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MASARYKOVA UNIVERZITA FILOZOFICKÁ FAKULTA

ÚSTAV GERMANISTIKY, NORDISTIKY A NEDERLANDISTIKY

Německý jazyk a literatura Učitelství německého jazyka a literatury pro střední školy

Die Hauptgestalten, die Motive und die Symbole im deutschen unterschiedlicher Phasen

MAGISTERSKÁ DIPLOMOVÁ PRÁCE

Vypracovala: Hana Švubová Vedoucí práce: Mgr. Sylvie Stanovská, Dr.

Brno 2008 Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und mit Hilfe der angegebenen Literatur verfasst habe.

...... Brünn, Sommersemester 2008 Hana Švubová

2 Ich möchte mich an dieser Stelle bei Frau Mgr. Sylvie Stanovská, Dr. für ihre konstruktive Kritik und wertvollen Ratschläge, und bei meiner Familie für die allseitige Unterstützung bedanken.

3 Inhaltsverzeichnis

1. DER DEUTSCHE MINNESANG ...... 5

1.1 GESELLSCHAFTLICH-KULTURELLE SITUATION...... 6 1.2 DIE ROLLE DER SPRACHE ...... 7 1.3 NEUE AUFFASSUNG VON ZWISCHENMENSCHLICHEN BEZIEHUNGEN ...... 8 1.4 ROLLENVERTEILUNG IN DER MINNE...... 10 1.5 DIE AUFFASSUNG DER FRAU UND DES MANNES IN DER MINNE...... 11 2. AUSGEWÄHLTE AUTOREN UND DEREN ZUORDNUNG ZU DEN ENTWICKLUNGSPHASEN DES MINNESANGS...... 13

2.1 DIE ENTWICKLUNGSPHASEN DES MINNESANGS...... 13 2.2 EINLEITENDE INFORMATIONEN ÜBER AUSGEWÄHLTE AUTOREN UND IHR WERK...... 14 2.2.1 Der von Kürenberg (Kürenberger)...... 14 2.2.2 ...... 15 2.2.3 Rudolf von Fenis...... 16 2.2.4 ...... 16 2.2.5 Neidhart von Reuental...... 17 3. ANALYSEN DER TEXTE, IHRE TRAGENDEN MOTIVE UND TYPISCHE WENDUNGEN UND BEGRIFFE ...... 18

3.1 MINNE ALS EINE LEBENSBESTIMMENDE MACHT...... 19 3.1.1 Minne als eine Beziehung im Rahmen der Gesellschaft...... 19 3.1.2 Minne als ein Moment der Vertraulichkeit...... 20 3.1.3 Minne als das erhoffte, doch unerreichte Glück...... 22 3.1.4 Minne als Qual...... 24 3.1.5 Minne als Lebenserfüllung...... 31 3.2 DIE DAME UND IHRE EINSTELLUNG ZU DEM MINNENDEN...... 41 3.2.1 Die Dame als ein Objekt der Werbung...... 41 3.2.2 Die Dame als eine selbstständig handelnde Person...... 43 3.2.3 Die Dame als ein schwaches und ängstliches Wesen...... 44 3.2.4 Die Dame als eine Herrscherin...... 46 3.2.5 Die Dame als ein höheres Wesen...... 49 3.2.6 Die Dame als ein magisches Wesen...... 52 3.2.7 Die Dame als eine unedle Person...... 55 3.3 SYMBOLIK IN DEN MINNELIEDERN...... 58 3.3.1 Adelige Attribute...... 58 3.3.2 Kampf...... 60 3.3.3 Farben...... 62 3.3.4 Gott...... 63 3.3.5 Kranz und Kopftuch...... 65 3.3.6 Die Natur ...... 67 4. ZUSAMMENFASSUNG...... 74

4.1 DIE AUFFASSUNG DER DAME...... 74 4.2 DIE AUFFASSUNG DES MINNENDEN...... 75 4.3 DIE AUFFASSUNG DER MINNE...... 75 5. LITERATURVERZEICHNIS...... 77

4 1. Der deutsche Minnesang

Minnesang, wie die anderen geschichtlichen und geschichtlich-kulturellen Erscheinungen, lässt sich nicht vollkommen „erläutern“ – man kann jedoch dessen geschichtlichen Zusammenhang verstehen. Ich möchte in meiner Arbeit also nicht versuchen zu beschreiben, was alles auf die Entwicklung des Minnesangs eingewirkt hat. Ich versuche zu zeigen, wie damals das Verhältnis eines Mannes zu einer Frau und zu Gott gesehen wurde und wie dies im Minnesang dargestellt wird.

In der vorliegenden Arbeit widme ich mich der Analyse von ausgewählten Liedern des deutschen Minnesangs. Dazu habe ich mir Texte von fünf Autoren gewählt, sodass alle Etappen der Entwicklung des Minnesangs vertreten werden.

In dem ersten Kapitel habe ich die gesellschaftliche und kulturelle Situation während der Entstehungszeit dieser Lieder kurz erläutert, die Entwicklungsphasen des Minnesangs angerissen und die betreffenden Autoren, das heißt Den von Kürenberg, Dietmar von Aist, Rudolf von Fenis, Heinrich von Morungen und Neidhart von Reuental kurz vorgestellt.

Das zweite Kapitel und den Hauptteil der Arbeit stellen die Analysen konkreter Textbeispiele aus der Sicht des Aufbaus, der Terminologie und der vorkommenden Motive dar. In dem ersten Unterkapitel habe ich mich mit dem Thema der Minne als einer lebensbestimmenden Macht beschäftigt, in dem zweiten dann mit der Dame und ihrer Einstellung zu dem Minnenden. In dem dritten Unterkapitel habe ich die spezifischen Symbole untersucht, die in Minneliedern auftreten. In jedem Unterkapitel sind Lieder aus allen Entwicklungsphasen Minnesangs vertreten.

Den Unterschieden, die ich in der Auffassung der wichtigsten Themen der Lieder gefunden habe, widme ich mich im dritten Kapitel.

5 1.1 Gesellschaftlich-kulturelle Situation

Eine wichtige Bedingung für Entstehung und Entwicklung des Minnesangs war die Tatsache, dass sich der Adel vom Berufsstand zum Geburtsstand gewandelt hat. Dies war (im 12. Jahrhundert) allmählich auch rechtlich festgesetzt, indem den Bauern das Waffentragen verboten wurde, und den Söhnen von Bauern und Geistlichen untersagt wurde, in den Ritterstand einzutreten. Dies führte zur Trennung der Adelsschicht gegenüber den übrigen Schichten des Volkes. Der weltliche Adel, als sozialökonomisch und politisch herrschende Klasse, gewann an Selbstbewusstsein und es entstand eine Tendenz, eine eigene Kultur zu entwickeln, um ihre Selbstbestimmung zu bestätigen. Der Aufschwung des geistigen und literarischen Lebens des Adels in der Mitte des 11. Jahrhunderts hängt auch damit zusammen, das diese Generation im Mannesalter den ersten Kreuzzug erlebte. Das unterstützte in dem adeligen Menschen das Gefühl der eigenen Würde und Freiheit und veränderte dessen Hinstellung zu der Beziehung zwischen Gott und Mensch. So setzt sich auch die von der Feudalklasse getragene Kultur, die sich so entwickelte, mit den geistlichen Themen auseinander, doch sie war überwiegend weltlich orientiert und stand in einem Gegensatz zu der kirchlich-asketischen Ideologie.

Als sich die weltliche Dichtung als solche instituierte, entstand die Notwendigkeit einer materiellen Förderung der Dichter. Diese Rolle übernahmen die vermögenden Feudalherren, die sich als einzige leisten konnten, die betreffenden Bedürfnisse und Erfordernisse zu finanzieren. Ihr Einfluss zeigte sich dann wesentlich in Themen- und Stoffwahl.

So entwickelte sich an den Feudalhöfen die so genannte „feudalhöfische Dichtung“, die eine Vielfalt von Gattungen enthält. Besonderes beliebt war das große Epos, das Lied und didaktische Genres wie Spruch oder Traktat. Es treten später auch kleine epische Formen, wie Novelle, Schwank, Fabel oder Kurzerzählung in Erscheinung. Auch die Stoffwahl war ziemlich umfangreich. Eine wichtige Rolle spielten Märchen, Sagen und Legenden aus verschiedenen Zeiten und Regionen - von den heimischen Heldensagen über Antike und ihre

6 Tradition bis zur orientalischen Thematik. Die feudalhöfische Lyrik begrenzte sich auch nicht nur auf ein Thema: Neben der Minne wurden in der feudalhöfischen Lyrik auch andere Stoffe behandelt, es gab religiöse Gedichte, Kreuzzugslieder, Naturlieder, moraldidaktische und politische Spruchdichtung. Der Minnesang übernahm einige seiner Motive auch von diesem Bereich, wie zum Beispiel Hinweise auf Gott oder Natur.

1.2 Die Rolle der Sprache

Maßgebend für die Form der feudalhöfischen Dichtung war die Tatsache, dass es noch kein breites Leserpublikum gab, also die Dichtung war vor allem zum mündlichen Vortrag konzipiert. Deswegen mussten die Dichter einen großen Wert auf Formgestaltung, Klangwirkung, auf die Funktion der Sprachmittel, Verse und Reime legen. Zum Vortragen von Lyrik gehörte auch die Instrumentalbegleitung.

Ein wichtiger Aspekt war auch die Entwicklung der Schriftsprache, denn die deutsche Feudalliteratur war zu Beginn des 13. Jahrhunderts schon in einer überregionalen, hoch entwickelten Literatursprache geschrieben. Das schriftliche Bewahren der „weltlichen“ Dichtung im Rahmen der feudalhöfischen Kultur war ein wichtiger Schritt, denn die schriftbestimmte Dichtung unterliegt anderen Gesetzen, als die mündlich ererbte. Wo die mündlich ererbte Dichtung ständig den Veränderungen unterliegen muss, dort bleibt die schriftliche so, wie sie von Anfang war; wo sich die mündlich ererbte dem Geschmack der Zuhörer anpassen muss, dort ist die schriftliche immer nur vom Willen des Dichters geprägt. So war die Veränderung in Wahrnehmung der Dichtung fest mit der Verbreitung der schriftlich festgehaltenen Sprache verbunden. Dies gilt jedoch erst für die Spätzeit.

Die Sprache allgemein gewann in dieser Zeit eine neue Bedeutung. Die Menschen „drängten zueinander“ – sie wollten mehr mit anderen Gedanken austauschen und damit immer wieder die wechselseitige Verbundenheit bestätigen. Es verbreiteten sich Briefe (sowohl in Diplomatie, als auch in persönlichen Austausch) als Kontaktmittel und das spiegelte sich auch in der Dichtung wider, denn die Epistel wurde zu einer der Grundformen. Die Auffassung der Sprache entwickelte sich

7 dank den Bestrebungen der Menschen, ihr Verhältnis zu Gott und zu dem anderen Menschen sprachlich zu fassen. Es wurde nötig, die Sprache an ein neues Niveau zu erheben. Um es dieses schaffen, wurden sprachliche Vorbilder gesucht und sie wurden vor allem in dem Hohelied und in Werke und Ciceros gefunden.

1.3 Neue Auffassung von zwischenmenschlichen Beziehungen

Diese Werke dienten aber nicht nur als sprachliche Vorbilder, sondern es war vor allem deren Inhalt, mit dem sich die mittelalterlichen Autoren auseinandersetzten und versuchten, ihn neu zu interpretieren. Dabei ist die Tatsache besonderes interessant, dass dabei die Grenzen zwischen mehreren Gebieten wie zum Beispiel der Liebesdichtung und der geistigen Literatur oft verwischt wurden. Man kann daran gut erkennen, wie die Wahrnehmung der Beziehungen unter Menschen und die Wahrnehmung der Beziehung zwischen Mensch und Gott ineinandergreifen.

Das Hohelied ist ein typisches Beispiel dafür, denn es wurde als ein Verhältnis zwischen der Seele und Christus, aber gleichzeitig auch als Verhältnis eines Mannes zu einer Frau verstanden. Diese neue Mehrdeutigkeit finden wir auch bei , deren Lehre von den Stufen der Liebe im christlichen Mittelalter auch als eine Annäherung der Seele an Christus interpretiert wurde. Und genauso wurde bei Cicero die Lehre von der wahren Freundschaft auf die Verbindung der menschlichen Seele mit Christus übertragen.

Auch die Beziehungen unter Menschen wurden anders wahrgenommen und die Autoren versuchten sie auf eine neue Weise zu verstehen und zu erklären. Der erste große Unterschied liegt daran, dass früher, im Altertum, für die höchste Stufe eines Verhältnisses zwischen zwei Menschen die Freundschaft zwischen Männer galt. Im Mittelalter veränderte sich das und es war die Liebe eines Mannes zu einer Frau, die dann im Mittelpunkt stand. Das war für Minnesang eines der wichtigsten Momente, denn es ermöglicht eigentlich dessen Entstehung und Entwicklung.

8 Bei den Bemühungen, die Beziehungen zu beschreiben, erscheint der Begriff der „Verbundenheit“ (zuerst bei Marbod), der von dem Gedanken ausgeht, dass schon die Natur die Menschen verbindet - Eltern mit Kindern, Verwandte unter sich, Eheleute. In der echten Verbundenheit sollen zwei Menschen zu einem Wesen werden; das ist eine Vorstellung, die oft wiederholt wurde und die Tatsache ausdrückt, dass diese zwei Menschen in wechselseitiger Anteilnahme und Unterstützung leben sollen.

Dieser Gedanke wurde weiter entwickelt und es wurde eine ganze Menge der wichtigen Merkmale definiert, die als Forderungen der Verbundenheit, also der Liebe, auftraten. Zum Beispiel war es die Beständigkeit (stabilitas), Verlässlichkeit (fides) und Aufrichtigkeit. Für Minnesang ist es maßgebend, dass zu den Forderungen auch die Freiwilligkeit (benevolentia) gehört, denn das formt die Situation, in der sich die Minnenden befinden. Es ist der Grund, aus dem nach einigen Ansichten keine Liebe unter Verheirateten entstehen kann – zwischen Ehe und Liebe soll derselbe Unterschied bestehen, wie zwischen Verwandtschaft und Freundschaft. Und als grundsätzlich erweist sich auch Tugend (virtus), denn man glaubte, dass nur unter Guten eine echte Verbundenheit bestehen kann. Daran ist es sichtbar, dass die sittlichen Werte ein wesentlicher Teil der Minnebeziehung waren. Das führt uns wieder dazu, wie stark in dieser Zeit der Zusammenhang zwischen Liebe und der Weltanschauung war. Diese Verbindung zwischen Liebe und der Welt soll man nie vergessen, wenn man sich mit Minnesang beschäftigt. Denn in dem 12. Jahrhundert war es gewöhnlich, in entsprechenden Beispielen zu denken. Und wenn man versucht, Minnesang zu verstehen, muss er immer daran denken, dass es sich um eine Dichtung handelt, die sich auf Gleichnissen gründet. Die Minne kann die Beziehung des Ritters zu einer Frau bedeuten, aber gleichzeitig auch die Beziehung des ritterlichen Menschen zum anderen Menschen, zum Gott und zur Welt. Der Zusammenhang zwischen der Auffassung der Liebe und den anderen Bereichen des Lebens kann auch daran veranschaulicht werden, dass die Ausdrücke für Liebe (amor, Venus) im Mittelalter als umfassende Ausdrücke für eine gottgewollte Ordnung verwendet waren.

9 1.4 Rollenverteilung in der Minne

Die Minne heißt vor allem eine Veränderung der traditionellen Rollen des Mannes und der Frau. Der Mann wurde bisher als Versorger und als Herr des Hauses gesehen und die Frau als Pflegerin, Mutter und Hausverwalterin. Diese Rollen geraten im Rahmen der Minne in den Hintergrund, und die Beiden treten jetzt einfach als Mann und Frau auf, als zwei Personen, die in einem Verhältnis verbunden sind und als zwei Hauptgestalten einer Geschichte, die in verschiedenen Varianten immer wieder erzählt wurde.

Die Minne kann aber auch als ein Weg des Mannes aus der Freiheit und Ungebundenheit des Herrschens in die Abhängigkeit von der Frau gesehen werden. Dabei überwältigt die Frau den Mann und bindet ihn innerlich. Diese Umwandlung im Verhältnis zwischen Mann und Frau war für den Mann eine wichtige Erfahrung, denn er war (als Ritter) daran gewöhnt, das Leben anderer zu bestimmen und jetzt bestimmt die Frau sein Schicksal. Doch er nimmt diese Rolle freiwillig und gerne an. Es entsteht ein neues Motiv, das immer wieder neu wiederholt wird – das Motiv eines Dienstes, den der Mann der Frau gegenüber leistet. Dieses Motiv hat einen wichtigen soziologischen Hintergrund, und zwar den Lehndienst. Die Abhängigkeit von jemandem, der höher und mächtiger ist, war für die ritterliche Welt eine natürliche Vorstellung, nur das Verteilen der Rollen war neu.

Neben Mann und Frau spielt in der Minne auch die Gesellschaft, in der sie sich befinden, eine wichtige Rolle, indem sie die Rollen des Mannes und der Frau bestätigt – nur innerhalb dieser Gesellschaft kann sich zwischen dem Mann und der Frau die Minne abspielen. Doch der Zusammenhang zwischen der Minne und der Gesellschaft hat auch die andere Seite - die Minne ist für die Gesellschaft genauso wichtig, wie die Gesellschaft für die Minne. Denn beides sind überpersönliche Werte, die die Minne in sich trägt.

Die Gesellschaft bildete auch nicht nur ein stummes Publikum, sondern sie nahm an dem Vorgehen teil - manchmal unterstützt sie die Minnenden und wirkt als eine helfende Macht, manchmal wird sie zum Hindernis und wirkt hemmend. So oder so waren die Menschen aus der höfischen Gesellschaft bereit mitzuspielen. Um an

10 der Minne teilnehmen zu können, musste man aber eine wichtige Fähigkeit haben, und zwar musste man die Sprache der Minne verstehen. Die war voll von Andeutungen und Symbole, nur für die verständig, die die höfische Welt verstanden. Für Minnesang ist also die Tatsache maßgebend, dass alle – die Minnenden und die Zuschauer, der Sänger und die Zuhörer – Mitglieder derselben höfischen Welt waren, für die es natürlich war, die höfischen Bedeutungen der Worte hinter deren Alltagsbedeutungen zu finden.

1.5 Die Auffassung der Frau und des Mannes in der Minne

Im Mittelpunkt der höfischen Gesellschaft stand die Frau. Alles, was sich im Rahmen der höfischen Kultur abspielte, spielte sich um die Frau herum ab und sollte der Frau „dienen“. Dabei gewann sie Bedeutungen, die weit über deren menschliches Dasein gingen – sie wurde zu einer Verkörperung von Werten und Sehnsüchten der höfischen Menschen. Die Frau wurde zum Beispiel als Sinnbild der Heimat, des Gewohnten und Ersehnten gesehen; denn zu den Erfahrungen, denen der höfische Mensch ausgesetzt wurde, gehört vor allem die Trennung (zum Beispiel wegen einer Kreuzfahrt).

Bei der Frau wurde immer natürlich ihre Schönheit gelobt und gefeiert, daneben aber auch ihre ethischen Werte, denn erst der innere Wert sollte ihr schönes Äußeres veredeln. Das Lob kann so der Verehrung einer heiligen ähneln, und manchmal war die Frau sogar als Bild der Gottesmutter dargestellt. Neben der äußeren und inneren Vornehmheit, die die höfischen Männer zur Bewunderung der Frau führte, war noch ihre Wehrlosigkeit wichtig, denn die war für die Männer das Verpflichtende.

Die Frau hat durch die Werte, die ihr zugeschrieben wurden, aber auch einiges verloren. Es ist vor allem deren Individualität, die Frau gehört der Gesellschaft der Menschen, unter denen sie sich bewegt – ist zu einem schönen Spiegel dieser Gesellschaft. Sie kann auch dem Mann nur in der höfischen Gesellschaft begegnen und wenn der Mann sich an sie wenden will, muss er sich an alle wenden – sie kann und soll oft namenlos bleiben. Statt des persönlichen

11 Zusammenseins müssen sich Mann und Frau in der Gesellschaft einander zuwenden.

Der Mann sucht in der Frau die Verkörperung der Werte, doch er sucht in sie auch eine Person, mit der er die Liebe miterleben kann. Die Frau ist aber aus der Gesellschaft nicht herauszulösen und so bleibt sie für den Mann fast immer unerreichbar. Der Mann erlebt durch die Begegnung mit der Frau eine Verwandlung, nach dem er zu dem werthaften Dasein im Sinne der höfischen Gesellschaft reif wurde. Die Spannung zwischen persönlicher Enttäuschung und überpersönlichem Gewinn führte zur Vermischung von Klage und Preis, wobei die Klage dem Persönlichen an der Frau, der Preis dem Überpersönlichen gehörte.

Die Veredelung des Mannes durch die Frau erfolgte in mehreren Aspekten. Der Mann stellte fest, dass sie die Werte verkörpert, die im Leben wirklich zählen und dass es nicht um Zweck und Erfolg in der Liebeswerbung geht, sondern um die Werte allein. Er entdeckte auch die Freiheit des Geistes, denn der Widerspruch von Wirklichkeit und Ideal brachte ihn dazu, sich nach innen zu wenden. So erkannte er, dass es in seinen Gedanken keine Trennung und keine Entfernung gibt, die ihm in der Wirklichkeit Leid bereiten. Weiter gewann der Mann ein Sinn für das Dauernde – die seelische Beständigkeit, die sich durch die Veränderungen und Verwirrungen des Lebens nicht beeinflussen lässt, die so genannte „staete“. Und letztendlich gewann er die Einsicht, dass der Liebesschmerz notwendig zur Ganzheit des Lebens gehört und er lernte das Leid zu tragen, und es als ein Teil der Minne zu akzeptieren.

12 2. Ausgewählte Autoren und deren Zuordnung zu den Entwicklungsphasen des Minnesangs

Minnesang wird in mehrere Phasen eingeteilt; diese Einteilung ist jedoch nicht ganz eindeutig und in verschiedenen Quellen kann man verschiedene Varianten finden. Ich werde in dieser Arbeit die Einteilung in vier Phasen verwenden: der frühe donauländische Minnesang, der frühhöfische Minnesang, der hochhöfische Minnesang und der späthöfische Minnesang. Die Lieder des Minnesangs unterscheiden sich in mehreren Merkmalen, wie zum Beispiel in der Art der Darstellung der Minneidee, in der Auffassung der Hauptgestalten und in der Form, je nach dem, in welcher dieser Phasen sie entstanden sind. Um die ausgewählten Autoren richtig zuordnen zu können, muss ich zuerst die einzelnen Phasen kurz erörtern.

2.1 Die Entwicklungsphasen des Minnesangs

Der frühe Minnesang, nach dessen Entstehungsraum auch als donauländischer Minnesang bezeichnet, umfasst ungefähr die Zeit von 1150 bis 1170. Zur donauländischen Gruppe wurden unter anderen der Kürenberger, und Dietmar von Aist gezählt. In ihrer Darstellung der Minnebeziehung, die schon höfisch ist, kann auch die Dame aktiv sein, und die Sehnsucht des Ritters muss nicht unerfüllt bleiben. Die Liebe ist noch natürlich und ungekünstelt aufgefasst. Formal sind diese Gedichte durch Langzeilen gekennzeichnet, die den ältesten epischen Dichtungen () ähneln. Andererseits sind schon prägende höfische Züge zu finden, zum Beispiel die Wahl der Worte und Symbole.

Der frühhöfische Minnesang, der zwischen Jahre 1170 und 1190 datiert wird, wurde von anderen Vorbildern geprägt, vor allem von den provenzalischen und den nordfranzösischen. Die wichtigen Vertreter sind , Friedrich von Hausen und Rudolf von Fenis. In ihrer Auffassung der Liebe wurden die höfischen Vorstellungsmuster weiterentwickelt, es wurde unter

13 anderem die Treue und die ethische „Erhöhung“ des Mannes durch Frauendienst thematisiert. Es konstituiert sich der wichtigste Liedtyp - die Minneklage.

Der hochhöfische Minnesang um die Jahrhundertwende ist durch ein festgelegtes, ritualisiertes Modell der Minne gekennzeichnet: Die Minneklage wird weiter vervollkommnet. Die Dame erscheint als vollkommen, unerreichbar, der Ritter stellt sich in ihren Dienst, ohne auf die Erhörung hoffen zu können. Er preist sie und seine Gefühle schwanken zwischen Trauer und einem freudigen Selbstwertgefühl, das sich aus der Veredelung des Ritters durch den Frauendienst ergibt. In diesem Modell vermischen sich stark emotionelle, sensuelle Ausprägung der Liebe mit Konventionen und sittlich-ästhetischen Vorbildern. Das eigentliche Neue ist die Entstehung unterschiedlicher Minnekonzepte, durch die sich die Autoren voreinander unterschieden haben. Zu den wichtigen Vertretern dieser Phase gehören: , , Heinrich von Morungen, Reinmar der Alte (von Hagenau) und Walther von der Vogelweide.

Der späthöfische Minnesang, der ungefähr nach 1210 entstand, ist dann einerseits durch eine Abwendung von den Idealen der klassischen Phase gekennzeichnet, andererseits wird der wichtigste Liedtyp – die Minneklage – weiter gepflegt, beziehungsweise durch die formalistische Variierung deren Themen und Formen. Die Vertreter sind u. A. Ulrich von Lichtenstein, Neidhart von Reuental, Der Tannhäuser und Heinrich von Meißen (Frauenlob).

2.2 Einleitende Informationen über ausgewählte Autoren und ihr Werk

2.2.1 Der von Kürenberg (Kürenberger)

Als Vertreter des frühen Minnesangs habe ich für meine Analyse den Kürenberger ausgewählt. Seine Herkunft ist unsicher, es ist wahrscheinlich, dass er aus Niederösterreich oder Oberbayern stammte, vielleicht gehörte er einem ritterlichen Geschlecht an. Er dichtete zwischen 1150 und 1170, ist also der älteste Vertreter des donauländischen Minnesangs und gleichzeitig der erste Lyriker der deutschen Sprache, der namentlich bekannt ist. Unter seinem Namen ist in der Manessischen Liederhandschrift ein Textkorpus von 15 Strophen überliefert, die

14 eine spezifische Strophenform haben, die so genannte „des Kürenbergers wîse“. Diese Strophenform, auch „Kürenberger-Strophe“ genannt, ist im Wesentlichen mit der Nibelungenstrophe identisch. Sie besteht aus vier Langzeilen, wobei die erste mit der zweiten und die dritte mit der vierten reimen (aabb). Jede Zeile ist in zwei Halbzeilen geteilt, wobei beide Halbzeilen je drei Hebungen haben. Die zweite Halbzeile der vierten Langzeile bildet mit vier Hebungen eine Ausnahme in diesem Schema. Der von Kürenberg bedient sich der Gattung eines „Wechsels“, d. h. der Frauen- und Männerstrophen, die inhaltlich verbunden sind und in denen die Dame über den Ritter spricht und umgekehrt; die Strophen bilden jedoch keinen Dialog. Seine Lieder sind meistens episch balladenhaft.

2.2.2 Dietmar von Aist

Als zweiter Vertreter des frühen Minnesangs habe ich Dietmar von Aist gewählt. Seine Herkunft ist wie bei Kürenberger unsicher – es ist eine Person dieses Namens aus oberösterreichischem Freiherrngeschlecht urkundlich belegt, doch es wurde nicht bewiesen, dass diese Person mit dem Dichter identisch ist. Wenn es so wäre, dann lebte er von 1139 bis 1171; sonst ist es nur wahrscheinlich, dass er vor 1171 starb.

Es wurden ihm 16 Lieder zugeschrieben, die überliefert wurden, wobei es umstritten ist, ob alle wirklich von ihm geschaffen wurden. In seinem Werk ist eine starke Entwicklung erkennbar, der Übergang zu einer weiteren Entwicklungsphase des Minnesangs. Seine älteren Lieder sind meistens einfache Paarreime, die auch epische Elemente beinhalten. Die neueren Lieder dagegen sind schon formal vielseitiger und kunstvoller – sie wurden auch mehrstrophig und zum ersten Mal erscheint hier der Refrain. Für seine Darstellung der Liebe ist es maßgebend, dass er den Wechsel oft verwendet, in dem er die Gefühle der Frau und des Mannes gegenüberstellt. Es erscheinen bei ihm wichtige Elemente des Minnesangs, wie die Trennung der Liebenden als Grundthema und in seinen Liedern ist der erste voll ausgebildete Natureingang nachweisbar.

15 2.2.3 Rudolf von Fenis

Der Dichter Rudolf von Fenis habe ich als einen Vertreter des frühhöfischen Minnesangs ausgewählt. Sein genaues Geburts- und Todesdatum ist nicht bekannt, doch er ist nachweisbar zwischen 1158 und 1192. Höchstwahrscheinlich ist er mit dem Grafen Rudolf II. von Neuenburg identisch. Sein schweizerischer Herkunftsort hat seine Dichtung stark beeinflusst – es liegt in der Nähe der französischen Sprachgrenze und seine Lieder weisen wichtige Züge der provenzalischen Vorbilder auf.

Es wurden sieben seine Lieder überliefert, die einen innerlichen Zusammenhang verraten, und deswegen wurden sie manchmal als ein Zyklus aufgefasst. Sie sind (mit der Ausnahme des letzten Liedes) in Daktylen geschrieben und der Dichter verwendet hier eine anschauliche Bildsprache. Neben den Naturvergleichen ist für sein Werk seine Fähigkeit, eine starke Emotionalität hervorzurufen, kennzeichnend. Thematisch konzentriert sich Rudolf von Fenis auf die unerfüllte und unerwiderte Minne, deren Leid und Sinn. Er gehört deswegen zu den wichtigen Autoren der sogenannten „Minneklage“.

2.2.4 Heinrich von Morungen

Heinrich von Morungen ist einer der Vertreter des hochhöfischen Minnesangs. Über seine Herkunft und Leben ist mehr bekannt, als über die Schicksäle des von Kürenberg, nicht viel davon kann jedoch nachgewiesen werden. Wahrscheinlich entstammte er einem ritterlichen Geschlecht, lebte um 1200, und seinen Namen leitet er von der Burg Morungen bei Sangerhausen in Thüringen, seinem Herkunftsort ab. Er stand in Beziehung zum Markgrafen Dietrich IV. von Meißen, der ihm eine Pension aussetzte; diese vermachte er 1217 dem Thomaskloster in . Wie Quellen aus dem 16. Jahrhundert vermitteln, soll er eine Indienreise unternommen haben, doch diese Behauptung ist sehr umstritten.

Sein Werk, das 115 Strophen umfasst, ist sehr gut in der Großen Heidelberger (Manessischen) Liederhandschrift, der Weingartner Handschrift und der Kleinen Heidelberger Liederhandschrift überliefert. Morungens Lieder sind thematisch nicht besonders mannigfaltig, und die in ihnen enthaltenen Gedanken sind

16 meistens ziemlich einfach. Doch ihre Sprache und ihre Emotionalität zeigen eine außergewöhnliche Vielfalt auf; er benutzt eine reiche Bildersprache und suggestive Beschreibungen, zusammen mit einer eindruckvollen Rhetorik. In seinem Werk sind Parallelen zu provenzalischer, altfranzösischer und lateinischer Liedlyrik zu finden, jedoch keine direkte Inspiration; darüber hinaus verraten Morungens Lieder seine weitreichenden Kenntnisse romanischer Lyrik, Lyrik Ovids und lateinischer Kirchenpoesie.

2.2.5 Neidhart von Reuental

Neidhart von Reuental ist ein Vertreter einer Strömung innerhalb der Spätphase des Minnesangs. Er wurde zwischen 1180 und 1190 geboren, entstammt wahrscheinlich einem bayerischen Rittergeschlecht, und im Laufe seines Lebens hatte er Beziehung zum Landshuter Hof des bayerischen Herzogs Ludwig I. und zum erzbischöflichen Hof in . Er nahm wohl an dem Kreuzzug im Jahre 1217 – 1221 teil, was sich in seinen Kreuzliedern spiegelt. Nach 1230 verlies er Bayern und übersiedelte nach Wien, an den Hof Friedrich II. von Österreich und später nach Tullner Feld; die Zeit seines Todes ist unsicher, doch es ist nachweisbar, dass er vor 1246 starb.

Sein Werk umfasst 150 Lieder, die in 26 Handschriften und Handschriftsfragmenten überliefert sind. Reuental stand zwar in der Tradition des Minnesangs, doch er führte neue Stoffe und Formen ein, die vor allem auf die bäuerliche Sphäre Bezug nahmen, wie die so genannte „höfische Dorfpoesie“, in der die höfische Ausdrucksweise mit dem „bäuerlichen“ Inhalt im Kontrast steht. Für ihn sind zwei Typen von Liedern charakteristisch, und zwar Sommerlieder, in denen die ländlichen Frauen und Mädchen im Vordergrund stehen, und Winterlieder, in denen der Tanz und Streiten in Bauernstuben thematisiert wurden, und Reuental selbst oft als „Liebhaber“ auftritt. Für beide Typen ist jedoch das einrahmende Motiv der Natur charakteristisch. Neidhart hatte viele Fortsetzer, seit Stil und sein „dörflicher“ Minnesang wurde im Spätmittelalter zur Mode.

17 3. Analysen der Texte, ihre tragenden Motive und typische Wendungen und Begriffe

In diesem Teil meiner Arbeit werde ich zuerst jedes ausgewählte Lied als ein Ganzes kurz erläutern - die Situation, die in dem Lied geschildert ist, die Gestalten, die hier auftreten, deren Beziehung, die Handlung und die tragenden Motive. Dann werde ich mich mit seinen einzelnen Teilen beschäftigen – ich werde die sogenannten Grundbausteine untersuchen und ich werde mich den typischen Wendungen und Begriffen widmen, die immer wieder verwendet wurden, jedoch im Laufe der Zeit einer Entwicklung unterliegen. Am Ende jedes Unterkapitels werde ich am Beispiel ausgewählter Lieder ein allgemeines Thema zeigen und erläutern; nach diesen Themen wurden die Unterkapitel auch benannt. Bei einigen Themen werde ich nur ein Lied analysieren, bei einigen mehrere Lieder, um die Veränderungen des Themas in verschiedenen Entwicklungsphasen des Minnesangs besser zeigen zu können.

Die sogenannten Grundbausteine sind genau festgelegte tragende Motive, aus denen sich das klassische hohe Minnelied zusammensetzte. Sie seien hier in Vereinfachung aufgezählt:

1. Preis

2. Darlegung der Leistung des Minnenden (staete, triuwe)

3. Lohnforderung

4. Klage wegen Nichterfüllung

5. Reflexion über die Gründe der Nichterfüllung

6. Reflexion über die Konsequenzen

In der frühesten Phase finden wir diese Grundbausteine erst in Entwicklung; in einigen Liedern sind sie noch nicht vorhanden. In der Spätphase wurden sie von einigen Autoren abgelehnt.

18 3.1 Minne als eine lebensbestimmende Macht

In diesem Kapitel will ich mich dem Thema widmen, wie die Minne das Leben des Minnenden, beziehungsweise der Dame bestimmt. In den ersten drei Unterkapiteln werde ich immer ein Lied analysieren, wobei ich die Lieder aus dem frühen Minnesang gewählt habe, denn diese Themen sind eher vor der Entstehung des klassischen Minneliedes zu beobachten. Doch in den zwei letzten Unterkapiteln werde ich anders verfahren – ich habe zu jedem Thema drei Lieder ausgesucht, aus verschiedenen Entwicklungsphasen Minnesangs, damit ich dessen Wandlung im Laufe der Zeit untersuchen kann. Denn es geht hier um breite und grundsätzliche Themen, die die wichtigsten Prinzipien in Minnesang ausdrücken.

3.1.1 Minne als eine Beziehung im Rahmen der Gesellschaft

Lied Nr. I Der von Kürenberg (Übersetzung Helmut Brackert) 1 Der Dunkelstern, der verbirgt sich. Genauso sollst du es tun, schöne Herrin: wenn du mich siehst, so laß du deine Augen hin zu einem anderen Mann schweifen. Dann weiß doch niemand, wie es um uns beide steht.

Das Lied besteht aus einer einzigen Strophe, wie es bei Kürenberger öfter vorkommt. Es geht hier um ein Bild, mit dessen Hilfe der Minnende seiner ausgewählten Dame einen Rat gibt, wie sie ihre Liebe geheim halten soll.

Der ganze erste Vers ist ein Bild, das als Metapher dient; es wird beschrieben, wie sich ein Dunkelstern im Himmel verbirgt. Der Dunkelstern ist ein ungewöhnliches Motiv, es stellt etwas Geheimnisvolles, Mysteriöses dar; hier werden eigentlich zwei Motive verbunden, und zwar der Stern, der als ein Himmelskörper für etwas hohes, unerreichbares und strahlendes steht, und die Dunkelheit, die genauso gut eine Gefahr wie ein Geheimnis bedeuten kann.

Nach diesem Bild folgt eine Ansprache an die Dame. Sie wird als „schöne Herrin“ bezeichnet; obwohl ihre Qualitäten nicht näher ausgeführt werden. Dem Publikum ist nämlich das Schema der Minne, und damit auch das Idealbild der Dame bekannt, so ist es nicht nötig, alle Einzelheiten zu nennen, sie können nur

19 angedeutet bleiben; so ist es klar, das die „schöne Herrin“ ohne Weiteres das höchste irdische Gut für den Minnenden, sein summum bonum bedeutet.

Weiter wurde beschrieben, wie sie eine List benutzen soll, und ihr Interesse für einen anderen Mann vortäuschen soll. So wird die wahre Beziehung zwischen dem Ritter und ihr nicht einmal mit einem Blick verraten; ihre Liebe kann geheim bleiben.

Außer dem schon erwähnten Preis der Dame, der zwar in eine feste Wendung gefasst ist, aber indirekt alle ihre Qualitäten andeutet, finden wir in diesem Lied keine Grundbausteine des klassischen Minneliedes, was bei Kürenberg üblich ist. Auch die Wendungen und Begriffe in diesem Lied gehören nicht zu den typischen, mit der Ausnahme des Begriffes der „Augen“ (I, Str. 1, V. III) – die Augen und gegenseitige Blicke bedeuten die einzige Möglichkeit, die die Liebenden haben, um ihre gegenseitigen Gefühle in der Gesellschaft zu zeigen, oder – wie hier – zu verbergen.

Die Gesellschaft besitzt im Minnesang keine einfache, eindeutige Bedeutung; es wird Mal ihre positive, Mal ihre negative Einstellung zum Liebespaar thematisiert, doch sie stellt immer ein wichtiges Element in dem Minneschema dar. Maßgebend ist die Tatsache, dass die Minne im Prinzip eine heimliche Beziehung ist. Das Verheimlichen der Liebe vor der Gesellschaft ist eines der wichtigen und oft benutzten Motive im Minnesang. Hier spielt die Gesellschaft eine Aufpasserrolle. Die Gesellschaft ist in der Minnebeziehung des Paares immer mitgedacht, die Liebenden sind nie allein ohne Bezug auf sie dargestellt. So sind einige Mitglieder der Gesellschaft als Freunde, andere als Feinde der Beziehung eingestuft.

3.1.2 Minne als ein Moment der Vertraulichkeit

Lied Nr. II Der von Kürenberg (Übersetzung Helmut Brackert) 1 Wahrlich, ich stand abends spät von deinem Bett. Da wagte ich dich, Herrin, nicht zu wecken. „Dafür soll Gott dir immer feind sein! Ich war doch wirklich kein wilder Eber“, so sagte die Frau.

20 Das Gedicht besteht aus einer einzigen Strophe; es ist ein Dialog zwischen der Dame und dem Minnenden. In den ersten zwei Versen bekennt sich der Minnende dazu, dass er die Dame die vorige Nacht in ihrem Zimmer besucht hat, als sie schon geschlafen hat, und dass er nicht wagte, sie zu wecken. Die darauffolgenden zwei Zeilen stellen eine Antwort der Dame dar; sie verurteilt den Minnenden, dass er nicht mutig genug war und verflucht ihn mit groben Worten. Sie versteht die Situation so, dass der Minnende ihre Reaktion, beziehungsweise ihre erotische Aggressivität befürchtete. Dagegen wehrt sie sich, indem sie als ein Symbol für die ungezähmte Sexualität den „wilden Eber“ nutzt (II, Str. 1, V. IV) und sagt, dass sie anders sei. Die Tatsache, dass die Dame einen derart extremen Vergleich (sie = wilder Eber) wählte, illustriert ihren Zorn über das Verhalten des Mannes. Ihre Äußerungen sind deshalb emotionell, weil sie sich dem Mann im richtigen Licht zeigen möchte.

Dieses Lied gehört zu den frühesten Werken, die die Merkmale der klassischen Minnelieder noch nicht aufweisen, und in denen die Grundbausteine noch nicht zu finden sind. Allerdings betont die Dame mit ihren Worten ihre Wohlerzogenheit wie auch höfische Sitten. Auch die Wendungen und Begriffe, die der Autor in diesem Lied verwendet, gehören nicht zu den typischen, mit einer Ausnahme - der Ausdruck „Herrin“ (II, Str. 1, V. II) zeigt den Respekt des Minnenden, seine Anerkennung der Dame und wurde auch in den späteren Phasen des Minnesangs oft verwendet.

Eine wichtige Rolle in diesem Lied, genauso wie in manchen anderen, spielt das Motiv der Vertraulichkeit. Die Situation, in der der Minnende in der Nacht neben dem Bett der Dame steht, betont die Intimität des Geschehens. Der Ort und auch die Zeit der Handlung (Schlafkammer, Nacht), gehören zu der Privatsphäre der Dame. Die Tatsache, dass die Sehnsucht des Minnenden trotz der geeigneten Gelegenheit nicht erfüllt wurde, unterdrückt nicht die erotische Spannung der Situation, sondern die Spannung wurde dadurch eher gesteigert.

21 Die Betonung der Vertraulichkeit ist besonders wichtig, denn die Minne wurde prinzipiell als eine heimliche Beziehung dargestellt. Die Liebenden konnten normal nur unter anderen Menschen in Kontakt treten; die Situation der Zweisamkeit besitzt eine starke Exklusivität.

3.1.3 Minne als das erhoffte, doch unerreichte Glück

Lied Nr. III Dietmar von Aist (Übersetzung Günther Schweikle) 1 Der Winter wäre mir eine Zeit so recht voll Wonnen (und) gut, wäre ich so glücklich, daß eine Frau mein sehnsüchtiges Gemüt tröstete. Wie freute mich dann eine lange Nacht, wäre ich meinem Wunsche gemäß gebettet. Sie hat mich in eine Traurigkeit versetzt, der ich mich nicht erwehren kann. 2 ‘Wie macht das einer der Besten so, daß er mein Sehnen ertragen kann? Es wäre gut, wenn ich froh würde, dann könnte sich niemand besser befinden. Wenn mir nun Leid durch ihn geschieht, der meinem Herzen nahe gekommen ist, - was hilft Unwille? – sowie er mich ansieht, hat er mir den schnell genommen.

Das Lied besteht aus zwei Strophen, wobei in der ersten der Minnende und in der zweiten die Dame spricht. Die beiden äußern ihre Gedanken und Gefühle, die sie wegen der Minne erleben. Der Minnende fängt mir der Behauptung an, dass auch die Winter eine glückliche Zeit sein könnte, unter der Bedingung, dass ihm eine Dame ihre Zuneigung schenkt. Doch diese Bedingung wurde nicht erfüllt und die Minne bringt ihm nur Leid, gegen das sich der Minnende nicht wehren kann.

Am Anfang der zweiten Strophe fragt die Dame, wie es nur möglich ist, dass ihre Minne unerfüllt bleibt. Sie glaubt, dass sie durch die Minne Glück erreichen könnte, doch sie erlebt nur den Schmerz. Sie bekennt sich dazu, dass sie von der Minne überwältigt wurde und obwohl sie bisher nur Leid erfuhr, wird sie vom Blick des Geliebten überwunden.

22 Das ganze Lied schildert den Gedanken, dass die Minne einem Minnenden oder einer Dame ein großes Glück bringen kann, in der Wirklichkeit jedoch zur Qual wurde. Doch die beiden Hauptgestalten lehnen die Minne trotzdem nicht ab und aus ihren Äußerungen ist das Gefühl zu spüren, dass sie immer noch die Hoffnung haben und an Minne glauben.

In diesem Lied sind schon mehrere Grundbausteine zu finden, jedoch ihre Verwendung ist einigermaßen untypisch. In der ersten Strophe, also in der Rede des Minnenden, kommt die Lohnforderung in dem Satz „...daß eine Frau mein sehnsüchtiges Gemüt tröstete“ (III, Str. 1, V. IIIf) vor und auch die Klage wegen Nichterfüllung, indem der Minnende sagt: „Sie hat mich in eine Traurigkeit versetzt...“ (III, Str. 1, V. VIIf). Das entspricht dem Schema eines typischen Minneliedes. Was aber ungewöhnlicher ist, ist das Auftreten der Grundbausteine in der Rede der Dame. Man kann hier, in dem Ausdrucke „einer der Besten“ (II, Str. 2, V. I) der Preis finden, eine Andeutung der Lohnforderung: „Es wäre gut, wenn ich froh würde“ (III, Str. 2, V. III), die Klage wegen Nichterfüllung: „Wenn mir nun Leid durch ihn geschieht...“ (III, Str. 2, V. V) und die Reflexion über die Konsequenzen: „was hilft Unwille? – sowie er mich ansieht, hat er mir den schnell genommen.“ (III, Str. 2, V. VIIF). Alle diese Grundbausteine waren nämlich normalerweise von dem Minnenden an die Dame gerichtet und hier ist es umgekehrt. Daran kann man gut erkennen, dass in der Zeit des frühen Minnesangs die Rollen des Minnenden und der Dame noch nicht so fest bestimmt waren und die Verwendung der Grundbausteine erst in Entwicklung war.

Auch einige der typischen Wendungen und Begriffe sind hier zu finden. Am Anfang der ersten Strophe benutzt der Autor das Wort „Winter“ (III, Str. 1, V. I) im Zusammenhang mit der Vorstellung des Glückes. Das ist ziemlich ungewöhnlich, denn der Winter war meistens als Symbol der Traurigkeit und des Todes verstanden. Hier soll es die Macht der Dame darstellen, Glück und Freude zu bringen. Die Äußerung soll andeuten, dass sie sogar stärker als die Naturkräfte ist. Ein weiterer Begriff, der für Minnesang typisch ist, ist die „Nacht“ (III, Str. 1, V. V). Sie bedeutet hier (und allgemein in Minnesang) eine Zeit der Vertraulichkeit, eine Zeit voll von Geheimnissen und enthält auch eine erotische Bedeutung. Das wurde hier noch mit dem nächsten Vers unterstützt, denn da

23 spricht der Minnende davon, dass er seinem „Wunsche gemäß gebettet“ sein möchte (III, Str. 1, V. VI). Aus der zweiten Strophe, in der die Dame spricht, ist vor allem das Wort „Herz“ zu erwähnen (III, Str. 2, V. VI), denn das wurde in den Minneliedern immer wieder benutzt. Es symbolisiert die Emotionalität eines Menschen und gleichzeitig sein Inneres, das verwundbar ist, aber trotzdem die größte Stärke eines Menschen, seine Fähigkeit zu lieben, in sich trägt.

3.1.4 Minne als Qual

Lied Nr. IV Dietmar von Aist (Übersetzung Günther Schweikle) 1 ‘Was ist gegen die wehmütige Sehnsucht gut, die eine Frau nach einem lieben Mann hat? Gern wüßte das mein Herz, weil es so bedrängt ist.’ So sprach eine schöne Dame, ‘sehr leich machte ich dem ein Ende, wenn die Aufsicht nicht wäre. Nie vergesse ich ihn in meinen Gedanken.’ 2 Viele sagen, daß große Treue der besten Frauen Trost sei. ‘Das kann ich nicht glauben, da mein Herz nicht erlöst ist.’ So sprachen zwei Liebende, als sie voreinaned schieden. Ach, Minne, wer ohne dich sein könnte, - das wäre vernünftig. 3 Wenn die ganze Welt ruht, dann kann ich allein nicht einschlafen. Das kommt von einer schönen Dame, der ich gerne gefallen würde, in der all meine Freude ruht. Wie soll dem jemals abgeholfen werden? Fürwahr, ich glaube zu sterben. Weshalb ließ sie Gott mir armem Mann zur Qual werden?

Das Lied besteht aus drei Strophen, die ein interessantes Schema bilden – in der ersten Strophe spricht eine Dame, in der zweiten beide Protagonisten und in der dritten ein Minnender. So kann der Autor die Gefühle der Vereinsamung beider Hauptgestalten zeigen und dabei verdeutlichen, dass sie gleichzeitig in der gegenseitigen Verbindung die Minne erleben.

In der ersten Strophe spricht eine Dame über ihr Sehnen nach einem Ritter und sie fragt nach einer Lösung ihrer Situation. Dann gibt sie zu, dass sie sie lösen könnte, doch wegen der Aufsicht ist es unmöglich. Am Ende der Strophe äußert

24 sie die Beständigkeit ihrer Gefühle und sagt, dass sie den Ritter nie vergessen kann.

Die zweite Strophe stellt ein Gespräch zweier Liebenden in der Situation ihres Abschiedes dar. Sie fängt mit der Behauptung, dass die „große Treue der besten Frauen Trost sei.“ (IV, Str. 2, V. I). Gleich in dem nächsten Vers wurde aber diese Behauptung abgelehnt, indem die Dame sagt, dass sie doch traurig ist. Die ganze Strophe endet mit einem Seufzer, dass es vernünftig wäre, ohne Minne zu leben. Diese Äußerung deutet eigentlich an, dass die Minne nicht von der Vernunft geleitet ist, und dass sie mit dem Verstand sogar in Widerspruch stehen kann. Doch trotz dieses Bewusstseins der „Unvernünftigkeit“, wurde die Minne nicht abgelehnt.

In der dritten und letzten Strophe spricht ein Minnender über seine Trauer und seine Unruhe, die er wegen einer Dame erlebt, die er liebt. Er fragt, ob er je erlöst wird und warum er eigentlich so eine Qual erleben muss. Der Autor betont die Verzweiflung des Minnenden, indem er ihm sogar über Liebestod sprechen lässt.

In diesem Lied kann man einige Grundbausteine finden. In den ersten zwei Strophen sind sie jedoch (wie in dem obigen Lied) einigermaßen ungewöhnlich verwendet, weil sie der Dame in den Mund gelegt werden. In der ersten Strophe steht die Klage wegen Nichterfüllung, in der Äußerung der Trauer der Dame – sie spricht davon, dass ihr Herz „so bedrängt ist“ (IV, Str. 1, V. II). Dann kann man hier die Lohnforderung entdecken, weil hier die Dame über ihre „wehmütige Sehnsucht“ spricht und kurz danach sagt sie, dass sie nur die Aufsicht hindert, dem ein Ende zu machen (IV, Str. 1, V. IVf), womit die Erfüllung der Minne gemeint ist. In der zweiten Strophe gibt es eine Andeutung einer weiteren Lohnforderung, die wieder vom Mund der Dame kommt. Denn wenn man die „große Treue“ für „der besten Frauen Trost“ erklärt (IV, Str. 2, V. I), lehnt sie diese Behauptung ab und dabei deutet sie ihre Sehnsucht an. In der dritten Strophe sind dann weitere Grundbausteine zu finden, die schon in der typischen Art verwendet wurden. Der Minnende bezeichnet hier die Dame als eine „schöne Dame“ (IV, Str. 3, V. II) und bekennt sich dazu, dass in sie „all meine Freude ruht“ (IV, Str. 3, V. III), was als der Preis eindeutig identifiziert werden kann. Darüber hinaus ist hier

25 die Klage wegen Nichterfüllung zu finden: „Fürwahr, ich glaube zu sterben. Weshalb ließ sie Gott mir armem Mann zur Qual werden?“ (IV, Str. 3, V. Vf).

Aus den typischen Wendungen und Begriffen möchte ich hier vor allem die Wendung „schöne Dame“ nennen, denn sie wurde hier sogar zweimal benutzt (IV, Str. 1, V. III und IV, Str. 3, V. II). Es ähnelt sehr dem Ausdruck „schöne Herrin“, der ich bei Lied Nr. I erwähnt habe – auch hier ist es ein ziemlich einfacher Ausdruck, der aber in Minneliedern als ein Inbegriff für alle Qualitäten der Dame verwendet wurde. So enthält er in sich nicht nur ihre äußere Schönheit, sondern auch alle ihre inneren Werte. Ein weiterer Begriff, der für die Minnelieder typisch ist, ist „Qual“ (IV, Str. 3, V. VI) – ein Wort, dass die Erlebnisse und Gefühle des Minnenden, dessen Minne nicht erfüllt wurde, in sich trägt.

Lied Nr. V Rudolf von Fenis (Übersetzung Günther Schweikle) 1 Setzte ich je auf die Minne eine gewisse Hoffnung, - jetzt habe ich von ihr weder Trost noch Zuversicht, denn ich weiß nicht, wie ich Erfolg haben soll da ich sie weder lassen noch halten kann. Mir ist wie einem, der da auf den Baum steigt und nicht höher kann mittendrin steckem bleibt und auch mitnichten herunterkommen kann und so die Zeit in Ängsten hinbringt. 2 Mir ist wie einem, der da gerichtet hat seinem Sinn auf ein Spiel und der dabei verliert und der ihm abschwört, es jedoch zu spät aufgibt. Ebenso habe auch ich für mich zu spät erkannt die großen Künste, die Minne gegen mich aufbietet. Mit schönem Gebaren zog sie mich zu sich und leitet mich irre wie ein übler Schuldner tut, der (es) wohl verspricht, doch nie ans Zahlen dachte. 3 Meine Herrin mag nun auf den Vorteil verzichten, daß ich ihr diene, denn ich kann es lassen. Dennoch bitte ich sie, daß sie geruhe, es zu dulden, dann verstört mich nicht die Not, die ich jetzt leide. Will sie mich aber von sich wegtreiben, - ihr leiser Wunsch trennt mich von ihr. Aber dennoch fürchte ich mehr ihren Zorn: daß sie mich aus allen meinen Freuden vertreibt.

26 Das Lied setzt sich aus drei Strophen zusammen, in den sich der Minnende über seine Gefühle äußert, und zwar über seine Verzweiflung und Qual, die er wegen seiner Minne erlebt; so ist das Lied ein Beispiel der typischen „Minneklage“.

In der ersten Strophe stellt der Minnende fest, dass er nicht mehr auf die Erfüllung seiner Minne hoffen kann, und dass er in einer Situation ist, aus der er keinen Ausweg weiß. Denn obwohl er nicht mehr glaubt, dass ihm die Minne Freude bringen könnte, ist es ihm nicht möglich, sich von der Minne zu befreien. Er erläutert seine Gefühle mit Hilfe eines Vergleiches – er fühlt sich so, wie jemand, der auf einen Baum klettert und so unglücklich stecken bleibt, dass er weder nach oben noch nach unten weiter klettern kann. Dieses Bild ist sehr suggestiv und illustriert gut die Unsicherheit und Verzweiflung des Minnenden.

Die zweite Strophe fängt mit einem weiteren Vergleich an – diesmal dem eines Spielers, der alles verliert, weil er zwar aufhören will, jedoch erst dann, wenn es schon zu spät ist. Das Bild, das auf die Hasardspieler anspielt, enthält ein Motiv der Irrationalität und einer krankheitsartigen Leidenschaft, die einen Menschen ganz beherrscht und ihn bis zu seiner Zerstörung führen kann. Weiter gibt der Minnende zu, dass er zu spät die Macht der Minne erkannt hat und schließt mit einem weiteren Vergleich an, wo er die Minne als einen Schuldner darstellt, der trotz der Versprechen nie vor hatte, seine Schulden zu bezahlen. Es ist offensichtlich, dass er von der Minne etwas erwartet hat, und jetzt stellt er fest, dass er in der Wirklichkeit nie eine Möglichkeit hatte, einen Lohn zu gewinnen.

In der dritten Strophe wird der Minnende konkreter – er verzichtet auf die Vergleiche und spricht offen über die Dame, die er liebt. Er bekennt, dass sie seine Minne ablehnt und äußert seine Bereitschaft, sich von der Dame zu trennen, wenn es wirklich ihr Wunsch ist. Gleichzeitig drückt er aber seine Hoffnung aus, dass sie ihm doch bei sich lässt und seinen Dienst annimmt, denn dieser Dienst ist das einzige Glück, das die Minne dem Minnenden bringt, und er fürchtet, es zu verlieren.

In diesem Lied ist eigentlich nur ein einziger Grundbaustein zu finden, und zwar die Klage wegen Nichterfüllung. Alle anderen sind stark unterdrückt, um dieser Klage willen – sie wurde zum Zentrum des ganzen Liedes, wurde breit entfaltet

27 und mit Bildern unterstützt. Das ist für Rudolf von Fenis typisch und deswegen wurde er zu den Autoren gezählt, die den Typus der Minneklage weiter entwickelt haben.

Aus den typischen Wendungen und Begriffen ist vor allem die Wendung „die großen Künste“ der Minne (V, Str. 2, V. V) interessant. Sie stellt die Minne nicht als ein Gefühl oder Beziehung dar, sondern als Künste, oder vielleicht sogar als eine Person, die diese Künste beherrscht. Der Minnende ist dann gegen sie wehrlos und muss sich ihrem Willen unterwerfen.

Lied Nr. VI Heinrich von Morungen (Übersetzung Helmut Tervooren) 1 Hätte ich nicht so vieles von ihren Vorzügen gehört und so viel von ihrer Schönheit gesehen, wie hätte sie dann so sehr mein Herz bedrängen können? Ich muß immer schauen wie er, der Mond, welcher sein Leuchten vor der Sonne Licht empfängt, genauso fällt der strahlende Glanz ihrer Augen in mein Herz, wo sie vor mir geht. 2 Dringen ihre hell leuchtenden Augen in mein Herz, dann ergreift mich die Qual, so daß ich Klage erheben muß. Wäre es möglich, daß sich ein Mensch an sich selbst verginge, dann hätte ich mich damals selbst getötet, als ich sie in mein Herz ließ und sie so gerne anschaute – viel lieber, als ich es hätte tun sollen – und ich nicht davon ablassen wollte, das Lob auf sie noch zu steigern, wo immer man es in meiner Gegenwart aussprach. 3 Meinem Kinde werde ich diese Qual vererben, dazu alle Klagen und alles Leid, das ich ihretwegen habe. Glaubt sie nach meinem Tode, sie sei frei, so hinterlasse ich doch etwas, das mir Hoffnung und Trost schenkt: Mein Sohn möge so schön werden, daß er das Unglaubliche an ihr zustande bringt, nämlich mich zu rächen und ihr Herz ganz zu brechen, wenn sie ihn in seiner vollen Schönheit erblickt.

Das Lied besteht aus drei Strophen, in denen es um einen Monolog des Minnenden geht, der über seine erwählte Dame spricht, und der einen Ausweg aus unglücklicher Minne, oder mindestens einen Trost sucht. Es wurde nicht

28 ausdrücklich gesagt, welche Gefühle die Dame dem Minnenden gegenüber äußert, doch es sieht so aus, dass er keine Chance auf die Erhörung hat.

Die erste Strophe beginnt mit dem Lob der Dame, es wurden ihre Qualitäten beschrieben, wie gesellschaftliche Anerkennung, ihr Aussehen und der starke Eindruck, den sie auf den Minnenden macht. Dann folgt eine Metapher, die die Beziehung des Mannes zu ihr charakterisiert; die Dame wurde als Sonne, und der Minnende als Mond verbildlicht. Sonne ist ein Motiv der Mariendichtung. Es ist als ein Preis der Dame und ihrer leuchtenden Augen gedacht, man kann darin jedoch auch einen tieferen Sinn finden. Der Mond besitzt nämlich kein eigenes Licht – sein Glanz kommt nur als Abglanz der Strahlen der Sonne; so scheint es, dass auch der Minnende ohne die Dame keine eigene Qualitäten hat und ganz abhängig von den ihren ist. Die Sonnenmetapher versinnbildlicht die Hochstellung der Dame, die alles überragt.

In der zweiten Strophe klagt der Minnende über die Qual, die ihm die Liebe zu der Dame bereitet. Diese Qual hat auf ihn destruktive Auswirkungen, er befasst sich sogar mit den Gedanken an den Selbstmord, den er aber für unannehmbar hält. Das Minnegefühl scheint bei ihm fast pathologisch zu sein, und er selbst gibt zu, seine Empfindungen und Verhalten übertrieben zu haben.

Die dritte und letzte Strophe zeigt Resignation. Der Minnende hofft nicht mehr auf die Erhörung, sondern will sich rächen. Diese Rache geht sogar über die Grenze des Todes hinaus und soll durch die nächste Generation, seinen Sohn, verwirklicht werden. So soll die Dame auch die Qual der Minne erleben, und zwar in der Liebe zu dem Sohn des Minnenden.

Von den Grundbausteinen sind in diesem Lied nur einige zu finden. Vor allem ist es der Preis, der die ganze erste Strophe ausfüllt, und der sich besonders intensiv in der Metapher der Sonne ausprägt (VI, Str. 1, V. VI). In der zweiten Strophe folgt die Klage wegen Nichterfüllung, die noch mit den Gedanken an Tod betont wurde (VI, Str. 2, V. III). Letztendlich in der dritten Strophe wurden die Konsequenzen reflektiert, die im Unterschied zu den meisten Minneliedern, die mit erneutem Dienstangebot des Minnenden reagieren, Negatives zur Sprache bringen (Rache) (VI, Str. 3, V. VII).

29 Die typischen Wendungen und Begriffe kommen auch in diesem Lied vor – wenn der Minnende über die Dame spricht, verwendet er zum Beispiel die Begriffe „ihre Vorzüge“ (VI, Str. 1, V. I), oder „ihre Schönheit“ (VI, Str. 1, V. II), die in Minneliedern oft benutzt wurden. Sie stellen die inneren und äußeren Qualitäten der Dame dar und begründen, warum sich der Minnende gerade diese Dame ausgewählt hat. Ein weiteres Wort, das oft verwendet wurde, ist das „Herz“. Ich habe es schon oben, bei dem Lied Nummer III beschrieben und hier muss ich es erneut erwähnen, denn in diesem Lied kommt es in jeder Strophe mindestens einmal vor. Es ist für Morungen typisch, dass der Minnende die Minne sehr stark erlebt und so kann er sein Schmerz und seine Liebe in Worte übertragen.

Das Prinzip der Liebe als Qual stellt ein charakteristisches Merkmal der klassischen Minne dar, doch es ist offensichtlich, dass es schon bei Dietmar von Aist, also in den frühen Minnesang zum Vorschein kommt. Man kann die „Liebe als Lebenserfüllung“, die den Höhepunkt der Minne bildet und mit der ich mich in dem nächsten Unterkapitel befassen werde, als ein positives, „Liebe als Qual“ als ein negatives Motiv, im Motivsammelbecken des Minnesangs betrachten. Das Motiv der Qual bringt mit sich eine starke emotionelle Spannung, die den Minnenden (oder auch die Dame) innerlich verwundet, wobei es mehrere Möglichkeiten gibt, wie das „Opfer“ diese Qual bewältigt. Es ist interessant, dass nicht die Situation, sondern die Art ihrer Bewältigung die Negative Einstellung des Minnenden zur Minne erbringen kann. Bei Dietmar von Aist und Rudolf von Fenis erleben die Minnenden zwar die Qual, sie lehnen jedoch die Minne nicht ab. Sie sind zwar nicht imstande, ihre Gefühle zu unterdrücken, sie finden jedoch eine spezifische Art von Freude in ihrer Situation, und das verhilft ihnen dazu, dass sie veredelt wurden. In dem Lied Morungens wurde das Motiv der Qual viel weiter geführt, fast zum Extrem. Hier bringt die Minne eine Qual, die so stark ist, dass es zum psychischen Verfall des Minnenden kommt. Die Liebe wird hier zu einem Krankheitszustand, verliert ihren Sinn und die Funktion des Frauendienstes wird abgeschwächt. Diese Merkmale sind gerade für die Lyrik Morungens charakteristisch.

30 3.1.5 Minne als Lebenserfüllung

Lied Nr. VII Dietmar von Aist (Übersetzung Günther Schweikle) 1 Gedanken, die sind völlig frei, das kann niemand auf der Welt ändern. Dabei ist auch häufig Sehnsucht, die ich von dem Herzen oft unter Schmerzen aussende. Eine echte Liebe bezwang mich, deshalb werden mir die Jahre so lang. Soll ich von ihr geschieden sein, - dem hält, glaube ich, mein Leben nicht lange stand, ich werde innerhalb weniger Tage sterben. Mir tut das Scheiden so weh. 2 Ich seufze – und das hilft leider nichts - einer Frau wegen, bei der ich gerne wäre. Wenn sie mein Auge nicht sieht, sind das meinem Herzen recht traurige Umstände. Ihre Tugend, die sind ohne Falsch, das höre ich die Besten ihr zugestehen. wie sehnsuchtsvoll sie mich (auch) werden ließ. Sie hat mir das Herz geraubt. Das geschah mir vormals von Frauen nie. 3 Ich habe viele Frauen verlassen, weil ich keine Herzeliebe finden konnte. Was ich an Freuden je gewann, das ist gegenüber dieser Liebe eine vertane Zeit. Die ich mir zur Liebe erkor - soll ich bei ihr ebenso erfolglos sein, seht, dann bleibe ich freudlos, und dies wird an meinen Augen offenbar. In der ganzen Welt ist eine schöne Frau ein Gipfel aller Freuden. Gänzlich ihr eigen ist mein Leben.

Das Lied besteht aus drei Strophen, in denen der Minnende über seine Minne spricht und sich dazu bekennt, wie sie sein Leben verändert hat. Die erste Strophe fängt mit einer Behauptung an, dass die Gedanken frei sind und dass es sich nicht ändern lässt. Das finde ich besonderes interessant, denn die Entdeckung der Freiheit des Geistes und den Gedanken gehört zu den wichtigen Aspekten der Veredelung des Minnenden (die ich in dem Kapitel 1.5 erwähnt habe). Weiter spricht der Minnende über seine Sehnsucht und auch darüber, dass er der Minne sein Herz gegeben hat. Es ist offensichtlich, dass er nicht mehr über sein inneres Leben herrscht, dass die Minne ihn bestimmt. Dann entfaltet er den Gedanken, dass die Trennung von seiner Geliebten für ihn unerträglich wäre.

31 In der zweiten Strophe beschreibt der Minnende seine Gefühle und seine Traurigkeit, die er erlebt, wenn er nicht in der Nähe der Dame ist. Dann lobt er die Dame – ihre Tugend und ihre gesellschaftliche Anerkennung. Weiter bekennt sich der Minnende dazu, dass er trotz seiner Liebe nicht wagt, die Dame anzusprechen, und wiederholt den Gedanken, dass er nicht mehr Herr seines eigenen Herzens ist. Diesmal stellt er aber den Grund dafür ein wenig anders dar - er hat ihr das Herz nicht freiwillig geschenkt, sondern es wurde ihm geraubt. So wurde noch mehr seine Wehrlosigkeit betont, die auch die Tatsache begründet, dass der Minnende durch diesen Zustand so überrascht ist, wie er am Ende der Strophe bekennt.

In der dritten Strophe gesteht der Minnende zu, dass er schon mehrere Damen verlassen hat und dass also nicht ganz unerfahren in den Sachen der Minne ist. Um so größere ist seine Überraschung davon, wie ihn die Liebe jetzt überwältigt. Es war früher jedoch nicht die wahre Minne – die lernt er erst jetzt kennen und er fürchtet, dass sie unerfüllt bleiben wird. Das ganze Lied hat seinen Höhepunkt in einer Äußerung des Minnenden – er erklärt die Dame für das Wichtigste in der ganzen Welt und für die, die sein Leben bestimmt.

In diesem Lied sind einige Grundbausteine zu finden. In der ersten Strophe kann man die Darlegung der Leistung des Minnenden sehen, indem er sagt, dass „ich ihr mein Herz gab“ (VII, Str. 1, V. VI). Das ist zwar eine oft verwendete Äußerung, doch sie enthält eigentlich alle Leistungen der Minne, denn das Herz symbolisiert alles, was der Minnende seiner Dame schenken kann, seine Beständigkeit, seine Treue. In der zweiten Strophe ist der Preis der Dame dargestellt, der Minnende hebt ihre Makellosigkeit hervor und auch ihren guten Ruf in der Gesellschaft (VII, Str. 2, V. Vf). Das ist deswegen wichtig, weil die Dame immer als ein Teil der Gesellschaft angesehen wurde und die Minne von den Mitgliedern dieser Gesellschaft beeinflusst wurde. Die Lohnforderung ist hier nur in Andeutung zu finden und zwar in der dritten Strophe, als der Minnende sagt: „soll ich bei ihr ebenso erfolglos sein, seht, dann bleibe ich freudelos“ (VII, Str. 3, V. VIf) – er gibt zu, dass seine Freude von dem Erfolg seiner Minne abhängig ist. Die Klage wegen Nichterfüllung und die weiteren Grundbausteine kann man in diesem Lied nicht finden, denn der Minnende hat immer noch eine Hoffnung, dass seine Minne erfüllt wird.

32 Aus den typischen Wendungen und Begriffen tritt in diesem Lied wieder der Begriff des Herzens in Erscheinung, den ich schon mehrmals erwähnt habe. Ein weiteres Wort, das hier zu finden ist, ist das „Auge“,dass auch in vielen der Minnelieder verwendet wurde und hier besonderes interessant ist. Es kommt nämlich zweimal vor, wobei sich aber seine Bedeutung ein wenig ändert. Zum ersten Mal kommt der Begriff vor, indem der Minnende sagt, dass er die Dame zu sehen braucht, um glücklich zu sein (VII, Str. 2. V. III), also das Auge dient hier als ein Mittel des Empfindungsvermögens, es übermittelt Informationen von außen nach innen. In der dritten Strophe aber, als der Minnende davon spricht, wie er ohne den Erfolg traurig sein muss, sagt er: „und dies wird an meinen Augen offenbar“ (VII, Str. 3, V. VIII). Die Augen dienen hier also eher zur Vermittlung der Gefühle von innen des Minnenden nach außen, also ganz umgekehrt. Die Wahrnehmung des Auges als eines Vermittlers zwischen dem Herzen und der Außenwelt ist im Minnesang ganz üblich.

Lied Nr. VIII Rudolf von Fenis (Übersetzung Günther Schweikle) 1 Minne gebietet mir, daß ich singe und will nicht, daß es mich je vergiße. Nun habe ich von ihr weder Trost noch Hoffnung, daß ich je von einem Gesang etwas habe. Sie will, daß ich immer an solcher Stätte diene, wo bis jetzt mein Dienst immer sehr gering wog und alle meine Beständigkeit nichts helfen kann. Nun wäre es mein Recht, daß ich es ließe, wenn ich könnte. 2 Es steht um mich nicht so. Ich kann es nicht zulassen, daß ich das Herz von ihr jemals abwende. Es ist ein Jammer, daß ich mich nicht vernünftig verhalten kann, ich liebe die, die mich da sehr haßt, und werde es immer tun, wie es mir auch deshalb ergehe. Meine große Beständigkeit erläßt mir das nicht, auch wenn es mir leider wenig frommt. Ist es ihr leid, ich diene ihr dennoch immerfort. 3 Immerfort will ich ihr dienen mit Beständigkeit und weiß doch wohl, daß ich dafür niemals Lohn erhalte. Es wäre vernünfig von mir, wenn ich dort bäte, wo ich auf Lohn von der Minne rechnen könnte. Auf Lohn habe ich bis jetzt recht wenig Hoffnung, ich diene immer dort, wo es mir wenig frommen kann. Nun ließe ich es gerne, könnte ich es lassen, es wollen deshalb meine Gedanken nicht los von ihr.

33 4 Meine Gedanken wollen deshalb sich nicht von ihr lösen, wiewohl sie mich nicht bei ihr bleiben lassen will. Sie kann mir das dennoch nimmer verleiden, ich diene ihr gerne und um ihretwillen allen guten Frauen. Leide ich darunter Not, - das ist an mir nicht sichtbar, diese Not ist meine größte Wonne. Sie soll von ihrem Unwillen deshalb ablassen, denn sie kann mich niemals von ihr vertreiben.

Das Lied setzt sich aus vier Strophen zusammen, in denen der Minnende über seine Minne spricht, die nicht erfüllt wurde und auch in der Zukunft wahrscheinlich nicht erfüllt werden kann. Formal ist an diesem Lied vor allem die Tatsache interessant, dass der Autor in dem ersten Vers jeder Strophe auf den letzten Vers der vorigen verweist, oder sogar ein Teil davon wiederholt – wie zum Beispiel: „ich diene ihr dennoch immerfort.“ (VIII, Str. 2, V. VIII) und „Immerfort will ich ihr dienen“ (VIII, Str. 3, V. I). Das hilft ihm dazu, die ausgewählten Gedanken zu betonen.

In der ersten Strophe ist das tragende Motiv das Singen – der Minnende spricht darüber, wie ihn seine Minne dazu bringt, dass er einer Dame dient und singt, obwohl er dafür keinen Lohn erwarten kann. Er betont, dass er darauf Recht hätte, den Dienst zu lassen, doch er kann das nicht tun. Es ist die Tatsache aus der ganzen Äußerung offensichtlich, dass es die Minne ist, die sein Leben und Tun beherrscht und bestimmt.

Das steigert sich noch in der zweiten Strophe, denn hier bekennt der Minnende, dass er sich nicht vernünftig verhält und um eine Dame wirbt, die ihn hasst. Das Schema, wo die Dame zu dem Minnenden Hass fühlt, wurde aus den französischen Vorbildern übernommen. Der Minnende ist hier trotz der Hass entschlossen, der Dame immer weiter zu dienen.

Die dritte Strophe entfaltet weiter das gleiche Thema – der Minnende spricht davon, dass er keine Hoffnung auf die Erfüllung seiner Minne hat, dass es vernünftig wäre, eine andere Dame auszuwählen und dass er das aber nicht machen kann, wegen seiner Beständigkeit.

In der vierten Strophe gipfelt das ganze Lied, denn der Minnende bekennt sich dazu, dass ihm die Minne trotz der Abneigung der Dame Freude bringt – er dient

34 ihr gerne und deswegen auch den anderen Damen. Er anerkennt die Qual als ein Bestandteil der Minne und er erlebt das Glück der Liebe, obwohl sie unerfüllt bleibt.

Aus den Grundbausteinen sind in diesem Lied fast alle zu finden. Es ist aber interessant, dass der Preis fast fehlt. Wir erfahren viel über den Minnenden und seine Gefühle, aber fast nichts über die Dame – sie ist nur durch die Gefühle des Minnenden bestimmt und charakterisiert, nur aus seiner Liebe ist es klar, dass die Dame einer solchen Liebe wert ist und also sicher über die inneren und äußeren Qualitäten verfügt. Die Darlegung der Leistungen des Minnenden ist vor allem durch die immer wiederholte Beständigkeit des Minnenden vertreten (z. B. VIII, Str. 2, V. VI). Mit der Lohnforderung ist das nicht mehr so klar – der Minnende sehnt sich zwar nach einer Erfüllung seiner Liebe, doch er hofft nicht, dass er diese erreichen kann (VIII, Str. 3, V. II). So ist auch die Klage wegen Nichterfüllung eher in einem Ton voll von Abfindung als voll von Verzweiflung gehalten. Über die Gründe der Nichterfüllung erfahren wir nichts – es ist nur die Tatsache dargestellt, dass die Dame zu dem Minnenden eine negative Einstellung hat, was als ein simpler Fakt präsentiert ist, mit dem es sich nichts tun lässt. Und letztendlich die Reflexion über die Konsequenzen bildet hier den Höhepunkt des Liedes – der Minnende ist entschlossen, der Dame immer zu dienen, unabhängig davon, ob er auf ihre Zuneigung hoffen kann. Daran ist seine Veredelung sichtbar, die bei ihm die Minne verursacht hat.

Von den typischen Wendungen und Begriffen will ich nur einen nennen, und zwar die „Beständigkeit“. Dieses Wort wurde in diesem Lied dreimal erwähnt (VIII, Str. 1, V. VII; VIII, Str. 2, V. VI und VIII, Str. 3, V. I) und das zeigt, dass der Autor gerade diese Eigenschaft bei dem Minnenden über alle andere schätzt. Sie ist eine Eigenschaft, die in dem Minnesang allgemein für sehr wichtig bei einem Ritter gehalten wurde und gleichzeitig die, die einem Ritter ermöglicht, die Minne als Lebenserfüllung zu betrachten.

35 Lied Nr. IX Heinrich von Morungen (Übersetzung Helmut Tervooren) 1 Meine liebste und auch meine erste Freude war die Frau, in deren Dienst ich mich für alle Zeiten gestellt habe. Das Höchste und Erhabenste in meinem Herzen muß sie sein, deretwegen ich selten froh bin. Leider bereitet ihr mein Dichten und mein Singen Schmerz. Daher muß ich mich jetzt in meiner Freude beschränken und betrübt sein, wohin ich auch gehe. 2 Fände sie an meinem Gesang Gefallen, dann sänge ich für sie; so aber hat sie es verboten und gesagt, mein Schweigen sei für sie besser. Jetzt dauert ihr mein Schweigen aber zu lange. Sollte ich weiterhin singen, ich tät’s wie vordem. Wie steht es meiner Herrin an, mich zu vergessen und mir ihr Wohlwollen zu entziehen. O weh, mit welchem Schmerz ertrage ich neben ihrem Spott auch noch ihre Abneigung. 3 Nun gebt mir einen Rat, liebenswerte Damen, was ich singen kann, so daß es euch gefällt. Sang ohne Freude ist wertlos. Sie hat für mich nur Blicke und den Gruß, den sie ohnehin jedermann zukommen lassen muß, ob sie will oder nicht. Die Zeit ohne Freude und ohne Glück vergeht zu langsam. Nun laß sehen, wer es versteht, mich so zu belehren, daß ich eine neue Art von Liedern anstimme.

36 4 Du Inbegriff der Frau, heile meinen Liebesschmerz, den ich heimlich – du weißt schon, wie lange – trage. Machst du mich am Ende noch glücklich, dann sieht man mich in ungetrübter Freude, denn von dir allein hängt die frohe Stimmung meines Herzens ab. Kannst du mich trösten durch deine Güte, da nur dein Trost mir Frohsinn schenkt!? 5 Ich sehe deutlich, daß meine Herrin eine große Abneigung gegen mich hegt. Dennoch werde ich es aufs neue versuchen, ob ich nicht doch ihren teueren Gruß verdiene. Sie hat geschworen, das nicht zu tun, was – wie ich weiß – sie wohl könnte. Leider erzürnt es sie, daß ich der Welt mitteilen muß, niemals auch nur einen Fuß aus ihrem Dienst zu treten – gleichgültig, ob es mir nun Freude oder Leid bringen wird. Vielleicht wird mir mein Schmerz noch vergolten.

Das Lied besteht aus fünf Strophen, in denen es um unerfüllte Sehnsucht des Minnenden nach einer Beziehung zu der Dame geht. Der Minnende spricht über die Minne zu seiner gewählten Dame, beschreibt seine freudlose Situation und sucht nach einer Lösung.

Die erste Strophe fängt mit dem Lob der Dame an, sie wurde als das Wichtigste in dem Leben des Minnenden dargestellt, aber gleichzeitig als das, was sein Leben traurig macht. Es wurde über den Akt des höfischen Singens gesprochen, der von dem Minnenden ausgeübt, doch von der Dame nicht angenommen wurde. Diese Abweisung bringt dem Minnenden Leid und macht sein ganzes Leben betrübt.

In der zweiten Strophe wurde das Motiv des Singens weiter entfaltet. Der Minnende äußert die Bereitwilligkeit, seine Lieder der Dame zu schenken, sie reagiert jedoch mit Ablehnung. Er merkt gleichzeitig, dass er ohne den Gesang vergessen werde, doch er kann daran nichts ändern; denn seine Art von Singen nimmt die Frau nicht an. Ihre negative Einstellung zu ihm treibt ihn bis zur Verzweiflung.

37 Diese Verzweiflung führt in der dritten Strophe dazu, dass der Minnende einen Rat bei den anderen Damen der Hofgesellschaft, die ihn umgibt, sucht. Die Gesellschaft tritt hier also als eine ihm gegenüber positiv eingestellte Gruppe, an die er sich mit seinen Problemen wenden kann. Er will eine neue Art von Singen suchen, damit er und seine Kunst akzeptiert werden. Freude als Hauptmoment des Singens wird akzentuiert: „Sang ohne Freude ist wertlos“ (IX, Str. 3, V. IV). Die Haltung der Dame ihm gegenüber bleibt unpersönlich und übertritt nicht den Rahmen der gesellschaftlichen Pflicht: sie widmet ihm nur gewöhnliche Blicke und Gesten, wie jedem anderen.

Die vierte Strophe fängt wieder mit dem Lob der Dame an. Dabei wurde ihre heilende Macht betont, und ihre Fähigkeit, den Minnenden glücklich zu machen. Eine gemeinsame Bindung, auf die er anzuspielen versucht, besteht darin, dass die Dame über seine Minne bereits eine längere Zeit weiß. Es wird noch einmal hervorgehoben, dass sie die einzige ist, die ihm das Glück bringen kann.

In der letzten Strophe reflektiert der Minnende über die Abneigung die die Dame gegen ihn hegt. Er weiß, dass sie entschlossen ist, seine Sehnsucht nicht zu erhören, und dass es sie ärgert, wenn er seine Bereitschaft ihr zu dienen öffentlich kund tut. Trotzdem ist er entschlossen, in Diensten der Dame lebenslang zu bleiben und auf eine Belohnung zu hoffen.

An diesem Lied lässt sich das Schema des klassischen Minneliedes gut zeigen, denn es sind hier fast alle Grundbausteine zu finden; der Preis erscheint hier zum Beispiel in der ersten Strophe, wo es gesagt wurde, dass die Dame „Das Höchste und Erhabenste“ (IX, Str. 1, V. V) sein muss, weiter im Ausdruck „Du Inbegriff der Frau“ (IX, Str. 4, V. I), und vor allem in der Hervorhebung der Bedeutung der Dame für den Minnenden, die sich ständig wiederholt. Die Leistung des Minnenden wurde hier auch dargestellt; konkret handelt es hier um seine Bereitschaft, die Dame zu besingen und um seine Treue, die sich in lebenslanger Dauer seines Dienstes widerspiegelt, was schon in der ersten Strophe betont wurde: „... die Frau, in deren Dienst ich mich für alle Zeiten gestellt habe“ (IX, Str. 1, V. IIf). Die Lohnforderung ist nicht direkt erwähnt, doch es erscheint die Klage wegen Nichterfüllung, die unter anderem in der zweiten Strophe zu finden

38 ist: „O weh, mit welchem Schmerz ertrage ich neben ihrem Spott auch noch ihre Abneigung“ (IX, Str. 2, V. XIf). Die Reflexion über die Gründe der Nichterfüllung wurde schon am Anfang des Gedichts angedeutet, indem es gesagt wurde: „... bereitet ihr mein Dichten und mein Singen Schmerz“ (IX, Str. 1, V. X) und letztendlich die Reflexion über die Konsequenzen schließt das ganze Lied mit der Willenserklärung: „... niemals auch nur mit einem Fuß aus ihrem Dienst zu treten – gleichgültig, ob es mir nun Freude oder Leid bringen wird. Vielleicht wird mir mein Schmerz noch vergolten.“ (IX, Str. 5, V. IX). Der letzte Satz ist als eine verhüllte Lohnforderung aufzufassen.

In diesem Lied gibt es mehrere typische Wendungen und Begriffe, zum Beispiel auch der Begriff des Herzens, das ich schon erläutert habe und das in vielen Minneliedern vorkommt. In diesem Lied gibt es jedoch vor allem eine Menge von Begriffen und Wendungen, die mit dem Thema des Singens zusammenhängen: „Fände sie an meinem Gesang Gefallen, dann sänge ich für sie“ (IX, Str. 2, V. If) oder „daß ich eine neue Art von Liedern anstimme“ (IX, Str. 3, V. XII). Die sind in den klassischen Minneliedern auch häufig, denn das Singen ist eine Tätigkeit, die das Wesen des Minnesangs bildet – es ist das wichtigste Mittel der Kommunikation des Minnenden mit der Dame und trägt alle seine Liebe in sich. Also wenn der Minnende davon spricht, dass sein Dichten und Singen von der Dame abgelehnt wurden (IX, Str. 1, V. IXf), dann geht es in der Wirklichkeit um die Ablehnung seiner Liebe.

Eines der wichtigsten Prinzipien des Minnesangs, die wir in diesen Gedichten beobachten können, ist das Prinzip der Liebe als Lebenserfüllung. Wir sehen hier, wie stark es immer wieder betont wurde, dass das Glück des Minnenden nur von der Dame allein und von ihrer Liebe abhängig ist. Doch es ist wichtig dabei nicht zu vergessen, dass auch die unerfüllte, unglückliche Liebe als Lebenserfüllung gelten kann. Es ist das Dienen der Dame, was den Minnenden veredelt, und so seinem Leben über ihre Zu- oder Abneigung hinaus den Sinn gibt. Nach den klassischen Regeln der Ausübung des Frauendienstes muss die Dame in der Beziehung gar nicht aktiv sein, sie kann die Beziehung sogar ganz ablehnen, das alles ändert nichts an den Gefühlen und Handlungen des Minnenden. Es sind ihre Qualitäten, die wirklich zählen und die als ein Auswahlkriterium dienen. Die

39 Vollkommenheit der Minnedame führt den Minnenden auf den Weg des Strebens nach Vollkommenheit. Es gibt aber auch, obwohl viel seltener, Lieder, in denen die Minne eine Lebenserfüllung nicht nur für den Minnenden, sondern auch für die Dame bedeutet: beide erreichen dadurch eine innere Einheit.

40 3.2 Die Dame und ihre Einstellung zu dem Minnenden

In diesem Kapitel werde ich mich mit der Dame beschäftigen – der Person, die im Minnesang im Zentrum aller Handlungen steht. Im Unterschied zu dem vorigen Kapitel werde ich hier immer nur ein Lied bei jedem Thema analysieren, wobei ich mich von dem frühen Minnesang bis zu dem späten bewegen werde. Jedes Unterkapitel beschreibt und erläutert eine aus den vielen Rollen, die die Dame im Rahmen des Minnesangs spielen kann und so sollen ihre Rollenwandlungen im Laufe der Zeit gezeigt werden.

Eingangs eine wichtige Bemerkung: bei allen Gestalten des Minnesangs ist eine Tatsache besonders auffallend und maßgebend, und zwar die Namenlosigkeit. Das ist natürlich vor allem bei der Dame wichtig, denn wie es schon gesagt wurde, es muss und soll nicht klar werden, welcher Dame der Minnende sein Lied schenkt. Es hat aber noch einen Grund, warum keine der Personen, die in Minneliedern auftreten, einen Namen trägt, warum sie nur durch ihre Rolle definiert sind. Es ermöglicht nämlich die Verallgemeinerung und die Identifikation der Zuhörer mit den Protagonisten der Lieder und so auch ihr Miterleben.

3.2.1 Die Dame als ein Objekt der Werbung

Lied Nr. X Der von Kürenberg (Übersetzung Helmut Brackert) 1 Weiber und Jagdvögel, die werden leicht zahm. Wenn man sie richtig lockt, dann fliegen sie auf den Mann. Genauso hat ein schöner Ritter eine edle Dame umworben. Wenn ich daran denke, dann fühle ich mich stolz und glücklich.

Das Lied setzt sich aus einer einzigen Strophe zusammen, die kurz und treffend einen Gedanken ausdrückt. Diesmal spricht ein Erzähler, der nicht näher bestimmt wurde und an der Handlung zwar nicht teilnimmt, sich aber von dem Geschehen angesprochen fühlt.

Am Anfang wurde eine Parallele zwischen Damen und Jagdvögeln gestellt, beide sollen gleich zähmbar sein; weiter wird bemerkt, dass dies nur durch eine

41 bestimmte Art von Locken gelingen kann. Der Vergleich einer Dame mit einem Jagdvogel enthält mehrere Bedeutungen; erstens ist der Jagdvogel ein adeliges Attribut, denn die Falkenbeize war ein Privileg des Adels. Dadurch ist die Zugehörigkeit der Dame zum Adel betont. Weiter ist hier das Motiv der Unabhängigkeit zu finden, die die scheinbare Unerreichbarkeit der Vögel in der Höhe und der Frau in ihrer hohen Stellung bedeuten kann. Letztendlich ist es die Zähmung, die bei den Jagdvögeln nicht durch ein Erzwingen des Willens des Falkners erfolgt, sondern sich immer nur auf dem Prinzip der Freiwilligkeit gründet. Dies ist besonders wichtig, denn es unterstreicht die Bedeutung der Freiwilligkeit der Liebe.

In der zweiten Hälfte des Gedichts beschreibt der Erzähler, wie ein Minnender um eine Dame warb und bekennt seine Freude, die in ihm ein solches Verfahren erweckt. Hier können wir sehen, wie Minne positive Gefühle, den so genannten „hohen muot“ nicht nur bei den direkt Beteiligten, sondern auch in ihrer Umgebung bzw. in der ganzen höfischen Gesellschaft hervorrufen kann.

Dieses Lied gehört in die früheste Phase des Minnesangs und die Grundbausteine sind hier noch nicht zur Gänze entwickelt, doch wir können manche von denen in ersten Andeutungen finden. Erstens ist es der Preis der Dame, der in dem Vergleich zu Jagdvogel und in der Bezeichnung „edle Dame“ (X, Str.1, V. III) verdeckt ist. Zweitens ist das die Lohnforderung, die man aus dem Werben des Ritters, das in dem selben Vers (X, Str. 1, V. III) erwähnt wurde, ableiten kann.

Einige typische Wendungen sind hier auch zu finden, und zwar die schon erwähnte „edle Dame“ und in einem engen Zusammenhang dazu noch ein Ausdruck „schöner Ritter“ (X, Str. 1, V III). An dem kann man gut beobachten, dass in dieser Zeit die „Schönheit“ etwas anderes bedeutet hat als heute – es geht hier eher um eine Summe inneren und äußeren Qualitäten, als nur um ein angenehmes Aussehen.

42 3.2.2 Die Dame als eine selbstständig handelnde Person

Lied Nr. XI Dietmar von Aist (Übersetzung Günther Schweikle) 1 Es stand eine Frau alleine und spähte über die Heide und spähte aus nach ihrem Geliebten. Da sah sie einen Falken fliegen. ‘Wohl dir, Falke, so wie du bist, du fliegst, wohin dir lieb ist. Du suchst dir in dem Walde einen Baum, der dir gefällt. So habe auch ich gehandelt: Ich suchte mir selbst einen Mann aus, den erwählten meine Augen. Das neiden mir schöne Damen. Ach, warum lassen sie mir nicht meinen Liebsten, begehrte ich doch auch keinen ihrer Geliebten.’

Das Lied besteht aus einer einzigen Strophe, in der es um die Dame geht. Zuerst wurde eine Situation geschildert, wo die Dame alleine steht, in die Ferne sieht und dabei an ihren Geliebten denkt. Dann sieht sie einen Falken, beobachtet seinen freien Flug und das bringt sie dazu, über ihr Leben nachzudenken. Sie vergleicht sich selbst zu diesem Falken und bekennt, dass sie genauso frei und selbstständig gehandelt hat, wie er – sie hat sich einen Ritter selbst zu ihrem Geliebten ausgewählt. Dieses Handeln hat sie jedoch Probleme gebracht, denn die Gesellschaft, genauer genommen die anderen Damen, haben dazu eine negative Einstellung. Sie verurteilen es aber nicht, sondern beneiden sie um ihn. So wünscht sich die Dame, dass sie ihren Geliebten lassen, so wie auch sie niemanden um seinen Liebsten beneidet.

Dieses Lied, das zu dem frühen Minnesang zählt, entspricht nicht dem Schema der klassischen Minnelieder und die Grundbausteine sind hier nicht zu finden. Es ist vor allem deswegen, weil hier nicht die Gefühle eines Minnenden zu einer Dame geschildert wurden, sondern die Handlung einer Dame selbst, womit in dem Schema nicht gerechnet wurde.

In diesem Lied kann man einige typische Wendungen und Begriffe finden. Neben der Wendung „schöne Damen“ (XI, Str. 1, V. XII), tritt hier das Wort „Falke“ vor,

43 und zwar in einem Zusammenhang mit einer Dame. Im Unterschied zu dem Lied Nummer X ist das nicht der Ritter, sondern die Dame selbst, die sich zu diesem Jagdvogel vergleicht. Daran kann man auch gut beobachten, wie sehr sich die Auffassung der Dame in diesen zwei Liedern unterscheidet. Wo bei Kürenberg die Dame als ein „Objekt“ gesehen wurde, tritt sie bei Aist als eine souveräne Person, die selbst über seine Minne entscheidet. So dient hier das Bild eines Jagdvogels als eine Betonung der Freiheit, was auch daran zu erkennen ist, dass es sich hier um einen wild lebenden Vogel handelt.

3.2.3 Die Dame als ein schwaches und ängstliches Wesen

Lied Nr. XII Dietmar von Aist (Übersetzung Günther Schweikle) 1 Bote (meiner) sehnsüchtigen Freundin, nun sage der schönen Frau, daß es mir über die Maßen weh tut, daß ich so lange fern von ihr bin. Lieber wäre mir ihre Minne als all der Vöglein Singen. Nun muß ich von ihr getrennt sein. Traurig ist mir mein ganzes Herz. 2 ‘Nun sage dem edlen Ritter, daß er sich wohl vorsehe und bitte ihn, nach höfischer Art froh zu sein und allen Mißmut zu lassen. Ich muß seinetwegen oft leiden, sehr häufig erschrickt mein Herz. Ich habe viel Leid vor meinen Augen, das ich ihm gerne selbst klagen will.’ 3 ‘Es handelte nie eine Frau so richtig in irgendeiner Sache, daß es der ganzen Welt gut deuchte, das habe ich wohl bemerkt. Wer weshalb von seinem Lieb läßt, der folgt dem Rat eines schwachen Herzens. Dem will ich den Sommer und alles Gute absprechen wegen seines unsteten Sinnes.’

Das Lied setzt sich aus drei Strophen zusammen, in denen der Minnende und die Dame abwechselnd zur Rede kommen. Es geht eigentlich um einen Dialog unter denen, der aber nicht unmittelbar, sondern mittels einer dritten Person, eines Boten realisiert wurde.

44 In der ersten Strophe sendet ein Ritter eine Nachricht einer Dame, in der er sie lobt und seine Sehnsucht äußert. Er bekennt sich dazu, dass er die Liebe der Dame für das Wichtigste in seinem Leben hält und dass ihm die Trennung von ihr weh tut.

Die zweite Strophe stellt die Antwort der Dame dar. Sie wendet sich an den Ritter mit einer Bitte – er soll seine Minne verbergen, denn sie fürchtet vor der Enthüllung. Er soll sich so verhalten, wie es die höfische Gesellschaft erfordert. Sie äußert seine Angst und seinen Leid, die sie wegen der Minne erlebt.

In der dritten Strophe spricht der Minnende in einem allgemeinen Sinne, er wendet sich nicht direkt an die Dame, doch seine Worte betreffen sie. Er sagt, dass es nicht möglich ist, sich so zu verhalten, dass es jedem gefällt. So hat das seiner Meinung nach keinen Sinn, wegen der gesellschaftlichen Vorurteile auf die Liebe zu verzichten. Am Ende verurteilt er ein solches Verhalten, bezeichnet es als „unstet“ und verdammt jeden, der so handelt.

In diesem Lied sind einige Grundbausteine zu finden, obwohl es in einigen Zügen dem typischen Schema nicht entspricht. Das Lied fängt mit dem Preis der Dame – sie wurde als „schöne Frau“ bezeichnet (XII, Str. 1, V. I) und es schließt die Lohnforderung an, indem der Minnende sagt, dass er sich nach der Liebe der Dame mehr als nach dem „Vöglein Singen“ sehnt (XII, Str. 1, V. III). Am Ende der Strophe steht die Klage wegen Nichterfüllung, wo der Minnende über die Trennung von der Dame spricht und sagt: „Traurig ist mir mein ganzes Herz.“ (XII, Str. 1, V. VI). In der zweiten Strophe gibt es die Antwort der Dame: obwohl sie durch seine Liebe angetan ist, kann sie ihn wahrscheinlich nicht erhören, deshalb leidet sie. Das Lied endet mit der Verfluchung derjenigen, die nicht beständig in der Liebe sind.

45 Aus den typischen Wendungen und Begriffen will ich die Wendung „nach höfischer Art froh zu sein“ hervorheben. Es erfasst die Rolle der Gesellschaft und zeigt die Minne als ein Teil des Lebens auf einem Hof. Die Minne war schon immer mit der Gesellschaft fest verbunden, ihre Zustimmung und Anerkennung war sehr wichtig und aus dieser Phrase ist es sichtbar, dass die Dame die gesellschaftliche Angemessenheit des Verhaltens sogar wichtiger findet, als die Erfüllung der Minne.

Weiter gibt es hier die Wendung „der Vöglein Singen“ und der „Sommer“ – beides erinnert auf die Natur und deren Schönheit. Mit der Verwendung der Naturmotive in Minnelieder werde ich mich in dem nächsten Kapitel befassen.

Ein weiterer Begriff, der in diesem Lied vorkommt, ist das „Herz“. Wie ich schon mehrmals erwähnt habe, stellt es das Innere des Menschen dar, und hier ist es in der Verbindung als ein „schwaches Herz“ zu finden. Diesmal ist es also nicht als der Träger der Minne oder den positiven Eigenschaften, sondern der Schwäche gesehen, was nicht ganz gewöhnlich ist.

3.2.4 Die Dame als eine Herrscherin

Lied Nr. XIII Rudolf von Fenis (Übersetzung Günther Schweikle) 1 Mit Gesang wähnte ich meine Sorgen zu mindern, darum singe ich, weil ich sie loswerden wollte. Wenn ich immerfort singe und ihrer immer stärker gedenke, dann können sie durch Gesang leider nicht vergehen, denn die Minne hat mich in solchen Wahn versetzt, dem ich so leicht nicht entkommen kann, weil ich ihm seit langem nachgehangen habe. 2 Da die Minne mich so ehren wollte, daß sie mich heiß im Herzen tragen diejenige, die mir wohl mein Leid kann in Freude verwandeln, wäre ich ein Tor, wollte ich mich von der lossagen. Ich will meinen Kummer auch der Minne klagen, denn die, die mir das Herz so versehren konnte, die kann mich wohl auch ins Haus der Freuden laden.

46 3 Mich wundert es, wie mich meine Herrin beherrscht so sehr, wenn ich fern von ihr bin, dann denke ich mir, und es ist meine Hoffnung, daß, könnte ich sie sehen, meine Sorge dahin wäre, wenn ich bei ihr bin, so tröstet sich mein Sinn, und ich hoffe, daß mir das Glück winke, - dann erst mehrt sich mein Unglück. 4 Wenn ich bei ihr bin, ist meine Sorge um so größer, wie bei einem, der sich zu sehr der Glut aussetzt, der verbrennt sich zwangsläufig sehr schmerzhaft. Ihre große Güte tut mir dasselbe an, wenn ich bei ihr bin, das tötet mir den Lebensmut, ich sterbe aber erst recht, wenn ich mich von ihr wende, weil mich ihr Anblick so gut dünkt. 5 Ihre Schönheit habe ich dafür erkannt: sie fügt mir dasselbe zu wie der Motte das Licht, die dagegen fliegt, bis sie sich ganz verbrennt. Ihre große Güte verführte mich ebenso, mein törichtes Herz, das ließ mich gleichfalls nicht los. Ich habe mich so sehr an sie verloren, daß mir am Ende gerade ebenso geschieht.

Das Lied setzt sich aus drei Strophen zusammen, in denen der Minnende über seine Minne und über die Macht spricht, die die Dame über ihm ausübt. In der ersten Strophe beschreibt der Minnende, dass er Sorgen hat und dass er singt, um diese Sorgen loszuwerden. Doch sein Gesang hilft ihm nicht, denn es ist seine Minne, die ihm so verwirrt, und sie ist zu stark, sogar immer stärker.

In der zweiten Strophe schildert der Minnende seine Entscheidung, die Minne nicht abzulehnen. Denn er weißt, dass er wegen sie zwar Leid erlebt, aber sie ist imstande ihm auch viel Glück und Zufriedenheit zu bringen. So glaubt er, es wäre unvernünftig, auf die Minne zu verzichten. Dies bildet eigentlich einen Gegensatz zu dem Lied, wo Fenis zeigt, wie unvernünftig es ist, auf die Minne nicht zu verzichten (Lied Nr. VIII).

In der dritten Strophe bekennt sich dann der Minnende dazu, wie sehr ihm die Minne beherrscht. Er scheint überrascht davon zu sein, vor allem deswegen, weil es auch trotz der Entfernung geschieht. Denn wenn er nicht in der Nähe der Dame ist, wird ihre Macht über ihm nicht schwächer, sondern er wird unglücklich und die Dame wird zu seinem größten Hoffnung.

47 In der vierten Strophe verwendet der Minnende einen Vergleich, um seine Gefühle zu illustrieren – wenn er der Dame nahe ist, fühlt er sich wie jemand, der durch eine starke Glut verwundet wurde. Es deutet an, dass die Dame so gut ist, dass es für den Minnenden fast unerträglich ist. Gleich bekennt er sich aber dazu, dass er sich noch viel schlimmer fühlt, wenn er sich weit von der Dame befindet. So scheint es, dass er der Qual nicht entkommen kann.

Der Großteil der fünften Strophe bildet ein weiterer Vergleich – diesmal der einer Motte, die zu dem Licht fliegt. So wurde die Dame als strahlend, der Minnende als geblendet und verwirrt dargestellt. Dieses Bild wurde mit dem Tode der Motte in dem Licht beendet und der Minnende behauptet, dass das Gleiche auch ihn am Ende erwartet. Das bedeutet, dass die Macht der Dame so stark ist, dass sie gefährlich, sogar tödlich sein kann.

Die Grundbausteine sind in diesem Lied nicht besonderes sichtbar. Interessant ist die Tatsache, dass man hier zwei Grundbausteine in einer festen Verbindung finden kann, und zwar den Preis und die Lohnforderung. Zum Beispiel wenn der Minnende über die Dame sagt: „die mir wohl mein Leid kann in Freude verwandeln“ (XIII, Str. 2, V. III), dann schildert er gleichzeitig die Macht, die über ihm die Dame hat, was an ihre Qualitäten erinnert, und gleichzeitig deutet er an, wie er nach der Dame sehnt. Das gleiche kann man noch einmal beobachten, in dem Vers „die kann mich wohl auch ins Haus der Freuden laden“ (XIII, Str. 2, V. VII). Auch hier äußert der Minnende seine Vorstellung der Freude mit der Dame, wenn seine Minne belohnt wäre, und zugleich spricht sein Respekt der Dame aus, vor allem in der Verbindung mit dem vorigen Vers, wo er sie als „die, die mir das Herz so versehren konnte“ (XIII, Str. 2, V. VI) bezeichnet. Der Preis kann man weiter zum Beispiel in der Wendung „Ihre große Güte“ erkennen, die sogar zweimal verwendet wurde (XIII, Str. 4, V. IV und XIII, Str. 5, V. IV). Sonst ich hier noch die Klage wegen Nichterfüllung zu finden, zum Beispiel in der ersten Strophe, wo der Minnende sagt: „die Minne hat mich in solchen Wahn versetzt“ (XIII, Str. 1, V. V).

Wie in dem Lied Nr. IX, auch hier gibt es viele typische Wendungen und Begriffe mit Singen verbunden. Das Singen ist hier jedoch nicht als eine Tätigkeit gesehen,

48 die von der Minne abhängig ist, sondern als eine Tätigkeit, die einem Mann hilft, seine Probleme zu bewältigen. Weiter tritt hier auch wieder das Herz vor – im Herzen des Minnenden wurde die Dame getragen (XIII, Str. 2, V. II), das Herz des Minnenden kann die Dame versehren (XIII, Str. 2, V. VI). Doch für die wichtigste halte ich die Begriffe „Herrin“ und „beherrscht“ (XIII, Str. 3, V. I). Sie betreffen nämlich das Prinzip der Umwandlung im Verhältnis zwischen Mann und Frau im Rahmen der Minne. So ist hier die Dame als stark und herrschend abgebildet, wobei in dem realen Leben die Stärke und die Herrschaft dem Mann gehören.

3.2.5 Die Dame als ein höheres Wesen

Lied Nr. XIV Heinrich von Morungen (Übersetzung Helmut Tervooren) 1 Sie ist eine Frau, von der bekannt ist, daß sie sich in jeder Beziehung auszeichnet, voll Anmut in ihren Gebärden, heiter und dabei zugleich zurückhaltend, so daß ihr Preis im ganzen Reich erschallt. Wie der Mond in der Nacht weit über das Land leuchtet, so hell und so voll, daß sein Glanz die ganze Welt umfängt, ebenso ist die Schöne von Vollkommenheit umstrahlt. Deshalb sagt man von ihr: Sie ist die Krone aller Frauen. 2 Ebendieser Preis, in dem ich meiner Herrin die Krone zugesprochen und sie, ohne eine Ausnahme zu machen, hoch über alle anderen Frauen gestellt habe, erregt bei vielen Frauen Ärgernis. Aber wirklich: Sie ist so gänzlich frei von jedem Makel, schlank, wie eine Frau sein soll, sehr stolz und heiter. Darum muß ich in ihrem Dienste bleiben, wenn sie, die mir die liebste von allen Frauen ist, es so befiehlt. 3 Gott möge sie mir recht lange gesund erhalten: Seit ich sie zu meiner Herrin erwählte, verhielt sie sich noch stets, wie es sich für Frauen geziemt. Ihr gebührt der Preis! Sie ist bezaubernd – leuchtend rot ist ihr Mund, ihre Zähne gleichmäßig und strahlend – ihr Ruf ist weithin gedrungen. Ihretwegen gab ich alle meine Unbeständigkeit auf, als man rühmte, sie sei makellos, klug, freundlich und voller Anmut. Darum besinge ich sie noch heute.

49 4 Ihre vollkommene Lauterkeit gleicht der Sonne, die dunklen Wolken hellen Glanz verleiht, wenn im Frühling ihr Licht klar erstrahlt. Darum wird mir beständige Freude in reichem Maße zuteil: Ihr Ruhm überstrahlt selbst die besten – ob Frau, ob Herrin -, die man in deutschen Landen nennt. Fern und nah, sie ist die Berühmteste!

Das Gedicht besteht aus vier Strophen, in denen der Minnende über seine ausgewählte Dame spricht und ihre Qualitäten lobt. Es besteht aus Beschreibungen ihrer Vollkommenheit, Metaphern der Dame und aus den Liebeserklärungen des Minnenden.

Am Anfang der ersten Strophe wurde eine ganze Menge von den Eigenschaften der Dame aufgezählt, es wurde vor allem ihr Benehmen gepriesen, sowie die allgemeine gesellschaftliche Anerkennung der Dame, die sich aus ihren Qualitäten ergibt. Danach folgt der erste Vergleich, die Dame wurde zu dem Mond angeglichen, und der Minnende behauptet, dass ihre Vollkommenheit so strahlend, wie der Mondschein ist. Die Strophe endet mit der Behauptung, dass die Dame alle anderen Damen übertrifft, indem sie als Krone aller Frauen dargestellt wird.

Die zweite Strophe beginnt mit folgender Feststellung: das vorbehaltlose Lob erweckt bei den anderen Damen Neid; doch anschließend verteidigt der Minnende seine Behauptungen und unterstützt sie noch mit einem weiteren Lob der Dame. Er äußert seinen Willen der Dame zu dienen und legt ein Zeugnis seines Gehorsams ab: wenn sie es ihm befiehlt, wird er ihr Diener sein.

In der dritten Strophe bittet der Minnende Gott um langes Leben für die Dame, zählt wieder ihre Qualitäten auf und betont ihre beständige Makellosigkeit; dabei sind Qualitäten verschiedener Art genannt – angemessenes Verhalten, vor allem körperliche Schönheit und gesellschaftliche Anerkennung. Der Minnende bekennt, welche Vorbildfunktion ihre Vollkommenheit auf sein Leben ausübt, dass er auch beständig und treu geworden ist; es ist ein typisches Beispiel der Vervollkommnung des Minnenden durch den Frauendienst. Am Ende der Strophe wird die ständige Faszination des Minnenden von der Dame beschrieben, die nur eines zur Folge hat: er besingt sie beständig.

50 In der letzten Strophe kommt ein Vergleich vor, der sehr bildlich und plastisch erweitert wurde; die Dame wurde der Sonne angeglichen. Dann wiederholt der Minnende noch einmal das Lob der Berühmtheit der Dame und offenbart die Freude, die sie ihm bringt.

Das ganze Lied stellt einen hoch entwickelten Frauenpreis dar, welcher seine meiste Wirkungskraft aus der Arbeit mit Kontrasten herleitet; hauptsächlich ist das der Kontrast zwischen den beiden Himmelskörpern, mit denen die Dame verglichen wurde, Mond und Sonne. Sie beide bringen Hochstellung sowie Unerreichbarkeit zum Ausdruck; gleichzeitig repräsentieren sie entgegengesetzte Werte. Während der Mond für die Nacht steht, die immer etwas Geheimnisvolles verbirgt, und als Bewahrerin der Träume und des Heimlichen auftritt, bei der Sonne ist die belebende Macht und das alles erleuchtende Licht das Hauptsächliche. Doch beides, die dunkle Nacht wie der helle Tag, besitzen eigene und unnachahmliche Werte, die der Minnende der Dame mittels der Vergleiche verleiht und dadurch ihre Persönlichkeit preisend erhöht. Darüber hinaus gibt es einen Kontrast in der ersten Strophe, wo die Dame als „heiter und dabei zugleich zurückhaltend“ beschrieben wurde; auch hiermit wurde ihre Vollkommenheit betont.

In diesem Lied sind nur zwei der Grundbausteine zu finden, und zwar der Preis und die Darlegung der Leistung des Minnenden. Der Preis wurde in jeder Strophe ausgedrückt, sowohl als Aufzählung der Qualitäten der Dame, als auch in Form der Metaphern. Die Leistung des Minnenden wurde in der zweiten und in der dritten Strophe dargestellt; in der zweiten ist es seine Treue: „Darum muß ich in ihrem Dienste bleiben, wenn sie es, die mir die liebste von allen Frauen ist, so befiehlt.“ (XIV, Str. 2, V. VIIf), und in der dritten sein ständiges Besingen der Dame: „Darum besinge ich sie noch heute“ (XIV, Str. 3, V. IX). Diese zwei Grundbausteine wurden so betont und entfaltet, dass sie alle anderen überschatten.

Die typischen Wendungen und Begriffe in diesem Lied betreffen natürlich vor allem die Dame, wobei es sich meistens um den Preis handelt. Man findet hier Ausdrücke, die die verschiedenen Qualitäten der Dame einfach darstellen, wie „voll von Anmut in ihren Gebärden“ (XIV, Str. 1, V. II), „gänzlich frei von jedem

51 Makel, schlank, wie eine Frau sein soll, sehr stolz und heiter“ (XIV, Str. 2, V. Vf) oder „sie sei makellos, klug, freundlich und voller Anmut“ (XIV, Str. 3, V. VIIf). Weiter sind hier aber auch Begriffe und Wendungen, die die Dame nicht mehr so einfach preisen – die Metaphern. Vor allem ist das die Schilderung der Dame als „Mond“ und „Sonne“, die ich schon erläutert habe. Darüber hinaus ist hier auch die Wendung „die Krone aller Frauen“ (XIV, Str. 1, V. IX) zu finden. Die zeigt am besten die Tatsache, dass hier die Dame als ein Wesen aufgefasst wurde, die höher steht als die anderen.

3.2.6 Die Dame als ein magisches Wesen

Lied Nr. XV Heinrich von Morungen (Übersetzung Helmut Brackert) 1 Von den Elfen wird so mancher Mann bezaubert; so bin ich von großer Liebesmacht bezaubert durch die beste Frau, die jemals ein Mann zur Liebe gewann. Will sie mir deshalb feind sein und mir schaden, mag sie sich dann sogar rächen, soll sie es doch tun, ich bitte darum. Sie erfüllt mich mit solcher Freude, daß ich vor Wonne ganz vergehen muß. 2 Sie gebietet und ist in meinem Herzen Herrin und höher als ich selber. Ach, warum könnte ich nicht soviel Macht über sie haben, daß sie in Ergebenheit bei mir wäre, und zwar drei ganze Tage und manche Nacht! Dann nähme ich nicht so ab an Leib und Kraft. Nun bleibt sie zu meinem Schmerz von mir völlig unberührt. 3 Der helle Glanz ihrer Augen entflammt mich wie das Feuer den dürren Zunder, und ihr Fernsein bringt mein Herz zum Erlöschen wie das Wasser die heiße Glut; und ihre hochgestimmte Freude, ihre Schönheit, ihr Ansehen, und das Wunderbare, das man von ihrer Vollkommenheit sagt, das wird mir zum Unheil – oder auch vielleicht zum Glück. 4 Immer wenn ich ihre Strahlenden Augen sich einmal dahin verirren, daß sie mir durch und durch ins Herz blicken, wer dann dazwischen steht und mich stört, dem soll sein Glück zerrinnen. Denn ich steh dann da und halte Ausschau nach meiner Herrin, genauso wie die kleinen Vöglein nach dem Tag. Wann wird mir jemals Freude zuteil?

52 Das Lied setzt sich aus vier Strophen zusammen, in denen der Minnende über seine Gefühle zu einer Dame spricht und über die Macht, die die Dame auf ihn ausübt. Die erste Strophe fängt mit einer Behauptung, dass man von den Elfen bezaubert werden kann – das trägt die Gedanken des Publikums gleich in eine magische Welt hinüber und deutet an, dass die Minne über eine übernatürliche Macht verfügt. Der Minnende bekennt, dass er von der Minne, beziehungsweise der Dame bezaubert wurde und ihr so sehr liebt, dass er auch ihren Hass gerne empfängt. Denn für ihn ist die Tatsache, dass sie ihn merkt, so wichtig und ihm eine solche Freude bringt, dass alles anderes bedeutungslos scheint.

In der zweiten Strophe äußert der Minnende einen Wunsch – er will eine Macht über die Dame ausüben, dass sie ihm ihre Zuneigung schenkt und seine Minne erfüllt. Doch es ist umgekehrt – es ist die Dame, die den Minnenden beherrscht und er gibt zu, dass sie über ihm steht. Es scheint auch nicht wahrscheinlich, dass er in eine Erfüllung hoffen kann, was zu seiner Qual und zum körperlichen Verfall führt.

Die dritte, sehr berühmte Strophe gründet sich auf Kontrasten. Am Anfang wurde hier mittels Metaphern die bildende und zerstörende Macht der Dame dargestellt. Der Minnende erläutert, dass die Dame imstande ist, nur durch ihr Dasein oder Fernsein sein Herz zu entflammen oder es zum Erlöschen bringen. Weiter offenbart er, dass die Dame mit ihren Qualitäten zu seiner Qual, aber auch zu seinem größten Glück werden kann.

Das ganze Lied endet in der vierten Strophe mit einer Äußerung des Sehnens. Der Minnende beschreibt, wie der Blick seiner Dame für ihn wichtig ist und wie er auch eine solche feine und zerbrechliche Verbindung schätzt. Er vergleicht seine Gefühle zu den Gefühlen der kleinen Vöglein und die Dame zu einem Tag und schließt mit einer Frage, ob seine Minne je erfüllt wurde.

Aus den Grundbausteinen sind hier nur einige zu finden. Der Preis der Dame kommt hier mehrmals vor, zum Beispiel indem sie von dem Minnenden als: „die beste Frau, die jemals ein Mann zur Liebe gewann“ (XV, Str. 1, V. III) bezeichnet wurde, oder wenn er über „ihre Schönheit, ihr Ansehen und das Wunderbare, das

53 man von ihrer Vollkommenheit sagt“ (XV, Str. 3, V. VIf) spricht. Die Darlegung der Leistung des Minnenden findet hier man nicht. Es ergibt sich daraus, dass hier der Minnende als machtlos dargestellt wurde und die Dame als diejenige, die stark und mächtig ist. Er betont es, indem er sich selbst sogar zu einem „kleinen Vöglein“ (XV, Str. 4, V. VII) vergleicht. Weiter tritt hier die Lohnforderung vor, in der Äußerung: „...daß sie in Ergebenheit bei mir wäre, und zwar drei ganze Tage und manche Nacht“ (XV, Str. 2, V. IVf) und in der Frage: „Wann wird mir jemals Freude zuteil?“ (XV, Str. 4, V. VIII). Letztendlich ist hier auch die Klage wegen Nichterfüllung zu finden und zwar in der zweiten Strophe, wo der Minnende sagt: „Nun bleibt sie zu meinem Schmerz von mir völlig unberührt“ (XV, Str. 2, V. VIII).

Aus den typischen Wendungen und Begriffen kommen hier wieder das „Herz“ und die „Augen“ vor. Bei dem Herzen wurde vor allem die Tatsache betont, dass ihn die Dame beherrscht: „Sie gebietet und ist in meinem Herzen“ (XV, Str. 2, V. I) und „ihr Fernsein bringt mein Herz zum Erlöschen“. Darüber hinaus kann das Herz von der Dame nichts verbergen, denn ihre Augen dem Minnenden „durch und durch ins Herz blicken“ (XV, Str. 4, V. II). Die Augen sind hier also als ein Mittel der Macht dargestellt und das kann man auch in der dritten Strophe beobachten, wo der Minnende sagt: „Der helle Glanz ihrer Augen entflammt mich“ (XV, Str. 3, V. I). Dort sind auch weitere Begriffe zu finden, und zwar das „Feuer“ und damit verbundene Ausdrücke wie „entflammen“ und „erlöschen“. Diese Begriffe bilden eine große Metapher, die die Macht der Dame erläutert, denn das Feuer kann hier nicht nur die Liebe des Minnenden symbolisieren, sondern auch das Leben. Die letzte Wendung, der ich mich hier widmen will, ist die, die von „bezaubert sein von Elfen“ spricht. Denn auf dieser Wendung kann man beobachten, dass hier die Dame wieder als ein Wesen dargestellt wurde, das über den anderen steht, doch diesmal nicht mehr aus der Position einer „Herrscherin“, sondern aus der Position einer Person, die übermenschliche, magische Kräfte hat.

54 3.2.7 Die Dame als eine unedle Person

Lied Nr. XVI Neidhart von Reuental (Übersetzung Helmut Lomnitzer) 1 Eine Alte sprang los, wie ein Zicklein hoch empor: sie wollte Blumen bringen. „Tochter, reich mir mein Feiertagskleid! Ich muß an eines jungen Ritters Hand, der nach Reuental benannt ist. Traranunretun traraunriruntundeie. “ 2 „Mutter, haltet nur euere Sinne beisammen! Der Ritter denkt nicht dran, treu in der Liebe zu sein. “ „Tochter, laß mich ungeschoren! Ich weiß wohl, was er mir beteuert hat. Vor Sehnsucht nach seiner Liebe sterbe ich. Traranunretun traraunriruntundeie. “ 3 Froh rief sie da einer andern Alten zu: „Liebe Freundin, los, auf mit mir! Wir werden gewiß Glück haben. Wir wollen beide nach Blumen gehn. Warum sollte ich hier bleiben, da ich so viele Gefährtinnen habe? Traranunretun traraunriruntundeie. “

Das Gedicht besteht aus drei Strophen, in denen zwei Frauen, eine Alte und ihre Tochter, miteinander sprechen. In diesem Gespräch zeigt sich ein Widerspruch zwischen der Emotionalität der Alten und der Sachlichkeit der Tochter.

Am Anfang der ersten Strophe wurde ein freudevolles Verhalten einer alten Frau beschrieben. Sie will Blumen pflücken und bei den Vorbereitungen zeigt sich ihre Freude durch ihr Springen. Darauf verweißt der Vergleich der Frau zu einem Zickel; dies beides erweckt angesichts des Alters der Frau komische, groteske Vorstellungen. Später spricht sie ihre Tochter an, will ihr Festkleid anziehen und erläutert den Grund aller dieser Vorbereitungen: sie will einen jungen Ritter treffen. Die groteske Wirkung der ganzen Strophe ergibt sich aus dem Kontrast zwischen dem jugendlichen Benehmen der Frau und ihrem Alter.

In der zweiten Strophe wurde die Reaktion der Tochter an Mutters Verhalten gezeigt, ihr Versuch den Enthusiasmus der Alten zu lindern und die Liebe des Ritters in Frage zu stellen. Dies gelingt ihr nicht; die Mutter lehnt ihre Rede ab, äußert ihr Vertrauen gegenüber dem Ritter und Sehnsucht nach seiner Liebe. Die

55 Darstellung, in der die Tochter als vernünftig und die Mutter als naiv dargestellt wurden, dreht die konventionelle Rollenverteilung um und verleiht dem Gedicht einen parodistischen Ton.

In der letzten Strophe wendet sich die Alte von ihrer Tochter ab, spricht ihre gleichaltrige Freundin an und spornt sie an, auch Blumen zu pflücken. Sie äußert ihre Hoffnung auf Liebe, ihre Lebensfreude und die Freude über ihre Genossinnen. Am Ende jeder Strophe erscheint eine Silbenverbindung, die keinen Sinn ergibt und als Refrain dient; sie bezeichnet das Trällern der Alten, ihren Leichtsinn und ihre Freude, die als Hauptmotive des Gedichts auftreten.

Die Grundbausteine der klassischen Minnelieder sind in diesem Gedicht nicht mehr zu finden, doch es ist möglich, ihre Reste zu identifizieren. Es wurden hier die Rollen verkehrt, es ist die Frau, die den Ritter Reuental umwirbt, indem sie in der zweiten Strophe sagt: „Vor Sehnsucht nach seiner Liebe sterbe ich.“ (XVI, Str. 2, V. V). Dies ist ein starker Verstoß gegen das Schema der Minnelieder, und es weist auf die Abkehr von den Idealen der Minne hin, die typisch für Neidhart ist.

Aus den typischen Wendungen und Begriffe kommen hier die „Blumen“ und „Blumen pflücken“ vor – das Motiv der Blumen wiederholt sich in dem Gedicht: „sie wollte Blumen bringen“ (XVI, Str. 1, V. II) und „Wir wollen beide nach Blumen gehn“ (XVI, Str. 3, V. III). Es dient hier als Andeutung der Liebe und Liebeshingabe, und gleichzeitig auch des Frühlings und der Jugendfrische. Die feste Wendung „Blumen pflücken“, abgeleitet vom lat. „deflorare“, galt als eine Umschreibung für den Liebesakt, auf den hier angespielt wird. Dieses Motiv kontrastiert krass mit dem Alter der Mutter.

Die Tatsache, dass hier die Dame durch die Gestalt einer alten, unedlen Frau ersetzt wurde, sagt viel über die Dichtung Reuentals. Die „Dame“ ist nicht mehr ein Ideal, sie besitzt auch nicht mehr die höfischen Werte. In Wirklichkeit bildet sie eigentlich einen Gegensatz zu der Dame aus dem hochhöfischen Minnesang, was ihre Herkunft, ihr Aussehen und vor allem ihr Verhalten angeht. Darüber hinaus sind die Gestalten der Mutter und der Tochter ein gutes Beispiel für die Erweiterung des Schemas der Minnelieder. Die Autoren, vor allem in der späteren Phase des Minnesangs, benutzten weitere Personen, die früher nicht in

56 Minneliedern zu finden waren, um sie innovativ, abwechslungsreich zu machen. In diesem Fall verbindet sich dies mit parodistischen Tendenzen.

Hier, am Ende des Kapitels, die das Dame gewidmet wurde, möchte ich eine kleine Bemerkung über die Metaphorik einfügen, denn die gehört untrennbar zu den Darstellungen der Dame. Die Dame nimmt in den meisten Minneliedern eine zentrale Rolle ein und so bilden derer Metaphern, die in den Liedern benutzt wurden, einen wichtigen Bestandteil der Poetik des Minnesangs. Wir verzeichnen eine ganze Reihe von Vergleichen, denn ihre Verwendung verleiht den Liedern Bildhaftigkeit; im Unterschied zu der einfachen Aufzählung der Qualitäten der Dame regen sie die Fantasie der Zuhörer an und geben den Werken eine neue Dimension. Bei Autoren unterschiedlicher Entwicklungsphasen des Minnesangs kommen auch Vergleiche unterschiedlicher Art vor. Während zum Beispiel die Vergleiche Kürenbergs eine bestimmte Art Ungezwungenheit zeigen und die Dame als eine lebendige und lebensnahe Person darstellen, wurde die Dame bei Morungen eher als etwas Überirdisches dargestellt, und sie nähert sich eher einer Göttin als einem menschlichen Wesen. Dazu tragen zum großen Teil die Metaphern der Himmelskörper bei, die er oft einsetzt. Diese Tendenz zur Erhebung der Dame ist dann bei Neidhart von Reuental nicht mehr zu finden und es überwiegt ihr Herabsetzen, das man hier auf dem Beispiel eines Vergleiches der „Dame“ zu einem Zickel beobachten kann.

57 3.3 Symbolik in den Minneliedern

In diesem Kapitel werde ich mich mit den Symbolen beschäftigen, die die Autoren des Minnesangs benutzten. Ich habe zu jedem Unterkapitel nur ein Lied gewählt, mit der Ausnahme des letzten Unterkapitels – dort werde ich drei verschiedene Lieder aus verschiedenen Entwicklungsphasen Minnesangs analysieren, um die Veränderungen zu zeigen, die das Thema der Natur im Laufe der Zeit betrafen.

3.3.1 Adelige Attribute

Lied Nr. XVII Der von Kürenberg (Übersetzung Helmut Brackert) 1 „Ich zog mir einen Falken länger als ein Jahr. Als ich ihn gezähmt hatte, wie ich ihn haben wollte, und ich ihm sein Gefieder mit goldenen Bändern umwunden hatte, hob er sich hoch in die Lüfte und flog in andere Länder. 2 Später sah ich den Falken im schönen Schwunge fliegen. Er trug an seinem Fuß seidene Fesseln, und sein Gefieder war ganz rotgolden. Gott führe die zusammen, die einander herzlich lieben wollen!“

Das Lied besteht aus zwei Strophen, in denen die Dame über ihren Geliebten spricht; sie nennt ihn aber nicht direkt, sondern verwendet dazu eine Metapher: den Falken. Die beiden Strophen sind sehr emotionell gestaltet und enthalten viele Bilder.

Am Anfang der ersten Strophe wurde von der Dame geschildert, wie sie einen Falken pflegte. Dabei wurde angedeutet, dass sich der Falke in der Obhut der Dame veränderte: das zeigt auf die Vervollkommnung des Minnenden durch den Frauendienst. Am Ende wurde aber gesagt, dass der Falke der Dame „in andere Länder entflog“, das heißt, dass er die Dame verlassen hat. Diese Darstellung einer Beziehung ist für Minnesang untypisch, denn es ist hier die Dame, die Aktivität zeigt und um den Geliebten wirbt; die Tatsache, dass der Geliebte die Dame verließ, entspricht dem Schema der klassischen Minnelieder nicht. Seine Entscheidung, fortzufliegen, versinnbildlicht jedoch einen Grundwert der

58 höfischen Minne: eine Beziehung entsteht aus freier Entscheidung der Partner füreinander; sie kann auch aus freiem Willen auseinander gehen. Es wurde angedeutet, dass es mit der übertriebenen Pflege zusammenhängen könnte, die den Geliebten fesseln konnte, worauf auch das Motiv der Bänder in der dritten Zeile hindeutet, die gleichzeitig als Schmuck oder auch als Fesseln dienen können.

In der zweiten Strophe wurde eine Begegnung der Dame mit dem Falken beschrieben, bei der der Falke „seidene Fesseln trug“, das heißt, dass er schon unter dem Einfluss einer anderen Frau steht. Die Höhe, in der sich dabei der Falke befindet, stellt seine Unerreichbarkeit dar. Die Dame ist immer noch von seiner Schönheit beeindruckt und hofft auf seine Liebe, wobei sie Gott als höchste Autorität um Hilfe bittet.

Das ganze Lied ist eigentlich als eine große Metapher konzipiert und es ist die Bildhaftigkeit, die ihm seine Wirksamkeit verleiht. Indem zum Beispiel die Beziehung zwischen zwei Geliebten durch das Motiv der Fesseln verbildlicht wurde, erreicht es eine neue Aussagekraft und Intensität.

Obwohl dieses Lied von dem klassischen Schema der Minnelieder stark abweicht, sind hier manche der Grundbausteine, oder mindestens ihre Andeutungen zu finden. Wie es bei Kürenberg öfter vorkommt, wurde hier die Dame aktiv und alle Äußerungen kommen von ihr. Es ist hier der Preis des Geliebten zu finden, indem er zu einem Falken verglichen wurde, der als vornehm angesehen wurde. Darüber hinaus liegt in der ersten Strophe die Darlegung der Leistung der Dame vor, ihre positive Wirkung auf den Geliebten, die metaphorisch ausgedrückt wurde: „Als ich ihn gezähmt hatte, wie ich ihn haben wollte, und ich ihm sein Gefieder mit goldenen Bändern umwunden hatte, ...“ (XVII, Str. 1, V. IIf).

In diesem Lied, wie in mehreren Minneliedern, spielen die adeligen Attribute eine wichtige Rolle. Hier ist das vor allem der Falke, denn die Falkenbeize war ein Privileg des Adels und wurde als besonders vornehm angesehen. Darüber hinaus sind hier weitere Motive zu finden, die an bestimmte Stoffe gebunden sind: das Gold (XVII, Str. 1, V. III) und die Seide (XVII, Str. 2, V. II). Beides sind Stoffe, die besonders teuer, und so nur der obersten Schicht zugänglich waren. Darüber

59 hinaus hat das Gold noch eine Bedeutung – es ist ein Metal, das sich sein Glanz unabhängig von der Zeit und Bedingungen behält. Es ist also ein Symbol der Beständigkeit, die zu den wichtigsten Merkmalen der Minne gehört. Die adeligen Attribute sind in Minneliedern besonderes wichtig, weil der Minnesang als ein Teil der höfischen Literatur zur Selbstbestimmung des Adels diente. Die Betonung der Motive, die mit Adel untrennbar verbunden waren, verhalf zu Integration der Adeligen; in ihrer idealisierten Darstellung offenbarte sich ihre Überordnung der übrigen Gesellschaft.

3.3.2 Kampf

Lied Nr. XVIII Der von Kürenberg (Übersetzung Helmut Brackert) 1 „Ich stand spät in der Nacht für mich allein an einer Zinne. Da hörte ich einen Ritter wunderbar singen in der Weise des Kürenbergers, mitten aus einer Schar von Leuten heraus. Er muß mir die Länder räumen, oder ich muß ihn für mich haben.“ 2 Nun schaffe mir schnell mein Pferd und meine Rüstung herbei. Denn ich muß vor einer Dame die Länder räumen. Die will mich dazu zwingen, daß ich sie liebe. Sie wird meine Minne immer entbehren müssen.

Das Lied besteht aus zwei Strophen, wobei sich in der ersten Strophe um einen Monolog einer Dame, in der zweiten um einen Monolog eines Ritters handelt. Die beiden singen übereinander, doch es besteht keine gegenseitige Reaktion, sie bleiben in dem ganzen Lied getrennt (Wechsel). Man findet hier die zwei wichtigsten Figuren der Minnelieder: die Dame und den Minnenden. Doch die Beziehung zwischen ihnen ist nicht typisch; man könnte sagen, dass hier die typischen Rollen umgetauscht wurden. Das ist ein Merkmal der frühen Minnedichtung und bei Kürenberger kommt es, wie ich schon mehrmals erwähnt habe, öfter vor.

Am Anfang der ersten Strophe wurde eine Situation geschildert: eine Dame steht alleine an der Zinne und hört zu, wie ein Ritter singt. Dieses Bild zeigt Merkmale, die charakteristisch für Minnesang sind. Erstens ist das der Spielort: die Zinne, die als ein wichtiger Teil der Burg zu den adeligen Attributen gehört, deren Bedeutung in dem vorigen Unterkapitel behandelt wurde. Außerdem verbildlicht

60 diese Situation eine Trennung des Ritters und der Dame; sie hört zwar seinem Singen zu, doch sie ist alleine und der Ritter weißt nicht einmal, dass sie nahe steht. Die Motive der Trennung und Einsamkeit wurden in Minneliedern öfter eingesetzt. Von Seiten des Ritters ist der Akt des höfischen Singens wichtig, denn es ist eine Tätigkeit, durch die er seine höfischen Sitten zeigt. Weiter wurde es gesagt, dass der Ritter „in der Wiese Kürenbergers, mitten aus einer Schar von Leuten heraus“ singt. Es handelt sich um eine ziemlich offene „Werbung“ für Kürenberg – sein Singen soll zum Vorbild dienen: dadurch wird seine Popularität betont.

Am Ende der ersten Strophe kommt die Dame zur Entscheidung, dass sie mit dem Ritter eine Beziehung anbahnen will, und falls es seinerseits nicht angenommen wird, wird er das Land verlassen müssen, damit er sie mit seiner Anwesenheit nicht stört. Die Dame zeigt sich hier als dominant, was in klassischen Minneliedern ganz selten vorkommt.

Die zweite Strophe beschreibt die Reaktion des Ritters, der sich, statt dem Druck der Dame zu unterliegen, lieber für die Flucht entscheidet, wobei seine charakteristischen Attribute erwähnt wurden: sein Pferd und seine Rüstung. Diese verkörpern die Ritterlichkeit des Herrn, und außerdem zeugen sie von seiner Kampfbereitschaft. Eine der möglichen Interpretationen ist die bevorstehende Teilnahme des Ritters an einem Kreuzzug, was in Minneliedern auch ein öfter benutztes Motiv ist. Weiter erklärt der Herr, dass er das Land wegen einer Frau verlassen muss, womit er indirekt auf die erste Strophe anknüpft. Er tut kund, dass sich die Dame seine Liebe erzwingen wollte, was für ihn unannehmbar ist. So wurde hier die Grundregel betont, dass die Liebe immer freiwillig sein muss.

Auch in diesem Lied sind die Grundbausteine noch nicht entwickelt, und wir können sie nur in einer Andeutung finden, die mit den Grundbausteinen in einem Zusammenhang stehen könnte: die Andeutung des Preises; doch es ist der Ritter, der gepriesen wurde, indem die Dame in der ersten Strophe sagt: „Da hörte ich einen Ritter wunderbar singen“ (XVIII, Str. 1, V. II).

Ein maßgebendes Motiv in diesem Lied ist der Kampf. Es wurde durch die Rüstung und das Pferd dargestellt, beides gehört unentbehrlich zu der ritterlichen

61 Art des Kampfes. Es kommt zu einer Umwandlung des Herrn von dem Sänger, der am Anfang erscheint, zu einem Kämpfer, der sich am Ende für einen Kampf ausrüstet. Dieser Wandel vom Frieden zur Gewalt bei dem Herrn hat eine Parallele bei der Dame; aus einer friedsamen Situation, durch die das Lied eingeleitet wird, entsteht ein aggressiver Entschluss. Dieses führt zu negativen Folgen und es ist eindeutig, dass der Verstoß gegen die Regeln der Minne, konkret gegen die Freiwilligkeit der Bindung, an den üblen Auswirkungen schuld ist. Die Aggressivität in der Liebe spiegelt sich in einer Kampfbereitschaft, also auch in einer Aggressivität wider.

3.3.3 Farben

Lied Nr. XIX Der von Kürenberg (Übersetzung Helmut Brackert) 1 „Immer wenn ich alleine in meinem Hemd dastehe und an dich, edler Ritter, denke, so erblüht meine Farbe wie die Rose am Dorn und in mein Herz ziehen manch sehnsüchtig-traurige Gedanken.“

Das ganze Lied besteht aus einer einzigen Strophe, es handelt sich eigentlich um eine kurze Äußerung der Gefühle einer Dame, die von ihrem Geliebten getrennt ist und an ihn denkt.

Sie schildert eine Situation, in der ihre Einsamkeit betont wurde, und deren Intimität durch die Schlafkleidung angedeutet wurde. In diesem Augenblick, wo die Dame alleine ist, und so frei und ungezwungen sein kann, hängt sie den Gedanken an ihren Geliebten nach. Sie hebt seinen Edelsinn hervor und die Gedanken lösen bei ihr erotische Gefühle aus, was indirekt durch die Darstellung des Errötens der Dame angedeutet wurde. Das ganze wurde mit dem Bild einer Rose entfaltet, wobei es wichtig ist, dass die Rose als Symbol der Schönheit angesehen wurde. Zum Schluss bekennt sich die Dame zur Sehnsucht und Trauer, die sie fühlt, und die zeigen, dass für sie die Liebe die Lebenserfüllung bedeutet.

Die Grundbausteine der Minnelieder sind in diesem Lied nicht zu finden; die einzige Ausnahme bildet die Andeutung des Preises, indem die Dame ihren Geliebten als „edler Ritter“ bezeichnet. Es kommt hier also wieder zum Austausch

62 der Rollen zwischen der Dame und dem Ritter, wie es für Den von Kürenberg typisch ist.

Die Symbolik der Farben, die in diesem Gedicht nur angedeutet wurde, spielt in den Minneliedern, wie auch in anderen Werken der höfischen Literatur eine wichtige Rolle. Sie wurde oft bei Beschreibungen der Dame angewendet, oder tritt in Motiven der Natur auf. Oft kommt die rote Farbe vor, die als Farbe der Liebe, oder auch der Leidenschaft verwendet wurde, und es ist interessant, dass diese Interpretation des Roten noch bis heute gültig geblieben ist. Aber auch andere Farben behalten ihre Symbolik schon seit der Zeit des Minnesangs, zum Beispiel das Weiße, das für Reinheit und Schuldlosigkeit steht, oder die goldene Farbe, die Vornehmheit und Adligkeit darstellt.

3.3.4 Gott

Lied Nr. XX Heinrich von Morungen (Übersetzung Helmut Tervooren) 1 Wenn einer so oft in einen tauben Wald riefe, so käme ihm daraus doch einmal eine Antwort. Nun ist die Klage über meine Qual oft und auf mannigfache Weise zu ihr gedrungen. Will sie die zur Kenntnis nehmen?! Nein, sie tut es nicht, wenn nicht Gott eines seiner Wunder künftig an ihr zeigen will. Fürwahr, ich könnte eher einen Baum mit meiner Bitte ohne Werkzeug niederbeugen. 2 Wüßte ich, ob es gewiß verschwiegen bleiben könnte, dann ließ ich euch meine schöne Herrin sehen. Wer mir mein Herz in zwei Stücke bräche, der könnte sie darinnen in ihrer Schönheit erblicken. Sie ist durch die Augen hierher gekommen, ohne sie zu verletzen, ohne Tür. Ach, würde ich von ihrer reinen Liebe ebenso würdig empfangen!

Das Gedicht besteht aus zwei Strophen, in denen der Minnende über die Nichterfüllung seiner Liebe klagt. Dies geschieht mit Hilfe von vielen suggestiven Bildern, die der Autor benutzt und in die Klage integriert.

Die erste Strophe beginnt mit einem Vergleich; es wurde gesagt, wenn man lange genug in einen Wald ruft, dann bekommt man eine Antwort. Der Minnende fragt,

63 ob er von seiner ausgewählten Dame auch eine Antwort bekommen kann, wenn er ihr seine Qual kundtut. Unmittelbar danach beantwortet er selbst diese Frage, indem er behauptet, dass es nur durch Gottes Wunder möglich wäre. Seine Behauptung über die Unmöglichkeit der Erhörung wird mit einer bildlichen Äußerung untermauert; er glaubt, es wäre einfacher einen Baum ohne Werkzeug niederzubeugen, als die Dame zu einer positiven Antwort zu bewegen. Die ganze Metaphorik in dieser Strophe hängt mit dem Motiv des Waldes zusammen, das einerseits eines der wichtigen Naturmotive ist, andererseits aber auch etwas unheimliches andeutet, was dem Menschen immer mehr oder weniger fremd ist; alle diese Bilder sind mit der Person der Dame verbunden.

Auch die zweite Strophe besteht hauptsächlich aus Bildern, diesmal hängen sie jedoch mit der Gestalt des Minnenden zusammen, konkret mit seinen Herzen und Augen. Dies sind Motive, die öfter benutzt wurden, und die eine allgemein bekannte symbolische Bedeutung tragen: wenn jemand sein Herz entzweibrechen würde, dann könnte er darin die Dame sehen. Dies drückt die Liebe des Minnenden aus, doch gleichzeitig erhält dieses Bild ein zerstörerisches Element (Marterung des Herzens). Weiter wurde erklärt, dass die Dame in sein Herz durch seine Augen gedrungen ist, also dass es vor allem ihre Schönheit war, was den Minnenden bezaubert hat. Das ganze Lied endet mit einem Ausruf, der die Hoffnung des Minnenden auf die Erhörung äußert.

In diesem Lied sind drei der Grundbausteine zu finden. Erstens ist das die Klage wegen Nichterfüllung, die in der ersten Strophe vorkommt, und deren Trostlosigkeit mit einer Metapher unterstreicht wurde. Zweitens ist es der Preis der Dame, der in der zweiten Strophe auf kleinstem Raum zur Sprache gebracht wird (schöne Herrin – XX, Str. 2, V. II). Drittens ist das die Lohnforderung, die in dem letzten Satz des Liedes in einem emotionellen Ausruf geäußert wurde (XX, Str. 2, V. VIIf).

In diesem Gedicht will ich mich auf den Hinweis auf Gott konzentrieren. Die Verbindung von Minne und von christlichen Motiven und Symbolen ist für viele Lieder charakteristisch und kommt immer wieder vor. In diesem Gedicht wurde Gott als die einzige Macht dargestellt, die die Erhörung des Minnenden

64 ermöglichen könnte. Es ist üblich, dass der Minnende Gott um Hilfe bittet, oder dass Gott als Helfer in der Minnebeziehung auftritt. Die Hinweise auf Gott, ob direkt (wie hier) oder indirekt (zum Beispiel durch die Verwendung der christlichen Symbolik) bilden die Verbindung zwischen der Minne und den höheren Mächten. Das verleiht der Liebe, oder auch der Dame als dem Objekt der Liebe, eine neue Dimension und deutet ihre übermenschlichen Qualitäten an.

Doch die Beziehung zwischen Minne und Kirche war komplizierter. Unter anderem war die Dame oft so sehr besungen und gelobt, dass sie eine gottesähnliche Position erreichte. Die Dame wurde als die wichtigste Macht im Leben des Minnenden dargestellt, die seinem Leben den Sinn gibt, durch die er Erhöhung erreichen kann, und der er seinen Dienst und seine Treue anbietet. Dies zeigte sich im Hinblick auf die damalige Gesellschaftsordnung als umstritten, denn das Höchste und Wichtigste im Leben sollte Gott sein.

Darüber hinaus gab es das Problem der Art einer Beziehung zwischen Mann und Frau. Die Kirche hat nur eine Ehe anerkannt, in der die sexuelle Aktivität als Mittel zur Zeugung der Kinder betrachtet war. Doch in der Minne war die Sexualität als Frucht einer Leidenschaft, meistens ohne eine eheliche Bindung dargestellt, was für die Kirche unakzeptabel war.

3.3.5 Kranz und Kopftuch

Lied Nr. XXI Neidhart von Reuental (Übersetzung Helmut Lomnitzer) 1 „Nun ist der kalte Winter endlich vorbei, die Nächte sind kurz, die Tage werden länger, eine herrliche Zeit bricht an, die aller Welt Freude schenkt. Schöner haben die Vögel noch nie gesungen. 2 Ein strahlender Anblick liegt vor unserem Augen: unzählige Rosen Sieht man auf der Heide, die Blumen sprießen durch das Gras. Mit frischem Tau war die Wiese benetzt, auf der mir mein Liebster Blumen zum Kranze las. 3 Der Wald weiß nichts mehr von seiner grauen Farbe, der Mai hat sich auf einen grünen Zweig niedergelassen. Neues Laub hat er in Fülle. Setz schnell deinen Kranz auf, liebe Freundin! Du weißt doch, daß ich zu einem Ritter will. “

65 4 das hörte des Mädchens Mutter heimlich. Sie sprach: „Hör auf, es länger abzuleugnen! Dein Leichtsinn liegt offen zutage. Bind die lieber ein Kopftuch ums Haar! Du mußt ohne dein Kleid gehen, wenn du zur Tanzschar willst. “ 5 „Liebe Mutter, wer gab euch das Recht dazu, daß ich euch um Kleid erst anflehen müßte, von dem ihr keinen einzigen Faden gesponnen habt? Hört auf mit solchem Spektakel! Wo ist der Schlüssel? Schließt schleunigst mir auf die Kammer! “ 6 Das Kleid war in einem Schrank eingeschlossen. Mit einem Stuhlbein wurde der aufgezwängt. Die Alte hatte nie etwas Betrüblicheres gesehen. Als das Mädchen ihren Kasten aufbrach, verschlug´s ihr die Sprache, so daß sie kein Wort mehr hervorbrachte. 7 Geschwind nahm sie das Röckchen heraus, das war in viele zierliche Falten gelegt. Ihr Gürtel war ein schmales Band. In die Hand des Reuentalers warf das übermütige Mädchen ihren buntscheckigen Ball.

Das Gedicht besteht aus sieben Strophen, in denen es um einen Streit eines Mädchens mit ihrer Mutter handelt. Es wechseln hier die Rede der Mutter und die der Tochter, nur die zwei letzten Strophen wurden aus der Sicht eines Erzählers geschildert.

Die ersten drei Strophen bilden einen Frühlingseingang; das junge Mädchen spricht hier zu ihrer Freundin, freut sich über die Schönheit der Natur und äußert ihre Absicht, einen Ritter zu treffen. In diesem Teil des Gedichts spielen eine große Rolle die Naturmotive, die mit der Liebe zusammenhängen, wie der Vogelsgesang oder Blumen. Die Bilder, die hier verwendet wurden, sind bunt und reichlich, was der Atmosphäre des Frühlings Suggestivität verleiht.

In der vierten Strophe wurde beschrieben, wie die Mutter dem Mädchen zuerst geheim zuhört, und dann der Tochter ihre Leichtfertigkeit vorhält und sie zu Hause aufhalten will. Dies will sie dadurch erreichen, dass sie das Kleid der Tochter versteckt.

Die fünfte Strophe stellt die Reaktion der Tochter dar; sie behauptet, die Mutter hätte kein Recht, mit dem Kleid zu handhaben, weil sie es nicht hergestellt hat; mit dieser Rechtfertigung erfordert sie ihr Kleid.

66 In der sechsten Strophe wurde beschrieben, wie sich die Tochter das Kleid mit Gewalt verschafft. Die Mutter schockiert ihr Verhalten: sie wird traurig.

Die siebte und letzte Strophe schildert das Ankleiden des Mädchens, lobt ihr Kleid und stellt die Schnelligkeit dar, mit der sie zu seinem Geliebten hinausläuft. Reuental stilisiert sich in die Rolle des Ritters, indem er ihm seinen eigenen Namen gibt, was für seine Werke typisch ist.

Das ganze Gedicht zeigt eine steigende Tendenz: nach einem Anfang, der idyllisch und friedlich wirkt, kommt ein Konflikt, der sich schnell entwickelt und bis zum Ende gesteigert wird.

Dieses Gedicht weicht von den Idealen des klassischen Minnesangs schon so stark ab, dass die Grundbausteine gar nicht mehr zu finden sind und es ist nicht einmal möglich, sie auch noch in Resten zu identifizieren.

Eine interessante Symbolik, die in diesem Gedicht zu finden ist, ist das Motiv des Kranzes und des Kopftuchs. Der Kranz - ursprünglich ein adeliges Attribut - soll die Jungfernschaft des Mädchens sinnbildlich darstellen, was noch heute verständlich ist, und in der Sprache im Ausdruck „Jungfernkranz“ erhalten wurde. Das Kopftuch bildet ein Gegenteil dazu, weil es von den verheirateten Frauen getragen wurde; mit dem Hinweis auf ihn wird ein Bedenken über die Jungfernschaft des Mädchens geäußert.

3.3.6 Die Natur

Lied Nr. XXII Dietmar von Aist (Übersetzung Günther Schweikle) 1 Hei, nun kommt uns die (Sommer-)Zeit, der kleinen Vöglein Gesang. Es grünt schon die breite Linde, vergangen ist der lange Winter. Nun sieht man schöne Blumen, auf der Heide erproben sie ihr Leuchten. Darüber wird gar manches Herz froh, desgleichen tröstet sich mein Herz. 2 Ich bin dir lange hold gewesen, edle und gute Dame. Sehr gut habe ich das getroffen: Du hast meinen Sinn veredelt. Um was immer ich durch dir besser geworden bin, das möge mir zum Heil ausschlagen. Machst du das Ende gut, so hast du alles wohl getan.

67 3 Man soll die Tüchtigen und die Guten zu allen Zeiten lieben. Wer sich zu viel rühmt, der versteht sich nicht auf das rechte Maß. Auch soll es ein höfischer Mann niemals allen Frauen recht machen wollen. Der ist seiner selbst nicht Meister, der darin zu viel tut. 4 Droben auf der Linde, da sang ein kleines Vöglein. Vor dem Walde erschallte es. Da erhob sich wieder mein Herz zu einer Stätte, an der es vormals war. Ich sah die Rosenblüten stehen, die mahnen mich an die vielen Gedanken, die mich zu einer Dame hinziehen. 5 Es dünkt mich (, als seien es) wohl tausend Jahre her, daß ich in des Liebsten Arme lag. Ganz ohne meine Schuld meidet er mich alle Tage. Seither sah ich keine Blumen noch hörte ich der kleinen Vöglein Gesang, seither war all meine Freude kurz und dafür der Jammer allzu lang.’

Das Lied setzt sich aus fünf Strophen, wobei in den ersten vier der Minnende und in der letzten eine Dame sprechen. In der ersten Strophe beschreibt der Minnende, dass der Sommer beginnt, wie die ganze Natur erwacht und fröhlich ist. Er erwähnt der Gesang der Vöglein, was gleichzeitig an das Singen allgemein und die Minnelieder erinnert. Sonst spricht er vor allem über die Pflanzen – über die Linde, die grün wurde (XXII, Str. 1, V. II), und über Blumen, die auf der Heide leuchten (XXII, Str. 1, V. III). Dabei wurde der Ausdruck „Leuchten“ interessant verwendet, denn das Licht des Sommers bildet das Gegenteil zur Dunkelheit des Winters. Am Ende äußert der Minnende, wie ihm diese Umstände in der Natur glücklich machen.

In der zweiten Strophe wendet der Minnende seine Aufmerksamkeit von der Natur zu einer Dame. Er erinnert daran, dass er die Dame schon lange liebt und erklärt, dass ihm die Dame veredelt hat – er ist dank der Dame besser geworden. Die Strophe endet mit seiner Äußerung der Hoffnung auf die Erfüllung seiner Minne.

In der dritten Strophe widmet sich der Minnende den Überlegungen über die Minne allgemein. Am Anfang behauptet er, dass man „die Tüchtigen und die Guten zu allen Zeiten lieben“ soll (XXII, Str. 3, V. I), was zwei wichtige Motive enthält – erstens die Tatsache, dass das Objekt der Liebe bestimmte Qualitäten besitzen muss, um der Liebe wert zu sein, und zweitens die Beständigkeit, die zu der Liebe gehört. Weiter bemerkt er, dass man aber auch in der Liebe angemessen bleiben muss – er soll auch nicht „allen Frauen recht machen wollen“ (XXII, Str.

68 3, VIII), was indirekt sagt, dass sich der Ritter eine Dame auswählen und der alleine seine Minne schenken soll. Am Ende der Strophe ist eine Art Warnung zu finden – der Ritter, der in der Minne zu viel tut, ist seiner Meinung nach „seiner selbst nicht Meister“ (XXII, Str. 3, V. IV). Das bedeutet, dass der Mann auch in der Liebe nicht seine Selbstbeherrschung nicht verlieren soll.

In der vierten Strophe kehrt der Minnende zum Thema der Natur zurück. Er erwähnt die Linde und das singende Vöglein, wie in der ersten Strophe. Dieses erinnert ihm an eine Dame, wobei die Erinnerungen offensichtlich glücklich sind. Das andere Naturmotiv, das er verwendet, die „Rosenblüten“ (XXII, Str. 4, V. III), symbolisieren die Liebe und vielleicht auch eine Liebeshingabe.

Die fünfte Strophe entzieht sich der Stimmung des ganzen Liedes, denn die Dame, die hier spricht, unglücklich ist. Sie erinnert sich an Liebe eines Ritters, die glücklich war und die sie sogar erfüllt hat: „daß ich in des Liebsten Arme lag“ (XXII, Str. 5, V. I). Weiter beschreibt sie aber, dass sich ihr Geliebte von ihr abgewendet hat, woran sie jedoch nicht schuldig war. Es wurde nicht weiter erklärt, wie dazu kam – es kann ein indirekter Hinweis auf die „Verleumder“ oder „Lügenaere“ sein; das sind Personen aus der Gesellschaft, die durch Lügen und Hinterlist eine Disharmonie in der Liebe verursachen können, und die in den Minneliedern öfter vorkommen. Die Strophe endet mit einer Äußerung der Dame, die unglücklich ist, weil sie die Schönheiten der Natur nicht mehr sieht, die ihr Liebesglück symbolisieren.

In diesem Lied sind einige Grundbausteine zu finden, jedoch nur in einer Strophe, und zwar in der zweiten. Hier kommt der Preis in der Wendung „edle und gute Dame“(XXII, Str. 2, V. I)) vor, die Darlegung der Leistungen des Minnenden, konkreter gesagt seiner Beständigkeit, in dem Äußerung „Ich bin dir lange hold gewesen“ (XXII, Str. 2, V. I) und in dem letzten Vers auch die Lohnforderung: „Machst du das Ende gut, so hast du alles wohl getan“ (XXII, Str. 2, V. IV).

69 Lied Nr. XXIII Heinrich von Morungen (Übersetzung Helmut Tervooren) 1 In einem so gewaltigen Glückstaumel schwebte mein Herz noch nie, niemals noch war es so voller Freude. Ich kreise, gleich als ob ich fliegen könnte, in Gedanken stets um sie, weil ein ermutigendes Wort von ihr kam, welches durch meine Seele mitten in das Herze drang. 2 Alles, was ich an Beglückendem schaue, spiegele sich wider in dem Lustgefühl, das ich empfinde! Himmel und Erde, Wald und Aue sollen den Frühling meiner Freude begrüßen. Zu mir ist eine freudige Hoffnung und eine beseligende Zuversicht gedrungen. Darum soll mein Herz empor sich schwingen. 3 Gepriesen sei die freudespendende Nachricht, die so lieblich in meinem Ohr klang, gepriesen der so angenehm wirkende Schmerz, der zugleich so freudevoll sich in mein Herz senkte. Daraus entsprang ein Entzückendes, das mir wie der Tau von Freude aus den Augen perlte. 4 Gepriesen sei die beglückende Stunde, gepriesen der Frühling, der hohe Tag, da das Wort von ihrem Munde kam, das mir so sehr am Herzen lag, daß ich vor Freude erschrak und vor Entzücken nicht weiß, was ich von ihr sagen kann.

Das Lied besteht aus vier Strophen, in denen der Minnende seine Gefühle kundtut; es beschreibt keine Handlung, das Wesentliche in diesem Gedicht ist der Ausdruck der Emotionen. Sehr ungewöhnlich ist die Tatsache, dass die behandelten Gefühle eindeutig glücklich sind; es handelt sich hier eigentlich um das Gegenteil der Minneklage.

Schon in der ersten Strophe wurde der Grund des Glückes nicht nur beschrieben, sondern auch erläutert; der Minnende erlebt die höchste Freude, weil ihm seine ausgewählte Dame ihr Wohlwollen zeigte (ein ermutigendes Wort). Es wurde die Macht dieses einzigen Wortes betont, welche die Gedanken, Seele und Herz des Minnenden vollkommen beherrschte.

70 In der zweiten Strophe kommen zu den schon behandelten Ereignissen noch die Hinweise auf die Natur hinzu. Die Freude des Minnenden wird weiter begründet (freudige Hoffnung, Zuversicht), daneben tauchen die Bilder einer Landschaft auf, die das Glück den Minnenden auch empfangen und teilen soll. Die Darstellungen von Wald und Aue sind typische Motive der Natur, hier noch suggestiv mit dem Frühling verbunden; die Formulierung „Himmel und Erde“ soll die ganze Welt bedeuten.

In der dritten Strophe wurde das Gefühl des Glückes noch gesteigert und als wohltuender Schmerz verbildlicht. Die Emotionen scheinen so stark zu sein, dass sie in Tränen einen Ausdruck finden, die hier poetisch als Tau umschrieben sind.

In der vierten Strophe gipfelt das Gedicht: in einem rhetorischen Lob der Stunde und der Jahreszeit (Frühling), in welchen das Wort der Gunst vom Mund der Dame kam. Der Minnende wird – in einem bekannten Topos – als vor Glück paralysiert und reaktionsunfähig dargestellt (Unsagbarkeitstopos).

In diesem Lied sind die Grundbausteine nicht zu finden, obwohl es zeitlich schon zu dem klassischen Minnesang gehört. Es entzieht sich dem Schema, verzichtet auf die üblichen Motive und konzentriert sich ausschließlich an die Äußerung der Freude.

Lied Nr. XXIV Neidhart von Reuental (Übersetzung Helmut Lomnitzer) 1 In Berg und Tal erhebt sich wieder der Vöglein Gesang, wie ehedem grünt jetzt der Klee. Entweiche, Winter, du tust weh! 2 Die Bäume, die vom Reif bedeckt waren, haben nun alle ihr grünes Reis voll von Vögeln. Das tut gut. Davon erhebt der Mai den Zoll. 3 Eine Alte rang mit dem Tod Tag und Nacht. Die hopste seitdem wie ein Widder umher und stieß alle Jungen um.

71 Das Gedicht besteht aus drei Strophen, denen zwei Motivkreise zugrunde liegen: in den ersten zwei Strophen wird der Frühling geschildert, seine Schönheit und seine belebende Macht. Die letzte Strophe entfaltet dieses Thema auf eine komische, groteske Weise: als Wirkung des Frühlings auf eine alte (eigentlich nicht minnefähige) Frau.

Die erste und die zweite Strophe, die gemeinsam den sogenannten Frühlingseingang bilden, bestehen aus mehreren typischen Natur- und Frühlingsmotiven, wie Bäumen und Vögeln. Die Vögel sind sogar mehrmals erwähnt, denn der Vogelgesang ist ein wichtiges Element, welches als eine Anregung zur Liebe dient. Die Aussagekraft von solchen Naturbeschreibungen gründet sich auf Kontrasten (es besteht ein starker Kontrast zwischen dem Winter, der wehtut und dem Frühling, der gut tut). Dies findet auch in Farben einen Ausdruck, denn mit dem Winter ist die graue Farbe von Reif und mit Frühling das Grün von Klee verbunden.

Die dritte und letzte Strophe modifiziert dann die idyllische Atmosphäre; wenngleich auch hier ein Kontrast betont wird (Winter, in dem die Alte dem Tode nahe stand, Frühling, von dem sie wiederbelebt wurde). Doch gerade ihre Wiederbelebung wird mit Hilfe eines Vergleichs mit dem Widder dargestellt, welcher auf erotische Aggressivität hinweist. Das Benehmen der Alten wirkt deshalb unpassend und grotesk. Dies alles verletzt die Regeln des Minnesangs und verrät eine parodistische Tendenz der Spätphase dieser Gattung.

Wie das vorausgehende Lied, auch dieses entspricht dem klassischen Schema nicht und enthält keinen der Grundbausteine. Der Autor weicht von den Traditionen ab, und entwickelt eine neue Art von Minneliedern.

Die drei Lieder unterscheiden sich vollkommen; doch es gibt ein Element, das sie indirekt verbindet: die Hinweise auf Natur. In dem ersten dienen die Naturmotive dazu, die Stimmung des Minnenden und der Dame auszudrücken. Sie symbolisieren die Schönheiten des Lebens allgemein und die Tatsache, wie sie empfangen wurden, äußert die Gefühle der Gestalten. In dem zweiten Fall ist das Wichtigste und das Maßgebende die Verknüpfung von Natur und Lebensglück. Die Schönheit der Natur spiegelt die Gefühle des Minnenden wider. Im Vergleich

72 dazu hat das Naturmotiv in dem dritten Lied eine externe Bedeutung. Hier bilden die Naturbilder einen wichtigen Rahmen, der der Tradition entnommen wurde und ohne den die Handlung nichtssagend wäre.

Die Hinweise auf Natur sind im Minnesang sehr häufig und beliebt, es gibt eine ganze Menge von Naturmotiven, manche einfach und geradlinig, manche kompliziert und raffiniert; einige davon haben noch bis heute bestimmte Konnotationen beibehalten, wie zum Beispiel die Rosen oder der Vogelgesang als Anreger von Liebe.

73 4. Zusammenfassung 4.1 Die Auffassung der Dame

Bei allen fünf Autoren spielt die Dame eine wichtige, sogar zentrale Rolle, doch in Einzelheiten fasst jeder von ihnen die Dame wesentlich anders als die anderen auf. Bei Kürenberg ist die Dame eine lebendige Person, die zwar alle höfische Qualitäten besitzt, wie Schönheit und Vornehmheit, die aber auch fehlgehen kann (vgl. ihr herrisches Auftreten gegenüber dem Ritter im Lied Nr. XVIII „Ich stand spät in der Nacht“). Sie bleibt trotz aller Werte menschlich und ist eine aktive Teilnehmerin an dem Verfahren. Gleich ist das auch bei Dietmar von Aist – auch hier kommt die Dame in verschiedenen Rollen vor, manchmal handelt sie aktiv und selbstständig, manchmal ist sie schwach, was sie menschlich macht und den Liedern eine Buntheit verleiht.

Bei Rudolf von Fenis ändert sich die Auffassung der Dame grundlegend – sie verliert ihre Lebendigkeit, wird allmählich zu einem höheren Wesen, was aber eher aus den Gefühlen des Minnenden, als aus direkten Behauptungen und Beschreibungen der Dame klar ist. Dabei ist auch die Tatsache wichtig, dass die Dame zu dem Minnenden oft eine negative Einstellung hat, seine Liebe ablehnt und ihn sogar hassen kann. Daran sind die französischen Vorbilder zu erkennen, unter denen Rudolf von Fenis seine Lieder geschaffen hat.

Bei Morungen wurden noch mehrere Qualitäten der Dame dargestellt, unter anderem die Wohlerzogenheit, angemessenes Verhalten und gesellschaftliche Anerkennung; diese wurden so betont und gepriesen, dass dadurch ihre menschlichen Züge in den Hintergrund treten und sie in eine gottesähnliche Position gestellt wurde. Fehler oder Unvollkommenheit der Dame kommen nicht einmal in Frage, sie ist völlig makellos.

Bei Reuental verliert die Dame wieder an ihrer Vollkommenheit und von den Qualitäten wurden meistens nur ihre Schönheit und vor allem ihre Liebesbereitschaft betont. Es sind hier stark parodistische Elemente zu finden, die das Schema der Minnelieder abwandeln und damit abwechslungsreich machen.

74 4.2 Die Auffassung des Minnenden

In dem Zusammenhang und Einklang mit der Auffassung der Dame variiert auch die Auffassung des Minnenden. Kürenberg und Aist einerseits und Reuental andererseits überlassen die Aktivität der Dame. So kann der Minnende sowohl als die aktive Person in der Liebe, als auch als ein passives Objekt des Interesses der Dame auftreten. Und genauso wie die Dame, auch er kann die Liebe nach seinem Willen annehmen oder ablehnen.

Bei Fenis ändert sich die gegenseitige Stellung der Hauptgestalten und der Minnende wurde zu dem Einzigen, der in der Liebe aktiv ist und sein kann. Doch das bedeutet nicht, dass er in der Liebe dominant ist – ganz im Gegenteil, er ist von der Minne so überwältigt, dass er seinen eigenen Willen verliert und sich der Dame völlig unterwirft.

Auch bei Morungen als einem Klassiker ist die Aktivität ausschließlich auf der Seite des Minnenden und die Dame kann höchstens sein Werben gnädig annehmen. Doch neben der Unterwerfung des Minnenden wurde in seinen Liedern seine Vervollkommnung durch den Frauendienst betont.

Bei allen fünf Autoren wurde der Minnende als ein Adeliger dargestellt, der seine Qualität im Akt des höfischen Singens zeigt.

4.3 Die Auffassung der Minne

Für alle fünf Autoren ist die Minne die Triebkraft des Lebens, aber sonst fassen sie sie stark unterschiedlich auf. Kürenberg, ähnlich wie Aist, schildert die Minne als eine Beziehung, die zwar in manchen Aspekten idealisiert ist, doch trotzdem real und lebensnah bleibt; sie kann sogar negative Elemente enthalten, wie das Verlassen des Partners. Dies verleiht den Liedern eine eigenartige Intensität und Wahrhaftigkeit. Für Fenis bedeutet die Minne eher eine übermenschliche Macht, die sein ganzes Leben bestimmt und gegenüber der der Mensch ganz hilflos ausgeliefert steht; doch er kann auch in einer solchen ausweglosen Situation eine besondere Freude zu finden. Auch Morungen sieht die Minne als etwas höheres und mächtigeres als der Mensch, für ihn bedeutet sie eine magische Macht, die das ganze Leben bestimmt und die die Kraft besitzt, den Mensch vollkommen

75 glücklich oder vollkommen verzweifelt zu machen. Bei Reuental wurden vor allem die erotischen Aspekte der Minne unterstrichen, was seine Werke nicht so gehoben, aber dafür lebensnah und ungezwungen macht.

76 5. Literaturverzeichnis Primärliteratur

BRACKERT, Helmut. Minnesang: Mittelhochdeutsche Texte mit Übertragungen und Anmerkungen. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 1999 MORUNGEN, Heinrich von. Lieder: Mittelhochdeutsch und Neuhochdeutsch. Text, Übersetzung, Kommentar von Helmut Tervooren. Ditzingen: Reclam Universal-Bibliothek, 1992 REUENTAL, Neidhart von. Lieder: Auswahl mit den Melodien zu neun Liedern, Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Übersetzt und herausgegeben von Helmut Lomnitzer. Ditzingen: Reclam Universal-Bibliothek, 1998 SCHWEIKLE, Günther. Mittelhochdeutsche Minnelyrik: Texte und Übertragungen. Bd. 1. Frühe Minnelyrik. Stuttgart, Weimar: Verlag J. B. Metzler, 1993 Sekundärliteratur

BÖTTCHER, Kurt, GEERDTS, Hans Jürgen: Kurze Geschichte der deutschen Literatur. Berlin: Volkseigener Verlag, 1986 BÖTTCHER, Kurt, GREINER-MAI, Herbert, KROLOP, Kurt. Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller: Von den Anfängen bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts. Leipzig: VEB Bibliographisches Institut, 1987 BRINKMANN, Hennig. Der deutsche Minnesang. In FROMM, Hans. Der deutsche Minnesang: Aufsätze zu seiner Erforschung. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1963. S. 85-166. DE BOOR, Helmut, NEWALD, Richard. Geschichte der deutschen Literatur: Von den Anfängen bis zur Gegenwart. München: C. H. Beck`sche Verlagsbuchhandlung, 1955. Zweiter Band NEUMANN, Friedrich. Hohe Minne: Mit einem Nachtrag. In FROMM, Hans. Der deutsche Minnesang: Aufsätze zu seiner Erforschung. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1963. S. 180-196. VIEBIG, Melanie. Mittelalterliche Literatur [online]. 2004 [2008-01-12]. . VOCKE, Willi. Daten der deutschen Literatur [online]. 2008 [2008-01-12]. .

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