Josef Gröpl ommt in mein Haus Ökumenischer Kirchenführer K im Landkreis

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file:///M:/__Werke/mag/mg13676%20Ökumenischer%20Kirchenführer/Kirchenfuehr... 14.05.2019

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Covergestaltung: Lisa Schwenk Bildbearbeitung: Matthias Gackowski Druck: TZ-Verlag & Print GmbH, Roßdorf b. Darmstadt

ISBN 978-3-95786-201-3

© Wißner-Verlag, Augsburg 2019 | www.wissner.com

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Kirchenfuehrer_Buch.indb 2 28.05.2019 12:40:19 orwort V Dieser ökumenische Kirchenführer für den Landkreis Augsburg hat seinen Ursprung indirekt einem ökumenischen Großereignis zu verdanken: dem ersten Ökumeni- schen Kirchentag im Mai 2003 in Berlin. Auf dem Weg zu einer Veranstaltung fiel mir in einer Buchhandlung ein Buch mit dem Titel „Kirchen in Berlin“ auf. Darin waren die katholischen, evangelischen und auch die jüdischen Gotteshäuser be- schrieben. Da kam mir die Idee, katholische und evangelische Kirchen im Land- kreis Augsburg in einem Band zu veröffentlichen. Die Menschen früherer Zeiten gaben sich jede nur erdenkliche Mühe, ihre Kirchen von den berühmtesten Bau- meistern und Künstlern der damaligen Zeit errichten und ausstatten zu lassen, denn jede Kirche war für sie „das Haus Gottes und das Tor des Himmels“ (nach Gen 28,17) – gewissermaßen ein Stück Heimat, in der sie sich wohlfühlten. Aufgrund der Globalisierung gewinnt der Begriff „Heimat“ heute wieder mehr an Bedeutung. Dieser erstreckt sich nicht nur auf die eigene Familie und den Freun- deskreis, sondern auch auf die heimische Landschaft mit ihren vielen sehens- werten Kulturgütern, unter denen vor allem Kirchen – katholische und evangeli- sche – eine besondere Rolle spielen. Diese wieder den Menschen mehr bewusst zu machen und die Schönheit der Kunstschätze – auch einfacher Dorfkirchen –, die zum Lobe Gottes errichtet wurden, den Besuchern näher zubringen, darin liegt der Sinn und Zweck dieses ökumenischen Kirchenführers. Im Gegensatz zu den evangelischen Kirchen konnten wegen der großen Anzahl nicht alle katholischen Kirchen darin aufgenommen werden; ich musste eine Aus- wahl aus allen Stilepochen treffen: von der Romanik bis zur Moderne. Die Kirchen wurden zu landschaftsbezogenen Gruppen zusammengefasst, weil sie manchmal landschaftstypische Kunstwerke aufweisen, z. B. Gemälde. Ein weiterer Grund da- für ist, dass man sie auf Rundwegen besuchen kann, entweder mit dem Fahrrad, dem Auto oder auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Jeder Gruppe ist eine kurze Beschreibung der betreffenden Landschaft vorangestellt. Dass dieser ökumenische Kirchenführer nach einer so langen Vorlaufzeit zu- stande kommen konnte, dafür bin ich dem Wißner-Verlag in Augsburg zu größtem Dank verpflichtet, vor allem seinem Verlagsleiter, Herrn Michael Moratti, der mir von Anfang an wohlwollend mit Rat und Tat zur Seite stand, sowie auch Herrn Matthias Gackowski, Fotograf und Bildredakteur. Mein Dank gilt auch den vielen Menschen, die mich bei der mühevollen Recherche tatkräftig unterstützt haben, seien es Ortspfarrer, Mesnerinnen oder Mesner, Kirchenpfleger und nicht zuletzt die zahlreichen, freundlichen, geduldigen und auskunftsfreudigen Pfarrsekretärin- nen, die mich immer auf den aktuellsten Stand gebracht haben. Auch den Spen- dern sei herzlich gedankt. Diesen ökumenischen Kirchenführer habe ich unter den Leitspruch des hl. Ignatius von Loyola gestellt: „Alles zur größeren Ehre Gottes“. Augsburg, im Frühjar 2019 Josef Gröpl

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Kirchenfuehrer_Buch.indb 3 28.05.2019 12:40:19 nhalt I

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Auf dem Lechfeld ...... 1 Kath. Stadtpfarrkirche St. Ulrich, Königsbrunn ...... 2 Kath. Pfarrkirche Maria unterm Kreuz, Königsbrunn ...... 20 3 Evang. Stadtpfarrkirche St. Johannes der Täufer, Königsbrunn ...... 24 4 Kath. Pfarrkirche St. Vitus, ...... 26 5 Kath. Pfarrkirche St. Martin, ...... 30 6 Kath. Pfarrkirche St. Nikolaus, Großaitingen ...... 33 7 Kath. Kapelle St. Sebastian, Großaitingen ...... 40 8 Kath. Pfarrkirche St. Georg, ...... 44 9 Kath. Stadtpfarrkirche St. Felizitas, ...... 48 10 Kath. Wallfahrtskirche zu Unserer Lieben Frau, Bobingen ...... 53 11 Evang. Dreifaltigkeitskirche, Bobingen ...... 12 Kath. Stadtpfarrkirche St. Michael, Schwabmünchen ...... 63 13 Kath. Kapelle zu Unserer Lieben Frau, Schwabmünchen ...... 67 14 Evang. Christuskirche, Schwabmünchen ...... 71 15 Kath. Pfarrkirche St. Silvester, ...... 74 16 Kath. Pfarrkirche St. Gallus, ...... 78 17 Evang. Johanneskirche, Langerringen ...... 83 18 Kath. Filialkirche St. Vitus, Langerringen-Westerringen ...... 86 19 Kath. Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Hilf, ...... 90 20 Evang. Versöhnungskirche, Graben-Lagerlechfeld ...... 21 Kath. Pfarrkirche St. Ulrich und Afra, Graben ...... 103 22 Kath. Pfarrkirche St. Martin, Langerringen-Schwabmühlhausen ...... 108 23 Kath. Pfarrkirche St. Johannes der Täufer, Langerringen-Gennach . . . . . 114

Im schwäbischen Mozartwinkel ...... 117 24 Kath. Pfarrkirche St. Johannes Baptist, -Dietkirch . . . . . 118 25 Kath. Pfarrkirche St. Michael, ...... 123 26 Kath. Pfarrkirche St. Pankratius, Fischach-Aretsried ...... 128 27 Zisterzienserinnenkloster und Abteikirche Mariä Himmelfahrt, Gessertshausen-Oberschönenfeld ...... 133

In den Stauden ...... 139 28 Kath. Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Radegundis, Bobingen-Waldberg . . 140 29 Kath. Pfarr- und Wallfahrtskirche Mater Dolorosa, Schwabmünchen- Klimmach ...... 144 30 Kath. Pfarr- u. Wallfahrtskirche Maria Vesperbild, Ziemetshausen . . . .

Kirche_00_Titelei.indd 6 28.05.2019 15:14:37 In der Reischenau ...... 157 31 Kath. Pfarrkirche St. Martin, ...... 158 32 Kath. Filialkirche St. Maria Magdalena, Horgau-Horgauergreut ...... 33 Kath. Kapelle Franz Xaver, Horgau-Bieselbach ...... 170 34 Kath. Pfarrkirche Maria Immaculata, ...... 174 35 Evang. Auferstehungskirche, Zusmarshausen ...... 178 36 Kath. Pfarrkirche St. Martin, Zusmarshausen-Gabelbach ...... 180 37 Kath. Pfarrkirche St. Anna, ...... 189 38 Evang. Philipp-Melanchthon-Kirche, Dinkelscherben ...... 39 Kath. Pfarrkirche St. Stephan, Dinkelscherben-Häder ...... 197

Am westlichen Stadtrand von Augsburg ...... 203 40 Kath. Stadtpfarrkirche St. Ägidius, Neusäß ...... 204 41 Evang.-Luth. Emmauskirche, Neusäß ...... 208 42 Kath. Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt, Neusäß-Täfertingen ...... 211 43 Kath. Pfarrkirche St. Martin, ...... 215 44 Kath. Pfarrkirche St. Vitus, Neusäß-Ottmarshausen ...... 219 45 Kath. Pfarrkirche St. Stephanus, Neusäß-Hainhofen ...... 223 46 Alte Kath. Pfarrkirche St. Gallus, Neusäß-Steppach ...... 229 47 Kath. Wallfahrtskirche St. Maria Loreto, Neusäß-Westheim ...... 232 48 Evang. Philippuskirche, Neusäß-Westheim ...... 241 49 Alte Kath. Stadtpfarrkirche St. Nikolaus, ...... 244 50 Kath. Pfarrkirche St. Oswald, Stadtbergen-Leitershofen ...... 250 51 Evang. Friedenskirche, Stadtbergen ...... 255 52 Kath. Pfarrkirche Herz Mariä, ...... 257 53 Evang. Gemeindezentrum Immanuelkirche, Diedorf ...... 265 54 Kath. Pfarrkirche St. Martinus, Diedorf-Willishausen ...... 267 55 Kath. Pfarrkirche St. Adelgundis, Diedorf-Anhausen ...... 274

Im Schwäbischen Holzwinkel ...... 281 56 Kath. Autobahnkirche „Maria Schutz d. Reisenden“, ...... 282 57 Kath. Pfarrkirche St. Johannes Baptist, Adelsried ...... 286 58 Evang. Gnadenkirche, Adelsried ...... 294 59 Kath. Pfarrkirche Mariä Verkündigung, ...... 296 60 Evang. St. Thomaskirche, Welden ...... 305 61 Kath. Votivkirche St. Thekla, Welden ...... 307 62 Kath. Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Michael, Altenmünster-Violau . . . . 315

Am Jakobuspilgerweg in Bayerisch-Schwaben ...... 327 63 Kath. Kuratiekirche St. Johannes der Täufer, -Holzen . . . . 328 64 Kath. Pfarrkirche St. Georg, ...... 338 65 Kath. Pfarrkirche St. Peter und Paul, ...... 346 66 Evang. Johanneskirche, ...... 353 67 Kath. Pfarrkirche St. Clemens, Meitingen-Herbertshofen ...... 356

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Kirche_00_Titelei.indd 7 28.05.2019 13:38:46 68 Kath. Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Jakobus Major, Biberbach ...... 362 69 Kath. Pfarrkirche St. Vitus, Langweid am Lech ...... 373 70 Kath. Pfarrkirche St. Martin, ...... 378 71 Kath. Pfarrkirche St. Martin, -Batzenhofen ...... 386 72 Kath. Pfarrkirche St. Blasius, Gersthofen-Hirblingen ...... 391 73 Alte Kath. Stadtpfarrkirche St. Jakobus Major, Gersthofen ...... 396 74 Kath. Filialkirche St. Jakobus der Ältere, Großaitingen-Reinhartshofen . . 401

Anhang Die Kirchenpatrone mit ihren Attributen und Patronaten ...... 405 Erläuterungen der Fachbegriffe ...... 420 Abkürzungen, Hinweise ...... 422 Verwendete Literatur ...... 423 Bildnachweis ...... 423 Über den Autor ...... 424

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Kirche_00_Titelei.indd 8 28.05.2019 13:38:46 inführung E Kurzer Überblick über die geschichtliche Entwicklung des katholischen Kirchenbaus im Landkreis Augsburg

Im Regierungsbezirk Bayerisch-Schwaben hat der Landkreis Augsburg eine Viel- zahl an kunsthistorischen Zeugnissen quer durch die Jahrhunderte aufzuweisen. Es handelt sich dabei um Kirchen und Kapellen mit bedeutsamen Gemälden, figürlichen Darstellungen, Dekorations- sowie anderen Ausstattungsformen. Im Folgenden soll nur eine knappe Übersicht ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder wissenschaftliche Genauigkeit gegeben werden. Der älteste Backsteinbau romanischen Ursprungs ist die ehemalige Benedikti- nerklosterkirche in Thierhaupten, eine dreischiffige flachgedeckte Pfeilerbasilika mit ursprünglich drei parallelen Apsiden ohne Querschiff. Ein weiteres Beispiel ei- nes romanischen Kirchenbaus ist unter dem Fußboden der Wallfahrtskirche Violau zu finden: eine dreischiffige Basilika aus Backsteinen mit Säulen, die gegen Ende des 13. Jahrhunderts zu datieren ist. Außerdem finden sich weitere Beispiele ro- manischer Kunst in Rundbogenfriesen, Deutschen Bändern, Lisenen u. a. an Tür- men und Wänden verschiedener Kirchen im Landkreis. Das eindrucksvollste Zeug- nis aus der Romanik ist das mächtige Kruzifix in der Biberbacher Wallfahrtskirche. Dieses als „Herrgöttle von Biberbach“ (s. Abb.) bekannte Gnadenbild stammt vermutlich aus dem frühen 13. Jahrhundert. Die Bautätigkeit in der Spätgotik war im Landkreis besonders rege. Die Gründe dafür lagen im Anwachsen der Bevölkerungszahl und dem Bedarf an größeren Kirchen zusammen mit dem gewandelten Stilempfinden. Gotische Kirchen sind äußerlich gekennzeichnet durch Spitzbogen fenster, Chorbau mit gestuften Strebepfeilern, Turm mit Sat- teldach; im Inneren: flachgedecktes Langhaus, eingezogener Chor mit Netz- rippengewölbe, tiefe Stichkappen und Schildbogen. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass kein einzi- ger spätgotischer Kirchenbau als gan- zes spätere Baumaßnahmen unverän- dert überdauert hat, außer einzelnen Architekturteilen oder Bauabschnitten. Beispiele dafür sind u. a. die Kirchen in Langerringen, Bobingen und Graben, wobei die beiden letzteren abweichend

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Kirchenfuehrer_Buch.indb 9 28.05.2019 12:40:24 einen spätgotischen Spitzhelm tragen. (Der stil reinste gotische Sakralbau im Landkreis ist die Friedhofskapelle in Welden). An gotischen Malereien um 1400 sind vor allem die in den Kirchen von Hain hofen und Langerringen zu nennen. Unter ihnen ist der vollstän- dig erhaltene Passionszyklus im Unter- geschoss des Turms in Hainhofen be- sonders hervorzuheben, außerdem die Marienkrönung und die Auferstehung Christi in Langerringen. Die beiden be- deutendsten spätgotischen Plastiken im Landkreis sind der Flügelaltar von dem Ulmer Meister Daniel Mauch (s. Abb.) aus den Jahren 1501 bis 1510 in der Kapelle Franz Xaver in Bieselbach und die Schnitzgruppe des Marientodes (um 1510) in der Mittelnische des Hoch- altars der Kirche Mariä Himmelfahrt in Täfertingen aus dem Umkreis des Nürn- berger Bildhauers Veit Stoß. Keine andere Epoche der Kunstgeschichte hat den Landkreis so stark geprägt wie der Barock und das Rokoko. Eine wichtige Voraussetzung für die Entstehung dieses Kunststils war die Gegenreformation. Auf der Grundlage der Weiterent- wicklung der Renaissance-Formen entstand der Barock in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Rom. Maßgeblich für diesen Baustil war das Schema der römischen Jesuitenkirche Il Gesù 1568 bis 1583 von Vignola: eine Wandpfeiler- kirche mit tonnengewölbtem Langhaus, Vierungskuppel und Seitenkapellen. Sie wurde zum Vorbild für deutsche Jesuitenkirchen wie die St. Michaelskirche in München (1583–1597) und die ehemalige Jesuitenkirche in Dillingen (1617 voll- endet). Trotz der fließenden Stilübergänge unterscheidet man 1. Frühbarock (ca. 1600–1680) 2. Hochbarock (ca. 1680–1740) 3. Spätbarock/Rokoko (ca. 1740–1770).

Hauptkennzeichnen des Barocks sind schwellende, kraftvolle, plastische Formen, die Vorliebe für geschwungene Linien und fließende Grenzen zwischen Architek- tur, Malerei, Stuck und plastischer Ausstattung, sodass jeweils ein Gesamtkunst- werk entsteht. Beispiele für den Frühbarock im Landkreis sind der Ursprungs- bau (1603/04) der Wallfahrtskirche Maria Hilf in Klosterlechfeld (s. Abb. S. 11) von Elias Holl aus Augsburg als runde Kapelle ohne Fenster, von einer Kuppel in Form einer Halbkugel mit Laterne überwölbt; ferner die Pfarrkirche St. Gallus in Steppach, erbaut 1626 von dem aus Roveredo in Graubünden/Schweiz gebür- tigenHans Alberthal. Weitere Sakralbauten des Frühbarocks sind die Pfarrkirche St. Johannes der Täufer (1608) in Gennach und die Sebastianskapelle in Groß- aitingen (1628) des Augsburger Meisters Jakob Aschberger.

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Kirchenfuehrer_Buch.indb 10 28.05.2019 12:40:26 Die Epoche des Hochbarocks war u. a. die Schaffensperiode der Vorarlberger Barockbaumeister Franz II Beer von Bleichten und Valerian Brenner. Ihre Sakral- bauten weisen folgende Merkmale auf: Der Grundriss besteht aus einem tonnen- gewölbten Schiff mit Wandpfeilern, zwischen denen Kapellennischen und Empo- ren darüber liegen, einem schmalen Querschiff und einem etwas eingezogenen Langchor, der als Emporenhalle ausgebildet ist. Diese Bauweise wurde später als „Vorarlberger Münsterschema“ berühmt. Die bedeutendsten Sakralbauten Beers sind das Benediktinerinnenkloster und die -kirche Holzen (1696–1704), das Zister- zienserinnenkloster mit der -kirche Oberschönenfeld (1721–1723) und die Pfarr- kirche St. Johannes Baptist in Dietkirch (1723–1728). Valerian Brenners Haupt- werk ist die Pfarr- und Wallfahrtskirche in Biberbach (1684–1694). 1702 wurden umfangreiche Umbaumaßnahmen in der Pfarrkirche in Oberottmarshausen unter seiner Leitung vorgenommen. Auch Vertreter der Wessobrunner Schule waren an Sakralbauten des Hochbarocks beteiligt. Matthias Stiller aus Ettringen errich- tete 1699 bis 1700 Chor und Sakristei der Pfarrkirche in Großaitingen. Sein Haupt- werk ist die 1705 bis 1708 erbaute Wallfahrtskirche Mater Dolorosa in Klimmach. Der Bobinger Baumeister Johann Georg Holzapfel errichtete die Pfarrkirche in Hainhofen 1717/18. Jörg Paulus aus Augsburg erbaute die Pfarrkirche in Batzen- hofen 1720 bis 1722. Die letzten drei Jahrzehnte des Barocks von ca. 1740 bis 1770 werden Spät- barock oder Rokoko genannt. Charakteristisch für diesen Kunststil sind feinere, zierlichere Formen, die Proportionen sind eleganter. Die Rocaille, ein muschel- artiges, asymmetrisches Ornament, ist typisch für das Rokoko. Rocaillenornamente

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Kirchenfuehrer_Buch.indb 11 28.05.2019 12:40:29 lassen oft die Grenzen zwischen den einzelnen Kunstgattungen Architektur, Ma- lerei und figürlichen Darstellungen verschmelzen. Beispiele für den Rokokostil sind u. a. die Pfarrkirchen in Westendorf 1740/41 und die Liebfrauenkirche in Bobingen 1750/51 von Franz Kleinhaus erbaut, ferner die Pfarrkirche in Her- bertshofen 1754/55 und die Theklakirche in Welden 1756 bis 1758, beide von Hans Adam Dossenberger errichtet sowie die von Michael Stiller 1758 als sein letztes Werk erbaute Pfarrkirche in Schwabmühlhausen. Außerdem zählen dazu die Umgestaltungen (manchmal auch die An- und Umbauten) in den Rokoko- stil der Wallfahrtskirche in Klosterlechfeld 1733 bis 1735 durch Franz Kleinhaus sowie der Wallfahrtskirche Violau 1750/51 und der Wallfahrtskirche Biberbach 1753 durch Johann Georg Hitzelberger. Charakteristisch für eine schöne Barock- kirche sind nicht nur das äußere Erscheinungsbild, sondern vielmehr die üppige Ausstattung mit Fresken, Gemälden, fantasievollen Stuckdekorationen, Plastiken und kunstvollen Altären sowie deren berühmte Schöpfer, die den Kirchenraum in einen herrlichen Festsaal zur Ehre Gottes und zur Freude der Menschen ver- wandelt haben. Die Architektur des Frühklassizismus von ca. 1770 bis 1790 ist gekennzeichnet durch eine nüchterne und kühle Innenausstattung: flache Decken, vereinfachte Formen sowie eine fast farblose Ausstattung. Beispiele für diesen Übergangsstil vom Rokoko zum Klassizismus sind die Pfarrkirche in Langweid, erbaut 1776/77 von Johann Martin Pentenrieder sowie die malerische Innenausstattung u. a. der Pfarrkirche in Täfertingen von Johann Joseph Anton Huber 1791. Die Stilepoche des Klassizismus von ca. 1790 bis 1830 wendet sich total ab vom Barock und Rokoko und sucht Vorbilder in der griechischen Antike. Charak- teristisch für diese Architektur sind eine klare, streng gegliederte, symmetrische Formgebung, Sparsamkeit in Farbe und Ausstattung: Pilaster und Gesimse glie- dern den Baukörper, Girlanden, Urnen, Vasen und Rosetten wie beim Frühklas- sizismus schmücken ihn aus. Beispiele für den Klassizismus im Landkreis sind die Pfarrkirchen in Waldberg, errichtet 1817/18 von Alois Haslinger, und Aretsried 1827/28 von Johann Michael Voit, beide nach Plan von Voit. Etwa um die Mitte des 19. Jahrhunderts entstand der Begriff des Historis- mus als Gegenbewegung zu Rationalismus und Klassizismus. Der Historismus (ca. 1850–1920) schafft in der bildenden Kunst aus einem neuen Natur- und Ge- schichtsbewusstsein eigene Stilformen, jedoch keinen neuen Baustil. Alte For- men werden in einer späteren Zeit wieder aufgegriffen und zu neuen Bauwerken zusammengefasst. So entstanden die Stilformen Neuromanik, Neugotik, Neu- renaissance, Neubarock, Neurokoko. In vielen Kirchen wurde die Innenausstat- tung nach diesen historisierenden Formen umgestaltet, z. B. Stadtpfarrkirche Bobingen: Regotisierung ab 1853, Pfarrkirche Graben: Altäre und Kanzel neu- barock um 1890 sowie Pfarrkiche in Waldberg: neubarocke Umgestaltung 1916. Der Kirchenbau im Landkreis Augsburg begann nach 1945 wieder aufzuleben aufgrund der vielen Zerstörungen während des Zweiten Weltkriegs und durch den Zustrom von katholischen Heimatvertriebenen und Flüchtlingen danach. Die ersten Kirchen wie St. Michael in Schwabmünchen (1947–1954) und St. Ägidius

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Kirchenfuehrer_Buch.indb 12 28.05.2019 12:40:29 in Neusäß (1952/53) von Thomas Wechs (sen.) aus Augsburg entstanden noch in der herkömmlichen Form: einschiffige Hallenkirche, Gläubigenraum und Altar- bereich voneinander getrennt, der Hochaltar an der Stirnseite des Chorraums. Der Priester zelebrierte die hl. Messe in lateinischer Sprache mit dem Rücken zu den Gläubigen. Die Kirche Maria Hilf in Stadtbergen, ebenfalls von Thomas Wechs 1952/53 erbaut, bildet insofern eine Ausnahme, als schon zur Bauzeit ein Altar versus populum vorgesehen wurde. Mit der Liturgiereform nach dem 2. Vatikanischen Konzil (1962–1965) änder- te sich der Kirchenbau grundlegend. Da die hl. Eucharistie nun im Zentrum der gottesdienstlichen Feier steht, wird der Altar frei in den Chorraum gestellt. Da- durch ist der zelebrierende Priester den Gläubigen zugewandt und diese werden auch durch die Verwendung der deutschen Sprache unmittelbar an der heiligen Handlung aktiv beteiligt; dies wird oft noch durch die Rund- oder Hufeisenform des Kirchengestühls hervorgehoben. Auch bei der Verkündigung des Wortes Gottes steht der Priester am Ambo bei den Gläubigen und nicht mehr auf der hohen Kanzel. Altarbereich und Gläubigenbereich bilden nun zusammen einen einzigen Raum. Daraus ergeben sich grundlegende Veränderungen im Kirchen- bau: Kirchen werden als Zentralbauwerk mit runden oder vieleckigen Grundrissen errichtet, so z. B. Herz Mariä in Diedorf (1965–1967) oder Maria unterm Kreuz in Königsbrunn (1990–1993); in entstand 1993/94 der bisher letzte moderne Kirchenbau als Sonntagskirche direkt neben der alten Filialkirche St. Ulrich im Landkreis Augsburg.

Geschichtliche Entwicklung der Evangelischen Kirche und ihrer Kirchenbauten im Landkreis Augsburg seit 1803

Obwohl sich die Reichsstadt Augsburg schon früh der Reformation geöffnet hatte (z. B. Vorlage der Confessio Augustana auf dem Reichstag 1530, Verkündigung des Religionsfriedens auf dem Reichstag 1555), blieb das Umland davon unbe rührt. Gründe dafür waren der Bischof von Augsburg und die katholischen Territorial- herren. Während des Bauernkriegs 1525 forderten die Bauern von Langerringen, dass ihnen „das Evangelium lauter (= rein) gepredigt werde ohne menschliche Zusätze“. 1546 eroberte das Heer der oberdeutschen Städte im Schmalkaldischen Krieg das Gebiet zwischen Iller, Lech und Donau. Der Versuch, die Reformation anschließend einzuführen, scheiterte am Kaiser, der die Schmalkaldischen Trup- pen aus Schwaben ver trieb. Erst 1803 verfügte Bayern in einem Religionsedikt die völlige Gleichheit der Konfessionen. Dadurch wurde es möglich, evangelische Gemeinden in katholi- schen Gebieten zu bilden und dort Kirchen zu bauen. Die erste evangelische Ge- meinde im Landkreis Augsburg entstand in Langerringen. Dorthin waren seit 1815 evangelische Christen vor allem aus der Pfalz und benachbarten Gebieten ge- zogen. 1832 kam der erste Seelsorger, 1835 wurde die erste evangelische Kirche im Landkreis Augsburg geweiht (s. S. 83). 1861 wurde Langerringen eine eigene

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Kirchenfuehrer_Buch.indb 13 28.05.2019 12:40:29 Pfarrei, die auch die umliegenden Orte betreute. Durch den Zuzug evangelis- cher Siedler aus Süddeutschland bilde- ten sich weitere Gemeinden auf dem Lechfeld. 1842 wurde in Königsbrunn eine weitere evangelische Gemeinde gegründet, die 1861 ihre eigene Kir- che weihen konnte. 1875 erhielt der Ort eine Pfarrstelle. Die evangelische Gemeinde in Schwabmünchen errich- tete 1901 ihre Kirche und wurde 1956 eine selbstständige Pfarrei. Durch die fortschreitende Industri- alisierung, vor allem durch vermehrte Fabrikarbeit, nahm die Zahl evangeli- scher Bürger schon während der beiden Weltkriege im Umkreis von Augsburg stetig zu. So entstanden evangelische Kirchen in den Gemeinden Westheim Eindrucksvolles Kunstwerk: Holzbohlenkreuz (1928), Bobingen (1934) und Gerstho- in der Johanneskirche in Langerringen fen (1935). Nach dem 2. Weltkrieg kamen viele Heimatvertriebene und Flüchtlinge evan- gelischen Glaubens in das weitere Augsburger Umland, um hier eine neue Hei- mat und Arbeit in den fortlaufend entstehenden Industriebetrieben zu finden. Nach und nach entstanden neue evangelische Gemeinden mit ihren Kirchen, so in Meitingen (1956), Zusmarshausen (1956/57), Lagerlechfeld (1966), Neusäß (1974/2000), Stadtbergen (1980/2001), Adelsried (1989), Dinkelscherben (1997) und Welden (1999/2000). Die jüngste evangelische Kirche wurde 2004/2005 in Diedorf erbaut.

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