Laboratorium Kunstlexikon

Institut für Kunstort aktuelle Kunst Pachten im Dillingen/Saar

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Laboratorium

Institut für aktuelle Kunst im Saarland

Kunstlexikon Saar

Kunstort Pachten Dillingen/Saar Vorwort Michaela Mazurkiewicz-Wonn

Die kulturelle Bedeutung einer Stadt oder einer Region ist genauso hoch wie die Qualität des historischen Bodens, auf dem sie gewachsen ist. Was sich heute als aktuell darstellt, ist aus dem Gestern entstanden und wird morgen Geschichte. Und wenn diese fruchtbar war, stellt sie die Grundlage dar, auf der sich jedes Heute, jede Kultur der Gegenwart überhaupt erst entwickeln kann. Die Großregion an der Saar ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie nach- haltig die Geschicke der Vergangen- heit Lebensart und Erscheinungsbild eines Landes prägen.

Es ist an uns, diese Zeugnisse der Geschichte zu bewahren und im Bewusstsein der Nachfolgenden lebendig zu erhalten. Im Zuge dieser Verantwortung hat sich das Institut für aktuelle Kunst die Aufgabe ge- stellt, die kulturhistorische Entwick- lung unserer Region am Beispiel des Dillinger Stadtteils Pachten näher zu beleuchten.

4 Hier, auf dem Gebiet der einstigen Sie sind elementare Bestandteile un- Römersiedlung „Vicus Contioma- seres ‚kulturellen Erbes‘, welches das gus“, flossen – über Jahrhunderte Identitätsbewußtsein der Menschen hinweg und dem Lauf der Ge- nach innen und außen prägt.“ schichte folgend – unterschiedliche kulturelle Strömungen zusammen. Einen wichtigen Beitrag zur Aufarbei- tung der in diesem Zusammenhang gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse stellt der von Gertrud Schmidt erstellte Katalog dar, der 1990 anlässlich der Eröffnung des Museums Pachten erschienen ist. „Im Verlaufe ihrer fünftausendjäh- rigen Kulturgeschichte ist unsere Region immer wieder eine Drehschei- be der Völker gewesen“, schreibt der ehemalige Landrat des Land- kreises , Dr. Peter Winter, im Vorwort. Trotz der zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen haben sich „die verschiedenen Kul- turen meist ergänzt, befruchtet und bereichert. Eine Fülle von Bodenfun- den und Kulturdenkmälern belegen dies und halten die Epochen von der Antike bis zur Neuzeit gegenwärtig.

5 6 7 Kastell Pachten, Rekonstruktion, 1983

8 Das historische Pachten Michaela Mazurkiewicz-Wonn

Der Name des Dillinger Stadtteils Nicht weit davon ermöglichte eine Pachten ist untrennbar mit der rö- Furt den Übergang über die Saar. mischen Vergangenheit der Region Somit entsprach die Siedlung ganz im mittleren Saartal verbunden. dem Typus eines antiken „Vicus“, Etwa um das Jahr 300 n. Chr. der in der Regel an verkehrsgüns- wurde hier, nahe der Mündungen tigen Punkten wie Straßenkreu- von Prims und Nied in die Saar, zungen oder Flussübergängen ein römisches Kastell angelegt. Es zu finden war. Auch sicherte diente der Sicherung einer seit dem sein Standort – in unmittelbarer 1. Jahrhundert n. Chr. bestehen- Nachbarschaft zu den fruchtbaren den gallo-römischen Siedlung, des Tälern von Prims und Nied und „Vicus Contiomagus“. Die Über- umgeben von bewaldeten Höhen reste der dorfähnlichen Niederlas- – die Existenz der dort ansässigen sung gehören neben denen von Bewohner. Saarbrücken-Halberg, Homburg- Schwarzenacker, Bliesbruck-Rein- Natürlichen Schutz bot zudem der heim und Tholey-Wareswald zu nahe gelegene Limberg, ein lang den eindrucksvollsten Zeugnissen gestrecktes Bergmassiv, das sich römischer Kultur an der Saar. gegenüber der Einmündung der Prims über dem Saartal erhebt und bereits in der frühen Eisenzeit Lage und Bedeutung des Vicus zu einer Wallanlage ausgebaut Der von Landwirtschaft, Handwerk worden war. und Handel geprägte Marktort „Contiomagus“ entstand an der Alles in allem erwies sich das Areal Schnittstelle der Fernstraßen – am Fuße des Limbergs aufgrund und Straßburg–. seiner günstigen Lage und

9 auf keltische Kultur und Lebensart. Funde aus der späten Latènezeit belegen die Anwesenheit gallischer Siedler. Naturgemäß blieb der Einfluss der fremden Besatzer nicht ohne Folgen, und so kam es im Laufe der Jahrhunderte zur Ausbildung einer Mischkultur

Freilegung der Sitzsteine des Kulttheaters in gallo-römischer Prägung. Insge- den Kastellfundamenten samt entwickelte sich Contiomagus unter der römischen Herrschaft zu landschaftlichen Einbettung als ge- einem florierenden Zentrum, das radezu prädestiniert für eine dauer- durch die Einbindung in ein straffes hafte Ansiedlung. Diesen Umstand Verwaltungssystem und den wussten schon die seit etwa dem Anschluss an die großen Handels- 5. Jh. v. Chr. im Saarland nachweis- straßen im 1. und 2. Jh. n. Chr. zu baren Kelten zu nutzen, lag doch voller Blüte gelangte. Als „lokales die Ortschaft Contiomagus – unter Zentrum mit Markt und Tempel der Herrschaft von Kaiser Augustus war der Vicus Treffpunkt für die in den Verwaltungsbereich der Bevölkerung der Umgebung, die Provinz Belgica eingegliedert – im hier Geschäften, religiösen Pflichten Grenzgebiet zweier Volksstämme und ihrem Vergnügen nachging“ gallisch-keltischen Ursprungs: Der (Schmidt, S. 20). Auch unterge- Mediomatriker und der Treverer mit ordnete Behörden waren hier wohl ihren Zentren Metz und Trier. ansässig. Grabungen gaben Reste einer ausgedehnten römischen Demnach trafen die Römer, die Zivilsiedlung frei, die mit Gutshöfen, nach der Unterwerfung Galliens Wohn­häusern, Werkstätten, einem durch Julius Caesar (58-51 v. Chr.) Tempel, vielleicht sogar mit einer im Laufe des 1. Jh. n. Chr. auch weiteren Tempelanlage und einem ins mittlere Saartal vorrückten, Kulttheater ausgestattet war.

10 Auch entdeckte man zahlreiche Mit den Franken, die ab der ­Begräbnisstätten, darunter ein zweiten Hälfte des 5. Jh. n. Chr. in Brandgräberfeld, das zu den das Land an der Saar nachrückten, ­größten im südwestdeutschen brach ein neues Zeitalter an. Dieses Raum zählt. In der zweiten Hälfte hinterließ auch in und um Pachten des 4. Jh. n. Chr. kam dem sichtbare Spuren. Funde und Vicus noch eine zusätzliche, Grablegungen aus der Merowin- nämlich ­strategische Bedeutung gerzeit deuten darauf hin, dass zu; und zwar galt es, Straßen das ehemalige Contiomagus noch und Fluss­übergänge gegen über den Untergang des römischen die von Osten her vorrückenden Vicus hinaus, spätestens seit dem Germanen zu schützen. Bereits 7. Jh. n. Chr., wieder besiedelt war. ­gegen Ende des 3. Jh. n. Chr. Der heutige Name der Ortschaft, (275/76) war es zu heftigen „Pachten”, lässt sich bis ins ­Übergriffen seitens einfallender 12. Jh. n. Chr. zurückverfolgen. ­Franken und Alamannen gekom- Als „Pahta“ taucht er erstmals in men. Doch es war ganz offen- einer Urkunde des ­Trierer Bischofs sichtlich gelungen, den Vicus trotz Albero von Montreuil­ (1131-1152) erheblicher Zer­störungen wieder auf. 1757 erwähnt der Augusti- aufzubauen. Nun sollte ein Kastell nermönch Dom Calmet in seinem den herandrängenden Feinden Beitrag zur „Histoire de Lorraine“ ­Einhalt gebieten und die römische eine in der Nähe der Stadt Saarlouis Vorherrschaft in der Region gelegene Ortschaft mit Namen ­verteidigen. Die Wehranlage „Paten“. wurde wahrscheinlich Anfang des 4. Jh. n. Chr. im Nordwesten der Ansiedlung, möglicherweise über einem ehemaligen Tempelkomplex, errichtet und hatte – so wird ver­ mutet – noch bis um die Wende vom 4. zum 5. Jh. n. Chr. Bestand.

11 Grabungsgeschichte – Erste Kastellgrabung – Mitte/Ende 19. Jahrhundert Ende 1890er Jahre. Das Wissen um die römische Ver- Zweite Kastellgrabung – gangenheit Pachtens reicht bis in 1930er Jahre die Mitte des 19. Jh. zurück. Erste Die Ausführungen von Phillip Ausgrabungen römischer Funde in Schmitt dienten als Grundlage für den 1840er Jahren, bei denen man nachfolgende Untersuchungen und auch den so genannten „Merkur- weckten das allgemeine Interesse an stein“ entdeckte, gehen aus den der römischen Vergangenheit des handschriftlichen Aufzeichnungen Ortes. Dies führte noch im des Saarlouiser Notars Nicolas 19. Jh., vor allem aber im 20. Jh. Motte („Manuscrit tiré des archives zu gezielten Maßnahmen. Im Zuge mêmes de Sarrelouis et de ses envi- der Entdeckung einiger während rons“) hervor. Etwa um die gleiche der Abrissarbeiten der alten Kirche Zeit kam mit den Untersuchungen (1891) aufgefundener römischer des Altertums- und Heimatfor- Steindenkmäler kam es Anfang der schers Phillip Schmitt (1805-1856) 1890er Jahre zu ersten größeren die systematische Erkundung des Grabungen, die vom Trierer Landes- antiken Pachten in Gang. Schmitt, museum zunächst unter der Leitung der zwischen 1833 und 1848 von August Ebertz durchgeführt Pfarrer in Dillingen war und mit wurden. Dabei entdeckte man Nicolas Motte in Verbindung stand, (1893) innerhalb eines Areals, das stieß bei seinen Nachforschungen u. a. Teile der Fischer-, Brunnen-, auf weitere Einzelfunde sowie ­Jakob- und Karlstraße umfasst, Spuren römischer Bebauung in und Mauern eines spätrömischen um Pachten. Seine Beobachtungen Kastells. legte er in dem 1850 erschienenen Buch „Der Kreis Saarlouis und In den 1930er Jahren wurden die seine nächste Umgebung unter den Grabungen auf diesem Gelände un- Römern und Celten“ nieder. ter Erich Gose wieder aufgenommen.

Kastellturm und Holzbrücke , Rekonstruktionen im Römerpark 12 13 Die von ihm 1936 erstellte Re­ konstruktionszeichnung lässt einen rechteckigen Grundriss er­ kennen. Vier quadratische Türme markieren die Ecken des einstigen, 133,70 m x 152,10 m großen Militärlagers.

Gräberfunde – 1950-2009 Ausgrabungen größeren Umfangs zog auch die zufällige Entdeckung eines römerzeitlichen Bestattungs- platzes nach sich, auf den man 1950 bei Bauarbeiten im Bereich der heutigen Margarethenstraße

Römische Brandgräber – im Südosten der dorfähnlichen Anlage – gestoßen war. Die ausge- dehnte Nekropole, von Fachleuten als das „größte gallorömische Römischer Grabstein Brandgräberfeld im Saarland“ (Kell, S. 7) anerkannt, wurde zwischen 1950 und 1953 vom Staatlichen Konservatoramt in Saarbrücken unter der Leitung von Josef Keller und Alfons Kolling und noch einmal, im Jahre 1960, unter Reinhard Schindler ergraben. Ins- gesamt legte man dabei weit über 500 Bestattungen frei.

14 Neben der Nekropole in der Mar- garethenstraße lassen sich in und um Pachten noch weitere histo- rische Ruhestätten nachweisen. So etwa das Gräberfeld auf der Pachtener Heide, das noch in die Eisenzeit (Spätlatènezeit) zurück- reicht oder der Römer-Friedhof in der Brühlstraße aus der Frühzeit des Vicus Contiomagus. Erst vor Kurzem, im Jahre 2009, entdeckte man auf dem Gelände der Dillinger Hütte eine weitere gallo-römische Grabstätte. Aus der jüngeren Sied- lungszeit stammen die römischen und fränkischen Gräber auf der „Steinritsch” sowie die merowin- gischen Körperbestattungen, die 1891 bei Abrissarbeiten im Bereich der Pachtener Kirche zutage kamen. Dort wurden Ende des 19. Jh. auch römische Gräber aufgespürt. Fränkische Körper-Doppelbestattung aus Rammelfangen

Siedlungsgrabungen und 3. Kastellgrabung – 1960er Jahre Im Rahmen einer gezielten ­Siedlungsgrabung, die das ­ Staatliche Konservatoramt Saarbrücken unter der Leitung

15 von Reinhard Schindler und mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft zwischen 1961 und 1963 im Anschluss an die Untersuchungen des Gräberfeldes an der Margarethenstraße durchführte, konnte man die wesentlichen Fun- damente des ehemaligen Vicus und seiner näheren Umgebung frei legen. Diesen zufolge werden die Grenzen der vormaligen Ortschaft „etwa durch die Kirche im Norden, die Neustraße im Osten, die Brühlstraße im Süden und die Wilhelmstraße im Westen gebildet“ (Glansdorp, S. 26). Innerhalb des dicht bebauten Areals hat man um die 60 bis 80 Häuser nachgewiesen. Die Werkstätten der Handwerker befanden sich am westlichen Siedlungsrand. Gesichert ist im Bereich der Brühlstraße ein Töpferviertel aus spätrömischer Zeit. Brennöfen, Trockenschuppen und Verkaufsstände gehörten zur Ausstattung. Unweit davon – im heu- tigen Antoniusweg – ließ sich eine Buntmetallgießerei ausmachen. Darüber hinaus lieferten die Gra- bungen der frühen 1960er Jahre nähere Erkenntnisse über Alter und Aufbau des einstigen Kastells.

16 So könnte der Fund einer aus der Kastellmauern vermutet. Die Annah- Zeit zwischen 293 und 306 n. Chr. me stützt sich auf entsprechende stammenden Münze als Beleg für Fundamentfunde – möglicherweise die Entstehung der Verteidigungs- Überreste eines zweiteiligen, aus anlage in konstantinischer Zeit Umgangstempel und Monopteros gewertet werden. Diskutiert wird bestehenden Tempelbezirks. Über die Anordnung der Zwischentürme. die Funktion des Kastells als Wehr- Während Gose von jeweils drei anlage hinaus hält Edith Glansdorp Stück pro Seite ausging, ergibt sich (Vortrag Glansdorp am 11.10.2013) aus den Forschungsgrabungen der eine Nutzung des Baukomplexes als Jahre 1961-63 ein etwas anderes Lagerplatz für die auf dem Wasser- Bild. Diesem zufolge war das Kastell weg antransportierte Verpflegung – so zeigt es der neu ausgearbeitete der stationierten Soldaten für durch- Kastellplan von Karl-Josef Gilles – an aus denkbar. der Nord- und an der Südseite mit je zwei Zwischentürmen bestückt. Ost- Die noch vorhandenen, teilweise sowie West­seite hingegen wiesen über den Fundamenten älterer jeweils vier Zwischentürme auf, zu- Bauten errichteten Siedlungsreste mal dort vermutlich­ die Toreingänge datieren zum größten Teil in die des Lagers zu lokalisieren sind. Zur Periode nach dem Wiederaufbau Fundamentierung der Wehranlage des Vicus. Sie verweisen demnach verwendete man mit Inschriften in das 3. und 4. Jh. n. Chr. und do- versehene Sandsteinblöcke, die kumentieren den soliden Wohlstand entweder als vormalige Schwellen der ehemaligen Römerkolonie. „Die zur Abgrenzung von Verkaufsstän- Römer, die ins Land kamen, waren den oder als wieder verwendete meist Beamte, Kaufleute und Solda- Sitzsteine eines älteren Kulttheaters ten. Wenn die Soldaten ausgedient gedeutet werden könnten. Letzteres hatten, ließen sie sich als Veteranen gehörte vielleicht zum Bestand eines auf dem Gute nieder, das ihnen niedergelegten gallo-römischen zur Belohnung für treue Dienste Kultplatzes, den man innerhalb der übereignet worden war.

17 S. 18/19: Museum Pachten 18 19 Die Nationalrömer blieben gegen- Museum Pachten über der einheimischen Bevöl- Detaillierte Einblicke in das Leben kerung in der Minderheit, doch in römischer Zeit gewährt das 1990 ­bildeten sie wohl im allgemeinen eröffnete Museum für Vor- und die Oberschicht“ (Lehnert, S. 35). Frühgeschichte des Landkreises Die gut gestellten Bürger wohn- Saarlouis und Heimatmuseum ten in der Regel in geräumigen Pachten in der Fischerstraße. Über Häusern mit roten Ziegeldächern, zwei Etagen hinweg lassen die verglasten Fenstern und Hypo­ überwiegend aus dem 3. und 4. Jh. kaustheizungen. Das Innere war n. Chr. stammenden Funde – Kera- mit farbig verputzen Wänden mikwaren, Statuetten, Glasgefäße, und Gebrauchsgegenständen Gerätschaften, Werkzeuge, Waf- aus Keramik, Glas und Metall fen, Münzen, aber auch Steindenk- ausgestattet. mäler und Statuen – die römische Vergangenheit Pachtens lebendig Zugangswege zur römischen Sied- werden. lung wurden in den 1980er Jahren bei Ausbauarbeiten im Rahmen Sogar das Bruchstück eines mit der Kanalisierung der Saar ent- Swastikamotiven (Hakenkreuzen) deckt. 1983 fand man auf einer verzierten Mosaikfußbodens sowie Sandbank mehrere Eichenpfähle. Reste einer hölzernen Wasser- Die Jahrhunderte alten Holzstüt- leitung zählen zum Bestand. Die zen könnten auf die Existenz einer letztgenannten Exponate wurden um 244 n. Chr. errichteten Brücke außerhalb des ehemaligen Vicus, hindeuten, die einen bequemen in den Ruinen der so genannten Übergang über die Saar ermög- „Villa Hylborn“ entdeckt – einer in lichte. Zwei Jahre später entdeckte den 1970er Jahren an der Straße man Reste einer von der Saar von Dillingen nach Beckingen aus in Richtung Kastell und Sied- freigelegten römischen Anlage. lung führenden Straße aus dem Mit der Errichtung des ehemaligen, 2. Jh. n. Chr. aus fünf Häusern bestehenden

20 Teilstück eines Mosaikfußbodens aus der „Villa Hylborn“

21 Contiomagusstein Merkurstein

Gebäudeensembles – das schon in dessen Inschrift der Name des den Aufzeichnungen des Heimat- antiken Ortes abgeleitet wird. forschers Phillip Schmitt beschrie- Das 66 x 45 x 28 cm große, in ben ist – wurde noch in keltischer graugelben Sandstein gehauene Zeit (1. Jh. v. Chr.) begonnen. Der Weihedenkmal, das laut Inschrift Ausbau des gesamten Komplexes zu Ehren der Göttin Pritona und reichte bis ins dritte nachchristliche „zum Heile der Bewohner von Jahrhundert (234 n. Chr.) hinein. ­Contiomagus“ geschaffen wurde, Nicht eindeutig klären lässt sich die kam im Zuge der 1955 durchge- Frage nach der Nutzung der An­ führten Kastellgrabungen zum lage, die entweder als private Villa Vorschein. Über dem Sockel ist oder als Kultstätte (Quellheiligtum) ein stark fragmentiertes Relief gedient haben mag. zu erkennen. Es zeigt die in der Inschrift erwähnte Göttin, die, auch Zu den wertvollsten Exponaten des unter dem Namen Ritona bekannt, Hauses – ausgestellt im Lapidari- bei den Kelten als Beschützerin um des Untergeschosses – gehört von Furt und Fluss verehrt wurde. der sog. „Contiomagusstein“ von Der Name „Contiomagus“ lässt

22 unterschiedliche Interpretationen zu. So hat man lange Zeit ange- nommen, dass sich die Benen- nung des an einer Flussmündung gelegenen Marktorts aus dem römischen „contio“ (= Zusammen- fluss) und dem keltischen „magos“ (= Marktort) zusammensetzt. Den Erkenntnissen des saarländischen Mediävisten und Namensforschers Wolfgang Haubrichs folgend, geht man mittlerweile jedoch davon aus, dass das Wort „contio“ als keltischer Eigenname zu deuten ist. Demnach würde die korrekte Über- setzung „Marktort des Contios“ lauten. Merkur, Bronzestatuette

Ebenso wie der Contiomaguss- tein entspricht der „Merkurstein“ dem antiken Brauch, den Göttern – etwa aufgrund eines Gelübtes – Weihedenkmäler zu stiften. Man fand die 39 x 23 x 10 cm große, aus weißem Sandstein gefertigte Gedenktafel, die schon in den Aufzeichnungen von Nicolas Motte Erwähnung findet, im Jahre 1847 beim Pflügen auf der Pachtener „Nachtweide“. Sie wurde, so besagt es die Inschrift, von den

23 „Kolonen von Crutisio durch Dan- nus Giamillus“ errichtet. Da sich der Begriff „Kolonen“ auf von einem Grundherrn abhängige Bauern be- zieht, wird ein ehemaliger Gutshof in der Nähe des Fundorts vermutet.

Als weiterer Beleg für die Merkur-

Tierdarstellungen verehrung im antiken Pachten lässt sich eine 1961 beim Ausheben einer Pflanzgrube in der Nachts- heimstraße gefundene Kleinplastik anführen. Die zierliche, 13,8 cm hohe Bronzestatuette datiert in die Zeit der Wende vom 2. zum 3. Jh. n. Chr. Sie ist mit den charak- teristischen Attributen des Gottes Merkur, einem gefüllten Geldsack und einer Flügelhaube, versehen. Der ursprünglich mit der linken Hand umschlossene Hermesstab ging im Zuge der Zeit verloren. Haltung und Aufbau der jugendlich anmutenden Gestalt verraten die Orientierung an antiken Vorbildern: Stand- und Spielbein korrespondie- ren miteinander in der klassischen Haltung des Kontraposts. Die ver- silberten Augen öffnen den nach der Ferne ausgerichteten Blick des Götterboten.­

24 Unter der Vielfalt an Göttern, die in der Antike nebeneinander verehrt wurden, war Merkur besonders beliebt. Man sagte ihm – neben einigen anderen Fähigkeiten – einen großen Einfluss auf Handel und Geldgeschäfte nach. Gerade in dieser Eigenschaft dürfte Merkur einen besonderen Bezug zu dem Saugfläschchen aus Ton einstigen Marktort Contiomagus gehabt haben.

Von besonderer Bedeutung ist ein über 500 Stücke umfassender Münzschatzfund, der 1968 auf der Pachtener Heide geborgen wurde. Die vergrabenen, in einem Topf verwahrten Geldstücke – wohl dem Zugriff plündernder Germanen entzogen – datieren in die Zeit um 300 n. Chr. und entstanden zum größten Teil in der damaligen Münzprägestätte in Trier. Aus dem Brandgräberfeld in der Margarethenstraße konnten bislang 65 Münzen nachgewiesen werden. Etwa die Hälfte davon lässt genau- ere Angaben zu ihrem Geldwert und ihrer Entstehungszeit zu. Die meist aus Kupfer oder Messing geprägten Stücke reichen –

25 von wenigen Ausnahmen abgese- Diese geben die Namen und somit hen – in die Zeit vom 1. bis zum auch die Herkunft ihrer einstigen 2. Jh. n. Chr. Der Brauch, den Toten Platzinhaber an. Sie lassen auf eine Münze mit ins Grab zu legen, eine gemischte – aus Treverern, war in der Antike weit verbreitet. Mediomatrikern und Römern Das Geldstück war, antiken Jen- zusammengesetzte – Bevölkerung seitsvorstellungen folgend, für den schließen. Fährmann Charon bestimmt, der den Verstorbenen über den Fluss Die römische Epoche stellt nur Styx ins Jenseits übersetzen sollte. einen Aspekt des umfangreichen Pachtener Museumsbestands dar. Den Gräbern der Nekropole im Texttafeln, Skizzen und Pläne bin- Bereich der Margarethenstraße den die Ortschaft in den kulturel- entstammen auch einige mehr len, geografischen und zeitlichen oder weniger fragmentarisch Kontext der Vor- und Frühgeschich- erhaltene Terrakotten. Neben einer te des Landkreises Saarlouis ein. Handvoll menschlicher Figuren sind Dieser kann in einem chronologisch insgesamt 17 Tierdarstellungen – angelegten Rundgang durch das vermutlich Beigaben für Kinder- Museum anhand zahlreicher Relikte gräber – vertreten. Kindergräbern aus Stein-, Bronze- und Eisen- sind auch einige aus Ton gefertigte zeit wie auch einiger Zeugnisse Saugfläschchen zuzuordnen. aus der Epoche der fränkischen Merowinger erschlossen werden. Von den insgesamt 167 Sand- In die Eisenzeit (Spätlatène) reicht steinquadern, die für den Bau der ein kultisch verbogenes Schwert Kastellanlage wieder verwendet zurück, das 1967 auf dem Leipziger wurden und möglicherweise als Ring auf der Pachtener Heide ent- ehemalige Sitzsteine eines Kultthe- deckt wurde. Auch Funde aus der aters aus der 2. Hälfte des 2. Jh. zu Umgebung – etwa bronzezeitlicher deuten sind, weisen 64 Exemplare Schmuck aus dem Kreis Saarlouis – Inschriften auf. stellen regionale Bezüge her.

26 Über vormalige Grabkulte geben drei in einem Dunkelraum prä- sentierte Gräber Aufschluss: zwei römische Brandgräber aus Pachten sowie eine fränkische Körper-Dop- pelbestattung aus Rammelfangen.

Einige Räume im oberen Ausstel- lungsbereich widmen sich der jüngeren Geschichte des Ortes. Hier illustrieren Alltagsgegenstände und Werkzeuge das dörfliche Le- ben zwischen 1900 und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das original eingerichtete Schlafzimmer stammt aus dem Museumsge- bäude selbst – einem ehemaligen Bauernhaus aus dem Besitz der Familie Rupp, das 1897 auf dem Areal des Pachtener Römerkastells, am westlichen Ortsrand, erbaut Rekonstruiertes Kulttheater im Römerpark Sitzsteine mit Namensinschriften wurde. Das breit gegliederte Anwesen entspricht dem Typus des südwestdeutschen Quereinhauses, der vor allem in Lothringen und im westlichen Teil des Saarlandes zu finden ist.

Merkur-Brunnen Auf das antike Erbe von Pachten be- zieht sich auch der 1985 aufgestellte

27 28 „Merkur-Brunnen“ in der Fried- richsstraße. Der Künstler Josef Groß hat die 1,50 m hohe Figur jener bronzenen Merkurstatuette (2./3. Jh. n. Chr.) nachempfunden, die 1961 zufällig in der Nachtsheimstra- ße in Pachten entdeckt wurde.

Römerpark Ganz in der Nähe des Museums, unmittelbar an das einstige Kastell am westlichen Ortsrand angren- zend, liegt der 2009 eingerich- tete „Römerpark“. Neben der Nachbildung eines spätrömischen ­Kastellturms ist hier eine nach antiker Bauweise konstruierte Romanische Kirche St. Maximin vor dem Abriss Holzbrücke zu sehen. Römischen Vorbildern entsprechen überdies ein kleines, aus Sitzsteinen gebau- tes Kulttheater sowie ein schmaler Fußweg, der den Besucher in das Naherholungsgebiet am Ökosee hinüber leitet.

Katholische Kirche St. Maximin Auf ehemals römisch besiedeltem Gebiet steht auch die katholische Kirche St. Maximin. Ursusstein

29 Dort fand man – in den Fundamen- ten ihres romanischen Vorgänger- baus – die mutmaßlichen Überreste eines Tempels. Auch die Entde- ckung eines antiken Altars in der unmittelbaren Umgebung der Kir- che bestätigt die Existenz eines Hei- ligtums aus früh- oder mittelrömi- Romanischer Türsturz, St. Maximin scher Zeit. Überdies wurden beim Abbruch der alten Kirche im Jahre Siedlungen. Die zierliche Gedenk- 1891 römische Grabsteine aufge- tafel gilt somit als das älteste christ- funden. Unter ihnen befand sich liche Grabdenkmal des . unter anderem der etwa um 400 n. Nachbildungen des „Ursussteins“ Chr. entstandene „Ursusstein“. Das sind unter der Empore der heutigen 30 x 32 cm große, in Bruchstücken Kirche und im Museum Pachten geborgene Grabdenkmal erinnert ausgestellt. an den „unschuldigen Ursus“, der im Alter von drei Jahren und 46 Die Kunst- und Kulturgeschichte Tagen verstarb. Von besonderer Pachtens lässt sich am Beispiel der Bedeutung ist das auf dem Kopf Kirche St. Maximin auch über die stehende Christusmonogramm römische Vergangenheit des Ortes unterhalb der eingeritzten Schrift. hinaus ablesen. Wie oben erwähnt, Das kreisrund eingefasste Zeichen kamen beim Abriss des frühmit- wird von zwei Tauben gerahmt und telalterlichen Gotteshauses (1891) lässt auf die sehr frühe Präsenz von Bestattungen aus merowingischer Christen in Contiomagus schließen. Zeit zutage. Sie waren teilweise mit Dieser historische Bezug erweist Inschriftsteinen aus dem – ebenfalls sich als umso bemerkenswerter als im Bereich der Kirche aufgefunde- sich das Christentum in den ländli- nen – römischen Gräberbestand chen Gegenden in der Regel später eingefasst. In jüngster Zeit entdeck- ausprägte als in den städtischen te man bei Bauarbeiten im Rahmen

30 (der die Göttlichkeit Christi leug­ nete) entgegen. Das Basrelief schmückte ursprünglich das innere Turmportal der alten Kirche, die im 11./12. Jh. im frühromanischen Stil errichtet worden war. Einen Eindruck vom Aussehen des his- torischen Gebäudes vermittelt ein Modell der alten Kirche St. Maximin im Museum Pachten ausgestelltes der Neugestaltung des Kirchplatzes Modell. Es gibt den Zustand des (2008) zwanzig weitere Gräber, die dreiteiligen Sakralbaus im Jahre ins Früh- bzw. Hochmittelalter (900 1890 wieder. Demnach mündete und 1200 n. Chr.) datieren. das gegen Osten ausgerichtete Langhaus in einen rechteckigen Der Kampf des Christentums Chor. Im Westen erhob sich ein gegen Irrglauben und Heidentum quadratischer Eingangsturm. ist Thema des romanischen Tür- Dieser massive, aus groben sturzes in der Turmeingangshalle Quadern gemauerte Baukörper von St. Maximin. Er zeigt einen war, bis auf die Schallöffnungen Mann, der sich – mit Kreuz und im nachträglich aufgesetzten Buch bewaffnet – gegen einen ­Glockengeschoss, fensterlos. Er Zentauren und einen Drachen zur hatte eine offene Vorhalle und Wehr setzt. Die streitbare Gestalt wurde von einer Spitzhaube wird mit dem Namenspatron des bekrönt. Aufgrund der für die Zeit Pachtener Gotteshauses, dem Hl. eher ungewöhnlichen Ausrichtung Maximin, in Verbindung gebracht, des Gotteshauses – sie entspricht der zwischen 332 und 351 n. Chr. der SSW-NNO-Orientierung der als Bischof in Trier wirkte: Mutig einstigen römischen Gebäude – tritt der Kirchenmann sowohl geht man von der Existenz einer dem Götterglauben der Römer weiteren, noch früher zurück­ als auch der Irrlehre des Arius reichenden Vorgängerkirche aus.

31 Hier vermutet man einen kleinen, noch in römischer Zeit (Mitte 4. Jh. n. Chr.) erbauten Sakralbau frühchristlicher Prägung. Für diese Annahme spricht auch das Patrozi- nium des Hl. Maximin (gestorben 346 n. Chr.), zumal die dem Trierer Heiligen geweihten Kirchen in der Regel auf das 4. Jh. n. Chr. zurückgehen.

In das Zeitalter des Barock (17. Jh.) führen die beiden in Blau und Gold gefassten und mit üppigem Rocaillewerk verzierten Seiten­ altäre im Inneren, die ursprünglich zum Inventar des frühromanischen Vorgängerbaus gehörten. Teile der beiden aufwendig gearbeiteten ­Kirchenmöbel – wohl jeweils Men- sa und Predella – wurden im 18. Jh. ausgewechselt und durch Arbeiten aus der Werkstatt der Bildhauer- familie Guldner aus Berus ersetzt. Am Ende des linken Seitenschiffs ist der Marienaltar aufgestellt. Die Figur der Gottesmutter – wohl eine Anfertigung aus jüngerer Zeit – erscheint in der von Säulen gerahmten Nische des prachtvoll gestalteten Altaraufsatzes.

Marienaltar und Josefsaltar, rechts Seite 33: Chor 32 33 34 In der Giebelzone darüber ist der Gartenstraße in Pachten aufge- Hl. Sebastian zu sehen. Das den stellt. Auf dem ehemaligen Sockel Altartisch schmückende Verkündi- des alten „Pestkreuzes“ konnte gungsrelief greift das Marienthema man eine eingemeißelte Jahreszahl noch einmal auf. Einer Stiftung erkennen. Sie verwies in das Jahr durch die Äbtissin Johanetta von 1636. Die beiden farbig gefass- Wiltz (1617-1622) aus Fraulautern ten Heiligenfiguren ruhten auf verdankt das Gotteshaus den im massiven Konsolen. Mit nach oben rechten Seitenschiff platzierten gerichteten Gesichtern wandten Josefsaltar. Die in späterer Zeit sich die Betenden einst – der emo- hinzu gefügte Statue des Heiligen tionalen Bewegtheit des Barock ist von einer säulengerahmten entsprechend – in flehender Geste Muschelnische umfangen. Ein klei- dem Gekreuzigten zu. nes Gehäuse mit der Figur des Hl. Nikolaus schließt das Retabel nach Die Epoche des Historismus spiegelt oben hin ab. Das Reliefbild an der sich in der architektonischen Gestalt Mensa zeigt den Hl. Erasmus. der heutigen Kirche wider. Diese wurde 1890/91 anstelle des marode Aus dem Barock stammen auch gewordenen romanischen Vorgän- zwei Figuren aus einer Kreuzi- gerbaus nach den Plänen des saarlän- gungsgruppe, die bis zu ihrer mut- dischen Architekten Wilhelm Hector willigen Beschädigung im Mai 2013 (1855-1918) im neogotischen Stil an der südlichen Längswand der errichtet. Der aus Roden stammende heutigen Kirche angebracht waren. Baumeister, der auch im Bistum Trier Die in Sandstein gearbeiteten, zahlreiche Kirchen entworfen hat, gilt Maria und Johannes darstellen- als einer der bedeutendsten Vertreter den Figuren waren – als Teile des des Historismus im Saarland. Das „ältesten Kreuzbilds“ von Dillingen Pachtener Gotteshaus ist als dreischif- (Lehnert, S. 629) – ursprünglich fige Stufenhalle mit Einturmfassade im ehemaligen „Kapellchen“ an und polygonaler Apsis ausgeführt. der Ecke zwischen Maximin- und Der dem Hauptbau vorgesetzte

35 St. Maximin Altarretabel mit den 14 Nothelfern

Westturm trägt einen polygonalen Inneren der Kirche. Die schlanken Spitzhelm. Spitzbogenfenster und Stützen sind durch hohe Scheid- und Strebepfeiler gliedern das in fünf Spitz­bögen miteinander verbunden. Joche unterteilte Langhaus. Das kräf- Das Bogenmotiv wiederholt sich tige Strebesystem setzt sich an Chor- in den Kreuzrippengewölben, die kanten und Turmecken fort. Dem Haupt- und Nebenschiffe nach oben Rückgriff auf gotische Formenspra- hin abschließen. Im Chor gehen die che entspricht auch das Rosenfenster Rippen in zierliche Wandsäulen über, über dem von einem Dreiecksgiebel an den Seitenschiffwänden werden bekrönten und mit einem verglasten sie von Konsolsäulchen gestützt. Tympanon ausgestatteten Stufenpor- Die farblich hervorgehobenen Struk- tal. Weiträumig gesetzte Rundpfeiler turelemente lenken den Blick des teilen Mittel- und Seitenschiffe im Eintretenden in den von drei hohen

36 Maßwerkfenstern erhellten Chor- raum. Von 1954 stammen die in der geometrisierenden Formensprache­ der 1950er Jahre gestalteten Glasbil- der. Sie wurden von dem Künstler A. Tombers aus Gerolstein entwor- fen. In der mittleren Darstellung über dem Hochaltar erscheint die Gestalt des auferstandenen Christus. Das Kreuz in der linken Hand, zeigt er mit der im Segensgestus erhobenen Rechten zum himmlischen Vater auf. Die Szenen der Anbetung (linkes Fenster) und des Pfingstwunders (rechts) rahmen das zentrale Motiv.

In die Mitte des 20. Jh. datieren auch die im Chor aufgestellten Plastiken der Vierzehn Nothelfer. Sie wurden 1956 von der Franziska- nerschwester Eberhardis aus dem Elisabeth-Kloster in Trier als Ersatz für das vormalige, in Gips gearbei- tete Figuren-Ensemble geschaffen. Einst unter der Empore aufgestellt, erhielten die aus Ton geformten Heiligen 1974 ihren festen Platz im Nischenretabel des Hochaltars. In ruhiger Andacht präsentieren die schlicht gestalteten, enface Pfingstwunder, Chorfenster dem Betrachter zugewandten

37 Figuren ihre jeweiligen Attribute. Basaltstelen – gleichsam schwebend Die beinahe kindlich anmutenden über einer im Zentrum der Anlage Gesichter schaffen eine Atmosphä- installierten Fontäne. re der Nähe und des Vertrauens. Neben dem Hauptpatron der Kirche genießen die Nothelfer als Zusammenfassung Schutzheilige der Pachtener Pfarr- Aufgrund seiner günstigen Lage kirche Verehrung. Die Anrufung schon früh besiedelt, trat Pach- der 14 Heiligen reicht bis ins 9. Jh. ten im Zuge der Vereinnahmung zurück. Sie spielte in Deutschland der Region an der Saar durch die vor allem im von der Pest bedroh- Römer in das Licht der Geschichte. ten 13./14. Jahrhundert eine große Unter der Herrschaft ihrer Besatzer Rolle. erblühte die keltische Siedlung am Fuße des Limbergs rasch zu einem lokalen Zentrum von nicht geringer Brunnen auf dem Kirchplatz wirtschaftlicher und kultureller Für die 2008 im Rahmen der Erneu- Bedeutung. Die Gestaltung des All- erung des Pachtener Kirchplatzes tags nach römischem Vorbild prägte entstandene Brunnenskulptur mit das Leben in der Provinz zum einen. dem Titel „Granitkugel auf drei Zum anderen erlangte das Gebiet Basaltstelen“ zeichnet der aus als Teil des römischen Reiches den Beckingen stammende Bildhauer Anschluss an das große Weltge- Eberhardt Killguss verantwortlich. schehen. Der Ausbau des Wege- Das 4,5 Meter hohe Kunstwerk netzes und die Anbindung an die erhebt sich inmitten eines flachen bedeutenden Fernstraßen öffneten geschweiften Beckens am südwest- die Region für einen regen und lichen Ende des befestigten Areals. weit reichenden Handelsverkehr Das Hauptmotiv, eine schwarze und förderten so den gegenseitigen Granitkugel, deren glänzende Ober- Austausch zwischen den Kulturen – fläche die Platzanlage widerspiegelt, über die eigene Epoche hinaus und ruht auf drei einander zugeneigten bis in unsere Zeit hinein.

Brunnenanlage vor St. Maximin 38 39 40 41

Architekten, Künstler, Künstlerin, Autorinnen

Wilhelm Hector Schwester Eberhardis A. Tombers Architekt Textilkünstlerin, Bildhauerin, Maler 1855 geboren in Roden Keramikerin Gerolstein (Saarlouis) Franziskanerin von Nonnen- Studium der Architektur werth im Kloster St. Elisabeth Dr. Michaela in Karlsruhe, Aachen und (Böhmerkloster), Trier Mazurkiewicz-Wonn Darmstadt zahlreiche christliche Bildwer- 1959 geboren in Ludwigsha- zahlreiche Kirchenbauten ke im Bistum Trier fen am Rhein im Stil des Historismus im Studium der Kunstgeschichte, Bistum Trier, insbesondere im Eberhard Killguss Klassischen Archäologie und Saarland Bildhauer Musikwissenschaft an der 1918 gestorben in Wiesbaden 1938 geboren in Beckingen Universität des Saarlandes; 1952 Keramiklehre bei Saar- 1994-97 wissenschaftliche Josef Groß keramik Merzig Mitarbeiterin im Keramikmu- Dillingen 1954-57 Schule für Kunst seum in Mettlach; und Handwerk, Saarbrücken 1998-2000 wissenschaftliche Guldner bei Oskar Holweck und Theo Mitarbeiterin im „Zentrum Bildhauerfamilie des 18. und Siegle für Druck und Buchkultur“ frühen 19. Jahrhunderts aus 1957-64 Kunsthochschule in Wadgassen; Publikationen Berus Antwerpen/Belgien bei Henri und Vorträge zur neueren Puvrez, Mark Macken, Olivier und modernen Kunstge- Strebell und Ossip Zadkine schichte, Beiträge für www. 1963 Diplom kunstlexikon-saar.de. 1959 und 1961 Bildhauer- Biennale in Middelheim/Bel- gien, Bildhauerpreis der Stadt Antwerpen 1960-61 Scuola di Marmo, Carrara/Italien seit 1965 Atelier in Beckingen/Saarland Literaturauswahl

– Walther Zimmermann: – Museum Pachten. Ausstel- und des Historismus im Die Kunstdenkmäler der lungskatalog zur Eröffnung Saarland. Saarbrücken Kreise Ottweiler und des Museums. Hg. vom 2002, S. 302 (Veröffentli- Saarlouis. Düsseldorf 1934, ­Förderverein Heimat­ chungen des Instituts für Nachdruck Saarbrücken museum Pachten, 1990 Landeskunde im Saarland, 1976 – Klaus Kell: Das römische 40) – Hans-Peter Buchleitner: Brandgräberfeld von – Edith Glansdorp: Das Saarlouiser Gedenkblätter. Dillingen-Pachten (Kreis Gräberfeld ‚Margarethen­ Beiträge zur Geschichte Saarlouis), Katalog. Saar- straße’ in Dillingen-Pachten. der Stadt und des Kreises brücken 1994 (Bericht der Studien zu gallo-römischen Saarlouis, 1953, S. 41-45 Staatlichen Denkmalpflege Bestattungssitten. Bonn – Aloys Lehnert: Geschichte im Saarland, Abteilung 2005 (Saarbrücker Beiträge der Stadt Dillingen/Saar. Bodendenkmalpflege, zur Altertumskunde, 80) Dillingen 1968 Beiheft 3) – Edith Glansdorp: Das – Reinhard Schindler: – Marianne Mehling (Hg.): spätrömische Kastell von Studien zum vorgeschicht- Knaurs Kulturführer in Dillingen-Pachten und lichen Siedlungs- und Farbe, Saarland. München dessen Visualisierung im Befestigungswesens des 1994 Römerpark am Ökosee. Saarlandes. Trier 1968 – Kunstführer Dillingen/ Vortrag am 11.10.2013 in – Alfons Kolling: Der neue Saar. Bearbeitet von der Aula der Grundschule Münzschatzfund von Monika Bugs, Gerhard Wallerfangen Pachten. In: Saarheimat Leonardy und Michaela – Geschichte der Pfarrei 13. Jg., 1969, S. 214 Mazurkiewicz-Wonn. Hg. St. Maximin. – Die Römer an Mosel und vom Kunstverein Dillingen Auf: www.pfarreiengemein- Saar. Ausstellungskatalog, im Alten Schloß, Dillingen/ schaft-dillingen-saar.de, Mainz 1983 Saar. Dillingen 1999 abgerufen am 30. Mai 2014 – Dieter Staerk: Das Saar- – Fred Oberhauser: Das landbuch. 4. erneuerte Saarland. Kunst, Kultur und und erweiterte Auflage, Geschichte im Dreiländereck Saarbrücken 1985 zwischen Blies, Saar und – Gertrud Schmidt: Das Mosel. 4. Auflage Ostfildern römische­ Pachten. 1999 Katalog zu der Ausstellung. – Kristine Marschall: Sakral- Dillingen 1986 bauwerke des Klassizismus www.kunstlexikon-saar.de

ist ein Forschungsprojekt des größeren Kulturräume in die Land ebenso innerhalb der Instituts für aktuelle Kunst im Betrachtung miteinbezogen Bundesrepublik Deutschland Saarland an der Hochschule und die Wechselwirkungen zu kennzeichnen wie innerhalb der Bildenden Künste Saar, den benachbarten Regionen der europäischen Großregion das im November 2006 berücksichtigt werden. Saar-Lor-Lux-Rheinland-Pfalz- online geschaltet wurde. Die Das Kunstlexikon Saar Wallonie-Französische-und- Stichwort-Artikel fassen auf trägt der Besonderheit der Deutschsprachige-Gemein- aktuellem Stand Ergebnisse kulturellen Entwicklung des schaft-Belgiens. wissenschaftlicher Forschung Saarlandes Rechnung. Die He- zu den verschiedenen Berei- rausbildung des Saarlandes als Die Reihe „Kunstort“ gene- chen der Bildenden Kunst eigenständige politische und riert sich aus der Internetseite im Saarland zusammen. Sie kulturelle Einheit begann nach www.kunstlexikon-saar.de. In verstehen sich als Bausteine, dem Ersten Weltkrieg, als die loser Reihenfolge werden un- mit deren wachsender Anzahl Wirtschaftsregion um den terschiedliche Orte vorgestellt, das Bild der Kunstgeschichte Mittellauf des Saarflusses aus denen eines gemeinsam ist: des Saarlandes schärfer und dem Verbund des Deutschen Sie bieten Raum für Bildende präziser werden wird. Reiches herausgelöst und Kunst. In der Anfangsphase wird der durch den Völkerbund verwal- Nach den „Kunstort“-Heften Schwerpunkt auf dem The- tet wurde. Im Spannungsfeld über die Stahlskulpturen menbereich liegen, den die zwischen Frankreich und im öffentlichen Raum der Arbeit des 1993 gegründeten Deutschland entwickelte sich Stadt Dillingen (Stahl-Stadt Instituts für aktuelle Kunst in den engen Grenzen des Dillingen/Saar) und den he- abdeckt. Es werden sowohl Saargebietes (1920-1935) eine rausragenden Sakralbau der Arbeitsresultate, die bereits selbstständige Kunst- und Kul- Katholischen Pfarrkirche Heilig in gedruckter Form vorliegen, turpflege, deren Fortführung Sakrament (Saardom Dillin- für das Medium des Internet- durch die erneute Abtrennung gen/Saar) lenkt das Institut Lexikons aufbereitet, als auch nach dem Zweiten Weltkrieg für aktuelle Kunst im Saarland bisher unveröffentlichte oder (1945/47-1957/59) befördert mit dem vorliegenden Heft neue Ergebnisse hinzugefügt. wurde. Im heutigen Bundes- über das historische Pachten Neben der Kunst der Gegen- land Saarland bleibt diese den Blick in die Vergangenheit wart soll zunehmend auch Entwicklung spürbar und und auf die kulturellen und die Kunst vor 1945 zum Ge- gehört zu den wesentli- künstlerischen Wurzeln der genstand der Forschung, die chen Merkmalen, die das Stadt und der Region. Impressum

Herausgeber Abbildungen Laboratorium Jo Enzweiler Umschlag: Orthophoto von Institut für aktuelle Kunst im Pachten (Geobasisdaten, Saarland an der Hochschule Autorin © LVGL 13967/2014) der Bildenden Künste Saar Michaela Mazurkiewicz-Wonn Institut für aktuelle Kunst im Choisyring 10 Saarland, Saarlouis 66740 Saarlouis Redaktion Oranna Dimmig: S. 13 o, 33, Tel.: 06831 460530 Oranna Dimmig 36, 37 [email protected] Claudia Maas Christine Kellermann: S. 28 www.institut-aktuelle-kunst.de Michaela Mazurkiewicz-Wonn: www.künstlerlexikon-saar.de Redaktionelle Mitarbeit S. 13 u, 14 o + m, 21, 23, www.kunstlexikon-saar.de Doris Kiefer 25, 27, 31 Landesinstitut für Pädagogik Gestaltung und Medien (LPM), Foto­ Nina Jäger archiv, Saarbrücken Karin Heinzel: S. 24 Verlag St. Johann GmbH Gerhard Heisler: S. 29 u Saarbrücken Gerd Kügelgen: S. 30 Mechthild Schneider: S. 6/7, ISBN 3-938070-75-7 18/19, 40/41 Museum Pachten, Archiv: Druck und Lithografie S. 10 Krüger Druck+Verlag GmbH Wikimedia Commons & Co. KG (GNU- und CC-Lizenz) Merzig LoKiLeCh: S. 14 u, 15, 22, 29 o, 32, 34, 39 Auflage: 3000 Die Römer an Mosel und Saar. Mainz 1973, Seite 333, Saarbrücken 2014 Abb. 239: S. 8

© Institut für aktuelle Kunst im Saarland, Fotografen und Fotografinnen, Autorin