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Yvonne Häfner (1733-1813): Der der Deutschen1 Zur Konzeption der Ausstellung zu Leben und Werk Christoph Martin Wielands im Zürcher Museum Strauhof

Inhaltsverzeichnis Seite

Einleitung und Überblick 4-5

Raum 1: Grenzüberschreitungen (1733-1760): 6-8 Die Kindheit, Jugend- und Studentenzeit Christoph Martin Wielands

Raum 2: Metamorphose in Biberach (1760-1769): 9-11 Ein Dichter auf dem Weg zum Weltruhm

Raum 3: Dichter, Philosoph und Pädagoge in (1769-1772) 12-13

Raum 4: Wieland in und Oßmannstedt (1772-1813) 14-16

Raum 5: Wieland im Kreis seiner Familie 17

Raum 6: Wielands Gelehrtenbibliothek und sein Anteil 18-19 an der Briefkultur des 18. Jahrhunderts

Biographische Daten 20-21

1 Wieland hat sich von dem Beinamen »Voltaire des Allemands« stets in aller Bescheidenheit distanziert. Unter seinen Zeitgenossen erfreute sich die Bezeichnung jedoch besonderer Beliebtheit. Napoleon Bonaparte soll Wieland in einem Gespräch während des Erfurter Fürstenkongresses 1808 daraufhin angesprochen haben. Auch Mme de Staël-Holstein hat Wieland in ihrem Buch De l’Allemagne (1810) mit Voltaire verglichen. Bereits einige Jahre vor dem Erscheinen ihres Buches hat die Baronin an ihren Vater, den berühmten Schweizer Bankier und ersten bürgerlichen Finanzminister unter Ludwig XVI., Jacques Necker geschrieben: »Wieland a 70 ans, une figure fine, de l’esprit formé à l‘école voltairienne.« Zit. in: Thomas C. Starnes: Christoph Martin Wieland. Leben und Werk. Band 3: »Der Dekan des deutschen Parnasses« (1800-1813), Sigmaringen 1987, S. 159

3 Einleitung

Christoph Martin Wieland Die Ausstellung gliedert sich in insgesamt sechs thematische Abschnitte. Dem Besucher (1733-1813): erschliessen sich Leben und Werk Christoph Der Voltaire der Deutschen Martin Wielands in einer als Rundgang ange- legten Präsentation: Der Parcours beginnt im Erdgeschoss des Museums Strauhof (Raum 1) mit Dokumenten zu Wielands Kindheit und Jugend in und Biberach und gibt Einblick in die Schul- und Studentenjahre in Klosterbergen, Erfurt, Tübingen, Zürich und (1733-1759). Raum 2 ist Wielands Rück- kehr nach Biberach gewidmet: Im Mittelpunkt dieser Ausstellungseinheit stehen diejenigen Entwicklungen, die Wieland während seiner Biberacher Jahre (1760-1769) zu einem Dich- ter von Weltrang heranreifen liessen; so wird

Raum 1 Grenzüberschreitungen (1733-1760): Die Kindheit, Jugend- und Studentenzeit Christoph Martin Wielands

Raum 2 Metamorphose in Biberach (1760-1769): Ein Dichter auf dem Weg zum Weltruhm

Erdgeschoss

4 sichtbar, wie er sich schon bald auch ausser- deutung allusiver Stilformen in seinem Werk halb der Grenzen seiner Heimatstadt Bekannt- sowie das weitverzweigte Netz an Briefkon- heit und Ansehen erwerben konnte. takten mit Dichterkollegen und Gelehrten der Im Obergeschoss des Museums Strauhof Zeit. Diesen Themenbereichen sind die beiden begegnet der Besucher (Raum 3) dem Wieland kleineren Ausstellungseinheiten in Raum 5 der Erfurter Jahre (1769-1772). Die Präsen- und 6 gewidmet. tation setzt ein mit der Abkehr des Dichters Wenn immer möglich wurde im Rahmen von seiner frühen Rokoko-Dichtung und gibt unserer Ausstellungskonzeption auf originale Einblick in die neuen intellektuellen Heraus- historische Zeugnisse und Kunstwerke als forderungen, die ihn als Philosophieprofessor Exponate zurückgegriffen. Der weitaus grösste erwarteten. Wielands Weimarer und Oßmann- Teil der Originalobjekte und -dokumente wurde stedter Zeit von 1772 bis 1813 wird in Raum 4 dabei den Beständen des Wieland-Museums dokumentiert. Über das literarische Schaffen mit Wieland-Archiv Biberach sowie der hinaus geben die Exponate Einblick in Wie- Zentralbibliothek Zürich entnommen. lands familiäre Lebenssituation, thematische Schwerpunkte seiner Privatbibliothek, die Be-

Raum 6 Wielands Gelehrtenbibliothek und sein Anteil an der Briefkultur des 18. Jahrhunderts

Raum 4: Raum 5 Raum 3 Wieland in Weimar Wieland Dichter, Philosoph und Pädagoge und Oßmannstedt im Kreis in Erfurt (1769-1772) (1772-1813) seiner Familie

1. Obergeschoss

5 Raum 1 Grenzüberschreitungen (1733-1760): Die Kindheit, Jugend- und Studentenzeit Christoph Martin Wielands

Als Christoph Martin Wieland am 16. Oktober 1752 an der Schweizer Grenze anlangte, wurde er von dem Altstetter Pfarrer Johann Heinrich Schinz (1726-1788) in Empfang genommen. Wieland befand sich auf der Durchreise nach Zürich, wo er von (1698- 1783) in seinem Haus »Zum oberen Schönen- berg« am Abhang des Zürichbergs als Gast und Zögling erwartet wurde. Der weit über Zürich Johann Jakob Bodmer. (1698-1783) hinaus bekannte Gelehrte, Schriftsteller und J. F. Bause nach Literaturkritiker hatte sich nach eingehender Anton Graff, 1784 Lektüre von Wielands Erstlingsschriften von dem dichterischen Talent des jungen Mannes und in seinen Briefen an Bodmer mit Schmei- überzeugen lassen, der nun unter seiner cheleien und übertriebenen Komplimenten Aufsicht in Theorie und Praxis der Dichtkunst nicht gespart hatte, versprach eine an Selbst- ausgebildet werden sollte. Bodmer setzte gros- preisgabe grenzende, devote Anpassung: »[...] se Hoffnung in den neunzehnjährigen Jüngling, ich werde bemüht seyn, die Gegenwart meines der ihn mit seiner stupenden Belesenheit und Körpers so wenig als möglich ist, merklich zu einem überragenden Gedächtnis in höchstem machen.«3 Körperliche, alsbald aber auch geisti- Masse beeindruckte.2 Für Wieland hingegen ge Grenzen überschreitend reagierte der junge bedeutete die Ankunft in der Schweiz nicht nur Wieland auf die väterlich-despotische Bevor- eine Grenzüberschreitung im geographischen mundung seines Gönners und Lehrers mit einer Sinne. Der junge aufstrebende, aber gänzlich beunruhigenden Tendenz zur »Assimilierung« unerfahrene Dichterlehrling aus der schwäbi- und »Überidentifikation«.4 schen Provinz, der die Einladung nach Zürich Die Ausstellungspräsentation wird durch leidenschaftlich, fast verzweifelt herbeigesehnt Exponate, Hörstationen, Texterläuterungen und Zitate zusammengehalten, die auf eben diesen

2 Bodmer pries vor allem Wielands »patriarchalische Seele«, lobte Aspekt der wiederholten Grenzüberschreitun- seine Tiefsinnigkeit und stellte sein poetisches Können über das- gen verweisen. Erinnerungsspuren, die dem jenige von Klopstock. Vgl. dazu den Brief Johann Jakob Bodmers vom 27. Dezember 1752, teilabgedruckt in: Johann Gottfried Betrachter dieses insbesondere für den ersten Gruber: C. M. Wielands Leben. Leipzig 1827. Reprint hrsg. von der Lebensabschnitt so charakteristische Phäno- Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur in Zusammenarbeit mit dem Wieland-Archiv Biberach an der Riß men deutlich vor Augen führen, lassen sich und Dr. Hans Radspieler. Zweites Buch, S. 169. bis in die Kindheit Wielands zurückverfolgen. 3 Christoph Martin Wieland an Johann Jakob Bodmer (6. Sep- Exemplarisch lässt sich dies an der Tatsache ver- tember 1752). In: Wielands Briefwechsel. 19 Bde. Hrsg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Institut für anschaulichen, dass der achtjährige Christoph Deutsche Sprache und Literatur. Berlin 1963−2006. Bd. 1: Briefe Martin in einer Schülerliste der Biberacher der Bildungsjahre (1. Juni 1750–2. Juni 1760). Hrsg. von Hans Werner Seiffert. Berlin 1963, S. 117–120, hier S. 120, Z. 88–90. Lateinschule in einer Klasse aufgeführt wird, 4 Dieter Martin: Bodmers streitbare Koalition mit Christoph Mar- tin Wieland. In: Anett Lütteken und Barbara Mahlmann-Bauer (Hrsg.): Bodmer und Breitinger im Netzwerk der europäischen Aufklärung. Göttingen 2009, S. 459−473, hier S. 460–469.

6 die üblicherweise den Zehn- bis Vierzehnjäh- nur erreichbaren Schriften zusammengetra- rigen vorbehalten war. Wielands aussergewöhn- gen hatte, um sich ganz in die Literatur, die liche Frühreife und intellektuelle Begabung, die Poesie und Philosophie vertiefen zu können. bereits die Zeitgenossen in Staunen versetzten Wieland verschweigt nicht, dass er in seinem und die letztlich dazu führten, dass der Knabe Drang, sich auf geistigem Gebiet stets neue seit 1743 nur noch privat unterrichtet wurde, und ferne Felder des Wissens zu erobern, seine bildet den Hintergrund für jene Entwicklun- Lehrer oftmals brüskierte, auch wenn er in gen, die dem Besucher die weiteren bildungs- Kloster Berge in seinem Lehrer Raether einen geschichtlichen Irr- und Umwege erklärbar verständnisvollen Mentor, einen »andern Vater« machen können: So brachten die weitausgrei- und »Menschenfreund« gefunden hatte, der fenden Bildungserlebnisse, die Wieland in der mit viel Mühe des Jünglings »Hertz zu bilden« pietistisch geprägten Internatsschule Kloster sich bemühte.5 Mit dem Selbstbewusstsein Berge von 1747 bis 1749 paradoxerweise eine eines jungen Mannes, der sich seiner Origina- präzise Vorstellung von dem aufgeklärten Frei- lität und raschen Auffassungsgabe bewusst denkertum vermittelten, den damals Dreizehn- ist, gibt Wieland bereitwillig Auskunft über jährigen wegen aufkeimenden Zweifeln an der seine gelehrte Lektüre und schildert detailliert Existenz Gottes nicht nur in schwere seelische seine ersten, in jugendlichem Eifer vollbrachten Bedrängnis, sondern trugen ihm bei seinen Leh- Leistungen auf dem Gebiet der Dichtung. rern auch alsbald den Ruf eines Atheisten ein. Dieser autobiographische Hintergrund eröffnet Mittels einer Audioinstallation werden diese aufschlussreiche Anknüpfungspunkte an die Grenzerfahrungen mit den eigenen Worten des überregionale Kultur- und Literaturproduktion jungen Wieland akustisch erfahrbar gemacht. der Zeit, die mit den letzten Ausläufern des Im Mittelpunkt des Interesses steht hier jener sogenannten Literaturstreits zwischen Leipzig bedeutende, mit grösster Sorgfalt ausgearbei- und Zürich in der Mitte des 18. Jahrhunderts tete Bewerbungsbrief an Johann Jakob Bodmer in Zusammenhang gebracht werden können: vom 6. März 1752, mit dem sich Wieland bei Johann Jakob Bodmer und Johann Jakob seinem zukünftigen Mentor ins Licht zu setzen Breitinger (1701-1776) haben der deutsch- hoffte. Wieland schreibt, wie er von klein auf sprachigen Literatur insbesondere durch das in versucht hatte, sich mit seinen ersten, noch im den 1740er Jahren entwickelte ästhetische und Kindesalter geschriebenen Dichtungen seine literarische Kunstprogramm zukunftsweisende eigene Welt zu eröffnen und auch im Hinblick Impulse gegeben. Im Unterschied zu Johann auf die Berufswahl stets darum gerungen hatte, Christoph Gottsched (1700-1766), der auf der die engen, vom Elternhaus gesetzten Schranken Grundlage einer vernunftgeleiteten Regelpoetik zu durchbrechen. Er schildert, wie er – sehr zur dem klassizistischen Stilideal verpflichtet blieb, Enttäuschung seines Vaters – sich weder für ein vertraten die Schweizer den Standpunkt, dass Studium der Theologie noch der Jurisprudenz die dichterische Einbildungskraft den Geist des hatte entscheiden können und stattdessen alle Lesers, Hörers und Zuschauers einnehmen und

5 Christoph Martin Wieland an Johann Jakob Bodmer (6. März 1752). In: Wielands Briefwechsel Bd. 1. (Anm. 3). S. 45−52, hier S. 50, Z. 166–169.

7 entzücken sollte. Bodmer entwickelte im Kon- und zeigt anhand entsprechender Exponate text von John Miltons Paradise Lost (1667) eine und Zeugnissen von Zeitgenossen Wielands Poetik, in der die Einbildungskraft den Bereich extreme Überidentifikation als »Bodmerien«, des Möglichen im Blick auf das Wunderbare von der er erst nach seinem Auszug aus fundamental erweiterte. Damit eröffneten sich Bodmers Haus im Juni 1754 nach und nach dem Dichter ganz neue Möglichkeiten des abrückte. Der letzte Ausstellungsbereich in schöpferischen Ausdrucks. Wieland, der sich Raum 1 erzählt davon, wie sich Wieland in der bereits als junger Tübinger Student von der zweiten Hälfte der 1750er Jahre zunehmend Poetologie und der gegen Gottsched gerichte- für das gesellschaftliche Leben öffnete, Distanz ten Dichtungstheorie beeindruckt gezeigt hatte, zu seiner asketischen Lebensform gewann und meldete sich während seiner Zürcher Zeit mit insbesondere durch die 1755 und 1756 begon- zahlreichen Äusserungen zu Wort, die ihn als nenen Korrespondenzen mit Johann Ludwig einen kompromisslosen Parteigänger der Zür- Wilhelm Gleim (1719-1803) sowie Johann cher zeigten. Bemerkenswert ist, dass Wieland Georg Zimmermann (1728-1795) einen Weg etwa in seinem Jugendwerk Ankündigung einer aus seinen dichterischen Anfängen fand. Dunciade für die Deutschen (1755) nicht nur zum persönlichen Angriff auf Gottsched über- ging, sondern auch zu einem Rundumschlag gegen alle Kritiker der Zürcherischen Bibelepik ausholte. Die Ausstellung im Museum Strauhof veranschaulicht die entgegengesetzten Positi- onen der Leipziger und Zürcher Dichterschulen

8 Raum 2 Metamorphose in Biberach (1760-1769): Ein Dichter auf dem Weg zum Weltruhm

Nachdem Wieland am 30. April 1760 einstimmig viel gepriesene »Tusculanum« vor den Toren zum Senator seiner Heimatstadt gewählt und der Stadt, sondern auch das Biberacher Komö- ihm die Stelle des Stadtschreibers und Kanz- dienhaus sowie das nahe gelegene Schloss leiverwalters angetragen worden war, kehrte Warthausen zu Fixpunkten des Wieland-Bildes er ohne langes Zögern in seine Heimatstadt geworden sind. Im Biberacher Fadennetz hat zurück. Das knappe Jahrzehnt, das Wieland von Wieland jene umfangreiche literarische Produk- 1760 bis 1769 in Biberach verbracht hatte, gilt tion entfaltet, die ihn zum führenden Dichter als entscheidende Phase in seiner persönlichen lebensfroher, geselliger, an antiken Vorbildern und literarischen Entwicklung. Er wandelte sich geschulter Werke in der Epoche des Rokoko in dieser Zeit von einem religiösen Schwärmer zu einem Autor, der einer geradezu sinnlich- frivolen Lebensfreude huldigte. Wieland selbst hat diese Metamorphose folgendermassen beschrieben: »Mit meinem Uebergange aus der Platonischen Schwärmerey zur Mystischen (Anno 1755.56.) und mit meinem Herabsteigen aus den Wolken auf die Erde ging es natürlich und gradatim zu. [...] Durch ein paar Jahre Aufenthalt in der zwar kleinen, aber paritäti- schen und damahls sehr unruhigen Reichsstadt Biberach, kam ich ins praktische Leben, und dieß wirkte so außerordentlich auf mich, daß in weniger als einem Jahre mein ganzes voriges Leben in der Schweiz mir wie ein schöner Traum vorkam [...].«6 Die Exponate lenken den Blick des Betrachters auf diejenigen Lebensräume, die sich über Generationen hinweg ins kulturelle Gedächtnis Oberschwabens eingeprägt haben. Lange vor der Umgestaltung des Wieland-Gartenhauses machten. Ebenso hat er an diesen Erinnerungs- zum Museum hat sich das kleine Dichterhäus- stätten mit seiner Übersetzung von Shakes- chen als Erinnerungsort in das allgemeine peares Theater dem deutschen Publikum des Bildgedächtnis eingeschrieben. Zahlreiche 18. Jahrhunderts einen Werkkomplex zugäng- Ölgemälde, Aquarelle, Bleistiftskizzen und lich gemacht, der bis dahin beinahe unbekannt Federzeichnungen aus verschiedenen Epochen war. Wertvolle Exponate aus den Beständen des legen Zeugnis davon ab, wie nicht nur dieses Wieland-Museums Biberach erinnern daran, dass Wieland 1761 für ein Jahr lang die Leitung

6 Christoph Martin Wieland an Leonhard Meister (28. Dezember 1787). In: Wielands Briefwechsel (Anm. 3). Bd. 9.1: Juli 1785– März 1788. Erster Teil: Text. Bearb. von Uta Motschmann. S. 358–363, hier S. 361, Z. 96–98 und Z. 102–104.

9 der »Biberacher Evangelischen Bürgerlichen Wieland brachte das höchst ehrgeizige Unter- nehmen, das er gelegentlich als »Galeeren- Sclaven-Arbeit«8 verwünschte, bereits 1766 zum Abschluss. Damit wurde er zum massgeblichen, wenn auch nicht unumstrittenen Wegbereiter Shakespeares in Deutschland. Die Exponate wecken die Sensibilität dafür, dass Wieland mit seiner Shakespeare-Übertragung zahlreiche Fremdwörter, Wortneubildungen und Lehnwen- dungen in die deutsche Sprache eingeführt hat. Bis heute haben sich Zeugnisse von Wielands Sprachkunst im Sprachgebrauch erhalten.9 Dass Christoph Martin Wieland in Biberach zu einem Dichter von Weltrang heranreifen und Wielands Gartenhaus in Biberach. sich damit schon bald auch ausserhalb der „Ein Garten zu Biberach, wo Wieland studirte. Jul. 1816“. Künstler unbekannt, 1816. Grenzen seiner Heimatstadt Bekanntheit und Ansehen erwerben konnte, hängt wesentlich Comödiantengesellschaft« übernahm und mit auch mit seiner Hinwendung zu dem kleinen der Aufführung von Shakespeares Drama Musenhof auf Schloss Warthausen – wenige in seiner eigenen Übersetzung Kilometer nördlich von Biberach – zusammen. die erste wirklich bedeutende Darstellung eines Von seiner einstigen Verlobten Sophie von La Shakespeare-Stückes in deutscher Sprache auf Roche (1730-1807) war Wieland bereits im die Bühne gebracht hatte. Damit begann die Sommer 1761 bei Anton Heinrich Friedrich grosse Zeit des Biberacher Theaters. Die Quellen Reichsgraf von Stadion (1691-1768) eingeführt belegen, dass die erfolgreiche Inszenierung worden und zählte seither zu den gern gesehe- Wielands das Doppelte der damals üblichen nen Gästen. Besonders wertvoll waren für Wie- Einnahmen einbrachte.7 Gleichzeitig begann land nicht nur die Gespräche mit dem Schloss- er die Gesamtübersetzung von Shakespeares herrn, sondern ebenso die Bücher der mit den Dramen. neuesten Pariser und Londoner Literaturwerken reichlich ausgestatteten Schlossbibliothek. Wieland machte sich damals mit der zeitgenössi- 7 Eintrag aus: Einschreib-Buch, der Comoedien. Welche von Lobl. Gesellschafft allhier anfänglich und nacheinander agirt worden. schen Literatur umfassend vertraut und lieferte Biberach d. 12. t. Oktobr. A. 1731, fol. 97r. (Wieland-Museum schon bald mit seinen eigenen Dichtungen den Biberach, Hs. 1443) Vgl. auch: Viia Ottenbacher u. Heinrich Bock: »...wie Shakespeare seinen Pyramus und Thisbe aufführen lässt.« Beweis dafür, dass er durchaus in der Lage war, Wielands Komödienhaus in Biberach. Marbach 21999, S. 11. Verserzählungen im Stil der besten zeitgenössi- 8 Christoph Martin Wieland an Salomon Gessner (24. Juni 1762). schen Franzosen und Engländer zu dichten. In: Wielands Briefwechsel (Anm. 3). Bd. 3: Briefe der Biberacher Amtsjahre (6. Juni 1760 –20. Mai 1769). Bearb. von Renate Die Schlossgesellschaft, die stets die erste Petermann und Hans Werner Seiffert. S. 95f. hier: S. 96, Z. 12. 9 Vgl. Kyösti Itkonen: Die Shakespeare-Übersetzung Wielands (1762-1766). Ein Beitrag zur Erforschung englisch-deutscher Lehnbeziehungen. Jyväskyla 1971.

10 Leser- oder Zuhörerschaft seiner poetischen der vorgeschriebenen paritätischen Besetzung Versuche war, hat auf die Entwicklung seines der städtischen Ämter hineingezogen wurde. Schreibstils keinen geringen Einfluss ausgeübt. Die katholische Partei hatte wegen dem feh- Durch eine begehbare Nachbildung des soge- lenden juristischen Doktortitel einen Gehalts- nannten Stadion-Salons auf Schloss Warthau- abschlag für Wieland gefordert, so dass dieser sen werden Formen der Kommunikation, des vier Jahre lang aufgrund unregelmässiger geselligen Kulturaustauschs und gemeinsamen Gehaltszahlungen mit finanziellen Nöten zu Musizierens auch akustisch vergegenwärtigt kämpfen hatte. Diese für Wieland sehr schwie- und sinnlich erfahrbar gemacht. Audioinstal- rige Lebenslage spitzte sich zu, als der knapp lationen mit Hörbeispielen aus Wielands Dreissigjährige sich hoffnungslos in eine aus Biberacher Werken sowie Musikeinspielungen einfachen Verhältnissen stammende Katholikin mit Werken von Joseph Haydn (1732-1809) verliebt hatte. Seiner Jugendfreundin Sophie vermitteln einen unmittelbaren Eindruck von von La Roche gestand Wieland in einem Brief der damaligen Salon- und Schlossatmosphäre. vom Oktober 1763, dass er mit seiner klei- Wielands umfangreiche literarische Produktion nen Philomele, – im Volksmund Bibi und mit und Übersetzertätigkeit war während seiner bürgerlichem Namen Christine Hogel (1764-?) Biberacher Zeit einem von Amtsgeschäften genannt, – die halben Nächte verbrachte und zerrissenen Alltag abgerungen. Die Ausstellungs- nun seit einigen Monaten grosse Hoffnung präsentation lässt in diesem Zusammenhang habe, Vater zu werden.10 Die Geschichte dieser nicht ausser Acht, dass prekäre berufliche Liebe, die an den gesellschaftlichen und konfes- Umstände und biographische Tiefschläge in sionellen Zwängen der Zeit scheiterte spannungsvollen Gegensatz zu dem überaus und für Wieland eines der erfolgreichen Aufstieg Wielands zum berühm- schmerzlichsten Ereignisse testen Schriftsteller Deutschlands treten. Ein seines Lebens war, wird mit den Beständen des Wieland-Museums Biberach einem schattenrissartigen entnommener Brief an den Evangelischen Frauenporträt dokumentiert. Magistrat vom März 1764 gibt einen guten Eindruck von der verzweifelten Lage, in der sich Wieland in dieser Zeit tatsächlich befand. Hintergrund für die prekäre berufliche Situation bildete der Umstand, dass Wieland nach seiner Rückkehr aus der Schweiz unvermittelt in die Intrigen und Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten um die Sicherung

10 Christoph Martin Wieland an Sophie La Roche (10. Oktober 1763). In: Wielands Briefwechsel (Anm. 3). Bd. 3: Briefe der Biberacher Amtsjahre (6. Juni 1760-20. Mai 1769). Bearb. von Renate Petermann und Hans Werner Seiffert. S. 179–187, hier: S. 185, Z. 220 und S. 186, Z. 263f.

11 Raum 3 Dichter, Philosoph und Pädagoge in Erfurt (1769-1772)

Am 30. März 1769 teilt Christoph Martin Wieland dem Evangelischen Magistrat in Biberach brieflich mit, dass ihm vom Kurfürsten und Erz- bischof Emmerich Joseph von Mainz (1707– 1774) die doppelte Stelle eines Regierungsrats und eines Professors der Philosophie in Erfurt angetragen worden sei. Diesem »mit dem Finger der göttlichen Providenz so sonderbahr bezeichneten Ruf«11 könne er sich – schreibt Wieland – unmöglich entziehen. Zwei Tage nach Pfingsten desselben Jahres 1769 macht sich Wieland auf den Weg. Auf seiner Reise über Augsburg, Nürnberg, Erlangen, Coburg, Frauenwalde, Ilmenau und Arnstadt nach Erfurt Herzog Carl August von Sachsen-Weimar- wird er von seiner Frau Anna Dorothea (1746- als Prinz (1757-1828). Joh. Georg Zisenis, 1769. 1801), seinem erst wenige Monate alten Töch- terchen Sophie Katherine Susanne (1768-1837), treten. Der damals auf der Höhe seines Ruhms dem zwölfjährigen Sohn seiner ehemaligen Ver- stehende Dichter war sich bewusst, dass man lobten , seiner schon etwas ihn wegen seines klangvollen Namens nach betagten, aber schlechterdings unverzichtbaren Erfurt geholt hatte. An den Schweizer Dichter schwäbischen Köchin sowie seinem als »animal und Maler Salomon Gessner (1730-1788) scribax«12 bezeichneten Sekretär begleitet. schrieb er am 16. Februar 1769: »Ich habe von Die Berufung nach Erfurt bot Wieland die lang dem Kurfürsten von Mainz […] einen Beruf als ersehnte Möglichkeit, die wenig geliebte Regierungsrath und Professor Primarius der Kanzleiverwalterstelle in seiner Heimatstadt Philosophie an der Universität Erfurt, mit 600 aufzugeben und als Mitglied der Universität Thaler Gehalt, bekommen. […] Man hat mir eine neue berufliche Herausforderung anzu- zu erkennen gegeben, daß man mich nur um meines Namens willen haben wolle, und daß man zufrieden sey, wenn ich komme, sollte 11 Christoph Martin Wieland an den Evangelischen Magistrat in Biberach (30. März 1769). In: Wielands Briefwechsel (Anm. ich gleich nichts anderes thun, als daseyn und 3). Bd. 3: Briefe der Biberacher Amtsjahre (6. Juni 1760-20. Mai machen, was mir selbst gefalle.«13 Im Hinter- 1769). Bearb. von Renate Petermann und Hans Werner Seiffert. S. 590-592, hier: S. 590, Z. 22f. grund dieser bemerkenswerten und für Wieland 12 Christoph Martin Wieland an Friedrich Justus Riedel (31. sehr komfortablen Berufungssituation stand März 1769). In: Wielands Briefwechsel (Anm. 3). Bd. 3: Briefe der Plan der kurmainzischen Regierung, den der Biberacher Amtsjahre (6. Juni 1760-20. Mai 1769). Bearb. von Renate Petermann und Hans Werner Seiffert. S. 593-596, drohenden Verfall der akademischen Schule, S. 595, Z. 77. die durch konservative Katholiken zu einem 13 Christoph Martin Wieland an Salomon Gessner (16. Februar erstarrten, langweiligen Lehrinstitut verkom- 1769). In: Wielands Briefwechsel (Anm. 3). Bd. 3: Briefe der Biberacher Amtsjahre (6. Juni 1760-20. Mai 1769). Bearb. von Renate Petermann und Hans Werner Seiffert. S. 581–584, hier: S. 582, Z. 15-25.

12 men war, abzuwenden. Wieland, der sich in der Geschichte der Menschheit von Isaak Iselin scherzhaftem Ton bereits damals über seine (1764) sowie De l’esprit des lois »Celebrität«14 lustig zu machen begann, sollte (1748, ausgestellt in einer Ausgabe von 1784) mit seinem berühmten Namen der akademi- anschaulich gemacht werden. Dass Wieland schen Institution zu neuem Glanz verhelfen, ungeachtet seines Erfolgs bereits im Früh- an deren Modernisierung mitwirken und den jahr 1772 den deutlichen Wunsch nach einer Lehrbetrieb für die damaligen Studenten Veränderung geäussert hat,16 muss mit wieder attraktiv machen. bildungspolitischen Fehlplanungen der kur- Hier kommen deshalb nicht nur die dichteri- mainzischen Regierung sowie mit den Querelen schen, sondern ebenso die pädagogischen und einer reformunwilligen Fraktion von altein- hochschulpolitischen Bestrebungen Christoph gesessenen Professoren in Zusammenhang Martin Wielands während seiner Erfurter Zeit gesehen werden. Die Ausstellung visualisiert zur Anschauung. Wieland, der bereits in jungen diese Schwierigkeiten des Erfurter Reformpro- Jahren sein Interesse für erzieherische Anliegen gramms vor dem Hintergrund der zeitgenössi- kundgetan und zeitlebens die Verbindung der schen Sozial- und Gelehrtengeschichte und Schriftstellerrolle mit dem Lehramt gewünscht zeigt zugleich auf, dass es Wieland schliesslich hatte, hatte in Erfurt erstmals die Möglichkeit, gelang, mittels seiner ambitionierten literari- mit seiner Unterrichtstätigkeit eine breitere schen Tätigkeit die Befreiung aus seiner letztlich Bevölkerungsschicht zu erreichen. Seine Lehr- unbefriedigenden Situation des Professoren- tätigkeit war dabei von beachtlichem Erfolg daseins zu erwirken. Im Mittelpunkt des Interes- gekrönt. Das hohe Ansehen, das Wieland unter ses steht hier Wielands in Erfurt entstandener den Studenten genoss, ist vielfach bezeugt; sein Fürstenspiegel und Staatsroman Der goldene Vorlesungsangebot, das von der Weltgeschichte Spiegel, der ihm 1772 die Berufung als Prinzen- und Ästhetik, über Geschichte der Philosophie erzieher nach Weimar eintrug. und Montesquieus De l’esprit des lois, bis hin zur klassischen Literatur wie , Horaz und Vergil reichte, stiess auf grosse Resonanz.15 14 Christoph Martin Wieland an Sophie La Roche (27. November 1769). In: Wielands Briefwechsel (Anm. 3). Bd. 4.: Briefe der Im Mittelpunkt der Exponate stehen neben Erfurter Dozentenjahre (25. Mai 1769-7. September 1772). einer fotografischen Vergegenwärtigung des Bearb. von Annerose Schneider und Peter-Volker Springborn. Erfurter Universitätsgebäudes, das 1945 einem S. 57-61, hier: S. 57, Z. 10. 15 Wielands Biograph Gruber zitiert aus dem Brief eines Bombenangriff zum Opfer fiel, diejenigen ehemaligen Wieland-Schülers: »Mit ihm und wegen ihm zogen Werke und Kompendien, auf die Wieland für Hunderte der auswärtigen Musensöhne nach Erfurt.« : C. M. Wielands Leben. Viertes Buch. (Anm. 2), seine Vorlesungstätigkeit zurückgriff. Sie ent- S. 563, Anmerkung. Weitere Belege bei Annerose Schneider: werfen anschaulich einen geistigen Kosmos, in Wieland als Hochschullehrer in Erfurt. In: Ulman Weiss (Hrsg.): Erfurt 742-1992. Stadtgeschichte – Universitätsgeschichte. dem sich der Dichter damals bewegte. Die für Weimar 1992, S. 495-512, hier S. 501. Wielands Pädagogik relevanten Haltungen und 16 »Ich bin gar nicht zum Universitaets-Professor gemacht und Stellungnahmen können exemplarisch anhand wünsche je bälder je lieber von dieser Ruderbank befreyt zu werden.« Christoph Martin Wieland an Johann Wilhelm Ludwig Gleim (4. Mai 1772). In: Wielands Briefwechsel (Anm. 3). Bd. 4.: Briefe der Erfurter Dozentenjahre (25. Mai 1769-17. September 1772). Bearb. von Annerose Schneider und Peter-Volker Spring- born. S. 489-492, hier S. 491, Z. 97-99.

13 Raum 4 Wieland in Weimar und Oßmannstedt (1772-1813)

Nach seinem zweijährigen Aufenthalt in Erfurt Monatsschrift herauszugeben. Mit der Gründung übersiedelte Wieland dauerhaft nach Weimar und eines für Deutschland neuartigen Periodikums, nach Oßmannstedt, wo er neben seinen Arbeiten dem nach Jean-François Marmontels (1723-1799) für das Musiktheater literarische Werke in nahezu Vorbild Mercure de France benannten und allen Literaturgattungen geschrieben hat. Die gegründeten Teutschen Merkur, wollte Wieland Bedeutung, die Wielands Ankunft für den kleinen »Einfluß auf Geist und Herz, Geschmack und Fürstenhof in Weimar mit seinen damals knapp Sitten der Nation« nehmen. Das Journal sollte 6000 Einwohnern hatte, lässt sich heute kaum einem deutschen, ja europäischen Lesepublikum mehr ermessen. Ohne Zweifel steht fest, dass die die Möglichkeit geben, sich umfassend über Entwicklung der Stadt zum wichtigsten kulturellen Themen der Literatur, der Musik und bildenden Zentrum Deutschlands ohne die Initialwirkung Kunst ebenso wie über orientalistische, archäo- und Präsenz Wielands vor Ort kaum möglich logische, politische, naturwissenschaftliche gewesen wäre. Unter dem Blick des Ausstellungs- und medizinische Gegenstände zu informieren. besuchers versammeln sich ausgewählte Exponate Die Beiträge für die Monatsschrift, die seit 1790 und Rezeptionszeugnisse, die veranschaulichen, unter dem Titel Der Neue Teutsche Merkur firmierte welche Innovationen auf publizistischem, musik- und 38 Jahre lang die öffentliche Diskussion in geschichtlichem und literarischem Gebiet dazu Deutschland bestimmte, wurden von den besten beigetragen haben, dass man heute geradezu von Köpfen Deutschlands, darunter auch hervorragen- »Wielands Erfindung «17 sprechen kann. den Staatsmännern, verfasst. Als ein an politischen und gesellschaftlichen Die Ausstellung trägt der Bedeutung des Teutschen Fragen ungemein interessierter Schriftsteller Merkur für Wielands Weimarer Zeit Rechnung. verwirklichte Wieland bereits kurz nach seiner Wielands Sensibilität für die politischen Verände- Ankunft in Weimar seinen Wunsch, eine eigene rungen seiner Zeit wird vor allem am Beispiel der Französischen Revolution sichtbar.18 Eine rot eingefärbte Wand, auf der die wichtigsten 17 Klaus Manger: Wielands Erfindung Weimars. Vortrag gehal- Stellungnahmen Wielands zu den Ereignissen in ten am 25.6.2005 anlässlich der Eröffnung des Museums im Wielandgut Oßmannstedt. In: Oßmannstedter Blätter 1 (2006), Frankreich seit Ausbruch der Revolution im Jahre S. 5-42. 1789 dargestellt sind, gibt Einblick in Wielands 18 Bemerkenswert ist, dass Wieland bereits fünf Jahre vor differenzierte Bewertung der Vorgänge jenseits Ausbruch der Französischen Revolution im Januar 1784 an Sophie von La Roche geschrieben hat: »Wir leben in einem so des Rheins. Die Installation veranschaulicht auf außerordentlich merkwürdigen und mit den größten Revoluti- der einen Seite, dass Wieland − da er die Berichter- onen schwangeren Zeitlauf, daß es ein Vergnügen ist zu leben, wenn’s auch nur wäre, um zu sehen, was aus dem allem noch stattungen aus erster Hand erhielt19 − wohl der werden wird. Und doch, wo sollten wir die Weisheit hernehmen, über die Ereignisse in Frankreich am besten infor- ganz müßige Zuschauer dabey zu bleiben?« Christoph Martin Wieland an Sophie von La Roche (8. Januar 1784). In: Wielands mierte Schriftsteller Deutschlands war. Auf der Briefwechsel (Anm. 3). Bd. 8.1: Juli 1782–1785. Erster Teil: Text. anderen Seite soll dem Betrachter auch vor Augen Bearb. von Annerose Schneider. S. 181, Z. 16–20. geführt werden, dass Wieland den revolutionären 19 Wieland las mehrere französische Zeitungen, so den Moniteur und das Journal de Paris, die beide die Debatten der Zeitläuften zunächst aufgeschlossen, bald jedoch Nationalversammlung abdruckten. Gelegentlich informierte er sich auch anhand der Lektüre der girondistisch ausgerichteten Chronique du Mois. Des Weiteren kannte er die königstreuen Actes des Apôtres sowie das von Antoine Rivarol (1753−1801) herausgegebene Journal politique et national.

14 zunehmend skeptisch gegenüber stand. Angesichts gänge bereits 1798, Monate vor dem Staatsstreich der Septembermorde des Jahres 1792 sowie der vom 8. Brumaire (9. November 1799), Napoleons blutigen Herrschaft der Jakobiner (»Terreur«) in den Aufstieg vorausgesagt hatte, die seltene Gabe Jahren 1793 und 1794 sah Wieland seine früheren besass, die Leser des Teutschen Merkur mit Erwartungen und Hoffnungen auf eine gesell- künftigen Entwicklungen auf der politischen schaftliche Modernisierung bald getäuscht. Landkarte vertraut zu machen. Mit dem Teutschen Die zunehmende Radikalisierung und destruktive Merkur hatte sich Wieland ein öffentliches Forum Dynamik der revolutionären Ereignisse führten geschaffen, dessen aussergewöhnliche Einfluss- dazu, dass er im fortgeschrittenen Alter seinen und Wirkungsmöglichkeiten er zielstrebig auch Glauben an einen positiven Ausgang der politischen für seine Mitarbeit an der höfischen Kulturpolitik Umwälzungen allmählich verlor, nun zu einer zu nutzen verstand. So veröffentlichte er in seinem reformkonservativen Abwehrhaltung tendierte Journal verschiedene Beiträge, die die Theaterpraxis und in der sittlich-moralischen Erziehung des am Weimarer Hof mit wegweisenden theoretischen Einzelnen die conditio sine qua non für den gesell- Überlegungen zur neuen Gattung des Singspiels schaftlichen Fortschritt erblickte. begleiteten, und entwickelte so zumindest ansatz- Diese veränderte Haltung bildet den Hintergrund weise eine Theorie der deutschen Oper. für die kritischen und weitgehend vorurteilslosen Ebenso besprach er die Aufführungen des Wei- Reflexionen über die Französische Revolution in marer Theaters und bekräftigte mit engagierten den Göttergesprächen (1789-1793) sowie den im Stellungnahmen die Absicht, eine Nationalbühne Laufe der neunziger Jahre verfassten, 1799 dann mit Vorbildcharakter für alle Theater Deutsch- in Buchform veröffentlichten Gespräche unter vier lands einzurichten. Die Ausstellungspräsentation Augen. Bemerkenswert ist, dass nicht nur die von veranschaulicht anhand ausgewählter Exponate Wieland in den erwähnten Texten so virtuos Wielands Schaffen für das Weimarer Theater. gehandhabte, an dem griechischen Satiriker Lukian Man denke an das noch in Erfurt verfasste und (2. Jh. n. Chr.) orientierte Dialogform, sondern seine zur Geburtstagsfeier der Herzogin Anna Amalia redaktionelle Tätigkeit als Herausgeber des Teutschen aufgeführte Singspiel Aurora (1772), an das von Merkur insgesamt darauf abzielten, zum Selbstden- dem Komponisten Anton Schweitzer (1735-1787) ken anzuregen und die öffentliche Diskussion zu in Musik gesetzte lyrische Drama Die Wahl des fördern. Wieland tritt dem Betrachter als ein Herkules (1773) oder an das ebenfalls von Anton Schriftsteller und Zeitschriftenherausgeber gegen- Schweitzer komponierte Singspiel (1773). über, der im öffentlichen Diskurs die Möglichkeit Dem Theater als Medium der Unterhaltung tritt erblickte, die (politische) Urteilskraft seiner Leser Wielands Konzeption desselben als ein »moralisches zu schärfen und deren Bereitschaft zu einer Institut« zur Seite. Von besonderer Bedeutung war Revision von Vorurteilen, Fehleinschätzungen und Irrtümern zu befördern.20 Ebenso wird dem 20 Zu Wielands Auseinandersetzung mit den Ereignissen Umstand Rechnung getragen, dass Wieland, der rund um die Französische Revolution vgl.: Thomas Höhle: als ein scharfsinniger Beobachter politischer Vor- Eine der lustigsten Begebenheiten unseres Zeitalters. Wielands Gespräche unter vier Augen im Urteil Goethes. In: Aufklärung und Weimarer Klassik im Dialog. Hrsg. von Andre Rudolph und Ernst Stöckmann. Tübingen 2009, S. 187–193; Thorsten Liesegang: Öffentlichkeit und öffentliche Meinung. Theorien von Kant bis Marx (1780-1850). Würzburg 2004, S. 87-108.

15 für ihn der Gedanke, mit dem Theater heilsam auf Hinter dem Anliegen, seiner Zeit die »Gelehr- die »Sinnesart und die Sitten eines Volkes« zu wir- samkeit, Weltkenntniß und Politesse« der »besten ken, so dass dieses »in den Händen einer weisen Schriftsteller« zu vermitteln, verbirgt sich die Regierung eines der wirksamsten Mittel wird, den Hoffnung auf eine Verfeinerung der eigenen Verstand und das Herz ihrer Untergebenen zu Kultur.23 Wielands Absicht, Weltkultur und bilden.«21 Das am 4. September 1773, am Tag Weltliteratur vergangener Zeiten für seine nach dem Geburtstag des Erbprinzen aufgeführte eigene Epoche zu aktualisieren, machte ihn zu Gelegenheitsstück Die Wahl des Herkules war – einer literarischen Grösse, der nicht nur die zumal es Wieland hier unternahm, seine Ideal- Zeitgenossen, sondern auch nachfolgende Gene- vorstellung eines aufgeklärten Herrschers zu rationen mit Bewunderung gegenüber standen. exponieren – unübersehbar auch als Teil der Seine Werke haben in Literatur, Musik, bilden- Prinzenerziehung konzipiert.22 der Kunst und Film eine reiche Nachwirkung Während Wielands Engagement für eine Reform entfaltet. Insbesondere das Versepos der deutschen Oper durch die Zerstörung des sowie der Roman Die Geschichte der Abderiten Weimarer Theaters beim Schlossbrand 1774 ein haben eine ganze Kette von Bearbeitungen nach jähes Ende nahm, trug sein unermüdlicher Einsatz sich gezogen. So liessen sich nicht nur bedeutende als Zeitschriftenherausgeber, Schriftsteller und zeitgenössische Maler wie Johann Heinrich Übersetzer bis zu seinem Tod im Jahr 1813 über Ramberg (1763–1840) und Johann Heinrich mehrere Jahrzehnte hinweg entscheidend zur Ent- Füssli (1741–1825) von Wielands Oberon inspirie- wicklung Weimars zum wichtigsten kulturellen ren; auch der romantische Komponist Carl Maria Zentrum Deutschlands bei. Wieland verfolgte mit von Weber (1786–1826) benutzte das Versepos als seiner umfangreichen, auf nahezu alle Literatur- Vorlage für seine Oper Oberon, die 1826 im gattungen (Romane, Märchen, Verserzählungen, Londoner Opernhaus Covent Garden uraufgeführt Novellen) sich erstreckenden Literaturproduktion, wurde. Die Geschichte der Abderiten fand ihrerseits sowie vor allem auch mit seinen zahlreichen Über- vielfältiges mediales Interesse in Adaptionen von setzungen aus dem Lateinischen und Griechischen Richard Strauss (Singspiel Der Prozess um des Esels ein Kulturprogramm, das sich zum Ziel setzte, seine Schatten, 1947), Friedrich Dürrenmatt (Hörspiel Zeitgenossen durch die Vergegenwärtigung antiker Der Prozess um des Esels Schatten, 1951) und Blütezeiten zu bilden. Walter Beck (Film Der Streit um des Esels Schatten, DDR 1989). Mit kritischem Enthusiasmus hat sich der deutsche Schriftsteller Arno Schmidt 21 Christoph Martin Wieland: Theatralische Nachrichten. (1914–1979) immer wieder für Wieland eingesetzt In: Der Teutsche Merkur (1773), H. 1, S. 264–276, hier S. 267. und mit der produktiven literarischen Anver- 22 Andrea Heinz: Wieland und das Weimarer Theater (1772–1774). wandlung seines Vorbildes entschieden zu einer Prinzenerziehung durch das Theater als politisch-moralisches Institut. In: Marcus Ventzke (Hrsg.): Hofkultur und aufklärerische Ehrenrettung des oftmals verkannten Dichters Reformen in Thüringen. Köln, Weimar, Wien 2002, S. 82–97. beigetragen. 23 Vgl. dazu die Zueignungsschrift vom 12. April 1782 der ersten Ausgabe von Horazens Briefen an den »Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Carl August, Herzog zu Sachsen«, abgedruckt in: Christoph Martin Wieland: Übersetzung des Horaz. Hrsg. von Man- fred Fuhrmann. In: Werke in zwölf Bänden. Hrsg. von Gonthier- Louis Fink u. a. am Main 1986, S. 11–15, hier S. 13, Z. 16.

16 Raum 5 Wieland im Kreis seiner Familie

Christoph Martin Wieland im Kreise seiner Familie 1774/75. , 1774/75.

In zeitgenössischen Quellen ist mehrfach belegt, ringe des Ehepaars), erzählt von einem Familien- dass Wieland sich als ein treusorgender Familien- leben, das für den Dichter von essentieller vater sehr um das Wohlergehen seiner grossen Bedeutung war. Seine »süßesten Augenblicke« – Familie gekümmert hat. Das berühmte Ölgemälde so hat Wieland einmal betont – seien diejeni- von Georg Melchior Kraus (1737-1806) – ein aus- gen Momente, in denen er das »ganze Häufchen gezeichnetes Genrebild aus dem Jahre 1774/75 der kleinen krabblichten Mitteldinge von – führt dem Betrachter eine Familiensituation Aeffchen und Engelchen« um sich herum habe.24 vor Augen, auf dem der Dichter zusammen mit Die Familie stellte für ihn so etwas wie eine seiner Frau Anna Dorothea und seinen vier gelungene Gesellschaft im Kleinen dar. erstgeborenen Kindern in einem idealisierten, Der Ausstellungseinheit zu Wielands Familien- mit vielen Kunstwerken geschmückten Salon leben steht eine Bildergalerie mit einer Auswahl dargestellt ist. Ein vor dem Gemälde platzierter der berühmtesten Wieland-Bildnisse zur Seite, Esstisch, auf dem zahlreiche originale Objekte die der Betrachter mit zeitgenössischen Quellen- aus dem Lebensalltag der Familie Wieland zitaten über Wielands Charakter und Physio- ausgestellt sind (Ess- und Trinkgeschirr, ein gnomie, seine Begabungen und Leidenschaften Regenschirm, eine Blumenvase, eine Standuhr, in Bezug setzen kann. ein Schälchen mit Spielmarken, ein Kinder- häubchen, ein Puppenservice sowie die Ehe- 24 Zit. bei Johann Gottfried Gruber: C. M. Wielands Leben. Leipzig 1827. Reprint hrsg. von der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur in Zusammenarbeit mit dem Wieland-Archiv Biberach an der Riß und Dr. Hans Radspieler. Siebentes Buch, S. 98

17 Raum 6 Wielands Gelehrtenbibliothek und sein Anteil an der Briefkultur des 18. Jahrhunderts

Einen Grossteil seines Lebens hat Christoph übrigens alle Briefe an seine Verwandten und Martin Wieland schreibend oder lesend zuge- Freunde, an Fürsten und Gräfinnen, an Verleger bracht. In einer Art Momentaufnahme lässt sich und Mitarbeiter eigenhändig. Den grössten Teil dies mit einem Schattenriss veranschaulichen, seines epistolographischen Werks hat Wieland der von einem bislang unbekannten Künstler auf Deutsch verfasst, doch brachte er beson- namens H. E. Stark im Jahre 1806 verfertigt ders gegenüber höher gestellten Persönlichkei- worden ist. Es handelt sich um einen ganzfigu- ten auch den höfisch-galanten französischen rigen Schattenriss, der Wieland im Profil nach Briefstil zur Anwendung. links im Frack mit einem Käppchen auf dem Wieland, der sich nach eigenem Bekunden am Kopf an einem Tische sitzend und schreibend liebsten in sein Schneckenhaus zurückzog, um zeigt. Dem Betrachter wird der Dichter als ein von seinem Schreibtisch aus die Gedanken in eher kleiner, schmächtiger Mann vor Augen die Ferne schweifen zu lassen,26 hinterliess bei geführt – man denkt sogleich an Voltaire −, seinem Tod eine bedeutende Gelehrtenbiblio- der im Eifer des Schreibprozesses mit gekrümm- thek, die dem Ausstellungsbesucher anhand tem Rücken eine eindrucksvolle Gelehrtenge- exemplarischer Beispiele vorgestellt wird. Eine stalt abgibt. Die ihn umgebenden Utensilien, Schautafel mit einer Auswahl von Titelblättern namentlich ein Buch, ein Schreibzeug mit zwei repräsentativer Bücher gewährt Einblick in die Federn sowie ein Leuchter unterstreichen die Privatbibliothek des Dichters, die von Friedrich konzentrierte Denkatmosphäre, in der sich der Johann Justin Bertuch (1747-1822) als »zwar ganz in seine Gedanken versunkene Dichter kleine, aber grösstentheils auserlesene Handbi- befindet.25 Der Schattenriss ruft auch Wieland, bliothek« bezeichnet worden ist.27 Wielands den unermüdlichen Briefschreiber, in Erinne- Bibliothek, die von der Forschungsstelle in rung. Mehrere hundert Siegelabdrücke verge- Biberach auf der Grundlage des Verzeichnisses genwärtigen, dass Wieland im Laufe seines Le- der Bibliothek des verewigten Hofraths bens weit mehr als zehntausend Briefe verfasst Wielands aus dem Jahre 1814 seit den 1950er und damit grossen Anteil an der Briefkultur Jahren rekonstruiert wird, tritt dem Betrachter seiner Epoche genommen hat. Wieland schrieb wie ein Spiegel seiner intellektuellen Vorlieben und seiner literarischen und persönlichen Beziehungen gegenüber. Liebhaberstücke, 25 Vgl. dazu auch die Beschreibung in: Paul Weizäcker: Die Bildnisse Wielands. Sonderabdrucke aus den Württ. Widmungsexemplare, Unikate und handschrift- Vierteljahresheften für Landesgeschichte. N. F. 1893. lich annotierte Bücher geben Einblick in das Stuttgart 1893, S. 40f. verborgene geistige Leben, in wissenschaftliche 26 »Ich gedencke auch einmal eine Reise zu reisen – und wohin meynen Sie? – Ins Land der Ideen.« Christoph Martin Voraussetzungen des Lebenswerks sowie in den Wieland an Johann Wilhelm Ludwig Gleim (8. Dezember 1769). intellektuellen Wachstums- und Reifungspro- In: Wielands Briefwechsel (Anm. 3) Bd. 3. Briefe der Biberacher Amtsjahre (6. Juni 1760–20. Mai 1769). Bearb. von Renate zess des Dichters. In engem Bezug zu Wielands Petermann und Hans Werner Seiffert. S. 64–67, hier: S. 67, Bibliothek steht eine grossflächige graphische Z. 125f. Darstellung des für Wieland typischen »allusiven 27 Zit. in: Klaus-P. Bauch und Maria-B. Schröder: Alphabeti- sches Verzeichnis der Wieland-Bibliothek. Bearbeitet nach dem »Verzeichniß der Bibliothek des verewigten Herrn Hofraths Wieland. 1814«. Hannover 1993, Einleitung: Zur Geschichte von Wielands Bibliothek, S. 1.

18 Verfahrens«.28 Unser Textbeispiel aus dem oder vernichtende Polemik mit feinsinnigem Roman Die Geschichte des Agathon zeigt, dass Spott, weltmännischem Auftreten und zivi- es Wieland weniger um das »Erfinden« im Sinne lisierter Gelehrsamkeit reagierte, kann dem der Genieästhetik ging, als vielmehr um das Besucher im Museum Strauhof zum Ausgangs- »Auffinden«, Überformen und produktive punkt dienen, dem facettenreichen Gespräch Weiterdenken literarischer Stoffe, die Wieland über das Phänomen Wieland bis in die heutige aus dem unerschöpflichen Arsenal antiker und Gegenwart zu lauschen und nachzuspüren. zeitgenössischer Quellen entnommen hat. Der Leser von Wielands Werken, der durch ein Netz nicht immer explizit gemachter Anspielungen von Texten anderer Autoren gleichsam um- sponnen wird, sollte im Idealfall ausgedehnte Kenntnisse der Mythologie und Geschichte, um- fassende Belesenheit in Romanen, Dichtungen und Schauspielen aller Zeiten und gründliches Wissen naturwissenschaftlicher und alter- tumskundlicher Zusammenhänge mitbringen, um zu verstehen, auf welche Art und Weise der Dichter seine Quellen ›bearbeitet‹ hat. Die Technik der Allusion gleicht einem Prozess der – oft mehrfachen – Überschreibung, die die Belesenheit des Rezipienten immer von neuem wieder herausfordert. Als ungemein belesener Kenner der antiken und zeitgenössischen Literatur genoss Wieland grösstes Ansehen. Genau dies machte ihn je- doch auch zur Zielscheibe literarischer Anfein- dungen: Zur Riege der Kritiker und Angreifer gesellten sich im Laufe der Zeit nicht nur die national eingestellten Dichter des »Göttinger Hain« oder die Anhänger des sogenannten »«, sondern ebenso bedeutende Schriftsteller wie Johann Wolfgang Goethe oder die beiden Brüder August Wilhelm und Friedrich Schlegel. Die Tatsache, dass Wieland auf Brandreden, undifferenzierte Rezensionen Christoph Martin Wieland. A. E. Stark (?), 1806. Aquarell.

28 Vgl. dazu Herman Meyer: Das Zitat in der Erzählkunst. Zur Geschichte und Poetik des europäischen Romans. Stuttgart 1961, S. 89–113.

19 Biographische Daten zu Christoph Martin Wieland

Biberach-Tübingen (1733-1752) 1759 Übersiedlung nach Bern. Hauslehrer beim Land- 1733 vogt Ludwig Friedrich von Sinner. Verlobung mit 5. September: Christoph Martin Wieland als Julie von Bondeli. Sohn des ev.-luth. Pfarrers Thomas Adam Wieland und der Regina Katharina, geb. Kick in Biberach (1760-1769) Oberholzheim bei Biberach an der Riß geboren. 1760 1736 30. April: Einstimmige Wahl zum Senator in Übersiedlung der Familie in die Freie Reichsstadt Biberach. 24. Juli: Wahl zum Kanzleiverwalter. Biberach. 1761 1747 Beginn der Besuche bei Friedrich Graf von Besuch der Internatsschule Kloster Berge bei Stadion auf Schloss Warthausen nahe Biberach. . Wieland wird Direktor der Evangelischen Komö- 1749 diantengesellschaft und inszeniert Shakespeares Beendigung der Schulzeit ohne Abschluss. Tempest in deutscher Übersetzung im Bibera- Studium an der Universität Erfurt und im cher Theater in der »Schlachtmetzg«. Hause Johann Wilhelm Baumers. 1761 (bis 1763) 1750 Verbindung mit Christine Hogel (»Bibi«), einem Rückkehr nach Biberach. Jurastudium in Tübin- katholischen Bürgermädchen. gen (bis Sommer 1752). Verlobung mit Sophie 1765 Gutermann von Gutershofen, der späteren Frau Eheschliessung mit der Augsburger Kauf- von La Roche (Grossmutter von Clemens und mannstochter Anna Dorothea von Hillenbrand Bettina Brentano). (21. Oktober), mit der er bis zu ihrem Tod (1801) in glücklicher Ehe leben wird (14 Kinder). Zürich-Bern (1752-1760) 1752 (bis 1754) Erfurt (1769-1772) Gast im Hause Johann Jacob Bodmers in Zürich. 1769 Während der knapp zweijährigen Lebens- und Ernennung zum Kurmainzischen Regierungsrat Arbeitsgemeinschaft im Hause Bodmers stellte und Professor der Philosophie an der Universität Wieland seine dichterische Arbeit in den Dienst Erfurt. Übersiedlung nach Erfurt. der Zürcher Literaturprogrammatik. 1771 1753 Frühjahr: Rheinreise. Dezember: Sophie Gutermann löst ihre Verlobung mit Wieland. 1754 (bis 1759) Als Hauslehrer in Zürich.

20 Weimar (1772-1797) 1772 Berufung als Erzieher des Erbprinzen Carl August an den Hof der Herzogin Anna Amalia in Weimar. Übersiedlung nach Weimar. 1775 Entlassung aus dem Amt des Prinzenerziehers mit einer Pension auf Lebenszeit. Goethe trifft in Weimar ein. 1776 Herder wird nach Weimar berufen. 1787 Ankunft Schillers in Weimar. 1794 Erscheinungsbeginn der Sämmtlichen Werke im Verlag Georg Joachim Göschen (Leipzig), bis 1811. 1796 Weimar (1803-1813) Reise nach Leipzig und Dresden. Reise nach Zürich zu seiner Tochter Charlotte (verheiratet 1803 mit dem Sohn des Verlegers Salomon Gessner). Januar: zu Gast in Oßmannstedt. Wieland muss das Landgut Oßmannstedt (1797-1803) verkaufen und kehrt nach Weimar zurück. 1797 1804 Übersiedlung von Weimar auf das Landgut Begegnung mit Madame de Staël Oßmannstedt. (1808: 2. Besuch). 1799 1807 Besuch von Sophie von La Roche und Enkelin 18. Februar: Tod von Sophie von La Roche. Sophie Brentano in Oßmannstedt. 10. April: Tod von Herzogin Anna Amalia. 1800 (bis 1802) 1808 Sophie Brentano wohnt den Sommer über in Begegnung mit Napoleon in Weimar. Oßmannstedt. 19. September: Tod Sophie 1813 Brentanos im Hause Wieland. 20. Januar: Wieland stirbt in Weimar. Beisetzung 1801 an der Seite seiner Frau und Sophie Brentanos 8. November: Tod von Anna Dorothea Wieland. im Park von Oßmannstedt.

21 Impressum

Das Museum Strauhof bedankt sich bei der Bildnachweis

Christoph Martin Wieland-Stiftung Biberach Johann Jakob Bodmer (1698-1783) für die Zusammenarbeit bei dieser Ausstellung. J. F. Bause nach Anton Graff, 1784. Kupferstich. Wieland-Museum Sie kam auf Anregung des Museums Strauhof Biberach, Bildsammlung 444. zustande und wird im Museum Biberach Der Bewerbungsbrief an Johann Jakob Bodmer Handschrift, Tübingen, 6. März 1752. vom 23. März bis 26. Mai 2013 übernommen. Zentralbibliothek Zürich.

Christoph Martin Wieland Christoph Martin Wieland (1733-1813) Lothar Ignaz Schweikart, 1768. Öl auf Kupfer. Der Voltaire der Deutschen Wieland-Museum Biberach, Bildsammlung 181. Wielands Gartenhaus in Biberach „Ein Garten zu Biberach, wo Wieland studirte. Eine Ausstellung des Museums Strauhof Jul. 1816“. Künstler unbekannt, 1816. Aquarellierte Federzeichnung. Zürich in Zusammenarbeit mit dem Wieland-Museum Biberach, Bildsammlung 80.

Wieland-Museum Biberach Herzog Carl August von Sachsen-Weimar- Eisenach als Prinz (1757-1828). Joh. Georg Zisenis, 1769. Öl auf Leinwand. 12. Dezember 2012 – 24. Februar 2013 Quelle: Klassik Stiftung Weimar.

Tafelrunde der Herzogin Anna Amalia Kuratorin: Dr. Yvonne Häfner im Wittumspalais Aquarell von Georg Melchior Kraus, um 1795. Ausstellungsgestaltung: Ranger Design, Stuttgart ©bpk/Klassik Stiftung Weimar.

Werbemedien: Ranger Design, Stuttgart Christoph Martin Wieland im Kreise seiner Familie 1774/75 Lichtgestaltung: Matí Georg Melchior Kraus, 1774/75. Aufbauteam Strauhof: Adrian Buchser (Leitung), Öl auf Leinwand. Klassik Stiftung Weimar. Sarai Aron, Georgette Maag, Stephan Meylan, Christoph Martin Wieland A. E. Stark (?), 1806. Aquarell. Barbara Roth, René Sturny Schattenriss/Papier. Klassik Stiftung Weimar, Ausstellungsbüro: Malgorzata Peschler Bestand Museen, Inv.-Nr. KHz/01898. Produktionsleitung Museum Strauhof: Roman Hess

Museum Strauhof Literaturausstellungen Augustinergasse 9 8001 Zürich Telefon 044 412 31 39 Verwaltung: Präsidialdepartement der Stadt Zürich, Telefon 044 412 31 30 www.strauhof.ch

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