HISTORISCH-POLITISCHE MITTEILUNGEN Archiv Für Christlich-Demokratische Politik
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HISTORISCH-POLITISCHE MITTEILUNGEN Archiv für Christlich-Demokratische Politik Im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. herausgegeben von Günter Buchstab und Hans-Otto Kleinmann 14. Jahrgang 2007 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN II HISTORISCH-POLITISCHE MITTEILUNGEN Archiv für Christlich-Demokratische Politik 14. Jahrgang 2007 Im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. herausgegeben von Dr. Günter Buchstab und Prof. Dr. Hans-Otto Kleinmann Redaktion: Dr. Brigitte Kaff Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. Wissenschaftliche Dienste / Archiv für Christlich-Demokratische Politik Rathausallee 12 53757 Sankt Augustin bei Bonn Tel 02241 / 246 2210 Fax 02241 / 246 2669 e-mail: [email protected] internet: www.kas.de © 2007 by Böhlau Verlag GmbH & Cie., Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, [email protected] www.boehlau.de Alle Rechte vorbehalten Satz: Satzpunkt Ursula Ewert GmbH, Bayreuth Druck: MVR-Druck GmbH, Brühl ISSN: 0943-691X ISBN: 978-3-412-19906-7 Erscheinungsweise: jährlich Preise: € 19,50 [D]/ € 20,10 [A] Erhältlich in Ihrer Buchhandlung oder direkt beim Böhlau Verlag unter: [email protected], Tel. +49 221 91390-0, Fax +49 221 91390-11 Ein Abonnement verlängert sich automatisch um ein Jahr, wenn die Kündi- gung nicht zum 1. Dezember erfolgt ist. Zuschriften, die Anzeigen und Ver- trieb betreffen, werden an den Verlag erbeten. Inhalt III Inhalt AUFSÄTZE Guido Hitze . 1 Das Konzept der „neuen Sicherheit“. Zur Auseinandersetzung um den „Neoliberalismus“ in der Programmatik der Unionsparteien Anselm Doering-Manteuffel . 27 Die Wurzeln des „alten Europa“ im amerikanischen Jahrhundert Ulrich Karpen . 45 Deutschland und Europa: Das Staatsrecht in den Plänen des Kreisauer Kreises Michael Richter . 67 Jugend zwischen den Diktaturen. Manfred Klein und die christlich-demokratische Jugendopposition in der SBZ Michael Klein . 79 Der westdeutsche Protestantismus und die CDU bis zum Ende der Ära Adenauer Alexander Straßner . 99 Die 68er-Bewegung und der Terrorismus in der Bundesrepublik Carsten Penzlin . 121 Rainer Barzel als Kanzlerkandidat im Bundestagswahlkampf 1972 Peter Rütters . 137 Gertrud Wronka – Eine katholische Frauenkarriere in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Christopher Beckmann . 153 Lambert Lensing (1889–1965) – Zeitungsverleger, Mitgründer der CDU, Landesvorsitzender der CDU Westfalen-Lippe Jörg-Dieter Gauger . 187 Hans-Erich Stier (1902–1979) – Althistoriker, Mitgründer der CDU, Kulturpolitiker IV Inhalt Andreas Grau . 213 Vom Aufsteiger zum Überläufer. Der Fall des CDU-Abgeordneten und DDR-Spions Karlfranz Schmidt-Wittmack DIE ÄRA KOHL IM GESPRÄCH VII. Die transatlantischen Beziehungen in der Ära Kohl Hans-Peter Schwarz. 231 Einführung Andreas Wirsching . 235 Die Beziehungen zu den USA im Kontext der deutschen Außenpolitik 1982–1998 Klaus Larres. 245 Die USA, die europäische Einigung und die Politik Helmut Kohls Stefan Fröhlich . 263 Die USA-Politik aus amerikanischer Perspektive in der Ära Kohl Gisela Müller-Brandeck-Bocquet . 273 Wie halten wir es mit Amerika? Die transatlantischen Beziehungen, die Konstruktion Europas und die deutsch-französische Zusammenarbeit in der Ära Kohl Werner Link, Peter Hermes, Joachim Bitterlich, Bernd Wilz: . 299 Statements MISZELLEN Rudolf Morsey . 313 Der Parlamentarische Rat 1948/49 im Rückblick. Das erste Rhöndorfer Gespräch mit Zeitzeugen und Zeithistorikern 1969 Gerhard Wettig . 341 Die Entlassung der Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion 1955 – Folge der Verhandlungen mit Adenauer? Untersuchung auf der Basis neuer Archivdokumente Inhalt V LITERATURBERICHTE Hans-Otto Kleinmann . 353 Die Ära Kohl – Ein Literaturbericht. Erster Teil Markus Lingen . 411 Christentum und Demokratie. Katholiken in den USA und Deutschland Neuerscheinungen zur Christlichen Demokratie . 417 (Auswahlbibliographie) Abstracts – Résumés – Zusammenfassungen . 427 Mitarbeiter dieses Bandes . 451 AUFSÄTZE Das Konzept der „neuen Sicherheit“. Zur Auseinandersetzung um den „Neoliberalismus“ in der Programmatik der Unionsparteien Von Guido Hitze 1. Einführung Im Juni dieses Jahres startete der SPD-Vorsitzende Kurt Beck in einem Beitrag für die FAZ (11. Juni 2007) unter der Überschrift „Das soziale Deutschland“ einen scharfen Angriff auf das neue Grundsatzprogramm der CDU, dessen Entwurf wenige Wochen zuvor in seinen Grundzügen von Generalsekretär Po- falla der Öffentlichkeit vorgestellt worden war. Der Hauptvorwurf Becks an die Adresse des Berliner Koalitionspartners bestand in der Behauptung, die Union propagiere das Leitbild eines stetig „schrumpfenden Staates“; ihr „Ne- oliberalismus“ sei eine „Ideologie ohne Erdung“. Der SPD-Vorsitzende setzte dem angeblich „marktradikalen“ Konzept der CDU die sozialdemokratische Idee des „vorsorgenden Sozialstaats“ entgegen, welche notwendige Reformen mit der „herausragenden Frage der sozialen Sicherheit“ und der „Zukunft der Arbeit unter den Bedingungen der Globalisierung“ verknüpfe und auf diese Weise den Weg in ein modernes, freiheitliches, aber eben auch „soziales“ Deutschland eröffne. Ebenfalls im Juni 2007 fusionierten in Berlin PDS und WASG zur neuen „Linken“. Das Attribut „neu“ erwies sich nach den programmatischen Reden von Lothar Bisky, Gregor Gysi und vor allem Oskar Lafontaine bei näherem Hinsehen allerdings rasch als Etikettenschwindel. Hier feierte der alte, längst tot geglaubte Sozialismus althergebrachter Provenienz mit seinen staatlichen Allmachts- und Entmündigungsphantasien fröhliche Urständ: Verstaatlichung der Schlüsselindustrien, insbesondere der Energiewirtschaft, antiimperialisti- sche internationale Solidarität, der politische Generalstreik und die Beschwö- rung eines angeblich „sicheren“ Sozialstaates, der zum „Wohlfahrtsstaat“ aus- gebaut werden sollte, bildeten zentrale Schwerpunkte eines Programms, das in der höchst fragwürdigen Parole Lafontaines gipfelte: „Freiheit durch Sozi- alismus!“. Nun ließe sich über beide „linken“ Konzepte, das des „vorsorgenden Sozi- alstaates“ der SPD und das reaktionäre, weil ausschließlich rückwärtsgewandte der Linkspartei, trefflich politisch streiten. Offenbar weiß ein Kurt Beck nichts über Wesen und Genese des Begriffs „Neoliberalismus“, den er pauschal der Union als Etikett anheftet, und sein Bild vom angeblichen „Schrumpfstaat“, 2 Guido Hitze den die CDU anstrebe, ist dermaßen schief, dass es in Anbetracht der histo- rischen wie aktuellen Realität eher wie eine Karikatur anmutet. Oskar Lafon- taine wiederum lässt völlig offen, welche „Freiheit“ da durch welchen „Sozia- lismus“ herbeigeführt werden soll und weshalb der „Sozialstaat“ von einst an- geblich noch heute so „sicher“ ist, dass er sogar noch ausgebaut werden kann. Doch allen Unzulänglichkeiten und Irrtümern zum Trotz berühren sowohl Beck wie Lafontaine einen höchst sensiblen Punkt im gesellschaftlichen Be- wusstsein, der für die Politik allgemein eine zentrale Herausforderung dar- stellt: Die Sehnsucht, besser das Verlangen der Bürger – unabhängig von Her- kunft, Stand und parteipolitischer Präferenz – nach „Sicherheit“ in ebenso un- ruhigen wie unübersichtlichen Zeitläufen. Dieser Herausforderung hat sich auch und vorrangig die Union als stärkste politische Kraft in Deutschland zu stellen. Und hier trifft die Kritik des SPD-Vorsitzenden durchaus eine wunde Stelle: Die CDU mag sich aufrichtig darum bemüht haben, in ihrem neuen Grundsatzprogramm Antworten auf alle möglichen Probleme und Fragen un- serer Zeit zu finden, darunter auch und gerade solche zur Zukunft von Arbeit und Gesellschaft. Aber diese Antworten wirken insgesamt merkwürdig unver- bunden, rein additiv, mitunter geradezu unverbindlich. Daher mangelt es vie- len Bereichen des Grundsatzprogrammentwurfs tatsächlich, um mit Kurt Beck zu sprechen, an der notwendigen „Erdung“. Gefragt ist eine Leitidee, die glei- chermaßen konzeptionell trägt wie auch praxistauglich ist, das heißt in und an den politischen Realitäten für die Bürger nachvollziehbar und überprüfbar wird. Nur dann wird sie auch langfristig überzeugen und Mehrheiten im de- mokratischen Wettbewerb gewinnen können. Dieser Wettbewerb ist längst er- öffnet. Die CDU in Nordrhein-Westfalen hat das nach dem Wahlsieg vom Mai 2005 schnell begriffen. Unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ist sie, nicht ohne damit erhebliche Irritationen in der Gesamtpartei auszulösen, seit- dem bemüht, Grundüberzeugungen der Christlichen Demokratie in praktische Politik umzusetzen und sie an die Erfordernisse und veränderten Bedingungen des ökonomischen wie gesellschaftlichen Wandels anzupassen, ohne ihre Wur- zeln zu verleugnen oder gar zu kappen. Eine zentrale Komponente des eben beschriebenen Vorhabens stellt das Konzept der „neuen Sicherheit“ dar, auf das im Folgenden näher eingegangen werden soll. 2. Gesellschaft in der Krise „Wertewandel“, „Globalisierung“, „demographische Krise“ sind Begriffe, die eine Entwicklung der letzten Jahrzehnte beschreiben, an deren Ende ein Er- gebnis steht, das von niemandem ernsthaft bestritten werden kann: der Verlust von „Sicherheit“ in beinahe jeder Beziehung. Die Sicherheit des Einzelnen in seiner jeweiligen Lebenssituation, verstanden als „soziale Sicherheit“, ist da- Das Konzept der „neuen Sicherheit“ 3 von ebenso betroffen wie die Sicherung allgemeiner Lebensverhältnisse, die innere Sicherheit und die Sicherheit vor äußeren Gefahren. Spätestens in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre, als die Vertreter der „68er“ ihren „Marsch durch die Institutionen“ abgeschlossen hatten, schien sich das Motto des „anything goes“ unwiderruflich durchgesetzt zu haben. Die alten Werte, Traditionen, Erfahrungen und Glaubenssätze,