um erhaft wasserführende Gräben).

47 Da die Bestände der Grünen Mosaikjungfer einer Masterarbeit durchgeführt wurden, stim- langfristig nur in räumlich vernetzten Popula- men hoffnungsvoll. So konnten an nahezu al- tionen erhalten werden können, wurden auf- len Gewässern, in denen wenige Wochen zu- bauend auf den positiven Ergebnissen der ers- vor Krebsscheren ausgebracht worden waren, ten Umsiedlungsversuche in einer folgenden Grüne Mosaikjungfern nachgewiesen werden. Projektphase gezielt neue Gewässer für die In vier der fünf Projektgebiete wurden neben Ansiedlung der beiden Zielarten geschaffen. Larven und Larvenhüllen (Exuvien) auch Eier Für die Gewässerneuanlagen wurden Flächen ablegende Weibchen beobachtet. Die Fortset- der Stiftung Naturschutz ausgewählt, die auf- zung der Erfolgskontrollen wird zeigen, ob grund ihrer Standorteigenschaften und exten- sich die Krebsscheren- und Libellenbestände siven Nutzung dafür geeignet erscheinen, die auch längerfristig unter unterschiedlichen Jah- gewünschten Gewässereigenschaften mög- res- beziehungsweise Witterungsbedingungen lichst langfristig zu erhalten. Im Spätsommer etablieren können. 2011 wurden in fünf Gebieten in der Miele- und Windberger Niederung insgesamt 14 Ge- wässer angelegt, die jeweils eine Wasserflä- Dr. Inken Mauscherning und Lisa Dumpe che von durchschnittlich circa 1.000 Quadrat- Bündnis Naturschutz in Dithmarschen e.V. metern aufweisen. Neun dieser Gewässer Meldorfer Str. 17 wurden im Sommer 2012 mit Krebsscheren 25770 Hemmingstedt „beimpft“. Die Pflanzen wurden hierfür mit ei- nem Langarmbagger aus dem oben genann- ten Spendergewässer entnommen, auf einen Klaus Jödicke und Christian Winkler Muldenkipper verladen und anschließend in Faunistisch-ökologische Arbeitsgemeinschaft den neuen Gewässern der verschiedenen Pro- Schleswig-Holstein e.V. jektgebiete ausgebracht. Neben den Gewäs- serneuanlagen wurde zusätzlich ein weiteres altes Torfstichgewässer mit Krebsscheren be- Dr. Helge Neumann, Deutscher Verband für setzt. Da dem Erhalt der noch bestehenden Landschaftspflege (DVL) e.V., Artenagentur Krebsscheren- beziehungsweise Libellenvor- Schleswig-Holstein kommen eine besondere Bedeutung zu- kommt, ist vorgesehen, das Spendergewässer mit dem bedeutendsten Krebsscherenbestand Julia Riepen durch eine Teilentschlammung im Herbst 2012 Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein zu optimieren.

Die Ergebnisse erster Gewässerkontrollen, die Petra Steffens im Sommer 2012 insbesondere im Rahmen Universität Oldenburg

48 2.6 Der Gute Heinrich, ein königliches Wildgemüse Nach der „Prinzessin im Lumpenkleid“, die blanchiert und zum Beispiel auf einem Omelett Saatkarten-Aktion des Landesamtes für Land- gegessen. Eine Delikatesse sind die spargel- wirtschaft, Umwelt und ländliche Räume ähnlichen, gedünsteten Triebspitzen. Rezepte (LLUR) zur Kuckucks-Lichtnelke in 2010, kam für schmackhafte Quiches oder Kräuterdips fin- in 2011 ein Wildgemüse von herrschaftlicher den Sie in einschlägigen Kochbüchern oder Statur mit königlichem Paten daher: Mit der auch im Internet. Mitmachaktion zum Guten Heinrich (Chenopo- dium bonus-henricus) soll auf eine Pflanze auf- Wie in jedem Jahr sind zahllose Bürgerinnen merksam gemacht werden, die vor Jahrzehn- und Bürger sowie Vereine dem Aufruf gefolgt ten noch zerstreut, aber regelmäßig in Siedlun- und haben sich eine Saatkarte geholt. Erwähnt gen vorkam, inzwischen aber in ihrem Bestand werden soll hier der Archepark Warder, der si- stark gefährdet ist. Das große Gänsefußge- cherlich viele gute Standorte für den Guten wächs verbindet im deutschen Namen „Hain“ Heinrich hat, sowie das Gut Wulksfelde vor oder „Hag“, den von Hecken umgebenen be- den Toren Hamburgs. Hier hielt der Gute Hein- siedelten Platz, mit „Rich“, dem Herrscher. In rich zwar einen standesgemäßen Einzug in den England erinnert sein Name „Good King Hen- Küchengarten, der dem gut besuchten Restau- ry“ an Henry VII, den ersten König der Tudors. rant angeschlossen ist. Der kulinarische Durch- bruch beim gaumenverwöhnten Publikum des Der Gute Heinrich ist eine alte Heilpflanze und Hamburger Stadtrandes indes steht noch aus. hilft bei Wunden und Ausschlägen der Haut. Er „Der Bestand ist noch im Aufbau“, so Rolf gehört zu den guten Geistern, den Heinzel- Winter, einer der Geschäftsführer des Gutsho- männchen, und ist darüber hinaus ein köstli- fes. ches Wildgemüse. Einen festen Platz hingegen hat der staatliche Ursprünglich stammt der Gute Heinrich aus „Grünling“ im Garten von Frau Möckelmann, dem Gebirge. Er kam als wilder Spinat in die der Vorsitzenden des Landfrauenvereins in Dörfer. Die Bauern schätzten ihn als frühes, vi- Schmalfeld, Kreis Segeberg. Der Verein hatte taminreiches Gemüse. Er verschwand mit den in 2008 den Guten Heinrich als Projektpflanze Ställen und den Misthaufen aus den immer im Rahmen des Landfrauenprojektes „Wieder- städtischer geprägten Gemeinden. Weil der ansiedlung von 60 Wildpflanzenarten“ anläss- Schwerpunkt seiner Verbreitung in Deutsch- lich des 60jährigen Jubiläums des LandFrauen- land liegt, hat Schleswig-Holstein eine beson- Verbandes Schleswig-Holstein in der Nähe der dere Verantwortung für den Schutz dieser Schmalfelder Au ausgebracht und sein Wohler- Pflanze. Das LLUR hat dies zum Anlass ge- gehen im Rahmen einer Patenschaft verfolgt. nommen, die Bürgerinnen und Bürger des Lan- des zu einem Mitmach-Projekt aufzurufen und darum gebeten, dem “königlichen Boten mit Herz“ neue Lebensräume auf dem eigenen Grundstück zu schaffen.

Die mehrjährige Staude wird bis zu 70 Zenti- meter hoch: Mit ihren herzförmigen Blättern und eher unscheinbaren Blüten, die vom Wind bestäubt werden, schafft sie auffällige Akzente im Garten, an Stallungen, Reitplätzen oder an anderen Nutzungsgrenzen. Da der Gute Hein- rich nährstoffreiche Böden liebt und am besten an sonnigen Plätzen gedeiht, kann er leicht neue Lebensräume im dörflichen Umfeld ein- nehmen, überall dort wo nicht zu viel gemäht oder der Boden bearbeitet wird.

Die Fruchtstände des Guten Heinrichs bieten für unsere Singvögel einen reich gedeckten Tisch. Aber man kann ihn auch selbst genie- ßen: eine Ernte der Blätter und Triebe kann vom Frühjahr bis in den Herbst erfolgen, weil Abb.1: Der Gute Heinrich bevorzugt ein ruhiges sonni- er immer wieder aus seiner dicken, rübenarti- ges Plätzchen, hier am Gewächshaus der Fami- gen Wurzel austreibt. Die jungen Blätter wer- lie Möckelmann in Schmalfeld Kreis Segeberg den wie Spinat zubereitet, die Blütentriebe Foto: Dr. Silke Lütt

49 Den angesiedelten Pflanzen geht es auch heu- te noch gut und als grüner Nebeneffekt hat sich die seltene Art überall dort im schönen Bauerngarten von Frau Möckelmann angesie- delt, wo sie selber es am Besten fand: neben dem alten Gewächshaus, am Rand der Gar- tenhecke oder als pittoreskes Stillleben zu- sammen mit einem alten Tontopf und einer Mistgabel.

Die Mitmach-Aktion des LLUR mit Saatkarten erfreut sich einer ungebrochenen Beliebtheit. Die Zahl der Teilnehmenden steigt dabei von Jahr zu Jahr. Während in 2008 noch 900 Saat- karten zur Nickenden Distel erstellt wurden, sind es inzwischen 2.500 Karten, die im Ver- lauf des Jahres abgegeben werden. Aus fach- licher Sicht mag man ihren Beitrag für den Ar- tenschutz kritisch sehen - der Erhalt eines Le- bensraumes ist immer wichtiger als neue Vor- kommen zu schaffen - eines leisten die Aktio- nen auf jeden Fall: Sie begeistern viele Men- schen und motivieren, sich für den Schutz von Pflanzenarten einzusetzen. Zahlreiche Rückmeldungen per Brief oder E-Mail, begeis- terte Anrufe und hin und wieder auch Fotos Abb.2: Stimmungsvolle Arrangements mit dem Guten von den Schützlingen belegen dies. Es ist Heinrich im Bauerngarten von Familie Möckel- wohl vor allem das Gefühl, selbst etwas ge- mann in Schmalfeld, Kreis Segeberg Foto: Dr. gen einen Missstand machen zu wollen und Silke Lütt auch zu können, der viele zum Mitmachen an- regt. Dr. Silke Lütt Wenn Sie selbst noch Platz für majestätisches Dezernat Biodiversität Wildgemüse im eigenen Umfeld haben und Landesamt für Landwirtschaft Umwelt und jetzt beim Lesen Lust bekommen haben noch ländliche Räume mitzumachen, wenden Sie sich an den Be- Hamburger Chaussee 25 stellservice des LLUR Tel.: 0 43 47 / 704-230 24220 Flintbek oder per E-Mail:[email protected], denn Restbestände der Saatkarten zum Guten Heinrich sind noch vorhanden!

50 2.7 Wildnis und Arten „Wildnis“ ist ein großes Wort und wirft beson- durch Aufgabe vorheriger Nutzungen oder auf ders in Verbindung mit unserem Land natürlich Sonderstandorten in natürlicher, ungelenkter sofort die Frage nach der Sinnhaftigkeit auf. Entwicklung befinden und sich zu einem mehr Überhaupt kann man fragen, ob denn irgend- oder weniger fernen Endstadium hin entwi- wo auf unserem Planeten Wildnis, als von ckeln und sich also kontinuierlich verändern Menschen unbeeinflusste Natur, noch existiert werden, wenn wir es zulassen. und nicht überall der menschliche Einfluss Na- tur verändert hat. Auch der Mensch ist doch Teil der Natur – das ist trivial, aber welchen Bewertung Einfluss kann man denn noch als „natürlich“ Die Meinungen über das Eingreifen in natürli- bezeichnen? Gibt es einen historischen Zu- che Abläufe auf Flächen des Naturschutzes stand, den wir uns vielleicht als Idealzustand oder das Unterlassen von Eingriffen zum des Zusammenlebens Mensch – Natur vorstel- Schutze der Natur gehen auseinander und sind len? nicht immer konform unter Verantwortlichen im Naturschutz oder interessierten Menschen. Die Landschaft und Lebensgemeinschaften Wir Menschen bewerten gerne – fragen nach des Wildpferde jagenden Homo erectus vor dem Warum und Wozu und teilen ein in wert- 300.000 Jahren oder der letzten Neandertaler voll, erhaltenswert, gefährdet, häufig, nützlich, vor 30.000 Jahren, oder der Jungsteinzeit vor schädlich, wertlos, hübsch etcetera. 3.000 Jahren oder die vor der Industrialisierung oder von 1950 oder oder....Gibt es überhaupt Bewertung soll Entscheidungen erleichtern einen Zeitraum oder eine Gegend wo Men- und geschieht nach gewissen Normen, ist aber schen im Einklang mit der Natur gelebt haben immer auch subjektiv. So auch die Bewertung und was ist das eigentlich? Sind Stadtland- eines Stückes Natur. Hier gibt es kaum objekti- schaften, Verkehrswege, Agrarlandschaften et- ve Maßstäbe, sondern diese unterliegt auch cetera auch Natur? Mehr Fragen als Antwor- der persönlichen Einschätzung, Kenntnis und ten.... Werteskala der Bewertenden. Bei der Bewertung sich ungelenkt entwickeln- Bei uns gibt es ursprüngliche, nie genutzte grö- der Flächen ist zudem die Frage des Zeitpunk- ßere Bereiche wohl so gut wie nicht. Aller- tes gegenüber dem man den gegenwärtigen dings gibt es Gebiete oder Teile, die durch ihre Zustand betrachtet und zum Beispiel welche Nicht-Nutzbarkeit, teilweise auch aufgrund nur Organismen man als Wertmaßstab zugrunde unrentabler Nutzungsmöglichkeiten als, wenn legt entscheidend. auch meist kleinflächige, Wildnis bezeichnet werden können. Dazu zählen insbesondere Ein Beispiel mag das verdeutlichen: Im Rah- junge Lebensräume, etwa Teile unserer Küs- men der großen Vordeichungen der siebziger ten, wie Steilufer, Strandwälle, Primärdünen, und achtziger Jahre sind von der Unterelbe bis Sandbänke, Lagunen etcetera. Daneben gibt zur dänischen Grenze große ehemalige Watt- es heute noch oder wieder weitgehend unbe- flächen trockengefallen und abgestorben. Was einträchtigte Gebiete, wie Steilhänge im Bin- für die Wattorganismen tödlich endete, war für nenland, einige Bachläufe und Quellen in Wäl- einige bodenbrütende Vogelarten ein sponta- dern sowie viele Seeufer mit Verlandungszo- ner Gewinn. Sie besiedelten manche dieser nen und Bruchwäldern. Seit einigen Jahren Flächen in teilweise beachtlichen Zahlen. In ei- gibt es aber auch auf Naturschutzflächen nigen Kögen wurde die natürliche Entwicklung „neue Wildnis“ in Wäldern, nach Regenerati- nicht gesteuert und hier hat sich durch das na- onsmassnahmen in Mooren oder auf durch türliche Fortschreiten der Vegetationsentwick- menschliches Wirken und Eingriffe neu ent- lung der Zustand für diese Vögel verändert. standenen Flächen, zum Beispiel Abbauflächen Heute kommen röhricht-, gebüsch- und wald- oder Spülflächen an Elbe und Nord-Ostsee-Ka- bewohnende Vogelarten in teilweise landes- nal oder insbesondere in vor circa 30 Jahren weit größten Beständen (zum Beispiel Blau- durch Großeindeichungen entstandene sich kehlchen, Schilfrohrsänger und Bartmeise) vor. ungenutzt entwickelnde Flächen auf ehemali- Eine Bewertung fällt natürlich je nach betrach- gen Wattenmeerflächen an der Westküste und tetem Vergleichszustand, Arten oder Arten- an der Unterelbe. gruppen, und auch nach den persönlichen Wertmaßstäben und dem Empfinden und den Die „Wildnisse“ und ihre hier vorkommenden Vorlieben des Gutachters unterschiedlich aus - oder sich entwickelnden Lebensgemeinschaf- bleibt in jedem Fall subjektiv. Die lapidare Fest- ten sind also sehr verschieden. Zu unterschei- stellung, der Zustand habe sich dramatisch ver- den ist unter anderen zwischen alten Lebens- schlechtert kann in dieser allgemeinen Form räumen, die sich nahe am Klimaxstadium be- so nicht akzeptiert werden. Welcher Zustand finden, wie Naturwälder und Flächen, die sich eines Landschaftsteils erhalten oder ange-

51 Abb.1: 30 Jahre nach der Eindeichung: Junge Wildnis im Meldor- fer Speicherkoog. Foto: H.Thiessen

strebt werden soll ist also auch eine Frage des erscheinen ließ. Andere Brachen mögen sich persönlichen „Geschmacks“ des Gutachters. vollkommen anders entwickeln. Auch die Frage: welche Natur „gefällt“ kann ein legitimer Maßstab („Schönheit“) sein, aber In Wäldern machen uns die Untersuchungser- auch hier gilt: jede Entscheidung für etwas ist gebnisse und Erfahrungen die Entscheidung auch eine gegen etwas anderes. für das Nichtstun etwas leichter. Ergebnisse aus einigen Waldbereichen auch in Schleswig- Nicht eindeutig vorhersagbar ist die Sukzession Holstein zeigen, dass der Artenreichtum nach auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Unterlassung von Nutzungen größer wird. Na- Acker- oder Grünlandbereichen. So ergab zum turwälder und „Urwälder“ haben ein viel grö- Beispiel die Untersuchung einer mehrjährigen ßeres Artenspektrum als Wirtschaftswälder. Brachfläche am Lanker See, dass hier die Im Naturschutzgebiet Hevenbruch und ande- höchste Siedlungsdichte von Teichrohrsängern ren länger ungenutzten Wäldern im Kreis Lau- in Schleswig-Holstein lebte, was eine Entschei- enburg zeigten die Studien an Vögeln und Pil- dung zur Veränderung dieser Fläche durch Be- zen kurzgefasst folgendes: weidung zugunsten von Gänsen nicht sinnvoll

Abb.2: Bruchwald am Se- lenter See Foto: H. Thiessen

52 Die Brutvogelkartierung ergab deutliche Un- Bei der Artenzusammensetzung und Häufig- terschiede im Inventar der verschieden alten keit der Holz abbauenden Pilzarten zeigen untersuchten Waldflächen: Ausschließlich in sich deutliche Unterschiede zwischen den „älteren“ Buchenwäldern fanden sich Grau- verschiedenen Bewirtschaftungsformen. Ins- schnäpper, Habicht, Kolkrabe, Schwarzspecht, besondere nimmt die Zahl der Pilze, die Na- Trauerschnäpper, Weidenmeise und Zwerg- turnähe und Kontinuität anzeigen auf den schnäpper. Häufiger als im „jungen“ kamen nicht mehr bewirtschafteten Flächen signifi- im „älteren“ Wald Gartenbaumläufer, Mittel- kant zu. Auf grobes Totholz (Stämme, dicke specht, Kleiber und Waldkauz vor. Arten der Äste) spezialisierte Pilzarten werden in den Bewertungsstufen „reifer Wald“ und „natur- nicht mehr bewirtschafteten Wäldern häufi- naher Laubwald“ (Hohltaube, Kernbeißer, Mit- ger. Es zeigt sich, dass Baumpilze eine gute telspecht, Zwergschnäpper sowie Eichelhäher, Indikatorengruppe sind, da sie schon nach Fitis, Gartengrasmücke, Kleinspecht, Wald- wenigen Jahrzehnten deutliche Veränderun- laubsänger, Weidenmeise) wurden im Wirt- gen in der Artenzusammensetzung zeigen. Es schaftswald nur zufällig und in geringer Zahl konnte eine „kritische Totholzmenge“ von cir- gefunden. Sie sind im seit zwölf Jahren nicht ca 25 Kubikmetern/Hektar ermittelt werden, mehr genutzten Hevenbruch regelmäßig in ge- oberhalb der die pilzliche Biodiversität und ringer Zahl vertreten und im seit 50 und mehr auch die Qualität des Artenspektrums stark Jahren nicht mehr genutzten Schattiner Zu- zunehmen. schlag insgesamt mehr als doppelt so häufig wie im Hevenbruch.

Abb.3: Der jahrzehntelang nicht mehr bewirtschaftete Tönsfelder Wald im Aukrug zeigt das ganze Spektrum eines struktur- und artenrei- chen „Urwaldes“ Foto: H. Thiessen

Viele weitere Beispiele ließen sich anfügen noch mehr als bisher als eine Verpflichtung um die „Wertigkeit“ von ungelenkter Natur für von uns Menschen erkannt werden. Die letzte Arten darzustellen. Es bleibt aber vor allem Wildnis bei uns dauerhaft zu schützen und ih- eine grundsätzliche Frage unseres Verhältnis- ren Anteil zu erhöhen und unkontrollierte Pro- ses zur Natur. Das Nichteingreifen in natürli- zesse zuzulassen erfordert aber auch Mut und che Abläufe, die Nichtnutzung potentiell nutz- Entschlossenheit, Geduld und Gelassenheit. barer Landschaften fällt uns schwer. Der Natur Raum und Zeit zu geben, in der sie sich eigen- dynamisch entwickeln kann, muss weiter und Dr. Henning Thiessen

53 2.8 „Wildtiermanagement und Naturschutz in der Fehmarnbeltregion“ – Dänisch-deutsches Projekt Schutz der Lebensräume in der Agrarlandschaft am Beispiel des Rebhuhns (Perdix perdix) Das dänisch-deutsche EU-Projekt hat das Ziel optimierten, landwirtschaftlichen Nutzung von in Zusammenarbeit der Projektträger Dänischer Ackerflächen zu erarbeiten. Insbesondere spe- Jägerverband, Landesjagdverband Schleswig- zifische, blühende Wildpflanzenmischungen als Holstein und Universität Kiel (Institut für Natur- Brut-, Nahrungs- und Rückzugsbiotope zur För- und Resourcenschutz) in der Fehmarnbeltregi- derung der „Indikatorart“ Rebhuhn (Perdix per- on Konzepte und Methoden zur wildbiologisch dix) werden dabei erprobt.

Abb.1: Indikatorart Rebhuhn Foto: ara-naturfotografie

Zur Abschätzung der Rebhuhnpopulationen Als weitere Faktoren tragen besonders Beute- und der Lebensräume ist ein effektives Moni- greifer und ungünstige Wetterbedingungen zu torringsystem aufgebaut worden. Bestandsverlusten bei. Letztere Faktoren allein können aber nicht den langfristigen deutlichen Weiterhin wird die deutsch-dänische Zusam- Rückgang erklären. menarbeit von Jägern und Landwirten geför- dert. Auf dänischer Seite bearbeitet die Uni- Die Entwicklung des Energiepflanzenanbaus, versität Arhus die wissenschaftlichen Teila- wie Mais zur Biogasproduktion, Grünroggen- spekte als Partner des dänischen Jägerverban- anbau und schnellwachsende Gehölze für des. Ein Projektbeirat aus Vertretern des Mi- Hackschnitzel haben ebenfalls Auswirkungen nisteriums für Energiewende, Landwirtschaft, auf die am Boden brütenden Rebhühner. Umwelt und ländliche Räume des Landes Gleichzeitig begünstigt großflächiger Anbau die Schleswig-Holstein, der Wissenschaft, der natürlichen Feinde, wie Wildschweine und ver- Landwirtschaft und des Naturschutzes, der ursacht Wildschäden, weil sie diese neuen Flä- Imker sowie der Projektträger wirkt zur Beglei- chen als Nahrungsquelle und Ganztagslebens- tung steuernd mit. Das EFRE-Projekt im Rah- raum nutzen. men Interreg IVa konnte bereits zu Beginn 2011 seine Arbeit aufnehmen. Zukünftige Er- gebnisse könnten als Grundlage für eine flä- Ergebnisse chendeckende Umsetzung dienen. Seit dem Frühjahr 2011 wurden in drei Moni- toring-Aktionen die Zahl und die Verteilung der Vögel in der Region erfasst. Entwicklung Die Population der Rebhühnern in Dänemark In Schleswig-Holstein lagen die Stichproben- und Deutschland zeigt einen Rückgang , der anzahlen (Suchflächen) zwischen circa 250 vor allem mit der Intensivierung der Landwirt- und circa 140. Die hier insgesamt abgesuch- schaft nach 1950 einhergegangen ist, weil auf ten Flächengrößen in Hektar je Erfassung be- den intensiv genutzten Flächen geeigneter Le- trugen circa 79.000 Hektar bis minimal circa bensraum verloren ging. 39.000 Hektar und die relativen Anteile an der

54 Abb.2: Vergleich der Ent- wicklung der Brut- paardichten 2011 und 2012 im Pro- jektgebiet

Ackerfläche der Projektregion(N= circa mittelt wurden. Als vorläufiges Ergebnis lässt 180.000 Hektar) je Erfassung lagen zwischen sich festhalten, dass durchschnittlich minimal circa 30 Prozent und 42 Prozent. ein Aufwand von einer Stunde pro Untersu- cher und Quadratkilometer bei Anwendung Die festgestellten Paardichten lagen zwischen der Punkt-Stop-Zählungsmethode zur Erfas- 0,12 Paaren / 100 Hektar und 0,27 Paaren / sung nötig ist. Abweichungen davon ergeben 100 Hektar. Eine weitere Zählung ist für den sich bei besonderen Gebietsverhältnissen (Hö- Herbst 2012 vorgesehen. henstrukturen, Wald-/Feldanteile, Wegenetz- dichte, Begehbarkeit und so weiter). In Däne- Die Gewinnung einer ausreichenden Zahl von mark wurden die Biotope in den dortigen vier ehrenamtlichen Mitarbeitern aus der Region Untersuchungsgebieten zusätzlich pflanzenso- im Projekt stellte einen Schwerpunkt der bis- ziologisch kartiert. Damit soll ein möglicher Zu- herigen Arbeit des Projektes dar. Zur Zielgrup- sammenhang zwischen Biotopausstattung pe gehören dabei besonders die Jäger und und Rebhuhndichte nachgewiesen werden. Landwirte der Fehmarnbeltregion. Die Erfassung traf auf eine gute Resonanz und starke Unterstützung. Insgesamt wurden bis- Sehr viele Meldungen kamen von sachkundi- her mehr als 8.000 Stunden ehrenamtliche Ar- gen Landwirten, die die Untersuchungsflächen beit geleistet. während der Feldbewirtschaftung systema- tisch und flächendeckend abfuhren und somit In 2011 sind circa 40 Demonstrationsflächen in relativ kurzer Zeit die Rebhühner erfassen („Trittsteinbiotope“) und in 2012 circa 60 mit konnten. einer von vier verschiedenen Ansaatmischun- gen aus heimischer Herkunft bestellt worden: Es zeigte sich, dass diese Ergebnisse mit un- • 1-jährige Blühmischung aus 20 Wildpflan- terschiedlichem Aufwand (=Suchintensität) er- zen

55 • mehrjährige Blühmischung aus 24 Wild- Entwicklung der Kulturen zu demonstrieren. pflanzen Die Wildpflanzenmischungen zur Erzeugung • 1-jährige Mischung aus zwölf Arten blühen- von Biogas der bayerischen Landesanstalt für der Wildpflanzen. Wein- und Gartenbau besitzen gute Biotopei- • mehrjährige Mischung zur Biogaserzeu- genschaften und bilden wertvolle Lebensräu- gung aus 25 Arten blühender Wildpflanzen. me für wildlebende Tier- und Pflanzenarten, Diese circa 100 Demonstrationsflächen (circa obwohl sie vorrangig landwirtschaftliche Pro- 75 Hektar) dienen dazu den Landwirten die duktionsflächen sind.

Abb.3: Biogaswildpflanzenmischung neben konventionellem Biogasmais Foto: Dr. Ulrich Fehlberg

Dies könnte im Projektgebiet ein erfolgreicher In den Gesprächen mit Landwirten wurde viel- Weg werden, um ökologisch wirksame Natur- fach deutlich, dass großes Interesse besteht. schutzeffekte mit ökonomisch rentabler Bio- Allerdings stoßen hier der gute Wille und die energieerzeugung zu koppeln. Einsicht in ökologische Zusammenhänge und Notwendigkeiten auf ökonomische Hindernis- Durch nachfolgende Besichtigung der Flächen se. In 2012 wurde insbesondere der starke durch den Projektmanager zusammen mit den zeitliche Aufwand für die Führung von Listen lokalen Landwirten und Jägern konnte der Er- (Freiwillige Arbeitsstunden, Agraranträge: Feh- folg überprüft und dokumentiert werden. lende „Codes“ für Ackerflächen (Mais, Wei- Die Flächen erfüllen auch den vorgesehenen zen, Gerste, Raps jeweils mit Wildpflanzen- Zweck, eventuelle Vorbehalte gegen „Wild- streifen)), die eine Berechnung der Flächen pflanzen auf Ackerflächen“ zu entkräften und und eine Anlage neuer Schläge notwendig – wie in vielen Fällen geschehen – positive machten beklagt und als ein Haupthindernis Eindrücke bei den Landwirten und der Bevöl- bei der Umsetzung bezeichnet. kerung zu erzielen.

56 Abb. 4: einjährige blühende Wildpflanzenmi- schungen als Brut-, Nahrungs- und Rückzugsbiotop Foto: Dr. Ulrich Fehlberg

Aus den zahlreichen Gesprächen ergibt sich rem auf den Wasserhaushalt, die Stickstoffbi- eindeutig, dass zukünftig eine relativ große lanzen und eine verminderte Bodenerosion an Akzeptanz und Umsetzung seitens der Land- gefährdeten Standorten. wirte erwartet werden könnte, wenn – neben der Grundprämie – eine Förderung in Höhe Auch in Dänemark hat das Projekt jetzt offiziel- von 500,-Euro je Hektar Ackerfläche und die le Aufmerksamkeit und Unterstützung gefun- Bereitstellung des notwendigen Saatgutes er- den, weil die neue Regierung beabsichtigt bei folgen würde. Ein entsprechendes Agrarpro- der dänischen Naturschutzpolitik, künftig be- gramm - vergleichbar mit dem Ackerrandstrei- sondere Aufmerksamkeit auf die Arten Reb- fen-Programm – ist wünschenswert und ziel- huhn und Hase als Leitarten zu legen. Es ist führend. dabei geplant, das „Wildtiermanagement & Naturschutz“-Projekt als Pilotprojekt für ein zu- Im Hinblick auf die neue Gemeinsame Agrar- künftiges dänisches, nationales Management- politik ab 2014 ist es aus unserer Sicht erfor- system von Feldwildtierarten dienen zu las- derlich, dass die Wildpflanzenkulturen auf sen. Ackerflächen nicht nur als „eigenständige Kul- turen“ in der Fruchtfolge anerkannt werden, sondern auch unter bestimmten Bedingungen Heiko Schmüser (Wildpflanzenmischungen mit mindestens 20 Christian-Albrechts-Universität Kiel Arten aus standortgerechten, heimischen Her- Institut für Natur- & Ressourcenschutz künften, mehrjährige Nutzung) wegen der na- Abt. Landschaftsökologie turschutzfachlich nachgewiesenen, ökologisch Projekt WildTierKataster positiven Wirkungen auf Boden, Flora, Fauna Olshausenstraße 75 und Wasserhaushalt als „ökologische Vorrang- 24118 Kiel flächen„ anerkannt werden. Dr. Ulrich Fehlberg Damit könnten „erhebliche“ (circa ein bis zwei CoNatur Wildtiermanagement Prozent), bisher als konventionelle Ackerflä- Projekt „Wildtiermanagement und Natur- chen genutzte Anteile der landwirtschaftliche schutz Nutzfläche in Schleswig-Holstein zu Lebens- in der Fehmarnbeltregion“ räumen für bedrohte Arten und Lebensge- Markt 9 meinschaften der Agrozönose werden. Zusätz- 24306 Plön lich ergäben sich positive Effekte unter ande-

57 2.10 Wolfsmanagement in Schleswig- Holstein Seit dem Jahr 2000 gibt es wieder reproduzie- Koordinierung rende Wölfe in Deutschland. Bereits 1996 Das schleswig-holsteinische Wolfmanagement wurde der erste Wolf auf dem Truppen- wird durch das Ministerium für Energiewende, übungsplatz Oberlausitz in der Muskauer Hei- Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume de gesichtet. Im Jahr 2000 wurden hier dann koordiniert. Das Ministerium wird hierbei die ersten vier Welpen geboren. Seither brei- durch einen Runden Tisch unterstützt, an dem ten sich die Wölfe wieder in Deutschland aus alle relevanten gesellschaftlichen Gruppen be- und besiedeln vor allem große ungestörte Ge- teiligt sind. Darüber hinaus wurde mit dem biete wie zum Beispiel Truppenübungsplätze Wildpark Eekholt ein Stützpunkt (Wolfsinfo- oder große Naturschutzgebiete. zentrum) entwickelt, der die praktische Um- setzung des Managements in seinen verschie- In Gebieten, in denen Wölfe nach langer Ab- denen Facetten unterstützt. wesenheit zurückgekehrt sind, sind in der Ver- gangenheit immer wieder Konflikte mit Tierhal- • Präventive Maßnahmen zur Vermeidung tern oder auch aus der Region kommenden von Schäden durch Wölfe Bürgerinnen und Bürgern aufgetreten. Je hefti- Gebiete in denen sich Wölfe standorttreu ger die Diskussionen zwischen verschiedenen verhalten, werden zu Wolfsgebieten er- Interessengruppen geführt wurden, desto klärt. Abgrenzungen werden großräumig, schwieriger war es konstruktive Lösungsansät- zum Beispiel auf der Ebene der Kreise, vor- ze für die Anwesenheit des Wolfes zu finden. genommen. In diesen Gebieten werden Das Land Schleswig-Holstein hat sich deshalb vorbeugende Maßnahmen (Elektrozäune, frühzeitig, nämlich nach dem ersten Auftreten Herdenschutzhunde) empfohlen und geför- eines wild lebenden Wolfes im Jahre 2007, der dert. Bei deutlicher Missachtung dieser leider ein Opfer des Straßenverkehrs wurde, Empfehlung wird kein Schadensausgleich darum bemüht, Lösungsmöglichkeiten mit al- geleistet. len beteiligten gesellschaftlichen Gruppen zu diskutieren und zu vereinbaren. • Finanzieller Ausgleich für Schäden durch Wölfe Bereits im März 2010 wurde das Ergebnis die- Dieser Bereich enthält Maßnahmen, im ser gemeinschaftlichen Arbeit im Wildpark Rahmen derer bereits aufgetretene Schä- Eekholt als Wolfsmanagement des Landes den reguliert werden. Gefährdet sind ins- Schleswig-Holstein einer breiten Öffentlichkeit besondere Schaf- und Ziegenherden. Eine vorgestellt. Unterscheidung zwischen gewerblicher Haltung und Liebhaberhaltungen wird aus Das schleswig-holsteinische Wolfmanagement Akzeptanzgründen nicht getroffen. Unter basiert auf folgenden Eckpunkten: Beachtung EU-rechtlicher Vorgaben wer- den bestätigte Verluste an Haustieren voll- ständig und umfassend aus Mitteln des Landes Schleswig-Holstein ersetzt.

• Öffentlichkeitsarbeit Zahlreiche Konflikte können nur durch Aufklä- rung und damit über offensive Öffentlichkeits- arbeit minimiert werden. Hierzu bedarf es ei- ner hinreichend großen Anzahl geeigneter fachkundiger Personen. Interessierte Vertreter der betroffenen Verbände sowie Behördenver- treter wurden zu diesem Zweck im Frühjahr 2011 zu Wolfsbetreuern ausgebildet. Die Kos- ten für diese Ausbildung wurden aus Mitteln des Landes Schleswig-Holstein finanziert

Im Juli 2012 wurde dann der erste lebende Wolf in Schleswig-Holstein im Bereich des westlichen Kreises Segeberg nachgewiesen und aufgrund der vorausschauenden Arbeit der vielen interessierten Mitstreiter ist das Land auf das Auftreten eines Wolfs gut vorbe- reitet. Abb.1: Wölfe im Wildpark Eekholt Foto: Wolf Freiherr von Schenck

58 Wölfe werden in verschiedenen Naturschutz- Großraubtieren – Rahmenplan Wolf“ erarbei- abkommen berücksichtigt. tet. Zur Kategorisierung der verschiedenen • Washingtoner Artenschutzabkommen Meldungen wird ein Kriterienkatalog verwen- • Berner Konvention det, der ursprünglich zur Bewertung von • FFH-Richtlinie Luchsmeldungen erarbeitet und im Rahmen des oben genannten Vorhabens für den Wolf National stehen sie als streng geschützte Art angepasst wurde. Diese so genannten unter dem Schutz des Bundesnaturschutzge- SCALP-Kriterien (Status of Conservation of the setzes (BNatSchG) Alpine Lynx Population) unterscheiden drei Wertigkeitsstufen: Die Schutzziele der oben genannten Abkom- men stehen im Einklang mit dem Überein- C 1 = eindeutige Nachweise kommen zur Erhaltung der Biologischen Viel- C 2 = bestätigte Hinweise falt (Rio Konvention). Dieses formuliert die Er- C 3 = unbestätigte Hinweise haltung der biologischen Vielfalt auf den Ebe- Ein hoher Schutzstatus ist allein nicht ausrei- nen der Ökosysteme, der Arten sowie der ge- chend, um die Wiederbesiedlung Deutsch- netischen Vielfalt innerhalb der Arten. lands durch Wölfe zu sichern und die notwen- Zur Umsetzung der oben genannten Ziele hat dige Akzeptanz in breiten Bevölkerungsschich- die Europäische Kommission erläuternde Leit- ten zu erreichen. Dies trifft insbesondere für linien herausgegeben. Diese Guidelines for unmittelbar oder mittelbar betroffene gesell- Population Level Management Plans for Large schaftliche Gruppierungen zu. Gleichwohl wer- Carnivores legen als übergeordnetes Schutz- den die bestehenden gesetzlichen Bestim- ziel fest, dass keine Hauptpopulation einer eu- mungen durchgesetzt und illegale Übergriffe ropäischen Großraubtierart nach den Kriterien auf Wölfe mit allen zur Verfügung stehenden der IUCN (International Union for Conservation rechtlichen Mitteln konsequent geahndet und of Nature and Natural Resources, deutsch: In- als Folge gesellschaftlich geächtet. ternationale Union für Naturschutz) als bedroht gelten sollte. Dies kann insbesondere beim Schäden, die Einzelnen – hier sind insbeson- Wolf nur durch Vernetzung der bestehenden dere betroffene Nutztierhalter zu nennen - ent- Teilpopulationen erreicht werden. Die Leitlini- stehen, werden schon aus Akzeptanzgründen en empfehlen darüber hinaus eine über den im Rahmen geltenden Rechts unbürokratisch nationalen Rahmen hinaus gehende Populati- und umfassend ersetzt werden. onsbetrachtung. Auf Grund des fragilen Zustandes der Grundlage für ein funktionierendes Manage- deutsch-westpolnischen Wolfspopulation kom- ment ist ein geeignetes Monitoring mit dem men derzeit für ein Populationsmanagement Ziel, die Anzahl eventuell vorhandener Wölfe nur Maßnahmen in Frage, die in letzter Konse- sowie deren bevorzugte Aufenthaltsorte zu er- quenz die Bestandsentwicklung fördern. Ziel mitteln. Darüber hinaus können weitergehen- muss es sein, die bundesdeutsche Wolfspo- de Informationen (Nahrungszusammenset- pulation so zu fördern, dass sie in Verbindung zung etcetera) hilfreich sein. mit den westpolnischen Beständen in einen günstigen Erhaltungszustand versetzt wird. Aufgrund der geringen Zahl von Tieren, die in Aufgrund der derzeit geringen Wolfszahlen ist Schleswig-Holstein zu erwarten sind, er- dies noch nicht der Fall. scheint ein in sich abgeschlossenes Monito- ring (Aktives Monitoring), vergleichbar dem für Vor dem Hintergrund fortschreitenden Arten- viele andere europäische Tier- und Pflanzenar- rückgangs und der damit verbundenen Desta- ten, nicht angemessen. In Schleswig-Holstein bilisierung der ökologischen Systeme auch in wird deshalb ein Monitoring-Verfahren durch- Schleswig-Holstein, ist die Wiederbesiedlung geführt, das Wolfsmeldungen aus allen mögli- durch die ehemals heimische Art Wolf ein Bei- chen Quellen sammelt, kategorisiert und einer trag zu Erhaltung, Sicherung und Entwicklung abschließenden Einschätzung durch Experten der Biodiversität. unterzieht. Ein solches passives Monitoring er- fordert nur wenig Feldarbeit, sondern besteht im Wesentlichen aus Sammeln, Auswerten Anke Schwarz-Kaack und Analysieren von Informationen, die zufällig Ministerium für Energiewende, Landwirt- anfallen. Ein entsprechendes Verfahren wurde schaft, im Rahmen eines Forschungs- & Entwick- Umwelt und ländliche Räume lungsvorhabens des Bundesamtes für Natur- Mercatorstraße 3 schutz (BfN) mit dem Titel „Grundlagen für 24106 Kiel Managementkonzepte für die Rückkehr von

59 2.10 Naturwälder in Schleswig-Holstein – „Urwälder von morgen“ Klassische Urwälder gibt es bekanntlich nicht In Schleswig-Holstein wurden seit 1982 alte mehr in Schleswig-Holstein. Relikte und alte Laubwälder aus der Nutzung genommen und Standorte einstiger Urwälder kommen aber in als „Urwälder von morgen“ geschützt (Abb. erstaunlichem Umfang vor, wie neue Untersu- 1). Die stetige Entwicklung dieser Schutzmaß- chungen belegen. Rund 30 Prozent der heuti- nahmen in unseren Wäldern soll hier doku- gen Wälder stocken auf historisch alten Wald- mentiert werden. standorten, davon viele auf Standorten, die durchgehend seit 9.000 Jahren bewaldet sind. Die heutigen Wälder im Lande sind im Ver- gleich mit den anderen Bundesländern noch Urwälder und ihre Relikte genießen ange- auffallend reich an heimischen Laubbäumen. sichts des weltweiten Artensterbens und des Mit einem Anteil von 61 Prozent Laubbäumen Rückgangs natürlicher Lebensräume eine weist Schleswig-Holstein nach dem Saarland hohe Wertschätzung. Der Schutz dieser Relik- den zweithöchsten Anteil auf (Zweite Bundes- te und ihre Renaturierung sind in unserer Kul- waldinventur). Die Waldbäume sind mit 4,3 turlandschaft daher ein wichtiges Anliegen Prozent über 160 Jahre im Durchschnitt auch des nationalen und internationalen Naturschut- relativ alt (Bundesmittel 2,2 Prozent). Viele alte zes (Biodiversitäts-Konvention der UNCED Bäume blieben hier über Jahrzehnte und Jahr- 1992, Natura 2000-Programm der EU, Nationa- hunderte stehen. le Strategie zur Biologischen Vielfalt der Bun- desregierung 2007).

Abb. 1: Renaturierung eines alten Urwaldstandorts: Naturwald Luhnstedter Gehege bei Rendsburg seit 20 Jahren aus der Bewirtschaftung als „Urwald von morgen“ Foto Henning Thiessen

60 Naturwaldparzellen Referenzflächen Seit 1982 wurden einzelne kleine Waldbestän- Die Kreisforsten Herzogtum Lauenburg nah- de als sogenannte „Naturwaldparzellen“ aus men in dieser Zeit rund 1.200 Hektar und der forstwissenschaftlichen Gründen aus der Nut- Stadtwald Lübeck rund 400 Hektar aus der zung genommen und der natürlichen Entwick- Nutzung und richteten diese Waldflächen als lung überlassen. Das Projekt wurde vom Bota- Referenz- und Prozessschutzflächen ein. Hier nischen Institut der Uni Kiel und der Bundes- kamen größere zusammenhängende Waldflä- forschungsanstalt für Naturschutz und Land- chen zur Auswahl, wie Teile des Lauerholzes schaftsökologie begleitet. bei Lübeck, wie der Hevenbruch bei Nusse oder das Salemer Holz bei Ratzeburg. Der Pro- Von 1982 bis 1986 kamen rund 41 Naturwald- zessschutzwald des Stadtwaldes Lübeck wur- parzellen in den Landesforsten mit einer Flä- de im Rahmen eines Bundesprojektes (Deut- che von insgesamt 220 Hektar zur Auswahl. sche Bundesstiftung Umwelt) im Vergleich 1989 wurden sie jeweils mit einem Schutzbe- zum bewirtschafteten Wald untersucht und reich auf 320 Hektar erweitert. 2005 kamen ausgewertet. weitere Naturwaldparzellen im Stadtwald Lü- beck (2), in den Kreisforsten Herzogtum Lau- enburg (2) und auf Waldflächen der Stiftung Naturwälder Naturschutz (1) hinzu. Von 1999 bis 2006 wurden mit dem Ziel, zehn Prozent der Landesforsten als Naturwald aus Die Naturwaldparzellen erhielten eine Kernzo- der Nutzung zu nehmen und für den Arten- ne von jeweils ein bis zwei Hektar, die in der und Lebensraumschutz zu sichern, weitere Regel gegen Wildverbiss gezäunt wurde, um Waldflächen ausgewählt. Grundlage waren die den hohen Wildbestand der angrenzenden Waldbiotopkartierung in den Landesforsten Kulturlandschaft auszuschließen. Vornehmlich von 1999-2004 sowie fachliche Vorschläge wurden alte naturnahe Bestände ausgewählt, des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt die je nach Standort verschiedene Waldgesell- und ländliche Räume (LLUR). Auf Vorschlag schaften widerspiegeln. Der Holzvorrat der des LLUR kamen vornehmlich folgende Wäl- Kernflächen wurde alle zehn Jahre vermessen der zur Auswahl: und der Zuwachs ermittelt. In den Jahren 1987/8 und 2004/5 fand jeweils eine vegetati- Nach LNatSchG geschützte gesetzliche onskundliche Vollerfassung nach Braun-Blan- Schutzgebiete (ehemals §15a, heute nach quet statt. §21, prioritäre Lebensräume nach FFH-Recht) Alte strukturreiche Laubwälder mit besonde- rem Arten- oder Biotopvorkommen (Auswahl- Vorrangflächen für den Naturschutz gebiete für das Natura2000-Programm) Von 1990 bis 1996 wurden rund 1.700 Hektar Vorrangflächen für den Naturschutz Vorrangflächen für den Naturschutz gemein- sam mit dem Landesamt für Natur und Um- Diese Vorschläge wurden intensiv abgestimmt welt in den Landesforsten ausgewählt und mit und als Ergebnis der Forsteinrichtung gesi- Erlass ausgewiesen. Sie umfassen kleine chert. Eine Ausweisung als gesetzlicher Natur- Waldgebiete, wie Pugum bei Glücksburg, Ge- wald wurde bisher nicht vollzogen. Im Jahr hege Osterohrstedt bei Husum, Riesebusch 2007 erreichten die Naturwälder sieben Pro- bei Lübeck oder Teile der Hahnheide bei Trit- zent (3.100 Hektar) in den Landesforsten. Mit tau, und schließen die vorhandenen Natur- der Neuorganisation als Anstalt öffentlichen waldparzellen mit ein. Beabsichtigt war, nach Rechts 2008 wurde der Naturwaldanteil auf Auszug der nichtheimischen Baumarten die fünf Prozent (2.245 Hektar) reduziert und ver- Vorrangflächen zu Naturwäldern zu entwi- einbart. ckeln. Insgesamt sind zurzeit 2,9 Prozent des Wal- In dieser Zeit kaufte die Stiftung Naturschutz des im Lande als Naturwald aus der Nutzung Schleswig-Holstein den Stodthagener Wald genommen (Bundesdurchschnitt kleiner ein bei Kiel und Teile des Riesewohldes bei Heide Prozent), Tabelle 1. an und nahm diese Waldflächen mit rund 600 Hektar weitgehend aus der Nutzung.

61 Tabelle 1: SH Kreisforsten Naturschutz- Verteilung der Na- Landesforsten Herzogtum Stadtwald Stiftungen Insgesamt turwälder in Schles- AöR Lauenburg Lübeck (Privatwald) SH wig-Holstein Waldfläche insgesamt Hektar 45.000 10.600 4.400 162.000 Naturwald Hektar 2.245,1 1.163,4 479,0 854,0 4.741,5 Prozent Anteil Naturwald 5,0 11,0 10,9 2,9

Die Naturwälder in den Landesforsten (SHLF haben einen Anteil von 46 Prozent in den Lan- AöR) sind vornehmlich aus Buche und Eiche desforsten. (48 Prozent) sowie aus Erle und Birke (47 Pro- Naturwald: Stück ab Prozent zent) zusammengesetzt (Tab. 2). Buche kommt überwiegend im Alter von 141 bis 160 Größenklasse in Hektar 5 Hektar Fläche Jahren vor. Eiche kommt überwiegend im Al- < 5 23 ter von über 180 Jahren, Erle und Birke im Al- 5-9 30 11 ter von 41 bis 80 Jahren vor. 10-19 30 20 20-50 21 28 Die Naturwälder der Kreisforsten Herzogtum > 50 6 18 Lauenburg und der Stadtforst Lübeck sind Summe SH Landesforsten 87 100 ähnlich zusammengesetzt (Tab. 2). Für die Na- Tabelle 3: Verteilung der Naturwälder in den Landes- turwälder der Naturschutz-Stiftungen liegt kei- forsten nach Größenklassen ne Forsteinrichtung vor.

Baumartenanteil Stand der Auswertung in Prozent SHLF Kf Lbg SW HL Die Naturwälder in den Landesforsten vertei- Eiche 17 15 18 len sich prozentual gleichmäßig auf die vor- Buche 31 30 25 handenen Standorte nach der potentiellen Esche, Ahorn 1166Waldgesellschaft (Tab. 4). Deutliche Abwei- Erle, Birke 36 26 22 chungen sind lediglich beim Drahtschmielen- Buchenwald und beim Erlenbruchwald vorhan- Kiefer 22115 den. Lärche 004 Fichte 1210Der Drahtschmielen- Buchenwald kommt im 100 100 100 Naturwald anteilig weit geringer vor als poten- Tabelle 2: Baumartenverteilung der Naturwälder in den tiell nach dem Standort. Dieser Standort ist Landesforsten (SHLF), in den Kreisforsten insgesamt stark durch Nadelwald überprägt, Herzogtum Lauenburg (Kf Lbg) und im kommt also mit naturnaher Bestockung weit Stadtwald Lübeck (SW HL) in Prozent Holz- weniger vor. Im Vergleich zum tatsächlichen boden Vorkommen der naturnahen Bestockung nach der Waldbiotopkartierung ist er jedoch relativ gut vertreten. Aufgrund der Waldflächenverteilung im Lande überwiegen Naturwälder in den Landesforsten Der Erlenbruchwald ist generell geschützt und mit einer durchschnittlichen Größe von 20 bis als Naturwald ausgewiesen. 50 Hektar (Tab. 3.) Naturwälder ab 20 Hektar

62 Waldgesellschaft / Biotoptyp Naturwald Holzboden Naturnahe Tabelle 4: Landesforsten Waldgesellschaften Verteilung der PNV nach WBK Waldgesellschaften %%%im Naturwald, po- tentiell im Gesamt- Buchen-Eichen-Wald 11 10 8 wald (PNV) und im Birken-Eichen-Wald 2 4 1 Wald der kartierten Birken-Ei-Ki-Wald 1 1 Waldgesellschaften nach der Waldbio- Waldgersten-Buchenwald 2 2 4 topkartierung Perlgras-Buchenwald 25 18 41 (WBK)1999-2004 in Flattergras-Buchenwald 28 18 26 den Landesforsten Drahtschmielen-Buchenwald 16 41 8

Erlenbruchwald 10 2 5 Birkenbruchwald 1 1 2 Moorwald 1 1 1

Bach-Eschenwald 2 1 3 Auenwald 1 1 1 Summe % 100 100 100

Summe ha 2.245,1 45.317,9 11.381,9

Die Forschung in den Naturwäldern wurde chen Standorten und mit hohen Vorräten auch bislang auf die bestehenden Naturwaldparzel- im Alter noch sehr hoch. Sie gehen in der Zer- len (Kernflächen) konzentriert. Für diese Flä- fallsphase deutlich zurück (Abb. 3). chen liegen über einen langen Zeitraum fol- gende aufwendige Untersuchungen vor: Die Vegetationsaufnahmen der Bodenflora be- • Holzvorratsaufnahmen der Forsteinrich- legen mit dem zunehmenden Kronenschluss tung 1983-2006 (Vollkluppungen) den Rückgang der Arten und ihrer Verbreitung. • Vegetationsaufnahmen von B. Billetoft Stickstoff liebende Arten nehmen aber auf- und J. Dethlefsen 1987, 2004/05 grund der Luftschadstoffe aus Verkehr und Landwirtschaft zu. Die Holzvorräte wachsen in der Aufbau- und Schlussphase an und verringern sich schnell Für die Naturwälder der übrigen Waldflächen in der Zerfallsphase (Abb. 2). Das Vorkommen liegen folgende Untersuchungen vor: von Totholz ist in der Aufbau- und Schlusspha- • Kartierung der Totholzinsekten im Riese- se eher zufallsbedingt, in der Zerfallsphase busch von Stefan Gürlich 2007 dann aber kennzeichnend (Abb. 4). • Mutifunktionale Forstwirtschaft im Stadt- forst Lübeck, Hevenbruchprojekt, der CAU Die Zuwächse sind auf schwachen Standorten Kiel und LLUR (vergleichende Aufnahmen und mit hohen Vorräten sehr gering, auf rei- der Holzvorräte, der Bodenfauna, der Bo-

Holzvorräte der Buchen-Naturwaldkernflächen Abb. 2: Efm/ha Holzvorräte in Ern- (ohne Totholz) tefestmeter je 700 Hektar für einzelne Hütten Dodau1 Fohlenkoppel 600 Naturwaldparzellen Idstedt Dodau2 (auf reichen Stand- 500 Hahnheide orten: Hütten, Do- 400 dau 1 u. 2 bei Eutin Bremsburg Heidmühlen Buchholz 300 und Fohlenkoppel bei Reinfeld; auf 200 schwachen Stand- 100 orten: Bremsburg bei Husum, Idstedt, 0 Hahnheide, Heid- 101 107 131 135 141 148 150 157 260 mühlen und Buch- Alter in Jahren nach 2. Aufnahme holz bei Wahlstedt)

63 Abb. 3: Jährliche Zuwächse Efm/ha/Jahr Jährlicher Zuwachs der Buchen-NWK in Erntefestmeter 25,0 je Hektar für einzel- Hü ne Naturwaldparzel- 20,0 len (auf reichen Standorten: Hütten, 15,0 Dodau 1 u. 2 und Idst Do1 Fohlenkoppel; auf 10,0 Ha Do2 Fo schwachen Stand- Bre orten: Bremsburg, 5,0 Idstedt, Hahnheide, Hei Bu Heidmühlen und 0,0 Buchholz) 101 107 131 135 141 148 150 157 260 Alter in Jahren nach 2. Aufnahme

Abb. 4: Fm/ha Totholzvorkommen der Bu-NWK Totholz in Festme- 60,0 ter je Hektar für Hü einzelne Naturwald- 50,0 parzellen (auf rei- Bu chen Standorten: 40,0 Hütten (Sturm- 30,0 wurf), Dodau 1 u. 2 Do1 Do2 und Fohlenkoppel; 20,0 auf schwachen Bre Idst Hei Fo 10,0 Standorten: Brems- Ha burg, Idstedt, 0,0 Hahnheide, Heid- 110 116 139 136 148 149 153 157 263 mühlen und Buch- holz) Alter in Jahren nach Aufnahme 2004

denflora, der Pilze, der Vögel, des Wildver- Zukünftiges Naturwaldkonzept bisses) 2008 Die Naturwälder wurden 1982 bis 2007 von • Holzvorrats- und Vegetationsaufnahmen der Landesforstverwaltung SH (Forstplanung) der Naturwaldkernflächen Riesewohld, betreut und ausgewertet. Mit Beitritt des Lan- Möllner und Salemer Holz, Hevenbruch des zur Nordwestdeutschen Forstlichen Ver- und Lauerholz 2005 suchsanstalt in Göttingen 2010 werden diese Aufgaben nun von dort wahrgenommen. In Diese Kartierungen belegen den Artenreich- Anpassung an das Verfahren der Versuchsan- tum alter naturnaher Wälder. Diese Wälder stalt wird dazu ein neues Konzept für Schles- sind wie auch im Stadtwald Lübeck in der wig-Holstein erarbeitet. Schlussphase auf guten Standorten sehr vor- rats- und zuwachsreich. Besonders erstaunlich Zum Schutz der Biotope und ihrer natürlichen ist der Artenreichtum der lignicolen Pilze. Sie Artenvielfalt sollen in den nächsten Jahren be- sind eine gute Indikatorgruppe für Naturnähe. sondere Vorkommen erfasst und gesichert Sie verbessern die Zersetzung des Totholzes werden (Hot Spots der Biodiversität). und sind damit für eine optimale Nährstoffver- sorgung verantwortlich. (Literaturverzeichnis auf Anfrage vom Verfas- ser) Die Untersuchungen zu historisch alten Wald- [email protected] (ab 06.06.) standorten haben ergeben, dass die Naturwäl- der in der Regel auf alten Waldstandorten sto- cken und damit einen sehr hohen ökologi- Götz Heeschen schen Wert für die natürliche Biodiversität ha- Landesamt für Landwirtschaft, ben. Das Vorkommen der Zeigerart Flatterul- Umwelt und ländliche Räume, me als Reliktart gibt einen Hinweis auf eine Hamburger Chaussee 25 Waldkontinuität bis in die Zeit der nacheiszeit- 24220 Flintbek lichen Waldentwicklung.

64 2.11 Erfolgskontrolle des Programms „Ackerlebensräume“ Im Jahr 2007 wurde die „Nationale Strategie haltet die temporäre Stilllegung von Ackerflä- zur biologischen Vielfalt“ beschlossen, durch chen, wobei die Äcker entweder für einen die das internationale Übereinkommen über Zeitraum von zwei bis drei Jahren mit einer die biologische Vielfalt umgesetzt und der vorgegebenen Blühmischung angesät („geziel- Rückgang der biologischen Vielfalt bis zum te/aktive Begrünung“) oder sich selbst über- Jahr 2020 aufgehalten und umgekehrt werden lassen werden („Selbstbegrünung“). Ausführli- soll. Die Umsetzung der NBS wurde erstmals che Erläuterungen zu den Inhalten des Pro- im „Indikatorenbericht 2010“ in einheitlicher gramms finden sich im Jagd- und Artenschutz- Form bilanziert. Der Vergleich der aktuellen In- bericht 2010 sowie im Internet. dikatorwerte mit den dazugehörigen Zielwer- ten zeigt insbesondere für den Teilbereich der Um zu überprüfen, welchen Beitrag das neue Artenvielfalt in der Agrarlandschaft, dass er- Vertragsnaturschutzprogramm zur Umsetzung hebliche zusätzliche Anstrengungen erforder- der Landesziele im Biodiversitäts- und Arten- lich sind, um die gesteckten Ziele zu errei- schutz leistet, hat der Deutsche Verband für chen. Landschaftspflege (DVL) im Jahr 2011 eine umfangreiche Erfolgskontrolle durchgeführt, Zentrale Maßnahmen, um die biologische Viel- im Rahmen derer rund 17 Prozent der landes- falt auf landwirtschaftlich genutzten Flächen in weit bestehenden Vertragsflächen untersucht Schleswig-Holstein zu erhalten, sind das Ar- wurden. Die Planung der Freilanderfassungen tenhilfsprogramm sowie der Vertragsnatur- sowie die Auswertungen der erhobenen Da- schutz, der seit seiner Einführung einen ten lagen bei der DVL-Artenagentur. Die Feld- Schwerpunkt im Grünland besitzt. Um auch arbeiten wurden hingegen an ein externes auf Ackerflächen eine „bunte Artenvielfalt“ zu Büro vergeben und separat durch das Ministe- bewahren und Lebensräume zu vernetzen, rium für Energiewende, Landwirtschaft, Um- wurde in den Jahren 2008 und 2009 im Be- welt und ländliche Räume sowie anteilig auch reich der Kreisjägerschaft Rendsburg-Ost die das Landesamt für Landwirtschaft Umwelt Anlage von Blühstreifen und -flächen erprobt und ländliche Räume finanziert. Ein Schwer- (siehe Artenschutzberichte 2007 und 2010). punkt der Erfolgskontrolle lag auf der Analyse Auf Basis der positiven Ergebnisse und Erfah- der Bedeutung von „Ackerlebensraum“-Flä- rungen des Pilotprojektes wurde ein neues chen für Brut- und Rastvögel beziehungsweise Vertragsnaturschutzprogramm „Ackerlebens- Nahrungsgäste. Ausgewählte Ergebnisse die- räume“ aufgelegt, das seit dem Jahr 2010 lan- ser Untersuchungen werden im Folgenden desweit umgesetzt wird. Das Programm bein- vorgestellt.

Abb. 1: „Ackerlebens- raum“-Fläche („ak- tive Begrünung“ im Frühjahr 2010) im Kreis Herzogtum- Lauenburg am 01.07.2011 (Foto: H. Neumann).

65 Ergebnisse und Diskussion Landwirtschaftliche Nutzflächen zählen bekann- Vogelarten vor, darunter acht Arten, die in der termaßen zu den arten- und individuenärmsten Roten-Liste Schleswig-Holstein geführt werden Vogellebensräumen. Auch die „Ackerlebens- (Tab. 1). Für sieben der zur Brutzeit festgestell- raum“-Flächen wiesen zur Brutzeit 2011 im ten Vogelarten sollen nach dem Artenhilfspro- Vergleich zu strukturreichen Habitaten ver- gramm Schleswig-Holstein prioritär Hilfsmaß- gleichsweise geringe Vogelbestände auf. So nahmen umgesetzt werden. Die Feldlerche und wurden auf den landesweit untersuchten die Schafstelze waren die mit Abstand häufigs- „Ackerlebensraum“-Flächen (n=47) durch- ten Arten auf den „Ackerlebensraum“-Flächen. schnittlich lediglich rund drei Vogelarten, aber Die weiteren nachgewiesenen Vogelarten tra- immerhin zwei Rote-Liste-Arten je Einzelfläche ten hingegen überwiegend nur auf einem gerin- nachgewiesen. Für die Gesamtheit der Unter- gen Anteil der Untersuchungsflächen auf. suchungsflächen liegen Beobachtungen von 17

Tab. 1: Vogelart Status Präsenz Nachweise Präsenzen (%) und RL1 AHP2 FBI3 (%)4 gesamt5 Nachweise der auf Austernfischer * 10,6 6 den untersuchten Baumpieper * 6,4 3 „Ackerlebens- raum“-Flächen zur Braunkehlchen 3 X 8,5 6 Brutzeit 2011 nach- Dorngrasmücke * 12,8 12 gewiesenen Arten Fasan * 12,8 7 (n=47 Flächen, „ak- Feldlerche 3 X X 83,0 171 tive Begrünung“ und „Selbstbegrü- Flußregenpfeifer * 2,1 1 nung“, Vertragsbe- Goldammer * X 4,3 2 ginn 2010/11; Me- Hänfling * 4,3 2 thode: zwei Flä- Heidelerche 3 X X 27,7 26 chenbegehungen Kiebitz 3 X X 31,9 34 April-Juni; Erfas- sung von Reviervö- Neuntöter V X X 2,1 1 geln und Nahrungs- Rohrammer * 14,9 10 gästen; dämme- Sandregenpfeifer 2 4,3 2 rungsaktive Arten, Schafstelze * 68,1 96 wie zum Beispiel Wachtel 3 X 17,0 10 Rebhuhn und Wachtel, nicht ge- Wiesenpieper V X 19,1 13 zielt erfasst 1 Rote Liste S.-H.: 1: vom Aussterben bedroht 2: stark gefährdet, 3: gefährdet, V: Vorwarnliste, * nicht gefährdet 2 Artenhlifsprogramm S.-H.: X: Art, für die prioritär geeignete Maßnahmen ergriffen werden müssen 3 Farmland Bird Index: X: Art des Feldvogel-Indikators 4 Anteil Untersuchungsflächen mit Nachweis der Art 5 Summe der Nachweise im Erfassungszeitraum (siehe Text)

Um den Erfolg des Vertragsnaturschutzpro- Im Herbst 2011 wurden insgesamt 46 Vogel- gramms zu quantifizieren, wurden neben den arten auf den „Ackerlebensraum“-Flächen re- „Ackerlebensraum“-Flächen auch vergleichba- gistriert (Tab. 2). Wie in der Brutzeit, kamen re Flächen mit herkömmlicher Ackernutzung die meisten Arten nur auf einem vergleichs- untersucht (je vier Flächenpaare Marsch, Ge- weise geringen Anteil der Untersuchungsflä- est, Hügelland). Die „Ackerlebensraum“-Flä- chen vor. Vogelarten, die in der Summe der chen zeichneten sich im Vergleich zu diesen Erfassungstermine verhältnismäßig hohen „Kontrollflächen“ zur Brutzeit durch signifikant Präsenzen erreichten und in größeren Anzah- mehr Vogelarten sowie auch höhere Gesamt- len nachgewiesen wurden, waren Grünfink, vogeldichten aus. Auch für die Gruppe der Hänfling, Feldsperling, Stieglitz, Goldammer Rote-Liste-Arten sowie die Artengruppe des und Wiesenpieper, also überwiegend Körner Feldvogel-Indexes (siehe Tab. 1) waren die Ar- fressende Arten. Die einzelnen „Ackerle- ten- und Individuendichten auf den Vertragsflä- bensraum“-Flächen wiesen im Erfassungs- chen höher. Die „Ackerlebensraum“-Flächen zeitraum durchschnittlich rund sechs Arten wiesen durchschnittlich rund eine Zielart (Ar- auf. tenhilfsprogramm, Feldvogel-Index) je zehn Hektar mehr auf als die „Kontrollflächen“.

66 Abb. 2: Schafstelze auf ei- ner „Ackerlebens- raum“-Fläche („ak- tive Begrünung“ im Frühjahr 2011) im Kreis Ostholstein am 07.07.2011 (Foto: H. Neu- mann).

Auch im Herbst zeichneten sich die Flächen schwärme rasteten (insbesondere Limikolen des Vertragsnaturschutzprogramms durch sig- in der Marsch). Auf beziehungsweise über nifikant mehr Vogelarten als die „Kontrollflä- den „Ackerlebensraum“-Flächen wurden im chen“ aus. Für die Gesamtvogeldichte ließ Untersuchungszeitraum insgesamt signifikant sich jedoch kein Unterschied zwischen den häufiger Greifvögel beobachtet, bei denen es Flächenpaaren nachweisen. Dies war darauf sich in der Mehrzahl um Turmfalken und Mäu- zurückzuführen, dass auf frisch bestellten sebussarde handelte. „Kontrollflächen“ einzelne größere Vogel-

Vogelart Präsenz Nachweise Vogelart Präsenz Nachweise Tab. 2: (%) gesamt (%) gesamt Präsenzen (%) und Bachstelze 8,5 5 Kornweihe 4,3 2 Nachweise der im Baumpieper 4,3 2 Mäusebussard 40,4 45 Herbst 2011 auf Bekassine 12,8 20 Rabenkrähe 2,1 1 den untersuchten „Ackerlebens- Bergfink 2,1 2 Raubwürger 12,8 6 raum“-Flächen Berghänfling 6,4 57 Raufußbussard 10,6 5 nachgewiesenen Blaumeise 2,1 15 Ringeltaube 8,5 59 Arten (Summen Braunkehlchen 2,1 2 Rohrammer 42,6 50 von drei Erfas- Buchfink 4,3 6 Rohrweihe 4,3 2 sungsterminen Eichelhäher 2,1 30 Rotkehlchen 2,1 1 September-Novem- ber, Erläuterungen Erlenzeisig 2,1 20 Rotkehlpieper 2,1 1 zur Flächenstich- Fasan 21,3 15 Rotmilan 4,3 2 probe siehe Tab. 1) Feldlerche 19,1 35 Schafstelze 12,8 15 Feldsperling 21,3 1.166 Schwanzmeise 2,1 5 Goldammer 46,8 167 Schwarzkehlchen 2,1 1 Grauammer 2,1 1 Sperber 12,8 6 Grünfink 51,1 5.853 Steinschmätzer 4,3 2 Hänfling 31,9 1.356 Stieglitz 36,2 635 Haussperling 4,3 41 Sumpfmeise 2,1 1 Heckenbraunelle 6,4 10 Sumpfohreule 2,1 1 Heidelerche 4,3 4 Turmfalke 42,6 34 Klappergrasmücke 2,1 1 Wachtel 6,4 3 Kohlmeise 2,1 25 Wiesenpieper 44,7 92 Kohlrabe 2,1 1 Zwergschnepfe 2,1 1

67 Schlussfolgerungen und Ausblick Die Ergebnisse für den Feldvogel-Indikator, tung hatten die Flächen für Beutegreifer und der einer der Indikatoren der Nationalen Stra- samenfressende Arten. Bemerkenswert sind tegie zur biologischen Vielfalt ist, sowie für die die Nachweise des Raubwürgers (Tab. 2), für Gilde der Vogelarten des Artenhilfsprogramms den „Ackerlebensraum“-Flächen womöglich belegen, dass das Vertragsnaturschutzpro- einen gewissen Ausgleich für den Rückgang gramm dafür geeignet ist, Bundes- und Lan- an Stilllegungsflächen und den damit verbun- desziele im Biodiversitäts- und Artenschutz denen Verlust an Nahrungshabitaten darstellen umzusetzen. Im Hinblick auf die Relevanz des können. Programms für einzelne Zielarten sind die Nachweise der Heidelerche besonders bemer- Da die Mittel, die für Agrarumweltprogramme kenswert. Das landesweite Verbreitungsgebiet zur Verfügung stehen, voraussichtlich auch in der Art beschränkt sich aktuell auf einige we- der kommenden EU-Förderperiode ab 2014 nige Schwerpunkträume auf der Geest, so begrenzt sein werden, stellt sich die Frage, ob dass die Präsenz innerhalb der untersuchten und gegebenenfalls wie das Programm „Ackerlebensraum“-Stichprobe beachtlich „Ackerlebensräume“ noch optimiert werden hoch ist. Das Programm stellt für die Heideler- kann. Wie die Ergebnisse für die Heidelerche che somit insbesondere bei einer gezielten andeuten, kann die Präsenz einzelner Zielarten Flächenauswahl (siehe unten) eine bedeutsa- voraussichtlich erhöht werden, wenn die Aus- me Schutzmaßnahme dar. wahl beziehungsweise Akquise von „Ackerle- bensraum“-Flächen noch gezielter erfolgt. Ein wesentlicher Parameter, um die Auswir- Mögliche Ansätze hierfür sind die Berücksich- kungen von Vogelschutzmaßnahmen zu be- tigung bekannter lokaler Brutvorkommen so- werten, ist der Bruterfolg. Im Rahmen der Un- wie eine spezielle (Naturschutz-) Beratung der tersuchungen im Jahr 2011 konnte dieser Flächenbewirtschafter. Ein weiterer Parame- nicht erhoben werden, die Bewirtschaftungs- ter, um das Programm gegebenenfalls weiter- auflagen des Programms „Ackerlebensräu- zuentwickeln, ist die Variation der Zusammen- me“ lassen jedoch generell günstige Brutbe- setzung der Blühmischung. In laufenden Pilot- dingungen erwarten (Ausschluss von Pflege-, projekten werden deshalb auf ausgewählten Dünge- und Pflanzenschutzmaßnahmen). Kon- „Ackerlebensraum“-Vertragsflächen unter Be- flikte sind allerdings möglich, wenn die Früh- gleitung der Universität Kiel, des LLUR und jahrsbearbeitungen zur Etablierung bezie- des DVL alternative Ansaatmischungen er- hungsweise Neuanlage der Vertragsflächen in probt. Die Ansaatversuche dienen auch dazu, den Zeitraum der Erstgelege von Bodenbrü- praktische Erfahrungen im Umgang mit Wild- tern fallen (zum Beispiel Kiebitz). Um Brutver- pflanzen zu sammeln, deren verstärkte Aus- luste zu vermeiden, ist daher zu empfehlen, breitung aus landwirtschaftlicher Sicht beson- die Bodenbearbeitungen so früh wie möglich ders problematisch ist (zum Beispiel Acker- abzuschließen. Bei der „aktiven Begrünung“ Kratzdistel, Quecke und Ampfer-Arten). mit einer Blühmischung ist deren Ansaat aller- dings in der Regel nicht vor Mai möglich. Die Ergebnisse der Greifvogelerfassungen so- Dr. Helge Neumann und Uwe Dierking wie der Kartierungen im Herbst 2011 zeigen, Deutscher Verband für Landschaftspflege dass „Ackerlebensraum“-Flächen insbesonde- (DVL) e.V. re auch außerhalb der Brutzeit einen wichti- Artenagentur Schleswig-Holstein gen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität auf Hamburger Chaussee 25 Ackerflächen leisten. Eine besondere Bedeu- 24220 Flintbek

68 3 Bestandsentwicklungen

3.1 „Fledermausmonitoring – Gesamtschau“ Belange des Artenschutzes gewinnen in der schrieben, die durch alle Mitgliedstaaten ver- öffentlichen Diskussion in den vergangenen bindlich zu befolgen sind. Artikel 11 der FFH- Jahren mehr und mehr an Gewicht. Dies ist Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten der verständlich, da aufgrund der Betroffenheit je- Europäischen Union den Erhaltungszustand weils bestimmter Arten nicht allein abstrakte der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten im wissenschaftliche Theorien oder rechtliche Zu- europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten (Arti- sammenhänge, sondern konkret wahrnehmba- kel 2 FFH-Richtlinie) zu überwachen. Alle re Individuen im Mittelpunkt der jeweiligen sechs Jahre erstellen die Mitgliedstaaten ei- Überlegungen stehen. Mit diesen kann jeder, nen Bericht über die geleisteten Monitoringar- auch der fachlich wenig Interessierte etwas beiten und leiten diesen der Europäischen anfangen. Union zu (Artikel 17 FFH-Richtlinie).

Insbesondere die Gruppe der Fledermäuse hat Monitoring – bei Tier- und Pflanzenarten - ist hier in den vergangenen Jahrzehnten eine ein Überbegriff für alle Arten der unmittelba- ganz besondere Aufwertung im öffentlichen ren systematischen Erfassung (Protokollie- Interesse erfahren. Waren die Tiere lange Zeit rung), Beobachtung oder Überwachung zum den meisten Menschen eher unheimlich, ha- Beispiel der Bestände (Brut-, Sommer- und ben sie sich in jüngster Zeit geradezu zu Sym- Winterbestände und so weiter) von Pflanzen pathieträgern entwickelt. Das große Interesse und Tieren. Dabei ist die wiederholte regelmä- an Fledermäusen lässt sich aber auch mit den ßige Durchführung ein zentrales Element der zahlreichen biologischen Besonderheiten er- jeweiligen Untersuchungsprogramme, um an- klären, die sie auszeichnen. An erster Stelle ist hand von Ergebnisvergleichen Schlussfolge- hier sicher der Umstand zu nennen, dass eine rungen zur Bestandsentwicklung der jeweils ganze Säugetiergruppe sich einen Lebens- im Mittelpunkt der Arbeiten stehenden Arten raum erobert hat, der ansonsten im Wirbeltier- ziehen zu können. reich im Wesentlichen den Vögeln vorbehalten ist, der Luft. Aber auch viele andere Ansprü- Es ist aber gar nicht so ohne weiteres mög- che dieser Artengruppe an ihr Lebensumfeld lich, ein Monitoringprogramm für Fledermäuse spielen hierbei eine große Rolle. zu organisieren und durchzuführen.

Leider steht es um die Populationen vieler Fle- Fledermäuse sind nachaktiv und können des- dermausarten trotz des Sympathiegewinns halb in der Regel nicht direkt beobachtet wer- seit längerer Zeit nicht zu Besten. Auch hier den, wie zum Beispiel tagaktive Vögel. Darü- spielen ihre komplexen Lebensraumansprüche ber hinaus ist die Bestimmung der verschiede- sicherlich eine große Rolle. Aus diesem Grund nen Arten aufgrund häufig großer äußerlicher wurde im Artenschutzrecht der Schutz dieser Ähnlichkeiten, selbst dann schwierig, wenn Wirbeltiergruppe auf höchstem Niveau festge- man die Tiere in Händen hält. Einige Arten schrieben. Alle europäischen Fledermausarten können allein aufgrund ihrer speziellen Lautäu- werden im Anhang IV der FFH-Richtlinie1 auf- ßerungen unterschieden werden, wie zum geführt. Für diese Arten fordert die Europäi- Beispiel bei Zwerg- und Mückenfledermaus. sche Union von den Mitgliedsstaaten umfas- Diese Lautäußerungen liegen wiederum im Ul- sende Bemühungen, die zum einen das aktu- traschallbereich und können durch Menschen elle Bestandsniveau der vorkommenden Arten ohne technische Hilfsmittel nicht direkt wahr- absichert zum anderen negative Bestandssi- genommen werden. Fledermäuse besiedeln tuationen in Richtung eines günstigen Erhal- darüber hinaus weite Teile des Landes. So tungszustandes umkehren helfen. wird zwischen Gebäude bewohnenden und Waldfledermäusen unterschieden. Aufgrund Dazu ist es nötig, belastbare Daten zur Be- der großen Menge an besiedelbaren Gebäu- standsituation aller in Frage kommenden Fle- den und der nicht immer gegebenen freien dermausarten zu erheben und die Bestände in Zugänglichkeit der Lebensräume innerhalb die- regelmäßig wiederkehrenden Zeiträumen zu ser Gebäude ist die Untersuchung der dort überprüfen. Auch hier hat die Europäische vorkommenden Bestände häufig mit nicht un- Union in ihrer FFH-Richtlinie Regeln festge- erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Glei-

1 Fauna, Flora, Habitat-Richtlinie – die Richtlinie hat den Schutz bestimmter Tier- und Pflanzenarten, ihrer Lebensräume und bestimmter weiterer Le- bensraumtypen zum Inhalt.

69 ches gilt für die Lebensräume der Waldfleder- ten, Dachräume sowie Baumhöhlen und – mäuse. Diese stellen oft sehr komplexe An- Spalten (Sommerquartiere) als auch Keller, sprüche an ihr Umfeld. Alte, mit Schründen Bunker, Stollen, Spalten an Gebäuden, und Hohlräumen versehene Baumveteranen Dachräume sowie Baumhöhlen- und Spal- werden als Unterkünfte für den Tag und zur ten (Winterquartiere). Aufzucht der Jungtiere als Sommerquartiere ebenso benötigt, wie geeignete Jagdgebiete, • Die Verhaltensweisen der verschiedenen innerhalb derer sich die Tiere ausreichend er- Arten variieren oftmals beträchtlich, so nähren können. Hierzu werden hinreichend dass teilweise völlig unterschiedliche Un- alte Waldparzellen mit entsprechenden Quar- tersuchungsansätze zur Ermittlung der not- tierangeboten oftmals in unmittelbarer Nach- wendigen Daten notwendig sind. barschaft relativ offener Waldlebensräume als Jagdgebiete benötigt. Eine Zusammenstel- Um diesen biologischen Ansprüchen und den lung, die im waldarmen Schleswig-Holstein Anforderungen der Europäischen Union an ein mit seinen häufig erst relativ jungen Waldge- Monitoringprogramm genügen zu können, hat bieten nicht immer eine Selbstverständlichkeit das schleswig-holsteinische Ministerium für darstellt. Eine weitere große Schwierigkeit bei Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und der Dauerbeobachtung der Fledermausbestän- ländliche Räume (MELUR) bereits sehr früh de liegt in dem Umstand, dass die Tiere im eine Kooperation mit der Faunistisch-ökologi- Winter andere Lebensraumansprüche haben schen Arbeitsgemeinschaft (FöAG) gesucht. als im Sommer. Während der Sommermonate Die Faunistisch-ökologische Arbeitsgemein- benötigen Fledermäuse geeignete Quartiere schaft (FöAG) ist ein Zusammenschluss haupt- (Sommerquartiere) für die inaktiven Zeiten am und nebenberuflich sowie ehrenamtlich in Tage und zur Aufzucht ihrer Jungen. Diese Wissenschaft und Naturschutz arbeitender müssen darüber hinaus in erreichbarer Nähe Biologen. Viele ihrer Mitglieder sind zudem in zu ausreichenden Nahrungsgründen liegen. der Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz Zur Überwinterung suchen die Tiere frostsi- (AGF) aktiv, wodurch sich weitere Synergieef- chere Quartiere (Winterquartiere) auf. Zwar fekte ergeben. Im Auftrag des MELUR und in können Fledermäuse ihre Vitalfunktionen so- enger Zusammenhang mit der zuständigen weit herabsenken, dass sie mit einem im Kör- Fachbehörde des Landes, dem Landesamt für per gespeicherten Energievorrat den Winter Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume überdauern können, längeren Frostperioden (LLUR) werden seit vielen Jahren die entspre- können sie aber nicht widerstehen. Aktivitäts- chenden Monitoringarbeiten organisiert und phasen während der Wintermonate sind ihnen durchgeführt. Um diese Aufgabe zu bewälti- nicht möglich, da ihre Nahrung – verschie- gen, setzt die FöAG auf eine Kombination denste Wirbellose – in dieser Zeit nicht in hin- hauptamtlicher und ehrenamtlicher Kräfte. reichender Menge zur Verfügung stehen. Ge- Hierdurch kann das große Potential der über eignete frostsichere Winterquartiere aber ste- das ganze Land verteilten Fledermausfachleu- hen nur in begrenztem Umfang zur Verfügung, te entfaltet und ein realistisches Bild von Ver- so dass deren Vorhandensein sicherlich einen breitung und Gefährdungsgrad der in Schles- der limitierenden Faktoren für das Vorkommen wig-Holstein vorkommenden Fledermausarten der schleswig-holsteinischen Arten darstellen. erarbeitet werden. Wie breit das hierzu nötige Spektrum an Arbeiten ist, soll durch die im Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass das Folgenden kurz beschriebenen Fallbeispiele Monitoring aller schleswig-holsteinischen Fle- verdeutlich werden: dermausarten eine äußerst schwierige in ihren 1. Bechsteinfledermaus Ansprüchen nur schwer zu leistende Aufgabe Von der Bechsteinfledermaus ist seit 1998 darstellt: bekannt, dass sie sich in Schleswig-Hol- • Es bedarf eines nahezu flächendeckenden stein erfolgreich fortpflanzt. Allerdings sind Monitorings in verschiedensten Lebensräu- nur wenige Funde von Sommerquartieren men des Landes. Das Spektrum reicht da- bekannt, in denen die Tiere ihre Jungtiere bei von dicht besiedelten städtischen Le- großziehen (Wochenstuben). Um die Wo- bensräumen bis zu alten naturnahen Wald- chenstuben der Tiere aufzufinden, ist es standorten. häufig notwendig, in den Jagdgebieten ein- zelne Tiere zu fangen, mit einem Teleme- • Es sind im Rahmen eines geeigneten Mo- triesender zu versehen, und so der Spur nitorings sowohl die Sommerlebensräume der erwachsenen Bechsteinfledermäuse mit den entsprechenden Sommerquartie- bis zu ihren Wochenstuben zu folgen. Auf ren als auch die Winterquartierstandorte zu diese Weise konnte erstmals im Jahr 2003 berücksichtigen. Diese umfassen so ver- im sogenannten Wahlsdorfer Holz ein schiedenen Standorte wie warme Hohlräu- Quartier mit 32 Individuen in einer Baum- me in Kellern und Brücken, Gebäudespal- höhle nachgewiesen werden. Seither wur-

70 den weitere Wochenstuben auf diese Wei- bedeutendste Winterquartier im Lande ist. se entdeckt. Das bisher größte wurde im Weitere bedeutende Winterquartiere sind Jahr 2009 gefunden und beherbergte 99 der sogenannten Brauereikeller in Schles- Individuen. wig mit maximal 3.000 Tieren (drei Arten) und die Levensauer Hochbrücke mit 1.500 2. Mückenfledermaus bis 3.000 Tieren (sieben Arten). Diese Fledermausart wurde erst im Jahr 1998 als eigene Art anerkannt und unter- Neben den oben genannten Beispielen existie- scheidet sich nur durch die Frequenzen ih- ren zahlreiche weitere Methodenansätze, die rer Lautäußerungen von der Zwergfleder- im Rahmen des Fledermausmonitorings An- maus. Bei der Kartierung dieser in Gebäu- wendung finden (zum Beispiel Netzfänge, au- despalten siedelnden Art war vielfach das tomatische Registrierungseinrichtungen, PKW- öffentlichkeitswirksame Projekt „Fleder- gestützte Erfassungssysteme und so weiter). mausfreundliches Haus“ hilfreich. Besitzer Diese darzustellen würde aber den vorgegebe- von Gebäuden, die Fledermäuse in ihren nen Rahmen bei weitem sprengen. Die fort- Häusern vermuten, können diese melden schreitende Verfeinerung der entsprechenden und, wenn sie bereit sind, die Tiere zu dul- Techniken, lässt auch zukünftig interessante den oder sogar Maßnahmen zu deren För- und sicherlich auch überraschende Ergebnisse derung zuzulassen, eine Plakette für ihr erwarten. Das Fledermausmonitoring wird in Haus bekommen. Auf diese Weise wurden den kommenden Jahren deshalb sicherlich durch Mitarbeiter der FöAG sowie der AGF weitere vertiefte Erkenntnisse liefern, die den zahlreiche Mückenfledermausquartiere ent- Fledermausschutz und das Wissen um diese deckt. Tiergruppe in Schleswig-Holstein wesentlich befördern werden. Zwar fördert das MELUR 3. Winterquartiere diese Ansätze seit vielen Jahren mit entspre- In den vergangenen Jahren konnte die An- chenden Artenschutzmitteln und wird dies zahl an unterirdischen Überwinterungs- aufgrund der bestehenden gesetzlichen Ver- quartieren durch Schutzbemühungen stetig pflichtungen auch weiterhin tun. Maßgeblich ansteigen. Neben kleinen Quartieren mit war, ist und wird auch in Zukunft das ehren- nur wenigen Individuen gibt es in Schles- amtliche Engagement zahlreicher Fachleute wig-Holstein Überwinterungsquartiere mit sein, die ihr Wissen und ihre Arbeitskraft in vielen tausend Fledermäusen verschiede- das Monitoringprogramm des Landes einbrin- ner Arten. Die bekannten schleswig-hol- gen. Dies ist, bundesweit betrachtet, sicher- steinischen Fledermausquartiere werden lich ein ganz besonderes Modell und das Land alljährlich durch ehrenamtliche Betreuer Schleswig-Holstein schuldet den engagierten kontrolliert und die dort vorkommenden Mitarbeitern im Fledermausmonitoring Dank Fledermäuse nach Individuen und Arten und Anerkennung. protokolliert. Mit bisher 78 bekannten un- terirdischen Winterquartieren besitzt Schleswig-Holstein gegenüber anderen Thomas Gall Bundesländern nur eine eher geringe An- Ministerium für Energiewende, Landwirt- zahl bekannter Winterquartiere. Einige ha- schaft, ben allerdings über die Grenzen des Lan- Umwelt und ländliche Räume des hinaus Bedeutung. Zu nennen wäre Mercartorstraße 3 die Kalkberghöhle in Bad Segeberg, die mit 24106 Kiel maximal 24.000 Tieren aus acht Arten das

71 3.2 Dachsbaukartierung im Wildtierkataster Parallel der Fuchserfassungen wurden Dach- den Fuchsbauen sind geringere Dichten in Ol- se durch das Wildtierkataster Schleswig-Hol- denburg kartiert worden und auf der Insel Feh- stein (WTK-SH) in den Jahren 1997, 2001, marn fehlen Dachsbaue vollständig. 2006 und 2011 erfasst. An der Dachserfas- sung des Jahres 2011 haben sich 1.121 Jagd- Des Weiteren fehlen Dachsgehecke auf den bezirke beteiligt. Dabei wurden 792 Mutter- Nordseeinseln und in weiten Teilen der baue beschrieben, wobei für 380 Dachsbau- Marsch, wo sich aufgrund der topografischen ten auch Angaben zu den Welpenzahlen vor- Gegebenheiten ebenfalls wenige Möglichkei- liegen. ten bieten, dauerhafte Bauten anzulegen. Den- noch ist ein beständiges Ausbreiten der Dach- spopulationen auch in die Marschregionen zu Verbreitung und Entwicklung beobachten, so dass nach aktuellen Daten des Wie aus den Vorjahren bekannt, zeigt Schles- WTK-SH auch die erste erfolgreiche Reproduk- wig-Holstein bezüglich der Dachsbesätze ei- tion im Naturraum Eiderstedt nachgewiesen nen deutlichen Dichtegradienten vom Süd- wurde. Während in der vorangegangenen Kar- Westen zum Nord-Osten der Dachsbesätze. tierung im Jahr 2006 die Geest nördlich des Im Östlichen Hügelland finden sich bis zur Nord-Ostseekanals in noch deutlich geringe- Schlei höhere Dichten, die sich auf Naturraum- rem Umfang besiedelt war, ist hier in den letz- ebene überwiegend zwischen 0,3 und 0,4 ten fünf Jahren ein signifikanter Anstieg der Mutterbauen je 100 Hektar bewegen. Wie bei Geheckdichten erfolgt (Abb. 1).

Abb1: Verbreitungskarte des Dachses für das Jahr 2011 nach Naturräumen.

72 Welpenzahlen und Habitatnutzung Im Jahr 2011 wurden 1.066 Jungdachse an Dachse scheinen derzeit bei der Anlage von 380 Mutterbauen beobachtet und dokumen- Mutterbauen im Wesentlichen an drei Habi- tiert, was einen landesweiten Durchschnitt tattypen gebunden zu sein. Zu je etwa einem von 2,81 je Mutterbau ergibt. Damit hat sich Drittel entfielen die kartierten Baue auf die das Ergebnis aus dem Jahr 2006, als eine Habitate Wald, Feldgehölz und Randstreifen / durchschnittliche Geheckgröße von 2,85 Jung- Knicks. Die Art ist folglich an Baum- und dachsen je Bau errechnet wurde, bestätigt. Strauchvegetation gebunden, was einerseits Die Schwankungsbreite der Geheckgröße sicher mit der tendenziellen Trockenheit ohne beim Dachs ist wesentlich geringer als beim Staunässe in Zusammenhang zu bringen sein Fuchs und es ergeben sich zwischen den Na- wird und zum anderen ist es ein Indiz auf das turräumen derzeit keine sicheren Unterschie- Bedürfnis der Deckung im Umfeld der Röh- de. Ohne Einfluss auf die Anzahl von Welpen renausgänge (Abb.2). Die Betrachtung der Ge- je Mutterbau ist die tatsächliche Mutterbau- heckgrößen in den unterschiedlichen Habita- dichte, so dass bei dieser Art bisher keine ten ergibt keine Unterschiede bezüglich der dichtebedingte Verringerung von Welpenzah- Geheckgröße. len zu bestätigen ist. (Abb.4)

Abb.2 : 29% 28% Habitatnutzung beim Dachs in Feldgehölz Schleswig-Holstein k. A. zur Anlage von Offenland Mutterbauen Randstreifen / Knick Siedlung 2% 2% Sonstiges 0% 3% Wald

36%

Die Jagdstrecke des Dachses wurde in der trachtung nach Naturräumen sehr groß. Auf Umfrage 2011 erstmals differenziert nach To- der Lecker Geest, der Bredstedt-Husumer Ge- desursachen, wobei die Kategorien Fangjagd, est sowie in Oldenburg werden über 40 Pro- Erlegung und Verkehr gebildet wurden. Etwa zent der Strecke durch die Fangjagd erzielt, die Hälfte der Jagdstrecke wird nach der vor- während die Fangjagd im Süd-Osten Landes liegenden Umfrage (n=936) durch die Jagd mit nur eine untergeordnete Rolle spielt und hier der Waffe erzielt, 20 Prozent durch Fangjagd als Todesursache häufig der Straßenverkehr und etwa ein Drittel entfällt auf Verkehrsfall- aber auch die Erlegung mit der Waffe in den wild. Hierbei sind die Unterschiede bei der Be- Vordergrund rückt (Abb.3).

Abb.3 : 20,3% Betrachtung der 32,3% differenzierten Jagdstrecke des Dachses in Schles- wig-Holstein Fangjagd (n=936) Erlegung mit Waffe Verkehrsfallwild

55,2%

73 Häufigkeiten von Welpen je Mutterbau im Jahr 2011

180 160 aue

b 140 120 utter

M 100 80 60 40 20 Anzahl kartierter 0 123456 Anzahl Welpen

Abb.4 : Häufigkeiten von Welpen je kartiertem Mutterbau (n=380)

Dr. Daniel Hoffmann & Heiko Schmüser Wildtierkataster Schleswig-Holstein Böhnhusener Weg 6 24220 Flintbek

74 3.3 Rotfuchs Zwischen 1997 und 2011 wurden durch das Bestandssituation und Entwicklung WildTierKataster-Schleswig-Holstein (WTK-SH) Die Auswertungen zur Dichte und Verteilung ([email protected] ; hschmu- des Fuchses in Schleswig-Holstein wurde im [email protected]) bisher vier landes- Geografischen Informationssystem auf Basis weite Erfassungen zum Status des Rotfuchs in von Revieren durchgeführt. Nach der jeweili- Schleswig-Holstein durchgeführt. Nur in Nuan- gen Revierzugehörigkeit werden die Informa- cen und zur Vertiefung einzelner spezieller Fra- tionen auf Naturraumebene aggregiert. Die gestellungen unterscheiden sich die Erhebun- Dichten wurden berechnet als Anzahl von gen 2001, 2006 und 2011, während im Jahr Mutterbauen je 100 Hektar. Bei der Angabe 1997 eine andere Datentiefe abgefragt wurde. handelt sich um eine Mindestanzahl von Wel- pen, da die Beobachtungen nicht immer voll- Die Umfragebeteiligung lag in den Jahren ständig sein können. Im Vergleich der vier Un- 2001 bis 2011 bei über 1.000 mitarbeitenden tersuchungsjahre ergeben sich für das Jahr Revieren, wobei Aussagen zur Anzahl von 1997 zwar die höchsten Geheckdichten, diese Mutterbauen in den Revieren für 758 (2001), unterscheiden sich jedoch nicht signifikant von 761 (2006) beziehungsweise 855 im Jahr den Geheckdichten in den drei anderen Unter- 2011 getroffen wurden. suchungsjahren.

Abb. 1: Geheckdichte in den Naturräumen Schleswig-Hol- steins

Als Generalist kommt der Fuchs in allen Lan- als 0,5 Mutterbaue je 100 Hektar kartiert wor- desteilen und Naturräumen vor, fehlt jedoch den. Grundsätzlich nimmt die Dichte der Ge- auf den Inseln Föhr, Pellworm und derzeit hecke nach Norden und Westen hin ab, wobei auch auf Amrum. Die höchsten Dichten wer- die Insel Fehmarn und Nordoldenburg deutlich den im Südöstlichen Hügelland erreicht, wo geringere Dichten aufweisen (Abb. 1). In wei- vorwiegend mit einer Mutterbaudichte von 0,4 ten Teilen der westlichen Geest und der je 100 Hektar und höher zu rechnen ist. In der Marsch liegt die Geheckdichte dagegen bei Südmecklenburgischen Niederung und der nur 0,1 bis 0,3 Gehecken je 100 Hektar Lauenburger Geest sind durchschnittlich mehr

75 Abb. 2: 6 Mittlere Welpen- zahlen in den Na- 5 turräumen Schles- wig-Holsteins 4

3

2 ittlere Welpenzahl M 1

0 671 682 683 684 690 691 692 693 694 695 696 697 698 700 701 702a 702b 703 750 760 Naturräume Schleswig-Holstein

Abb. 3: Habitatnutzung Habitatnutzung zur Anlage von Mutter- bauen in Schles- wig-Holstein (n = Feldgehölz 2.997) keine Angabe Offenland Randstreifen / Knick Siedlung Sonstige Wald

Gute Vergleichsmöglichkeiten bieten die Erfas- In den drei Kartierungen wurde in 2.997 Fällen sungsdaten aus den Jahren 2001 bis 2011. In das Habitat näher bestimmt. Eine Einteilung den drei Kartierdurchgängen im Fünfjahrestur- erfolgte durch Vorgabe des WTK-SH in sechs nus konnten insgesamt 3.092 Mutterbaue do- Habitattypen (Wald, Feldgehölz, Knick und kumentiert werden, wobei die Welpenzahlen Randstreifen, Offenland, Siedlung, Sonstiges). aus 2.374 Mutterbauen bekannt sind. Die mitt- Über alle Jahre hinweg bleibt die Verteilung lere Welpenzahl in Schleswig-Holstein liegt im auf die Habitate statistisch gesehen gleich, Durchschnittswert für 2001 bei circa 4,5 und mit der Ausnahme „Siedlung“. Während im für 2006 sowie 2011 bei circa 4,0 je Mutter- Jahr 2001 keine Mutterbaue innerhalb der bau. Eine Ursache für diesen Rückgang der Siedlungsbereiche festgestellt wurden, stieg mittleren Welpenzahl ist derzeit nicht bekannt. deren Anteil auf 0,9 Prozent (n=7) im Jahr 2006 auf 1,5 Prozent (n=23) im Jahr 2011. Bei einem Vergleich der Naturräume zeigen Diese Steigerung ist aufgrund der geringen sich für Naturräume mit niedrigeren Fuchs- Teilstichprobe sicher noch mit Vorsicht zu be- dichten deutlich höhere Welpenzahlen. Die trachten, allerdings kann durchaus von einer mittleren Welpenzahlen je Naturraum variieren Tendenz ausgegangen werden. Füchse schei- dabei zwischen sechs in den Elbmarschen nen folglich auch in Schleswig-Holstein ver- und 3,9 auf der Lauenburger Geest. Mit dem mehrt innerhalb der Siedlungen vorzukommen Datensatz des WTK-SH kann die dichteabhän- und dort auch die Welpen aufzuziehen. Bei ei- gige Kompensation der Welpenzahlen beim nem Vergleich der Habitate in denen die Ge- Rotfuchs als gesichert angesehen werden. heckbauten angelegt wurden, wurden keine Wie stark diese Kompensation ist, soll in wei- Unterschiede bezüglich der Welpenzahl fest- teren Untersuchungen geklärt werden. gestellt.

Ein weiterer Teil der Kartierungen beinhaltet die Habitatnutzung des Fuchses. Zunächst ist Dr. Daniel Hoffmann & Heiko Schmüser anzumerken, dass Füchse ihre Baue in sämtli- Wildtierkataster Schleswig-Holstein chen terrestrischen Habitaten anlegen, was Böhnhusener Weg 6 die Adaptationsfähigkeit der Art unterstreicht. 24220 Flintbek

76 3.4 Mausernde Wasservögel im Binnenland Schleswig-Holsteins mit besonderer Berücksichtigung der EU- Vogelschutzgebiete Wasservögel – Taucher, Schwäne, Gänse, En- Ergebnisse ten, Rallen – mausern ihr Großgefieder einmal 2010 wurden insgesamt 120.000 mausernde jährlich synchron und sind damit je nach Art drei Wasservögel an Binnenseen, Fischteichen, bis sieben Wochen lang flugunfähig. Für diese Strandseen und in Speicherkögen erfasst. 60 Vollmauser werden artspezifische Mauserge- Gewässer sind danach als Mauserplatz für zu- wässer traditionell immer wieder aufgesucht. mindest 200 Wasservögel zu bezeichnen. An sieben Gewässern mausern jeweils über 2010 wurden in ehrenamtlicher Erfassung von 5.000 Wasservögel, namentlich Hauke-Haien- Mitarbeitern der Ornithologischen Arbeitsge- Koog, Beltringharder Koog, Katinger Watt, Se- meinschaft Schleswig-Holstein insgesamt 113 lenter See, Großer Plöner See, Großer Binnen- Gewässer auf mausernde Wasservögel hin kon- see und Dassower See. trolliert. Eine erste Erfassung zwischen Mitte Mai und Ende Juni dient der Zählung mausern- Geeignete Mausergewässer müssen für die der Grau- und Kanadagänse, eine oder zwei Zeit der Flugunfähigkeit ausreichend Nahrung weitere Zählungen zwischen Mitte Juli und Mit- und Schutz bieten. te/Ende August sind erforderlich, um das Spek- trum aller Wasservogelarten abzudecken.

Abb.1 : Binnengewässer in Schleswig-Holstein mit besonderer Be- deutung als Mau- serquartier für Was- servögel

Schwerpunkte sind die großen Speicherköge Die einzelnen Gewässer zeichnen sich durch an der Nordseeküste, etliche Gewässer der folgende Charakteristika aus: ostholsteinischen Seenplatte, Strandseen zwi- Mausergewässer sind groß (mit minimal 37 schen der Hohwachter Bucht und Westfeh- Hektar), flach, nahrungsreich und ausreichend marn sowie die größeren lauenburgischen ruhig. Gänsemausergewässer weisen zumeist Seen (Abb. 1). Inseln als Tagesverstecke und Grünlandufer

77 auf, Mausergewässer für Schwäne und andere Hektar. Hier fehlen Fische als Nahrungskonkur- Pflanzenverzehrer sind flach und weisen bei renten, so dass die gesamte Produktivität des guter Wasserqualität und Sichttiefe eine aus- Gewässers den Wasservögeln zur Verfügung geprägte Unterwasservegetation auf. Tauchen- steht. In hervorragender Weise bieten diese tengewässer sind groß und haben ausgedehn- Bedingungen die Lebrader Teiche und der Küh- te ruhige Wasserflächen. Mausergewässer für rener Teich, aber auch der Barkauer See. Se- Gründelenten und Blässrallen bieten viele De- lenter See, Großer Binnensee und Dassower ckungsmöglichkeiten, vor allem Röhrichte. See sind herausragende Mausergewässer für Wesentlich ist eine ausreichende Nahrungsba- Tauchenten, der Dassower See ist international sis. Fischteiche, die ohne Fischbesatz bleiben, bedeutsam für die Schellente. Diese Gewässer aber regelmäßig abgelassen werden, zeigen weisen ausgedehnte Ruhezonen auf oder wer- die höchsten Dichten mit über 500 Vögeln/10 den gar nicht befahren (Tab. 1).

Gewässer EU-Vogelschutzgebiet Größe Gesamt- Dichte Mauserplatz zahl (ha) (Vögel/10 ha) insbesondere für Dassower See Traveförde 796 16.072 202 Schell-, Reiherente Hauke-Haien-Koog Ramsargebiet Schleswig- Holsteinisches Wattenmeer 538 13.661 254 Graugans Beltringharder Koog Ramsargebiet Schleswig- Holsteinisches Wattenmeer 1300 9.591 73 Tafelente Selenter See Selenter See-Gebiet 2239 8.213 37 Reiherente Großer Plöner See Großer Plöner See-Gebiet 3038 7.236 24 Graugans Katinger Watt Ramsargebiet Schleswig- Holsteinisches Wattenmeer 900 7.101 79 Stockente Großer Binnensee Östliche Kieler Bucht 528 6.334 120 Tafel-, Reiherente Schaalsee Schaalseegebiet 2298 3.961 17 Reiherente Lebrader Teiche Fischteiche zwischen Plön und 67 3.368 547 Schnatterente Mechower See Schaalseegebiet 156 3.208 206 Reiher-, Tafelente Kleiner Plöner See Großer Plöner See-Gebiet 350 2.304 66 Reiherente Kührener Teich Lanker See 37 2.143 579 Schnatter-, Tafelente Barkauer See 78 2.033 261 Schnatter-, Tafelente 85.225 Tab. 1: Die größten Mausergewässer und ihre Bedeutung für einzelne Arten

Die Bestände mausernder Wasservögel wer- Population einher (Graugans, Schnatterente, den in Schleswig-Holstein seit den 1980er Schellente), bei anderen Arten hat die Bedeu- Jahren in den meisten Jahren und zumindest tung Schleswig-Holsteins durch Verlagerung an den wichtigsten Gewässern erfasst. Daher der Mauserplätze zugenommen (Graugans, Ta- sind Angaben zur kurz- und mittelfristigen Be- felente, Schwarzhalstaucher) oder abgenom- standsentwicklung für die meisten Arten mög- men (Stockente). lich (Tab. 2). Die Bestandsentwicklung der ein- zelnen Arten ist unterschiedlich. Bemerkens- Im Mittel etwa 90 Prozent der mausernden werte Zunahmen zeigen vor allem Gänse. Wasservögel ist in EU-Vogelschutzgebieten Schleswig-Holstein hat aktuell für die Grau- oder Naturschutzgebieten anzutreffen. Da fast gans eine internationale Bedeutung als Mau- ausschließlich diese Gewässer die Anforde- sergebiet mit überregionaler Herkunft, wäh- rungen an Mausergewässer bezüglich Stö- rend die mausernden Kanadagänse wohl der rungsfreiheit erfüllen, weist die Konzentration heimischen Brutpopulation entstammen. An- auf diese Gewässer auf einen Engpass im haltende Zunahmen zeigen auch Schnatteren- Jahresverlauf der Wasservögel hin: Die Mau- te, Tafelente, Schellente und bei geringen An- ser fällt bei den meisten Arten in die Zeit der zahlen auch Kolbenente und Schwarzhalstau- touristischen Hochsaison. Gewässer mit ho- cher. Dabei entwickelt sich die Tafelente ent- her touristischer Nutzungsintensität werden gegen dem rückläufigen Trend der nordwest- als Mauserplätze gemieden, zum Beispiel die europäischen Population. Bemerkenswerte Gewässer entlang beliebter Wasserwander- Abnahmen hingegen zeigen sich bei Stocken- routen (Schwentine, Eider). Einzige Ausnahme te und Blässralle. Bei einigen Arten gehen die- ist die Kanadagans, die entsprechend ihrer Ha- se Bestandsänderungen mit der allgemeinen bitatprägung vielfach auf Parkgewässern im Bestandsänderung der nordwesteuropäischen Raum Kiel mausert.

78 Art 1980er 1996 2010 Trend seit 1980 Trend seit 1996 Höckerschwan 1200-1400 3300 3320 + = Graugans 100 4800 31.500 ++ ++ Kanadagans 0 0 1.200 ++ ++ Schnatterente 500-1000 2350 5.000 + + Krickente 500-1000 600 1.200 = +? Pfeifente 500-1000 237 680 = +? Stockente 30.000 20.000 11.100 - - Löffelente 500-1000 450 500 = = Kolbenente 65 55 163 + + Reiherente 20.000 42.000 32.000 + - Tafelente 6000 7100 9.600 + + Schellente 4500 7600 11.150 + + Haubentaucher 2000 5350 3500 = - Schwarzhalstaucher < 10 131 340 + + Blässralle 20.000-25.000 14.000 9.610 - - Tab. 2: Entwicklung der Mauserbestände in Schleswig-Holstein; +: Zunahme, ++: starke Zunahme, -: Abnahme

In der mittelfristigen Entwicklung fallen Rück- hebereiche und Deckungsmöglichkeiten, wäh- gänge unter anderem im Plöner See-Gebiet rend gleichzeitig die touristische Nutzungsin- auf, insbesondere bei Tauchenten und Bläss- tensität gestiegen ist (Abb. 2). ralle. Für diese Arten fehlen ausreichende Ru-

Abb. 2: Mauserbestands- rückgang der Rei- herente im Großen Plöner See und Umgebung

Ähnlich starke Rückgänge zeigt der Schaalsee. bieten, in denen der Erhalt ungestörter Rast-, Hier scheinen die Ursachen im Rückgang der Mauser- und Überwinterungsmöglichkeiten für wichtigsten Nahrungstiere – Binnenstint und Wasservögel als Schutzziel festgelegt ist, vor- Dreikantmuschel zu liegen. rangig die Schutzerfordernisse für mausernde Wasservögel zu sichern. Dazu gehören die Un- Schleswig-Holstein hat in Mitteleuropa eine tersuchung der Rückgangsursachen und deren herausragende Bedeutung als Mauserquartier Abstellung. für Wasservögel, nicht nur an Binnengewäs- sern, sondern auch auf den Küstengewässern Ein Monitoring mausernder Wasservögel soll- und im Wattenmeer. te langfristig gesichert werden.

Diese herausragende Stellung Schleswig-Hol- steins gilt es zu erhalten. Im Zuge der Umset- Bernd Koop zung der Managementmaßnahmen für die ein- Waldwinkel 12 zelnen Gebiete sind in den EU-Vogelschutzge- 24306 Plön

79 3.5 Wiesenweihe Seit 1995 gewährleistet das WildTierKataster denen die Bearbeitung bis zum Ausfliegen der den Schutz und das Monitoring der Wiesen- Jungen unterbleibt, kann ein hoher Bruterfolg weihen in Schleswig-Holstein. Die Erfassung erreicht werden. Teilnehmende Landwirte er- und der Schutz werden durch ein landeswei- halten Entschädigungszahlungen. tes Netz ehrenamtlicher Mitarbeiter aus Jagd, Landwirtschaft und Naturschutz sichergestellt, deren Arbeit durch das Wildtierkataster koordi- Ergebnisse 2011 niert wird. Dabei wird eng mit dem Landes- In der vergangenen Brutsaison wurden in jagdverband Schleswig-Holstein e.V. und mit Schleswig-Holstein 36 Brut- beziehungsweise der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Revierpaare der Wiesenweihe nachgewiesen. Schleswig-Holstein und Hamburg e.V. (OAG) Davon wurden 30 Paare als sicher brütend kooperiert. eingestuft. Hinzu kommen 20 Paare oder Ein- zelvögel, die nicht in Verbindung mit einer Brut Für den Schutz gilt es, die Horste möglichst gebracht werden konnten, aber während der frühzeitig zu finden, um deren Zerstörung Brut- und Aufzuchtzeit mehrfach gesichtet durch landwirtschaftliche Bearbeitung zu ver- wurden (Abb.1). hindern. Durch Einrichten von Schutzzonen, in

Abb.1: Wiesenweihe 1995 bis 2011: Populati- onsentwicklung an- hand von Brut- und Revierpaaren

Die meisten Brutpaare wurden 2011 in Nord- Brutpaare bekannt waren, sowie die Tatsache, friesland und Schleswig-Flensburg festgestellt dass dort in der Regel geringere Paardichten (Abb.2, Kartengrafik). Konzentrationen von anzutreffen sind, lassen vermuten, dass an Brutpaaren fanden sich vorwiegend in den ge- solchen Standorten einzelne Vorkommen nicht nannten Landkreisen, dabei fanden die meis- erfasst wurden. Vor diesem Hintergrund ist ten Bruten auf der Geest statt. Die Marschbe- eine Abschätzung der nicht bekannten Bruten reiche haben damit erneut an Bedeutung als mit großer Unsicherheit behaftet. Brutstandort verloren, während die Geestbe- reiche und die übrigen Landesteile häufiger Bei 20 Brutpaaren wurde das Bruthabitat er- genutzt werden. In der südlichen Landeshälfte fasst. Vierzehn von ihnen nutzten Getreide, lagen die Brutstandorte besonders im Kreis davon je sechs Paare Roggen und Weizen, le- Segeberg, aber auch in Ostholstein, und im diglich zwei Gerste. Weiterhin fand eine Brut Herzogtum Lauenburg. Brutzeitvorkommen im Raps statt, eine weitere in Grünland zur fanden sich im gesamten Land. Mahd. In naturnahem Habitat wurden vier Bru- ten nachgewiesen, zwei in Schilf beziehungs- Mögliche Erfassungslücken betreffen 2011 weise Röhricht, jeweils eine in Brache bezie- Teile der Bökingharde, der südlichen Karharde, hungsweise Stilllegungsflächen. sowie die Marschbereiche Dithmarschens. Brutzeitvorkommen an letzterem Standort 2011 konnte bei 17 Paaren der Aufzuchtser- deuten mit hoher Wahrscheinlichkeit auf nicht folg ermittelt werden, bei diesen flogen insge- erfasste Brutpaare hin. Die Tendenz zur Aus- samt 30 Junge aus. Der Teilbruterfolg, die breitung an Standorte, an denen zuvor keine durchschnittliche Zahl der ausgeflogenen Jun-

80 Abb.2: Wiesenweihe 2011: Fundorte und Beobachtungssta- tus

gen pro erfolgreiches Paar, betrug in Schles- höchsten Wert erreicht hat. Ein ähnliches Bild wig-Holstein in der vergangenen Brutsaison zeigte sich im Jahr 2009. Beide Indikatoren für 2,31 Junge pro Paar. Bezieht man auch die den Bruterfolg 2011 weichen allerdings kaum Paare mit ein, die nachweislich Verluste erlit- vom langjährigen Mittel ab. Möglicherweise ten, erhält man den Gesamtbruterfolg, die sorgte das anhaltend trockene Frühjahr dafür, durchschnittliche Zahl ausgeflogener Jungen dass Gerste und Raps zur Ankunft der Weihen pro Brutversuch. Dieser betrug 1,76 Junge pro noch nicht die erforderliche Wuchshöhe hat- Paar. ten. Dies würde sowohl den niedrigen Anteil dieser Bruthabitate sowie die Wahl von offe- In lediglich zwei Fällen konnte die Ursache für nen und niedrigwüchsigen naturnahen Habita- den Verlust einer Brut festgestellt werden. In ten erklären. Vielleicht sind einige Paare auf- einem Fall wurde ein in Grünland brütendes grund dieser ungünstigen Bedingungen 2011 Paar schon früh ausgemäht, im anderen wur- gar nicht erst zur Brut geschritten, was die de Prädation durch den Fuchs als Ursache an- hohe Zahl der Brutzeitvorkommen in Relation gegeben. zu den Brutpaaren erklären würde.

Schutzverträge und Diskussion Christian Hertz-Kleptow & Heiko Schmüser Der Abschluss eines Schutzvertrags wurde Christian-Albrechts-Universität Kiel 2011 nur in einem Fall nötig, da durch starke Institut für Natur- & Ressourcenschutz Niederschläge am Ende der Brutzeit die Ernte (ehem. Ökologie-Zentrum Kiel) über das Flüggewerden der Jungen hinaus Abt. Landschaftsökologie verzögert wurde. Die Anzahl der brütenden Projekt WildTierKataster Paare lag 2011 deutlich unter dem langjähri- Artenschutzprojekt Wiesenweihe gen Mittel und stellt den drittniedrigsten Wert Olshausenstr. 75 seit 1995 dar, während die Anzahl der Brut- 24118 Kiel zeitvorkommen im gleichen Zeitraum den

81 3.6 Kormoran Seit der Wiederbesiedlung Schleswig-Hol- größten Kolonie auf der Düneninsel Trischen steins durch den Kormoran werden unter Fe- (Kreis Dithmarschen) eine Bestandsabnahme derführung des Landesamtes für Landwirt- auf 431 Paare beobachtet. Auf einer kleinen schaft, Umwelt und ländliche Räume - Staatli- Betonplattform auf dem Buttersand (Kreis che Vogelschutzwarte - im Auftrag des Minis- Nordfriesland) nördlich des Hindenburgdam- teriums für Energiewende, Landwirtschaft, mes nisteten 45 Paare. Zugenommen hat der Umwelt und ländliche Räume im Rahmen ei- Brutbestand an den Klärteichen Wyk/Föhr auf nes Bestandsmonitorings alljährlich Daten 380 Brutpaare. Neu ist ein Vorkommen in den zum Vorkommen des Kormorans gesammelt. Salzwiesen von Föhr (neun Brutpaare), und er- neut erfolgte ein Brutversuch von acht Brut- paaren im Beltringharder Koog (Nordfriesland). Bestandsentwicklung und Verbreitung Die schwer zugänglichen Brutkolonien im Im Jahr 2012 gab es in Schleswig-Holstein 14 Wattenmeer wurden von Thomas Grünkorn Brutplätze, an denen 2.474 Kormoranpaare ge- im Auftrag der Nationalparkverwaltung im Lan- brütet haben (Abb. 1). Damit lag der Brutbe- desbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und stand 2012 gegenüber 2011 um 50 Paare Meeresschutz anhand von Luftbildern ausge- niedriger etwa auf dem Niveau der letzten zählt. In der Haseldorfer Marsch (Kreis Pinne- fünf Jahre, und auch niedriger als im 20-jähri- berg) an der Unterelbe lag der Brutbestand gen Mittel (Abb. 2). Über die Hälfte des Lan- mit 354 Paaren so hoch wie 2008 (NABU Ha- desbestandes nistete an der Nordseeküste/ seldorf). Die 2011 neu entstandene Kolonie im Unterelbe, rund 31 Prozent an der Ostseeküs- Friedrichgabekoog/Kreis Dithmarschen, in der te und 19 Prozent im Binnenland. die Kormorane zusammen mit Saatkrähen brü- ten, bestand auch 2012 mit insgesamt 22 Die Brutplätze im Westen von Schleswig-Hol- Brutpaaren (S. Garthe). Mehrere Kleinbrutplät- stein haben in den letzten Jahren stetig an Be- ze waren nicht besetzt, darunter Hallig Südfall deutung für den Landesbestand gewonnen. In und der Hauke-Haien-Koog. diesem Jahr wurde hier jedoch erstmals in der

Abb. 1: Brutverbreitung des Kormorans in Schleswig-Holstein 2012.

82 Abb. 2: Brutbestandsent- wicklung des Kor- morans in Schles- wig-Holstein.

Am Güsdorfer Teich (Kreis Plön) brüteten 392 Der Bruterfolg war 2012 ebenfalls sehr unter- Paare, der Bestand ist hier seit langem stabil. schiedlich: Während die Kolonie auf Wallnau Im NSG Stoffsee (Kreis Rendsburg-Eckernför- von fünf verschiedenen Seeadlern und Mö- de) nahm der Bestand weiter auf nur noch 45 wen weitgehend geplündert worden ist und Paare ab. Hier siedelte sich erstmals ein Uhu- nur 24 Jungvögel beringt werden konnten, Brutpaar in einer Kormoran-Kolonie an. Am war der Bruterfolg am Güsdorfer Teich sehr Kuhlsee (Kreis Ostholstein) lag der Brutbe- hoch und Seeadler stellten sich erst im Juli stand bei 26 Paaren, die in der Nachbarschaft ein. Auch an der Geltinger Birk war der Bruter- von Graureihern brüteten. folg deutlich höher als 2011.

Auch an den vier Ostseebrutplätzen gab es Die Bestandsentwicklung setzt sich also wie unterschiedliche Entwicklungen: Am Wester- in den Vorjahren angedeutet fort: Die Vorkom- werker See (Flensburger Förde, Kreis Schles- men im Umfeld um Seeadler-Brutplätze oder wig-Flensburg) nahm der Bestand leicht auf Jungadler-Aufenthaltsgebiete nehmen ab, an 224 Paare zu, während am Hemmelmarker der Westküste ist das Vorkommen stabil und See (Eckernförder Bucht, Kreis Rendsburg- nimmt einen immer höheren Anteil ein. Eckernförde) die Anzahl der Brutpaare mit 355 nahezu konstant blieb. Im Wasservogelreser- Die Ergebnisse der Brutbestandserfassung vat Wallnau auf Fehmarn (Kreis Ostholstein) 2012 zeigen, dass die Entwicklung des Kor- lag die Anzahl der Brutpaare mit 82 deutlich moranbrutbestandes in den einzelnen Kolonien unter der Höhe des Vorjahreswertes (2011: und verschiedenen Landesteilen Schleswig- 195 Nester, NABU Wallnau). In dieser Kolonie Holsteins unterschiedlich verläuft. Daher soll wurde auch in diesem Frühjahr eine Webcam auch in den kommenden Jahren die Brutbe- installiert, die Live-Bilder vom Brutgeschehen standsentwicklung weiter beobachtet werden. ins Internet überträgt (http://schleswig-hol- Hinweise auf neu gegründete Brutkolonien stein.nabu.de/naturerleben/webcam/12396.ht oder Schlafplätze nehme ich gerne entgegen. ml). Nach der erfolgreichen Ansiedlung 2009 stieg der Brutbestand auf der Geltinger Birk (Kreis Schleswig-Flensburg) an der Flensbur- Bernd Koop ger Außenförde in diesem Jahr auf 101 Paare Waldwinkel 12 an. 24306 Plön

83 3.8 Graureiher Seit 1979 wird der Brutbestand des Graurei- Wintern (2009/10 und 2010/11) bereits im Vor- hers in Schleswig-Holstein von der Staatli- jahr auf einen nahezu „historischen“ Tiefstand chen Vogelschutzwarte erfasst. In den Jahren seit Beginn der regelmäßigen landesweiten davor hatte schon die Ornithologische Ar- Brutbestandserfassungen gefallen war, wur- beitsgemeinschaft (OAG) landesweite Zählun- den in diesem Jahr nochmals etwas weniger gen organisiert, so dass die Brutbestandsent- Paare als im Vorjahr gezählt. Insgesamt wur- wicklung dieser Großvogelart in Schleswig- den 1.234 Paare in 72 Kolonien und einem Holstein lückenlos über einen Zeitraum von Einzelbrutvorkommen erfasst. Erstmalig gab nunmehr vier Jahrzehnten dokumentiert ist. es keine Kolonie mehr mit mehr als 100 Paa- ren. Nur 98 Paare haben noch in der größten Kolonie des Landes in Haseldorf an der Unte- Bestandsentwicklung und Verbreitung relbe gebrütet. 2005 waren es dort noch 281 Nachdem der Bestand nach zwei strengeren Paare gewesen. (Abbildung 1).

Abb. 1: Brutverbreitung des Graureihers in Schleswig-Holstein 2012.

Nachdem der Winter zunächst lange außeror- ders empfindlich, da viele Vögel dann bereits dentlich mild verlaufen war, gab es gegen in die Brutkolonien zurückgekehrt sind. Ende doch noch einen mehrwöchigen Kälte- einbruch. Neben der regional dauerhaften Ver- Die Zahl der Brutplätze hat von 70 auf 73 zu- ringerung der Lebensraumkapazität durch Ent- genommen. Zwar sind zwei kleine Kolonien wässerung und Grünlandumbruch vor allem und ein Einzelbrutvorkommen nicht wieder be- im Verbreitungsschwerpunkt Eiderstedt dürfte setzt worden. Aber zugleich wurden eine Ein- das der wesentliche Grund dafür gewesen zelbrut und fünf kleine Kolonien entdeckt be- sein, dass der Bestand auf dem niedrigen Ni- ziehungsweise bekannt, die zum Teil schon veau geblieben ist (Abbildung 2). Auf späte länger bestanden haben. Kälteeinbrüche reagieren die Reiher beson-

84 Abb. 2: Brutbestandsent- wicklung des Grau- reihers in Schles- wig-Holstein. Säu- len = Brutpaare; Punkte = Kolonien; K = Kältewinter, (K) = Normalwinter mit längeren Schneela- gen oder Vereisung oder späten Kälte- einbrüchen.

In der Kolonie Blangenmoor unweit der Ein- deckte ein hiesiger Ornithologe, dass ein Uhu mündung des Nordostseekanals in die Elbe seinen Tageseinstand unter der nahe gelege- waren bis auf ein Nest in einer Pappel auf ei- nen Hochbrücke über den Nordostseekanal nem nahe gelegenen landwirtschaftlichen Be- hatte. Bei weiteren Nachsuchen fand er dann trieb alle Nester verlassen. Die Kolonie war in einem cirka einen Kilometer von dem alten 1974 in Linden und Kastanien der Auffahrt Koloniestandort entfernt liegenden Fichtenbe- zum ehemaligen Schmielauhof, der sich heute stand eine neue Reiherkolonie. Möglicherwei- im Freilichtmuseum Molfsee befindet, gegrün- se haben nächtliche Besuche des Uhus die det worden und beherbergte maximal 107 Reiher zum Umzug in den dichten Nadelbaum- Paare im Jahr 2002. Bei Nachkontrollen ent- bestand veranlasst.

Abb. 1: In der Brutzeit 2012 erfolgter Kahlschlag im Kreis Rendsburg-Eckernförde, dem zahlreiche besetzte Reihernester zum Opfer fielen Foto: F. Ziesemer

85 Gefährdung/Schutz Ein Fichtenbestand am Ufer des Nordostsee- gemäß § 28a Landesnaturschutzgesetz) hinge- kanals mit einer bedeutenden Kolonie wurde wiesen worden war, wurden die Arbeiten bis während der Brutzeit zur Hälfte gefällt, bevor zum Ende der Brutzeit eingestellt. die Arbeiten aufgrund der Mitteilung einer auf- merksamen Spaziergängerin von der unteren Nach der „Landesverordnung über die Fest- Naturschutzbehörde gestoppt werden konn- setzung einer Jagdzeit für Graureiher“ vom ten, nachdem zunächst eine Genehmigung zur 1.9.1978 können vom 1. August bis 31. Okto- Abholzung erteilt worden war (Foto). Außer ber im Umkreis von 200 Metern um Fischtei- zahlreichen Nestern in den am Boden liegen- che einer anerkannten Fischzuchtanlage bis zu den Bäumen, die zum Teil schon Eier enthal- acht Reiher abgeschossen werden. Die Aner- ten hatten, fanden wir in dem verbliebenen kennung erfolgt durch die oberste Jagdbehör- Bestand nur noch zwölf besetzte Nester. Im de. Im letzten Jahr sind 219 Vögel als erlegt letzten Jahr hatten dort 34, 2009 und 2010 so- gemeldet worden (Abbildung 3). Wenngleich gar jeweils 43 Paare gebrütet. die Auswirkungen dieser so genannten Vergrä- mungsabschüsse auf den heimischen Brutbe- Am Rande einer Kolonie an der Schlei waren stand schwer abschätzbar sind, sollte überlegt Buchen gefällt worden und trugen mitten in werden, ob die Verordnung nicht aufgehoben der Brutzeit frische Bearbeitungsspuren. werden kann, damit sich der gegenwärtige Nachdem die Forstverwaltung von der Unte- historisch niedrige Brutbestand so rasch wie ren Naturschutzbehörde auf die artenschutz- möglich erholen kann. rechtlichen Bestimmungen (Störungsverbot

Abb. 3: Anzahl der nach der Landesverord- nung über die Fest- setzung einer Jagd- zeit für Graureiher als erlegt gemelde- ten Vögel.

Dr. Wilfried Knief Dr. Fridtjof Ziesemer Neukamp 10 Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und 24253 ländliche Räume - Staatliche Vogelschutzwarte - Hamburger Chaussee 25 24220 Flintbek

86 3.9 Uferschnepfe Die Uferschnepfe Limosa limosa gehört zu Uferschnepfe notwendigen Schutzgebiete den bundesweit am stärksten gefährdeten Vo- kann über Populationsmodelle abgeschätzt gelarten. Sie wird in Deutschland und in werden. Um diese Modelle zu konstruieren, Schleswig-Holstein auf den Roten Listen der müssen Daten über den Bruterfolg, Zu- und Brutvögel jeweils in Kategorie 2 (stark gefähr- Abwanderungsraten sowie die Überlebensra- det) geführt (SÜDBECK et al. 2007, KNIEF et al. ten von Uferschnepfen vorliegen. Zusätzlich 2010). Auch in anderen europäischen Ländern sind das Verbreitungsbild der Uferschnepfe in sind die Bestände der Nominatform L. l. limo- Schleswig-Holstein sowie Siedlungsdichte und sa rückläufig, so insbesondere auch im Kern- Habitatwahl in verschiedenen Gebieten zu be- land ihrer Verbreitung, den Niederlanden (BIRD- achten. Hier sollen einige Zwischenergebnisse LIFE INTERNATIONAL 2004, DELANY & SCOTT aus dem Vorhaben vorgestellt werden. 2006). Wegen der negativen Bestandstrends befindet sich die Uferschnepfe mittlerweile auf der weltweiten Vorwarn-Liste bedrohter Bestandsentwicklung der Uferschnepfe in Vogelarten (IUCN 2010). Schleswig-Holstein Im Rahmen der Studie wurden, zum Teil in Zu- Vor dem Hintergrund dieser problematischen sammenarbeit mit ehrenamtlichen Kartierern, Bestandsentwicklung bemüht sich das Land Brutbestandserhebungen durchgeführt. Die Schleswig-Holstein, die Art innerhalb und au- Auswertung der Trends erfolgte mit TRIM ßerhalb von Schutzgebieten durch geeignete 3.54 (Strien et al. 2004). Vorläufige Ergebnisse Maßnahmen zu erhalten. Um ein entsprechen- aus den Jahren 2011 und 2012 zeigen, dass des Schutzkonzept entwickeln zu können, be- sich die Uferschnepfenbrutbestände in Schles- auftragte das Ministerium für Energiewende, wig-Holstein trotz eines leichten Abwärts- Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume trends in den vergangenen Jahren nicht we- des Landes Schleswig-Holstein das Michael- sentlich verändert haben. Der mittlere, durch Otto-Institut im NABU damit, zu ermitteln, wie Modellierung mit dem Programm TRIM be- viele Schutzgebiete welcher Qualität es für rechnete Bestand aus den vergangenen fünf Uferschnepfen in Schleswig-Holstein geben Jahren lag bei 1.130 Paaren (Abb. 1). Aller- muss, um den negativen Bestandstrend zu dings ist zu beachten, dass vor allem aus dem stoppen und einen dauerhaften guten Erhal- Jahr 2012 zur Zeit der Abfassung des Manu- tungszustand der Population zu gewährleisten. skripts erst wenige Daten vorlagen, so dass Die Zahl und die Größe der für den Erhalt der sich noch Veränderungen ergeben können.

Abb. 1. Brutbestandsent- wicklung von Ufer- schnepfen in Schleswig-Holstein nach Modellierung durch TRIM. Die senkrechten Linien zeigen die Stan- dardfehler der Schätzwerte an.

Die Kartierungen auf Eiderstedt in den Jahren nen auf größerer Fläche hohe Wasserstände 2010 und 2011 hatten ergeben, dass die Be- eingestellt werden konnten, die Bestände na- stände der Uferschnepfe in dem ehemals hezu unverändert geblieben. Die Bestandsent- wichtigsten Brutgebiet in Schleswig-Holstein wicklungen dort waren statistisch hochsignifi- seit 2001 offensichtlich stark gesunken waren kant günstiger als in den 14 Gebieten ohne (Tab. 1). Konnten jedoch Managementmaß- Wassermanagement. Die Zähldaten aus dem nahmen von der Landesregierung durchge- Jahre 2012, sofern sie bereits vorlagen, bestä- führt werden, wirkten diese sich positiv für die tigten die Ergebnisse des Vorjahres im Grund- Art aus. So waren in den vier Gebieten, in de- satz.

87 Monitoringgebiet Vogeschutz- Umfangreiches Uferschnepfen- Uferschnepfen Uferschnepfen- gebiet? Wasserstands- bestand 2001 bestand 2010 bestand 2011 management (Paare) (Paare) (Paare) Adenbüller Koog ja ja 15 15 20 Altaugustenkoog ja nein 5 3 4 Junkernkoog ja nein 17 9 Poppenbüll Mitte ja ja 23 19 Utholm (Westerhever) ja nein 23 18 19 Adolfskoog nein nein 27 4 6 Büttelkoog nein nein 10 0 1 Föhdorf nein nein 10 0 0 Haimoorkoog nein nein 11 8 Leglichkeitskoog nein nein 26 2 1 Neuaugustenkoog nein nein 5 3 4 Südmarsch S. Garding nein ja 14 15 12 Garding SW nein nein 16 8 Tating S nein nein 5 0 1 Witzwort W nein nein 24 4 Oster Offenbüller Koog nein nein 8 4 W/Altneukoog Oldenswort E nein nein 6 4 Tönning W nein ja 1 7

Tab. 1: Bestandsentwicklung der Uferschnepfen in einigen Gebieten Eiderstedts.

Überlebensrate und Reproduktion In zwei Gebieten in der Eider-Treene-Sorge- flüggen Jungvögeln. Er dürfte die derzeitige Niederung und auf der Insel Föhr wurden Situation besser widerspiegeln als der höhere Uferschnepfen beringt und parallel Schutz- Wert von 0,44. Es ist allerdings zu beachten, maßnahmen ergriffen. Von 2008 bis 2011 dass in den vergangenen Jahren nur sehr we- konnten dort insgesamt 80 Altvögel (37 Männ- nige Untersuchungen außerhalb von Schutz- chen und 43 Weibchen) sowie 57 Jungvögel programmen durchgeführt wurden und bei der mit individuellen Farbringkombinationen aus- Abfassung des Manuskriptes noch nicht alle gestattet werden. Durch die Auswertung der Daten aus dem Jahre 2012 vorlagen. Ablesungen dieser Vögel (bis 2011) konnte eine jährliche Überlebensrate der Altvögel von 89 Prozent ermittelt werden, die allerdings Habitatwahl der Uferschnepfe noch mit größeren statistischen Unsicherhei- Uferschnepfen besiedeln in Schleswig-Holstein ten behaftet ist (95 Prozent-Konfidenzintervall die Marschenbereiche der Inseln, die größeren 77 – 95 Prozent). Offensichtlich besteht bei Halligen und Vorländer, die Nordseemarschen, schleswig-holsteinischen Uferschnepfen nur die größeren Niederungsgebiete, einige Hoch- eine vergleichsweise geringe Mortalitätsrate. moore und einige Niederungsgebiete an der Allerdings war auch der Bruterfolg der vergan- Ostsee. Außer auf Salzwiesen und Mooren genen Jahre nicht sehr hoch (Abb. 2). Ver- brüten Uferschnepfen in Schleswig-Holstein gleicht man alle Studien in Schleswig-Holstein, fast nur auf bewirtschaftetem Grünland. Bru- die in Gebieten durchgeführt wurden, in de- ten auf Äckern sind die Ausnahme. nen ein gezieltes Management für Wiesenvö- gel (Wasserstandsregulierung und/oder Schutz Damit genauer beschrieben werden kann, von Nestern und Bruten) durchgeführt wurde, welche Voraussetzungen für die Besiedlung mit denen in Gebieten ohne Schutzmaßnah- eines bestimmten Gebietes erfüllt sein müs- men, ergibt sich ein leicht höherer Bruterfolg sen, wurden in den vergangenen Jahren eine [0,47 Juv./Rev. (n=22) gegenüber 0,44 Reihe verschiedener Untersuchungen durch- Juv./Rev. (n=26)], der jedoch statistisch nicht geführt. Die Lebensraumausstattungen von signifikant ist. In Abb. 2 lässt sich ein leichter Gebieten, landwirtschaftlichen Parzellen und Rückgang des Bruterfolgs in Gebieten ohne ganz konkreten einzelnen Beobachtungspunk- Schutzmaßnahmen erkennen. Die sieben ten, an denen Uferschnepfen vorkamen, wur- Messungen dort seit dem Jahre 2000 erbrach- den mit solchen verglichen, die unbesiedelt ten lediglich einen Durchschnittswert von 0,36 oder zufällig ausgewählt worden waren.

88 Abb. 2. Bruterfolgsraten von Uferschnepfen in Schleswig-Hol- stein. Die Daten aus den Untersu- chungsgebieten sind besonders ge- kennzeichnet. Offe- ne Symbole: Gebie- te ohne gezieltes Management für Wiesenvögel (Was- serstandsregulie- rung, Schutz von Nestern und Bruten). Ge- schlossene Symbo- le: Gebiete mit ge- zieltem Manage- ment für Wiesen- vögel (Wasser- standsregulierung, Schutz von Nestern und Bruten). Jedes Als einer der wichtigsten Faktoren erwies sich eine höhere Variabilität der Vegetationshöhe Symbol steht für das Wasser. Auf oder in der Nachbarschaft sowie eine höhere Dichte an Blüten und eine eine Studie in ei- von Parzellen, auf denen Uferschnepfen vorka- größere Vielfalt an Blütenpflanzen auf. Dies al- nem Gebiet und ei- men, gab es signifikant häufiger Flachwasser- les hing vermutlich damit zusammen, dass die nem Jahr. zonen als auf zufällig ausgewählten Parzellen von Uferschnepfen besiedelten Parzellen häu- in der Umgebung. Diese Wasserflächen besa- figer extensiv bewirtschaftet wurden als die ßen eine große Bedeutung für die Ernährung Zufallsauswahl. Die strukturelle Vielfalt dürfte der Altvögel, die dort zu Beginn und zum Ende vor allem den Küken zugutegekommen sein, der Brutzeit häufiger nach Nahrung suchten, die zum Nahrungserwerb eine eher niedrige als an den eigentlichen Brutorten, und auch Vegetation bevorzugen, aber auf Versteckmög- mitten in der Brutzeit immer einmal wieder im lichkeiten in höherer Vegetation angewiesen Wasser beim „Erstochern“ von vermutlich sind. Küken ernähren sich oft von Insekten, Zuckmückenlarven beobachtet werden konn- die sie von Blüten ab picken. Sie profitieren ten. also von einem großen Blütenangebot.

Weitere wichtige Faktoren waren die Vegetati- Diese Daten stellen die ersten Bausteine für onsstruktur und der Blütenreichtum (Tab. 2). eine Analyse dar, die Aussagen zur genauen Von Uferschnepfen besiedelte Parzellen wie- Gestaltung und der notwendigen Ausdehnung sen eine signifikant geringere Wüchsigkeit, von Schutzgebieten ermöglichen sollen.

Uferschnepfen-reviere Zufallsflächen p (Exakter Test nach Fisher bzw. Wilcoxon-Test) Anteil der Extentivgrünlandparzellen 37% 17% 0,022 Anteil der Parzellen mit Flachwasser 80% 22% 1,6E-10 Anteil der Parzellen mit dichter Wüchsigkeit 32% 78% 4,51E-07 Mittlere Variabilität der Vegetationshöhe 0,58 0,49 0,0037 Mittlere Blumenzahl pro Transekt 10,34 8,22 2,20E-05 Mittlere Blumenartenzahl pro Transekt 1,04 0,65 6,61E-05 Tab. 2. Ergebnisse von Vegetationsuntersuchungen auf je zehn von Uferschnepfen besiedelten und je zehn zufällig ausgewählten Parzel- len auf Föhr, im Beltringharder Koog beziehungsweise der Hattstedter Marsch, auf Eiderstedt, im Katinger Watt und angrenzenden Gebieten, in der Flusslandschaft Eider-Treene-Sorge und im Meldorfer Speicherkoog und Umgebung.

Dr. Hermann Hötker, Heike Jeromin Michael-Otto-Institut im NABU Goostroot 1 24861 Bergenhusen

89 3.10 Weißstorch Seit 1973 wird in Schleswig-Holstein der Die Rückkehr der ersten westziehenden Weißstorchbestand jährlich durch ehrenamtli- Weißstörche aus Spanien erfolgte trotz win- che Mitarbeiter der NABU AG Storchenschutz terlicher Witterung bereits Ende Februar bis erfasst. Das Ministerium für Energiewende, Anfang März. Die Rückkehr der Ostzieher ver- Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume zögerte sich im Gegensatz zum Vorjahr etwas trägt die anfallenden Fahrt- und Sachkosten und konnte 2011 verstärkt ab Mitte April be- für die Erfassungsfahrten. Im Michael-Otto-In- obachtet werden. Ihr Rückzug wurde durch stitut im NABU in Bergenhusen werden die starke Nordostwinde über der Libyschen Wüs- Daten in eine Datenbank eingegeben und au- te erschwert, wie die Analyse der Beobach- tomatisch eine Verbreitungskarte erstellt. tungen von besenderten Weißstörchen des NABU Projektes ergab. Bis Mitte Mai konnte die Ansiedlung von später zurückkehrenden Brutsaison 2011 Erstbrütern registriert werden, die großenteils Der Brutbestand des Weißstorchs ist in noch zur Brut schritten. Schleswig-Holstein im Jahr 2011 um mehr als zwölf Prozent angestiegen. 232 Paare, 25 Die Witterung während der Jungenaufzucht mehr als im Jahr zuvor, bezogen ihre Nester war 2011 durch ein trockenes Frühjahr und ei- im Lande. Darüber hinaus brüteten in Schles- nen sehr nassen Sommer geprägt. Ausgiebige wig-Holstein noch 55 Storchenpaare in Anbin- Regenfälle, vor allem im Juli, verursachten er- dung zu vier Tierparks beziehungsweise Pfle- hebliche Jungenverluste bei Spätbrütern, so gestationen, die gesondert erfasst werden. dass es häufig zu Totalausfällen von Bruten Ihre Zahl nahm um fünf Paare gegenüber kam. 2010 zu.

Abb. 1: Entwicklung des Weißstorchbrutbestandes (Säulen) und des Gesamtbruterfolges (Junge/Paar) (Punkte) in Schleswig-Holstein 1973 - 2011.

90 Abb. 2: Brutverbreitung des Weißstorchs in Schleswig-Holstein 2011.

Es brachten 174 Paare insgesamt 433 Jungvö- gen Landesdurchschnitt (JZa 1,6/JZm 2,3). gel zum Ausfliegen. Im Jahr zuvor zogen er- Der zum Bestandserhalt notwendige Repro- heblich weniger Paare etwa gleich viele Jung- duktionserfolg (JZa) von 2,0 wurde in diesem vögel auf. Dies entspricht einem Gesamtbrut- Jahr nicht ganz erreicht. Die Brutpaare in Tier- erfolg (JZa) von 1,9 Jungen pro Paar und ei- parks und Pflegestationen brachten 127 Junge nem Teilbruterfolg (JZm) von 2,5 Jungen pro zum Ausfliegen (JZa 2,3 Juv/Paar, JZm 2,7 erfolgreiches Brutpaar (Tab. 1). Damit lag der Juv/erf. Paar) Bruterfolg 2011 dennoch über dem langfristi-

2011 2010 2009 2008 2007 1973-2011 Tab. 1: HPa 232 207 204 229 209 Vergleich der brut- biologischen Daten HPm 174 173 131 149 146 des Weißstorchs % HPo 25 16,4 35,8 34,9 30,1 33,5 im Jahr 2011 mit JZa 1,9 2,1 1,2 1,3 1,8 1,6 den Vorjahren und dem langfristigen JZm 2,5 2,5 1,8 2,0 2,5 2,3 Durchschnitt in Schleswig-Holstein. HPa Zahl aller nestbesetzenden Paare, die in der ersten Hälfe der Brutzeit das Nest mind. 4 Wochen lang nutzten. HPm Zahl der Nestpaare mit ausfliegenden Jungen. %HPo prozentualer Anteil der Nestpaare ohne ausfliegende Jungen an der Zahl aller nestbe- setzenden Paare (HPa) JZa Gesamtbruterfolg JZG/HPa JZm Teilbruterfolg JZG/HPm

91 Weißstorchberingung Seit 2003 werden in Schleswig-Holstein wie- zur Altersstruktur, zum Ansiedlungsverhalten der Weißstörche beringt. Mit Hilfe von Ringab- und zur Überlebensrate des Weißstorchs ge- lesungen lassen sich wichtige Erkenntnisse winnen.

Abb. 3: Altersstruktur von beringten Weiß- störchen (Brutvö- gel) in Schleswig- Holstein 2011.

Von den NABU Weißstorchbetreuern konnten dinaten auf, um sie alle drei Tage an einen Sa- 2011 insgesamt 59 Brutvögel anhand der Rin- telliten zu senden. Die fünf Altvögel stammen ge identifiziert werden. Ihr Durchschnittsalter aus Kleve (Männchen), Erfde-Bargen (Männ- lag bei 7,6 Jahren, geringfügig höher als im chen), Pahlen (Männchen) und Tielen (Weib- Vorjahr (7,5 Jahre). Ältere Untersuchungen ge- chen). ben ein höheres Durchschnittsalter von 8,4 Jahren für den Zeitraum 1978 – 1988 an. Das Storchenmännchen „Nick“ aus Kleve nahm die westliche Zugroute nach Spanien, Auffällig ist die große Anzahl von fünf- und um den Winter in der Umgebung von Madrid sieben-jährigen Vögeln (Abb. 3). Dabei handelt zu verbringen. Er suchte seine Nahrung auf ei- es sich um Weißstörche, die im Jahr 2006 be- ner nahegelegenen Mülldeponie und auf ziehungsweise 2004 erbrütet wurden. Damals Agrarflächen der Umgebung. Interessanter- lag der Bruterfolg mit 1,9 beziehungsweise weise suchte er den gleichen Ort auf, wie in 2,1 Jungen/Paar sehr hoch. Ihr Anteil spiegel- den Jahren zuvor das Männchen „Helmut“. te sich auch 2011 entsprechend stark in der Durch eine Exkursion von NABU Storchenbe- Brutpopulation wider. Dagegen ist der Jahr- treuern in das Gebiet konnten durch Ringable- gang 2005 sehr gering vertreten. Dieses Jahr sungen zahlreiche Weißstörche aus Nordwest- war ein sogenanntes Störungsjahr mit einem deutschland nachgewiesen werden. Der sehr schlechten Bruterfolg. Weißstorch „Nick“ traf 2012 bereits am 26. Februar am Brutplatz ein.

Satellitentelemetrie an schleswig- Die anderen drei Weißstörche nahmen die holsteinischen Weißstörchen Ostroute über die Türkei, Israel und das Niltal 2011 waren insgesamt fünf schleswig-holstei- bis in den Tschad. Die klimatischen Verhältnis- nische Weißstörche mit sogenannten GPS-Sa- se im Sahel waren im Winter 2011/12 eher tellitensendern durch das Michael-Otto-Institut durch Trockenheit geprägt. Trotzdem hielten im NABU ausgerüstet worden, um ihr Verhal- sich die Sendervögel den gesamten Winter ten im Winterquartier beobachten zu können. über im ostafrikanischen Sahel zwischen dem Die solarbetriebenen Sender wiegen nur 30 Tschad See und dem Nil auf. Gramm und nehmen stündlich die GPS Koor-

92 Abb. 4: Zugrouten von vier schleswig-holsteini- schen Weißstör- chen mit GPS-Sa- tellitensendern.

Trotz der insgesamt eher trockenen Bedingun- Der Zug der besenderten Weißstörche kann gen für die überwinternden Weißstörche im im Internet unter: http://www.nabu.de/ Winter 2011/12 waren die Vögel gut durch aktionenundprojekte/weissstorchbesende- den Winter gekommen und es gab keine Ver- rung/index.html verfolgt werden. luste. Die meisten Vögel verließen das Winter- quartier bereits im Februar. Ihr Rückzug wurde aber wie im Vorjahr durch starke Nordostwin- Kai-Michael Thomsen de über der Libyschen Wüste erschwert, so Michael-Otto-Institut im NABU dass sie ab Mitte April ins Brutgebiet zurück- Goosstroot 1 kehrten. 24861 Bergenhusen

Weitere interessante Informationen über den Jörg Heyna Weißstorch in Schleswig-Holstein finden sich NABU AG Storchenschutz im Internet unter: http://schleswig-holstein. 25746 Lohe-Rickelshof nabu.de/m06/m06_04/ und http://stoercheimnorden.jimdo.com/ index.php

93 3.11 Seeadler Die landesweite Erhebung wird alljährlich von führt der Projektgruppe Seeadlerschutz durchge- (www.ProjektgruppeSeeadlerschutz.de)

Abb. 1: Junger Seeadler im 2. Alterskleid Foto: Henning Hobrücker

Bestandsentwicklung Im Jahr 2012 waren in Schleswig-Holstein 75 Somit waren 30 Prozent der begonnenen Seeadlerreviere besetzt (Abb. 2). Im Ver- Bruten erfolglos. Dieser Wert liegt im Ver- gleich zum Vorjahr gab es sechs Neuansied- gleich zu den Vorjahren auffallend hoch. Die lungen (Treene/SL, Postsee/PLÖ, Oldenbur- Ursachen hierfür sind unterschiedlich und ger Bruch/OH, Wesseker See/OH, Kuden- waren in mindestens drei Revieren durch den see/HEI und Mölln-Nord/RZ). Auf der anderen Verlust der Jungvögel begründet. In mindes- Seite sind aktuell aber auch drei Reviere ver- tens zwei Revieren verschwand einer der Alt- waist (Fehmarn-Süd/OH, Lübeck-Süd/HL, Ha- vögel in der Brutzeit. In einem Fall durch den seldorfer Marsch/PI). Im Revier Lübeck konn- Tod an einer Stromleitung. Bei vielen Paaren te die Vergiftung beider Altvögel durch Car- jedoch blieb die Ursache für die Brutaufgabe bofuran nachgewiesen werden (siehe Lübe- unbekannt. cker Nachrichten vom 25. April 2012 und 10. Mai 2012). Die Ursachen in den zwei anderen Trotz aller Erfolge muss im Jahr 2012 festge- verwaisten Revieren sind unklar. stellt werden, dass das Verhältnis zwischen der Anzahl begonnener Bruten und erfolgrei- Im zeitigen Frühjahr 2012 begannen 66 Paare cher Bruten das schlechteste seit Jahren ist mit einer Brut, aber nur 47 Paare brüteten er- und viele ungeklärte Brutaufgaben vorliegen. folgreich, so dass im Juli insgesamt 81 junge Wenn Bruten mit Jungen aufgegeben wer- Seeadler flügge wurden (86 in 2011). Die Ver- den, muss man von ganz erheblichen Störun- teilung der Jungenzahl pro Horst erbrachte gen, in der Regel dem Tod eines Altvogels, folgendes Bild: 4 x 3, 26 x 2 Jungvögel und ausgehen. 17 x 1 Jungvogel.

94 100 Abb. 2: 90 Brutbestandsent- Revierpaare wicklung des See- 80 ausgeflogene adlers in Schles- 70 Junge wig-Holstein. 60 50 40 30 20 10 0 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015

Verbreitung Aufgrund der naturräumlichen Ausstattung Lauenburg (RZ) hat sich der Bestand durch liegt der Schwerpunkt der Verbreitung in den Neuansiedlungen verdichtet. Zudem sind in gewässerreichen holsteinischen Jungmorä- diesem Jahr am westlichen Rand des schles- nen-Landschaft (Abb. 3). In den Landkreisen wig-holsteinischen Vorkommens weitere An- Plön (PLÖ), Ostholstein (OH) und Herzogtum siedlungen hinzugekommen.

Abb. 3: Brutverbreitung des Seeadlers in Schleswig-Holstein 2012.

95 Die Seeadlervorkommen verteilen sich auf Todesursachen zu erforschen. Hierzu wurden zwölf Landkreise: viele der von uns aufgefundenen Seeadler an das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierkunde Kreis Paare Kreis Paare (IZW) nach Berlin eingesandt, um sie in das PLÖ 20 NF 3 langfristig angelegte Todesursachen-Untersu- OH 13 HEI 2 chungsprogramm an Seeadlern in Deutsch- RD 11 OD 1 land einzubinden (Krone et al. 2002). Ein be- SE 7 PI 1 sonderer Dank gebührt an dieser Stelle Dr. Oli- RZ 7 HL 1 ver Krone, für die kooperative Zusammenar- SL 6 beit und die Überlassung der veterinär-medizi- IZ 3 nischen und toxikologischen Untersuchungser- Tab. 1: Vorkommen des Seeadlers in den verschiede- gebnisse sowie der Umweltstiftung WWF nen Kreisen. Deutschland für die Finanzierung der toxikolo- gischen Untersuchungen.

Gefährdung und Schutz Die Grundlage für unsere Betrachtung bilden Untersuchung der Todesursachen nunmehr Seeadlerfunde aus den Jahren 1997 In Fortschreibung der Totfundanalyse von See- bis 2011 aus Schleswig-Holstein. In dem ge- adlern aus Schleswig-Holstein für die Jahre nannten Zeitraum wurden 105 Seeadler tot 1980 bis 1997 (Struwe-Juhl & Latendorf aufgefunden oder so schwer verletzt aufge- 1997), haben wir nach nunmehr 14 Jahren griffen, dass sie später nicht überlebten. Zu al- eine Aktualisierung der Ergebnisse vorgenom- len Funden liegen Totfundprotokolle mit einge- men. Im Zusammenhang mit den von der Pro- hender Beschreibung der Fundumstände und jektgruppe Seeadlerschutz Schleswig-Holstein der Vögel vor. Mit Hilfe der veterinärmedizini- durchgeführten Artenschutzmaßnahmen wur- schen Untersuchungen im IZW konnten von den dabei auch tot aufgefundene Vögel medi- insgesamt 77 Seeadlern die Todesursachen zinisch und toxikologisch untersucht, um die zweifelsfrei bestimmt werden (Abb. 4).

Abb. 4: Todesursachen von Seeadlern in Schleswig-Holstein (nach Daten der Projektgruppe See- adlerschutz im Zeit- raum 1997-2011). Rote Säulen: durch Menschen verur- sachte Todesfälle, grüne Säulen: na- türliche Todesursa- chen

In 26 Fällen war eine Kollision der Seeadler Seit unserem ersten Totfund unter einer WEA mit den Rotorblättern von Windenergieanla- im Jahr 2003 ist dies heute die häufigste To- gen (WEA) die Todesursache. Im ersten Unter- desursache in Schleswig-Holstein. Allein diese suchungszeitraum von 1980 bis 1997 gab es Ursache macht rund ein Viertel aller ermittel- diese Todesursache bei Seeadlern noch nicht. ten Todesfälle aus.

96 Am zweithäufigsten starben Seeadler (15 Tot- Opfer, im wesentlichen durch Kollisionen mit funde) durch die Kollision mit Eisenbahnen. Windenergieanlagen, Stromleitungen und Häufig geschieht dies, wenn die Seeadler dort Schienenfahrzeugen. Völlig unnötige Todesur- an Tierkadavern fressen, die ihrerseits bereits sachen wie Vergiftungen kommen hinzu. Wäh- durch Verkehrskollision angefallen sind und rend zivilisationsbedingte Todesursachen in dann tot am Gleiskörper liegen. In je sechs unserer technisierten Welt kaum noch zu ver- Fällen kollidierten Seeadler entweder mit hindern sind, und die Mortalität der Seeadler Stromleitungen (Trauma) oder starben in Folge dadurch bereits deutlich erhöht ist, müssen eines Stromschlages nach einen Landeanflug zumindest die unnötigen Vergiftungen der auf den Masttraversen. Insgesamt starben 14 Seeadler und anderer Greifvögel durch Aufklä- Seeadler in Schleswig-Holstein in Folge von rungsarbeit und gegebenenfalls durch straf- Vergiftungen. Dabei konnte in sieben Fälle rechtliche Konsequenzen beseitigt werden. eine Bleivergiftung, in vier Fällen eine Vergif- Unter den natürlichen Todesursachen (zehn tung mit Mevinphos und in einem Fall die Ver- Prozent) sind Krankheiten (acht Fälle) und Re- giftung mit einem Carbamat nachgewiesen vierkämpfe mit tödlichem Ausgang (zwei Fälle) werden. Die letztgenannten Vergiftungsfälle zu nennen. Bei 26 Prozent aller von uns unter- geben einen deutlichen Hinweis auf eine ille- suchten Todesfälle blieb die genaue Todesur- gal stattfindende Prädatorenbekämpfung, zu- sache unbekannt. meist unter Einsatz von tödlich giftigen Schäd- lingsbekämpfungsmitteln, die illegaler Weise als Ködergifte bei der Fuchsbekämpfung ein- Bernd Struwe-Juhl & Volker Latendorf gesetzt werden. Projektgruppe Seeadlerschutz Biologiezentrum Somit fielen in dem Untersuchungszeitraum Olshausenstr. 40 1997 bis 2011 rund 64 Prozent der Seeadler 24118 Kiel „zivilisationsbedingten“ Todesursachen zum

97 3.12 Hilfe für den Fischadler in Schleswig- Holstein Aufgrund langjähriger Erfahrungen bei der Er- wig-Holstein Fischadler-Kunsthorste montiert fassung und dem Schutz von Großvogelarten werden. Am Anfang des Projektes wurden in im Wald hat die Projektgruppe Seeadlerschutz den gewässerreichen Naturlandschaften zwi- im Februar 2007 beschlossen, ihre Arten- schen Ratzeburg und Flensburg verschiedene schutzmaßnahmen auch auf den Fischadler Lebensräume auf ihre Eignung als Fischadler- (Pandion haliaetus) auszudehnen. Diese Greif- Lebensraum hin überprüft. Ziel war es, mög- vogelart bedarf gemäß Artikel 4 der EU-Vogel- lichst störungsarme Waldbereiche zu identifi- schutzrichtlinie gezielter Erhaltungs- und Ent- zieren, die sich für eine Ansiedlung eignen wicklungsmaßnahmen. Durch eine finanzielle könnten. Begleitend wurden Gespräche mit Unterstützung des Ministeriums für Energie- Waldbesitzern, Förstern und Fischern geführt, wende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche um im Vorfeld einer möglichen Rückkehr des Räume konnten in den Jahren 2008 - 2012 Fischadlers eine höhere Akzeptanz für diesen von der Projektgruppe Seeadlerschutz in ver- Greifvogel zu erreichen. schiedenen EU-Vogelschutzgebieten in Schles-

Abb.1: Rüttelnder Fischad- ler (Jungvogel, er- kennbar an der Fär- bung der Flügelun- terseiten) Foto: Tim Peukert

Zum Vorkommen des Fischadlers in Schleswig-Holstein Der Fischadler war bis 1937 Brutvogel in Kilometer östlich der schleswig-holsteinischen Schleswig-Holstein und ist aufgrund menschli- Grenze in Mecklenburg-Vorpommern und cher Verfolgung als Brutvogel aus unserem kaum weiter entfernt südlich in Niedersachsen Bundesland verschwunden. Aktuell sind keine (Abb. 2). In beiden Bundesländern hat die An- Brutvorkommen im Land bekannt. zahl brütender Fischadler in den letzten Jahren noch zugenommen. Zudem haben im nördlich Der Fischadler tritt aber regelmäßig im Früh- angrenzenden Dänemark in 2011 drei Fischad- jahr und Herbst als Durchzügler auf und ver- lerpaare gebrütet, davon zwei Paare erfolg- einzelt konnten in der Brutzeit auch Übersom- reich mit insgesamt fünf flüggen Jungadlern merer festgestellt werden. In Schleswig-Hol- (Novrup 2012). stein gab es in den letzten Jahren bereits Nestbauaktivitäten von brutgestimmten Vö- Aus der zuvor beschriebenen Fischadlerver- geln (zum Beispiel 1994 bei Hohenwestedt / breitung wird deutlich, dass es nördlich und Rendsburg-Eckernförde, 2004 und 2005 in den südlich von Schleswig-Holstein aktuelle Brut- Barloher Forsten / Rendsburg-Eckernförde und vorkommen gibt. Unser Bundesland bildet so- 2012 bei Woltersdorf / Herzogtum Lauenburg). mit nur eine „Lücke“ zwischen zwei beste- Zu einer Eiablage (Brutnachweis) kam es in henden Vorkommen. Dieser Umstand macht diesen Fällen nicht. deutlich, warum Unterstützungsmaßnahmen durch den Bau von Kunsthorsten in Schles- Die nächsten bekannten Brutvorkommen des wig-Holstein Erfolg versprechend sein kön- Fischadlers befinden sich aktuell nur wenige nen.

98 Ansiedlungsunterstützung durch den Bau von Kunsthorsten Im Gegensatz zu Wiederansiedelungsversu- chen in anderen Ländern (England, Spanien) soll der Fischadler in Schleswig-Holstein zwar mit menschlicher Unterstützung, aber letztlich aus eigener Kraft wieder Brutvogel in unse- rem Bundesland werden. Dies ist wegen der alljährlich hohen Anzahl von Durchzüglern und der benachbarten Brutbestände eine durchaus realistische Perspektive, denn aufgrund der er- folgreichen Artenschutzbemühungen in ande- ren Bundesländern (zum Beispiel in Nieder- sachsen, Hessen und Bayern) ist bekannt, dass sich durch ein Angebot an Kunsthorsten – zum Beispiel auf exponiert stehenden Kie- fern - die Ansiedlungsbereitschaft von durch- ziehenden und übersommernden Vögeln erhö- hen lässt. Das Angebot von Nisthilfen kommt vermutlich vor allem Erstbrütern entgegen, die auf der Suche nach Brutplätzen im Land um- herstreifen, aber noch keine Erfahrung im Abb. 2: Brutverbreitung des Fischadlers in Deutschland Horstbau haben. 2003-2004 (nach Gedeon et al. 2004).

Abb. 3: Lage der Fischad- ler-Kunsthorste, die im Projektzeitraum von 2008 bis 2012 in verschiedenen EU-Vogelschutzge- bieten in Schles- wig-Holstein mon- tiert wurden.

99 Abb.4: Bau eines Fischadler-Kunsthorstes auf einer freistehenden Kiefer. Foto: Bernd Struwe-Juhl

Aufgrund des erhöhten Unfallrisikos für Greif- In den kommenden Jahren sollten die Eignung vögel an technischen Bauwerken wurde von der errichteten Kunsthorste überprüft und ge- uns der Bau von künstlichen Nisthilfen auf gebenenfalls Instandsetzungsmaßnahmen Bäumen denen auf technischen Anlagen (Lei- durchgeführt werden. Darüber hinaus werden tungsmasten) vorgezogen. im Rahmen des landesweiten Brutvogelmoni- torings der Großvögel des Waldes von den Im Zeitraum von 2008 bis 2012 wurden von Mitarbeitern der Projektgruppe Seeadlerschutz der Projektgruppe Seeadlerschutz acht Fisch- alle eingehenden Hinweise auf mögliche adler-Nisthilfen in exponiert stehenden Kiefern Fischadler-Brutvorkommen überprüft montiert. Dabei wurden bevorzugt störungsar- me Wälder ausgewählt und in Rücksprache mit dem Waldeigentümer ein Horstbaum aus- Bernd Struwe-Juhl & Thomas Grünkorn gewählt. Die Kunsthorste befinden sich in den Projektgruppe Seeadlerschutz Regionen: Naturpark Aukrug, Naturpark Wes- Schleswig-Holstein e.V. tensee, EU-Vogelschutzgebiet Staatsforsten Barlohe, Naturpark Holsteinische Schweiz, Na- turschutzgebiet Hahnheide und Naturpark Lau- enburgische Seen (Abb. 3).

100 3.13a Schwarzstorch Der Schwarzstorch gehört zu den seltensten insgesamt bisher in Schleswig-Holstein be- Großvogelarten in Schleswig-Holstein. Anders kannt gewordenen Reviere wurde die Daten- als der nah verwandte Weißstorch lebt er bank der Projektgruppe Schwarzstorchschutz scheu und zurückgezogen. Seine Nester baut (mit Angaben von insbesondere Gerd Janssen er auf alten Bäumen in störungsarmen Wäl- und Joachim Kock) hinsichtlich Brutbestand, dern und die Nahrungssuche erfolgt vor allem Verteilung der Reviere und Bruterfolg ausge- an Fließ- und Stillgewässern. wertet. Diese Auswertung identifiziert und be- wertet die von den Brutvögeln tatsächlich ge- Die Firma BioConsult SH hat für die Projekt- wählten Brut- und Nahrungsreviere und kann gruppe Seeadlerschutz/Großvogelschutz im den grundsätzlichen Rahmen, die Möglichkei- Wald e. V in 2011 eine Habitatanalyse in eini- ten und Grenzen von Artenschutzmaßnahmen gen geeigneten Schwarzstorchrevieren in für den Schwarzstorch aufzeigen. Schleswig-Holstein durchgeführt und die bis- herige Entwicklung des Bestandes analysiert. Nachdem es bereits 1968 und 1969 Ansied- Die Ergebnisse werden als Grundlage für Ar- lungsversuche gegeben hatte, nahm der Brut- tenschutzmaßnahmen in Schleswig-Holstein bestand in Schleswig-Holstein seit der ersten dienen. Ziel dieser Untersuchung ist darüber erfolgreichen Brut in 1974 bis 2011 signifikant hinaus die konkrete Erarbeitung von standort- zu (Abb. 1). Die Bestandszunahme erfolgte spezifischen und generellen Maßnahmenvor- insbesondere in der Mitte der achtziger Jahre, schlägen. seit den neunziger Jahren stagnierte der Be- stand bei etwa sieben Brutpaaren. Dagegen Auswertung der Datenbank (alle bekannt- nahm der mittlere Bruterfolg eines Jahres sig- gewordenen Reviere von 1974 bis 2011) nifikant ab (Abb. 2) Zur Bewertung der Eignung und Qualität der

Abb. 1: Entwicklung des Brutbestandes von 1974 bis 2011.

Im Zeitraum von 1974 bis 2011 wurden 210 ten kann, wurden unter Berücksichtigung von Revierbesetzungen erfasst. In der Untersu- spezifischen jahrweisen Besetzungsmustern chung wurde in erster Linie die Qualität einzel- benachbarter Wälder die aufgetretenen Wech- ner Reviere analysiert, doch musste auch die selreviere eines „Paares“ identifiziert. Auf die- individuelle Geschichte einzelner Brutpaare se Weise wurden für den betrachteten Zeit- berücksichtigt werden. Da ein Brutpaar in ei- raum 26 Reviere gebildet. nem Jahr nur in einem Revier erfolgreich brü-

101 Abb: 2: Entwicklung des mittleren Bruter- folgs eines Jahres (1974 bis 2011).

Die Reviere unterscheiden sich sehr stark in Wäre der Bruterfolg in allen Revieren gleich, ihrer Besetzungsfrequenz und ihrem Bruter- so würde sich eine winkelhalbierende Gerade folg. Ein Revier war über den 38-jährigen Un- ergeben. Die Hälfte aller Jungvögel wurde in 5 tersuchungszeitraum 31 Jahre besetzt, einige der 26 Reviere großgezogen. Reviere, die in andere Reviere während dieser Zeit nur in ei- den siebziger Jahren zum ersten Mal besetzt nem Jahr. Von den insgesamt 417 Jungvögeln waren, haben pro Brutversuch circa einen entfielen auf ein Revier allein 75 (18Prozent). Jungvogel mehr als Reviere, die in den Zwei- Den überproportional hohen Beitrag weniger tausender Jahren zum ersten Mal besetzt wa- Reviere zur Reproduktion zeigt die Abb. 3. ren.

Abb. 3: Kumulative Anzahl von Jungvögeln von 26 Revieren (1974 bis 2011)

102 Es ergab sich trotz des sehr geringen Brutbe- vier Jungvögel. In den 14 Jahren mit niedriger standes ein deutlicher Dichteeffekt. In den Dichte war der Bruterfolg deutlich höher: 81 sieben Jahren mit dem höchsten Brutbestand Prozent der Paare hatten in diesen Jahren drei hatten circa 38 Prozent der Paare drei oder oder vier Jungvögel (Abb. 4).

Abb.4: Vergleich der Ver- teilung der Jungen- zahl in Jahren mit geringem und ho- hem Brutbestand (Prüfung der Habi- tat-Heterogenitäts- Hypothese)

Diese Resultate sind erstaunlich, da sie auf gen durchgeführt werden, die nach Vorgabe eine Dichteregulation hindeuten, was aber zu- von gestaffelten Wahrscheinlichkeiten (Pro- nächst biologisch nicht plausibel erscheint. zent- Wert der Kernel-Berechnung) unter- Kann der Schwarzstorch in Schleswig-Holstein schiedliche Brutplätze einschließen (Abb. 5). tatsächlich bereits bei acht bis zehn Brutpaa- Aus dem Kurvenverlauf der Abb. 6 ergibt sich ren an seine ökologische Kapazitätsgrenze sto- der Schwellenwert von 60 Prozent als der für ßen? Insgesamt lässt sich trotz der relativ klei- die Flächenberechnung des Kerngebietes der nen Datenmenge sagen, dass die Zusammen- Schwarzstorchverbreitung geeignetste Wert. hänge zwischen dem Jahr der Erstbesetzung, Die Flächenkontur des Schwellenwertes von der Besetzungsfrequenz und dem Bruterfolg 60 Prozent für die Kernelberechnung ist in der beim Schwarzstorch den bisher publizierten Abb. 5 rot dargestellt und hat eine Ausdeh- Ergebnissen vor allem von langjährigen Greif- nung von 1.788 Quadratkilometern. In diesem vogelstudien sehr ähnlich sind. Reviere, die Kerngebiet liegen 15 Reviere, von denen bis früh und häufig besetzt wurden, weisen im zu sieben in einem Jahr gleichzeitig besetzt Mittel eine signifikant höhere Reproduktions- waren. Die Bestandsentwicklung in dieser rate auf. Kernfläche zeigt eine signifikante Zunahme. Der Bestandsanstieg hat sich aber in den letz- Anhand der bekannten 210 Bruten zwischen ten Jahren nicht weiter fortgesetzt und die Ka- 1974 und 2011 wurde mit einem Geographi- pazitätsgrenze dieses Kerngebietes scheint schen Informationssystem die Kernverbrei- zurzeit bei sechs Paaren zu liegen. Auf ein tung des Schwarzstorches in Schleswig-Hol- Brutpaar entfällt rechnerisch ein Gebiet von stein ermittelt. Eine Verbindung der äußeren 298 Quadratkilometern, was bei der verein- Brutplätze (Minimumkonvexpolygon) ergab fachten Annahme eines kreisförmigen Nah- eine Fläche von 7.750 Quadratkilometern. Mit rungsrevieres einem Radius von 9,7 Kilome- diesem Programm können Kernelberechnun- tern entspricht.

103 Abb. 5: Minimumkonvexpo- lygon und Kernel- berechnungen zur Identifizierung und Berechnung der Größe des Kernge- bietes der Schwarz- storchverbreitung in Schleswig-Hol- stein

Abb. 6: Identifizierung des Schwellenwertes der Kernelberech- nung für die Kern- fläche der Schwarz- storchverbreitung in Schleswig-Hol- stein. Nach dem Schwellenwert von 60 Prozent ändert sich der Kurvenver- lauf in Richtung der flächenproportiona- len Nutzung (Win- kelhalbierende).

104 Weitergehende Untersuchung von zehn Brutwald: ausgesuchten Revieren Sieben der zehn ausgesuchten Reviere befan- Beschreibung von zehn Revieren den sich in Bereichen ohne jegliche Forstwirt- An zehn ausgesuchten Revieren (fünf aktuell schaft. Dies waren sowohl festgeschriebene besetzte und fünf ehemalige Reviere) wurden Nullnutzungszonen der Landesforsten Schles- in unterschiedlichen Radien um den Brutbaum wig-Holstein und des Stadtwaldes Lübeck, als (20, 300 und 5.000 Meter) Daten im Gelände auch private Wälder mit Vertragsnaturschutz erhoben und abgefragt. Am Brutplatz (Radius und freiwilligem Nutzungsverzicht. Die übrigen 20 Meter) wurde die Nestanlage, die Stabilität drei Reviere entfielen auf Wirtschaftswälder in des Nestes und die Baumartenzusammenset- Privatbesitz in denen zwar weiterhin Bäume zung beschrieben. Im Brutwald (Radius 300 im Brutwald gefällt werden, dies aber mit zeit- Meter) wurde die Ausübung der Forstwirt- licher Rücksichtnahme auf den Schwarzstorch schaft, die Jagdausübung, das Vorkommen geschieht. weiterer Großvögel (Seeadler, Uhu) und sons- tige Nutzungen beziehungsweise Störungen Die Sperrungen von Waldwegen in Nestnähe ermittelt. Im Nahrungsrevier (Radius 5.000 stellen in allen Revieren die Beruhigung des Meter) wurden die Qualität der Fließgewässer Brutwaldes sicher. In zwei Revieren ist die (Datenbank LLUR) sowie Beobachtungen Nah- Nähe zu Häusern auffällig. Möglicherweise rung suchender Schwarzstörche kartografisch geht von solchen dauerhaft vorhandenen und dargestellt. Weiterhin wurden bisherige vorhersagbaren Strukturen nur eine geringe Schutzmaßnahmen dokumentiert und auf die Störwirkung für den Schwarzstorch aus. drei Entfernungsradien bezogene Maßnahmen Die Eignung des Bruthabitates wurde durch vorgeschlagen. Die Analyse lieferte Ergebnis- benachbarte Brutplätze der Großvogelarten se, die direkt in Vorschläge zu Artenschutz- Seeadler und Uhu bisher anscheinend nur ge- maßnahmen umgesetzt werden können. Hier ringfügig beeinflusst. werden die revierübergreifenden Ergebnisse dargestellt. Nahrungsrevier: Im Radius von fünf Kilometern um einen Brut- Brutplatz: platz wurden soweit möglich Fließgewässer In den betrachteten Revieren wurden aus- mit Pegelmessung herausgesucht und die Pe- schließlich Eichen als Brutbaum genutzt. Das gelstände beim Landesbetrieb für Küsten- (Laub-)Baumartenspektrum war vielfältig und schutz, Nationalpark und Meeresschutz er- kein Grund für die Standortwahl. Die Anzahl fragt. Der mittlere Pegelstand der Sommermo- der Bäume innerhalb des Plots war stark un- nate Juli und August ist signifikant von dem terschiedlich und kein enges Kriterium bei der zuvor gemessenen mittleren Pegelstand der Wahl des Bruthabitates. Der Umfang des ge- Wintermonate Januar und Februar abhängig. wählten Brutbaumes (Natur- und Kunstnest) Daher wurden nur noch die Sommerwerte be- war immer deutlich größer als der Mittelwert rücksichtigt, zumal in trockenen Sommern der umgebenden Bäume. Dagegen überragten eine Nahrungsverknappung auftreten kann. In die Brutbäume die allgemeine Bestandshöhe Brandenburg war ein geringer Sommerwas- nicht deutlich. Schwarzstörche brüten in gerin- serstand der häufigste Grund für eine Revier- gerer Höhe als Greifvögel (insbesondere See- aufgabe. Aus dem elfjährigen Zeitraum von adler). Die Kronenmorphologie muss eine 2001 bis 2011 wurden die jeweils drei Jahre Nestanlage ermöglichen, indem sie tief anset- mit den niedrigsten und höchsten Pegelstän- zende, weit ausladende, tragfähige und mög- den herausgesucht. Der Bruterfolg unter- lichst horizontale Seitenäste im Kronenbeginn schied sich nicht zwischen nassen und trocke- bietet. Daraufhin kommt dem Erfordernis ei- nen Sommern. Dagegen hing der mittlere nes freien An- und Abflugs eine größere Be- Bruterfolg in den zehn ausgesuchten Revieren deutung als bei anderen Arten zu. Der Brut- signifikant mit der Bewertung des Fischvor- platz muss Öffnungen im Kronendach und An- kommens in den Bächen (Datenbank LLUR) in beziehungsweise Abflugschneisen unterhalb einem Radius von fünf Kiliometern um den des Kronendaches bieten. Wo die Anflugwege Brutplatz zusammen (Abb. 7). Der mittlere zuwachsen, müssen sie durch Ausasten oder Bruterfolg nahm ebenfalls bei zunehmend Fällen von Nachbarbäumen wieder geöffnet schlechterer Bewertung des Makrozooben- werden. thos (Tiere des Gewässerbodens) ab, aller- dings war dieser Zusammenhang nicht signifi- kant.

105 Abb. 7: Abhängigkeit des mittleren Bruterfol- ges des Schwarz- storches von der Fischbewertung nach WRRL (Daten- bank LLUR, Dr. M. Brunke: 1= sehr gut, 5= schlecht) an zehn ausgesuch- ten Revieren

Maßnahmenvorschläge • Durch Vermehrung von Altholzinseln und Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollten ur- durch allgemein längere Umtriebszeiten sprünglich zuallererst die Defizite der aufgege- können neue geeignete Brutplätze für den benen fünf Reviere verringern oder beheben. Schwarzstorch geschaffen werden. Soweit möglich wurden Maßnahmen für die • Potenzielle Brutbäume sollten durch vo- zehn ausgesuchten Reviere im Projektbericht rausschauende Bestandspflege erhalten vorgeschlagen. Hier sollen grundsätzliche werden, (zum Beispiel Habitatbaumkon- Maßnahmen aufgelistet werden, deren An- zept (HaKon) der Schleswig-Holsteinischen wendung sich nicht auf einzelne Reviere be- Landesforsten mit fünf Bäumen/Hektar). schränkt. • Entwicklung von Eichen zu Kronenbäu- men • Schutz von Bäumen mit Zwieselbildung Maßnahmen zur Brutbiotopverbesserung oder Wipfelbruch (Nadelbäume) im Brutwald: • Vermeidung von Störungen in den Brutge- Außer bei den festgeschriebenen Nullnut- bieten, Sperrung und Verlegung von Wald- zungszonen und beim Vertragsnaturschutz ist wegen der Schutzstatus der Brutplätze nicht gesi- • Bildung von Totholz insbesondere an Wald- chert. In diesen Fällen sollte eine dauerhafte bächen und gegebenenfalls gezielte Fällun- Sicherung durch Maßnahmen des Vertragsna- gen zur Wasserretention in kleinskaligem turschutzes angestrebt werden. (Abb. 8) und größerem Maßstab (Abb. 9) • Bereitstellung der Fläche und Förderung ei- Der Beginn und das Ende der Brutzeit des nes sekundären flächigen Waldrandes als Schwarzstorches und damit die Begrenzung Puffer zu landwirtschaftlichen Nutzflächen der zeitlichen Nutzungseinschränkung sind un- (insbesondere Mais) klar, uneinheitlich und starr. Der Beginn variiert • Verhinderung von Störungen aus der Luft zwischen dem ersten Februar und dem ersten durch ein Überflugverbot für Heißluftbal- März, das Ende zwischen dem 15. Juli und lons, Gleitschirmflieger und ähnliche Luft- dem 15. August. Als Beginn wird der erste fahrzeuge während der Brutzeit März vorgeschlagen und für ein jahrweise fle- • Angebot von Kunstnestern, besonders in xibles Ende plädiert, welches das Auftreten kleinen Altholzparzellen und waldarmen von Brutverlusten und Spätbruten berücksich- Gegenden. Im Regelfall sind Kunstnester tigt und somit vom ersten Juli bis ersten Sep- nicht notwendig. tember reichen kann.

106 schlechten Fischbewertung sollten prioritär für Maßnahmen im Rahmen der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) sein. Das Ziel ist es, dass bachtypische Fischarten (Kies- laicher) dort wieder reproduzieren können. Ge- nerelle und auch für den Schwarzstorch för- derliche Maßnahmen sind: • Durchführung von Baumaßnahmen für die Wiederherstellung der Durchgängigkeit ei- nes Fließgewässers durch Entrohrung und den Rückbau von Staustufen mit Hilfe von Sohlgleiten • Erhöhung der Strukturvielfalt und Förde- rung der Fließwasserdynamik durch Kies- und Steinschüttungen im Bachbett • Förderung eines uferbegleitenden Gehölz- saumes aus insbesondere Schwarzerlen • Schaffung von Uferrandstreifen • Flächenstilllegungen und Sukzession auf den bach– und aubegleitenden landwirt- schaftlichen Nutzflächen.

Neben der Inwertsetzung von Fließgewässern sollten neue Wege der Au- und Bruchwaldbil- dung, des zonalen Überganges vom Wald über einen flächigen Waldrand über Brachen bis zum baumgesäumten Bachufer entwickelt Abb. 8: Kleinskaliger Wasserstau durch Totholz in den werden. Geeignete Überflutungsräume kön- Barloher Forsten (August 2011). nen durch Rückdeichungen geschaffen wer- Foto: T. Grünkorn den und die flächige Neuentstehung von Au- und Bruchwäldern ermöglichen.

Nahrungsrevier / Maßnahmen in den Fließgewässern und Talauen Thomas Grünkorn Alle Fließgewässer (insbesondere außerhalb [email protected] des Waldes) mit einer unbefriedigenden und www.bioconsult-sh.de

Abb. 9: Größere Holzmen- gen im Bachbett können zu Auskol- kungen führen, die in trockenen Som- mern länger was- sergefüllt sind (Bar- loher Forsten, Au- gust 2011) Foto: T. Grünkorn

107 3.13b Schwarzstorchbericht 2012 Die Brutbestandserfassung des Schwarz- In einem Traditionsrevier kam es wie im Vor- storchs in Schleswig-Holstein, durchgeführt jahr zum Verlust eines Jungvogels und zum von der Arbeitsgruppe Schwarzstorchschutz Abbruch der Brut. Der circa fünf Wochen alte mit Unterstützung durch Förster, Waldeigentü- Jungvogel wurde neben einem unbefruchte- mer und Avifaunisten, brachte für das Jahr ten Ei bei einer Nachkontrolle des Horstes vor- 2012 folgende Ergebnisse: gefunden. Im Vorjahr lag ein fast flügger Jung- vogel tot auf demselben Horst, während ein Es wurden wie im Vorjahr sieben Revierpaare weiterer Jungvogel flügge wurde. Die Um- festgestellt, davon begannen vier Paare mit stände, die zum Tod der Jungvögel führten, der Brut, aber nur drei Paare waren erfolgreich bleiben ungeklärt. und zogen insgesamt zehn Jungvögel auf (zwei mal vier, ein mal zwei). Von den erfolg- Bemerkenswert ist, dass im Vorjahr noch sehr reichen Paaren brüteten zwei Paare in Privat- erfolgreiche Brutpaare mit vierer Bruten in die- wäldern und ein Paar in einem Körperschafts- sem Jahr das Revier aufgaben, obwohl hin- wald. sichtlich der Verfügbarkeit der Nahrung keine Verschlechterung eingetreten ist. Die Gründe Im Südosten des Landes kam es zu einer Re- für das Verlassen eines Revieres sind selten vierneubesetzung. Das Paar war mit vier flüg- nachweisbar. Da aufgrund der Störanfälligkeit gen Jungvögeln erfolgreich. Dagegen führte des Schwarzstorches keine permanente Über- später Holzeinschlag in einem Privatwald zu wachung der Horststandorte möglich ist, fehlt einem verspäteten Brutbeginn, mit der Folge es an konkreten Nachweisen für die Ursache eines mit zwei flüggen Jungvögeln geringen von Brutaufgaben. Bruterfolges, wie es häufig bei Spätbruten festzustellen ist.

Joachim Kock Arbeitsgruppe Schwarzstorchschutz Schles- wig-Holstein

108 3.14 Der Sperlingskauz bleibt Brutvogel in Schleswig-Holstein Über die Erstbeobachtung und den ersten tung festzustellen und notwendige Schutzmaß- Brutnachweis eines Sperlingskauzes in Schles- nahmen rechtzeitig einzuleiten. wig-Holstein wurde im Jagd- und Artenschutz- bericht des Jahres 2010 letztmalig berichtet. Der Landesverband Eulen-Schutz in Schleswig- Bestandsentwicklung und Verbreitung Holstein e.V. führt mit Unterstützung des Mi- Nach dem ersten Brutnachweis im Jahre 2007 nisteriums für Energiewende, Landwirtschaft, im Segeberger Forst konnte in den folgenden Umwelt und ländliche Räume (MELUR) ein Jahren mindestens je ein sicherer Brutnach- Monitoring für diese Art in Schleswig-Holstein weis in Schleswig-Holstein erbracht werden durch mit dem Ziel, die weitere Brutverbrei- (Abb. 1).

Abb. 1: Bestandsentwick- lung des Sperlings- kauzes in Schles- wig-Holstein

Im Sachsenwald wurden 2012 gleich zwei höhle konnte jedoch nicht gefunden werden. Bruten mit Jungen festgestellt (Abb.3). Eine Allerdings war die Nachsuche, bedingt durch weitere Brut mit sechs Nestlingen konnte zeitliche Einschränkung auch nicht sehr inten- sehr schön im Ricklinger Forst beobachtet und siv. auch fotografiert werden (Abb. 2). Im Segeberger Forst konnten wir schon zeitig Erstmals wurde Anfang Juni 2012 im Hollen- zwei sichere Reviere feststellen, aber auch beker Holz ein Sperlingskauz mit Jungen be- hier gelang uns nicht der Fund der Bruthöhle. obachtet. Da der Wald für Jungvögel zu weit von den bekannten Brutplätzen in Rickling und Mit insgesamt sieben nachgewiesenen Revie- Trappenkamp entfernt liegt, gehen wir davon ren - davon in vier Revieren sichere Brutnach- aus, dass die Brut im Hollenbeker Holz statt- weise mit flüggen Jungen - hat sich der Sper- gefunden hat. lingskauz nun schon sechs Jahre in Folge als Brutvogel in die Eulenfauna unseres Landes Im Bergholzer Forst wurden zwar Männchen eingefügt. und Weibchen gleichzeitig verhört, die Brut-

109 Abb. 2: Sperlingskauz-Weibchen in Rickling Foto: Horst Andritzke

Besondere Aspekte im Berichtsjahr vom Sperlingskauz als Beutedepot, jedoch Im Herbst 2011 konnten sowohl im Sachsen- noch nicht zur Brut genutzt. wald als auch im Segeberger Forst Sperlings- käuze verhört beziehungsweise beobachtet werden. Zusammenfassung und Ausblick Die im Jahr 2012 festgestellten sieben Sper- Urlaubs- und krankheitsbedingt waren jedoch lingskauz-Reviere – davon vier Reviere mit nur wenige Mitarbeiter zur Zeit der Winterbalz Nachweis von flüggen Jungen – zeigen, dass unterwegs. Die meisten Reviere wurden erst der Sperlingskauz sich in Schleswig-Holstein zur Brutzeit gefunden beziehungsweise bestä- weiter ausbreitet und fester Bestandteil unse- tigt. Trotz intensiver Suche nach Bruthöhlen rer Eulenfauna geworden ist. war der Erfolg bescheiden. Es konnten den- Wir werden in den kommenden Jahren unse- noch erstmals vier Bruten mit Nestlingen be- re Nachweismethoden weiter verfeinern und obachtet werden. die Suche nach dem Sperlingskauz intensivie- ren, um so mehr über diese kleine Eule und Die vom Landesverband Eulen-Schutz in SH ihre Verbreitung in Schleswig-Holstein zu er- e.V. ausgebrachten Nistkästen wurden zwar .

110 Abb.3: Sperlingskauz-Vor- kommen 2012 in Schleswig-Holstein

Landesverband Eulen-Schutz in Schleswig-Hol- stein e.V. Arbeitsgruppe Sperlingskauz Hans Dieter Martens Gettorfer Weg 13 24214 Neuwittenbek

111 3.15 Steinkauz Der Landesverband Eulen-Schutz in Schles- gemeldet worden. 164 Jungkäuze wurden be- wig- Holstein e.V. setzte auch im Jahre 2011 ringt; hauptsächlich im Kreis Dithmarschen. Es das Artenschutzprogramm Steinkauz mit sei- gab viele Gelege mit vier bis fünf Eiern. In Far- ner Arbeitsgruppe mit Unterstützung des Mi- newinkel konnten sogar sieben Jungkäuze in nisteriums fürEnergiewende, Landwirtschaft, einem Nistkasten festgestellt werden. Umwelt und ländliche Räume (MLUR) sowie der Kreise Dithmarschen und Steinburg in die Im Kreis Rendsburg- Eckernförde ist die An- Tat um. zahl der nachgewiesenen Brutpaare zum Vor- jahr um acht Paare gestiegen; die der ausge- Im Rahmen eines Bestandsmonitorings wur- flogenen Jungkäuze von 31 auf 68. den von insgesamt circa 1.180 erfassten Standorten mit mindestens einem installierten Interessant ist auch die Gegenüberstellung Nistkasten circa 940 Standorte kontrolliert. von festgestellten Brutpaaren und erfassten Jungkäuzen in den letzten beiden Jahren im Bestandsentwicklung und Verbreitung Hauptverbreitungsgebiet Norderdithmar- Generell wurde im Berichtsjahr auch die Stein- schens. 2010 konnten noch 81 Brutpaare mit kauzpopulation wie die Schleiereulenpopulati- 180 Jungkäuzen gezählt werden, 2011 nur on von den schneereichen Winterperioden der noch 49 Brutpaare, jedoch mit 135 Jungkäu- letzten beiden Jahre, den schlechten Witte- zen. Durch Nistkastenkontrollen ist vom Ge- rungsbedingungen der zweiten Jahreshälfte bietsbetreuer nachgewiesen worden, dass der (Nässe), der lokalen Nahrungsknappheit (Mäu- beringte Brutvogelbestand 2010 sich zu circa semangel) sowie der zum Teil extremen Ver- 30 Prozent aus Jungkäuzen des Vorjahres re- änderung in der landwirtschaftlichen Nutzung krutiert, der Brutvogelbestand 2011 aber nur (Silomais, Grünlandumbruch) beeinflusst. noch zu circa fünf Prozent. Dies spricht für Allerdings waren die Auswirkungen auf den eine hohe Verlustrate bei den Jungkäuzen im Brutbestand geringer als bei der Schleiereule. Winter 2010/2011 in diesem Gebiet. Das Erfolgsjahr 2010 mit 155 Brutpaaren des Steinkauzes ist zwar bei der Brutpaarzahl nicht Die Hauptdichtezentren befinden sich traditio- wiederholt oder gar übertroffen worden. Es nell in den weitläufigen Flussniederungsberei- konnten aber bei 138 Brutpaaren 387 Jung- chen der Eider/Sorge/Treene und vor allem der käuze festgestellt werden, also erfreulicher- Dithmarscher Geest. Weitere Dichtezentren weise 47 Jungkäuze mehr als im Vorjahr. 13 gibt es entlang des Nordostseekanals und der Brutaufgaben wurden festgestellt. Dies liegt Störniederung. Isolierte Vorkommen befanden im tolerierbaren Bereich. Bei 125 erfolgreichen sich noch im mittleren Angeln und den See- Brutpaaren sind dies insgesamt 3,1 Jungkäuze marschen der Westküste mit jeweils zwei pro Gelege. Bruten in Naturhöhlen sind nicht Brutpaaren.

Abb. 1: Entwicklung der Steinkauzpopulati- on in Schleswig- Holstein bis 2011

112 2 0 1 1 GEEST MARSCH ÖSTLICHES HÜGELLAND GESAMT

Meldungen der 729 127 87 943 Mitarbeiter* (658) (102) (70) (830)

Standorte 864 181 133 1178 gesamt (826) (152) (135) (1113)

Standorte 73,3 15,4 11,3 prozentual (74,7) (13,4) (11,9)

BRUTEN 129 7 2 138 (145) (6) (4) (155)

Bruten 93,5 5,1 1,4 prozentual (93,5) (3,9) (2,6)

Brutaufgaben 13 — — 13 (31) (1) (1) (33)

ausgeflogene 362 17 8 387 Jungkäuze (316) (12) (12) (340)

Jungkäuze 93,5 4,4 2,1 prozentual (93,0) (3,5) (3,5)

davon beringt 160 4 — 164 (168) (5) (—) (173) Tabelle 1: Gesamtaufstellung (in Klammern die Daten 2010) *Meldungen sind Beobachtungen der Gebietsbetreuerinnen und Gebietsbetreuer beim Kontrollieren der Nistkästen

Steinkauz Abb.2: Bestandsentwick- Bruten und Jungvögel von 1990 - 2011 lung des Steinkau- zes in den Jahren 450 1990 bis 2011 in Schleswig- Holstein 400

350

300

250 Bruten 200 Jungvögel

150

100

50

0

Jahre

113 Besondere Aspekte im Berichtsjahr Trotz eines Rückganges von insgesamt 17 Im Dithmarscher Geestbereich sind vermehrt Brutpaaren im Vergleich zum Vorjahr ist die Dohlenbruten in den Steinkauznistkästen fest- Steinkauzpopulation im Vergleich zur Schleie- gestellt worden. Wrohm mit ehemals drei reulenpopulation wiederum relativ gut mit den Steinkauz-Brutpaaren, jetzt nur noch einem potenziell bestandslimitierenden Faktoren zu- Brutpaar und Lüdersbüttel, ebenfalls mit ehe- recht gekommen. mals drei, jetzt mit keinem Brutpaar mehr, ste- chen hervor. Künftig wird an der Konzeption Der Steinkauz benötigt in seinem engen Habi- verschiedener dohlensicherer Hausnistkästen tatumfeld eine niedrige Bodenvegetation mit gearbeitet. ausreichendem Nahrungsangebot. Dies findet er vor allem im extensiven Dauergrünlandbe- reich. Wenn dort aufgrund hoher Schneelage Zusammenfassung und Ausblick oder anderer Faktoren die Nahrung mit seinem Obwohl die Umweltbedingungen für die Stein- Hauptbeutetier, der Feldmaus, ausbleibt, passt kauzpopulation im Berichtsjahr landesweit un- er sich an und weicht auf Kleinvögel und ande- günstig waren, lässt der Anstieg der Brutpaare re Beutetiere in seinem näheren Umfeld aus. in einigen Gebieten in Verbindung mit der Ge- Dieses Verhalten konnte gut während der samtreproduktionsrate für die Zukunft weiter Schneemonate 2009/2010 beobachtet werden. hoffen. Aber es gab auch einige Totfunde und zur Brut- zeit verlassene Standorte. Gerade suboptimale Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, Habitate wurden durch Abwanderung aufgege- dass die Bruterfolge in den Hauptverbreitungs- ben oder wegen Partnerverlust verlassen. gebieten erfolgen und die Peripherien nur sehr langsam aufgefüllt werden. Isolierte Neuan- Aber beim Steinkauz bestätigen oft Ausnah- siedlungen bestehen zumeist nur eine Brutsai- men die Regel. In Lütjenwestedt wurde ein son. Folglich müssen zur weiteren Bestandssi- Standort im Herbst 2010 neu besiedelt. Im cherung und Ausdehnung der vorhandenen Wintermonat Dezember 2010 war der Stand- Populationen steinkauzgerechte Habitate er- ort plötzlich verlassen. Mitte Januar 2011 be- kundet, aufgewertet und mit Spezialnistkästen setzte erneut ein Paar den Standort und brüte- in/an landwirtschaftlichen Gebäuden oder in te vier Jungkäuze aus. Leider konnte kein ein- Bäumen bestückt werden. deutiger Nachweis erfolgen, ob es das jeweils gleiche Paar war. Habitatverlusten muss den Möglichkeiten un- seres Verbandes entsprechend entgegenge- Lokale Siedlungsdichteschwerpunkte gab es wirkt werden. Die Erhaltung oder Gestaltung im Kreis Steinburg (Hingstheide/ Wulfsmoor/ steinkauzgerechter Habitatstrukturen in unse- Auufer) mit circa 22 Quadratkilometern und rer Landschaft hat oberste Priorität für den Ar- acht nachgewiesenen Brutpaaren sowie der tenschutz. Dazu trägt hoffentlich auch das von Gemeinde Offenbüttel im Kreis Dithmarschen unserem Mitarbeiter Frank Steiner in Zusam- mit sieben Brutpaaren auf circa15 Quadratkilo- menarbeit mit der Artenagentur Schleswig- metern. Holstein ins Leben gerufene Pilotprojekt „Steinkauzfreundlicher Hof“ bei. Durch die Die vermehrte Montage von mardersicheren Pflanzung standortgerechter Obstbäume und Hausnistkästen innerhalb und außerhalb meist Stieleichen und Installation von Ansitzwarten landwirtschaftlicher Gebäude hat sich mittler- sollen steinkauzgerechte Standorte aufgewer- weile gut bewährt. In Süderdithmarschen und tet werden. um Hanerau-Hademarschen brüteten erstmals mehr als 50 Prozent aller Brutpaare in derarti- Faktoren wie Ruf- und Sichtbeobachtungen, gen Nistkästen. In Norderdithmarschen, wo es indirekte Nachweise und günstige Habitat- nur ein geringes Angebot an Hausnistkästen strukturen in ehemals besiedelten Gebieten gibt, fanden sich von insgesamt 49 Brutpaaren wie zum Beispiel Eiderstedt, Stapelholm oder nur sieben, die die Hausnistkästen nutzten. dem südlichen Kreis Steinburg bildeten Zukünftig sollen daher auch in diesem Haupt- Schwerpunkte der Erkundungsarbeit mit nach- verbreitungsgebiet vermehrt Hausnistkästen träglicher Installation von Nistkästen. Un- installiert werden. brauchbare und nicht mehr vorhandene Nist- kästen werden soweit möglich ausgetauscht Generell waren Beutetierdepots bei den Kon- beziehungsweise neu installiert. Neben einer trollen selten erfasst worden. In einigen Nist- breiten Informations- und Beratungstätigkeit kästen fanden sich überproportional viele Sing- wird diese Arbeit auch in Zukunft intensiviert vögel (zum Beispiel vier Sperlinge, zwei Grün- und vorangetrieben. finken und zwei Kohlmeisen in einem Nistkas- ten in Oldenbüttel).

114 Abb.3: Brutverbreitung des Steinkauzes 2011 in Schleswig- Holstein

Landesverband Eulenschutz in Schleswig-Hol- stein e.V. Arbeitskreis Steinkauz Dirk-Peter Meckel Holstenstraße 10 25560 Schenefeld Tel.: 04892/859406

115 3.16 Saatkrähe Eine landesweite Brutbestandserfassung der Namen hier alle aufgeführt werden können, Saatkrähe ist in Schleswig-Holstein erstmals sei allen Zählern auch an dieser Stelle herzlich 1954 von der Staatlichen Vogelschutzwarte gedankt, wie auch denen, die sich für den durchgeführt und seit 1961 in zwei- bis vier- Schutz der Saatkrähe einsetzen und um mehr jährigem Abstand wiederholt worden. Seit vie- Verständnis für die Vögel werben. len Jahren beteiligen sich an den Zählungen insbesondere zahlreiche ehrenamtlich tätige Mitglieder der Ornithologischen Arbeitsge- Bestandsentwicklung und Verbreitung meinschaft für Schleswig-Holstein und Ham- Bei der jüngsten landesweiten Erfassung im burg (OAG). Nur mit ihrer Hilfe und besonde- Jahr 2012 sind gut 26.300 Brutpaare gezählt ren Ortskenntnis lässt sich das vielfach in zahl- worden (Stand September 2012). Nach der reiche Teilkolonien aufgesplitterte Brutvorkom- Unterschutzstellung der Saatkrähe im Jahr men namentlich in den Städten überhaupt bei 1980 hatte der Bestand zunächst stark zuge- einer landesweiten Zählung (nahezu) vollstän- nommen. Seit dem Jahr 2000 pendelte er sich dig erfassen. Ergänzungen nehmen wir gerne bei rund 25.000 Paaren ein. Es scheint, dass auf. Die Standorte der Kolonien wurden bei in dieser Größenordnung die Lebensraumka- der Zählung 2012 von den Beobachterinnen pazität in Schleswig-Holstein erreicht ist (Abb. und Beobachtern erstmals direkt in das Inter- 1). Trotz des weitgehend stabilen Gesamtbe- net basierte Eingabeprogramm „ornitho“ ein- standes gab es bis in die jüngste Zeit fortwäh- gegeben (www.ornitho.de), sodass auf der rend zumeist kleinräumige Bestandsverlage- Verbreitungskarte die genauen Koloniestandor- rungen. te dargestellt werden können. Ohne dass die

Abb. 1: Entwicklung des Saatkrähenbrutbe- standes in Schles- wig-Holstein von 1954 bis 2012.

Die Bestandszunahme nach 1980 hat vor al- nen Grünflächen durchgehend Nahrung. Städ- lem in den Städten stattgefunden, während te und Ortschaften, in deren Umgebung noch der Bestand auf dem Lande sogar zurückge- Grünland in größerem Umfang vorhanden ist, gangen ist. Das hat hauptsächlich nahrungs- beherbergen die bedeutendsten Vorkommen. ökologische Gründe. Durch den großflächigen Dadurch ist auch die großräumige Verbreitung Anbau von Wintergetreide und Raps breitet gleichmäßiger geworden. Während früher der sich früh eine geschlossene Vegetationsdecke Verbreitungsschwerpunkt eindeutig im Östli- aus und macht die Nahrung für die Saatkrähe chen Hügelland lag, sind jetzt auch zahlreiche gerade während der Brutzeit unerreichbar. In Städte und Ortschaften auf der Geest und in der Stadt bieten dagegen ständig kurz gehalte- der Marsch besiedelt (Abb. 2).

116 Abb. 2: Brutverbreitung der Saatkrähe in Schleswig-Holstein 2012.

Schutz und Verantwortung Eine großräumige Umverteilung von der Stadt Saatkrähe im letzten Jahrzehnt insgesamt zu- zurück aufs Land ist deshalb nicht zu erwarten genommen. In den einzelnen Bundesländern und selbst durch rigorose Maßnahmen nicht verlief die Bestandsentwicklung aber unter- zu erzwingen. Um ein Mindestmaß an Ver- schiedlich. Deutliche Zunahmen gab es in Ba- ständnis und Toleranz gegenüber dieser Art zu den-Württemberg und im Saarland, starke Ab- erreichen und zu erhalten, ist es neben fort- nahmen dagegen in Berlin und Brandenburg. währender Aufklärung nötig, bei besonders In Thüringen ist die Saatkrähe als Brutvogel krassen Beeinträchtigungen eine Vertreibung ausgestorben. In ganz Deutschland haben in vor Brutbeginn zu ermöglichen. In Einzelfällen den ersten Jahren dieses Jahrhunderts circa erteilt das Landesamt für Landwirtschaft, Um- 70.000 Paare gebrütet. Schleswig-Holstein be- welt und ländliche Räume als die für die Ge- herbergt also weiterhin mehr als ein Drittel nehmigung zuständige Naturschutzfachbehör- des deutschen Bestandes und trägt damit de nach sorgfältiger Prüfung auf der Grundla- eine besondere Verantwortung für diese Art. ge festgelegter Kriterien und unter der Voraus- setzung, dass attraktive und ungestörte Aus- weichräume vorhanden sind, eine Befreiung. Dr. Jan Kieckbusch So ist es in mehreren Fällen gelungen, dass Dr. Wilfried Knief die Saatkrähen ihre Kolonie in weniger kon- Dr. Fridtjof Ziesemer fliktträchtige Bereiche in oder sogar außerhalb Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und der Ortschaft verlegt haben. Grundsätzlich ländliche Räume müssen aber Ausnahmegenehmigungen auf Staatliche Vogelschutzwarte Ausnahmesituationen beschränkt bleiben. Hamburger Chaussee 25 In Deutschland hat das Brutvorkommen der 24220 Flintbek

117 3.17 Der Juchtenkäfer / Eremit (Osmoderma eremita) in Schleswig- Holstein Der Eremit Osmoderma eremita, auch Juch- Glanz auf der Körperoberseite. Die Beine und tenkäfer genannt, gehört zur Verwandtschaft Fühler sind schwarz. Der oberseits abgeplatte- der Rosenkäfer und Familie der Blatthornkäfer. te Körper weist lederartig gerunzelte Flügelde- Der bis zu vier Zentimeter erreichende Käfer cken auf. ist braun-schwarz mit einem bronzefarbenen

Abb.1: Eremit vor seiner Baumhöhle Foto: S. Gürlich

Die Larven des Eremiten leben im Inneren ver- zutreffen. Er präferiert Höhlen mit großen Ein- mulmter Baumhöhlen und fressen Mulm be- gangsöffnungen und einem großen Mulmkör- ziehungsweise schwarzfaules Holz, ohne je- per. Als Biotop werden Lebensräume mit ei- doch den Baum zu schädigen. Die Entwick- nem hohen Anteil an alten und möglichst ein- lungsdauer der Larven beträgt drei bis vier Jah- zeln stehenden Bäumen bevorzugt, wie zum re und ist temperaturabhängig. Im Frühjahr ver- Beispiel lichte Laubwälder mit einem hohem puppen sich die Larven in einem aus Mulmtei- Alt- und Totholzanteil, alte Streuobstwiesen, Al- len selbst gefertigten Kokon. Bereits im Herbst leen, Parks, Friedhöfe, Hartholzauen, Weide- wird der Kokon gebildet, in dem die Larve als landschaften, Hutewälder, Mittelwälder sowie „Vorpuppe“ überwintert. Die ausgewachsenen Kopf- und Schneitelbäume. Käfer können zwischen Mai und September auch im Freien angetroffen werden. Nur circa In Europa kommt der Eremit vom Ural bis zum 15 Prozent der Tiere verlassen überhaupt den Atlantik vor. Im Norden erstreckt sich das Ver- Baum, wodurch eine Kartierung erschwert breitungsgebiet bis Norwegen und Großbritan- wird. Die Geschlechtsverteilung beträgt etwa nien und im Süden bis Portugal. Sein Haupt- eins:eins, jedoch sind im Freien häufiger Weib- verbreitungsgebiet ist der mitteleuropäische chen anzutreffen. Bei Temperaturen ab 25 Raum. Grad Celsius kann der Eremit am Stamm he- rumlaufend oder am Höhleneingang sitzend Aufgrund seiner Bindung an alte Baumbestän- beobachtet werden. Das Wärmebedürfnis de und große Baumhöhlen ist der Eremit eine spielt auch bei der Standortwahl eine Rolle. So „Schirmart“, deren Vorkommen ein Indikator müssen die Bäume zumindest teil- und zeit- für das Vorkommen vieler weiterer holzbe- weise der Sonne ausgesetzt sein. Der Eremit wohnender und schützenswerter Arten dar- ist bevorzugt in Höhlen von Laubbäumen wie stellt. In Deutschland wird der Schutzstatus Eichen, Linden, Eschen und Buchen, seltener des Eremiten durch das Bundesnaturschutz- auch in anderen Laubgehölzen wie unter ande- gesetz, die Rote Liste Deutschlands und die rem Weiden, Obstbäumen und Hainbuchen an- Bundesartenschutzverordnung definiert. Die

118 Art wird außerdem in der Fauna-Flora-Habitat- Zur Erfüllung der Berichtspflicht nach Artikel richtlinie als sogenannte FFH-Art geführt (An- 17 der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sind von hang IV). Diese EU-Richtlinie bestimmt, wel- allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union che Maßnahmen zum Schutz der einheimi- alle sechs Jahre Berichte über den Erhaltungs- schen Natur in Europa ergriffen werden müs- zustand der Gebiete und der dort vorkommen- sen. Die im Anhang IV geführten Arten stehen den Arten zu erstellen. Die Grundlage für den unter besonderem rechtlichen Schutz der Eu- Bericht der Bundesrepublik Deutschland bil- ropäischen Union, da sie selten und schüt- den die Berichte der Bundesländer über den zenswert sind. Ihre „Lebensstätten“ dürfen Zustand ihrer Gebiete. nicht beschädigt oder zerstört werden.

Abb.2: Larve des Eremiten (Größenvergleich) Foto: S. Gürlich

Die Suche nach Vorkommen des Eremiten be- döl, Güldenstein, Pronstorf, Niendorf, Ratze- steht im Wesentlichen aus der Suche nach burg, Kummerfeld und Fitzen-Bergholz regel- potentiellen Brutbäumen und einer Untersu- mäßig die potentiellen Brutbäume untersucht. chung vorhandener Mulmkörper beziehungs- Zu Beginn der Berichtsperiode wurden bereits weise von am Stammfuß vorhandenem Mul- bestehende FFH-Gebiete mit Vorkommen von mauswurf. An Hand von herausgefallenen Kot- Osmoderma eremita näher untersucht, sowie pillen und Körperteilen des Eremiten und ge- weitere Gebiete für die Ersterfassung defi- gebenenfalls dem Nachweis von Larven, falls niert. Nachweise des Eremiten waren zum die gefundenen Höhlen in geeigneter Weise Beispiel bereits für das Gebiet Gudow er- zugänglich sind, werden die potentiellen Brut- bracht worden. So wurde von Lebendbeob- bäume kartiert. Diese Vorgehensweise ent- achtungen von ausgewachsenen Käfern (Ima- spricht dem Standard für die Ersterfassung. gines) und Larven in diesem Gebiet berichtet. Zu beachten ist des Weiteren, dass bei dieser Vorkommen von adulten Käfern beziehungs- Art große Unterschiede zwischen den Popula- weise Larven wurden in der ersten Hälfte des tionsgrößen verschiedener Bäume, verbunden Untersuchungszeitraumes in den Gebieten mit jährlichen Schwankungen, bestehen. Barmstedt, Eutin, Gudow und fest- Im Untersuchungszeitraum 2007 bis 2012 gestellt. In Eutin zum Beispiel befinden sich wurden in den Gebieten: Bothkamp, - einige große, circa 200 Jahre alte Eichen. Am Totenredder, Jasdorf-, Pratjau, Fuß von zweien dieser Eichen konnten Kotpil- Wulfshagen, Barmstedt, Eutin, Gudow, Per- len der Larven von Osmoderma eremita nach-

119 Abb.3: gewiesen werden. ten das umfangreichste Eremitenvorkommen Fundorte von adul- – die meisten offensichtlich aktuell besiedel- ten Käfern in Neuere Nachweise des Eremiten stammen ten Brutbäume sowie die größte Anzahl Höh- Schleswig-Holstein aus dem Gebiet Wulfshagen. Das Gut Wulfs- lenbäume (potentielle Brutbäume) und starker 2004-2011 hagen beherbergt nach dem aktuellen Unter- Alteichen (Zukunftsbäume) auf engem Raum. suchungsstand von den untersuchten Gebie- Im Bereich Bothkamp zeichnet sich ab, dass

sich das Vorkommen des Eremiten auf den Zeitpunkt baumchirurgisch behandelt oder so- kleinen Bereich des aufgelassenen ehemali- gar gefällt. Anderenorts wurden unbedacht gen Parks südlich des Gutes beschränkt. Knicks um Bäume im Bereich von landwirt- Neueste Funde konnten anhand von adulten schaftlichen Flächen gerodet. Käfern in Rastorf und Behlendorf sowie in Gül- Der Schutz der Lebensräume des Eremiten denstein erbracht werden. In jüngster Zeit würde auch anderen dort lebenden Arten zu wurden außerdem zahlreiche Kotpillennach- Gute kommen. weise in den Gebieten Gudow, Barmstedt, Pronstorf, Ratzeburg, Eutin und Wulfshagen, Für weitere Informationen stehen die Autoren sowie ein Totfund in Gudow erbracht. Aktuell und das Landesamt für Landwirtschaft, Um- konnte erstmals im Bereich des Plöner Sees welt und ländliche Räume Schleswig-Holstein nahe ein Vorkommen des Eremiten (LLUR, Abt. Naturschutz, Hamburger Chaus- nachgewiesen werden. see 25, 24220 Flintbek, [email protected]) zur Verfügung. Insgesamt ergaben die Untersuchungen in Schleswig-Holstein, dass der Eremit hier hauptsächlich in Eichen anzutreffen ist. Ilko Richter, Martin Laczny, Martin Kubiak und Werner Piper Die Untersuchungen im Rahmen des FFH-Mo- c/o BIOLA nitorings haben gezeigt, dass diese seltene Gotenstr. 4, Art aufgrund ihrer verborgenen Lebensweise 20097 Hamburg nur schwer anzutreffen ist. Hinzu kommt, [email protected] dass vielerorts weiterhin die Lebensräume ei- nem starken menschlichen Einfluss unterlie- Stephan Gürlich gen. So wurden einige im Rahmen dieser Un- Wiesenstr. 38 tersuchung erfasste und als potentielle Brut- 21244 Buchholz bäume deklarierte Bäume zu einem späteren

120 3.18 Kleine Pflanze, große Verantwortung – der Scheidige Goldstern (Gagea spathacea) Die Biodiversitäts-Konvention von Rio aus balen Verbreitung. Folglich tragen wir eine gro- dem Jahre 1992 fordert, dass jeder Staat ei- ße Verantwortung für die weltweite Erhaltung nen Beitrag zum Schutz der globalen Biodi- dieser Art. Gagea spathacea ist somit ein gu- versität zu leisten habe. Dabei soll jeder Staat tes Beispiel dafür, wie der „Blick über den re- vorrangig diejenigen Arten schützen, für de- gionalen und nationalen Tellerrand“ die Per- ren Fortbestand er die größte Verantwortung spektive auf eine Art verändern kann! trägt. Dies betrifft solche Arten, die auf sei- nem Territorium den größten Teil ihres globa- Inzwischen hat sich Gagea spathacea als len oder kontinentalen Bestandes haben. spannendes Forschungsobjekt für die Popula- Seitdem hat sich in der Fachwelt eine inten- tionsgenetik erwiesen. T. Pfeiffer, M. Schnitt- sive Diskussion um neue Prioritäten im Ar- ler und MitarbeiterInnen an der Universität tenschutz entsponnen, denn oft sind die tra- Greifswald haben herausgefunden, dass die- ditionell im Mittelpunkt des Naturschutzinte- se Sippe sich praktisch nur vegetativ über resses stehenden Arten gerade nicht diejeni- Brutzwiebeln verbreitet und wahrscheinlich gen, für die eine nationale Verantwortung be- steril ist. Die genetische Diversität ist extrem steht. gering. Offenbar besteht fast die gesamte Po- pulation aus einem einzigen Klon (die Über- Eine Pflanzenart, die bisher vom Naturschutz schrift des Artikels in Flora heißt „No sex at praktisch unbeachtet geblieben ist, ist der all?“). Für die genetischen Untersuchungen Scheidige Goldstern (Gagea spathacea). Die- wurde Frischmaterial aus verschiedenen Län- ser kleine und unauffällige Frühblüher aus der dern und Bundesländern untersucht, darunter Familie der Liliengewächse hat ein sehr klei- auch von uns eingesandte Pflanzen aus nes globales Verbreitungsareal, von dem ein Schleswig-Holstein, die an verschiedenen großer Teil in Norddeutschland liegt. Schles- Stellen im Lande gesammelt und per Post wig-Holstein befindet sich im Zentrum der glo- nach Greifswald geschickt wurden.

Abb. 1: Der Scheidige Goldstern (Gagea spathacea) an einem typischen Standort, dem Fuß einer alten Buche. Seine grundständigen Blätter sind oberhalb drehrund, unterhalb der Blüte sieht man das charakteristisch verbreiterte Blatt („Spatha“). Achtung, auch der viel häu- figere Wald-Goldstern (Gagea lutea) besitzt grundständige fadenförmige Blätter, aber diese sind kantig! Foto: Dr. Katrin Rohmahn

121 Abb. 2: Verbreitung des Scheidigen Gold- sterns (Gagea spat- hacea) in Deutsch- land. Quelle: Flora- web Deutschland, mit freundlicher Genehmigung des Bundesamtes für Naturschutz, Bonn. Deutlich zu erken- nen ist der Verbrei- tungsschwerpunkt in Norddeutsch- land, vor allem in Schleswig-Holstein.

Der Scheidige Goldstern besitzt fadenförmige schütteren Frühjahrsvegetation gut zu sehen Blätter, die im oberen Teil drehrund sind. Bei sind. blühenden Exemplaren findet sich direkt un- terhalb des Blütenstandes ein charakteristisch Ihren ökologischen Schwerpunkt hat die Art verbreitertes Blatt („Spatha“). Nicht blühende in frisch-feuchten Dellen in Eschen- oder Ei- Exemplare besitzen nur fadenförmige Blätter chen-Hainbuchenwäldern, wo sie in Einzelfäl- und sehen daher auf den ersten Blick wie len sogar dichte Rasen bilden kann. In trocke- Gras aus. Am besten lässt sich die Art von neren Laubwäldern finden wir sie schwer- Mitte März bis Ende April erfassen, da die punktmäßig am Kronentrauf alter Bäume Pflanzen früh wieder einziehen und nur in der oder an alten und leicht erodierten Grenzwäl-

122 len, wo sich kein Laub ansammeln kann. Hier wiesen wurden, etwa im Luhnstedter Gehe- blüht sie eher selten. Da sich die Art wohl ge (Kreis Rendsburg-Eckernförde). Es gibt praktisch ausschließlich über Brutzwiebeln Hinweise darauf, dass Gagea spathacea emp- vermehrt, kann sie nur schwer neue Standor- findlich auf das Befahren von Waldböden und te besiedeln. Daher verwundert es nicht, einen hohen Wilddruck reagiert. Um die dass sie als Zeigerart für alte Wälder gilt. Kenntnis über die Art in Schleswig-Holstein zu verbessern, hat die AG Geobotanik 2012 Bislang gilt der Scheidige Goldstern in im Rahmen einer „Gagea spathacea-Früh- Schleswig-Holstein als ungefährdet. Auf- lingsaktion“ zur Erfassung aufgerufen. Auch grund der großen Verantwortlichkeit unseres weiterhin sollten insbesondere große Bestän- Bundeslandes sollten Waldteile mit großen de an die AG Geobotanik gemeldet werden, Populationen dieser Art jedoch eine besonde- denn das Wissen darum ist der erste Schritt re Beachtung finden. Außerordentlich schutz- zu einem wirksamen Schutz der kleinen würdig sind die dichten Goldstern-„Rasen“, Waldart, für die wir eine große Verantwor- die in einigen Wäldern auf der Geest nachge- tung tragen.

Abb. 3: Verbreitung des Scheidigen Gold- sterns in Schles- wig-Holstein. Rot: aktuelle Nachweise der Art.

Dr. Katrin Romahn AG Geobotanik in Schleswig-Holstein und Hamburg e. V. Lange Reihe 14 d 24244 Felm

123 4 Neobiota

4.1 Die Spanische Wegschnecke (Arion vulgaris) Insbesondere in diesem Jahr ist zumindest all beispielsweise in Großbritannien in einigen denjenigen, die einen Garten bewirtschaften, Bereichen bis zu 1.000 Tiere pro Quadratme- ein Phänomen erneut vor Augen geführt wor- ter gezählt. In Deutschland ist sie mittlerweile den, das in den letzten Jahren immer auffälli- die häufigste Nacktschneckenart und eine der ger geworden ist. Mehr und mehr sogenann- häufigsten Schnecken überhaupt und erreicht ter Nacktschnecken bevölkern unsere Gärten Dichten von bis zu zwölf Tieren pro Quadrat- und verderben zahlreichen Hobbygärtnern die meter. Freude an der Gartenarbeit. Ursache hierfür ist die starke Zunahme insbesondere einer Sie ernährt sich von saftigen Pflanzen und Aas Schneckenart in Deutschland, der Spanischen und bevorzugt dabei bestimmte Pflanzen, wie Wegschnecke (Arion vulgaris). beispielsweise Tagetes (Studentenblume), Bal- drian und Weißen Diptam aber auch Kürbis Wie der deutsche Name schon andeutet, han- und Melonenpflanzen werden zur Nahrungs- delt es sich bei dieser Schnecke um eine Tier- suche gern aufgesucht. Bei Nahrungsknapp- art, die in Deutschland natürlicher Weise nicht heit werden nahezu alle Pflanzen gefressen. vorkommen würde. Solche Arten werden als Dies trifft insbesondere in Zeiten hoher Popu- gebietsfremde Arten, bezeichnet, die durch di- lationsdichten zu. Lebende Teile wild wach- rekte oder indirekte Einflüsse des Menschen sender beziehungsweise nicht züchterisch be- zu uns gelangt sind. Dies kann auf unter- einflusster Pflanzen werden in der Regel weit- schiedliche Weisen geschehen. Manche Arten gehend verschont, da sie häufig Substanzen werden beispielsweise als Gartenpflanzen be- enthalten, die die Schnecken meiden. Viele wusst eingeführt und finden ihren Weg von Nutzpflanzen verfügen über diese natürlichen dort in die Freiheit, wo sie sich dann mehr Abwehrmechanismen nicht mehr, da diese oder weniger schnell ausbreiten. Andere Arten Substanzen aus geschmacklichen Gründen bei können sich aufgrund klimatischer Verände- Salat und vielen Gemüsesorten züchterisch rungen neue Siedlungsgebiete erschließen. bewusst entfernt wurden. Hierdurch kann es Ihren deutschen Namen trägt die Spanische zu erheblichen Schäden bis hin zum Totalver- Wegschnecke aufgrund einer Verwechslung. lust an Kulturpflanzen kommen. Ursprünglich war die sich zunehmend ausbrei- tende Nacktschnecke einer in der Nähe von Die Spanische Nacktschecke selbst verfügt Lissabon in Portugal vorkommenden endemi- über ähnliche Abwehrmechanismen, die sie in schen Schneckenart (Arion lusitanicus) zuge- der Regel wirksam vor Fraßfeinden schützen. ordnet worden und man hatte vermutet, sie Sie sondern in teils erheblichen Mengen einen sei mit Gemüse aus Spanien eingeschleppt bitteren Schleim ab, der sie als Nahrung zum worden. Erst 1997 wurde erkannt, dass diese Beispiel für Igel und Kröten wenig attraktiv Artbestimmung fehlerhaft war und die Schne- macht. cke einer bis dahin kaum bekannten Art aus West- beziehungsweise Südwestfrankreich Indische Laufenten, eine Hausentenrasse, nut- angehörte. Ob die Spanische Wegschnecke zen Spanische Wegschecken trotz ihres bitte- überhaupt auf der iberischen Halbinsel vor- ren Schleims gern als Nahrung. Auch einige kommt ist nicht bekannt. heimische Tiere und Mikroorganismen kom- men als natürliche Feinde der Art in Frage. So Die Spanische Wegschnecke breitet sich seit frisst der einheimische Grabkäfer Pterostichus Jahren in Mitteleuropa aus und wurde erst- melanarius bevorzugt die Eier der Spanischen mals 1969 auf der deutschen Rheinseite nahe Wegschnecke. Darüber hinaus sind einige Ne- Basel nachgewiesen. Bereits 1980 besiedelte matoden und Bakterien bekannt geworden, sie weite Teile von Süddeutschland. Schon die der Schnecke gefährlich werden können. 1991 wurde sie erstmals in Dänemark be- stimmt. Die Spanische Wegschnecke löst aber nicht nur Fraßschäden an Kulturpflanzen aus, son- Die Farbe der Spanischen Wegschnecke ist dern übt darüber hinaus eine schädigende sehr variabel. Meist zeigt sie schmutzig bräun- Wirkung auf andere Organismen der durch sie liche, rötliche oder orangegelbe Färbungen. bewohnten Lebensräume aus. Gebietsfremde Bei feuchtwarmem Wetter ist sie in der Lage Arten, die unerwünschte Auswirkungen auf sich extrem stark zu vermehren, so dass es in andere Arten, Lebensgemeinschaften und Bio- relativ kurzen Zeiträumen zu extremen Dich- tope haben, werden als invasive Arten be- ten kommen kann. Im Sommer 2007 wurden zeichnet. Traditionsgemäß wird im Natur-

124 Abb.1: Spanische Weg- schnecke Foto: Gisela Thomsen

schutz nur die Invasivität von Neobiota auf ein- der Spanischen Wegschnecke. Eine sichere heimische Arten, Lebensgemeinschaften oder Unterscheidung ist aber nur anhand der inne- Biotope berücksichtigt. Die oben genannten ren Geschlechtsorgane und der Paarungsritua- negativen Auswirkungen auf Kulturpflanzen le beider Arten möglich. Mittlerweile hat die werden nicht berücksichtigt. Den Status einer Spanische Wegschnecke die Bestände der invasiven Art hat die Spanische Wegschnecke heimischen Roten Wegschnecke so stark zu- im Wesentlichen deshalb erhalten, weil sie in rückgedrängt, dass sie in einigen Teilen der Mitteleuropa in direkte Konkurrenz mit einer Bundesrepublik in ihrem Bestand bedroht ist. hier heimischen Schneckenart getreten ist, In der Roten Liste gefährdeter Schnecken und der Roten Wegschnecke (Arion rufus). Auch Muscheln (Mollusca) Bayerns wurde sie des- die Rote Wegschnecke kann in unterschied- halb in die Kategorie3 „Gefährdet“ aufgenom- lichsten Färbungen auftreten und ernährt sich men. in ähnlicher Weise wie die Spanische Weg- schnecke. In den letzten Jahrzehnten ist die Rote Wegschnecke durch die Spanische Weg- Thomas Gall schnecke weitgehend aus dem Kulturland ver- Ministerium für Energiewende, Landwirt- drängt und dort ausgesprochen selten gewor- schaft, den. Beide Arten sind nur schwer zu unter- Umwelt und ländliche Räume scheiden. Die adulten Tiere der Roten Weg- Mercartorstraße 3 schnecke werden teils deutlich größer als die 24106 Kiel

125 5 Jagdwesen

5.1 Jägerprüfungen und Jagdscheine Die Ergebnisse der 2012 in den Kreisen und Um einen Jagdschein zu erhalten, müssen die kreisfreien Städten abgehaltenen Jäger prü- Bewerberinnen und Bewerber eine Jägerprü - fungen sind in der nachfolgenden Tabelle dar- fung bestehen. gestellt. en d

er b ** schnitt b Davon enen Prüfungsa B d * A ene Prüfungen d estan b estan Erteilung eines Zeugnisses ü b Anzahl Anteil Anzahl Anteil

** schnitt b Davon B erholungsprüfung * d im Prüfungsa Wie ene Prüfungen Nicht d es d Bestan erteilt erteilt schließen b A Prüfungszeugnis Anzahl Anteil Anzahl Anteil A - b iglich erholung erholung d eines d Davon le schnittes Prüfungsa Wie -praktischer Teil er 9 0 6 67 0 0 3 33 2 33 1 3 0 0 67 6 9 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 40 3 36 90 0 0 4 10 1 10 2 4 0 0 90 36 40 3 37 1 36 97 1 0 1 3 1 3 0 1 0 1 97 36 37 1 18 1 17 94 1 0 1 6 0 6 1 1 0 1 94 17 18 1 25 0 6 67 0 0 3 33 2 33 1 3 0 0 67 6 25 0 82 15 71 87 4 8 11 13 3 13 8 11 8 4 87 71 82 15 34 7 31 91 4 1 3 9 1 9 2 3 1 4 91 31 34 7 51 4 40 78 0 3 11 22 8 22 3 11 3 0 78 40 51 4 42 3 31 74 0 3 11 26 9 26 1 11 3 0 74 31 42 3 77 14 67 87 2 12 10 13 6 13 3 10 12 2 87 67 77 14 31 1 25 81 1 1 6 19 5 19 1 6 1 1 81 25 31 1 46 15 30 65 4 8 16 35 4 35 9 16 8 4 65 30 46 15 49 3 43 88 0 2 6 12 4 12 2 6 2 0 88 43 49 3 d 535 72 447 84 21 40 88 16 50 16 31 88 40 21 84 447 535 72 Anzahl gesamt gesamt Prüflinge

d e d urg erg te te urg urg urg- erg urg urg b b d b b b b b eck

s b frieslan Kiel d Plön Stä d Kreise, Lü Gesamt Gesamt kreisfreie Stormarn Stormarn Sege Stein Flens Flens Pinne Lauen Herzogtum Schleswig- Ostholstein Ren Neumünster Neumünster Eckernför Nor Dithmarschen A* Schießprüfung B** Schriftlicher und mündlich (siehe auch: Die Entwicklung der Jägerprüfungen seit 1973 im Anhang, Tabelle 7)

126 Zusammenstellung der 2011 in Schleswig-Holstein erteilten Jagdscheine

Jahresjagdscheine für Tagesjagd- Falkner- Jahresjagd- Doppel- Jahresjagdscheine für Gebührenfreie Jagdscheine Anzahl In- und Ausländer scheine für jagd- scheine für ausfer- Privatforstangestellte für Forstbeamte pp. im öffent- Jagd- In- und Aus- scheine Jugendliche tigungen und Berufsjäger lichen Forstdienst scheine 1-jährig 2-jährig 3-jährig länder 1-jährig 2-jährig 3-jährig 1-jährig 2-jährig 3-jährig Gebühr 35,00 45,00 55,00 15,00 15,00 20,00 20,00 Jagdabgabe 35,00 70,00 100,00 10,00 15,00

Kreis/ kreisfreie Stadt Flensburg 1.784 1 42 2.784 0 0 0 4.611

Kiel 43 9 140 3 3 0 0 198 Lübeck 46 6 139 10 2 0 5 208 Ermäßigungen entfallen mit der neuen Landesver- Neumünster 4 0 57 4 0 0 0 65 ordnung über die Jagdabgabe vom 22. Dezember Dithmarschen 141 7 479 4 5 10 8 654 Hzgt. Lauenburg 60 9 346 163 0 11 0 2005 589 Nordfriesland 151 25 652 12 2 8 21 871 Ostholstein 169 21 511 48 12 25 9 795 Pinneberg 71 26 411 4 19 2 3 536 Plön 98 22 389 24 0 8 8 549 Rendsb.-Eckernf. 244 25 743 52 10 27 10 1.111 Schlesw.-Flensb. 140 13 563 14 15 14 9 768 Segeberg 50 11 471 24 17 15 6 594 Steinburg 126 8 268 7 4 10 2 425 Stormarn 70 5 317 5 4 11 2 414 Gesamt 3.197 188 5.528 3.158 93 141 83 12.388 Zum Vergleich: 2001 3.039 149 6.115 470 50 79 62 12 35 53 2 65 10.131 2002 2.747 193 4.755 525 39 101 58 14 1 26 39 5 59 8.562 2003 2.503 175 4.474 672 36 82 73 13 1 22 31 1 62 8.147 2004 2.323 168 6.238 1.112 54 87 73 9 48 34 2 41 10.189 2005 2.359 182 4.783 1.429 44 97 72 7 23 31 1 59 9.087 2006 2.529 207 4.463 1.491 33 84 63 8.870 2007 2.595 177 6.365 1.558 52 119 62 10.930 2008 2.684 185 5.150 2.101 67 124 76 10.387 2009 3.019 185 4.829 2.497 37 140 79 10.786 127 2010 3.143 192 6.494 2.555 61 126 66 12.637

5.2 Jagdabgabe Gemäß der Landesverordnung über die Jagd- Möglichkeiten zur Verhütung und Vermin- abgabe vom 19. November 2010 wird bei der derung von Wildschäden; Erteilung eines Jahresjagdscheines neben der • Erfassung von Wildbeständen und Unter- Verwaltungsgebühr von mindestens 35 Euro suchungen zu Wildbestandsveränderungen eine Jagdabgabe erhoben, die in der Regel 35 (Monitoring); Euro beträgt. • Die Errichtung und der Betrieb von Muster- und Lehrrevieren sowie sonstige Maßnah- Gemäß § 16 Landesjagdgesetz steht die Jagd- men und Einrichtungen zur Aus- und Fort- abgabe, nach Abzug des Verwaltungsaufwan- bildung der nach o.a. Gesetz am Jagdwe- des, dem Land zur Förderung des Jagdwe- sen beteiligten Personen; sens zu. • Öffentlichkeitsarbeit.

Aus der Jagdabgabe sind insbesondere zu för- Aus der Jagdabgabe standen 2011 rund dern: 750.00 Euro zur Verfügung. Mit den Mitteln, • Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesse- die vom Land vergeben wurden, wurden fol- rung der Lebensgrundlagen des Wildes; gende Maßnahmen finanziert oder unterstützt: • Untersuchungen der Lebens- und Umwelt- bedingungen der Wildarten sowie

In Tausend EUR Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Lebensgrundlagen des Wildes: 63,5 Schutzprojekte jagdbarer Arten des LJV 30,0 Seeadlerschutzprojekt 16,0 Wiesenweihe 8,7 Birkwild 5,0 PRONATUR des LJV 3,8

Jagdwesen: 250,4 Hegelehrrevier des LJV:: 72,5 Förderung des jagdlichen Schießens; Umbau von Schießständen 164,9 Förderung des Jagdhundewesens: 13,0

Erfassung und Untersuchung von Wildbeständen (Monitoring): 127,8 Seehund: 32,1 Wildtierkataster des LJV 22,5 Feldhasen 20,5 Rotwildprojekt 14,3 Verkehrsunfallforschungsprojekt 10,0 Totfundkataster 21,5 Mauswiesel 6,9

Aus- und Fortbildung / Öffentlichkeitsarbeit: 167,7 Aus- und Fortbildung der Jägerinnen und Jäger: 11,3 Anteilige Kosten des Mitteilungsblattes „Jäger in Schleswig-Holstein“: 101,2 Informationsbroschüren und Lehrmaterial: 4,5 Ehrenpreise, Jagd- und Artenschutzbericht, Sachkosten: 10,7 Personal u. Sachkosten MLUR 25,0 Sonstige Öffentlichkeitsarbeit 15,0

Kreisjägerschaften 101,9 111,5

Ausgaberest 2010: 24,8 28,9

Gesamt: 749,8

128 5.3 Jagd- und Schonzeiten in Schleswig- Holstein Zusammenfassung der Jagd- und Schonzeiten § 1 Abs. 3 Bundesjagdzeitenverordnung: Die des Bundes und des Landes festgesetzten Jagdzeiten umfassen nur solche (Schleswig-Holstein in fetter Schrift) Zeiträume einschließlich Tageszeiten, in denen nach den örtlich gegebenen äußeren Umstän- den für einen Jäger die Gefahr der Verwechs- lung von Tierarten nicht besteht.

5.3.1 Haarwild

Rotwild Kälber 01.08.-28.02. Schmalspießer 01.06.-28.02. Schmaltiere 01.06.-31.01. Hirsche und Alttiere 01.08.-31.01. Dam- und Sikawild Kälber 01.09.-28.02. Schmalspießer 01.07.-28.02. Schmaltiere 01.07.-31.01. Hirsche und Alttiere 01.09.-31.01. Rehwild Kitze 01.09.-28.02. Schmalrehe 01.05.-31.01. Ricken 01.09.-31.01. Böcke 01.05.-15.10. Muffelwild 01.08.-31.01. Schwarzwild 16.06.-31.01.; vorbehaltlich der Bestimmungen des § 22 Abs. 4 des Bundesjagdgesetzes darf die Jagd das ganze Jahr auf Frischlinge und Überläufer ausgeübt werden Feldhasen 01.10.-15.01. Wildkaninchen * ganzjährig vorbehaltlich der Bestimmungen des § 22 Abs. 4 des Bundesjagdgesetzes Nutrias 01.08.-28.02. Füchse * ganzjährig vorbehaltlich der Bestimmungen des § 22 Abs. 4 des Bundesjagdgesetzes Marderhunde ganzjährig vorbehaltlich der Bestimmungen des § 22 Abs. 4 des Bundesjagdgesetzes Waschbären ganzjährig vorbehaltlich der Bestimmungen des § 22 Abs. 4 des Bundesjagdgesetzes Stein- und Baummarder 16.10.-28.02. Iltisse 01.08.-28.02. Hermeline 01.08.-28.02. Mauswiesel 01.08.-28.02. Dachse 01.08.-31.10. Minke ganzjährig vorbehaltlich der Bestimmungen des § 22 Abs. 4 des Bundesjagdgesetzes

* Im Bereich der Deichkörper nach § 64 und § 65 des Landeswassergesetzes darf die Jagd auf Füchse und Wildkaninchen zur Gewährleistung der Deichsicherheit auch in der Setz- zeit ausgeübt werden.

129 5.3.2 Federwild

Rebhühner 01.10.-15.12. Fasane 01.10.-15.01. Ringel-** und Ringeltauben vom 20.08.-30.04. mit der Maßgabe, Türkentauben dass die Jagd in der Zeit vom 20.08.-31.10. sowie vom 21.02.-30.04. nur zur Schadensabwehr ausgeübt werden darf, wenn sie in Trupps auf gefährdeten Acker- und Grünlandkulturen sowie Baumschulflä- chen einfallen; Türkentauben: Schonzeit Höckerschwäne 01.11.-20.02. nur mit Kugelschuss Graugänse 01.08.-15.01. mit der Maßgabe, dass die Jagd in der Zeit vom 01.09. bis 31.10. nur zur Schadensabwehr auf gefährdeten Acker- und Grünlandkulturen ausge- übt werden darf Bläss-, Saat-, Ringel- Blässgänse: 01.11.-15.01. und Kanadagänse Kanadagänse: 01.08.-15.01. mit der Maßgabe, dass die Jagd in der Zeit vom 01.08. bis 31.10. nur zur Schadensabwehr auf gefährdeten Acker- und Grün- landkulturen ausgeübt werden darf Saatgänse: 01.11.-15.01. Ringelgänse: Schonzeit Nonnengänse ** 01.10.-15.01. nur außerhalb von Europäischen Vogel- schutzgebieten und nur zur Schadensabwehr auf ge- fährdeten Acker- und Grünlandkulturen in den Krei- sen Nordfriesland, Dithmarschen, Pinneberg und Steinburg. Die Notwendigkeit zur Abwehr erhebli- cher Schäden auf Grünlandkulturen muss zuvor durch einen anerkannten Sachverständigen festge- stellt worden sein. Nilgänse 01.08.-15.01. Stockenten 01.09.-15.01. Pfeif-***, Krick-, Spieß-, 01.10.-15.01. nur Pfeif-, Krick- und Reiherenten Berg-, Reiher-, Tafel-, (alle anderen Enten haben Schonzeit) Samt- und Trauerenten Waldschnepfen 16.10.-15.01. Blässhühner 11.09.-20.02. Lach-, Sturm-, Silber-, 01.10.-10.02. Mantel- und Heringsmöwen Aaskrähen **** 01.08.-20.02. Elstern **** 01.08.-28.02.

** Die außerhalb der Jagdzeit vom 01.11.-20.02. erlegten Ringeltauben sowie die erlegten Nonnengänse sind in der Wildnachweisung gesondert zu erfassen. *** In den Kreisen Nordfriesland, Dithmarschen, Steinburg und Pinneberg und auf der Insel Fehmarn darf die Jagd auf Pfeifenten zur Abwehr erheblicher landwirtschaftlicher Schäden auf gefährdeten Ackerkulturen auch zur Nachtzeit ausgeübt werden. **** Zur Abwehr erheblicher landwirtschaftlicher Schäden und zum Schutze der heimi- scher Tierwelt ist der Fang von Aaskrähen und Elstern mit selektiv fangenden Einzelfang - fallen während der Jagdzeit gestattet. Über die getätigten Fänge ist ein gesondertes Fangbuch zu führen, in welchem die verantwortlichen Jagdausübungsberechtigten die getätigten Fänge nach Arten und Anzahl aufzuschlüsseln und die Kontrollen der Fallen nachzuweisen haben.

130 5.4 Anerkannte Nachsuchengespanne in Schleswig-Holstein Kreis Stormarn und Lübeck Kreis Rendsburg-Eckernförde 1. Bayerischer Gebirgsschweißhund Nils 8. Deutsch-Drahthaar Ilko vom Oechtringer vom Lahntal, Rüde, ZB-Nr.: 09-055 Forst, Rüde, ZB-Nr.: 175540 mit dem Führer Günter Fischer, Kam- mit dem Führer Wolfgang Wohlers, Els- predder 20, 23845 Bühnsdorf, Tel.:04550 - barg 2a, 24594 Heinkenborstel, Tel.: 9958949 oder 0157 - 85441495 04873 – 602 oder 0173 – 8606548

2. Tiroler Bracke Brutos von Wielandrü- 9. Westfälische Dachsbracke Anton vom cken, Rüde, ZB-Nr.: 01/1610059 mit dem Iloo - Forst, Rüde, ZB-Nr.: 55 - 02 Führer Thomas Fahrenkoog, Diekkamp, mit dem Führer Egon Halupka, Bargsted- 23858 Groß Barnitz, Tel.: 04533 - 798293 terstr. 23. 24589 Nortorf, Tel.: 0162 – oder 0170-8150430 5337501 oder 04392 - 929097

Kreis Segeberg 10 Hannoverscher Schweißhund Adrina Bor- 3. Hannoverscher Schweißhund Alf vom drup Klitplantage, Hündin, ZB-Nr.: 2600 Jungfernholz, Rüde, ZB-Nr.: 2385 mit dem Führer Jann Sruck, Bahnhofs- mit dem Führer Marcel Zickermann, weg 5, 24790 Haßmoor, Tel.: 04331 - Waldarbeitergehöft 1, 23812 Glashütte - 949502 oder 0170 – 3819740 Post Wahlstedt 1, Tel.: 04320 - 581550 oder 0172 - 9431128 11. Hannoverscher Schweißhund Dago von Schnabbel’s Müritzmeute, Rüde, ZB-Nr.- 4. Deutsch-Kurzhaar Eyko von der Hansab- DRV-238134 urg, Rüde, ZB-Nr.: 0228 / 09 mit dem Führer Bernd Koshyk, Birken- mit dem Führer Dirk Hinz, Glückstädter weg 7, 24644 Timmaspe, Tel.: 04392 - Str. 49, 24576 Mönkloh, Tel.: 0172 - 1808 oder 0160 – 5759111 7206811 und 04192 - 6491 12. Hannoverscher Schweißhund Barth vom 5. Bayrischer Gebirksschweißhund Wolo Saupark Springe, Rüde, ZB-Nr.: 2494 mit vom Wiesacker, Rüde, ZB-Nr.: 02-27 mit dem Führer Henning Rohwer, Ilooweg dem Führer Ernst-Otto Sick, Kieler Stra- 11a, 24644 Timmaspe, Tel.:04392 – 1623 ße 17, 24649 Wiemersdorf, Tel.: 0152 – oder 0171 – 4102363 2903267 oder 04192 - 8195165 13. Alpenländische Dachsbracke Wenda z Ha- kamilu, Rüde, ZB-Nr.: 2404/08 und Kreis Herzogtum Lauenburg Hannoverscher Schweißhund Aaron vom 6. Schwarzwildbracke Hera von Kiekinde- Biebertal, Rüde, ZB-Nr.: 2947 mit mark, Hündin, ZB-Nr.: VDH/SBV 99029 und dem Führer Friedrich Fülscher, Dorfstr. Schwarzwildbracke Alpha vom Hellbach- 100, 24242 Felde, Tel.: 04340 – 403047 tal, Hündin, ZB-Nr.:/03/0960397 mit dem oder 0178 – 2065076 Führer Helbert Ernst, Lerchenweg 21, 23881 Breitenfelde, Tel.: 0172 - 2733204 14. Hannoverscher Schweißhund Barth vom Saupark Springe, Rüde, ZB-Nr.: 2494 mit 7. Hannoverscher Schweißhund Pius vom dem Führer Karsten Stieper, Ilooweg 9, Falkenberg, Rüde, ZB-Nr.: 2486 24644 Timmaspe Tel.: 04392 - 6276 oder mit dem Führer Chris Balke, Johann-Heit- 0162-9398685 mann-Weg 13, 23883 Kogel, Tel.: 04545 – 791359 oder 0170 – 2912153 15. Bayerischer Gebirgsschweißhund Wastl vom Wiesacker, Rüde, ZB-Nr.: 02-30 mit dem Führer Ingo Ahrenhold, Breekstü- cken 5a, 24354 Kosel Tel.: 04354-986836 oder 0151 – 20339905

16. Kleiner Münsterländer Lord vom Dreben- hold, Rüde, ZB-Nr.: 04-0608 mit der Füh- rerin Anette Jöhnk, Dorfstraße 9, 24214 Neuwittenbek, Tel.: 04346-8703 oder 0173-2191566

131 Kreis Plön Kreis Pinneberg 17. Hannoverscher Schweißhund Botha vom 21. Deutsch-Langhaar Bentje to Kathen, Jungfernholz, Hündin, ZB-Nr.:2690 mit Hündin, ZB-Nr.: 424-04, mit dem dem Führer Reimer Mohr, Lindenstraße Führer Jan Hachmann, Vossbarg 4, 32, 24327 Rathlau, Tel.: 04382 – 266 25364 Bokel, Tel.: 0172-8075419 oder 0162 - 5886913

18. Rauhaarteckel Klara von der Kloster- Kreis Steinburg gruft, Hündin, ZB-Nr.: 60DC32 mit dem 22. Rauhaarteckel Omme vom Eikenbrook, Führer Cai von Rumohr, Siedlung 3, Hündin, ZB-Nr.: 0502574 R, mit dem 24306 , Tel.: 04522 – 508778 Führer Reiner Holste, Ahornring 16, 25551 Hohenlockstedt, Tel.: 04826- 19. Bayerischer Gebirgsschweißhund Iven 850686 oder 0173-2994512 vom Hohenhahn, Rüde, ZB-Nr.: 08-040, mit dem Führer Christian Drapatz, Köl- lingbek 3, 24601 , Tel.: 04326 Kreis Schleswig-Flensburg – 288885 oder 0173-9767301 23. Rauhaarteckel Mona vom Ahlsensee, Hündin, ZB-Nr.: 08T2941 R, mit dem Führer Heinrich Sievertsen, Elbestraße Kreis Dithmarschen 45, 24943 Flensburg, Tel.:0461-312716 20. Deutsch-Drahthaar Waldmann vom Liet- oder 0160-7008618 her-Moor, Rüde, ZB-Nr.: 203444, mit der Führerin Ute Jochims, Nordhastedterstr. 9, 25767 Tenbüttel-Röst, Tel.: 04835-7528 oder 0174-1799919

132 Anhang

Tabellen

Tabelle 1: Nutzung des landwirtschaftlichen Bodens in Schleswig-Holstein / Flächen in ha

Veränd. 2011 zu Nutzung 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2010 in % landwirtschaftlich 1.007.366 997.626 1.008.173 998.123 992.581 995.637 999.100 0,3 genutzte Fläche darunter: 356.360 345.897 349.043 317.115 317.184 313.892 318.800 1,6 Dauergrünland Ackerland 643.121 643.979 651.470 673.247 667.996 674.283 673.400 -0,1 darunter: 331.028 316.804 304.019 345.046 313.877 292.192 293.900 0,6 Getreide Winterweizen 211.060 193.045 190.573 214.861 190.498 205.876 203.800 -1,0 Sommerweizen 4.616 2.032 1.440 1.921 5.129 2.045 6.700 227,6 Roggen 17.661 18.627 22.551 29.167 28.965 20.442 19.100 -6,6 Wintergerste 54.049 74.348 60.871 66.058 67.657 47.579 40.200 -15,5 Sommergerste 14.999 9.605 10.402 14.337 7.242 4.095 9.600 134,4 Hafer 9.965 7.643 7.901 9.340 6.422 3.864 6.500 68,2 Tricitale 17.239 10.154 8.889 8.933 6.058 6.370 5.800 -8,9 Körnermais inkl. 665 421 789 421 1.221 1.087 1.100 1,2 Corn-Cob-Mix Hackfrüchte 18.609 16.062 17.352 12.712 12.898 13.222 14.900 12,7 Kartoffeln 5.579 5.462 5.949 5.383 5.489 5.458 5.200 -4,7 Zuckerrüben 12.624 10.123 10.981 6.898 7.067 7.491 9.200 22,8 Runkelrüben 347 438 392 271 228 Raps und Rübsen 105.001 113.155 121.080 95.752 115.252 112.058 89.500 -20,1 Darunter: 104.109 111.956 120.386 95.397 114.733 111.890 88.800 -20,6 Winterraps Ackerfutterpflanzen 146.840 155.734 170.853 198.282 212.173 239.668 256.200 6,9 darunter: 102.408 107.717 124.485 131.833 147.569 175.669 194.000 10,4 Grünmais Hülsenfrüchte 2.470 2.123 1.667 1.763 1.481 1.616 2.100 30,0 Flächenstilllegung 37.923 30.566 27.076 9.100 3.908 6.945 8.600 23,8

Anmerkungen zur Tabelle: • Getreide: einschl. Körnermais • Sommerweizen: einschl. Durum • Hafer: einschl. Sommermenggetreide • Körnermais: einschl. Corn-Cob-Mix • Kartoffeln: mittelfrühe und späte zusammen einschl. In- dustrie-, Futter- und Pflanzkartoffeln • Flächenstilllegung: Brache einschl. stillgelegter Flächen mit Bei- hilferegelung

Quelle: Agrarreport / Statistikamt Nord

133 Tabelle 2: Schalenwildstrecken im Jahresvergleich

Jagdjahr Rotwild Damwild Sikawild Schwarzwild Rehwild Muffelwild 1960 299 1.961 22 826 24.084 1961 345 2.317 37 1.311 24.305 1962 352 2.160 28 1.163 22.051 1963 326 2.583 39 1.164 24.277 1964 385 2.440 27 1.048 24.103 1965 391 2.571 46 1.581 23.523 1966 391 2.654 43 1.184 22.689 1967 383 2.573 46 1.415 20.915 1968 334 2.771 34 1.479 22.836 2 1969 331 2.637 22 1.194 13.622 3 1970 359 2.770 48 1.259 17.304 1971 408 2.443 29 1.199 17.228 1972 355 2.748 44 1.963 12.883 1973 508 3.050 34 1.884 15.692 1974 481 3.016 32 1.803 17.614 1975 553 3.852 56 1.797 28.917 1976 572 3.308 63 1.966 31.124 1 1977 591 4.140 49 3.018 32.628 3 1978 640 3.639 58 1.299 34.725 2 1979 597 4.129 65 1.298 22.197 1 1980 552 4.148 74 1.569 25.710 7 1981 620 3.985 67 1.697 30.092 4 1982 632 3.966 79 2.045 30.623 1 1983 724 4.285 89 2.469 33.425 5 1984 674 4.330 99 3.428 33.361 5 1985 613 4.240 68 3.259 34.132 21 1986 625 4.325 92 2.717 34.111 21 1987 576 4.545 89 3.197 33.882 51 1988 651 5.091 77 4.170 36.964 54 1989 623 4.914 67 3.437 38.349 35 1990 542 5.293 70 4.870 41.088 64 1991 545 5.460 61 5.232 41.405 68 1992 669 5.196 51 3.805 43.067 52 1993 625 6.177 71 7.199 44.771 56 1994 509 5.812 67 6.296 43.810 54 1995 537 5.930 69 4.071 44.912 51 1996 641 6.462 105 7.046 48.713 41 1997 588 6.550 113 5.145 48.608 34 1998 620 6.684 140 5.318 47.923 35 1999 613 6.419 127 7.669 47.917 34 2000 676 6.901 152 5.756 48.509 47 2001 673 7.029 163 9.185 49.238 33 2002 801 7.334 110 7.802 50.097 42 2003 678 7.660 116 11.338 53.719 49 2004 714 7.373 144 8.388 51.324 46 2005 681 7.229 120 8.205 51.136 58 2006 718 7.312 103 8.170 49.614 22 2007 671 7.503 145 11.576 48.681 21 2008 736 7.632 144 14.642 49.368 28 2009 879 8.185 185 14.401 55.517 29 2010 856 9.498 274 16.092 54.449 41 2011 910 9.902 260 9.203 52.554 41

134 Tabelle 3: Anteil von männlichen und weiblichen Stücken an der Schalenwildstrecke 2011 (einschließlich Fallwild) l. b

Stücke d ufflon Rehwil ufflon M er Schafe Böcke wei dd Wi d

d Hirsche Kahlwil d Sikawil d Damwil Hirsche Kahlwil d

d Kahlwil

900 9.902 260 41 52.552 Rotwil 53 81 81 53 160 90 2 404 7 362 137 1 107 1.718 7 3 2.988 1.587 2.439 6 15 2.273 1.108 1.869 685 1.949 1.187 6 5 958 1.065 958 5 6 3.421 78 51 3.109 322 140 1.947 8 11 1.676 154 76 10 4 10 4 84 125 2.030 10 4 84 1.687 20 58 90 1.688 1 9 1.509 5 74 122 464 883 3.194 2.808 55 55 814 1.532 55 75 4 2 3.462 4.343 55 75 4 3.462 1.532 2 814 55 193 302 70 142 2.455 2.932 2.455 142 70 302 193 370 6.314 106 530 3.588 154 28 28.381 13 24.171 Hirsche

d e d urg- urg erg urg urg urg urg b erg b b s b b b b frieslan d eck d b

Flens Kiel Lü Neumünster Dithmarschen Herzogtum Lauen Nor Ostholstein Pinne Plön Ren Schleswig- Flens Sege Stein Stormarn Insgesamt

Eckernför

135 Tabelle 3a: Anteil von männlichen und weiblichen Stücken an der Schwarzwildstrecke 2011 (einschließlich Fallwild)

Bachen älter älter d

) %

männlich d Keiler 4.831 (52,5 Schwarzwil

achen erläufer b b Ü erläufer erläufer 2 Jahre un 9.203 b

erläufer keiler b Ü

lich

b

)

% wei d achen b Fri schlings 4.372 (47,5 Schwarzwil 1 2 2 5 4 3 1 1 1 3 5 4 1 6 15 4 5 3 12 14 2 14 12 5 3 5.324 3.128 751 83 96 40 42 17 14 40 42 83 96 58 57 41 28 13 41 28 58 57 8 10 11 14 13 2 2 983 888 544 373 137 125 544 373 983 888 274 218 513 484 85 56 286 241 410 437 66 55 247 190 263 300 28 26 128 118 191 29 38 160 162 135 149 160 162 25 18

keiler Frischlings

d e d urg- urg erg urg urg urg urg erg b b b b b b s b frieslan d eck d b

Frischlinge Ü Flens Kiel Lü Neumünster Dithmarschen Herzogtum Lauen Nor Ostholstein Pinne Plön Ren Schleswig- 344 Flens 407 Sege 1.393 Stein 1.735 Stormarn 2.635 Insgesamt 2.689 Insgesamt je Altersklasse Gesamtstrecke

Eckernför

136 Tabelle 4: Fallwildverluste beim Schalenwild

Wildart Jahr Jahresstrecke davon Fallwild - Anteil Fallwild in n Verkehr % (Verkehr u. allgemein an Jahresstrecke Rotwild 1980 552 39 7,1% 1985 613 42 6,9% 1990 542 36 6,6% 1995 537 54 10,1% 2000 676 49 7,3% 2005 681 55 8,8% 2010 856 33 7,8% 2011 910 38 7,3% Damw ild 1980 4.148 576 13,9% 1985 4.240 559 13,2% 1990 5.293 623 11,8% 1995 5.930 809 13,6% 2000 6.901 931 13,5% 2005 7.229 967 13,4% 2010 9.498 974 13,6% 2011 9.902 867 11,7% Sikawild 1980 74 16 21,6% 1985 68 5 7,4% 1990 70 15 21,4% 1995 69 16 23,2% 2000 152 39 25,7% 2005 120 32 26,7% 2010 274 38 17,2% 2011 260 53 21,2% Schwarzwil 1980 1.569 69 4,4% d 1985 3.259 162 5,0% 1990 4.870 241 4,9% 1995 4.071 228 5,6% 2000 5.756 316 5,5% 2005 8.205 441 5,4% 2010 16.092 646 5,1% 2011 9.203 273 3,6% Rehwild 1980 25.710 8.114 31,6% 1985 34.132 10.813 31,7% 1990 41.088 13.423 32,7% 1995 44.912 12.622 28,1% 2000 48.509 12.325 25,4% 2005 51.136 14.346 28,1% 2010 54.449 13.036 32,8% 2011 52.554 11.472 28,0% Muffelwild 1990 64 2 3,1% 1995 51 2 3,9% 2000 47 0 0,0% 2005 58 0 0,0% 2010 41 0 4,9% 2011 41 0 2,4%

137 Tabelle 5: Niederwildstrecken im Jahresvergleich (ohne Rehwild)

Jagdjahr Hasen Kaninchen Fasane Rebhühner Ringel - u. Wildgänse Wildenten Wald - Türken - schnepfen tauben 1) 1965 94.941 50.700 55.889 21.321 24.802 662 63.168 2.013

1966 79.755 47.641 69.469 19.630 22.696 808 78.038 1.787 1967 96.053 83.365 99.609 31.558 26.511 1.111 98.783 2.603 1968 74.374 79.492 84.189 24.077 23.718 634 82.621 2.061

1969 99.473 70.335 79.429 25.571 31.624 942 83.775 4.372 1970 100.709 79.915 115.283 21.635 30.288 791 72.090 3.159 1971 107.653 114.936 115.930 25.432 34.788 522 80.681 2.633 1972 84.506 106.073 78.400 15.116 39.991 703 85.681 2.494

1973 93.826 128.211 102.217 14.333 50.868 1.056 87.731 3.063 1974 95.573 185.826 115.429 18.718 53.420 895 74.784 2.657 1975 69.523 190.484 70.923 18.565 63.503 1.538 96.659 3.114

1976 77.807 208.884 67.035 15.990 62.772 1.302 81.772 2.570 1977 77.498 234.758 67.491 16.578 65.206 1.100 86.020 6.144 1978 51.672 134.204 34.464 6.905 59.479 1.830 84.834 2.793

1979 17.040 29.306 15.826 649 39.438 1.305 82.752 1.998 1980 48.278 53.690 25.048 362 39.612 1.223 95.444 1.636 1981 60.944 63.349 24.644 450 39.953 1.823 125.084 1.986 1982 39.612 66.386 24.567 413 38.738 2.360 114.868 1.189 1983 55.421 103.863 29.057 469 48.532 2.744 140.235 1.624

1984 60.647 122.653 25.089 245 47.051 2.317 101.103 1.428 1985 67.742 112.942 31.139 402 43.781 2.487 98.653 1.674

1986 57.687 105.628 32.714 774 45.285 2.704 109.435 1.884 1987 45.299 77.025 24.734 315 48.429 2.206 99.179 1.792

1988 53.891 97.579 29.701 617 44.227 3.648 121.259 1.973 1989 34.794 117.504 30.399 1.472 48.719 2.626 108.850 1.831 1990 36.683 119.153 23.866 807 49.807 2.639 95.457 1.443

1991 31.718 90.660 15.517 548 47.813 3.725 88.422 1.348 1992 43.731 95.213 19.903 786 44.955 2.958 80.212 1.586

1993 50.664 99.249 18.151 658 41.980 3.956 73.714 1.316 1994 40.438 53.285 12.103 664 40.426 4.489 80.116 1.134

1995 45.851 52.755 10.940 527 39.039 5.916 84.578 1.191 1996 44.799 45.066 8.549 386 33.303 4.893 66.248 1.366

1997 32.021 35.970 8.580 794 34.804 4.461 65.517 716

1998 31.782 27.568 9.633 445 27.378 4.701 61.049 1.469 1999 38.928 20.456 9.885 366 35.671 4.792 72.302 1.627 2000 37.804 18.596 10.879 355 35.846 5.603 62.535 1.880

2001 47.042 18.505 12.091 662 34.772 5.758 70.911 2.781

2002 47.097 17.746 12.559 406 22.536 6.395 68.869 1.769

2003 56.524 20.844 16.574 523 16.357 5.983 72.128 1.000

2004 56.954 16.767 16.724 369 16.631 5.898 68.413 1.575

2005 50.891 13.134 16.177 367 15.382 7.261 58.050 2.012

2006 50.576 13.576 18.582 414 14.572 8.496 60.642 2.196

2007 50.270 11.649 20.133 402 15.712 8.878 61.111 2.293

2008 44.638 15.597 17.734 371 16.342 10.249 55.073 3.438

2009 40.445 17.273 16.172 394 16.533 14.004 54.704 3.947

2010 38.711 14.114 12.090 316 17.631 12.622 46.665 1.888

2011 32.944 10.554 10.252 190 15.324 14.668 43.597 1.207

1)ab 2002 nur Ringeltauben Fortsetzung nächste Seite

138 Fortsetzung Tabelle 5

Jagdjahr Füchse Dachse Baummarde Steinmarder Iltisse Wiesel Waschbären Marderhund Minke r e

1960 8.144 167 166 184 3.493 7.047 1965 6.372 154 365 612 5.279 21.416 1966 7.746 149 315 627 4.489 13.209 1967 7.701 194 276 715 4.893 20.990 1968 8.992 235 236 738 5.039 32.938

1969 4.831 148 208 695 4.170 14.557 1970 5.406 104 202 817 4.277 15.679

1971 6.065 73 216 910 4.468 35.150 1972 6.851 81 180 903 4.413 37.814 1973 7.942 86 184 1.064 3.668 21.919 1974 9.573 84 168 1.056 3.452 27.199 1975 11.942 95 225 1.359 3.552 27.777

1976 9.802 92 204 1.559 3.207 16.325 1977 10.056 112 262 2.280 3.667 15.438

1978 8.462 106 234 2.214 3.021 15.615 1979 8.793 106 324 3.072 2.910 8.222 1980 8.288 185 380 4.037 2.514 9.394

1981 8.154 202 328 4.277 2.738 14.164 1982 8.520 282 316 5.142 2.879 17.358 1 1 1983 8.577 342 296 5.215 2.541 16.898 2 1984 9.430 328 333 4.551 2.477 15.305 5 1985 9.315 382 283 4.664 2.427 12.603 1986 10.195 462 279 4.734 2.686 11.943 1987 8.993 514 220 4.712 3.036 9.988 2

1988 11.031 645 284 4.541 3.014 12.256 1 1989 13.674 704 275 4.237 3.415 18.370 1 4 1990 14.471 575 257 4.162 3.252 24.729 6 4

1991 13.744 665 257 3.631 2.975 9.850 2 1992 15.382 843 220 3.724 2.688 10.329 1 4 1993 19.451 831 260 3.676 2.654 13.368 1 1994 14.786 883 289 3.875 2.895 6.418 1995 18.746 964 295 3.832 2.534 5.795 2 1996 16.804 821 278 3.570 2.701 5.641 1 1 1997 14.355 1.040 283 4.160 2.524 4.194 6 1998 15.327 935 341 3.913 2.172 3.839 1 6 1999 14.520 1.126 366 4.294 2.285 3.994 3 10 2000 14.071 942 289 3.640 1.724 2.311 3 9

2001 14.772 1.492 345 4.688 2.093 2.253 3 26

2002 13.577 1.423 280 4.336 1.895 0 5 39

2003 13.593 1.666 371 4.250 2.362 0 14 67

2004 13.763 1.605 462 4.833 2.273 549 7 96

2005 13.653 1.829 480 4.647 2.621 697 16 203 8

2006 12.338 2.004 508 4.383 2.211 749 16 276 23

2007 14.803 1.866 524 4.450 1.869 1.127 29 538 27

2008 15.384 1.726 475 4.444 2.260 1.015 43 736 42

2009 15.180 1.537 487 4.054 2.251 761 29 610 55

2010 16.270 1.935 478 4.306 2.036 785 63 844 130

2011 14.490 1.842 496 3.962 1.779 579 44 1.145 91

139 Tabelle 6: Streckenergebnisse ausgewählter Arten je 100 ha Jagdfläche in den Kreisen und kreisfreien Städten im Durchschnitt der Jagdjahre (Jj) seit 1985/1986

Kreise und Jagdfläche Hasen: Durchschnitt der Jj Jagdjahr Kaninchen: Durchschnitt der Jj Jagdjahr kreisfreie Stand 85/86 90/91 95/96 00/01 85/86 90/91 95/96 00/01 Städte 2006 bis bis bis bis bis bis bis bis ha 89/90 94/95 99/00 04/05 11/12 89/90 94/95 99/00 04/05 11/12 Flensburg 1.610 3,1 3,1 3,2 2,3 4,0 34,2 28,2 15,6 0,8 0,0

Kiel 3.951 1,6 1,4 1,6 2,2 3,1 12,1 15,1 9,9 2,8 4,2

Lübeck 10.174 1,9 1,7 1,3 1,1 1,5 11,5 10,9 5,8 3,3 0,9

Neum ünster 4.614 2,8 2,1 1,8 2,5 1,2 8,6 5,3 1,5 0,2 0,0

Dithmarschen 127.479 8,6 6,8 7,0 9,6 5,5 6,7 3,5 1,3 1,0 1,3

Herzogtum 111.373 1,1 0,5 0,7 0,6 0,5 1,0 0,8 0,5 0,1 0,1 Lauenburg Nordfriesland 182.787 6,7 6,3 5,8 6,4 4,4 6,6 5,9 4,2 1,6 1,1

Osth olstein 116.483 2,4 1,7 2,1 2,6 2,5 11,5 19,4 10,3 7,0 3,5

Pinneberg 48.962 7,2 4,0 3,4 4,6 2,3 17,4 9,1 1,9 2,2 0,3

Plön 96.684 1,3 1,0 0,8 1,1 1,0 1,8 2,0 1,2 0,4 0,4

Rendsburg - 190.159 2,3 1,6 1,7 2,3 1,5 5,3 3,9 1,6 0,8 0,3 Eckernförde Schleswig - 184.181 3,1 2,3 2,2 2,5 1,7 6,2 3,9 1,6 1,3 0,5 Flensburg Segeberg 112.401 2,0 1,2 1,4 1,7 1,3 7,0 6,9 1,0 0,1 0,4

Steinburg 90.864 4,3 3,3 3,2 4,5 4,0 1,8 1,5 0,3 0,2 0,1

Stormarn 59.578 2,6 1,4 1,5 1,9 1,6 14,7 16,6 4,2 0,4 0,1

insgesamt 1.338. 301 3,7 2,9 2,8 3,6 2,5 6,6 6,5 2,6 1,7 0,8

Kreise und Jagdfläche Fasane: Durchschnitt der Jj Jagdjahr Wildenten: Durchschnitt der Jj Jagdjahr kreisfreie Stand 85/86 90/91 95/96 00/01 85/86 90/91 95/96 00/01 Städte 2006 bis bis bis bis bis bis bis bis ha 89/90 94/95 99/00 04/05 11/12 89/90 94/95 99/00 04/05 11/12 Flensburg 1.610 0,4 0,4 0,1 0,8 3,1 7,6 5,4 4,5 3,2 1,7

Kiel 3.951 1,9 1,3 0,7 0,9 1,0 7,3 4,1 5,0 5,5 4,3

Lübeck 10.174 1,3 1,0 0,6 0,8 0,8 11,1 8,4 5,4 5,1 3,4

Neumünster 4.614 0,5 0,3 0,1 0,4 0,3 5,3 4,3 2,3 1,7 1,7

Dithmarschen 127.479 4,4 3,8 2,3 4,2 3,6 8,8 7,9 6,9 7,6 4,5

Herzogtum 111.373 0,3 0,5 0,2 0,2 0,1 3,9 3,3 2,5 2,3 1,9 Lauenburg Nordfriesland 182.787 1,3 0,8 0,5 0,7 0,6 9,3 8,3 7,7 7,6 4,8

Ostholstein 116.483 4,4 2,6 1,7 1,1 0,5 9,9 8,5 8,2 6,8 5,0

Pinneberg 48.962 4,8 2,6 1,2 1,2 0,8 4,6 4,2 4,2 2,5 2,1

Plön 96.684 5,8 1,5 0,2 0,2 0,2 9,0 5,7 4,6 4,6 2,7

Rendsburg - 190.159 0,8 0,7 0,4 0,7 0,3 6,2 5,3 4,2 4,1 2,4 Eckernförde Schleswig 184.181 1,0 0,8 0,3 0,8 0,4 4,9 4,4 3,4 3,7 2,1 Flensburg Segeberg 112.401 0,4 0,3 0,1 0,3 0,2 4,5 3,9 3,3 4,0 2,7

Steinburg 90.864 2,1 1,2 0,9 1,3 1,3 7,0 6,0 5,8 5,8 4,0

Stormarn 59.578 2,1 1,3 0,3 0,5 0,5 8,4 5,9 4,7 4,9 2,9

insgesam t 1.338.301 2,1 1,3 0,7 1,0 0,8 7,0 5,9 5,1 5,0 3,3

140 Tabelle 7: Entwicklung der Jägerprüfungen seit 1973

Jahr Anzahl der bestandene nicht Anteil der nicht bestanden Anteil nicht Prüflinge Prüfungen bestandene nicht best. im jagdlichen bestanden im Prüfungen Prüfungen Schießen jagdl. Schießen v. Anz. Prüflinge

1973 1.022 696 326 32% 1974 1.076 754 322 30% 105 10% 1975 1.038 730 308 30% 95 9% 1976 1.131 792 339 30% 104 9% 1977 1.038 725 313 30% 99 10% 1978 872 623 249 29% 83 10% 1979 747 537 210 28% 51 7% 1980 676 496 180 27% 51 8% 1981 664 474 190 29% 36 5% 1982 745 550 195 26% 55 7% 1983 746 570 176 24% 24 3% 1984 760 551 209 28% 33 4% 1985 791 594 197 25% 43 5% 1986 668 465 203 30% 34 5% 1987 645 486 159 25% 40 6% 1988 648 463 185 29% 46 7% 1989 636 462 174 27% 38 6% 1990 635 487 148 23% 28 4% 1991 660 531 129 20% 31 5% 1992 676 491 185 27% 39 6% 1993 702 540 162 23% 41 6% 1994 702 532 170 24% 43 6% 1995 703 521 182 26% 50 7% 1996 598 457 141 24% 40 7% 1997 595 456 139 23% 37 6% 1998 560 432 128 23% 29 5% 1999 463 363 100 22% 26 6% 2000 593 404 99 20% 23 5% 2001 473 393 79 17% 17 4%

2002 491 403 88 18% 19 4%

2003 455 374 81 18% 25 5%

2004 443 394 49 11% 18 4%

2005 376 315 61 16% 16 4%

Ab 2006 sind nach Neufassung der Jägerprüfungsordnung Wiederholungsprüfungen möglich. Es können sowohl nicht bestandene Prüfungsabschnitte innerhalb eines Jahres als auch die gesamte Prüfung beliebig oft wiederholt werden.

Jahr An - Davon Bestandene Prüfungen Nicht bestandene Prüfungen zahl ledigli ch Abschließendes Davon An - An - Davon der Wiederholung Prüfungszeugnis Wiederholungsprüfung zahl teil Erteilung eines Zeugnisses Prüf eines erteilt im Prüfungsabschnitt über den bestanden en - Prüfungs - Prüfungsabschnitt ling abschnittes Anzah Anteil A* B** A* B** e l gesa mt 2006 429 45 346 81% 16 23 83 19% 54 14

2007 407 59 322 79% 17 30 85 21% 36 24

2008 421 45 338 80% 23 11 83 20% 36 22

2009 383 36 311 81% 9 16 72 19% 45 14

2010 410 41 344 84% 10 22 66 16% 44 12

2011 479 62 380 79% 12 24 99 21 59 16

2012 535 72 447 84% 21 40 88 16 50 31

141 Tabelle 8: Extensivierungsförderung in Schleswig-Holstein aus Gründen des Naturschutzes (1986 - 1989 Extensivierungsförderung der Landbewirtschaftung, 1990 - 1998 Biotop-Programme im Agrarbereich, ab 1999 Vertragsnaturschutz)

Anzahl der Entschädigung Verträge ha 1986 Grünland 977 6.461 Acker 41 70 INSGESAMT 1.018 6.531 1,2 Mio. 1987 Grünland 2.768 20.932 Acker 341 1.124 INSGESAMT 3.109 22.056 4,4 Mio. 1988 Grünland 3.112 22.493 Acker 635 2.509 INSGESAMT 3.747 25.002 5,5 Mio 1989 Grünland 3.434 24.328 Acker 537 2.236 INSGESAMT 3.971 26.564 5,6 Mio. 1990 Grünland 3.051 22.153 Acker 333 1.501 INSGESAMT 3.384 23.654 4,9 Mio. 1991 Grünland 3.097 21.238 Acker 179 926 INSGESAMT 3.276 22.164 4,2 Mio. 1992 Grünland 3.057 21.119 Acker 224 1.118 INSGESAMT 3.281 22.237 4,6 Mio. 1993 Grü nland 985 6.538 Acker 243 1.255 INSGESAMT 1.228 7.793 2,5 Mio. 1994 Grünland 881 6.338 Acker 172 859 INSGESAMT 1.053 7.197 2,2 Mio. 1995 Grünland 1.033 7.383 Acker 175 901 INSGESAMT 1.208 8.284 2,7 Mio. 1996 Grünland 1.105 7.991 Acker 191 887 INSGESAMT 1.296 8.878 2,9 Mio. 1997 Grünland 1.105 8.071 Acker 133 700 INSGESAMT 1.238 8.771 2,8 Mio. 1998 Grünland 760 5.844 Acker 101 530 INSGESAMT 861 6.374 2,1 Mio. 1999 Grünland 804 6.020 Acker 49 196 INSGESAMT 853 6.216 1,7 Mio. 2000 Grünland 858 6.348 Acker 38 134 INSGESAMT 896 6.482 1,7 Mio. 2001 Grünland 876 7.155 Acker 19 61 INSGESAMT 895 7.216 1,7 Mio. 2002 Grünland 914 7.678 Acker 8 27 INSGESAMT 922 7.705 1,8 Mio. 2003 Grünland 1.067 8.920 Acker 9 30 INSGESAMT 1.076 8.950 2,2 Mio. 2004 Grünland 1.088 9.561 Acker 9 30 INSGESAMT 1.097 9.591 2,7 Mio.. 2005 Grünland 1.141 10.370 Acker 29 344 INSGESAMT 1.170 10.714 3,3 Mio. 2006 Grünland 1.135 9.940 Acker 35 398 INSGESAMT 1.170 10.338 3,3 Mio 2007 Grünland 1.183 13.112 Acker 38 496 INSGESAMT 1.221 13.608 4,4 Mio. 2008 Grünland 1.235 14.140 Acker 40 508 INSGESAMT 1.275 14.648 4,8 Mio. 2009 Grünlan d 1.213 14.472 Acker 43 594 INSGESAMT 1.256 15.066 4,8 Mio. 2010 Grünland 1.482 18.782 Acker 120 1.628 INSGESAMT 1.602 20.410 5,8 Mio 2011 Grünland 1.363 20.582 Acker 255 3.542 INSGESAMT 1.618 24.124 7,0 Mio

142 Jagd- und Naturschutzbehörden

Jagdbehörden Oberste Jagdbehörde und Jagdbehörde für lan- Landrat des Kreises Plön deseigene Jagdbezirke ist das Hamburger Straße 17 - 18 Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, 24306 Plön Umwelt und ländliche Räume des Landes Tel.: 04522 / 743 254 Schleswig-Holstein Mercatorstraße 3 Landrat des Kreises Rendsburg-Eckernförde 24106 Kiel Kaiserstraße 8 Tel.: 0431/988-0 24768 Rendsburg (oder Durchwahl -7002) Tel.: 04331 / 202 236

Untere Jagdbehörden Landrat des Kreises Schleswig-Flensburg sind die Landrätinnen und Landräte der Kreise Flensburger Straße 7 und die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister 24837 Schleswig der kreisfreien Städte: Tel.: 04621 / 87 234

Oberbürgermeister der Stadt Flensburg Landrätin des Kreises Segeberg Rathausplatz 1 Hamburger Straße 30 24937 Flensburg 23795 Bad Segeberg Tel.: 0461 / 851 681 Tel.: 04551 / 951 447

Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt Kiel Landrat des Kreises Steinburg Fabrikstraße 8 Viktoriastraße 16 - 18 24103 Kiel 25524 Itzehoe Tel.: 0431 / 9012181 Tel.: 04821 / 69 337

Bürgermeister der Hansestadt Lübeck Landrat des Kreises Stormarn Kronsforder Allee 2 - 6 Mommsenstraße 11 23539 Lübeck 23843 Bad Oldesloe Tel.: 0451 / 122 1516 Tel.: 04531 / 160 309

Oberbürgermeister der Stadt Neumünster Bei der unteren Jagdbehörde wird gemäß § 34 Großflecken 63 (1) Landesjagdgesetz (LJagdG) eine Kreisjäger- 24534 Neumünster meisterin oder ein Kreisjägermeister bestellt. Tel.: 04321 / 942 2483 Diese beraten die Jagdbehörde in allen jagdli- chen Fragen. Landrat des Kreises Dithmarschen Stettiner Straße 30 Gemäß § 35 LJagdG wird bei der unteren Jagd- 25746 Heide behörde ein Jagdbeirat gebildet. Er setzt sich Tel.: 0481 / 97 1264 zusammen aus der Kreisjägermeisterin oder dem Kreisjägermeister, zwei Jägerinnen oder Jägern Landrat des Kreises Herzogtum Lauenburg und je einer Vertreterin oder einem Vertreter der Barlachstrasse 2 Landwirtschaft, der Forstwirtschaft und der 23909 Ratzeburg Jagdgenossenschaften sowie als Vertreterinnen Tel.: 04541 / 888 273 oder Vertreter des Naturschutzes die oder den jeweiligen Kreisbeauftragten für Naturschutz so- Landrat des Kreises Nordfriesland wie eine vom Beirat für Naturschutz benannte Marktsraße 4 Person, die Mitglied eines nach § 29 des Bun- 25813 Husum desnaturschutzgesetzes anerkannten Natur- Tel.: 04841 / 67 268 schutzverbandes ist.

Landrat des Kreises Ostholstein Der Jagdbeirat berät und unterstützt die untere Lübecker Straße 41 Jagdbehörde in allen wichtigen Fragen der Jagd- 23701 Eutin verwaltung. Insbesondere wirkt er bei der Bestä- Tel.: 04521 / 788 216 tigung oder Festsetzung der Abschusspläne ge- mäß § 21 Abs.2 Satz 1 Bundesjagdgesetz (BJG) Landrat des Kreises Pinneberg mit. Kurt-Wagener-Straße 11 25337 Elmshorn Zu den Sitzungen des Jagdbeirates werden Ver- Tel.: 04121 / 450 222 34 treterinnen oder Vertreter der unteren Jagdbe-

143 hörde, der unteren Forstbehörde und der unte- rinnen und Bürgern. Die oder der Landesbeauf- ren Naturschutzbehörde eingeladen. tragte wird durch einen Beirat unterstützt. Die Anzahl der Mitglieder des Beirats soll zwölf nicht Jagdbehörde für bundeseigene Flächen, auf überschreiten. Der Beirat setzt sich aus von der denen dem Bund die Jagdausübung zusteht, ist unteren Naturschutzbehörde berufenen Beauf- für Schleswig-Holstein der tragten für Naturschutz und ökologischen Sach- verständigen zusammen. Bundesforstbetrieb Trave Herrenschlag 10a Bei den unteren Naturschutzbehörden können 23879 Mölln Beiräte für den Naturschutz gebildet werden. Tel.: 04542/85670-0 Der Beirat hat die unteren Naturschutzbehörden in wichtigen Angelegenheiten des Naturschutzes zu unterstützen und fachlich zu beraten. Die aus Naturschutzbehörden der Mitte des Beirats gewählte Vorsitzende oder den Vorsitzenden bestellt die untere Natur- schutzbehörde als Kreisbeauftragte oder Kreis- Oberste Naturschutzbehörde beauftragten für Naturschutz. Sie kann für be- ist das Ministerium für Energiewende, Landwirt- stimmte Sachbereiche oder Teilbezirke auch schaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes mehrere Kreisbeauftragte aus der Mitte des Bei- Schleswig-Holstein rats bestellen. Mercatorstraße 3 24106 Kiel Tel.: 0431 / 988-0 Anerkannte Vereine Bei bestimmten Vorhaben, die Auswirkungen auf Natur und Landschaft haben, müssen rechtsfähi- Obere Naturschutzbehörden ge Vereine, die nach § 40 des Landesnatur- sind das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt schutzgesetzes anerkannt sind, am Verwaltungs- und ländliche Räume des Landes Schleswig-Hol- verfahren beteiligt werden. stein Hamburger Chaussee 25 Die Anerkennung als Naturschutzverein wird auf 24220 Flintbek Antrag von der obersten Naturschutzbehörde er- Tel.: 04347 / 704-0 und teilt und gilt für den Bereich des Landes. Sie muss erteilt werden, wenn der Verein für den Bereich des Nationalparks Schleswig- 1. nach seiner Satzung ideell und nicht nur vorü- Holsteinisches Wattenmeer bergehend vorwiegend die Ziele des Um- der Landesbetrieb für Küstenschutz, National- weltschutzes fördert, park und Meeresschutz Schleswig-Holstein – Be- triebsstätte Tönning, Nationalparkverwaltung - 2. einen Tätigkeitsbereich hat, der sich auf das Schlossgarten 1 Gebiet des Landes erstreckt, 25832 Tönning Tel.: 04861 / 616-0 3. im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist, Untere Naturschutzbehörden sind die Landrätinnen und Landräte der Kreise 4. die Gewähr für eine sachgerechte Aufgaben- und die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister erfüllung bietet; dabei sind Art und Umfang der kreisfreien Städte (Anschriften: siehe Jagd- seiner bisherigen Tätigkeit, der Mitglieder- behörden) und kreis sowie die Leistungsfähigkeit des Verei- nes zu berücksichtigen, für den Bereich des Nationalparks Schleswig- Holsteinisches Wattenmeer das Landesbetrieb 5. gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 für Küstenschutz, Nationalpark und Meeres- der AbgabenVO erfüllt schutz Schleswig-Holstein. 6. den Eintritt als Mitglied, das in der Mitglieder- Die Ministerin oder der Minister für Energiewen- versammlung volles Stimmrecht hat, jeder- de, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räu- mann ermöglicht, der die Ziele des Vereins me beruft eine Landesbeauftragte oder einen unterstützt; bei Vereinen, deren Mitglieder Landesbeauftragten für Naturschutz. ausschließlich juristische Personen sind, kann von dieser Voraussetzung abgesehen wer- Die oder der Landesbeauftragte unterstützt und den, sofern die Mehrzahl dieser juristischen berät die oberste und obere Naturschutzbehörde Personen diese Voraussetzung erfüllt. und vermitteln zwischen ihnen und den Bürge-

144 Die anerkannten Vereine sind zu beteiligen, Bund für Umwelt und Naturschutz, Landesver- wenn sie durch das Vorhaben in ihrem satzungs- band Schleswig-Holstein e.V. gemäßen Aufgabenbereich berührt sind. Die Be- Lerchenstraße 22 teiligung besteht darin, dass diesen Vereinen Ge- 24103 Kiel legenheit zur Stellungnahme sowie zur Einsicht Tel.: 0431 / 66060-0 in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben ist. Sie ist zwingend vorgeschrieben Landesjagdverband Schleswig-Holstein e.V. Böhnhusener Weg 6 bei der Vorbereitung von Verordnungen und an- 24220 Flintbek deren im Range unter dem Gesetz stehenden Tel.: 04347 / 9087-0 Rechtsvorschriften der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden, Landessportfischerverband Schleswig-Holstein e.V. bei der Vorbereitung von Programmen und Plä- Papenkamp 52 nen (Landschaftsprogramme und Landschafts- 24114 Kiel pläne), im Sinne der §§ 6 und 7 des Landesna- Tel.: 0431 / 676818 turschutzgesetzes, Naturschutzbund Deutschland, Landesverband bei der Vorbereitung von Plänen im Sinne des § Schleswig-Holstein e.V. 36 Satz 1 Nr. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes, Färberstraße 51 24534 Neumünster bei der Vorbereitung von Programmen staatlicher Tel.: 04321 / 53734 und sonstiger öffentlicher Stellen zur Wiederan- siedlung von Tieren und Pflanzen verdrängter Schleswig-Holsteinischer Heimatbund e.V. wild lebender Arten in der freien Natur, Hamburger Landstraße 101 24113 Molfsee vor der Erteilung von Befreiungen von Geboten Tel.: 0431 / 98384-0 und Verboten zum Schutz von Gebieten im Sinne des § 32 Abs. 2 BNatSchG, Natura-2000 Gebie- Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Landes- ten, Naturschutzgebieten, Nationalparken, natio- verband Schleswig-Holstein e.V. nalen Naturmonumenten und Biosphärenreserva- Rendsburger Straße 23 ten, auch wenn diese durch eine andere Ent- 24361 Groß Wittensee scheidung eingeschlossen oder ersetzt werden, Tel.: 04356 / 986612 in Planfeststellungsverfahren, wenn es sich um Verein Jordsand zum Schutze der Seevögel und Vorhaben handelt, die mit Eingriffen in Natur und der Natur e.V. Landschaft verbunden sind, Haus der Natur Wulfsdorf bei Plangenehmigungen, die an die Stelle einer 22926 Ahrensburg Planfeststellung im Sinne der Nr.6 treten, wenn Tel.: 04102 / 32656 eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen ist, Naturschutzgesellschaft SCHUTZSTATION WAT- vor der Zulassung von Projekten oder Plänen TENMEER e.V. nach § 34 Abs. 3 und 4 sowie § 36 BNatSchG, Grafenstraße 23 bei denen die Prüfung der Verträglichkeit erge- 24768 Rendsburg ben hat, dass sie zu erheblichen Beeinträchtigun- Tel.: 04331 / 23622 gen eines Natura 2000-Gebietes führen. Dem Landesnaturschutzverband Schleswig- Holstein sind gem. § 41 Abs. 4 des Landesna- In Schleswig-Holstein sind nachstehende Ver- turschutzgesetzes die Mitwirkungsrechte bände nach § 40 des Landesnaturschutzge- nach § 63 Abs.2 des Bundesnaturschutzgeset- setzes anerkannt (Stand: Juli 2010): zes sowie nach § 40 Abs. 2 des Landesnatur- schutzgesetz eingeräumt. Arbeitsgemeinschaft Geobotanik in Schleswig- Landesnaturschutzverband Schleswig-Holstein Holstein und Hamburg e.V. e.V. Christian-Albrechts-Universität Burgstraße 4 - Ökologie - Zentrum - 24103 Kiel Olshausenstraße 75 Tel.: 0431 / 93027 24118 Kiel Tel.: 0431 / 880-4030

145 Rechts- und Verwaltungsvorschriften

Jagd Bundesjagdgesetz in der Fassung der Be- Landesverordnung über die Jagdabgabe vom kanntmachung vom 29. September 1976 19. November 2010 (GVOBl. Schl.-H. 2010 S. (BGBl. I S. 2849), zuletzt geändert durch Arti- 725). kel 5 des Gesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 426). Richtlinie für die Gewährung von Zuwendun- gen aus den Mitteln der Jagdabgabe durch Jagdgesetz des Landes Schleswig-Holstein das Land Schleswig-Holstein vom 1. Februar (Landesjagdgesetz - LJagdG) vom 13. Oktober 2006 (Amtsbl. Schl.-H. S. 115). 1999 (GVOBl. Schl.-H. S.300), zuletzt geändert durch diverse §§ des Gesetzes vom 8. Febru- Bekanntmachung der Neufassung des allge- ar 2012 (GVOBl. Schl.-H. S. 266). meinen Gebührentarifs der Landesverordnung über Verwaltungsgebühren vom 15. Dezem- Verordnung über den Schutz von Wild (Bun- ber 2005 (GVOBl. Schl.-H. S. 568), zuletzt ge- deswildschutzverordnung - BWildSchV) vom ändert durch Verordnung vom 13. März 2006 25. Oktober 1985 (BGBl. I S. 2040), zuletzt ge- (GVOBl. Schl.-H. S. 42). ändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 16. Februar 2005 (BGBl. I S. 258, 263). Verordnung über Verfahren in Wild- und Jagd- schadenssachen vom 18. November 2008 Landesverordnung über die zuständigen Be- (GVOBl. Schl.-H. S. 667). hörden für die Durchführung der Bundeswild- schutzverordnung (Wildschutzzuständigkeits- Gesetz zur Vorbeugung und Abwehr der von verordnung - WildSch-ZustVO) vom 24. Juni Hunden ausgehenden Gefahren (Gefahrhunde- 1986 (GVOBl. Schl.-H. S. 150). gesetz - GefHG) vom 28. Januar 2005 (GVOBl. Schl.-H. S. 51). Landesverordnung über die Prüfung zum Er- werb des ersten Jagdscheines (Jägerprü- Landesverordnung über die Fütterung und Kir- fungsverordnung) vom 5. März 2012 (GVOBl. rung von Wild vom 1. Dezember 2000 Schl.-H. S. 350). (GVOBl. Schl.-H. S. 607).

Landesverordnung über die Falknerprüfung Landesverordnung über die Fangjagd (Fang- (Falknerprüfungsordnung) vom 13. Juni 1979 jagdverordnung) vom 10. November 2008 (GVOBl. Schl.-H. S. 406). (GVOBl. Schl.-H. S. 593).

Verordnung über die Jagdzeiten vom 2. April Grundsätze des Ministeriums für Umwelt, Na- 1977 (BGBl. I S. 531), zuletzt geändert durch tur und Forsten über Naturschutzgebiete und Artikel 1 der Verordnung vom 25. April 2002 Jagd in Schleswig-Holstein vom 06. Januar (BGBl. I S.1487). 1997.

Landesverordnung über jagdbare Tierarten und Richtlinie für die Hege und Bejagung des Rot- über die Jagdzeiten vom 18. Oktober 2005 wildes in Schleswig-Holstein - Erlass vom (GVOBl. Schl.-H. S. 508), zuletzt geändert 30. Juni 1997. durch VO vom 4. Januar 2010 (GVOBl. Schl.- H. S.12) Richtlinie für die Hege und Bejagung des Damwildes in Schleswig-Holstein - Erlass vom Landesverordnung über die Festsetzung einer 30. Juni 1997. Jagdzeit für Graureiher vom 1. September 1978 (GVOBl. Schl.-H. S. 299), zuletzt geän- Richtlinie für die Hege und Bejagung des Reh- dert durch Verordnung vom 20. März 1991 wildes in Schleswig-Holstein - Erlass vom (GVOBl. Schl.-H. S. 241). 15. August 1996.

Landesverordnung über den Betrieb der Vogel- Rot- und Sikawild in Schleswig-Holstein; Vor- kojen auf Föhr vom 23. Dezember 1994 kommen, Begrenzung und Freigabe - Erlasse (GVOBl. Schl.-H. 1994, S. 20), geändert durch vom 21. April 1980 und 24. November 2005. Artikel 7 der Landesverordnung vom 21. De- zember 2007 (GVOBl. Schl.-H. S. 633).

146 Artenschutz Gesetz über Naturschutz und Landschaftspfle- Beitritts Bulgariens uns Rumäniens (ABl. EG ge (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG) Nr. L 363 vom 20. Dezember 2006, S. 368). vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542). Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai Verordnung zum Schutz wild lebender Tier- 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräu- und Pflanzenarten (Bundesartenschutzverord- me sowie der wildlebenden Tiere und Pflan- nung - BArtSchV) vom 16. Februar 2005 zen (ABL. EG Nr. L 206, Seite 7), zuletzt geän- (BGBl. I S. 258, ber. S. 896), zuletzt geändert dert durch Richtlinie 2006/105/EG des Rates durch Artikel 2 des Gesetzes vom 12. Dezem- vom 20. November 2006 zur Anpassung der ber 2007 (BGBl. I S. 2873). Richtlinien 73/239/EWG, 74/557/EWG und 2002/83/EG im Bereich Umwelt anlässlich des Verordnung über die Kennzeichnung wild le- Beitritts Bulgariens uns Rumäniens (ABl. EG bender Tiere zu wissenschaftlichen Zwecken Nr. L 363 vom 20. Dezember 2006, S. 368). (Kennzeichnungsverordnung – KennzVO) vom 26. November 2008. Beschluss 94/157/EG des Rates vom 21. Fe- bruar 1994 über den Abschluss des Überein- Gesetz zum Schutz der Natur (Landesnatur- kommens über den Schutz der Meeresum- schutzgesetz - LNatSchG) vom 24. Februar welt des Ostseegebietes im Namen der Ge- 2010 (GVOBl. Schl.-H. S. 301, ber. am 24. Juni meinschaft (Helsinki-Übereinkommen in seiner 2010 S. 486). Fassung von 1992) (ABl. EG Nr. L 73, S. 19).

Gesetz zur Neufassung des Gesetzes zum Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom Schutze des schleswig-holsteinischen Watten- 09. Dezember 1996 über den Schutz von meeres (Nationalparkgesetz - NPG) vom 17. Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenar- Dezember 1999 (GVOBl. Schl.-H. S. 518), ge- ten durch Überwachung des Handels (ABL. ändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 13. EG Nr. L 61, S. 1 vom 3. 3. 1997), zuletzt ge- Dezember 2007 (GVOBl. Schl.-H. S. 499). ändert durch Verordnung (EG) Nr. 318/2008 Landesverordnung über gesetzlich geschützte vom 31. März 2008 (ABl. EG Nr. L 95, S. 3). Biotope (Biotopverordnung) vom 22. Januar 2009 (GVOBl. Schl.-H. S. 52). Verordnung (EG) Nr. 865/2006 der Kommissi- on vom 4. Mai 2006 mit Durchführungsbe- Landesverordnung über die zuständigen Be- stimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 338/97 hörden nach dem Bundesnaturschutzgesetz des Rates über den Schutz von Exemplaren und der Bundesartenschutzverordnung (Arten- wild lebender Tier- und Pflanzenarten durch schutz-Zuständigkeitsverordnung - ArtSchZu- Überwachung des Handels (ABL. EG Nr. L stVO) vom 29. Mai 2001 (GVOBl. Schl.-H. S. 166, S. 1), geändert durch Verordnung (EG) Nr. 87), geändert durch Verordnung vom 29. April 100/2008 der Kommission vom 4. Februar 2003 (GVOBl. Schl.-H. S. 240). 2008 ABl. EU Nr. L 31, S.3).

Landesverordnung über die Zuständigkeit der Übereinkommen vom 2. Februar 1971 über Naturschutzbehörden (Naturschutzzuständig- Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum keitsverordnung - NatSchZVO) vom 1. April für Wasser- und Watvögel, von internationaler 2007 (GVOBl. Schl.-H. S. 227), geändert durch Bedeutung (Ramsar-konvention) vom 2. Febru- Verordnung vom 21. August 2007 (GVOBl. ar 1971 (BGBl. II S. 1266), geändert durch das Schl.-H. S. 422). Pariser Protokoll vom 3. 12. 1982 (BGBl. 1990 II S. 1670) und vom 28. 5. 1987 (BGBl. 1995 II Landesverordnung zur Abwendung von Schä- S. 218). den durch Kormorane vom 28. März 2011 (GVOBl. Schl.-H. S. 119). Übereinkommen vom 19. September 1979 über die Erhaltung der europäischen wildle- Landesverordnung über die Genehmigung und benden Pflanzen und Tiere und ihrer natürli- Überwachung von Tiergehegen und Zoos vom chen Lebensräume (Berner Konvention) - Ge- 16. März 2008 (GVOBl. Schl.-H. S. 144) setz vom 17. Juli 1984 (BGBl. II S. 618), zu- letzt geändert durch Gesetz vom 9. November Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 2001 (BGBl. I S. 2331). 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vo- gelarten (ABL. EG Nr. L 103, S. 1), zuletzt ge- Übereinkommen vom 23. Juni 1979 zur Erhal- ändert durch Richtlinie 2006/105/EG des Rates tung der wandernden wildlebenden Tierarten vom 20. November 2006 zur Anpassung der (Bonner Konvention) - Gesetz vom 29. Juni Richtlinien 73/239/EWG, 74/557/EWG und 1984 (BGBl. II, S. 569), zuletzt geändert durch 2002/83/EG im Bereich Umwelt anlässlich des Gesetz vom 9. November 2001 (BGBl. I S. 2331).

147 Abkommen vom 16. Oktober 1990 zum Fachbegriffe Schutz der Seehunde im Wattenmeer vom 16 Abiotische Faktoren Nicht durch Lebewesen Oktober 1990 (BGBl. 1991 II S. 1307). verursachte Einflüsse (Boden, Wasser, Luft, Temperatur, Strahlung und so weiter). Abkommen vom 31. März 1992 zur Erhaltung Abschussplanung Nach dem Bundesjagdge- der Kleinwale in der Nord- und Ostsee vom setz darf Schalenwild, mit Ausnahme von 31. März 1992 (BGBl. 1993 II S. 1114), in der Schwarzwild (Wildschweine), nur aufgrund in Esbjerg am 23. August 2003 angenomme- und im Rahmen eines jährlich von den Jagd- nen Fassung (BGBl. 2006 II S. 267). behörden festgesetzten Abschussplanes er- legt werden. Abkommen zur Erhaltung der europäischen Anthropogen Vom Menschen beeinflusst Fledermauspopulationen vom 4. Dezember oder geschaffen. 1991 (BGBl.1993 II, S. 1106), in der Fassung Artenschutz Aufgabenbereich des Natur- der Änderung vom 11. September 2002 schutzes mit dem Ziel, den Gesamtbestand (BGBl. II S. 2466). wild lebender Tier- und Pflanzenarten innerhalb ihres natürlichen Areals in ihrer gegebenen Abkommen zur Erhaltung der afrikanisch-eura- Vielfalt so zu erhalten und zu fördern, dass die sischen wandernden Wasservögel vom 16. Evolution der Arten gesichert bleibt. Juni 1995 (BGBL. 1998 II S. 2500) in der Fas- Artenvielfalt Quantität der Artenzusammen- sung der Änderung vom 10. Mai 2004 (BGBL. setzung einer Lebensgemeinschaft. II S. 600) Autochthone Arten Arten, die in einem Ge- biet als ”Ureinwohner” beheimatet sind, im Richtlinien vom 16. November 2005 für die Unterschied zu später eingewanderten und Gewährung von Zuwendungen für verschiede- eingebürgerten Arten. ne Maßnahmen des Artenschutzes (Amtsbl. Bewegungsjagd Gemeinschaftsjagd, bei der Schl.-H. S. 1092). nur wenige Treiber einzeln und vorsichtig das Wild rege machen, so dass es sicher erkannt Richtlinien vom 20. Juni 2006 für die Zulas- und erlegt werden kann. sung von Ausnahmen im Einzelfall gemäß § Bioindikatoren Pflanzen oder Tiere, die auf 43 Absatz 8 Bundesnaturschutzgesetz bestimmte Veränderungen der Umweltbedin- (BNatSchG) bei Saatkrähen, (Amtsbl. Schl.-H. gungen sensibel reagieren und diese damit S. 495). anzeigen können. Biomasse Die Menge lebender Organismen Richtlinie vom 14. Oktober 1997 zur Behand- in Masse pro Flächeneinheit. lung von erkrankt, geschwächt oder verlassen Biosphäre Der von Organismen bewohnbare aufgefundenen Robben (Amtsbl. Schl.-H. S. Raum der Erde und Atmosphäre: ”So tief wie 500). ein Fisch tauchen und so hoch wie ein Vogel fliegen kann”. Richtlinie 1999/22/EG des Rates vom 29. März Biotop Durch abiotische Standortmerkmale 1999 über die Haltung von Wildtieren in Zoos geprägte Lebensstätte einer Biozönose. (ABl. EG L 94 S. 24). Biozönose Gemeinschaft der in einem Biotop regelmäßig vorkommenden Lebewesen ver- Richtlinien vom 1. Februar 2001 für die Ge- schiedener Arten, die untereinander in Wech- nehmigung und den Betrieb von Tiergehegen selbeziehungen stehen. gemäß § 27 Landesnaturschutzgesetz für die Dauerwald Sich immer wieder erneuernder, Haltung von: dauerhafter Wald aus Bäumen aller Altersstu- fen und verschiedener Arten, dessen Gefüge - heimischen Huftieren, nicht durch Kahlschläge zerstört wird. Dauer- - Seehunden und Kegelrobben, wälder bieten einen optimalen Schutz für Bo- - Greifvögeln und Eulen, den, Wasser und Klima, da ihr Stoffkreislauf - Papageien, weitgehend geschlossen bleibt. Dauerwälder - Straußenvögeln (n.v.). bieten der Pflanzen- und Tierwelt nischenrei- che Ökosysteme, der Bevölkerung anspre- Richtlinien für die Genehmigung von Tiergehe- chende Erholungsräume und den Waldbesitze- gen zur Rehabilitation verölter Seevögel ge- rinnen und Waldbesitzern mehr Sicherheit und mäß § 27 Landesnaturschutzgesetz vom 1. Ertrag bei geringeren Kosten als gleichaltrige, Februar 2001 (n.v.). schlagweise bewirtschaftete Wälder. Diversität Bezeichnung für die Vielfalt in Or- ganismengemeinschaften, beurteilt nach Ar- tendichten und Einheitlichkeit der Individuen- dichte.

148 Dominanz Vorherrschen von bestimmten Ar- Interspezifische Konkurrenz Konkurrenz ten innerhalb einer Lebensgemeinschaft. zwischen Arten (zum Beispiel um Lebens- Emission Ausstoß von Schadstoffen durch ei- raum). nen Verursacher. Intraspezifische Konkurrenz Konkurrenz zwi- Endemisch Bezeichnung für Pflanzen- und schen den Individuen einer Art zum Beispiel Tierarten, die nur in einem mehr oder weniger um Nahrung). natürlich abgegrenzten Gebiet und sonst nir- Jagdbezirk Für das Jagdausübungsrecht wird gends vorkommen. nach unserer Jagdgesetzgebung grundsätzlich Eutrophierung Anreicherung von Nährstoffen ein Jagdbezirk gefordert. Er besteht aus in einem Ökosystem. Grundflächen, die im Zusammenhang eine be- Fegeschaden Rindenverletzungen an jungen stimmte Größe aufweisen. Zu unterscheiden Bäumen und an Sträuchern durch das Fegen sind Eigenjagdbezirke, die sich im Eigentum und Schlagen mit dem Geweih der Hirsche einer Person befinden oder gemeinschaftliche und Rehböcke. Jagdbezirke, die einer Vielzahl von Eigentü- Fennoskandien Gebiet: Norwegen, Schwe- mern gehören. den und Finnland mit der Kola-Halbinsel, dem Jagdgenossenschaft Die Eigentümer der Onega-Gebiet und Russisch-Karelien. Grundflächen, die zu einem gemeinschaftli- Gebietsfremde Art Nach Begriffsbestimmung chen Jagdbezirk gehören, bilden eine Jagdge- in § 7 Bundesnaturschutzgesetz: „… eine wild nossenschaft. Die Jagdgenossenschaft ist lebende Tier- oder Pflanzenart, wenn sie in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. dem betreffenden Gebiet in freier Natur nicht Jagdschutz Umfasst den Schutz des Wildes oder seit mehr als 100 Jahren nicht mehr vor- insbesondere vor Wildseuchen, Futternot und kommt.“ Wilderei. Gesamtbruterfolg Bruterfolg aller Brutpaare, Karnivor Fleischfressend, sich räuberisch er- also auch der erfolglosen. nährend. Habitat Der Lebensraum einer Art. Kirrung Das gelegentliche Anlocken mit gerin- Hege Ziel der Hege ist es, landschaftsökolo- gen Futtermengen zum Zweck der Bejagung gisch und landeskulturell angepasste Wildbe- von Schwarzwild. Dabei muss das Futter so stände in günstigem Erhaltungszustand zu si- dargeboten werden, dass es anderem Scha- chern und zu fördern sowie die natürlichen Le- lenwild nicht zugänglich ist. bensgrundlagen zu erhalten und zu verbes- Landschaftsökologie Lehre von der Struktur, sern. Funktion und Entwicklung der Landschaft. Hegegemeinschaften Privatrechtliche Zusam- Schwerpunkt ist dabei, Abhängigkeitsverhält- menschlüsse von Jagdausübungsberechtigten nisse der Organismen und Lebewesen von ih- mehrerer zusammenhängender Jagdbezirke ren als Umwelt bezeichneten Standortfaktoren zur großräumigen Bewirtschaftung von Hoch- zu analysieren. wildbeständen, vornehmlich der Lenkung von Landschaftsplanung Raumbezogenes Pla- Bestandsdichten, des Altersaufbaus und des nungsinstrument auf gesetzlicher Grundlage, Geschlechterverhältnisses. zur Verwirklichung der Ziele von Naturschutz Heimische Art Nach Begriffsbestimmung in § und Landschaftspflege in besiedelter und un- 7 Bundesnaturschutzgesetz: ”... eine wild le- besiedelter Landschaft, gegliedert in Land- bende Tier- oder Pflanzenart, die ihr Verbrei- schaftsprogramm auf Landesebene, Land- tungsgebiet oder regelmäßiges Wanderungs- schaftsrahmenplan auf regionaler Ebene und gebiet ganz oder teilweise a) im Inland hat Landschaftsplan auf Ortsebene. oder in geschichtlicher Zeit hatte oder b) auf Monitoring Dauerhafte Beobachtung und natürliche Weise in das Inland ausdehnt; als Aufzeichnung verschiedener Parameter. heimisch gilt eine wild lebende Tier- oder Nachhaltige Nutzung Die Nutzung von Be- Pflanzenart auch, wenn sich verwilderte oder standteilen der biologischen Vielfalt in einer durch menschlichen Einfluss eingebürgerte Weise und in einem Ausmaß, die nicht zum Tiere oder Pflanzen der betreffenden Art im In- langfristigen Rückgang der biologischen Viel- land in freier Natur und ohne menschliche Hil- falt führen, wodurch ihr Potential erhalten fe über mehrere Generationen als Population bleibt, die Bedürfnisse und Wünsche heutiger erhalten.” und zukünftiger Generationen zu erfüllen (Rio- Herbivor Sich ausschließlich von Pflanzen er- Übereinkommen 1992). nährend. Naturnah Ohne direkten Einfluss des Men- Hochwild Hierzu gehört Schalenwild, außer schen entstanden, durch menschliche Einflüs- Rehwild, ferner Auerwild, Steinadler und See- se nicht wesentlich verändert; bei Enden des adler. Einflusses kaum Änderungen, selbstrege- Immissionen Luftverunreinigungen, Geräu- lungsfähig. sche, Erschütterungen, Strahlen und Wärme die in die Umwelt eingetragen werden.

149 Naturnahe Jagd Die Verwirklichung einer Rote Liste Offizielle Bilanz des Artenschwun- Jagd, die das Wild schützt, die Lebensräume des in der Bundesrepublik, von Fachwissen- erhält und verbessert sowie das Wild nachhal- schaftlern ständig überarbeitet. In den Roten tig und unter größtmöglicher Förderung der Listen werden alle heimischen Tier- und Pflan- biologischen Vielfalt nutzt. zenspezies aufgeführt, die im Bestand gefähr- Naturraum Physisch-geographische Raumein- det oder vom Aussterben bedroht sind. heit mit typischen Landschaften, Bio- und Schalenwild Umfasst die dem Jagdrecht un- Ökotypen. terliegenden wild lebenden Paarhufer. Naturschutz Gesamtheit der Maßnahmen zur Sukzession Vom Menschen unbeeinflusste Erhaltung und Förderung von Pflanzen und Tie- Abfolge von Vegetationsstadien, die einem dy- ren wildlebender Arten, ihrer Lebensgemein- namischen Prozess unterliegen. Sukzession schaften und natürlichen Lebensgrundlagen führt in Schleswig-Holstein auf nahezu allen sowie zur Sicherung von Landschaften und Standorten langfristig zu Wald. Landschaftsteilen unter natürlichen Bedingun- Teilbruterfolg Bruterfolg aller erfolgreichen gen. Brutpaare, die also mindestens einen Jungvo- Naturverjüngung Verjüngung des Waldes gel aufgezogen haben. durch Samenfall von Mutterbäumen und nicht Tümpel Flaches dauerhaftes, aber einer zeit- durch Pflanzung. weiligen Austrocknung unterworfenes Stillge- Naturwald Waldflächen, die sich selbst über- wässer ohne Tiefenzone bis ein Hektar Größe. lassen bleiben und in denen keine forstliche Mindestgröße 25 Quadratmeter. Nutzung mehr stattfindet. Verbissgehölze Sammelbezeichnung für alle Niederwild Alles Wild, das nicht zum Hoch- Strauch- und Baumarten, deren Knospen und wild zählt. Triebe mit Vorliebe von Schalenwild, Hase und Ökologie Wissenschaft vom Stoff- und Ener- Wildkaninchen geäst oder geschält werden giehaushalt der Biosphäre bzw. ihrer Unterglie- und die aufgrund ihres hohen Wiederaus- derungen ( z.B. Ökosysteme ) sowie von den schlagvermögens alljährlich wieder rasch und Wechselwirkungen ihrer Bewohner unterei- reichlich ausschlagen. nander und mit ihrer abiotischen Umwelt. Weidgerechtigkeit Ein historisch entwickelter Ökosystem Funktionelle natürliche Einheit der Sammelbegriff für alle Bestimmungen zur Si- Biosphäre als Wirkungsgefüge aus Lebewe- cherung einer ordnungsgemäßen und tier- sen, unbelebten natürlichen und vom Men- schutzgerechten Jagd und für alle Regeln, die schen geschaffenen Bestandteilen, die unter- das einwandfreie Beherrschen des Jagdhand- einander und mit ihrer Umwelt in energeti- werks und die ethische Einstellung des Jägers schen, stofflichen und informatorischen Wech- zum Mitmenschen und zum Tier betreffen. selwirkungen stehen. Weiher Nicht austrocknendes flaches Stillge- Population Gesamtheit der Individuen einer wässer, auch schwach durchflossen, ohne Tie- Art mit gemeinsamen genetischen Gruppen- fenzone mit der Verlandungsvegetation eines merkmalen innerhalb eines bestimmten Rau- stehenden Gewässers. Mindestgröße 25 Qua- mes. dratmeter. Prädator Fressfeind, Beutegreifer. Wildtierkataster Ermittlung und Dokumentati- Raubwild Alle dem Jagdrecht unterliegenden on der Verbreitung und der Populationsgrößen Beutegreifer. von frei lebenden Wildtieren und deren Le- Reviersystem Jagdrechtliche Ordnung, wo- bensräumen. nach die Jagd nur in Jagdbezirken ausgeübt werden darf, d.h. auf zusammenhängenden Grundflächen, die eine bestimmte Mindest- größe aufweisen. Vorteil des Reviersystems ist die örtliche Zuständigkeit und Verantwor- tung der Jagdausübungsberechtigten für ihr Revier, die beim Lizensjagdsystem (zum Bei- spiel in den USA) nicht gegeben ist.

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