Retterwiderstand in Wuppertal Während Des Nationalsozialismus
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Retterwiderstand in Wuppertal während des Nationalsozialismus Inauguraldissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Philosophie in der Philosophischen Fakultät (Fach Geschichte) der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf vorgelegt von Frank Friedhelm Homberg Erstgutachter: Professor Doktor Falk Wiesemann Zweitgutachterin: Universitäts-Professorin Doktor Irmtraud Götz von Olenhusen Für Leon und Mia D 61 Düsseldorf 2008 2 Inhalt Einführung S. 8 1. Wer gilt als Helfer oder Retter im Sinne dieser Arbeit? S. 8 2. Zum Begriff „Retterwiderstand“ S. 13 3. Die Entwicklung der Forschungen zum Widerstand S. 19 4. Der Stand der Forschung zum „Retterwiderstand“ S. 25 5. Quellen S. 28 5.1 Die Akten des Amtes für Wiedergutmachung der Stadt Wuppertal S. 29 5.2 Die Personenakten der Staatspolizei(leit)stelle Düsseldorf S. 34 5.3 Interviews S. 37 Retterwiderstand in Wuppertal S. 41 1. Dissens als Vorbedingung des Retterwiderstandes in Wuppertal und Umgebung S. 41 2. Öffentlicher Protest gegen die Judenpolitik des NS-Staates S. 45 3. Öffentlicher Protest durch Geistliche S. 48 3.1 Pfarrer Karl Immer S. 49 3.2 Die Pastorenfamilie Hesse S. 53 4. Hilfe im Alltag S. 62 4.1 Hilfe unter Kollegen: Rudolf Doil und Bernhard Meyer S. 62 4.2 Der Farbenfabrikant Dr. Kurt Herberts hilft verfemten Künstlern und rassisch Verfolgten S. 75 5. Organisierte Hilfe S. 79 5.1 Die Quäker S. 79 5.1.1 Quäker als Mitorganisatoren der Kindertransporte nach England S. 83 5.1.2 Versteckt bei Quäkern: Die Rettung der Familie Jordan S. 91 3 5.1.3 Versteckt bei Quäkern: Maria Heck und die Schwestern Steinigans helfen Recha Labbé S. 95 5.2 Das Büro Pfarrer Grüber S. 99 5.2.1 Das Büro Pfarrer Grüber – unterstützt durch den Wuppertaler Unternehmer Ernst Vits S. 102 5.2.2 Pfarrer Hermann Ziegler unterhält Kontakte zum Büro Grüber S. 104 5.3 Der „Bund, Gemeinschaft für sozialistisches Leben“ und sein Wirken in Wuppertal S. 109 5.3.1 Marianne Strauß – gerettet durch das Netzwerk des „Bund“ S. 115 5.3.2 Lisa Jacob – versteckt durch den „Bund“ S. 122 5.4 Hans Joachim Henk: Gab es eine Verbindung zum Widerstand des 20. Juli 1944? S. 125 6. Die Deportation vom 17. September 1944 im Rheinland S. 128 6.1 Schutz durch den Status der „privilegierten Mischehe“ S. 128 6.2 Der Erschießungsbefehl des Höheren SS- und Polizeiführers Karl Gutenberger S. 134 6.3 Umfang und Ziele der Deportation vom 17. September 1944 S. 140 6.4 Kriminalkommissar Josef Bielefeld lässt Max Epstein frei S. 142 6.5 Untergetaucht am 17. September 1944: Die Familie Barfuss S. 146 6.6 Toni Schulten, M. Dillmann, Trude Kochhäuser und Friedrich Bockmühl verstecken Else Paul S. 156 7. Besondere Gefahren in der Illegalität S. 159 7.1 Martha Monse: Schwerhörig im Versteck S. 160 7.2 Elsa Dauk flieht aus dem Krankenhaus S. 162 8. Ursula Kurz – als kleines Kind in Polen verborgen S. 165 4 9. Konsistorialrat Waldemar Sinning vermittelt Susi Goldschmidt ein Versteck S. 170 10. Retter in Uniform S. 177 10.1 Willi Ahrem, Haupttruppführer der Organisation Todt, verhilft Juden zur Flucht S. 181 10.2 Der Wehrmachtssoldat Willi Hübel: Vom Feldgericht zum Tode verurteilt S. 185 10.3 Der Polizeibeamte Paul Kreber streicht Sinti von der Deportationsliste S. 188 10.4 Polizeiinspektor Dreiling fälscht einen „Ariernachweis“ S. 192 10.5 Zuchthausdirektor Dr. Karl Engelhardt rettet politische Gefangene und opfert dafür kriminelle Strafgefangene S. 194 11. Bezahlte Hilfe – Flucht, Scheitern und Denunziationen. Das Schicksal der Familie Barmé und deren Helfer S. 197 11.1 Heinrich Becker und Friedrich Barmé: Freundschaft und Verrat S. 202 11.2 Der Entzug der finanziellen Mittel zur Flucht durch die „Arisierung“ des Besitzes der Familie Barmé S. 205 11.3 Die Flucht der Familie Benno Barmé S. 207 11.4 Die Flucht der Familie Friedrich Barmé S. 209 11.5 Folgen für die Helfer S. 215 11.6 Die Rückerstattung des Vermögens nach dem Krieg S. 217 12. Gescheiterte Hilfe und Strafe S. 223 12.1 Verzweiflung nach Aufgabe des Verstecks: Dr. Hans Feldheim und seine Tochter Anneliese begehen Selbstmord S. 226 12.2 Flucht und Verrat: Edith Meyer und ihre Helfer Heinrich Heinen und Helene Meyer werden von Paula und Willy Berntgen verraten S. 228 5 13. Der Umgang mit Helfern und Rettern nach dem Krieg S. 232 13.1 Wiedergutmachung S. 232 13.2 Ehrungen S. 238 Resümee S. 240 Anhang S. 252 1. Kurzbeschreibung der belegten Fälle S. 252 Quellen und Literatur S. 263 1. Quellen S. 263 1.1 Archive 1.1.1 Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal S. 263 1.1.2 Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland S. 263 1.1.3 Bundesarchiv Koblenz S. 263 1.1.4 Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht S. 263 1.1.5 Hauptstaatsarchiv Nordrhein-Westfalen Düsseldorf S. 263 1.1.6 Hessisches Hauptstaatsarchiv S. 264 1.1.7 Staatsarchiv Nordrhein-Westfalen Münster S. 265 1.1.8 Stadtarchiv Düsseldorf S. 265 1.1.9 Stadtarchiv Wuppertal S. 265 1.2 Interviews S. 267 1.3 Veröffentlichte Quellen S. 268 1.4 Bildnachweis S. 268 1.5 Datenbanken S. 268 1.6 Quellen aus Privatbesitz S. 268 6 2. Veröffentlichungen S. 269 2.1 Monographien S. 269 2.2 Aufsätze S. 273 2.3 Autobiographische Berichte S. 277 2.4 Zeitungsberichte S. 278 2.5 Nicht veröffentlichte Beiträge S. 279 2.6 Vorträge und Reden S. 279 2.7 Internet S. 279 2.8 Nachschlagewerke S. 280 Zusammenfassung S. 281 7 Einführung 1. Wer gilt als Helfer oder Retter im Sinne dieser Arbeit? Bei den Rettern und Helfern handelt es sich um Menschen, die sich in der Zeit des Natio- nalsozialismus anders verhalten haben als die große Mehrheit der Bevölkerung. Lässt sich am Beispiel dieser Personengruppe das Bild vom NS-Staat als einem totalitären Regime revidieren? Die Unterstützung von bedrohten Menschen durch Angehörige der „Volksge- meinschaft“ führte ja nicht zwangsläufig zur Einweisung in ein Konzentrationslager. Die populäre Entlastungsformel: „Man habe ja nichts machen können“ verliert vor diesem Hin- tergrund an Gültigkeit. „Retterwiderstand“ kam häufiger vor als lange Zeit vermutet und hinterfragt diese Ausrede. Jeder Mensch, dessen Hilfeleistung erforscht und bekannt wird, ist ein Beweis für die Tatsache, dass es Handlungsspielräume auch in der NS-Diktatur ge- geben hat. Schuld und Verantwortung, Versagen und Zivilcourage in einem totalitären Staat: Das sind die Extreme, zwischen denen sich die Menschen nicht nur in einer Diktatur bewegen. Dennoch bleibt die Beschäftigung mit den Rettern und Helfern eine Gratwande- rung. Menschen, die sich mutig oder, wie sie sich oft selbst sahen, anständig verhielten, blieben die seltene Ausnahme. Die aktive oder passive Teilhabe an der staatlich organisier- ten Verfolgungspolitik blieb die Regel im nationalsozialistischen Deutschland. Die über- wiegende Mehrheit der Deutschen sah entweder weg oder billigte bzw. unterstützte mehr oder weniger engagiert die Verbrechen des NS-Staates. Das mutige Handeln der Wenigen bringt das Versagen der Mehrheit erst richtig ins Bewusstsein. Im Allgemeinen ist es das Ziel der Geschichtsschreibung, die vorherrschenden Entwicklun- gen, die generellen Trends in Staat und Gesellschaft darzustellen. Die Menschen, die Juden und anderen Verfolgten halfen, sie vielleicht unter Lebensgefahr zu retten versuchten, bilden jedoch Sonderfälle, die sich einer klassischen Typisierung entziehen. Da sie stets individuell motivierte Abweichungen von der Norm darstellen, werden diese Sonderfälle durch die Er- zählung der ihnen zu Grunde liegenden eigenen Geschichte beschrieben und analysiert.1 1 Ursula Büttner: Die anderen Christen. Ihr Einsatz für verfolgte Juden und „Nichtarier“ im nationalsozialisti- schen Deutschland. In: Beate Kosmala, Claudia Schoppmann (Hg.): Solidarität und Hilfe für Juden während der NS-Zeit, Bd. 5: Überleben im Untergrund. Hilfen für Juden in Deutschland 1941-1945, Berlin 2002, S. 127-150, hier S. 132. 8 Allein schon die Gliederung der vorliegenden Arbeit erforderte eine Typisierung. So gibt es eine Unterscheidung der verschiedenen Formen des „Retterwiderstandes“, die vom bloßen Dissens über den öffentlichen Protest bis hin zu lebensrettenden Leistungen reicht. Für den Historiker ist der Dissens ein aus den Quellen oft nur schwer und unter Vorbehalt zu rekon- struierendes Phänomen. Gleichwohl kann man vermuten, dass der Dissens den Ausgangpunkt für weitere Formen widerständigen Handelns bildete. Viele Formen des „Retterwiderstands“ konnten im Unterschied zum öffentlich vorgebrachten Protest gegen die nationalsozialistische Judenpolitik nur im Geheimen stattfinden. Dieser öf- fentliche Protest wurde zwar nicht nur von Geistlichen getragen, doch diese hatten aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung und Funktion als Multiplikatoren die Möglichkeiten, viele Menschen zu erreichen. Eine Sonderstellung nimmt in diesem Zusammenhang der in (Wup- pertal-)Elberfeld geborene Schriftsteller Armin T. Wegner ein, der 1933 in einem Brief an Adolf Hitler entschieden gegen die Verfolgung der Juden protestiert hatte. Der Fall des Metzgermeisters Rudolf Doil, der seinem Kollegen Bernhard Meyer half oder jener des Lackfabrikanten Dr. Kurt Herberts, der verfolgten Künstlern beistand, zeigt, welche Möglichkeiten für konkrete Hilfsaktionen im Alltag des NS-Regimes existierten. Beide schu- fen durch ihre jahrelange Unterstützung die Voraussetzung, dass sich Menschen trotz Boykott und Berufsverbot ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft sichern konnten. Es war aber auch organisierte Hilfe möglich. So waren die Quäker nicht nur die Mitorganisa- toren der so genannten „Kindertransporte“ nach England vom November 1938 bis zum