SCHIEDSRICHTER ZEITUNG 01 OFFIZIELLES MAGAZIN DES DEUTSCHEN FUSSBALL-BUNDES 2020 JAN / FEB

Wenn es um einen respektvollen Umgang mit dem Schiedsrichter geht, tragen vor allem die Vereine die Verantwortung.

Titelthema Lehrwesen Porträt Ehrung TAGUNG DER OBLEUTE DER CHARAKTER AUF UMWEGEN ZUR AUSZEICHNUNG UND LEHRWARTE EINES SPIELS SCHIEDSRICHTERIN FÜR COLLINA Gewalt gegen Schiedsrichter Der Inhalt des neuen Die beeindruckende Karriere Walther-Bensemann-Preis ist das dominierende Thema DFB-Lehrbriefs Nr. 88 von Kathrin Lehmann erstmals für einen Referee DIFFERENT BEATS BUILD A NATION’S HEART. adidas.de/Deutschland

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EDITORIAL INHALT

LIEBE LESERINNEN TITELTHEMA 4 Brennpunkt Sicherheit UND LESER, Tagung der Obleute und Lehrwarte

8 „Auch 20 Vorfälle sind 20 zu viel“ die erste Halbserie der Spielzeit 2019/20 ist in allen Interview mit Ronny Zimmermann Spielklassen bereits wieder Geschichte. Mit hohem Enga- gement haben unsere Aktiven in allen Ligen erneut dafür 10 „Wir sind hier, wir sind laut!“ Sorge getragen, dass fast alle Spiele reibungslos ablie- Schiedsrichter-Demo in Berlin fen. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken. PANORAMA 12 „Voneinander lernen“ Leider bleiben wir aber auch in dieser Saison vom Thema „Gewalt gegen Schiedsrichter“ nicht verschont. Die EHRUNG jüngsten Vorfälle auf unseren Sportplätzen sind einfach 14 „Der Beste seiner Zunft“ nicht hinnehmbar. Kein Trainer und kein Zuschauer würde Auszeichnung für Pierluigi Collina ▼ seinen Stürmer, der aus zwei Metern das leere Tor nicht UDO PENSSLER-BEYER, trifft, in aller Öffentlichkeit als Betrüger bezeichnen. REGEL-TEST VORSITZENDER DES Gegenüber Schiedsrichtern ist dies aber noch die 16 Vor der Linie DFB-SCHIEDSRICHTER- geringste Form verbaler Gewalt und wird als normal AUSSCHUSSES angesehen. Deshalb zog sich dieses Thema auch wie ANALYSE ein roter Faden durch die Tagung der Obleute und Lehr- 18 Notbremse! Gelb oder Rot? warte, die im November stattgefunden hat und über die Tobias Altehenger auf Aktuelle Szenen aus dem den folgenden Seiten berichtet. ­Profifußball Tatsache ist aber auch, dass wir das Problem der Gewalt gegen Unparteiische LEHRWESEN nicht allein im Schiedsrichterwesen lösen können. Die Vereine, die Sport­ 24 Eine Frage des Charakters gerichte, die Medien – alle sind in der Pflicht, den Unbelehrbaren Einhalt zu Der Inhalt des aktuellen gebieten, damit wir weiterhin unserem Hobby ohne Gefahr für die eigene DFB-Lehrbriefs Nr. 88 Gesundheit nachgehen können. Milde Urteile der Sportgerichte sind genauso wenig hilfreich wie überzogen negative Berichterstattungen und beschwichti- REPORT gende Aussagen von Funktionären. Die Devise kann nur lauten: Null Toleranz! 26 Werben in Sozialen Medien Tagung der Mitarbeiter für Ich möchte an dieser Stelle all denen meinen ausdrücklichen Dank ausspre- ­Öffentlichkeitsarbeit chen, die Woche für Woche allen Widrigkeiten zum Trotz dafür Sorge tragen, dass die Spiele von der Kreis- bis zur Bundesebene möglichst reibungslos ver- PORTRÄT laufen – egal ob als Aktiver, Obmann, Lehrwart oder in anderer Funktion. 28 „Bungee-Jumping fürs Gehirn“ Der Weg von Kathrin Lehmann zur Mein Dank geht ebenfalls an die Unparteiischen im Elite-Bereich, die sich spon- Schiedsrichterin tan mit einem sehr emotionalen Video an die Seite der Amateur-Schiedsrichter gestellt haben und so eindrucksvoll die oft infrage gestellte Einheit des deut- AUS DEN VERBÄNDEN schen Schiedsrichterwesens ein weiteres Mal demonstriert haben. 32 Referent aus der Schweiz Bei allen Problemen dürfen wir aber auch nicht das Positive an unserem Hobby VORSCHAU aus den Augen verlieren. Immer noch finden sich junge Leute, die gerne Schieds- 34 Trainingslager der richter werden. Gemeinsam mit den „alten Hasen“ bieten sie auch in Zukunft Elite-Schiedsrichter die Gewähr dafür, dass die Fußballspiele auf allen Ebenen regelkonform ablau- fen. Als Anerkennung für genau diese Leistung werden am 16. Mai 2020 auch wieder 63 Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter stellvertretend für rund 60.000 Aktive in Frankfurt/Main im Rahmen der Veranstaltung „Danke Schiri.“ geehrt.

Ich wünsche Euch allen einen guten Start in die Rückrunde, vor allem aber viel SCHIEDSRICHTER ZEITUNG 01 OFFIZIELLES MAGAZIN DES DEUTSCHEN FUSSBALL-BUNDES 2020 Gesundheit. JAN / FEB

Wenn es um einen respektvollen Umgang mit dem Schiedsrichter geht, tragen vor allem die Vereine die Verantwortung. Euer

Die Schiedsrichter- Zeitung gibt es auch

Titelthema Lehrwesen Porträt Ehrung TAGUNG DER OBLEUTE DER CHARAKTER AUF UMWEGEN ZUR AUSZEICHNUNG UND LEHRWARTE EINES SPIELS SCHIEDSRICHTERIN FÜR COLLINA Gewalt gegen Schiedsrichter Der Inhalt des neuen Die beeindruckende Karriere Walther-Bensemann-Preis zum Download auf ist das dominierende Thema DFB-Lehrbriefs Nr. 88 von Kathrin Lehmann erstmals für einen Referee www.dfb.de TITELTHEMA 4 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2020 BRENNPUNKT SICHERHEIT

Die Sicherheit auf Deutschlands Fußballplätzen war ein Hauptthema bei der Tagung der Obleute und Lehrwarte.

Das Ende des Jahres 2019 war geprägt von Attacken gegen Schiedsrichter. Was tun? Auf diese Frage versuchten die Obleute der 21 Landesverbände bei ihrer jährlichen Tagung eine Antwort zu finden. 5

elix Brych schaut in die Kamera: „Schiedsrichter ste- gegen Schiedsrichter geschrieben und zusammen mit TEXT hen zusammen.“ ergänzt: „Egal in wel- dem Verband deutschlandweit Schiedsrichter und Tobias Altehenger F cher Klasse.“ Und Robert Schröder stellt klar: „Gewalt Schiedsrichter-Funktionäre befragt. Die Wichtigkeit von hat auf dem Fußballplatz nichts verloren.“ Drei klare Aus- Gewaltprävention beschreibt sie so: „Ein Schiedsrichter sagen, die am Anfang eines knapp zweiminütigen Videos kann auf dem Platz nur sicher im Auftreten sein, wenn stehen, in dem sich die Elite-Schiedsrichter des DFB mit er auch sicher im Sinne von ‚geschützt‘ ist. Gewalt im ihren Kollegen im Amateurbereich solidarisieren. Eine Fußball heißt in den allermeisten Fällen: Gewalt am Geste mit Symbolcharakter und eine des Respekts. „Wir Schiedsrichter.“ Trotzdem bestätigt auch ihre jüngste sind alle eine Familie“, scheinen die Schiedsrichter sagen Studie erneut, was schon die Ergebnisse der allermeis- zu wollen und: „Wir lassen uns den Fußball nicht kaputt ten vorangegangenen Studien der letzten Jahren gezeigt machen.“ Oder, um es mit zu sagen: „Die hatten: Die meisten Schiedsrichter sind laut eigener Freude lassen wir uns von niemandem nehmen.“ Aussage nie oder nur selten selbst Opfer von Gewalt geworden, auch die Gewalttaten insgesamt haben nicht Der Anlass für das Video, das nicht etwa vom Verband zugenommen – weder in der Intensität noch in der Häu- aufoktroyiert wurde, sondern aus dem Kreis der Schieds- figkeit. richter selbst entstand, ist allerdings ein trauriger: Bei einem Spiel der hessischen Kreisliga wird Schiedsrichter STATISTIK WIDERSPRICHT STIMMUNG Nils Czekala von einem Spieler per Faustschlag nieder- gestreckt und bewusstlos geschlagen. Der 22-Jährige Thaya Vester weiß, dass sie damit der aktuellen Stim- muss mit einem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus mung im Schiedsrichterwesen zu widersprechen scheint, geflogen werden. dennoch wirbt sie für Differenzierung: „Wir müssen – übrigens auch gegenüber den Medien – immer wie- Der Faustschlag gegen Czekala ist nur ein trauriger Höhe- der transportieren, dass diese wirklich grausamen punkt einer regelrechten Gewaltspirale. Übergriffe auf Gewalttaten keine Normalität sind. Wir müssen uns, los- Schiedsrichter. Einmal mehr. Der DFB weiß um den Ernst gelöst von den Vorfällen, immer die gesamte Saison der Lage und hat in der Zwischenzeit deutlich signalisiert: anschauen – und auch ein Auge auf all die vielen Schieds- Wir stehen hinter unseren Unparteiischen – egal wo und richter haben, denen nichts passiert.“ in welcher Liga. Der neue DFB-Präsident Fritz Keller schickte einen Brief an alle deutschen Schiedsrichter und schrieb Schon vor dem Start der neuen Saison hatte der DFB darin: „Die zahlreichen Gewalttaten, Respektlosigkeiten eine weitere Umfrage in Auftrag gegeben. Diesmal stand und Übergriffe gegen Schiedsrichter auf den Amateur- die Frage im Mittelpunkt, welche Maßnahmen in den plätzen schockieren auch uns, wir sind bestürzt, fassungs- Landesverbänden bereits existieren, um die Schieds- los und betroffen.“ Dennoch, Jagdszenen aus den Kreis- richter im Amateurfußball zu schützen. Das Ergebnis ligen im Land kursieren in diesen Wochen weiter als war dabei durchaus zweigeteilt: Rund die Hälfte der Videoclips in den sozialen Netzwerken, teilweise in scho- befragten Landesverbände bietet schon speziell auf ckierender Drastik. Die Folge: Schiedsrichter treten in den Schiedsrichter zugeschnittene Gewaltpräventionsmaß- Streik, wie im Saarland, in Berlin oder zuletzt in Köln. nahmen an, in den anderen Verbänden gibt es solche Maßnahmen noch nicht. Ebenfalls rund die Hälfte der Die ehrenamtlichen Funktionäre in den Kreisen sind am befragten Landesverbände empfand das derzeitig ver- Rande ihrer Belastungsgrenze. „Wir sind kein Freiwild“, fügbare Angebot als ausreichend. sagt etwa der stellvertretende Vorsitzende des Kölner Die Tagung in Schiedsrichterausschusses, Kabil Azizi, zum Streik sei- Für Ronny Zimmermann kommt dieses Ergebnis nicht Frankfurt/Main ner Unparteiischen: „Das war ein Hilferuf.“ Inmitten die- überraschend. Der für die Schiedsrichter zuständige stand erstmals ser schwierigen Lage trafen sich in Frankfurt/Main die DFB-Vizepräsident ist ebenfalls erschüttert über die unter der Leitung Obleute der Landesverbände, um darüber zu beraten, Gewalttaten gegenüber Unparteiischen in der gesam- von Udo Penßler- Beyer, dem neuen welche Maßnahmen nun ergriffen werden müssen. ten Bundesrepublik (siehe Interview). Zimmermann sagt Vorsitzenden des aber auch, dass es schon viele Angebote gebe: „Es würde DFB-Schiedsrichter­ Die Tagung der Obleute findet jedes Jahr statt. Norma- ausschusses. lerweise geht es dabei um die verschiedensten Fragen aus dem täglichen Geschäft: Welche Neuigkeiten gibt es aus den Bereichen Junioren und Frauen? Wie gehen die Bestrebungen für mehr Kinderschutz voran? Wie laufen aktuelle Werbemaßnahmen und das Schiedsrich- ter-Patensystem? Dieses Mal allerdings zieht sich das Thema Gewalt gegen Schiedsrichter wie ein roter Faden durch die Tagung. Zu frisch sind die jüngsten Vorkomm- nisse, zu präsent die Bilder und Schlagzeilen in den Köp- fen der Obleute. Ihnen ist anzumerken, dass sie mit aller Macht Lösungen erarbeiten wollen.

Die wissenschaftliche Grundlage für ihre Beratungen kommt von Thaya Vester. Die Kriminologin von der Uni Tübingen ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Fair Play & Gewaltprävention im DFB, hat ein Buch über Gewalt TITELTHEMA 6 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2020

mit ihren gesammelten Vorschlägen gepinnt haben. Als die drei Flipcharts anschließend aber wieder wegge- räumt werden und die Tagesordnung mit den nächsten Punkten fortgesetzt werden soll, regt sich Protest. Viele der Anwesenden haben noch Gesprächsbedarf und ange- sichts der aktuellen Situation nicht den Eindruck, dass das Thema Gewalt in knapp anderthalb Stunden ausrei- chend abgehandelt ist. Giuseppe Palilla, der Schieds- richterobmann aus Württemberg, merkt an, „dass wir die gleichen Pinnwände mit den gleichen Notizen schon vor einigen Jahren in den Raum gestellt haben“. Und Volkmar Fischer aus dem Saarland ergänzt: „Wir brau- chen noch klarere Workflows in der Frage, was passiert, wenn es zu Übergriffen kommt. Wie sollen wir dann reagieren?“

Ernste Mienen: Die Der Vorsitzende des DFB-Schiedsrichterausschusses, jüngsten Vorfälle mich nicht wundern, wenn die Angebote sogar deckungs- Udo Penßler-Beyer, und DFB-Direktor Willi Hink kom- von Gewalt gegen gleich mit der Nachfrage sind – und bloß derjenige, der men den Obleuten entgegen. Das Programm der Tagung Schiedsrichter trübten sie braucht, nicht immer weiß, dass es sie gibt“, sagt wird (so viel Flexibilität muss sein) kurzfristig geändert, in diesem Jahr die Stimmungslage bei Zimmermann und fügt hinzu: „Ich bin ein Mensch, der die Obleute sollen mehr Zeit bekommen, ihre Sorgen den Teilnehmern. eigentlich immer jeden einzelnen Vorfall verhindern zu schildern. Viele äußern dabei den Wunsch nach mehr will. Deswegen ist mein Ansatz stets Gewaltprävention Unterstützung durch den Dachverband. Andreas Thie- gewesen und deswegen bin ich der Meinung, dass auch mann, der westdeutsche Obmann, wünscht sich etwa die Vereine besser darin geschult werden müssen, zu eine zentral gesteuerte Taskforce vom DFB, die den erkennen, wer das Potenzial hat, zum Gewalttäter zu Ehrenamtlern den Rücken freihält. Jörg Wehling aus werden. Aber auch unsere Schiedsrichter können wir Berlin fordert mehr Empathie. Er meint: „Ich halte es für noch intensiver schulen.“ kein gutes Signal, wenn der DFB nach Gewaltvorkomm- nissen darauf verweist, dass der Spielbetrieb in der Ver- WELCHE MASSNAHMEN HELFEN? antwortung der Regional- und Landesverbände liegt. Auch auf die Statistik zu verweisen, hilft uns nicht wei- Wie diese Schulungen aussehen und welche anderen ter. Wir brauchen klare Zeichen, dass die Schiedsrichter Maßnahmen möglicherweise sinnvoll sein könnten, dazu nicht alleine gelassen werden – wie zum Beispiel das kommen sowohl aus den Ergebnissen der Umfrage als Video der DFB-Referees.“ auch aus dem Plenum der Obleute Vorschläge. In Klein- gruppen sollen sie gemeinsam mit ihren ebenfalls anwe- Peter Oprei aus dem Fußball-Verband Mittelrhein schil- senden Lehrwartkollegen (siehe Kasten) erarbeiten, wie dert, dass bei Übergriffen im FVM die statistischen Zah- sich das Schiedsrichterwesen selbst, der DFB, aber auch len in Pressemitteilungen nicht mehr verwendet wür- staatliche Stellen einbringen können, um Übergriffe auf den: „Das wäre aus unserer Sicht ein falsches Signal“, Schiedsrichter zu verhindern. Oft geht es bei ihren Vor- sagt Oprei, „und würde auch ein falsches Bild erzeugen.“ schlägen um Professionalisierung, um die Einbindung Er fordert, dass bundesweit eine Null-Toleranz-Politik von Fachleuten, aber beispielsweise auch um die Ein- propagiert wird, sein Kollege Erich Schneider aus dem richtung einer Erstanlaufstelle, bei der sich die Schieds- Fußballverband Rheinland schließt sich an und plädiert richter an eine Vertrauensperson, eine Art Ombudsmann, für härtere Strafen. Insgesamt, das wird in dieser spon- wenden können. tan einberufenen Gesprächsrunde deutlich, wünschen sich die Obleute mehr Guidelines durch den Verband. Am Ende der Gruppenarbeit stehen drei große Flipcharts Dies könnte allerdings schwierig werden. DFB-Vizeprä- im Raum, auf die die Funktionäre beschriftete Karten sident Ronny Zimmermann erklärt das im Interview so:

Lehrwarte: Minimierung der Grauzone

Bei der Tagung in Frankfurt/Main trafen sich auch die laut Wagner dazu geführt, dass eine Regeländerung aus den 21 ­Schieds­richter-Lehr­warte der Landesverbände. Dabei brachte vergangenen Jahren prominent in der Öffentlichkeit wahrge- sie DFB-Lehrwart Lutz Wagner auf den neuesten Stand in allen nommen worden sei. Als Gast bei der Tagung anwesend war Fragen der aktuellen Regelauslegungen. Wagner sprach dabei auch Handball-Schiedsrichter-Lehrwart Jürgen Rieber. Bereits unter anderem über die „Grauzonen-Minimierung“ beim Hand- im vergangenen Jahr hatten sich die beiden Lehrwarte mehrfach spiel und erklärte einzelne Fälle aus den Bundesligen. So sei ausgetauscht und dabei den Blick über den Tellerrand prakti- zum Beispiel der Strafstoß im Spiel Bochum gegen Kiel zwar ziert. Rieber sprach in seinem Vortrag über Synergieeffekte zwi- regeltechnisch völlig korrekt gewesen, der Eingriff des Video- schen Handball und Fußball und gab einen Einblick in das Coa- Assistenten allerdings laut IFAB nicht, weil der VAR in erster Linie chingsystem des Deutschen Handballbundes. Zweikampfsituationen beurteilen solle. Immerhin habe der Fall 7

„Wir leben im DFB nun einmal in einer föderalen Struk- Trotzdem: Das Thema ist auf Wiedervorlage. In einem tur – das ist wie bei der Schule oder bei der Polizei. Auch Jahr werden die Obleute abermals in Frankfurt zusam- da sind die Länder selbst verantwortlich. Wir können menkommen, um sich erneut auszutauschen. Um ver- Vorschläge machen, wir können auch einzelne Situa­ diente Kollegen aus ihrer Mitte zu verabschieden – denn tionen analysieren, aber wir können nicht sagen: ‚Du, auch das ist ein fester Bestandteil des jährlichen Pro- Landesverband, machst das so!‘“ gramms –, um gemeinsam zu diskutieren und in den verschiedensten Themen von den Beispielen einzelner Nichtsdestoweniger finden die Obleute Gehör bei Landesverbände zu lernen und zu profitieren. Aber auch ­DFB-Direktor Willi Hink, der die Anmerkungen sammelt das Thema Gewalt gegen Schiedsrichter dürfte im Jahr und allesamt unter die Überschrift „Wirksamkeit“ stellt: 2020 trotz aller Maßnahmen nicht der Vergangenheit „Es darf in der Tat nicht sein“, sagt Hink, „dass Punkte, angehören und wird auf der Tagesordnung stehen. Aber, die wir hier schon vor einigen Jahren diskutiert haben, und da sind sich alle Obleute einig, es wäre doch schön, nun erneut diskutiert werden. Hier müssen wir etwas wenn es im kommenden Jahr zumindest nicht wieder tun.“ Er verspricht, die Wünsche und Kritik weiterzuge- im Mittelpunkt stünde. ben. Damit zeigen sich die Obleute zufrieden.

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1_Das Thema ist bundesweit aktuell: In Trier gibt Schiedsrichter und Polizist Arianit Besiri den Unparteiischen Tipps zur Gewaltprävention, ... 2_... der Berliner Verein Friedenauer SC stellt den Referees einen Personenschützer an die Seite. 3_Beim FC Saalfeld in Thüringen hat man an einem Wochenende vor jedem Senioren- und Junioren-Spiel dem Schiedsrichter „Danke schön“ gesagt und gemeinsam an den Fair-Play- Gedanken appelliert.

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3 TITELTHEMA 8 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2020 „AUCH 20 VORFÄLLE SIND 20 ZU VIEL“

Am Rande der Obleute-Lehrwarte-Tagung sprach Tobias ­Altehenger mit DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann.

DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann bei der Tagung mit Obleuten und Lehrwarten in Frankfurt/Main. 9

err Zimmermann, es ist Ende des Jahres 2019 verband und auch der DFB sie sicher schon angewendet und wir sprechen einmal mehr über das Thema – aber es gibt sie eben nicht. H Gewalt gegen Schiedsrichter. Es hat Fälle gege- ben in NRW, in Berlin, im Saarland und besonders hef- Eine weitere Folge der Vorkommnisse aus Hessen war tig kürzlich in Hessen, da wurde ein Schiedsrichter in ein Video der Elite-Schiedsrichter, die sich darin mit der Kreisliga von einem Spieler bewusstlos geschla- ihren Kollegen im Amateurbereich solidarisiert haben. gen und musste mit dem Rettungshubschrauber Diese beiden Gruppen zu vergleichen, ist natürlich abtransportiert werden. Was geht Ihnen durch den schwierig, allein schon wegen der deutlich größeren Kopf, wenn Sie über solche Vorkommnisse informiert Sicherheitsvorkehrungen in der – warum werden? ist diese Solidarisierung aus Ihrer Sicht dennoch wich- tig? Ich habe das nie nachvollziehen können. Ich habe selbst mehr als 20 Jahre lang aktiv Fußball gespielt und war Da gehören alle Schiedsrichter zusammen. Jeder Bun- in dieser Zeit auch das eine oder andere Mal mit dem desliga-Schiedsrichter hat irgendwann mal Junioren- Schiedsrichter unzufrieden. Aber Gewalt – in welcher spiele und Amateurspiele gepfiffen, insofern ist es nur Form auch immer – kam mir nicht mal ansatzweise in natürlich, dass alle zusammenstehen. Es war allerdings den Sinn. Der Schiedsrichter ist doch genauso ein Sport- ein tolles Signal, dass diese Idee von den Elite-Schieds- ler wie alle anderen am Spiel Beteiligten auch! Wir haben richtern selbst kam. Das fand ich einfach großartig. das dann immer so gelöst, dass wir nach dem Spiel bei einem Bier zusammengesessen haben. Dann habe ich Sie haben in einem früheren Interview die Gewalt gegen den Schiedsrichter zum Beispiel gefragt: „Warum hast Schiedsrichter mit der Gewalt gegenüber Polizisten du da keinen Elfmeter gepfiffen?“ Und damit war die oder Sanitätern verglichen, die inzwischen ebenfalls Sache erledigt. Deshalb ist es für mich so, dass ich da regelmäßig zum Opfer werden. Bei diesen Fällen wer- immer nur blankes Unverständnis verspüre. Fußball ist den immer wieder schärfere Gesetze diskutiert. Bei so ein geiler Sport und macht so viel Spaß – und dann den Schiedsrichtern sind zunächst mal die Sport­ so ein Mist! gerichte zuständig – und auch da haben die Sport­ minister der Länder jetzt schärfere Strafen gefordert. Unmittelbar nach diesen Vorkommnissen steht dieses Gehen Sie da mit? Thema breit in der Öffentlichkeit, in den Medien wird diskutiert – aber haben diese Gewalt-Akte gegen Da ich selbst Jurist bin, habe ich da ein klares Bild, und Schiedsrichter in den vergangenen Jahren wirklich zwar völlig unabhängig von der Frage, gegen wen sich zugenommen? diese Gewalt richtet. Ich bin der Meinung, dass eine Strafe immer mit dem zugrunde liegenden Verhalten Sämtliche Erhebungen sprechen dagegen. Alle Unter- und der damit verbundenen Schuld zusammenhängen suchungen, vom DFB, von den Landesverbänden, aber muss. Wenn jemand etwas wirklich Schlimmes tut, dann auch aus der Wissenschaft, sagen, dass die Anzahl der muss die Strafe das repräsentieren. Das bedeutet umge- Übergriffe auf Schiedsrichter in den vergangenen fünf kehrt aber auch: Wenn es Gründe gibt, die die Strafe bis sechs Jahren im Wesentlichen gleich geblieben ist. mildern, dann gilt es, auch dies zu berücksichtigen. Dieses Gefühl scheint also ein Zerrbild zu sein. Trotz- Lebenslange Strafen, die ja immer schnell gefordert dem muss man aufpassen: Wenn es 20 eklatante Vor- werden, sind in Deutschland schlicht nicht möglich. fälle sind, dann sind es natürlich trotzdem genau 20 zu Selbst ein Mörder bekommt keine lebenslängliche Strafe, viel. Unser Ziel kann es nur sein, etwas gegen diese sondern zunächst einmal „nur“ 15 Jahre. Zudem geben 20 Vorfälle zu unternehmen. Aber was, das ist die große die wissenschaftlichen Untersuchungen in dem Bereich Frage. Geschimpft wird immer schnell, die Leute sagen: der Wirksamkeit längerer Strafen das genaue Gegenteil Es muss was passieren. Es gibt aber keine Patentlösun- her: Es ist mitnichten so, dass extrem scharfe Strafen gen. Gäbe es die, hätte jeder Fußballkreis, jeder Landes- dazu führen, dass es zu keinen Übergriffen mehr kommt.

Nachdem der Schiedsrichter im Spiel TSV Münster gegen TV Semd im Oktober niedergeschlagen worden war, meldete der Verein aus Südhessen seine Mannschaft vom Spielbetrieb ab. TITELTHEMA 10 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2020 „WIR SIND HIER, WIR SIND LAUT!“ Was im ersten Moment verrückt klingt, hat einen ernsten Hinter- grund: Schiedsrich- ter haben in Berlin auf offener Straße gegen Gewalt auf dem Fußballplatz demonstriert. Mit Trillerpfeifen sowie gelben und roten Transparenten zogen die Unparteiischen durch die Straßen von Berlin.

onnerstagabend, 19 Uhr, Ecke Wrangelstraße/ schon einiges gesehen. Eine Schiedsrichter-Demo hatte Skalitzer Straße, gleich hinter der Berliner Ober- es bis zu diesem Abend aber noch nicht gegeben. Dbaumbrücke, wo aus Friedrichshain Kreuzberg wird. Etwas versteckt zwischen Häuserwänden und einem rie- Knapp zwei Monate vorher auf dem Sportplatz am Anhal- sigen Fastfood-Restaurant schimmert, angeleuchtet von ter Bahnhof, viereinhalb Kilometer Fußmarsch von die- grauen Flutlichtmasten, grüner Kunstrasen. Gleich spielt sem Ort entfernt, pfeift Stefan Paffrath die Berlin-Liga- hier die ansässige FSV Hansa 07. Auf Höhe der Mittellinie Partie zwischen dem BSV Al-Dersimspor und dem dehnt sich der Schiedsrichter. In 30 Minuten ist Anstoß. Fronhauer SC an. Paffrath, 39, Gymnasiallehrer, hat schon mit 16 sein erstes Spiel geleitet. Ein zurückhaltender Knapp 50 Meter vom Unparteiischen entfernt sammelt Brillenträger mit freundlichem Gesicht. Er hat seine Erfah- sich eine immer größer werdende Gruppe, die inmitten rungen gemacht, musste sich, kaum volljährig, mit wüten- dieses Verkehrsknotens der Hauptstadt recht merkwür- den Eltern und Jugendtrainern auseinandersetzen und dig aussieht. Die Anwesenden lassen sich von Musik aus ging wie jeder andere Unparteiische später durch das einem Bollerwagen berieseln, tragen überdimensio- Stahlbad des Amateurfußballs. Wer nicht selbst Schieds- nierte Rote Karten aus Pappkarton und Assistenten- richter ist, kann diese Erfahrungen nicht nachvollziehen. Fahnen, entrollen Banner und verteilen Plakate. Auf dem Wer es ist, weiß ganz genau, wovon die Rede ist. Mittelstreifen der Skalitzer Straße, unter der beständig vorbeidonnernden Hochbahn, warten sechs Polizisten Gastgeber Al-Dersimspor führt schnell und überraschend auf Motorrädern. Schräg gegenüber, neben dem Fast- mit 2:0. Kurz nachdem Paffrath zur zweiten Hälfte ange- food-Schuppen, stehen noch einmal drei Neunsitzer, pfiffen hat, fällt der Anschlusstreffer. Minuten später ein paar Beamte rauchen und vermutlich fragen sie sich bleibt dem Schiedsrichter nichts anderes übrig, als einen noch immer, was für eine Demonstration das wohl wer- Al-Dersimspor-Spieler mit der Gelb/Roten Karte vom den wird, die sie gleich durch den nieseligen Abend quer Feld zu verweisen. „Von diesem Moment an“, erinnert durch Kreuzberg begleiten sollen. sich Paffrath, „waren die Spieler kommunikativ nicht mehr für mich zu erreichen“. Aus einer souverän führen- Wer jetzt gute Polizisten-Augen hat, kann die Aufschrif- den Gastgeber-Mannschaft wird eine zusammenge- ten der Banner erkennen, die über den Köpfen der ersten schrumpfte nervöse Truppe, die die Felle davonschwim- Reihen zu sehen sind: „Brigade Hartmut Strampe – unpar- men sieht und ihren Frust an den Schienbeinen der Gäste teiisch since 2015“, „Heute ist ein guter Tag, um Geschichte und natürlich am Schiedsrichter auslässt. Jeder Unpar- zu pfeifen“, „Wir trinken keine Fanta“. Man hat in Berlin ja teiische kennt diese besonderen Situationen, wenn ein 11

Spiel zu kippen droht. Unangenehm ist das immer, aber sehr Thema wie im Spätherbst 2019 war die Situation TEXT es liegt eine Grenze zwischen Zeter und Mordio, diesem der pfeifenden Amateure noch nie. Alex Raack auf allen Fußballplätzen gleichen Gemecker, Gejammer, Geschrei der vermeintlich Benachteiligten, und dem, Und auch deshalb setzt sich an diesem 21. November was Stefan Paffrath jetzt passiert. um 19.15 Uhr die erste Demo gegen Schiedsrichter- Gewalt in Bewegung. Knapp 50 Teilnehmer sind es immer- Frohnau dreht die Partie, auch weil der Schiedsrichter noch hin geworden, doch weil die Berliner Polizei so freundlich drei weitere Al-Dersimspor-Spieler vom Platz stellen muss. ist und den hektischen Feierabendverkehr blockiert, mar- Einer der Übeltäter brüllt Paffrath an und beleidigt ihn mit schieren die Demonstranten mitten auf der Skalitzer Straße Worten, die weit unter der Gürtellinie liegen. Ein anderer in Richtung Herzkammer dieses an Proteste so gewöhn- schreit: „Wenn du mir jetzt ‚Rot‘ gibst, wirst du das bereuen, ten Stadtteils. Eine bessere Bühne hätte es nicht geben wir sehen uns da hinten!“ Paffrath schmeißt ihn natürlich können. „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsre Schiris trotzdem runter. Nach dem Schlusspfiff eskaliert die Szene haut!“, singt die Demo, verteilt Gelbe Karten an die Pas- völlig, ein Spieler verpasst dem Referee eine Ohrfeige, santen, auf denen gewalttätige Übergriffe gegen Schieds- der flüchtet mit seinen Assistenten in die Kabine und ruft richter in den vergangenen vier Jahrzehnten dokumen- die Polizei. Paffrath hat sich später erzählen lassen, dass tiert sind, unzählige Handykameras halten das skurril draußen vor der Kabine von diesem Moment an „eine anmutende Szenario fest, ganz vorne leuchtet das Banner gespenstische Stille“ herrschte. „Ich glaube, die waren alle der „Brigade Hartmut Strampe“, jener einst auf satirischem fassungslos, was da gerade passiert war.“ Fundament errichteten Schiedsrichter-Ultra-Gruppierung, die diese Demo initiiert und angemeldet hat. Satire ist Fassungslos waren auch er und seine Kollegen. Aber heute nicht, Unterhaltung ganz bestimmt, aber vor allem nicht tatenlos. Weil dieser Vorfall nicht der erste seiner geht es darum, „auf den ganzen Mist hinzuweisen, den Art gewesen war, weil eigentlich an jedem Spieltag Schiedsrichter jedes Wochenende durchmachen müs- Schiedsrichter in Berlin beschimpft, bedroht, geschla- sen“, wie Brigade-Mitbegründer Dominik Steinhoff sagt. gen werden und weil es jetzt einfach mal reichte, boy- kottierten die Unparteiischen zunächst den BSV Al-Der- Viele der Demonstranten haben ihre Erfahrungen mit simspor und traten am letzten Oktober-Wochenende diesem „Mist“ machen müssen, auch Gerd Liesegang in den Streik. Paffrath: „Wir wollten den Finger in die muss man davon nichts erzählen, als Vize-Präsident des Wunde legen und deutlich machen, wie schlimm es Berliner Fußball-Verbands, und dort unter anderem ver- Woche für Woche auf den Sportplätzen zugeht. Wir antwortlich im Bereich Gewaltprävention, weiß er genau, haben uns alle in Fußball verliebt, weil uns der Sport so wie hart der Job der Unparteiischen sein kann. Seine viel Spaß bereitet. Doch der Normalzustand sind schrei- Anwesenheit verleiht der Demo noch eine zusätzliche ende Trainer, schimpfende Eltern, aggressive Spieler. Basis, die Schiedsrichter unter den Teilnehmern erken- Spaß macht das nicht.“ nen das dankbar an.

Für ihren Streik erhielten die Berliner eine Menge Auf- Was bleibt von der Demo, von dem medialen Aufschrei, merksamkeit. Dass in den Wochen danach zunächst in dem „#WIRstellenGewaltinsAbseits“-Video der Bundes- Münster (Hessen), dann in Köln und schließlich im rhein- liga-Kollegen? „Es wäre naiv, zu glauben“, sagt Stefan land-pfälzischen Rüssingen ähnliche Vorfälle gemeldet Paffrath, „dass sich jetzt alles ändern wird.“ Und den- oder sogar per Handyvideo dokumentiert wurden, fasst noch hofft der Lehrer, dass bei vielen Spielern, Trainern, Paff­rath als „makabre Abfolge“ zusammen, die allerdings Zuschauern, Eltern ein Sensibilisierungsprozess einge- die öffentliche Aufmerksamkeit für die Probleme der setzt hat und Schiedsrichter den öffentlichen Schutz Schiedsrichter nur noch verstärkte. Und tatsächlich: So bekommen, den sie verdienen.

STIMMEN Denis Waegert (26) pfeift Stefan Paffrath (39), ein- Andreas Winter (57) bis zur Oberliga Nord und gesetzt in der Berlin-Liga, musste bereits nach sei- musste gleich zu Beginn sorgte mit seinem Einsatz nem dritten Spiel als dieser Saison ein Ber- für den Streik der Berliner Schiedsrichter unter Poli- lin-Liga-Spiel abbrechen, Unparteiischen. Die Demo zeischutz vom Feld weil ihn ein Akteur körper- in Berlin fand er „generell gebracht werden. Die lich angegangen war. Er eine tolle Sache. Jetzt geht Demonstration hat er als sagt: „Fußball als Spiegel der Gesellschaft es vor allem darum, dass das Thema in ein 1. Versammlungsleiter angeführt. Er sagt: zeigt doch nur, wie aufgeladen die Stim- paar Wochen nicht schon wieder verges- „Ich bin seit mehr als 30 Jahren in Kreuz- mung in diesem Land ist. Und wir Schieds- sen wird. Es geht ja nicht nur um die berg auf der Straße. Ich habe alles erlebt. richter bekommen es dann ab.“ In der Schiedsrichter, sondern generell um die Den 1. Mai 1987. Ronald Reagans ‚Mr. Gor- gegenwärtigen Diskussion sieht er aller- immer aggressiver werdende Stimmung batschov, tear down this wall!‘. Was ich dings die große Chance, ein nachhaltiges auf Fußballplätzen.“ noch nicht gesehen habe, ist, dass sich Umdenken zu bewirken. nach einer Demo in Kreuzberg Demons­ tranten und Polizeibeamte in den Arm ­nehmen. Weil alle Schiedsrichter sind.“ MELDUNGEN 12 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2020 PANORAMA „VONEINANDER LERNEN“

In München kamen erstmals die Schieds- schiede so groß, dass sie – würde man sie in richter-Karten. Lars Albert stellte eine in richter-Obleute der Bundesliga-Vereine zu einem subjektiv aufgestellten Ranking abbil- Zusammenarbeit mit den sächsischen Top- einem gemeinsamen Treffen zusammen. Das den – die aktuelle Bundesliga-Tabelle teil- Vereinen erstellte Schiedsrichter-Image­ Motto: Voneinander lernen, miteinander bes- weise kräftig durcheinanderwirbeln würden. kampagne vor, die als Vorlage für andere ser werden. Verbände und Vereine dienen kann. Im Mittelpunkt der Tagung stand der Erfah- Bei dem Treffen zeigte sich: In der Organisa- rungsaustausch zu Themen wie der Leitung Im kommenden Jahr wollen sich die Schieds- tion, Struktur und Aufstellung der jeweiligen von vereinsinternen Testspielen, eigenen richter-Obleute zu einer zweiten Tagung in Schiedsrichter-Gruppen sind die Unter- Fördermaßnahmen oder Zugang zu Schieds- Leverkusen treffen.

Die Schiedsrichter-Obleute der Vereine bei ihrer ersten Tagung in München.

BIBIANA STEINHAUS WAR VIDEO-ASSISTENTIN

DFB-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus war im November bei der FIFA U 17-Weltmeisterschaft in Brasilien als Video-Assistentin (VAR) aktiv. Die 40-Jährige war bereits im August von der FIFA als eine von insgesamt 17 Video- Assistenten nominiert worden und kam letztlich bei insgesamt sechs Spielen zum Einsatz.

Das Team der Video-Assistenten bei der U 17-WM in Brasilien. 13

KO N Z E R T Z U M JUBILÄUM

Der Schiedsrichterchor Zollernalb besteht inzwischen seit 50 Jahren. Und zu diesem Anlass haben die singenden Unparteiischen im Oktober ein Jubiläumskonzert in der Balinger Stadthalle gegeben. „Lieder aus fünf Jahrzehnten“ lautete das Motto des Abends. Auf dem Programm standen natio- nale und internationale Volkslieder, Schla- ger, aber auch klassische Oper.

DIE INTERNATIONALEN SPIELE DER DEUTSCHEN IM SEPTEMBER UND OKTOBER 2019 FIFA-SCHIEDSRICHTER UNTERWEGS

NAME WETTBEWERB HEIM GAST ASSISTENTEN

Deniz Aytekin EM-Qualifikation Rumänien Spanien Beitinger, Foltyn, Stieler

Deniz Aytekin Europa League Malmö FF FC Kopenhagen Beitinger, Foltn, Cortus

Beitinger, Foltyn, Jablonski, Stegemann, Deniz Aytekin Champions League OSC Lille FC Valencia Dingert

Felix Brych EM-Qualifikation Slowakei Kroatien Borsch, Lupp, Fritz

Felix Brych Champions League SSC Neapel FC Liverpool Borsch, Lupp, Petersen

Felix Brych Ägypten Al Ahly Zamalek Borsch, Lupp

Felix Brych EM-Qualifikation Frankreich Türkei Borsch, Lupp, Fritz

Daniel Siebert EM-Qualifikation Armenien Italien Seidel, Häcker, Stegemann

Daniel Siebert Europa League Celtic Glasgow CFR Cluj Seidel, Lupp, Osmers

Daniel Siebert Champions League FC Brügge Paris Saint-Germain Seidel, Lupp, Fritz, Dankert, Borsch

Sascha Stegemann Griechenland Panathinaikos Athen Olympiakos Piräus Pickel, Assmuth

Sascha Stegemann U 21-EM-Qualifikation Irland Italien Gittelmann, Foltyn, Osmers

Pickel, Gittelmann, Fritz, Dankert, Champions League Atalanta BC Schachtar Donezk Zwayer

Tobias Welz Länderspiel Irland Bulgarien Foltyn, Häcker

Tobias Welz Saudi-Arabien Al Raed Al Nassr Thomsen, Gittelmann

Felix Zwayer EM-Qualifikation England Kosovo Schiffner, Achmüller, Dingert

Schiffner, Achmüller, Osmers, Champions League FC Salzburg KRC Genk ­Stegemann, Siebert Bosnien-­ Felix Zwayer EM-Qualifikation Griechenland Schiffner, Achmüller, Dingert Herzegowina EHRUNG 14 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2020 „DER BESTE SEINER ZUNFT“

Pierluigi Collina zusammen mit Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein bei der Verleihung des Walther-Bensemann-Preises.

Der Walther-Bensemann-Preis wurde in diesem Jahr Pierluigi Collina verliehen. Bei der Festveranstaltung zeigte der Italie- ner nicht nur viel menschliche Wärme, sondern gewann auch mit seinem kompetenten und markanten Auftreten viele Sympathien. 15

ür die Gala am 25. Oktober in Nürnberg hatte Collina viele Flugkilometer auf sich genommen, war er doch Ferst wenige Tage zuvor von seinem in der Toskana gelegenen Wohnort Forte dei Marmi nach Brasilien aufge- brochen. Dort hatte er in seiner Funktion als Schiedsrichter- Chef der FIFA ein paar Tage als Delegationsleiter der Unpar- teiischen bei der U 17-WM verbracht, war dann für die 6 Preisverleihung über Berlin in die fränkische Metropole Zu seiner Zeit als aktiver Schiedsrichter wurde Pierluigi Collina geflogen und kehrte später zum Finale des Turniers wieder ­sechsmal als „Welt-Schiedsrichter des Jahres“ ausgezeichnet – nach Südamerika zurück. so oft wie kein anderer Unparteiischer. Der Italiener leitete vier ­bedeutende internationale Endspiele: Olympia 1996, Champions Der Walther-Bensemann-Preis geht auf den gleichnamigen League 1999, Weltmeisterschaft 2002 und UEFA-Pokal 2004. Gründer des Fußballmagazins „kicker“ zurück. Die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur ist eine Ansammlung bekann- ter Mitglieder aus Sport, Kultur, Medien, Wissenschaft, Poli- nunft zu bringen, hat bei Pierluigi ein strenger Blick aus TEXT tik und Gesellschaft, die nicht nur den Fußball an sich im seinen ausdrucksstarken Augen ausgereicht, die durch seine Thomas Roth Auge haben, sondern über den Tellerrand hinausschauen. Haarlosigkeit noch größer wirkten, als sie ohnehin schon waren.“ Im Laufe der Zeit erreichte Collina ein öffentliches Als Collina in Nürnberg die Bühne betrat, um seine Aus- Ansehen wie noch kein anderer Referee vor ihm. zeichnung von Bärbel Schnell, der Leiterin des Olympia- Verlages, in dem der „kicker“ erscheint, entgegenzuneh- Für die Mitglieder der Akademie war auch seine Mensch- men, fielen ihm zuerst seine hochkarätigen Vorgänger auf, lichkeit als Unparteiischer ein Grund für die Auszeichnung. deren Konterfeis, auf langen Fahnen abgedruckt, zur Deko- Holzschuh: „Es war beeindruckend, dass und wie Pierluigi ration an den Wänden hingen: „Es ist eine Ehre für mich, die Bayern-Spieler auf dem Platz getröstet hat, nachdem Nachfolger eines Vicente del Bosque, Alex Ferguson, Mar- sie 1999 im Finale der Champions League gegen Manches- cello Lippi, Alfredo di Stéfano oder Bernd Trautmann zu ter United den schon sicher geglaubten Titel durch zwei sein. Und es freut mich, dass mein Nachfolger im kommen- Gegentore in den allerletzten Minuten noch verloren hat- den Jahr nun auch einen Schiedsrichter unter den Preisträ- ten.“ Auch ein Oliver Kahn erfuhr unmittelbar nach dem gern sehen wird.“ Abpfiff des WM-Endspiels 2002 menschlichen Beistand durch den gleichen Unparteiischen. Der Bayern-Keeper Collina nämlich ist der erste Vertreter dieser Gilde, den die hatte mit außergewöhnlichen Leistungen im Turnierverlauf Akademie ausgezeichnet hat. Für Rainer Holzschuh war Deutschland in diese Partie gegen Brasilien geführt – und klar, dass nur Collina infrage kam, der erste Unparteiische ausgerechnet im Finale mit einem Fehler die Niederlage in der Reihe der Trainer, Funktionäre oder Spieler von Welt- eingeleitet. ruf zu sein, die den Bensemann-Preis zuvor verliehen beka- men. „Ich habe von allen Seiten ausschließlich Zustimmung War Collina schon zu seiner aktiven Zeit ein Freund akribi- für diese Wahl erfahren. Pierluigi Collina ist der berühm- scher Spielvorbereitung durch technische Hilfsmittel, so teste Schiedsrichter aller Zeiten. Er galt über ein Jahrzehnt ist er auch als Funktionär ein großer Förderer des Video- hinweg als der Weltbeste seiner Zunft, sodass er dank sei- Assistenten, wie er in Nürnberg im Gespräch mit Modera- ner Persönlichkeit nach der aktiven Zeit erst zum Chef der torin Katrin Müller-Hohenstein darlegte: „Er ist ein Instru- UEFA- und dann auch der FIFA-Schiedsrichterkommission ment, das zu gerechteren Partien führt. Vorteilhaft für die ernannt wurde“, sagte der Herausgeber des „kicker“ in sei- Spieler, denn es ist übel, wegen einer Fehlentscheidung zu ner Laudatio, um dann noch weiter ins Detail zu gehen: „Ein verlieren. Vorteilhaft für den Referee, denn es wäre unge- Schiedsrichter braucht Charakterstärke, Gerechtigkeitssinn recht, dass eine Entscheidung seine Zukunft beeinflusst, und Pflichtbewusstsein. Und immer wieder Einfühlungs- die ein menschliches Auge unmöglich bewerten konnte.“ vermögen, gepaart mit fußballerischem Fachwissen. Wenn er all diese Aspekte zu verbinden weiß, ist er prädestiniert Pierluigi Collina – Ausnahme-Schiedsrichter, Star, Visionär, für höhere bis höchste Aufgaben. Collina ist dies in erstaun- Mensch. Und ein verdienter Empfänger des Bensemann- licher Weise gelungen.“ Preises 2019.

Und so hat der mittlerweile 59-Jährige die Schiedsrichterei erst als Aktiver und dann als Funktionär auf ganz neue Ebe- Die bisherigen Preisträger nen gehoben. Zugute kam ihm besonders in seiner Zeit an Seit 2006 vergibt die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur den der Pfeife sein markantes Äußeres. Als Folge einer Stoff- ­Walther-Bensemann-Preis. In der Vergangenheit ging dieser an die wechselkrankheit hatte er mit 24 Jahren alle Haare am Kör- ­folgenden Personen: per verloren. Machten sich die Verantwortlichen in Italien zunächst noch Gedanken, ob man einen Mann mit Glatze 2006: Franz Beckenbauer 2013: Günter Netzer überhaupt Spiele leiten lassen könne, so entwickelte sich 2007: Alfredo di Stéfano 2014: Ottmar Hitzfeld gerade diese später zum Karriere-Förderer und Markenzei- 2008: Bernd Trautmann 2015: Marcello Lippi chen. 2009: César Luis Menotti 2016: Sir Alex Ferguson 2010: Otto Rehhagel 2017: Vicente del Bosque Sein langjähriger internationaler Wegbegleiter Bernd 2011: Sir Bobby Charlton 2018: Horst Hrubesch Heynemann erinnert sich: „Wo ein anderer Schiedsrichter 2012: Uwe Seeler zur Gelben Karte greifen musste, um einen Spieler zur Ver- REGEL-TEST 16 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2020 VOR DER LINIE Diesmal beschäftigen sich die Regelfragen von DFB-Lehr- wart Lutz Wagner mit aktuellen Situationen sowohl aus den Landesverbänden in Deutschland als auch aus dem Ausland.

Wird ein Torwart verwarnt, wenn er sich beim Elfmeterschießen zu früh von der Linie bewegt? Um diese Frage geht es in Situation 4.

SITUATION 1 SITUATION 3 SITUATION 5

Bei der Ausführung eines Abstoßes durch Ein verletzter Spieler läuft unangemeldet In der Halbzeitpause wird vom Gastverein den Torwart rutscht dieser aus, fällt auf den auf das Spielfeld und kritisiert lautstark den ein Spielerwechsel vorgenommen, ohne den Ball und bringt diesen mit dem Knie ins Spiel. Schiedsrichter. Dieser unterbricht das Spiel. Schiedsrichter darüber zu informieren. Der Der Ball rollt ca. 2 Meter nach vorne. Der Wie muss er entscheiden? bemerkt dies, als der eingewechselte Spie- Torwart läuft dem Ball hinterher, spielt ihn ler in der 48. Minute den Ball mit dem Fuß ein zweites Mal und schlägt ihn dabei weit SITUATION 4 vor der Torlinie abwehrt und so ein Tor ver- in die gegnerische Hälfte. Entscheidung? hindert. Entscheidung? In einem Pokalspiel des Landespokals steht SITUATION 2 es nach Ende der Verlängerung 2:2 und es SITUATION 6 kommt zum Elfmeterschießen. Beim zwei- Nachdem der Heimverein ein Tor erzielt hat, ten Elfmeter des Heimvereins löst sich der Nach einem Beinstellen im Strafraum ent- beendet der Schiedsrichter das Spiel mit Torwart deutlich zu früh von der Linie und scheidet der Schiedsrichter auf Strafstoß dem Schlusspfiff. Als er zu seinem neutralen hält den Ball ca. 3 Meter vor der Torlinie auf. ohne eine Disziplinarmaßnahme gegen den Assistenten blickt, sieht er dessen Fahnen- Der Schiedsrichter entscheidet auf Wieder- Verteidiger. Der Angreifer verletzt sich dabei zeichen. Bei der Rücksprache knapp außer- holung, verzichtet aber auf die Verwarnung und muss behandelt werden. Wie ist die Vor- halb des Spielfeldes teilt dieser ihm mit, dass für den Torwart. Handelt er richtig, indem er gehensweise, wenn dieser Spieler der Straf- der Torschütze beim Zuspiel strafbar im keine Persönliche Strafe ausspricht? stoßschütze ist? Abseits stand. Entscheidung des Schieds- richters? 17

SITUATION 7 SITUATION 13 5: Weiterspielen. Der Spielerwechsel ist vollzogen, keine Disziplinarmaßnahme. Die Auswechselspieler wärmen sich neben Indirekter Freistoß für die Angreifer in Straf- Der Vorgang wird im Spielbericht vermerkt. dem Tor der eigenen Mannschaft mit ihrem raumnähe. Nach dem Stellen der Mauer mit Co-Trainer auf. Als der Ball nach einem Schuss vier Verteidigern gibt der Schiedsrichter den 6: Der Spieler darf in diesem Fall nach der in Richtung dieser Gruppe rollt, läuft der Co- Ball mit Pfiff frei. Unmittelbar bevor der Behandlung auf dem Spielfeld bleiben, um Trainer dem Ball entgegen und spielt ihn Schütze den Ball tritt, läuft ein Angreifer den Strafstoß zu schießen. noch 2 Meter innerhalb des Strafraums mit näher als einen Meter zu den Verteidigern dem Fuß seinem Torwart zu. Wie entschei- in der Mauer. Der Ball wird Richtung Tor 7: Strafstoß, Verwarnung des Co-Trainers. det der Unparteiische? geschossen. Wie entscheidet der Unpartei- Egal, ob es ein Auswechselspieler oder ische? Teamoffizieller ist, der ins Spiel eingreift, SITUATION 8 führt dies zu einem direkten Freistoß bezie- SITUATION 14 hungsweise im eigenen Strafraum zu einem Direkter Freistoß für die Angreifer 18 Meter Strafstoß. zentral vor dem Tor. Nach der Ballfreigabe Direkter Freistoß kurz vor Spielende für den durch den Schiedsrichter schießt ein Angrei- Torwart des Gastvereins 6 Meter vor seinem 8: Strafstoß und Verwarnung. Das schwe- fer den Ball Richtung Tor. Ein Verteidiger eigenen Tor. Der Torwart will den Freistoß rere von zwei Vergehen einer Mannschaft läuft vorzeitig 3 Meter aus der Mauer nach schnell ausführen und schießt dabei den ist maßgeblich für die Spielfortsetzung. vorne und wehrt den Schuss durch ein Schiedsrichter an, der ca. 8 Meter entfernt Bezüglich der Persönlichen Strafe finden absichtliches Handspiel ab. Entscheidung steht. Von diesem prallt der Ball direkt ins zwei Vergehen zeitgleich statt, da das Vor- des Referees? Tor. Entscheidung? laufen erst zum Zeitpunkt des Handspiels wirksam wird. Somit wird auch nur eine SITUATION 9 SITUATION 15 Verwarnung ausgesprochen.

Ein Verteidiger will im eigenen Strafraum Ein Spieler wechselt während des laufenden 9: Weiterspielen, kein strafbares Handspiel den Ball mit dem Fuß Richtung Mittellinie Spiels seine kaputten Schuhe an der Seiten- des Verteidigers. Spielt ein Spieler sich den schießen. Er trifft den Ball aber nur seitlich, linie, aber noch auf dem Spielfeld. Was unter- Ball selbst an die Hand oder den Arm, ist wodurch er sich den Ball selbst an seinen nimmt der Schiedsrichter? dies nicht strafbar. deutlich weggestreckten Arm schießt. Ent- scheidung des Schiedsrichters? 10: Weiterspielen, kein Verstoß des Torhü- ters. Der Kontakt gilt noch nicht als Ball- SITUATION 10 So werden die 15 kontrolle. Der Torhüter klatscht im Torraum einen ­Situationen richtig gelöst: 11: Rote Karte. Verzögert ein Trainer das hohen Flankenball eines Angreifers mit Spiel der gegnerischen Mannschaft, erhält den Händen nach vorne ab und nimmt den 1: Wiederholung des Abstoßes. Da der Ball er einen Feld- bzw. Innenraumverweis, Ball nach etwa 5 Metern in die Hände, um nicht wie vorgeschrieben mit dem Fuß ins macht er dies bei der eigenen Mannschaft, ihn mit dem Fuß zu schießen. Entschei- Spiel gebracht wurde, muss eine Wieder- erhält er eine Verwarnung. dung? holung erfolgen. Hätte der Torwart den Ball mit dem Fuß korrekt ins Spiel gebracht, 12: Schiedsrichter-Ball für die Mannschaft, SITUATION 11 hätte es einen indirekten Freistoß wegen die zuletzt am Ball war, und Feldverweis. zweimaligen Spielens des Balles gegeben. Nach der Spielfortsetzung ist nur noch eine In der Nachspielzeit beim Stand von 1:0 für Persönliche Strafe möglich. den Heimverein gelangt der Ball unmittel- 2: Kein Tor, Spielende. Der Schiedsrichter bar vor der Trainerbank des Heimvereins ins hat das Spiel zwar beendet, aber für eine 13: Indirekter Freistoß für die Verteidiger, Seitenaus. Der Trainer des Heimvereins Rücksprache darf er das Spielfeld verlas- keine Verwarnung für den Angreifer. stoppt den Ball. Als der Gästespieler den sen und seine Entscheidung noch ändern. Ball aufnehmen will, um den Einwurf auszu- Das Tor wird aberkannt. 14: Eckstoß. Aus einem direkten Freistoß führen, schießt der Trainer den Ball ca. kann ohne Ballberührung eines weiteren 10 Meter weit weg und verzögert so eindeu- 3: Indirekter Freistoß, „Gelb“, „Gelb/Rot“. Spielers kein Eigentor regulär erzielt wer- tig das Spiel. Welche Persönliche Strafe ist Das unerlaubte Betreten des Feldes ohne den. Die Berührung durch den Schiedsrich- gegen den Trainer auszusprechen? körperlichen Spieleingriff sowie das ver- ter ersetzt nicht diejenige durch den Spie- bale Vergehen gegen den Spieloffiziellen ler. Die Spielfortsetzung ist somit gemäß SITUATION 12 sind zwei unmittelbar aufeinanderfol- des Ausballs festzulegen. gende, aber getrennte Vergehen, die Hinter dem Rücken des Schiedsrichters tritt jeweils mit einer separaten Verwarnung 15: Weiterspielen. Der Schiedsrichter die Nr. 9 des Gastvereins im Mittelfeld sei- bestraft werden. braucht nicht einzugreifen, er kontrolliert nem Gegner heftig in die Beine. Der neutrale die Schuhe bei der nächsten Spielunter- Assistent signalisiert dies mit einem Fahnen- 4: Nein. Der Torwart muss verwarnt werden, brechung. Nur wenn der Schiedsrichter zeichen. Der Schiedsrichter sieht das Fah- da ein deutlich zu frühes Vorlaufen von der einen Mangel feststellt, muss der Spieler nenzeichen erst, als der Ball schon über die Linie mit beiden Füßen vorliegt. Nur bei den Platz verlassen und sich nach Behe- Seitenlinie gerollt ist und der Einwurf bereits Spielen mit Video-Assistenten ist bei bung des Mangels in der nächsten Spiel- ausgeführt wurde. Entscheidung des ­diesem Sachverhalt beim Elfmeterschießen unterbrechung zwecks Kontrolle wieder Schiedsrichters? auf eine Verwarnung zu verzichten. anmelden. ANALYSE 18 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2020 NOTBREMSE! GELB ODER ROT?

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1a, 1b, 1c_Ein Foul mit Folgen: Dem Stoß in den Rücken folgen ein 1 Strafstoß und eine Rote Karte.

http://bit.ly/SZ0120_Notbremse 1B 1C

Sieben Szenen aus dem Profi-Fußball sollen wieder einmal für alle Schiedsrichter interessante und im besten Fall ­weiterführende Erkenntnisse liefern. 19

or einigen Jahren hatte der Begriff Dreifach­ Die Diskussionen um die Dreifachbestrafung führten TEXT bestrafung Konjunktur. Er bezeichnete die Sank- letztlich zu einer Regeländerung, die am 1. Juni 2016 Lutz Lüttig V tionen, die eintraten, wenn ein Spieler innerhalb in Kraft trat. Sie ähnelt dem gerade erwähnten ange- Rainer Werthmann seines Strafraums durch eine Regelwidrigkeit eine klare sprochenen Umgang mit dem Torwart. Es heißt nun in Torchance zunichtemachte, im Fußball-Deutsch „Not- Regel 12 zur Notbremse: „… wird der Spieler verwarnt, bremse“ genannt. Denn außer der Spielstrafe (Strafstoß, wenn das Vergehen bei dem Versuch begangen wurde, Strafe 1), die er verhängte, verwies der Schiedsrichter den Ball zu spielen. In allen anderen Situationen … ist den Sünder in jedem Fall mit „Rot“ des Feldes (Strafe 2), der Spieler … des Feldes zu verweisen.“ und der wurde vom Sportgericht für mindestens ein Spiel gesperrt (Strafe 3). Die Dreifachbestrafung hat damit auch bei Vergehen im Strafraum weiter Bestand. Allerdings ist nun der Schieds- Diese aufeinanderfolgenden Strafen sind eigentlich ein richter gefordert, festzustellen, ob der Ball gespielt wer- Grundprinzip des Fußballs, wenn es sich um grobe Regel- den sollte und die Persönliche Strafe deshalb entspre- verstöße handelt – und die Verhinderung einer eindeu- chend geringer ausfallen kann. tigen Torchance gehört dazu. Ein brutales Foul löst die gleiche Sanktionskette aus: Spielstrafe, Persönliche So weit unser Ausflug in die jüngere Regel-Historie. Er Strafe, Sperre. Genauso wie zwei Gelbe Karten innerhalb hat natürlich etwas mit unserer ersten Szene zu tun. eines Spiels: Spielstrafe für die zweite „Gelbe“, Persön- liche Strafe („Gelb/Rot“), Sperre für das nächste Spiel. 1 Bayern München – 1. FC Köln (5. Spieltag) 60. Spielminute: Der Kölner Kingsley Ehizibue bringt Die Dreifachbestrafung war also keine neue Idee des den Bayern-Spieler Coutinho mit einem Stoß in den IFAB, des internationalen Gremiums der Regelhüter des Rücken zu Fall (Fotos 1a bis 1c). Dadurch vereitelt er Fußballs. Sie kam allerdings stärker ins fuß­ball­öffent­ eine offensichtliche Torchance, da der Stürmer circa liche Gerede, als ein nicht so einfach von der Hand zu acht Meter vor dem Tor unmittelbar zum Abschluss weisender Gedanke die Runde machte: Durch den Straf- hätte kommen können. Schiedsrichter stoß ist die klare Torchance ja wieder gegeben, deswe- schätzt richtig ein, dass Ehizibue bei seiner Aktion nicht gen könnte man doch „Gelb“ statt „Rot“ geben. den Ball spielen wollte, und stellt ihn deshalb vom Platz.

Im deutschen Fußball war man übrigens – zum nicht Schwieriger für den Schiedsrichter wäre es geworden, ganz unberechtigten Verdruss des IFAB – schon länger wenn der junge, noch recht unerfahrene Kölner ver- von der rigorosen Anwendung abgewichen, indem man sucht hätte, statt des Stoßens in den Rücken mit einer den Torwart bei einer Notbremse nur mit „Gelb“ bestrafte, Grätsche den Ball zu spielen. Geht der Fuß zum Ball, wenn er eindeutig versuchte, mit Hand oder Fuß den trifft aber stattdessen das Bein des Gegners und bringt Ball zu erreichen. ihn so zu Fall, gibt es zwar immer noch den Strafstoß,

2A

2B

2a_ Als der Meppener Guder den Ball köpft, … 2b_ … fliegt Torwart Grill heran und bringt ihn 2 dann zu Fall.

http://bit.ly/SZ0120_Torwartfoul ANALYSE 20 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2020

aber eben nur die Gelbe Karte. Solche Feinheiten ver- Spieler durch die Sichtachse, sodass er sich nach rechts langen vom Schiedsrichter, sein Stellungsspiel so ein- beugen muss, um die Situation in ihrem ganzen Ausmaß zurichten, dass er solche Vorgänge ungestört verfolgen erfassen zu können (Foto 3c). kann. Offensichtlich misslingt ihm das, denn die Gelbe Karte, Um es auf die Spitze zu treiben: Bei einer drohenden die er, ohne zu zögern – oder besser: ohne sich Zeit zu Notbremsen-Situation sollte der Abwehrspieler in einem nehmen –, zeigt, ist dem Vorgang nicht angemessen: Laufduell mit seinem Versuch, den Ball wegzuspitzeln, „Ein Spieler, der im Kampf um den Ball … von der Seite bis in den Strafraum warten. Kommt es dann zu einem … mit einem oder beiden Beinen in einen Gegner über- Foul, gibt es zwar einen Strafstoß, der eventuell nicht mäßig hart hineinspringt oder die Gesundheit des Geg- genutzt wird, aber er muss nicht vom Platz. ners gefährdet, begeht ein grobes Foul“, heißt es in Regel 12. Hier sind gleich beide Bedingungen erfüllt, Denn außerhalb des Strafraums gilt die Dreifachbestra- sodass ein Feldverweis eindeutig angebracht gewesen fung für eine Notbremse ja weiter: direkter Freistoß – wäre. „Rot“ – Sperre. Egal, ob der Spieler den Ball spielen wollte oder nicht. Zwar waren nur noch Sekunden zu spielen und ein Feld- verweis hätte sicher keinen Einfluss mehr auf den Spiel- 2 SV Meppen – 1. FC Kaiserslautern ausgang gehabt, aber das kann ja niemals ein Kriterium (3. Liga, 8. Spieltag) für die Entscheidung des Schiedsrichters sein. Er hat Noch eine Foul-Situation im Strafraum: Nach einer Fuß- hier mit dem vorschnellen Zücken der Gelben Karte eine abwehr des Lauterer Torwarts Lennart Grill fliegt der ungeschriebene Schiedsrichter-Regel verletzt: Sicher- Ball in hohem Bogen Richtung Elfmeterpunkt. Der Tor- heit geht vor Schnelligkeit! wart versucht, mit drei, vier Schritten und einem Sprung den herabfallenden Ball zu erwischen. Inzwischen ist Nichts hindert einen Unparteiischen daran, in dieser aber der Meppener René Guder herangesprintet und Situation die Meinung seines Assistenten einzuholen, köpft die Kugel Richtung Tor. Unmittelbar darauf wird bevor er die Persönliche Strafe ausspricht. Zumal der im er von Grill umgesprungen (Fotos 2a und 2b). Auch Gegensatz zu ihm in diesem Fall eine völlig freie Sicht wenn er noch versucht, die Hände wegzuziehen – der auf das Geschehen an der Seitenlinie hatte. Körpereinsatz des Torwarts ist übertrieben, der Ball für ihn nicht mehr spielbar. 4 Mainz 05 – VfL Wolfsburg (6. Spieltag) Beim Spielstand von 0:1 läuft der Mainzer Trainer San- Strafstoß und Verwarnung, das ist dafür die richtige dro Schwarz nach einer Freistoß-Entscheidung in der Entscheidung. Denn es handelt sich nicht um eine Not- Nachspielzeit gestikulierend auf das Spielfeld (Foto 4a). bremse, wie mancher vielleicht vermutet, weil es auf Als der Unparteiische bereits zur Brusttasche greift, um den ersten Blick wie eine klare Torchance aussieht. den Trainer zu verwarnen, winkt dieser mehrmals ab Allerdings wird diese vom Torwart mit dessen Aktion (Foto 4b). Daraufhin verweist Schiedsrichter Felix Brych nicht vereitelt, denn Guder konnte den Ball frei aufs Tor mit zweimal „Gelb“ und der dazugehörigen Roten Karte köpfen. Schwarz aus dem Innenraum.

Anders wäre es gewesen, wenn der Meppener den Ball Dieses Vorgehen entspricht den Vorgaben, die das IFAB mit dem Fuß unter Kontrolle gebracht hätte und dann mit Beginn der laufenden Saison für solche Fälle in von Grill angesprungen worden wäre. In diesem Fall Regel 12 („Teamoffizielle“, Unterpunkt Verwarnungen) hätte der Schiedsrichter entscheiden müssen, ob der gemacht hat: „Protestieren durch Worte oder Handlun- Torwart zum Ball wollte („Gelb“) oder nicht („Rot“). gen“, hier das Laufen auf das Spielfeld mit entsprechen- der Gestik (erste Gelbe Karte), sowie „eindeutig respekt- 3 1. FC Magdeburg – MSV Duisburg lose Gesten gegenüber einem oder mehreren (3. Liga, 8. Spieltag) Spieloffiziellen“, hier das Abwinken gegenüber dem In diesem Spiel gab es auch ein „Hineinspringen“, aller- Schiedsrichter (zweite Gelbe Karte). dings mit umgekehrter Anordnung der Gliedmaßen. Mit seinem Verhalten ließ der Trainer dem Schiedsrich- Spielstand 1:1, es läuft die vierte Minute der Nachspiel- ter keine Chance auf ein Gespräch. Das wäre nur mög- zeit. Da grätscht der Magdeburger Dominik Ernst weit lich gewesen, wenn er das Spielfeld „in respektvoller, in der Hälfte des Gegners mit hoher Intensität seitlich nicht konfrontativer Weise“ (Regeltext) betreten hätte. in den Duisburger Moritz Stoppelkamp hinein (Foto 3a). Dann wäre es wahrscheinlich bei einer Ermahnung Er trifft mit dem linken „Nachziehbein“ seinen Gegen- geblieben. spieler so heftig, dass der Duisburger ein kleines Stück durch die Luft fliegt und äußerst unsanft auf der Beton(!)- Am anderen Ende der Sanktionsskala droht der Feldver- Umrandung des Spielfelds landet (Foto 3b). Zugleich weis bei „Betreten des Spielfelds, um einen Spieloffizi- erwischt Ernst mit seinem „Grätschbein“ Stoppelkamp ellen zur Rede zu stellen …“ Das wäre sicherlich gege- mit offener Sohle am linken Fuß. ben gewesen, wenn Schwarz seinen Lauf Richtung Schiedsrichter nicht abgebrochen hätte. Der Schiedsrichter befindet sich eigentlich in einer guten Position, circa 15 Meter vom Geschehen entfernt. Aller- Auch an dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewie- dings läuft ihm im Moment des Fouls ein Duisburger sen, und zwar nicht nur für die Profi-Ligen, sondern für 21

3A

3 3a_ Eine wilde Grätsche an der Seitenlinie …

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3b_ … hat für den Gefoulten schmerzhafte Folgen. 3c_ Dem Schiedsrichter wird die Sicht auf die Szene verdeckt.

3C

http://bit.ly/SZ0120_Brutales_Foul 4A

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4a_ Erbost läuft der Trainer gestikulierend auf den Platz … 4 4b_ … und verlässt ihn, in Richtung Schiedsrichter abwinkend, wieder.

http://bit.ly/SZ0120_Trainer_Reklamation ANALYSE 22 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2020

alle Spielklassen: Es kann dem IFAB und uns Schieds- Damit wird auch vermieden, dass er das Feld über eine richtern gar nicht darum gehen, Trainern ihre Arbeit zu derartige Distanz ohne ärztliche Begleitung verlassen erschweren; wir haben auch so schon genug auf dem muss. Spielfeld zu tun. Es geht einzig und allein um ein ange- messenes Verhalten am Spielfeldrand. 6 Schalke 04 – Fortuna Düsseldorf (11. Spieltag) Kaum eine unserer Analysen kommt ohne eine oder Die Einführung von Gelben und Roten Karten haben die mehrere Handspielszenen aus. So ist es auch diesmal. Trainer ihren Kollegen zu verdanken, die das Fairplay Als Jean Zimmer eine Ecke für die Fortuna in den Straf- gegenüber dem Schiedsrichter und den Respekt vor raum schlägt, springt wie üblich ein ganzer Pulk an Spie- unserem Spiel zu oft ihrem überbordenden Ehrgeiz lern hoch. Den Ball erwischt der Düsseldorfer Kasim geopfert haben. Denn es ist nun mal so: Wenn unge- Adams und köpft ihn aus sieben Metern Entfernung aufs schriebene Gesetze immer seltener eingehalten werden, Schalker Tor. müssen sie, schriftlich formuliert und mit Sanktionen versehen, ins Regelwerk eingeführt werden. Mit hochgesprungen ist Weston McKennie, der befürch- tet, dass ein Düsseldorfer gleich köpfen wird (Foto 6a), 5 SC Verl – Holstein Kiel (DFB-Pokal, 2. Runde) und der deshalb seinen bereits erhobenen Arm noch Der Kieler Salih Özcan setzt im Luftkampf um den Ball weiter in die Flugbahn des Balles anhebt, um diesen im eigenen Strafraum seinen angewinkelten Ellenbogen aufzuhalten (Foto 6b), was ihm dann auch gelingt. gegen Frederik Lach (SC Verl) ein und trifft diesen heftig am Kopf (Foto 5a). Das ist ein rücksichtsloser Einsatz, der Aus der Position des Schiedsrichters, der auf beiden einen Strafstoß und „Gelb“ erfordert. Es wäre gerade noch Fotos zu sehen ist, eine schwierig zu beurteilende Situ- akzeptabel, dieses Vergehen nicht als eine Schlagbewe- ation, da mehrere Spieler sich auf engstem Raum in gung zu bewerten. Allerdings hat der Schiedsrichter es Sprungbewegungen befinden. gar nicht wahrgenommen, sodass das Spiel weiterlief. Hier erweist sich der Video-Assistent als segensreiche Das ist aber nicht der Grund, warum wir diese Situation Einrichtung, weil er den Schiedsrichter vor einer klaren erwähnen. Wichtiger ist uns ein Hinweis auf den Fehlentscheidung bewahrt. Die den Ball über Schulter- Umgang mit verletzten Spielern. Lach ist zwar selbst höhe berührende Hand ist ja seit Beginn der Saison als aufgestanden, hat aber eine stark blutende Platzwunde Straf-Kriterium im Regelwerk verankert worden. Ob am Kopf (Foto 5b). In einem solchen Fall sollte der Absicht vorliegt oder nicht, spielt keine Rolle. Schiedsrichter die Betreuer auf das Spielfeld rufen. Die Maßgabe, das Spiel möglichst schnell fortzusetzen, In diesem Fall hätte aber auch die jahrzehntealte Begrün- muss hinter der Fürsorge für den blutenden Spieler dung ausgereicht: McKennies Hand geht zum Ball, der zurückstehen. klassische Fall von Absicht.

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5a_ Kopfball-Duell: Der Treffer mit dem linken Ellenbogen … 5 5b_ … verursacht eine stark blutende Wunde in Augennähe.

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http://bit.ly/SZ0120_Blutende_Wunde 23

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6B

6a_ McKennie dreht sich in Richtung Düsseldorfer Spieler … 6 6b_ … und bewegt seine linke Hand in die Flugbahn des Balles.

http://bit.ly/SZ0120_Hand_oben 7

7_ Der Schuss des Wolfsburgers Maximilian Arnold prallt gegen den 7 Arm von Mohamed Dräger.

http://bit.ly/SZ0120_Arm_angelegt

7 VfL Wolfsburg – SC Paderborn (3. Spieltag) der Drehbewegung angewinkelt, eine natürliche Hal- Als der Wolfsburger Maximilian Arnold den Ball mit links tung. Unnatürlich wäre es, wenn der Spieler die Hände ins Tor der Paderborner „zwirbeln“ will, springt Moha- wie ein Soldat „an der Hosennaht“ gehabt hätte. Also: med Dräger in die Flugbahn des Balles (Foto 7). Von Selbst wenn der Ball den Arm weiter vorn in Richtung ihm prallt der Ball ins Toraus. Arnold und weitere Wolfs- Hand getroffen hätte, wäre „weiterspielen“ die richtige burger reklamieren sofort Handspiel. Entscheidung.

Und sie haben recht! Eindeutig fliegt der Ball gegen den Wir wissen natürlich, dass es immer wieder Diskussio- Arm, genauer gesagt gegen den Ellenbogen des Pader- nen um die Strafbarkeit eines Handspiels geben kann. borners. Die Frage ist nur und wie immer: Ist dieses Deshalb gilt nach wie vor: Für einen Strafstoß – auch Handspiel denn auch strafbar? und gerade wegen eines Handspiels – muss ich mir hun- dertprozentig sicher sein, dass er berechtigt ist. Habe Auch hier ein Blick in den Regeltext, der in puncto Hand- ich Zweifel, bleibt die Pfeife stumm. Denn eines sollte spiel sehr viel detaillierter gefasst worden ist als bisher: man nie vergessen: Ein „Elfer“ ist die höchste Spielstrafe, „Die Hand/der Arm ist nahe am Körper und die Hand/ die es gibt, er hat sehr oft unmittelbare Auswirkungen Armhaltung vergrößert den Körper nicht unnatürlich.“ auf das Ergebnis. Dann liegt kein strafbares Handspiel vor. Und wir Schiedsrichter wollen das Spiel ja nicht ent- Schauen wir unter diesem Aspekt auf das Foto: Der scheiden, dafür sind die anderen Akteure auf dem Feld Oberarm ist sehr nah am Körper, der Unterarm wegen zuständig. LEHRWESEN 24 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2020

Vor allem bei Derbys muss der Schiedsrichter Präsenz zeigen und voll fokussiert auf das Geschehen sein. EINE FRAGE DES CHARAKTERS

Der Schiedsrichter hat einen großen Einfluss darauf, ob zwei Mannschaften fair miteinander umgehen oder nicht. Um ­diesen nutzen zu können, muss der Unparteiische den ­Charakter eines Spiels richtig erkennen und sein Handeln daran ausrichten. 25

ußballspiele leben immer wieder von einer hohen ben ehrgeizig auftreten und ihre Spieler zu besonderer TEXT Dynamik, von ständig wechselndem Ballbesitz Zweikampfhärte anhalten. Von Bedeutung für den Spiel- Günther Thielking F und intensiven Zweikämpfen. Wer Spiele tiefer­ verlauf kann auch sein, dass bei einem Spiel der Junio- gehend analysiert, stellt fest, dass sich der anfängliche ren übermotivierte Eltern am Spielfeldrand stehen, die Charakter im Laufe der 90 Minuten innerhalb kürzester ihre Kinder zu überzogen hohem Einsatz auffordern. Zeit verändern kann. Die Spieler auf dem Rasen, aber Schließlich wird auch die Tabellensituation einen Ein- auch die Zuschauer am Spielfeldrand merken dann sehr fluss auf die Entwicklung des Spielcharakters haben, schnell, ob der Unparteiische die Partie im Griff behält wenn es am Ende einer Saison um die Meisterschaft oder nicht. oder gegen den Abstieg geht. In all diesen Fällen sollte der gute Unparteiische bereits informiert am Spielort Besonders genau schaut natürlich der Schiedsrichter- eintreffen und das Umfeld dort aufmerksam im Auge Beobachter darauf, wie der Schiedsrichter auf eine Ver- behalten. änderung des Spielcharakters reagiert: Erkennt er, dass das Spiel in der Schlussphase nach dem 1:1-Ausgleich Oft reicht nämlich schon ein kurzer Moment in einem hektischer und kampfbetonter wird? Geht der Referee Spiel aus, dass aus einer fair geführten Begegnung eine jetzt weite Wege, um nah am Geschehen aggressive schwer zu leitende Auseinandersetzung wird, dass das Aktionen umgehend deeskalieren zu können? Verän- Spiel hektisch oder vielleicht sogar bösartig wird. dert sich zugleich das Auftreten des Schiedsrichters gegenüber den beiden Mannschaften? Und kann der Mancher Leser wird sich vielleicht an das WM-Achtel­ Unparteiische die Begegnung aufgrund seiner Persön- finale im Jahr 1990 zwischen Deutschland und den Nie- lichkeit kontrollieren? derlanden erinnern: Nachdem Schiedsrichter Juan Car- los Loustau aus Argentinien dieses Spiel zunächst sicher In der Analyse nach dem Spiel müssen Beobachter und kontrollierte, kam es in der 22. Minute zu dem inzwi- Schiedsrichter miteinander besprechen, ob sich die schen historischen negativen Höhepunkt: Frank Rijkaard Atmosphäre und das Geschehen auf dem Platz während foulte Rudi Völler, der Schiedsrichter notierte die Gelbe des Spiels verändert haben und welchen Einfluss der Karte. Und in der Annahme, der FIFA-Referee könne ihn Schiedsrichter dabei genommen hat. In seiner Gesprächs- einen Moment nicht sehen, spuckte Rijkaard seinem führung soll der Beobachter so vorgehen, dass der Unpar- Gegner von hinten in die Haare. Das bis dahin – trotz teiische die Entwicklung des Spiels und sein eigenes aller Rivalitäten – normal geführte Spiel veränderte mit Verhalten in den entscheidenden Momenten zunächst dieser Aktion seinen Spielcharakter. Es kam zu einer einmal selbst reflektiert. Vielzahl verbissener Zweikämpfe, wodurch der argenti- nische Unparteiische immer wieder in den Mittelpunkt Ein guter Referee wird beschreiben können, welche Situ- des Geschehens rückte. ationen zu dem veränderten Spielcharakter geführt haben. Mal kann das ein rücksichtsloses Zweikampfver- Im DFB-Lehrbrief Nr. 88 geben die Verfasser Hinweise, halten gewesen sein oder ein umstrittenes Tor. Der welches die Faktoren sind, die den Spielcharakter posi- Unparteiische wird Alternativen für sein Vorgehen auf- tiv wie negativ beeinflussen können. Sie zeigen metho- zeigen. Er wird auf sein konsequentes Auftreten in der dische Wege für die Lehrarbeit auf, mit denen die Lehr- jeweiligen Szene hinweisen. Dabei muss selbstverständ- warte am Thema „Der Charakter eines Fußballspiels lich auch die Sichtweise des Beobachters in das Gespräch – lesen und erkennen“ arbeiten können. Sie geben dem einfließen. Situationsbezogen wird dieser durch klare Schiedsrichter Möglichkeiten an die Hand, wie er dem WM-Achtelfinale Statements dem Schiedsrichter positive wie negative von ihm geleiteten Spiel seinen Stempel aufdrücken 1990: Nach der Spuck- Attacke von Frank Aspekte aufzeigen, die Einfluss auf den Spielverlauf und kann. Rijkaard gegen Rudi die Beobachtungsnote haben. Völler änderte sich der Spielcharakter. PROBLEME SCHON IM VORFELD EINKALKULIEREN­

Der richtige Umgang mit Konflikten beginnt allerdings nicht erst in dem Moment, wenn es im Spiel zu einer kri- tischen Situation kommt, sondern bereits viel früher – nämlich bei der Spielvorbereitung. Der Schiedsrichter sollte sich Hinweise auf mögliche Konfliktpotenziale ein- holen, damit er später nicht davon überrascht wird. Für eine Spielleitung kann zum Beispiel von Bedeutung sein, dass es bei der gleichen Paarung bereits bei zurückliegen- den Begegnungen Probleme gab. Gerade in der aktuellen Situation sowohl im Amateurfußball als auch in den Pro- filigen muss auch das Verhalten von Fans und Zuschauern im Rahmen der Spielvorbereitung einkalkuliert werden.

Auch kann der Schiedsrichter in Gesprächen mit ande- ren Unparteiischen erfahren, ob bei den beiden Mann- schaften Betreuer oder Trainer dabei sind, die übertrie- REPORT 26 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2020 WERBEN IN ­SOZIALEN MEDIEN

Schiedsrichter-Inhalte spielen auch in sozialen Medien eine größer werdende Rolle.

Bei der Tagung der Mitarbeiter für Öffentlichkeitsarbeit der Landesverbände („Ömis“) ging es schwerpunktmäßig um die ­Themenfelder „Werbemaßnahmen“ und „Social Media“.

TEXT urch den jüngst verabschiedeten DFB-Masterplan Eine erste Antwort darauf lieferte eine Arbeitsgruppe, Fabian Mohr ist die Zielsetzung im Bereich Werbemaßnahmen die bereits seit dem Vorjahr tätig ist. Sie erarbeitet der- D für die nächsten Monate nochmals klar formuliert: zeit Strategien zur Schiedsrichter-Gewinnung. In Zusam- Die Vereine, Kreise und Schiedsrichter-Gruppen sollen menarbeit mit einer Agentur sollen später Werbemate- bei der Gewinnung neuer Schiedsrichter, bei der Erfüllung rialien erstellt werden, die über eine Toolbox des Schiedsrichter-Solls im Verein sowie bei der Bindung bereitgestellt werden können. In der derzeitigen Pilot- aktiver und passiver Schiedsrichter unterstützt werden. phase werden noch bis Ende der laufenden Saison Erfah- rungen gesammelt, bevor die Materialien ab der Saison „Wie überzeugen wir künftig jemanden, Schiedsrichter 2020/2021 bundesweit Einsatz finden sollen. zu werden?“, stellte Walter Moritz die Leitfrage an die anwesenden Experten für Öffentlichkeitsarbeit. Moritz Eine wichtige Rolle soll künftig auch die Ausbildung an ist im neu formierten DFB-Schiedsrichterausschuss ab Schulen einnehmen. Das neue Projekt „DFB-Junior-Refe- sofort für diesen Personenkreis federführend. Eine ree“ umfasst eine 40-stündige Ausbildung an der Schule Grundfrage in diesem Zusammenhang: Auf welchem und ist ebenfalls im Masterplan implementiert. „Wir Weg will ich potenzielle Kandidaten erreichen? müssen die Schüler dort abholen, wo sie sitzen – in der 27

TEXT Fabian Mohr

Zwei Motive Schule!“, sieht DFB-Schiedsrichterausschuss-Mitglied die wöchentlichen Aktivitäten der Unparteiischen. Über von aktuellen Andreas Thiemann gute Chancen für die Idee. den von Dajinder Pabla (Schleswig-Holsteinischer FV) Werbekampagnen in Bayern (links) und betreuten Account „Schiedsrichterpraktikum“ erhalten Sachsen. Dass es schon heute gute Werbekampagnen innerhalb die 1.400 Abonnenten auf Instagram ebenfalls Einbli- der Landesverbände gibt, verdeutlichte sich während cke in das Schiedsrichterwesen. der Tagung. Unter dem Slogan „Wir regeln das“ zeigt der Bayerische Fußball-Verband, wie vielfältig, abwechs- Ob Bilder, Videos oder Storys: Die Gestaltung der Bei- lungsreich und verantwortungsvoll das Aufgabenfeld träge erfolgt je nach Kanal und Zielgruppe unterschied- eines Schiedsrichters ist. In acht unterhaltsamen, teil- lich. Bei allen Beiträgen jedoch wichtig ist die Realitäts- weise auch augenzwinkernden TV- und Social-Media- nähe. Neben planbaren Inhalten wie etwa der Ankündi- Spots wird deutlich, dass sich die Aufgaben eines Schieds- gung von konkreten Spieleinsätzen oder Jubiläen gibt es richters nicht nur auf Anpfiff, Abpfiff, Abseits, Tor und oftmals auch spontane Beiträge. Zu Letzteren zählt zum Foul beschränken, sondern dass auch gesellschaftlich Beispiel das in kürzester Zeit entstandene Video der relevante Aspekte eine tragende Rolle spielen. ­DFB-Schiedsrichter, in dem sie sich mit den Unparteii- schen an der Basis solidarisieren. Es erreichte auf Face- „Außenpolitik? Ein Teil des Jobs!“, „Teamwork? Selbst- book binnen drei Wochen 100.000 Aufrufe. Deutsch- verständlich!“, „Elternzeit? Gehört einfach dazu!“, „Kul- landweit ist unter dem Hashtag „WIRstellenGewaltins- turaustausch? Leben wir!“ Flankiert werden die kurzen Abseits“ medial über diese Aktion berichtet worden. Clips von zwölf entsprechenden Plakaten und Anzeigen- Motiven, Flyern und Aufwärmtrikots mit dem Kampag- KEIN PATENTREZEPT FÜR DEN UMGANG nen-Logo. Der Sächsische Fußball-Verband hat einen MIT „HATE SPEECH“ ähnlichen Weg eingeschlagen und eine Werbekampa- gne in Zusammenarbeit mit den sächsischen Profiver- Neben den Chancen gibt es beim Einsatz von Social einen aufgelegt. Media allerdings auch Risiken. Hass und Hetze im Netz haben gerade in den vergangenen Jahren zugenommen. SOCIAL MEDIA: NEUE WEGE GEHEN Im heutigen Zeitalter geht es darum, wie mit „Hate Speech“ (Hassrede) am besten umgegangen wird. Deutlich wurde die größere Rolle von Social Media im Zusammenhang mit Werbemaßnahmen, schließlich hat Bei der Tagung wird eines klar: Für den Umgang mit ver- die Verweildauer der Menschen in den sozialen Netzwer- balen Angriffen gibt es kein Patentrezept. Eines stellte ken enorm zugenommen. Seit mehr als zwei Jahren wer- Alexander Stolz vom Saarländischen Fußballverband den daher auch für den Bereich „DFB-Schiedsrichter“ und von Beruf Jurist klar: „Das Netz ist kein straffreier verschiedene Kanäle für die Berichterstattung und zur Raum.“ So können etwaige Hassbotschaften im Netz Interaktion mit den Usern genutzt. Zwar ist die Anzahl neben zivilrechtlichen Konsequenzen ebenso durch die der 13.000 „DFB-Schiedsrichter“-Follower auf Facebook Sportgerichte bestraft werden. im Vergleich zu denen der deutschen Nationalmannschaft (6,4 Millionen Follower) erheblich geringer, doch es geht Die Mitarbeiter für hier nicht primär darum, einen großen „Fankreis“ aufzu- Öffentlichkeitsarbeit bauen, sondern die Interaktionsrate ist ebenso entschei- der Landesverbände diskutierten in dend. Ob die „Gefällt mir“-Angabe, die Kommentierung Frankfurt/Main oder das Teilen eines Beitrags: Dies sind die aussagekräf- Möglichkeiten zur tigeren Aspekte, um zu messen, inwieweit sich die Nut- Schiedsrichter- zer mit den Inhalten der Seite auseinandersetzen. Eine Gewinnung. hohe Interaktionsrate erhöht automatisch die Reichweite.

Doch wie sieht der konkrete Einsatz in den Landesver- bänden aus? Die Schiedsrichter des Fußballverbandes Niederrhein berichten beispielsweise auf ihrem Insta- gram-Auftritt „fvnschiri“ über aktuelle Geschehnisse auf und neben dem Platz. Mehr als 700 Personen verfolgen PORTRÄT 28 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2020 „BUNGEE-JUMPING FÜRS GEHIRN“

Kathrin Lehmann konnte als Mannschaftssportlerin große Erfolge erzielen – und hat sich jetzt für die Schiedsrichterei entschieden.

Kathrin Lehmann hat schon viel in ihrem Leben gemacht: Fußball-Nationalspielerin, Eishockey-Nationalspielerin, Dozentin, Radio- und TV-Expertin. Jetzt hat sie mit der Schiedsrichterei eine neue Leidenschaft entdeckt. 29

a. Nicht „K.“ oder Kathrin, einfach nur Ka. Das ist pfeift, als wäre es lediglich ein Vorbereitungsspiel auf TEXT ihr Spitzname, seit sie klein war. Jeder, der sie ihre nächste Bundesliga-Begegnung gewesen. Georg Schalk K kennt, nennt sie bis heute so. Auch ihr Autokenn- zeichen trägt die beiden Buchstaben „KA“. So kurz und „Ich mach das soooo gerne. Ich bin mittendrin in etwas, abgehackt diese Bezeichnung klingen mag, so viel was ich liebe“, hat sie für ihre neue (für den Bayerischen könnte Kathrin Lehmann erzählen. Zum Beispiel, dass Fußball-Verband) und alte (für die RBL) Tätigkeit nur die gebürtige Schweizerin die einzige Sportlerin ist, die positive Worte übrig. Ihre konsequente Haltung hat ihr sowohl im Eishockey als auch im Fußball den höchsten Respekt eingebracht, wie interne Bewertungen der Pokalwettbewerb gewann. Dass sie die einzige Sport­ Hobby­teams belegen. Mit ihr ist offensichtlich nicht gut lerin ist, die in der jeweils höchsten deutschen Eis­ Kirschen essen, wenn man sich nicht an die Regeln hält. hockey- und Fußballspielklasse ein Tor erzielte. Dass sie eine eigene Universität besitzt. Oder dass sie eine ZWEI TEILNAHMEN AN bekannte Schweizer Radio- und TV-Moderatorin ist. OLYMPISCHEN­ SPIELEN

Sie könnte. Meist aber hält sie sich erst mal zurück. Dick Ihr geschultes Auge für klare Foulspiele wie auch für auftragen ist nicht ihr Ding. „Das Höchste, das es für verdeckte kleinere Vergehen ist unübersehbar. Ihr mich gibt, ist das Spiel“, sagt die 39-Jährige. Dem ord- ­Fachwissen ist riesig. Dazu hat sie lange genug selbst net sie sich unter. Mehr noch: Sie verehrt es, wie sie sagt. auf höchstem Niveau Fußball gespielt. Als Fußballerin Im Frühjahr 2019 hat die lern- und wissbegierige Frau hat sie unter anderem das Tor des 1. FFC Turbine Pots- bei ihrer Heimatgruppe München-Süd den Schiedsrich- dam, des FC Bayern München sowie des FCR 2001 Duis- ter-Neulingskurs gemacht. burg gehütet. Mit Duisburg feierte sie zudem einen Champions-League-Sieg. Hinzu kommen internationale An diesem lauen Sommerabend brennt an der Säbener Turniere wie zehn WM- und zwei Olympia-Teilnahmen Straße in München das Flutlicht. Auf dem herrlich gele- als Eishockey-Nationalspielerin. 1999 war sie „Schwei- genen Kunstrasenplatz hat die Senioren-A-Mannschaft zer Fußballerin des Jahres“. Mit dem Ü 35-Team des FC des FC Bayern ihren Gegner Gündlkofen weit in dessen Bayern München wurde sie vergangenes Jahr Deutscher eigene Hälfte gedrängt. Es steht bereits 7:0 für die Meisterin. „Roten“, die „Dunkelblauen“ aus der Nähe von Landshut (Niederbayern) haben keine Chance. Dazwischen saust Benjamin Gam, Teammanager der Senioren A und der eine in Gelb gekleidete Schiedsrichterin hin und her. Ü 35-Frauen-Mannschaft des FC Bayern, beschreibt Während Offizielle des FC Bayern sie gut kennen, ahnen Kathrin, die er seit 2017 kennt, als unglaublich boden- die Gäste nicht, welche prominente Sportlerin sie heute ständig, zuverlässig und hilfsbereit. „Ka ist einfach ein Abend vor und neben sich haben. Herz.“ Sie sei ein sehr ehrgeiziger Mensch, der mit Res- pekt, viel Fingerspitzengefühl und purer Leidenschaft „Ka“ hat viel Spaß und nimmt die Sache dennoch ernst, an die Sache herangehe. „Ich bewundere, was sie schon auch wenn es „nur“ ein Freundschaftsspiel vor gezähl- alles geleistet hat“, sagt er. Und das ist tatsächlich eini- ten 48 Zuschauern ist. Für sie ist das heute ein „spezi- ges. elles Spiel“, kehrt sie doch an die alte Wirkungsstätte zurück. „Der dritte Vertrag meiner Profikarriere im Fuß- Wer genau wissen will, mit wem er es zu tun hat, sollte ball war München“, erzählt Kathrin Lehmann. sich mal den mehrseitigen Wikipedia-Eintrag von Kath- rin Lehmann durchlesen. „Ich habe den aber nicht selbst Das spielt aber heute keine Rolle. Sie ist unparteiisch. gemacht“, stellt sie mit Nachdruck fest. Sie redet viel mit den Akteuren auf und mit den Verant- wortlichen neben dem Platz. Die finden das sichtlich Nach der Matura in Zürich (vergleichbar dem deutschen gut. Als aber kurz vor Schluss beim Stand von 8:1 ein Abitur) begann Kathrin ein Studium der Literaturwissen- Bayern-Spieler sich verächtlich ihr gegenüber äußert, schaften an der Universität Potsdam, welches sie ab da „knallt“ Kathrin ihm die Gelbe Karte vor die Nase und Oktober 2001 an der Ludwig-Maximilians-Universität gibt ihm noch ein paar freundlich-bestimmte Worte mit (LMU) München fortsetzte. Zwischen August und Dezem- auf den Weg. Es wird die einzige Persönliche Strafe bei ber 2003 studierte sie an der Oklahoma State University dieser Begegnung bleiben. „Wenn mich einer blöd Stillwater, ehe sie im Juli ihr Studium mit einem Magis- anmacht, kein Problem. Abschätzige Gestik jedoch finde ter Artium in München abschloss. Ab August 2005 folgte ich schlimm“, erläutert sie später. Erst einmal kommen ein Fernstudium an der AKAD Stuttgart in Betriebswirt- ganz viele Akteure nach dem Schlusspfiff zu ihr und schaftslehre (BWL), das sie mit dem Diplom abschloss. beglückwünschen sie. „Klasse gepfiffen, danke!“ Neben der fast kompletten Mannschaft aus Gündlkofen, dem Zwei Sportarten, zwei abgeschlossene Studiengänge, gebeutelten 1:8-Verlierer, ist auch der verwarnte Spieler dazu zwei berufliche Standbeine, auf denen sie heute des FCB dabei. Alles wieder gut. steht: Zum einen ist die 39-Jährige geschäftsführende Gesellschafterin des „Sportbusiness Campus“, den sie Den Ruf, schnell eine Gelbe Karte zu zücken, hat Kath- vor fünf Jahren gegründet hat. Etwa 100 Studierende rin bereits weg, und zwar in der Royal Bavarian Liga (RBL), streben hier ihren Bachelor- oder Master-Abschluss in der größten Fußball-Freizeitliga Münchens. Dort ist sie BWL an. Die Blockseminare finden in Business-Logen bereits seit 14 Jahren als Schiedsrichterin im Einsatz. So der Stadien von Fortuna Düsseldorf, des VfL Wolfsburg erklärt sich auch, warum ein „Neuling“ wie sie schon so und der SpVgg Greuther Fürth statt. Lehmann hat drei gut „auf dem Platz und im Spiel steht“ und warum sie Mitarbeiterinnen und eine Reihe von freiberuflichen PORTRÄT 30 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2020

Dozierenden. Ihre GmbH kooperiert mit Bildungsein- „Ich habe immer beides gern gemacht. Ich mochte die richtungen. Eine eigene PR-Agentur befüllt die gängi- Abwechslung“, sagt sie. Zum Pfeifen überredet hat sie gen Kommunikationskanäle mit Informationen dazu und nach eigenen Angaben Bundesliga-Schiedsrichterin arbeitet mit den Vereinen zusammen. Bibiana Steinhaus, die sie 2001 zufällig in Potsdam getroffen hat. „Die Bibi sollte uns pfeifen und fragte Zum anderen arbeitet sie für Schweizer Medien. Seit vier mich an der Ampel nach dem Weg. Ich sagte ihr, sie Jahren ist die gebürtige Schweizerin Live-Expertin bei solle mir hinterherfahren. Am Spielort im Spielertun- Damen- und Herrenspielen der eidgenössischen Fuß- nel vor dem Einlaufen stellte sich dann heraus, dass ball-Nationalmannschaften – entweder im heimischen sie uns pfeift“, erzählt „Ka“, damals Torhüterin der Heim- Fernsehen oder bei Radio SRF 3. Sie spricht Deutsch, mannschaft. Französisch, Englisch, Schwedisch und natürlich Schwei- zerdeutsch. Früher betrieb sie noch eigene Fußballcamps Seitdem hält sie Kontakt mit ihrem Schiedsrichter-Vor- für Mädchen, sogenannte „KA-Camps“, bei denen sich bild. Und berichtet von einer weiteren Insider-Geschichte. über die Jahre mehr als 1.000 Anmeldungen ansam- „Bibi hat mir versprochen, wenn ich die Prüfung absol- melten. In diesem Jahr bietet Lehmann zum 14. und viere, wird sie mit einer anderen namhaften Person ein letzten Mal ein Frauen-Eishockey-Camp an. Spiel von mir assistieren. Darauf freue ich mich riesig“, sagt „Ka“.

„Auf dem Platz gibt es die meisten Normalerweise ist sie diejenige, „die vorne steht, doziert und anderen etwas erzählt“. Als sie sich zum Schieds- Diskussionen wegen der Regeln. richter-Neulingskurs angemeldet hatte, da hätten Freunde zu ihr ironisch gesagt: Dozenten haben immer Das hat mit Unwissenheit zu tun.“ recht – auch bei dir, „Ka“! Kathrin Lehmann Der Tag beginnt bei ihr regelmäßig mit 40 Liegestützen Man sieht: „Ka“ ist kreativ, immer beschäftigt und viel und 80 Sit-ups in der Münchner Wohnung. „Das dauert unterwegs. Dabei arbeitet sie selten auf etwas konkret sechseinhalb Minuten, dann ist auch der Espresso warm.“ hin. Vielmehr „kreiere ich Situationen, die ermöglichen, Ausgleich findet die 39-Jährige beim Hören von klassi- dass etwas passiert“, beschreibt sie ihre grundsätzliche scher Musik („Ich wollte eigentlich Opernsängerin wer- Vorgehensweise. Als sie von 2007 bis 2010 in Stockholm den“) und Golfspielen. „Ich verbringe Abende mit dem, wohnte, wo sie mit dem AIK Solna zweimal die Schwe- was ich gerne tue.“ Ihr wichtigster Begleiter ist Golden dische Eishockey-Meisterschaft gewann und 2008 den Retriever „Tschutti“, was auf „Schwizerdütsch“ (Schwei- European Champions Cup (Europapokal der Frauen), zerdeutsch) so viel heißt wie „Kicken“. „Er weiß alles musste sich die sportbegeisterte Frau in einer neuen, über mich“, sagt „Ka“ und wirft einen liebevollen Blick zunächst fremden Umgebung gut vernetzen und gut auf ihren treuen Gefährten. vermarkten. Dass sie das kann, hat sie offensichtlich ihrer Kindheit zu verdanken, als ihre sportbegeisterten Eltern – Und jetzt ihr (nicht mehr ganz so) neues Hobby Schieds- Vater Georg und Mutter Margrit sind Sportlehrer – zu richterei: für sie wieder ein Feld, auf das sie sich mit gro- ihren beiden älteren Brüdern Markus und Thomas sowie ßer Leidenschaft stürzen wird. „90 Minuten ein Spiel zu zu ihr sagten: Ja, wir fahren euch ins Training – aber nur leiten – das sind auch eineinhalb Stunden kein Handy, einmal pro Woche. „Von da an musste ich mich selbst keine anderen Probleme. Für mich ist das Bungee-Jum- organisieren. Ich konnte schon mit jungen Jahren Bus- ping fürs Gehirn.“ Die Schiedsrichter- fahrpläne lesen und wusste, wann ich wohin musste.“ Tätigkeit betreibt die 39-Jährige aus Freude Im Alter von vier Jahren begann sie mit dem Eisho- Kathrin Lehmann würde sich freuen, wenn mehr ehe- am Spiel, wie sie selbst ckeysport; als sie neun war, folgte der Fußball im Verein. malige Profis wie sie nach ihrer aktiven Karriere zur Pfeife sagt. greifen würden. Aber dann bitte nicht über den mühsa- men Weg wie jeder Jung-Schiedsrichter. „Ich kenne viele Spielerinnen und Spieler, die sagen: ‚Ich würde das sofort machen – aber bitte nicht von ganz unten an.‘“ Diejeni- gen, die gut sind, sollten nach ihrer Ansicht gleich in eine höhere Spielklasse eingegliedert werden.

Es sei doch sinnvoller, sagt sie, aus einer Golden-Age- Generation „40 plus“ bei einem Förderlehrgang zehn gute Leute zu finden, als bei einem Massenkurs 50 Teil- nehmer auszubilden, von denen die meisten binnen weniger Jahre wieder aufhörten.

Jeder Profi sollte ihrer Ansicht nach einen Schieds- richter-Regeltest machen. „Auf dem Platz gibt es die meisten Diskussionen wegen der Regeln. Das hat mit Unwissenheit zu tun.“ Als sie Kapitänin der Schwei- zer Eishockey-Nationalmannschaft war, interessierte sie sich schon aus Eigennutz für die Regeln. „Es 31

ist doch peinlich, wenn du mit dem Referee über Meinung nach viel geeigneter. „Ich will immer Lösun- eine bestimmte Szene diskutierst und keine Ahnung gen. Ich mache es einfach gerne“, so ihr Ansatz, nach hast.“ dem sie lebt. Auch wenn sie schon so viel erreicht hat, ein großes Ziel hat sie noch: Sie möchte olympisches „Ka“ stört, dass bei den Schiedsrichtern so oft die Worte Gold – egal in welcher Funktion. „Ihr müsst“ und „Ihr dürft nicht“ verwendet werden, also die Suche nach Fehlerlosigkeit. „Du kannst“, sei ihrer „Ka“ könnte nicht nur viel erzählen, sie kann es auch.

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1_In den vergangenen Jahren hütete Kathrin Lehmann bei mehreren Frauen-Bundesliga-Teams das Tor ...

2_... und lief auch schon im Trikot der Schweizer Eishockey- Nationalmannschaft auf.

3_Dank jahrelanger Erfahrung in der Fußball-Hobbyliga hat Kathrin Lehmann auch schon als Anfängerin den Durchblick.

3 MELDUNGEN 32 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2020

AUS DEN VERBÄNDEN

1 BADEN MECKLENBURG-VORPOMMERN

Referent aus Austausch mit dem der Schweiz Saarland­

Zu ihrem jährlichen Fortbildungslehrgang Für den saarländischen Verbands-Schieds- trafen sich die Futsal-Spitzen-Schiedsrich- richterobmann Dr. Volkmar Fischer war es ter des Badischen Fußballverbandes in der „wie ein kleiner Urlaub“. Er und acht wei- Sportschule Schöneck. Neben den Neue- tere Unparteiische aus dem kleinsten Flä- rungen zur neuen Spielrunde sowie Video- chenland Deutschlands waren nach Ros- Sequenzen der vergangenen Saison lag tock gereist, wo sie spannende Tage der Schwerpunkt des Lehrgangs auf dem verbrachten. Es war der Gegenbesuch, Vortrag des Schweizer FIFA-Schiedsrich- nachdem im Vorjahr Schiedsrichter aus ters Daniel Matkovic zum Thema Team- Mecklenburg-Vorpommern im Saarland 2 Performance. gastierten. Neben einem kurzen Einblick in die Futsal- Neben dem Erfahrungsaustausch standen Strukturen beim Schweizerischen Fußball- auch diesmal wieder gemeinsame Spiel- verband berichtete Matkovic über seine leitungen und weitere Unternehmungen Erfahrungen bei internationalen Einsätzen. auf der Agenda. So waren die Gast-Referees Die mit zahlreichen Anekdoten angerei- unter anderem in der Verbandsliga bei den cherten Schilderungen ließen bei den Teil- Begegnungen des Rostocker FC gegen nehmern die Vorfreude auf die anstehende den Güstrower SC sowie des SV Pastow Futsal-Saison steigen. gegen den TSV Bützow im Einsatz. TEXT Jürgen Groh TEXT Torsten Schünemann

NIEDERRHEIN

Lehrgang für 3 Schiedsrichter-Teams

Im November trafen sich die Schiedsrich- ter-Teams des Kreises Kempen-Krefeld zu einem Wochenendlehrgang. Die beiden Lehrwarte Lukas Dyck und Daniel Halup- zok hielten Referate zu den Themen Spie- lertypen, Stellungsspiel sowie Teamarbeit und ließen die Teilnehmer dabei aktiv mit- arbeiten. Highlight des ersten Tages war die Präsen- tation von Tobias Vogel, Lehrwart im Main- Taunus-Kreis in Hessen. Er zeigte auf, wie ein Schiedsrichter durch Antizipation und den passenden Spruch Situationen auf dem 4 Spielfeld entschärfen kann. Am zweiten Tag besuchte DFB-Schieds- richter Markus Wollenweber den Lehrgang und berichtete von seinen Erfahrungen bei den Spielleitungen in der 3. Liga. TEXT Robin Seifert

1_ Das Offenbacher Schiedsrichter-Team beim Erinnerungsfoto mit Otto Rehhagel. 2_ Bei ihrem Trip nach Mecklenburg-Vorpommern besichtigten die Gäste aus dem Saarland auch das Hafengelände in Warnemünde. 3_ Die Verantwortlichen aus dem Schiedsrichter-Bereich gemeinsam mit den Teilnehmern am „Schnuppertag“ im Bayerwald. 4_ Die südbadischen Lehrwarte bei ihrer gemeinsamen Tagung in Saig. 33

SÜDBADEN SÜDWEST SAARLAND

Tagung der Lehrwarte Unparteiische Schiedsrichter- halten zusammen Gruppen feiern­ Mitte November trafen sich Südbadens Schiedsrichter-Lehrwarte zum Lehrgang 100-jähriges Bestehen Ein tragisches Unglück widerfuhr dem frü- im Sporthotel Sonnhalde in Saig. David heren Oberliga-Schiedsrichter und heuti- Brombacher präsentierte dort die neue Es ist das Jahr der großen Jubiläen: Im gen Kreis-Ansetzer Fred Vulpes, der auch Online-Plattform „Schiricloud“, die den Saarland wurden die ersten Schiedsrichter- als Schiri-Betreuer beim 1. FSV Mainz 05 Lehrwarten, Obleuten und Coaches neue Gruppen im Jahr 1919 gegründet, sodass tätig ist: Bei einem Brand seines Wohn- Möglichkeiten im Lehr- und Beobach- nach der Schiedsrichter-Gruppe Saarlouis hauses fiel das komplette Hab und Gut der tungswesen geben soll. nunmehr auch die Unparteiischen aus Familie dem Feuer zum Opfer. Verbandslehrwart Andreas Klopfer infor- Neunkirchen sowie aus Sulzbach-Saarbrü- Schnell kam seitens rund 40 Unparteii- mierte über den aktuellen Stand des cken und Saarbrücken-Warndt feiern durf- scher der Schiedsrichter-Vereinigung ­DFB-Ausbilderzertifikats, bei dem die süd- ten. Während die beiden Südsaar-Gruppen Mainz-Bingen die Idee auf, die Spesen badischen Lehrwarte auf einem guten Weg im Dorfgemeinschaftshaus in Völklingen- eines Wochenendes zu spenden. Mit sind und sich auch dieses Jahr die Zahl der Geislautern ihr Jubiläum begingen, Unterstützung des Fördervereins kam so Absolventen wieder erhöhte. begrüßte der Neunkircher Obmann Chris- ein Gesamtbetrag von rund 2.000 Euro Den abschließenden Teil des Samstag- tian Zepp viele Festgäste in der Aula des zusammen. abends übernahm Günther Thielking aus Krebsberg-Gymnasiums in Neunkirchen. „Obwohl wir oft als Einzelkämpfer im Ein- dem DFB-Kompetenzteam. Er gab den Besonders gewürdigt wurden dabei die satz sind, halten wir in der Not zusammen“, Lehrwarten Tipps zur Verbesserung der Verdienste von Alois Bremer, dem mit lobte Kreis-Schiedsrichterobmann Ger- Lehrarbeit mit auf den Weg. 86 Jahren ältesten noch aktiven Schieds- hard Ott die Spendenbereitschaft seiner TEXT Lukas Gäng richter im Saarland, sowie von Gerhard Gilde. Theobald. Der ehemalige Bundesliga- TEXT André Moritz Referee (96 Einsätze) und Verbandslehr- HESSEN wart wurde unter großem Applaus zum Ehren-Schiedsrichter ernannt. Internationales Flair Trauer um Obmann TEXT Alexander Stolz Erhard Blaesy Anlässlich der Buchmesse 2019 in Frank- furt/Main fand auf dem Sportplatz der BAYERN Der Südwestdeutsche Fußballverband SG Bornheim ein Spiel zwischen der von (SWFV) und insbesondere die Schieds- Otto Rehhagel (81) gecoachten deutschen „Schnuppertag“ bei richter aller Kreise trauern um Ver- Nationalmannschaft der Autoren gegen bands-Schiedsrichterobmann Erhard den Referees das Team des diesjährigen Gastlandes aus Blaesy, der im Alter von 68 Jahren nach Norwegen statt (Endstand: 5:3). schwerer Krankheit verstorben ist. Um dem Mangel an geprüften Schieds- Geleitet wurde dieses Spiel von einem Erhard Blaesy war seit 1972 als Schieds- richtern abzuhelfen, wurde von der Gruppe Team aus Hessen, nämlich von Schieds- richter tätig und leitete Spiele bis zur Bayerwald ein „Schnupperpraktikum“ richter Adil Challioui und seinen Assisten- Oberliga. Von 2000 bis 2010 war er angeboten. Im Anschluss an eine theore- ten Jeremias Eckmann und Jan Hütsch als Verbands-Lehrwart tätig und küm- tische Einführung wurde anhand von (alle Schiedsrichtervereinigung Offen- merte sich um die Aus- und Fortbil- Videoszenen aus der Praxis eine offene bach). dung der Unparteiischen. Seit neun Diskussionsrunde mit den Interessenten Für die Unparteiischen war der Abend ein Jahren war er zuletzt Verbands- gestaltet. Danach beobachteten diese tolles Erlebnis. Und auch die deutschen Schiedsrichterobmann im SWFV. gemeinsam ein Kreisliga-Spiel. und norwegischen Autoren feierten nach TEXT Roland Schäfer Während sich das Schiedsrichter-Team auf dem Spiel gemeinsam bei einem interna- die anstehende Partie vorbereitete, gab tionalen Büffet. Friedhelm Wildfeuer den Teilnehmern TEXT Christoph Schröder interessante Einblicke, zum Beispiel in Sachen Absprache oder Verhalten am Spielfeldrand. Nach dem Spiel gab es einen offenen Dia- log mit dem Schiedsrichter-Team, der zu regen Diskussionen führte. TEXT Doris Kausch

Bei der 100-Jahr-Feier der Gruppen Saarbrücken-Warndt und Sulzbach-Saarbrücken ehrte Obmann Bernd Beres (Zweiter von rechts) viele Referees für langjährige Verdienste. VORSCHAU 34 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 01|2020

DIE NÄCHSTEN THEMEN IMPRESSUM Die Ausgabe 2/2020 erscheint am 26. Februar 2020.

HERAUSGEBER Deutscher Fußball-Bund Otto-Fleck-Schneise 6 TITELTHEMA 60528 Frankfurt/Main Telefon 069/6788-0 TRAININGSLAGER www.dfb.de DER ELITE- VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT SCHIEDSRICHTER Michael Herz

KOORDINATION/KONZEPTION David Bittner, Thomas Dohren

KONZEPTIONELLE BERATUNG Zum zweiten Mal begeben sich die Elite-Schiedsrichter nach Portugal für ihr Lutz Lüttig Winter-Trainingslager. Und auch SRZ-Reporter Bernd Peters wird den DFB-Tross einmal mehr in den sonnigen Süden begleiten. In unserer kommenden Aus- MITARBEITER DIESER AUSGABE gabe berichtet er über die Inhalte des Trainingslagers und die Erkenntnisse, die Tobias Altehenger, Norbert Bause, David die Hinrunde für die Unparteiischen gebracht hat. ­Hennig, Fabian Mohr, Alex Raack, Thomas Roth, Georg Schalk, Günther Thielking, Lutz Wagner, Rainer Werthmann

BILDNACHWEIS LEHRWESEN Lars Albert, Thomas Böcker/DFB, FC Saalfeld, David Heerde/Berliner Morgenpost, imago, Christian Kaufmann, Hans Krämer, Fabian Mohr, KOMPETENZ Alex Raack

IN SACHEN LAYOUT, TECHNISCHE GESAMT­ SPIELREGELN HERSTELLUNG, VERTRIEB UND ANZEIGEN-VERWALTUNG BONIFATIUS GmbH Karl-Schurz-Straße 26 33100 Paderborn

Es sind eine ganze Menge Regeln, die ein Schiedsrichter sicher beherrschen ABONNENTEN-BETREUUNG muss – dass es Jahr für Jahr so viele Änderungen gibt, macht die Sache da nicht BONIFATIUS GmbH unbedingt einfacher. Im ersten DFB-Lehrbrief des neuen Jahres geht es des- Karl-Schurz-Straße 26 halb um die „Fachkompetenz in Sachen Spielregeln“. Bei der Arbeit an vielfäl- 33100 Paderborn tigen Stationen sollen die Unparteiischen ihr Wissen vertiefen. [email protected]

Die Schiedsrichter-Zeitung des DFB erscheint zweimonatlich. Die Bezugsgebühren für ein Abonnement betragen jährlich 15 Euro ein- schließlich Zustellgebühr. Kündigungen des HISTORIE Abonnements sind sechs Wochen vor Ablauf des berechneten Zeitraums mitzuteilen.

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Ob Strafraum, Torraum oder Mittelkreis – aus welchen Markierungen ein Spiel- feld besteht, ist den meisten Fußballfans bekannt. Doch früher sah ein Fuß- ballplatz anders aus als heute: Der Torraum war einst ein Teilkreis, der Straf- stoßpunkt war eine durchgezogene Linie über die gesamte Breite des Spielfelds. ABO Petra Tabarelli wirft einen Blick in die Geschichte der Regeln. bequem per E-Mail: [email protected] alle wissen, wo sein auto steht. er pfeift drauf. Dennis, Schiedsrichter der SG Johannesberg 1926. Wie schon sein Vater sorgen er und seine 58.000 Kollegen unbeirrt dafür, dass sich rund 7 Millionen Mitglieder an die Spielregeln halten. Mehr über Dennis und den Amateurfußball in Deutschland auf kampagne.dfb.de

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