1 157. 4. Mai 1976
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CDU/CSU – 07. WP Fraktionssitzung: 04. 05. 1976 157. 4. Mai 1976: Fraktionssitzung ACDP, 08-001-1046/1. Überschrift: »Fraktionsprotokoll der Fraktionssitzung vom 4.5.1976«. Zeit:15.04–18.43 Uhr. Vorsitz: Carstens (Fehmarn). Protokollform: Transkription der Tonaufnahme in bearbeiteter Fassung. Sitzungsverlauf: A. TOP 1: Bericht des Vorsitzenden Carstens zur Lage (Mitgliedschaft der Bundesrepublik im UNO-Sicherheitsrat; Nationalstiftung; amerikanische Afrikapolitik; italienische Wahlen; Äußerungen des Bundeskanzlers Schmidt zu Italien und Frankreich; Europäische Volkspartei; Druckerstreik; wirtschaftliche Lage; berufliche Bildung; vierte Partei; Konspiration in der SPD). – TOP 4: Bericht des Parlamentarischen Geschäftsführers Jenninger zum Plenum der Woche (§ 218; Haushalt; Vorstandsbeschluss zum Bundestagswahlkampf). B. Aussprache zu den Berichten von Carstens und Jenninger (Rettungsbrücke für Deutsche in Rhodesien; Druckerstreik; Eigentumsbildung; Europäische Volkspartei; berufliche Bildung). C. TOP 4: Aussprache zum Bundesfernstraßengesetz. – TOP 3: Bericht des Abg. Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein mit Aussprache (Arzneimittelgesetz). – Fortsetzung der Aussprache zu TOP 4 (Beamtenrechtsrahmengesetz; Lehrerausbildung in Niedersach- sen). D.TOP 5: Berichte aus den Arbeitskreisen. AK I (Besoldung im öffentlichen Dienst; Hea- ring zur Eingliederung von Aussiedlern). – AK II (UNO-Seerechtskonferenz). – AK IV (Rheuma-Kranke). – Personalien. [A.] Carstens (Fehmarn): Meine Damen und Herren, ich habe die besondere Freude, einen neuen Kollegen in unserer Fraktion, Herrn Kollegen Grass aus Rheinland-Pfalz, zu begrüßen, der in die Stelle unseres Kollegen Wagner [Trier] in den Bundestag eingetre- ten ist. Seien Sie herzlich willkommen, lieber Kollege Grass! Ich möchte an der Übung festhalten, die Geburtstagsglückwünsche – Oh, mein Gott noch mal! –, ich möchte doch an der Gepflogenheit festhalten, die Geburtstage zu er- wähnen, die inzwischen stattgefunden haben. Der Kollege [Schenk] Graf [zu] Stauffen- berg feiert heute seinen 38. Geburtstag. Ich gratuliere ihm herzlich dazu. Herrn de Terra grüße ich zum 55. Geburtstag und Herrn Kollegen Dr. Früh zum 54. Geburtstag, den Herrn Kollegen v. Weizsäcker zum 56. Geburtstag, Herrn Kollegen Lagershausen zum 52. Geburtstag, Herrn Kollegen Dreyer zum 55. Geburtstag und Herrn Kollegen v. Hassel, der sich z. Z. auf Suaheli mit dem Präsidenten Nyerere von Tansania unter- hält, grüße ich zum 63. Geburtstag, den Kollegen Dr. Artzinger zum 64. Geburtstag und Herrn Kollegen Dr. Waigel zum 37. Frau Verhülsdonk gratuliere ich ebenfalls sehr herzlich zu ihrem Geburtstag, der am 26. April stattgefunden hat, (Lachen.) Herrn Kollegen Schmidt (Wuppertal) zum 47. Geburtstag, Herrn Kollegen Schwörer zum 54., Herrn Kollegen Benz zum 55. Geburtstag. Herrn Kollegen Breidbach zum 38. Geburtstag und Herrn Kollegen Spilker zum 55. Geburtstag. Herzliche Glückwünsche, alles Gute, vor allen Dingen für die kommenden Monate. Kiesinger ist nicht da? Nicht. Copyright © 2021 KGParl 1 CDU/CSU – 07. WP Fraktionssitzung: 04. 05. 1976 Den hatte ich schon einmal erwähnt. Kiesinger ist – den hatte ich schon mal beglück- wünscht in Abwesenheit. Meine Damen und Herren, soviel zu den Glückwünschen! Nun noch eine Bemerkung, auf Bitten des Herrn Kollegen Reddemann. Soweit Sie das nicht schon wissen, teile ich es vorsorglich noch mal mit. Mit dem Bonner AZ-Studio ist eine Schallplattenaktion entwickelt worden, durch die jeder Kollege zu einem Stückpreis zu 1 Mark mindestens 5 000 Schallplatten erwerben kann, auf deren Vorderseite er selbst zu seinen Wählern spricht. In den Mappen der CDU-Kandidaten, die am 7. April zu dem Gespräch mit dem Parteivorsitzenden kamen, liegen Muster aus. Für die CSU sollte ein anderes Mo- dell vorgelegt werden. Der Kollege Röhner (Beifall.) ist entsprechend informiert worden. Herr Kollege Reddemann hat mich gebeten, dies in der Fraktionssitzung mitzuteilen, was ich hiermit getan habe. Meine Damen und Herren! Nun aber zu dem ernsteren Teil meines Vortrages! Ich möchte – meine Damen und Herren, der Kollege Grass ist heute zum ersten Mal unter uns. Es wäre doch ganz schön, wenn er den Eindruck einer halbwegs geordneten Frak- tionssitzung gewinnen würde. (Gelächter.) Ich darf Sie herzlich bitten, mir Ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Ich möchte ein paar Bemerkungen zu außenpolitischen Ereignissen und deutschland- politischen Ereignissen machen, die sich in der Zwischenzeit zugetragen haben. Es hat eine Diskussion gegeben über die Frage, ob es wünschenswert ist, daß die Bundesrepu- blik Deutschland dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beitritt. Meine Damen und Herren, ich verkenne nicht die Problematik, die damit verbunden ist, insbesondere deswegen verbunden ist, weil nach relativ kurzer Zeit – ich glaub’, nach einem Jahr – auch die DDR Mitglied des Sicherheitsrats werden soll. Trotzdem bin ich der Meinung, daß wir bei Abwägung aller Gesichtspunkte diese auf uns zufallende Wahl nicht zu- rückweisen sollten und daß wir das Gremium des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen nun endlich dazu benutzen sollten, das zu tun, was wir seit Jahr und Tag von seiten der CDU/CSU-Fraktion gefordert haben, nämlich die Verletzung der Menschenrechte in Deutschland vor dem Forum der Vereinten Nationen zur Sprache zu bringen. Eine weitere deutschlandpolitische Frage, die uns beschäftigt hat, betraf die Errichtung einer Nationalstiftung oder der geplanten Nationalstiftung. Hier möchte ich sagen, daß nach unser aller Überzeugung als Sitz dieser Nationalstiftung nur Berlin in Frage kommt. (Beifall.) Aber ich möchte Sie darauf hinweisen dürfen, daß in dieser Frage auch mit unsern drei westlichen Verbündeten, den drei Schutzmächten für Berlin noch keine volle Überein- stimmung hergestellt ist, so daß wir, glaube ich, nach dieser Richtung zunächst unsere Anstrengungen lenken müßten und das müßte wohl zunächst überwiegend in vertrauli- chen Gesprächen geschehen. Ein weiteres außenpolitisches Ereignis, was ich erwähnen möchte, ist die abrupte Wen- dung, die sich in der amerikanischen Afrika-Politik zu vollziehen scheint. Das Werben um Schwarzafrika in einer Weise, wie wir das noch nie gekannt haben, verbunden mit einer scharfen Kritik an Rhodesien und an Südafrika. Es ist schwer, diese Wendung zu verstehen und zu motivieren. Mir ist gesagt worden, daß sie durch inneramerikanische Wahlkampfrücksichten mit ausgelöst sei. Wie auch Copyright © 2021 KGParl 2 CDU/CSU – 07. WP Fraktionssitzung: 04. 05. 1976 immer dies sein mag, es besteht die Gefahr, daß Gewaltanwendung in Afrika zur Durchsetzung politischer Ziele ermutigt wird durch dieses Verhalten der amerikani- schen Politik. Ich komme gerade von einem Essen mit dem tansanischen Staatspräsi- denten Nyerere, der zwar nicht heute in seiner Rede, aber, wie mir berichtet worden ist, gestern in seiner Rede, gestern abend bei einem Essen, das der Bundespräsident für ihn gab, ganz deutlich gesagt hat, wenn es auf andere Weise nicht ginge, dann müßte eben in Rhodesien mit Gewalt die Gleichberechtigung und das Selbstbestimmungsrecht durchgesetzt werden. Dies ist eine sehr folgenschwere und sehr gefährliche Entwick- lung, insbesondere, wenn man an die Verhältnisse in Südafrika selbst denkt. Ich verste- he, daß das Motiv der amerikanischen Politik sei, die Gefahr einer Wiederholung des Angola-Falles zu verhindern – mit andern Worten: den sowjetischen Einfluß zurück- zudrängen in Afrika. Ich neige eher dazu, zu befürchten, daß durch eine solche Politik am Schluß der sowjetische Einfluß größer werden wird, denn die Erwartungen, die hier gesetzt werden, die kann der Westen und kann auch Amerika letzten Endes nicht erfül- len: Waffenlieferungen und alles, was dazugehört. Dann werden sich die Betreffenden doch wieder an ihre östlichen Freunde wenden. Meiner Meinung nach müßte, wenn von Selbstbestimmungsrecht und Rassismus und Menschenrechten in Afrika gesprochen wird – und daß man das tut, ist legitim und entspricht den Grundsätzen, zu denen wir uns alle bekennen –, müßte hinzugefügt werden: Gewalt zur Durchsetzung dieser Ziele darf nicht angewendet werden. Erst dann erhält die Aussage nach meiner Auffassung die Ausgewogenheit, die sie unbedingt braucht. Auch der deutsche Außenminister Genscher hat sich hier in seinen Äußerun- gen voll und in einer mir zu einseitig erscheinenden Weise hinter die Forderungen der schwarzafrikanischen Staaten gestellt. Ich möchte dann eine Bemerkung zur Entwicklung in Italien machen. Wir haben jetzt gehört, daß am 20. Juni dort Wahlen stattfinden. Die Beobachter an Ort und Stelle rechnen mit einem Anwachsen der kommunistischen Stimmen, einem weiteren An- wachsen der kommunistischen Stimmen. Ich möchte mich da in Prognosen etwas zu- rückhalten. Als ich Soldat war, pflegte man von den Italienern zu sagen: Italien hat noch nie einen Krieg auf derselben Seite beendet, auf der es ihn begonnen hat, es sei denn, daß es zweimal die Seiten gewechselt hätte. Das haben wir damals mit einer ge- wissen Geringschätzung gesagt, meine Damen und Herren. Seitdem ich älter geworden bin, bin ich zu der Erkenntnis gelangt, daß in dieser Haltung Italiens auch eine ganze Portion von Klugheit ihren Ausdruck findet. Jedenfalls vermeiden es die Italiener, in den Kriegen, [die]1 sie führen, zugrunde zu gehen. Und das, finde ich, ist etwas, was man anerkennen sollte. (Lachen.) Und insofern – ja, da steckt doch eine ganze Portion von gesundem Menschenverstand in dieser Haltung drin, und vielleicht bemächtigt sich dieser gesunde Menschenverstand der Italiener auch bei den bevorstehenden