Leise Und Geschmiert Ren, Könnte Ihnen Indes Zum Verhängnis Werden
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MARCEL METTELSIEFEN / DPA METTELSIEFEN MARCEL Spitzenkandidaten Lafontaine, Gysi (in Berlin): „Strategische Plätze“ für führende WASG-Leute „wird das Zentrum einer neuen sozialisti- LINKSPARTEI schen Bewegung in Deutschland.“ Die Präzision, mit der Ramelow und sei- ne Genossen auf ihr Wahlziel zumarschie- Leise und geschmiert ren, könnte ihnen indes zum Verhängnis werden. Dass alles so leise, so geschmiert Die Sozialisten steuern ihren Wahlkampf professionell aus der funktionierte, hat den Verdacht genährt, die Linkspartei habe die Vorschriften des Berliner Zentrale. Alte und neue Parteisoldaten sind unter- Wahlrechts etwas zu ihren Gunsten ausge- wegs und verschrecken manchen Bündnispartner von der WASG. legt. Von „Problemen“ spricht die Stutt- garter Landeswahlleiterin Christiane Fried- s ist alles nur eine Frage der guten WASG im Westen und der Linkspartei, rich, die nun darüber zu befinden hat, ob Organisation, und deshalb hat sich vormals PDS, im Osten gemeinsam ziehen. die Linkspartei in Baden-Württemberg an- EBodo Ramelow an diesem Tag vier Er ist acht Wochen kreuz und quer durch treten darf oder nicht. Die früheren Ver- Stunden Zeit für Gera genommen. die Republik gereist, er hat ungezählte „Ka- fassungsrichter Karin Graßhof und Hans Die Linkspartei wird dort ein neues dergespräche“ in verrauchten Hinterzim- Hugo Klein sprechen sogar von einem „of- Büro eröffnen, ein schönes, helles Gebäu- mern geführt, er war auf den Vorstandssit- fenkundigen Missbrauch“ des Wahlgeset- de, in dem früher die HypoVereinsbank zungen der Landesverbände, bei denen die zes durch Gysi und Co. untergebracht war. 80 Gäste werden dort Kandidaten ausgesucht wurden, und auf Es geht um die Frage, ob die Parteizen- sein, Leute aus seinem Direktwahlkreis den Landesparteitagen. Die offenen Wahl- trale bei der Aufstellung der Landeslisten Gera, die meisten von der Linkspartei, aber listen, die der Linkspartei den Weg in den auf unzulässige Weise Einfluss nahm. Ob auch hohe Kommunalpolitiker der CDU. Westen eröffnen, waren sein Meisterstück. die Strategen im Berliner Karl-Liebknecht- Es ist kein Termin, der politisch bedeutsam Bisher hat alles erstaunlich gut funktio- Haus beispielsweise der WASG, die ja selbst wäre, aber für Ramelow zählen andere niert. Alle Landeslisten der Linkspartei ste- als Partei nicht zur Wahl steht, verbindliche Dinge. hen. Auf den aussichtsreichen Plätzen sind Zusagen für Listenplätze gemacht haben Er steht am Eingang, eine Frau fällt ihm nur Kandidaten, die das Wohlwollen der oder im Vorwege bestimmte Kontingente um den Hals. Sie sagt: „Bodo, wir haben Parteizentrale in Berlin haben. Die Stören- verabredet wurden. Es gibt ein Schreiben, dich jetzt gerahmt.“ Sie führt ihn durch friede und Querulanten, von denen es vor in dem der baden-württembergische Lan- das Bürgersprechzimmer im Erdgeschoss allem bei der WASG einige gibt, blieben desvorstand der WASG ihren Delegierten zu einer Wand, an der ein Schwarzweiß- außen vor. Und die Partei hat die histori- ein „Denkmodell“ unterbreitet, mit einer foto hinter Glas hängt. sche Chance, am 18. September mit ihren genauen Besetzung der Liste, aufgeteilt Auf dem Bild ist Ramelow zu sehen. Er Ikonen Gregor Gysi und Oskar Lafontaine nach Parteizugehörigkeit. hält eine gläserne Kugel in der Hand wie als drittstärkste Kraft in den Bundestag ein- Heikel könnte vor allem sein, dass in ein Wahrsager auf dem Basar, und in der zuziehen. Nach den Umfragen würden sie den westlichen Bundesländern viele Spit- Kugel ist das Modell des Berliner Reichs- derzeit 30 Prozent im Osten und 6 Prozent zenposten nicht von Mitgliedern der Links- tags eingegossen. Das Bild ist ein Denkmal, im Westen wählen. partei, sondern von der WASG besetzt ein Zeichen der Verehrung, die viele bei Die großen Parteien schreiben schon werden. Die Berliner Parteiführung hat der Linkspartei für den Wahlkampfmana- jetzt ihre Wahlprogramme um, in der zumindest darauf geachtet, dass einige ger aus Berlin empfinden. Angst, zu viele Wähler an die Linken zu führende WASG-Leute mit „strategischen Ramelow ist so etwas wie der Architekt verlieren. Die Gewerkschaften sehen sich Plätzen“ versorgt wurden, Oskar Lafon- der neuen gesamtdeutschen Linkspartei, plötzlich vor einer Zerreißprobe zwischen taine in Nordrhein-Westfalen, Klaus Ernst die gerade entsteht, der eigentliche Bro- Linkspartei und SPD. Und die Grünen in Bayern, Ulrich Maurer in Baden-Würt- ker der Macht. Er hat das Fundament ge- nennen sich neuerdings auch eine „mo- temberg und Volker Schneider im Saar- legt für das Linksbündnis und den Wahl- derne Linkspartei“. „Die linke Bundes- land – jeweils auf Platz eins. Für den Wahl- kampf, in den nun die Leute von der tagsfraktion“, sagt Ramelow forsch voraus, rechtler Wolfgang Schreiber sind gerade 32 der spiegel 33/2005 Deutschland diese „Spitzenplatzierungen“ besonders ihren Listen stehen. WASG-Spitzen- problematisch – Listen, bei denen WASG- mann Maurer etwa ist nun Doppel- Wahlergebnisse der PDS 30 Mitglieder auf Platz eins stünden, dürften mitglied. Und in Nordrhein-West- bei Bundestagswahlen in Prozent „nicht zugelassen“ werden, sagt er. falen sind drei führende WASG-Kan- 1990 1994 1998 2002 Am vergangenen Donnerstag trafen sich didaten ebenfalls zur Linkspartei Ergebnis der die Landeswahlleiter in Wiesbaden, um ihr übergetreten, zwei von ihnen, Jür- 21,6 Sonntagsfrage weiteres Vorgehen abzustimmen. Fünf gen Klute und Inge Höger-Neuling, 19,8 („Wen würden Sie Stunden debattierten die Juristen, beson- wurden später auf die Landesliste wählen ...?“) für 16,9 ders auffällig erschien ihnen die Hambur- gewählt. Die Linke.PDS ger Liste, auf der sich erstaunlich viele Um ganz sicher zu gehen, wollen WASG-Mitglieder und Parteilose finden. Linkspartei und WASG nächste Am Ende forderte Bundeswahlleiter Jo- Woche sogar einen „Fortschritts- OST 11,1 10 hann Hahlen seine Kollegen zu einer „ma- bericht“ über ihre Fusionsverhand- 5,1 6 teriellen Prüfung“ der Landeslisten auf und lungen vorlegen, um den Vorwurf GESAMT 4,4 4,0 gab ihnen dazu auch eine „Handreichung“ zu entschärfen, hier verbänden sich 2,4 Umfrage: Infratest mit: Genau zu beachten sei vor allem, „auf widerrechtlich zwei unterschied- dimap für ARD- WEST Deutschlandtrend welchen – möglicherweise aussichtsreichen liche Parteien, um gemeinsam mög- 0,3 1,0 1,2 1,1 vom 11. August – Listenplätzen die parteifremden Bewer- lichst stark in den Bundestag zu ber einer Liste platziert sind“. kommen. Zwar ließ der Bundeswahlausschuss ver- Vermutlich hätte die Linkspartei weniger ders düster aussah. Gehrcke sagt: „Wahr- gangenen Freitag die Linkspartei, ebenso Schwierigkeiten, wenn es bei ihr etwas un- scheinlich bin ich der am meisten ver- wie 33 andere Parteien, zur Bundestags- geordneter zuginge. Aber die Verlässlich- schickte Politiker der Linken nach Gysi wahl zu – das bedeutet aber noch nicht, keit der Kader ist nun einmal ihre große und Lafontaine.“ dass sie am 18. September auch tatsäch- Stärke, und darum stößt man überall im Jetzt soll er Hessen erobern, ein Bundes- lich antreten darf. Die Entscheidung über Westen jetzt auf Parteisoldaten wie Wolf- land, das schon deshalb Symbolkraft hat, die Zulässigkeit der Landeswahllisten ist gang Gehrcke. weil hier einmal die Grünen zur Regie- die eigentliche Hürde. Ende kommender Im Augenblick ist Gehrcke noch Land- rungspartei wurden und mit Joschka Fischer Woche wollen die Mitglieder der Landes- tagsabgeordneter in Brandenburg. Er sitzt 1985 erstmals einen Landesminister stellten. wahlausschüsse sich erneut treffen und dar- in seinem Büro und bereitet sich auf seinen Auch Fischer führt wieder Wahlkampf in über endgültig befinden. Wechsel nach Hessen vor. Er sagt: „Sie Hessen, er ist Direktkandidat in Frankfurt Wahlkampforganisator Ramelow glaubt müssen nachher noch einmal um den und ein alter Duzfreund von Gehrcke. Es ist sich gut gerüstet. 40000 Euro hat seine Par- Landtag herumgehen, dann sehen Sie auf dessen persönlicher Ehrgeiz, den promi- tei an Rechtsanwälte bezahlt, unter ande- dem Turm noch immer den Schriftzug der nenten Rivalen zu schlagen: „Der Leistungs- rem für ein Rechtsgutachten beim Parteien- SED. Es ist nur ein Schatten, aber man er- druck für mich ist in Hessen groß, hier muss rechtler Martin Morlok, um die Operation kennt diesen Schatten.“ ich was bieten“, sagt Gehrcke. Linkspartei juristisch unanfechtbar zu ma- Gehrcke hat immer gemacht, was die Mindestens zweimal die Woche sitzt er chen. Beistand erhält er auch von dem re- Partei von ihm verlangte. Bis zur Wieder- nun im Zug nach Frankfurt. Seinen Koffer nommierten, linksliberalen Staatsrechtler vereinigung war er bei der DKP, denn ei- lässt er in einem Schließfach, er will flexibel Hans Meyer, der die Listenaufstellung gentlich kommt er aus Hamburg, dann ging sein. Um kurz vor ein Uhr geht der Nacht- ebenfalls für relativ unproblematisch hält er zur PDS nach Berlin. Er stieg bis zum zug zurück nach Berlin. Gehrcke sagt, er (siehe Seite 35). Bundesgeschäftsführer auf; er kaufte sich habe sich daran gewöhnt, im Zug zu über- Und Ramelow lässt noch nacharbeiten. ein Haus in der Prignitz, als er für die PDS nachten. Allein in den letzten zwei Wochen Die frühere PDS versucht, immer mehr einen Direktwahlkreis in Brandenburg vor der Wahl hat er 48 Veranstaltungen, er WASG-Leute als Mitglieder zu gewinnen, erobern sollte, in einem Dorf, das im Volks- kann sich jetzt keine Pause erlauben. damit nicht zu viele fremde Bewerber auf mund „Korea“ heißt, weil es dort beson- Gegen Kader wie Gehrcke ist es schwer zu bestehen. Der Apparat kann gnadenlos sein, wenn es Zweifel an der Qualifikation