Zur Diffluenz Des Wurmeiszeitlichen Rheingletschers Bei Sargans Und Die Spätglazialen Gletscherstände in Der Walensee-Talung Und Im Rheintal

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Zur Diffluenz Des Wurmeiszeitlichen Rheingletschers Bei Sargans Und Die Spätglazialen Gletscherstände in Der Walensee-Talung Und Im Rheintal Zur Diffluenz des wurmeiszeitlichen Rheingletschers bei Sargans und die spätglazialen Gletscherstände in der Walensee-Talung und im Rheintal Herrn Prof. Dr. E. KUHN-SCHNYDER zum 65. Geburtstag Von RENE HANTKE, Zürich Die Anlage der Talgabelung von Sargans Zu den eindrücklichsten Talbildungen der Ostschweiz gehört die Talgabelung von Sargans. Ihre Anlage ist eiHerseits tektonisch vorgezeichnet, anderseits bedingt durch die unterschiedliche Erosionsresistenz schräggestellter Sedimentgesteine. Während das Sankt Galler Rheintal sich zwischen den flexurartig abtauchenden helvetischeH Decken und dem westlichen Erosionsrand der penninischen und ostalpi- nen Decken ausbildete, entwickelte sich die Seez-Walensee-Talung längs des südwest- lichen und südlichen Erosionsrandes der helvetischeH Jura-Kreide-Teildecken. Diese lösten sich von ihrem Substrat, der VerrucaHo-Kuppel, fuhren als Gleitbretter ab und legten sich dabei in disharmonische Falten. Durch das pliozäne Entwässerungssystem wurdeH die strukturell aHgelegten Tal- furchen bereits unmittelbar nach der mise-en-place der Helvetischen DeckeH weiter ausgeprägt und vertieft. Dabei lag die Wasserscheide zwischen Rheintal und WaleH- see zunächst zwischen Prodchamm und Sichelchamm. Schils, Cholschlagerbach und Seez waren damals noch dem RheiH tributär. Im Laufe des Quartärs wanderte die Wasserscheide sukzessive seezaufwärts. Zu- nächst wurden Schils und Berschnerbach mit ihren Zuflüssen aHgezapft und zu seitli- chen Quellästen der WaleHsee-Talung. Später wurde der Pass zwischeH Guscha uHd Stralegg geschleift, so dass der Röllbach ebenfalls dem WaleHsee zustrebte. Chol- schlag- und WeisstanHental dagegen haben sich Hoch in der letzten ZwischeHeiszeit dem Rhein zugewendet. Die heute praktisch ebensohlige Talgabelung von Sargans mit einer Wasserscheide bei Mels von nur wenigen Metern ist damit erst das Werk des wurmeiszeitlichen Rhein- gletschers. Wahrscheinlich dürfte die Seez im ausgehenden Spätglazial – Hiiüdestens kurzfristig – zum Rhein abgeflossen sein. Erst die Schüttung ihres eigenen Schutt- fächers liess sie schliesslich ihren heutigeH Lauf Hach NW in den Walensee nehmen. 102 Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1970 Problemstellung Während bisher an der wurmeiszeitlichen Talgabelung von Sargans stets mit einem bedeutenden Abfluss von Rhein-Eis durch die Walensee-Talung ins Linth-System gerechnet wurde und dieser Eisabfluss im Zürichsee-Limmattal, besonders jedoch im Glattal und im Pfäffikersee-Kämttal, seit ARN. ESCHER (1852a: 512, 1852 b : 25, 1852 ) und ALB. HEIM (1919: 218) auch durch zahlreiche Erratiker aus dem Einzugsgebiet des Rheingletschers belegt ist, hat F. SAXER (1964) – aufgrund von Verrucano-Erra- tikern auf der N-Seite des Walensees und auf der E-Seite der Linthebene bis auf den Ricken und des dort starken Zurücktretens von Leitgesteinen des Rheingletschers – darzulegen versucht, dass der Abfluss von Rhein-Eis durch die Walensee-Talung nur sehr geriHg war, etwa 2-3%. Ebenso gingen die Auffassungen über die Höhe des Rheingletschers zur Zeit des würmeiszeitlichen Maximalstandes stark auseinander, so dass sich auch in dieser Hin- sicht eine Überprüfung aufdrängte. Ferner galt es dem Mechanismus des spätwiirmeis- zeitlichen Eisabbaues vermehrte Aufmerksamkeit zu schenken und in beiden Tal- systemen Hach Belegen allfälliger, zeitlich sich entsprechenden EisrandlageH zu su- chen. Die wurmeiszeitliche Oberfläche des Rheingletschers Über die Eishöhe des Rheingletschers und seiner Zuflüsse liegen im weiteren Be- reich von Sargans, im Churer und SaHkt Galler RheiHtal sowie in der Walensee-Ta- lung eine Anzahl eindeutiger Anhaltspunkte vor. Aus der Gegend SW voH Chur hatte bereits FRIEDRICH VON SALIS (1875: 462) Granit- uHd «Saussurit» (= Saussurit-Gabbro)-Erratiker auf den Spundisköpfen, auf der Scheider Alp (SW des Dreibündensteins) auf rund 1900 m und auf dem Mali- xerberg – dem Grat W von Malix – gar in 1960 m Höhe beobachtet. Auf Alp da Veulden konnte ein Juliergranit-Block in 1960 m und ein kleiner Chlorit-Graphit- schiefer in 1980 m gefunden werden. Ein Albula- und ein weiterer Juliergranit auf Alp dil Plaun in 1965 m und in 1980 m bekunden, dass noch Rhein-Eis über den Sattel zwischen Tgom Aulta und Dreibtindenstein floss. CHR. TARNUZZER (1898: 16) fand Gneiss-Erratiker auf dem Churerjoch auf 2037 m, während TH. GLASER (1926: 26) eineH Findling auf Alp Scalottas in 2093 m und eineH weiteren auf dem Crap la Pala, beide W der LeHzerheide, in 2150 m Höhe entdeckt hatte. Auf dem N-Grat der Calanda-Kette liegt der höchste kristalline Block neben der Hütte der Alp Maton auf 1757 m (J. OBERHOLZER 1933: 478). Ungefähr 1 km NNE der Alp Salaz W von Landquart zeichHete er (1920) einen weiteren Findling bei P. 1816 ein. E. WEBER (in R. HELBLING, 1948) gibt beim Älpli «Moräne» auf 1790 m an. Als höchstgelegene Rhein-Erratiker gelten in der Calanda-Kette der Block- schwarm von grobklastischem Ilanzer Verrucano, den OBERHOLZER (1933: 477) vom SW-Ende, vom Taminser Älpli, in einer Höhe von 2050 m erwähnt hatte, sowie der E der CalaHdahütte auf 2020 m gelegene Block (OBERHOLZER, 1920). Damit dürfte der wurmeiszeitliche Rheingletscher im Raume voH Chur bis auf 2000 m hinaufge- reicht haben. Jahrgang 115 R. HANTKE. Diffluenz des wurmeiszeitlichen Rheingletschers 103 Im Raum von Sargans reichte der Rheingletscher im Würm-Maximum bis auf 1750 in. Die höchsten Erratiker – Blöcke von Melser-Sandstein – finden sich bei P. 1753.4 SSW von Mels. Der 1829 m hohe Gonzen ragte als Nunatakkr ungefähr 80 m aus dem Eis empor; dagegen wurde der Sattel P.1668 zwischen Gonzen und Tschug- gen noch vom Würm-Eis überflossen, ebenso derjenige NNW des Tschuggen; P.1702.6 ist als Rundhöcker zu interpretieren. Während A. FAVRE (1884) die höchsten Erratiker am Gonzen in 1350 m angibt, hätte die würmeiszeitliche Gletscheroberfläche über Sargans nach H. JÄCKLI (1962) bis auf über 1900 m h inauf gereicht, wogegen A. PENCK (in PENCK und BRÜCKNER, 1909: 427) mit einer Eishöhe von 1700 m den beobachtbaren GegebeHheiten schon recht nahe kam. Für den Abschnitt Chur–Sargans ergibt sich somit ein mittleres Gefälle des wurm- eiszeitlichen Rheingletschers von 100/00. Im Seeztal reichte das durch die Walensee-Talung abfliessende Rhein-Eis bis auf die Terrasse von Castilun ENE von Flums, wo ARN. HEIM und J. OBERHOLZER (1917; HEIM, 1917: 652; OBERHOLZER, 1933: 478) auf 1640 m – neben einem Verru- canoblock – den höchsten kristalliHen Bündnerblock des Seeztales antrafen. Auf der stärker verfirnten Schattenseite liegen die höchsten Kristallinblöcke im Hinter Wald S von Sargans auf 1500 m, ein Nummulitenkalkblock auf 1520 m. Dagegen stellte OBERHOLZER (1933: 478) S von Mels Rheinmoräne bis 1600 m hinauf fest. Auf Klein- bergalp (Wildenberg LK) S von Flums liegt der höchste kristalline Bündnerblock W des Kurhauses auf 1450 m. Am östlichen Ausgang des Murgtales beobachtete W. RYF (1967, mündliche Mitteilung) Rhein-Erratiker bis gegen 1400 m Höhe. In der GegeHd um AindeH hatte bereits ARN. ESCHER (1854: 120a) einen SerHifit und einen Rhein-Erratiker nur 25 m unter der unteren Furggle gegen deH Flibach auf 1330 m entdeckt. ARN. HEIM (1917: 652) fand weitere, so Puntegliasgranite auf dem Gipfelplateau des Kapf E voH Ainden in 1280-1290 m; einen Block vermerkte er auf dem Haselboden, am Weg zum Speer, auf 1230 m. Sie alle belegen nur eine Mindest- Eishöhe und zugleich die Grenze zwischen Lokal- und Rhein-Eis. Wie schon HEIM (1917: 652) dargelegt hat, dokumentieren die höchsten Rhein- Erratiker häufig nicht die oberste Grenze der Eisbedeckung. Durch den Zustrom von Lokaleis wurde sie heruntergedrückt: In der Amdenermulde gehen Moränen mit RheiHgletscher-Geschieben nach oben allmählich in LokalmoräHe über. Am Flibach NE von Weesen liegt noch bei 920 m Speermoräne über Rheinmoräne. An den weni- gen Stellen, wo eine Wallform ausgebildet ist, verläuft deren Scheitel in Richtung, des zufliessenden Lokalgletschers. HEIM (1907,1917) schied daher vorsichtig nicht «RheiHgletschermoräneH», sondern «Moränen mit Rheingletschergeschieben» aus. Auf den Molasserippen im Taldurchbruch von Ziegelbrücke finden sich die höchsten Spuren – rundhöckerartige EisüberpräguHg und Erratiker von Speer-Nagel- fluh – auf Alp Naten bis 1350 m, N der Alp Schwanten bis 1320 m. Unmittelbar nach dem Taldurchbruch stellt sich die höchste Moräne auf rund 1300 m ein. Umgekehrt ver- lieren sich dort die seitlichen Wallmoränen eines kleinen Kargletschers auf 1330 m. Zwischen Sargans und Ziegelbrücke betrug damit das mittlere Gefälle des Walen- seearmes 13,5°/oo. 104 Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1970 Im vorderen Linthtal bezeichnet eine Anzahl Sernifitblöcke oberhalb des Gross- berges E von Netstal auf 1350 m den obersten Rand des Linthgletscher-Schuttes (OBERHOLZER, 1933: 474). Besonders ausgeprägt sind die Spuren der Eisüberprägung auf der Sunnenalp NW von Näfels, wo sie am Gugger bis 1358 m hinaufreichen. Über Glarus ist die Eishöhe in rund 1500 m anzunehmen (OBERHOLZER, 1933: 472). Beim Bodensee-Rheingletscher lag die Eishöhe im Transfluenzbereich ins obere Toggenburg – aufgrund der Schmelzwasserrinne Älpli-Rossboden SSE von Wild- haus und der bis ins Gräppelental verfrachteten Rhein-Erratiker – in 1460-1480 m. Am N-Grat der Drei Schwestern konnten Findlinge bis auf 1500 m festgestellt werden (A. PENCK in PENCK und BRUCKNER, 1909: 427), während A. E. FORSTER (in PENCK und BRUCKNER, 1909: 427) und H. W. SCHAAD (1925: 30) am SW-Ausläufer des Hohen Freschen, am Alpwegkopf, Erratiker noch bis 1300 m, SCHAAD
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