Helene Weber
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Hildegardis-Verein e.V. / Institut für Kirchengeschichte der Universität Bonn Gisela Muschiol Eva Welskop-Deffaa (Hg.) HELENE WEBER BEITRÄGE ZU EINER BIOGRAPHIE Bonn 2014 Die Beiträge dieses Bandes sowie ein Diskussionsforum sind auch zu finden unter: www.helene-weber.de Impressum Herausgeber/innen: Hildegardis-Verein e.V. FRAUEN – STUDIEN – FÖRDERN Wittelsbacherring 9, 53115 Bonn Tel.: 0228 96 59 249, Fax: 0228 96 95 226 [email protected], www.hildegardis-verein.de Institut für Kirchengeschichte, Universität Bonn Abt. für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte Am Hof 1, 53111 Bonn Tel: 0228 73 78 48, Fax: 0228 73 65 82 Autorinnen dieses Bandes: Annett Büttner, Regina Illemann, Stefanie Pfennig, Marie-Emmanuelle Reytier (†), Birgit Sack, Katrin Schubert. Redaktion dieses Bandes: Sophia Franke, Regina Heyder, Regina Illemann, Andreas Möhlig, Gisela Muschiol, Maria Schwarz, Jenny Wenner. Redaktion der Website www.helene-weber.de: Birgit Mock, Ursula Sautter, Regina Illemann, Gisela Muschiol, Eva Welskop-Deffaa (Inhalte) reutermedien-manufaktur, www.reutermedien.de (graphische und technische Umsetzung) Titelbild: Helene Weber, ca. 1945, Foto: Theo Felten (AKDFB 428). Trotz intensiver Bemühungen ist es uns nicht gelungen, Kontakt zu allen Bildrechtsinhabern (oder ihren Erben) herzustellen oder in allen Fällen deren Identität festzustellen. Wir bitten Personen, die Rechtsansprüche geltend machen möchten, sich mit uns in Verbindung zu setzen, damit wir entsprechend tätig werden können. www.helene-weber.de Muschiol / Welskop-Deffaa, Helene Weber 2 Inhaltsverzeichnis Vorwort ……………………………………………………………………………………………... 4 Einleitung …………………………………………………………………………………………… 8 Dr. h.c. Helene Weber (1881–1962): „Der reine Männerstaat ist das Verderben der Völker“ – Eine biographische Skizze von Regina Illemann ………………………………………………………………………………. 14 Wer macht ‚die‘ Geschichte? Zum Verhältnis von Biographie und Zeitgeschichte am Beispiel einer Kollektivbiographie der weiblichen Reichs- und Landtagsabgeordneten von Deutscher Zentrumspartei und Bayerischer Volkspartei in der Weimarer Republik von Birgit Sack …………………………………………………………………………………….. 18 Bildung – Schlüssel der Frauenfrage. Helene Weber als Pädagogin und Bildungspolitikerin von Stefanie Pfennig ………………………………………………………………………………. 40 Die christliche Frau. Helene Weber und die katholische Frauenbewegung von Annett Büttner ……………………………………………………………………………….. 113 Gruppenbild mit Dame(n). Fotographische Darstellungen der Politikerin Helene Weber in deutschen Printmedien 1919–1933 und 1949–1962 von Katrin Schubert …………………………………………………………………………….... 178 Helene Weber als Europäerin von Marie-Emmanuelle Reytier (†)………………………………………………………………. 216 Bibliographie Unveröffentlichte Quellen Die Autorinnen www.helene-weber.de Muschiol / Welskop-Deffaa, Helene Weber 3 Vorwort Vorwort Helene Weber (1881–1962) ist eine der großen Frauengestalten Deutschlands im 20. Jahrhundert. Als einzige Frau war sie nach beiden Weltkriegen Mitglied in den demokratischen verfassunggebenden Organen – in der verfassunggebenden Nationalversammlung in Weimar und im Parlamentarischen Rat in Bonn. Im Parlamentarischen Rat war sie eine von nur vier Frauen und die einzige, die im Nachgang zur Verabschiedung des Grundgesetzes noch über mehrere Legislaturperioden hinweg im Deutschen Bundestag an der Ausgestaltung dessen ganz konkret mitwirkte, wofür die Verfassung der jungen Bundesrepublik den Rahmen gab. Helene Weber war streitbar. Sie setzte sich – nachdem sie zuerst durchaus andere Formulierungen favorisiert hatte – im Parlamentarischen Rat in ihrer Fraktion mit Macht für den endgültigen Vorschlag zur Gleichstellung von Mann und Frau ein. Ohne die Zustimmung der Mehrheitsfraktion CDU wäre – das wird in der Frauengeschichtsschreibung häufig übersehen – ein Erfolg des klaren und unmissverständlichen Artikels 3 nicht möglich gewesen. Ebenso leidenschaftlich verteidigte Helene Weber den Schutz von Ehe und Familie – der latenten Spannung, die zwischen den Artikeln 3 und 6 der Verfassung lag, war sie sich bewusst. Diese auszuhalten und auszugestalten war eine der besonderen Begabungen der Politikerin aus Leidenschaft. Sie war als Christin bereit, Verantwortung vor Gott und den Menschen zu übernehmen. Mit und in der katholischen Frauenbewegung war Helene Weber nah bei den Lebenswirklichkeiten der Menschen, unermüdlich reiste sie mit dem Nachtzug durch die Republik, um Frauen für die politischen Themen zu begeistern und um mit den Frauen Mehrheiten für die Anliegen zu finden, die ihr am Herzen lagen: gute Bildungschancen für alle, Professionalisierung der sozialen Arbeit. Helene Weber nahm sorgsam die Bedürfnisse derer wahr, für die sie eintrat – als Verbandsfrau, als Politikerin und als Beamtin. Die Vereinten Nationen zählen heute die aktive Ausrichtung an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger – „Responsivität“ – zu den acht wesentlichen Anforderungen an gute öffentliche Verwaltung. Helene Weber war eine gute, eine responsive Volksvertreterin – nicht immer „ihrer Zeit voraus“, aber aufmerksam nah an den Lebensrealitäten der Menschen ihrer Zeit. Sie nahm in Verbandsarbeit, Bildungs- und Jugendpolitik die Lebensläufe der Menschen in den Blick – mit ihren Vorgeschichten und Entscheidungsfolgen. So ist sie als Vorreiterin dessen anzusehen, was in der Gegenwart unter der Überschrift „Lebenslaufpolitik“ firmiert. Helene Weber hat im Katholischen Deutschen Frauenbund, im Müttergenesungswerk, im Deutschen Frauenrat, bei der Frauen-Union und in vielen anderen Frauen- und Berufsorganisationen in erster und durchaus auch in zweiter Reihe gestanden, um von dort aus die Netzwerkpflege zu gestalten, die sie früh als Voraussetzung politischen Erfolgs verstanden hatte. Helene Weber war – als katholische Bildungspolitikerin – auch eine der verlässlichen Wegbegleiterinnen des Hildegardis-Vereins. Es lag daher nahe, dass der damals frisch gewählte Vorstand des Hildegardis-Vereins 2005/2006 sein www.helene-weber.de Muschiol / Welskop-Deffaa, Helene Weber 4 Vorwort erstes Forschungskolleg Helene Weber widmete. Denn die überragende Bedeutung Helene Webers steht in krassem Gegensatz zur Erforschung ihres Lebens und Wirkens. Es gibt keine monografische Biographie, Einzelartikel beziehen sich meist auf Jubiläumswürdigungen oder kleine Einzelausschnitte ihres Wirkens. Der Hildegardis- Verein wollte mit dem Kolleg einen kleinen Beitrag leisten, um eine große Forschungslücke zu schließen. Die Quellenlage ist schwierig. Helene Weber hat wenig schriftliche Spuren hinterlassen, einen Teil ihrer Unterlagen 1933 bewusst vernichtet1 – und da, wo Reden und Aufsätze dokumentiert sind, erschließt sich die konkrete politische Bedeutung in der Regel erst voraussetzungsvoll aus dem Zusammenhang. Ein Beispiel: Am 12. Mai 1932 sprach Weber im Reichstag zur Rechtsstellung der weiblichen Beamten, zum sogenannten Verbot des Doppelverdienstes. Das Verbot als Ganzes, das grundsätzlich verheirateten Frauen im öffentlichen Dienst eine Beschäftigung untersagte und das damals politisch breit – von SPD bis Zentrum – getragen wurde, konnte sie nicht abwenden. Ihrer politischen Klugheit ist es aber ganz augenscheinlich zu verdanken, dass für die Postbeamtinnen eine Ausnahme durchgesetzt werden konnte, die in der Krise häufig Familienernährerinnen waren, verheiratet mit arbeitslosen Männern, die den Unterhalt der Familie gerade nicht mehr sichern konnten. Helene Weber nahm war, dass in der damaligen Zeit nicht automatisch jede verheiratete Frau durch ihren Mann wirtschaftlich versorgt war2. Sie kannte aus ihrer Sozialarbeiterinnenzeit die konkreten Nöte, sie suchte nach pragmatischen Lösungen – und so sehr ihr Ideal in einer Familie bestand, in der die Frau sich um die Kinder kümmern und der Mann den Unterhalt der Familie sichern konnte, so leidenschaftlich suchte sie nach konkreten Lösungen jenseits abstrakter Ideale. Vielleicht ist dieser leidenschaftliche Pragmatismus, die Bereitschaft aus der zweiten Reihe heraus unsichtbar Erfolge zu ermöglichen, einer der Gründe, warum Helene Weber im Schatten der ‚großen‘ Geschichte steht. Der Hildegardis- Verein unternimmt nun den Versuch, sie in einigen Profilen – als Bildungs- und Europapolitikerin, als Verbandsfunktionärin – sichtbar zu machen und sie dabei einzuordnen in die Frauenbewegung des 20. Jahrhunderts. Diese Frauenbewegung war eine Bildungsbewegung. Frauen in Arbeiterschaft und Bürgertum kämpften um 1900 für eine Verbesserung ihrer Bildungsmöglichkeiten. Bildung war für Frauen das zentrale Instrument, ihre Lebensumstände zu verbessern und Abhängigkeiten abzumildern oder aufzuheben. Frauen gründeten zahlreiche Vereine, wählten mitunter die eigene Berufsarbeit als zentralen Lebensbereich, setzten ihre Zulassung zum universitären Studium durch und engagierten sich politisch. Helene Weber gehört zu dieser Generation: zunächst Volksschullehrerin, dann Studentin der ersten Generation, führende Repräsentantin der katholischen Frauenbewegung, Gründungsdirektorin einer katholischen Fachhochschule für Soziale Arbeit sowie des entsprechenden Berufsverbandes, Politikerin (Zentrum/CDU) in den beiden deutschen verfassunggebenden Versammlungen und Parlamenten des 20. 1 So überliefert es das mündliche Verbandsgedächtnis des Katholischen Deutschen Frauenbundes. 2 „Auch wir wollen die verheiratete Beamtin schützen, die wirtschaftlich nicht versorgt ist und eine Familie zu unterstützen hat.“ (Rede Helene Weber, Reichstag 64. Sitzung am 12. Mai 1932, S. 2684 C.) www.helene-weber.de Muschiol / Welskop-Deffaa, Helene Weber 5 Vorwort Jahrhunderts, eine der