Der Burschenschafter Periodikum der Allgemeinen Deutschen 2. Jahrgang 1 / 2018

Mit Beiträgen u.a. von Orit Arfa Helma Brunck Hans Fenske Walter Krämer Jens Naim Gerhard Schindler Dieter Stein Inhalt Diskursfreiheit Walter Krämer — Die deutsche Sprache als Heimat 4 Orit Arfa — Kämpft für das deutsche Heimatland 6 Jens Naim — Vaterland, Heimat und „Migrationshintergrund“ 8 Bildung Hans Fenske — Der Versailler Vertrag und dessen Folgen 12 Helma Brunck — „Gaudeamus igitur virgines dum sumus“ 17 Politik und Burschenschaft Burschenschafter in der Politik 22 Bundestagsabgeordnete aus den Reihen der Burschenschaften 26 Burschenschafter in weiteren Parlamenten 30 Dieter Stein — Der Wind dreht sich 32 Burschentag 2017 Totengedenken an der Grünen Tanne zum 2. Burschentag­ 34 Tätigkeitsbericht der Vorsitzmannschaft der Saarbrücker Burschenschaft Germania 36 Gerhard Schindler — Der nachrichtendienstliche Mehrwert 39 Hohes Interesse an guter Fechtausbildung 44 Die Aachener Burschenschaft Teutonia im Profil 46 Aus den Burschenschaften Kranzniederlegung in Langemarck 50 Energiepolitik geht uns alle an 51 „Fasteleer und Fußballgott“ 52 Podiumsdiksussion „Verbindungen sind Teil der Universität“ 53 Frust und Verdrossenheit oder Feuer und Flamme? 53 Abschied vom Kanzler der Deutschen Einheit ...... 54 Putins verdeckter Krieg 55 Die Geschichte der Russlanddeutschen 56 „Was deutsch und echt, wüßt Keiner Mehr“ 57 Siegener Weihnachtsmarkt wieder zurück an seinem alten Platz 57 Nischenthemen dominieren die Landtagsarbeit 57 Stuttgarter Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl: Deutschland 2030 58 Digitalisierung der Gesellschaft -Bitcoin, das Geld der Zukunft? 61 „Islamismus bei Jugendlichen –­ Diagnose und Handlungsoptionen“ 62 U-1873 Hilaritas lief zur Feindfahrt aus 62 Das historische Element – Kämpfer gegen Separatismus 63 200 Jahre Wartburgfest der Burschenschaft 66 Aus dem Korporationsmileu „Die Wartburg ruft und verpflichtet“ 69 Wissenschaftliches Symposium „200 Jahre Wartburgfest“ 72 Neues aus dem Korporationsmilieu 74 Rezensionen Zwischen Ruhm und Schande: 200 Jahre Freiburger Korporationen 76 Studentenverbindungen in Chile 77 Weitere Lücke in der ältesten jüdischen Verbindung geschlossen 78 Biographisches Lexikon: Bekannte Künstler burschenschaftlicher Herkunft 78 Konservativer Journalismus im Aufwing 79 Mitgliederlisten zweier ADB-Burschenschaften aus Gießen mit Einzelbiographien 81 Totengedenken Unsere Toten 82 Nachruf Horst Gehlen 83 Nachruf Fritz Hellwig 84 Verschiedenes Liste der Amtsträger 86 Leserbriefe 87 Termine 2018 91 2 Der Burschenschafter  Querschnitt

Für den einflussreichsten und umstrittensten deutschen Philosophen des 20. Jahrhunderts Martin Heidegger (KStV Germania-Hohentwiel Freiburg) ist

„die Sprache das Haus des Seins. In ihrer Behausung wohnt der Mensch. Die Denkenden und Dichtenden sind die Wächter dieser Behausung. Ihr Wachen ist das Vollbringen der Offenbarkeit des Seins, insofern sie diese durch ihr Sagen zur Sprache bringen und in der Sprache aufbewahren.“

Da die Sprache für die Identitätsfindung eines Volkes – und chischen Nationalrat sowie in den Landesparlamenten die das religionsübergreifend – sinnstiftend ist, geht die drit- Interessen der Bürger bereits heute oder künftig vertreten. te Ausgabe des „Burschenschafters“ der Frage nach, was Der Chefredakteur der Jungen Freiheit Dieter Stein analy- des Deutschen Vaterland (Ernst Moritz Arndt) heute ist. Der siert, was die Bundestagswahlen für die Parteien bedeuten Dortmunder Hochschullehrer und Vorsitzende des „Vereins und wie viel Druck AfD und FDP auf die künftige Regierung Deutsche Sprache“ Walter Krämer erläutert Herkunft und ausüben können. Geschichte der deutschen Kultursprache, da seiner Ein- schätzung nach nur sie „das Gemeinwesen zusammenhält“. Aber auch innerhalb des Verbandes fanden vor und nach Dabei werde diese von den eigenen Eliten heutzutage mis- der Bundestagswahl Podiumsdiskussionen (Allgemeine sachtet, entfremdet und weitgehend durch das Englische Deutsche Burschenschaft, Stuttgarter Deputierten Convent) ersetzt. Die israelisch-amerikanische Autorin Orit Arfa be- und Burschenschaftliche Abende (Arminia-Gothia Braun- leuchtet die Transformation Deutschlands, die sich durch schweig, Sigambria et Alemannia Siegen) mit Bundes- und Merkels Grenzöffnung beschleunigt habe. Sie habe dazu Landespolitikern statt. Denn das Interesse gerade an Politik geführt, dass sich nicht nur Christen, sondern auch wieder ist in der Burschenschaft nach wie vor groß. So finden Sie Juden um ihre Sicherheit in Deutschland sorgen müssten. zudem einen Beitrag über Karl Jarres und einen Nachruf Mit dem dritten Beitrag von Jens Naim schließt dieses Ober- zu Fritz Hellwig, der im Alter von 104 Jahren im Jahr 2017 thema. Er beschreibt, was der Begriff „Vaterland“ für einen verstarb. Berichte über die Geschichte der Russlanddeut- Burschenschafter mit Migrationshintergrund bedeutet. schen (Arminia Hannover), über „Putins verdeckten Krieg“ (Teutonia Freiburg), den sich immer weiter ausbreitenden Dabei bekommen bereits heute einige deutsche Politiker Islamismus (Alemannia Stuttgart), die Energiepolitik (Teuto- Schnappatmung, wenn sie das Wort Vaterland bei öffent- nia Aachen) und die Bildungs- und Hochschulpolitik (Ger- lichen Veranstaltungen hören. So auch Bundeskanzlerin mania Braunschweig), an letzterer nahm die Präsidentin Merkel, als sie 2016 an der zentralen Gedenkfeier zum der TU-Braunschweig teil, verdeutlichen das politische En- 100. Jahrestag der Schlacht bei Verdun teilnahm. Da vor gagement der Burschenschaften. einhundert Jahren der Erste Weltkrieg endete, begibt sich der Freiburger Historiker Hans Fenske auf Ursachen- und Welchen Herausforderungen sich ein deutscher Auslands- Kriegszielforschung und stellt insbesondere die Probleme geheimdienst stellen muss, erfahren Sie in dem Artikel des vor, die aus dem Versailler Vertrag resultierten. Der Welt- ehemaligen Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes krieg hatte aber auch dazu geführt, dass Frauen verstärkt in Gerhard Schindler (Germania Saarbrücken). Dieser hatte Männerdomänen eindrangen. Bereits um die Jahrhundert- auf dem Burschentag im Herbst 2017 über den „nachrich- wende hatten sich erste Frauenverbindungen gegründet tendienstlichen Mehrwert“ referiert und ein anderes Bild und das rein männliche Couleurwesen ergänzt. Welche Ent- von den „Schlapphüten“ gezeichnet als das, was die Me- wicklung „die Rolle der Frauen in den Korporationen“ nahm dien allgemein kolportieren. Mit dem Burschentag endete und welche Brüche es gab, schildert Helma Brunck in ihrem das offizielle Geschäftsjahr der Saarbrücker Burschenschaft Beitrag „Gaudeamus igitur virgines dum sumus“. Germania, die mit ihrem Tätigkeitsbericht ihr erfolgreiches Debüt als erste Vorsitzende der Allgemeinen Deutschen Das Jahr 2017 stand einerseits im Zeichen des 200. Jah- Burschenschaft Revue passieren lässt. Sie reichte den Staf- restages des Wartburgfestes, welches beide großen bur- felstab an die Aachener Teutonia weiter, die sich in dieser schenschaftlichen Verbände getrennt begingen. Otto Ausgabe vorstellt. Riepen (Teutonia Freiburg) und Matthias Sambale (Germa- nia Saarbrücken) schildern ihre Eindrücke aus Eisenach und Wie Sie an der Fülle der Beiträge sehen, lebt ein Magazin Jena. insbesondere vom Engagement vieler einzelner Burschen- schafter und ihrer Bünde. Eine Bereicherung sind aber auch Andererseits stand das vergangene Jahr im Zeichen der die vielen Leserbriefe, die die Redaktion erreichen und zu Wahlen – in Deutschland wie in Österreich. Die Redaktion einem Austausch über Inhalt und Gestaltung beitragen. kam daher nicht umhin, der Politik einen größeren Raum zu geben, zumal immer mehr Burschenschafter in die Parla- Bleiben Sie uns auch 2018 gewogen und vor allem gesund! mente einzogen. Aus diesem Grund finden Sie eine Auflis- Ihr Frank Grobe (Teutonia Aachen) tung aller Burschenschafter, die im Bundestag, im österrei-

3 1 / 2018 Die deutsche Sprache als Heimat von Walter Krämer

„Aus den Sprachen sind die Völker, nicht aus den Völkern die Sprachen entstanden“, verkündete vor mehr als 1.000 Jahren der spanische Kirchenlehrer Isidor von Sevilla, und zumindest für Deutschland scheint das tatsächlich zuzutreffen.

Schon der Name „Deutschland“ leitet sich aus dem Namen (die sorgte ganz im Gegenteil für maximale Differenzen) der Sprache ab, die in diesem Land gesprochen wird. Das noch sonst eine Ideologie, war weder das Essen noch die erstmals im 8. nachchristlichen Jahrhundert nachgewiese- Kleidung noch das Wetter, war weder der Musik- noch sonst ne Beiwort „teodisk“ = „diutistk“ = „deutsch“ grenzte damals ein Geschmack, es war allein die allen gemeinsame und die Sprache der Franken, Alemannen, Baiern und Lango- alle Dialekte überwölbende Sprache Deutsch. Durch diese barden, später auch der (Alt-)Sachsen, gegen die Sprachen Historie ist die Muttersprache für viele Deutsche zu einer der Römer, Wikinger und Hunnen ab, und wurde spätestens zweiten Heimat geworden. „Aber dann natürlich das größte im 10. Jahrhundert durch das Wirken des berühmten Notker Erlebnis, wenn man nach Deutschland zurückkommt, abge- von St. Gallen als gemeinsame Eigenschaft all dieser Idio- sehen von dem Wiedererkennenserlebnis …: Dass auf der me akzeptiert. „In diutscum“ = „auf Deutsch“ wollte Notker Straße Deutsch gesprochen wurde, hat mich unbeschreib- seine Landsleute reden hören, und übersetzte dazu nicht lich gefreut“, so die große Philosophin Hannah Arendt nach nur aus dem Latein, sondern trat auch als Sprachschöp- ihrer Rückkehr aus den USA. Oder der jüdische Schriftstel- fer auf: Notker erfand etwa für das lateinische „liber“ die ler Günther Stern, der wie Hannah Arendt vor den Nazis Neuschöpfung „fri“, woraus dann althochdeutsch „friheit“ fliehen musste: „Die deutsche Sprache ist für mich ein Hei- entstand, die Mutter der heutigen Freiheit. Gerade für Bur- matersatz, weil ich sie habe, bin ich an keinen Ort gebun- schenschafter ist es wohl interessant zu wissen, woher das den und ich kann mich damit nuancenreicher ausdrücken.“ Wort kommt, das sie so stolz im Banner führen. Auch das Wort „Widerspruch“ ist eine Neuschöpfung Notkers für das Was würde Humboldt heute schreiben, da die sogenannten Eliten lateinische „contradicito“. unseres Landes sich gegenseitig überbieten, ihre Muttersprache zu Im Annolied aus dem Kloster Siegburg ist dann wenig spä- missachten. ter schon die Rede von „diutchin sprechin“, „diutschi liute“ und „diutschi man“ (= „Menschen“), und um 1150 erscheint erstmals, wenn auch nur im Plural, das Hauptwort „Diutiske“ Dieses durch Sprache erzeugte Zusammengehörigkeits- = „die Deutschen“ zur Kennzeichnung von Menschen, die gefühl hat natürlich auch Folgen für die Politik. „Die deut- gemeinsam wohnen, arbeiten, leben und sterben in „diut- sche Einigung stützt sich wesentlich auf die in der Sprach- schiu lant“. gemeinschaft vorgefundene Kulturgemeinschaft,“ schreibt Paul Kirchhof, der wohl bekannteste deutsche Verfassungs- Was die Untertanen des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation rechtler, im Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepu- seinerzeit verband, war allein die allen gemeinsame und alle Dialekte blik Deutschland. Oder wie es der seinerzeitige Bundes- überwölbende Sprache Deutsch. tagsvizepräsident Wolfgang Thierse in seiner Lobrede auf Günther de Bruyn formulierte, als dieser den vom Verein Deutsche Sprache und der Eberhard-Schöck-Stiftung aus- Anders aber als die Sprecher anderer Zungen dienten die gelobten Jacob-Grimm Preis Deutsche Sprache erhielt: „Diutiske“ vielen verschiedenen Herren. Schon zu Zeiten „Günter de Bruyn hatte Leser in beiden Teilen Deutsch- der Stauferkaiser war Deutschland ein politischer Flicken- lands – und er hat sie behalten. Mit seiner Biografie und teppich. Und wenn Goethe von Weimar in seine Geburts- seinem Lebenswerk ist er das beste Beispiel dafür, dass die stadt Frankfurt reiste, hatte er je nach Reiseroute zwischen sprachlich-kulturelle Einheit der Nation ein stärkeres und sechs und acht Staatsgrenzen zu überqueren. Auf seiner belastbareres Band darstellt als jede Ideologie.“ berühmten Italienreise sogar zehn. Aber in allen diesen Ländern las man seinen Werther, diskutierte seinen Faust Mehr als in vielen anderen Ländern ist es also in Deutsch- und schmolz bei der, wie viele meinen, schönsten jemals land die Landessprache, die das Gemeinwesen zusammen- gedruckten Zeile deutscher Sprache – „halb zog sie ihn, hält, die den für dessen Überleben nötigen Mannschafts- halb sank er hin“ – vor Entzücken und Bewunderung dahin. geist erzeugt. Und mehr als in vielen anderen Ländern diese Erde wird dieser Mannschaftsgeist dann auch durch Was die Untertanen des Heiligen Römischen Reiches deut- die Flucht aus dieser gemeinsamen Sprache angegriffen scher Nation seinerzeit verband, war weder die Religion und zerstört. „Die wahre Heimat ist eigentlich die Sprache

4 Diskursfreiheit Der Burschenschafter … und die Entfremdung vom Heimischen geht immer durch die Sprache am schnellsten und leichtesten, wenn auch am leisesten vor sich,“ erkannte schon Wilhelm von Humboldt. Was würde er heute schreiben, da die sogenannten Eliten unseres Landes sich gegenseitig überbieten, ihre Mutter- sprache zu missachten, sich „vom Heimischen zu entfrem- den“, das Deutsche wo immer sie können und dürfen durch die Besatzersprache Englisch zu ersetzen? „Ein Amerika- ner mit deutschen Pass“ hat sich der aktuell wegen Untreue einsitzende Großmanager Thomas Middelhoff einmal ge- nannt, und auch für Hundertausende seiner Landsleute ist Deutschland emotional der 51. Bundestaat der USA, dient die Pidginsprache, mit der sie heute reden, als selbstge- fertigter Kosmopolitenausweis, den seine Besitzer in der Absicht schwenken, dass man sie nicht für Deutsche halten möge.

„Für ein Volk ist seine Sprache etwas Besonderes.“ Dieses Herz und diese Seele wirft man weg.

Ist diesen Menschen bewusst, was sie da wegwerfen? „Für ein Volk ist seine Sprache etwas Besonderes. In ihr wohnt sein ganzer Gedankenreichtum an Tradition, Geschich- te, Religion und Grundsätzen des Lebens, sein Herz und seine Seele“ (Johann Gottfried Herder). Dieses Herz und diese Seele wirft man weg. Und diese Seelenverkäufer haben derzeit in Deutschland Oberwasser. Viele deutsche Großkonzerne haben ihre Firmensprache auf Englisch um- gestellt, auch in den Universitäten ist das Deutsche bald kein Thema mehr, und wer heute durch die Fußgängerzone einer deutschen Großstadt läuft, muss denken, er wäre in Chicago. Was sagt der ZDF-Reporter bei der Übertragung einer Sonnenfinsternis, als der Mond zum ersten Mal die Sonne berührt: „first contact.“ Eben hat der „first contact“ stattgefunden. Wenn deutsche Sportler, Wissenschaft- ler oder Wirtschaftsführer im Ausland aus dem Flugzeug steigen, sprechen sie in aller Regel sofort Englisch, oft zur peinlichen Überraschung der Gastgeber, die voller Stolz das Deutsch, das die vielleicht noch können, anwenden und benutzen wollten. Ich hatte einmal den Präsidenten der koreanischen Gesellschaft für Deutsch als Fremdspra- che bei mir zu Besuch; er erzählte, dass Deutsche selbst in Goethe-Instituten lieber Englisch sprechen und den Korea- nern raten, ihre Zeit mit besseren Dingen zu verbringen als ausgerechnet Deutsch zu lernen.

Wie andere, ebenfalls vom Englischen bedränge Kultursprachen erfolgreich zeigen, lässt sich ebendiese Rolle als Kultursprache auch im 3. Jahrtausend erfolgreich verteidigen. Man muss nur wollen. Walter Krämer

Walter Krämer ist Professor für Statistik an der Techni- Muss man diese Entwicklung von der welthistorischen Zu- schen Universität Dortmund und Gründer sowie 1. Vor- schauertribüne aus tatenlos begleiten, wie das große Teile sitzender des Vereins Deutsche Sprache e.V. (VDS). Der der deutsche Sprachwissenschaften beharrlich tun (und VDS setzt sich für das Überleben des Deutschen als selbst auf deutschen Germanistenkongressen Englisch vollwertige Sprache von Kultur und Wissenschaften ein; reden)? Man muss nicht. Wie andere, ebenfalls vom Eng- er hat inzwischen mehr als 30.00 Mitglieder in über 100 lischen bedrängte Kultursprachen wie Französisch oder Ländern und ist damit der größte Sprachverein der Welt. Spanisch erfolgreich zeigen, lässt sich ebendiese Rolle als Die Mitgliedschaft kostet 30 Euro pro Jahr und kann Kultursprache auch im 3. Jahrtausend erfolgreich verteidi- über www.vds-ev.de beantragt werden. gen. Man muss nur wollen. Also wollen wir.

5 1 / 2018 Kämpft für das deutsche Heimatland von Orit Arfa

Hätte ich 1914 in Deutschland gelebt, hätte ich wahrscheinlich für das „Vaterland“ gekämpft. Heute klingt das für mich absurd, wenn ich bedenke, zu was dieses „Vaterland“ später geworden ist und wie der Erste Weltkrieg den Boden für den verheeren- den, verbrecherischen Zweiten Weltkrieg bereitet hat, der den Großteil der jüdisch-polnischen Familie meines Vaters auslöschte.

Aber ich hätte wahrscheinlich gekämpft, weil ich heute brutalen Wilden geworden war, der mit seiner Keule alles weiß, dass Deutschland für so vieles steht, für das es sich zerschlagen hat, dessen er habhaft werden konnte. Die zu kämpfen lohnt – zumindest, wenn es den Prinzipien der „Kinder“ Deutschlands wurden zu Waisen unter der Ob- Aufklärung treu bleibt. Es ist nicht überraschend, dass es hut von Amerika, England, Frankreich und dem gemeinen, den verbrecherischen Abschnitt seiner Geschichte über- unerbittlichen „Onkel“ Russland. Als Deutschland nach der winden konnte und wieder eine freie, liberale Gesellschaft Wiedervereinigung die Wahl hatte, wer über es gebieten geworden ist. Seit zwei Jahren lebe ich nun in . Ich solle, suchte es nunmehr keinen strengen, unnachgiebigen hatte in dieser Stadt seither ein gutes Leben, eines, für das „Vater“, sondern eine freundliche, umsorgende „Mutter“. es sich zu kämpfen lohnt. Selbst, wenn ich nicht immer si- cher bin, dass Deutschland von ganzem Herzen hinter mei- „Mama Merkel“ schuf eine fürsorgliche, friedvolle Umgebung für die nem Heimatland Israel steht. Kinder Deutschlands und ebenso für die Kinder Israels. Aber dann Während im Zweiten Weltkrieg Juden getötet wurden, öffnete sie die Arme für die „Kinder Ismaels“, von denen manche in wurden sie im Ersten Weltkrieg als Soldaten akzeptiert – ihrem neuen Heim Chaos anrichteten. wenn auch nicht immer mit offenen Armen. Etwa 100.000 Juden haben stolz für Deutschland gekämpft. Als Patrioten. Der Wandel vom „Vaterland“ zum „Mutterland“ vollendete Einem Drittel wurde das Eiserne Kreuz verliehen, weitere sich mit der Wahl der ersten Bundeskanzlerin. Sie wurde 12.000 gaben ihr Leben für das „Vaterland“. Dennoch wur- zu der Matriarchin, die Deutschland niemals hatte. „Mama de eine Untersuchung angeordnet, die der Frage nachging, Merkel“ schuf eine fürsorgliche, friedvolle Umgebung für ob Juden wirklich treu an der Front gedient haben – ein die Kinder Deutschlands und ebenso für die Kinder Israels. Vorgeschmack auf den bevorstehenden Verrat. Die Unter- Aber dann öffnete sie die Arme für die „Kinder Ismaels“, die suchung ergab, dass sie tatsächlich tapfer gedient hatten. aus ihren eigenen zerrütteten „Vaterländern“ kamen. Einst Infolgedessen wurde sie nie veröffentlicht. lebten die Kinder Abrahams friedlich zusammen in muslimi- schen „Vaterländern“ – bis die Israelis unabhängig wurden. Das Fin de Siècle erwies sich als ein Goldenes Zeitalter für Juden in Das war der Zeitpunkt, als die Ismaeliten sich Deutschlands Deutschland. allseits gehassten „Vater“ zum Vorbild nahmen und auszo- … Doch schon bald zeigte das Vaterland ein anderes Gesicht. gen, um Israel und seine jüdischen Einwohner zu vernich- ten.

Das Fin de Siècle erwies sich als ein Goldenes Zeitalter so- Als hunderttausende Muslime im „Mutterland“ willkommen wohl für Juden in Deutschland als auch für die jüdischen geheißen wurden, beschlossen deutsche „Kinder“, mit ih- Flüchtlinge aus Osteuropa, die Deutschland aufgenommen nen Heim und Brot zu teilen. Mädchen wurden sexuell be- hat. Die Juden in Deutschland mussten nicht wehmütig lästigt. Manche dieser gerade adoptierten „Jungs“ richteten auf ihr historisches Heimatland Israel am Zion blicken, weil Chaos in ihrem neuen Heim an. Sie forderten, dass manche der deutsche „Vater“ Staat sich um sie kümmerte und sie deutsche Speise und alkoholische Getränke nicht ausge- in einem weitläufigen, wunderschönen Land behütete, das schenkt werden dürfen und spezielle „Kunst“ nicht gezeigt ungeahnte Möglichkeiten für intellektuelles, spirituelles und werden soll. Sie machten Mädchen Vorgaben, was sie physisches Wachstum und Wohlstand bot. anziehen dürfen und was nicht. Sie vergossen sogar Blut. Manche deutsche „Kinder“ hatten nun Angst, aber Mama Doch schon bald zeigte das Vaterland ein anderes Gesicht. schimpfte und bestrafte die neuen „Kinder“ nicht, wie es Der neue „Patriarch“, den die Mehrheit 1933 wählte, regierte Papa getan hätte. mit Terror und Einschüchterung, während er den „echten“ Deutschen Sicherheit und Wohlstand versprach – Juden Manche nicht-deutsche „Kinder“ hatten auch Angst, beson- nicht eingeschlossen. In allen Ländern, in denen „Vater“ Hit- ders auch Kinder Israels, die nach langer Zeit in ihr Mutter- ler seine Gewaltherrschaft etablieren konnte, wurden die land zurückkehrten und wieder Teil der Gemeinschaft wur- Kinder Israels zunächst verbannt, dann gefoltert und getö- den. Und manche Kinder Israels wollten nicht sagen, wie tet. Deutschland mit den Kindern Ismaels umgehen sollte, um nicht wieder einen grausamen „Vater“ heraufzubeschwö- Als Deutschland schließlich besiegt und zerstört war, er- ren. kannte es, dass das Vaterland zu einem betrunkenen

6 Diskursfreiheit Der Burschenschafter Ich lebe in diesem deutschen „Heim“ nicht nur als „Gast“, ich fühle mich als Teil der Familie, als eine Cousine, die da- für sorgen will, dass wir alle sicher sind. Ein für alle Mal. Ich möchte, dass wir miteinander kochen, spielen und uns bis in die Nacht unterhalten, wie es Familien tun. Aber ich kann keinesfalls für das deutsche „Vaterland“ kämpfen. Auch nicht für das „Mutterland“, denn das hat dafür gesorgt, dass ich mich nicht mehr sicher fühle, fast wie in Israel, wo man- che Ismaeliten die Kinder Israels systematisch drangsalie- ren und ermorden.

Ein Heimatland wurzelt in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, es fußt auf Abstammung, Kultur und Idealen, überwindet Fehler und Tragödien und erreicht so moralische, spirituelle und materielle Erfüllung und Perfektion.

Deutschland und Israel sehen sich mit ähnlichen Bedrohun- gen konfrontiert, also fordere ich meine deutschen „Cous- Orit Arfa ins“ und „Cousinen“ auf zu kämpfen. Nicht für ein Vaterland oder Mutterland. Für ein Heimatland. Ihr Heimatland, einem Orit Arfa ist eine US-amerikanisch-israelische Auto- Ort, der das Weibliche und Männliche zu einem Ganzen rin und Journalistin und arbeitet u. a. für die Jerusalem vereint, stark und ausgeglichen, denn das widerstandsfä- Post, das Jewish Journal of Los Angeles und JNS.org. higste Zuhause ist eines, das Vater und Mutter hat. Eines, in In Deutschland wurden Texte von ihr bei Cicero, Die dem sich Vater und Mutter lieben und respektieren. Ein Hei- Achse des Guten und Fluter veröffentlicht. Ihre Großel- matland wurzelt in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, tern sind Holocaust-Überlebende. Während ihr Vater in es fußt auf Abstammung, Kultur und Idealen, überwindet einem Lager für Displaced Persons in Deutschland ge- Fehler und Tragödien und erreicht so moralische, spirituelle boren wurde, kam ihre Mutter am Vorabend der Mas- und materielle Erfüllung und Perfektion. senauswanderung jüdischer Iraker nach Israel zur Welt. Sie hat einen B.A. in Judaistik und Journalismus von der Ich würde sehr gerne weiter ruhig schlafen in Deutschland. American Jewish University und einen Master in den Ich würde mich hier sehr gerne für immer willkommen füh- Fächern „Bible“ und „Jewish Thought“ am Schechter len, würde mich mit anderen Familienmitgliedern und Gäs- Institute of Jewish Studies. Im Jahr 2016 zog sie nach ten verbünden, die die Schönheit des Landes sehen, die Berlin. Hier berichtet sie über die deutsch-israelischen ebenso wenig die Augen vor dem Bösen aus der Vergan- Beziehungen. In ihrem Buch „The Settler“ erzählt sie die genheit verschließen wie vor dem Guten, das in Zukunft Geschichte einer jungen Israelin. Diese wächst in einer möglich ist. Aber die deutschen „Eltern“ müssen diese Hei- jüdischen Siedlung im Gazastreifen auf und muss nach mat gegen Eindringlinge, Räuber und Mörder verteidigen, der Räumung im Jahr 2005 ihr Leben in Israel neu ord- selbst, wenn diese behaupten, nur Schutz zu suchen. Denn nen. In „Underskin“ beschreibt sie die Liebesbeziehung es gibt nichts im Leben, das heiliger ist als ein sicheres, lie- einer Israelin und eines deutschen Friedensaktivisten in bevolles Zuhause. Ein sicheres, liebevolles Heimatland. Tel Aviv. Mehr unter oritarfa.net

7 1 / 2018 Vaterland, Heimat und „Migrationshintergrund“ von Jens Naim

Was bedeutet für mich „Vaterland“, das in meinem Falle eher das Mutterland ist? Denn mein Vater wanderte vor 52 Jahren nach Deutschland ein. Was Vaterland jemandem bedeutet, definiert sich nach meiner Erfahrung weniger über den Migrationshin- tergrund als über das selbst geschaffene Verhältnis dazu.

Was bedeutet Deutschland für mich? Meine Mutter stammt ich auch einen persönlichen Zugang zur Kultur seines Her- von hier, meine Eltern verliebten sich und heirateten hier, kunftslandes. Eine vergleichbare Tiefe wie die Beziehung ich bin hier zur Welt gekommen, zur Schule gegangen, zu meiner Heimat Deutschland kann sich jedoch aufgrund habe hier studiert, mich verliebt und geheiratet. Ich lebe des oben Gesagten dort nicht ebenso entwickeln. und arbeite in Deutschland. Nun könnte der Beitrag bereits an dieser Stelle enden, denn es gibt für mich – wie für viele Es gibt leider genügend Deutsche, denen das Vaterland nicht viel Deutsche mit „Migrationshintergrund“ – keine großen Un- bedeutet. terschiede in der Einstellung zum Begriff „Vaterland“, vergli- chen mit jenen ohne „Migrationshintergrund“. Zumal viele Daher ist der Unterschied zu Deutschen ohne „Migrations- in Deutschland lebende Menschen Wurzeln haben, die ir- hintergrund“ nicht besonders groß. Gleichzeitig gibt es aus gendwo anders liegen. dieser Gruppe aber leider genügend Menschen, denen das Vaterland nicht viel bedeutet. Vaterland: Das ist für mich Deutschland, das ist meine Heimat. Nicht Herkunft, Religion oder Aussehen sind maßgeblich, ob man zum Vaterland gehört, also Bestandteil des deut- schen Volkes ist! Ich würde mir daher wünschen, nicht Jetzt kommt aber das Aber: Oft können Menschen wie ich kollektivistisch den „Migrationshintergrund“ in den Vorder- sich dem Vaterlandsbegriff etwas unverkrampfter und aus grund zu stellen, sondern das individuelle Handeln des einem anderen Blickwinkel nähern. Deshalb geht der Arti- Menschen. Es ist für Menschen, die wie mein Vater seit kel weiter. über fünf Jahrzehnten in Deutschland leben, hier gearbei- Was bedeutet Vaterland für mich? Das ist für mich Deutsch- tet, Steuern entrichtet und Arbeitsplätze geschaffen haben, land, das ist meine Heimat. Der Begriff Heimat ist für mich frustrierend, mitunter nicht als vollwertige Mitglieder des in Bezug auf die Erklärung, was für mich das Vaterland be- Volkes angesehen zu werden. Denn auch nachfolgende deutet, von absolut zentraler Bedeutung. Die Heimat ist ein Zuwanderer-Generationen werden häufig zuallererst mit Gefühl, das genährt wird aus Erinnerungen und aus der ihren ausländischen Wurzeln konfrontiert und über diese Gegenwart. Es ist das zu Hause, wo meine Frau, meine El- definiert. Ein typisches Gespräch verläuft so: tern, meine Familie, meine Freunde und ich zu Hause sind. A: „Von wo kommst Du?“ „Wo immer jemand auf dich wartet, da ist Zuhaus“ singt der Liedermacher Reinhard Mey in seinem Lied „Mein Dorf am B: „Ich komme aus der (deutschen) Stadt xy.“ Ende der Welt“. Zugleich ist es auch ein Gefühl von Dank- barkeit, da dieses Land mir meine schulische Bildung und A: „Nein, ich meine so richtig?“ mein Studium ermöglicht hat. Es ist aber auch ein sinnliches Gefühl und eine Verbundenheit, die sich nicht in Worte fas- Wo kommt man denn „so richtig“ her, wenn man in Deutsch- sen lassen. land geboren und aufgewachsen ist? Welches ist in diesem Fall des Deutschen (mit „Migrationshintergrund“) Vaterland? Da ich mit diesem Land sehr tief verwurzelt bin, habe ich schon früh begonnen, mich ehrenamtlich zu engagieren. Im Integration, also das Teil-Werden des Vaterlandes und Vol- Katastrophenschutz, in Gremien meiner Heimatgemeinde kes ist ein Prozess, den beide Seiten – die Zugewanderten und als Reserveoffizier der Bundeswehr. Gleichzeitig kenne und die aufnehmende Gesellschaft – vollbringen müssen. und schätze ich die Wurzeln meines Vaters. Dadurch habe Durchaus hat der Neuankömmling zunächst eine Bring-

8 Diskursfreiheit Der Burschenschafter 1. Was ist des Deutschen Vaterland? Ist’s Preußenland? Ist’s Schwabenland? Ist’s, wo am Rhein die Rebe blüht? Ist’s, wo am Belt die Möwe zieht? O nein, nein, nein! |: Sein Vaterland muss größer sein! :|

2. Was ist des Deutschen Vaterland? Ist’s Bayerland? Ist’s Steierland? Ist’s, wo des Marsen Rind sich streckt? Ist’s, wo der Märker Eisen reckt? O nein, nein, nein! |: Sein Vaterland muss größer sein! :|

3. Was ist des Deutschen Vaterland? Ist’s Pommerland? Westfalenland? Ist’s, wo der Sand der Dünen weht? Ist’s, wo die Donau brausend geht? O nein, nein, nein! |: Sein Vaterland muss größer sein! :|

4. Was ist des Deutschen Vaterland? So nenne mir das große Land! Ist’s Land der Schweizer? Ist’s Tirol? Das Land und Volk gefiel mir wohl. Doch nein, nein, nein! |: Sein Vaterland muss größer sein! :|

5. Was ist des Deutschen Vaterland? schuld, indem er sich unter anderem mit der Sprache und So nenne mir das große Land! den Traditionen des Landes vertraut macht und sich mit Gewiss, es ist das Österreich, diesen zu identifizieren hat. Hat er diese jedoch erfolgreich An Ehren und an Siegen reich? erbracht, ist es an der aufnehmenden Gemeinschaft, den O nein, nein, nein! Migranten als vollständiges Mitglied in die selbige aufzu- |: Sein Vaterland muss größer sein! :| nehmen. 6. Was ist des Deutschen Vaterland? So nenne mir das große Land! „Ob ein Mensch Jude, Christ oder Moslem ist, sagt nichts darüber aus, Ist’s, was der Fürsten Trug zerklaubt? wie er zum Vaterland steht, sondern nur sein Handeln!“ Vom Kaiser und vom Reich geraubt? O nein! nein! nein! |: Sein Vaterland muss größer sein! :| Ich möchte an dieser Stelle festhalten, dass gerade Patrio- tismus und die Liebe zum Vaterland, die nicht in überstei- 7. Was ist des Deutschen Vaterland? gerten Nationalismus oder gar Rassismus abgleiten, eine So nenne endlich mir das Land! positive integrative Wirkung entfalten können. Vor diesem So weit die deutsche Zunge klingt Hintergrund war die Abschaffung des Wehr- und Zivildiens- Und Gott im Himmel Lieder singt: tes absolut kontraproduktiv, da dies die einzige Zeit war, in Das soll es sein! Das soll es sein! der sich junge Menschen einmal komplett der Allgemein- |: Das, wackrer Deutscher, nenne dein! :| heit – also unserem Vaterland und Volk – widmen mussten. 8. Das ist des Deutschen Vaterland, Der Wertschätzung unserer nationalen Symbole, wie unse- Wo Eide schwört der Druck der Hand, rer Nationalhymne und unserer Flagge, sollte wesentlich Wo Treue hell vom Auge blitzt mehr Bedeutung beigemessen werden. Denn sie verdeutli- Und Liebe warm im Herzen sitzt. chen das, was wir sind: Eine Nation, und dies über die Gren- Das soll es sein! Das soll es sein! zen von ethnischer und religiöser Herkunft hinweg. Ob ein |: Das, wackrer Deutscher, nenne dein! :| Mensch Jude, Christ oder Moslem ist, sagt nichts darüber aus, wie er zum Vaterland steht, sondern nur sein Handeln! 9. Das ist des Deutschen Vaterland, Wo Zorn vertilgt den welschen Tand, Wir müssen bei den Migranten die Liebe zum deutschen Vaterland Wo jeder Franzmann heißet Feind, wecken. Und wer könnte das besser als wir Burschenschafter? Wo jeder Deutsche heißet Freund. |: Das soll es sein! das soll es sein! Das ganze Deutschland soll es sein! :| Man kann immer nur das Einfordern, was man selbst vor- 10. Das ganze Deutschland soll es sein! lebt, dies ist zum Beispiel auch in meinem Beruf so. Ich O Gott vom Himmel sieh darein. kann nicht von meinen Mitarbeitern in der Praxis verlangen, Und gib uns rechten deutschen Mut, hygienisch einwandfrei, ordentlich und gewissenhaft zu ar- Dass wir es lieben treu und gut! beiten und selbst diese Anforderungen nicht erfüllen. Das |: Das soll es sein! Das soll es sein! gleiche gilt für den Offizier, der von seinen Soldaten nicht Das ganze Deutschland soll es sein! :| mehr abverlangen sollte als von sich selbst. Deshalb sollten die Alteingesessenen mit gutem Vorbild vorangehen, un- Ernst Moritz Arndt, 1813 sere Verfassung, unsere Traditionen mit Leben füllen und

9 1 / 2018 dabei diejenigen, die sich für ein Leben in Deutschland – seinen Traditionen, bekennen. Das gemeinsam Verbinden- unserem Vaterland! – entscheiden, die Liebe zum Vater- de aller Deutschen, egal welchen Glaubens, kann und soll- land wecken. Und wer könnte das besser als wir Burschen- te ein patriotisches Bekenntnis und Engagement für unser schafter? Wir sollten zugewanderte Menschen mit diesem Vaterland und seine Traditionen sein. Patriotismus anstecken. Man sagt: „Nichts ist so beständig wie der Wandel.“ Ich den- Fordern und Fördern sind die besten Mittel, um Migranten ke, dass das Vaterland in der Vergangenheit stets einem in unser Land zu integrieren. Fordern bedeutet, die Spra- Wandel unterlag und auch in der Gegenwart und in der Zu- che und die Wertvorstellungen, wie sie in unserm Grund- kunft einem Wandel unterliegen wird. Ich wünsche mir, dass gesetz verankert sind, ohne Ausnahme einzufordern und Deutschland seinen Charakter darüber nicht verliert, dass vorzuleben. Und unter Fördern verstehe ich, Menschen mit es unser aller Vaterland ist und bleibt! Ich glaube gerade „Migrationshintergrund“ als vollwertige Mitglieder unseres als Burschenschafter an Deutschlands Stärke, gespeist aus Volkes zu akzeptieren und hier ankommen zu lassen. seiner großartigen und reichhaltigen, Jahrtausende alten Kultur und seiner starken Demokratie! Das gemeinsam Verbindende aller Deutschen, egal welchen Glaubens, kann und sollte ein patriotisches Bekenntnis und Engagement für Schließen möchte ich den Artikel mit einem Auszug aus Carl Zuckmayers „Des Teufels General“: unser Vaterland und seine Traditionen sein. „Vom Rhein. Von der großen Völkermühle. Von der Kelter Es stellt sich in diesem Zusammenhang nicht die Frage, ob Europas! und welche Religion zu Deutschland gehört. Deutschland ist ein christlich geprägtes Land, wobei man stets im Blick Und jetzt stellen Sie sich doch mal Ihre Ahnenreihe vor – haben sollte, dass auch das Christentum einen „Migrati- seit Christi Geburt. Da war ein römischer Feldhauptmann, onshintergrund“ hat. Denn es ist aus der jüdischen Religi- ein schwarzer Kerl, braun wie ne‘ reife Olive, der hat einem on hervorgegangen, und kam als „Einwanderer“ über die blonden Mädchen Latein beigebracht. Und dann kam ein Römer zu uns. Nun haben wir es mit dem Islam zu tun, der jüdischer Gewürzhändler in die Familie, das war ein erns- zweifelsohne bei vielen Menschen ein gewisses Unbe- ter Mensch, der ist noch vor der Heirat Christ geworden hagen hervorruft. Das hat viele historische und aktuelle und hat die katholische Haustradition begründet. – Und Gründe, deren Erläuterung eigentlich nicht Thema dieses dann kam ein griechischer Arzt dazu, oder ein keltischer Artikels sein sollte. Nicht der Islam an sich ist das Problem, Legionär, ein Graubündner Landsknecht, ein schwedischer sondern seine mangelnde Integration und Anpassung an Reiter, ein Soldat Napoleons, ein desertierter Kosak, ein unsere Wertvorstellungen, sowie das nach wie vor große Schwarzwälder Flözer, ein wandernder Müllerbursch vom Misstrauen zwischen den Religionen und die Unkenntnis Elsass, ein dicker Schiffer aus Holland, ein Magyar, ein Pan- über die Inhalte der jeweils anderen Religion. Da es logi- dur, ein Offizier aus Wien, ein französischer Schauspieler, scherweise bei weltweit 1,6 Milliarden Muslimen auf allen ein böhmischer Musikant – das hat alles am Rhein gelebt, Kontinenten nicht den einen Islam gibt, sondern unzählig gerauft, gesoffen und gesungen und Kinder gezeugt – und viele Ausprägungen – die regional extrem unterschiedlich – und der Goethe, der kam aus demselben Topf, und der sind – spricht prinzipiell nichts dagegen, dass sich bei uns Beethoven und der Gutenberg, und der Matthias Grüne- in Deutschland eine eigenständige Form des muslimischen wald, und – ach was, schau im Lexikon nach. Es waren die Glaubens entwickeln kann. Dabei gilt es aber auch von Besten, mein Lieber! Die Besten der Welt! Und warum? Weil muslimischen Migranten und islamischen Religionsvertre- sich die Völker dort vermischt haben. Vermischt – wie die tern einzufordern und klarzustellen, dass ein radikaler Is- Wasser aus Quellen und Bächen und Flüssen, damit sie zu lam niemals zu Deutschland gehören kann und wird. Der einem großen, lebendigen Strom zusammenrinnen. Vom Islam und seine Anhänger können jedoch Bestandteil des Rhein – das heißt: vom Abendland. Das ist natürlicher Adel. Vaterlandes sein, wenn sie sich eindeutig zu Deutschland, Das ist Rasse. Seien Sie stolz darauf, Hartmann – und hän- seiner Verfassung und seinem Charakter, beziehungsweise gen Sie die Papiere Ihrer Großmutter in den Abtritt. Prost.“

10 Diskursfreiheit Der Burschenschafter Jens Naim

Dr. med. dent. Jens Naim wurde 1978 in Neustadt an der Weinstraße geboren und wuchs in der Pfalz zwischen Ludwigshafen und Speyer auf. Nach seinem Abitur stu- dierte er in Heidelberg und Mainz Medizin und Zahnme- dizin. Nach dem Staatsexamen absolvierte er in Wies- baden seine Facharztweiterbildung zum Oralchirurgen. In Mainz trat er der Burschenschaft Arminia Mainz bei. Seit dem Übertritt der Mainzer Altherrenschaft zur Bur- schenschaft Arminia auf dem Burgkeller im Jahre 2015 ist er in Jena Alter Herr der Burschenschaft Arminia auf dem Burgkeller. Er arbeitet als Oralchirurg in freier Pra- xis. Daneben engagiert er sich als Reserveoffizier in der Bundeswehr.

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11 1 / 2018 Der Versailler Vertrag und dessen Folgen von Hans Fenske

Über die Ursachen des Ersten Weltkriegs, der zehn Millionen Menschenleben forderte, außer- ordentliche Schäden verursachte und die Landkarte Europas gründlich änderte, wird seit nun 100 Jahren diskutiert. Für die Siegermächte war der Sachverhalt eindeutig: Der Krieg war den Alliierten von Deutschland und seinen Verbündeten aufgezwungen worden.

Das stellte Art. 231 des Deutschland auferlegten Versailler Vertrags fest und verpflichtete das Deutsche Reich zur An- erkennung dessen. Dazu war keine Reichsregierung bereit, weil das dem tatsächlichen Geschehen in der Julikrise 1914 widersprach.

Deutschland bemühte sich bis zuletzt um eine Lokalisierung des Konflikts.

Den wirklichen Sachverhalt legten schon sehr früh Autoren dar, die sich intensiv mit der Materie befasst hatten. Der Schweizer Ernst Sauerbeck erklärte bereits 1919, die Enten- te habe den Krieg ohne Not entfesselt. Der französische Publizist Alcide Ebray, ein Experte für außenpolitische Fra- gen, nannte 1925 das Zarenreich den eigentlichen Urheber des Krieges und bescheinigte Deutschland, in der Julikrise in St. Petersburg ausgleichend gewirkt zu haben. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam wenig später eine Kommission, in der Schweizer, Niederländer, Schweden, Finnen und Nor- weger saßen. Der Hauptgutachter Axel Drolsum aus Oslo stellte fest, Deutschland habe sich 1914 als einzige Macht ehrlich um den Frieden bemüht. Forschungen in den letz- ten Jahren haben neuerlich das russische Interesse am Krieg aufgezeigt. Und zudem auf die ausgeprägte Kriegs- bereitschaft des britischen Außenministers Grey verwiesen.

Die Mächte der Entente waren von Anfang an entschlossen, den Krieg so lange durchzufechten, bis sie den Frieden nach ihren Vorstellungen Die Mächte der Entente waren von Anfang an entschlos- bestimmen konnten. sen, den Krieg so lange durchzufechten, bis sie den Frie- den nach ihren Vorstellungen bestimmen konnten. Auf Friedenssondierungen der Mittelmächte, die schon 1915 In St. Petersburg wurden im März 1914 die Weichen auf begannen, gingen sie nicht ein. Sie brachten viele Staaten Krieg gestellt. Das Zarenreich wollte die Kontrolle über auf ihre Seite, so 1915 Italien und 1916 Rumänien, die beide den Bosporus und die Dardanellen gewinnen, seine Stel- mit Deutschland vertraglich verbunden waren. Entschei- lung auf dem Balkan nachhaltig stärken und deshalb, mit dende Bedeutung hatte es, dass sich die USA im April 1917 einer Formulierung in einer diplomatischen Weisung nach den Alliierten anschlossen. Veranlasst wurde das dadurch, Belgrad 1913, das „österreich–ungarische Geschwür“ auf- dass Deutschland am 1. Februar 1917 den unbeschränkten schneiden. Frankreich stand loyal auf russischer Seite. Ihm U-Boot-Krieg aufnahm. Die Oberste Heeresleitung und die ging es um eine gründliche Veränderung in Deutschland, Admiralität meinten, so England binnen eines halben Jah- und auch Grey wollte der deutschen Macht einen empfindli- res friedensgeneigt machen zu können. Ein fataler Irrtum. chen Schlag versetzen. Österreich-Ungarn wollte nach dem Mord an seinem Thronfolgerpaar bei Serbien einen ande- ren außenpolitischen Kurs durchsetzen. Mit einem großen Deutschland verfolgte keine weitgreifenden Ziele. … Deshalb sollten Krieg rechnete Wien nicht. Berlin hielt die diplomatische die Nachbarn im Westen bei Kriegsende freundlich behandelt werden. Unterstützung der Donaumonarchie für geboten und be- … Ganz anders sah es auf der Gegenseite aus. mühte sich bis zuletzt um eine Lokalisierung des Konflikts.

12 Bildung Der Burschenschafter Reichskanzler Bethmann-Hollweg und seine Nachfolger gung der Vielvölkerstaaten Österreich-Ungarn und des Michaelis und Hertling verfolgten keine weitgreifenden Osmanisches Reiches. Ihre Ziele gegenüber Deutschland Ziele. Bethmann-Hollweg ging es um eine Gestaltung des ließen sie verhüllt. Die gleichberechtigte Teilnahme der Mit- Verhältnisses der Großmächte zueinander derart, dass es telmächte an den Friedensverhandlungen lehnten sie ab. nicht wieder zu einer Koalition Englands, Frankreichs und Russlands gegen Deutschland kam. Deshalb sollten die Die große Kriegsmüdigkeit im Zarenreich führte im März Nachbarn im Westen bei Kriegsende freundlich behandelt 1917 zum Sturz der Monarchie. Die neue republikanische werden. Nach dem der amerikanische Präsident Wilson im Regierung setzte den Kampf fort. Nach der bolschewisti- Dezember 1916 den Kriegführenden seine Vermittlung an- schen Revolution im November jenes Jahrs erbat Russland geboten hatte, ließ Bethmann-Hollweg in Washington erklä- schnell einen Waffenstillstand und bekam ihn zur Herstel- ren, es gehe Deutschland um eine Grenze, die Deutschland lung eines für beide Seiten ehrenvollen Friedens bewil- und Polen vor Russland sicherte, um den wirtschaftlichen ligt. Bei den Friedensverhandlungen ab Ende Dezember und finanziellen Ausgleich zwischen den Kriegsgegnern, in Brest–Litowsk saßen beide Seiten gleichberechtigt am um die Wiederherstellung des normalen Handelsverkehrs Verhandlungstisch. Über viele Fragen einigte man sich. und um den Ersatz der Schäden, die deutsche Unterneh- Strittig blieb, wie das von Lenin proklamierte Selbstbestim- mer und Privatpersonen durch den Krieg im Ausland erlit- mungsrecht der Völker von den nicht russischen Völkern ten hatten. Belgien sollte unter Garantien für die deutsche im Westen Russlands wahrgenommen werden sollte. So Sicherheit wiederhergestellt werden, die deutsch-franzö- beschloss man in Petrograd, wie St. Petersburg seit Kriegs- sische Grenze mit geringen Korrekturen unverändert blei- beginn hieß, ohne Vertrag aus dem Krieg herauszugehen. ben. Das waren maßvolle Ziele. Ganz anders sah es auf Das verstanden die Mittelmächte zutreffend als Kündigung der Gegenseite aus. An Wilsons Vermittlungsangebot hatte des Waffenstillstands und nahmen den Vormarsch wieder sie kein Interesse. Die Alliierten teilten ihm mit, es sei der- auf, ohne viel Widerstand vorzufinden. Nun war die Sow- zeit unmöglich, einen Frieden nach ihren Vorstellungen zu jetregierung Anfang März 1918 zur Unterzeichnung des ihr schließen. Sie wollten die Wiederherstellung Belgiens, Ser- vorgelegten Vertrags bereit und anerkannte die staatliche biens und Montenegros, die Rückgabe Elsass-Lothringens Selbständigkeit Polens, Litauens, Kurlands und eines Teils an Frankreich, die Unterstellung aller polnisch besiedelten von Estland. Im Kaukasus waren geringe Gebietsverluste Gebiete unter die Herrschaft des Zaren und die Zerschla- hinzunehmen. Kriegskosten und Kriegsschäden musste

13 1 / 2018 Russland nicht erstatten. In den bis zum August ausgehan- delten Zusatzverträgen musste Russland auch auf die Ho- heit über Livland und das restliche Estland verzichten. Die Ukraine hatte sich im November 1917 für unabhängig erklärt, mit ihr kam der Frieden schon im Februar zustande. Der mit Rumänien folgte im Mai, es musste geringe Grenzkorrek- turen zugunsten der Donaumonarchie hinnehmen und die Dobrudscha an Bulgarien abtreten. Damit war der Krieg im Osten förmlich beendet.

Der deutschen Bitte nach einem sofortigen Waffenstillstand wurde erst nach fünf Wochen entsprochen, weil die Alliierten zuvor noch ihre militärische Position verbessern wollten.

Das ermöglichte die Verlegung großer Truppenteile nach Westen. Die dort im März begonnene deutsche Großof- fensive war zunächst erfolgreich, ab Juli aber wurden die Stellungnahme zugestanden. Auf die deutschen Gegenvor- deutschen Truppen von den Alliierten allmählich zurückge- schläge ließen sich die Alliierten kaum ein. In ihrer Antwort drängt. Im Herbst 1918 waren die Kräfte der Mittelmächte er- setzten sie am 16. Juni eine kurze Frist zur Unterzeichnung, schöpft. Das Deutsche Reich konnte den Kampf zwar noch andernfalls sei der Waffenstillstand beendet. Als die Natio- einige Monate fortsetzen, aber mit einer günstigen Wen- nalversammlung in Weimar Vorbehalte gegen den Art. 231 dung war nicht mehr zu rechnen. Nach dem Schwarzen Tag und andere Strafbestimmungen machte, hieß es katego- des deutschen Heeres, dem 8. August, an dem 3.000 Deut- risch, die Zeit für Diskussionen sei vorüber. So unterzeich- sche fielen oder verwundet wurden und mehr als 30.000 nete das Reich, dem militärischen Druck sich fügend, am in Gefangenschaft gerieten, nannte Generalquartiermeister 28. Juni den Vertrag. Hätte es das nicht getan, wären die Ludendorff die Fortsetzung des Kampfes ein Hasardspiel Sieger, die gemäß dem Waffenstillstand am Rhein standen, und verwies auf die vielen noch zu beklagenden Toten. Mit- weiter nach Deutschland hinein vorgestoßen, hätten den te September durchbrachen die Alliierten die Balkanfront Süden so vom Norden getrennt und den süddeutschen zwischen Adria und Ägäis und brachten Bulgarien zur Ka- Staaten eigene Friedensverträge gegeben. Damit wäre das pitulation. Nun drang die Oberste Heeresleitung auf einen Reich zerschlagen worden, wie Frankreich das 1914 gewollt sofortigen Waffenstillstand. So bat der soeben ernannte hatte. Reichskanzler Prinz Max von Baden am 3. Oktober in einer über die Schweiz expedierten Note Wilson, die Herstellung Um eine weitgehende Schwächung des Reiches ging es vor des Friedens auf der Grundlage der von ihm im Januar ver- allem dem französischen Ministerpräsidenten Clemenceau. kündeten Vierzehn Punkte in die Hand zu nehmen und zur Auch der britische Premier Lloyd George war zunächst für Vermeidung weiteren Blutvergießens einen sofortigen Waf- einen harten Frieden, entschied sich dann aber für etwas fenstillstand herbeizuführen. Dieser Bitte wurde erst nach mildere Bedingungen. Deshalb geriet er zeitweilig mit Cle- fünf Wochen entsprochen, weil die Alliierten zuvor noch menceau in einen schweren Konflikt. Wilson hielt sich aus ihre militärische Position verbessern wollten. Das wurde Sorge um den von ihm gewollten Völkerbund zurück, statt mit einigen Rückfragen verschleiert. Der dem Reich am 11. Lloyd Georg nach dessen Abkehr von großer Härte zu un- November auferlegte Waffenstillstand machte ihm die Wie- terstützen und Clemenceau zum Nachgeben zu bringen. deraufnahme des Kampfes unmöglich. Die wochenlange Verzögerung hatte zwischen dem 7. und dem 9. Novem- ber den Sturz der Monarchie zur Folge. Österreich-Ungarn Wilson sagte vor der Unterzeichnung des [Versailler] Vertrags, wäre er fiel in diesen fünf Wochen auseinander. Das Osmanische ein Deutscher, unterschriebe er nicht. Reich hatte schon am 30. Oktober den Waffenstillstand ab- geschlossen, Österreich tat das am 3. November, ebenso Ungarn. Durch den Versailler Vertrag verlor das Deutsche Reich ein Achtel seines Territoriums und ein Zehntel seiner Bevölke- rung, seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wurde stark Die Friedensverträge handelten die Alliierten … allein unter sich aus, gemindert. Die Abtretungen waren zum größeren Teil nicht ein in der neueren Völkerrechtsgeschichte fast einmaliger Vorgang. mit der Selbstbestimmung vereinbar. Danzig wurde zur frei- en Stadt mit Sonderrechten Polens, das Saargebiet kam für fünfzehn Jahre unter Völkerbundsverwaltung. Die Bergwer- Die nun anstehenden Friedensverträge handelten die Alli- ke dort wurden Frankreich übereignet. Die österreichische ierten ab Januar 1919 in Paris allein unter sich aus, ein in der Nationalversammlung hatte sich am 12. November einmü- neueren Völkerrechtsgeschichte fast einmaliger Vorgang. tig für den Beitritt zum Deutschen Reich erklärt; das wurde Dem Deutschen Reich wurde am 7. Mai nur eine schriftliche für immer untersagt. Das Heer wurde auf 100.000 Mann,

14 Bildung Der Burschenschafter die Flotte auf 15.000 Mann beschränkt. Das Rheinland Die endgültige Regelung der Reparationsfrage brachte das wurde besetzt, die letzte der drei Besatzungszonen soll- Haager Abkommen von Januar 1930, dessen wesentlicher te nach fünfzehn Jahren geräumt werden. Umfangreiche Inhalt schon Mitte 1929 bekannt wurde. Nach diesem soge- Vorschriften sorgten für eine erhebliche Beeinträchtigung nannten Young-Plan hatte das Reich in 58 Jahren, bis 1988, der deutschen Wirtschaftskraft. Über die Kolonien sollte insgesamt 116 Mrd. Mark zu zahlen. Die erste Jahresrate be- der Völkerbund entscheiden, er gab sie als Mandate an lief sich auf 1,9 Mrd. Mark, das waren 26 Prozent des Reichs- die Siegermächte. Die Höhe der Reparationen – Erstattung haushalts von 1928, eine außerordentlich hohe Summe. der durch Deutschlands angeblichen Angriff entstandenen Diese Regelung hatte große Bedeutung für den Aufstieg Kosten – blieb späterer Feststellung vorbehalten. Wilson der NSDAP, die den Kampf gegen den Young-Plan zum sagte vor der Unterzeichnung des Vertrags, wäre er ein Hauptinhalt ihrer Werbung machte. Bei der Reichstagswahl Deutscher, unterschriebe er nicht. Sein Außenminister Lan- 1928 war sie noch eine Splitterpartei mit nur 2,6 Prozent sing hielt die Deutschland auferlegten Bedingungen für un- der gültigen Stimmen, im September 1930 kam sie bei der sagbar hart und demütigend, viele für undurchführbar. Nach neuerlichen Reichstagswahl auf 18,3 Prozent. Ihre Führung Gesprächen in London sagte er, man stimme darin überein, schrieb diesen starken Zuwachs vor allem ihrer entschie- dass der Vertrag unklug und unbrauchbar sei und Kriege denen Haltung gegen den Young-Plan zu. Der Publizist und eher hervorrufen als verhindern werde. linksliberale Politiker Theodor Heuß sagte 1932 in seinem Buch „Hitlers Weg“ mit vollem Recht, der Vertrag von Ver- sailles sei die eigentliche Kraftquelle, aus der die national- sozialistische Bewegung genährt werde. Am 9. Juli 1932 schlossen die Gläubigerstaaten und das Deutsche Reich in Lausanne ein Abkommen, das der Entwicklung norma- ler wirtschaftlicher und finanzieller Beziehungen zwischen den Völkern dienen sollte. Nach einer Restzahlung von fünf Mrd. Mark in Form fünfprozentiger Schuldverschreibungen waren die Reparationsverpflichtungen abgegolten. Der Young-Plan, der Deutschland außerordentliche Lasten auf- gebürdet hatte, war nach nur zweieinhalb Jahren erledigt. In Deutschland löste das keineswegs Zufriedenheit aus, es wurde viel Unmut über die verbleibende Restzahlung ge- äußert. Vor einer riesigen Versammlung im Berliner Lust- garten wandte sich der Reichspropagandaleiter der NSDAP Goebbels „gegen die aberwitzige und wider natürliche Tri- butpolitik“ und verlangte den Freispruch Deutschlands vom

Auf die Verträge mit den anderen in dem harten Ringen des Krieges unterlegenen Staaten kann hier nicht weiter einge- gangen werden. Insgesamt waren sie nicht sorgsam genug durchdacht und enthielten manche Anlässe zu Konflikten. Die Spitzenpolitiker der Entente hatten viele Vorlagen der ihnen zuarbeitenden Kommissionen nur flüchtig angesehen oder sich über die darin gemachten Vorschläge hinweg- gesetzt. Frankreich hatte seine Ziele nur zum Teil erreicht. Einen geringen Rückstand bei den von Deutschland zu erbringenden Sachleistungen benutzte es im Januar 1923 dazu, gemeinsam mit Belgien das Ruhrgebiet zu beset- zen. Damit verband es die Erwartung, das Rheinland von Deutschland trennen und den Reichsverband lockern zu können. Dieser klare Vertragsbruch löste in Deutschland starke nationale Emotionen aus, veranlasste andererseits aber England dazu, aus der bisherigen Zurückhaltung ge- genüber Frankreich herauszutreten und es wieder an den Verhandlungstisch zu bringen. So kam es 1924 zu einer Interimsregelung für die Reparationen, 1925 zur Garantie der deutsch-französischen Grenze und 1926 zur Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund.

Die erste Jahresrate [des Young-Plans] belief sich auf 1,9 Mrd. Mark, das waren 26 Prozent des Reichshaushalts von 1928. Diese Regelung hatte große Bedeutung für den Aufstieg der NSDAP.

15 1 / 2018 Makel der Kriegsschuld. Drei Wochen später fanden wieder Reichstagswahlen statt. Die NSDAP erhielt 37,4 Prozent der Stimmen. Fortan beanspruchte Hitler die Kanzlerschaft. Am 30. Januar 1933 erreichte er sein Ziel.

Hätten die Staatsmänner der beiden angelsächsischen Mächte 1919 verhindert, dass dem Deutschen Reich ein Clemenceau–Friede aufer- legt wurde, wäre Europa ebenfalls viel Unheil erspart geblieben.

Wären die Alliierten an der Jahreswende 1916/17 ebenso auf das amerikanische Vermittlungsangebot eingegangen wie das Deutsche Reich, so wäre auf der dann folgenden Friedenskonferenz unter Vorsitz Wilsons sicher ein Vertrag zustande gekommen, mit dem beide Seiten leben konnten. Und hätten die Staatsmänner der beiden angelsächsischen Mächte 1919 verhindert, dass dem Deutschen Reich ein Cle- menceau–Friede auferlegt wurde, wäre Europa ebenfalls viel Unheil erspart geblieben.

Hans Fenske

Professor Hans Fenske (*1936) lehrte von 1977 bis 2001 an der Albert-Ludwigs-Universität Frei- burg/Breisgau Neuere und Neu- este Geschichte. 1965 wurde er in Freiburg mit der Dissertation „Konservativismus und Rechtsra- dikalismus in Bayern nach 1918“ zum Dr. phil. promoviert. 1971 habilitierte er mit der Arbeit „Wahlrecht und Parteiensystem. Ein Beitrag zur deut- schen Parteiengeschichte.“ 1973 wurde er Privatdozent und Mitdirektor am Historischen Seminar in Freiburg. 1977/78 und 1991/92 war er Geschäftsführender Direk- tor. 1988/89 war er Dekan der Philosophischen Fakultät IV. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte, die Geschich- te der politischen Ideen und die Landesgeschichte von Baden-Württemberg und der Pfalz. Für die Wissenschaft- liche Buchgesellschaft gab er Quellenbände der Frei- herr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe heraus. Ferner ist er u. a. Beiträger im Historischen Lexikon Bayerns und im Handbuch der baden-württembergischen Geschichte. Im Jahr 2013 veröffentlichte er „Der Anfang vom Ende des alten Europa. Die alliierte Verweigerung von Frie- densgesprächen 1914–1919“ [München: Olzog Verlag 2013, 144 S., ISBN 978-3-7892-8348-2, Euro 19,90].

16 Bildung Der Burschenschafter „Gaudeamus igitur virgines dum sumus“ – Die Rolle der Frauen in den Korporationen von Helma Brunck

Um einen historischen Einblick zu gewähren, möchte ich zunächst an das Jahr 1816 erinnern. Damals hatten Frauen in Jena schon sehr großes Interesse an Ritualen, Feiern und Symbolen der noch sehr jungen Burschenschaft gezeigt und auch daran teilgenommen. Beispielgebend dafür ist die Friedens- und Eichplatzfeier vom 18. bis zum 21. Januar 1816, welche die Frauen und Jungfrauen Jenas dazu angeregt hat, der Burschenschaft ein neues farbenprächtigeres und gleichzeitig repräsentatives Banner zu stiften, das bereits zwei Monate später fertig war!

So wurde am 31. März 1816 der zweite Jahrestag der Ein- keinen Zugang zum Studium hatten, waren auch Studen- nahme von Paris auf dem Eichplatz in Jena gefeiert, wo tenlieder eine ausschließliche Männerdomäne. Frauen sich auch das Burschenschafterdenkmal befindet. Zu die- wurden gern besungen, und die frühere gesellschaftliche sem Anlass wurde der Jenaischen Burschenschaft von den Rolle der Frau kommt besonders im „Kommersbuch der „Frauen und Jungfrauen zu Jena“ die prachtvolle neue in Wiener Studenten“ von 1890 zum Ausdruck, worin erstmals Karmesinrot-Schwarz-Karmesinrot dreigeteilte, goldum- eine auf Frauen bezogene Variante des berühmten Liedes: säumte und mit einem goldenen Eichenzweig in der Mitte „Gaudeamus igitur…“ abgedruckt wurde: versehene Fahne überreicht, auf einer der roten Bahnen in „Gaudeamus igitur virgines dum sumus schwarzer Seide mit Widmung in deutscher Frakturschrift: Post ludos gratos amoris „Von den Frauen und Jungfrauen zu Jena am 31. März 1816“. Post molestam uxoris Als Aufschrift für die Spitze der Fahnenstange waren die Nos habebit humus.“ Initialen des seit dem 18. März 1816 angenommenen neuen Wahlspruchs: „Ehre, Freiheit, Vaterland“ vorgesehen, also Übersetzt heißt das: „Lasst uns fröhlich sein, solange wir E, F, V. Diese Fahne der Urburschenschaft wurde auch zum noch Mädchen sind. Nach den holden Liebesfreuden, nach Wartburgfest 1817 mitgeführt und so zum Wahrzeichen der den Beschwerlichkeiten des Ehestands wird uns die Erde 3 gesamten deutschen Burschenschaft. Nach einem gehei- haben.“ Das bedeutet gegenüber der „männlichen Fas- men Versteck (im Zuge der Demagogenverfolgungen) hat sung“ eine entsagungsvolle Gebundenheit der Frau an 4 sie die schwersten Zeiten, sogar den Nationalsozialismus Familie und Ehe. Daneben existieren unter anderem vie- und die DDR-Zeit, überstanden und befindet sich heute als le überlieferte, an Wilhelm Busch erinnernde Parodien zu gemeinsame Leihgabe der Jenaischen Burschenschaften Frauen in Korporationen. „Arminia auf dem Burgkeller“, „Germania“ und „Teutonia“ im jenaischen Stadtmuseum, der „Göhre“1. Beim Wartburg- Der Sozialwissenschaftliche Studentenverein Berlin wurde im WS fest 1817 konnten übrigens die Bürger mit ihren Frauen und Töchtern ohne Bedenken an einer studentischen Veran- 1901/02 behördlich aufgelöst, weil er trotz Verbotes Damen als staltung teilnehmen.2 Diskussionsrednerinnen zuließ.

Jenny Lind erhielt als erste „Burschenschafterin“ von Hannovera In der Schweiz wurden die ersten Frauen im Jahr 1864 zum Göttingen im Winterhalbjahr 1849/50 das Ehrenband. Medizinstudium zugelassen. Nach der Zulassung von Mäd- chen an Gymnasien folgte die Zulassung der Frauen im Reich zum Universitätsstudium und zur Ablegung des Ex- Der berühmten schwedischen Opern- und Oratoriensän- amens. Ab 1892 studierten die ersten Frauen in Freiburg/ gerin Jenny Lind (1820–1887) wurde als erster „Burschen- Br. und Heidelberg, ab 1896 auch in Wien. Erst ab 1909 schafterin“ von Hannovera Göttingen im Wintersemester standen den Frauen alle Hochschulen offen. 1899 wurde 1849/50 das Ehrenband verliehen. In dieser Zeit kam der die erste Frauenverbindung gegründet, der Verein Studie- Begriff der „Couleurdame“ auf. Immerhin waren Frauen render Frauen Hilaritas-Bonn (V.St.D.). Seitdem entwickelte daran interessiert, zukünftige Akademiker zu heiraten, um sich das vielschichtige Couleurwesen für Studentinnen so- standesgemäß zu bleiben oder gesellschaftlich aufzustei- wohl in reinen Frauenverbindungen als auch in gemisch- 5 gen. Aber die „Couleurdame“ hatte ihren eigenen Status, ten Korporationen. Gründe dafür waren unter anderem sie war damals vor allem Begleiterin, und solange Frauen 3 Breitenstein, Max (Hg.): Kommersbuch der Wiener Studenten, 3. Aufl. Wien 1 Handbuch der Deutschen Burschenschaft. Ausgabe 2005 zum 190. Jahres- 1890. tag der Burschenschaft, Traunstein/Stuttgart 2005, S. 9 f. 4 Gärdtner, Petra: „Liebchen, nicht um Goldes Lohne…“ Frauen im Liedgut der 2 Krause, Peter: „O alte Burschenherrlichkeit“. Die Studenten und ihr Brauch- Korporierten, in: Lang, Raimund (Hg.): Ergo Cantemus! Texte und Materialien tum. 4. Aufl., Graz, Wien, Köln 1983, S. 153; vgl. Kaupp, Peter: „Aller Welt zum Studentenlied. Köln 2001, S. 56-72, hier S. 65. zum erfreulichen Beispiel“. Das Wartburgfest 1817 und seine Auswirkungen 5 Gärdtner, Petra: „Wer lebt in unserm Kreise, und lebt nicht selig drin?“ – auf die demokratischen deutschen Verfassungen, Dieburg 2003, Dateiab- Frauen in studentischen Korporationen, in: Brandt, Harm-Hinrich/Stickler, ruf unter www.burschenschaft.de, S. 4: „Auch die Mädchen mögen sich in Matthias (Hg.): „Der Burschen Herrlichkeit“. Geschichte und Gegenwart des Erwartung so vieler Studenten gefreut haben.“ studentischen Korporationswesens. Veröffentlichungen des Stadtarchivs

17 1 / 2018 die Jugendbewegung sowie der „Wandervogel“ um 1900. am 27. Februar 1928, der nach 1945 auch sistierte.7 Seit dem Noch im WS 1901/02 ging es aber alles andere als gleich- Zweiten Weltkrieg stiegen die Zahl der Studentinnen sowie berechtigt zu! Der Sozialwissenschaftliche Studentenverein ihr Anteil an der gesamten Hörerzahl merklich an. Vor dem Berlin wurde behördlich aufgelöst, weil er trotz Verbotes Zweiten Weltkrieg gab es Studentinnenverbindungen un- Damen als Diskussionsrednerinnen zuließ. Die Antwort da- terschiedlicher Richtungen, die jedoch nach Kriegsende – rauf war die Gründung der Akademischen Frauenvereine. anders als die Männerbünde – nicht rekonstituiert wurden. Daraus bildeten sich noch vor dem Ersten Weltkrieg die ers- Das lag daran, dass viele Ehemänner nicht oder erst sehr ten Frauenkorporationen. Studentenverbände waren der spät aus dem Krieg oder aus der Gefangenschaft zurückge- „Verband der Studentinnenvereine Deutschlands“ (1906 kehrt waren. Familie, Haushalt sowie der Aufbau einer Exis- mit sieben Vereinen in Weimar gegründet), der „Deutsche tenz, unter Umständen als Alleinerzieherin und Alleinver- Verband Akademischer Frauenvereine“ (1914 mit neun Ver- dienerin, belasteten die Frauen in starkem Maße, was eine einen in Berlin gegründet), der „Verband der katholischen Aktivität in einer Verbindung unmöglich machte.8 Hinzu deutschen Studentinnenvereine“ (1913 mit 21 Vereinen in kam, dass Frauenverbindungen nach dem Krieg zunächst Hildesheim gegründet, darunter die 1917 gegründete Stu- grundsätzlich verboten waren und auch dem damaligen dentinnenverbindung „Hadeloga“) sowie die „Deutsche Rollenklischee der 1950er Jahre nicht entsprachen. Bis zur christliche Vereinigung Studierender Frauen“ (1904 mit 20 Mitte der 1960er Jahre gab es bei uns nur vereinzelte Ver- Vereinen). Letztere war evangelisch ausgerichtet. 1916 kam suche, Frauenverbindungen zu gründen. in Wien der „Verband Deutscher Hochschülerinnen“ hinzu sowie in Heidelberg der „Katholische Studentinnenverein In der Schweiz wurden nach 1945 die ersten Frauen in die Bünde des Hildgard“ und 1919 die „Vereinigung Katholisch-Deutscher „Schweizerischen Studentenvereins“ aufgenommen. Ähnlich in Öster- Hochschülerinnen Ostara“ zu Innsbruck. Diese Verbän- reich. Doch hier hatten sie anfänglich nur kurzfristigen Erfolg. de – gewerkschaftsähnliche Interessenvertretungen, um männlichen Vorurteilen an Universitäten Paroli zu bieten – existierten bis zur Zeit des Nationalsozialismus und wurden Anders in der Schweiz: Die ersten größeren Aktivitäten be- nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wiedergegründet. Auch gannen nach 1945. Dort wurden die ersten Frauen in die gemischte Verbände gab es bereits ab 1900. Beim „Hoch- Bünde des „Schweizerischen Studentenvereins“ aufge- land-Verband“ wurden ab 1919 Frauen in Verbindungen auf- nommen. Es kam zur Gründung von gemischten Bünden, genommen, ebenso beim „Verband Deutscher Hochschü- darunter „Orion-Zürich“ 1964. Danach stellte der Schweize- ler“. Eine gemischte Verbindung im Hochland-Verband war rische Studentenverein seinen Korporationen die Aufnah- zum Beispiel die 1920 gegründete „Hochland Würzburg“. me von Studentinnen frei, wovon vor allem die französisch- Es kam jedoch immer wieder zu Zwischenfällen, so 1911 in sprachigen Verbindungen Gebrauch machten. Doch noch Wien, als ein Professor bei Anwesenheit von Damen sich 15 Jahre später betrug der Anteil weiblicher Mitglieder im weigerte, seine medizinische Vorlesung zu halten. Zwei Verband höchstens drei Prozent! 1988 kam es in Wattwil/ Jahre später verlieh der „Wiener Akademische Gesangs- CH zur Gründung der „Creares Orbis“ an der Staatlichen verein“ (heute die „Universitätssängerschaft Barden“) „den Textilfachschule Wattwil. Um eventuell interessierten Män- Bundesschwestern das Weinzipfband“.6 nern eine Aufnahme nicht zu verwehren, wurde der Begriff Damen- oder Mädchenverbindung bewusst nicht gewählt. Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es Studentinnenverbindungen unter- 1968 wurde nach dem Vorbild chilenischer Burschenschaf- ten die „Mädchenschaft Erika Michaelsen-Koch“ in Santia- schiedlicher Richtungen, die jedoch nach Kriegsende nicht rekonstitu- go de Chile gegründet. 1991 folgte die Gründung der Mäd- iert wurden. chenschaft „Amankay“ zu Valdivia. Letztere wurde von der Deutschen Burschenschaft unterstützt. In den Burschen- schaftlichen Blättern 4/96 wurde ein Spendenaufruf gestar- Am 15. Juli 1915 wurde – bald nach Eröffnung der Frank- tet für das in Kauf befindliche Haus Amankays.9 furter Universität am 18. Oktober 1914 – der „Katholische Deutsche Studentinnen-Verein ‚Irmingard‘ an der Univer- Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es auch in Österreich zu sität Frankfurt am Main“ gegründet mit den Farben Vio- Neugründungen. Aber es waren schwere Geburten mit zum lett-Gold-Grün und dem Wahlspruch: „Nunquam retrorsum!“ Teil nur kurzfristigen Lebensspannen. Der Druck von außen Ihr Name wurde dem Althochdeutschen entlehnt und be- seitens der Männerwelt war zu groß. Doch seit 1979 gibt deutet: Hüterin des Wahren, Hohen. Die Prinzipien dieser es in Österreich die akademischen Studentinnenverbindun- Verbindung waren: Religion, Wissenschaft, Gemeinschaft gen „Donau“ in Wien und „Swania“ in Salzburg.10 Im Hoch- bzw. Freundschaft. Seit 1915 war Irmingard auch dem Ver- schulbereich Österreichs haben sich die Frauenverbindun- band der Katholischen Deutschen Studentinnenvereine an- geschlossen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie nicht 7 Brunck, Helma: Studentische Verbindungen in Frankfurt am Main. Kleine wieder rekonstituiert. Außerdem existierte in Frankfurt ein Schriften des Historischen Museums Frankfurt am Main, Band 29, Kelkheim/ interkorporativer Studentinnenverein im V.St.D., gegründet Frankfurt 1986, S. 116. 8 Brunck, ebd. Würzburg, Bd. 8, hrsg. v. Ulrich Wagner, Würzburg 1998, S. 383-391, hier 9 Gärdtner, Frauen (s. Anm. 5 ), S. 384. S. 383 f. 10 Zu der Situation in Österreich: Krause, Burschenherrlichkeit (s. Anm. 2), S. 6 Krause, Burschenherrlichkeit (s. Anm. 2), S. 154 f. 202.

18 Bildung Der Burschenschafter AV Athena Würzburg

gen zu einem Verband zusammengeschlossen, so hat die gen, die im Umfeld der Unitas gegründet wurden, haben 1992 gegründete „Vereinigung Christlicher Farbtragender engeren Zusammenhalt, unter ihnen die seit 1993 beste- Studentinnen in Österreich“ (VCS) heute fünf Mitgliedsbün- hende „Hassia Sophia“ Frankfurt am Main. Bei gemischten de aufzuweisen: Elisabethina-Wien (monarchistisch ausge- Bünden handelt es sich um ehemals reine Männerverbin- richtet), Koinonia-Wien, Salia Babenberg-Wien, Lentia Da- dungen, die inzwischen Frauen aufnehmen, oder um Ver- nubia Astaris-Linz und Juvavia-Salzburg. Außerdem gibt es bindungen, die ursprünglich einem „gemischten“ Bund gemischte Bünde, darunter die 1984 gegründete AV Clau- unterstanden. Es gibt keinen Verband, der ausschließlich diana Innsbruck. 1996 beschloss der Burschenconvent der gemischte Verbindungen hat, und die betroffenen Verbän- Norica Wien (ÖCV) nach jahrelangen Verhandlungen, dass de stellen ihren Mitgliedsbünden frei, ob sie Frauen auf- Norica und Norica Nova nunmehr eine Verbindung seien – nehmen oder nicht. Zu Verbänden mit Frauen gehören zum zu gleichen Rechten für beide Geschlechter.11 Beispiel der Akademische Turnbund (ATB), die Deutsche Gildenschaft (GD), der Deutsche Wissenschaftlerverband (DWV), der Miltenberg-Wernigeroder Ring (MWR), der Präsi- Erst seit Mitte der 1970er Jahre ist in Deutschland ein Anwachsen von dialconvent (PC), der Rotenberger Vertreter Convent (RVC), Studentinnenverbindungen zu verzeichnen. der SB, der Sondershäuser Verband (SV), der Technische Cartellverband (TCV) sowie der Bibelkreis wie z. B. in Tübin- gen. Zu gleichen Rechten und Pflichten werden Frauen nur In Deutschland führte der Göttinger Wingolf 1969 unter in wenigen Verbänden aufgenommen, so z. B. im Schwarz- bestimmten formalen Regelungen die Mitgliedschaft für burgbund (SB) und im Deutschen Wissenschafter-Verband Studentinnen ein. Die Diskussion über Formalitäten nahm (DWV). Andere (SV und Wingolfsbund) räumen ihnen eher überhand, so dass sich die Verbindung darin erschöpfte mindere Rechte ein. In verbandsfreien Verbindungen, z. B. und im Februar 1973 (bis Mai 1975) sich zeitweise auflöste. der Akademischen Gesellschaft Stuttgardia Tübingen, wer- Seit der Mitte der 1970er Jahre, mehr noch seit den 1980er den Frauen als vollberechtigte Mitglieder aufgenommen. Jahren ist ein beträchtliches Anwachsen von Studentinnen- Es gab auch jüdische Frauenverbindungen und es gibt kor- verbindungen an Universitäten und Fachhochschulen zu porierte Studentinnen in Estland sowie gemischte Bünde in verzeichnen. Im Pennalbereich gab es dagegen um 1987 Polen. nur zwei Bünde: „Puellaria Rosalis“ Ehingen/Donau und „Amazonia“ Bayreuth. An der Fachhochschule für Textil- gewerbe in Münchberg wurde 1976 die Textiltechnische Der Schwarzburgbund akzeptierte als einer der ersten Verbände Damenverbindung „Ferra Floris“ Münchberg gegründet, Frauen in seinen Verbindungen. die zwar mittlerweile sistiert ist, für das WS 2017/2018 aber wieder auf Mitgliederzuwachs hofft. 1982 folgten „Merzhau- sia“ Freiburg und „Rot-Weiß-Rosé“ Tübingen (inzwischen Der Schwarzburgbund zählte zu den ersten Verbänden, vertagt), 1984 „Astra Badensia“ Freiburg (inzwischen ver- die Frauen in seinen Verbindungen akzeptierten. So ge- tagt), 1985 „Lysistrata“ Berlin, 1986 „Amazonia Nova“ zu lang es im Jahr 1972 dem Bundesvorstand anlässlich einer Marburg, „Laetitia“ Tübingen, „Concordia Feminarum“ Kiel, Schwarzburgtagung in Bad Hersfeld mit dem Vorschlag, 1987 „Nausikaa“ Heidelberg. 1988 folgten „Stella Orienta“ seinen Mitgliedsbünden freizustellen, ob sie Frauen auf- Marburg, die in Bonn eine „Zweitniederlassung“ fand, dann nehmen oder nicht, eine Einigung zu finden, die sich bis „Teutoburgia“ Lemgo, „Helenia Monasteria“ Münster und heute bewährt hat. Etwa 45 Prozent der SB-Bünde waren „Flabella“ Karlsruhe, beide letztgenannten christlich ausge- bis zum Ende der 1990er Jahre gemischt.12 Die einzige richtet. Im gleichen Jahr kamen hinzu: Die AV „Parnassia“ reine Damenverbindung im SB, die am 13. Februar 1994 in und die „Circia Empusia“ in Göttingen. Die Gründung eines Verbandes wurde wegen der zu großen inhaltlichen Unter- 12 Dazu grundlegend: Zwanzig, Günter W. und Sievers, Ernst: Geschichte des schiede der einzelnen Verbindungen abgelehnt. Anders Schwarzburgbundes, Bd. I: Von der Gründung bis 1933, Schwarzburg 2008, dagegen bei christlichen Verbänden: Die Frauenverbindun- 22010, S. 100, 114, 122, 128, 134. Insgesamt 15 gemischte Verbindungen sind hier noch (bei insgesamt 59 aktiven Bundesverbindungen) aufgeführt, 11 Gärdtner, Frauen (s. Anm. 5), S. 386. sechs davon haben sich inzwischen vertagt.

19 1 / 2018 Würzburg gegründete Akademische Verbindung „Athenia bindung „Helenia Monasteria“ in Münster wurde vor allem Würzburg“, auch die älteste Damenverbindung in Würz- eins klar unterstrichen: „Wir tauschen Erfahrungen über Al- burg, weist in ihrem Wappen Ähnlichkeiten mit der SB-Ver- tersgrenzen hinweg aus, wenn wir uns mit unseren Hohen bindung Germania Göttingen auf. Zu den Prinzipien Athe- Damen treffen, den ehemaligen Aktiven.“ Sie sehen sich nias gehören das Lebensbundprinzip, die Freundschaft als Mentorinnen für die jüngeren Bundesschwestern, ver- untereinander unter Vermeidung jeglichen Neides und jeg- gleichbar den Männerbünden. Harald Lönnecker bemerkte licher Missgunst, die Toleranz unter bewusster Ablehnung bereits vor sieben Jahren dazu: „Seit Frauen um 1900 an einer politischen oder religiösen Bindung des Bundes und den Hochschulen zugelassen worden sind, haben sie sich stattdessen die Offenheit zu fördern, unbefangen auf alles vernetzt, bald die Älteren in den Bünden als Vorreiterinnen Neue, auch auf alle Nationen, zuzugehen, sowie eine ernst- gesehen und sich Tipps von ihnen geholt, akademisch, be- hafte Haltung zur Wissenschaft und zum Studium, das (dank ruflich und privat.“13 gegenseitiger Unterstützung) nach einer angemessenen Semesterzahl beendet sein sollte. Außerdem steht Athenia „Teamgeist contra Zickenkrieg“ – so könnte jedoch die positive noch für Gesellschaftsfähigkeit, gute Umgangsformen und regen Austausch mit anderen. Dazu wird der Besuch von Botschaft heißen. Tanzkursen, Theaterbesuchen sowie anderen kulturellen Veranstaltungen im jeweiligen Semesterprogramm ange- Jedoch fehlte meistens die Einbindung in einen großen regt. Neben Athenia bestehen (außerhalb des SB) „Salia“ Verband, weshalb Netzwerke hier nicht so effizient funk- und „Hypathia“ in Würzburg als Damenverbindungen. tionieren können wie bei Männern. Die Ausnahme bilden Anders als im SB besteht in den drei burschenschaftli- katholische Bünde oder der Schwarzburgbund. So ist unter chen Verbänden (Deutsche Burschenschaft, Allgemeine anderem die Unitas Clara-Schumann in Bonn in einen gro- Deutsche Burschenschaft, NeueDB) keine Bereitschaft ßen Verband integriert, bei Damenverbindungen eher ein zur Aufnahme von Frauen, bedingt durch die urburschen- Ausnahmefall. „Teamgeist contra Zickenkrieg“ – so könnte schaftliche Tradition mit ihrer politischen Ausrichtung und jedoch die positive Botschaft heißen. Außerdem gibt es – die strengen Rituale. Burschenschafter tun sich nach wie ähnlich wie z. B. bei den Burschenschaftlichen Abenden vor schwer damit, mit einer Frau zu fechten, das sei nicht in Männerbünden – die Gelegenheit, über den Tellerrand auf „Augenhöhe“. Auch werden Komplikationen durch ein zu schauen und sich über andere Studiengänge und Fach- möglicherweise entstehendes „Beziehungsgeflecht“ zwi- richtungen kundig zu machen. Gemeinsam Farben tragen, schen männlichen und weiblichen Mitgliedern einer Ver- das jeweilige Bundeslied singen, gemeinsam Feste orga- bindung befürchtet. Eine der wenigen Ausnahmen bildet nisieren, zu Vorträgen einladen und gemeinsam mit den die Burschenschaft Markomannia-Aachen in Greifswald, Hohen Damen Stammtische besuchen gehört inzwischen die einer Studentin ein Zimmer vermietet hat, wo sie sich zum Alltag einer Studentinnenverbindung. Vetternwirtschaft angeblich unter Männern sehr wohlfühlt, die es wiederum steht hier nicht so stark im Mittelpunkt, eher die Pflege ech- begrüßen, dass bei ihnen auf dem Haus jetzt mehr Sauber- ter Freundschaften, also enge emotionale Bindungen. Ich keit herrscht… Die Marburger Verbindung „Fridericiana“ im selbst habe es 2003 erlebt, während meiner ersten Lehr- Sondershäuser Verband ist eine musikalisch ausgerichtete veranstaltung in Mainz. Am 10. Oktober 2003 wurde die Verbindung und nimmt auch Frauen auf. Der Darmstädter Akademische Damenverbindung „Felicia Mainz“ gegrün- Verein Deutscher Studenten (VDSt) hat sich inzwischen Da- det, und schon ein paar Tage später war die gesamte Aktivi- men gegenüber geöffnet. tas dieser Verbindung in meiner Lehrveranstaltung zu Gast! Werte und Überzeugungen miteinander teilen, das klang damals schon als positive Botschaft heraus. Eine Dame Seit 20 Jahren steigt die Zahl der Damenverbindungen ständig an. mit Migrationshintergrund bekannte, dass sie hier in dieser Verbindung eine neue Heimat gefunden habe. Auch ohne Konstante war es den Bundesschwestern möglich, Veran- Auch die Kontakte von Damenverbindungen halten oft ein staltungen durchzuführen. Sie durften bei einer befreun- Leben lang, denn Frauen setzen mittlerweile auf ein Be- deten Männerverbindung von Zeit zu Zeit „tagen“, und es ziehungsgeflecht, das sie mit aufgebaut haben. Es wird oft kamen schöne gemeinschaftliche Feiern dadurch zustan- negativ als „Seilschaft“ oder als „Karrieremacher“ bewertet. de. Die ADV Felicia ist bisher die einzige reine Damenver- Seit 20 Jahren steigt dennoch die Zahl der Damenverbin- bindung am Hochschulort Mainz. Sie trägt den Wahlspruch: dungen ständig an. Wie bei den Männerbünden setzen AMICITIA – FIDELITAS – FIDENTIA (Treue, Freundschaft, die etwa 40 weiblichen Verbindungen in Deutschland auf Selbstvertrauen). Sie versteht sich als politisch neutral das so genannte Lebensbund-Prinzip. Was bei Männern und offen gegenüber Angehörigen aller Nationalitäten die Bundesbrüder sind, sind bei Frauenverbindungen die und Konfessionen sowie Studentinnen unterschiedlichster Bundesschwestern. Ihre aktiven Mitglieder nennen Frau- Fachrichtungen. Diese offene Haltung ist der ADV Felicia enverbindungen in der Regel: „Mädel“ oder „Dame“, das sehr wichtig, da sich jedes Mitglied zu einer individuellen Probemitglied wie bei Männern „Fux“, „Fuchs“, aber auch Persönlichkeit entwickeln soll. Daher steht im Mittelpunkt „Fähe“ oder „Renonce“. Fast alle Damenverbindungen in dieser akademischen Damenverbindung das Bestreben, Deutschland nennen ihre nach Studienabschluss im Be- rufsleben stehenden Mitglieder „Hohe Dame“. In der Ver- 13 Lönnecker, Harald in: Uta Jungmann: „Damenverbindungen. Gemeinsam durch die gläserne Decke“. FAZ 10.03.2010.

20 Bildung Der Burschenschafter Werte zu vermitteln, die durch die heutigen Hochschulen leider kaum mehr angeboten werden, die aber im späte- ren Berufsleben sehr wichtig sind: Selbstsicheres Auftreten, rhetorische Fähigkeiten, Organisationstalent, Verantwor- tungsbewusstsein, Durchsetzungsvermögen und vor allem Toleranz im Umgang mit Andersdenkenden. „Das Verhal- ten auf dem gesellschaftlichen Parkett und viele weitere positive ‚Nebeneffekte‘ des Aktivenlebens machen eine Felicin zu einer Persönlichkeit, welche im Studium und im späteren Beruf erfolgreich sein wird.“14 – Schlussfolgerung der Felicinnen zum Aktiv sein: „Es bedeutet Mitglied einer studentischen Verbindung zu sein. — Es bedeutet ein Teil von etwas Besonderem zu sein. — Es bedeutet über den Tellerrand hinaus zu schauen. — Es bedeutet sich zu amü- sieren. — Es bedeutet gemeinsam zu lachen. — Es bedeu- tet Freunde fürs Leben zu finden.“15

14 Akademische Damenverbindung Felicia zu Mainz: www.advfelicia.de/por- trait.php.- „über uns“. 15 Ebd.

Helma Brunck

Dr. phil. Helma Brunck ist freiberufliche Historikerin und publiziert zur Geschichte Deutschlands im 19. und 20. Jahrhundert. Sie ist im Bereich der politischen und der Erwachsenenbildung tätig. Zudem ist sie Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Gesellschaft für burschen- schaftliche Geschichtsforschung. Bei dem hier abge- druckten Text handelt es sich um die verkürzte Fassung eines Vortrages vom 10. Juni 2017 zum Thema: „Einheit, Vielfalt, Europa - Herausforderungen für die Gesellschaft und für die Verbindungen“ in Schwarzburg/Th. anlässlich der 200jährigen Wiederkehr des Wartburgfestes am 18. Oktober 1817.

21 1 / 2018 Burschenschafter in der Politik

Der Einfluss von Burschenschaftern ist über viele Jahre geschwunden, sie wurden politisch marginalisiert. Jetzt gibt es eine Trendwende in der Bundesrepublik. Grund dafür ist der Aufstieg der AfD. Besonders spannend ist die Entwicklung in Österreich.

Erstmals seit Jahrzehnten scheinen Burschenschafter in schen Verfassung prägten. Darunter die Burschenschafter Deutschland politisch wieder aus der Defensive zu kom- Heinrich von Gagern (Präsident der Frankfurter National- men. Zuvor war ihre Präsenz in den Parteien und Parlamen- versammlung, Urburschenschaft Jena), Robert Blum (Ger- ten immer schwächer geworden. Viele lebten von Erinne- mania Leipzig), Eduard von Simson (Burschenschaftliche rungen an die große Vergangenheit, eine Vision von einer Allgemeinheit Königsberg). In den zwanziger und dreißiger großen politischen Zukunft war aber nicht sichtbar. Doch Jahren des vergangenen Jahrhunderts saß im Reichstag das ändert sich nun offenbar. abermals eine stattliche Zahl von Burschenschaftern. Der bekannteste damalige Politiker aus ihren Reihen dürfte Im Paulskirchenparlament von 1848 waren von 809 Abgeordneten Außenminister sein. Leider, auch das etwa 160 Burschenschafter. gehört zur historischen Wahrheit, waren auch zahlreiche Burschenschafter in das verbrecherische NS-Regime mit- verwickelt (u. a. /Apollo München, Ernst Kaltenbrunner/Germania Graz, Adolf Wagner/Teutonia Aa- Im neuen Bundestag sitzen neun Burschenschafter, drei chen). Andere weigerten sich aber auch der NSDAP beizu- CDU-Mitglieder, zwei CSU-Mitglieder und vier für die AfD. treten. Die Burschenschaften selbst mussten sich auflösen. Gegenüber früheren Jahren ist dies schon ein Anstieg. In Einzelne Burschenschafter wie Karl Sack (Vineta Heidel- Österreich jedoch, wo Mitte Oktober ein neuer Nationalrat berg) und Hermann Kaiser (Burschenschaft der Pflüger Hal- gewählt wurde und Burschenschafter in der FPÖ schon im- le zu Münster) waren am Widerstand des 20. Julis beteiligt; mer sehr stark präsent waren, sind Korporierte im Parlament Helmut Himpel (Germania Karlsruhe) gehörte der Roten Ka- so stark, dass sie eine eigene mittelgroße Fraktion bilden pelle an. Alle drei wurden deswegen hingerichtet. könnten. Im neuen FPÖ-Club sind mindestens 20 von 51 Abgeordneten Korporierte, die meisten davon Burschen- schafter. Ein linker Buchautor schrieb schaudernd über eine Die Bundeskanzler Adenauer, Erhard und Brandt sandten zu Bur- angeblich drohende „Stille Machtergreifung“ durch blaue schentagen und Arbeitstagungen der Burschenschaften herzliche Burschenschafter. Dazu später mehr. Grußworte. Hierzulande waren Burschenschafter lange Zeit nur noch ein politisches Randphänomen. Lange vorbei die Zeiten Nach dem Krieg gelang ein Wiederanknüpfen an demokra- des Paulskirchenparlaments von 1848, in dem von 809 tische Traditionen. In der Zeit von 1949 bis September 2017 Abgeordneten etwa 160 Burschenschafter saßen und den wurden insgesamt 47 Burschenschafter Mitglied des Deut- ersten Anlauf Deutschlands zu einer liberal-demokrati- schen Bundestages. Gerade in den fünfziger und sechzi-

22 Politik und Burschenschaft Der Burschenschafter Diese lange Liste von Namen darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Bur- schenschafter nur noch sehr vereinzelt politische Karrieren gemacht haben. Das zeigt auch die abnehmende Zahl an Bundestagsmitgliedern. Wie der Historiker Klaus Oldenhage minutiös darlegte, gehörten dem Bundestag in der Spitze bis zu 14 Burschenschafter an; das war in der 2. Legislaturperiode 1953 bis 1957. Die überwiegende Zahl der burschenschaftlichen MdBs war Mitglied der Union, einige der Vertrie- benenpartei GB/BHE, andere der FDP oder der SPD. „Mit der nationallibe- ralen Dehler-FDP konnten sich viele Burschenschafter noch gut identifi- zieren“, erklärt Harald Lönnecker, der an der TU Chemnitz Geschichte lehrt. „Nach dem Linksschwenk der FDP mit dem Freiburger Programm war das zu Ende.“ Insgesamt hat der gesellschaft- lich-politische Linksschwenk, „die Verschiebung der Koordinaten nach 1968“, wie es Lönnecker nennt, es den Burschenschaftern immer schwerer gemacht, sich politisch erfolgreich zu engagieren. Nach den sechziger Jah- ren konnten immer weniger Burschen- ger Jahren bekleideten einige Burschenschafter hohe po- schafter ein Mandat im Bundestag er- litische Ämter: Fritz Schäffer (Apollo München) wurde 1945 ringen. für die CSU erster bayerischer Ministerpräsident und war dann 1949 bis 1957 ein geradezu legendärer Bundesfi- nanzminister, der sogar hohe Überschüsse anhäufte. Sein Im neuen Bundestag sitzen neun Burschenschafter, nachdem vorher CSU-Kollege Wilhelm Niklas (Arminia München), ein studier- nur noch fünf vertreten waren. ter Tiermediziner, amtierte in der Adenauer-Zeit als jovialer Bundeslandwirtschaftsminister, der Jurist und CSU-Politi- Der Tiefstand war Mitte der neunziger Jahre mit nur noch ker Hermann Höcherl (Babenbergia München) war in den zwei Abgeordneten im Bundestag erreicht. 2009 zogen im- sechziger Jahren erst Innen-, dann Landwirtschaftsminister. merhin acht Burschenschafter in den Bundestag ein, 2013 Der CDU-Politiker und Ökonom Fritz Hellwig (Rheinfran- nur noch fünf. Im neuen Bundestag sind es immerhin wieder ken Marburg) war erst Vorsitzender des Ausschusses für neun: Joachim Pfeiffer, Karsten Möring und Wilfried Oellers Wirtschaftspolitik im Bundestag, später Vizepräsident der für die CDU, Paul Lehrieder und Peter Ramsauer für die CSU EG-Kommission. Die Bundeskanzler Adenauer, Erhard und sowie Albrecht Glaser, Enrico Komning, Jörg Schneider und Brandt sandten zu Burschentagen und Arbeitstagungen Christian Wirth für die AfD (siehe Kasten weiter unten). der Burschenschaften herzliche Grußworte. Weniger Bur- schenschafter waren in der SPD, aber auch dort gab es im Über Jahrzehnte neigten sich viele Burschenschafter den Laufe der Jahre sieben Bundestagsabgeordnete. Von 1979 Unionsparteien zu, doch diese Bindung hat sich gelockert. bis 1982 war der SPD-Politiker Dieter Haack (Bubenreuther In der Kohl-Zeit gab es manche Enttäuschung, etwa über Erlangen) Bundesbauminister; Friedhelm Farthmann (Kö- die ausgebliebene „geistig-moralische Wende“, erklärt nigsberger B. Gothia zu Göttingen) war von 1975 bis 1985 Lönnecker, der selbst im RCDS aktiv war. Arbeits-, Gesundheits- und Sozialminister von NRW und danach zehn Jahre lang SPD-Fraktionsvorsitzender im dor- Zeigte sich Helmut Kohl den Burschenschaften gegenüber gesprächs- tigen Landtag. In jüngerer Zeit waren die prominentesten bereit, wurde Burschenschaften unter Angela Merkel die kalte Schulter burschenschaftlichen Politiker der CDU-Mann Eberhard Diepgen (Saravia Berlin), von 1991 bis 2001 Regieren- gezeigt. der Bürgermeister von Berlin, und der CSU-Mann Peter Ramsauer (Franco-Bavaria München), von 2009 bis 2013 Helmut Kohl hat den Burschenschaften immerhin nicht die Bundesverkehrsminister. kalte Schulter gezeigt. 1999 war Kohl als Altkanzler sogar Festredner auf dem Burschentag der Deutschen Burschen-

23 1 / 2018 schaft (DB) in Eisenach. Unter Merkel hingegen sind Bur- helm Röhm (Hohenheimia Stuttgart, Straßburger B. Arminia schenschaften für die Unionsspitze ein Tabu geworden. zu Tübingen) als Bildungspolitiker aktiv ist. Anders als die Lönnecker dazu: „In der Union ist der konservative Flügel Burschenschafter, die in der CDU kaum noch Chancen ha- fast völlig weggebrochen. Sie hat sich sozialdemokratisiert. ben, sind weiterhin recht viele Mitglieder von katholischen Das führte dazu, dass viele Burschenschafter in den ver- und anderen Verbindungen in der CDU/CSU vertreten. gangenen Jahren aus der Union ausgetreten sind.“ Auch Lönnecker schätzt, dass es im Bundestag parteiübergrei- der Politikwissenschaftler Tilman Mayer von der Universität fend etwa 30 bis 40 Korporierte gibt, darunter der ehema- Bonn spricht von einer „objektiven Linksverschiebung der lige Bundesminister des Innern Hans-Peter Friedrich (CSU, Union, da passen Burschenschaften nicht mehr“. Die Mer- KStV Ludovicia Augsburg im KV), Gunther Krichbaum (CDU, kel-CDU habe Konservative vernachlässigt. Landsmannschaft Ulmia Tübingen) oder Matthias Zimmer (CDU, Münchener Wingolf), Johannes Kahrs (SPD, Hambur- „Der ursprüngliche Anspruch [der Burschenschaft], in die Gesellschaft ger Wingolf), oder Olaf in der Beek (FDP, Landsmannschaft zu wirken, ist verloren gegangen; teils mangelt es auch an ​ Ubia Brunsviga Palaeomarchia zu Bochum). Artikulationsfähigkeit.“ (Tilman Mayer) Ein prominenter CDUler aus diesem Milieu ist der NRW-Mi- nisterpräsident Armin Laschet, ein Vertreter des Merkel-Kur- Zum Teil seien die Burschenschaften an ihrem Bedeutungs- ses der (linken) Mitte, der während seines Studiums Mitglied verlust aber auch selbst schuld, findet Politikprofessor May- der Münchner KDStV Aenania wurde. Von Burschenschaf- er. Viele Burschenschaften seien zu sehr mit sich selbst be- ten hält er gar nichts. Laschet bekräftigte auch nach dem schäftigt. „Der ursprüngliche Anspruch, in die Gesellschaft schlechtesten Unionsergebnis seit 1949, dass die CDU auf zu wirken, ist verloren gegangen; teils mangelt es auch an keinen Fall „nach rechts rücken dürfe“, nachdem die CSU Artikulationsfähigkeit“, sagt Mayer. Lönnecker erwähnt auch gefordert hatte, man solle die „rechte Flanke“ schließen. die Skandale der DB in den vergangenen Jahren, etwa die Dabei wird Seehofers angeschlagene CSU von der neuen Dietrich-Bonhoeffer-Affäre. 2012 hatte der damalige Schrift- Partei rechts der Mitte beinahe in den Wahnsinn getrieben. leiter der DB-Verbandszeitschrift den im Widerstand tätigen und dafür im KZ ermordeten Theologen Bonhoeffer als „In jedem Bund gibt es Meinungspluralismus und ein breiteres Spek- „Landesverräter“ beschimpft. Außerdem wurde angeblich trum, neben AfD-Anhängern auch CDU-, FDP- und teils auch SPD-Mit- in der DB von einem Bonner Bund ein „Arierparagraphen“ – glieder.“ (Sven Tritschler) so hieß es in Medienberichten überzeichnend – als Aufnah- mevoraussetzung gefordert. „Die DB hat sich mit der Ge- schichte von 2012 ins Abseits gestellt und selbst verbrannt“, Einer der AfD-Politiker mit korporativem Hintergrund ist meint Lönnecker. Der Zerfallsprozess beschleunigte sich; Sven Tritschler (Kölner B. Alemannia), Co-Vorsitzender der 2016 gründete sich die Allgemeine Deutsche Burschen- AfD-Jugendorganisation namens Junge Alternative (JA) schaft (ADB), um einen burschenschaftlichen Neuanfang zu und Abgeordneter im nordrhein-westfälischen Landtag. machen. „Unsere Partei ist sehr offen für Studentenverbindungen“, erzählt er. Jüngst hat einer seinen Kollegen im NRW-Land- Der Aufstieg der AfD hat auch eine ganze Welle von Korporierten in die tag eine parlamentarische Anfrage zu Übergriffen und An- Parlamente gespült. schlägen auf Häuser von Studentenverbindungen gestellt. „Korporierte sind in der Regel eher konservativ, daher füh- len sich viele vielleicht zur AfD hingezogen“, sagt Tritsch- ler, der einen allgemein konservativen und patriotischeren Inzwischen hat sich für die Burschenschaften ein neues po- Zeitgeist, den Wunsch nach Familie, Kindern und festen litisches Feld eröffnet, um aus der Defensive herauszukom- Werten bei der heutigen Jugend zu erkennen glaubt. Etwa men. Der Aufstieg der AfD, gegründet erst 2013, vor vierein- 20 Prozent der JA-Mitglieder seien Mitglieder von Studen- halb Jahren, in Reaktion auf die Euro-Rettungspolitik und tenverbindungen, schätzt Tritschler. Gleichzeitig betont seit 2015 verstärkt als Protestpartei gegen Merkels Gren- er: Die AfD sei nicht „die“ Partei oder „die“ Vertretung der zöffnung erfolgreich, hat nicht nur die bundesdeutsche Par- Burschenschaften; in jedem Bund gebe es Meinungsplura- teienlandschaft verändert und die nach links gerückte CDU lismus und ein breiteres Spektrum, neben AfD-Anhängern in Bedrängnis gebracht. Der Aufstieg der AfD hat auch eine auch CDU-, FDP- und teils auch SPD-Mitglieder, so in seiner ganze Welle von Korporierten in die Parlamente getragen. Kölner Alemannia. „Nicht wenige Burschenschafter sind von der CDU zur AfD gewechselt oder erstmals in einer Partei aktiv geworden“, erklärt Studentenhistoriker Lönnecker. „Da gibt es Schnitt- In Österreich sind Burschenschafter schon seit vielen Jahren ein mengen, etwa die patriotische Einstellung.“ Machtfaktor durch ihre besonders starke Verankerung in der FPÖ. Neben den vier erwähnten AfD-Bundestagsabgeordneten sitzen in den Landtagen weitere zehn Burschenschafter für In Österreich ist die Situation eine ganz besondere. Dort die AfD, hinzukommen noch einige Landsmannschafter und sind Burschenschafter schon seit vielen Jahren ein Macht- Corps-Mitglieder. Das sind deutlich mehr als in der CDU, für faktor durch ihre besonders starke Verankerung in der die etwa in Baden-Württemberg der Abgeordnete Karl-Wil- FPÖ, mit der übrigens die AfD eine Partnerschaft anstrebt.

24 Politik und Burschenschaft Der Burschenschafter Im neuen FPÖ-Nationalratsclub nach der Wahl Mitte Okto- Lothar Höbelt spricht von einer „Medienblase“ rund um ber sitzen zwanzig Korporierte, an der Spitze „Clubdirektor“ das Thema Burschenschaften und FPÖ. Vieles sei über- Norbert Nemeth (Wiener B. Olympia). In den Landtagen gibt zogen. Strache etwa sei nur Mitglied einer Pennalverbin- es nochmals mindestens zwanzig Burschenschafter und dung, Hofer habe im reifen Alter von fast 40 Jahren ein weitere Korporierte. Die gehäufte Präsenz hat den in der Ehrenband der Schülerverbindung „pennal-conservative Nähe von Braunau am Inn lebenden linken Journalisten, Burschenschaft Marko-Germania zu Pinkafeld“ erhalten. „Antifaschisten und Menschenrechtsaktivisten“ (Wikipedia) Dass Burschenschafter in der FPÖ stark sind, liege daran, Hans-Henning Scharsach so beunruhigt, dass er kurz vor dass sie nach der Parteikrise und Spaltung der Partei vor der Wahl im Frühherbst das Buch „Stille Machtergreifung: mehr als zehn Jahren ihr die Treue hielten und damit das Strache, Hofer und die Burschenschafter“ herausbrachte. Rückgrat der übriggebliebenen Funktionärschaft bildeten. Seiner Meinung nach sind die Burschenschafter zum einen Sie seien gut vernetzt, was zum Teil an Familientraditionen rechtsextrem, zum anderen ein enormer Machtfaktor und liege. Die Mitgliedschaft in Burschenschaften vererbe sich hätten die FPÖ „unterwandert“. FPÖ-Chef Heinz-Christian in Österreich in den nationalliberalen Akademikerfamilien Strache ist korporiert, ebenso vier seiner fünf Stellvertreter. vom Vater auf den Sohn, sagt Höbelt. Die von linken Me- Norbert Hofer, der bei der Präsidentenwahl nur knapp un- dien skandalisierte „deutschnationale“ Einstellung der ös- terlag, ist auch (Ehren-)Mitglied einer Verbindung. terreichischen Burschenschaften hält Höbelt eher für ein Konstrukt oder ein Missverständnis. „Das sind historische Die von linken Medien skandalisierte „deutschnationale“ Einstellung Anknüpfungen. Mit der heutigen, eher linksliberalen Bun- desrepublik Deutschland haben die doch nichts am Hut.“ der österreichischen Burschenschaften hält der Wiener Historiker Lothar Höbelt eher für ein Konstrukt oder ein Missverständnis. Die FPÖ ist in Österreich ein normaler und vom Großteil der Gesell- schaft akzeptierter Teil der politischen Landschaft. Auch wenn Scharsach mit seinem Buch großes Aufsehen erregt hat, hielt sich die öffentliche Aufregung in Österreich stark in Grenzen. Der Wiener Historiker und FPÖ-Experte Anders als in Deutschland, wo die AfD bislang fast hyste- risch bekämpft wurde und von den etablierten Parteien ausgegrenzt wird, ist die FPÖ in Österreich ein normaler und vom Großteil der Gesellschaft akzeptierter Teil der po- litischen Landschaft. Bei der Nationalratswahl erhielt sie 26 Prozent der Stimmen, in absoluten Zahlen so viele wie noch nie in der österreichischen Geschichte. Die christdemo- kratisch-konservative ÖVP des jugendlichen Überfliegers Sebastian Kurz ist mit Straches FPÖ eine schwarz-blaue Koalition eingegangen. Strache ist Vizekanzler und Bundes- minister für Beamte und Sport, Hofer Infrastrukturminister geworden. Etwaige Aufregung der SPÖ erscheint verlogen, da sie im Burgenland selbst mit der FPÖ koaliert. Selbst für die linke Tageszeitung „Der Standard“ ist „die FPÖ im Main- stream der europäischen Politik angekommen“.

In Österreich und Deutschland können Burschenschafter – sofern sie sich engagieren – in der Politik wieder stärker mitgestalten.

Bei allen Unterschieden zeigt die Entwicklung in Österreich und Deutschland, dass Korporierte und Burschenschafter – sofern sie sich engagieren – in der Politik wieder stärker mitgestalten können. „Ich hoffe, dass die Burschenschaften wieder eine größere Rolle spielen“, sagt der AfD-Jugend- vorsitzende Tritschler. Die Zeichen stehen auf Aufbruch. Al- lerdings kann der, auch das haben frühere Parteigründun- gen gezeigt, durch unkluges Verhalten auch wieder schnell verspielt werden (fg/pp).

25 1 / 2018 Bundestagesabgeordnete aus den Reihen der Burschenschaften

Albrecht Glaser Albrecht Glaser (Allemannia Heidelberg 1963) – AfD „Ich empfinde ‚die jüngsten Geboren 1942 in Worms, verheiratet und Vater von vier Kin- Jahre‘ deutscher Politik als dern, hat Albrecht Glaser in den sechziger Jahren Rechts-, Absturz. Die Europäisierung Staats- und Verwaltungswissenschaften studiert. Nach ei- ist in Deutschland zur Manie ner Tätigkeit als Personalreferent an der Universität Hei- geworden, im Rahmen derer delberg wurde er als CDU-Mitglied Bürgermeister einer Kommune in Baden-Württemberg, war Beigeordneter des die Eigenstaatlichkeit einem Landeswohlfahrtsverbands Hessen und von 1995 bis 2002 historischen Ende zugeführt Stadtrat und Stadtkämmerer von Frankfurt am Main, dane- werden soll. Deutschland soll ben hatte er zahlreiche Aufsichtsposten in Verbänden, Ver- abgewickelt werden. Dagegen einigungen und Stiftungen inne. 2013 war der konfessions- kämpfe ich mit aller Kraft, in- lose Glaser Gründungsmitglied der AfD. 2017 wurde er über dem ich mich bei den großen die Landesliste Hessen der AfD in den Bundestag gewählt. Themen Migrations-Chaos und EU einbringen werde. Speziel- les Arbeitsgebiet wird zudem der schwierige Komplex Finan- zen und Steuern sein, eines der Kernthemen gelingender Staat- lichkeit.“

Enrico Komning Enrico Komning (Rugia Greifswald 1991) – AfD „Wohlstand bildet sich in einer Der 1968 im Stralsund geborene Vorpommer, heute Vater funktionierenden Gesellschaft von vier Kindern, hatte in der späten DDR zunächst eine mit geltendem Recht und Ge- Berufsausbildung mit Abitur zum Baufacharbeiter gemacht setz. Dafür kann nur der Nati- und nach dem Wehrdienst als Maurer gearbeitet. Nach der onalstaat den Rahmen bieten. Wende ging Enrico Komning zur Universität Greifswald für ein Studium der Rechtswissenschaft. 1998 machte er das Denn nur er kann einerseits zweite Staatsexamen und arbeitete seitdem als selbstän- Toleranz gewährleisten aber diger Rechtsanwalt. Er war Mitglied der Wirtschaftsjunioren andererseits auch sicherstel- Deutschland e.V., kurzzeitig Mitglied der Schillpartei, dann len, dass unsere Leitkultur trat er in die FDP ein und wurde Mitglied im FDP-Landes- weiterhin der Maßstab für das vorstand Mecklenburg-Vorpommern, Ratsherr und Frak- Zusammenleben seiner Bürger tionsvorsitzender der Fraktion FDP/Freie Bürger im Stadt- bleibt. … Als Abgeordneter aus parlament Neubrandenburg. 2014 trat er der AfD bei, war Vorpommern möchte ich mich Beisitzer im Landesvorstand und wurde 2016 in den Land- in den kommenden vier Jah- tag Mecklenburg-Vorpommern gewählt. Seit September 2017 ist er über die Landesliste der AfD in den Bundestag ren ganz besonders um die gewählt. wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen Räume kümmern aber auch darauf achten, dass die regionalen Besonderheiten und Bräuche erhalten bleiben.“

26 Politik und Burschenschaft Der Burschenschafter Paul Lehrieder Paul Lehrieder (Adelphia Würzburg 1980) – CSU „In meiner Funktion als Vor- Geboren 1959 in Ochsenfurt und römisch-katholisch ge- sitzender des Ausschusses für tauft, leistete Paul Lehrieder seinen Grundwehrdienst bei Familie, Senioren, Frauen und den Heeresfliegern. An der Universität Würzburg studierte Jugend in der 18. Wahlperiode er Rechtswissenschaften und war danach als Rechtsanwalt, lagen mir die bessere Verein- Erster Bürgermeister, Kreisrat und von 2002 bis 2005 als stellvertretender Landrat tätig. Seit 2005 ist der Vater von barkeit von Familie und Beruf zwei Kindern als direkt gewählter Abgeordneter (Würzburg) und eine familienfreundlichere Mitglied des Bundestages. Gesellschaft besonders am Herzen. Wir brauchen eine Po- litik, die es allen Generationen mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen ermöglicht, ihre Interessen in gegenseitiger Achtung wahrnehmen zu können. Ein besonderes Augenmerk liegt für mich zudem auf dem Schutz von Kindern und Jugendlichen. Für mich steht eine bürgernahe Politik sowie die Weiterentwicklung der Bundes- republik zu einem lebens- und liebenswerten Deutschland für die nachfolgenden Generationen an erster Stelle.“

Karsten Möring Karsten Möring (Kölner B. Wartburg-Suevia Leipzig 1970) – CDU „Ich bitte um Verständnis, dass Der 1949 in Schneverdingen geborene Karsten Möring ich keinen eigenen Text für die hat nach seinem Geschichts- und Geographie-Studium auf Ausgabe des „Burschenschaf- Lehramt an Gymnasien in NRW unterrichtet und war dann ter“ verfassen möchte, son- viele Jahre lang Schulleiter. In den späten neunziger Jahren dern auf die Veröffentlichung ging der evangelisch-lutherisch getaufte Möring und Vater eines Kindes über den Rat der Stadt Köln, wo er sich im des Bundestages und auf mei- Finanz- und Verkehrsausschuss engagierte, in die Politik. ne Internetseite karsten-moe- Seit 2013 ist er direkt gewählter Abgeordneter des Bundes- ring.de verweisen möchte.“ tages für den Wahlkreis Köln I. Foto: Tobias Koch

Wilfried Oellers (Kölner B. Wartburg-Suevia Leipzig 1995) – CDU

Geboren 1975 in Mönchengladbach, hat Wilfried Oellers (rö- misch-katholisch) nach Abitur und Zivildienst Jura studiert und dann als Fachjurist für Arbeitsrecht gewirkt. 1999 trat er in die Junge Union ein, hatte verschiedene Parteiämter auf lokaler Ebene inne und wurde 2004 Mitglied des Rats der Stadt Heinsberg in Nordrhein-Westfalen. Der Vater ei- nes Sohnes und einer Tochter ist seit 2013 direkt gewählter Bundestagesabgeordneter für den Wahlkreis Heinsberg. Herr Oellers hat trotz mehrfa- cher Bitte der Redaktion nicht geantwortet.

27 1 / 2018 Dr. rer. pol. Joachim Pfeiffer Joachim Pfeiffer (Alemannia Stuttgart 1988) – CDU „Gemäß meinem Motto, Geboren 1967 in Mutlangen, hat der dreifache Vater, Pro- ‚wenn man Politik anderen testant, Reserveoffizier, studierte Betriebswirt und promo- überlässt, wird sie anders vierte Ökonom zunächst mehrere Jahre beim Energiever- gemacht‘, setze ich mich sorgungsunternehmen Schwaben AG gearbeitet. Über die als Wirtschaftspolitiker vol- Kommunalpolitik in der Gemeinde Urbach kam Joachim ler Energie für Deutschland Pfeiffer in die Politik, war Fraktionsvorsitzender der CDU im und meinen Wahlkreis ein. Verband Region Stuttgart und ist seit 2002 direkt gewählter Ich will nicht nur zuschauen, Abgeordneter des Bundestages für den Wahlkreis Waiblin- was andere entscheiden, gen. Er ist wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der sondern aktiv mitwirken. Ge- CDU/CSU-Bundestagesfraktion. wählt sein bedeutet für mich sowohl Gestaltungsauftrag als auch Verantwortung. Da- bei gilt für mich: So viel Markt wie möglich, so wenig Staat wie nötig. Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer. Entsprechend setze ich auf ein Mehr an Eigenverant- wortung und Marktwirtschaft statt auf Sozialismus und Um- verteilung.

Dr. rer. pol. Peter Ramsauer Peter Ramsauer (Franco-Bavaria München 1974) – CSU „Deutschland ist das führen- Der 1954 in München geborene Peter Ramsauer (rö- de Land in Europa: In politi- misch-katholisch), verheirateter Vater von vier Kindern, ist scher, wirtschaftlicher und Diplomkaufmann und hat in Staatswissenschaften promo- finanzieller Hinsicht. Diese viert. Zusätzlich machte er eine Ausbildung im Müllerhand- Führungsrolle gilt es zu be- werk und übernahm das Familienunternehmen Ramsauer wahren und mit größter Ver- Talmühle KG in Traunwalchen, deren persönlich haftender antwortung wahrzunehmen. Gesellschafter er ist. 1973 trat er in die CSU ein, war Stadtrat Diesem Anspruch sehe ich in Traunreuth und Mitglied des Kreistages und ist seit 1990 mich in meiner Abgeordne- Mitglied des Bundestages für den Wahlkreis Traunstein. Er tenarbeit zutiefst verpflich- war CSU-Landesgruppenchef und stellvertretender Uni- tet. Als Wirtschafts- und onsfraktionsvize. Von 2009 bis 2013 amtierte Ramsauer als Verkehrspolitiker lautet mein Bundesverkehrsminister. Heute ist er stellvertretender Par- Grundsatz: Alles tun, was teivorsitzender der CSU. der Wettbewerbsfähigkeit, den Arbeitsplätzen und dem Wohlstand in unserem Lande dient, und alles unterlassen, was dem entgegensteht.“

28 Politik und Burschenschaft Der Burschenschafter Jörg Schneider Jörg Schneider (Germania Hamburg WS 1988/89) – AfD „Die derzeitige Berech- Jörg Schneider wurde 1964 in Solingen geboren. Er diente nungsgrundlage der Grund- von 1983 bis 1995 bei der Bundeswehr, zuletzt als Jugendof- sicherung führt dazu, dass fizier (Hauptmann) in der Jugend-, Presse- und Öffentlich- langjährige Arbeitnehmer im keitsarbeit. Von 1988 bis 1992 absolvierte er sein Studium Niedriglohnbereich im Alter des Maschinenbaus an der Universität der Bundeswehr, genauso viel Rente bezie- danach an der Fernuniversität Hagen ein Aufbaustudium hen wie Personen, die nie in zum Diplom-Wirtschaftsingenieur und 1996 an der Concor- die GRV einbezahlt haben. dia University in Montreal/Kanada ein zusätzliches Marke- Ein weiteres Problem ist der ting-Studium. Tätigkeiten bei Quantum GmbH (1996–1999), fehlende Lohnabstand. So AtosOrigin Deutschland GmbH (1999–2000), als Vorstand stehen einem Mindestlohn- für Vertrieb und Marketing bei w3logistics AG (2000–2010) bezieher im Monat nur etwa und als Lehrer am Berufskolleg für Technik und Gestaltung 200 Euro mehr zur Verfü- der Stadt Gelsenkirchen folgten. 2013 erhielt Schneider die gung als ein Hartz-IV-Bezie- Befähigung zum Lehramt an Berufskollegs. Der AfD gehört her. Beides kann m. E. nicht er seit 2013 an, er ist Kreissprecher des Kreisverbandes sein! Im Bereich „Arbeit und Gelsenkirchen und Leiter der Programmkommission der Soziales“ werde ich mich AfD NRW. Jörg Schneider ist geschieden und hat keine Kin- daher um die Reformierung der. unseres Sozialsystems aktiv einbringen.“

Dr. iur. Christian Wirth Christian Wirth (Ghibellinia Prag zu Saarbrücken 1982/83, „Unter dem Eindruck der Normannia zu Heidelberg) – AfD Grenzöffnung bin ich in Wirth wurde 1963 in Neunkirchen/Saar geboren und trat die AfD eingetreten, da ich zu Beginn seines Studiums der Rechtswissenschaften in mir Sorgen um die Zukunft die Burschenschaft Ghibellinia zu Prag in Saarbrücken ein. meiner vier Töchter und un- Während seiner Aktivenzeit schlug er 13 Partien. Seine bei- seres Vaterlandes mache. den Staatsexamina legte er am OLG Saarbrücken ab. 1995 Mein Ziel und das unserer wurde er an der Universität des Saarlandes zum Dr. jur. pro- Fraktion ist es, den bürger- moviert. Von 1992 bis 2004 war er Mitglied der FDP. lichen Willen wieder in den Bundestag zu tragen und die links-grüne Meinungsho- heit im Bundestag und in den Medien zu durchbre- chen. Wir befinden uns hier auf einem Marsch durch die Instanzen. Als Rechtsanwalt beschäftige ich mich mit der Inneren Sicherheit sowie mit Rechtsfragen rund um die Gesetzesanträge.“

29 1 / 2018 Burschenschafter in weiteren Parlamenten

Akademische Burschenschafter im österreichischen CDU Nationalrat sind: • Stefan Gruhner (Teutonia Jena) – Thüringen • Hannes Amesbauer (Oberösterreicher Germanen Wien) • Karl-Wilhelm Röhm (B. Hohenheimia Stuttgart, Straßbur- • Dr. phil. Reinhard Bösch (Teutonia Wien) ger B. Arminia zu Tübingen) – Baden-Württemberg • Dr. iur. Martin Graf (Olympia Wien) • Christian Hafenecker (Nibelungia Wien) • Gerhard Kaniak (Albia Wien) CSU • Dr. iur. Axel Kassegger • Steffen Vogel (Adephia Würzburg) – Bayern (Germania Graz, Thessalia Prag zu Bayreuth) • Maximilian Krauss (Aldania Wien) • Norbert Nemeth (Olympia Wien) Fraktionslos • Walter Rosenkranz (Libertas Wien) • Stefan Hein (Jenaische B. Germania) – Brandenburg • Philipp Schrangl (Oberösterreicher Germanen Wien) • Harald Stefan (Olympia Wien). FPÖ

Den burschenschaftlichen Mittelschülerverbindungen • Hannes Amesbauer (Akad. B. Oberösterreicher Germa- gehören im Nationalrat an: nen in Wien) – Steiermark • Armin Blind (Wiener akad. B. Aldania) – Wien • Hermann Brückl (Pennale B. Scardonia Schärding, Pennale B. Markomannia Eisenstadt) • Gerald Deutschmann (Akad. B. Marcho-Teutonia Graz) – Steiermark • Roman Haider (Pennale B. Donauhort Aschach) • Gerald Ebinger (Wiener akademische B. Aldania) – • Christian Höbart Wien (pennal-conservative B. Tauriska zu Baden) • Johann Gudenus (Pennale B. Vandalia Wien, Wiener • Norbert Hofer akad. B. Aldania) – Vize-Bürgermeister von Wien, Lan- (pennal-conservativen B. Marko-Germania Pinkafeld) deshauptmann-Stellvertreter • Heinz-Christian Strache (Pennale B. Vandalia Wien). • Udo Guggenbichler (Wiener akad. B. Albia, Grazer akad. B. Arminia) – Wien • Johann Herzog (Wiener akad. B. Aldania) – Wien, Zwei- (Der Redaktion bekannte) Landtagsabgeordnete in ter Präsident des Wiener Landtages Deutschland und Österreich mit burschenschaftlicher • Hans-Jörg Jenewein (Pennale B. Nibelungia Wien, Herkunft (in alphabetischer Reihenfolge nach Partei): Akad. B. Silesia Wien) – vom Wiener Landtag entsand- AfD tes Mitglied des österreichischen Bundesrats • Wolfgang Jung (Wiener akad. B. Albia) – Wien • Sandro Hersel (Pennale B. Ernst Moritz Arndt Greifs- wald, früher B. Cheruscia Dresden) – Mecklenburg-Vor- • Dietbert Kowarik (Wiener akad. Olympia) – Wien pommern • Maximilian Krauss (Wiener akad. Aldania) – Wien • Damian Lohr (B. Germania Halle zu Mainz) – Rhein- • Christian Leyroutz (Akad. B. Suevia Innsbruck) – Kärnten land-Pfalz • Dominik Nepp (Wiener akad. B. Olympia) – Wien – Klu- • Andreas Kalbitz (Pennale B. Saxonia-Czernowitz zu bobmann (Fraktionsvorsitzender) München) – Brandenburg • Alexander Pawkowicz (Wiener akad. B. Aldania) – Wien • Enrico Komning (Rugia Greifswald) – Mecklenburg-Vor- • Michael Raml (Pennal-conservative Verbindung Ostmark pommern zu Linz, Akad. B. Arminia-Czernowitz zu Linz) – aus • Nikolaus Kramer (Berliner B. Gothia, Markomannia Aa- Oberösterreich entsandtes Mitglied des österreichi- chen Greifswald) – Mecklenburg-Vorpommern (Frakti- schen Bundesrates onsvorsitzender) • Bernhard Rösch (Akad. B. Gothia Wien) – vom Wiener • Rudolf Müller (Saarbrücker B. Germania) – Saarland Landtag entsandtes Mitglied des österreichischen • Joachim Paul (Breslauer B. der Raczeks zu Bonn) – Bundesrats Rheinland-Pfalz • Eduard Schock (Wiener akad. B. Aldania) – Wien • Stephan Reuken (Jenaische B. Germania) – Mecklen- • Rudolf Stark (Wiener akad. B. Aldania) – Wien burg-Vorpommern • Michael Stumpf (Pennale B. Vandalia Wien) – Wien • Sven Tritschler (Kölner B. Alemannia) – NRW • Dr. Alfred Wansch (Wiener akad. B. Olympia) – Wien • Dr. Alexander Wolf (Danubia München) – Hamburg

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31 1 / 2018 Der Wind dreht sich von Dieter Stein

Energiewende, Eurorettung und Grenzöffnung sind ein schweres Erbe der Kanzlerschaft von Angela Merkel. Während Deutschland wohl weiter von einer GroKo regiert wird, zeigt die schwarz-blaue Wende in Österreich, dass es auch ganz anders geht.

Angela Merkel hat Deutschland tiefgreifend verändert. Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass andernorts die poli- Wer über die Autobahn fährt, passiert fast überall riesige tischen Umwälzungen schon weiter gediehen sind und po- Monumente. Dank der von ihr exekutierten radikalen Ener- litische Bündnisse umgesetzt werden, die in Deutschland giewende rollen wir immer häufiger vorbei an gigantischen noch völlig tabu sind: In Österreich scheiterte 2016 zwar der Wäldern aus abertausenden Windkraftanlagen – Bauten, FPÖ-Kandidat Norbert Hofer bei der Bundespräsidenten- die in der Höhe den Kölner Dom überragen und deren wahl knapp gegen den Grünen Alexander van der Bellen. Rotoren die Luft mit ihrem permanenten Rauschen erfüllen Doch 2017 scheiterten die Grünen bei der Nationalratswahl und mit dem nächtlichen rhythmischen Blinken der roten und es kam zu einer satten schwarz-blauen Mehrheit. Warnleuchten den Horizont beherrschen. „Eine schonungs- losere Ausbeute der Natur lässt sich kaum denken“, beklagt Nun regiert Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit Vizekanzler der Schriftsteller Botho Strauß. Heinz-Christian Strache (FPÖ). Sowohl Strache als auch Hofer sowie einige andere wichtige FPÖ-Politiker sind üb- Hat die Energiewende das Antlitz unserer Umwelt tiefgrei- rigens Korporierte, was die Linke aufgeregt kommentiert fend verändert, so brachte die zwölfjährige Kanzlerschaft hat. Besonders in der Asylpolitik haben sie schon einige der CDU-Chefin auch die parteipolitische Tektonik drama- Akzente gesetzt. tisch in Bewegung. Dies offenbarte zuletzt die Bundestags- wahl vom 24. September 2017. Erstmals seit Jahrzehnten ist Die ÖVP/FPÖ-Regierung dürfte im von schwarz-grünen Regenbogen- mit der Alternative für Deutschland (AfD) eine Partei rechts bündnissen träumenden Adenauerhaus Ohnmachtsanfälle auslösen. von der Union in den Bundestag gewählt worden, zudem schaffte die FDP einen kraftvollen Wiedereinzug. Die neue Wiener Regierung unter dem smarten Sebastian Die AfD ist letztlich ein Kind der Kanzlerschaft Angela Merkels und Kurz ist ein besonderer Schock für das Konrad-Adenau- ihrer Hauruck-Entscheidungen bei Euro-Rettung, Energie- und Migra- er-Haus in Berlin. Kurz ist der Anti-Merkel, haben verschie- tionspolitik. dene Medien zu Recht bemerkt. Er opponierte entschieden gegen die unter Kanzlerin Merkel seit Sommer 2015 völlig aus dem Ruder laufende Migrationspolitik. Die Große Koalition ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Konnte sie in der vergangenen Legislaturperiode noch mit Die Regierung Kurz/Strache sendet ein für Kanzlerin Mer- Dreiviertelmehrheit (79 Prozent) gegen eine zahnlose Op- kel doppelt gefährliches Signal nach Deutschland: Erstens position aus Grünen und Linken durchregieren, so verfügte zeigt Kanzler Kurz mit seiner Volkspartei der sozialdemo- sie jetzt potentiell nur mehr über 56 Prozent der Sitze. Es kratisierten CDU, dass eine konservative Erneuerung mach- gibt eine starke Opposition unter Führung der AfD, die mit bar ist. Zweitens präsentiert sich mit „Schwarz-Blau“ ein 12,6 Prozent ein stärkeres Ergebnis als von den meisten politisches Bündnis, das im von schwarz-grünen Regenbo- Umfragen erwartet schaffte, sowie der selbstbewussten genbündnissen träumenden Adenauerhaus Ohnmachtsan- Lindner-FDP. fälle auslösen dürfte. Der Wechsel an der Spitze der baye- rischen Regierung, Söder statt Seehofer, wurde mutmaßlich Die AfD ist dabei letztlich ein Kind der Kanzlerschaft Angela durch den frischen konservativen Wind aus dem Süden Merkels und ihrer Hauruck-Entscheidungen bei Euro-Ret- begünstigt. Damit wird die Luft dünner für die CDU-Chefin. tung, Energiepolitik und zuletzt vor allem in der Migrations- Allenthalben ist von der Machterosion Merkels die Rede, politik mit der Grenzöffnung und unkontrollierten Masse- nachdem ihr Jamaika-Plan scheiterte. Nun muss sie sich neinwanderung im Herbst 2015. abermals mit der SPD zusammenquälen. Ob sie das Jahr 2018 überhaupt überlebt? Ohne die Arroganz, mit der die CDU-Führung lange Zeit glaubte, Vertreter des konservativen Flügels in ihren Rei- Die SPD schaffte es im Wahlkampf nicht, sich als Alterna- hen ignorieren und mundtot machen zu können, wäre der tive zur Kanzlerin der Alternativlosigkeit freizuschwimmen. Aufstieg der AfD kaum denkbar gewesen. In den entscheidenden Fragen – Euro, Energie, Migration, Innere Sicherheit – bringt die SPD keine im Wesentlichen abweichende Position zustande. 32 Politik und Burschenschaft Der Burschenschafter Auf dem ganzen Kontinent befinden sich sozialdemokratische Parteien im Sinkflug, in einigen Ländern stürzten sie auf Splitterparteistatus.

Die Sozialdemokraten sind dabei von einem europaweiten Trend erfasst. Auf dem ganzen Kontinent befinden sich so- zialdemokratische Parteien im Sinkflug, in einigen Ländern stürzten sie auf Splitterparteistatus wie zuletzt in Frankreich. Parallel reüssieren populistische Bewegungen, die national oder rechts eingeordnet werden. Offensichtlich hat eine dramatische Entfremdung stattgefunden zwischen den so- zialdemokratischen Berufspolitikern einerseits und ihren Merkels Zuwanderungspolitik hat nicht nur Deutschland Wählermilieus, der abhängig beschäftigten Mittelschicht gespalten, sondern ganz Europa. Die osteuropäischen und Arbeiterschaft andererseits. Staaten – allen voran Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei – wehren sich gegen die Berliner und Brüsseler Im Spannungsfeld zwischen Globalisierung, Verlagerung Versuche, Hunderttausende Immigranten vornehmlich aus politischer Kompetenzen an supranationale Strukturen und der muslimischen Welt in Europa umzuverteilen. Auch das den lokal und national erlebten Folgen einer Politik der Brexit-Votum war beeinflusst von Merkels Migrationspolitik. Deregulierung der Arbeitsmärkte und Öffnung der Gren- zen fühlen sich viele Arbeitnehmer und „einfache Leute“ Nicht nur Europa, auch Deutschland ist im Umbruch. Mit allein gelassen und verraten. schrieb selbst dem Aufstieg der AfD und dem Comeback der FDP erleben in einem Gastbeitrag im „Spiegel“, dass es ein verbreitetes wir im neuen Bundestag eine erfrischende parteipolitische Gefühl der Unsicherheit gebe. „Im Kern geht es … um eine Vielfalt, die endlich einen lebhafteren politischen Wettbe- kulturelle Haltung und um Fragen nach Identität“. werb bringen wird, der nur ein Gewinn für Parlamentaris- mus und Demokratie sein kann. Der Wind dreht sich. Ins- gesamt scheint es so, als ließe sich die Öffentlichkeit nicht Die AfD saß bei den Sondierungsgesprächen virtuell stets mit am mehr wie früher von den etablierten Parteien und den ton- Verhandlungstisch angebenden Medien steuern – sondern die Bürger suchen nach Alternativen.

Dass die AfD die reale Chance hat, sich als Volkspartei zu etablieren und dabei neben enttäuschten Konservativen, die sich von der Merkel-CDU abgewandt haben, auch in großer Zahl ehemalige SPD-Wähler einsammelt, hat damit zu tun, dass die Sozialdemokraten sich der Zerstörung des nationalen Sozialstaates unter dem Banner von Euro und EU nicht entgegenstellen. Sie überlassen die Nation ande- ren politischen Kräften.

Welche Kräfteverschiebung der neue Bundestag mit sechs statt vier Fraktionen bedeutet, zeigte sich in den geschei- terten Sondierungsgesprächen für ein Jamaika-Bündnis aus Union, Grünen und FDP. FDP-Chef Lindner ließ die Ge- spräche mit einem Knall platzen. Das war auch der neuen Konstellation mit der AfD im Parlament geschuldet. Die AfD saß bei den Sondierungsgesprächen virtuell stets mit am Verhandlungstisch.

Merkels Zuwanderungspolitik hat nicht nur Deutschland gespalten, sondern ganz Europa.

Die CSU steht analog zur FDP unter massivem Druck, weil Dieter Stein ihr bei den Landtagswahlen im Herbst 2018 schwere Ver- luste zu Lasten der AfD drohen. Dass sie so konzessionsbe- Dieter Stein ist Gründer und Geschäftsführer der Wo- reit gegenüber den Grünen war und sich von der FDP den chenzeitung Junge Freiheit und ihrer angeschlossenen Schneid abkaufen ließ, kann sich rächen. Projekte. Er ist Mitglied der Freiburger Hochschulgilde Balmung (Mitglied in der Deutschen Gildenschaft).

33 1 / 2018 Totengedenken an der Grünen Tanne in Jena anlässlich des 2. Burschentages der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft am 28. September 2017 von Stefan Dobner Meine Damen und Herren, die Allgemeine Deutsche Burschenschaft betont in ihrer jüngst verabschiedeten Gründungsverfassung in besonderer Weise ihre geistige Nähe zu unseren Gründungsvätern der Urburschenschaft, die vor mitt- lerweile 202 Jahren an diesem Ort – hier in Jena, hier in der Grünen Tanne – die Burschenschaft gründeten.

Jene Urburschenschaft verabschiedete vor nahezu auf den Für diese Einheit Deutschlands, für dieses Vater- Tag genau 200 Jahren, am 18. Oktober 1817, auf der Eise- land haben alle von uns, welche die Waffen noch nacher Wartburg die urburschenschaftlichen Grundsätze, nicht tragen konnten, mit allen frommen und ehrli- die bis heute für jeden Burschenschafter die geistige und chen Frauen und Jungfrauen, Greisen und Männern ideelle Grundlage bilden. In jenen Grundsätzen finden sich zu Gott um Rettung und Segen gefleht. neben den bereits sehr konkret dargestellten Werten der Urburschenschaft, die im Wesentlichen unseren bis heute Um die Dankbarkeit gegen die Kämpfer nicht zu verges- gültigen Wahlspruch – Ehre, Freiheit, Vaterland – beinhal- sen, welche für die Befreiung des Vaterlandes gefallen ten, eine ganze Reihe von Forderungen, wie diese unsere sind oder geblutet haben, und um des Sieges, den Gott burschenschaftlichen Werte in Universität, Staat und Gesell- uns durch sie geschenkt hat, eingedenk zu bleiben, und schaft umgesetzt werden könnten. um den Gedanken an das eine Vaterland gemeinsam zu erneuern, ist es Pflicht jedes frommen und ehrlichen deut- Aber die ersten Artikel der 200 Jahre alten Wartburg-Grund- schen Mannes und Jünglings, er mag im Palast wohnen sätze sind nicht den großen Werten alleine gewidmet, son- oder in der Hütte, den 18. Oktober zu feiern. dern sind ein kurzer Blick zurück auf die dritte Wiederkehr des Jahrestages, an dem sich erstmals auf deutschem Bo- Könnte diese Feier je wieder aufhören, und könnte zugleich den junge Studenten in einem Freikorps, heute würden wir die Dankbarkeit gegen diejenigen, durch welche Gott uns sagen, DEM Freikorps, dem Lützower Freikorps zusammen- gerettet hat, in Deutschland erlöschen, und könnte des Sie- schlossen, um als freie Männer für die Einheit und vor allem ges an diesem großen Tage mit Gleichgültigkeit gedacht für die Freiheit aller Deutschen zu kämpfen. Viele von ihnen werden, so würden die Deutschen wert sein, von Neuem ließen ihr Leben in diesem Kampf und so sind die ersten unter das Joch eines fremden Zwangherren zu kommen.“ Gedanken der Grundsätze all jenen Brüdern und Freunden gewidmet, die für die Freiheit ihr Kostbarstes gaben: ihr Le- „Wir starben, damit ihr Leben könnt“ ist die Mahnung der ben! Toten, der wir uns erinnern und der wir uns verantwor- Sie gaben ihr Kostbarstes: ihr Leben. Ist dieser Satz nicht tungsvoll verpflichtet sehen, den burschenschaftlich fun- ein Widerspruch? Offenkundig sahen diese unsere Gründer etwas, das ihnen kostbarer war als ihr Leben: die Freiheit, dierten Kampf für Frieden, Freiheit und Einheit der Deut- die Freiheit für sich, ihre Familien. Ja, Freiheit für das ganze schen ebenfalls anzunehmen. Volk und für dessen Einheit.

Vergesst uns nicht! Und noch wichtiger: Vergesst jene ihre Diese ersten Artikel unterstreichen: Bei aller Forderung … Nein! Jene UNSERE Brüder nicht, die 1813 bei der Völker- nach Weitsicht, Verzicht und Wertetreue wird das Geden- schlacht bei Leipzig ihr Leben gaben, damit ihre deutschen ken an die Gefallenen des Kampfes für Einheit und Freiheit Epigonen, also wir, in Frieden und Freiheit leben können. betont: „Vergesst uns nicht und haltet unser Opfer stets in Die Verfasser der Wartburggrundsätze schreiben dazu in Ehren“, so lautet die Forderung, die die Verfasser der Wart- den Grundsätzen zwei, drei und vier wie folgt: burg-Grundsätze stellvertretend für die Toten, die ihr Leben für die Ideale der burschenschaftlichen Bewegung ließen, „Für die Einheit Deutschlands, für dieses Vaterland in diese Grundsätze aufgenommen haben und uns damit sind alle diejenigen gefallen, welche, aus welchen diese Ehrenpflicht buchstäblich ins Stammbuch geschrie- Gauen sie auch gewesen sein mögen, in dem Ret- ben haben. tungskampf von 1813 ihren Tod gefunden haben. Aber auch allen Burschenschaftern, die – und sei es nur Für diese Einheit Deutschlands, für dieses Vater- durch eine lebenslange Mitgliedschaft – bis zum Ableben land haben die Edelsten aller deutschen Länder der burschenschaftlichen Bewegung die Treue gehalten und Staaten gekämpft, durch welche Gott uns ge- haben und von uns gegangen sind, soll gedacht werden. rettet hat. Dies erklärt, warum bis heute auf großen Bundes- und Verbandsveranstaltungen das Totengedenken eine der Für diese Einheit, für dieses Vaterland sind dieje- wichtigsten und zentralsten Institutionen darstellt und der nigen von uns, denen Alter und Kraft es möglich jährliche, staatliche Volkstrauertag zu den hochoffiziellen machte, die Waffen zu tragen, ins Feld gezogen, Veranstaltungen eines jeden Burschenschafters gehört. welche Farbe auch die Fahne zeigen mochte, der Diese Gedenken erinnern uns Burschenschafter – aber wir folgten. auch unsere Gesellschaft daran –, dass Generationen vor

34 Burschentag 2017 Der Burschenschafter uns sich jahrhundertelang durch Kriege, Seuchen und Nöte de Säkularisation der westlichen Gesellschaft steht hierzu zu kämpfen und stets das Bild prägend vor Augen hatten, heute nicht im Widerspruch, da dieser Prozess der Säkula- dass es die folgende Generationen besser haben sollten risation nur in christlich geprägten Ländern zu beobachten und diese in Frieden und Freiheit leben sollen. „Wir starben, ist. Dies hängt unmittelbar mit der maßgeblichen christli- damit ihr Leben könnt“ ist daher die Mahnung der Toten, der chen Lehre zusammen, denn in anderen Religionen gibt wir uns erinnern und der wir uns verantwortungsvoll ver- es die Vorstellung von einer freien Glaubensentscheidung pflichtet sehen, den burschenschaftlich fundierten Kampf in diesem Maße nicht und dementsprechend auch keine für Frieden, Freiheit und Einheit der Deutschen ebenfalls Säkularisation. Ganz im Geist dieser Entscheidungsfreiheit anzunehmen. sind demnach aber eine Befassung mit diesem Thema so- wie die Suche nach Gott in jedem Fall urburschenschaft- Dies gilt in allererster Linie für den geistigen Kampf, aber lich fundiert. Es ist aus diesem Grund nicht verwunderlich, eben nicht nur. Im äußersten Fall bedeutet dies im Sinne dass gerade vor der aktuellen Entwicklung einer durch der burschenschaftlichen Grundsätze, den Freiheitskampf Zuwanderung wachsenden multireligiösen Gesellschaft in mit aller Anstrengung zu führen, notfalls im wehrhaften Sin- Deutschland die Frage nach der Bedeutung des christli- ne freier Männer auch militärisch, wie es heute etliche unse- chen Wertefundaments für die europäische und deutsche rer Verbandsbrüder als Soldaten der Bundeswehr in ihrem Identität sowie des daraus abgeleiteten Freiheits- und Va- täglichen Dienst und in ihren zahlreichen Einsätzen tun. Die terlandsverständnisses wieder im Raum steht und sich Teile Liste der Gedenken lässt sich seit der Völkerschlacht wei- der Bevölkerung wieder vermehrt mit der christlichen Lehre terführen: Seien es die Opfer bei Revolten und Revolutio- befassen. nen für die Freiheit, bei den Einigungskriegen in der zwei- ten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, die Aufstände gegen autoritäre Regime auf deutschem Boden, am 20. Juli Die Allgemeine Deutsche Burschenschaft bekennt sich aus- 1944 durch die Gruppe um Claus Schenk Graf von Stauffen- drücklich in ihrer Verfassung zu diesem christlichen Erbe. berg oder am 17. Juni 1953 in der Sowjetischen Besatzungs- zone. Zuletzt waren es die tapferen Helden der friedlichen Revolution im November 1989, die in Leipzig und vielen an- Die Allgemeine Deutsche Burschenschaft bekennt sich deren Städten auf dem Boden der DDR erfolgreich einstan- ausdrücklich in ihrer Verfassung zu diesem christlichen den für den Kampf für Einheit und Freiheit der Deutschen. Erbe und nimmt darauf Bezug, obgleich ganz im Sinne die- ses christlichen Fundaments die lohnende Suche nach Gott Das tradierte geistige, kulturelle und historische Vermächt- jeder Burschenschafter selbst und aus freiem Willen ent- nis unserer Vorfahren ist daher in Ehren zu halten, zu pfle- scheiden und anstreben kann. Zum burschenschaftlichen gen und wir nehmen es in Demut und Dankbarkeit als Erbe gehört diese Lehre aber unbestreitbar und ist kein Verpflichtung an, dieses Erbe auch unseren Nachkommen Anachronismus. weiterzugeben. Dessen besinnen wir uns daher bei dem Totengedenken auf staatlicher Ebene am Volkstrauertag Vergesst uns nicht! Vergesst nicht jene, die für unsere Ein- und dem auf Verbands- und Bundesebene, das wir nach heit und Freiheit starben. dem Vorbild unserer Grundsätze zu Beginn unserer inhalt- lichen, burschenschaftlichen Arbeit und gesellschaftlicher Fröhlichkeit des jährlichen Burschentages stellen.

Die Urburschenschafter hatten einen starken religiösen, christlichen Glauben an Gott.

Ein weiteres subtiles Merkmal fällt beim Lesen dieser eben zitierten Wartburg-Grundsätze auf, das immer wieder zu Recht von Burschenschaftern aufgegriffen wird und ich da- her keinesfalls übergehen möchte: Die Urburschenschafter hatten einen starken Glauben an Gott. Gleich mehrfach und vor allem gleich zu Beginn der Grundsätze und innerhalb Stefan Dobner der Beschlüsse stellen die Verfasser der im Anschluss ver- abschiedeten Grundsätze einen Bezug zu Gott her und ru- Stefan M. Dobner ist seit Jahren in verschiedenen Be- fen zur Einheit der Konfessionen ganz im Geist der Einheit reichen unternehmerisch tätig. Er war 2011 Sprecher der der Deutschen auf. Die Suche nach der Wahrheit, die seit DB sowie von 2013 bis zur Verbandsgründung 2016 der der griechischen Antike viele philosophisch geprägte Men- Vorsitzende des Verbandsgründungsausschusses und schen umtreibt, ist für viele auch verbunden mit der Frage bekleidet aktuell in der ADB das Amt eines Verbandsra- nach dem Höchsten, nach der letzten Antwort. Die spätes- tes. Er ist zudem Altherrenvorsitzender der Münchener tens seit der Aufklärung und dem Deismus einhergehen- Burschenschaft Arminia-Rhenania.

35 1 / 2018 Tätigkeitsbericht der Vorsitzmannschaft der Saarbrücker Burschenschaft Germania von Sebastian Ambos, Matthias Sambale und Peter Wagner

„Dieser Schuss muss sitzen!“, beschwor uns Ver- bandsbruder Stefan Dobner im Verbandsgrün- dungsprozess. Und in unseren Augen hätte der Schuss der Verbandsgründungstagungen und des unvergesslichen Gründungsburschentages 2016 nicht viel besser sitzen können.

Der Gründungsprozess des Verbandes startete nach dem Jahr 2012, als dutzende Burschenschaften ohne verband- liche Heimat dastanden. Erklärtes und ehrgeiziges Ziel war es, einen Verband zu gründen, der unverwässert die Prinzipien der Urburschenschaft verinnerlicht und aus den gerechtfertigten organisatorischen Kritikpunkten an- derer Verbände lernt. Der Verband soll seinen Mitglieds- burschenschaften Halt, Identität und Beständigkeit in der Sache, aber auch einen konstruktiven Austausch bieten. Gleich zu Beginn legten wir uns darauf fest, dass es neben Er soll (wieder) ein verbandsübergreifendes gegenseitiges dem Burschentag zwei weitere Verbandsveranstaltungen Vertrauen schaffen, welches es ermöglicht, voneinander zu geben sollte: Eine Verbandstagung mit politischem An- profitieren. Er ist dabei kein Selbstzweck. Seine Existenz spruch im Hochschulort der Vorsitzenden, eine weitere Se- rechtfertigt sich durch den Mehrwert auf drei Ebenen: für minartagung zur Stärkung des Zusammenhalts, zur internen den einzelnen Burschenschafter, den einzelnen Mitglieds- Vernetzung und für einen konkreten Mehrwert für den Ver- bund und unser Vaterland. band. Unter dem Thema „Deutschland 2030“ war es unser Anliegen, zur Verbandstagung 2017 in Saarbrücken ganz Die Satzung und die gelebte Realität im Verband bezeugen den unver- gezielt und mit dem Blick nach vorne aktuelle und in der Zu- kunft relevante Themen, Chancen und Risiken im Verband wässerten burschenschaftlichen Charakter der Allgemeinen Deutschen zu besprechen. Trotz kurzfristiger Programmanpassungen Burschenschaft. im Vorfeld der Tagung aufgrund gesundheitsbedingter Ab- sagen gelang es uns, ein konsequentes und schlüssiges Die intensive Vorbereitung von mehr als drei Jahren und Konzept zu entwickeln, das nach unseren Rückmeldungen bei sechs Verbandsgründungstagungen hat gemeinsame auf viel Zuspruch stieß. Nach Impulsvorträgen mit anschlie- Werte und den gemeinsamen Nenner definiert, Anforde- ßenden Diskussionsrunden übernahmen Mitglieder der rungen an den Verband eruiert und die Möglichkeit ge- Vorsitzenden jeweils eine Arbeitsgruppe zu den Themen schaffen, Vertrauen aufzubauen. An diesem Weg war eine „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“, „Deutschland, Europa Heerschar an Burschenschaftern und Verbandsbrüdern be- und die Welt“, „Innenpolitik, Sicherheit und Migration“ so- teiligt. Im Ergebnis ist der junge Verband in den zeitlosen wie „Digitalisierung, Arbeiten und Lernen“. Die mehr als 150 burschenschaftlichen Werten fest verwurzelt und sieht sich angereisten Verbandsbrüder und eine Vielzahl an interes- ganz explizit als konstruktiven Teil der deutschen Gesell- sierten Gästen verbrachten so bei bestem Wetter drei Tage schaft. Er setzt sich aber zudem gegen den herrschenden in Saarbrücken, die von konstruktiven Debatten und freund- Zeitgeist und für die Zukunft unseres Vaterlandes ein. Die schaftlichem Umgang miteinander geprägt waren. Wir spür- von der Vielzahl an engagierten Verbandsbrüdern mitfor- ten, dass jeder Teilnehmer Lust hatte sich einzubringen und mulierte Satzung und die gelebte Realität im Verband be- neugierig auf den Verband war. zeugen den unverwässerten burschenschaftlichen Charak- ter der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft. Transparenz und Engagement sind in unseren Augen die Grundpfeiler Das Gründungswochenende im Oktober 2016 erzeugte für eine gute Zusammenarbeit im Verband und Garant für den von uns eine motivierende Aufbruchsstimmung, ein sehr positives allen gewünschten Mehrwert. Echo aus unterschiedlichen Richtungen und bestärkte uns als Vorsitzmannschaft darin, die Herausforderungen anzu- gehen und Verantwortung im jungen Verband zu überneh- Diese Atmosphäre hielt auch während der Seminartagung men. in Eitorf im Westerwald an, jedoch mit der Besonderheit, dass hier fast ausschließlich aktive Verbandsbrüder zuge- gen waren, was unserem Charakter als Studentenverband Unter dem Thema “Deutschland 2030” wurden in Saarbrücken sicherlich entgegenkam. Die Tagung zeigte, dass eine aktuelle und in der Zukunft relevante Themen, Chancen und Risiken im große Nachfrage nach dem Austausch über Keilarbeit, Verband besprochen. Erziehung und auch nach der dauerhaften Bindung der Bundesbrüder besteht. Darüber hinaus erarbeiteten wir ein Handbuch für den Umgang mit sozialen Medien und

36 Burschentag 2017 Der Burschenschafter belegten Fechtwarts- und Sekundantenschulungen. Bei gend moderierte Podiumsdiskussion mit Parteivertretern all diesen Seminaren scheuten sich die Verbandsbrüder statt. Eine Woche nach der Bundestagswahl hatten die Zu- nicht, sich gegenseitig „in die Karten schauen zu lassen“ schauer damit die Möglichkeit, Johannes Selle (CDU, MdB), und konnten so voneinander profitieren. Ein solch konst- Dr. Jens Dietrich (AfD, B. Sigambria et Alemannia zu Siegen) ruktiver, offener und ergebnisorientierter Umgang war für sowie Dr. Thomas Nitzsche (FDP) über die Gründe zur Aus- uns ein Beweis, wie gut der Verband mittlerweile zusam- gang der Wahl, Streitpunkte der kommenden Koalitionsver- mengewachsen ist. Des Weiteren war es uns ein wichtiges handlungen und nachhaltigen Wandel in der bundesdeut- Anliegen, die bereits zur Gründung von den Mitgliedsbur- schen Parteienlandschaft referieren zu hören und ihnen schenschaften formulierten und nun durch die Vorsitzende Fragen zu stellen. Der wirklich interessanten und sehr gut aggregierten „Anforderungen an den Verband“ in großer besuchten Podiumsdiskussion taten das Nichterscheinen Runde zu besprechen. Transparenz und Engagement sind von Marcus Pretzell, damals noch AfD, ohne Absage und in unseren Augen die Grundpfeiler für eine gute Zusam- die kurzfristige Absage von Herrn Dr. Florian Toncar (FDP), menarbeit im Verband und Garant für den von uns allen der als parlamentarischer Geschäftsführer leider kurzfristig gewünschten Mehrwert. in Berlin verhindert war, keinen Abbruch. Vertreter von SPD, Grünen und Linkspartei waren leider nicht bereit zu spre- chen. Der alljährliche Burschentag in Jena soll Nukleus unseres Verbandes werden. Gesellschaftlicher Höhepunkt war der Festball mit Galadinner.

Der Burschentag in Jena soll unserer Ansicht nach auch künftig zum Höhepunkt des burschenschaftlichen Kalender- Gesellschaftlicher Höhepunkt des Burschentages stellte jahres werden. Denn dieser hat einen hohen gesellschaft- der Festball mit Galadinner, begleitet vom Orchester Franz lichen, politischen und burschenschaftlichen Anspruch. Er L., dar. Die Verbandsbrüder und die anwesenden Damen soll für Jung und Alt attraktiv sein, die Familien der Ver- verbrachten einen würdevollen Abend zu Klängen der bandsbrüder ansprechen und Nukleus unseres Verbandes 20er Jahre bis heute, genossen das Galadinner und wur- werden. Er kann daher auch kein reiner Antragsmarathon den von Alexander Druckenbrodt (B. der Krusenrotter Kiel) oder eine Delegiertenveranstaltung sein, sondern muss als durch einen wunderbaren Abend begleitet. attraktive Verbandsveranstaltung verstanden werden. Wir entschlossen uns daher ein gesamtes Hotel in Jena (mit- Der Samstag wiederum war zunächst den Konventen samt all seinen Annehmlichkeiten wie Schwimm-, Sauna- vorbehalten. Nachdem sich die Verbandsbrüder auf dem und Wellnessbereiche) zu reservieren und dort auch fast Aktivenkonvent inhaltlich über Hochschulpolitik und die alle Veranstaltungen des Burschentages vom 28. Septem- zukünftige Zusammenarbeit im Verband zu diesem Thema ber bis 1. Oktober durchzuführen. austauschten, standen zum Generalkonvent Satzungs- und Ordnungsverhandlungen sowie Wahlen an. Trotz einer Den Auftakt stellte die Kranzniederlegung am Langemarck ​ Vielzahl an Anträgen verliefen die Verhandlungen außer- Denkmal in Eisenach dar. Viele Verbandsbrüder hatten be- ordentlich konstruktiv, auch in kontroversen Punkten. Eine reits zum Gründungsburschentag im Vorjahr die Möglich- Tatsache, die insbesondere die älteren Verbandsbrüder keit genutzt, auf dem Weg nach Jena auch das Burschen- durch den Unterschied zu Burschentagen der Vergan- schaftsdenkmal in Eisenach zu besuchen, sodass wir die genheit, positiv überraschte. Die Tatsache, dass sich eine Gelegenheit am Schopfe griffen und in diesem Jahr auch große Zahl der Verbandsbrüder für die Ämter der Aktiven- diesen wichtigen Ort in das offizielle Programm des Bur- verbandsräte zur Wahl stellte, stimmte ebenfalls positiv und schentages einbanden. Am Abend fand das Totengeden- zeigt das hohe Engagement innerhalb des gesamten Ver- ken vor der Grünen Tanne statt, welches seinen würdigen bandes. Charakter durch zwei engagierte Trompeter und insbeson- dere durch die bewegende Totenrede von Stefan Dobner (Münchener B. Arminia-Rhenania) erhielt. Begleitet wurde Zirka 90 Verbandsbrüder chargierten auf dem würdevoll verlaufenden das Totengedenken durch die anwesenden Chargenab- Kommers. ordnungen der Verbandsburschenschaften, gefolgt vom Begrüßungsabend in der Grünen Tanne. Der den Konventen folgende Kommers verlief ebenfalls sehr würdig und zählte viele Besucher, darunter auch ei- Vertreter von AfD, CDU und FDP diskutierten auf dem Burschentag u. nige nicht korporierte Gäste. Darüber hinaus fanden sich a. über die Gründe des Ausgangs der Bundestagswahl. etwa 90 chargierende Verbandsbrüder unter dem großen Banner der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft auf der Bühne wieder. Höhepunkt des Kommerses stellte der Der Freitag begann mit Sport- und Freizeitaktivitäten, da- Beitrag unseres Festredners Gerhard Schindler (Saarbrü- runter die Fechtmeisterstunden, sowie einem Fußballtur- cker B. Germania) dar. Er bekleidete in seinem beruflichen nier. Am gleichen Tag fand zudem die von Dr. Philip Plickert Leben einige verantwortungsvolle Ämter, unter anderem (Münchener B. Arminia-Rhenania) gestaltete und hervorra- war er von 2011 bis 2016 Präsident des Bundesnachrichten-

37 1 / 2018 dienstes, und klärte die Anwesenden über den für unsere Netzwerk und Fechten. Letzterer wurde kürzlich neu ge- freie Gesellschaft unabdingbaren „nachrichtendienstlichen gründet. Das Engagement von Verbandsbrüdern, die kein Mehrwert“ auf. Die Festrede finden Sie ebenfalls in dieser offizielles Mandat innehaben und trotzdem zum Wohle des Ausgabe des „Burschenschafters“. Verbandes mit anpacken, ist bemerkenswert und überaus wichtig. Auf dem Festakt zum 200. Jubiläum des Wartburgfestes von 1817 referierte der Historiker, Autor und Publizist Dr. Gerd Fesser. Als Vorsitzmannschaft ohne jegliche Verbandserfahrung haben wir in den vierzehn Monaten von Oktober 2016 bis Januar 2018 auch einige neue und sicherlich unkonventio- nelle Ansätze für die Verbandsarbeit eingebracht. Direkte Der Festakt zum 200. Jubiläum des Wartburgfestes von Kommunikation, den Fokus auf „so wenig Bürokratie wie 1817 fand am Sonntag des Burschentagwochenendes statt. möglich und so viel wie nötig“, eine ergebnisorientierte und Neben Wortbeiträgen des Verbandssprechers Matthias arbeitsgruppenbasierte Verbandstagung sowie eine Semi- Sambale und des designierten Verbandssprechers Mark nartagung, bei der wir offen unsere Öffentlichkeits- oder Junker (Aachener B. Teutonia) wurde der Festakt durch ein Fuxenarbeit diskutierten, waren gerade für die Bünde un- Streichquartett würdevoll begleitet. Unter anderem hörten gewohnt, die in den letzten Jahren federführend in ande- die Teilnehmer Richard Wagners „Tannhäuser Ouvertüre“, ren Verbänden agierten. Mit dem uns entgegengebrachten ein Arrangement um die Melodie des allseits bekannten, Vertrauen und der großen Unterstützung des Verbandsaus- studentischen Liedes „Gaudeamus Igitur“ sowie die ersten schusses und anderer erfahrener Verbandsbrüder, konnten beiden Sätze des „Kaiser-Quartetts“ Joseph Haydns, des- wir zudem vor manchem, unserer fehlenden Verbandser- sen Melodie 40 Jahre später im Deutschlandlied verwen- fahrung geschuldetem Fehler bewahrt werden. Wir stehen det wurde. Der Hauptredner des Festaktes, der Historiker, so der Zukunft des Verbandes äußerst positiv gegenüber. Autor und Publizist Dr. Gerd Fesser, griff in seiner Rede die Die Allgemeine Deutsche Burschenschaft wird von ver- Hintergründe der Gründung der Urburschenschaft 1815 und bandsfreien Burschenschaften wahrgenommen. So veran- des Wartburgfestes von 1817 auf. Er referierte über die da- stalteten wir allein im letzten Semester zahlreiche Vorstel- mals 17- bis 22-jährigen Studenten, die als Lützower Jäger lungsvorträge bei diesen. Einige Eintrittsgesuche stehen in und Veteranen der Freiheitskriege zusammen mit ihren den nächsten Jahren an, welche sorgfältig geprüft werden. Professoren gegen die Unfreiheit und Fragmentierung des Zudem hat sich durch den Erfahrungsaustausch und die Vaterlandes aufbegehrten, indem sie die zeitlosen „Grund- Zusammenarbeit im Verband auch einiges in den Mitglieds- sätze und Beschlüsse des 18. Oktobers“ formulierten, wel- bünden getan, sodass wir bis auf wenige Aufnahmen deut- che sich später fast im Wortlaut in den demokratischen lich steigende Mitgliedszahlen in den Aktivitates vorweisen deutschen Verfassungen wiederfanden. Die vollständige können. Ein weiterer Indikator für die positive Zukunft ist die Festrede steht im Internet auf der Seite der Allgemeinen in den letzten Jahren stetig steigende Zahl der Partien im Deutschen Burschenschaft zur Verfügung. Verband und im Allgemeinen.

Wir danken allen Verbandsbrüdern, Gästen und Damen Wir bedanken uns herzlich für das uns entgegengebrachte herzlich für ihre Teilnahme und die große Unterstützung am Vertrauen und freuen uns auch in Zukunft mit Ihnen für un- Burschentag 2017 in Jena und freuen uns bereits auf die sere Bünde, unseren Verband und unser Vaterland gemein- gemeinsamen Verbandsveranstaltungen der kommenden sam anzupacken. Jahre!

Zwischen Webseite, sozialen Medien, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit wurden Geschäfts-, Schieds-, Beireitungs- und Reisekostenordnungen erstellt, interne Kommunikationswege und ein Wissensmanagement etabliert. Und noch viel mehr!

Doch auch zwischen den wirklich gut besuchten Verbands- veranstaltungen blieb die Verbandsführung der Allgemei- nen Deutschen Burschenschaft nicht untätig. Zwischen Webseite, sozialen Medien, Presse- und Öffentlichkeits- arbeit wurden Geschäfts-, Schieds-, Beireitungs- und Rei- sekostenordnungen erstellt, interne Kommunikationswe- ge und ein Wissensmanagement etabliert und getestet, wurde eine Vielzahl an Vorträgen bei interessierten Bur- schenschaften gehalten und es wurden einige Verbands- burschenschaften besucht. Hierbei unterstützten uns der Verbandsausschuss und viele weitere, sehr engagierte Ver- bandsbrüder in hohem Maße. Wir begrüßen und unterstüt- zen zudem mit großer Freude die Arbeit der Arbeitskreise

38 Burschentag 2017 Der Burschenschafter Der nachrichtendienstliche Mehrwert von Gerhard Schindler

Ich freue mich sehr, heute Abend hier zu sein. Als ich im Oktober 1974, also im vergangenen Jahrtausend, in die Saarbrücker Burschenschaft Germania eingetreten bin, hätte ich mir eine solche Situation wie jetzt niemals vorstellen können. Nämlich dass „meine“ Germania einmal Vor- sitzende eines Verbandes ist und ich dann auch noch auf dem Festkom- mers einige Worte zum Bundesnachrichtendienst sagen darf.

Lassen Sie mich daher zuallererst meinen jungen Bundes- Politikwissenschaftlich lassen sich diese Entwicklungen, brüdern danken für ihren Einsatz, worauf ich stolz bin. Und diese vielen Instabilitäten eigentlich leicht erklären. Hierar- nur weil es „meine“ Germania ist, stehe ich jetzt hier. Ich chische Systeme, man kann auch bisweilen von diktatori- mache das sonst nicht so gerne, weil ich natürlich noch schen oder quasi-diktatorischen Systemen sprechen, beru- der Geheimhaltungspflicht unterliege und daher eigentlich hen im Wesentlichen auf drei Säulen, nämlich nichts sagen kann. Ich bitte deshalb um Verständnis, dass • erstens auf Repression, vor allem durch den Sicher- ich mich weitgehend an der Oberfläche bewegen werde. heits- und Militärapparat, • zweitens auf Legitimität, damit ist aber keine demokra- Die meisten Konflikte finden wir im sogenannten Krisenbogen, näm- tische Legitimität gemeint, sondern die Anerkennung lich von Nordafrika über den Nahen und Mittleren Osten bis hin nach durch die Bevölkerung, warum auch immer diese Aner- Pakistan und Afghanistan. kennung erfolgt, zum Beispiel durch gute Staatsführung oder militärische Erfolge, • und drittens auf Effektivität, das heißt die Fähigkeit, für Als Titel habe ich gewählt: „Der nachrichtendienstliche Wohlfahrt und Perspektiven zu sorgen. Mehrwert“. Das ist – typisch nachrichtendienstlich – kryp- tisch und hinreichend unbestimmt. Darunter kann man so Wenn nur noch eine Säule übrig bleibt, in aller Regel ist das ziemlich alles subsumieren und darüber kann man auch die Repression, dann geraten diese Systeme massiv ins stundenlang reden. Heute soll es kurz sein und deshalb will Wanken. ich Ihnen gleich zu Beginn meine Botschaft übermitteln: Beim sogenannten Arabischen Frühling, der ja im Dezem- Wenn Sie am Ende meiner Rede das Gefühl haben – nicht ber 2010 mit der Selbstverbrennung eines jungen arbeits- die Gewissheit, das Gefühl reicht –, so schlecht ist es ei- losen Akademikers in Sidibouzid südlich von Tunis begann, gentlich gar nicht, dass man einen Auslandsnachrichten- konnte man das Kippen der Systeme quasi lehrbuchartig dienst hat, dann habe ich das Ziel meiner heutigen persön- anhand dieses Modells nachverfolgen. Man kann anhand lichen Mission erreicht. dieses Modells im Übrigen auch erklären, warum es Stabi- lität gibt, warum zum Beispiel Marokko relativ unbeschadet Gefährdungen, Bedrohungen der Sicherheit unseres Lan- geblieben ist. In Marokko besteht nämlich neben der Re- des gibt es reichlich! Wenn Sie einmal das Weltgeschehen pression die starke Säule der Legitimität. Der König ist nicht der letzten Jahre fünf bis zehn Jahre Revue passieren las- nur Monarch – und schon deshalb legitimiert –, er ist auch sen, dann werden Sie feststellen, dass eine Krise nach der geistliches Oberhaupt des Landes unter Berufung auf seine anderen hinzukam, aber keine Krise nachhaltig gelöst wur- Abstammung vom Propheten. Er hat also einen deutlichen de. Legitimitätsvorteil. Und so kann man Land für Land durch- gehen und das Interessante ist, dieses Modell funktioniert! Die meisten Konflikte finden wir im sogenannten Krisenbo- gen, so nennen wir das, nämlich von Nordafrika über den Nahen und Mittleren Osten bis hin nach Pakistan und Afg- Und immer dann, wenn die Sicherheitslage kippt und die Wirtschafts- hanistan. Und wenn Sie das auf der Weltkarte einmal nach- daten in den Keller gehen, haben wir es mit erstarkenden „Push-Fak- verfolgen, so macht dies einen Bogen – den Krisenbogen. toren“ zu tun, die die Verdrängung der Menschen aus ihrer Heimat Man braucht nur die Namen der Staaten zu nennen und befördern. Und die meisten von ihnen wollen nach Deutschland. schon hat man Bilder vor Augen, die alles andere als gut sind: Algerien, Libyen, Tunesien, Ägypten, Syrien, Irak, Liba- non, Türkei, Iran, Jemen und, und, und … . Eine Krise nach der anderen, eine Instabilität nach der anderen. Insbesondere die Migrationswelle im Jahr 2015 hat mehr als deutlich gemacht, wie eng wir in Deutschland, in der Mit- te Europas, mit diesen Instabilitäten verwoben sind. Wenn nur noch eine Säule der hierarchischen Systeme übrig bleibt, in aller Regel ist das die Repression, dann geraten diese Systeme massiv ins Wanken. 39 1 / 2018 In vielen Ländern des Krisenbogens ist nicht nur die Si- Ableger, der Al-Nusra-Front, oder mit der „Al Qaida auf der cherheitslage prekär und Grund für tausendfache Migrati- arabischen Halbinsel“, so nennt sie sich im Jemen. on. Vielfach ist auch die humanitäre Lage katastrophal, so dass Flucht als einziger Ausweg erscheint. Syrien ist dafür Obwohl Islamischer Staat und Al Qaida sich lokal, vor Ort, ein Paradebeispiel. Dort herrscht ein Flächenbrand. Das bisweilen bekämpfen, sind sie leider keine echten Konkur- Land ist trotz der militärischen Erfolge des Assad-Regimes renzorganisationen, die sich gegenseitig schwächen wür- zerstückelt und über weite Strecken zerstört. Der Irak ist den. Im Gegenteil, sie ergänzen sich geradezu. Al Qaida faktisch dreigeteilt, in einen schiitischen, sunnitischen und spricht bei Rekrutierungen die etwas Intelligenteren an, so- kurdischen Teil. Trotz der militärischen Erfolge gegen die weit man in diesem Zusammenhang von Intelligenz reden Terrororganisation Islamischer Staat ist eine gemeinsame kann. Die mehr bauchgesteuerten finden ihren Weg zum politische und wirtschaftliche Perspektive nicht in Sicht. In Islamischen Staat, zum IS. Al Bagdahdi, der Führer des IS, Libyen droht der weitere politische und wirtschaftliche Zer- der möglicherweise bei den Kämpfen in Syrien ums Leben fall des Landes. Loyalität besteht in Libyen gegenüber dem gekommen ist, hat dabei eine clevere Motivationsidee, eine Clan und nicht gegenüber dem Staat. Fehlende Loyalität, geschickte Werbeidee kreiert. bewaffnete Milizen und Kriminalität sind daher die Vorboten des Staatszerfalls. Afghanistan steht vor einer Abwärtsspi- Wir haben die Hauptgruppe davon MMG genannt, nämlich die Abkür- rale. Die politische Lage stagniert, die wirtschaftliche Lage zung für „männlich, muslimisch, gescheitert“. geht nach unten und terroristische Gruppen rücken an die urbanen Zentren heran. In etlichen anderen Ländern des Krisenbogens sieht es nicht wesentlich besser aus. Und Während Al Qaida das Ziel propagiert, dass am Ende des immer dann, wenn die Sicherheitslage kippt und die Wirt- langen und entbehrungsreichen Kampfes das gelobte schaftsdaten in den Keller gehen, haben wir es mit erstar- Land, das Kalifat, entsteht, hat Al Bagdahdi im Jahre 2014, kenden „Push-Faktoren“ zu tun, die die Verdrängung der quasi hier und heute, das Kalifat ausgerufen und damit eine Menschen aus ihrer Heimat fördern. Und die meisten von ungeheure Faszination auf Tausende verwirrter Menschen ihnen wollen nach Deutschland. in der ganzen Welt ausgeübt. Mehr als 25.000 Menschen, annähernd 1.000 aus Deutschland, sind seinem Ruf gefolgt Obwohl Islamischer Staat und Al Qaida sich lokal, vor Ort, bisweilen und in das Kalifat gezogen. Wir haben die Hauptgruppe bekämpfen, sind sie leider keine echten Konkurrenzorganisationen, davon MMG genannt: „Männlich, muslimisch, gescheitert“. die sich gegenseitig schwächen würden. Im Gegenteil, sie ergänzen Das ist zugegebenermaßen plakativ, aber es beschreibt die sich geradezu. Realität ganz gut. Und auch wenn das Kalifat in Syrien und im Irak räumlich endgültig zerschlagen sein sollte, so ist die Terrorgefahr Allein im Jahr 2015 sind deutlich mehr unbegleitete mus- durch den IS längst nicht gebannt. Vielmehr muss damit ge- limische junge Männer nach Deutschland gekommen als rechnet werden, dass der IS den Kampf dann noch mehr als die Personalstärke der gesamten Bundeswehr. Aber aus bisher in die Welt hinaus tragen wird. Und dafür stehen ihm diesen Regionen kommt nicht nur hoher Migrationsdruck. ja die vielen Kämpfer aus aller Welt mit ihren Ortskenntnis- Auch die erschreckenden Entwicklungen im Bereich des sen und heimatlichen Netzwerken zur Verfügung. internationalen Terrorismus, des islamistischen Terrorismus, lassen sich auf diese instabilen Gebiete zurückführen. Da- bei geht es nicht nur um die Terrororganisation „Islamischer Es geht nicht nur um die Stabilität dieser Regionen, sondern um siche- Staat“. Wenn man das überhaupt steigern kann, dann ist sie re Handelsrouten, um sichere Energieversorgung und leider immer allerdings die brutalste, die menschenverachtendste Terror- gruppierung der Welt. Und für viele Menschen ist sie immer wieder auch um Entführungen deutscher Staatsangehöriger. noch die Hölle auf Erden. Aber auch Al Qaida ist noch aktiv, im Kernland Afghanistan, oder in Syrien mit ihrem dortigen

40 Burschentag 2017 Der Burschenschafter Es geht in diesem Zusammenhang auch um die Ausland- Wenn man sich diesen Bedrohungen stellen will, sei es mi- seinsätze der Bundeswehr in diesen Regionen. Fast 3.400 litärisch, sei es diplomatisch oder sicherheitspolitisch, dann Bundeswehrsoldaten befinden sich derzeit in solchen Ein- braucht man vor allem eines: Informationen, Informationen, sätzen im Ausland: Informationen. Die Bundesregierung erwartet daher zu Recht von ihrem Auslandsnachrichtendienst konkrete Lag- • Rund 1.000 Soldatinnen und Soldaten sind noch in einformationen. Afghanistan, • der derzeit wahrscheinlich gefährlichste Einsatz findet Der Bundesnachrichtendienst ist der einzige Auslands- mit etwa 800 Kräften im Norden Malis statt, nachrichtendienst in Deutschland. Die anderen Nachrich- • eine wichtige Ausbildungsmission läuft zurzeit für die tendienste, also das Bundesamt für Verfassungsschutz und Peschmerga im Nordirak, in Kurdistan. auch der Militärische Abschirmdienst, sind Inlandsdienste. Die gut 6.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BND, Es geht aber nicht nur um die Stabilität dieser Regionen rund 800 davon sind Soldatinnen und Soldaten, haben im bzw. von Regionen, deren Instabilität den Wirtschaftsriesen Gegensatz zu den Inlandsdiensten einen Auslandsauftrag. Deutschland treffen würde. Es geht auch um sichere Han- Sie haben den Auftrag, Erkenntnisse über das Ausland zu delsrouten, denken Sie an die Piraterie am Horn von Afrika, gewinnen, die von außen- und sicherheitspolitischer Be- es geht auch um sichere Energieversorgung und leider im- deutung sind. So steht es im BND-Gesetz. mer wieder auch um Entführungen deutscher Staatsange- höriger in den Krisenregionen. Bei uns glauben nicht wenige, man könne so etwas wie einen saube- Das sind beileibe noch nicht alle Themen, die Sorge be- ren Nachrichtendienst kreieren, indem man innerstaatlich ganz viele reiten. In Russland, in der Türkei, in China und in Indien rechtsstaatliche Korsettstangen einzieht. sind Nationalpopulisten auf dem Vormarsch. Sie setzen im Innern auf klare Machtsicherung und treten nach außen im- mer selbstbewusster auf. Es wird verbal, in Teilen aber auch Lassen sie mich diesen recht weit gefassten Auftrag ein militärisch aufgerüstet. Die neuen, starken Akteure folgen wenig konkretisieren. Auftrag ist zum einen also die Er- anti-westlichen Maximen. Das ist nicht nur eine strategische kenntnisgewinnung über die politische, militärische und Herausforderung, sondern schon heute eine spürbare Be- wirtschaftliche Situation in bestimmten Zielländern, also die lastung bei der internationalen Krisenbewältigung. Dies klassische Spionage. Während in anderen Ländern Spiona- wird besonders deutlich bei der Ukraine-Krise direkt vor ge zugunsten des Vaterlandes eine ehrenvolle Aufgabe ist, unserer Haustür. Kiew ist nur ein wenig weiter entfernt von zum Beispiel in Großbritannien oder Frankreich, sprechen Berlin als Paris. Und klar ist, das ist keine regionale Krise, viele in Deutschland eher verschämt oder gar nicht darüber. sondern eine Weltkrise! Ja bei uns glauben nicht wenige, man könne so etwas wie einen sauberen Nachrichtendienst kreieren, indem man Die Auflistung des Elends der Welt ließe sich leider fort- innerstaatlich ganz viele rechtsstaatliche Korsettstangen führen. Im Internet zum Beispiel tobt ein stiller Krieg. Tag- einzieht, etwa durch parlamentarische oder sonstige Ge- täglich erleben wir IT-Angriffe mit dem Ziel der Spionage nehmigungsverfahren für die Abhörmaßnahme X oder die und manchmal auch der Sabotage. Denken Sie auch an Operation Y. Man kann aber noch so viele rechtsstaatliche die Proliferation von Massenvernichtungsmitteln, an den Korsettstangen im Inland einziehen, im Ausland bleibt Spio- Waffenhandel, an Geldwäsche und Drogenhandel und vie- nage Rechtsbruch! Auch wenn viele es nicht hören wollen, les mehr. Und das Stichwort „Nordkorea“ darf natürlich in bleibt es klar: Der BND verstößt im Ausland gegen dortiges diesem Zusammenhang nicht fehlen. Den Iran hatte ich ja Recht. Völkerrechtlich ist Spionage im Übrigen nicht verbo- eingangs schon erwähnt. ten!

Der Auftrag des BND bei der illegalen Migration zum Bei- Die Bundesregierung erwartet daher zu Recht von ihrem Auslands- spiel hat andere Zielrichtungen. Dort sind unter anderem nachrichtendienst konkrete Lageinformationen. die Fluchtrouten, die Schleuserstrukturen, der Geldfluss und natürlich die Fluchtursachen in den Herkunftsländern von Interesse. Bei der Bekämpfung des Terrorismus geht es um die Reisewege von Terroristen aus Deutschland, die sich zum Beispiel in Syrien dem IS oder anderen Terroro- rganisationen anschließen wollen. Es geht aber auch um belastbare Informationen zu den Rückkehrern, weil diese besonders gefährlich sind. Und natürlich geht es darum, mögliche Anschlagsplanungen nicht nur gegen deutsche Interessen frühzeitig aufzuklären. Bei den Bundeswehrein- sätzen im Ausland ist der BND unter anderem vor Ort mit zuständig für den Schutz der deutschen Soldatinnen und Soldaten, auf neudeutsch genannt „Force Protection“. Da- bei geht es nicht nur um strategische Erkenntnisse, sondern auch um die operativ-taktische Ebene.

41 1 / 2018 Ein Nachrichtendienst gibt sich mit der Gewinnung von Informationen Ohne eigene Erkenntnisse ist man dem Bewertungsrahmen natürlich nicht zufrieden. Er will die Information hinter der Informati- anderer ausgeliefert. on, er will den nachrichtendienstlichen Mehrwert.

Deutschland braucht eigene Erkenntnisse, eigene nach- Der BND muss also nicht nur die Struktur und die Kräfte- richtendienstliche Erkenntnisse, denn sonst ist man abhän- verhältnisse der Taliban in Afghanistan kennen, sondern gig von anderen. Dies möchte ich an zwei Beispielen ver- er muss auch wissen, in welcher Seitenstraße gerade eine deutlichen. Sie sind zwar fiktiv, aber nicht realitätsfern. neue Sprengfalle verbaut worden ist. Mehr als 30 Anschlä- Beispiel eins: An einer fiktiven Grenze zählt ein Nachrich- ge auf deutsche Soldatinnen und Soldaten konnten auf tendienst, sagen wir mal der BND, 100 Panzer. Ein ande- diese Weise seit 2011 in Afghanistan – dank des guten rer Nachrichtendienst zählt 1.000 Panzer. Beide haben ei- Quellennetzes – verhindert werden. Nicht zuletzt war der gentlich Recht, denn Panzer zählen ist einfach. Der BND Bundesnachrichtendienst an der Lösung – teilweise maß- hat allerdings in einem Streifen von 10 Kilometern entlang geblich – von mehr als 30 Entführungsfällen in den letzten der Grenze gezählt, der andere Nachrichtendienst in ei- Jahren beteiligt. nem Streifen von 100 Kilometern. Das ergibt natürlich mehr Den unterschiedlichen Aufgaben ist eines gemeinsam: Es Panzer! Wenn man in Verhandlungen mangels eigener Er- geht um die Gewinnung von Informationen. Offene Quellen kenntnisse nur von den 100 Panzern ausgeht, ist die Gefahr gibt es genug. Ein Nachrichtendienst gibt sich damit natür- falscher Schlussfolgerungen groß. lich nicht zufrieden. Er will die Information hinter der Infor- Beispiel zwei: Ein Dienst, sagen wir der BND, zählt in ei- mation, er will den nachrichtendienstlichen Mehrwert. Das nem fiktiven Staat 1.000 Tonnen Giftgas, ein anderer 2.000. ist der Auftrag! Auch hier können beide wieder Recht haben, denn der Was das bedeutet möchte ich Ihnen anhand einiger Zahlen andere Dienst hat Chlorgas mitgezählt. Chlorgas ist zwar verdeutlichen. Rund 5.000 auftragsrelevante Meldungen giftig, aber kein Giftgas im Sinne des Chemiewaffen-Über- laufen tagtäglich bei den Auswertern ein, jeden Tag rund einkommens. Und eigentlich gibt es Chlorgas in jedem 5.000 Eingänge! Es sind Meldungen aus aller Welt und in Land. Die Beispiele lassen sich beliebig fortsetzen: Wen vielen Sprachen, zum Beispiel Urdu, Farsi, Paschtu oder zählt man eigentlich beim Kräftedispositiv von Terrororga- Dari, das sind die vier Hauptsprachen in Afghanistan. Oder nisationen mit? Nur die Kämpfer oder auch die Unterstützer in Tamascheck, das ist die Sprache der Touareg in Nord-Ma- oder auch die Sympathisanten? Es geht aber nicht nur um li. Die Eingänge werden natürlich elektronisch vereinnahmt Zahlen, sondern auch um Sachverhalte, Geschehensab- und über ein Dokumentenmanagementsystem gesteuert, läufe, Verantwortlichkeiten und vieles mehr. Ich will damit denn jeden Eingang muss man ja später einmal wiederfin- verdeutlichen, ohne eigene Erkenntnisse ist man dem Be- den können. Raus gehen monatlich rund 300 regelmäßige wertungsrahmen anderer ausgeliefert. Das ist alles andere Standardberichte, Lagebilder und Analysen und rund 900 als gut. Und wenn man dies nicht will, braucht man einen konkrete schriftliche Antworten auf konkrete Anfragen aus eigenen Auslandsnachrichtendienst. den Ministerien. Das bedeutet, rund 1.200 Produkte verlas- sen pro Monat den Dienst. Diese Analysen, zum Beispiel Die besten menschlichen Quellen sind daher die, bei denen es nicht zur Lage in der Ost-Ukraine oder in Aleppo in Syrien, sind ums „Geschäft“ geht, nämlich die Selbstanbieter, die aus Überzeu- für die Bundesregierung, für die Ministerien und für die Si- cherheitsbehörden von besonderem Wert – weil sie nach- gung handeln. richtendienstlich unterlegt sind. Die nachrichtendienstliche Informationsgewinnung erfolgt, so heißt es im Gesetz, durch den Einsatz „nachrichten-

42 Burschentag 2017 Der Burschenschafter dienstlicher Mittel“. Das sind insbesondere – aber nicht Man gleicht Lagebilder ab oder fügt Mosaiksteine zusam- nur – menschliche Quellen und technische Aufklärung der men und erhält so ein Gesamtlagebild, das man alleine Kommunikation, also Mensch und Technik. Menschliche nicht hätte erstellen können. Internationale Zusammenar- Quellen zu gewinnen ist nicht nur aufwendig und lang- beit ist daher unverzichtbar geworden, denn kein Nachrich- wierig, sondern auch riskant. Man kann solide Legenden tendienst der Welt ist in der Lage, alleine die Bedrohungen bauen und sonstige Sicherheitsvorkehrungen treffen, ein dieser Welt aufzuklären. Restrisiko bleibt immer. Dafür hat dieser Ansatz große Vor- teile. Eine menschliche Quelle, die gut positioniert ist, kann Bei rund 190 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen ist intelligent und flexibel gesteuert werden. Sie kann vor al- die Zahl 450 noch erklärungsbedürftig. Zum einen arbei- lem über Entwicklungen informieren, bevor diese eintreten. tet der BND nicht nur mit den Auslandsdiensten, sondern Natürlich hat diese Methode auch Schwächen, denn es auch mit den Inlandsdiensten im Ausland zusammen. Zum geht um Menschen. Die können sich irren oder auch ganz anderen gibt es in vielen Staaten bis zu drei Auslandsdiens- bewusst lügen. Bei diesem Geschäft – und die Betonung te, den zivilen, den militärischen und den technischen Aus- liegt auf „Geschäft“ – geht es meistens ums Geld, manch- landsnachrichtendienst, wie zum Beispiel die NSA, die ein mal auch um Medikamente oder andere Dinge. Die besten reiner technischer Dienst ist. Der BND hat alles unter einem menschlichen Quellen sind daher die, bei denen es nicht Dach. Er ist der zivile, der militärische und der technische ums „Geschäft“ geht, nämlich die Selbstanbieter, die aus Auslandsnachrichtendienst in unserem Land und dieses Überzeugung handeln. sogenannte Integrierte Beschaffungssystem hat viele Vor- teile. Nicht zuletzt deshalb steht der BND im internationalen Die technische Aufklärung von Kommunikation ist für Vergleich auch ganz gut da. Nachrichtendienste schon quantitativ von herausragender Bedeutung. Rund die Hälfte der nachrichtendienstlichen Das haben wir aber nicht nur der Organisationsstruktur zu Erkenntnisse des BND beruht auf technischer Kommuni- verdanken, sondern vor allem den vielen engagierten Mit- kationsaufklärung. Die andere Hälfte teilen sich zum Bei- arbeiterinnen und Mitarbeitern, den vielen Alltagshelden, spiel Radaraufklärung, Satellitenaufklärung, Austausch mit die auch jetzt gerade rund um den Globus ihren Dienst ver- Partnern und die eben erwähnten menschlichen Quellen. sehen, in einigen Krisenregionen bei Gefahr für Leib und Die technische Aufklärung ist weitgehend risikolos. Das Leben. Sie tun dies für die Sicherheit Deutschlands, für die Schlimmste, was eigentlich passieren kann, ist, dass eine Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger, sie tun dies für Leitung gekappt wird – oder dass man einen Snowden in uns! Sie haben es verdient, dass wir uns zu unserem Aus- den eigenen Reihen hat. Wenn live mitgehört wird, zum Bei- landsnachrichtendienst bekennen. Dass Sie mir dazu heute spiel bei Geisellagen, liegen die Erkenntnisse unmittelbar Abend die Gelegenheit gegeben haben, dafür möchte ich vor, was ein weiterer Vorteil ist. Nachteil ist, man kann nicht mich bei Ihnen bedanken. wie bei menschlichen Quellen steuern, sondern man muss quasi nehmen, was kommt. Ziel ist es daher, durch entspre- chende vorherige Analysen, sehr genau und sehr präzise zu suchen und zu finden. Denken Sie an das Sprachprob- lem, alles muss übersetzt werden. Und wenn Sie eine halbe Stunde Tamascheck, die Sprache der Touareg in Nord-Mali, mitgeschnitten und übersetzt haben, und es wurde in dem Telefonat lediglich ein Kamel verkauft, dann hat man wert- volle Ressourcen verschleudert. Entgegen aller Annahmen sind Nachrichtendienste daher keine Datenkraken, denn das muss ja auch alles irgendwie verarbeitet werden. Nicht „Alles“ ist daher das Ziel, sondern das „Richtige“.

Internationale Zusammenarbeit ist unverzichtbar geworden, denn kein Nachrichtendienst der Welt ist in der Lage, alleine die Bedrohun- gen dieser Welt aufzuklären.

Der Informationsbeschaffung dient letztlich auch die Zu- sammenarbeit mit mehr als 450 anderen ausländischen Gerhard Schindler Diensten. Mit diesen anderen Diensten findet mehr oder weniger intensiv ein Informationsaustausch statt, schriftlich Der Volljurist Gerhard Schindler (Saarbrücker B. Germa- oder mündlich in sogenannten F Die besten menschlichen nia 1974) wurde 1952 in Kollig geboren. Von Dezember Quellen sind daher die, bei denen es nicht ums „Geschäft“ 2011 bis Juni 2016 war er Präsident des Bundesnachrich- geht, nämlich die Selbstanbieter, die aus Überzeugung tendienstes. Schindler gilt als Experte für kriminelle und handeln. achgesprächen. Diesem Austausch dienen auch terroristische Netzwerke, IT-Sicherheit und Computerkri- die rund 80 Residenturen, die der BND weltweit unterhält. minalität.

43 1 / 2018 Hohes Interesse an guter Fechtausbildung von Ralph Bukowski

Als ADB-Fechtbeauftragter hat mir die Vorsitzende das Vertrauen geschenkt. Dafür bedanke ich mich sehr, und ich hoffe, dieses nicht zu enttäuschen. Vor diesem Hin- tergrund möchte ich mich kurz als Amtsinhaber vorstellen und sowohl die bisherigen Aktivitäten als auch zukünftige Schritte im Bereich des Fechtens in der ADB darlegen.

Bereits im früheren Verband meines Bundes, der Deut- Ein weiteres Ziel in der näheren Zukunft ist der „Arbeitsge- schen Burschenschaft, wur-de mir das Amt des Fechtbeauf- meinschaft Andernach der mensurbeflissenen Verbände“ tragten übertragen. Dieses hatte ich einige Jahre in-ne. Im (AGA) beizutreten und über diesen Weg ver-bandsüber- Rahmen meiner Tätigkeiten wurden regelmäßige Fechtse- greifend Einfluss auf das korporative Fechten nehmen zu minare durchge-führt, insbesondere zu den stattfindenden können. In der AGA sind – gemeinsam mit den Fechtmeis- Burschentagen. tern – zahlreiche Verbände unterschied-licher Ausrichtung zusammengeschlossen. In dieser Arbeitsgemeinschaft Das Fecht- und Sekundanten-Seminar wurde positiv angenommen. werden u. a. auch Themen bearbeitet, die in das tägliche Wirken der Bünde und die Fecht-ausbildung ausstrahlen. Hier entsprechend mitgestalten zu können, stünde der Was wurde in der jungen Geschichte der ADB hinsicht- ADB sicher ebenfalls gut zu Gesicht. Im Gegenzug beteiligt lich des akademischen Fechtens bereits umgesetzt? Nun, sich die AGA finanziell an Veranstaltungen, wie das oben im Rahmen der Verbandstagung vom 09. bis 11. Juni 2017 erwähnte Fechtseminar. wurde das erste Fecht- und Sekundanten-Seminar in Ei- torf durchgeführt. Fechtmeister Wbr. Andreas Brix (Lands- Abschließend lade ich alle Bünde und alle einzelnen Ver- mannschaft Hercynia Jenensis et Hallensis im CC zu Mainz, bandsbrüder ein, ihre An-regungen, Wünsche und Bedürf- Akad. Landsmannschaft der Salzburger zu Salzburg (Wien nisse an den Fechtbeauftragten zu adressieren, um sie 1884), Alte Prager Landsmannschaft Böhmerwald zu Linz a. dann in dessen weitere Arbeit integrieren zu können. Denn d. Donau) stellte sich, sein umfassendes Wissen und seine sonst gehen diese an den Interessen der ADB-Mitglieder Erfahrung zur Verfügung, um die Verbandsbrüder in ihrer vorbei. weiteren Entwicklung voranzubringen. Die Rückmeldungen zu diesem Se-minar waren überaus positiv.

Die nächste Gelegenheit, die fechterische Entwicklung der Verbandsbrüder zu för-dern, war der Burschentag Ende September 2017 in Jena. Das Fechtseminar, auf-bauend auf dem ersten, leitete Fechtmeister Kurt Betz. Die Teilnahme war erneut rege, und wiederum wurde im ersten Teil Fecht-, im zweiten Sekundantenunterricht gegeben.

Künftig wird es einen modularen Aufbau verschiedener Seminare geben.

Was ist in Zukunft vorgesehen? Die Reihe von Fechtsemi- naren mit verschiedenen Inhalten soll weiter fortgesetzt Ralph Bukowski werden. Gedacht ist dabei an einem modularen Auf-bau verschiedener Seminare: Jedes Modul für sich umfasst Dr. Ralph Bukowski (*1969) studierte an der Christian-Al- alle wichtigen Aspekte eines Einzelthemas – garniert mit brechts-Universität Kiel ab dem WS 1989/90 Chemie. Informationen und Ideen über den jeweiligen „Tel-lerrand“ Im Sommersemester 1990 trat er der Burschenschaft hinaus. Eine Teilnahme an anderen Modulen ist dabei keine der Krusenrotter bei. Im Anschluss an die Diplomarbeit zwingende Voraussetzung. Alles zusammen wiederum soll wechselte er 1996 nach Lübeck an die dortige Medizi- schlussendlich ein umfassendes Paket des akademischen nische Universität, wo er seine Dissertation erstellte. Fechtens ergeben, mit dem alle wesentlichen Aspekte Die Promotion zum Dr. rer. nat. schloss er 2001 ab. Seit ab-gedeckt sind und Anregungen in die ADB und die Bün- Anfang 2002 arbeitete er in verschiedenen vertriebso- de hineingetragen werden sollen. Ziel ist das wachsende rientierten Positionen in der Industrie mit nationalen und Miteinander und der Austausch der Bünde, z. B. über ihren internationalen Tätigkeitsfeldern. Dazu gehörte auch die eigenen Comment hinaus mit anderen Gleichgesinnten. Gründung einer Tochtergesellschaft in Tschechien. Seit Anfang 2015 ist er Geschäftsführer zweier Tochtergesell- schaften für Dienstleistungen innerhalb der Unterneh- Ein langfristiges Ziel ist der Beitritt in die „Arbeitsgemeinschaft Ander- mensgruppe seines Arbeitgebers in Deutschland und nach der men-surbeflissenen Verbände“. Tschechien.

44 Burschentag 2017 Der Burschenschafter 45 1 / 2018 Die Aachener Burschenschaft Teutonia im Profil von Mark Junker, Nikolas Schöller und Jonas Voigt

Als neue Vorsitzende der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft freu- en wir uns, die Verbandsgeschäfte im zweiten Jahr nach Verbandsgrün- dung von der Saarbrücker Burschenschaft Germania übernehmen zu dürfen. Unser Verband befindet sich in einer Phase der Strukturierung und Konzepterarbeitung. Und diesen Prozess möchten wir als Vorsitzen- de weiter mitgestalten. Bevor ich darauf eingehe, möchte ich kurz die Historie der Aachener Burschenschaft Teutonia beleuchten.

I. Teutonia

Die Aachener Burschenschaft Teutonia geht zurück auf den im Oktober 1897 in Aachen gegründeten „Technischen 1950 beteiligte sich die Teutonia an der Wiedergründung der Deut- Abend“, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, durch „wis- schen Burschenschaft. senschaftliche Vorträge junge, technisch gebildete Män- ner“ zu fördern. Nach der Einführung des akademischen Prinzips wandelte sich der Technische Abend am 15. Juli Die technisch-wissenschaftlichen Emanzipationsbestrebun- 1899 in die „Akademisch-wissenschaftliche Vereinigung gen nahmen ihren Lauf, indem sich die Cheruscia am 26. Techne“ unter dem Wahlspruch „Geist und Kraft der Wissen- Mai 1905 in eine freie Burschenschaft umwandelte. Damit schaft, Herz und Hand dem Vaterland“ um. Dieses Datum erhoffte sie, den Anschluss an den damals zweitgrößten wird von Teutonia als Gründungsdatum angesehen. Nach Technikerverband, den Rüdesheimer Verband deutscher Einführung des farbentragenden Prinzips kam es durch un- Burschenschaften, zu erlangen. Der RVdB-Burschentag überbrückbare Meinungsverschiedenheiten bezüglich der thematisierte 1906 die Stellung des Verbands zu den freien unbedingten Genugtuung auf alle Waffen zur Auflösung der Burschenschaften und kam überein, diese nicht weiterhin Techne. Ein Teil der Aktivitas der Techne entschloss sich am anzuerkennen. Stattdessen gründete der Rüdesheimer 9. Juli 1904 zur Gründung der akademischen Verbindung Verband am 10. Oktober 1906 die Burschenschaft Rhe- Cheruscia unter dem Wahlspruch „Treu dem Freunde, Trotz no-Germania Aachen. Am 17. März 1909 suspendierte sich dem Feinde“. diese und fusionierte mit der mitgliederstarken Freien Bur- schenschaft Cheruscia zur neugegründeten Teutonia. Der Wahlspruch „Ehre – Freiheit – Vaterland“ und die Farben „Schwarz – Rot – Gold“ wurden von den Rhein-Germanen übernommen.

In den beiden Weltkriegen fielen 62 Bundesbrüder, 21 da- von im Großen Krieg. Im Dritten Reich wandelte sich Teu- tonia in eine Kameradschaft, die sich zwischen 1945 und 1950 „Akademische Vereinigung Aachen“ nannte. 1950 beteiligte sich die Teutonia – eine Rückbenennung war wieder möglich – an der Wiedergründung der Deutschen Burschenschaft in Marburg/Lahn.

Im Juli 1967 errichteten die Aktiven ein Abbild der Ber- liner-Mauer am Elisenbrunnen in Aachen und verteilten etwa 20.000 Passierscheine an Passanten, um so an den Tag des Berliner Mauerbaus (13. August 1961) und an die noch offene deutschen Frage zu erinnern. Regionale wie überregionale Zeitungen (u. a. Bild, FAZ) und das ZDF fan- den anerkennende Worte. In Folge des außerordentlichen Burschentags in Stuttgart Ende 2012 trat die Burschen- schaft Teutonia aus der Deutschen Burschenschaft aus, mit dem festen Vorsatz, eine neue Heimat in einem neuen bur- schenschaftlichen Verband zu finden. Es folgte eine rege Beteiligung an den Verbandsgründungstagungen, welche im vergangenen Jahr in der ADB-Gründung ein erfolgrei- ches Ende nahm. Zudem ist Teutonia seit dem Jahr 2002 Mitglied des Rheinischen Rings.

46 Burschentag 2017 Der Burschenschafter in Boppard/Rheinland-Pfalz, schloss sein Bachelorstudium Die derzeitig 25 Aktiven sehen die politische Selbstbildung als wichtig ebenfalls 2017 erfolgreich ab und befindet sich derweil im an. zweiten Semester seines Masterstudiums im Studiengang Verfahrenstechnik. Er trat 2013 Teutonia bei und hat bis- lang vier Mensuren geschlagen, zwei davon als Tiefpartie. Die Aachener Burschenschaft Teutonia umfasst derzeit 25 Neben der Übernahme diverser Ämter in ihrer Aktivenzeit Aktive, sodass eine geplante Verbandsführung abseits des haben alle drei ein ausgeprägtes politisches Interesse, sind bundesinternen Tagesgeschäftes ohne personelle Über- aber parteipolitisch ungebunden. Formal wird Mark Junker schneidungen stattfinden kann. Die Aktivitas sieht sich der für das Verbandsjahr 2018 den Verbandsvorsitz führen. politischen Selbstbildung verpflichtet, was sich jedes Se- mester in den Vorträgen renommierter Vertreter aus Politik und Hochschule widerspiegelt. U. a. referierten in den letz- ten Semestern der Journalist Matthias Matussek (ehemals III. Was streben wir an? Der Spiegel, Die Welt), Reiner Priggen (ehem. Fraktions- Wir stellen an uns den Anspruch, mit dem politischen und vorsitzender der Grünen in NRW) und General a. D. Ulrich gesellschaftlichen Bildungsauftrag der ADB in die Gesell- Wegener (Erster Kommandeur der Grenzschutzgruppe 9). schaft hineinzuwirken. Dieser Anspruch soll sich auch als Rückblickend kann Teutonia in ihrer 119-jährigen Geschichte roter Faden durch das Verbandsjahr 2018 ziehen. auf 23 Professoren und mehr als 150 promovierte Bundes- brüder zurückblicken. Hinzu kommen zahlreiche Bundes- Das Motto der Teutonia für das Jahr 2018 lautet: „Freiheit von brüder, die hohe Positionen in der nationalen wie internatio- Forschung und Lehre“. nalen Wirtschaft sowie in Ministerien bekleideten und noch bekleiden. Eine zentrale Aufgabe kommt dabei dem Meinungsbil- dungsprozess der einzelnen Verbandmitglieder zu. Um erfolgreich Einfluss auf die gesamtgesellschaftliche Ent- II. Die Vorsitzmannschaft wicklung nehmen zu können, müssen wir unsere burschen- schaftlichen Ideale öffentlich vertreten und verteidigen. Um Im Verbandsjahr 2018 werden Nikolas Schöller, Mark Jun- dies zu ermöglichen, sollen vermehrt wissenschaftlich fun- ker und Jonas Voigt den Vorsitz der ADB übernehmen. Alle dierte Vorträge und Seminare durchgeführt werden. Die- drei haben bereits erfolgreich Chargenämter bekleidet und se sollen bewusst auch eigene Positionen kritisch hinter- wohnten dem Verbandsgründungsprozess seit Beginn ih- rer Aktivenzeit mit großem Interesse bei. Nikolas Schöller wurde 1992 in Stolberg/Rheinland geboren und begann 2011 sein Elektrotechnikstudium an der RWTH Aachen. Mit Studienbeginn trat er der Teutonia bei. 2013 wechselte er seinen Studiengang zugunsten eines Informatikstudiums.

Mark Junker wird Verbandsvorsitzender.

Jonas Voigt wurde 1995 in Leverkusen geboren und begann 2013 zeitgleich mit Mark Junker sein Maschinenbaustudium an der RWTH, welches er 2017 als Bachelor abschloss. Er ist seit dem Sommersemester 2014 Aachener Teutone. Auf sein Bachelorstudium folgt derzeit ein Masterstudium im Studiengang Energietechnik. Mark Junker, geboren 1994

47 1 / 2018 von oben nach unten: Jonas Voigt Nikolas Schöller Mark Junker fragen und andere Ansichtsweisen offenlegen. Daher hat eine Vortragsreihe, die ausschließlich das eigene politische Weltbild stützt und lediglich der Selbstbeweihräucherung dient, für uns keinen Mehrwert. In diesem Sinne möchten wir eine Verbandstagung in Aachen und ein Symposium zum Burschentag dem Motto „Freiheit von Forschung und Lehre“ widmen. Neben der politischen Selbstbildung der Verbandsmitglieder sollen auch die Verbandstrukturen wei- terentwickelt werden.

Mit 27 Mitgliedsburschenschaften besitzt unser Verband eine enorme Kompetenz, was die Gestaltung des alltägli- chen Bundeslebens betrifft, wie Keilarbeit, Unterstützung in der Hochschulpolitik und Fuxenausbildung. Ziel muss es sein, diese Erfahrungen so aufzubereiten und zu strukturie- ren, dass jeder Einzelbund von dem gesammelten Wissen profitieren kann. Eine solche Erarbeitung umfangreicher Projekte innerhalb des gesamten Verbandes möchten wir unterstützen und fördern. Insbesondere die geplante Semi- nartagung in Eitorf soll hier den Austausch von Ideen und Konzepten für das eigene Bundesleben befördern.

Ziel unseres Verbandes war und ist es nicht, eine bloße Arbeitsgruppe burschenschaftlicher Ideen zu sein. Wir bieten viel mehr!

Die Saarbrücker Germanen und der Pressesprecher Mi- chael Schmidt (Hilaritas Stuttgart) haben im letzten Jahr be- wiesen, dass ein burschenschaftlicher Verband durchaus auch positiv in der Presse auffallen kann, ohne dabei seine burschenschaftlichen Ideale verbiegen zu müssen. Daher sollte insbesondere die Öffentlichkeitsarbeit verbessert werden. Um eine positive Resonanz zu erzeugen, sollten einige Veranstaltungen der ADB öffentlich stattfinden und entsprechend dazu eingeladen werden. Nur so lassen sich die burschenschaftlichen Ideale nach außen positiv darstel- len und bestehende Berührungsängste nehmen.

Neben der burschenschaftlichen und inhaltlichen Arbeit soll zu guter Letzt auch das gute Miteinander im Verband seine Erwähnung finden. Ziel unseres Verbandes war und ist es nicht, eine bloße Arbeitsgruppe burschenschaftlicher Ideen zu sein. Wir bieten viel mehr! So haben sich bei einem aus- gelassenen Begrüßungsabend oder beim festlichen Ball zum Burschentag stets ein Gemeinschaftsgefühl und der Wille eines gemeinschaftlichen Schaffens gezeigt. Etwas, was viele noch in ihrer Zeit in der Deutschen Burschen- schaft vermisst haben. Diese positive Stimmung möchten wir auch in das nächste Verbandsjahr hineintragen. Daher sollen der Burschentag und die Verbandstagung nicht zu einem weiteren unliebsamen Pflichttermin im Semester- programm werden. Diese Veranstaltungen sollen Spaß machen und die Verbandsbrüder animieren zu kommen. In freundschaftlicher Atmosphäre soll gefeiert und diskutiert werden. Und daher würden wir uns freuen, wenn Sie Ihre Partner und Ihre Familie mitbringen. Denn auch diese sind herzlichst eingeladen.

Als Vorsitzmannschaft freuen wir uns, das kommende Ver- bandsjahr mit Ihnen allen gestalten zu dürfen.

48 Burschentag 2017 Der Burschenschafter 49 1 / 2018 Kranzniederlegung in Langemarck von Robin Bartz und Hans-Ulrich Voß

Am Volkstrauertag 2017 legten der Convent Aachener Bur- schenschaften (Alania, Teutonia, Brünner B. Libertas), sowie die Marburger Burschenschaft der Rheinfranken und der Katholisch-Flämische Studentenverband zu Gent (KVHV Gent) im Gedenken an unsere Gefallenen des 1. und 2. Weltkrieges einen gemeinsamen Kranz der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft und der Deutschen Burschen- schaft auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Langemarck nieder.

In Erinnerung an die jungen Studenten in Feldgrau, die im Schlamm Westflanderns ihr Lebens ließen, sprach Dr. Ro- bert Wandel (Teutonia Aachen) in einer Traueransprache das Schillerwort aus dem „Wallenstein“:

„Ein Unglück für den Lebenden, dass er eine siegende Par- tei sich zum Feinde gemacht hatte – ein Unglück für den Toten, dass ihn dieser Feind überlebte und seine Geschichte schrieb.“

Nach der Kranzniederlegung erklang über dem Gräber- feld das Lied der Deutschen. Im „Muncherhof“ in Lange- mark-Poelkapelle wurde auf Einladung von Dr. Wandel ein gemeinsames Bier getrunken. Mit dem Versprechen, sich im nächsten Jahr wieder an gleicher Stelle zu treffen, traten alle die Heimreise an.

50 Aus den Burschenschaften Der Burschenschafter Energiepolitik geht uns alle an von Mirko Heiermann und Hans-Ulrich Voß

Das Wintersemester 2017/18 steht bei Teutonia Aachen ganz im Zeichen der Energie. Denn Energiepolitik, Versorgungsengpässe, Verteilungsungleichheit und der Krieg um Energieressourcen sind Probleme unserer Zeit. Daher wur- de zu diesen Themen eine Vortragsreihe organisiert.

Spätestens seit dem überhasteten Ausstieg aus der Atom- Autarkie in Sachen regenerativer Energie und warnte vor kraft aufgrund der Auswirkungen des Tsunami 2011 in Japan einer allzu großen Abhängigkeit von Russland. Er forderte stellt die „Energiewende“ hierzulande ein Projekt höchster ein geeintes und freies Europa. Die Staaten der Europäi- staatlicher Priorität dar. In Kombination mit dem EEG-Gesetz schen Union müssen mit der Kleinstaaterei aufhören, um verteuerten sich die Strompreise der Endverbraucher um in einer Zeit von Globalisierung und Machtverschiebungen annähernd 50 Prozent. Auch belastet es die Stromversor- bestehen zu können. Deutschland solle sich dabei seiner ger enorm, da diese ihre Großkraftwerke nicht mehr ge- Innovationskraft bewusst werden und in Europa eine Vor- winnbringend betreiben können. Die Energiewende hat reiterrolle übernehmen. Dennoch würde ein Alleingang aber nicht nur negative finanzielle Auswirkungen. Auch Deutschlands in der Energiepolitik das Verhältnis der euro- auf der technischen Seite löst die einsame Entscheidung päischen Mitgliedsstaaten untereinander belasten. Es be- der Bundeskanzlerin Verwerfungen aus und führt zu immer darf daher eines abgestimmten Vorgehens. mehr Unmut unter den Experten. Hans-Josef Allelein kritisierte Merkel, da sie die weltweit sichersten Klaus Kleinkorte: „Keine andere europäische Nation folgt Kernkraftwerke abschalten ließ. der deutschen Energiewende.“

Am 13. November referierte Prof. Dr. Hans-Josef Allelein, Der erste Referent war das Mitglied der Geschäftsführung Lehrstuhlinhaber für Reaktorsicherheit und -technik an der der Amprion GmbH Dr. Klaus Kleinkorte, der in Aachen pro- RWTH Aachen. Er kritisierte, dass Angela Merkel nur we- movierte. Amprion ging 2003 aus der RWE hervor und be- gen eines Tsunamis am anderen Ende der Welt die weltweit treibt heutzutage das größte Hochspannungsnetz Deutsch- sichersten Kernkraftwerke abschalten ließ. Denn nun wür- lands mit ca. 1.500 Mitarbeitern. Der Vortrag, der am 12. de sich Deutschland auf die – keineswegs unsichereren, Oktober stattfand, befasste sich u. a. mit der Energieversor- aber doch zum Teil technisch veralteten Anlagen – unserer gung zu Extremzeiten und unter Extrembedingungen, dem Nachbarstaaten (Belgien/Tihange; Frankreich/Fessenheim) Energietransfer ins Ausland und nach Deutschland sowie verlassen müssen. Gerade vor den Entwicklungen im Aus- dem Ausbau regenerativer Energien. land dürfe man nicht die Augen verschließen und blind einem neuen deutschen energiepolitischen Sonderweg Der Amprion-Geschäftsführer ging insbesondere auf die folgen, zumal die europäischen Leitungsnetze alle mitein- fehlenden Übertragungs- und Speichermöglichkeiten für ander verbunden sind. regenerativ erzeugten Strom ein. Gerade dieser stellt ge- genüber dem konventionell gewonnen Strom aus Kohle und Kernenergie die Netzaufsicht täglich vor enorme Pro- bleme. Ein zusätzlicher Ausstieg aus der Kohleverstromung würde die Abhängigkeit der Bundesrepublik von Russland verstärken. Denn die entsprechenden Kapazitäten müssten durch Gaskraftwerke ersetzt werden. Zudem würde ein Im- port von Flüssiggas aus den USA die deutschen Stromprei- se – die aktuell zu den zweithöchsten in der europäischen Union zählen – nochmals deutlich verteuern. Nicht zuletzt scheint keine andere europäische Nation der deutschen Energiewende zu folgen.

Frank Umbach warnte, dass ein Alleingang Deutschlands in der Energiepolitik das Verhältnis in Europa belasten würde.

Nächster Gastredner war am 26. Oktober Dr. Frank Um- bach, der u. a. als Professor am International Institute for Strategic Studies des Kings College in London Energiepoli- tik lehrt. In seinem Vortrag mahnte er zu mehr europäischer

51 1 / 2018 „Fasteleer und Fußballgott“ – die rote Nase durfte nicht fehlen von Nils Gildemeister

Am 16. November 2017 referierte der Kölner Unternehmer Die bisherige Planung der Energiewende steht nicht unter der Fach- und Fußballfunktionär Markus Ritterbach auf dem Haus der aufsicht von Technikern, sondern wird von fachfremden Ideologen, Aachener Teutonia zum Thema „Fasteleer und Fußballgott“. gar Laien, vorangetrieben.

Alle drei Referenten bemängelten, dass die bisherige Pla- Ritterbach gab dort interessante Einblicke in das Zusam- nung der Energiewende nicht unter der Fachaufsicht von menspiel von Kölner Karneval und Fußball. Denn als ehe- Technikern steht. Die bisherigen Ergebnisse lassen viel- maliger Präsident des Festkomitees und als derzeitiger Vi- mehr auf das Wirken fachfremder Ideologen, gar Laien zepräsident des 1.FC Köln ist er nah am Geschehen. schließen. So hat man ohne Not die europa- und weltweit sicherste und zuverlässigste Stromversorgung einem po- Die Zuhörer – Aktive, Alte Herren und Gäste – erhielten litisch motivierten Projekt mit unklarer Zukunftsperspekti- einen Überblick über Organisation und Ablauf des Karne- ve geopfert. Mehr technische Kompetenz und politischer vals. Für viele neu war u. a., dass das Festkomitee mit zahl- Sachverstand und weniger Ideologie täten dringend Not! reichen Hilfsorganisationen zusammenarbeitet und sich in vielen ehrenamtlichen Projekten engagiert. Abgeschlossen wurde die Vortragsreihe Teutonias am 22. und 23. November mit einer Werksexkursion bei dem inter- Auch das immer wichtiger werdende Thema Sicherheit national tätigen Heiz-, Industrie- und Kühlsystemhersteller wurde ausgiebig beleuchtet. Denn um einen sicheren Ab- Viessmann in Allendorf. lauf des Festumzuges und der zahlreichen Karnevalsveran- staltungen zu gewährleisten, müssen im Vorfeld gewaltige Sicherheitsvorkehrungen mit Polizei, Feuerwehr und Sani- tätsdiensten getroffen werden. Etwas, was dem gemeinen Karnevalisten meist nicht bewusst ist. Ritterbach zog dabei immer wieder Parallelen zu seiner Tätigkeit als Vizepräsi- dent des Fußballbundesligisten. Mit viel Humor und der einen oder anderen Anekdote aus seinem Leben konnte er das Publikum begeistern. Mit einer überreichten „roten Nase“ klang der Abend bei Bier und weiteren Gesprächen aus.

52 Aus den Burschenschaften Der Burschenschafter Podiumsdiskussion mit TU-Präsidentin: „Verbindungen sind Teil der Universität“ von der Braunschweiger Burschenschaft Germania

Am 7. Dezember fand auf dem Haus der Braunschweiger Sichtlich angenehm empfand man das gemischte Publi- Burschenschaft Germania die Diskussionsrunde „Frag kum und die gesittete und herzliche Atmosphäre auf dem Deine Uni-Präsidentin“ statt, zu der sich 80 Interessenten Germanenhaus. Die Moderation für diesen Abend lag bei einfanden, darunter Korporierte und Kommilitonen sowie Nils Gräfer (Germania Braunschweig), der als studentischer AStA-Vertreter. Die Universitätspräsidentin, Prof. Dr.-Ing. Senator und AStA-Vorsitzender die Hochschulpolitik in den Anke Kaysser-Pyzalla, die erst im Mai dieses Jahres die Lei- vergangenen Jahren aktiv mitgestaltet hatte. Hieraus war tung der TU Braunschweig übernommen hatte, brachte zur schließlich auch der gute Kontakt zur Universitätsleitung Veranstaltung eine Delegation des Präsidiums der Techni- erwachsen, wenngleich wir seit jeher engagiert in den stu- schen Universität Braunschweig mit. dentischen Parlamenten vertreten waren.

Der Besuch ist ein Novum der jüngeren burschenschaft- In Zukunft wollen wir wieder verstärkt als Teil einer gesun- lichen Geschichte in Braunschweig und kann sowohl als den Hochschullandschaft wahrgenommen werden. Der Ausdruck des gegenseitigen Respekts und Vertrauens Abend klang in geselliger Runde aus und hinterließ auf bei- gewertet werden als auch als Überwindung der Ignoranz den Seiten ein durchweg positives Bild. der Hochschule gegenüber Verbindungen. In Ihrer Anspra- che versicherte Kaysser-Pyzalla, dass Verbindungen für sie Teil der Hochschullandschaft seien und sie nicht an den Grundfesten dieser rütteln werde. Sie betonte jedoch, dass Veranstaltungen wie das „Deutschlandseminar“ der Braun- schweiger B. Thuringia eine differenzierte Beurteilung der einzelnen Studentenverbindungen vor Ort verlangen.

Es blieb aber nicht bei rein korporativen Fragestellungen, sondern es wurde auch über ECTS-Noten (Europäisches System zur Übertragung und Akkumulierung von Studien- leistungen), über die ständig wachsende Studentenzahl bei begrenzten Lehrkapazitäten, bis hin zum Regierungswech- sel im Niedersächsischen Landtag und den Folgen für die Braunschweiger Universität diskutiert.

Frust und Verdrossenheit oder Feuer und Flamme? – Herausforderungen an Politik und Gesellschaft von Moritz Hoffmann

Am 25. Oktober 2017 referierte Tobias Bauschke, Beisit- zer im Berliner Landesvorstand der FDP und Alter Herr der K.D.S.t.V. Palatia Marburg im CV, auf dem Burschenschaftli- chen Abend bei Arminia-Gothia Braunschweig zu obigem Thema.

Nach seiner Ansicht sollten nur noch Personen das Wahl- recht erhalten, welche die Kompetenz besitzen, analytisch und fehlerorientiert zu denken. Eine These, die das Grund- gesetz konterkariert, aber den internen Diskurs anregte. Auch sieht Bauschke die Politische Korrektheit als Gift für die Demokratie. Hier gingen die Meinungen deutlich aus- einander. Einige Gäste und Bundesbrüder waren der An- sicht, dass man durch die Politische Korrektheit die politi- sche Diskussion einschränkt. Eine lebhafte Debatte wie zu Zeiten von Franz-Joseph Strauß und Herbert Wehner wäre dann nicht mehr möglich. Andere meinten, dass durch den Sprachwandel hin zur Politischen Korrektheit nun erst eine inhaltliche Auseinandersetzung möglich sei, da der persön- liche Schlagabtausch diese früher behinderte.

53 1 / 2018 Abschied vom Kanzler der Deutschen Einheit und Baumeister Europas von Freiburger Burschenschaft Teutonia

Wir Burschenschafter hatten die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit und Frieden in einem starken Eu- ropa als politisches Ziel nie aufgegeben. Die Bevölkerung in der ehemaligen DDR erhob 1989 und 1990 ihre Forde- rungen nach Leben in Freiheit und Einheit Deutschlands mutig und immer nachdrücklicher. Da war es Bundeskanz- ler Helmut Kohl, der aufgrund seines hohen politischen Ver- handlungsgeschicks gegenüber den beiden Weltmächten Sowjetunion und USA und den anfangs einigungskritischen großen europäischen Partnern Frankreich, England und Italien die Einheit Deutschlands in Freiheit und Frieden in einem gestärkten Europa Wirklichkeit werden ließ. In den entscheidenden weltpolitischen Augenblicken spielten sein hohes Ansehen und das große Vertrauen, das Helmut Kohl bei den maßgeblichen Staatsmännern in West und Ost genoss, eine wesentliche Rolle. Auch seine Fähigkeit, die Gunst der Stunde im politischen Prozess zu erkennen und kraftvoll auch gegen den anfänglichen Widerstand der Op- position zu nutzen, beschleunigte die Wiedervereinigung und ließ Europa größer werden und näher zusammenrü- cken.

Dr. Helmut Kohl hat mit höchster politischer Staatskunst die Einheit Deutschlands erfolgreich herbeigeführt und als Baumeister Europas das Zusammenwachsen der EU ebenso erfolgreich vorangetrieben. Die Frei- burger Burschenschaft Teutonia verneigt sich vor Hel- mut Kohl mit höchstem Respekt und sagt zum Abschied: DANKE Helmut Kohl !

Zitate von bedeutenden Persönlichkeiten über Helmut Kohl:

Ex-US-Präsident Bush (Senior) nannte Helmut Kohl einen „Fels“ und „wahren Freund der Freiheit“ und „Kohl war meiner Ansicht nach einer der größten poli- tischen Führer im Nachkriegseuropa“

Der russische Ex-Präsident Gorbatschow äußerte Kohl trage zu Recht die Bezeichnung „Kanzler der Deutschen Einheit“

Ex-US-Präsident Clinton „Er hat eine der gewaltigsten Fragen seiner Zeit richtig beantwortet“

Der französische Staatspräsident Macron Kohl sei „einer der größten Staatsmänner Europas und der freien Welt“

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel Kohls Beitrag zur Einigung Deutschlands und Europas „war höchste Staatskunst im Dienste der Menschen und des Friedens“ und „Kohl war ein Glücksfall für uns Deutsche“

Bundespräsident Steinmeier „Wir werden Helmut Kohl niemals vergessen“

Papst Franziskus „Als großer Staatsmann und überzeugter Europäer“ habe Kohl mit „Weitblick und Hingabe für das Wohl der Menschen in Deutschland und der europäischen Nachbarn gearbeitet“

54 Aus den Burschenschaften Der Burschenschafter Putins verdeckter Krieg – Warum er für Deutschland und Europa gefährlich ist von Ekkehard Gabriel

Boris Reitschuster war 15 Jahre lang Leiter des Focus Büros in Moskau, ist Träger der Theo- dor-Heuss-Medaille und Bestsellerautor und derzeit wohl führender Russlandexperte in Deutschland und sprach bei der Freiburger Burschenschaft Teutonia.

Gleich zu Beginn seines Vortrags betonte er seine starke sigkeit, sondern ausländische Agenten seien die Auslöser Verbundenheit mit dem russischen Volk und dem Land der Proteste. Die andauernde Propaganda Russlands wirke Russland und setzte während seines Vortrags Russland nie nicht nur dort, sondern auch in Europa. So nehme der Kreml mit Putin gleich. In seinen Ausführungen legte Reitschus- über das russische Staatsfernsehen direkten Einfluss auf ter die Entwicklung zu den heutigen Macht- und Politik- die politische Willensbildung in Deutschland. Es falle auch verhältnissen unter Präsident Wladimir Putin dar. Er streifte auf, wie gerade Online-Portale und Nachrichtenagenturen die Zeit während der Sowjetunion unter Stalin mit dessen vermeiden, Dinge beim Namen zu nennen und oft Propag- unmenschlicher Unterdrückungs- und Angstpolitik und anda des Kreml wiedergeben. kam dann auf die sich systematisch autoritärer gestaltende Machtpolitik Putins zu sprechen. Russland erfülle heute alle Der Westen müsse Putin klare Grenzen setzen, sonst könn- wesentlichen Merkmale einer autoritären, nicht totalitären te der Überfall auf die Krim und die Ostukraine nicht sein Diktatur. Sie sei stärker auf Bestechung als auf Verfolgung letzter gewesen sein. Auf der Landkarte könne man schnell von Gegnern ausgerichtet. In Russland sei die Staatsgewalt erkennen, wo überall russische Minderheiten leben. Das heute monopolisiert, die Gewaltenteilung aufgehoben, das lasse erahnen, wo Putins Expansionsdrang noch hinführen Parlament, die Justiz und ebenso die Medien seien gleich- könnte. Der Westen müsse seine Arglosigkeit ablegen. Die geschaltet. Die Opposition werde systematisch unterdrückt. Sympathie für Putin verlief parallel zur wachsenden Antipa- Für ihn bestehe in Russland keine Rechtsstaatlichkeit. thie gegenüber den USA. Reitschuster forderte sinngemäß: Wir müssten verhindern, dass Putin und sein Machtappa- rat unsere westliche Toleranz, Kompromissbereitschaft und Russland erfülle heute alle wesentlichen Merkmale einer autoritären, Selbstreflexion als Ermutigung auffassen und geschickt für nicht totalitären Diktatur. ihre Ziele und für Aggressionen nutzen wie auf der Krim. Mit langanhaltendem Beifall dankte das Publikum Reit- Kritik werde in Russland systematisch als feindliche Pro- schuster für seinen hoch spannenden eineinhalbstündigen paganda des Westens und als Schwächung Russlands Vortrag und die ebenso informative einstündige Diskussion. dargestellt, aber vom Volk meist auch so aufgefasst. Die gigantische Korruption in Russland schwäche das Land wirtschaftlich enorm, da zu viele Menschen riesige Summen in die eigenen Taschen wirtschaften. Putin nutze die Kor- ruption nicht zuletzt zu seinem Machterhalt. Auch die Beset- zung ranghoher, entscheidender Posten in der Politik und Wirtschaft und Militär durch verlässliche Freunde aus dem Geheimdienst seien ein weiterer Pfeiler für Putins Machtpo- sition in Russland. Kritiker würden abgesetzt.

Die Angst, dass Bürgerproteste aus der benachbarten Uk- raine auf Russland überspringen könnten, sitze im Kreml tief. Die Botschaft des Kreml sei klar: Nicht etwa die Wut und der Unmut der Bürger über die Korruption und Rechtlo-

55 1 / 2018 Die Geschichte der Russlanddeutschen von Alexander Manthey

Am 16.11.2017 referierte Valerie Cholodow zur Geschichte der Deutschen aus Russland auf dem Haus der Hannoverschen Burschenschaft Armi- nia. Cholodow ist in Kasachstan geboren und engagiert sich ehrenamt- lich bei der „Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V.“.

Die Geschichte der Deutschen aus Russland begann mit Im Jahr 1871 erließ Zar Alexander II. (1818–1881) ein „Anglei- der Zarin Katharina der Großen (1729–1796), die Russland chungsgesetz“, welches die Privilegien weitgehend aufhob. von 1762 bis 1796 regierte. Um das russische Wirtschafts- Denn der stetig wachsende Wohlstand der Russlanddeut- wachstum zu fördern, veröffentlichte sie bereits 1763 ein schen hatte in der russischen Bevölkerung für immer mehr Einwanderungsmanifest. In diesem wurden Ausländern Neid und antideutsche Stimmung gesorgt. Mit dem Ersten Privilegien in Aussicht gestellt, wenn sie in Russland sie- Weltkrieg verbot Zar Nikolaus II. (1868–1918) die deutsche deln würden, u. a. Religions- und Steuerfreiheit, sowie die Sprache in Russland. Die deutschen Siedler wurden als Befreiung vom Militärdienst. Zudem erhielten sie eigenes potentielle Kollaborateure betrachtet und zunehmend dis- Land zum Bewirtschaften, und anfänglich finanzielle Unter- kriminiert. stützung durch den russischen Staat. Nach der Oktoberrevolution und dem folgenden Bürger- Da Katharina selbst deutschstämmig war (geborene von krieg begann für die Deutschen mit dem Zweiten Welt- Anhalt-Zerbst), ließ sie den Aufruf hauptsächlich in den krieg und unter dem Diktator Joseph Stalin (1778– 1953) deutschen Staaten verbreiten. Etwa 30.000 Deutsche folg- die schwerste Zeit. Dieser sah in allen Deutschen Spione ten diesem anfänglich. und Verräter, so dass er die Deportation der Russlanddeut- schen in die Weiten Sibiriens oder die Steppen Kasach- In Russland angekommen, stellten viele fest, dass sie ab- stans veranlasste. Während des Transportes in einfachen seits der Metropolen im weitläufigen Wolgagebiet ange- Viehwaggons starben Hunderttausende an Kälte, Erschöp- siedelt wurden. Hinzu kam, dass sie ihre alten Berufe nicht fung, Hunger oder wurden im Gedränge erdrückt. Wie ihre ausüben durften, sondern in der Landwirtschaft arbeiten Vorfahren im Wolgagebiet mussten die Russlanddeutschen und neue Gemeinden errichten mussten. Kälte, Seuchen, nun wieder in den neuen Regionen von vorne beginnen. ungewohnter Boden und Überfälle kirgisischer Reiternoma- Etwa 200.000 Deutsche aus Russland wurden während den reduzierten die Siedlerzahl. des Weltkriegs ins Deutsche Reich repatriiert. Nach dem verlorenen Krieg wurden dann viele aus der Sowjetischen Unter Zar Alexander I. (1777–1825) wurde die Einwande- Besatzungszone in russische Gulags und nach Kasachstan rungspolitik besser organisiert. Obwohl der Zuzug neuer verschleppt. Siedler beschränkt wurde, erhielt der einzelne mehr Land zugewiesen. Auch wurden die Einwanderer am Schwarzen Mit dem Zerfall der Sowjetunion kehrten etwa 2,4 Millio- Meer angesiedelt. In der Folge brachten es die deutschen nen Russlanddeutsche in die Heimat ihrer Urahnen zurück. Siedler zu bescheidenem Wohlstand, ihre Zahl stieg und sie Unterstützung erhalten sie von der Landsmannschaft der wurden zu einer einflussreichen Bevölkerungsgruppe. Deutschen aus Russland. Der Verein versucht die Kultur der Russlanddeutschen zu erhalten und bemüht sich um Kontakt zu anderen Aussiedler- und Einwanderervereinen. Die „Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V.“ vertritt heute Er organisiert regelmäßig Konzerte oder Vorträge, um das die Interessen der Russlanddeutschen. Andenken an die Auswanderer und ihre Nachkommen zu erhalten.

56 Aus den Burschenschaften Der Burschenschafter „Was deutsch und echt, Nischenthemen dominie- wüßt Keiner mehr“ ren die Landtagsarbeit von David Kammann von B. Sigambria et Alemannia zu Siegen

Am 24. Oktober referierte der Psychologe Dr. Heinrich Auf Einladung der AfD-Landtagsabgeordneten Dr. Christi- Stumpf bei der Kölner B. Alemannia zum Thema: „Was an Blex und Sven Tritschler (B. Alemannia Köln) besuchten deutsch und echt, wüßt Keiner mehr“. Dieser Titel regte am 29. November 2017 die B. Sigambria et Alemannia zu schon im Vorfeld zum Nachdenken an, denn viele von den Siegen und die B. Rhenania-Salingia Düsseldorf das nord- Aktiven und annähernd 20 Gästen konnten sich daraus rhein-westfälische Parlament in Düsseldorf. keinen Reim machen. Dabei stammt das Zitat, welches mit „lebt’s nicht in deutscher Meister Ehr. Drum sag ich Euch: Als erstes stellten die Teilnehmer fest, dass die Sicherheits- ehrt Eure deutschen Meister!“ weitergeht, aus Richard Wag- vorkehrungen laxer als im Bundestag gehandhabt werden, ners „Meistersinger“ (3. Akt, fünfte Szene). was die Atmosphäre aber deutlich entspannte. Nach einer kurzen Einweisung in den Arbeitsalltag eines Abgeordne- Stumpf ging in seinem Referat auf verschiedene Punkte ein, ten wohnten die Teilnehmer einer Plenarsitzung bei. An- was unter „Deutsch sein“ zu verstehen ist. Zum einen ist es ders als gedacht, wurden Nischenthemen besprochen – in ein juristischer Aspekt, den das Grundgesetz festlegt. Zum dieser Sitzung beispielsweise das Thema Insektenschutz. anderen sind es kulturelle und historische Gründe, die das Plenardiskussionen waren Mangelware. Dabei entstand „Deutschsein“ determinieren. Dass der Burschenschaftli- der Eindruck, dass Anträge überwiegend von den Abge- che Abend ein voller Erfolg wurde, zeigten anschließend ordneten „abgenickt“ werden. Denn die inhaltliche Arbeit die lebhaften Diskussionen. findet zuvor in Ausschüssen und Expertengremien statt. Nach einer abschließenden Diskussion mit den beiden Abgeordneten ließen die Aktiven den Abend bei Rhena- nia-Salingia ausklingen.

Siegener Weihnachts- markt wieder zurück an seinem alten Platz von Georg Kleinschmidt

Am 4. Dezember 2017 beging die Burschenschaft Sigam- bria et Alemannia ihren traditionellen Weihnachtsmarkt- bummel. Nachdem der Weihnachtsmarkt in den letzten Jahren verlegt wurde, kehrte er in diesem Jahr an seinen angestammten Platz im Hof des Unteren Schlosses zurück. Nicht nur bei uns, sondern auch in breiten Teilen der Be- völkerung findet diese Rückkehr breiten Anklang, was sich auch an den Besucherzahlen zeigt. Der kleine aber feine Weihnachtsmarkt ließ es bei winterlicher Kälte und dem ein oder anderen Glühwein zu, mit einigen Standbesitzern doch näher ins Gespräch zu kommen. So ließ sich dem ein oder anderen sein persönliches Glühweinrezept entlocken. Ebenso konnten wir uns von der Qualität dieser der Jahres- zeit angemessenen Spezialitäten überzeugen. Neben den typischen gebrannten Mandeln erlebten wir so auch die Zu- bereitung von Aachener Printen und weiteren rheinländi- schen Weihnachtsdelikatessen. Zum Ausklang des Abends fanden sich später noch einige Verbandsbrüder der Bur- schenschaft Thuringia Bad Frankenhausen zu Siegen auf unserem Haus ein. Bei schönem Gesang und in fröhlicher Bierstimmung verweilten wir so noch bis in die Nacht hinein. Eine Reise ins Siegerland ist allen Verbandsbrüdern nicht nur im Frühling und Sommer, sondern auch zur Winterzeit wärmstens zu empfehlen.

57 1 / 2018 Stuttgarter Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl: Deutschland 2030 von Daniel Müller

Vor jeder Bundestagswahl veranstaltet der Stuttgarter Deputierten Convent, dieses Jahr unter Federführung von Ghibellinia, eine Podiumsdiskussion, um seinen Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, sich über die Kandidaten aus ihren Wahlkreisen zu informieren.

rter Con tga ven tut t S Deputierten

Mit Ausnahme der Partei „Die Linke“ entsandten alle Partei- Der nächste Themenkomplex hieß „Gesellschaft, Demokra- en Teilnehmer: Dr. Anna Christmann (Bündnis 90/Die Grü- tie, Sicherheit, Wohlstand“. Weil von der FDP hält die Gesell- nen), Dr. Michael Jantzer (SPD), Dr. Stefan Kaufmann (CDU), schaft in Deutschland nur dann für belastbar, wenn es klare Dr. Dirk Spaniel (AFD) und Dipl.-Oec. Volker Weil (FDP). Regeln gebe. Die FDP stehe für ein Einwanderungsgesetz, Moderiert wurde der Abend von Dr.-Ing. Rainer Nann (Ghi- trenne dies aber klar von der Thematik der Flüchtlingskrise. bellinia). Ein starker Staat und eine starke Demokratie brauchen eine ordentlich geführte Debatte.

Alle bekannten sich zur Idee des Friedensprojektes EU, hatten aber Die Grenzen der Belastbarkeit für unsere Gesellschaft sah unterschiedliche Auffassungen zur weiteren Ausgestaltung der Jantzer von der SPD bei der Zuwanderung als noch lan- Institution. ge nicht erreicht an. Er verwies auf den Libanon, in dem die Hälfte der Bevölkerung aus Flüchtlingen bestehe. Für die Leistungsfähigkeit unserer Demokratie sei es weiterhin In der Eröffnungsrunde unserer Veranstaltung „Europa wesentlich, die Schere zwischen Arm und Reich zu schlie- 2030: Ziele, Wege, Aufgaben“ bekannte sich zunächst je- ßen. Er bestritt, dass sich die Sicherheitslage signifikant der Politiker zur Idee des Friedensprojektes EU, unter de- verschlechtert habe. Er befürwortete ein Einwanderungs- ren Mitgliedsländern es seit dem Zweiten Weltkrieg keine gesetz nach kanadischem Vorbild und eine Modernisierung Kriege mehr gab. Bei der Frage nach der weiteren Ausge- des Staatsbürgerrechtes. staltung der EU hingegen zeigten sich deutliche Meinungs- unterschiede. Während Christmann von den Grünen, die ihre Partei als Europapartei sieht, auf eine Stärkung der EU Um das Gefühl der Sicherheit in der Bevölkerung wieder zu stärken, pochte, um Themen wie die Umweltverschmutzung ge- möchte die AfD ausländische Straftäter schneller abschieben. meinsam lösen zu können, verwies Kaufmann von der CDU darauf, dass auch Deutschland durch die EU-Investitionen im Bereich Bildung, Forschung und Entwicklung profitiere. Spaniel (AfD) forderte eine transparente, kritische Streitkul- Zudem gelte für die CDU das Subsidiaritätsprinzip. Das tur in Deutschland. Das Thema Sicherheit sehe die AFD als bedeute, dass die EU sich künftig um die großen Themen elementar an. Im Finanzbereich und bei der Energiewende der Zeit kümmern und die kleinen von den Nationalstaaten fordere sie eine Investorensicherheit, ähnlich in Hinblick auf bearbeitet werden sollen. Weil von der FDP sagte, dass die die Folgen eines Fahrverbotes für Dieselfahrzeuge. Auch Vergemeinschaftung von Schulden für sie nicht in Frage hier fiel nochmals die Forderung nach einem Einwande- komme, sowie dass die Trennung zwischen Geld ausgeben rungsgesetz, um gezielt Fachkräfte im Ausland anwerben und Verantwortung dafür übernehmen endlich aufgehoben zu können. Um das Gefühl der Sicherheit in der Bevöl- werden müsse. Auf die Problematik der Target-II-Salden kerung zu stärken, sollen zudem ausländische Straftäter ging Spaniel von der AFD ein. Denn obwohl Deutschland schneller abgeschoben werden. Spaniel ging auch auf die innerhalb der EU eine positive Handelsbilanz habe, wird Situation der Bundeswehr ein und forderte, den Bürger in der Überschuss über von Deutschland selbst gewährte Uniform. Denn der Soldat müsse wieder mehr Anerken- innereuropäische Kredite in großem Umfang von uns erst nung in der Gesellschaft erfahren. Auch aus diesem Grund ermöglicht. Als letzte Stellungnahme vor der offenen De- lehne die AfD eine reine Berufsarmee ab. batte verwies Jantzer von der SPD auf den Länderfinanz- ausgleich in Deutschland. Um für ein solidarisches Modell in der EU zu werben, verwies Jantzer auf die in China prak- Kaufmann (CDU) sprach sich gegen eine Begrenzung des Asylrechtes tizierte staatlich gelenkte Unterstützung ärmerer Provinzen aus und führte aus, dass aus Syrien viele gut ausgebildete Menschen durch reiche. In der anschließenden Debatte forderten die Diskutanten aller Parteien häufig Solidarität ein, konnten gekommen seien, die sich in den deutschen Arbeitsmarkt integrieren aber nicht darlegen, worin diese genau besteht. lassen.

Auch die CDU möchte das Ansehen der Bundeswehr in Der Kandidat der SPD sieht die Grenzen der Belastbarkeit bei der der Gesellschaft steigern und die Mittel des Verteidigungs- Zuwanderung für unsere Gesellschaft noch lange nicht gekommen. haushalts erhöhen. Weiterhin hält Stefan Kaufmann die Dis- kussionskultur in Deutschland für gut und freute sich, dass

58 Aus den Burschenschaften Der Burschenschafter sich immer mehr junge Menschen für Politik interessieren. Jedoch sah er die Sozialen Medien als Gefahr, insbeson- Die FDP möchte laut Weil Start-ups fördern und den Bürokratieauf- dere wegen möglicher ausländischer Beeinflussung. Die . wand sowie die staatliche Regulierung reduzieren. Lösung der Flüchtlingsproblematik solle auf europäischer Ebene in Zusammenarbeit mit nordafrikanischen Staaten Eine staatliche Steuerung der Forschungsschwerpunkte gefunden werden. Er verwies darauf, dass zur Bekämpfung lehnt die FDP ab. Weil sprach sich gegen Experimente in von Fluchtursachen viel Geld ausgegeben werde. Dennoch der Bildungspolitik aus und sah die überstürzte Einführung sprach er sich gegen eine Einschränkung des Asylrechtes der Inklusion als problematisch an. Die Exzellenzinitiative aus und begründete dies mit dem Beispiel, dass aus Syri- der Universitäten soll auf ihre Übertragbarkeit auf die duale en viele gut ausgebildete Menschen gekommen seien, die Ausbildung hin geprüft werden. Die Digitalisierung bezeich- sich in den deutschen Arbeitsmarkt integrieren lassen. Im nete er als eine große Chance für die Bildung. Als Vorbil- Gegensatz zu seiner Partei warb er für ein Einwanderungs- der für deutsche Universitäten verwies er auf die USA und gesetz. Die CDU setze sich schon jetzt stark für die Verbes- Israel. Dort bestehe eine gute Vernetzung von Start-ups mit serung der Sicherheit in Deutschland ein. den Universitäten. Nach diesem Beispiel sollen Start-ups in Deutschland gefördert und der Bürokratieaufwand sowie Im Bereich des Asyls und der Einwanderung begrüßen die Grünen laut die staatliche Regulierung reduziert werden. Außerdem soll Christmann einen weiteren Zustrom von Menschen. die Internetinfrastruktur verbessert werden, damit auch in strukturschwachen Regionen Arbeitsplätze im digitalen Be- Christmann hebt hervor, dass die Grünen sehr viel Wert auf reich entstehen können. eine lebendige Demokratie legen, auch innerparteiisch. Sie sieht gezielte Desinformation als großes Problem an, das Jantzer betont, dass die SPD die Innovationsfreudigkeit die Gesellschaft spalte. Bei Asyl und Einwanderung begrü- stärken will. Dafür sollen Firmengründer leichter an Kapital ßen die Grünen laut Christmann einen weiteren Zustrom kommen. Im Forschungssektor seien zu viele junge For- von Menschen. Christmann kritisierte, dass Flüchtlinge mit scher in prekären Verhältnissen angestellt. Hier gebe es im einer Ausbildung oder einer Arbeit abgeschoben werden Vergleich zu den Vereinigten Staaten noch einigen Nach- könnten. Die Grünen möchten die Fluchtursachen bekämp- holbedarf. Dies möchte die SPD ändern. fen, besonders durch die Einschränkung von Rüstungsex- Die Vertreterin der Grünen verwies darauf, dass die Bil- porten. Außerdem soll die Frauenquote unter den Flücht- dungs- und Forschungspolitik Sache der Bundesländer lingen durch Kontingente gesteigert werden. Christmann und Baden-Württemberg die forschungsstärkste Region in- äußert sich auch gegen Gesetzesverschärfungen, da sie nerhalb der EU sei. Zur Stärkung der Gründerszene sollen nicht zu einer Verbesserung der Sicherheitslage beitrügen. auch große Unternehmen in die Verantwortung genommen Bei den Themen Sicherheit, Asyl und Einwanderung kristal- werden. Auch soll die Akademiker-, die Forschungs- und lisierten sich zwei Lager heraus. Die Vertreter von SPD und die Entwicklungs-Quote auf Bundesebene deutlich erhöht Grünen sahen keinen gesteigerten Handlungsbedarf bei werden. Gründern soll ein Gründungdarlehen von bis zu der Sicherheit. Der FDP-Vertreter forderte, dass Flüchtlinge 25.000 Euro gewährt werden. Unternehmen sollen, wenn eine Statusänderung erfahren können, um so zu Einwande- sie Forschung betreiben, eine Vergünstigung erhalten. rern zu werden.

Im vorletzten Themenblock ging es um „Bildung, Forschung, Der CDU-Vertreter kritisierte die Bildungsexperimente grüner Landes- Wirtschaft“. Die AFD sieht Spaniel zufolge das Schul- und regierungen und forderte Gelder zur Fortbildung von Lehrern für den Bildungssystem trotz kleiner Mängel als gut an und möch- Bereich digitales Lernen. te am dreigliedrigen Bildungssystem festhalten. Als Treiber des Wohlstandes in Deutschland sieht sie die Ausbildung in den MINT-Fächern. Spaniel verwies darauf, dass sich Spit- Kaufmann von der CDU schloss sich vielen Ausführungen zenforschung nicht nur durch staatliche Quellen finanzieren seiner Kollegen an und verwies auf Erfolge der eigenen kann und dass in Zukunft Forschung vermehrt in anderen Partei. Gleichzeitig kritisierte er Bildungsexperimente und MINT-Bereichen betrieben werden müsse, nicht nur in Ma- schinen- und Kraftfahrzeugbau.

59 1 / 2018 der Kulturen profitiert habe.

Für den CDU-Vertreter Kaufmann ist das Grundgesetz als Grundlage unseres gemeinsamen Zusammenlebens nicht hinreichend. Für ihn gibt es noch weitere Punkte, die das Zusammenleben definieren, wie die christlich-abendlän- dische Kultur. Doch sei es nicht Aufgabe der Politik, eine deutsche Kultur zu definieren.

Für Christmann (Die Grünen) führt der Begriff der Leitkultur zur Spal- tung der Gesellschaft.

Die Grünen behaupten, dass der Begriff der Leitkultur die Gesellschaft spaltet. Sie möchten, dass Kultur von allen Menschen, die hier leben, fortwährend weiterentwickelt werde. Es gehe darum, niemanden auszugrenzen.

Weil (FDP) sieht das Grundgesetz als Grundlage der frei- heitlich demokratischen Werteordnung an. Innerhalb dieser soll sich jeder Bürger und jedes Unternehmen frei ausle- ben können. Parallelgesellschaften lehnt er jedoch strikt ab. Darüber hinaus gebe es noch weitere Aspekte, die unsere spezifische deutsche Kultur ausmachen.

Die AfD bekennt sich laut Spaniel zu einer Leitkultur, die sie als christ- lich-abendländisch definiert. Multikulturalismus gehöre nicht dazu.

Auch Spaniel von der AFD sieht das Grundgesetz als ab- solute Grundlage. Jedoch muss sich der Staat auch an die Gesetze halten. Außerdem bemängelt Spaniel den derzeiti- gen Zustand der Gewaltenteilung und möchte sich für mehr Volksentscheide einsetzen. Die AFD bekenne sich zu einer Leitkultur, die sie als christlich-abendländisch definiert und positioniere sich gegen eine Politik des Multikulturalismus.

60 Aus den Burschenschaften Der Burschenschafter Digitalisierung der Gesellschaft – Bitcoin, das Geld der Zukunft? von Fabian Mades

Auf welche Herausforderungen müssen sich deutsche weise Facebook gelang. Die noch Anfang der 2000er Jah- Unternehmen im Zuge der Digitalisierung einstellen? Wo re bekannten „StudiVZ“ und „WerKenntWen“ sind bereits liegen die Schwachpunkte unserer Industrie im interna- Geschichte. tionalen Vergleich? Welche Rolle spielen sogenannte Kryptowährungen wie Bitcoin? Diese und weitere Fragen besprach am 22. November Claus-Peter Praeg, Themen- Viele Finanzexperten vermuten, beauftragter für Finanzdienstleistungen beim Fraunhofer dass die digitale Finanzblase bald platzen könnte. Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation, bei einem Burschenschaftlichen Abend auf dem Haus der Stuttgarter Im zweiten Teil behandelte Praeg die Kryptowährungen, Burschenschaft Ghibellinia. von denen Bitcoin die bekannteste ist. Mit diesen wollte man eine rein digitale Währung für Finanztransaktionen erschaffen, die einerseits Sicherheit garantiert und ande- Was die Anzahl der Innovationen im Zuge der digitalen Revolution rerseits ohne Regulierung auskommt. Damit soll garantiert anlangt, so habe China mittlerweile den USA den Spitzenrang abge- werden, dass Banken oder Regierungen auf den Wäh- laufen. rungskurs keinen Einfluss nehmen. Der Bitcoin basiert da- bei auf der sogenannten Blockchain-Technologie.

Im ersten Teil ging Praeg auf die Digitalisierung der Gesell- Bitcoin wurde bereits häufiger mit kriminellen Machen- schaft ein. Für ihn wird die Digitalisierung zukünftig sämt- schaften wie etwa dem Handel mit illegalen Drogen und liche Lebensbereiche erfassen, d. h. das Private wie das dem Versenden von Trojanern in Verbindung gebracht. Die Berufliche, wobei sich u. a. die Frage nach der Arbeit von Kryptowährung entwickelte sich sehr dynamisch bei mitun- morgen stellt. Daimler-Chef Dieter Zetzsche verfolgt bei- ter rasanten Kursschwankungen. Kostete 1 Bitcoin Anfang spielsweise in der digitalisierten Industrie hierarchielose November noch etwa 6.200 Euro, so stieg dieser am 6. Ansätze. Dabei sollen Entscheidungen schneller und bes- Dezember auf 10.671 Euro. Dennoch kommt er als Medium ser getroffen werden, indem maximal zwei hierarchische für Finanztransaktionen nur noch selten zum Einsatz. Viele Stufen zur verantwortlichen Person führen. Praeg ging auch Finanzexperten vermuten daher, dass die digitale Finanz- auf die Smart-Business-Ökosysteme ein. Ziel von Unter- blase bald platzen könnte. Ähnlich wie die Goldgräber vor nehmen wie Amazon, Google, Facebook oder Apple sei 150 Jahren springen heutzutage immer noch Bitcoin-Schür- es, ihre Kunden mit einer Rundumversorgung an sich zu fer auf den Zug des digitalen Währungsbooms auf. Im Zuge binden. Diese Business-Ökosysteme sieht er als mögliche des Schürfens sind auf diese Weise ganze Server-Farmen Konkurrenz zu den Banken, da sie auch Finanztransaktio- entstanden. Firmen, die nichts anderes machen, als mathe- nen mittels Apps anbieten werden. matische Probleme mittels Computer lösen zu lassen. Der Energiebedarf solcher Unternehmen übersteigt bisweilen Was die Zahl der Innovationen im Zuge der digitalen Re- den einer Kleinstadt. Es stellt sich die Frage, wie lange die- volution anbelangt, so habe China mittlerweile den USA ses Geschäftsmodell bei steigenden Energiepreisen zu- den Spitzenrang abgelaufen. Dabei wird bei genauerer künftig noch rentabel betrieben werden kann. Praeg geht Betrachtung ein weiteres Phänomen der Digitalisierung daher davon aus, dass auch in absehbarer Zeit nicht mit deutlich: Der Markt lässt in definierten und abgesteckten Kryptowährungen gearbeitet werden wird. Dennoch wird Bereichen auf Dauer keine konkurrierenden Dienste zu. Am sich das Finanzsystem durch die Digitalisierung verändern Ende setzt sich stets der Primus durch, wie dies beispiels- – und das schneller als manche glauben.

61 1 / 2018 „Islamismus bei Jugendlichen – Diagnose und Handlungsoptionen“ von Maik Cwielong

In den Medien liest man täglich über Terroranschläge und ligionsunterricht) passte nicht in das Bild eines klassischen Bombendrohungen durch Islamisten. Trotz dieses rohen Islamisten. Dabei hatte sich das Denken und Auftreten des und brutalen Vorgehens, gewinnen radikale Gruppie- Schülers deutlich verändert, denn er unterschied plötzlich rungen dennoch stets neue Anhänger. Besonders junge in „halal“ (erlaubt) und „haram“ (verboten). Gerade radikale Menschen lassen sich hierfür inspirieren, in Nahost wie in Fundamentalisten projizieren – so Jung – ihre Ideale auf Deutschland. Der Religionslehrer und Autor („Islamismus in die Gesamtgesellschaft und verlangen von dieser die Ein- der Schule“) Dr. Karsten Jung (B. der Rheinfranken Marburg, haltung moslemischer Vorgaben. So versuchen diese in B. Redaria-Allemannia Rostock) referierte Mitte November Schulkantinen ein Schweinefleischverbot durchzusetzen. bei Alemannia Stuttgart zu der Frage, warum sich gerade Für ihn ist Islamismus daher nicht – wie so oft von Politik und Jugendliche radikalisieren. Medien kolportiert – die Folge von Ausgrenzung, sondern dient der Sinnstiftung. D.h. je radikaler sie auftreten, umso Er berichtete, dass einer seiner muslimischen Schüler – erfolgreicher sind sie bei der Werbung neuer Mitglieder. Als ohne dass dieser es selbst merkte – sich radikalisierte. Lösungsweg fordert Jung, dass jede Schule einen speziell Denn dessen sozialer Hintergrund (wohlhabende Familie, ausgebildeten „Islambeauftragten“ einstellt, welcher als An- ordentliche Schulnoten, Teilnahme am evangelischen Re- sprechpartner für die Jugendlichen fungiert.

U-1873 Hilaritas lief zur Feindfahrt aus von Lasse Wobser

Wie jedes Jahr feierte Hilaritas Stuttgart am 13. Oktober ihre U-Boot-Kneipe im Gewölbekeller. Um 20 Uhr begann der Einstieg über einen engen Schacht in den Bauch des „Bootes“. Anschließend wurde den passend angezogenen Teilnehmern Rollen wie „Seitenruder“, „Torpedo links“ oder „Periskop“ zugeteilt und nach einer Einweisung jedes Ma- trosen lief die U-1873 Hilaritas aus dem Hafen aus. Unser Ziel war es, die „MS-Wingolf“ schnell mit unseren Torpedos zu versenken und die Beute von 200 Fässern Oettinger nach Hause zu bringen. Nach einem fatalen Bibeltreffer auf unser Periskop war die Motivation der Mannschaft am Bo- den. Würden wir nun gegen den Wingolf-Kreuzer verlieren? Würde das gesamte Bier in die Hände des Feindes über- gehen? Und würde es in dessen Frachtraum vermodern, weil die Wingolf-Matrosen ohnehin nur Apfelschorle tran- ken? Fragen über Fragen, die uns allen durch den Kopf gin- gen und uns wie betrunken machten. Doch das Geschick unseres „Kaleuns“ und die unglaubliche Fähigkeit unseres Schiffarztes, jeden Verwundeten mit der „richtigen Medizin“ zu versorgen, brachten uns schließlich den Sieg. Mit dem ganzen zweiten Deck voller Fässer kehrten wir in unseren Heimathafen zurück.

62 Aus den Burschenschaften Der Burschenschafter Karl Jarres – Kämpfer gegen Separatismus und Abtrennung der Rheinlande vom Reich von Michael Hacker

Karl Jarres (1874–1951) gehört zu den Zeitgenossen von Konrad Ade- nauer (1876–1967), mit dem ihn trotz erheblicher politischer Unterschie- de einiges verband. Leider ist Jarres im Gegensatz zu Adenauer heute weitgehend unbekannt.

Karl Rudolf Jarres kam am 21. September 1874 als zweites von fünf Kindern in , im Bergischen Land, zur Bekannt wurde Karl Jarres durch sein unbeugsames Verhalten wäh- Welt. Das Elternhaus war konservativ und musikalisch. Nach rend der Ruhrgebietsbesetzung. dem Abitur auf dem humanistischen Elberfelder Gymnasi- um im Jahr 1893 studierte er Jura in London, Paris, Bonn, Sein weit über Remscheid hinausreichender guter Ruf führ- Berlin und wieder Bonn. Im Februar 1897 bestand er sein te 1914 zu seiner Wahl zum Oberbürgermeister von Duis- 1. Staatexamen, wurde im Juni zum Dr. iur. promoviert und burg als Nachfolger seines Bundesbruders Carl Lehr (WS machte im Juni 1901 in Berlin sein Assessorexamen. 1861/62; 1842–1919). Doch statt die Entwicklung einer auf- strebenden Industrie- und Hafenstadt zu befördern, musste Jarres wurde im Sommersemester 1894 nach bereits ab- er kurz nach Amtsantritt (1. Juli 1914) den Mangel verwalten: solvierten Semestern in London und Paris bei der Bonner Die Kriegswirtschaft forderte seine Improvisationsfähigkeit. Burschenschaft Alemannia aktiv und war u.a. Sprecher, Die deutsche Niederlage, Novemberrevolution (1918), Spar- Kneipwart und Ehrenrichter. In seiner Aktivenzeit hat er takistenunruhen (1919) und der Bürgerkrieg zwischen „Roter zwölf Mensuren gefochten. In dieser Zeit ereignete sich der Armee“ und Freikorps/Reichswehr im Ruhrgebiet in Folge akademische Kulturkampf, der insbesondere an den Hoch- des Kapp-Putsches (1920) machten die Aufgabe als Ober- schulen tobte. Jarres selbst wurde 1896 dabei Opfer einer bürgermeister noch schwieriger. In der schweren Zeit nach Schlägerei, bei der ihm Mitglieder der Bonner katholischen dem verlorenen Ersten Weltkrieg kamen ihm sein Organi- KDStV Alsatia schwere Schädelverletzungen beibrachten. sationstalent und sein Verhandlungsgeschick immer wieder Doch anders als gedacht, setzte er sich für die Begnadi- zugute. Er hielt immer engen Kontakt zu allen Parteienver- gung eines der Täter aktiv ein. Ein Charakterzug, dem er tretern und den Führern der Arbeiterschaft. zeitlebens treu blieb. Bekannt über das Rheinland hinaus wurde Karl Jarres aber Nach dem Referendarexamen zog es ihn in die Verwaltung. durch sein unbeugsames Verhalten während der Ruhge- Die ersten Erfahrungen sammelte er als Bürgermeister in bietsbesetzung durch französische und belgische Truppen Mülheim/ (1901), Beigeordneter in Düren (1902) und im Januar 1923. Die Besatzungsbehörden erklärten Jarres Beigeordneter der Stadt Köln, bevor er 1910 Bürgermeis- für abgesetzt und wiesen ihn aus, weil er energisch gegen ter (1911 Oberbürgermeister) seiner Heimatstadt Remscheid den völkerrechtswidrigen Akt protestiert hatte und nicht wurde.

63 1 / 2018 bereit war, den Anordnungen der Alliierten Folge zu leis- ten. Noch in der folgenden Nacht kehrte er nach zurück und nahm in aller Öffent¬lichkeit seinen Dienst im Duisburger Rathaus wieder auf. Daraufhin wurde er kurzer- hand von belgischen Offizieren verhaftet, in ein Aachener Gefängnis gebracht und von einem belgischen Appellati- onsgericht zu zweimonatiger Haft verurteilt. Nach Verbü- ßung der Haft wurde er ins unbesetzte Gebiet ausgewie- sen.

Jarres kandidierte 1925 im ersten Wahlgang als Reichspräsident.

Die Ausweisung und damit die fehlende Möglichkeit der Amtsausübung machten sein reichspolitisches Engage- ment erst möglich: Er wurde Beauftragter der Reichsregie- rung für das besetzte Rheinland, später Innenminister in den Kabinetten Gustav Stresemann (DVP, wie Jarres) und I und II (Zentrum, später sein Mitbewerber um das Reichspräsidentenamt) – in den letzten beiden gleich- zeitig Vizekanzler. Nach dem Abzug der Franzosen aus Du- isburg im Januar 1925 nahm er in sein Amt als Oberbürger- meister wieder auf.

Der plötzliche Tod Friedrich Eberts (SPD) machte 1925 das Bismarck loyal zur Weimarer Republik. Er stellte sich z. B. Vorziehen der Wahl zum Reichspräsidenten nötig. Jarres – im Gegensatz zur Deutschen Burschenschaft – gegen trat an als Kandidat des sogenannten Reichblocks, beste- das Volksbegehren gegen den Young-Plan1, das von der hend aus seiner eigenen DVP, der rechtskonservativen extremen Rechten (DNVP und NSDAP) initiiert worden war, DNVP und anderen kleineren Parteien. Die ursprünglich um eine Desavouierung der Reichsregierung zu erreichen. angestrebte Einigung mit der eher linksliberalen DDP und dem katholischen Zentrum auf einen gemeinsamen Kandi- Nach seiner Amtsenthebung 1933 durch die Nazis und ei- daten misslang. Dennoch erreichte Jarres im 1. Wahlgang nem schweren Autounfall seiner Frau übersiedelte er mit die Stimmenmehrheit (38,8%), aber nicht die notwendige ihr nach Nideggen/Eifel. Seinen Lebensinhalt bildeten fort- absolute Mehrheit. Durch Betreiben der DNVP und Admi- an eher wirtschaftliche Tätigkeiten. So wurde er u.a. Mit- ral von Tirpitz wurde Jarres unter Druck gesetzt, zugunsten glied und später Vorsitzender des Aufsichtrates der Klöck- von Hindenburg auf seine Kandidatur im 2. Wahlgang zu ner-Werke. verzichten. Hindenburg siegte im 2. Wahlgang, bei dem die relative Mehrheit reichte, mit 48,3%. Um Adenauer nicht mit dessen „separatistischer Vergangenheit“ zu schaden, verfüg-te er die Sperre seines eigenen Nachlasses. Er widersetzte sich den separatistischen Bestrebungen Konrad Ade- nauers, das Rheinland von Preußen oder sogar vom Reich zu lösen. In dieser Funktion war er auch nach dem Zweiten Welt- krieg maßgeblich beteiligt an den Überlegungen zur Ent- Das Hin und Her um seine Kandidatur kränkte Jarres sehr, flechtung der deutschen Stahlindustrie, die die Alliierten weshalb ihm der „Rückzug“ in sein Amt als Oberbürger- forderten. Im Auftrag der britischen Besatzungsmacht er- meister nicht schwerfiel. Die intrigante Art in der Parteipoli- stellte Jarres eine Denkschrift, die sich mit den Ursachen tik empfand er als abstoßend. Trotzdem blieb Jarres auch des Nationalsozialismus´ und des Zweiten Weltkrieges aus- überregional tätig, nämlich als allseits geschätzter Vorsit- einandersetzt. Er sah darin als wesentliche Ursache neben zender des Rheinischen Provinziallandtages (1922–1932) dem Versailler Vertrag, den er immer als ungerechtes Diktat und als Mitglied des Preußischen Staatsrates. Dort wider- empfunden hatte, das Versagen der politischen Parteien in setzte er sich den separatistischen Bestrebungen Konrad der Weimarer Republik. Er sprach sich gegen eine systema- Adenauers, das Rheinland von Preußen oder sogar vom tische Entnazifizierung aus und betonte die Notwendigkeit, Reich zu lösen. genügend Arbeitsplätze zu schaffen, um die Bevölkerung für die neue Demokratie einzunehmen. Die Politik von Im Reich befürwortete Jarres eine politische Mehrheit Bundeskanzler Adenauer zur schrittweisen Emanzipation rechts der Mitte. Damit stand er im Gegensatz zu seinem Deutschlands begrüßte er; um Adenauer nicht mit seiner Parteivorsitzenden Gustav Stresemann (u.a. Burschen- schaft Neogermania Berlin, Burschenschaft Suevia Leipzig), 1 Fortentwicklung des Dawes-Planes, der die deutschen Reparationsleistun- der eine Annäherung an die SPD befürwortete. Jarres war gen aus dem Versailler Ver-trag festschrieb; Deutschland hätte bis in die kein Monarchist, sondern stand trotz seiner Verehrung für 1980er Jahre zahlen sollen.

64 Das historische Element Der Burschenschafter Anzeige Bereits in der 6. Auflage

„separatistischen Vergangenheit“ zu schaden, verfügte er die Sperre seines eigenen Nachlasses. Am 20. Oktober 1951 vollendete sich das Leben dieses geradlinigen, pflicht- bewussten und aufrechten Preußen aus dem Bergischen Land.

Die Burschenschaft Alemannia zu Bonn, deren Verwal- tungsratsvorsitz im Altherrenverein er über zwei Jahrzehn- te innehatte, dankte ihm sein großes Engagement für den Bund mit der Ehrenmitgliedschaft im Jahr 1919. Außerdem DIE ABRECHNUNG wurde 1958 ein Raum auf dem Verbindungshaus „Schänz- chen“ nach ihm benannt. 22 Professoren und Publizisten zie- hen eine Bilanz der Ära Merkel. Der Herausgeber, FAZ-Redakteur Philip Plickert, hat renommierte Autoren versammelt, die das poli- tische Wirken und die Person Merkels analysieren.

Das Fazit: Merkel ist ein Schein- riese. Sie hat gravierende Fehler gemacht – in der Euro-Krise, bei der kopflosen, planwirtschaftlichen Energiewende und besonders in der Flüchtlingskrise – die Deutsch- land lange belasten werden.

»Bekannte Autoren wagen eine Abrechnung mit der Kanzlerin« Die Welt

»Plickerts Buch ist ein Tornado, der Muttis Garten verwüstet« Allgemeine Zeitung, Mainz

»... einige der aktuell spannend- sten politischen Autoren mit einer bemerkenswerten Tiefenanalyse des politische Phänomens Merkel« Nordwest-Zeitung, Oldenburg

Michael Hacker »Ein lesenswertes Buch« Rheinische Post Michael Hacker (geboren 1962) studierte nach Abitur, Bundeswehr (Oberstleutnant d. R.) und Ausbildung zum Bankkaufmann von 1986 bis 1990 Betriebswirtschafts- Mit Klartext-Beiträgen von Thilo lehre an den Universitäten in Bonn und Köln. Der Dip- Sarrazin, Necla Kelek, Cora lom-Kaufmann arbeitet derzeit als Direktor im Kreditri- Stephan, Norbert Bolz, Roland sikomanagement bei der IKB Deutsche Industriebank Tichy, Werner Patzelt, Wolf- AG in Düsseldorf. Von 1986 bis 1990 war er aktiv in der gang Ockenfels, Ralf Georg Burschenschaft Alemannia zu Bonn (u. a. Sprecher und Reuth, Birgit Kelle, Daniel Sprecher des Roten Verbandes). In seiner Altherrenver- Koerfer, Dominik Geppert, einigung bekleidete er zahlreiche Ämter, u. a. das des David Marsh, Henning Klodt, Vorsitzenden des Vorstands. Derzeit ist er Pressebe- Stefan Kooths, Justus Haucap, auftragter und Mitglied des Verwaltungsrates. Zu stu- Michael Wolffsohn, Rafael denten-historischen und burschenschaftlichen Themen Seligmann, Anthony Glees, veröffentlichte er häufiger u. a. in verschiedenen Ver- Boris Kálnoky, Andreas Unter- bandszeitschriften. berger, Christopher Caldwell und Erich Vad.

FinanzBuch Verlag, 65 1 / 2018 256 Seiten | 19,99 € (D)

Anzeige_CATO_Plickert_Merkel.indd 1 21.11.17 14:02 200 Jahre Wartburgfest der Burschenschaft Interview mit dem Studentenhistoriker Peter Kaupp

Das Interview mit dem Studentenhistoriker Peter Kaupp (Arminia auf dem Burgkeller, Jena) über 200 Jahre Wartburgfest des Burschen- schaft führte die Preußische Allgemeine Zeitung (PAZ) für die Ausga- be zum 03. November 2017.

PAZ: „Zukunft braucht Herkunft“, heißt eine Redewen- Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung dung und der berühmte französische Anthropologe leider nicht auf der Wartburg statt, sondern wir mussten in Claude Lévi-Strauss glaubte gar, „dass ein Land ohne einem eigens dafür errichteten großen Festzelt tagen, was das Gefühl, dass seine Wurzeln in eine ferne Vergan- akustisch und klimatisch nicht das reine Vergnügen war. genheit zurückreichen, ohne das konstante Gefühl die- Dennoch überwog ein insgesamt sehr gutes Festklima, das ser historischen Kontinuität nicht lebensfähig sei“. Stim- eine aktuelle Vergewisserung burschenschaftlicher Ge- men Sie dem zu? meinsamkeiten und Ziele im Rückblick auf 1817 vermittelte.

Ja. Ähnlich hat es übrigens Papst Franziskus im Juli 2015 bei PAZ: Nun treten die zeitgenössischen deutschen Bur- seinem Besuch in Paraguay formuliert: Ein Land, das seine schenschaften ja sehr differenziert auf, sie streiten und Vergangenheit, seine Geschichte und seine Wurzeln ver- spalten sich gerne in unterschiedliche politische Aus- gisst oder sträflich vernachlässigt, hat keine Zukunft. Derar- richtungen. Beim Wartburgfest überwog offensichtlich tiges Wissen und die damit verbundenen Gefühle sind für aber ihr einigendes Band? die Identität, die Integration und die Zukunft auch unseres Landes geradezu überlebensnotwendig. Sie können mit Richtungsstreitigkeiten begleiteten das burschenschaft- bestimmten Personen (z. B. in der deutschen Geschichte liche Leben seit seiner Gründerzeit. Auf unzähligen Bur- mit Arminius, Barbarossa oder Luther) oder mit bedeuten- schentagen ging es zwischen den unterschiedlichen Mei- den Ereignissen (z. B. Hambacher Fest von 1832, Leipziger nungslagern, d.h. im Ringen über den richtigen politischen Montagsdemonstrationen von 1989 oder den Festlichkei- Kurs hoch her, was man auch positiv sehen kann. In vielen ten zum 3. Oktober 1990) verbunden sein. Zweifellos ge- Fragen gibt es eben keine Einheitslinie wie im Politbüro ei- hört das Wartburgfest von 1817 dazu. In gewisser Weise ner KP. fungiert ein ausgeprägtes Geschichtsbewusstsein, das frei- heitliche und positive Merkpunkte unserer Vergangenheit beleuchtet, wie ein sicheres Fundament, auf dem wir als „Von den Zielen der Urburschenschaft 1815, ‚eine Burschenschaft an Gesellschaft insgesamt stehen. Durch diese Bodenständig- jedem Hochschulort‘, war die Burschenschaft noch nie so weit entfernt keit und Verwurzelung finden wir auch leichter Orientierung wie 2017.“ in Gegenwart und Zukunft. In Bezug auf das Wartburgfest von 1817 sind sich allerdings „Die 200-Jahrfeier des Wartburgfestes der Deutschen Burschen- alle burschenschaftlichen Lager einig. Es war die erste ge- schaft war ein harmonisches und ungestörtes Fest, das eine aktuelle samtdeutsche Studentenversammlung und mit den „Grund- Vergewisserung burschenschaftlicher Gemeinsamkeiten und Ziele im sätzen und Beschlüssen“ von damals wurde der Grundstein Rückblick auf 1817 vermittelte.“ der burschenschaftlichen Idee gelegt. Ausgerichtet wurde die 200-Jahrfeier von der tendenziell eher rechtskonserva- tiven Deutschen Burschenschaft DB, also nicht von den bei- PAZ: Sie kommen gerade von der 200-Jahrfeier des den kleineren liberalen Verbänden, der 1996 gegründeten Wartburgfestes der Deutschen Burschenschaft aus „Neuen Deutschen Burschenschaft“ (Neue DB), der 2016 in Eisenach zurück. Wie war die Stimmung bei den ins- Anlehnung an den 1818 in Jena gegründeten gleichnami- gesamt über tausend Teilnehmern, welchen Eindruck gen „Allgemeinen Deutschen Burschenschaft“ (ADB) und möchten Sie hervorheben? den zahlreichen verbandsfreien Burschenschaften. Die drei ältesten jenaischen Burschenschaften nahmen offiziell an Im Gegensatz zu manchen früheren Veranstaltungen war dem Fest nicht teil. Von den Zielen der Urburschenschaft es ein harmonisches und ungestörtes Fest, an dem auf- 1815, „eine Burschenschaft an jedem Hochschulort“, war die fallend viele Burschenschafter aus Österreich teilnahmen. Burschenschaft noch nie so weit entfernt wie 2017. Zwar fanden der Festkommers und das Symposion der

66 Das historische Element Der Burschenschafter PAZ: Wenn Sie einmal im groben Überblick das Wart- Schreiben hieß. Hinzu kommt, dass die Wartburg 1521/22 burgfest von 1817 historisch einordnen: Inwiefern war der Zufluchtsort von Martin Luther war, der zentralen Per- es wegweisend und warum wird das doch ähnlich sönlichkeit der deutschen Reformation, der dort in nur elf motivierte Hambacher Fest von 1832 in der offiziösen Wochen das Neue Testament ins Deutsche übersetzte und Geschichtspolitik in der Bundesrepublik ausführlicher es damit auch dem einfachen Volk verständlich machte, gewürdigt? kurzum: Die Wartburg war die bedeutsame Stätte der jun- gen Nationalbewegung schlechthin! Mit Fug und Recht kann man dem Wartburgfest für die deutsche Geschichte schon eine herausragende und da- PAZ: Oft wird im Zusammenhang mit dem Wartburgfest mit wegweisende Bedeutung zuschreiben. Mit seinen auf eine dortige „Bücherverbrennung“ hingewiesen „Grundsätzen und Beschlüssen“ wurden Grundelemente und als Widerspruch zum Freiheitsgeist der Burschen- der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Verfassung schaften in Stellung gebracht, richtig? gelegt. Die Studenten forderten „bürgerliche Freiheiten“ wie Meinungs-, Rede-, Presse- sowie Glaubens-, Lehr- und Nein, weil es so nicht ganz stimmt! Richtig ist, dass außerhalb Lernfreiheit. Hinzu kamen Forderungen nach einer Über- des offiziellen Programms auf dem nahen Wartenberg so windung der damaligen Kleinstaaterei deutscher Fürsten- genannte „Bücher“ verbrannt wurden. Doch das waren kei- tümer, was ein Meilenstein für die Demokratie- und Natio- ne Bücher im eigentlichen Sinn, sondern Makulaturballen, nalbewegung in Deutschland war. Nicht zuletzt wurden vor weil gedruckte Bücher viel zu teuer gewesen wären. Und 200 Jahren dort erstmals die deutschen Farben gezeigt in diesen Makulaturballen befanden sich vor allem Schriften (die mitgeführte Fahne war rot-schwarz-rot, goldumran- von Gegnern des Turnwesens und der Burschenschaft. Die det, mit einem goldenen Eichenlaub in der Mitte), also die Initiative ging wohl von Berliner Burschenschaftern aus, die Farbensymbole der späteren deutschen Republik. Dass sich im Umfeld von Turnvater Jahn befanden. Nun waren das wenige Jahre später stattgefundene Hambacher Fest derartige Bücherverbrennungen damals nichts Ungewöhn- (1832) oftmals etwas ausführlicher gewürdigt wird, liegt ver- liches. Die Studenten konnten sich u.a. auf Martin Luther mutlich daran, weil es eher eine fröhliche volksfestähnliche berufen, der am 10. Dezember 1520 vor dem Elstertor in Massenveranstaltung mit rund 25.000 Frauen und Männern Wittenberg öffentlich die päpstliche Bann-Androhungsbul- war und deshalb länger im „kollektiven Gedächtnis“ haften le „Exsurge Domine“ verbrannt hatte. Dem Autodafé zum blieb als das recht ernste und rein studentische Wartburg- Opfer fielen auf dem Wartburgfest u.a. auch ein Exemplar fest mit ca. 500 Teilnehmern. des Code Napoléon, des damals fortschrittlichsten Rechts- werkes und insofern kein Ruhmesblatt für die jugendlichen „Die Wartburg war die bedeutsame Stätte der jungen Nationalbewe- Hitzköpfe. Wenn dabei auch die „Germanomanie“ des jü- gung schlechthin!“ dischen Publizisten Saul Ascher der „Bücherverbrennung“ zum Opfer fiel, dann wohl weniger deshalb, weil dieser Jude war (Antisemitismus spielte in der frühen Burschen- PAZ: Welche Rolle spielte beim Treffen auf der Wart- schaft noch keine Rolle), sondern weil dieser sich erdreis- burg die Erinnerung an die Reformation? tete, über die deutschtümelnden Jahn-Jünger zu spotten. Dass dabei auch die „Geschichte des deutschen Reichs“ Eine ganz zentrale Rolle! Im Einladungsschreiben der Je- seines erfolgreicheren literarischen Gegners Kotzebue ein naischen Burschenschaft vom 11. August 1817 stand die Opfer der Flammen wurde, begrüßte Goethe mit grimmi- 300-Jahrfeier der Reformation an erster Stelle. Damit soll- ger Schadenfreude und verspottete diesen mit den Versen: ten die Feier des Sieges der Völkerschlacht bei Leipzig „Dass Du Dein eignes Volk gescholten / Die Jugend hat es (1813) „und die erste freudige und freundschaftliche Zu- Dir vergolten / Aller End’ her kamen sie zusammen / Dich sammenkunft deutscher Burschen von den meisten vater- haufenweise zu verdammen, / St. Peter freut sich dieser ländischen Hochschulen“ verbunden werden, wie es im Flammen.“

67 1 / 2018 jener Jahre: „Je mehr die Deutschen durch verschiedene „Mit Recht hat der Verfassungshistoriker Ernst Rudolf Huber die maß- Staaten getrennt sind, desto heiliger ist die Pflicht für jeden vollen, in ihrem Kern die Grundpositionen des deutschen Liberalismus frommen und edlen deutschen Mann und Jüngling, dahin widerspiegelnden burschenschaftlichen ‚Grundsätze und Beschlüsse‘ zu streben, dass die Einheit nicht verloren gehe und das als ‚das erste deutsche Parteiprogramm‘ bezeichnet.“ Vaterland nicht verschwinde.“

„Auch die Burschenschaft bekennt sich zum deutschen Volk – aller- PAZ: Der urburschenschaftliche Freiheitsbegriff in Ver- dings mit dem Unterschied, dass die DB von ihren Mitgliedern die bindung mit den Forderungen nach Rechtsstaat und deutsche Abstammung, ADB und Neue DB von ihren das Bekenntnis Verfassung sowie nach deutscher Einheit sei in die Ver- zum deutschen Volk verlangt.“ fassungen von Weimar und in unser Grundgesetz von 1949 eingeflossen. In welchem Umfang trifft dies zu?

Hier gibt es wichtige Verbindungslinien. In den erst nach PAZ: Kritiker sehen auch als Folge der 68er Bewegung dem Wartburgfest beschlossenen, nicht veröffentlichten das deutsche National- und Geschichtsbewusstsein aber schnell verbreiteten „Grundsätzen und Beschlüssen stark unterentwickelt. Michael Wolffsohn charakterisier- des Wartburgfestes von 1817“, finden sich teilweise ähnliche te einmal bei einem Vergleich mit Israel die heutigen Formulierungen wieder wie in der Paulskirchenverfassung deutschen Funktionseliten als weitgehend „postnatio- (1849), in der Weimarer Verfassung (1919) sowie im Grund- nal“. Würde nur der Begriff „Volk“ überhaupt erwähnt, gesetz von 1949. Sie betreffen u. a. die Punkte Gleichheit bekämen sie einen „Hautausschlag oder einen Nerven- vor dem Gesetz, die Glaubens- und Gewissensfreiheit so- zusammenbruch“. Ändert sich da zurzeit etwas in Rich- wie die des Eigentums. Mit Recht hat der Verfassungshis- tung Normalisierung? toriker Ernst Rudolf Huber die maßvollen, in ihrem Kern die Ich hoffe das, denn die modische Ablehnung des Begriffes Grundpositionen des deutschen Liberalismus widerspie- „Volk“ halte ich für höchst fragwürdig, ja geradezu grotesk. gelnden burschenschaftlichen „Grundsätze und Beschlüs- Schließlich ist schon in der Präambel des Grundgesetzes se“ als „das erste deutsche Parteiprogramm“ bezeichnet. und in zahlreichen Artikeln vom „deutschen Volk“ die Rede. Sie seien die erste programmatische Zusammenstellung Auch ist hier die Eidesformel des deutschen Bundespräsi- der Leitgedanken des liberalen Nationalismus in Deutsch- denten, des Bundeskanzlers und der Bundesminister nach land, so Huber. Art. 56 (und Art. 64) GG in Erinnerung zu rufen, die da lau- tet: „Ich schwöre, dass ich meine ganze Kraft dem Wohle „Die Burschenschaften gehörten zu den ganz wenigen Gruppierungen, des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, die unbeirrbar an der Forderung nach einer deutschen Wiedervereini- Schaden von ihm wenden … werde.“ Und wie riefen unsere gung festhielten.“ mitteldeutschen Landsleute bei der Friedlichen Revolution der Jahre 1989/90: „Wir sind das Volk!“ und später „Wir sind PAZ: Und auch in der Präambel des „Bonner Grundge- ein Volk!“. Auch die Burschenschaft bekennt sich zum deut- setzes“ und der darin formulierten Staatszielsetzung schen Volk – allerdings mit dem Unterschied, dass die DB „die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden“ von ihren Mitgliedern die deutsche Abstammung, ADB und spiegelte sich doch ein urburschenschaftliches Anlie- Neue DB von ihren das Bekenntnis zum deutschen Volk gen: Die Überwindung der Spaltung Deutschlands in verlangen. Freiheit, oder? PAZ: Worin könnte ein zeitgemäßer Auftrag der deut- Eindeutig! Vor allem wenn wir uns die Zeiten der Teilung schen Burschenschaft von heute und morgen beste- Deutschlands im Kalten Krieg vergegenwärtigen. Da galt hen? bis tief ins bürgerliche Lager hinein die nationale Einheit zumindest als „nicht opportun“. Stellvertretend für viele an- Sich über die Pflege des integrierten studentischen Brauch- dere Einheitsgegner sei hier beispielhaft auf das Credo von tums hinaus und unabhängig von der Parteizugehörigkeit Klaus Harpprecht hingewiesen: „Ich will keine Wiederverei- auf allen Ebenen an der politischen Willensbildung zu be- nigung, sie bedroht die europäische Balance und treibt die teiligen und gesellschaftliche Verantwortung zu überneh- BRD in eine gefährliche Isolierung, gefährdet den Frieden men, kurz: Sich dem Gemeinwesen uneigennützig zur Ver- und liegt nicht im Interesse der deutschen Nation“. Dage- fügung zu stellen. gen gehörten die Burschenschaften zu den ganz wenigen Gruppierungen, die unbeirrbar an der Forderung nach ei- ner deutschen Wiedervereinigung festhielten. In Artikel 1 (Wir danken der Preußischen Allgemeinen Zeitung für den der bereits erwähnten „Grundsätze“ von 1817 heißt es in Abdruck des Interviews.) dem uns heute etwas ungewohnten jugendlichen Pathos

68 Das historische Element Der Burschenschafter „Die Wartburg ruft und verpflichtet“ von Otto Riepen

Geprägt von diesem Zitat, verfasst von Dr. Bruno Burchardt (Olympia Wien) in den Burschenschaftlichen Blättern (3/2017) und der Einla- dung durch die Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsfor- schung e.V. (GfbG) nahm ich an der von der ­Deutschen Burschen- schaft organisierten 200. Jahrfeier des Wartburgfestes von 1817 teil.

Eine Veranstaltung, und das sei vorweg formuliert, die sich konnte – traf sich eine große Anzahl von Burschenschaf- nach innen und außen, dem Auftreten der Teilnehmer und tern, teils per Bus, mit dem Auto oder zu Fuß im Innenhof dem Niveau des Symposiums gemäß als würdevoll und der Wartburg. Die Teilnahme von etwa 500 Burschenschaf- außerordentlich beeindruckend erwies. Wann hat es das tern entsprach in etwa der Zahl der Studenten von 1817. Die schon einmal gegeben, dass eine Großveranstaltung der Veranstaltung begann mit dem Lied: „Wir hatten gebauet…“ Deutschen Burschenschaft ohne jegliche Störaktion abge- laufen ist? Die Ansprache hielt Michael Büge (Gothia Berlin), ehema- liger Staatssekretär im Berliner Senat. Bekannt wurde er auch durch seine Entscheidung, nicht aus seinem Bund Das Wartburgfest, das Auftreten der Teilnehmer und auszutreten, als seine Vorgesetzten ihn zwangen, zwischen das Niveau des Symposiums erwies sich würdevoll seiner Position als Staatssekretär und seiner Bundeszuge- und außerordentlich beeindruckend hörigkeit zu wählen. Anlass waren angeblich rechtsradika- le Aktivitäten der Gothia Berlin. In seiner Rede befasste er sich mit dem Begriff der Freiheit, der schwerpunktmäßig in Zu Beginn der Veranstaltung wurden wir von der Informati- fast allen Ansprachen auf der Burg 1817 thematisiert wurde. on überrascht, dass sich auf Grund der ursprünglich hohen Durchaus passend dazu wurde das in Burschenschaftskrei- Zahl von weit mehr als 900 Anmeldungen das seit einigen sen nicht so bekannte Lied „Schwarz-Rot-Gold“ gesungen. Jahren genutzte Versammlungslokal in Seebach, welches Wer konnte ahnen, dass alle Hoffnungen und Erwartungen, maximal nur 400 Teilnehmer fasst, als zu klein erwies. Um die sich im Wahlspruch versinnbildlichten, im Zeitalter der allen Burschenschaftern gerecht zu werden entschloss Restauration und Demagogenverfolgungen zunichte ge- man sich zu einer logistischen Glanzleistung. Innerhalb kur- macht wurden. zer Zeit wurde in unmittelbarer Nähe des Berghotels und des Burschenschaftsdenkmals praktisch vor dem Eingang So erweist sich die vierte Strophe des auf der Wartburg ge- des Hotels auf einem Stück grüner Wiese ein großes Fest- sungenen Liedes „Schwarz-Rot-Gold“ – verfasst 1826 von zelt errichtet, was in Anbetracht der ohnehin schon enor- Eduard Elwert – als immer noch hochaktuell, und das gilt men Kosten für die Veranstaltung zu einem Mehraufwand für alle Burschenschafter mit oder ohne Verbandsbindung, von mehr als 40.000 Euro führte. wo sie auch leben in Deutschland, Österreich, der Schweiz oder Chile: Trotz Verbots trafen sich 500 Burschenschafter auf der Wartburg und „Ob sich die feindlichen Gewalten noch feindlicher demonstrierten für die Meinungsfreiheit. zusammenziehn, stets wollen wir am Bunde halten, in fester Bruderlieb er- glühn; das holde Bild Die Veranstaltung begann am Freitag, dem 20. Oktober, mit im Herzen tragen, das sinnig sonst dem Blick sich bot; einem Begrüßungsabend im Berghotel mit Informationen die Hoffnung lebt, bald wird es tagen, zum Festablauf. Leider konnten bei dem umfangreichen der bessern Zukunft Morgenrot!“ Programmangebot Überschneidungen nicht vermieden werden. So erwies sich meine bereits vorher getroffene Die Kundgebung auf der Wartburg endete mit dem Absin- Entscheidung, am Symposium der GfbG sowohl vormittags gen des Liedes der Deutschen. als auch nachmittags teilzunehmen – wie sich später he- Auf die Vorträge der GfbG im Einzelnen einzugehen würde rausstellte – als unglücklich, da eine Teilnahme am Wart- sich als zu umfangreich erweisen. Für Bundesbrüder, die burgfestgedenken auf der Burg somit nicht möglich war. Da sich für die Geschichte der Burschenschaft interessieren aus den bekannten politischen Gründen eine offiziell an- und sich gerne über die Thematik und die Referenten ein zumeldende Gedenkfeier im Rittersaal der Wartburg nicht Bild machen wollen, habe ich die Rednerliste im Original erwünscht war – wie ich sie noch vor zehn Jahren erleben eingefügt.

69 1 / 2018 Inzwischen hatte sich ein leichter bis zeitweilig mittelschwe- rer Regen eingestellt, der die Auflauffläche zum Zelt – aus- gelegt mit einer Plane auf der durchnässten Wiese – in eine von Pfützen geprägte Unebene verwandelte, sodass so mancher Burschenschafter auffällig schwankend den Saal betrat, wie man es eher beim Verlassen am Ende des Kom- merses erwarten konnte. Die beiden relativ schmalen glä- sernen Eingangstüren konnten den Andrang von weit mehr als 1.000 Burschenschaftern kaum fassen. Im Saal bot sich ein Gedränge um die besten Sitzplätze, die sich als lang- gestreckte schmale Holzbänke erwiesen, auf denen man praktisch Rücken an Rücken saß. All das trug der Stimmung keinen Abbruch. Im Gegenteil, die Erfahrung zeigt, je enger man zusammensitzt, umso angenehmer ist die Atmosphä- re und die Stimmung. So war es auch im Festzelt am Bur- schenschaftsdenkmal.

„Wenn unsere heutige Generation nicht in der Lage ist, differenziert zu betrachten, werden wir auch nicht in der Lage sein, die Gabe den nächsten Generationen weiterzugeben.“ (Prof. Dr. Reinhard Kienberger)

Die wichtigste Erkenntnis aus den Vorträgen, die ich mit nach Hause nahm, ist die Bewertung der auf der Burg ge- Die Festrede hielt der Münchner TU-Professor Dr. Reinhard haltenen Reden mit religiösem Kontext. Bei allen Diskus- Kienberger (Oberösterreicher Germanen in Wien). Durch sionen und Beschlüssen war immer ein protestantisch-re- das Rauschen eines Platzregens auf Teile der Fenster wäh- ligiöser Hintergrund zu spüren. Also eine gute Mischung rend der äußerst temperamentvoll vorgetragenen Rede zwischen protestantischem Gottesdienst und politischen – mit großem Beifall gewürdigt – bot sich der Versamm- Kundgebungen. Nebenbei vermerkt, selbst Sand wollte als lung eine spannende Atmosphäre. Ausführlich ging er noch religiös motivierter Täter sterben. einmal auf die Geschichtsklitterei des linken Lagers bei der Bewertung der Deutschen Burschenschaft allgemein, des Wartburgfestes und insbesondere der sogenannten Bü- Am Kommers nahmen weit mehr als 1.000 Burschenschafter teil. cherverbrennung ein, die im Grunde gar keine war, aber bewusst zu der Bücherverbrennung in der nationalsozialis- tischen Zeit in Bezug gesetzt wird. Nur wenig bekannt ist Insofern war es sinnvoll, am Ende des Symposiums in „Fort- m. E., dass die Versammlung auf dem Wartenberg ja kei- führung der christlichen Traditionen der Urburschenschaf- neswegs offiziell geplant wurde, sondern auf eine Spon- ter“ einen ökumenischen Gottesdienst abzuhalten. tanaktion einiger weniger zurückzuführen war. Bücher im Als Abschluss der Veranstaltung war – nach einem vor- eigentlichen Sinne wurden ja nur wenige verbrannt, die ausgegangenen Feuerwerk am Burschenschaftsdenkmal sich als eindeutig vaterlandsfeindlich erwiesen. Am meisten – der Festkommers ein weiterer Höhepunkt im Programm. handelte es sich um Makulaturpapier aus der Eisenacher Druckerei.

Doch zurück zur Festrede: Der Redner ging ausführlich auf die Völkerschlacht bei Leipzig ein, das politische Schachern der Herzogtümer nach der Befreiung und den Problemen in unserer Gesellschaft und endete mit einer herben Kritik an den linkslastigen Medien und dem unseligen Mainstream. Ich zitiere: „Wenn unsere heutige Generation nicht in der Lage ist, differenziert zu betrachten, werden wir auch nicht in der Lage sein, die Gabe den nächsten Generationen wei- terzugeben.“

„Der Burschenschaft und ihren Gründern ist es maßgeblich zu ver- danken, dass der größte Teil des deutschen Volkes heute sein Leben und seine Zukunft auf rechtsstaatlicher Grundlage gestalten kann.“ (DB-Broschüre)

70 Aus dem Korporationsmileu Der Burschenschafter Zum Abschluss möchte ich aus der von der DB verfassten Festbroschüre zitieren: „Seit über 200 Jahren besteht die burschenschaftliche Bewegung aus aktiven Streitern für demokratische Grundsätze. Sie wird getragen vom Glau- ben an Einigkeit und Recht und Freiheit und dem darauf ge- richteten beharrlichen Streben, frei von Opportunismus und zeitgeistigen Strömungen. Der Burschenschaft und ihren Gründern ist es maßgeblich zu verdanken, dass der größ- te Teil des deutschen Volkes heute sein Leben und seine Zukunft auf rechtsstaatlicher Grundlage gestalten kann.“ Und das kann durchaus auch von der ADB unterstrichen werden!

Fazit: Eine eindrucksvolle und nachhaltig harmonische Veranstaltung der Deutschen Burschenschaft.

Hervorragende Veranstaltungen dieser Art wie die 200. Jahrfeier entbehren manchmal auch nicht eines emotiona- len Hintergrunds, ohne dabei nun gleich von romantischer Verklärung reden zu müssen. Bezugnehmend auf das ein- gefügte alte Bild, das mich seit meiner Jugendzeit begleitet, gab es für den Verfasser dieses Berichts nun doch noch die Gelegenheit, am Ende der Veranstaltung eine Wanderung auf die Wartburg zu machen.

Und somit zum Abschluss des Berichts über eine ein- drucksvolle und nachhaltig harmonische Veranstaltung der Deutschen Burschenschaft:

Stiftungsfest der Teutonia Freiburg ohne Wanderung auf die Zähringer Burg? Nein!

In Eisenach zu sein ohne Wanderung auf die Wartburg und Der Bericht von Dr. Otto Riepen (Teutonia Freiburg 1957) zum Burschenschaftsdenkmal? Das geht schon gar nicht! stammt aus den Bundesnachrichten der Freiburger Bur- schenschaft Teutonia, Nr. 164, Oktober 2017, S. 46-50). Ein „Voran und beharrlich!“ allen Burschenschaftern. Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Verfassers.

71 1 / 2018 Wissenschaftliches Symposium „200 Jahre Wartburgfest“ am 21. Oktober 2017 in Eisenach von Christian Oppermann Ein Teil der großen Gedenkfeiern anlässlich „200 Jahre Wartburgfest 1817–2017“ war das Symposium der Gesellschaft für burschenschaft- liche Geschichtsforschung e.V. (GfbG) mit insgesamt elf Vorträgen, die sich auf hohem wissenschaftlichen Niveau bewegten.

Nach den Eröffnungsworten des ehemaligen GfbG-Vorsit- Handeln für eine erstrebte Zukunft. Zugleich setzten die zenden Dr. Klaus Oldenhage sprach Pastor em. Arnulf Bau- Lieder Emotionen frei, machten Befreiungskrieg und Bur- mann (B. der Bubenreuther Erlangen) vor zunächst noch schenschaft im wahrsten Sinne des Wortes für nachfolgen- kleinem Auditorium zum Thema: „Neuaufbruch in einer de Studentengenerationen fühlbar, die so an den nationa- Zeit der Krisen. Wartburgfest und Reformationsjubiläum“. len Aufbrüchen 1813, 1815 und 1817 Anschluss gewinnen und Zum Wartburgfest als der bis dahin größten Studentenver- Teilhabe erreichen konnten. sammlung in der deutschen Geschichte entwickelte er eine ausgezeichnete zeitgeschichtliche Einordnung. Das Fest im Als nächstes erinnerte Birgit Bublies-Godau an den deut- Oktober 1817 steht auch für die Überwindung ausschließlich schen Demokraten und Burschenschafter Jakob Venedey landsmannschaftlicher Fixierung und für ein neues Glau- (1805–1871) und dessen Vergleiche zwischen Wartburg- bensbewusstsein einer Studentenschaft, die mehr als ein und Hambacher Fest. An letzterem hatte er teilgenommen. Vierteljahrhundert Krieg hinter sich hatte, die nach neuen Im Wartburgfest sah er einen Vorläufer; von hier aus hätten Formen und Inhalten suchte. sich die Gedanken von nationaler Einheit und Freiheit aus- gebreitet und Raum gewonnen. Zugleich kam es zu einer Egalisierung und Demokratisierung eines vormals elitären Klaus Ries: „Die Bücherverbrennung auf dem Wartenberg als ersten Ideenguts, zu dessen Verbreitung gerade die Burschen- Schritt zum Holocaust zu konstruieren, ist vollkommen abwegig.“ schaft maßgeblich beigetragen hatte.

Der Jenaer Neuzeithistorikers Prof. Dr. Klaus Ries wider- Axel Bernd Kunze: „Die Feier Luthers und des Abendmahls auf dem legte mit „Das Wartburgfest von 1817 – romantisches Mit- Wartburgfest war Ausgangspunkt jener christlich-korporativen telalterspektakel oder demokratisches Turnfest?“ die Gemeinschaften.“ provokante These vom „Terror auf der Burg“. Die Bücher- verbrennung am Ende des Festes auf dem Wartenberg – verbrannt wurden Buchattrappen bzw. Altpapierpacken – Der Vormittag wurde – souverän moderiert von Professor richtete sich gegen Autoren, die gegen das Turnwesen und Klaus Malettke – abgerundet von PD Dr. Axel Bernd Kunze die Burschenschaft geschrieben hatten, die aus Sicht der (Burschenschaften im Schwarzburgbund Alemannia-Leip- Studenten für die Restauration standen. Symbolisch ver- zig zu Bamberg und Rheno-Germania Bonn). Der Pädago- brannt wurde auch das französische Gesetzbuch, der Code ge und Sozialethiker sprach zum Thema: „Die christliche Napoléon, welches jene Geschworenengerichte festlegte, Burschenschaft, Entstehung und Entwicklung“. Die Feier die von den Burschenschaftern gefordert wurden – was Luthers und des Abendmahls auf dem Wartburgfest war auf die Ambivalenz des Festes hinweist. Aus dieser Aktion ihm Ausgangspunkt jener christlich-korporativen Gemein- „den ersten Schritt zum Holocaust“ zu konstruieren, sei voll- schaften, die Teile der burschenschaftlichen Ideen aufgrif- kommen abwegig. Des Weiteren war das religiös-sittliche fen und besonders betonten, andere dagegen ablehnten, Moment zentral für das historische Fest. Ohne das Wirken vornehmlich den Waffengebrauch. Martin Luthers ist das Wartburgfest nicht zu verstehen. Ries Im Laufe des Vormittags wuchs die Zuhörerschaft an, nach- führte aus, dass mit Carl Ludwig Sands Mord an August dem die Wartburg-Kundgebung beendet war. Am Nachmit- Kotzebue 1819 das moderne Märtyrertum in die Geschichte tag waren es bereits etwa 400 Personen, darunter längst eingetreten sei; Sand könne als christlicher Fundamentalist nicht nur Burschenschafter. verstanden werden. Die Moderation wechselte am Nachmittag zwischen Dr. Angela Luise Heinemann: „Die Wartburglieder ließen erahnen, welche Klaus Oldenhage (B. der Norddeutschen und Niedersach- Gefühle die Festteilnehmer 1817 bewegten.“ sen in Bonn, B. Germania Trier) und PD Dr. Dr. Harald Lönne- cker (B. Normannia-Leipzig zu Marburg, B. Normannia zu Leipzig, Kasseler B. Germania, B. Ghibellinia zu Prag in Es folgte der Vortrag von Angela Luise Heinemann über die Saarbrücken, S. Normannia-Danzig zu Braunschweig), der Wartburgfestlieder, die bisher noch nicht zusammenhän- das Symposium wesentlich vorbereitet hatte. gend untersucht worden und Gegenstand ihrer Dissertati- on sind. Nach Heinemann ist das Wartburgfest ein Beispiel Klaus Oldenhage: „Entwicklungen und Symbole des Deutschen Ordens für Sicherung, Transformierung und Übertragung von Erin- wurden von der Burschenschaft im nationalen Kontext neu aufgeladen nerung in Gegenwart und Zukunft und damit auch aktives und gedeutet.“

72 Aus dem Korporationsmileu Der Burschenschafter von links nach rechts Prof. Klaus Malettke Dr. Klaus Oldenhage Christian Oppermann Prof. Günter Cerwinka

Oldenhage sprach über den Deutschen Orden, Ernst Mo- bzw. 1927 wurden Jubiläen des Wartburgfestes gefeiert. ritz Arndt und die Burschenschaft. Dabei zeigte er die Pro- Jede Zeit las etwas anderes in die Ereignisse von 1817 hi- bleme der Zeitgenossen des frühen 19. Jahrhunderts auf, nein, negierte bestimmte Punkte und hob andere hervor. ideelle und politische Kontinuitäten aus- und festzumachen, Lönnecker zeigte, wie und warum dies der Fall war und die einem Gebilde namens „Deutschland“ nach dem Ende warum Jubiläen viel eher Auskunft über diejenigen geben des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation neue können, die sie feiern, als über diejenigen, derer sie ge- Gestalt, Form und Dauerhaftigkeit geben sollten. Bekannte dacht werden. Entwicklungen und Symbole, so auch die des Deutschen Ordens, wurden nicht nur übernommen, sondern im natio- nalen Kontext auch neu aufgeladen und gedeutet. Helma Brunck: „1935 instrumentalisierten die Nationalsozialisten das Lönneckers erstes Thema waren „Krieger und Kämpfer. Zu Wartburgfest von 1817.“ den nationalkriegerischen Voraussetzungen von Burschen- schaft und Wartburgfest 1813–1817“. Es ging um Brüche und Besonders war das der Fall beim Wartburgfest vom 18. Kontinuitäten, eine neue, seit der preußischen Niederlage Oktober 1935, über das zum Abschluss Dr. Helma Brunck von 1806 langsam gewachsene Qualität von Mentalität und referierte. Sie ging auf die nationalsozialistische Instrumen- Habitus der Studenten, die in zunehmende Nationalisie- talisierung des Wartburgfestes von 1817 ein, das zugleich rung und Radikalisierung der Studenten mündeten: „Die das – vorläufige – Ende der Deutschen Burschenschaft schwarze Schar der Lützower gilt als die Wiege der Bur- markierte. schenschaft“, so Lönnecker. Der GfbG gelang es mit dem Symposium einen hohen An- spruch gerecht zu werden. Das 200. Jubiläum des Wart- Günter Cerwinka: „In Österreich verlief die burschenschaftliche burgfestes wurde dadurch nicht nur gewürdigt, sondern es Entwicklung ganz anders als im Deutschen Bund.“ konnte in die deutsche Geschichte eingeordnet werden. Die Vorträge suchten den historiographischen Ort eines Ereignisses zu bestimmen, mit welchem 1817 rund 500 Der steiermärkische Landeshistoriker Prof. Dr. Günter Cer- Studenten und Burschenschafter eine Wirkung erzielten, winka (Akademische B. Allemannia Graz) machte uns in die bis in die Gegenwart spürbar ist. Die Burschenschaft einem weiten Rundblick mit der Entwicklung in Österreich war nicht nur eine antinapoleonische Nationalbewegung vertraut, der „Frühphase der Burschenschaft in der Habs- deutscher Studenten, sondern die erste politische Jugend- burgermonarchie“, und wies auf einen Strang der burschen- bewegung in Europa. Das Wartburgfest von 1817 war zu- schaftlichen Geschichte hin, dessen Verlauf ganz anders gleich die erste gesamtdeutsche Feier und die erste nati- war als im Deutschen Bund. Das betraf nicht nur Zahl und onale Organisation des deutschen Bürgertums überhaupt. Umfang der Bewegung, sondern auch die Konfrontation mit Die Folge des Wartburgfestes waren die „Beschlüsse des einer weitaus stärkeren Repressionspolitik, die burschen- 18. Oktobers“, die erste Formulierung der Grundrechte in schaftliches Leben bereits nach wenigen Jahren fast gänz- Deutschland. Sie flossen in die Reichsverfassungen von lich unterdrückte und unmöglich machte. Aber auch die 1848/49 und 1919 sowie in das Grundgesetz 1949 und etli- Nichtteilnahme von Burschenschaftern aus Österreich am che Landesverfassungen ein. Wartburgfest kam zur Sprache sowie die dafür verantwortli- chen politischen Bedingungen. Die Vorträge sollen 2018 in einer Festschrift erscheinen, die von Harald Lönnecker und Klaus Malettke herausgegeben wird. Darin werden auch weitere Aufsätze von Spezialisten Peter Kaupp: „Das Wartburgfest war durch einen bewussten Protes- enthalten sein, die nicht zu Wort kommen konnten. tantismus geprägt.“

Mit der Herman-Haupt-Plakette wurden Prof. Cerwinka, Prof. Malettke Prof. Dr. Peter Kaupp (Burschenschaft Arminia auf dem Burgkeller zu Jena.) führte mit „Gott, Ehre, Freiheit, Vater- und Dr. Oldenhage geehrt. land, Die protestantischen Wurzeln der Urburschenschaft“ vor Augen, dass das Wartburgfest durch einen bewussten Im Rahmen des Symposiums wurden Cerwinka, Malettke Protestantismus geprägt wurde. Etliche Lieder und Hand- und Oldenhage mit der Hermann-Haupt-Plakette geehrt. lungen waren religiös motiviert, mit Gebeten, Segen und Alle drei Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats der Abendmahl hatten die Veranstaltungen des 18. Oktobers GfbG, letzterer zudem als langjähriger Vorsitzender, haben 1817 den Charakter eines Gottesdienstes. Erkennbar wurde sich um die Erforschung der Geschichte der Burschen- hier ein neuer Konfessionalismus, den es so in der Studen- schaft verdient gemacht. tenschaft bisher nicht gab. Kaupp erläuterte, woraus er sich speiste, wie er sich entwickelte und was für Folgen er hatte. Christian Oppermann ist Alter Herr der Prager B. Arminia Der zweite Vortrag Lönneckers galt der „erneuerten Erin- zu Bochum und der Brünner B. Libertas zu Aachen und nerung an das Wartburgfest von 1817“. 1848, 1867 und 1917 seit Mitte 2017 Vorsitzender der GfbG.

73 1 / 2018 Neues aus dem Korporationsmilieu

Corpsstudententum als immaterielles Weltkulturerbe? Die Deutsche Burschenschaft feierte vom 20. bis 22. Okto- ber 2017 das Jubiläum „200 Jahre Wartburgfest“ am Fuße Die Kösener und Weinheimer Corpsstudenten bemühen des Burschenschaftsdenkmals in Eisenach. sich derzeit intensiv um Spitzenvertreter aus Politik und Wissenschaft, die ihnen attestieren sollen, dass ihre Traditi- Dazu wurde eigens von der Deutschen Burschenschaft on würdig ist, als immaterielles Weltkulturerbe von der UN- ein Festzelt errichtet, um dem großen Andrang gerecht ESCO anerkannt zu werden. Gesucht wird nach Politikern zu werden: An den Veranstaltungen (Begrüßungsabend, vom Rang eines Ministerpräsidenten und nach Lehrstuhlin- spontane Zusammenkunft im Hof der Wartburg, wissen- habern für Geschichte. Ausdrücklich soll dabei offenbar auf schaftliches Symposium, Festkommers) nahmen weit mehr die alte landsmannschaftliche Art der studentischen Gesel- als 1.500 Burschenschafter, Korporierte anderer Verbände lung Bezug genommen werden. sowie Personen des öffentlichen Lebens und Gäste teil.

Der KSCV ist nach der Aufnahme von Flaminea Leuven in Die Vorsitzende Burschenschaft der Deutschen Burschen- Deutschland, Österreich, der Schweiz, Ungarn und Belgien schaft im Geschäftsjahr 2018 ist die Münchener Burschen- vertreten. Mit Selonia Riga steht für 2018 bereits die nächs- schaft Alemannia. te mögliche Neuaufnahme an, dann würde der Verband auch in Lettland vertreten sein. (phro) (Dirk Taphorn, B. Normannia-Nibelungen zu Bielefeld, Schriftleiter der Burschenschaftlichen Blätter)

Coburger Cartell- Convent verband

Der Coburger Convent hat als erster Korporationsverband In den 19. Bundestag wurden sechs CVer gewählt – drei eine verbandsinterne Internetplattform errichtet, in der mehr als in den vorherigen. Neben Norbert Altenkamp das gesamte Wissen über Landsmannschaften und Tur- (Sauerlandia Münster, CDU) vertreten Jochen Haug (Rhe- nerschaften gesammelt werden soll. U. a. sollen Bundes- no-Baltia Köln, AfD), Alois Karl (Rupertia Regensburg, CSU), und Verbandsgeschichten, Listen der Präsidierenden und Stefan Pilsinger (Vindelicia München, CSU), Patrick Schnie- der AHCC-Vorsitzenden sowie ein biographisches Lexikon der (Noves Bonn, CDU) und Paul Ziemiak (Widukind Osna- berühmter Mitglieder eingestellt und für die eigenen Mit- brück, CDU) die Wähler. Die 132. Mitgliederversammlung glieder nutzbar gemacht werden. Bildersammlungen zum des Cartellverbandes findet unter dem Vorsitz von Moritz Thema Couleurkarten sowie die CC-Blätter von ihrer ersten Seubert (Asgard (Düsseldorf) zu Köln) vom 31. Mai bis 3. Juni Ausgabe bis heute sind bereits abrufbar. (fg) 2018 in Köln statt.

(Jochen Prinz, KDStV Hasso-Nassovia Frankfurt, KAV Capi- tolina zu Rom)

74 Aus dem Korporationsmileu Der Burschenschafter Leitbild einer zeitgemäßen Burschenschaft Ein herausforderndes Jahr 2017 liegt hinter der NeuenDB. Der VWL-Student Jan Seeberger (B. Hansea Mannheim) Die Austritte dreier Mitgliedsbündeund der Beitrag in der der ersten Neuen Jahreshälf Deutschen Burschenschaft- wurde e.V. Ende Oktober 2017 zum neuen RCDS-Landesvorsit- te hat im Verband im einundzwanzigsten Jahr seines Beste- zenden von Baden-Württemberg gewählt. Zudem gehört er hens zu einem intensivierten Diskussionsprozess geführt. als kooptiertes Mitglied dem CDU-Landesvorstand an. Unter dem Motto „NeueDB – QuoStandpunkte vadis?“ einer finden zeitgemäßen dazu Mit Burschenschaft- (Jochen Blaesing, B. Hansea zu Mannheim) gliederveranstaltungen Eine zeitgemäße zur Standortbestimmung Burschenschaft hat für statt. Geistesfreiheit Die- und Zukunftsorientierung zu se werden im stehen.Frühjahr Sie hat2018 die fortgeführt. sich verändernden Ein Kernanliegen gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse zu der NeuenDB berücksichtigen.ist und bleibt Sieauch hat sichdas zu Thema verändern, der um„Freiheit sich selbst treu zu bleiben. in Verantwortung“ Eine zeitgemäßein klarer BurschenschaftAbgrenzung hatzu von aggressivem überkommenen Vaterlandsbegriffen Abstand zu nehmen und die Bundesrepublik Deutschland als ihr Vaterland zu betrachten. Zugleich Nationalismus hatund sie denvölkischer Gedanken derGesinnung. europäischen Exemplarisch Einigung zu unterstützen. wird diese Grundhaltung Für eine zeitgemäße seit langem Burschenschaft vom Mitgliedsbund haben Rasse oder Abstammung des Burschen- der Burschenschaftschafters der keine Bubenreuther Rolle zu spielen, Erlangen sondern vorgelebt. allein dessen Haltungen und die Bereitschaft, Der Bund verzeichnetsich für das auch deutsche deswegen Vaterland einzubringen.im 200. Jahr des Bestehens eine Eine wachsende zeitgemäße Zahl Burschenschaft von Neumitgliedern. hat die Eigenständigkeit Nach und Freiheit der Bünde zu re- spektieren. einem stimmungsvollen Eine zeitgemäße Stiftungsfest Burschenschaft im Juli braucht folgte keine Anfang Bestrafungs - und Beireitungskultur, um Dezember in dasAnwesenheit Miteinander derder Bünde Erlanger zu gewährleisten. Bürgermeisterin und des Dekans der Friedrich-Alexander-Universität ein viel beachteter Festakt mit LandesbischofDie Neue Deutsche Heinrich Burschenschaft Bed- e.V. ford-Strohm Dieals NeueFestredner. Deutsche DasBurschenschaft Stadtarchiv e.V. begleitete (NeueDB) ist die der 1996 gegründete Dachverband der wechselvollefreiheitlichen Geschichte Burschenschaften des NeueDB-Gründungsmitglieds in Deutschland. Sie steht in der Tradition der urburschen- mit einer Ausstellungschaftlichen im Bewegung Stadtarchiv. von 1815 mit ihrem Wahlspruch „Freiheit – Ehre – Vaterland“ und ihren Farben schwarz-rot-gold. (Marc-Oliver Schach, B. Brunsviga Göttingen, Pressespre- Aufgaben cher der NeuenDB e.V.) Zu den Aufgaben der NeuenDB als Verband gehört die Förderung einer zeitgemäßen Burschenschaft. Nach innen gehört hierzu insbesondere die Unterstützung der Mitglieds- bünde im zukunftsorientierten Sinne bei…  der Vermittlung von sozialen Fähigkeiten, Persönlichkeits- und Allgemeinbildung,  der Förderung von staatsbürgerlichem Interesse und patriotischem Engagement,  der Pflege burschenschaftlicher, akademischer und deutscher Traditionen,  dem Eintreten für das Zusammenwachsen der Völker Europas. Zu den Aufgaben des Verbandes zählen weiterhin die Öffentlichkeitsarbeit, der Meinungs- und Gedankenaustausch im Verband und über die Verbandsgrenzen hinweg sowie die Er- bringung von Leistungen für Mitgliedsbünde und Einzelmitglieder. Am 26. Oktober 2017 wurde Maurice Gesser, Vize der Aktivitäten Jungen Union Hamburg, während einer Sitzung des Stu- Um ihren Aufgaben gerecht zu werden, hat die NeueDB seit 1996 folgendedentenparlaments Einrichtungen ins von mutmaßlich linksextremen Tätern Leben gerufen: wegen seiner Mitgliedschaft im Corps Rhenania zu Ham- Die NeueDB-Akademie fördert wichtige allgemeine Kompetenzen angehenderburg angegriffen Akademiker. und leicht verletzt. Die AStA-Vorsitzende Der Heinrich-Luden-Preis honoriert vorbildliches burschenschaftlichesFranziska und gesellschaftliches Hildebrandt erklärte in der Frankfurter Allgemei- Engagement bei gleichzeitiger überdurchschnittlicher Studienleistung.ne Zeitung Öffentliche amPodiums 30. Dezember- dazu: „Antidemokraten aus veranstaltungen, Burschentage sowie das Verbandsmagazin „Academicus“ regen zu Diskussion demokratischen Prozessen auszuschließen, das ist schon richtig“. „Als Mitglied einer schlagenden Verbindung ver- tritt [Gesser] eindeutig antidemokratische Werte.“ Dass das Corps von Gesser nicht vom Verfassungsschutz als verfas- sungsfeindlich eingestuft wird, interessiert die Vorsitzende nicht: „Der spezifische Zugang zur Geschichte, zu Werten Verband der Vereine Deutscher Studenten und Argumentation einer wissenschaftlichen Institution macht uns als Studierendenschaft zu einem Gremium, das Neuer (gemischter) Vorort des VVDSt ist Marburg. Die Voro- diese Frage im Zweifel besser bewerten kann.“ Auf die Fra- rtchargen sind Lukas Korf (VDSt Marburg), Vxx Lucas Stein- ge, wie es um das Thema Gewalt stehe, antwortete sie: „Im ke (VDSt Dresden), Vxxx Philipp Butt (VDSt Aachen-Breslau Fall Gesser muss man doch die Verhältnisse klarrücken. Ich II), Vxxxx Thorben Spitzer (VDSt Köln). Die ergab die Wahl verurteile Gewalt, ja, aber als Mitglied einer schlagenden auf der Verbandstagung vom 8. bis 11. Juni 2017 in Dresden. Verbindung ist gerade er derjenige, der sie repräsentiert. Das Konzept des gemischten Vororts hat sich bereits in der Deshalb verurteile ich die Position, die er vertritt. Maurice Vergangenheit bewährt. (Zlw) Gesser ist kein Opfer in diesen Verhältnissen!“ (fg)

75 1 / 2018 Zwischen Ruhm und Schande: 200 Jahre Freiburger Korporationen von Marc Zirlewagen

Es mangelt nicht an Büchern, welche die über 200-jährige Der Anhang umfasst mehr als 100 Seiten. In ihm listet der Geschichte der Freiburger Korporationen sowie deren Vor- Autor unter anderem die Geschichte und Gegenwart sowie geschichte behandeln. Zahlreiche Festschriften sind eben- die Wappen der einzelnen Verbindungen auf, charakte- so verfügbar wie Aufsätze zu Einzelthemen. Ein Desiderat risiert deren Dachverbände und macht Angaben zu ihren war aber bislang eine historische Gesamtdarstellung aller bedeutenden Mitgliedern. Hinzu kommt ein Quellen- und Freiburger Korporationen. Prof. Martin Dossmann, Haupt- Literaturverzeichnis. geschäftsführer des Wirtschaftsverbandes Bauwirtschaft Rheinland-Pfalz, stv. Vorsitzender im Verein Alter Freiburger Nach einem solchen Werk hatte ich mich in meiner Frei- Rhenanen und Vorsitzender der Bildungsstiftung Rhenania burger Aktivenzeit gesehnt. Nun ist es endlich erschienen. Freiburg, hat nun das vielfältige Freiburger Korporationswe- Es ist das Nachschlagewerk für die Freiburger Korporati- sen in mühseliger und akribischer Arbeit erschlossen. onsgeschichte. Wer sich für sie interessiert, wird an diesem schönen und reich bebilderten Buch große Freude haben. Die von ihm seit Bestehen der Universität gezählten 150 Studentenverbindungen hat er in Beziehung zueinander gesetzt und in den Rahmen gestellt, den Staat und Univer- sität ihnen einräumten. Im Vordergrund steht dabei nicht die Geschichte der einzelnen Verbindungen. Vielmehr zeigt der Autor, wie sich das studentische Leben in den Korpora- tionen abspielte und wie die Korporationen auf ihr Umfeld reagierten. Wie viel Arbeit dies mit sich brachte, macht er im Vorwort deutlich. Er teilt mit, dass er sich auf die aktiven Ver- bindungen konzentriert, eine sozialgeschichtliche Einbet- tung aber ebenso wenig behandelt wie den Bau und Kauf von Korporationshäusern in Freiburg und im Schwarzwald, „obwohl sie für das Aktivenleben von Bedeutung waren.“ Diese thematische Einschränkung macht Dossmann jedoch mühelos wett, wenn er auf 270 Seiten unter anderem von glanzvollen Blütezeiten, staatlichen Verboten und universi- tären Repressalien berichtet. Er bettet die Korporationsstu- denten in die Herausforderungen ein, vor denen sie zu ih- rer jeweiligen Zeit standen und schildert, warum einige sich vertagen mussten und andere daraus gestärkt hervorgin- gen. Das Buch macht parallele historische Entwicklungen und Gemeinsamkeiten ebenso deutlich wie die Unterschie- de zwischen den Verbindungstypen (Geschichte, Ziele, Prinzipien, Verhaltensweisen). Bei aller Liebe des Autors zum Korporationsstudententum, welche man dem Buch stets anmerkt, scheut sich Dossmann nicht, auch die Schat- tenseiten der Korporationsgeschichte auszuleuchten. So Dossmann, Martin: „Freiburgs behandelt er unter anderem die Themen Antisemitismus in Schönheit lacht uns wieder …“. Die Korporationen, Korporationen und nationale Mission, Schla- Studentenverbindungen in Freiburg geter als Vorbild einer Generation („Radikalisierung nach im Breisgau, Hilden 2017, WJK-Verlag, rechts“), Umsetzung des Arier-Prinzips sowie Befürworter 391 Seiten. Preis: Euro 37,90; ISBN des NS-Regimes. In einem Resümee „aus der subjektiven 3-944052-99-1. Sicht eines Korporierten“ spricht Dossmann daher auch von Das Buch kann auch direkt bezogen „unrühmlichen Phasen“ in der Geschichte der Freiburger werden bei: Kurt U. Bertrams, Korporationen, die keinen Anlass geben, „mit Stolz zurück Mozartstr. 30, 40724 Hilden, zu blicken“. Er stellt auch fest, dass Bedeutung, Attraktivität Tel.: 02103-999 207, und Ausstrahlung der Korporationen stark gesunken sind. ePost: [email protected] Sein Buch ist daher nicht nur als historische Abhandlung, sondern auch als Aufruf zum Bekenntnis für den eigenen Bund, zur Erziehung charakterfester Persönlichkeiten und zum Festhalten an Anforderungen und Prinzipien zu verste- Der Rezensent Marc Zirlewagen studierte in Marburg hen. „Burschen heraus!“ fordert er von den Freiburger Kor- und Freiburg/Br. Geschichte und Politik und gehört dort porationsstudenten. Sie sollen eine akademische Vorbild- jeweils dem VDSt an. Er publizierte weit mehr als 20 Bü- funktion übernehmen, ihre Öffentlichkeitarbeit verbessern, cher, vorwiegend zur Studentengeschichte, insbesonde- der Universität eine wissenschaftliche Zusammenarbeit re zum Verein Deutscher Studenten. Sein bekanntestes anbieten und sich stärker am Universitätsleben beteiligen. Werk ist: „Wir siegen oder fallen“ – Deutsche Studenten im Ersten Weltkrieg, Köln 2008.

76 Rezensionen Der Burschenschafter Studentenverbindungen in Chile von Jörn König

Im Buch „Studentenverbindungen in Chile“ begegnet der Leser im Hauptteil einer Darstellung der fünf Burschen- schaften und der drei Mädchenschaften, sowie einer Viel- falt von Schilderungen studentischer Erinnerungen und Erlebnissen aus allen Bereichen des Verbindungslebens in Chile. Ergänzend findet man Berichte über die politi- schen Entwicklungen in Chile, Angaben über den Einfluss Deutschlands auf Land und Leute sowie vielfältige Berichte von deutsch-chilenischen Persönlichkeiten und über Insti- tutionen im Lande.

Burschenschaften und Mädchenschaften haben in Chile Tradition, sie erfreuen sich nun seit 120 Jahren eines leben- digen Korporationslebens. Viele Elemente des deutschen tige Einstellung der Mitglieder der deutsch-chilenischen Komments, der studentischen Sprache und des deutschen Burschenschaften, nicht wie in einem Gastland zu leben, Liedgutes bilden die Grundlage des Verbindungslebens in sondern sich als aktive und passive Mitglieder immer Chile Chile. Die deutsch-chilenischen Farbenstudenten kennen verpflichtet zu fühlen. die deutschen Burschenschaften recht gut, denn der Blick Es ist ein Verdienst der Herausgeber, viele Fakten und Ein- schweift immer hinüber nach Deutschland und so ist man drücke durch eigenes Erleben und aus vielen Gesprächen gut informiert. In Deutschland weiß man hingegen wenig auf Reisen in Chile erworben zu haben. Damit wurde das Genaues über die Burschenschaften und Mädchenschaf- Buch bereichert und vermittelt Aktualität. ten im fernen Chile. Ein seit vielen Jahren gepflegter Stu- dentenaustausch der Deutschen Burschenschaft, welcher „Studentenverbindungen in Chile“ ist nicht nur für den in einem Kapitel beleuchtet wird, sorgt allerdings für gute geneigten Leser in Deutschland interessant, sondern in Kontakte in diesem Verband. hohem Maße auch für die jungen deutsch-chilenischen Burschenschaftsgenerationen. Die gelungene Zusammen- Das Buch gibt viele Fakten über das chilenische Verbin- stellung von Chroniken und Dokumenten ermöglicht es, je dungsleben preis und bietet in vielerlei Hinsicht interes- nach Interesse zielgerichtet oder auswählend zum Zeitver- sante Einsichten: Es wir die Geschichte des Heimatlandes treib zu lesen oder sich mit Durchsicht einer Satzung oder Chile und seiner Leute dargestellt. Neben politischen As- einer Hausordnung einer Verbindung zu beschäftigen oder pekten wird von Auswirkungen auf alltägliche Probleme der anhand der beigefügten Liste von ca. 70 deutsch-chileni- Studenten, auf Wohnraumbeschaffung oder auf die Spra- schen Institutionen zu informieren. Das Lesevergnügen ist che berichtet. Es wird der Einfluss der deutschen Abstam- garantiert. Einige Kapitel können als Thema in der Fuxen- mung der Studenten auf die Mentalität der Verbindungen stunde von Interesse sein. in einem lateinamerikanischen Land erfahrbar. Zudem wird die Geschichte jeder einzelnen Verbindung mittels eigener Eine Übersetzung des Buches ins Spanische wäre sinnvoll. Beiträge dargestellt. Es sind Dokumente aus früheren und Denn Studenten, die der deutschen Sprache nicht mäch- neueren Zeiten, aus denen man den Geist der Verbindung tig sind, könnten in den Charakter der Verbindungen, der in der entsprechenden Zeit herauslesen kann. deutsch-chilenischen Gesellschaft und gar in die Geschich- te des Landes Einblick nehmen und Persönlichkeiten der Das Buch ist jedoch keine reine Geschichtsdarstellung hiesigen (deutsch-)chilenischen Gesellschaft aus einem an- der acht Bünde in Chile. Die Beschreibungen des Landes deren Blickwinkel betrachten. Chile, seiner Bewohner, seiner Geschichte, seiner Staat- lichkeit, seines Hochschul- und Universitätswesens, sei- Den Autoren ist ein Buch gelungen, welches durch seine ner deutsch-chilenischen Gesellschaft (die so genannte Vielseitigkeit anspricht und einen aktuellen Beitrag leistet „Deutsche Kolonie“), einiger deutscher Institutionen und zur Verständlichkeit der deutschen und der deutsch-chile- Vereine bietet die Möglichkeit, den heutigen Charakter der nischen Bünde. deutsch-chilenischen Burschenschaften zu erahnen und zu ergründen. Persönlichkeiten aus der Deutschen Kolonie mit Bertrams, Kurt U./Gäbler, Wolfgang (Hrsg.): Studenten- ihren Chroniken treten wie Zeitzeugen auf. Sie lassen den verbindungen in Chile, WJK-Verlag, 303 Seiten. Preis: Widerstreit deutscher Tradition mit den landestypischen Euro 29,90; ISBN 3-944052-66-3. Gepflogenheiten durchscheinen. Das Buch kann auch direkt bezogen werden bei: Kurt An mancher Stelle des Buches kommt der geistige Streit U. Bertrams, Mozartstr. 30, 40724 Hilden, um ein unabhängiges, freiheitliches Deutschtum in frühe- Tel.: 02103-999 207, ePost: [email protected] ren, politisch eingeschränkten, und heutigen Zeiten zum Ausdruck. Es war damals und ist heute die Basis für die Der Rezensent Jörn König wurde in Valparaíso geboren freiheitliche Gesinnung ─ Treue zum fernen Deutschland und ist Alter Herr der Burschenschaft Ripuaria zu Valpa- und zur allgegenwärtigen chilenischen Heimat. Beim Lesen raíso. Er kennt die Lebensart der Deutsch-Chilenen aus erkennt man den klaren Willen und die konsequente geis- eigener Anschauung.

77 1 / 2018 Weitere Lücke in der ältesten jüdischen Verbindung geschlossen

Manchmal glaubt man, dass man mit dem Rezensio- nen-Schreiben nicht mehr nachkommt, gibt es doch einige Studentenhistoriker, die innerhalb kürzester Zeit immer wie- der neue Bücher herausbringen. So wie beim Grazer Ha- rald Seewann, der sich seit Jahrzehnten insbesondere der jüdisch-nationalen Studentenverbindungen in Österreich widmet (siehe Ausgabe 2/2017).

Nun hat Seewann eine Dokumentation über die A.V. Kadi- mah vorgelegt, die älteste jüdisch-nationale Studentenver- bindung im deutschsprachigen Raum, die mit 488 Din-A4- Seiten beeindruckend ist. Diese enthält neben Statuten, Protokollen, Fotos, Tagungs- und Medienberichten auch die Chronik und das Bundeslied der Verbindung als Faksi- mile. Darüber hinaus sind Originalquellen abgedruckt, die das Studentenleben in Wien und Österreich, insbesondere die Satisfaktionsverweigerung der nichtjüdischen Kommili- tonen und die Studentenkrawalle in den ersten beiden De- Erratum kaden des 20. Jahrhunderts thematisieren. Zudem erfährt In der letzten Ausgabe wurde Prof. Seewann irrtümli- der Leser, wie die überlebenden Mitglieder nach dem Völ- cherweise ein Doktor-Titel zugeschrieben. Wir bitten kermord durch die Nationalsozialisten die Kadmiah in den dies zu entschuldigen. Der Professorentitel wurde ihm Vereinigten Staaten und Israel neu konstituierten. Der Her- für seine jahrzehntelange studentengeschichtliche Pub- ausgeber hat erneut eine beeindruckende Dokumentation likationstätigkeit im Oktober 2007 auf Empfehlung des vorgelegt, der die größte Anerkennung gebührt, zumal er Bildungsministeriums vom österreichischen Bundesprä- damit der ältesten jüdisch-nationalen Studentenverbindung sidenten verliehen. ein bleibendes Denkmal geschaffen hat. (fg)

Prof. Harald Seewann (Grazer akad. Burschenschaft Marko-Germania ist Gründer (1979) und Mitglied im Steirischen Studen- tenhistorischen Verein Graz sowie weiterer studentengeschichtlicher Vereine. 1995 gründete Seewann das Archiv Historia Academica Judaica und ist Herausgeber des gleichnamigen Periodikums.

Seewann, Harald: A.V. Kadimah. Fundstücke zur Chronik der ältesten jüdisch-nationalen Studentenverbindung (Wien 1882–1938), Eine Dokumentation, Graz 2017, Broschüre, Format DIN-A-4, 488 Seiten, Preis: Euro 36,-.

Das Buch kann unter Angabe der Bestellanschrift und des Bezugspreises (zzgl. Porto) bei Prof. Harald Seewann (Resselgas- se 26, A-8020 Graz, Email: [email protected]) bestellt werden.

Biographisches Lexikon: Bekannte Künstler burschenschaftlicher Herkunft Seit 1815 haben sich Burschenschafter nicht nur als Politiker, sondern auch als Künstler um das Gemeinwesen verdient gemacht. Dieser Band bietet eine Auswahl von Kurzbiogra- phien verstorbener Persönlichkeiten, die zeitlebens oder zumindest in ihrer Studentenzeit Mitglied einer Burschen- schaft im deutschsprachigen Raum waren und im weiteren Sinn als Künstler hervorgetreten sind. Dazu gehören Dich- ter, Schriftsteller, Komponisten, Musiker, Sänger, Dirigenten, Maler, Bildhauer, Architekten und Schauspieler, aber auch Literatur-, Kunst- und Musikwissenschaftler. Erstmals gewür- digt werden auch weniger bekannte Burschenschafter, die ihren Lebensunterhalt in anderen Berufen verdienten, sich aber quasi „nebenberuflich“ als Künstler einen Namen ge- macht haben. Die knapp gefassten Texte umfassen auch ein Werk- und Literaturverzeichnis. Der Band wird durch ein detailliertes Personenregister und ein Verzeichnis Dvorak, Helge (†): Biographisches Lexikon der Deut- der verwendeten Literatur ergänzt, wird im Frühjahr 2018 schen Burschenschaft, Band II: Künstler, im Auftrag der erscheinen und ist für Mitglieder der Gesellschaft für bur- GfbG, hrsg. von Kaupp, Peter, Heidelberg 2017, ca. 600 schenschaftliche Geschichtsforschung e.V. (GfbG) mit dem Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Leinen, Euro 88,-; üblichen Nachlass erhältlich. (pk) ISBN 978-3-8253-6813-5.

78 Rezensionen Der Burschenschafter Konservativer Journalismus im Aufwind von Robert Mühlbauer

Die Dominanz linker und linksliberaler Journalisten wird herausgefor- dert. Ein Beispiel dafür ist das jüngst gestartete Intellektuellen-Maga- zin „CATO“.

Printmedien befinden sich in einer Krise. Um ein Drittel oder keit erregt. Es nennt sich CATO, „Magazin für neue Sach- mehr ist die Auflage der meisten Zeitungen im vergange- lichkeit“. Chefredakteur ist der Publizist Andreas Lombard, nen Jahrzehnt gesunken. Zuletzt hat sich der Abwärtstrend der jahrelang eine Kolumne in der Berliner Zeitung schrieb, beschleunigt. Tageszeitungen wie die BILD und BamS, die dann den Landt-Verlag und Manuscriptum aufbaute. Nun FAZ, die WELT, die Frankfurter Rundschau und die Süddeut- verantwortet er CATO. Die Startauflage liegt bei 50.000 Ex- sche Zeitung haben stark verloren; Neues Deutschland – emplaren und wie zu hören ist, war die Nachfrage erstaun- das Blatt der Betonlinken – ist regelrecht abgestürzt, auch lich hoch. die Auflage der linken taz bröckelt.

Wichtige Gründe dafür sind der Medienwandel und der Der Name CATO bezieht sich auf den wortgewaltigen konservativen Wandel des Konsumentenverhaltens durch die Internet-Re- Senator, der die verfallende römische Republik und die republikani- volution. Ein ebenso wichtiger Grund ist aber auch der Är- sche Freiheit gegen ihre Feinde verteidigte und zuletzt den Freitod der ger vieler Leser über einen bevormundenden, lückenhaften Gefangennahme vorzog. und vielfach linkslastigen Journalismus. Allensbach-Umfra- gen haben gerade in den vergangenen zwei Jahren einen Verfall des Vertrauens in die Medien festgestellt. Dieser Auf dem Titelblatt der ersten Nummer war eine an einen wurde ausgelöst durch die sehr einseitige Willkommens- römischen Imperator erinnernde Angela-Merkel-Marmor- kultur-Berichterstattung während der Flüchtlingskrise, ins- büste. Die Kanzlerin aus der Uckermark als Caesarin, die besondere im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. zunehmend autokratisch-alternativlos regiert? Der Titel war sicher eine Provokation, aber eine gelungene. Der Name CATO bezieht sich auf den wortgewaltigen konservativen Rund drei Viertel aller Politikjournalisten, die sich zu einer Partei Senator, der die verfallende römische Republik und die bekennen, neigen zu Grünen, SPD und Linken. republikanische Freiheit gegen ihre Feinde, besonders gegen Caesar, verteidigte und zuletzt den Freitod der Ge- fangennahme vorzog. Über „Catos Tragik“ schrieb in der Auffällig ist, dass die rechtskonservative Wochenzeitung ersten Nummer der Althistoriker David Engels von der Uni- Junge Freiheit gegen den Trend kräftig wächst. Diese, die in versité libre in Brüssel, der bekannt geworden ist durch sein korporierten Kreisen viel gelesen wird (ihr Politik-Ressortlei- Buch „Auf dem Weg ins Imperium“, das den Niedergang der ter ist Burschenschafter), hat ihre Auflage laut den IVW-Zah- römischen Republik und die Entwicklung in EU-Europa ver- len seit 2008 verdoppelt. Auch das Monatsmagazin Cicero, gleicht. Der noch junge Historiker Engels beschreibt auf- das sich mit scharfer Kritik an Merkels Migrationspolitik her- fällige Parallelen: Wirtschaftskrise, demografischer Nieder- vorgetan hat, verzeichnet steigende Abonnentenzahlen. gang und Familienzerfall, Wertewandel, Demokratieverlust Das zeigt, dass für intelligenten nicht-linken Journalismus und abgehobene Eliten, relative Globalisierung (gemessen durchaus eine Nachfrage vorhanden ist. Hinzu kommen an der damals bekannten Welt) und Masseneinwanderung neue rechtsliberale Angebote im Internet, etwa „TichysEin- schwächten damals die Römische Republik. Ein Vergleich blick.de“ des ehemaligen Wirtschaftswoche-Chefredak- zur heutigen EU bietet sich an. Den zweiten Schwerpunkt teurs Roland Tichy, das Blog „Die Achse des Guten“ (ach- der CATO-Erstausgabe bildete ein kritischer Aufsatz über gut.com) des scharfzüngigen Publizisten Hendryk Broder die hässliche moderne Betonarchitektur aus der Feder des und zahllose, teils polemisch-scharfe, private Politblogs, am konservativen britischen Philosophen Roger Scruton, der bekanntesten das islamkritische Portal „Politically Incorrect“ ihr eine menschenfreundliche neoklassische Architektur (pi-news.net). der Modellsiedlung Poundbury von Prinz Charles gegen- überstellt. Michael Klonovsky schrieb eine feine Reportage Es tut sich was auf der nicht-linken Seite. Entsprechend über die Plattensammlung des Historikers Jörg Friedrich. besorgt reagieren die linksliberalen Meinungswächter, die Überhaupt sind viele Seiten des neuen konservativen Ma- sich bislang darauf verlassen konnten, dass es eine soli- gazins der Kunst und Kultur gewidmet. de linke Dominanz unter den Journalisten gab. Umfragen von Allensbach oder der Professorin Magreth Lünenborg von der FU Berlin für den Fachjournalistenverband haben Die Süddeutsche Zeitung ätzte, das neue „pseudofeine“ rechte Maga- ergeben, dass rund drei Viertel aller Politikjournalisten zu zin solle ganz dem Vorbild Cato nacheifern und ebenfalls am besten Grünen, SPD und Linken neigen. Mit dieser überwiegenden Selbstmord begehen. linken Schlagseite schreiben sie aber an einer zunehmen- den Zahl von Lesern vorbei. Das Medienecho auf die erste CATO-Ausgabe war ge- In diesem Herbst ist ein neues, dezidiert konservatives mischt. Während die NZZ von einer „neuen Stimme der Magazin auf den Markt gekommen, das viel Aufmerksam- Konservativen“ schrieb, die mit lesenswerten Essays „an-

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spruchsvolle Leser„Das Durchschnittliche aus der Mitte gibt der der WeltGesellschaft“ ihren Bestand errei– - das Außergewöhnliche ihren Wert” (Oscar Wilde) chen könne, ätzte die Süddeutsche Zeitung, das neue CATO „pseudofeine“ rechte Magazin solle ganz dem Vorbild Cato nacheifern und ebenfalls am besten Selbstmord begehen.

Die zweite Ausgabe, die kurz vor dem Scheitern der Ja- No. 1 | Oktober / November 2017 | www.cato-magazin.de November / 1 | Oktober No. No. 1 | Oktober / November 2017 | www.cato-magazin.de November / 1 | Oktober No. maika-Koalitionsverhandlungen Ende November erschien, Euro D: 12 22 SFR CH: Euro A: 13,50 Euro 14 Eurozone: CATOMAGAZIN FÜR NEUE SACHLICHKEIT machte mit einem provokanten Essay des Publizisten Thorsten Hinz auf, der glaubt, Westeuropa sei durch Masse- neinwanderung und Multikulturalismus unrettbar verloren; es werde zerfallen. Ein Ausweg könnte eine Auswanderung nach Osteuropa sein. Der Historiker Karlheinz Weißmann Die Zukun Republik der Die Zukun analysiert die tiefgreifende Verschiebung der politischen Landschaft durch den Aufstieg der AfD. Lesenswert ist ein langes Interview mit dem französisch-jüdischen Philoso- phen Alain Finkielkraut, der offen über die Tendenzen der Islamisierung in Frankreich spricht. Teile Frankreichs sind wohl schon unrettbar an nicht integrierbare Muslime aus Nordafrika und dem Nahen Osten verloren. No. 1 | 2017 No.

Die Artikel machen CATO zu einem facettenreichen, kurzweiligen und No. 1 | 2017 opulenten Magazin, das es mit Cicero aufnehmen kann, dabei aber Wenn alle wählen, was keiner will noch mehr quer zum Mainstream steht. Lernen Sie auch unsere Hotels in Fort Myers, Florida, und das Schwerpunk hema »Die Zukun der Republik« ab S. 6 neue Panorama Hotel Turracher Höhe in Kärnten kennen! DR. LOHBECK Privathotels Dr. Lohbeck GmbH Co. KG · Barmer Straße 17 · 58332 Schwelm Sir Roger Scruton über Prinz Charles Musterstadt Poundbury Etwas zu schwermütig und pessimistisch hingegen der S. 34

Text vonAnzeige-CATO-Vorlage02.qxp_Layout Chefredakteur 1 30.10.17 08:46Andreas Seite 1 Lombard über die Bau- Kein Ende in Sicht – Martin van Creveld über den Nahen Osten www.lohbeck-privathotels.de S. 46

stelle des nur äußerlich rekonstruierten, aber inhaltlich ent- 4 191271 606001 01 leerten Berliner Stadtschlosses,„Das Durchschnittliche dem gibt ein der WeltHausherr ihren Bestand fehlen - werde, wie er schreibt.das AußergewöhnlicheUnd Andreas Kinneging, ihren Wert” (Os Professorcar Wilde) CATO für Rechtsphilosophie an der Universität Leiden, fragt in ei- nem Grundsatzartikel „Was ist konservativ?“ – Seine Per- spektivwechsel von Aufklärung, Romantik und Tradition sind anregend, aber letztlich lassen sie den Leser etwas No. 1 | Dezember 2017/ Januar 2018 | www.cato-magazin.de Januar 2017/ 1 | Dezember No. No. 1 | Dezember 2017/ Januar 2018 | www.cato-magazin.de Januar 2017/ 1 | Dezember No. MAGAZIN FÜR NEUE SACHLICHKEIT ratlos zurück. Weitere Aufsätze entführen in die wunder- Euro D: 6 L: 6 Euro 9 CHF CH: A: 6 Euro Euro 6 Eurozone: CATO bare Gartenwelt eines Gutes in der Toskana, erinnern an den 200. Geburtstag von Theodor Mommsen und den 300. Geburtstag von Johann Joachim Winckelmann. Besonders lesenswert ist der Artikel des emeritierten Göttinger Ang- listen Heinz-Joachim Müllenbrock über George Orwells

Dystopie „1984“ und das dort beschriebene „Newspeak“ Wirklichkeiten Land unbegrenzten der (Neusprech), das frappierende Ähnlichkeiten mit den kondi- tionierenden Sprechgeboten und -verboten der Politischen Korrektheit aufweist. Viele Texte wie dieser sind auf einem hohen Niveau geschrieben.

Laut Eigenwerbung will CATO „Lebensfreude“ ausdrücken,

was über weite Strecken gelingt. Buchrezensionen, Glos- 1 | 2018 No. sen und nicht zuletzt die üppige Bebilderung machen CATO No. 1 | 2018 zu einem facettenreichen, kurzweiligen und opulenten Ma- Land der unbegrenzten Wirklichkeiten gazin, das es mit Cicero aufnehmen kann, dabei aber noch Über die Schwierigkeit, Herr im eigenen Hause zu sein querer zum MainstreamLernen Sie auchsteht. unsere Für Hotels alle, in Fort die Myers, neugierig Florida, und dassind, ab Seite 6 neue Panorama Hotel Turracher Höhe in Kärnten kennen! Integration ist eine Frage der Menge: Interview mit Alain Finkielkraut was konservative, rechte Intellektuelle heute zu bieten ha- Seite 22 DR. LOHBECK Privathotels Dr. Lohbeck GmbH Co. KG · Barmer Straße 17 · 58332 Schwelm ben, ist es nur zu empfehlen. Und das Magazin zeigt, dass Berliner Schloß: Baustellenbesuch mit Wilhelm von Boddien Seite 54 CATO 1/2018 3 es vom Auflagenniedergangwww.lohbeck-privathotels.de der meisten Printmedien inter- 4 191271 606001 01 essante Ausnahmen gibt. Die Zeitschrift kostet 6,- Euro und erscheint zweimonat- lich. Sie wird vor allem im Bahnhofsbuchhandel vertrie- ben. Sie kann auch beim Cato-Verlag bestellt werden (Fasanenstraße 4, 10623 Berlin, Tel: 030 / 81 09 67 80, www.cato-magazin.de).

80 Rezensionen Der Burschenschafter Mitgliederlisten zweier ADB-Burschenschaften aus Gießen mit Einzelbiographien erschienen

Wenn wir heute über die ADB reden, denken wir an un- Gießener ADB-Bünden gehörten nicht wenige sozialdemo- seren Verband. Doch dass es einen ADB – nämlich den kratische und jüdische Mitglieder wie der Reichstagsabge- Allgemeinen Deutschen Burschenbund – bereits früher ge- ordnete und Reichsminister (SPD), der Neuro- geben hat, wird häufig übersehen. Und das, obwohl dieser loge Oskar Kohnstamm – nach ihm wurde das Phänomen 51 Jahre und zwar von 1883 bis 1934 existierte und bekann- einer Muskelanspannung benannt –, oder der Begründer te Persönlichkeiten wie den Friedensnobelpreisträger und der in den letzten Jahrzehnten in Verruf gekommenen deutschen Außenminister Gustav Stresemann hervorbrach- Odenwaldschule Paul Geheeb an. Und diese trafen im ei- te. Der ADB war als Konkurrenzverband zum Allgemeinen genen Bund u. a. auf völkisch-nationale und antisemitische Deputierten Convent – Vorläufer der Deutschen Burschen- Bundesbrüder wie das Reichstagsmitglied Friedrich Binde- schaft – an den Universitäten entstanden und umfasste ab wald. Zwei weitere von insgesamt 19 lesenswerten Biogra- 1894 auch Technische Hochschulen. Dieser trat für eine Re- phien stechen hervor. Sie handeln von den im Dritten Reich form der Korporationen ein, u. a. gegen einen übermäßigen verfolgten Burschenschaftern Emil Fuchs und Georg Mayer, Bierkonsum, und verwarf die Mensur, gab aber Satisfaktion. die Theologie bzw. Volkswirtschaft in Leipzig lehrten. Mayer Sein Ideal war die Urburschenschaft. Dem ADB gehörten war zudem Rektor der Universität. anfänglich viele jüdische Studenten an, so dass er immer weniger Akzeptanz in der Studentenschaft fand. Als letzt- Mit der Mitgliederliste der beiden Burschenschaften Armi- endlich die Antisemiten die Oberhand in diesem Verband nia und Palatia schließt Gernot Schäfer eine wichtige Lücke gewannen, erstarkte dieser nach Burschenschaften und in der burschenschaftlichen Geschichtsforschung, insbe- Mitgliedern wieder. sondere für die burschenschaftliche Bewegung in Gießen. Denn die GfbG hat sich zum Ziel gesetzt, von allen deutsch- Und gerade dies wird anhand des Buches des Studenten- sprachigen Hochschulen alle burschenschaftlichen Mitglie- historikers Gernot Schäfer (Gießener B. Frankonia) erleb- der bis 1936 zu verzeichnen. Da der Rezensent weiß, wie bar. Neben einem kurzen geschichtlichen Überblick über viel Fleißarbeit in der Erforschung von Biografien steckt, ist die Gießener Reformburschenschaften werden die Ausei- das Resultat mehr als anzuerkennen, zumal das Buch auch nandersetzungen und tiefen Gräben durch die Lebensläu- zum Lesen animiert. (fg) fe einzelner bekannter Mitglieder deutlich. Denn auch den

Schäfer, Gernot: Arminia Gießen (1885–1935) und Pala- tia Gießen (1927–1933).

Geschichte und Mitglieder der Gießener Burschen- schaften im Allgemeinen Deutschen Burschenbund (ADB), Essen 2017. akadpress, 120 Seiten. Preis: Euro 14,80; ISBN 978-3-939413-39-4.

Das Buch kann auch direkt bezogen werden bei: Gernot Schäfer, Löwenthalstr. 6b, 61231 Bad Nauheim, ePost: [email protected]

81 1 / 2018 Unsere Toten

Aachener Burschenschaft Dipl.-Volkswirt Wilhelm Schirmer (WS 1963/64), geb. 21.09.1932, Alania gest. 30.08.2017 Dipl.-Ing. Hartmut Wiegand (WS 1959/60), geb. 11.08.1937, gest. 11.07.2017 zu Grafrath Burschenschaft Arminia-Gothia Aachener Burschenschaft zu Braunschweig Teutonia Apotheker Walter Bückmann (SS 1950), geb. 11.07.1925, Dipl.-Ing. Erwin Jericho gest. 11.03.2017 zu Hamburg (SS 1960), geb. 20.10.1940, gest. 21.10.2017 zu Sulzbach Freiburger Alte Darmstädter Burschenschaft Teutonia Dr. Günther Lingenberg Burschenschaft Germania (WS 1941/42), geb. 22.11.1921, Karl Reißmann gest. 22.12.2016 zu Bad Nauheim (WS 1957/58), Kölner Dr. Günther Rothweiler gest. im Februar 2017 (WS 1948/49), geb. 16.12.1924, Burschenschaft Alemannia Dipl.-Ing. Reinhart Trautwein gest. 05.02.2017 zu Kandern Dr. med. Michael Herbolsheimer (WS 1956/57, Teutonia Karlsruhe Dr. Horst Specht (SS 1974), geb. 03.06.1951, WS 1954/55), geb. 13.05.1933, (WS 1953/54), geb. 22.04.1930, gest. 23.07.2017 zu Veitshöchheim gest. 28.03.2017 zu Ulm gest. 22.08.2017 zu Northeim Dr. Rolf Wilms Münchener Burschenschaft Braunschweiger (SS 1954), geb. 08.09.1933, Arminia-Rhenania Burschenschaft Alemannia gest. 15.11.2016 zu Hamm Verlagsleiter i.R. Bernhard Keßler Dr.-Ing. Erich Ackermann (SS 1951), geb. 06.08.1930, (WS 1949/50), geb. 16.04.1928, Hannoversche gest. 21.11.2017 zu Putzbrunn gest. 2017 Burschenschaft Arminia Dr. med. dent. Peter Nowak Dr.-Ing. Wolfgang Richter Dipl.-Volkswirt Gerhard Pöhlmann (SS 1957), geb. 06.03.1937, (SS 1948), gest. 2017 (WS 1952/53), geb. 21.09.1931, gest. 25.11.2017 zu Bayerisch gest. 18.04.2017 Gmain Burschenschaft Dipl.-Ing. Dieter Wildfang Alemannia Stuttgart (WS 1950/51), geb. 23.01.1930, Saarbrücker Burschenschaft gest. 01.10.2017 zu Müllheim Dr. rer. pol. Alexander Bihler Germania (1952), geb. 02.08.1929, gest. Dipl.-Ing. Hans-Gerhard Möhring Lic. en droit. Horst Gehlen 19.02.2017 zu Stuttgart (WS 1960/61), geb. 04.11.1939, (WS 1951/52), geb. 23.02.1927, gest. 21.10.2017 zu Dortmund Dipl.-Ing. Alfred Rall gest. 12.07.2017 zu Saarbrücken (1957), geb. 01.11.1937, Dr. phil. Dr. habil. Fritz Hellwig gest. 03.11.2017 Hannoversche (WS 1952/53, Rheinfranken Mar- zu Bad Homburg v. d. H. Burschenschaft Germania burg WS 1930/31), geb. 03.08.1912, gest. 22.07.2017 zu Bonn Karl-Heinz Tilch Burschenschaft Arminia auf (WS 1956/57), geb. 11.03.1936, dem Burgkeller zu Jena gest. 03.07.2017 zu Kiel Stuttgarter Burschenschaft Dr. med. Reinhard Leder Architekt Hans Jungjohann Ghibellinia (SS 1954), geb. 07.11.1934, (1. TM 1940), geb. 14.07.1920, Otto Brock gest. 28.05.2017 gest. 07.09.2017 zu Kiel (WS 1959/60), geb. 22.04.1940, gest. 03.08.2017 zu München

„… Drum sei nicht stolz, o Menschenkind! Du bist dem Tod wie Spreu im Wind, Und magst du Kronen tragen. Der Sand verrinnt, die Stunde schlägt, Und eh‘ ein Hauch dies Blatt bewegt, Kann auch die deine schlagen.“ Emanuel Geibel (1815–1884, Burschenschaft Ruländer Bonn)

82 Totengedenken Der Burschenschafter Nachruf Horst Gehlen von Matthias Sambale

Wir gedenken unseres Gründungsburschen und Ehrenmitglieds Horst Gehlen, Vizepräsident des Saarländischen Rechnungshofes i. R., der im Alter von 90 Jahren am 12. Juli 2017 verstarb

Horst Gehlen, Jahrgang 1927, absolvierte nach Dienst bei Gehlen zudem in besonderer Weise in der Gesellschaft und der Marine sein Studium der Rechtswissenschaften. Er stu- für seine Mitmenschen. Er hinterlässt Spuren als Gründer ei- dierte an der Universitas Saaraviensis, der saarländischen ner großen Familie, in der Kommunalpolitik als Mitglied der Außenstelle der Universität Nancy in der Unterrichtsspra- CDU, ebenso als Mitglied des LIONS-Clubs Saarbrücken St. che Französisch. Sein Diplom war kein deutsches Staats- Johann. Er war langjähriges Vorstandsmitglied des Caritas examen, sondern das Licence en Droit, das ihn auch zum Verbands für Saarbrücken und Umgebung, Mitglied des deutschen Staatsdienst im höheren Verwaltungs- und Verwaltungsrates der Caritas Trägergesellschaft sowie Mit- Justizdienst befähigte, also einem Assessor-Examen ent- gründer des Fördervereins St. Jakobus Hospiz e. V, deren sprach. Zuerst als Richter eingestellt, wechselte er in die Vorsitz er 20 Jahre lang bekleidete. Bis zuletzt suchte er re- Staatskanzlei und später in die Ständige Vertretung des gelmäßigen Kontakt zu seinen Bundesbrüdern, prägte un- Saarlandes in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn. Als seren Bund maßgeblich und gab ihm Halt und Orientierung. Vizepräsident des Rechnungshofes kehrte er ins Saarland Auch in der Deutschen Burschenschaft engagierte er sich zurück. durch die Übernahme von Ämtern und Aufgaben ebenso wie durch das Einbringen seiner Erfahrung in die Debatte. Horst Gehlen gründete 1951 aus der tiefen Verbundenheit zu Deutschland und der Vision eines in enger Freundschaft Uns junge Bundesbrüder bestärkte er in unserem Engage- verbundenen Europas der Vaterländer heraus die Saar- ment in der Zeit der Verbandsgründung ab 2012 und wirk- brücker Burschenschaft Germania unter dem Wahlspruch te innerhalb unseres Bundes als Wortführer für die Grün- „Gott, Ehre, Freiheit, Vaterland. Deutsch ist die Saar!“ Sie dung der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft und den war die erste Studentenverbindung an der Saar nach dem Beitritt seiner Germania in diese. Krieg. Horst Gehlen und seine Bundesbrüder engagierten sich im zweiten Saarkampf für die Rückeingliederung des Wir gedenken in tiefer Dankbarkeit eines engagierten Bun- Saarlandes in die Bundesrepublik gegen Ministerpräsident desbruders und aufrechten Burschenschafters. Horst Geh- Johannes Hoffmann. In der Saarabstimmung 1955 wurde len feierte in seinem Haus noch 2017 seinen 90. Geburtstag das sogenannte „Europastatut“ dann von der Mehrheit ab- im trauten Kreis seiner Verwandten, engsten Freunde und gelehnt. Diese legte den Grundstein für die von ihm und seiner Bundesbrüder. der Germania angestrebte „kleine Wiedervereinigung“, d. h. der Rückkehr des Saarlandes in die Bundesrepublik Deutschland.

Auf Gehlens Initiative hin wurde die „Stiftung für Minder- heiten in Europa“ gegründet.

Das burschenschaftliche Leben spielte sich bis dahin im Untergrund ab, da die französische bzw. saarfranzösische Regierung eine solche studentische Tätigkeit nicht schätz- te. Dies führte dazu, dass die Deutsche Burschenschaft Germania bereits 1952 ohne die übliche Probezeit aufnahm.

Zur Übernahme des Vorortes der VVAB der VAB Saar- brücken bekleidete Gehlen für neun Jahre das Amt des Schatzmeisters. In dieser Zeit wurde auf seine Initiative hin die „Stiftung für Minderheiten in Europa“ gegründet, deren Vorsitz er übernahm. Zum 40. Stiftungsfest wurde ihm das Ehrenband seines Bundes verliehen, das bis heute außer den Gründern nur noch dreimal verliehen wurde. Als über- zeugter Burschenschafter und Christ engagierte sich Horst

83 1 / 2018 Nachruf Fritz Hellwig von Matthias Sambale

Wir gedenken unseres Ehrenmitglieds Dr. habil. Fritz Hellwig, ehema- liger Vizepräsident der Kommission der Europäischen Gemeinschaf- ten und Träger des Großen Verdienstkreuzes mit Stern und Schulter- band, der im Alter von 104 Jahren am 22. Juli 2017 verstarb.

Fritz Hellwig wurde 1912 in Saarbrücken geboren. Er stu- selben Medaille. Sein in diesem Sinne herausragendes Wir- dierte in Marburg/Lahn Philosophie, Volkswirtschaftslehre, ken hat in mannigfacher Hinsicht öffentliche Anerkennung Staatswissenschaften und Geschichte und trat 1930 der erfahren. Am 31. Januar 1959 verlieh ihm Bundespräsident Marburger Burschenschaft Rheinfranken bei, promovierte Heuss das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der 1933 über den „Kampf um die Saar 1860–1870“ und wur- Bundesrepublik Deutschland. Rund elf Jahre später, am 04. de 1935 habilitiert. Nach zahlreichen Publikationen sowie September 1970, wurden seine Verdienste als Mitglied der Anstellungen bei der Industrie- und Handelskammer, dem Hohen Behörde der Montanunion und als Vizepräsident Saarwirtschaftsarchiv und der Wirtschaftsgruppe der Ei- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften durch senschaffenden Industrie wurde er 1942 zum Kriegsver- die Verleihung des Großen Verdienstkreuzes mit Stern und waltungsrat in der Wirtschaftsinspektion Mitte der Ostfront Schulterband gewürdigt. Hellwig sammelte zudem über ernannt und 1943 als Panzergrenadier in Italien eingesetzt. Jahre hinweg Landkarten, Stiche, Schriften und Bücher Nach vierjähriger Kriegsgefangenschaft kehrte er 1947 nach über seine Heimat an der Saar und die anschließenden Re- Deutschland zurück und trat im selben Jahr der CDU bei. Er gionen. Teile seiner Sammlung vermachte er dem Landes- leitete von 1951 bis 1959 als Geschäftsführender Direktor archiv Saarbrücken, insgesamt mehr als 1.500 Stücke. Er das Deutsche Industrie-Institut (später Institut der Deut- stiftete zudem den Wissenschaftspreis Bürokratie im Jahre schen Wirtschaft) in Köln. Zudem wurde er 1951 Mitglied der 2012, der alle zwei Jahre vom Institut der deutschen Wirt- im gleichen Jahr gegründeten Saarbrücker Burschenschaft schaft für wissenschaftliche Forschung zu Funktionsweise Germania und 1953 Mitglied des Deutschen Bundestages und Wirkung von Bürokratie in Staat, Wissenschaft und Ge- durch ein Direktmandat im Wahlkreis Remscheid-Solingen. sellschaft verliehen wird. Die französische Besatzung verbot ihm den Aufenthalt im Saarland. Er widersetzte sich diesem Verbot jedoch mehr- Fritz Hellwig war stets ein Anwalt von Menschlichkeit und fach und engagierte sich ohne politische Rücksichten für Stil in Politik und Alltag. Das bezieht sich sowohl auf sein seine Heimat. Er war stetes Korrektiv der Saarpolitik von vertrautes Verhältnis zu Adenauer oder Erhard wie auch Konrad Adenauer, der die Saarfrage für „zweitrangig“ hielt, auf seine Hilfsbereitschaft zu Gunsten junger Bundes- und einer „Europäisierung der Saar“ das Wort redete und den Verbandsbrüder, die weit über das übliche Maß hinaus- Verlust des Saargebiets in Kauf nahm. Nach seiner Wie- ging. Er war so bis zu seinem Tode stolzes Mitglied sowohl derwahl in den Bundestag als erster Protestant mit einem der Marburger Burschenschaft Rheinfranken als auch der Direktmandat in Köln legte Fritz Hellwig ebendieses 1959 Saarbrücker Burschenschaft Germania. Seinen jüngeren nieder um Mitglied der Hohen Behörde der Europäischen Bundesbrüdern bleibt insbesondere der Festakt anläss- Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion) zu werden. lich seines 100. Geburtstages im Konrad-Adenauer-Haus, Als diese 1967 mit den Kommissionen der Europäischen Bad Godesberg in lebhafter und einprägsamer Erinnerung. Wirtschaftsgemeinschaft und der Euratom zusammenge- Trotz seines Alters beeindruckte der Hundertjährige durch legt wurde, wurde er Vizepräsident der neu entstandenen ein frei gehaltenes Schlusswort bewundernswerten Inhalts Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Hellwig wie glänzenden Stils. Fritz Hellwig starb am 22. Juli 2017 war lange Zeit auch Gründungsdirektor des heutigen Insti- wenige Tage vor seinem 105. Geburtstag und nur wenige tuts der deutschen Wirtschaft in Köln (iw Köln). Tage nach dem Tode seines Bundesbruders Horst Gehlen, Gründungsbursch der Saarbrücker Burschenschaft Germa- nia, welcher ihm 1951 das Ehrenband überreichte. Fritz Hellwig war stets ein Anwalt von Menschlichkeit und Stil in Politik und Alltag. Wir gedenken eines aufrechten Burschenschafters und Bundesbruders. Seine stets freundliche Art, der Reichtum seines Erfahrungsschatzes und die Präzision seiner Gedan- 1990 ernannte ihn die Universität Trier zum Honorarprofes- kengänge selbst im hohen Alter bleiben unvergessen. Das sor für Geschichte der Kartographie und Wirtschaftsgeo- Saarland, unser deutsches Vaterland und Europa verdan- graphie. Für das Kapitel „Deutschland in der europäischen ken ihm vieles. Bewegung“ im „Handbuch der Deutschen Burschenschaft“ verfasste er den grundlegenden Artikel „Die Entwicklung Fritz Hellwig war Vater dreier Kinder, Großvater von acht der europäischen Gemeinschaft“. Der damals 70jährige Enkelkindern und Urgroßvater von fünfzehn Urenkeln. Wir stellte sich auch der Kritik weit jüngerer Burschenschafter. möchten uns seiner Familie anschließen, die in den Trauer- Für ihn waren Deutsche Einheit und Europäische Integrati- anzeigen formulierte: „Seine lebensbejahende Zuversicht on gerade in Zeiten der deutschen Teilung zwei Seiten der- bleibt uns Vorbild“

84 Totengedenken Der Burschenschafter Bildnachweis akadpress Albrecht Glaser 26 Alemannia Stuttgart 62 Alexander Raths - stock.adobe.com 1 Allgemeine Deutsche Burschenschaft 36, 43 Andi Weiland | andiweiland.de (CC BY-SA 4.0) 42 Arminia Hannover 56 AV Athenia Würzburg Bienenklaus - stock.adobe.com 1 Bjoern Graefer 53 Bonner Burschenschaft Alemannia 63 Wir danken der Marburger Burschenschaft Rheinfranken Bukowski 44 für die freundliche Genehmigung des Abdrucks des Ak- Carsten Schneider 29 tivenbildes aus dem Sommersemester 1930 sowie Dr. Christian Wirth 29 Frank Grobe als auch Dr. Klaus Oldenhage für die Be- Convent Aachener Burschenschaften 50 reitstellung der erstellten Unterlagen über Fritz Hellwig. Deutscher Bundestag / Julia Nowak-Katz 26 DHM Berlin 15 Den gesamten Beitrag finden Sie in Kürze im Nachtrag Dieter Born 1 zu Band I „Politiker“ des Biographischen Lexikons der Dieter Stein 33 Deutschen Burschenschaft im Internet. Elxeneize - stock.adobe.com 1 Enrico Komming 26 Fabian Mades 2, 38, 45 Fotolia .-- noch downzuloaden in HighRes 67 Fotomek - stock.adobe.com 23, 25, 27, 28, 29, 33, 58, 61 Frank Grobe 3, 87 Germania Saarbrücken 83, 85 Ghibellinia Stuttgart - Benjamin Scheer 59, 60 Hans Fenske Hans-Josef Allelein 51 Helma Brunck 21 Hilaritas Suttgart 62 Jan Radtke 7 Themen Heft 2/2018 Jens Naim 11 JFL Photography - stock.adobe.com 1 Joachim Pfeiffer 28 Library of Congress - public domain Marburger Burschenschaft Rheinfranken 84 Michael Hacker 64, 65 Michael Namberger www.berg12.de 28 Die vierte Ausgabe wird voraussichtlich im Juli 2018 Michael Stenker 1 erscheinen und folgende thematische Mojolo - stock.adobe.com 1 Schwerpunkte setzen: Naim 13 Netzer Johannes - Fotolia 1 Niklas Hoppe 2, 40, 47 Orit Arfa 7 Die Ehre in Zeiten der Demokratie Phrittenbude 21 Public Domain Die Digitalisierung von Wirtschaft Riepen 2, 69, 70, 71, 73 und Gesellschaft Scharsach 25 Sigambria et Alemannia Siegen 57 Die Farben Schwarz-Rot-Gold Slavun - stock.adobe.com 61 Sprachnachrichten 5 Stadt Duisburg 63 Stefan Dobner 35 Sunset man - stock.adobe.com 1 Teutonia Aachen 46, 52 Teutonia Aachen, Valentin Schnitzler 48 Teutonia Freiburg 54, 55 Thomas Steinhart 1, 85 Tobias Bauschke 53 Tobias Koch / www.tobiaskoch.net 27 Vege - stock.adobe.com 1 Verein Deutsche Sprache 5 Viessmann 52 Walter Krämer 4, 5 Westend61 - stock.adobe.com 1 Wikipedia-Anwender Bjs (CC-BY-SA 4.0) 41 Wikipedia, gemeinfrei 2, 9, 12, 15, 22, 23, 71, 82

85 1 / 2018 Liste der Amtsträger

Verbandsvorsitzender Stellv. Verbandsvorsitzender Stellv. Verbandsvorsitzender

Mark Junker, M. Sc. Nikolas Schöller, cand. inf. Jonas Voigt, B. Sc. Teutonia Aachen Teutonia Aachen Teutonia Aachen

[email protected] [email protected] [email protected]

Verbandsrat Verbandsrat Verbandsrat

Alexander Gabriel, cand. ing. Tim Kronmüller, B. Sc. Till Reiman, stud. oec Arminia-Gothia Braunschweig Teutonia Karlsruhe Alemannia Köln

Verbandsrat@ Verbandsrat@ Verbandsrat@ Allgemeine-Burschenschaft.de Allgemeine-Burschenschaft.de Allgemeine-Burschenschaft.de

Verbandsrat Verbandsrat (AH-Vertreter) Verbandsrat (AH-Vertreter)

Peter Wagner, cand. iur. Matthias Sambale, M. Sc. Korbinian Knittel, M. A. Germania Saarbrücken Germania Saarbrücken Hilaritas Stuttgart Alemannia Köln Arminia-Rhenania München

Verbandsrat@ Verbandsrat@ Verbandsrat@ Allgemeine-Burschenschaft.de Allgemeine-Burschenschaft.de Allgemeine-Burschenschaft.de

Verbandsrat (AH-Vertreter) Verbandsrat (AH-Vertreter) Verbandsrat (AH-Vertreter) Sebastian Jänsch, Dipl.-Ing (FH) Armin Niklas, Dipl.-Ing. (FH) Stefan Dobner, cand. theol Arminia Hannover Germania Gießen Arminia-Rhenania München

Verbandsrat@ Verbandsrat@ Verbandsrat@ Allgemeine-Burschenschaft.de Allgemeine-Burschenschaft.de Allgemeine-Burschenschaft.de

Redakteur Fechtbeauftragter

Dr. phil. Frank Grobe Dr. Ralph Bukowski Teutonia Aachen Krusenrotter zu Kiel

Redaktion@ Fechtbeauftragter@ Allgemeine-Burschenschaft.de Allgemeine-Burschenschaft.de

Schatzmeister Pressesprecher

Jörg Dreier, Dipl.-Ing., Dipl.-Kfm.(FH) Michael Schmidt Arminia Hannover Hilaritas Stuttgart

Schatzmeister@ Presse@ Allgemeine-Burschenschaft.de Allgemeine-Burschenschaft.de

Stellv. Schatzmeister Kassenprüfer (3J) Kassenprüfer (2J)

Gunther Hoeschen, Dipl.-Wirtsch.-Ing Arnd Hofmeister, Dipl.-Kfm. Axel Oeljeschläger, Dipl.-Kfm., StB. Germania Braunschweig Teutonia Aachen Germania Gießen

Schatzmeister@ Kassenpruefer@ Kassenpruefer@ Allgemeine-Burschenschaft.de Allgemeine-Burschenschaft.de Allgemeine-Burschenschaft.de

86 Verschiedenes Der Burschenschafter Leserbriefe

Sehr geehrter Waffenbruder Grobe! Auch diese Burschenschafter müs- sen im Organ der ADB eine Stimme Mit Interesse habe ich die letzte Aus- haben – denn nur so sind wir wirklich gabe der Verbandszeitschrift „Der besser als die verbohrten Vertreter Burschenschafter“ gelesen. Mir ist der Linken. zum einen aufgefallen, dass die Al- ternative für Deutschland recht oft Wir sollten den politischen Diskurs in den Beiträgen zu Wort kommt und wirklich und glaubwürdig pflegen! zum anderen auch mit einer ganzsei- tigen Anzeige mit Spendenaufruf ver- Dr. Jens Naim treten ist. Es spricht, um es vorweg zu (Burschenschaft Arminia auf dem nehmen, nichts dagegen, dass ver- Burgkeller Jena) schiedene Parteien in unserem Ver- bandsorgan eine Plattform bekom- men. In Bezug auf die AfD sehe ich Antwort der Redaktion: litikern haben, würde ich mich aber jedoch eine klare Dominanz. Und das freuen, wenn Sie mir diese vermit- vor der Bundestagswahl! Insgesamt Lieber Herr Verbandsbruder Dr. teln können. Gerne drucke ich auch sehe ich, dass in dieser Ausgabe die- Naim, von diesen Beiträge ab. Das glei- jenigen, die im liberal-konservativen che gilt auch für Werbeanzeigen. vielen herzlichen Dank für Ihr Spektrum anzusiedeln – also deut- Werbeanzeigen von Unternehmen Schreiben. sche Patrioten – sind und liberale Po- und Vereinen etc. sind daher gern sitionen vertreten, kaum repräsentiert gesehen! Dies bereichert nicht nur werden. Die Allgemeine Deutsche Die zweite Ausgabe des „Burschen- schafters“ hatte zwei Oberthemen. unseren „Burschenschafter“, son- Burschenschaft ist als Gegenstück dern bringt auch Geld ein, damit wir zur in das rechtsextreme Milieu abge- Zum einen das Wartburgfest und zum anderen die „Freiheit“. den externen Lektor, dessen Arbeit drifteten Deutschen Burschenschaft vielen Autoren oft ohne deren Wis- gegründet worden. Ich sehe jedoch, Da wir nicht nur im eigenen Saft sen sehr zugutekommt, bezahlen dass mit einer Dominanz von Berich- schmoren wollen, habe ich mehre- können. ten und Beiträgen, in denen die AfD, re bekannte Autoren und Literaten Rolf Schlierer, die Bibliothek des Kon- zum Thema „Freiheit“ angeschrie- Übrigens sind die damaligen Anzei- servatismus, dessen Leiter den Islam ben. U. a. auch Nicolaus Fest, der gen von dem externen „BMV-Ber- pauschal als Problemkreis sieht und als ehemaliger stellvertretender liner Medien Vertrieb e.K.“ an uns ganzseitigen Anzeigen von AfD und Bild-Zeitungs-Chefredakteur dieses herangetragen worden und von der Junger Freiheit eine klar einseitige Thema in den letzten Jahren deut- Vorsitzenden ADB akzeptiert wor- Richtung eingeschlagen wird. lich vertritt und deswegen seinen den. Beruf im Springer-Konzern verlor. Ich habe absolut nichts dagegen, um Sie schreiben ferner: „Die Allgemei- Er ist übrigens der Sohn des ehem. das nochmal mit aller Deutlichkeit ne Deutsche Burschenschaft ist als FAZ-Herausgebers Joachim Fest. zu sagen, dass die oben genann- Gegenstück zur in das rechtsextre- Obwohl Fest auch für den Bundes- ten Gruppen und Personen zu Wort me Milieu abgedrifteten Deutschen tag für die AfD kandidierte, äußer- kommen. Demokratie und Meinungs- Burschenschaft gegründet wor- te er sich mit keiner Silbe zur Poli- freiheit sind hohe Güter, die wir als den.“ ... „Ich sehe jedoch, dass mit tik der AfD. Vielmehr setzte er sich Burschenschafter verteidigen sollen einer Dominanz von Berichten und kritisch mit dem Zustand der Bur- und müssen! Jedoch sollten wir gera- Beiträgen in denen die AfD, Rolf schenschaften in unserem Magazin de deswegen nicht wieder den Feh- Schlierer, die Bibliothek des Konser- auseinander. ler begehen und uns dem Zeitgeist vatismus, dessen Leiter den Islam folgend vor einen Karren spannen Da die Bundestagswahlen anstan- pauschal als Problemkreis sieht und lassen. Das haben wir schon einmal den, hatte ich verschiedene Poli- ganzseitigen Anzeigen von AfD und bitter bereuen müssen. tiker mit Korporationshintergrund Junger Freiheit eine klar einseitige Richtung eingeschlagen wird.“ Ich würde in der nächsten Ausgabe (Pfeiffer/CDU, Schlauch/Grüne, Kahrs/SPD, Glaser/AfD) sowie an- gerne Beiträge aus den anderen Be- Zu Schlierer ist zu sagen, dass dies dere ohne Korporationshintergrund reichen des politischen Spektrums ein Bericht der Gießener Burschen- (Lindner, Schäffer/beide FDP, Pal- lesen. Es gibt in unseren Reihen näm- schaft Germania ist, dem auch Vbr. mer/Grüne) angeschrieben. Wie lich auch Mitglieder zum Beispiel der Dr. Schlierer angehört. Er hat dort Sie dem „Querschnitt“ entnehmen FDP, SPD und CDU, die den Kurs der auf dem Haus referiert. Auch sehe können, antworteten nur Vbr. Pfeif- Bundeskanzlerin vertreten, sowie ich den Beitrag über die „Bibliothek fer und Wbr. Glaser. Die Dominanz Bundesbrüder jüdischen und islami- des Konservatismus“ nicht als ten- seitens der AfD ist damit nicht ge- schen Glaubens, pro-europäisch ein- denziös an – auch wenn Sie hier geben! Sollten Sie Kontakte zu Po- gestellte Burschenschafter usw. explizit dessen Leiter problematisch

87 1 / 2018 sehen. Noch einmal: Ein Thema des Sehr geehrter Herr Vbr. Dr. Grobe destagswahlen jetzt auch wieder ver- Magazins heißt „Freiheit“, der wir letzt – und schämt sich nun auch für uns als Burschenschafter verbun- Ich danke sehr für die Übersendung das verkannte Ergebnis der Initiative den sehen sollten. Als Redakteur un- des Belegexemplars und beglück- Burschenschaftliche Zukunft. seres Verbandsmagazins werde ich wünsche Sie und Ihre Mitarbeiter für daher keine Zensur betreiben. Das die interessante, hochaktuelle und an- Es ist meine persönliche Einstellung heißt, wenn ein ADB-Bund gerne ei- spruchsvolle Ausgabe. und nicht die meiner HB! Arminia. nen Beitrag veröffentlichen möchte, Im Vorspann der Inhaltsangabe stel- werde ich dies tun. Denn ich vertrete Gernot Rürup len Sie meinen Bundesbruder Schlie- einen neutralen freiheitlichen Stand- (Hannoversche rer richtig als promovierten Human- punkt. Zudem muss ich sagen, dass Burschenschaft Arminia) mediziner vor. Der Hinweis, dass er ich die DB – genauso wie die AfD – auch Rechtsanwalt ist – und übrigens nicht als „rechtsextrem“ einstufe. in dieser Eigenschaft in Stuttgart prak- tiziert –, fiel leider weg. Sie schreiben: „Ich würde in der Sehr geehrter Herr Verbandsbruder nächsten Ausgabe gerne Beiträge Außerdem fand die Veranstaltung auf Grobe, aus den anderen Bereichen des unserem Haus und nicht bei Germa- politischen Spektrums lesen. Es gibt vielen Dank für die Zusendung der nia in Darmstadt statt. in unseren Reihen nämlich auch Mit- Printausgabe 2/2017 unserer von Ih- glieder zum Beispiel der FDP, SPD Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Er- nen gestalteten Verbandszeitschrift und CDU, die den Kurs der Bundes- folg und Freude bei der Gestaltung „Der Burschenschafter“. Es ist bewun- kanzlerin vertreten, sowie Bundes- des „Burschenschafters“. dernswert, wie viel Zeit Sie in die- brüder jüdischen und islamischen ses Projekt stecken, das ja nicht nur Glaubens, pro-europäisch einge- Axel Zimmermann innerhalb unseres Verbandes wirkt, stellte Burschenschafter usw.“ (Gießener sondern auch außerhalb große Be- Burschenschaft Germania) achtung findet. Unser neuer Verband Wie bereits oben beschrieben, neh- betreibt nach meinem Verständnis me ich gerne Beiträge von allen Ver- nicht aktiv Politik; vielmehr erwartet er bandsbrüdern an. Bitte reichen Sie von seinen Mitgliedern, dass sie sich diese ein. Denn dadurch erleichtern in welcher Richtung auch immer poli- Lieber Bundesbruder Grobe, Sie mir die Arbeit und geben allen tisch in alle Richtungen informieren. Er Seiten „eine Stimme“! gestern habe ich die neue Ausgabe erwartet nicht, dass seine Mitglieder des Burschenschafters gelesen und sich aktiv politisch betätigen, sei es möchte Dir zu diesem Heft gratulie- als Studenten in der Hochschule und/ oder als Alte Herren in der allgemei- Lieber Herr Verbandsbruder Dr. Gro- ren. Gut aufgemacht, interessante nen Politik, sei es, dass sie durch den be! Beiträge, kompetente Autoren! Eine wirklich gute Promotion für die ADB! Eintritt in eine Partei aktiv in die Politik Herzlichen Dank für Ihre schnelle gehen. und auch ausführliche Rückantwort! Dr.-Ing. Hans-Erich Schulz Ich persönlich meine daher, dass Ich möchte zwei Dinge richtigstellen, (Teutonia Aachen) unsere Verbandszeitung auch par- da ich mich in Bezug auf diese nicht teipolitisch neutral sein muss. Dies präzise genug ausgedrückt habe. Ich schließt auch ein, dass Anzeigen von halte weder die DB noch die AfD in politischen Parteien gleich welcher Gänze für rechtsextrem! Ich bin kon- Sehr geehrter Herr Dr. Grobe, Couleur – ob verdeckt oder offen – in sequent gegen Zensur und würde unserer Verbandszeitung keinen Platz diese auch niemals einfordern – was die erste Ausgabe fand ich gelungen haben sollen. Ich wäre Ihnen daher ich in meinem Schreiben ja auch nicht und sie hat in mir Erwartungen ge- dankbar, wenn Sie bei künftigen Aus- getan habe, sondern nur gefordert weckt. gaben auf Anzeigen von politischen habe, dass möglichst alle Strömungen Parteien verzichten würden. innerhalb der Burschenschaft in un- Die zweite Ausgabe ist ebenso inter- serem Organ ein Abbild finden. Dazu essant und auch von hohem Niveau, doch die zwei ganzseitigen Anzeigen Ihr Eckard Vogel gehören ganz selbstverständlich auch (Burschenschaft Teutonia Freiburg) die Nationalkonservativen! Gerne von „Junge Freiheit“ und „AfD“ hätten werde ich nach meinen Möglichkeiten nicht sein müssen und bestätigen der Lieber Herr Dr. Grobe, dazu beitragen, das liberal-konserva- Öffentlichkeit die rechte Gesinnung tive Element mit beizusteuern. Viel- der Burschenschaften (auch der ADB ganz herzlichen Dank für die Über- leicht sehen wir uns ja mal auf ein Bier –> alter Wein in neuen Schläuchen). sendung „Der Burschenschafter“ Nr. auf der Grünen Tanne in Jena! 2. Glückwunsch! Ich habe mich ge- Meine Burschenschafter-Seele ist freut, diese gut gestaltete Publikation Dr. Jens Naim (Burschenschaft Ar- wieder stark betrübt – vor den Bun- lesen zu dürfen. Sicher ist man in man- minia auf dem Burgkeller Jena) 88 Verschiedenes Der Burschenschafter chen Dingen anderer Ansicht, das tut Ich persönlich habe innerhalb meiner Und noch zwei Hinweise: aber der Qualität des Heftes keinen Verbindung nicht für den Austritt aus Abbruch – im Gegenteil. Leider habe der DB und den Eintritt in die ADB ge- In den bisher erschienenen zwei ich derzeit wenig Zeit, ich würde sonst worben, um mich jetzt in der Nähe der Magazinen erstellten u. a. namhafte gewiss auch wieder zur Feder/dem AfD wiederzufinden. Wissenschaftler (Peter Kaupp, Ha- Computer greifen. rald Lönnecker, George Turner, Erich Dr. Claus Parduhn Weede), Publizisten (Jörg Bernig, Ni- Ihr RA Friedrich Engelke (Bundesleiter colaus Fest, Alexander Grau, Vera (Burschenschaft Obotritia Rostock) Burschenschaft Teutonia Freiburg) Lengsfeld) und Politiker (Albrecht Glaser/AfD, Werner Münch/Ex-CDU, Antwort der Redaktion: Peter Röhlinger/FDP, Joachim Pfeif- fer/CDU) Beiträge. Wenn man die Sehr geehrter Herr Vbr. Parduhn, Sehr geehrter Fbr. Grobe, Politiker sieht, ist es mehr als ausge- vielen Dank für Ihren Brief und Ihre wogen. hinsichtlich Form und Inhalt ein großes Kritik, auf die ich gerne eingehen Da Ihre Burschenschaft in der ak- Kompliment für „Der Burschenschaf- möchte. ter“, den ich mit wirklichem Gewinn tuellen Ausgabe einen Beitrag zu lese. (Der ins Graue changierende Nicolaus Fest wurde im Februar Helmut Kohl veröffentlicht – in der Fließtext ist für ältere Augen vielleicht angeschrieben und gebeten einen zweiten Ausgabe ging es aufgrund etwas anstrengend.) Ich bin gespannt Beitrag zum Thema Freiheit zu er- des Drucktermins nicht mehr –, dürf- auf die nächste Ausgabe. stellen. Das hat er im April getan. te sich Ihre Kritik zudem in Grenzen Und zwar hat er sich mit den Bur- halten. Denn damit wird einem wei- Ihr Dr. Friedhelm Golücke schenschaften kritisch auseinan- teren CDU-Politiker ein großer Raum (KDStV Markomannia Würzburg) dergesetzt und nichts über die AfD geboten, zumal auch Fritz Hellwig geschrieben! (CDU) mit einem Nachruf bedacht wird! So könnten möglicherwei- Im Juni erging an die Vorsitzende se auch andere Verbandsbrüder zu einer ähnlichen Vermutung wie Weiterhin guten Erfolg für die ADB ADB eine Anfrage eines unabhän- Ihrer („Es erscheint mir äußerst be- und den „Der Burschenschafter“, de- gigen Vermittlers, Anzeigen von denklich, wenn die ADB als partei- ren Inhalt mich gut anspricht! der Jungen Freiheit und der AfD zu schalten. Dies wurde von ihr erlaubt. politisch neutrale Vereinigung auch Ihr Heiner E. Frisch Anfang Juli kam die Anzeige, die nur in die Nähe der AfD gesehen (Burschenschaft Teutonia Jena, leider das Konterfei von Fest hat, werden könnte.“) gelangen – nur Burschenschaft womit keiner rechnen konnte. Das diesmal über die CDU. Doch diesen Germania Erlangen) hat also mit Einseitigkeit nichts zu Raum gewähre ich gern! tun. Bis zu dieser Ausgabe konnte jede Partei Werbung schalten, wenn Mit den besten verbandsbrüderli- sie wollte. Der Verbandsrat hat nun chen Grüßen entschieden, dass künftig keine Par- Sehr geehrter Herr Verbandsbruder Ihr Frank Grobe Z! teien mehr Anzeigen schalten dür- Grobe, fen. Natürlich freuen wir uns immer, mit großer Bestürzung finde ich in der wenn Verbandsbrüder Werbeanzei- neusten Ausgabe der Verbandszeit- gen schalten, denn damit können Sehr geehrter Herr Waffenbruder Gro- schrift der ADB „Der Burschenschaf- wir den externen Lektor bezahlen be, ter“ eine Anzeige der AfD. Darüber und die Kosten drücken. hinaus erscheinen von Nicolaus Fest Zu Glaser/AfD: Da die Bundes- gerade, kurz vor Antritt eines Kurzur- und Albrecht Glaser zwei Artikel von tagswahlen anstehen, habe ich laubs, habe ich Ihre Zeitschrift „Der AfD-Mitgliedern, die beide für den verschiedene Politiker mit Korpo- Burschenschafter“ erhalten und Bundestag kandidieren. Es erscheint rationshintergrund (Pfeiffer/CDU, gleich mitgenommen und gründlich mir äußerst bedenklich, wenn die Schlauch/Grüne, Kahrs/SPD, Glaser/ gelesen. Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer ADB als parteipolitisch neutrale Verei- AfD) sowie andere ohne Korporati- gelungenen Arbeit und hoffe, dass es nigung auch nur in die Nähe der AfD onshintergrund (Lindner, Schäffer/ Ihnen gelingen wird, dieses Niveau zu gesehen werden könnte. Wenn schon FDP, Palmer/Grüne) zum Thema halten. eine Anzeige einer Partei geschal- „Wirtschaftsfreiheit“ angeschrieben. tet wird, dann bitte von möglichst al- Wie Sie dem „Querschnitt“ entneh- Dipl.-Kfm. Bernhard Schroeter len Parteien. Wir dürfen unter keinen men können, haben nur Vbr. Pfeiffer (Burschenschaft Umständen auch nur den Anschein (CDU) und Wbr. Glaser (AfD) geant- Frankonia Erlangen) erwecken, wir seien ein Sprachrohr wortet. Die Dominanz seitens der der AfD. AfD ist damit nicht gegeben!

89 1 / 2018 Verehrter Herr Schriftleiter des jetzt ter dem eigenen Bierkrug. In dieser akadpress schon sagenumwobenen „Der Bur- Disziplin kann schließlich jeder mithal- druckt den „Burschenschafter“ schenschafter“, lieber Buxe Frank ten. Die einstige Orientierung an dem Grobe! besten wich der Orientierung an dem Nachdem die erste Ausgabe von ei- schwächsten Glied. Nur wer sich aber ner Onlinedruckerei gedruckt wurde Der Burschenschafter 2/2017 ist sehr immer wieder selbst hinterfragt oder und die Versendung dezentral durch gut gelungen! sich von anderen hinterfragen lässt, die einzelnen Burschenschaften kann sich treu bleiben. Es wird – wie schleppend und kräftezehrend von- Ihr Dipl.-Ing. Klaus Gossow von Nicolaus Fest festgestellt – Zeit, stattenging, hat sich die Redaktion (Burschenschaft Ghibellinia Leipzig dass die Burschenschaften aus ihrer entschlossen, einen anderen Weg zu Hannover, Lethargie erwachen und sich dem einzuschlagen. Seit der zweiten Aus- Burschenschaft Plessavia Leipzig) Kampf wieder stellen. Die zeitlosen gabe werden der Druck und der Ver- Prinzipien, die die Wartburggrundsät- sand zentral von akadpress GmbH ze und -beschlüsse abdecken, seien aus Essen gesteuert. Der Verlag hierbei Maßstab und Kompass: Das wird von Pfarrer em. Detlev Frische „Der Burschenschafter“ ist nach zwei hat die ADB auch in die Grundsätze (Landsmannschaft Ubia Brunsviga Ausgaben das Organ unseres Ver- aufgenommen und darum das Wart- zu Bochum, Landsmannschaft Has- bandes, das ich mir erhofft habe: Es burgcouleur Rot-Schwarz-Rot mit gol- so-Guestfalia Marburg) geführt. Sein ist kontrovers, intellektuell höchst an- denem Eichenlaub bewusst zum Ver- Verlag verfügt über ein gut sortier- sprechend und schärft das Profil un- bandssymbol erhoben. Der Mut des tes Sortiment an Korporationslektüre seres Wahlspruchs und unsere zeitlo- Redakteurs, die ehrliche Kritik von (http://www.akadshop.de/) und gibt u. sen, burschenschaftlichen Grundsätze Fest in unserem Verbandsblatt pro- a. den Studenten-Kurier heraus (http:// im besten Sinne. Für diesen neuen, minent abzudrucken, ist Ausdruck ei- www.gds-web.de/sk_magazin.htm). alten burschenschaftlichen Geist nes aufrichtigen burschenschaftlichen Das untere Bild zeigt die versandfer- sticht in dieser zweiten Ausgabe ins- Geistes und beispielhaft für die Allge- tige letzte Ausgabe des „Burschen- besondere der Beitrag von Nicolaus meine Deutsche Burschenschaft. Ih- schafters“, kurz vor Übergabe zur Fest hervor: Er kritisiert die Burschen- nen beiden gebührt dafür aufrichtigs- Post. schaften scharf. Pauschalvorwürfe ter Dank und tiefe Anerkennung. gegen alle Burschenschaften mit „un- politisch, unsichtbar, unbedeutend“ Stefan M. Dobner auf den Punkt zu bringen und u. a. mit (Arminia-Rhenania München) dem einzig wahrnehmbaren Schwer- punkt von „liquider Geselligkeit“ zu begründen, ist deutlich. Dass dieses Bild mitunter nicht für jeden Burschen- schafter – wohl aber für die Wahrneh- mung des Kollektivs – der Wahrheit entspricht, müsste jedem Burschen- schafter klar sein. In den letzten Jah- ren hat sich in der Tat eine Dekadenz auf unseren Häusern ausgebreitet, die dieses öffentliche Bild zur Folge hatte und den besonderen, politisch aktiven, patriotischen Geist der Bur- schenschaften in Abgrenzung zu an- deren Korporationsformen bis zur Un- kenntlichkeit aufweichte. Große Teile der Burschenschafter nehmen den Kampf um politische, gesellschaftli- che und universitäre Deutungshoheit nicht mehr hinreichend an und ver- schanzen sich frustriert hinter dem Studienalltag, und in besonders her- untergekommenen Auswüchsen, hin-

90 Verschiedenes Der Burschenschafter Impressum Der Burschenschafter Termine 2018 Periodikum der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft ISSN 2511-610X (Druckausgabe) Allgemeine Deutsche Burschenschaft Herausgeber und v.i.S.d.P. Vorsitzende Burschenschaft der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft Aachener Burschenschaft Teutonia Verbandstagung in Aachen 27. bis 29. April 2018 Salvatorstrasse 38 Seminartagung in Eitorf 29. Juni bis 1. Juli 2018 52070 Aachen

Burschentag in Jena 25. bis 28. Oktober 2018 Verlag Eigenverlag der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft, Wiesbaden Freiburger Burschenschaft Teutonia Redaktion, Anzeigenverwaltung Dr. Frank Grobe 10. Februar 2018 Sir Sebastian Wood (Botschafter Großbritanni- [email protected] ens in Deutschland) „Großbritannien und die EU nach dem Brexit“: Layout, Grafik, Bildbearbeitung Thomas Steinhart 21. April 2018 Dr. Prinz Asfa Wossen Asserate (deutsch-äthio- pischer Unternehmensberater) „Wer den Westen bewahren will, muss Afrika Erscheinungsweise retten“ 2 mal jährlich (Januar / Juli) Auflage 1.900 gedruckte Exemplare 4.000 PDF (nur an Mitglieder) Am Freitag, dem 9. März 2018, findet der Abonnementpreise „30. Festkommers der Korporationsverbände zu Dortmund“ Inland: 2 Ausgaben, 14 Euro (inkl. Versand) Ausland: 2 Ausgaben, 19 Euro statt, der traditionsgemäß in den Räumen des Westfälischen Industrieklubs in (inkl. Versand) Dortmund (Markt 6-8) stattfindet. Er beginnt um 20 h.s.t.

Alle Burschenschafter – insbesondere aus dem Ruhrgebiet und Westfalen – Werbeanzeigen sind herzlich eingeladen. 1/1 Seite 380,- € 1/2 Seite 200;- € Mit burschenschaftlichen Grüßen Ihr Erhard Steller Z! (B. Franconia Münster) Nachdruckgenehmigungen Vorsitzender der VAB Dortmund Ein Nachdruck ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers und mit genauer Quellenangabe erlaubt.

Bildnachweis siehe separater Bildnachweis im Heft

170. Stiftungsfest Redaktionelle Präambel Die im „Der Burschenschafter“ publizierten Münchener Beiträge stellen nicht immer die Meinung Burschenschaft des Herausgebers, der Redaktion und Arminia-Rhenania des Verbandes dar. Die Verantwortung für den Inhalt des jeweiligen Beitrags liegt vom 21. bis 24. Juni 2018 vollständig beim Verfasser. Zusendungen Bitte senden Sie Artikel, Rezensionen, Leserbriefe als Word-Dokument unter Donnerstag 21.06.2018 Begrüßungsabend Nennung des Namens und der Korportati- on (inkl. Eintrittsjahr) immer per E-Post an: Freitag 22.06.2018 Festkommers [email protected]. Ein Recht auf Abdruck des Beitrages Samstag 23.06.2018 Gesellschaftsabend auf der MS Starnberg besteht nicht. Zudem behält sich die auf dem Starnberger See mit Festbankett Redaktion Beschränkungen im Umfang Sonntag 24.06.2018 Frühschoppen der Texte vor.

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