Nidwaldner Museum Ausstellung «Nach hall und Witterung» – Rundgänge Kunstvermittlung 1

Nidwaldner Museum Didaktische Unterlagen für Schulen

Rundgänge zu «Nachhall und Witterung. Ausgewählte Werke aus der Sammlung des Nidwaldner Museums» und zu der Geschichte des Winkelriedhauses

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Adresse Angebote für Schulen Nidwaldner Museum Das Nidwaldner Museum bietet zur Ausstellung «Nachhall Winkelriedhaus und Witterung» stufengerechte Angebote für Schulen an. Engelbergstrasse 54a 6370 Workshops In thematisch ausgerichteten Workshops erhalten Schulklas- Öffnungszeiten sen Einblick in das Nidwaldner Kunstschaffen aus vier Jahr- Mi bis Fr 14 – 17 Uhr hunderten. Im Workshop wird das Gesehene und Erfahrene Sa und So 11 – 17 Uhr praktisch und gestalterisch umgesetzt. Dauer 90 Minuten Kontakt und Informationen Verwaltung Nidwaldner Museum Führung Mürgstrasse 12 Beim geführten Rundgang lernen wir Positionen ausgewählter Postfach 1244 Künstlerinnen und Künstler kennen und gewinnen einen 6371 Stans Überblick über wichtige Entwicklungen der Kunstgeschichte. Telefon: 041 618 73 40 Dauer 45 Minuten Email: [email protected] www.nidwaldner-museum.ch Selbstständige Rundgänge Falls Sie die Ausstellung mit Ihrer Schulklasse selbstständig Preise besuchen möchten, finden Sie hier Vorschläge für vier thema- Für Klassen des Kantons ist tische Rundgänge. Die Rundgänge dauern ca. 60 Minuten und der Eintritt kostenlos. lassen sich mit Schulklassen der Unter- und Oberstufe durch- Ausserkantonale Schulklassen können führen. Neben den Informationen für Lehrpersonen finden Sie das Museum während den Öffnungszei- anbei Arbeitsblätter für die Schüler/-innen und weiterführen- ten ebenfalls kostenlos besuchen. de Ideen für den Unterricht. Aufgaben, die sich für fortge- Die Kosten für Führungen und schrittene Klassen der oberen Stufen eignen, sind mit zwei Workshops bis 20 Personen betragen Sternen gekennzeichnet (**). CHF 100. Sie können bei uns eine Begleitbroschüre zur Ausstellung be- ziehen. Darin finden Sie nähere Informationen zu den vertre- tenen Kunstschaffenden und den präsentierten Kunstwerken. Auch die Pläne der Etagen mit den Raumbezeichnungen fin- den sich in der Broschüre.

Wir sind dankbar für Rückmeldungen über Ihren Besuch im Nidwaldner Museum. Falls Sie Anregungen haben, freuen wir uns über Ihre Nachricht unter [email protected] oder telefo- nisch unter 041 618 73 40.

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Inhaltsverzeichnis

Einführung in die Ausstellung 4

Rundgang 1: Porträt und Figur aus 4 Jahrhunderten 5 Informationen für Lehrpersonen 5 Ideen für den Unterricht 11 Arbeitsblatt für Schüler/-innen 12

Rundgang 2: Raum und Landschaft 15 Informationen für Lehrpersonen 15 Ideen für den Unterricht 19 Arbeitsblatt für Schüler/-innen 20

Rundgang 3: Holz und Eisen – Ursprüngliche Materialien der Kunst 23 Informationen für Lehrpersonen 23 Ideen für den Unterricht 28 Arbeitsblatt für Schüler/-innen 30

Rundgang 4: Das Winkelriedhaus und der Bauherr Melchior Lussi im 16. Jahrhundert 32 Informationen für Lehrpersonen 32 Arbeitsblatt für Schüler/-innen 42

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Einführung in die Ausstellung

Das Nidwaldner Museum besitzt eine umfangreiche Samm- lung von Kunstwerken aus Nidwalden und der Zentralschweiz. Die Ausstellung «Nachhall und Witterung» präsentiert eine pointierte Zusammenstellung ausgewählter Werke aus der Sammlung. Der Begriff Nachhall bedeutet hier eine Rückschau auf relevante Themenfelder, Stilrichtungen und Figuren der Kunstgeschichte. Auf Veränderungen, Zukunftsweisendes und Umbrüche in der Kunst verweist der Begriff der Witterung. Die Sammlungspräsentation folgt grob einem chronologi- schen Ablauf. Die Räume sind zudem monografisch struktu- riert und widmen sich jeweils einer Künstlerin oder einem Künstler. Den Auftakt bilden im Aussenraum zwei Plastiken von Josef Maria Odermatt. Im Winkelriedhaus sind Werke aus vier Jahrhunderten präsentiert. Das erste Stockwerk ist den kunsthistorischen Gattungen der Porträt-, Kirchen- und Land- schaftsmalerei gewidmet. Vertreten sind Johann , Melchior Paul von Deschwanden und Jakob Joseph Zelger. Arbeiten von Paul Stöckli, Hans von Matt und Anne- marie von Matt sowie Arnold Odermatt sind im zweiten Ober- geschoss zu entdecken. Plastiken und installative Arbeiten von Paul Lussi, Barbara Gut und Heini Gut komplettieren die Prä- sentation der zweiten Etage. Schliesslich finden sich im Dach- geschoss Arbeiten aus dem Bereich Videokunst von Judith Albert. Die Rundgänge für Schulen beschäftigen sich mit zent- ralen Themen der Ausstellung: Porträt und Figur, Raum und Landschaft sowie mit Holz und Eisen als zwei zentralen Mate- rialien der Kunst. Das Winkelriedhaus beherbergt aber nicht nur Kunstwerke aus vier Jahrhunderten, sondern ist selbst ein historisches Objekt und seine Geschichte ist ebenfalls Teil der Ausstellung. Auf dem vierten Rundgang lassen sich die Geschichte des Hauses und die historische Nutzung der Räumlichkeiten ent- decken. Der Fokus des Rundgangs liegt auf dem Wirken des Bauherrn und einflussreichen Politikers Melchior Lussi im 16. Jahrhundert.

Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen bei den Rundgängen.

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Rundgang 1: Porträt und Figur aus vier Jahrhunderten

Informationen für Lehrpersonen

Die Sammlungsausstellung vereint eine Vielzahl von Werken unterschiedlicher kunsthistorischer Gattungen und Epochen. In diesem Rundgang wird der Fokus auf die Bildgattung des Porträts und der figürlichen Darstellung gelegt. Die Schüler/- innen lernen die zentralen Merkmale der Porträtdarstellung kennen und deuten. Sie vergleichen verschiedene Darstel- lungsformen und reflektieren diese vor dem Hintergrund ihrer zeitlichen Entstehung, wobei Bezüge zur eigenen Erfahrungs- welt hergestellt werden.

Einleitung zu Porträt und Figur: Die Darstellung der menschlichen Figur gehört zu den ältesten Motiven in der Kunstgeschichte. Durch alle Zeiten hindurch haben sich Maler, Bildhauerinnen und Grafiker damit befasst. Daraus hat sich neben der Historien- und Landschaftsdarstel- lung die Gattung des Porträts entwickelt. Ein Porträt (von frz. Portrait = Brustbild, Bildnis) ist eine künstlerische Darstellung einer oder mehrerer Personen. Die Absicht eines Porträts ist es, neben der körperlichen Ähnlich- keit auch das Wesen, beziehungsweise die Persönlichkeit der porträtierten Person zum Ausdruck zu bringen. Da dafür die Mimik und Physiognomie einer Person wesentlich sind, wird oft das Gesicht ins Zentrum gerückt. Darstellungen werden nach Haltung der Person (Frontal, Halbprofil, Profil) oder dem Bildausschnitt (Kopfbild, Bruststück, Halbfigur, Ganzfigur) unterschieden.

Auf diesem Rundgang werden folgende Kunstschaf- fende behandelt: A. Johann Melchior Wyrsch B. Melchior Paul von Deschwanden C. und Hans von Matt D. Barbara Gut E. Arnold Odermatt

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Der Rundgang beginnt im ersten Obergeschoss in der A. Johann Melchior Wyrsch Neuen Prunkstube. (*1732 in Buochs, †1798 in Buochs) Wyrsch war ein Nidwaldner Kirchenmaler und einer der be- deutendsten Schweizer Porträtisten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Er studierte in Rom und Neapel. Später leb- te und arbeitete er in Frankreich, Luzern und Buochs. Seine Porträts machte er vor allem im Auftrag angesehener Familien und wohlhabender Zeitgenossen.

Aufgaben für die Schüler/-innen: 1: Im Selbstporträt stellt sich der Maler selbst mit seinen Malutensilien dar. Welche Gegenstände finden sich in den übrigen Porträts? Was erzählen sie über die dargestellten Personen?

2: Skizzieraufgabe (3 Minuten): Die Schüler/-innen skizzieren sich selbst aus der Erinnerung mit Eigenschaften, Tätigkeiten und Gegenständen, die etwas über sie aussagen. Die Zeich- nungen werden am Boden ausgelegt und es kann erraten werden, wen die Porträts darstellen. Woran werden die Port- rätierten erkannt?

3: Die Schüler/-innen beobachten in Gruppen Haltung, Fri- sur, Kleidung und Aussehen der sechs dargestellten Personen und stellen Vermutungen über Leben, Beruf und Vorlieben der Personen an. Die Ergebnisse werden zusammengetragen.

Weiterführende Fragen zur Diskussion: – Welche besonderen Fähigkeiten musste der Künstler haben? – Was könnte die Funktion dieser Porträts und der zusätzlich dargestellten Gegenstände gewesen sein? – Zu welchen Anlässen hat man sich damals porträtieren lassen? Wie ist das heute?

Im 18. Jahrhundert war die naturgetreue Darstellung eine zentrale Anforderung an den Künstler. Im Porträt ging es dar- um, die Erinnerung an die Dargestellten zu erhalten. Sich von einem Maler porträtieren zu lassen war aufwändig und nur wohlhabende Personen konnten sich dies leisten. Das Porträt übernahm zudem eine Repräsentationsaufgabe: Anhand der Kleidung und des Schmuckes liessen sich der Stand in der Ge- sellschaft ablesen. Auch die zusätzlich dargestellten Gegens- tände verwiesen auf die gesellschaftliche Position. Wyrsch war ein guter Beobachter und schenkte dem kleinsten Detail Auf- merksamkeit; es gelang ihm dadurch, etwas von den Charak- tereigenschaften der Porträtierten einzufangen.

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Weiter geht der Rundgang im Nebenzimmer, dem Kabi- nett, mit Arbeiten von Melchior Paul von Deschwanden. B. Melchior Paul von Deschwanden (*1811 in Stans, †1881 in Stans) Deschwanden war ein wichtiger Nidwaldner Kirchenmaler des 19. Jahrhunderts. Er erhielt schon früh Zeichenunterricht und lernte sein Handwerk in Zug, Zürich und während eines Stu- dienaufenthalts in Italien. Er spezialisierte sich auf die Kir- chenmalerei und stellte seine Arbeit ganz in den Dienst der katholischen Kirche.

Aufgaben für die Schüler/-innen: Bildbetrachtung zu Ein Engel erscheint Joseph im Traum (undatiert) 4: Viele Bilder im Nidwaldner Museum wurden ursprünglich für einen anderen Ort gemalt. Wo hat das Bild wohl gehan- gen bevor es ins Museum kam? Woran erkennt man das?

5: Welche Figuren können sie erkennen? Welche Handlung wird gezeigt? Woran wird diese erkannt?

6: Deschwanden malte viele Bilder mit religiösen Darstellun- gen im Auftrag der Kirche. Welche besonderen Ansprüche stellt dies an den Künstler? Was fällt auf bei der Figurendar- stellung im Vergleich zu den Porträts bei Johann Melchior Wyrsch? (**)

Das Gemälde Ein Engel erscheint Joseph im Traum war ur- sprünglich ein Altarbild, das in einer Kapelle oberhalb von Stansstad hing. Es ist eines von vielen Gemälden, die Deschwanden im Auftrag der Kirche malte. Die dargestellte Szene stammt aus dem Matthäusevangelium, in der Joseph durch einen Engel aufgefordert wird, mit seiner Familie nach Ägypten zu fliehen. Deschwandens Darstellungen von Heiligen und Engeln sind idealisierte Abbilder menschlicher Figuren. Die Zeitgenossen konnten die einfachen Bildkompositionen leicht lesen und sich mit den realistisch dargestellten Figuren identifizieren, da sie an Darstellungen der bürgerlichen Gesell- schaft des 19. Jahrhunderts angelehnt waren. Die Zugänglich- keit von Deschwandens Bildern führte zu einer grossen Popu- larität seiner Werke auch über die Zentralschweiz hinaus. Es sind auch anatomische Skizzen und Deschwandens «Fränk- ler»-Zeichnungen ausgestellt: Porträts, die er auf Auftrag für einen Franken pro Arbeitsstunde anfertigte.

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Der Rundgang wird im zweiten Obergeschoss, im Zim- C. Annemarie von Matt und Hans von Matt mer 1, fortgesetzt. In den 1920er Jahren wurden auch in der Innerschweiz Kunst- schaffende vom Aufbruch in die Moderne erfasst. Das Künst- lerehepaar Annemarie von Matt (*1905 in Root, †1967 in Stans) und Hans von Matt (*1899 in Stans, †1985 in Stans) war Teil einer lebendigen Luzerner Kunstszene. Sie lebten nach der Heirat 1935 in Stans. Beide erprobten auf eigenständige Weise neue Formen der Porträtdarstellung: Nicht mehr das naturgetreue Abbild stand dabei im Vordergrund, sondern der persönliche, expressive Ausdruck mit Stift und Pinsel sowie der Versuch, etwas vom Charakter der dargestellten Person im Bild einzufangen. Der Farbigkeit kommt dabei eine symbolische Funktion zu. Während sich Hans von Matt vom Kubismus, der Neuen Sach- lichkeit sowie aussereuropäischen Einflüssen in seiner Malerei inspirieren lässt, schöpft Annemarie von Matt aus ihren per- sönlichen Empfindungen: Häufig versieht sie Zeichnungen mit schriftlichen Kommentaren oder verleiht den Figuren Ähn- lichkeiten mit ihren eigenen Gesichtszügen, wodurch diese etwas Selbstporträthaftes erhalten.

Aufgaben für die Schüler/-innen: Bildvergleich von Tante Löwenjoul II (1944) von Annemarie von Matt mit Jakob Wyrsch (1923) von Hans von Matt. 7: Wie würdet ihr die Stimmung der dargestellten Person beschreiben? Wie passen die Stimmung und die Pinsel- bzw. Federstriche auf den beiden Bildern zusammen? Was erfah- ren wir beim Betrachten der beiden unterschiedlichen Bilder über die Persönlichkeit des Künstlers und der Künstlerin?

8: In Hans von Matts Arbeiten finden sich verschiedene kunstgeschichtliche Stilelemente der Moderne. Wie lassen sich diese situieren? Was fällt bei Annemarie von Matts Zeichnun- gen stilistisch auf? (**)

Wir betreten den abgedunkelten Raum mit den Werken D. Barbara Gut (*1951 in Luzern) von Barbara Gut im Gelben Zimmer. Barbara Gut lebt und arbeitet seit 40 Jahren im alten Gaden- haus in Stans. In ihrer Arbeit wie auch ihrem Wohnhaus sind phantastische Mischwesen – halb Mensch und Tier, religiöse Reliquien und Votivgaben und die Kombination bekannter und rätselhafter Bildelemente allgegenwärtig. Barbara Guts skurrile Welten sind voller Anspielungen und Geschichten: In der ortsspezifischen Installation im Nidwaldner Museum in- szeniert sie eine Raumatmosphäre, die an einen heiligen Ort erinnert und zum Staunen und Verweilen einlädt.

Die Schüler/-innen erhalten Zeit, sich die Arbeiten im Raum genauer anzuschauen und zu erzählen, was es zu entdecken gibt.

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Aufgaben für die Schüler/-innen: 9: Was könnten die verschiedenen Figuren darstellen und wozu sind die vielen kleinen Objekte da? Erfinde eine Ge- schichte dazu.

10: Welche Atmosphäre strahlt der Raum aus und woran erinnert diese? Lassen sich Bezüge zwischen den gezeigten Figuren und religiösen Symbolen, Mythen oder bereits be- kannten kunstgeschichtlichen Darstellungen herstellen? (**)

Bei Barbara Gut wird die Figur nicht mehr im engeren Sinne als Abbild oder Porträt behandelt: Ihre Figuren entstehen aus einer Lust am Fabulieren und Kreieren in Kombination mit verschiedenen Materialen. Sie könnten einer Fabelwelt ent- sprungen sein und werden durch die Vorstellungskraft der Betrachterin und des Betrachters erneut zum Leben erweckt.

Der Rundgang endet im gegenüberliegenden Raum, im E. Arnold Odermatt (*1925 in Oberdorf) Zimmer 2. Von Berufs wegen war Arnold Odermatt Polizist, aber vor al- lem war er ein leidenschaftlicher Fotograf. Als Fotograf ohne entsprechende Berufsausbildung dokumentierte er, was er täglich sah und erlebte: Die Arbeit bei der Polizei, Unfallstel- len, die Landschaft und den Alltag seiner Familie. Er erklärt seine Motivation damit, für sein Tagebuch fotografiert zu ha- ben. Obwohl er nicht den Anspruch hatte, Kunstwerke zu schaffen, verfügt er über ein feines Gespür für Formen, Kom- position und Lichtführung.

Aufgaben für die Schüler/-innen: 11: Was erzählen die Bilder über Odermatts Leben? Welche Momente und Personen haben ihn besonders interessiert?

12: Finden die Schüler/-innen ein Bild im Raum, das sie an ein Foto im eigenen Fotoalbum oder eine erlebte Situation erinnert? Welches sind für sie die bedeutendsten Stationen in ihrem Leben und wie werden diese festgehalten (Tagebuch, Handy, Facebook usw.)?

13: Die Schüler/-innen wählen in Kleingruppen ein Bild und versuchen seine Funktion zu bestimmen und herauszufinden, ob die Aufnahme eher inszeniert oder so vorgefunden wurde. (**)

14: Viele Fotografien sind in Stans und Umgebung aufge- nommen worden und zeigen Odermatts Umfeld, wie es da- mals war. Welche Veränderungen stellen die Schüler/-innen gegenüber damals fest? Wie haben sich das Dorf, die Arbeit bei der Polizei und das Familienbild verändert? Und woran lassen sich diese Entwicklungen feststellen?

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Fotografien gelten als Abbilder der Wirklichkeit, sie erzählen aber immer auch über den Autor, der sie gemacht hat und der mit ihnen eine bestimmte Aussage erreichen wollte: unterhal- ten, dokumentieren, beweisen, werben, erzählen, erklären, schockieren, gefallen oder zum Denken anregen. Vielleicht haben sie heute auch eine andere Wirkung als zur Zeit ihrer Entstehung.

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Ideen für den Unterricht

Porträt (BG): - Das eigene Gesicht ertasten und gleichzeitig zeichnen, was wahrgenommen wird. - Proportionen des Gesichts durch Ausmessen mit einer Schnur experimentell erarbeiten, im Spiegel überprüfen und zeichnerisch festhalten. - Sich gegenseitig abzeichnen: nur linear, ohne den Stift abzu- setzen; die Volumen des Gesichts mittels Schraffur erfassen; verschiedene Lichtquellen (Lampe, Kerze) einsetzen und den Schattenwurf beobachten. - Sich selbst oder andere fotografisch inszenieren, verschiede- ne Gesten, Posen, Haltungen ausprobieren und mittels Ver- kleidung und Requisiten in eine andere Rolle schlüpfen. Als Variante kann ein Portrait aus der Kunstgeschichte nachge- stellt werden (Vgl. Cindy Sherman).

Zu Barbara Gut (BG): Aus Tier- und Menschendarstellungen werden phantastische Mischwesen collagiert. Diese werden mit Papiermaché dreidi- mensional umgesetzt und farbig bemalt. Sie können mit Stoff- bändern, Pailletten und Fundgegenständen geschmückt wer- den.

Fotografie und Porträt (BG und DE): - Die Schüler/-innen bringen eigene Bilder aus dem Familien- album mit und vergleichen sie mit den Bildern von Arnold Odermatt. Gibt es Bildmotive, die auch bei den Mitschülern auftauchen? Welche Momente werden festgehalten? Was macht ein Familienbild auch für Aussenstehende interessant? Quiz: Wer ist wer? - Die Schüler/-innen legen eine Sammlung von Zeitungsfoto- grafien an. Sie ordnen sie nach unterschiedlichen Kategorien (Themen, Funktion, inszenierte oder dokumentarische Bilder). Formale Elemente wie Lichtführung, Komposition und Insze- nierung können thematisiert werden. Die Schüler/-innen ver- fassen Bildbeschreibungen und versuchen diese anschliessend den Fotografien zuzuordnen.

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Arbeitsblatt: Porträt und Figur aus 4 Jahrhunderten

Dass die Darstellung des Menschen zu den ältesten Motiven in der Kunstgeschichte gehört, zeigen zum Beispiel Höhlenmale- reien, deren Entstehung Jahrtausende zurückreicht. Maler, Bildhauerinnen und Grafiker haben sich durch alle Zeiten hin- durch mit der Darstellung des Menschen befasst. So hat sich neben der Historien- und Landschaftsdarstellung die Gattung des Porträts entwickelt. Ein Porträt ist eine Darstellung einer oder mehrerer Personen. Die Absicht eines Porträts ist es, das Aussehen einer Person zu erfassen. Aber auch das Wesen und die Persönlichkeit sollen dargestellt werden.

Auf diesem Rundgang wirst du den Werken folgender Kunst- schaffenden begegnen:

Johann Melchior Wyrsch (*1732 in Buochs, †1798 in Buochs) Johann Melchior Wyrsch war ein Nidwaldner Kirchenmaler und einer der bedeutendsten Schweizer Porträtisten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Er studierte in Rom und Neapel. Später lebte und arbeitete er in Frankreich, Luzern und Buochs. Seine Porträts machte er vor allem im Auftrag angesehener Familien und wohlhabender Zeitgenossen.

Melchior Paul von Deschwanden (*1811 in Stans, †1881 in Stans) Melchior Paul von Deschwanden war ein wichtiger Nidwaldner Kirchenmaler des 19. Jahrhunderts. Er erhielt schon früh Zei- chenunterricht und lernte sein Handwerk in Zug, Zürich und während eines Studienaufenthalts in Italien. Er spezialisierte sich auf die Kirchenmalerei und stellte seine Arbeit ganz in den Dienst der katholischen Kirche.

Hans von Matt (*1899 in Stans, †1985 in Stans) und Annemarie von Matt (*1905 in Root, †1967 in Stans) Das Künstlerehepaar Annemarie von Matt und Hans von Matt war Teil einer lebendigen Luzerner Kunstszene. Sie lebten nach der Heirat 1935 in Stans. Beide erprobten auf eigenstän- dige Weise neue Formen der Porträtdarstellung: Nicht mehr das naturgetreue Abbild stand dabei im Vordergrund, sondern der persönliche Ausdruck mit Stift und Pinsel.

Barbara Gut (*1951 in Luzern) Barbara Gut lebt und arbeitet seit vierzig Jahren im alten Ga- denhaus in Stans. In ihren Arbeiten und auch in ihrem Wohn- haus sind phantastische Mischwesen allgegenwärtig. Figuren,

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halb Mensch und halb Tier, religiöse Anspielungen, Geschich- ten und rätselhafte Zeichen sind wichtige Elemente ihrer künstlerischen Arbeit.

Arnold Odermatt (*1925 in Oberdorf) Von Berufs wegen war Arnold Odermatt Polizist, aber vor al- lem war er ein leidenschaftlicher Fotograf. Als Fotograf ohne entsprechende Berufsausbildung dokumentierte er, was er täglich sah und erlebte: Die Arbeit bei der Polizei, Unfallstel- len, die Landschaft und den Alltag seiner Familie.

Der Rundgang beginnt im ersten Obergeschoss in der 1: Im Selbstporträt stellt sich der Maler mit seinen Malutensi- Neuen Prunkstube mit den Gemälden von Johann Mel- chior Wyrsch. lien dar. Welche Gegenstände findest du in den anderen Port- räts? Was erzählen sie über die dargestellten Personen? Notie- re.

2: Porträtiere dich selbst mit Eigenschaften, Tätigkeiten und Gegenständen, die etwas über dich aussagen. Du hast drei Mi- nuten Zeit.

3: Bildet Gruppen. Beobachtet die Frisur, Kleidung, Haltung und das Aussehen der sechs dargestellten Personen. Stellt Vermutungen über Leben, Beruf und Vorlieben der Personen an. Notiert eure Beobachtungen.

Weiter geht der Rundgang im Nebenzimmer, dem Kabi- Betrachte Deschwandens Gemälde Ein Engel erscheint Joseph nett, mit Arbeiten von Melchior Paul von Deschwanden. im Traum (undatiert).

4: Viele Bilder im Nidwaldner Museum wurden ursprünglich

für einen anderen Ort gemalt. Wo denkst du hat das Bild wohl

gehangen bevor es ins Museum kam?

5: Welche Figuren sind auf dem Gemälde dargestellt?

6: Deschwanden malte viele religiöse Darstellungen im Auf-

trag der Kirche: Welche besonderen Ansprüche stellt dies an

den Künstler? Was fällt auf bei der Figurendarstellung im Ver-

gleich zu den Porträts bei Johann Melchior Wyrsch? (**)

Im zweiten Obergeschoss gelangst du in den Raum von Vergleiche die Bilder Tante Löwenjoul II (1944) von Annema- Annemarie und Hans von Matt. rie von Matt und das Porträt Jakob Wyrsch (1923) von Hans von Matt.

7: Beschreibe die Stimmung der dargestellten Personen? Wie passen die Stimmung und die Pinsel- und Federstriche auf den beiden Bildern zusammen ? Was verraten uns die beiden Bil- der über die Persönlichkeit des Künstlers und der Künstlerin? Notiere.

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8: In Hans von Matts Arbeiten finden sich verschiedene kunstgeschichtliche Stilelemente der Moderne. Kannst du die- se Stilrichtungen erkennen und benennen? Notiere. (**)

Wir betreten den abgedunkelten Raum mit den Werken Du hast Zeit, dir die Arbeiten im Raum genauer anzuschauen. von Barbara Gut im Gelben Zimmer.

9: Welche Figuren kannst du entdecken? Was könnten sie

darstellen und wozu sind die vielen kleinen Objekte da? Erfin-

de eine Geschichte dazu.

10: Welche Atmosphäre strahlt der Raum aus und woran er-

innert sie dich? Kannst du Bezüge zwischen den gezeigten Fi-

guren und religiösen Symbolen, Mythen oder bereits bekann-

ten kunstgeschichtlichen Darstellungen herstellen? (**)

Unser Rundgang endet im gegenüberliegenden Raum bei 11: Überlege dir, was die Bilder über Odermatts Leben erzäh- den Fotografien von Arnold Odermatt. len. Welche Momente und Personen haben ihn besonders inte- ressiert? Notiere.

12: Suche im Raum ein Bild, das dich an ein Foto aus dem eigenen Fotoalbum oder an eine erlebte Situation erinnert. Erkläre. Welches sind für dich die bedeutendsten Stationen in deinem Leben und wie hältst du diese fest (Tagebuch, Handy, Facebook etc.)?

13: Bildet Gruppen und wählt ein Bild aus, das euch besonders gefällt. Was ist die Funktion des Bildes? Ist die Aufnahme eher inszeniert oder wurde die Situation so vom Fotografen vorge- funden? (**)

14: Wenn du die Fotografien mit heute vergleichst, wie haben sich der Alltag der Polizei, die Landschaft und das Familien- bild verändert?

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Rundgang 2: Raum und Landschaft

Informationen für Lehrpersonen

«Steinig und schwer» sei der Weg zurück zum Erfolg gewesen, sagen Sportlerinnen und Sportler gerne nach einer Verletzung. Jemand meint aufmunternd zum Gegenüber «der Weg ist das Ziel!», wenn es gilt, durchzuhalten und auf die Zähne zu beis- sen. Redewendungen oder – wir wollen eine Brücke zur Aus- stellung schlagen - ‚Landschaftsbilder‘ dieser Art haben wir längst auch in unseren sprachlichen Alltag aufgenommen. Auf dem Rundgang setzen sich Schüler/-innen und Schüler mit dem zentralen Genre der Landschaftsmalerei auseinander. Sie beschäftigen sich aber auch mit zeitgenössischen Ausei- nandersetzungen mit Räumlichkeit in den Bereichen Video- kunst und Kunst im öffentlichen Raum.

Auf diesem Rundgang werden folgende Kunstschaf- fende behandelt: A. Jo Achermann B. Jakob Joseph Zelger C. Hans von Matt D. Judith Albert

Der Rundgang beginnt im Garten des Winkelriedhauses. A. Jo Achermann (*1954 in Stans) Nach einer Käserlehre entschied sich Jo Achermann für eine Kunstausbildung an der Schule für Gestaltung in Luzern im Fach Plastisches Gestalten. Danach studierte er in Düsseldorf und New York. Kindheitserinnerungen an das Spielen im Wald haben Jo Achermanns Schaffen geprägt. Seit Beginn seiner künstlerischen Laufbahn ist Holz sein bevorzugtes Arbeitsma- terial. Zunächst verwendete Jo Achermann grob zugesägte Äste für seine Werke, aktuell bevorzugt er industriell herge- stellte Vierkantbalken.

Aufgaben für die Schüler/-innen: 1: Die Schüler/-innen suchen im Innenhof nach den Plastiken von Jo Achermann. Sie betrachten dabei auch die Umgebung im Garten. Wie verändert sich der Garten durch die Plasti- ken?

2: Eine Plastik trägt den Titel Schmarotzer. Die Schüler/- innen erklären den Zusammenhang mit der Plastik an der Rückseite des Pavillons.

3: Die Schüler/-innen geben einer weiteren Skulptur einen passenden Namen.

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Im ersten Obergeschoss des Winkelriedhauses gelangen B. Jakob Joseph Zelger (*1812 in Stans, †1885 in Lu- Sie auf der linken Seite, im Speisezimmer, in den Raum Jakob Joseph Zelgers. zern) Jakob Joseph Zelger ist ein exemplarischer Vertreter der Zent- ralschweizer Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts. Als Gattung etablierte sich die Landschaftsmalerei zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert. Mit dem Aufkommen des Tourismus im 19. Jahrhundert stellten sich Landschaftsmaler vermehrt in den Dienst der neuen Industrie. Zelger richtete deshalb 1851 in der Touristenstadt Luzern in der Nähe des Hotels Schweizer- hof sein Atelier ein. Zelgers idyllischen Bilder der Zentral- schweiz waren bei Reisenden aus dem In- und Ausland ge- fragt. Besonders beliebt war zu dieser Zeit die Alpenmalerei. Die Bergwelt, einst ein gefürchteter Raum, war zu einem ro- mantischen und idealisierten Ort geworden. Um den Wün- schen und dem Geschmack seiner Kundschaft zu entsprechen, fügte Zelger zu einem Alpenpanorama gelegentlich eine Alp- hütte oder einen Wasserfall hinzu.

Aufgaben für die Schüler/-innen: 4: Die Schüler/-innen suchen sich ein Gemälde Zelgers aus, das ihnen besonders gut gefällt und tauschen sich gegenseitig aus. Sie achten auf: Die dargestellte Jahreszeit, die Verteilung von Licht und Schatten und darauf, welche Landschaftsele- mente dem Künstler besonders wichtig gewesen sind.

5: Sie überlegen sich, wo das Bild wohl ursprünglich gehan- gen haben könnte (Kapelle, Villa, Kneipe, Wohnung, Museum, Bundeshaus etc.).

6: Weshalb zeigt Zelger die Landschaft bei schönstem Wetter?

Im dritten Obergeschoss gelangen Sie in den Raum mit C. Hans von Matt (*1899 in Stans, †1985 in Stans) Werken von Annemarie von Matt und Hans von Matt. Das Bild stammt aus dem Frühwerk Hans von Matts bevor der Stanser Künstler Kunstgewerbeschulen und Akademien in Genf, Florenz, München und besuchte. Hans von Matt ist vor allem für seine bildhauerischen Arbeiten bekannt gewor- den, doch er widmete sich auch dem Genre der Landschafts- malerei. Er liess sich vom Expressionismus, Kubismus, Neo- klassizismus und von aussereuropäischer Kunst beeinflussen.

Aufgaben für die Schüler/-innen: Landschaft, 1914 7: Die Schüler/-innen überlegen sich, wie die Landschaft in dieser Arbeit Hans von Matts dargestellt ist. Welche Farben verwendete der Künstler? Sie überlegen sich auch, welche Stimmung der Künstler ausdrückt. Die Landschaft erscheint bei von Matt als Spiegel emotionaler Befindlichkeit.

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8: Wie unterscheidet sich Hans von Matts Landschaftsbild von Zelgers Malerei?

Mädchen am Fenster, 1931 9: In den 1930er Jahren widmete sich Hans von Matt ver- mehrt heimatlichen Themen und schuf mehrere bildhaueri- schen Arbeiten von jungen Frauen wie etwa das Mädchen am Fenster aus dem Jahr 1931. Die Schüler/-innen betrachten das Mädchen und seine Haltung und skizzieren, was das Mädchen gesehen haben könnte. Über das Treppenhaus gelangen Sie in das dritte Oberge- schoss zu den Arbeiten der Künstlerin Judith Albert. D. Judith Albert (*1969 in Sarnen) Die in Zürich lebende Künstlerin Judith Albert absolvierte an der Zürcher Hochschule der Künste eine Ausbildung im Be- reich Visual Arts. In ihren Arbeiten beschäftigt sich Judith Albert mit dem Thema der Zeit, die alle wichtigen Lebensbe- reiche durchdringt und mit dem Zusammenspiel von inneren und äusseren Landschaften. Heute ist die Künstlerin vor allem in den Bereichen Video, Performance und Fotografie tätig.

Beim Aufgang vom Treppenhaus findet sich als kreisrunder Bildausschnitt die Videoarbeit Kein Wasser kein Mond von Judith Albert. Die Projektion gibt den Blick aus einem Heli- kopter auf die heimatliche Landschaft wieder. Beackerte Fel- der, Flussläufe und Waldstreifen zeichnen sich ab und struktu- rieren die Oberfläche. Aus der Distanz wirkt die Landschaft fremd und gleicht einer Mondlandschaft.

Aufgaben für die Schüler/-innen: Kein Wasser kein Mond (2005) 10: Die Schüler/-innen formen mit der Hand ein schmales Guckloch. Mit einem Auge sehen sie hindurch, suchen auf der Etage einen spannenden Bildausschnitt und skizzieren ihn. In Zweiergruppen müssen sie den Ausschnitt des Partners fin- den.

Haiku 1-5 (1999/2000) In der fünfteiligen Arbeit Haiku 1-5 filmte Judith Albert an drei Orten: In der Innerschweiz, in Südindien sowie in einem nicht näher bestimmten Innenraum. Die Arbeit basiert auf der traditionellen japanischen Gedichtform Haiku. Haikus sind meist auf drei Zeilen verteilte Wortgruppen, die häufig von Naturmotiven und dem Wechsel der Jahreszeiten handeln. Auch Albert arbeitete in diesen Videos mit Verdichtungen und konzentrierte sich auf eine Geste oder ein Ereignis, gefasst in 90 Sekunden dauernden Sequenzen.

11: Für welche Jahreszeiten könnten die einzelnen Videos stehen? Die leise hörbaren Geräusche liefern Hinweise.

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12 : Die Schüler/-innen werden in fünf Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe beschäftigt sich mit einem Video. Alle notieren sich einzeln spontan zwei Stichworte zu ihrem Video. In der Gruppe sammeln sie die Stichworte, verteilen sie auf drei Zei- len und tragen das entstandene Gedicht den anderen vor. Beispiel: Am uralten Teich springt ein Frosch vom Uferrand Ein Ton im Wasser. Matsuo Basho (1644-1694)

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Ideen für den Unterricht

Kunst im öffentlichen Raum in Auseinandersetzung mit den Arbeiten von Jo Achermann (fächerübergrei- fend) - Auf ihrem Schulweg suchen die Schüler/-innen nach Orten, an denen Skulpturen, Brunnen oder Denkmäler zu sehen sind und fotografieren sie. In der Klasse können sie ihre Funde vorstellen. Die Fotografien dienen als Ausgangslage für eine Diskussion über Kunst im öffentlichen Raum.

Landschaftsmalerei (fächerübergreifend): - Die Schüler/-innen überlegen sich, welches ihr persönlicher Lieblingsort ist und zeichnen ihn aus der Erinnerung. Sie be- schreiben den anderen ihren Ort und erzählen, weshalb er für sie so besonders ist. - Die Schüler/-innen suchen sich in ihrer Umgebung eine Sitz- bank aus und skizzieren, was sie von diesem Sitzplatz aus se- hen. Wo sind Sitzplätze im öffentlichen Raum platziert und wozu dienen sie?

Zu den Arbeiten Judith Alberts (DE): - Die Schüler/-innen verfassen ein eigenes Haiku passend zur Jahreszeit. Eine flüchtige Beobachtung oder ein Gedankenblitz können als Inspiration dienen. Die Kunst des Haiku ist seine Knappheit. Ein traditionelles Haiku beschränkt sich auf 17 Silben.

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Arbeitsblatt: Raum und Landschaft

«Steinig und schwer» sei der Weg zurück zum Erfolg gewesen, sagen Sportlerinnen und Sportler gerne nach einer Verletzung. Redewendungen oder – wir wollen eine Brücke zur Ausstel- lung schlagen – ‚Landschaftsbilder‘ dieser Art sind Teil unse- rer Alltagssprache geworden. Auf unserem Rundgang wirst du auf Werke von vier Kunst- schaffenden treffen, die sich mit dem Thema Landschaft und Raum auseinandergesetzt haben. Ihre Sichtweise ist unter- schiedlich, auch weil sie unterschiedliche Materialien einge- setzt haben: Holz, Farbe und Videokamera. Zudem leben oder lebten sie in unterschiedlichen Zeiten. Das älteste Bild, das du antreffen wirst, ist fast zweihundert Jahre alt, das Neueste erst vor kurzem entstanden.

Auf diesem Rundgang wirst du den Werken der folgenden Kunstschaffenden begegnen:

Jo Achermann (*1954 in Stans) Nach einer Käserlehre entschied sich Jo Achermann für eine Kunstausbildung an der Schule für Gestaltung in Luzern im Fach Plastisches Gestalten. Danach studierte er in Düsseldorf und New York. Erinnerungen aus seiner Kindheit an das Spie- len im Wald haben Achermanns Schaffen geprägt. Holz ist seither sein bevorzugtes Arbeitsmaterial.

Jakob Joseph Zelger (*1812 in Stans, †1885 in Luzern) Nach einer Lehrzeit beim Maler Johann Baptist Marzohl in Luzern lässt sich Jakob Joseph Zelger bei einem bekannten Genfer Gebirgsmaler ausbilden. Er ist ein wichtiger Vertreter der Zentralschweizer Landschaftsmalerei des 19. Jahrhun- derts. In dieser Zeit stellten sich Maler vermehrt in den Dienst des neu aufkommenden Tourismus. Zelger richtete deshalb 1851 in der Touristenstadt Luzern in der Nähe des Hotels Schweizerhof sein Atelier ein.

Hans von Matt (*1899 in Stans, †1985 in Stans) Der Stanser Künstler Hans von Matt besuchte Kunstgewerbe- schulen und Akademien in Genf, Florenz, München und Paris. Er war vielseitig begabt. Neben seiner Arbeit als Bildhauer, veröffentlichte er Bücher, war Maler und engagierte sich poli- tisch für kulturelle Belange. Er beschäftigte sich mit verschie- denen modernen Strömungen der Kunst. Mit dem Expressio- nismus, dem Kubismus, dem Neoklassizismus und mit aussereuropäischer Kunst.

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Judith Albert (*1969 in Sarnen) Die in Sarnen geborene Künstlerin Judith Albert absolvierte an der Zürcher Hochschule der Künste eine Ausbildung im Be- reich Visual Arts (Visuelle Künste). Judith Albert lebt in Zürich ist vor allem in den Bereichen Video, Performance und Foto- grafie tätig.

Der Rundgang beginnt im Garten des Winkelriedhauses 1: Die Plastiken – sie entstehen im additiven Verfahren, das mit den Werken von Jo Achermann. bedeutet, dass sie aus Materialien zusammengefügt werden – sind aus Eichenholz. Stell dir vor, sie stünden nicht hier. Wie verändern sie den Garten? Notiere.

2: Die Arbeit Achermanns auf der Rückseite des Pavillons

trägt den Titel Schmarotzer . So bezeichnet man umgangs- sprachlich eine Person, die von einer anderen profitiert. Erklä- re.

3: Wenn du die Werke geschaffen hättest, welche Titel würdest

du den anderen Plastiken geben?

Weiter geht es im ersten Obergeschoss. Im Raum links 4: Betrachte die Bilder. Gefällt dir eines besonders gut? Ver- (Speisezimmer) findest du die Werke von Jakob Joseph Zelger. weile davor und betrachte besonders die dargestellten Jahres- zeiten, Licht und Schatten sowie die Art der Landschaften, die

dem Maler besonders wichtig waren. Tausche deine Beobach- tungen mit den Kameraden aus, die ‚dein‘ Bild ebenfalls aus- gewählt haben.

5: Heute hängen Zelgers Bilder im Museum. Wo könnten sie

früher gehangen haben? In Kapellen, Kirchen, Villen, Kneipen, Wohnungen, Schlössern oder im Bundeshaus? Begründe.

6: Oft scheint bei uns die Sonne nicht und es ist grau, trüb und

nass. Weshalb zeigt der Maler seine Landschaften bei schöns- tem Wetter, blauem Himmel und glatten Wasseroberflächen?

Jetzt gehen wir auf unserem Rundgang ins zweite Ober- Betrachte Hans von Matts Landschaft aus dem Jahr 1914. geschoss zum Raum von Annemarie und Hans von Matt.

7: Welche Farben verwendete der Künstler hauptsächlich? Welche Stimmung drückte er durch die Farbwahl und die Art der Strichführung aus?

8: Erinnerst du dich noch an die Gemälde von Jakob Joseph Zelger? Wie unterscheidet sich Hans von Matts Landschaft davon?

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Mädchen am Fenster (1931) 9: Betrachte das Mädchen und seine Haltung und überlege dir, was das Mädchen hätte sehen können. Zeichne es.

Über das Treppenhaus gelangst du im dritten Oberge- Kein Wasser kein Mond (2004) schoss zu den Arbeiten von Judith Albert. 10: Betrachte beim Treppenaufgang das Video. Forme mit der Hand ein schmales Guckloch, schaue mit einem Auge hin- durch. Lass dein ‚Fernrohr‘ durch die Etage schweifen auf der Suche nach einem interessanten Bildausschnitt, der dir gefällt. Skizziere ihn. Kann ihn dein Kamerad oder deine Kameradin finden, wenn du deine Skizze zeigst? Wechselt anschliessend die Rollen.

Haiku 1-5 (1999/2000) 11: Schau dir die fünf Videos an. Für welche Jahreszeiten könnten die einzelnen Arbeiten stehen? Tipp: Die leise hörba- ren Geräusche geben dir Hinweise. Schliesse nun die Augen und beschreibe einem Kameraden oder einer Kameradin, was du gehört hast.

12: Am uralten Teich springt ein Frosch vom Uferrand Ein Ton im Wasser. Matsuo Bosho (1644-1694)

Das ist ein Haiku. Ein Haiku ein kurzes Gedicht von nur 3 Zei- len, meist mit höchstens 17 Silben und kommt aus Japan. Bil- det 5 Gruppen und wählt einen Bildschirm. Betrachte das Vi- deo und notiere zwei Stichworte, die dir dazu spontan einfallen. Tragt eure Stichworte zusammen und macht daraus ein Kurzgedicht.

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Rundgang 3: Holz und Eisen –

Ursprüngliche Materialien der Kunst

Informationen für Lehrpersonen

Die Sammlung des Nidwaldner Museums vereint Werke aus den unterschiedlichsten Materialien. Aus welchen Werkstoffen Kunstwerke überhaupt bestehen und dass diese entscheidend an der Wirkung und Bedeutung eines Werks beteiligt sind, ist uns oft nicht bewusst. In diesem Rundgang werden die ausge- stellten Werke deshalb unter dem Aspekt der Materialität be- trachtet. Die beiden ursprünglichen Materialen Holz und Eisen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung. Die Schüler/-innen lernen die grundlegenden Eigenschaften dieser Materialien besser kennen und erkennen, warum sie für die Arbeitsweise der Kunstschaffenden wichtig sind. Wie sich Ma- terialwahl, Herstellungsverfahren und Bildaussage gegenseitig beeinflussen, wird anhand ausgewählter Arbeiten genauer untersucht.

Auf diesem Rundgang werden folgende Kunstschaf- fende behandelt: A. Josef Maria Odermatt B. Jo Achermann C. Votivbilder D. Annemarie von Matt E. Paul Lussi

Der Rundgang beginnt vor dem Winkelriedhaus bei den A. Josef Maria Odermatt (*1934 in Stans, †2011 in Plastiken von Josef Maria Odermatt. Oberdorf) Grundlage der Skulpturen von Josef Maria Odermatt ist der Werkstoff Eisen. Als gelernter Schmied hat er nie mit einem anderen Material gearbeitet. Odermatt arbeitete mit industriell produzierten Stahlplatten und -barren, die er zerlegte, bearbei- tete und zu kompakten Körpern neu zusammenschweisste. Er plante dabei keine bestimmte Form zu kreieren. Diese ergab sich erst im Verlauf des Arbeitsprozesses. Die Oberfläche be- handelte er am Schluss mit dem Hammer bis sie glatt und ge- schmeidig war. Das Schmieden war nicht nur Odermatts Handwerk, sondern auch eine Leidenschaft. Er fertigte alle Skulpturen selbst: Ihre Grösse richtete sich nach den Möglich- keiten, die er alleine mit seinen Werkzeugen bewältigen konn- te. In dem Sinne hat das Material einen direkten Einfluss auf seine Gestaltungsweise.

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Eisen ist ein hartes unedles Metall, das durch Erhitzen und Schmieden in seiner Form verändert werden kann. Es wurde bereits in der Antike zur Herstellung von Werkzeugen und Waffen verwendet und ist vor allem aus der Baukunst bekannt als Material für Brücken, Hochbauten und Industriehallen. Erst im 20. Jahrhundert wird Eisen zu einem beliebten Werk- stoff in der bildenden Kunst. Kunstschaffende schätzen das Material wegen seiner Formbarkeit und der rohen und archai- schen Ästhetik.

Aufgaben für die Schüler/-innen: 1: Die Schüler/-innen untersuchen Farbe, Temperatur, Ober- flächenbeschaffenheit sowie geschätztes Gewicht der beiden Skulpturen und erstellen einen Steckbrief. Die Plastiken dür- fen berührt und abgeklopft, ihre Oberfläche mit Papier und Bleistift abgerieben werden.

2: Welchen Einfluss hat das Material auf die Wirkung der Plastiken?

3: Odermatt hat oft versucht, Gefühle oder abstrakte Begriffe in elementaren Formen auszudrücken. Er hat seinen Skulptu- ren jedoch keine Namen gegeben und überlässt uns die Ent- scheidung, was wir darin erkennen. Welche Empfindungen und Assoziationen verbinden die Schüler/-innen mit den Ob- jekten? Welche Titel würden sie den beiden Figuren geben? (**)

Durch das Eingangstor gelangen Sie in den Innenhof des B. Jo Achermann (*1954 in Stans) Winkelriedhauses. Jo Achermann hat sich nach seiner Käserlehre für eine Kunst- ausbildung entschieden. Kindheitserinnerungen an das Spie- len im Wald haben Achermanns Schaffen geprägt und seit Beginn seiner künstlerischen Laufbahn ist Holz sein bevorzug- ter Werkstoff.

Holz ist neben Stein und Metall einer der Grundstoffe mensch- licher Kulturtätigkeit, aus ihm wurden seit Jahrtausenden Häuser errichtet, Werkzeuge, Boote und Möbel hergestellt. Schreiner, Zimmerleute und auch Kunstschaffende schätzen an diesem Material, dass es in gegen zehntausend Arten auf- tritt und sich für verschiedenste Verwendungszwecke und Be- arbeitungsweisen anbietet.

Aufgaben für die Schüler/-innen: Kubus, 2012 4: Die Schüler/-innen untersuchen Farbe, Temperatur, Ober- flächenbeschaffenheit und geschätztes Gewicht der Skulptur Kubus und erstellen wiederum einen Steckbrief, der sich mit jenem zu den Arbeiten von Josef Maria Odermatt

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vergleichen lässt. Wie unterscheiden sich die beiden Materia- lien voneinander? Welche Gemeinsamkeiten gibt es?

5: Jo Achermann hat die Plastik für den Innenhof des Winkel- riedhauses entworfen. Die Schüler/-innen schauen sich die Arbeit genauer an und diskutieren, welche Elemente aus der Umgebung sich darin wiederfinden, wovon er sich hat inspi- rieren lassen und welche Funktionen die Skulptur haben könnte. Auch die Materialwahl kann besprochen werden: Warum hat der Künstler die Skulptur aus Holz gefertigt? Was würde sich in der Wirkung der Arbeit verändern, wenn sie stattdessen aus Eisen wäre? (**)

Anfänglich hat Jo Achermann Kunstwerke aus grob zugesäg- ten Ästen hergestellt und benutzte Holzstücke auch als Druck- stock. Heute entwirft er aus industriell gefertigten Balken raumgreifende Skulpturen wie den Kubus im Innenhof, der sowohl Plastik wie auch Möbel sein kann. Sie lädt zum Sitzen ein, ist aber gleichzeitig ein architektonisches Element zwi- schen Alt- und Neubau des Museums. Durchblick, Raster und Proportion sind wichtige gestalterische Elemente dieser Ar- beit.

Betreten Sie das Winkelriedhaus und gehen Sie in das C. Votivbilder erste Obergeschoss. Folgen Sie dem Korridor. Durch das Speisezimmer gelangen Sie in die Küche. Votive sind Opfergaben, die in der Kirche dargebracht wurden als Dank für Rettung oder als Bitte um Schutz in einer Notsi- tuation. Sie wurden oft bei Handwerks- und Gelegenheitsma- lern in Auftrag gegeben. Nicht die Malerei an sich, sondern die Funktion der Votivtafeln steht dabei im Vordergrund. Die hier ausgestellte Votivsammlung bietet Einblick in die Alltagssor- gen der regionalen Bevölkerung und die Lokalgeschichte. Des- halb sind sie auch in der Küche, einem wichtigen Raum im Alltag, ausgestellt.

Das Material Holz hat im christlichen Kulturkreis einen be- sonderen Stellenwert. Christus starb an einem hölzernen Kreuz, was Anlass dazu war, dass Kruzifixe bis heute aus Holz gefertigt werden. Auch die hier ausgestellten Votivbilder sind auf Holztafeln gemalt worden. Holz war für die Auftragsmaler ein günstig verfügbarer Bildträger. Die Tafeln sind teilweise von Wurmlöchern gezeichnet, tragen Spuren des Alters und der Lebendigkeit des Materials.

Aufgaben für die Schüler/-innen: Die Schüler/-innen erhalten Zeit, die Darstellungen genauer anzuschauen. 6: In Kleingruppen wählen sie eine Arbeit aus und stellen den anderen vor, was auf dem Bild geschieht. Wer sind die darge- stellten Personen und was widerfährt ihnen? Gibt es Beson- derheiten der Machart des Bildes?

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Fragen zur Vertiefung: Woraus besteht der Bildträger? Wo sind sie ursprünglich gehangen und warum sind sie in der Küche des Winkelried- hauses ausgestellt?

Über die Treppe erreichen Sie das zweite Obergeschoss, D. Annemarie von Matt (*1905 in Root, †1976 in der Rundgang wird im Zimmer 1 fortgesetzt. Stans)

Annemarie von Matt stammte aus bescheidenen Verhältnis- sen. Über ihre Tätigkeit in einer Buchhandlung gelangte sie in ein künstlerisches Umfeld und wurde in den 1920er Jahren zu einer bekannten Innerschweizer Künstlerin. 1935 heiratete sie Hans von Matt, dessen künstlerischen Arbeiten im selben Raum ausgestellt sind, und zog nach Stans. Zurückgezogen vom gesellschaftlichen Leben widmete sie sich später vermehrt ihrem literarisch-künstlerischen Werk.

Aufgaben für die Schüler/-innen: 7: Die Schüler/-innen wählen aus der Vitrine ein Objekt aus und skizzieren es. Anhand der Zeichnung stellen sie sich ge- genseitig vor, um welchen Gegenstand es sich handelt, welche Materialien verwendet werden und welche gestalterischen Mittel Annemarie von Matt angewandt hat.

8: Die Objekte in der Vitrine werden genauer betrachtet: Woran erinnern die ausgestellten Werke die Schüler/-innen? Welche Absicht könnte die Künstlerin mit ihrer Herstellung und Verfremdung verfolgt haben? Welche Funktion kommt dabei dem Material, der Schrift und der Farbe zu? (**)

Die ausgestellten Arbeiten – Figuren, Zeichnungen, Skizzen, Briefe und Fotografien – folgen nicht dem damaligen Werk- verständnis. Darin drückt die Künstlerin vielmehr ihre persön- liche Befindlichkeit aus. Es sind oft Gegenstände des alltägli- chen Gebrauchs, die sie veränderte, ergänzte oder neu kombinierte. Ihr Interesse galt dem Sammeln, Archivieren und Beschriften. Kunst war für sie eine autobiografische Auseinan- dersetzung: Jedes Ding ihres Zuhauses wurde gestaltet (vgl. Fenster mit bemalten Scheiben) und so zu einem Teil eines Gesamtwerks, das erst nach Annemarie von Matts Tod an die Öffentlichkeit gelangte. Neben Papier, Karton, Ton, Stoffen und Metall taucht auch das Material Holz immer wieder auf. Die kleine Skulptur Königin von Saba mit ihrem Sohn Menelik erinnert an geschnitzte Holzfiguren aus dem religiösen Kontext und an die Volks- kunst. Durch das eigenhändige Heraushauen aus dem Holz und das rohe Schnitzen bleiben die Spuren der Bearbeitung sichtbar. Diese unmittelbare Arbeitsweise findet sich auch in den figürlichen Holzskulpturen von Kunstschaffenden des Expressionismus bis hin zur Gegenwart (beispielsweise beim Stanser Künstler Rochus Lussi).

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Der Rundgang endet auf derselben Etage im Raum 3. E. Paul Lussi (*1952 in Stans) Paul Lussi studierte an der Kunsthochschule in Luzern und war daneben auch als Restaurator tätig. In seinen Werken finden sich pflanzliche, tierische sowie menschliche Figuren und Motive. Gesellschaftliche Themen beschäftigen ihn glei- chermassen wie das natürliche Werden und Vergehen. So auch in der raumgreifenden Installation im Winkelriedhaus.

Ein Ast ohne Rinde, der an Schwemmholz erinnert, industriell gefertigte Balken bei Jo Achermann, Papier und geschnitzte Skulpturen in Annemarie von Matts Arbeit – Holz hat viele Erscheinungsformen. Als organisches Material ist es der Zer- störung durch Feuer, Insekten, Wasser und Licht ausgesetzt. Holz als künstlerisches Material kann auch ein Symbol für etwas anderes sein: So steht beispielsweise totes Holz für Zer- fall und Zerstörung, ein grüner Zweig für fruchtbares Leben.

Aufgaben für die Schüler/-innen: Ruf aus dem Wald, 2010 9: In Paul Lussis Arbeit werden verschiedene Erscheinungs- formen von Holz sichtbar. Gemeinsam kann daran die Pro- duktionskette vom Baum, über das zugeschnittene Holz, bis zum Papier rekonstruiert werden. Die Schüler/-innen tau- schen sich über ihre persönlichen Erfahrungen im Wald aus und überlegen sich, welche Erfahrung dem Künstler als Inspi- ration gedient haben könnte.

10: Der Titel der gezeigten Arbeit bezieht sich auf das be- kannte Sprichwort: «Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.» Was bedeutet dieses Sprichwort und wie könnte es mit der Arbeit in Verbindung gebracht werden? Wofür könnte der Stamm ein Symbol sein? (**)

Der Schwemmholzstamm vor der Projektion ist mit Titeln und Schlagzeilen aus Zeitschriften übersät. Er steht symbolhaft für die Fülle ‚angeschwemmter Informationen’ und nimmt Bezug auf die Schnelllebigkeit der Medien. Das Material, das auch zur Papierherstellung dient, wird hier real und im übertragenen Sinn zum ‚Informationsträger’. Auch in Bezug auf den Ausstel- lungstitel «Nachhall und Witterung» entstehen in dieser Ar- beit interessante Assoziationsfelder.

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Ideen für den Unterricht

Materialismus Holz und Metall (fächerübergrei- fend): - Die Schüler/-innen sammeln Holzgegenstände aller Art, vom Spielzeugpferd, über den Kochlöffel, hin zum Holzschuh oder Schneidebrett. Es folgen Materialuntersuchungen mit Augen, Händen und Geruchssinn. Durch ihre Sinne lernen die Schü- ler/-innen unterschiedliche Holzarten, ihre Eigenschaften und Einsatzgebiete kennen. Die Lehrperson ergänzt Informationen und Bezeichnungen der Holzarten. - Die Gegenstände werden nach unterschiedlichen Kategorien (Härte, Farbe, Massivholz/Holzwerkstoff, Funktion etc.) ge- ordnet und allenfalls beschriftet. - Diese Materialsammlung kann Ausgangspunkt sein, Ge- schichten zu erzählen, die Gegenstände zeichnerisch zu erfas- sen oder zu verfremden oder im Technischen Gestalten eine Holzwerkarbeit zu initiieren. Der gleiche Ansatz kann auch mit Metallgegenständen verfolgt werden.

Schmarotzer aus Stäben: - Holzstäbe von Zahnstochern, über Grillspiesse, zu Bambus- stangen sind grundlegender Werkstoff für konstruktive Bau- weisen und können im Bildnerischen oder Technischen Gestal- ten vielseitig eingesetzt werden. Einfache Verbindungsmaterialien wie Plastilin, Heissleim, Klebeband, Kabelbinder oder Schlauchmaterial ermöglichen es, die Stäbe untereinander zu verbinden und zusammen zu halten. In Gruppenarbeiten können daraus einfache dreidi- mensionale Konstruktionen erstellt werden. Dabei werden auf spielerische Weise statische Gesetzmässigkeiten erprobt. - In Anlehnung an Jo Achermanns Arbeiten sind Modelle für Sitzgelegenheiten, Unterstände oder an bestehende Architek- tur andockende Gebilde mögliche thematische Ziele. Mittels ergänzender Beispiele aus Kunst und Architektur können je nach Stufe unterschiedlich komplexe Anwendungen bis hin zum raumhohen Turm oder begehbarem Zelt thematisiert werden.

Papier, handgeschöpft: - Aus Altpapier und Wasser wird mit einem Handrührgerät Papierbrei (Pulpe) angefertigt. Mit einem selbstangefertigten Schöpfrahmen aus Holz und Aluminium-Fliegengitter wird dieser Brei abgeschöpft und das entstandene Papier zum Trocknen ausgelegt. Dieses kann mit getrockneten Blüten, Farbe, Gewürzen, vorgefundenem Bildmaterial etc. vielseitig gestalterisch ergänzt werden.

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Anhand des Unterrichtsprojekts können die Produktions- schritte und der ökologische Kreislauf vom Baum zum Papier und die Weiterverarbeitung zu Altpapier thematisiert werden.

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Arbeitsblatt: Holz und Eisen – Ursprüngliche Materialien der Kunst

Auf diesem Rundgang entdeckst du Kunstwerke aus ganz un- terschiedlichen Materialien. Häufig achten wir gar nicht dar- auf, aus welchem Material ein Kunstwerk besteht. Oft ist uns auch nicht bewusst, wie sich die Wirkung eines Gegenstands durch das Material verändert. Wie du sehen wirst, ziehen sich die beiden ursprünglichen Materialen Holz und Eisen als roter Faden durch die Ausstellung.

Auf diesem Rundgang wirst du den Werken folgender Kunst- schaffenden begegnen:

Josef Maria Odermatt (*1934 in Stans, †2011 in Ober- dorf) Grundlage der Skulpturen von Josef Maria Odermatt ist der Werkstoff Eisen. Als gelernter Schmied hat er nie mit einem anderen Material gearbeitet. Industriell hergestellte Stahlplat- ten bearbeitet Odermatt mithilfe eines Hammers und formt aus ihnen kompakte Körper.

Jo Achermann (*1954 in Stans) Nach einer Käserlehre entschied sich Jo Achermann für eine Kunstausbildung an der Schule für Gestaltung in Luzern im Fach Plastisches Gestalten. Danach studierte er in Düsseldorf und New York. Erinnerungen aus seiner Kindheit an das Spie- len im Wald haben Achermanns Schaffen geprägt. Seit Beginn seiner künstlerischen Laufbahn ist Holz sein bevorzugtes Ar- beitsmaterial.

Annemarie von Matt (*1905 in Root, †1976 in Stans) Annemarie von Matt stammte aus bescheidenen Verhältnis- sen. Über ihre Tätigkeit in einer Buchhandlung gelangte sie in ein künstlerisches Umfeld und wurde in den 1920er Jahren zu einer bekannten Innerschweizer Künstlerin. 1935 heiratete sie Hans von Matt und zog nach Stans. Zurückgezogen vom ge- sellschaftlichen Leben widmete sie sich später vor allem ihrem literarisch-künstlerischen Werk.

Paul Lussi (*1952 in Stans) Paul Lussi studierte an der Kunsthochschule in Luzern und war darüber hinaus als Restaurator tätig. In seinen Werken finden sich pflanzliche, tierische sowie menschliche Figuren und Motive. Gesellschaftliche Themen beschäftigen ihn ebenso wie das Werden und Vergehen in der Natur.

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Der Rundgang beginnt vor dem Winkelriedhaus bei den 1: Untersuche die Farbe, Temperatur, den Klang und die Ober- Plastiken von Josef Maria Odermatt. fläche der Plastiken. Schätze auch das Gewicht. Erstelle zu einer Plastik einen Steckbrief.

2: Stelle dir vor, die Plastiken wären aus einem anderen Mate- rial. Wie würden sie sich verändern?

3: Odermatt hat oft versucht, Gefühle oder abstrakte Begriffe in Formen auszudrücken. Welche Empfindungen und Assozia-

tionen verbindest du mit den Objekten? Finde einen passen- den Titel für eine Plastik. (**)

Durch das Eingangstor gelangst du in den Innenhof des 4: Untersuche die Farbe, Temperatur, Oberfläche und das Winkelriedhauses. Hier findest du drei Plastiken von Jo geschätzte Gewicht der Plastik Kubus . Erstelle einen Steck- Achermann. brief, der sich mit jenem zu Odermatts Arbeit vergleichen lässt. Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten stellst du

fest?

5: Diskutiert in Gruppen, welche Elemente aus der Umgebung

ihr in den Arbeiten von Jo Achermann wiederfindet. Wovon hat sich der Künstler wohl inspirieren lassen? (**)

Im Winkelriedhaus geht der Rundgang im ersten Ober- Du hast Zeit, dir die Darstellungen genau anzusehen. geschoss weiter. Folge dem Korridor, dann gelangst du durch das Speisezimmer in die alte Küche. 6: Wählt in Gruppen eine Arbeit aus und stellt den anderen vor, was auf dem Bild geschieht. Wer sind die dargestellten

Personen und was passiert ihnen?

Der Rundgang geht im zweiten Obergeschoss im Zimmer 7: Wähle aus der Vitrine einen Gegenstand aus und skizziere 1 und den Arbeiten Annemarie von Matts weiter. ihn. Überlege dir, welche Materialien die Künstlerin verwendet hat. Stelle den Gegenstand anhand der Zeichnung den anderen

vor.

8: Schaue dir die Objekte in der Vitrine genau an. Welche Ge-

genstände sind dir bekannt? Was macht Annemarie von Matt damit? Welche Absicht könnte die Künstlerin mit der Herstel-

lung und Verfremdung der Gegenstände verfolgt haben? (**)

Der Rundgang endet auf der gleichen Etage im Raum 3 9: In Paul Lussis Arbeit sind verschiedene Formen von Holz und den Arbeiten von Paul Lussi. sichtbar. Welche Stadien der Holzproduktion kannst du er- kennen? Was sind deine persönlichen Erfahrungen mit Wald. Diskutiert in Zweiergruppen.

10: Der Titel der Arbeit bezieht sich auf das bekannte Sprich- wort: «Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.» Überlege dir, was dieses Sprichwort bedeutet und was Paul Lussis Arbeit damit zu tun haben könnte? (**)

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Rundgang 4: Das Winkelriedhaus und der Bauherr Melchior Lussi im 16. Jahrhundert

Informationen für Lehrpersonen

Das Winkelriedhaus beherbergt nicht nur eine Kunstausstel- lung mit Werken aus der Sammlung des Nidwaldner Muse- ums, sondern ist selbst ein historisches Objekt. Anhand des Hauses lässt sich das Wirken des aussergewöhnlichen Bau- herrn Melchior Lussi entdecken, der im 16. Jahrhundert einer der führenden Politiker der Region war.

A. Garten: Vom Fachwerkbau zum Patrizierhaus Das «Haus der Winkelried» entstand um 1450 als Fachwerk- gebäude in der Grösse von 10 x 10 x 10 Metern. 1542 ging das Gebäude zur Familie Lussi über. Melchior Lussi (1529-1606) verlieh dem Gebäude während 40 Jahren ein neues Erschei- nungsbild. Zuerst nahm Lussi Veränderungen im Inneren vor, schuf die Prunkstube, richtete im Dachgeschoss einen Festsaal ein und vergrösserte den Keller. Anschliessend erweiterte er in verschiedenen Etappen den Umfang des Gebäudes. Er glieder- te ein neues Treppenhaus an und baute mehrere Loggien. Lus- si war von der italienischen Kultur fasziniert. Diese Vorliebe zeigt sich im Winkelriedhaus in den Kreuzgewölben, den Log- gien und Säulen. Als wichtige Persönlichkeit galt es für Mel- chior Lussi, sich nicht nur ein alltagstaugliches Haus, sondern vor allem einen Repräsentationsbau zu schaffen.

Das Winkelriedhaus wurde zwischen 1986 und 1992 renoviert und anschliessend an das Nidwaldner Museum übergeben. Wie das Gebäude vor der Restaurierung ausgesehen hat, zei- gen folgende Fotografien:

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Abbildung 1: Winkelriedhaus vor der Renovation

Abbildung 2: Winkelriedhaus, Hofseite

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Aufgaben für die Schüler/-innen:

1: Welche Veränderungen sind festzustellen? Zu Lebzeiten Melchior Lussis war das Winkelriedhaus an drei von vier Fassaden mit Malereien geschmückt. Unter anderem stellte ein Porträt Lussi als venezianischen Oberst dar.

Die folgenden Pläne und Rekonstruktionen zeigen die bauli- chen Veränderungen des Winkelriedhauses vom Fachwerkbau zum stattlichen Patrizierhaus.

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Abbildung 3: Legende n

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Abbildung 4: Grundriss Erdgeschoss

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Abbildung 5: Rekonstruktion 1456 /57

Abbildung 6: Rekonstruktion ab 1601

Pläne von Hans Reinhard, Reinhard Architekten, Hergiswil

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Vom Garten gelangen Sie in den Korridor des Winkel- B. Eingang: Mauern des «Hauses der Winkelried» riedhauses.

Aufgaben für die Schüler/-innen: 2: Sie lokalisieren ihren Standort im Plan des «Hauses der Winkelried». Sie vergleichen den Plan mit den heutigen Strukturen. Welche baulichen Veränderungen lassen sich feststellen? Die Schüler/-innen schreiten die heutigen Masse des Grundrisses dem Korridor entlang mit Schritten aus.

Heute betritt man das Winkelriedhaus durch den jüngsten, erst um 1600 entstandenen Teil des Gebäudes. Tritt man in den Korridor des Gebäudes, findet sich zur linken Hand noch die ehemalige Aussenwand des «Hauses der Winkelried». Die Aussenwand wurde vom Besitzer der neuen Nutzung als In- nenwand angepasst. So fehlen die Fenster und das überflüssig gewordene Vordach, das zuvor dem Hauseingang und der Aus- sentreppe zum Keller Schutz bot.

C. Keller: Melchior Lussi als Gewerbetreibender Das ursprüngliche «Haus der Winkelried» verfügte über zwei Keller im Untergeschoss. Beide besassen zunächst ein Tonnen- Gewölbe. Melchior Lussi erhöhte den östlichen Keller und liess ein Kreuzgewölbe einziehen.

Aufgaben für die Schüler/-innen: 3: Weshalb meint ihr hat Melchior Lussi den Keller vergrös- sert? Wozu könnten die Haken an der Decke gedient haben?

Die Veränderungen an den Kellern werden der gesteigerten Käseherstellung zugeschrieben. Melchior Lussi soll diesen Erwerbszweig von seinem Vater Johann übernommen und anschliessend derart intensiviert haben, dass die bisherigen Kellerkapazitäten nicht mehr ausreichten. Die Vieh- und Alpwirtschaft waren zentrale Erwerbszweige Nidwaldens. Seit dem 14. Jahrhundert spezialisierten sich Alp- täler vermehrt auf die Grossviehhaltung und auf die Produkti- on von Käse. Fleisch und Käse waren in Oberitalien vermehrt gefragt, was zu einer Steigerung des Exports von Vieh und Käseprodukten in diese Region führte.

Die «Alte Prunkstube», links vom Empfang im Erdgeschoss gelegen, wird heute vom Museum als Raum der Vermittlung genutzt. Sie können ihn gerne mit ihrer Schulklasse besichti- gen. Der Raum besitzt eine gotische Decke und einen aus ver- schiedenen Öfen zusammengeführten Kachelofen. Der Raum ist so niedrig, weil durch den Ausbau des Kellers sich die Raumhöhe der darüber liegenden «Alten Prunkstube» verrin- gerte.

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Über das Treppenhaus gelangen Sie in das erste Oberge- D. Festsaal: Lebensstationen von Melchior Lussi schoss. Gehen Sie auf der rechten Seite durch die «Neue Prunkstube» in den Festsaal. Im Gegensatz zu der warm und wohnlich gehaltenen Prunkstube gab Melchior Lussi dem Festsaal einen eher offi- ziellen Charakter. Als Persönlichkeit ist er durch die Wandma- lereien äusserst präsent. Die Malereien sind zu einem Zeit- punkt entstanden, als Lussi durch die Folgen eines Schlaganfalls nicht mehr reisen konnte.

Kurzbiographie von Melchior Lussi: 1 Melchior Lussi, geboren 1529, besuchte die Klosterschule in Engelberg. Während eines Aufenthalts in Bellinzona bei sei- nem Onkel lernte er italienisch und arbeitete anschliessend als Dolmetscher beim Landvogt von Locarno. Im Jahr 1551 kehrte er nach Stans zurück und wurde zum Landschreiber gewählt. 1554 war er Feldschreiber in französischen Diensten und führ- te später die päpstlichen Schweizertruppen ins Gefecht bei Paliano. 1560 schloss er einen Soldvertrag mit Venedig. Ab 1561 war er mehrfach Landammann von Nidwalden und be- stimmte die Politik im Kanton wesentlich mit. 1583 pilgerte Lussi nach Jerusalem und wurde dort zum Ritter des Heiligen Grabes geschlagen. 1590 unternahm er eine weitere Pilgerreise nach Santiago de Compostela. 1596 erlitt Lussi einen Schlag- anfall und zog sich aus der Politik zurück.

Akteur der Gegenreformation: Melchior Lussi spielte in der Reformationszeit eine zentrale Rolle. Nidwalden hielt, wie die übrigen Orte der Zentral- schweiz, während der Reformation an der katholischen Glau- bensrichtung fest. Ziel von Landammann Melchior Lussi war es, der Verbreitung der Reformation entgegenzutreten und die katholischen Gebiete zu stärken. Teil von Lussis Engagement in der Gegenreformation war seine Rolle als Gesandter der katholischen Orte am Konzil von Trient. Darüber hinaus ver- ankerte er den katholischen Glauben durch die Ansiedlung des Kapuzinerordens in Stans im Jahr 1583 in Sichtnähe seines Wohnsitzes.

Melchior Lussi als Militärunternehmer: Melchior Lussi war ein aktiver Militärunternehmer. Er war Feldschreiber in französischen Diensten und führte die päpst- lichen Schweizertruppen ins Gefecht bei Paliano. Als Oberst der Schweizer im Dienst Venedigs erhielt er Pensionsgelder,

1 Vgl. Fabian Hodel, Lussi [Lussy], Melchior, in: Historisches Lexikon der Schweiz, http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D23178.php, Version vom 20. Oktober 2009 (Stand: 23.07.2014). Für eine ausführliche Bio- graphie vgl. Hansjakob Achermann, Besitzer und Bewohner, in: Das Winkelriedhaus. Geschichte, Restaurierung, Museum, hrsg. vom Histori- schen Verein Nidwalden u. Winkelriedhaus-Stiftung, Stans 1993, S. 32– 39.

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das heisst Zahlungen für kriegerische Einsätze sogenannter Reisläufer. Als Söldner oder Reisläufer wurden Männer be- zeichnet, die in sogenannten Fremden Diensten in den Krieg zogen. Von den Zahlungen ausländischer Kriegsherren profi- tierte nicht nur Melchior Lussi selbst, sondern auch die Staats- finanzen.

Die Wandmalereien im Festsaal repräsentieren vor allem Lus- sis religiöses Leben und Engagement. Von links nach rechts zeigt der Raum eine Kreuzigungsdarstellung Christi mit Maria, Johannes und Maria Magdalena. Über dem Fenster prangt das Zeichen der Ritter vom Heiligen Kreuz, darauf folgt eine Stadtansicht Jerusalems. Oberhalb des Tresors befindet sich schliesslich eine Darstellung der Pilgerreise Lussis von Madrid nach Santiago de Compostela 1590. Lussi ist durch das Jerusa- lemkreuz auf dem Mantel an der Spitze der Pilgergruppe ge- kennzeichnet. Lussis grosse Verehrung von Bruder Klaus zeigt sich durch sein Porträt des Heiligen mit Stock und Rosen- kranz. Lussi selbst wollte sich in fortgeschrittenem Alter aus der aktiven Politik zurückziehen und als Eremit leben.

Lussi verewigte auch seine Familie im Raum. In den Türlai- bungen sind zwei seiner Gattinnen in Form ihrer Namenspat- roninnen repräsentiert: Links verweist die Darstellung der Heiligen Agatha auf Lussis Frau Agatha Wingartner; rechts die Heilige Anna von Selbdritt auf Anna Auf der Maur, Lussis drit- te Frau. Die Familie Lussi gehörte zu den führenden Ge- schlechtern Nidwaldens ihrer Zeit, die über viele Jahre hinweg die Politik des Orts dominierte.

Aufgaben für die Schüler/-innen: 4: Welche Stationen aus Melchior Lussis Leben könnt ihr an den Wänden entdecken? Was war Melchior Lussi in seinem Leben besonders wichtig? Wenn ihr die Wände als Porträt von Melchior Lussi betrachtet, was für eine Person war er?

5: Wie könnte Melchior Lussi ausgesehen haben? Die Schü- ler/-innen entwerfen ein Porträt von Melchior Lussi.

6: Welches sind für euch die bisher wichtigsten Stationen in eurem Leben? Haltet ihr diese auch fest? Mit welchen Medien (Tagebuch, Natel, Facebook etc.)? Die Schüler/-innen skizzie- ren ihre bisher wichtigsten Erlebnisse in einer Bildergeschich- te und stellen diese den anderen vor.

Nidwaldner Museum Ausstellung «Nach hall und Witterung» – Rundgänge Kunstvermittlung 41

7: Im Festsaal präsentierte Lussi seinen Reichtum. Könnt ihr entdecken, welches Element im Raum darauf verweisen könnte? Am Ende des Stegs befindet sich eine mit goldenen Nägeln besetzte Tresortüre. Den eigenen Reichtum zu zeigen, war damals durchaus chic, zudem war durch den Tresor für allfällige Transaktionen immer Geld greifbar. Wo bewahrt ihr heute eure Wertgegenstände auf?

Zum Abschluss können die Schülerinnen und Schüler das Kreuzworträtsel lösen.

Nidwaldner Museum Ausstellung «Nach hall und Witterung» – Rundgänge Kunstvermittlung 42

Arbeitsblatt: Das Winkelriedhaus

und der Bauherr Melchior Lussi im 16. Jahrhundert

Auf diesem Rundgang lernst du die Geschichte des Winkel-

riedhauses und von Melchior Lussi (1529-1606) kennen. Mel-

chior Lussi war einer der einflussreichsten Politiker der Region

des 16. Jahrhunderts. Das «Haus der Winkelried» entstand

um 1450 als ein einfaches Fachwerkgebäude mit einem Grund-

riss von 10 x 10 x 10 Metern. Melchior Lussi baute das Haus im

16. Jahrhundert während 40 Jahren zu einem repräsentativen

Patrizierhaus um.

Melchior Lussi (*1529 in Stans, †1606 in Stans)

Melchior Lussi besuchte die Klosterschule in Engelberg. Wäh-

rend eines Aufenthalts in Bellinzona bei seinem Onkel lernte

er italienisch und arbeitete anschliessend als Dolmetscher

beim Landvogt von Locarno. Im Jahr 1551 kehrte er nach

Stans zurück und wurde zum Landschreiber gewählt. 1554 war

er Feldschreiber in französischen Diensten und führte später

die päpstlichen Schweizertruppen ins Gefecht bei Paliano.

1560 schloss er einen Soldvertrag mit Venedig. Ab 1561 war er

mehrfach Landammann von Nidwalden. 1583 pilgerte Lussi

nach Jerusalem und wurde dort zum Ritter des Heiligen Gra-

bes geschlagen. 1590 unternahm er eine weitere Pilgerreise

nach Santiago de Compostela. 1596 erlitt Lussi einen Schlag-

anfall und zog sich aus der Politik zurück.

Der Rundgang beginnt im Garten. 1: Vergleiche die Fotografien vor der Restaurierung mit dem heutigen Aussehen des Gebäudes. Welche Veränderungen fallen dir auf? Notiere.

Durch die Türe gelangst du zum Eingangsbereich des 2: Vergleiche die Pläne mit dem Gebäude und finde deinen Winkelriedhauses. Standort im Plan. Welche baulichen Veränderungen stellst du fest? Findest du noch Spuren vom ursprünglichen «Haus der Winkelried»? Miss die heutige Länge des Gebäudes mit Schrit-

ten aus. (**)

Gehe die Treppe hinunter. Das ursprüngliche «Haus der Winkelried» verfügte über zwei Keller im Untergeschoss. Melchior Lussi vergrösserte den Kel- lerbereich.

3: Was meinst du, weshalb hat Melchior Lussi den Keller ver- grössert? Tipp: Die Haken an der Decke könnten einen Hin- weis liefern.

Nidwaldner Museum Ausstellung «Nach hall und Witterung» – Rundgänge Kunstvermittlung 43

Gehe in das erste Obergeschoss. Auf der rechten Seite In den Wandmalereien liess Melchior Lussi wichtige Stationen gelangst du durch die Neue Prunkstube in den Festsaal. seines Lebens festhalten.

4: Welche Stationen aus Melchior Lussis Leben kannst du an den Wänden des Festsaals entdecken? Was war Melchior Lussi in seinem Leben besonders wichtig und was für eine Person war er?

5: Wie könnte Melchior Lussi ausgesehen haben? Skizziere.

6: Welches sind die für dich bisher wichtigsten Ereignisse in deinem Leben? Skizziere sie als kurze Bildgeschichte.

7: Melchior Lussi erreichte in seinem Leben ein beträchtliches Vermögen. Auch im Festsaal präsentierte Lussi seinen Reich- tum. Kannst du entdecken, was im Raum auf seinen Wohlstand verweist? Was würdest du heute von dir darin auf- bewahren?

Löse zum Abschluss das Kreuzworträtsel.

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