Anhang: Informationen zur Interviewstudie 1 Die Konzeption der Interviewstudie 1.1 Befragungstyp Die Befragungen wurden als Intensivinterviews, die mit Hilfe eines Gesprächsleitfadens gefuhrt wurden, kon­ zipiert und sollten 30 bis 45 Minuten dauern. Der Großteil der Fragen war ftir alle Gesprächspartner identisch, doch bezog sich ein Teil der Fragen auf die Einflußmöglichkeiten der Kleinfraktionen, die zwischen der Koali­ tions- und Oppositionsfraktionen divergieren. Deshalb erstellte ich zwei Befragungsinstrm·1ente: Gesprächs• partner mit Regierungserfahrung befragte ich über die Macht einer kleinen Koalitionsfraktion, während solche ohne entsprechende Kenntnisse über die Einflußmöglichkeiten kleiner Oppositionsfraktionen berichten soll­ ten.' Die Befragungen wurden von mir inl März und April 1994 in Bayern und in Nordrhein-Westfalen durchge­ fuhrt, wobei die ersten beiden Interviews als Pretest dienten. Da ich den Fragebogen daraufuin nur geringfilgig verändern mußte, sind diese Gespräche in die Grundgesamtheit einbezogen. Die Interviews wurden auf Ton­ band aufgezeichnet und verschriftet, wobei persönliche Angaben der Befragten anonymisiert wurden. 1.2 Stichprobe Die Interviewpartner ermittelte ich zunächst durch ein bewußtes Auswdhlverlilhren, bei dem folgende Faktoren berücksichtigt wurden: • Das Verhältnis von befragten Abgeordneten der FDP, der GRÜNEN und der PDSILL sollte etwa 4:3:3 be­ tragen.2 • Die Befragten sollten über möglichst umfangreiche Ertahrungen im Bundestag vertilgen, d.h. eine hohe Seniorität haben. 3 • Damit auch über die flln.IZiger und sechziger Jahre Aussagen gemacht werden konnten, wurden bei der FDP auch ehemalige Parlamentarier in die Befragung miteinbezogen. 4 • Aus forschungsökonomischen Gründen sollten unter den ehemaligen Abgeordneten nur solche, die in Bay­ ern und Nordrhein-Westfalen wohnten, befragt werden.' Nach diesen Kriterien ermittelte ich 67 Personen, mit denen ich versuchte, Kontakt aufzunehmen. Bei 13 Per­ sonen gelang dies nicht.6 In 32 Fällen kam- mitunter nach mehrmaligen Verschiebungen- ein Gesprächtermin Vgl. Kap. 13.2. Herrn Prof. Dr. Heinrich Oberreuter und PD Dr. Martin Sebaldt ist llir die kritische Durchsicht der Befragungsinstrunlente zu danken. 2 Die Vernachlässigung der in der I. bis 3. Wahlpt.'fiode vertretenen Fraktionen rechtfertigt sich auch da­ durch, daß mit Hilfe der Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Deutschen Bundestages e.V. nur zwei Personen ermittelt werden koooten, die in die Stichprobe hätten einbezogen werden können (von denen zudem noch einer inl Zeitraum der Befragung verstarb). 3 Diese Bedingung konnten DIE GRÜNEN und die PDSILL nur eingeschränkt erfüllen. Berücksichtigt wurde sie, indem bei den GRÜNEN Personen bevorzugt wurden, die sowohl in der 10. als auch der II. Wahlperiode inl Boooer Parlament vertreten waren, und bei den Postkommunisten die Nachrocker ver­ nachlässigt wurden. 4 Bei den GRÜNEN konnte ich naturgemäß nur ehemalige, bei der PDSILL nur aktive Parlamentarier be­ rücksichtigen. 5 Ebenfalls aus forschungsökonomischen Gründen schloß ich Minister und Parlamentarische Staatssekretä• re aus, da mir angesichts des noch umfangreicheren Aufgabenspektrunls der Regierungsmitglieder eine Erfilllung meines Interviewwunschs illusorisch erschien. I Die Konzeption der Interviewstudie 421 zustande, d.h. der beabsichtigte Stichprobenumlimg kormte realisiert werden. Einer dieser Termine platzte, da eine vorhergehende Besprechung des Interviewpartners länger als erwartet dauerte und ich keinen weiteren Termin vereinbaren komite. 1.3 Interviewpartner Die Tabellen AI und A2 zeigen, daß die beabsichtigten Vorgaben der Stichprobenauswahl weitgehend erfüllt werden kollllten. Durch die große räumliche Mobilität der GRÜNEN kollllte mit einer größeren Anzahl alter­ nativer Parlamentarier, die über längere parlamentarische Erfahrung verfügten, leider kein Kontakt aufge­ norumen werden, so daß in dieser Gruppe nicht das erhotne Ausmaß an Seniorität erreicht werden kollllte. Die realisierte Stichprobe umfaßte msgesaml sechzehn aktive und flinfzelm ehemalige Bundestagsabgeordnete7 Tab. A 1: Interviewpartner nach Fraktion und Wahlperiode Fraktion 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. ges. WP WP WP WP WP WP WP WP WP WP WP WP FDP 2 2 3 5 6 6 6 7 8 7 6 6 12 GRÜNE --------- 5 9 0 10 PDS/LL ---- --- ---- 9* 9 gesamt 2 2 3 5 6 6 6 7 8 12 15 15* 31 5 POS-Abgeordnete gehörten dem Bundestag auch in der 11. Wahlperiode für wenige Wochen an. Tab. A2: Interviewpartner nach Fraktion und Seniorität Anzahl WP 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 ges. 0 Med. FDP 1 1 1 0 2 3 3 0 0 1 12 5,4 6 GRÜNE 5 5 - ------ - 10 1,5 1,5 PDS/LL 9* - - - - --- -- 9 1 1 gesamt 15* 6 1 0 2 3 3 0 0 1 31 2,9 2 5 POS-Abgeordnete gehörten dem Bundestag auch in der 11. Wahlperiode für wenige Wochen an. 1. 4 Interviewsituation Bis auf einen Interviewpartner willigten alle Befragten olme Bedenken in Au!Zeichnung und Verschritlung der Gespräche ein. Die Person, die einen Mitschnitt untersagte, tat dies allerdings nicht aus datenschutzrechtlichen Bedenken. Statt dessen tonnulierte sie Kritik an der gewählten Methodik Ich habe was dagegen, wellll ich von Diplomanden und Doktoranden zu irgendwelchen Themen befragt werde, nur weil diese zu tim! sind, die Dokumente selbst auszuwcrten8 6 Die Ausfälle umfassen fast ausschließlich DIE GRÜNEN, die sich durch eine hohe räumliche Mobilität auszeichnen. Die Bundesgeschätlsstelle war in diesen Fällentrotz mehrmaliger postalischer und telefoni­ scher Nachfragen nicht in der Lage, die neuen Adressen zu ermitteln und an mich weiterzugeben. 7 Drei Ex-Parlamentariern der GRüNEN gelang in der 13. Wahlperiode der erneute Einzug in den Bun­ destag. 8 Schrillliehe Aufzeichnung unmittelbar nach Ende des Gespräches. 422 Anhang: Informationen zur Interviewstudie Ich wandte dagegen ein, bei diesem Forschungsprojekt sei dies nicht der Fall, da ich zum einen auch die par­ lamentarischen Drucksachen auswerte, zum anderen besonders an der durch amtliche Dokumente nicht faßba• ren Alltagsperspektive interessiert sei. Doch auch diese Argumente konnten das Veto des Interviewpartners nicht überwinden, weswegen ich das Gespräch in der Befragungsstudie leider nicht berücksichtigen konnte. Bei einer Befragung war neben dem Parlamentarier zunächst auch noch ein Fraktionsmitarbeiter anwesend. Obwohl dadurch die Möglichkeit bestand, aus einer weiteren Perspektive Einblick in die Aktivitäten der Kleinfraktion zu erhalten, beeinträchtigte dieser Umstand zunächst die Interviewsituation. Als der Mitarbeiter einer anderweitigen Verpflichtung nachkommen mußte, verbesserte sich der Rapport erheblich. Insgesamt war der Rapport nach meiner Beurteilung in allen dreißig Interviews, die zustande kamen, zufriedenstellend, meist deutlich besser. Die Tabellen A3 bis A.5 dokumentieren die Einschätzung der Glaubwürdigkeit, Kooperati­ onsbereitschaft und Konzentration der Befragten. Tab. A3: Glaubwürdigkeit der Interviewpartner nach Fraktion hoch niedrig Fraktion gesamt 0 Median 1 2 3 4 5 FDP 6 6 0 0 0 12 1,5 1,5 GRÜNE 7 2 0 0 0 9 1,2 1 PDS/LL 2 5 2 0 0 9 2,0 2 gesamt 15 13 2 0 0 30 1,6 1,5 Tab. A4: Kooperationsbereitschaft der Interviewpartner nach Fraktion hoch niedrig Fraktion gesamt 0 Median 1 2 3 4 5 FDP 4 5 2 1 0 12 2,0 2 GRÜNE 5 3 1 0 0 9 1,6 1 PDS/LL 1 6 2 0 0 9 2,1 2 gesamt 10 14 5 1 0 30 1,9 2 Tab. A.S: Konzentration der Interviewpartner nach Fraktion hoch niedrig Fraktion gesamt 0 Median 1 2 3 4 5 FDP 3 6 2 1 0 12 2,1 2 GRÜNE 5 3 1 0 0 9 1,6 1 PDS/LL 3 6 0 0 0 9 1,7 2 gesamt 11 15 3 1 0 30 1,8 2 Zur starken Konzentration der Gesprächspartner trug auch bei, daß das Gros der Befragungen nicht oder höch• stens einmal unterbrochen wurden (vgl. Tab. A6 ). Die meisten dieser Störungen waren allerdings positiv zu werten, dienten sie doch ausschließlich dazu, Kaffee - mitunter auch Kuchen - zu servieren. 9 9 In einem Gespräch entschied der Interviewpartner zudem, angesichts der vorgerückten Nachmittagsstun­ de sei Weißwein angemessener als Kaffee oder Tee. D1e Konzeption der Interviewstudie 4 23 Tab. A6: Anzahl der Unterbrechungen pro Interview 0 2 3 0 16 9 4 0,7 Insoweit kann aus meiner Erfahrung die Feststellung von Arnold M. Rose, Parlamentarier zu befragen gehöre zu den schwierigsten Aufgaben eines Sozialwissenschaftlers, nicht bestätigt 10 Seine Forderung, gut vorbereitet zu sein, um kompetent auftreten zu können und Fragen zu stellen, die dem intellektuellen Niveau eines Beruf­ spolitikers entsprechen, suchte ich allerdings zu erfüllen. 11 1. 5 Interviewdauer Wie die Tabelle A. 7 zeigt, orientierte sich die Hältle der Interviews - in erster Linie die mit aktiven Bundes­ tagsabgcordneten geflihrten- an der beabsichtigten Zeitvorgabe von 30 bis 45 Minuten: Tab. A7: Interviewdauer nach Fraktion (in Minuten) Fraktion 30-44 45-59 60-74 75-89 90-119 120-150 gesamt 0 Median FDP 1 3 3 3 1 1 12 60 60 GRÜNE 2 2 0 2 1 2 9 78,3 75 PDS/LL 7 0 2 0 0 0 9 41,1 38 gesamt 10 5 5 5 2 3 30 59,8 53 Gescmtdauer der Interviews: 1855 Minuten. Eine ganze Anzahl Gespräche dauerte aber auch länger als eine Stunde. Interviews von mehr als 90 Minuten Dauer fanden mit drei ehemaligen Parlamentariern der GRÜNEN, die nicht so stark wie die ihre aktiven Kol­ legen unter Termindruck standen, aber auch mit zwei aktiven Bundestagsabgeordneten der FDP statt. Die zeit­ lich kiliZeren Interviews, von denen die meisten mit Abgeordneten der PDSILL gefilhrt wurden, fanden aller­ dings meist in einer konzentrierteren Atmosphäre statt, wodurch die Länge der verschrifteten Interviews weni­ ger starken Schwankungen unterliegen ( vgL Tab. A 8 ). Tab. AB: Interviewdauer nach Fraktion (in Seiten a 45 Zeilen mit 60 Anschlägen) Fraktion 10-12 13-15 16-20 21-25 26-30 31-35 gesamt 0 Median FDP 4 2 4 2 0 0 12 15,8 15,5 GRÜNE 1 2 2 1 0 3 9 21,3 19 PDS/LL 2 4 1 1 1 0 9 16,7 14 gesamt 7 8 7 4 1 3 30 17,7 15,5 Gescmtumfang der Interviews: 532 Seiten. 10 VgL Rose 1970:204-207.
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