Beitrag zum 800 jährigen Burgjubiläum von Windegg

von Leopold Josef Mayböck

us Anlass der ersten Erwähnung des Geschlechtes der Windegger am 15. Oktober A 1208, wurde indirekt auch die Burg Windegg erstmals urkundlich genannt.

Daher möchte der Autor mit diesem Beitrag eine kurze Abhandlung über die Vorgeschich- te und die Anfänge dieser altehrwürdigen Anlage bringen. Um damit vielleicht ein wenig das historisch und baugeschichtliche Verständnis über ein über 800 Jahre altes romani- sches Bauwerk zu stärken.

Vorgeschichte Eine davon war die Grafschaft Traungau mit Sitz Dass der Raum in und um Schwertberg zur donau- in Linz, zu der auch der untere Teil des Mühlviertels ländischen Altsiedellandschaft gehört, beweisen zahl- gehörte, und über die Enns reichte. Im Machland und reiche Funde aus der Alt- und Jungsteinzeit. Dass in in der Riedmark gab es schon einige Ortschaften mit dieser Region und in den verschiedenen Kulturepo- Kirchen, sowie zahlreiche Althöfe darunter Aisthofen, chen die Besiedelung nie vollständig abriss, beweisen Ruprechtshofen, Kühhofen u.a. neben archäologischen Befunden auch Gewässer- und Um 820 saß Grenzgraf Wilhelm in Linz. Seine Auf- Flurnamen. gaben bestanden darin, sich um die Sicherheit der Be- Gegen Ende der Völkerwanderungszeit rückten wohner zu kümmern. Jederzeit einen Heerbann aufbie- vom Westen her die ersten Baiern ein, vom Süden und ten zu können, Gericht zu halten, Heerstraße, Brücken, Norden Slawische Sippen. Alle diese Volksgruppen und Befestigungsbauten in Ordnung zu halten, Handel wurden hier sesshaft und vermischten sich im Laufe und Verkehr zu fördern, Mauten und Zölle einzuheben. der Zeit mit der noch vorhandenen Ur- oder Restbe- Jederzeit in der Lage zu sein um äußere und innere völkerung. Feinde abzuwehren. Dafür bekam er vom Kaiser Privi- Es war eine sehr wechselvolle Zeit, immer wieder legien und wurde mit Grund und Boden im Rodungs- bedrohten und eroberten Reitervölker aus dem Osten land entschädigt. Daher war Grenzgraf Wilhelm in der die damaligen bairischen Ostgebiete an der Donau. Lage dem Bischöflichen Kloster St. Emmeram in Re- Im Jahre 781 übernahmen die Franken unter Kaiser gensburg am 18. Jänner 853 den Landstrich zwischen Karl den Großen die bairischen Stammesgebiete, und den Flüssen Aist und Naarn zu schenken. setzten zur Verwaltung Präfekten ein. Als Gerold im Von der Mündung in die Donau bis zu ihrem Ur- Jahre 799 im Kampfe gegen die Awaren fiel, fasste sprung im Nordwald, sowie das Verfügungsrecht (Ge- man den Traungau, Teile des Mühlviertels und den richtsgewalt) über alle Menschen, die dort wohnten. Donauraum bis Pannonien zum so genannten bairi- Das waren Baiern, Slawen, Freie und Unfreie (Leibei- schen Ostland zusammen. Um dieses Territorium bes- gene). Daher wurde dieser Landstrich zwischen den ser verwalten zu können, unterteilte man es in einige beiden Flüssen Jahrhunderte lang Regensburger Luß Grafschaften. genannt. Als Mittelpunkt und Verwaltungssitz diente der Herrenhof in Aisthofen. In dieser Zeit der ersten Kolo- nisationsperiode entstanden auch neue Siedlungen, Kolonisten aus den Altsiedelgebieten wandelten Natur- land in Kulturland um.

Abb. 1 Herrschaftsverhältnisse im österreichischen Donauraum 895/896 Abb. 2 Herrenhaus im 9. Jh. 2 Nach dem Tod des Grenzgrafen Wilhelm um 860, Die noch verbliebenen drei Wilhelminer suchten erbten seine beiden Söhne Wilhelm II. und Engel- daraufhin Schutz beim Königssohn Arnulf, der damals schalk I. die Grenzgrafschaft an der Donau. Besaßen die Grafschaft Pannonien besaß. Mit dem Mährer- aber auch Landstriche in Pannonien und Karantanien, fürsten söhnten sich die Wilhelminer wieder aus. Graf also eine mächtige und einflussreiche Grafenfamilie. Engelschalk II. raubte eine illegitime Tochter des Kö- Aber die Zeiten wurden wieder einmal unruhig, vom nig Arnulf und fand Unterschlupf beim Fürsten Zwen- Nordosten her griffen immer wieder Slawische Ver- tibald. Doch König Arnulf nahm ihn wieder in Gnaden bände des Großmährischen Reiches an, verbrannten auf und übertrug ihm eine Grenzgrafschaft im Osten. Häuser und töteten Bewohne. Deshalb entschloss sich Doch er war sehr hochmütig und behandelte bairische der ostfränkische König ein Heer aufzustellen, das Adelige und Handelsleute sehr schlecht und verlangte Kommando übertrug er den kampferprobten Wilhelm überhöhte Zölle, was ihm sehr viele Feinde einbrachte. II. und Engelschalk I. Der Krieg gegen die Mährer Als Engelschalk II. im Frühjahr 893 in dauerte von 869 bis 871 und endete mit dem Tod bei- zum Reichstag die königliche Pfalz betreten wollte, der Grenzgrafen. wurde er ergriffen, vor ein Gericht gestellt und danach Daraufhin vergab der Ostfränkische König Ludwig geblendet. Seinen Bruder Wilhelm III. warf man Ver- die Grafschaft an der Donau dem Grafen Arbo an. Das rat vor, er wurde zum Tod durch Enthaupten verurteilt. wiederum missfiel den sechs hinterlassenen Söhnen Nur Rutpert konnte mit seinen Leuten fliehen und fand der gefallenen Grenzgrafen. die so genannte Wilhel- beim Fürsten Zwentibald Unterschlupf. Da er aber miner Sippe, die über großen Rückhalt beim einheimi- keinen politischen Nutzen mehr hatte, ließ ihn der schen Adel verfügten, sagten dem Grafen Arbo den Mährerfürst mitsamt seinem Gefolge ermorden. Damit Kampf an. schließt sich das Kapitel der Wilhelminer. Ihr gesamter Restbesitz wurde vom König Arnulf eingezogen und an andere Adelige vergeben. Zu diesen gehörten Graf Dunring, dieser bekam Güter am Luf- tenberg und an der Naarn im Machland. Graf Kun- derhari erhielt Güter auf beiden Seiten der Enns und das Kloster Kremsmünster bekam Güter im Traungau. Doch nur kurze Zeit herrschte Ruhe, denn aus dem Osten drohte eine neue Gefahr. Das wilde Reitervolk der Ungarn unter König Arpard stieß bis zur Enns vor,

auch das Machland blieb nicht verschont. Nur mit großer Mühe gelang es dem damaligen Markgrafen Liutpold mit seinen Leuten unter Mithilfe von wehrfähigen Männern die Ungarn bei Naarn zu- rückzuschlagen, dabei ertranken etliche Angreifer in der Donau. Die darauf folgenden Jahrzehnte wurden geprägt von zahlreichen Überfällen, diesen wilden Reiterhor- Abb. 3 Kämpfe im 9. Jh. den konnte vorerst kein Einhalt geboten werden, weit in das Reichsgebiet bis zum Rhein stießen die Ungarn Im Jahre 882 schlugen sie los und es gelang ihnen vor. den Grafen Arbo zu vertreiben, dabei gingen sie äu- ßerst brutal vor und verübten fürchterliche Grausam- keiten. Vor allem die niederösterreichischen und pan- nonischen Gebiete litten schwer darunter. Der vertrie- bene Grenzgraf Arbo verbündete sich daraufhin mit dem Fürsten Zwentibal aus Mähren. die Kämpfe gin- gen weiter und im Jahre 884 wurden von den Wilhel- minern - Mengingoz und Pabo erschlagen ein dritter (Werinhart) mitsamt einigen Getreuen gefangen. Bevor man sie freiließ wurden sie grausam verstümmelt, man hackte ihnen die Hände ab, danach wurden ihnen die Abb . 4 Plündernde Ungarn Ohren und Geschlechtsteile abgeschnitten. Mährische Verbände und Grenzgraf Arbo mit sei- Das bewog viele Menschen, die in den Ebenen ent- nen Leuten verwüsteten Besitzungen der verbliebenen lang der Donau und an Flussufern siedelten, sich bei Wilhelminer, wobei sie über die Donau vordrangen drohender Gefahr in die Wälder des dahinter liegenden und auch Teile des Mühlviertels und der Traungau in Hügellandes zu flüchten. Denn Reiterkrieger mieden Mitleidenschaft gezogen wurde. unzugängliches Terrain, denn nur in der Steppe und in 3 den Ebenen konnten sie ihre Überlegenheit als Reiter- Prozess dauerte über zweihundert Jahre und in der krieger ausspielen. Endphase wurden auch noch für die Landwirtschaft Deshalb entstanden in dieser unruhigen Zeit auch ungünstigere Lagen erschlossen und Bauerngüter er- einige Fliehburgen, aus Holz und Erde errichtet. Dazu richtet. gehörten die Ennsburg, Pybur, Sindelburg u. a. aber Sehr begünstigt haben diese Siedlungsepoche eini- auch im Unteren Mühlviertel wurden einige Schutz- ge neue Edelfreie Familien, die zum Teil aus dem burgen gebaut, dazu gehörte Altenburg bei Windhaag, Reich stammten und in den Ostgebieten Land erwar- eine Anlage im Burgholz bei Ried. Die Burg am ben, oder als Königsschenkung bekamen. Damit sie „Weltstein“ bei Lina könnte ebenfalls aus dieser Zeit mit ihren Leuten und mitgebrachte Kolonisten das stammen. Land urbar machten. Dazu wurden sie mit Grafschafts- ähnlichen Rechten ausgestattet, Gerichtsbarkeit über ihre Untertanen, Vogteien, Recht zum Burgen- und Kirchenbau (Eigenkirchenwesen), bewaffnete Gefolgs- leute u. a. Besonders die Zeit des Investiturstreites (1070- 1122) zwischen dem Papsttum und dem Deutschen Kaiser wirkte sich für den Adel günstig aus. Da beide Seiten auf Bundesgenossen angewiesen waren, wurden

viele Zugeständnisse und Land an Mitstreiter abgege- ben. Es war der Beginn einer neuen Adelskultur, aus dieser elitären Gesellschaft entwickelte sich der Ritterstand. Es dauerte noch einige Generationen, dass sich auch Gefolgsleute der Grafen und Edelfreien den Status eines Ritters (Miles) erhielten. Eine Vor- Abb. 5 Holz- Erdburg im Frühmittelalter aussetzung für diesen Prozess bildete das Lehenswesen Dass in der Nähe des Dorfes Lina, auf dem früher und die völlige Umgestaltung des Kriegswesens. Diese genannten Burgstallberg eine befestigte Anlage be- Entwicklung setzte schon in der Karolingischen Zeit stand, beweisen die 15 Flurnamen an diesen Berg, die ein, wo die alten Volksheere durch eine gut gerüstete auf (6 x) Burgstall-Holzstatt, (2 x) Burgstall-Leiten, Kriegerkaste ersetzt wurden. Dadurch wurde der ur- (4 x) Burgstall-Lüssel und (3 x) auf Burgstall-Wiesel sprünglich freie Bauer durch die allmähliche Einglie- lauten. Dazu kommt noch ein heute nicht mehr beste- derung in ein Feudalsystem zusehends unfrei. Es dau- hendes Bauerngut, das den Hausnamen Burgstaller erte aber noch viele Generationen bis auch die letzten Haus besaß. Bereits 1449 heißt es in einem Urbar der Freibauern verschwanden. Herrschaft Windegg, Hanns Schuster am Burgstall Im Unteren Mühlviertel (Riedmark) besaßen einige dient: Auch in späteren Urbaren wird immer wieder hochfreie Familien Teile des Landes und begannen mit ein Purgstall bey Lina genannt. Von der ehemaligen dem Bau der ersten Höhenburgen. Dazu gehörten die Fluchtburg, die sicher aus Holz und Erde gebaut war Aister, Marbacher, Wartberger, Griesbacher, Pernauer ist fast nichts mehr erkennbar, ein ehemaliger Graben und im Machland etablierten sich die Herren von Perg an der Ostseite des Berges wurde schon vor Jahren / Machland zu einem mächtigen Geschlecht. In relativ einplaniert. kurzer Zeit gelang es ihnen, ihre Position auszubauen, Nach der Entscheidungsschlacht am Lechfeld bei verfügten über weit reichende dynastische Verbindun- Augsburg in Bayern 955 kehrte Ruhe ein, die Ungarn- gen und es gelang dieser Sippe zahlreiche Klostervog- gefahr war gebannt. teien zu erwerben. Neben Passauer und Florianer er- Nun begann eine neue Zeit, die alten Gauverfas- hielten sie auch ihre Vogteirechte über jenes Gebiet sungen wurden von Kaiser Otto I. aufgelöst. In die zwischen Aist und Naarn, das seit 853 dem zum Teil verwaisten Ostmarken strömten neue Siedler, Bistumkloster St. Emmeram in Regensburg gehört. vor allem Bayern, Franken, Sachsen, Rheinländer u. a. Im Jahre 976 übernahm die Mark an der Donau der Babenberger Leopold I., sein erster Amtssitz wurde die Burg Melk. Auch im Unteren Mühlviertel änderte sich einiges, die erste Etappe des Auffüllprozesses war um die Jahr- tausendwende abgeschlossen. Nun begann die Zeit der Binnenkolonisation, neues Land wurde erschlossen und durch Urbarmachung in Kulturland umgewandelt. Es war die so genannte Rodungszeit, in der viele neue Bauerngüter, Dörfer und Märkte entstanden, dieser Abb. 6 Burg Perg 4 Um das Jahr 1100 errichteten die Perger auf Re- Außerdem lag dieser zukünftige Wehrbau und gensburger Gebiet oberhalb des Ortes Perg am Doll- Verwaltungssitz so ziemlich in der Mitte der neu ent- berg eine Vogtburg von der aus sie die Gebiete des standenen Herrschaft Windegg, dessen Herrschaftsge- Regensburger Lusses verwalteten. biet von Au an der Donau über Schwertberg bis zum Der alte Verwaltungsmittelpunkt Aisthofen verlor Aschberg nördlich des Marktes Tragwein reichte. dadurch seine Funktion und wurde nur mehr als Wirt- Nachdem man eine geeignete Lagerstelle gefunden schaftshof geführt. hatte, die auch den baulich-strategischen Ansprüchen Der alte Stammsitz der nunmehrigen Vögte von entsprach. Außerdem musste es einen Stelle sein, wo Perg befand sich in Pergkirchen, wo sie neben ihrem auch genügend Grund und Boden als zukünftiges Do- Sitz auch eine Eigenkirche besaßen. minikalland (Eigenbesitz-Herrenland) zur Verfügung Im Laufe der Zeit entfremdeten die Vögte von Perg stand. Im Gegensatz zu dem Bauern- und Untertanen- dem Regensburger Bistum viel Land und Güter, was land, das als Rustikalland bezeichnet wurde mit der Zeit zu gewissen Spannungen führte. Da sich Es ist sicher kein Zufall, dass sich in der Nähe am diese Vorgangsweise nicht änderte, entschlossen sich so genannten „Weltstein“ in Lina eine alte schon die Regensburger Domherren, ihre Besitzungen im längst abgekommene Fliehburg befunden hatte, dessen Unteren Mühlviertel einem anderen Geschlecht anzu- dazugehörigen Eigengrund nun zur neuen Herrschaft vertrauen, die ihre Interessen besser vertreten sollten. Windegg geschlagen wurde. Deshalb übertrugen sie um 1160 den Schutz ihrer Gü- Das sich ehemals befindliche Bauerngut am West- ter dem Geschlecht der Lengenbacher, einer mächtigen abhang des 478 m hohen Weltstein, wurde im Mittelal- niederösterreichischen Hochadelsfamilie mit Stamm- ter als „Peter im Reut“ bezeichnet (ein alter Rodungs- sitz in Altlengbach. name). In der Neuzeit bürgerte sich der Name Brand- Otto III. von Lengenbach war mit der Gräfin Kuni- ner Gut ein. (Abgekommen, Einfamilienhaus). gunde von Peilstein verheiratet. Er gelangte nach dem Auf jeden Fall gehörte der alte „Schacher Wald“ Tod von Otto von Machland, dessen Frau Jutta eben- an der Nordseite des Weltsteines schon immer zum falls eine Peilsteinerin war, in den Besitz der Inselburg Dominikalland der Grundherrschaft Windegg, und so Spielberg an der Donau (Gde. Langenstein). Damit ein Waldgebiet war für eine Burgherrschaft sehr wich- gelangte er zu einer guten Position für zukünftige wei- tig, denn aus diesem wurde das jährlich benötigte tere Erwerbungen in dieser Region. Brennholz für die Burgküche, offene Kamine und Ka- chelöfen gewonnen. Die Errichtung der Burg Windegg Sehr wichtig für eine Burgherrschaft war, dass sich in der Nähe ein Bauernhof befand der in einen Burg- Da innerhalb der Regensburger Besitzungen ein meierhof umgewandelt oder neu errichtet wurde. Auf gewisser Schutzbedarf bestand, erteilten die Regens- jeden Fall stattete man diese Versorgungshöfe mit burger Domherrn um 1170 dem Otto III. von Lengen- genügend Land aus, damit sie den täglichen Bedarf an bach als Verwalter und Vogt ihrer Güter den Auftrag Lebensmitteln für die Burgbewohner gewährleisten an geeigneter Stelle eine Burg zu errichten, die das konnten. zukünftige Herrschaftszentrum und die Verwaltung Nachdem man eine geeignete Stelle auserkoren hat- des südlichen Teiles des Regensburger Lusses werden te, gab der Bauherr einem Baumeister „Magister - sollte. Dass man sich um eine Lagestelle abseits des Operi“ den Auftrag mit der Planung, die zum bevor- Marktes Schwertberg in der Nähe des alten Dorfes stehenden Baubeginn nötig war, zu beginnen. Winden entschloss, entsprach durchaus der damaligen Ein Baumeister musste neben statischen Kenntnis- Gepflogenheit des Adels, sich etwas abseits ihrer Un- sen auch alle Bautechniken beherrschen. Baukunst tertanen auf großer Höhe oder einem Hangsporn eine gehörte im Mittelalter zu den höchst angesehenen Burg errichten zu lassen. Handwerksberufen und zählte zu den Geheimwissen- schaften. Nachdem auch die Umgebung inspiziert wurde, um jene Stellen zu finden, die für die Gewin- nung von Baumaterial nötig waren, Steinbrüche, Lage- stellen zur Sandgewinnung, nötiges Bauholz, genü- gend Wasser, Errichtung eines Kalkofens, einer Schmiede, Beschaffung von nötigen Werkzeug, Bau von Baumaschinen (Tretkran), Lastenfahrzeuge, Zug- vieh und der Bau einer Bauhütte, (eine Großbaustelle). Erst nach Abschluss dieser Planungsphase berechnete der Baumeister den Arbeitsaufwand, die Bauzeit und erstellte einen Kostenplan. Erst danach wurden die nötigen Arbeitskräfte an- geworben, wobei einen Teil der Fachkräfte der Bau- meister selber mitbrachte. In dieser Zeit gab es viele Abb. 7 Burg Windegg im Hochmittelalter 5 wandernde Bauhütten, die sich ihren Lebensunterhalt nach dem Aufwand und der zur Verfügung stehenden beim Burgen- und Kirchenbau verdienten. finanziellen Mittel. Zu den benötigten Handwerkern zählten die Stein- Im Falle Windegg wurde ein teurer, aufwändiger, metze, Steinhauer, Zurichter, Versetzer, Maurer, Zim- repräsentativer Steinbau gewählt. Das heißt, anstelle merleute, ein Schmied, einige Handlanger, Fuhrleute, von Bruchsteinen und Holz, ein imposantes Quader- Viehknechte, auch ein Koch war nötig. Untertanen aus mauerwerk. die äußere und innere Steinmauer wurde der Umgebung mussten neben Fuhr- und Spandiensten aus schön zu behauenen unterschiedlich großen qua- auch Hilfsarbeiten (Schwarwerk) leisten. derförmigen Granitsteinen errichtet, so dass zwischen den Stoß- und Lagerfugen nur wenig Mörtel Platz hat- te. Dazwischen entstand eine Mauerschale, die mit Bruchsteinen und Mörtel der so genannten Mauerspei- se aufgefüllt wurde. Als besonders aufwändig und repräsentativ galten an den Ecken und auch sonst eingestreuten Quader- steinen mit Randschlag auch Buckelquader genannt. Diese Bauweise zeigte auch nach Außen hin den hohen Status des Bauherrn und Inhabers.

Abb. 8 Burgenbau im Frühmittelalter

Neben der Bau- und Werkzeughütte wurde auch ein

Unterstellplatz für Pferde und Ochsen benötigt. Zim- merleute mussten neben dem Gerüstbau auch benötigte Baumaschinen (Tretkran und Lastenschlitten zum Steintransport) herstellen. Die meisten Arbeitskräfte wurden im Frühjahr ein- gestellt und im Spätherbst wieder entlassen. Nur die Steinmetze, Steinhauer, Zimmerleute und der Schmied blieben auch im Winter auf der Baustelle, die niemals Abb. 9 Burgenbau unbeaufsichtigt war. Als Unterkunft diente die Bauhüt- Trage, Schubkarren und begehbare Schräge in einer te, der Burgmeierhof, der auch die benötigten Lebens- mittelalterlichen Darstellung mittel für die Arbeiter bereitstellen musste, aber auch die Bauernhöfe in der Umgebung. Nach Abschluss der Bauarbeiten, Aufsetzen der Die Arbeitszeit dauerte in der Regel vom Frühjahr Dachstühle und Eindeckung mit gebrannten Tonzie- bis in den herbst hinein ca. 14 Stunden am Tag, wobei geln (Biberschwanz), Errichtung einer Burgküche, einige Pausen und eine Mittagszeit von zwei Stunden Zisterne oder Brunnen, begann die nächste Phase in gewährt wurden. Man arbeitete 6 Tage in der Woche, den einzelnen Räumen der Burg. Rittersaal, Kemena- nur an Sonn- und Feiertagen wurde nicht gearbeitet, ten, Burgküche, Hauskapelle u. a. mussten durch Fuß- und Feiertage gab es damals sehr viele. Die meisten böden, Fensterläden, Teppiche, Möbel und sonstige Arbeiter erhielten einen Stück- oder Tageslohn, Fuhr- Einrichtungsgegenstände bewohnbar gemacht werden. leute und Viehtreiber erhielten weit weniger, Unterta- Erst dann war die Burg bezugsfertig und der Bauherr nen, die ihr Scharwerk ableisten mussten bekamen konnte mit seiner Familie einziehen. einen Naturallohn. am meisten erhielt der Baumeister, Wenn der Inhaber der Burg selber nicht die Burg meist das 20 bis 30-fache eines Steinmetzen. bewohnte oder nur ab und zu hier war, so bestellte er Die Bauzeit einer Burg von 1.000 m² umbauter Flä- einen Burggrafen, der die Burg beaufsichtigte, in Ord- che betrug in der Regel etwa 4-5 Jahre. nung hielt und die Herrschaft verwaltete. Meistens Es waren dafür etwa 40-50 Baufachleute und etwa bewohnte dieser auch die Burg mit seiner Familie, im 30 Handlanger nötig. Die Bauzeit richtete sich auch Hochmittelalter war es üblich, dass der Burggraf den Namen der Burg annahm und ihn als Familienname führte. 6 Ein Jahr später gab er einem Baumeister den Auf- trag eine neue prachtvolle Dynastenburg zu errichten, die den Namen Neulengbach bekam.

Abb. 10 Abb. 12 Burg Neulengbach Burgenbau Sehr lange konnte sich der Bauherr seiner neuen Burgname Windegg Burg nicht erfreuen, wenn sie überhaupt schon fertig war, denn im Jahre 1192 starb Otto III. von Lengen- Als Bestimmungswort wählte man bewusst den bach. Sein Leichnam wurde im Kloster St. Andrä an Namen der alten Ortschaft Winden, als Endsilbe diente der Traisen beigesetzt, wo die Familie als Mitstifter ein das Wort –egg, (-ekk – eck). Diese Bezeichnung weist Erbbegräbnis besaßen. auf die Lage der Burg hin. Denn die Anlage wurde am Sein einzig noch lebender Sohn Hartwig II. (1150- Ende eines Hangspornes errichtet, oder an der Ecke 1219) übernahm das reiche Erbe, er nannte sich eben- eines Berges. falls Domvogt von Regensburg. Verheiratet war er mit Es war im Hochmittelalter üblich als Burgname ei- der Gräfin Uldahild von Pernegg. ne bewusste Namenschöpfung zu wählen, deshalb gibt Den Großteil seines Besitzes darunter auch die Le- es viele Burgen, die in der Endsilbe auf -berg, (Klin- hensfeste Windegg ließ er durch Burggrafen verwal- genberg), -stein (Reichenstein), -fels (Rotenfels), -egg ten. (Saxenegg, Prandegg, Riedegg u. a.) lauten. Die Burg Windegg und Die Regensburger Domvögte ihre erste urkundliche Nennung

1174 gelangte Otto III. von Am 15. Oktober 1208 fand auf einer Wiese bei dem Lengenbach durch einen Vertrag mit Kirchendorf Naarn eine Versammlung statt. Bei der dem Staufenkaiser Friedrich I. Barba- Herzog Leopold VI. persönlich anwesend war und rossa in den Besitz von zahlreichen dem Kloster St. Florian die Befreiung (Exemption) Reichslehen innerhalb des Herzogtums seiner Untertanen am Windberg (Bez. Urfahr) von der Österreich. weltlichen Gerichtsbarkeit (Landgericht Waxenberg) zusagte. Abb. 11 Wappen der Lengenbach Bei dieser Zusammenkunft nahmen neben geistli- chen Würdenträgern, weltlichen Größen auch einige 1184 befand sich der Lengenbacher im Gefolge des Ritter daran teil. Babenberger Herzog Leopold V. und nahmen am be- Die Abmachung bezeugte Ulrich Graf von Klam, rühmten Mainzer Pfingstfest teil. An dieser Großver- Otto V. von Lengenbach (Sohn von Hartwig II.) Ulrich anstaltung fanden sich mehrere tausend Ritter aus dem von Falkenberg, Hadmar, Albero und Hadmar II. von ganzen Reich ein, viele beteiligten sich an den Turnie- Kuenring u. a. ren und beliebten Ringelstechen. Aber auch einige Gefolgsleute der Lengenbacher 1186 war Otto III. v. L. als Zeuge des Georgenber- fungierten als Zeugen: Herbot von Volkerstorf, Dein- ger Erbvertrages zwischen dem Herzog von Österreich rad Capellarius, Opoldus et Heinrich die Kammerer und dem Steirischen Herzog Ottokar IV. in Enns. und Dietrich von Windegg. (Nach dem Tod des Steirers sollte die Steiermark an

Österreich fallen. Abb. 13 1188 bekam der Lengenbacher für alle Besitzungen des Hochstiftes Regensburg innerhalb des Herzogtums Wappen der ritterlichen Familie Österreich übertragen. Von nun an nannte sich Otto der Windegger (Mitte 13. Jh.) III. Domvogt von Regensburg. Nun war er am Höhe- punkt seiner Macht angelangt und zählte zu den mäch- Schild oben ein roter tigsten Dynastien Österreichs. Querbalken, schwarze Spitze in Silber.

7 Kleiner Rückblick in das Jahr 1208 Ziel erreichen wollte, schreckte er auch nicht vor Ge- walt zurück. besonders den Hochadel wollte er in sei- Unteres Mühlviertel: Neben der Herrschaft Win- nen Rechten beschneiden, was ihm auch viele Feind- degg gab es noch eine zweite Regensburger Herr- schaften einbrachte. schaft, den Markt Zell und zu dem noch 80 Bauerngü- Deutsches Reich: Am 21. Juni 1208, wurde in Bam- ter gehörten, einige Dörfer und Althöfe in der Umge- berg der Staufer König Philipp von Schwaben vom bung. Weiter nördlich die Pfarre Schönau. Pfalzgraf Otto von Wittelsbach aus persönlicher Krän- Teile des Machlandes beherrschten die Grafen von kung ermordet. Klam/Velburg, dazu kamen noch eine große Anzahl Sein Nachfolger wurde der Welfe Otto IV. von Braun- von Rittern (Gefolgsleute) die auf ihren Burgen saßen. schweig. Klam, Außernstein, Innernstein, Altenburg, Mitter- berg, Kreuzen, Blasenstein, Klingenberg, Kosenburg, Das Ende der Lengenbacher Saxenegg, Werfenstein, Sarmingstein u. a. und der Windegger In der Riedmark gab es ebenfalls einige Märkte z. B. Mauthausen, Pregarten, Neumarkt, Gutau, Lasberg 1213, 16. Juni bestätigte Herzog Leopold VI. dem u. a. Einige Pfarrdörfer wie Ried und Wartberg. Kloster St. Florian in zwei Urkunden die Befreiung An Burgen waren vorhanden Altaist, Neuaist, Am- aller Klosteruntertanen von der weltlichen Gerichts- berg, Alt Hagenberg, Reichenstein, Riedegg, Möstling, barkeit. In beiden Dokumenten scheint Dietrich von Thurntobel, Buchberg, Hussenstein u. a. Windegg als Zeuge auf. Stellt sich noch die Frage aus welcher Familie Unteres Mühlviertel im Hochmittelalter stammten die Windegger ab. Walter Neweklowsky

schreibt in seiner Arbeit über Burgengründer - Urade- lige Familien aus OÖ, dass die Windegger und die Prandtner eine Sippe waren. Tatsächlich handelt es sich bei den Prandtner um ein Uradeliges Adelsgeschlecht aus dem Machland. Ihr Stammsitz dürfte beim Weiler Brand bei Naarn zu suchen sein. Als erster scheint im Jahre 1138 ein „Ru- pertus v. Prandt“ auf, er hatte drei Söhne Winther, Konrad und Dietrich. Dietrich von Prandt bekam von Otto III. von Len- genbach nach dem Bau der Burg Windegg diese Anla- ge als Burggraf zu verwalten und sich auch um die dazugehörige Grundherrschaft zu kümmern. Neben den Verwaltungsaufgaben musste der Burggraf auch die bauliche Erhaltung der Burg gewährleisten. Außerdem fungierte er als Richter über alle Be- Abb. 14 wohner, die innerhalb des Burgfriedes wohnten. Nur in schweren Fällen (Mord, Raub, Vergewaltigung) muss- Österreich und die Steiermark regierte Herzog Leo- te der Übeltäter an das zuständige Landgericht ausge- pold VI. v. (1195-1230), liefert werden. verheiratet war er mit der Prinzessin Theodora von Dass Dietrich von Prandt den Burgnamen Windegg Byzanz, die sieben Kindern das Leben schenkte. Diese als Familiennamen annahm, ist für das Hochmittelalter Epoche zählt zu den glücklichsten Zeiten Österreichs, nicht ungewöhnlich. Leopold VI. war ein Finanzgenie förderte den Landes Auf jeden Fall nannte er sich von nun an Dietrich Ausbau, Handel und Verkehr und brachte seinen Län- de Windegg. dern Frieden und Wohlstand. Ließ an der wichtigsten Er bewohnte mit seiner Familie auch die Burg, Verkehrsstraße der Donau einige Stapelplätze errich- wahrscheinlich wurden ihm einige Räumlichkeiten in ten, darunter Au an der Donau der alte Warenum- der ersten Etage des zweistöckigen Palas zugewiesen. schlagplatz, der von den Händlern innerhalb des Re- Einige Kemenaten und der Rittersaal mussten stets für gensburger Lusses genützt wurde. die herrschaftliche Familie bereitgehalten werden im Leopold VI. vergrößerte sein Herzogtum ständig, bau- Falle, dass sie in Windegg logierten. Es gibt auch te die Landesfürstliche Macht aus, brachte viele Vogt- Anlagen, wo ein eigenes Pflegstöckl dem Pfleger rechte an sich, schuf Landgerichte, kaufte Städte und (Burggrafen) als Wohnung diente. Herrschaften wie z. B. Linz, Wels, Freistadt, Ottens- Dietrich I. von Windegg war verheiratet und hatte heim, Waxenberg. Sehr häufig machte er vom Heim- Kinder, nach dem Tod des Vaters um 1215 übernahm fallrecht Gebrauch, in dem er Erbverträge abschloss, sein gleichnamiger Sohn Dietrich II. das Burggrafen- falls eine Dynastie ohne Nachkommen ausstarb. Dabei amt. ging er oftmals nicht sehr zimperlich vor, wenn er ein 8 Leider gibt es nur ganz wenige Nachrichten über hielt sich einen Truchseß, Kämmerer, Hofmeister und dieses Rittergeschlecht, nur zwei kurze Notizen ver- liebte es, seine Macht öffentlich zu zeigen. weisen 1234 und 1240 auf Dietrich II., dann ver- 1224 fand in Friesach in Kärnten ein großes Turnier schwinden die Windegger wieder viele Jahre aus dem statt, daran beteiligten sich drei Herzöge, Bernhard von Blickfeld. Kärnten, Leopold VI. von Österreich und Heinrich von Eine Linie der Prandtner wurde im Waldviertel Istrien, weiters 10 Bischöfe, 50 Hochadelige und an sesshaft, bereits 1177 wird ein Witherus und Konrad die 600 Ritter. auch der Lengenbacher nahm mit 22 von Prandt als Besitzer des Sitzes und Kirchendorfes prächtig gekleideten Panzerreitern daran teil. Brand bei Loschberg genannt. Es wäre durchaus möglich, dass auch Dietrich II. Aber auch im Machland blieb weiterhin die Stamm- von Windegg und Rudger von Prandt unter seinen linie der Prandtner bestehen. Als sich die Regensbur- Gefolgsleuten waren. ger Domherren zu Beginn des 13. Jahrhunderts ent- Im Jahre 1227 versammelte der Regensburger schlossen, eine weitere Burg an der Waldaist in der Domvogt eine große Anzahl seiner Gefolgsleute in Nähe von Schönau zu errichten, beauftragten sie ihren Neulengbach. Mit mehr als 50 schwer bewaffneten Domvogt Hartwig II. von Lengenbach mit der Errich- Rittern mit ihren tung einer Feste. Dieser übergab diese Aufgabe dem Knappen empfing er zukünftigen Burggrafen Rudger I. von Prandt, die An- den steirischen Minne- lage erhielt den Burgnamen Prandegg. sänger und Dichter Ulrich von Lichtenstein der sich mit einer bunten Schar von Rittern, Musikern, Gauklern auf seiner berühmten Venusfahrt befand, die ihn von Venedig bis zur böhmischen Grenze führte.

Abb. 16 Ulrich von Liechtenstein

Dass eine solche Machtfülle auf Dauer zu einem

Konflikt mit dem Landesfürsten führte, ist vorausseh-

bar. Dazu kam noch, dass der Lengenbacher einen

guten Kontakt zum Stauferkaiser Friedrich II. hegte,

und auf seinen Ländereien die Reichsunmittelbarkeit

anstrebte.

Der besitz des Domvogtes umfasste neben seinen

Eigengütern, Lehensherrschaften, Vogteirechten über

Gebiete der Hochstifte Regensburg, Passau,

und Bamberg. Im unteren Mühlviertel besaß er die

Lehensherrschaften, Spielberg, Windegg, Zell, Pran-

degg. In der Riedmark reichten seine Besitzungen und

Rodungsgebiete bis zur böhmischen Grenze.

Abb. 15 Burg Prandegg Herzog Leopold VI. war gewillt, diesen Versuch innerhalb seines Herzogtums ein selbständiges Territo- 1219 starb Hartwig II. v. Lengenbach, sein einzi- rium zu errichten, auf ´s schärfste entgegen zu treten. ger Sohn Otto V. der seinem Vater schon viele Jahre Wenn nötig auch mit Waffengewalt den Lengenbacher zur Seite stand und sich ebenfalls Domvogt nannte, von diesen Vorhaben abzubringen. Der Landesherr wurde nun Alleininhaber über ca. 34 Burgen, Sitze, wollte auch andere Hochadelige dazu bewegen, ihre Ämter, Gerichte und einer stattlichen Anzahl von rit- Eigenbesitzungen dem Herzog zu übertragen, diese terlichen Gefolgsleuten, dazu gehörten die Prandtner, dann als Landesfürstliche Lehen zurückzubekommen, Windegger, Zeller, Rußböcken, Riegler, Öder u. a. und sie dadurch in den Stand eines Ministerialen ab- Verheiratet war Otto V. mit der bairischen Gräfin sanken. Hedwig von Wasserburg. Der Regensburger Domvogt Daher gab es häufig Streit zwischen dem Hochadel, war ein überaus mutiger und tatkräftiger Mann, der die dem Herzog und seinen Beamten. Manche gaben nach, ritterlichen ideale hegte und pflegte und sich seiner aber einige widersetzten sich energisch darunter auch Macht bewusst war. Seine Hofhaltung war fürstlich, er Otto V. von Lengenbach.

9 Am 28. Juli 1230 starb Herzog Leopold VI. von ligen von Süden her einfielen, kam Herzog Friedrich Babenberg (der Glorreiche) in San Germano in Italien II. in arge Bedrängnis. Diesen Moment der Schwäche an der Ruhr. Seinen Leichnam kochte man in Essig- wollte Otto V. von Lengenbach ausnützen und griff wasser aus, das Skelett brachte man in das von ihm mit seinen ritterlichen Gefolgsleuten und zahlreichen 1202 gegründete Zisterzienserkloster Lilienfeld. Kriegsknechten den Landesherrn und seine Ministeria- Nachfolger wurde sein Sohn Friedrich II. (1230- len an. 1246) der Streitbare. Dieser war aus einem ganz ande- ren Holz, er hielt nicht viel vom Verhandeln und Nachgeben, sondern ging sofort gegen seine Widersa- cher militärisch vor. Schon im Herbst 1230 kam es zum offenen Kampf. Im Waldviertel und in der Wa- chau und südlich der Donau erhoben sich die mächti- gen Kuenringer, Falkenberger, Streitwiesner, Otten- steiner, Sonnberger, Pillichsdorfer u. a.

Abb. 18 Ritterkämpfe im Hochmittelalter

Landesfürstliche Burgen im Unteren Mühlviertel waren: Mitterberg, Windhaag, Klam, Kreuzen, Rut- tenstein, Sarmingstein, Werfenstein, St. Thomas am Blasenstein u.a. Zu den Gefolgsleuten des Domvogts gehörten die Abb. 17 Ritterkämpfe im Hochmittelalter Prandtner, Windegger, Zeller, Riegler, Hauser, AAl- tenburger, Tragweiner, Harter, Pacher u. a. Außerdem Aber auch Otto V. von Lengenbach unternahm wurde er von einigen Adelsfamilien unterstützt, dazu mit seinen Gefolgsleuten Angriffe gegen die Truppen gehörten die Volkersdorfer und Starhemberger. und Besitzungen des Herzogs und seiner Leute. Auch Die Auseinandersetzung dürfte das ganze Jahr an- das untere Mühlviertel war von diesem Konflikt be- gedauert haben, trotz aller Widrigkeiten gelang es dem troffen, denn es gibt Aufzeichnungen, dass auch einige Herzog Friedrich II. eine starke Streitmacht aufzubie- Dörfer innerhalb des Regensburger Lusses zu Schaden ten. Seine Ministerialen, Ritter, Knappen und Kriegs- kamen. Wieweit auch die Burg Windegg betroffen knechte gingen mit entschlossener Härte gegen die war, ist nicht bekannt. Aufständischen vor, dabei setzten sie auch Belage- Die Kämpfe dauerten über ein Jahr, und die herzog- rungsmaschinen ein. Außer in Niederösterreich, Traun- lichen Verbände bekamen die Überhand. Deshalb un- viertel wurde auch im Unteren Mühlviertel heftig ge- terwarfen sich die Aufständischen. Da ihnen der Lan- kämpft. Viele Ortschaften und Bauernhöfe verbrann- desherr Zugeständnisse machte, außer einigen Abstri- ten, so manche Burg wurde erobert und zerstört oder chen, konnten sie ihre führende Stellung behalten. zumindest schwer beschädigt. Einer der Gründe war, dass ein Konflikt mit den nörd- Als zerstörte Ortschaften sind erwähnt: Aisthofen, lichen Nachbarn - den Böhmen - drohte und auch im Winden, Tragwein, Zell, Hennberg, Mairhof, Aich, Osten drohten die Ungarn mit dem Einfall. Ellerberg, Kanning, Wolfsgrub, Hofing, Schönau, u. a. Daher war es für Herzog Friedrich II. klüger im ei- (Sie wurden in einem späteren Nachtrag im Baben- genen Land Ruhe zu haben, denn er brauchte dringend berger Urbar als „et est desolata“ bezeichnet.) Zu den Unterstützung im Kampf gegen seine Gegner von au- damals zerstörten Burgen können die heutigen Burg- ßen. ställe von Weinzierl, Weissenstein in Lina, Haarland, Der Regensburger Domvogt verlegte den Schwer- der Sitz zu Tragwein, Geiersberg und einige weitere punkt seiner Aktivitäten ins Land ob der Enns. Dabei Anlagen, nördlich davon, gezählt werden. war er in der Wahl seiner Mittel nicht zimperlich, so Bei diesen äußerst hart geführten Auseinanderset- entfremdete er dem Kloster Garsten einige Gebiete zungen fand der letzte Lengenbacher im Jänner 1236 ihres Besitzes in der Riedmark, aber auch dem Kloster den Tod, er wurde erschlagen. Seine letzte Ruhestätte Baumgartenberg fügte er Schaden zu, in dem er Zeh- fand er im Kloster St. Andrä an der Traisen wo auch entrechte für sich beanspruchte. Er wollte seine alten ein Teil seiner Vorfahren lagen. Otto V. hatte keine Pläne die Reichsunmittelbarkeit zu erlangen nicht auf- Nachkommen, mit ihm starb dieses Geschlecht aus. geben und wartete auf eine günstige Gelegenheit. Der Aufstand brach zusammen und der Landesherr Als im Jahre 1235 bayrische Truppen österreichi- zog den Großteil des beachtlichen Besitzes der Len- sche Gebiete im Westen angriffen und gleichzeitig genbacher ein, und vergab diese als Lehen an treue ungarische Verbände unterstützt von steirischen Ade- Ministeriale und Ritter weiter. 10 Die Farben des Lengenbacher Wappens und die Mit dem Tod Herzog Friedrich II. am 15. Juni 1246 Helmzier (Pfauenstoß) übernahm Friedrich II. in das in der Schlacht an der Leitha endete die Epoche der herzogliche Wappen. Was beweist wie bedeutend und Babenberger in Österreich. mächtig die Domvögte waren. Auch die Burg Windegg wurde vorübergehend Einige Jahre später war die Herrschaft Windegg im vom Landesfürsten eingezogen, die Verwaltung Besitz der mächtigen Kuenringer, als Burggrafen fun- verblieb aber weiterhin in der Hand der Windegger. gierten weiterhin die Windegger. Im Jahre 1261 er- Einige Zeit später waren die Domherren wieder im scheint in einer Urkunde des Heinrich IV. von Kuen- Besitz ihrer Güter innerhalb des Regensburger Lusses, ring von Weitra ein „Herword de Windekke“ als nur einige Ortschaften behielt sich der Landesherr Zeuge, er wird als militis (Ritter) bezeichnet. Am zurück, dazu gehörte auch das Dorf Winden. 3.Februar scheint dieser Herword von Windegg noch- mals als Lehensmann der Kuenringer auf. Er dürfte sich öfters im Umfeld seiner Herrn in Weitra im Waldviertel aufgehalten haben. 1270, 3. August wird Herword von Windegg nochmals als Vasall des Heinrich IV. und Leuthold I. von Kuenring bezeichnet. Danach verschwinden die Windegger aus der Geschichte. Das Burggrafenamt ging an das Adelsgeschlecht der Öder über.

Aber eine Seitenlinie der Windegger blühte noch

weiter, sie nahmen den Familiennamen Pach an. Zu

ihrem Stammbesitz gehörten die vier Bauerngüter zu

Pach in der Ortschaft Winden. (Auer, Hackner, Öllin-

ger, Ferdl). Schon im Jahre 1266 scheinen in einem

Kaufvertrag des Klosters Baumgartenberg einige

Machländer Adelsfamilien als Zeugen auf, unter die-

sen auch ein „Dietmarus de Pach“. In der Schwert-

berger Pfarrkirche befand sich ein Grabstein der Her-

ren von Pach (verschollen).

„Anno Domini MCCCCL (1450) ist gestorben der

Edl / Vest Hanns von Pach, der Freitags nach St. Abb. 19 Burg Windegg um 1240 ( L. Mayböck) Veither Tag, und sein Hausfrau Katrey die Weingart- Der Burggraf erhielt den Auftrag die stark beschä- nerin XVIII Tag,von dem gotts gnad und seid hir be- digte Feste Windegg wieder in einen bewohnbaren graben.“ Zustand zu bringen. Dazu waren neben Ausbesse- Nach Norbert Grabherr ist der Sitz der Pach mit rungsarbeiten auch einige Neubauten nötig. Auch der dem Bauerngut Auer zu Pach ident. Burgenfachmann Gerhard Reichhalter aus Wien er- kannte in seiner Bauanalyse, dass Teile des Altburg- Das Leben auf einer komplexes (Palas) in der ersten Hälfte des 13. Jhdt. mittelalterlichen Burg durch einen Neubau ersetzt wurden. Dabei errichtete man auch die Zisterne vor dem Burgtor und eine Ka- Hier muss man schon unterscheiden, auf welcher pelle. Bei diesen Arbeiten verwendete man Großteils Stufe sich der Burgherr mit seiner Familie befand, wieder die alten Quadersteine und fügte diese sorgfäl- zwischen dem Hochadel und dem Niederadel (Ritter) tig in das noch bestehende Mauerwerk ein, so dass bestand schon ein wesentlicher Unterschied in der man kaum einen Unterschied erkennen kann. Lebensweise.

Die Windegger Burggrafen gehörten dem Nieder-

adel an, die im Dienste eines Lehensherren standen.

Der Alltag einer Ritterfamilie unterschied sich nicht

sonderlich von dem eines reichen Bauern. Neben den

Verwaltungsaufgaben, musste er seinen Knechten die

tägliche Arbeit zuweisen. Dazu gehörte arebiten auf

den zur Burg gehörigen Dominikalgrund Felder, Ä-

cker, Wiesen, Obstgarten.

Ein baumloser Burgberg eignete sich gut für den

Weinbau. Nach der Erntezeit begann die Holzarbeit in

den herrschaftlichen Wäldern, neben Brennholz

brauchte man ständig Balken, Bretter, Zaunstangen, Abb.20 Burg Windegg , erste Hälfte 13. Jh. (G. Reichhalter) Schindeln für die Instandhaltung der Burg. 11 Denn Wind und Wetter, Blitzschläge und Schnee- nem Schneider in den umliegenden Märkten oder Städ- druck setzten den Burgdächern sehr zu und es bedurfte ten. ständiger Ausbesserungsarbeiten. Auch Wäsche waschen, Wohnraum reinigen, von Dazu kamen noch den Burghof sauber zu halten, zeit zu Zeit mussten die Schlafstätten erneuert werden, Zisterne reinigen, Burgwege in Ordnung halten. Auch auch der Burggarten, in dem Gemüse und Kräuter die Pferde versorgen gehörte dazu. angebaut wurde, bedurfte einer Pflege. Die Haustiere Weiters gehörte auch der Burgmeierhof zum direk- und das Kleinvieh waren zu versorgen. Wenn jemand ten Bestand der Herrschaft, dieser hatte im wesentli- erkrankte, musste die Burgherrin Krankenschwester chen die Aufgabe, die Bewohner der Burg mit dem spielen, mit Kräutern, Umschlägen, Heiltränken, Fie- täglichen Bedarf an Lebensmitteln zu versorgen. Das berketten, Zwiebeln, Kren, Honig, Branntwein, u. a. waren vor allem Getreideprodukte, Hülsenfrüchte, rückte man der Krankheit zu Leibe. Kraut und Rüben, Milch, Rahm, Butter, Käse und Der Tod war für einen Menschen im Mittelalter Fleischprodukte. Denn zu einer Viehhaltung waren die selbstverständlicher als heute, denn er war allgegen- meisten Burganlagen nicht geeignet. Im Spätherbst wärtig, so starben in der Regel zwei von fünf Kindern schlachtete man überzähliges Vieh, ein Teil des Flei- schon als Säuglinge. sches wurde eingepökelt, geräuchert und zu Würsten Die Kindererziehung lag bis zum 6-7 Lebensjahr verarbeitet. ganz in der Hand der Burgherrin, wenn sie viele Kin- Zu den Verwaltungsaufgaben eines Burggrafen ge- der gebar, war oft eine Amme für die Ernährung nötig. hörte auch, die zuständigen Amtsleute zu bestellen, zu Mit der körperlichen Sauberkeit nahm man es nicht so sorgen, dass die geforderten Abgaben der Untertanen genau, man wusch sich eher selten. Obwohl man in pünktlich bezahlt und der Naturaldienst abgeliefert den Sommermonaten schon gerne im Freien eine Ba- wurde. Der zu leistende Frondienst abgedient oder dezuber aufstellte, oder in einem nahen Bach oder Fluß durch Zahlung eines Gelddienstes abzugelten. Er ein Bad nahm. musste dafür sorgen, dass der eingebrachte Natura- Auf manchen Burgen gab es einen Baderaum, wenn dienst und Zehentabgaben verkauft – und ein Teil des besonders vornehme Gäste auf Besuch eintrafen, rich- Erlöses dem Lehensherrn überbracht wurde. tete man dem Besucher ein Bad, streute Rosenblätter Der Burgherr hatte auch die Aufgabe und Pflicht hinein und salbte den Gast mit einem wohlriechenden für seine Untertanen zu sorgen, dass Erbschaftsangele- Öl. genheiten, Heiraten, Verkäufe, Übergaben u. a. ord- Sehr großen Wert legte man auf die Haarpflege, nungsgemäß abgehandelt und urkundlich festgehalten denn Frauen waren im Hochmittelalter sehr stolz auf werden sollten. ihr offenes langes Haar, Kämme, Spiegel und gegen- Ein Burgvogt besaß auch das Recht der Niederge- seitiges Entlausen gehörten zum Alltag. richtsbarkeit, konnte für alle Bewohner die innerhalb Kinder genossen bis zum 6 – 7 Lebensjahr große des Burgfriedes wohnten, für kleinere Vergehen Freiheiten, man spielte mit Holz- oder Strohpuppen, (Streit, Raufhändel, Beleidigungen u. a.) eine Strafe beliebt war verstecken, Reifen – und Kreiselschlagen, verhängen. Nur Personen, die ein schweres Verbrechen Murmelspiele, Windrädchen, u. a. verübt hatten, musste er dem zuständigen Landrichter ausliefern. Essen und Trinken Als Übergabestelle diente immer eine bestimmte besonders gekennzeichnete Stelle, diese befand sich im Im Hochmittelalter waren zwei Mahlzeiten am Tag hinteren Schacherwald (Weltsteinleiten) an der linken üblich, man aß Vormittag und gegen Abend. Ein Seite der Straße, die nach Tragwein führte, wo im 18. Sprichwort sagt: „Die Engel essen einmal am Tag, die Jahrhundert der Flurname „rotes Kreuz“ genannt wur- Menschen zweimal am Tag und alles was darüber de. hinaus geht ist tierisch und nicht menschlich“ Die Burgfrau war für den Haushalt, Kindererzie- Erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts bürgerten hung, Burggarten, Kleinvieh, einkaufen am Markt und sich 3 Essenspausen am Tage ein. Die Nahrung hing für die Mägde zuständig. in der Regel hatte sie zwei sehr von der Ernte und Finanzlage des Burgherren ab. bis fünf Dienstboten, die ihr bei der Arbeit halfen. Sehr Beliebt viel Zeit brauchte man für die Zubereitung der Spei- waren sen, Vorräte anlegen, dazu gehörte das Einlagern von legierte Getreide und Mehl, Dörren und Trocknen von Früch- Suppen, ten, Beeren und Pilzen, einlagern von Gemüsen, Ge- junge würzen, Essig, Öl, Wein. Erbsen oder Auch die Herstellung von Stoffen, Kleidern, Bohnen, Strümpfen, Hand-Tisch-Leintüchern beanspruchte sehr Milchsuppe viel Zeit. Denn fertige Kleider, die von fahrenden Hafermus, Händlern angeboten wurden, waren sehr teuer, ansons- ten gab es auch die Möglichkeit eines Kaufes bei ei- Abb. 21 Burgküche im 13. Jahrhundert 12 Milchmus mit heißer Butter und Hirsebrei, dazu aß Sehr beliebt beim Adel waren wilde Fress- und man Gersten- oder Weizenbrot, sehr beliebt war das Saufgelage, einen Ochsen braten, mit Würsten, Geflü- Birnenbrot. gel und Fleischstücken füllen. Gekochte Kalbsköpfe, An Gemüsen bevorzugte man verschiedene Rüben, verschiedene Innerein, Schmalznudeln, Teigtaschen, Kohl, Sellerie, Lauch, Fenchel und Hülsenfrüchte. Makkaroni, Weißbrote, u. a. Fleischgerichte: Der Adel liebte gebratenes und ge- Dazu trank man frisches Bier, Wein, gewürzten kochtes Fleisch vom Rind, Schwein, Schaf, Ziege, Wein – mit Honig – Zimt, Nelken, Ingwer versetzt, Kaninchen, Kapaunen, Enten, Gänse, Pfaue, Kraniche, meist zerstoßen in einem Säcklein in den Wein ge- Störche und verschiedenen Vögeln. Dazu kamen hängt. Met (Honigwein), und natürlich Wasser am Wildgerichte vom Hirsch, Reh, Gemse, Hasen, Wild- besten quellfrisch. Branntwein (Schnaps) trank man schwein, Dachs, Bären, Eichhörnchen, Fasane, Reb- kaum, galt als Heilmittel und zum Einreiben der Kör- hühner, Tauben, junge Krähen, verschiedene Vögel. ( perteile. Der Verzehr von Wild war dem Adel vorbehalten). Nach einer Jagd im Freien speisen, unter einem Man war der Meinung das Essen von Fleisch gibt Baum einen Tisch mit Bänken, dazu der Gesang der dem Krieger Kraft und Macht, wer viel Fleisch vertil- Vögel und den Wind verspüren, empfand man äußerst gen konnte, der konnte sich auch auf dem Schlachtfeld entzückend. Besonders die Herbstzeit war Jagdzeit, nur behaupten. Raubwild wie Bären, Wölfe, Luchse, Füchse u. a. An Gewürzen verwendete man vor allem Salz, wurden ganzjährig gejagt. Pfeffer, Kardamom, Kostwurz, Pfriemkraut, Sir- Von geschlachteten oder gejagten Tieren wurde al- pepflanze, Liebstöckl, Galgant, Muskatnuss, Paradies- les verwertet, ob Fell, Horn, ja sogar der Großteil der körner, Gewürznelken, Zimt, Petersilie, Lauch, Knob- Knochen wurde zerstoßen (Knochenpresse) und den lauch, Zwiebel, Bärlauch, Schnittlauch, Essig, Nelken, Hühnern verfüttert, auch Hunde, und Katzen bekamen Rosinen, Mandel, Safran der sehr teuer war. ihren Teil ab. Übrig blieben nur Hufe, Klauen und In der Fastenzeit aß man Fische, Krebse und Mu- Zähne. (Das ist auch ein Grund, warum man relativ scheln, denn Fleisch von kaltblütigen Tieren durfte wenig Knochen im Abraum einer Burg findet.) man verzehren. Beliebt waren auch geräucherte Fische, Küchengeräte: Der irdene Topf war das häufigste Pasteten und Salzheringe. Kochgeschirr, auch Grappen waren beliebt, Kessel aus An Süßspeisen liebte man Honigkuchen, verschie- Kupfer oder Bronze, tönerne Deckel, Schöpfkellen, dene Breie mit Früchten, frisch je nach Jahreszeit oder Fleischgabeln, Bratspieße, über dem offenen Feuer getrocknet, Beeren und Honig. Zum Süßen verwendete hingen Ketten an denen man Gefäße aufhängen konn- man auch eingedickte Säfte von Birnen, Weichsel, te. Himbeere, Weinbeere u. a. Schwenkbare Gal- Natürlich aß man auch verschiedene Würste, gen erleichterten das Milchprodukte wie Zigerkäse mit verschiedenen Kräu- Kochen. Das meiste tern gewürzt, Topfen, Rahm, Butter, Eier, Eiersuppen, Fleisch wurde ja Omeletten. zum Kochen in klei- ne Stücke geschnit- ten. War auch für viele Personen we- gen der schlechten Zähne leichter zu verzehren.

Abb. 23 Kochkunst im Mittelalter

Ess- und Trinkgeräte: Schüssel, Schalen, Trink- becher aus Ton, Holzteller, Holzlöffel, zum Fleisch Abb. 22 Melken einer Kuh, Miniatur 13 Jh. herausspießen verwendete man den Pfriem (die Kirche verbot sehr lange Zeit den Gebrauch von Gabeln, galt Natürlich kannte man auch schon verschiedene als Werkzeug des Teufels). Messer hatte ein jeder sein Obstsorten, Äpfel, Birnen, Zwetschken, Kirschen, eigenes. Becher aus Holz oder Ton, Trinkkelch aus Walnüsse, Haselnüsse, Beeren u. a. Messing oder Silber, wie auch Trinkgläser galten als Man unterschied aber in edle Früchte, das waren Kostbarkeit. jene, die in der Höhe wuchsen, Kirschen, Äpfel u. a., Tischsitten: Im Verlauf des Hochmittelalters kehr- alles was am Boden oder in der Erde gedieh, galt als ten beim Adel etwas feinere Sitten nach südlicher Ma- derb und bäurisch. nier ein. Man wusch sich die Hände, auf jedem Tisch stand ein Wassergefäß (Aquamanile), Handtücher, 13 Servietten, man aß langsam. Ein Spruch aus dieser Zeit Haar zu haben, das man mit Bändern und verschiede- besagt, was man nicht machen sollte: nen Haarnadeln schmücken konnte. (Bauern sollte das „Wer sich über die Schüssel neigt und unanständig Haar nicht über die Ohren fallen). Bärte waren damals wie ein Schwein hineinschnaubt, der hält sich besser eher verpönt. beim Vieh auf. Drei Dinge schicken sich nicht: dass Die Kirche war gegen zu sehr körperbetonter Klei- einer schnaubt wie ein Lachs, schmatzt wie ein Dachs dung, üppigen Schmuck und zu prunkvoller Kopfbe- und dass er Geräusche macht beim Essen. Es steht deckungen. einem auch nicht gut an, dass er sich ins Tischtuch Wohnen in einer Burg: schnäuzt.“ Die damalige Wohnkultur war sehr einfach, eine Kleidung der Adeligen: Man unterschied zwi- Burgküche, die meist im Untergeschoss untergebracht schen dem Alltagskleid und den Festtagskleidern. Das war, ein Vorratsraum zum Aufbewahren von Speisen, normale Tages- oder Arbeitsgewand unterschied sich ein kühler Raum (Kellerabteil) für Getränke, Bier und nicht sonderlich von der Kleidung eines reichen Bau- Wein. Ein Abstellraum für diverse Gerätschaften. Im ern. Normale Beinlinge, ein Leibrock und darüber ein ersten Stock befand sich ein größerer Saal, mit einem Oberkleid, als Schuhe im Sommer Sandalen und im hölzernen Fußboden, vielleicht ein offener Kamin, Winter derbe Leder- oder Bundschuhe. Als Kopfbede- davor Steinplatten oder Bodenfliesen, ein großer ckung diente ein Schapel, Kappe oder Hut. Tisch, als Sitzgelegenheit Bänke und Stühle, einige Frauen trugen ein Unterkleid, keine Unterwäsche, Kästchen und Truhen, an den Wänden Wandteppiche, darüber ein längeres Gewand, und je nach Jahreszeit aufgehängte ritterliche Waffen, vielleicht ein Wand- Strümpfe, die über dem Knie zusammengebunden leuchter, als Lichtquelle dienten Lichtschlitze und wurden. Ebenso eine Kopfbedeckung und an den Fü- Rundbogenfenster, die im Sommer offen waren und in ßen ein etwas leichteres Schuhwerk. der kalten Jahreszeit mit Fensterläden, Tierhäuten u. a. Das Festtagsgewand bei Männern: knöchellange vermacht wurden, gläserne Butzenscheiben waren eher eng anliegende Hosen, Beinlinge, einen Leibrock aus selten. Neben dem Rittersaal befanden sich manchmal Leinen und darüber ein Oberkleid, das meistens ärmel- noch einige kleinere Räume, Verwaltungsstube, Auf- los war und mit einem Gürtel zusammengehalten wur- bewahrungsort für Urkunden und diverse Schreiben u. de. Das Oberkleid aus feinem Stoff, Seide, mit Pelzen a., Kammern für Dienstpersonal, Diener u. a. verziert. Eine bunte Kopfbedeckung und schöne Schu- Im zweiten Stock lag meist die Kemenate (sala ca- he aus Leder, die mit Riemen um den Knöchel festge- minata) = Raum mit Kamin, hier hielt sich die Burg- bunden wurden. herrin mit den Kindern auf, neben einigen Truhen in Frauen liebten bunte Farben, Bänder und Tücher, denen Kleidung, Bettzeug, Handtücher, Stoffe, aufbe- lange faltenreiche Kleider mit Gürtel, die man beim wahrt wurden, gab es Spinnrad, Webstuhl, ein Tisch Gehen etwas hob. Als Kopfputz dienten schöne Hau- mit Stühlen und einige Bettstätten, dies waren einfache ben oder diverse Hüte. Auch das Schuhwerk war ver- Liegestätten, die sich zwar vom Boden abhoben, aber schieden, Sandalen oder Schnürschuhe. deren Liegefläche aus Brettern bestand, auf denen Stroh- oder Laubsäcke lagen, darüber kam das Lein- tuch, auch Kissen kannte man schon. Zum Zudecken verwendete man im Sommer ebenfalls ein Leintuch, und in der kalten Jahreszeit Laubsäcke, Tierfelldecken, feine Leute besaßen schon Seidenstoff-Federdecken. Diese Bettstatt war meist für zwei Personen (Ehebett), die Kinder schliefen meist auf Stroh-Laubsäcken, die am Boden lagen. Mittelalterlichen Miniaturen und schriftlichen Aufzeichnungen zufolge, war es üblich nackt zu schlafen. (Strohsäcke wurden noch im 20. Jahrhundert verwendet). Aber es befand sich eine Heizmöglichkeit im Raum, Kamin oder Kachelofen. Die Kemenate besaß auch Fenster, manchmal auch mit Fensterbänken zum Sitzen, denn die Burgfrauen, ihre Töchter und Diene- rinnen liebten es, im Sommer an der wärmenden Son- ne zu sitzen, das Treiben im Burghof zu beobachten, sich unterhalten und kleine Handarbeiten (sticken) auszuüben. Natürlich gab es auch noch Nebenräume für die Burgherrin und Schlafstuben für ihr Personal. Abb. 24 Miniatur aus Sehr wichtig waren auch die Aborterker, die damals meist aus Holz waren und eher nordseitig ausgerichtet Der männliche Adelige trug meistens langes oder waren, damit die hinunter fallenden Fäkalien nicht zu halblanges Haar, Frauen liebten es, lang wallendes 14 sehr der Sonne ausgesetzt waren und zum Stinken ein Verwandter mit Familie, einige Kinder oder Ju- anfingen. gendliche von Verwandten (Knappe), Rentmeister, Die Dachböden wurden ebenfalls genützt, meist Wächter, Ross- Stall- und Fuhrknecht, Gärtner, Die- zum Getreide aufschütten. Als Dachformen bevorzugte ner, Jäger und sonstige Knechte. man Walmdächer, Satteldächer und Pultdächer. Die Dazu kamen noch einige weibliche Dienstboten, Dachbedeckung bestand aus Tonziegeln, Dachschin- Hausdame, Küchengehilfin, einige Mägde, Kinder- deln aber auch Strohdächer kamen vor. mensch, Amme, u. a. Neben dem Palas (Wohngebäude) gab es noch ein Nebengebäude als Wohnstätte für Knechte und Mägde, Die Ritterwürde war nicht erblich, aber die Geburt Aufbewahrungsort für diverse Gerätschaften, Werk- spielte schon eine große Rolle. zeuge u. a., Wagen- und Holzhütte. Ein Stall für einige Bauernsöhnen wurde durch zahlreiche Verfügun- Pferde, Platz für Futtervorrat, Hühner- und Kleinvieh- gen die Aufnahme in den Ritterstand immer wieder stall, auch ein Backofen mit einem hohen Schornstein verwehrt. Se wurden den Bauern am Mainzer Land- war oftmals vorhanden. frieden 1152 das Waffenrecht entzogen. Diese ein- Manche Burg besaß auch eine Hauskapelle oder ei- schneidende Maßnahme gegen den freien Bauernstand ne Kapelle als selbständiger Baukörper, wie die Tor- begünstigte den Aufstieg der Ritter zu einer Krieger- kapelle in Windegg. kaste und Führungsschicht. Diese Verbote setzten sich Im Burghof befand sich meistens eine Zisterne, die- in der Stauferzeit fort, obwohl es immer wieder Bau- se konnte aber auch oberflächlich kastenförmig aus ernsöhnen gelang, die Ritterwürde zu erlangen. Denn Eichenholz bestanden haben, mit einem Dach verse- sehr oft war man auf die Hilfe von Bauernkriegern hen. angewiesen, die die ritterlichen Heere in ihrem Kampf Die umlaufende Ringmauer mit aufgesetztem Zin- unterstützten. Und so manch tapfer kämpfende Bauer nenkranz und Wehrgang umschloss die Burganlage. wurde für seinen Mut und Einsatz mit dem Ritter- Neben dem Bergfried befand sich das Burgtor. Auch schlag belohnt, konnte dadurch auch Lehen empfan- der Burgweg musste in Ordnung gehalten werden, gen. damit er jederzeit auch mit vierrädrigen Wägen befah- ren werden konnte. Eine wichtige Sache war auch die Beleuchtung der einzelnen Burgräume, die meist auch tagsüber eher dunkel waren und nur wenig Tageslicht durch die Lichtschlitze und Fenster ins Innere fiel. Neben den teuren Wachskerzen, Kienspänen wur- den vor allem Lichtteller (Öllampen) verwendet. Diese Lampen wurden entweder mit Öl oder Rindertalg ge- füllt und mit einem Docht versehen. Diese Beleuch- tungskörper verursachten Ruß und das Licht war eher schwach, aber kostengünstig. Sich den Tag mit Hilfe von künstlichem Licht bis in Abb. 25 Schwertleite die Nacht hinein verlängern, war eigentlich eine Do- mäne der vornehmen Leute, des Adels und gehobenen Der normale Ausbildungslehrgang der in den Rit- Bürgertums. Die einfachen Untertanen konnten sich terstand führte, war wie folgt: diesen Luxus kaum leisten. 1. Der Knabe wuchs bis zum 7-8 Lebensjahr im Ein eher zeitloses Dasein: Kreis der Familie auf, Kindheit. Sowohl auf Burgen, wie auch bei der Landbevölke- 2. Dann setzt die Erziehung im Waffenhandwerk rung war das ganze Mittelalter hindurch eine genaue ein, dazu kam noch die Herstellung von Waf- Zeitmessung eher unwichtig. Man richtete sich nach fen, Pfeile, Armbrustbolzen, Köcher, Bögen, dem Wetter, Zeichen der Natur, der Tiere (Weckruf Schmiedearbeiten, reiten und der Umgang mit eines Hahnes, Gesang der Vögel), Wandern des Schat- Pferden u. a. Auch Manieren, Tugenden und tens und nach dem Hungergefühl. Das Leben verlief Ethik wurden ihm gelehrt. viel geruhsamer als heute, auch bei der Arbeit ließ man 3. Mit ca. 12 Jahren wurde er Knappe eines Rit- sich Zeit. Die Einteilung des Tages in 24 Stunden kam ters und durfte mit diesen bereits mit in den erst im Spätmittelalter auf. Der Sonntag war absoluter Krieg ziehen. Als Waffe diente ihm ein Spieß Ruhetag, ebenso die Feiertage und von diesen gab es oder eine eisenbeschlagene Keule, denn ein viel mehr als in der Gegenwart. Schwert zu führen war ihm noch nicht erlaubt. Burgbewohner: So schreibt Oswald von Wolkenstein in seinen Historischen Überlieferungen nach, lebten auf einer Aufzeichnungen, dass er die leidige Pflicht als mittelgroßen Burg etwa 30-40 Personen. Diese unter- Knappe hatte, seinem Herrn beim Vergewalti- gliederten sich wie folgt: Burgherr und Burggraf mit gen zu helfen, in dem er die Beine der Frauen Familie, Herr, Frau (Eltern) und Kinder, Großeltern, auseinander hielt. 15 4. Die Schwertleite und die Sporen erhielt der dem Heerbann anschließen, ansonsten musste Knappe je nach Tüchtigkeit zwischen dem 18. er mit einer Strafe rechnen. und dem 24. Lebensjahr. Den so genannten 2. Dienst für die Kirche Ritterschlag konnte er an verschiedenen Orten Die Kirche stand ursprünglich dem Waffen- empfangen, bei Turnieren, Reichstagen, Land- gebrauch ablehnend gegenüber, suchte aber die tagen, oder vor einer Schlacht. Erst dann er- Unterstützung bei weltlichen Mächten, um die hielt der Knappe vom König oder Herzog das Christenheit zu schützen. Dafür erhielten die Wehrgehänge, Schwert und die Sporen. Vögte und Kirchenministeriale Land, Lehen und Privilegien. Spruch aus dem 12. Jahrhun- Im Ritterspiegel des Johannes Rothe werden sieben dert von Johann von Salisburg, wozu dient die besondere Ehren, die zum Rittertum gehörten, aufge- Ritterschaft: Die Kirche zu schützen, Treulo- zählt: sigkeit zu bekämpfen, das Priesteramt zu eh- 1. Das Schwert stets in Ehren halten, was er ren, Ungerechtigkeit gegenüber den Armen zu durch den Ritterschlag erhalten hatte. beseitigen, dem Land den Frieden bringen, für 2. Einen goldenen Fingerring mit einem Edel- seine Brüder das Blut vergießen und wenn es stein tragen zu dürfen. nötig ist, sein Leben für die Gute Sache hinzu- 3. Dass er ein frommer und ehrenwerter Mann geben. sein sollte. 3. Frauendienst die Minne 4. Es sei auch sein Recht, an seinem Leib ein Im Verlauf des Hochmittelalters entwickelte Gold zu tragen, und sein Gewand mit einer sich eine neue Dicht- und Gesangskunst in ei- goldenen Spange zu schmücken. ner verfeinerten Form und lösten so die alten 5. Er darf auch bunte Kleider und mehrerlei Schlachtenlieder, die von Heldentum, Kampf Farben tragen. und Tod handelten, ab. 6. Dass er den Ehrennamen Herr nicht seiner Die Minne, eine ritualisierte Form von Liebes- Herkunft verdanke, sondern seiner Tüchtigkeit. lyrik, die aber auch Natur, Kultur und sonstige 7. Hat er das Vorrecht, dass man ihm nach dem Begebenheiten zum Inhalt hatten. Tische Wasser über seine Hände gieße und Höfische Fest des Hochadels wurden durch ihm danach ein reines Handtuch reiche. den Auftritt von Sängern, die aus dem Ritter- stand stammten, bereichert. Meist wurde der Dazu kamen noch einige Empfehlungen, die ein vor- vortragende Sänger von einigen Musikern be- nehmer Mann des Ritterstandes beachten sollte: gleitet, als Instrumente dienten Flöte, Laute, Harfe, Schalmei, Dudelsack, Schellen und Nicht alleine auf der Straße gehen, sondern immer Handtrommel. Der Minnesänger trug auch von einem Diener oder Knecht begleitet werden. Er selbst verfasste Liebeslieder vor, dabei pries er sollte keine ungebührlichen Geschenke annehmen, die Schönheit und den Liebreiz der anwesen- sondern sollte sich mit den Einnahmen seiner Güter, den Damen, aber auch im Bewusstsein, dass Erbes, Sold und Zuwendungen begnügen. dieses Begehren unerfüllt bleiben muss, da die Ein Handwerk ausüben oder bäuerliche Arbeiten musisch verehrten Frauen meist von hohem verrichten, galt als nicht schicklich. Aber er dürfe Stand und verheiratet waren. Pferdezucht, Pferdehandel, beschlagen und Krankhei- Adelige Damen nahmen eine solche Vereh- ten mit Arznei heilen. Auch bei der sonstigen Vieh- rung huldvoll an, das war aber auch schon al- zucht behilflich sein, bei Bedarf mithelfen die Ernte les. einzubringen und mit Rössern eggen. Auch die Her- stellung von Waffen sei erlaubt. Im Laufe der Zeit entwickelte sich das Ritterwesen zu einer fest gefügten elitären Klasse, die Verantwor- tungsgefühl, Umsicht und Mut besitzen, neben Kriegs- diensten Verwaltungs- Gerichts- und sonstige Aufga- ben zu erfüllen hatten. Daher wurden sie Träger einer Kultur, die das ganze Abendland nachhaltig beein- flusste. Drei wesentliche Grundideale bestimmten die Le- benswelt der Ritter: Abb. 26 1. Dienst für den Herrn: Dietmar von Aist Ein Ritter sollte bei Bedarf seines Lehensherrn Weingartner (König-Herzog-Graf-Hochadeliger) seiner Le- Liederhandschrift hensverpflichtung nachkommen. Und mit sei- um 1300

nen Leuten, Knappen und Kriegsknechten sich

16 Auch im untern Mühlviertel lebte und wirkte ein Er entstammte einer ritterlichen Familie, seine Eltern bekannter Minnesänger und Dichter Dietmar von Aist ermöglichten ihm eine gute Ausbildung, Sprache, (1139-1171). Seine Lieder handeln von Liebe, Ab- Schreib- Musik- und Dichtkunst beherrschte er. Schon schied, Sehnsucht, Frühling, Blumen, Gesang der Vö- als junger Mann widmete er sich ganz seinen Minne- gel u. a. liedern, konnte aber nicht gut von seiner Kunst leben, denn er sprach immer wieder vom Geiz seiner Gönner. Von 1190 an verbrachte er viel Zeit am Wiener Hof und schrieb unter der Anleitung von Reinmar einige Minnelieder. 1198 begann er mit seinem Wanderleben, er zog an verschiedene Herzogshöfe und war auf man- cher Burg zu Gast. Im Jahre 1203 befand sich Walter im Gefolge des Passauer Bischofs Wolfker von Erla auf dessen Fahrt nach Wien. In Traismauer erhielt der Vogelweider fünf Goldstücke zum Kauf eines Pelz- mantels. Seine weiteren Stationen waren der Herzog- hof des Otto IV. von Bayern, und 1220 erhielt er vom Kaiser Fried- rich II. ein Lehen bei Würzburg, wo er 1230 starb. Im Lusam- gärtlein wird sein Grab noch heute verehrt, er Abb. 27 „Überlieferte Liedertexte Dietmars von Aist“ gehört zu den Schwertberger Geschichtsblätter Band I, 1987 bedeutenden Dichtern Zwischen den Hochfreien von Aist und den Herren seiner Zeit. von Lengenbach (Erbauer von Windegg) bestanden freundschaftliche Beziehungen und es lassen sich eini- Abb. 29 ge Aufenthalte von Otto III. v. L. auf der Burg Aist Codex Manesse nachweisen. In Schwertberg erinnert die Dietmar von Aist Stra- ße an Dietmar und im Josefstal vor der Merckens Brü- Die Jagd war eine beliebte ritterliche Tätigkeit, be- cke steht eine Steinskulptur. sonders bei den Herbstjagden lud man gerne Verwand- Aber noch ein weiterer Minnesänger lebte in der te, Freunde und Nachbarn ein. Der zu einer Burg gehö- Zeit als die Burg Windegg erbaut wurde. Walter von rige Wildbann war oftmals sehr groß. Das Windegger der Vogelweide (1160-1230), er gilt als der bedeu- Jagdgebiet erstreckte sich zwischen den beiden Flüs- tendste deutschsprachige Lyriker seiner Zeit. sen Aist und Naarn, von der Donau im Süden bis zum Er wurde in Aschberg in der Pfarre Tragwein. Österreich geboren So eine Jagd wurde (Ze österrriche lernt je nach Terrain zu ich singen und Fuß aber auch zu sagen“). Den Pferd durchgeführt, neuesten Erkennt- wobei die Jagd- nissen nach wurde gesellschaft von er im Waldviertel Treibern und einer im Dorf Walthers Hundemeute auf der Vogelweide unterstützt wurde. in der Nähe von Mitfahrende Jagd- Allentsteig geboren. wagen mit Beglei- tern sammelten das Abb. 28 erlegte Wild ein. Walter von der Vogelweide Abb. 30, Jagd- Weingartner darstellung Liederhandschrift Codex Manesse

17 Wildschwein Stechen mit dem Sauspieß, Armbrust, Neben dem runden Schlossturm befindet sich noch Bogen und Pfeil, Jagdspieß und Jagdmesser waren die heute das Oberteil eines gemauerten Falkenkäfigs. meist verwendeten Waffen mit denen man das Wild Dessen offene Forderseite mit einem Eisengitter ver- erlegen konnte. Auerochs, Hirsch, Reh, Wolf, Bär, schlossen war. Luchs, Fuchs, Dachs, Auerhahn, Fasan, Rebhuhn, Kriegsdienst und Fehderecht Kraniche u. a. waren bevorzugte Jagdbeute. Wobei das Erlegen eines größeren Raubtieres schon Wie schon erwähnt, musste ein Ritter jederzeit in sehr viel Mut und Kraft erforderte und so mancher der Lage sein, seiner Verpflichtung als Krieger nach- Adeliger von einem Bären oder Wildschwein getötet kommen zu können. Das Tragen einer Rüstung, halten wurde. Daher bot eine Jagd eine gute Trainingsmög- des Schildes, führen einer Stoßlanze und Schwert er- lichkeit für einen Ritter, der sich bei Bedarf auch im forderte eine gute körperliche Verfassung. So manch Kampfe bewähren musste. ausgefochtener Kampf richtete sich nicht nur gegen Feinde von außen, sondern es kam auch vor, dass ein beleidigter Nachbar einem die Fehde ansagte. Indem er einen Ansagbrief an das Burgtor nagelte, einen Brandbuschen aufsteckte, um so dem Kontrahen- ten seine Absicht signalisierte und dieser Zeit hatte, sich auf einen bevorstehenden Angriff vorbereiten zu können. Denn das Fehderecht erlaubte nicht nur den offenen Kampf auf dem Feld, sondern auch dem Kontrahenten wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, in dem der An- greifer Bauerngüter, Mühlen, Dörfer, Getreidefelder der Untertanen seines Gegners verbrannte, ausplünder- te, das Vieh wegtrieb, u. a. Wobei es meist Tote auf beiden Seiten gab. Das Hauptziel eines Fehderitters war aber die Burg seines Gegners im Handstreich zu nehmen und den Inhaber gefangen zu nehmen, um diesen später um Lösegeld und Zugeständnisse wieder freizulassen. Dieser musste sich aber verpflichten, später keine (Rache) zu üben, indem er Abb. 31 Mittelalterliche Miniatur, Festmahl nach einer Jagd Urfehde schwörte, und eine Urkunde unterschrieb. Es kam auch vor, dass sich ganze Adelsgruppen zu- Den Abschluss einer erfolgreichen Jagd bildete sammenschlossen um stark genug zu sein, einem ver- meistens ein Fest, das im Freien abgehalten wurde, meintlichen Gegner nicht nur im offenen Kampf zu wobei aufgestellte Tische und Bänke zum Verweilen befehden, sondern auch seine Burgen belagern, ein- einluden, es wurde getafelt und Bier und Wein flossen nehmen oder zerstören zu können. Es sind zahlreiche in Strömen. Adelsaufstände und Fehden überliefert. Die Falkenjagd Zu den letzten Fehderittern gehörte der Schwert- zählte zu den berger Ritter Bernhard Zeller, der zusammen mit eini- edelsten Jagd- gen Verbündeten eine Zeit lang das Mühlviertel unsi- arten, wurde auch cher machte und einige Kaufmannszüge u. a. ausraub- in einigen Minne- te. Er wurde gefangen, vor Gericht gestellt und am 1. liedern gerühmt. Juli 1521 auf dem Linzer Hauptplatz öffentlich ent- Noch bis in die hauptet. Neuzeit hinein Denn das alte deutsche Recht auf Fehde bestand unterhielten damals nicht mehr, denn Kaiser Maximilian I. verbot Könige und Fürs- gegen Ende des 15. Jahrhunderts dieses alte Vorrecht ten eigene des Adels. Er wollte diesem unseligen Treiben endgül- Falkenmeister, die tig ein Ende setzen und führte das römische Recht ein. für die Haltung und Aufzucht von Dieser Beitrag zum 800jährigen Jubiläum der ehema- Jagdvögeln ligen Burgherrschaft Windegg bei Schwertberg zuständig waren. wurde verfasst von:

Abb. 32, Falkenjagd, Codex Manesse Konsulent Leopold Josef Mayböck, Archivkurator, Auch die Grafen von Thürheim auf Schloss Lina 34, 4311 Schwertberg Schwertberg besaßen den Titel Erblicher Erblandfal- im Frühjahr des Jahres 2008. kenmeister. Siehe auch www.ooegeschichte.at 18 Quellen 27. Ritterburg und Fürstenschloss, 2 Bände Katalog zur Literatur: Ausstellung im Oberhausmuseum Passau 1998. 28. Martin Krenn – Alexandra Krenn-Leeb: Castrum Bene 8, Burg und Funktion, Archäologie Österreich 1. Roman Zehetmayer: Schicksaljahr 907, Die Spezial 2. Wien 2006. Schlacht bei Pressburg und das frühmittelalterliche Niederösterreich. Katalog zur Ausstellung der NÖ. LA. St. Pölten 2007. Abbildungen: 2. Ignaz Zibermayr: Noricum Baiern und Österreich, Verlag Ferdinand Berger Horn 1972. 1. Herrschaftsverhältnisse im österreichischen Donau- 3. Heinz Dopsch: Österreichische Geschichte 1122- raum im 9. Jh., Roman Zehentmayr, Katalog zur 1278, Verlag Überreuter 1999. Ausstellung Schicksaljahr 907, Hainburg 2007. 4. Heinrich Boxler - Jörg Müller: Burgenland 2. Herrenhaus im 9. Jh. Wie Anm. 1. S. 77 Schweiz-Bau und Alltag Aare 1990 3. Kämpfe im 9. Jh. Hans Einsle, Weltbild Verlag 5. Heinrich Pleticha: Die Staufische Zeit 1152-1254, 1993. Deutsche Geschichte Bde. Bertelmann 1982 4. Plündernde Ungarn: Andre Hofer Bilderreihe 6. 6. Thomas Kühtreiber: Ernährung auf mittelalterli- „Ostarichi“ 1930. chen Burgen und ihre wirtschaftlichen Grundlagen. 5. Holz-Erdburg im Frühmittelalter, Burgenland Deutsche Burgenvereinigung Bd. 10.2005 Schweiz, Aare 1990. 7. Adolf Waas: Der Mensch im deutschen Mittelal- 6. Burg Perg, Rekonstruktion L. Mayböck, Schwert- ter; Hermann Böhlaus Nachf. Graz-Köln 1964. berg 2007. 8. Burgen im Mostviertel: Marina Kaltenegger, Tho- 7. Burg Windegg im Hochmittelalter, Zeichnung L. mas Kühtreiber, Gerhard Reichhalter, Patrick Mayböck 1987. Schicht, Herwig Weigl, freytag u. berndt 2007. 8. Burgenbau, Wie Anmerkung Nr. 5 9. 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