Anhang: Informationen zur Interviewstudie

1 Die Konzeption der Interviewstudie

1.1 Befragungstyp

Die Befragungen wurden als Intensivinterviews, die mit Hilfe eines Gesprächsleitfadens gefuhrt wurden, kon• zipiert und sollten 30 bis 45 Minuten dauern. Der Großteil der Fragen war ftir alle Gesprächspartner identisch, doch bezog sich ein Teil der Fragen auf die Einflußmöglichkeiten der Kleinfraktionen, die zwischen der Koali• tions- und Oppositionsfraktionen divergieren. Deshalb erstellte ich zwei Befragungsinstrm·1ente: Gesprächs• partner mit Regierungserfahrung befragte ich über die Macht einer kleinen Koalitionsfraktion, während solche ohne entsprechende Kenntnisse über die Einflußmöglichkeiten kleiner Oppositionsfraktionen berichten soll• ten.' Die Befragungen wurden von mir inl März und April 1994 in Bayern und in Nordrhein-Westfalen durchge• fuhrt, wobei die ersten beiden Interviews als Pretest dienten. Da ich den Fragebogen daraufuin nur geringfilgig verändern mußte, sind diese Gespräche in die Grundgesamtheit einbezogen. Die Interviews wurden auf Ton• band aufgezeichnet und verschriftet, wobei persönliche Angaben der Befragten anonymisiert wurden.

1.2 Stichprobe

Die Interviewpartner ermittelte ich zunächst durch ein bewußtes Auswdhlverlilhren, bei dem folgende Faktoren berücksichtigt wurden: • Das Verhältnis von befragten Abgeordneten der FDP, der GRÜNEN und der PDSILL sollte etwa 4:3:3 be• tragen.2 • Die Befragten sollten über möglichst umfangreiche Ertahrungen im vertilgen, d.h. eine hohe Seniorität haben. 3 • Damit auch über die flln.IZiger und sechziger Jahre Aussagen gemacht werden konnten, wurden bei der FDP auch ehemalige Parlamentarier in die Befragung miteinbezogen. 4 • Aus forschungsökonomischen Gründen sollten unter den ehemaligen Abgeordneten nur solche, die in Bay• ern und Nordrhein-Westfalen wohnten, befragt werden.' Nach diesen Kriterien ermittelte ich 67 Personen, mit denen ich versuchte, Kontakt aufzunehmen. Bei 13 Per• sonen gelang dies nicht.6 In 32 Fällen kam- mitunter nach mehrmaligen Verschiebungen- ein Gesprächtermin

Vgl. Kap. 13.2. Herrn Prof. Dr. Heinrich Oberreuter und PD Dr. Martin Sebaldt ist llir die kritische Durchsicht der Befragungsinstrunlente zu danken. 2 Die Vernachlässigung der in der I. bis 3. Wahlpt.'fiode vertretenen Fraktionen rechtfertigt sich auch da• durch, daß mit Hilfe der Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Deutschen Bundestages e.V. nur zwei Personen ermittelt werden koooten, die in die Stichprobe hätten einbezogen werden können (von denen zudem noch einer inl Zeitraum der Befragung verstarb). 3 Diese Bedingung konnten DIE GRÜNEN und die PDSILL nur eingeschränkt erfüllen. Berücksichtigt wurde sie, indem bei den GRÜNEN Personen bevorzugt wurden, die sowohl in der 10. als auch der II. Wahlperiode inl Boooer Parlament vertreten waren, und bei den Postkommunisten die Nachrocker ver• nachlässigt wurden. 4 Bei den GRÜNEN konnte ich naturgemäß nur ehemalige, bei der PDSILL nur aktive Parlamentarier be• rücksichtigen. 5 Ebenfalls aus forschungsökonomischen Gründen schloß ich Minister und Parlamentarische Staatssekretä• re aus, da mir angesichts des noch umfangreicheren Aufgabenspektrunls der Regierungsmitglieder eine Erfilllung meines Interviewwunschs illusorisch erschien. I Die Konzeption der Interviewstudie 421 zustande, d.h. der beabsichtigte Stichprobenumlimg kormte realisiert werden. Einer dieser Termine platzte, da eine vorhergehende Besprechung des Interviewpartners länger als erwartet dauerte und ich keinen weiteren Termin vereinbaren komite.

1.3 Interviewpartner

Die Tabellen AI und A2 zeigen, daß die beabsichtigten Vorgaben der Stichprobenauswahl weitgehend erfüllt werden kollllten. Durch die große räumliche Mobilität der GRÜNEN kollllte mit einer größeren Anzahl alter• nativer Parlamentarier, die über längere parlamentarische Erfahrung verfügten, leider kein Kontakt aufge• norumen werden, so daß in dieser Gruppe nicht das erhotne Ausmaß an Seniorität erreicht werden kollllte. Die realisierte Stichprobe umfaßte msgesaml sechzehn aktive und flinfzelm ehemalige Bundestagsabgeordnete7

Tab. A 1: Interviewpartner nach Fraktion und Wahlperiode

Fraktion 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. ges. WP WP WP WP WP WP WP WP WP WP WP WP FDP 2 2 3 5 6 6 6 7 8 7 6 6 12 GRÜNE ------5 9 0 10 PDS/LL ------9* 9 gesamt 2 2 3 5 6 6 6 7 8 12 15 15* 31

5 POS-Abgeordnete gehörten dem Bundestag auch in der 11. Wahlperiode für wenige Wochen an.

Tab. A2: Interviewpartner nach Fraktion und Seniorität

Anzahl WP 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 ges. 0 Med. FDP 1 1 1 0 2 3 3 0 0 1 12 5,4 6 GRÜNE 5 5 ------10 1,5 1,5 PDS/LL 9* ------9 1 1 gesamt 15* 6 1 0 2 3 3 0 0 1 31 2,9 2

5 POS-Abgeordnete gehörten dem Bundestag auch in der 11. Wahlperiode für wenige Wochen an.

1. 4 Interviewsituation

Bis auf einen Interviewpartner willigten alle Befragten olme Bedenken in Au!Zeichnung und Verschritlung der Gespräche ein. Die Person, die einen Mitschnitt untersagte, tat dies allerdings nicht aus datenschutzrechtlichen Bedenken. Statt dessen tonnulierte sie Kritik an der gewählten Methodik Ich habe was dagegen, wellll ich von Diplomanden und Doktoranden zu irgendwelchen Themen befragt werde, nur weil diese zu tim! sind, die Dokumente selbst auszuwcrten8

6 Die Ausfälle umfassen fast ausschließlich DIE GRÜNEN, die sich durch eine hohe räumliche Mobilität auszeichnen. Die Bundesgeschätlsstelle war in diesen Fällentrotz mehrmaliger postalischer und telefoni• scher Nachfragen nicht in der Lage, die neuen Adressen zu ermitteln und an mich weiterzugeben. 7 Drei Ex-Parlamentariern der GRüNEN gelang in der 13. Wahlperiode der erneute Einzug in den Bun• destag. 8 Schrillliehe Aufzeichnung unmittelbar nach Ende des Gespräches. 422 Anhang: Informationen zur Interviewstudie

Ich wandte dagegen ein, bei diesem Forschungsprojekt sei dies nicht der Fall, da ich zum einen auch die par• lamentarischen Drucksachen auswerte, zum anderen besonders an der durch amtliche Dokumente nicht faßba• ren Alltagsperspektive interessiert sei. Doch auch diese Argumente konnten das Veto des Interviewpartners nicht überwinden, weswegen ich das Gespräch in der Befragungsstudie leider nicht berücksichtigen konnte. Bei einer Befragung war neben dem Parlamentarier zunächst auch noch ein Fraktionsmitarbeiter anwesend. Obwohl dadurch die Möglichkeit bestand, aus einer weiteren Perspektive Einblick in die Aktivitäten der Kleinfraktion zu erhalten, beeinträchtigte dieser Umstand zunächst die Interviewsituation. Als der Mitarbeiter einer anderweitigen Verpflichtung nachkommen mußte, verbesserte sich der Rapport erheblich. Insgesamt war der Rapport nach meiner Beurteilung in allen dreißig Interviews, die zustande kamen, zufriedenstellend, meist deutlich besser. Die Tabellen A3 bis A.5 dokumentieren die Einschätzung der Glaubwürdigkeit, Kooperati• onsbereitschaft und Konzentration der Befragten.

Tab. A3: Glaubwürdigkeit der Interviewpartner nach Fraktion

hoch niedrig Fraktion gesamt 1 2 3 4 5 0 Median FDP 6 6 0 0 0 12 1,5 1,5 GRÜNE 7 2 0 0 0 9 1,2 1 PDS/LL 2 5 2 0 0 9 2,0 2

gesamt 15 13 2 0 0 30 1,6 1,5

Tab. A4: Kooperationsbereitschaft der Interviewpartner nach Fraktion

hoch niedrig Fraktion gesamt 1 2 3 4 5 0 Median FDP 4 5 2 1 0 12 2,0 2 GRÜNE 5 3 1 0 0 9 1,6 1 PDS/LL 1 6 2 0 0 9 2,1 2

gesamt 10 14 5 1 0 30 1,9 2

Tab. A.S: Konzentration der Interviewpartner nach Fraktion

hoch niedrig Fraktion gesamt 1 2 3 4 5 0 Median FDP 3 6 2 1 0 12 2,1 2 GRÜNE 5 3 1 0 0 9 1,6 1 PDS/LL 3 6 0 0 0 9 1,7 2

gesamt 11 15 3 1 0 30 1,8 2

Zur starken Konzentration der Gesprächspartner trug auch bei, daß das Gros der Befragungen nicht oder höch• stens einmal unterbrochen wurden (vgl. Tab. A6 ). Die meisten dieser Störungen waren allerdings positiv zu werten, dienten sie doch ausschließlich dazu, Kaffee - mitunter auch Kuchen - zu servieren. 9

9 In einem Gespräch entschied der Interviewpartner zudem, angesichts der vorgerückten Nachmittagsstun• de sei Weißwein angemessener als Kaffee oder Tee. D1e Konzeption der Interviewstudie 4 23

Tab. A6: Anzahl der Unterbrechungen pro Interview

0 2 3 0

16 9 4 0,7

Insoweit kann aus meiner Erfahrung die Feststellung von Arnold M. Rose, Parlamentarier zu befragen gehöre zu den schwierigsten Aufgaben eines Sozialwissenschaftlers, nicht bestätigt 10 Seine Forderung, gut vorbereitet zu sein, um kompetent auftreten zu können und Fragen zu stellen, die dem intellektuellen Niveau eines Beruf• spolitikers entsprechen, suchte ich allerdings zu erfüllen. 11

1. 5 Interviewdauer

Wie die Tabelle A. 7 zeigt, orientierte sich die Hältle der Interviews - in erster Linie die mit aktiven Bundes• tagsabgcordneten geflihrten- an der beabsichtigten Zeitvorgabe von 30 bis 45 Minuten:

Tab. A7: Interviewdauer nach Fraktion (in Minuten)

Fraktion 30-44 45-59 60-74 75-89 90-119 120-150 gesamt 0 Median

FDP 1 3 3 3 1 1 12 60 60 GRÜNE 2 2 0 2 1 2 9 78,3 75

PDS/LL 7 0 2 0 0 0 9 41,1 38

gesamt 10 5 5 5 2 3 30 59,8 53

Gescmtdauer der Interviews: 1855 Minuten.

Eine ganze Anzahl Gespräche dauerte aber auch länger als eine Stunde. Interviews von mehr als 90 Minuten Dauer fanden mit drei ehemaligen Parlamentariern der GRÜNEN, die nicht so stark wie die ihre aktiven Kol• legen unter Termindruck standen, aber auch mit zwei aktiven Bundestagsabgeordneten der FDP statt. Die zeit• lich kiliZeren Interviews, von denen die meisten mit Abgeordneten der PDSILL gefilhrt wurden, fanden aller• dings meist in einer konzentrierteren Atmosphäre statt, wodurch die Länge der verschrifteten Interviews weni• ger starken Schwankungen unterliegen ( vgL Tab. A 8 ).

Tab. AB: Interviewdauer nach Fraktion (in Seiten a 45 Zeilen mit 60 Anschlägen)

Fraktion 10-12 13-15 16-20 21-25 26-30 31-35 gesamt 0 Median

FDP 4 2 4 2 0 0 12 15,8 15,5 GRÜNE 1 2 2 1 0 3 9 21,3 19 PDS/LL 2 4 1 1 1 0 9 16,7 14

gesamt 7 8 7 4 1 3 30 17,7 15,5

Gescmtumfang der Interviews: 532 Seiten.

10 VgL Rose 1970:204-207. II Zumindest in einigen Interviews gelang dies offensichtlich, wie ein Gesprächspartner der GRÜNEN be• stätigte: An einigen Punkte habe ich neue systematische Klarheit bekommen. (Interview Nr. 18) 424 Anhang: Informationen zur Interviewstudie 2 Die Interviewpartner

I. Dr. Sabine Bard-Grüningen 17. Dr. Hubert Kleinert 2. BMin a.D. Gerhart RudolfBaum 18. Matthias Kreuzeder 3. Petra Bläss 19. Verena Krieger 4. 20. Wemer Kubitza 5. BMin a.D. HansA. Engelhard 21. Andrea Lederer 6. Dr. 22. Dr. Airred Mechtersheimer 7. BMin a.D. JosefErtl 23. BMin a.D. Dr. Erich Mende t 8. Dr. 24. Dr. Herwart Miessner 9. PStS a.D. 25. BMin a.D. Wolfgang Mischnick 10. Kar! Geldner 26. Christa Nickels ll. Gerald Häfuer 27. Karl-Heinz Popp 12. Prof. Dr. Uwe-Jens Heuer 28. Hannelore Saibold 13. Dr. Barbara Höll 29. 14. 30. Dr. Fritz Schumann 15. Dr. Dietmar Keller 31. Eckhard Stratmann-Mertens 16. Detlef Kleinert

Die Nummern entsprechen nicht den lnterviewnummem.

3 Das Befragungsinstrument

Es wurden zwei Versionen des Fragebogens erstellt. Die Versionen unterschieden sich lediglich in den Fragen II bis 18. Die Interviewpartner der FDP wurden in den Punkten II bis 14 mit Fragen zu den Einllußmöglich• keiten einer kleinen Koalitionsfraktion konfrontiert, währen die Gesprächspartner der GRÜNEN und der PDS/LL in den Fragen 15 bis 18 zu ihren Erfahrungen als Mitglieder oppositioneller Kleinti·aktioncn betragt wurden.

Fragebogen

EINLEITUNG

• Dank, daß dieses Gespräch möglich ist. • Hinweis auf das eigene Bestreben, das Gespräch nicht ausufern zu lassen, sondern kur;. und bündig zu halten. • Hinweis, gerade die exemplarische Darstelhmg eines Sachverhalts, das Anekdotische, sei in jedem Falle von Interesse. • Frage nach dem Einverständnis, das Gespräch mitzuschneiden; Diskretion und Anonymität zusichern. • Hinweis, daß die Gruppen als Fraktionen angesehen werden. 3 Das Befragungsinstnuncnt 425 FRAGEN

I. llerr/F rau [Dr.] • ••, bevor wir ins Einzelne gehen, möchte ich zu Anfang gerne etwas Grundsätzliches über die Rolle der kleineren Fraktionen im Bundestag wissen: Vertreten diese Fraktionen eigentlich be• sondere von den anderen Parteien vernachlässigte Interessen'' Sind dies also solche, die bei den großen Fraktionen nicht "so gut aufgehoben" sind? 2. Um diese Interessen zu vertreten, muß die Kleintraktion wissen, wo diese Gruppen nun genau ,.der Schuh drückt". Dazu muß sie doch über umfangreiche Intimnation verfugen. Wie erhält die Fraktion oder die/der einzelne Abgeordnete die entsprechenden Intimnationen und v.ie wird der Kontakt zu diesen Gruppen sichergestellt? 3. Damit diese Anliegen in Bonn effektiv vertreten werden können, ist der Kontakt mit den Ministerien von wichtiger Bedeutung. Sicht deru1 das Kontaktverhalten einer/eines Abgeordneten einer Kleinfraktion ge• genüber den Ministerien anders aus als das seiner Kolleginnen und Kollegen aus den großen Fraktionen'' Wie häufig sucht der Parlamentarier den Kontakt zu Ministerialbeamten? Gibt es den Fall, daß er sich mit einem Problem, das einer schnellen Lösung bedarf, unmittelbar an eine Beamte oder einen Beamten wendet? Also mit der Bitte, hier Abhilfe zu schaflen'l 4. Nun stellen sich einer Kleintraktion im Parlamentsbetrieb besondere Probleme. Sie ist- anders als die Großfraktionen - oft nur mit ein oder zwei Abgeordneten in den Ausschüssen vertreten. Dadurch können sich die einzelnen Abgeordneten auch nur in viel geringerem Maße für die alltägliche Parlamentsarbeit spezialisieren. In welchem Ausmaß ist diese geringere Arbeitsteilung bei einer Kleinfraktionen denn tat• sächlich em Problem? 5. Der Ablauf der parlamentarischen Arbeit wird sehr detailliert vorgeplant Inwieweit karm eine Klein• fraktion denn diese Planung beeinflussen (z.B über die Geschäftsf1lhrerbesprechung)0 6 Die möglichen organisatorischen Problerne einer Kleinfraktion haben wir angesprochen. Andererseits sind die Fraktionsgremien (also die Fraktionsversammlung und die Arbeitskreise) der Kleinfraktionen durch die geringere Teilnehmerzahlnatürlich übersichtlicher. Die Wissenschaft hat inuner wieder festge• stellt, das kleinere Gruppen durch die geringe Zahl von Beteiligten Entscheidungen leichter herbeiführen können. Sind denn auch in Kleintraktionen diese Vorteile, daß der Entscheidungsprozeß eflektiver ist, zu finden? Ist die Entscheidungstindung für das einzelne Fraktionsmitglied transparenter~ Oder muß sich die/der Abgeordnete flir die tägliche Parlamentsarbeit bereits so weit spezialisieren, daß dieser Vorteil nicht mehr eintrittry 7. Nun ist die Größe der Fraktionen nicht das einzige Kriterium, das die Fraktionen im Parlamentsbetrieb unterscheidet. Eine mindestens genauso wichtige Tatsache ist auch, daß sie sich in Regierungsmehrheit und Opposition teilen. Die sich so unterscheidenden Fraktionen stehen sich im Rahmen des gesamten Parlamentes in sehr unterschiedlichen Gremien und Situationen gegenüber. Inwieweit haben sich die Parlamentarierinnen und Parlamentarier der verschiedenen Fraktionen je nach Gremium verschiedene Verhaltensmuster zugelegt (zB. im Plenum Konfliktverhalten, aber im Ausschuß und in informellen Gremien einvernehmliches, kooperatives Verhalten)') Wenn dies der Fall ist Ist es ftlr die/den Abgeord• netein schwierig, sich diese verschiedenen Verhaltensmuster anzueignen oder lernt sie/er dies schne!P Wie rasch gewinnt die Parlamentarierin/der Parlamentarier hier eine gewisse Routine in der Wahl der verschiedenen Rollen? 8. Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben eine Menge von Kontakten zur Außenwelt zu unterhalten. Eigentlich ist zu erwarten, daß sich auch hier nach einiger Zeit ein gewisses Routineverhalten herausbil• det: Man bevorzugt gewisse Journalisten für Interviews, favorisiert bestinunte Medien, vermeidet aber gleichzeitig lieber Kontakte zu Leuten, die einem aus irgendwelchen Gründen unangenehm sind. Ist die• se Einschätzung richtig? Wenn ja, erläutern Sie bitte näher, wenn nein, wie läntl es v.irklich'1 9. Für eine kleine Fraktion ist der Appell an die Öffentlichkeit besonders wichtig, um ihre Anliegen be• karmt zu machen. Doch nicht alle Themen taugen filr eine öffentliche Diskussion. So ist vieles zu speziell oder detaillorientiert, um in der ÖfTentlichkeit Resonanz zu Iinden. Der Versuch, diese Gegenstände be• karmt zu machen, wäre dann .. vergebliche Liebesmüh·'. Gibt es denn fraktionsinterne Überlegungen dar• über, welche Themen man gut über die Massenmedien propagieren soll und welche man lieber parla• mentsintern behandelt? Welche Art von Medien sollte man wählen, um an die Öflentlichkeit zu gehen, je nachdem, wie kompliziert die Materie ist? 426 Anhang: Informationen zur Interviewstudie

10. Politikerinnen und Politiker wissen im allgemeinen sehr gut, wie ein politisches Anliegen "verpackt" sein muß, damit die Medien es aufnehmen und es in die Öflentlichkeit gelangt. Welche Überlegungen leiten hier etwa die/den Abgeordnetein einer K.leinfraktion, wenn sie/er in Kontakt zu den Medien tritt, um ein Anliegen öffentlich zu machen? Wird hier, um es überspitzt zu formulieren, eine Art ,,Marketingstrategie" entworfen?

Die Fragen 11 bis 14 wurden nur den Interviewpartnern der FDP gestellt:

II. Ich habe nun noch einige Fragen zum Verhältnis der Fraktionen in einer Regierungskoalition. Die Zu• sammenarbeit der Koalitionspartner wird nicht allein in "Großen" und ,,Kleinen Koalitionsrunden" oder der ,,Elefantenrunde" organisiert, sondern auch in einer ganzen Reihe von ,,Koalitionsgesprächen" der Obleute. Für welche Anliegen, die die Kleinfraktion in den parlamentarischen Entscheidungsprozeß ein• bringen will, spielen diese Besprechungen eine Rolle? Inwieweit nutzt sie also diese "direkten Drähte" zur größeren Koalitionsfraktion, um ihre Projekte voranzubringen? 12. Die größere Koalitionsfraktion macht nicht immer gleich alle Anregungen des kleineren Partners zu den ihren. Wie geht die Kleinfraktion dann weiter vor?. Wird das Thema in andere Koalitionsgremien getra• gen? Wird es immer wieder vorgetragen, um den Koalitionspartner "weich zu klopfen"? Oder knüpft man auch mal vorsichtige Kontakte zur Opposition, um dem eigenen Anliegen Nachdruck zu verschaffen? 13. Die K.leinfraktion, die an der Regierungskoalition beteiligt ist, hat auch- so kann könnte man es nennen• "eigene" Kabinettsmitglieder. Welche Möglichkeiten ergeben sich dadurch filr die Fraktion, wenn der Koalitionspartner bei einem Anliegen eigentlich nicht ,,mitziehen" möchte? Besitzen die Minister der ei• genen Partei, die in der Regel auch Mitglieder der Fraktion sind, eine Schlüsselstellung bei der Ent• scheidung, wie weit der Koalitionspartner unter Druck gesetzt wird? 14. Mitunter kommt es auch vor, daß in einer politischen Streitfrage die Positionen der Koalitionspartner unvereinbar sind und bleiben. Was geschieht eigentlich, wenn eine solches Problem auftaucht? Gibt es "umgeschriebene Regeln", wie ein solches Problem zu behandeln ist, um einen Konflikt, der die Koaliti• on gefllhrden könnte, zu vermeiden? Oder gibt es auch eine unausgesprochene Übereinstimmung unter den Fraktionen, daß der eine Partner eine Streitfrage auch mal etwas "ausreizen" darf, um sein Erschei• nungsbild in der Öffentlichkeit zu "schärfen"? Wie weit darf ein Koalitionspartner dann dabei gehen?

Die Fragen 15 bis 18 wurden nur den Interviewpartnern der GRÜNEN und der PDSILL gestellt:

15. Ich habe jetzt noch einige Fragen zur Situation einer K.leinfraktion, die gleichzeitig Oppositionsfraktion ist. Wie wir gesehen haben vertritt die Kleinfraktion besondere Interessen, die die anderen Fraktionen vernachlässigen. Wie geht eine oppositionelle Kleinfraktion eigentlich in diesen Bereichen vor? Fährt sie gegenüber der Regierung eher einen Konfrontationskurs? Oder versucht sie, der Regierungsmehrheit ih• ren "positiven Gestaltungswillen aufzuzwingen". 16. Auf den ersten Blick scheint es so zu sein, daß gerade eine oppositionelle Kleinfraktion nur in sehr ge• ringem Maße Einfluß auf die parlamentarischen Entscheidungen nehmen kann. Als Beispiel wird meist angeftlhrt, Anträge dieser Fraktion wurden nie angenommen. Wie weit trifil dieser Eindruck, eine oppo• sitionelle Kleinfraktion könnte überhaupt keinen Einfluß nehmen, denn tatsächlich filr die Parlamentsar• beit insgesamt zu? evtl. Nachfrage: Wie äußert sich denn diese Ausgrenzung aus dem Parlamentsbetrieb, die die anderen Fraktionen praktizieren? 17. Kenner der parlamentarischen Szene äußern immer wieder die Meinung, die eigentlichen Entscheidun• gen im Parlament würden ,,hinter den Kulissen" bei informellen Absprachen getroffen - und auch die op• positionellen Fraktionen könnten dann mitunter Einl1uß nehmen. Welche Rolle spielen dabei die sachbe• zogenen Gesprächsrunden-etwa die in der II. Wahlperiode als "Viererbande" titulierte Obleutebespre• chung? 18. Wie kann eine/ein Abgeordnete/r einer oppositionellen Kleinfraktion versuchen, Einfluß auf eine Kolle• gin oder einen Kollegen von der Regierungsseite zu nehmen? Welche Methoden - oder auch Tricks - wendet sie/er an? Versucht, sie/er es nur mit Überredungskünsten, wartet sie/er eine Situation ab, in das andere Parlamentsmitglied, etwa bei geselligen Beisammensein, besonders zugänglich ist, verdeutlicht 3 Das Befragungsinstrument 427

sie/er ihm die Schwierigkeiten, die auftreten würden, wenn ihr/-sein Anliegen nicht aufgegriffen würde oder wendet sie/er noch andere Mittel an? 19. Wie würden Sie denn selber die Rolle einer Kleinfraktion im Parlament charakterisieren? Haben die Parlamentarierinnen und Parlamentarier einer Kleinfraktion ein anderes Selbstverständnis als die der Großfraktionen? Verhalten Sie sich vielleicht auch anders? 20. Zwn Abschluß noch eine Frage zur Bedeutung der Parlamentsfraktion für die Partei. Eine Position in der Wissenschaft schreibt der Parlamentsfraktion aus zwei Gronden eine nicht zu unterschätzende Rolle fur die Partei zu: Zwn einen seien die Parlamentarierinnen und Parlamentarier allein schon durch die Me• dienpräsenz die der Bundestag bietet, die in der Bevölkerung prominentesten Vertreter ihrer Partei. Zwn anderen zwinge der von den anderen Fraktionen mitgestaltete Parlamentsbetrieb die Fraktion dazu, sich auch mit bislang in der Partei nicht oder kawn thematisierten Problemen zu beschäftigen. Dadurch über• nehme die Fraktion mitunter die Aufgabe eines ,,Pfadfmders" für die Partei. Wie schätzen Sie diese The• se, gemessen an lliren Erfahrungen, ein?

SCHLUSS

• Gibt es einen wichtigen Aspekt, der bisher nicht angesprochen wurde? • Welchen Eindruck hinterläßt ganz ehrlich gesagt dieses Interview bei Thnen? Halten Sie es für verlorene Zeit oder glauben Sie, daß es nützlich war? • Nochmals vielen Dank für das Gespräch.

ANGABEN ZUR INTERVIEWSITUATION

Name: Datwn: Ort: Uhrzeit: Interviewnwnmer: Anzahl Bänder:

1. Wie viele Personen waren anwesend bzw. in Sicht- und Hörweite? 2. Wie oft wurde das Interview unterbrochen? Welcher Art waren die Unterhrechungen? 3. Wie glaubwürdig wirkte der Interviewpartner?

sehr (l}---(2H3H4}--{5) gar nicht 4. Wie kooperativ war der Interviewpartner?

sehr (I )--{2}---(3H4)--{5) gar nicht 5. Wie konzentiert war der Interviewpartner?

sehr (l)-(2}--{3H4)-(5) gar nicht 6. Besonderes: